Das Waldeigentum Im Nordschwarzwald Und in Der Nördlichen Ortenau
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HISTORISCHER ATLAS 9, 5 VON BADEN-WÜRTTEMBERG Erläuterungen Beiwort zur Karte 9,5 Das Waldeigentum im Nordschwarzwald und in der nördlichen Ortenau VON MEINRAD SCHAAB 1. Mitte des 18.Jahrhunderts Abgrenzung der verschiedenen Waldbesitzer vonein- ander: Staat, Gemeinden, Private, ist erst ein Ergebnis Karten über alte Waldeigentumsverhältnisse sind in des 19.Jahrhunderts. Zu ihr hat die Säkularisation historischen Atlanten kaum vertreten.1 Das hat seinen ebenso beigetragen wie die ebenfalls auf Napoleon Grund im unbefriedigenden Stand der Vorarbeiten, zurückgehende Alleinzuständigkeit der zentralisti- wofür die schwierigen methodischen Voraussetzungen schen Staaten des 19.Jahrhunderts. Erst jetzt konnten Hauptursache sind. Dabei kann eine historische Karte nach langen gerichtlichen Prozessen endlich die Wald- über die Entstehung der Waldeigentumsverhältnisse genossenschaften aufgeteilt und die vielfache Nut- viel mehr als nur das heutige Bild der Verteilung von zungsberechtigung von Bauern und Gemeinden auch Waldbesitz erklären. Sie vermittelt grundlegende Er- in den herrschaftlichen Wäldern abgelöst werden. kenntnisse zur Siedlungsgeschichte, zur Kirchenge- Waldherrschaft und Waldnutzung geschahen zuvor in schichte, zur Entstehung unserer Gemeinden und zur ganz anderen Formen, als sie „unser moderner, vom Territorialentwicklung. Ihre Aussagen erhellen auch römischen Rechtsdenken geprägter Eigentumsbegriff den Bereich der Sozialgeschichte, soweit Waldbesitz kennt. Das Eindringen des römischen Rechtes und der mitentscheidend für die Vermögenslage von Städten, mit dem Bevölkerungswachstum zunehmende Wert Gemeinden und vor allem der Bauernschaft wurde. der Waldungen hatte die Frage nach dem Eigentum seit dem 16.Jahrhundert immer unerbittlicher gestellt Fragestellung und Kartenausschnitt und zu langen juristischen Auseinandersetzungen unter Anrufung des Reichskammergerichts geführt. Aber Wenn trotz einer beachtlichen fachwissenschaftli- trotz des zunehmenden Rationalismus war auch das chen Literatur, die sich vor allem mit der Entwicklung 18.Jahrhundert nicht in der Lage, in der sich so viel- der Forstwirtschaft, dem Wechsel der Bestockung und fach überschneidenden Welt territorialer, genossen- der wirtschaftlichen Nutzung des Waldes beschäftigt, schaftlicher und privater Kompetenzen eine neue Ord- wenig zur Genese des Waldeigentums geforscht wur- nung zu schaffen und seiner Überzeugung »communio de, so liegt das zunächst an der schwierigen Definition est mater discordiae« entsprechend zu entscheiden. von Waldeigentum selbst. Die heute gewohnte, ganz Die so schon Jahrhunderte brennende Frage nach klare dem Wesen des Waldeigentums hat durch die moderne historische Forschung eine Ergänzung im Hinblick auf 1 Eigentlich nur die Karte: Die Historischen Wälder der Pfalz von Walter FRENZEL im Pfalzatlas Nr. 21. Sie bringt, ge- die Genese erhalten. Während für das 19.Jahrhundert gliedert nach Herrschafts-, Genossenschafts-, Kloster- und kein Zweifel bestand, daß die Waldgenossenschaften, Gemeindewald, nur eine Auswahl der Wälder und läßt alles, die Markallmenden, altgermanisches Erbe waren und wofür die Quellen nicht so leicht faßbar waren, weg. Dif- sich erst später Gemeindewälder und Herrschaftswäl- ferenziertere kartographische Darstellungen finden sich in der herausbildeten, hat die neuere Forschung daran den Arbeiten von Hans HAUSRATH über das Waldeigentum Zweifel angemeldet bis hin zur Feststellung, die All- im Odenwald und im bischöflich-speyerischen Teil der Rheinebene (vgl. Literaturanhang). 1 EINRAD CHAAB AS ALDEIGENTUM IM ORDSCHWARZWALD UND IN DER NÖRDLICHEN RTENAU 9;5 M S / D W N O mendgenossenschaften seien jüngere, erst nach den Ge- mend in Hochwald überführte, setzte noch vor Mitte meinden entstandene Bildungen. So befindet sich jede des vorigen Jahrhunderts ein und kam in manchen Ge- Beschäftigung mit dem Thema Waldeigentum vor einer bieten erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum Ab- doppelten Schwierigkeit, einerseits zu definieren, was schluß. Zudem fehlen naturgemäß Karten über den jeweils damit gemeint sein könnte, und anderseits dann bäuerlichen Wald. Es war daher von vornherein kein noch zur schwierigen Frage der Entstehung der Ver- anderes Verfahren möglich, als die heutige Waldver- hältnisse Stellung zu beziehen. breitung zugrunde zu legen. Der Benutzer der Karte Wer ein einigermaßen zuverlässiges Bild der alten muß aber immer in Rechnung stellen, daß gerade der Waldeigentumsverhältnisse vor dem 19.Jahrhundert Bauernwald zum Zeitpunkt der Darstellung nach Um- zeichnen will, muß das mit Hilfe der Quellen der frühe- fang und Bestockung ein ganz anderes Bild aufwies. ren Neuzeit tun. Nur dort findet er in herrschaftlichen Die Signatur sagt kaum mehr, als daß in diesen Ge- Bestandsaufnahmen und noch mehr im Prozeßmaterial bieten die Voraussetzung für bäuerliches Waldeigen- eine Beschreibung der einzelnen Wälder und ihrer tum bestand, ohne die Flächen näher zu charakteri- rechtlichen Zustände. Hinzukommen, soweit diese Wäl- sieren. Dies war nicht einmal nach der Rechtsform der in herrschaftlichen Besitz oder mindestens in herr- möglich. Denn in der Signatur sind zwei verschiedene schaftlicher Interessensphäre lagen, in zunehmender Arten von bäuerlichem Wald zusammengefaßt, einmal Häufigkeit auch kartographische Aufnahmen. Am wei- der Wald in ausschließlicher Zuständigkeit des einzel- testen zurück reichen in solchen Prozeßakten die Wald- nen Bauern, zum andern aber der aller Bauern am Ort. sprüche, Waldrechte und Weistümer des 16. und bis- Leider fehlen die Vorarbeiten, um diese beiden For- weilen schon des 15.Jahrhunderts. Das bedeutet zwar men in jedem Einzelfall scharf auseinanderzuhalten. ein recht ausführliches und in seiner Breite für das hier Man könnte nun einwenden, der bäuerliche Gesamt- gestellte Thema kaum aufzuarbeitendes Material. Für wald sei den Gemeindewäldern eher ähnlich als dem die Frage nach der Entstehung der Waldrechte bietet Privatwald. Der Unterschied ist aber der, daß an sol- dieses jedoch noch keine sicheren Anhaltspunkte, und chen sammethaften Wäldern nur die Vollbauern und tatsächlich kann man sich hier ebenso auf den Stand- nicht die ganze Gemeinde beteiligt, daß die Anrechte punkt stellen, diese Überlieferung berichte von uralten in der Regel an bestimmte Hausplätze gebunden wa- Verhältnissen, wie auch die Meinung vertreten, sie sei ren. Folgerichtig hat das späte 18. und vor allem dann lediglich der Widerschein von erst im Spätmittelalter das frühe 19.Jahrhundert solche Wälder unter den gefundenen Lösungen. Nur wenige urkundliche Nach- Bauern aufgeteilt und nicht als Gemeindewälder richten weisen weiter zurück und lassen noch die hoch- weiterbestehen lassen. mittelalterlichen Verhältnisse erkennen. Meist ist der Um alles dies samt der Weiterentwicklung bis zur Historiker hier auf eine vorsichtige Gesamtbeobachtung Gegenwart auf einem Kartenblatt deutlich zu machen, aus Siedlungs-, Kirchen- und Herrschaftsgeschichte an- war nur ein regionales Beispiel, keine Gesamtdarstel- gewiesen. lung im südwestdeutschen Rahmen möglich, ganz ab- Eine Waldkarte bringt noch zusätzliche Erschwernis- gesehen davon, daß nicht nur die Frage des Maßstabs, se in der Abgrenzung der Waldflächen mit sich. Im sondern auch die Bearbeitung des umfangreichen Ar- Grunde ist das nur beim Herrschaftswald und bei ein- chivmaterials die Beschränkung auf einen Ausschnitt zelnen Genossenschaftswäldern anhand der Karten des erforderte. Ausgewählt wurde mit dem Nordschwarz- 18.Jahrhunderts einigermaßen exakt möglich. Vom wald das Gebiet größter Bewaldungsdichte im ganzen Herrschaftswald kann auch angenommen werden, daß Land. Zusammen mit den westlich vorgelagerten Tei- es sich hier, wenn auch in einer lockeren und noch bis len der Ortenau und den östlich anschließenden Gäu- um 1750 meist dem natürlichen Aufwuchs überlasse- flächen erstreckt sich dieser Kartenausschnitt über nen Bestockung, doch um Wälder handelte, die unse- ganz verschiedene Naturlandschaften mit ganz unter- rem heutigen Begriff Wald in etwa entsprechen. Schon schiedlicher Siedlungsgeschichte. Territorial sind hier anders sah das bei den Genossenschaftswäldern aus. An das Herzogtum Württemberg, die beiden badischen ihrem Umfang hat man de jure immer noch festge- Markgrafschaften samt dem Hochstift Straßburg und halten, auch wenn, zumal in der Rheinebene, viele verschiedene kleinere geistliche und weltliche Herr- Waldflächen inzwischen als Weideland gerodet waren. schaftsträger vertreten. Außerdem ist gerade die Orte- Der größte Gegensatz zu heute ist aber für die bäuerli- nau das Gebiet der größten Verbreitung von einstigem chen Wälder anzunehmen. Auf den geschlossenen Bau- Genossenschaftswald. Mit Ausnahme vielleicht des ernhöfen zumal war die Grenze zwischen Wald und Odenwaldes gibt es nirgendwo ein so fruchtbares Feld Kulturland immer fließend, und der Wald selbst wurde für die Aufarbeitung von Zusammenhängen zwischen durch die weitgehende Nutzung für die Viehweide viel der Besiedlungs- und Herrschaftsgeschichte und der mehr im Zustand offener Flächen mit viel Hecken und Genese des Waldeigentums. All das empfahl die Aus- Buschwerk, durchsetzt von einzelnen Bäumen, gehal- wahl dieses Abschnitts, der, allerdings nahezu ohne ten. Eine planvolle bäuerliche Waldwirtschaft, die diese standesherrlichen Wald des 19. Jahrhunderts, eine Waidberge im Schwarzwald in Nieder-, dann zuneh- konzentrierte Fülle von Beispielen für alle sonst in viel geringerer Dichte auftretenden Formen von Waldei- gentum bringt. 2 MEINRAD SCHAAB / DAS WALDEIGENTUM IM NORDSCHWARZWALD UND