HISTORISCHER ATLAS 9, 5

VON BADEN-WÜRTTEMBERG Erläuterungen

Beiwort zur Karte 9,5

Das Waldeigentum im Nordschwarzwald und in der nördlichen Ortenau

VON MEINRAD SCHAAB

1. Mitte des 18.Jahrhunderts Abgrenzung der verschiedenen Waldbesitzer vonein- ander: Staat, Gemeinden, Private, ist erst ein Ergebnis Karten über alte Waldeigentumsverhältnisse sind in des 19.Jahrhunderts. Zu ihr hat die Säkularisation historischen Atlanten kaum vertreten.1 Das hat seinen ebenso beigetragen wie die ebenfalls auf Napoleon Grund im unbefriedigenden Stand der Vorarbeiten, zurückgehende Alleinzuständigkeit der zentralisti- wofür die schwierigen methodischen Voraussetzungen schen Staaten des 19.Jahrhunderts. Erst jetzt konnten Hauptursache sind. Dabei kann eine historische Karte nach langen gerichtlichen Prozessen endlich die Wald- über die Entstehung der Waldeigentumsverhältnisse genossenschaften aufgeteilt und die vielfache Nut- viel mehr als nur das heutige Bild der Verteilung von zungsberechtigung von Bauern und Gemeinden auch Waldbesitz erklären. Sie vermittelt grundlegende Er- in den herrschaftlichen Wäldern abgelöst werden. kenntnisse zur Siedlungsgeschichte, zur Kirchenge- Waldherrschaft und Waldnutzung geschahen zuvor in schichte, zur Entstehung unserer Gemeinden und zur ganz anderen Formen, als sie „unser moderner, vom Territorialentwicklung. Ihre Aussagen erhellen auch römischen Rechtsdenken geprägter Eigentumsbegriff den Bereich der Sozialgeschichte, soweit Waldbesitz kennt. Das Eindringen des römischen Rechtes und der mitentscheidend für die Vermögenslage von Städten, mit dem Bevölkerungswachstum zunehmende Wert Gemeinden und vor allem der Bauernschaft wurde. der Waldungen hatte die Frage nach dem Eigentum seit dem 16.Jahrhundert immer unerbittlicher gestellt Fragestellung und Kartenausschnitt und zu langen juristischen Auseinandersetzungen unter Anrufung des Reichskammergerichts geführt. Aber Wenn trotz einer beachtlichen fachwissenschaftli- trotz des zunehmenden Rationalismus war auch das chen Literatur, die sich vor allem mit der Entwicklung 18.Jahrhundert nicht in der Lage, in der sich so viel- der Forstwirtschaft, dem Wechsel der Bestockung und fach überschneidenden Welt territorialer, genossen- der wirtschaftlichen Nutzung des Waldes beschäftigt, schaftlicher und privater Kompetenzen eine neue Ord- wenig zur Genese des Waldeigentums geforscht wur- nung zu schaffen und seiner Überzeugung »communio de, so liegt das zunächst an der schwierigen Definition est mater discordiae« entsprechend zu entscheiden. von Waldeigentum selbst. Die heute gewohnte, ganz Die so schon Jahrhunderte brennende Frage nach klare dem Wesen des Waldeigentums hat durch die moderne historische Forschung eine Ergänzung im Hinblick auf 1 Eigentlich nur die Karte: Die Historischen Wälder der Pfalz von Walter FRENZEL im Pfalzatlas Nr. 21. Sie bringt, ge- die Genese erhalten. Während für das 19.Jahrhundert gliedert nach Herrschafts-, Genossenschafts-, Kloster- und kein Zweifel bestand, daß die Waldgenossenschaften, Gemeindewald, nur eine Auswahl der Wälder und läßt alles, die Markallmenden, altgermanisches Erbe waren und wofür die Quellen nicht so leicht faßbar waren, weg. Dif- sich erst später Gemeindewälder und Herrschaftswäl- ferenziertere kartographische Darstellungen finden sich in der herausbildeten, hat die neuere Forschung daran den Arbeiten von Hans HAUSRATH über das Waldeigentum Zweifel angemeldet bis hin zur Feststellung, die All- im und im bischöflich-speyerischen Teil der Rheinebene (vgl. Literaturanhang).

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EINRAD CHAAB AS ALDEIGENTUM IM ORDSCHWARZWALD UND IN DER NÖRDLICHEN RTENAU 9;5 M S / D W N O

mendgenossenschaften seien jüngere, erst nach den Ge- mend in Hochwald überführte, setzte noch vor Mitte meinden entstandene Bildungen. So befindet sich jede des vorigen Jahrhunderts ein und kam in manchen Ge- Beschäftigung mit dem Thema Waldeigentum vor einer bieten erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum Ab- doppelten Schwierigkeit, einerseits zu definieren, was schluß. Zudem fehlen naturgemäß Karten über den jeweils damit gemeint sein könnte, und anderseits dann bäuerlichen Wald. Es war daher von vornherein kein noch zur schwierigen Frage der Entstehung der Ver- anderes Verfahren möglich, als die heutige Waldver- hältnisse Stellung zu beziehen. breitung zugrunde zu legen. Der Benutzer der Karte Wer ein einigermaßen zuverlässiges Bild der alten muß aber immer in Rechnung stellen, daß gerade der Waldeigentumsverhältnisse vor dem 19.Jahrhundert Bauernwald zum Zeitpunkt der Darstellung nach Um- zeichnen will, muß das mit Hilfe der Quellen der frühe- fang und Bestockung ein ganz anderes Bild aufwies. ren Neuzeit tun. Nur dort findet er in herrschaftlichen Die Signatur sagt kaum mehr, als daß in diesen Ge- Bestandsaufnahmen und noch mehr im Prozeßmaterial bieten die Voraussetzung für bäuerliches Waldeigen- eine Beschreibung der einzelnen Wälder und ihrer tum bestand, ohne die Flächen näher zu charakteri- rechtlichen Zustände. Hinzukommen, soweit diese Wäl- sieren. Dies war nicht einmal nach der Rechtsform der in herrschaftlichen Besitz oder mindestens in herr- möglich. Denn in der Signatur sind zwei verschiedene schaftlicher Interessensphäre lagen, in zunehmender Arten von bäuerlichem Wald zusammengefaßt, einmal Häufigkeit auch kartographische Aufnahmen. Am wei- der Wald in ausschließlicher Zuständigkeit des einzel- testen zurück reichen in solchen Prozeßakten die Wald- nen Bauern, zum andern aber der aller Bauern am Ort. sprüche, Waldrechte und Weistümer des 16. und bis- Leider fehlen die Vorarbeiten, um diese beiden For- weilen schon des 15.Jahrhunderts. Das bedeutet zwar men in jedem Einzelfall scharf auseinanderzuhalten. ein recht ausführliches und in seiner Breite für das hier Man könnte nun einwenden, der bäuerliche Gesamt- gestellte Thema kaum aufzuarbeitendes Material. Für wald sei den Gemeindewäldern eher ähnlich als dem die Frage nach der Entstehung der Waldrechte bietet Privatwald. Der Unterschied ist aber der, daß an sol- dieses jedoch noch keine sicheren Anhaltspunkte, und chen sammethaften Wäldern nur die Vollbauern und tatsächlich kann man sich hier ebenso auf den Stand- nicht die ganze Gemeinde beteiligt, daß die Anrechte punkt stellen, diese Überlieferung berichte von uralten in der Regel an bestimmte Hausplätze gebunden wa- Verhältnissen, wie auch die Meinung vertreten, sie sei ren. Folgerichtig hat das späte 18. und vor allem dann lediglich der Widerschein von erst im Spätmittelalter das frühe 19.Jahrhundert solche Wälder unter den gefundenen Lösungen. Nur wenige urkundliche Nach- Bauern aufgeteilt und nicht als Gemeindewälder richten weisen weiter zurück und lassen noch die hoch- weiterbestehen lassen. mittelalterlichen Verhältnisse erkennen. Meist ist der Um alles dies samt der Weiterentwicklung bis zur Historiker hier auf eine vorsichtige Gesamtbeobachtung Gegenwart auf einem Kartenblatt deutlich zu machen, aus Siedlungs-, Kirchen- und Herrschaftsgeschichte an- war nur ein regionales Beispiel, keine Gesamtdarstel- gewiesen. lung im südwestdeutschen Rahmen möglich, ganz ab- Eine Waldkarte bringt noch zusätzliche Erschwernis- gesehen davon, daß nicht nur die Frage des Maßstabs, se in der Abgrenzung der Waldflächen mit sich. Im sondern auch die Bearbeitung des umfangreichen Ar- Grunde ist das nur beim Herrschaftswald und bei ein- chivmaterials die Beschränkung auf einen Ausschnitt zelnen Genossenschaftswäldern anhand der Karten des erforderte. Ausgewählt wurde mit dem Nordschwarz- 18.Jahrhunderts einigermaßen exakt möglich. Vom wald das Gebiet größter Bewaldungsdichte im ganzen Herrschaftswald kann auch angenommen werden, daß Land. Zusammen mit den westlich vorgelagerten Tei- es sich hier, wenn auch in einer lockeren und noch bis len der Ortenau und den östlich anschließenden Gäu- um 1750 meist dem natürlichen Aufwuchs überlasse- flächen erstreckt sich dieser Kartenausschnitt über nen Bestockung, doch um Wälder handelte, die unse- ganz verschiedene Naturlandschaften mit ganz unter- rem heutigen Begriff Wald in etwa entsprechen. Schon schiedlicher Siedlungsgeschichte. Territorial sind hier anders sah das bei den Genossenschaftswäldern aus. An das Herzogtum Württemberg, die beiden badischen ihrem Umfang hat man de jure immer noch festge- Markgrafschaften samt dem Hochstift Straßburg und halten, auch wenn, zumal in der Rheinebene, viele verschiedene kleinere geistliche und weltliche Herr- Waldflächen inzwischen als Weideland gerodet waren. schaftsträger vertreten. Außerdem ist gerade die Orte- Der größte Gegensatz zu heute ist aber für die bäuerli- nau das Gebiet der größten Verbreitung von einstigem chen Wälder anzunehmen. Auf den geschlossenen Bau- Genossenschaftswald. Mit Ausnahme vielleicht des ernhöfen zumal war die Grenze zwischen Wald und Odenwaldes gibt es nirgendwo ein so fruchtbares Feld Kulturland immer fließend, und der Wald selbst wurde für die Aufarbeitung von Zusammenhängen zwischen durch die weitgehende Nutzung für die Viehweide viel der Besiedlungs- und Herrschaftsgeschichte und der mehr im Zustand offener Flächen mit viel Hecken und Genese des Waldeigentums. All das empfahl die Aus- Buschwerk, durchsetzt von einzelnen Bäumen, gehal- wahl dieses Abschnitts, der, allerdings nahezu ohne ten. Eine planvolle bäuerliche Waldwirtschaft, die diese standesherrlichen Wald des 19. Jahrhunderts, eine Waidberge im Schwarzwald in Nieder-, dann zuneh- konzentrierte Fülle von Beispielen für alle sonst in viel geringerer Dichte auftretenden Formen von Waldei- gentum bringt. 2

MEINRAD SCHAAB / DAS WALDEIGENTUM IM NORDSCHWARZWALD UND IN DER NÖRDLICHEN ORTENAU 9,5

Quellen und Bearbeitungsgrundsätze Waldpläne aus dem Bereich der einstigen Grafschaft Hanau-Lichtenberg entsprechen etwa den Verhältnis- Auch die Quellenlage empfahl trotz aller Schwierig- sen in Baden; auch hier haben die neubadischen Auf- keiten die Auswahl dieses Gebietes. Für den altwürt- teilungsaktionen das Repertoire erheblich ergänzt. tembergischen Anteil existiert in der Regel eine breite Völlig unbefriedigend ist dagegen die alte Kartogra- Beschreibung in den Forstlagerbüchern. Die ältesten phie für den Bereich des Hochstiftes Straßburg und der Exemplare entstanden ab 1556; das System wurde im- Landvogtei Ortenau. Hier konnte nur mit den reichlich mer weiter perfektioniert und beschreibt im 17. und vorhandenen Prozeßakten und der Rückschreibung von 18. Jahrhundert nicht nur die herrschaftlichen Wälder, den heutigen Waldverhältnissen aus gearbeitet werden. sondern auch alle in die einzelnen Forstamtsbezirke Besonders hilfreich waren dabei die Historischen Ge- eingestreuten Wälder fremder Herrschaften, der Ge- markungskarten der Abteilung Landesbeschreibung meinden und der Untertanen. Hinzukommt die lange der Landesarchivdirektion, da sie mit großer Ausführ- Aufzählung von Jagdrechten und Fischwassern sowie lichkeit die aus den Waldaufteilungen hervorgegange- den Berechtigungen von Gemeinden und Untertanen nen Einzelparzellen samt ihrer Gemeindezugehörigkeit samt den dafür fälligen Abgaben. Für die kartenmä- darstellen. Die Rückschreibung mußte ohne weitere ßige Erfassung sind dann die nach Steinen vorgehen- Hilfsmittel für den vorderösterreichischen Südosten den Grenzbeschreibungen am wichtigsten. Freilich des Kartenausschnittes vorgenommen werden, wo al- lassen sich viele Grenzpunkte nicht mehr auf heutigen lerdings im offenen Land die Wälder keine übermä- Karten identifizieren und wird die Darstellung kleiner ßige Bedeutung haben. Auch in den gut belegten alt- Waldparzellen notwendigerweise unscharf. Mit Aus- badischen und altwürttembergischen Zonen hat sich nahme von Wildbad sind für die Forstämter des Nord- die letzte Entscheidung in Zweifelsfällen immer wie- schwarzwaldes erst Lagerbücher aus dem 17. Jahrhun- der an der heutigen Waldverbreitung und den heutigen dert überliefert. Als bestauswertbare Exemplare erwei- Eigentumsverhältnissen orientiert, nachdem sich als sen sich die Forstlagerbücher von Altensteig (1685) illusorisch erwies, über eine Umzeichnung alter Wald- und von Nagold (1684), während die des 18. Jahrhun- karten auf moderne topographische Unterlagen zu ver- derts weniger übersichtlich angelegt sind. Allerdings messungstechnisch einigermaßen exakten Grundlagen hat das Forstamt Neuenbürg, in dem bereits der Wild- zu kommen. Das wäre nur für Teilbereiche möglich bader Forst aufgegangen war, als einziges im 18. Jahr- und somit für eine Gesamtkarte sinnlos gewesen. Die- hundert ein Forstlagerbuch mit schönen Plänen hervor- se kann aber mit den angedeuteten Methoden trotz gebracht. Für jedes herrschaftliche Waldstück findet ihrer offenkundigen Behelfslösungen doch ein einiger- sich darin ein auf Dreiecksvermessung beruhender maßen brauchbares Bild bieten; mehr will sie auch Einzelplan. Diese Einzelpläne sind in Übersichtskarten nicht. der verschiedenen Huten zusammengefaßt und darin, Schwierigkeiten machte bei den bekannten vormo- allerdings nach Augenschein und ohne vermessungs- dernen Herrschafts- und Besitzstrukturen öfter die Fra- technische Grundlage, die Wälder anderer Besitzer mit ge, wer denn als Inhaber der Wälder eingetragen wer- eingetragen. Dies erwies sich als brauchbarste Hilfe, den soll. Sie wurde so entschieden, daß alle befristete zumal der Nordschwarzwald im sonst für Württemberg oder gar kündbare Nutzung nicht eingetragen wurde, so vorbildlichen verhältnismäßig frühen Forstkarten- auch wenn sie den Namen Lehen trug. So hatte z.B. werk von Kieser (um 1680) fehlt. Pläne zusammen- die Murgschifferschaft ausgedehnte Nutzungsverträge hängender Forstbezirke existieren nur für die Kloster- für den hinteren Teil des Windecker Waldes und die wälder von Reichenbach im Murgtal von 1778 und für zwischen Murg- und Enztal gelegenen badischen und die Forstamtsbezirke Freudenstadt und Neuenbürg be- württembergischen Forste. Wie auch die weitere Ent- reits aus dem 19.Jahrhundert. Sie kürzten die Arbeit wicklung zeigt, ist daraus nirgends Waldeigentum der mit den Forstlagerbüchern vor allem im Falle von Schifferschaft entstanden. Lehen wurde selbstver- Freudenstadt erheblich ab. ständlich berücksichtigt, falls es sich um tatsächliche In den badischen Gebieten fehlen zwar die Forstla- Belehnung eines Adligen durch die Herrschaft handel- gerbücher, doch gibt es eine verhältnismäßig dichte te. Die sehr schwierig nach einer einheitlichen Metho- kartographische Dokumentation. Sie reicht von einzel- de darzustellenden Markwälder zwangen dazu, sowohl nen Waldplänen des frühen 18. Jahrhunderts über eine die den Wald nutzende Genossenschaft, an der in der deutlich sich abgrenzende Gruppe etwa 1780 systema- Regel die Herrschaft beteiligt war, als auch den zu- tisch erfaßter Herrschaftswälder bis hin zu den Karten, ständigen Obermärker anzudeuten. Dieser hatte die die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts für Aufsicht im Wald sowie den Vorsitz über das für die Aufteilung der Genossenschaftswälder erstellt wur- Frevelfälle im Wald zuständige Waldgericht. Er ist den. Außerdem liegen Übersichten fast aller Forstäm- nicht ohne weiteres mit dem Territorialherrn gleichzu- ter für das frühe 19. Jahrhundert vor. Nicht immer setzen (s. u.). Nur im Idealfall konnte in der Farbe des wird die Frage des Waldeigentums befriedigend beant- Obermärkers der Walddistrikt eng umrahmt werden. wortet, vor allem nicht auf den Gemarkungsplänen der Die Regel ist eher, daß verstreute Wälder in einem ersten frühen badischen Vermessung von etwa 1760. weitumgrenzten Bereich der Aufsicht ihres Obermär- Die kers unterstanden und nur die 3

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äußere Umgrenzung des entsprechenden Gebietes an- fränkisch ist und nur die Zone der Waldhufendörfer gedeutet werden konnte, obwohl darin sehr viel offenes fast in gleicher Breite sich nördlich und südlich der Land lag, über das der Obermärker keine Gewalt hatte. »Stammesgrenze« lagert. Nicht nur dies sollte vor Außerdem gibt es innerhalb eines solchen Distrikts der einer Erklärung durch Stammesunterschiede warnen. Obermärkerschaft die Auflösung in verschiedene, ver- Wenn man Odenwald und Pfälzerwald mit einbezieht, schiedenartig genutzte und keineswegs einem einheitli- dann ist das fränkische Stammesgebiet ebenso reich an chen Gericht mehr unterworfene Waldgenossenschaf- Markwäldern wie der alemannische Oberrheinraum. ten, die man sich als spätere Unterteilungen erklären Dagegen ist Genossenschaftswald östlich des muß. Der Extremfall ist der Bereich zwischen Bühlot Schwarzwaldes in Innerschwaben selten. und Acher. Hier hat erst der Heimfall alter Lehen auch Zweifellos gehört Gemeindewald vorwiegend in die wieder einen einheitlichen Bereich der Obermärker- altbesiedelten Gebiete und Markwald in die siedlungs- schaft von Baden und Straßburg entstehen lassen. feindlichen Hochlagen des Urgesteins und vor allem des Buntsandsteins, mit ausgesprochenen Waldböden, Raumerfassung und Waldeigentum aber auch in die Feuchtzonen der Ortenauer Rheinebe- ne, während die Waldhufen die immerhin einigerma- Auch wenn man diese Einschränkungen bedenkt, ßen siedlungsgünstigen Randplatten des Nordschwarz- kann eine historische Interpretation der Karte gewagt waldes nutzen. Aber allein mit den natürlichen Vo- werden. Im Gesamtbild fällt eine grobe räumliche Ver- raussetzungen ist diese Verbreitung nicht befriedigend teilung unterschiedlicher Eigentumsverhältnisse auf. Im erklärt, denn im Oostal und Murgtal reicht der Ge- Nordwesten sind bis zum Rand der Einzugsgebiete von meindewald bis auf den Grindenschwarzwald, also Oos und herrschaftliche (samt Klosterwaldungen) den siedlungsungünstigsten Teil, hinauf, und in der to- und Gemeindewälder klar geschieden. Waldgenossen- tal feuchten Rheinaue findet sich wieder Gemeinde- schaften gibt es nicht und ebensowenig Bauernwald. wald, während in der Ortenau die ebenfalls feuchte Südlich davon ist die gesamte Ortenau bis auf den Zone zwischen Rhein und Vorbergen mit Markwäl- Schwarzwaldhauptkamm hinauf das eigentliche Ver- dern besetzt ist. Die historischen Gründe für dieses breitungsgebiet der Genossenschaftswälder. Diese sind Verbreitungsbild sind offensichtlich gewichtiger. Man in den niederen Lagen des Gebirges kräftig von Bauern- wird sie in alten Herrschaftsverhältnissen und im wäldern durchsetzt. Gemeindewälder finden sich dage- Gang der Besiedlung suchen müssen. Letzterer ist gen nur in der Ebene, zumal in der Rheinniederung, selbstverständlich wieder die Reaktion auf natürliche großflächiger Herrschaftswald fehlt dort ganz. Wieder Gegebenheiten. Hinzu kommt noch die Frage der Ge- anders ist das Bild im württembergischen Schwarzwald meindebildung überhaupt. östlich und südlich des Enztales. Dieses Gebiet ist deut- Im Gang der Besiedlungsgeschichte wurde das hier lich in Zonen unterteilt. Im Norden ist im Hauptverbrei- kartierte Gebiet vor dem Hochmittelalter nur im Be- tungsgebiet der Waldhufenorte die Aufteilung zwischen reich östlich von Nagold und Waldach und recht dünn Waldbesitz von Gemeinden, Bauern, Herrschaft und in der Rheinebene erreicht. In der Ebene bildeten sich Klöstern sehr kleingliedrig. Südlich folgen zwei große lediglich zwei Ketten älterer Orte, unmittelbar dem Streifen von Genossenschaftswäldern, die vor allem in Rhein und dem Gebirgsrand folgend. Die Orte am ihrer ursprünglichen Ausdehnung ganz beachtliche Ge- Gebirgsrand gehören dabei schon fast ausschließlich biete umfassen. Dazwischen liegt eine Zone, in der der Ausbauperiode des 8. bis 10.Jahrhunderts an, sind Klosterwald und bäuerlicher Wald ganz deutlich vonein- also auch relativ spät (Karte 3,7 und 4,1-2). Der eigent- ander geschieden liegen. Gemeindewald fehlt dort fast liche Schwarzwaldbereich ist ausgesprochen jungbe- vollständig. Daß sich der Gemeindewald in den Über- siedeltes Land; seine Erschließung ist keineswegs nach gangsbereichen zur Gäulandschaft auch östlich des einem einheitlichen Schema abgelaufen. Das Murgtal Schwarzwaldes wieder findet, wie das auch in den altbe- ist der Raum einer Ausbauherrschaft mit dem Aus- siedelten Teilen der Rheinebene und des Kraichgaus der gangspunkt Rotenfels. Kaiser Heinrich III. hat das Fall ist, verwundert nicht weiter. predium Rotenfels vom Adel (zurück)erworben und Die Versuchung, diesen Gesamtbefund mit einer 1041 an die Speyerer Kirche geschenkt (vgl. Karte 6, ganz alten historischen Grenze zu deuten, drängt sich 8, Beiwort S.8ff.). Als speyerische Lehensleute folgten unmittelbar auf. Die Grenze zwischen Franken und Ale- die Herren, dann Grafen von Eberstein nach, die be- mannen trennt auf der badischen Seite exakt die Ver- reits im Lauf des 13. Jahrhunderts die größten Teile an breitung von Gemeindewald samt großflächigem Herr- die Markgrafen von Baden verloren (Karte 6,1). Den schaftswald einerseits von den Genossenschaftswäldern Landesausbau betrieben wohl schon die Vorbesitzer im andererseits. Auch die Genossenschaftswälder auf der frühen 11.Jahrhundert, ihn vollendeten erst die Eber- Schwarzwaldostabdachung liegen ganz im schwäbi- steiner. Im Ergebnis entstanden geschlossene Dörfer schen Stammesgebiet, während der Bereich der großen und Weiler mit parzellierter Flur und Gemeindewald, Herrschaftswälder beiderseits der Enz noch als dessen Vorläufer allerdings größere Zusammen- schlüsse vermutet werden dürfen. Die Abteilung zwi- schen den Dörfern und der Herrschaft vollzog sich im

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Anschluß an die Burgen. Bei Alteberstein ebenso wie Gemarkungen größere Einheiten vorangingen. Zusätz- bei der früh aufgegebenen Burg über Michelbach, dem lich werden die in der Nähe des Nagoldtals mehrfach alten Zentrum der Herrschaft Rotenfels, agglome- vertretenen Ortsnamen auf -hart dahin interpretiert, rierten sich Wälder in ausschießlich herrschaftlicher daß hier zunächst Hartwälder, d.h. Weidewälder der Nutzung. Aber nicht nur bei diesen ausgesprochen Gäuorte, bestanden haben. Mehr nördlich sind am Kar- frühen Burgen (11.Jahrhundert) war das der Fall, son- tenrand solche Verhältnisse noch ablesbar. Südöstlich dern ebenso noch beim erst in der ersten Hälfte des 13. vom Waldhufenort Schellbronn liegt Gemeindewald Jahrhunderts angelegten Neueberstein. Etwa analog des etwa 10 km entfernten Hausen an der Würm. Das entwickelten sich die Herrschaftsverhältnisse im zusammen scheint doch darauf hinzudeuten, daß eine südlich benachbarten Oostal, wo die Markgrafen von Erscheinung wie das unmittelbar südlich an den Raum Baden um 1100 die Herrschaft von den Nellenburgern anschließende Altensteiger Kirchspiel keineswegs und vom Bistum Speyer übernahmen. Der markgräf- ohne Parallelen im Norden war. liche Wald liegt um die Burg Hohenbaden; alles an- Auch die im Altensteiger Kirchspiel liegenden Orte dere wurde schließlich Gemeindewald für das ab 1288 werden großenteils als Waldhufendörfer angespro- als Stadt bezeugte Baden-Baden. Aber auch im Stadt- chen. Nur blieb der Wald dort, abgesehen von kleine- wald ist lange Zeit noch die Teilhabe der noch selb- ren, von der Herrschaft in Anspruch genommenen ständigen Nebenorte erkennbar, und Beuren samt Parzellen und von Wald, der auf Bauerngut erst nach- Lichtental hatte lange seine eigene ausgeschiedene Ge- träglich wieder aufwuchs, im Gesamtbesitz der Kirch- markung. Während dort Klosterwald kaum eine Rolle spielgenossen. Herrschaftlich hat dieses Kirchspiel spielte, kam der Wald im hinteren Albtal von den keine andere Geschichte als die nördlich anschließen- Ebersteinern im Lauf des 12. Jahrhunderts an die Klö- den Gebiete, bis es im 14.Jahrhundert an eine eigene ster Herren- und Frauenalb. Die Wälder der Dörfer Altensteiger Linie der Grafen von Hohenberg geriet Völkersbach, Burbach, Pfaffenrot und Schielberg sind und kurz vor 1400 an Baden überging. Vielleicht hat deutlich aus diesem Waldkomplex ausgeschnitten. die badische Herrschaft dazu beigetragen, die genos- Frauenalb behielt die Wälder ums Kloster selbst und senschaftliche Verfassung zu konservieren. Sie könnte an den Steilhängen des Albtals. Herrenalb blieb ganz auch erst die nur als Weiderecht wirksame Ausdeh- im Besitz der Wälder, die es Mitte des 13.Jahrhunderts nung des Kirchspielwaldes über die Enz nach Norden im Osten um die Wälder des Adels vermehren konnte, bis zum Hohloh bewirkt haben. Die Holznutzung war als dieser seine Waldhufendörfer Neusatz und Roten- dort von Baden der Murgschifferschaft überlassen. sol ans Kloster verkaufte. Das kann jedenfalls kaum aus einem alten Kirchspiel- Von hier im Nordwesten reichen die Waldhufenorte umfang erklärt werden. (vgl. Karte 4,16) auf den Enz-Nagoldplatten bis über Zwischen der Altensteiger Waldgenossenschaft und das Altensteiger Kirchspiel hinaus; sie sind im 11. und der von Dornstetten liegt ein Bereich, der herrschaft- 12.Jahrhundert hauptsächlich durch die großen Gra- lich zusammen mit der Grafschaft im Nagoldgau aus fenfamilien der Vaihinger, der Calwer und der Hohen- dem Besitz der Anshelmsippe an die Pfalzgrafen von berger angelegt worden. Calwer und Hohenberger Be- Tübingen geraten ist. Auch hier entstanden mit Besen- sitz sowie der südlich anschließende der Grafen von feld, Göttelfingen, Hochdorf und Igelsberg noch Wald- Tübingen stammt aus einer einheitlichen Wurzel der hufendörfer. Die Namen Göttelfingen und Hochdorf Adalbert-Anshelm-Sippe. Vermutlich erklären sich auf finden sich noch einmal im Altsiedelland südlich Na- diese Weise auch die ähnlichen Formen der Siedlungs- gold, ebenfalls im Herrschaftsbereich der Tübinger erschließung. Nicht nur bei den Siedlungsformen (vgl. Grafen. Hier läßt sich also greifen, durch wen und von Beiwort zu 4,14, S. 2-5), sondern auch in den Wald- wo aus das Waldland erschlossen wurde. Nun ist für besitzverhältnissen läßt sich eine von Osten bzw. Nor- diese Dörfer charakteristisch, daß sie außerhalb einer den nach Westen und Süden fortschreitende Entwick- Waldhufenaufteilung heute von Bauernwald umrahmt lung feststellen. Im Anfang blieben die Bauernstellen sind. Dieser läßt sich allerdings erst als das allmäh- selbst ohne Wald, und dieser war Gesamtbesitz der liche Ergebnis eines Aufteilungsprozesses zunächst Gemeinde; dann wurde auch das Waldland an die Hu- zwischen Klosterreichenbach und den Bauernschaften, fen ausgeteilt, und bei den spätesten Formen Neusatz, dann der Bauernschaften selbst erklären. Die Herr- Rotensol, Agenbach, Aichelberg und Oberreichenbach schaft hat dagegen in diesem Bereich keinen Wald für blieb der ganze Wald im Besitz der Herrschaft. Be- sich behalten. Der Herrschaftswald ist näher beim Alt- zeichnend ist, daß unter diesen späten Siedlungen zwei siedelland ausgeschieden worden; es ist der Weiler- im Hirsauer Klosterwald entstanden sind. Das Kloster, wald zwischen Pfalzgrafenweiler und Schernbach. eine Neugründung der Calwer Grafen, hat nicht nur Hier hat Württemberg am Waldbesitz festgehalten, als Wald in seiner Umgebung erhalten, sondern auch es schließlich im 18.Jahrhundert die Rodung und Anla- einige größere Waldkomplexe im siedlungsungün- ge von Herzogsweiler, Edelweiler, Kälberbronn und stigeren Bereich östlich der Kleinen Enz. Der in die- Erzgrube gestattete. Herrschaftsrechte wie Waldeigen- sem Waldhufengebiet mehrmals auftauchende Begriff tumsverhältnisse scheiden die beiden Musbach; Ober- des Waldgangs deutet daraufhin, daß der Aufteilung in musbach zeigt die nämlichen Verhältnisse wie Igels- berg und Besenfeld, 5

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Untermusbach gehörte bereits zum wieder genossen- Obermärker. Ihre Rechte fielen um 1700 an die Mark- schaftlich organisierten Dornstettener Waldgeding. grafen von Baden als ihre Lehnsherrn heim. Das Dornstettener Waldgeding ist der urkundlich am Verwickelt sind die Verhältnisse in den beiden an frühesten bezeugte Waldbereich. Dornstetten gehörte das Renchtal im Norden und im Süden angrenzenden zwar aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls zum Na- kleineren Tälern, dem Tal von Durbach und dem goldgau, die Herrschaftsentwicklung wurde aber da- Achertal. Während sich sonst immer die Talschaft als durch bestimmt, daß Kaiser Heinrich II. das ganze Ge- Waldmark und Genossenschaftsbereich präsentiert, biet um 1007 an die Kirche von Bamberg schenkte. wurde hier das Tal selbst zur Waldmarksgrenze. Süd- Vögte über Bamberger Außenbesitzungen wurden aber lich des Durbachs beginnt der Einflußbereich des Ab- die Zähringer, und so begegnet der Wald 1180 bereits tes von Gengenbach, der sich offensichtlich nach dem als zähringisches Lehen der Grafen von Urach, die 1218 Ende der auch hier die Vogtei ausübenden Zähringer auch die Nachfolger der Zähringer im Eigentum wur- unabhängig machen und selbst zum Obermärker für den. Die Waldbenutzung stand dem Kirchspiel Dorn- die kleine Genossenschaft des Vollmersbacher Waldes stetten zu, das bis zum Kniebis hinaufreichte, im we- aufsteigen konnte. Die tiefer im Gebirge selbst gele- sentlichen aber Orte des karolingerzeitlichen Landes- genen Wälder wurden unmittelbar Klosterwälder, ausbaus unmittelbar vor dem Hauptbuntsandstein um- ebenso die Wälder im Bereich der Priorats Rippolds- faßte. Im Spätmittelalter wurde die Waldgenossenschaft au, einer Stiftung der Herren von Wolfach, die auch durch Württemberg ganz auf den Teil östlich der Murg ebenfalls zum Zähringergefolge zu zählen sind. Un- beschränkt; aus dem Genossenschaftswald waren wohl mittelbare Stiftung einer Zähringerin war Allerheiligen früh Sonderwälder für die Stadt Dornstetten ausgeschie- nördlich des Renchtals; auch dieses Kloster war mit den worden. Nach der Stadtgründung von Freudenstadt einem Klosterwald ausgestattet, der bis zum Melkerei- (1599) wiederholte sich der nämliche Vorgang für die kopf im Einzugsbereich der Acher reichte. Die Wälder Ausstattung der Neugründung. westlich davon auf dem Sohlberg gehörten nicht von Analog zum Dornstettener Kirchspiel waren die Be- ungefähr zur zähringischen Schauenburg. siedlungs- und Herrschaftsanfänge jenseits des Die Vorbergzone zwischen Rench und Acher ist Schwarzwaldhauptkamms im Renchtal gelagert. Zen- vom Zentrum Renchen aus erschlossen worden. Später trum des Landesausbaus und Mutterkirche des gesamten hat sich der Mittelpunkt nach Ulm verschoben, dessen Tals war Nußbach. Dieses kam ebenfalls durch kaiserli- Name als Waldulm ins Gebirge hineingetragen wurde. che Zuwendung an das Hochstift Bamberg und unter die Diesen drei Orten und einer Reihe von ihnen ur- Vogtei der Zähringer; letztere haben das ganze Tal er- sprünglich abhängigen Ausbauweiler war der Ulmhart schlossen. Dabei sind die in den Tälern locker gestreu- gemeinsam. Die bischöflich-straßburgische Herrschaft ten Schwarzwaldhöfe entstanden. Erst unter den Besitz- konnte sich hier schon im letzten Drittel des 11. Jahr- nachfolgern der Zähringer, seit 1303 dem Bistum Straß- hunderts auf der Ullenburg anstelle bisherigen Adels- burg, hat sich der große Zusammenhalt aufgeteilt und besitzes installieren. Spuren der Ulmhartgenossen- sind kleinere Gerichte und Pfarreien entstanden, und schaft reichen aber viel weiter ins Achertal hinein bis zwar im oberen Bereich des Tales Oppenau, das gleich- auf die Gemarkung Ottenhöfen. In den obersten Re- zeitig auch der Sitz einer Waldgenossenschaft war. Die- gionen zeigt sich daher eine Verzahnung mit den Wäl- se Genossenschaft war auf die Hochwälder, die höchst- dern von Kloster Allerheiligen, teils in gemeinsamer gelegenen, in der Regel im Buntsandstein liegenden Nutzung, teils in strittigen Rechtsverhältnissen. Eine Wälder, beschränkt, während die tiefer liegenden Wäl- Abgrenzung nach Norden hin ist infolge der Quellen- der aufgeteiltes Zubehör der ebenfalls von der Herr- lage äußerst schwierig. Den Abschluß bildeten die schaft »lehnbaren« Bauernhöfe waren. Die Zuständig- Burgwälder von Bosenstein, die ursprünglich eber- keiten und Rechte von Bauern und Herrschaft im Hoch- steinischer Herkunft gewesen sein dürften. Renchen wald konnten bis zum Ende des alten Reiches nicht und Ulm waren aber auch noch nach Nordwesten hin sauber gegeneinander abgegrenzt werden. Der weiter an der Waldgenossenschaft des Maiwaldes beteiligt, westlich gelegene Restsprengel von Nußbach zerfiel in worauf noch zurückzukommen ist. noch mehr Einzelbereiche. Hier hatten schon die Burg- Im Bereich zwischen Acher und Bühlol erscheinen gründungen der Zähringer (Schauenburg) und ihrer als älteste Schicht von Orten und Zentren des Landes- Ministerialen und Lehnsleute Sonderbezirke in den ausbaus (Ober-)Achern, Sasbach, Ottersweier und burgnahen Wäldern geschaffen; die Gründung der Stadt Kappel(-windeck) bei Bühl. Diese Entwicklung kann Oberkirch durch die Markgrafen von Baden (1230/40) erst um 700 eingesetzt haben; möglicherweise hatte gliederte hier den Stadtwald aus. Genossenschaftliche Sasbach noch einen Vorsprung vor den andern. Abge- Verbände hielten sich in kleinerem Umfang mit den sehen vom Achertal und Bühlertal bestand keine Mög- Zentren Ödsbach und Nußbach. Über beide, den Moos- lichkeit, nennenswerte Siedlung über die lößbedeckte wald und die Staufenberger Hart, wurden die aus dem Vorbergzone hinweg ins Gebirge hinaufzutragen. Hier Zähringer Gefolge stammenden Herren von Stau- blieb der Wald in einer für den Westhang des fenberg Schwarzwaldes ungewohnten Geschlossenheit erhal- ten. Außerdem war hier auch jenseits der Wasser- 6

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scheide vom Murgtal her kein Ausbau möglich, so daß weise zu fassen. die herrschaftliche Erfassung viel weiter nach Osten Damit ist die siedlungsgeschichtliche und herr- vordringen konnte. Die Herrschaft ist allerdings erst schaftliche Erfassung des Schwarzwaldanteils an der sehr spät mit den Herren von Windeck zu fassen. Die Karte beschrieben bis auf den Kernbestand geschlos- Windecker aber waren ebersteinische Ministerialen sener Wälder von der über das Murgtal und Lehnsleute, und es spricht einiges dafür, daß die- oberhalb bis ins Enztal bei Calmbach. Diese ser Bereich zum ältesten Herrschaftsgebiet der Eber- Wälder sind kaum, wenn überhaupt erst vom Spätmit- steiner gehörte. Im Windecker Wald teilten sie sich mit telalter an von der Siedlung erfaßt worden. Östlich der den Gemeinden am Gebirgsrand von Bühl bis Sasbach Wasserscheide zwischen Murg und Enz wurden die in die Nutzung. Da Sasbach selbst samt seinen Aus- Grafen von Calw als Waldherren und Besitzer durch bauorten von Sasbachried bis Sasbachwalden schon im die Tübinger beerbt, die den Waldbezirk 1346 an letzten Drittel des 11.Jahrhunderts unter straßburgische Württemberg veräußerten. Der württembergische Herrschaft kam, war an der Obermärkerschaft der Waldbesitz ist hier nur durch einige baden-durla- Bischof von Straßburg mit einem Viertel beteiligt, das chische Enklaven gestört, die man mit Sondernut- freilich erst nach langen Prozessen im 17./18.Jahr- zungsbereichen der Burg Straubenhardt bei Dennach hundert wieder durchgesetzt werden konnte. Seit 1720 erklären kann. Westlich der Wasserscheide gehörten war das windeckische Lehen vom Adel an die Mark- die Wälder in den von Rotenfels aus murgaufwärts grafen von Baden heimgefallen. Herrenwies und ausgebreiteten Herrschaftsbereich und wurden so Hundsbach sind erst Siedlungen des 18.Jahrhunderts folgerichtig zu ebersteinischem, dann badischem im von der Herrschaft beanspruchten hinteren Teil des Wald. Den obersten Bereich der ebersteinischen Wäl- Waldes, die weder zu eigener Gemarkung noch zu der nutzten die Flößer und Schiffer des Murgtals mit Waldeigentum kamen. Sitz in . Daraus ist genossenschaftlicher Diese große Waldgenossenschaft war mit zwei an- Wald der Murgschifferschaft entstanden, über den Ba- deren verschachtelt, die mehr Waldgelände in der den die Obermärkerschaft behielt. Rheinebene nutzten. Am Waldhegenich zwischen Unz- In der Ortenauer Rheinebene beginnen ganz im Nor- hurst und Neuweier waren allein die alten Kirchspiele den mit dem Dotationsgut der Abtei Schwarzach die von Kappel(-windeck) und Otterweier beteiligt; das komplizierten Waldbesitzverhältnisse. Der Bannwald entsprach also den Nutzungsberechtigten im Windek- nördlich des Klosters gehörte zwar dem Abt, seine ker Wald ohne Sasbach und seine Nebenorte. Sasbach Nutzung war aber weitgehend den Gemeinden Stoll- dagegen war wiederum mit den Orten in der Niede- hofen, Söllingen und Hügelsheim überlassen; auch rung von Unzhurst bis Önsbach und denen im Achertal Leiberstung war beteiligt. Hier zeigt sich nichts von an der Untermark und Obermark beteiligt mit Ge- einem genossenschaftlichen Verband, wie er in dem richtszentrum in Achern. Obermärker waren hier die südlich an Schwarzach angrenzenden Fünfheimbur- Ministerialen von Großweier, bis dieses Lehen am En- gerwald, ab 1422 nachweisbar, gegeben ist. In seiner de des 16.Jahrhunderts an Baden heimfiel. Die Unter- Umgrenzung stellt dieser ein Restgebiet dar, das bei mark umfaßte nur verstreute, bald zu Weideland aus- der Siedlungserschließung hauptsächlich von Norden gestockte Parzellen in der Niederung, die Obermark und Westen her stehengeblieben ist, aber noch im dagegen einen Waldstreifen im hinteren Achertal, des- Spätmittelalter von einzelnen Höfen des Schwarzacher sen Abgrenzung gegen die Windecker Mark zwar zu Klosters durchsetzt und in der Neuzeit teilweise gero- fassen ist, nicht aber diejenige gegenüber den bosen- det wurde. Die Nutzung lag in einer Genossenschaft steinischen Burgwäldern. Insgesamt weisen auch der Schwarzacher Orte Ulm, Greffern und Moos und Unter- und Obermark auf einen größeren Zusammen- der hanau-lichtenbergischen Ortschaften Scherzheim hang zurück, wie sie ja eindeutig durch Sasbach mit mit Lichtenau und Helmlingen mit Muckenschopf. der Windecker Waldgenossenschaft verklammert sind. Nach den Ortsvorständen dieser fünf Dörfer wurde der Nördlich der Bühlot ist die letzte Waldgenossen- Wald Fünfheimburgerwald genannt. Das Waldgericht schaft das Steinbacher Kirchspiel. Es nutzte den rela- tagte im Schwarzacher Hof zu Ulm. In die Obermär- tiv schmalen Waldstreifen zwischen der Bühlot und kerschaft teilten sich der Abt von Schwarzach und die der Wasserscheide zur Oos. Die Herrschaft, die viel- Grafschaft Hanau-Lichtenberg. Diese Gemeinschaft er- leicht auf frühe Kloster-Schwarzacher Rechte zurück- klärt sich aus alten Rechten des Bistums Straßburg geht, kam ebenfalls über die Herren von Eberstein um über die südlich der Acher liegenden Besitzungen des 1260 an die Markgrafen von Baden. Diese sind die Klosters Schwarzach; in diese sind im 13.Jahrhundert Gründer der Stadt Steinbach, die den alten Markmittel- die Lichtenberger eingerückt. Schwarzach selbst stand punkt Sinzheim entthronte und von den Markgrafen unter ebersteinischer, dann markgräflicher Vogtei; sogar zum Obermärker für die Kirchspielwaldungen noch im 18.Jahrhundert bestritt der Abt die badische gemacht wurde. Auch zur Sinzheimer Mark gehörte Landeshoheit. Zwar nicht in dieser, aber in der Ober- ein Waldbereich in der westlichen Ebene, das Hege- märkerschaft konnte er sich durchsetzen. nich. Weitere Verzahnungen mit den dortigen Wäldern Die südlich anschließenden Waldgenossenschaften, des Klosters Schwarzach sind nur noch andeutungs- der Maiwald wie der Korker Wald, zeigen ebenfalls

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hanau-lichtenbergische Obermärkerschaft. Auch hier er- Waldgericht wurde unter der Linde zu Kinzigdorf, der klärt sich das aus der alten straßburgischen Herrschaft über Vorgängersiedlung von Offenburg, gehalten. Der Of- das Vorland der Bischofsmetropole und aus dem Nach- fenburger Anteil wurde endgültig 1775 ausgegliedert. rücken der Lichtenberger. Allerdings hat sich der Bischof Die Stadt hat damit ihren Gemeindewald nochmals ver- am Maiwald eine Hälfte der Obermärkerschaft bewahren größert, nachdem schon 1293 Offenburg den großen können, weil an dieser Genossenschaft außer dem lichten- Wald der Herren von Geroldseck auf Gemarkung Schut- bergischen Freistett, wo das für den Wald zuständige Ge- terwald aufgekauft hatte. richt tagte, und Memprechtshofen die alten Orte des Kirch- spiels Ulm beteiligt waren. Es sind die Genossen der Ulm- hart. Hier scheint sich also wiederum ein weiterer, ur- Formen des Waldeigentums sprünglich unter straßburgischer Herrschaft stehender Ver- band vom Rhein bis ins hintere Achertal anzudeuten, der Dieser räumlichen Betrachtung zu Siedlungsgeschichte später in verschiedene, zum Teil miteinander verschränkte und Waldeigentum sind systematische Überlegungen an- Waldgenossenschaften aufgelöst wurde. Eindeutig sind zufügen. Die Grundfrage nach der Entstehung des Wald- vom Maiwald die westlich anschließenden Gemeindewäl- eigentums kann nicht generell, sondern immer nur von der von Freistett und Rheinbischofsheim, das an der Ge- Fall zu Fall mit vorsichtigen Rückschlüssen beantwortet nossenschaft nicht mehr beteiligt war, abgetrennt. Alter werden. Die altertümlichste Form sind gewiß die Genos- Klosterwald war der Thomaswald, durch eine Schenkung senschaftswälder; man darf ihre Entstehung im Bereich des Straßburger Bischofs um 920 an das St. Thomasstift des Schwarzwaldes mit den Anfängen der Besiedlung am gekommen und 1360 an Lichtenberg verkauft. Er war im Beginn des Hochmittelalters in Verbindung bringen. Im 18.Jahrhundert längst gerodet. Fall der Steinbacher, der Sasbacher und vielleicht auch Eindeutiger im hanau-lichtenbergischen Bereich lag der der Dornstettener Mark liegen die Ansätze wahrschein- Korker Wald, an dem aber auch die zur Landvogtei Orte- lich noch ein wenig früher, also in der Karolingerzeit. nau gehörigen Orte Appenweier und Windschläg, viel- Darüber gibt es im Schwarzwaldbereich keine Urkunden, leicht erst nachträglich, Nutzungsrechte erhielten, ohne und die Dornstetter Marca des Lorscher Codex ist wahr- daß deswegen Österreich auch als Mitobermärker hätte scheinlich etwas anderes als das spätere Waldgeding. Im fungieren können. Das Waldgericht wurde im herrschaft- Odenwald jedoch ist die Rückführung der Verhältnisse lichen Hof zu Kork gehalten. Kork selbst ist alter Mittel- auf die Marken der Karolingerzeit zwingend (vgl. auch punkt dieses Raumes, und das seit 1476 im Waldspruch Karte 10,2 samt Beiwort). Warum sollte es im Nord- überlieferte Weistum zeigt recht altertümliche, aber auch schwarzwald anders gewesen sein? Wenn in der Rhein- sagenhafte Züge. Merkwürdig ist für die herrschaftlichen ebene so alte Zentralorte wie Kork und Kinzigdorf, Zusammenhänge, daß eine letzte Appellation für mit letzteres die Stätte des Grafengerichts in der Ortenau, Ausschluß bestrafte Genossen nach Ortenberg ging. Dieses auch die Gerichtsplätze für die Waldgenossenschaften war altes Zentrum der staufischen Reichsgüterverwaltung waren, dann ist das ein weiterer Hinweis auf ihren frühen in der Ortenau und auch der Mittelpunkt der österreichi- Ursprung. Belege für das Bestehen der Waldmarken im schen Landvogtei. Auch der Korker Wald war ursprüng- Hochmittelalter lassen sich zusätzlich finden. Die lich größer. Ihm gehörten einige in gemeindliche Sonder- gemischte Obermärkerschaft über den Fünfheimburger- nutzung übergegangene Wälder im Südwesten an. Außer- wald erklärt sich im 11.Jahrhundert aus der 1014 gesche- dem zeigt seine zerlappte Umgrenzung deutlich, wie henen Übergabe der Abtei Schwarzach an das Bistum allenthalben die Rodung in diesen Wald vorgedrungen ist. Straßburg, die bereits 1032 durch Vergabe an Speyer Östlich vom Korker Wald schließt ein verhältnismäßig korrigiert wurde. Die zähringische Oberherrschaft über großes Stück Herrschaftswald an, das Mührig. Es kam aus die Dornstettener Wälder geht ebenfalls auf die Zeit dem Besitz des Klosters Allerheiligen ans Hochstift Straß- Kaiser Heinrichs II. zurück. burg. Seine Abgrenzung gegenüber den Gemeindewäldern Es gibt aber keinen Grund, diese frühen Markbezirke von Renchen und Urloffen wird man durch eine nach- als völlig durchorganisierte Genossenschaften im Sinne trägliche Teilung ursprünglicher Gemeinschaftswälder er- der alten Theorie von der germanischen Mark und diese klären können, ebenso wie den Wechsel von Gemeinde als Verband ursprünglich freier und herrschaftsunab- und Herrschaft im Umkreis von Willstätter und Endinger hängiger Genossen anzusehen. Im Gegenteil: Die Herr- Wald. Letzterer war lange Lehen der Grafschaft Hanau- schaft steht am Anfang und hat den Bewohnern der um- Lichtenberg für den niederen Adel und fiel im 18.Jahrhun- liegenden und bald auch der in den Bereich der Wälder dert wieder heim. eingedrungenen Dörfer die Nutzung nur zugestanden. Es Offensichtliches Restgebiet ist die Genossenschaft des ist eine langsame Entwicklung, die parallel geht zu Gottswaldes, die diesen Wäldern im Osten vorgelagert ist. immer größerer Steigerung des Waldwertes und der Ver- Der Gengenbacher Gotteshauswald ist urkundlich ab 1289 knappung des Holzes. Selbst in der Frühneuzeit war, wie zu verfolgen. Im Spätmittelalter waren unter Obermärker- schon gezeigt, die Definition der einzelnen Berechtigun- schaft des Abtes Offenburg, Griesheim, Weier, Walters- gen noch nicht abgeschlossen. Durchweg aber sind die weier und Bühl an der Nutzung beteiligt.

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erst neuzeitlich hinzukommenden Siedlungen wie et- die Gemeinden, nicht die Bewohner der gesamten wa Herrenwies und Hundsbach aus der Nutzung des Mark, als Genossen beteiligt waren. Überspitzt wurde gemeinsamen Waldes ausgeschlossen geblieben, eben- daraus vereinzelt gefolgert, die Gemeinde stehe zeit- so wie die jungen Orte auch im Herrschaftswald mit lich vor der Markgenossenschaft. Besonnener wird Waldbesitz nicht mehr berücksichtigt wurden (vgl. den formuliert, daß vor der Gemeindebildung (12./13.Jahr- Weiler Wald). hundert) schon eine Dorfgenossenschaft bestanden Man könnte sich mit diesem Stand der Erkenntnis habe und diese ihrerseits wieder Waldgenosse wurde. begnügen, wenn es nicht gerade im Bereich des Kar- Nun gibt es im betrachteten Gebiet aber Beispiele, wo tenausschnitts einen deutlichen Zusammenhang zwi- nicht die Gemeinde als Nachfolger der Dorfgenossen- schen Kirchspiel und Genossenschaftswald gäbe. Bei schaft Waldgenosse war. Im Bereich des Hochwaldes jüngeren Kirchspielen, wie denen auf der Ostseite des waren es zuerst die Bauern, dann erhielt die große Ge- Schwarzwaldes, ist das weiter kein Problem, denn richtsgemeinde Oppenau eine zusätzliche Teilhabe an auch dort liefen im Hochmittelalter herrschaftliche und der Waldnutzung. Schließlich spaltete sich diese in die kirchliche Erschließung parallel mit der Besiedlung. Stadt und die einzelnen Talschaften, später Gemein- Initiator war stets die Herrschaft. In der Ortenau dage- den, auf. Waldnutzungsberechtigt aber blieben neben gen erheben die alten Waldsprüche und Weistümer der Stadt die Bauern, nicht ihre späten Gemeinden. den Anspruch, daß im Anfang der Waldgenossenschaft Am Gottswald, wie er als Genossenschaft nach dem die Kirche steht und daß alle zu einer Mutterkirche Ausscheiden Offenburgs bestand, hatten nicht die Ge- Gehörigen Anteil am Wald haben. So etwa werden der meinden Anteil, sondern eine jeweils festgesetzte Zahl Maiwald samt dem Ulmhart als eine Gottesgabe für von Bürgern in den einzelnen Orten. Auch beim Kor- die Kirche zu Ulm bezeichnet, von ihr dann alle älte- ker Wald zeigen sich ähnliche Erscheinungen. ren Pfarreien einschließlich dem ganz im Westen ge- Die Murgschifferschaft scheidet wohl als Sonderfall legenen Freistett abgeleitet. Ähnlich großräumlich aus. Es handelt sich gewiß um keine ganz alte Genos- präsentiert sich der Nußbacher Sprengel. Nicht ganz so senschaft. Immerhin zeigt auch sie, daß die neben der deutlich ist auch ein großer Sasbacher Sprengel zwi- Herrschaft an den Wäldern Beteiligten nicht unbedingt schen Acher und Bühlot und nördlich anschließend das in einer Gemeinde oder Dorfgenossenschaft organi- wohl ursprünglich Sinzheimer, dann Steinbacher siert sein mußten. Man wird auch keineswegs sich da- Kirchspiel zu fassen. Im Fall von Nußbach ist die Her- für entscheiden müssen, daß die vorgemeindliche leitung aus einem einheitlichen kirchlichen Verband Dorfgenossenschaft grundsätzlich älter ist als die Ge- auch urkundlich durch die sich in vielen Etappen voll- nossenschaft der großen Kirchspiele. Der Weg kann ziehende allmähliche Dismembration der späteren auch umgekehrt zurückgelegt worden sein und die Pfarreien nachweisbar. Beim Ulmer Kirchspiel ist das Bauern sich zur Wahrung ihrer Rechte in einzelnen ebenso, mit Ausnahme der westlich des Maiwaldes zu- Dorfgenossenschaften organisiert haben. Ganz abge- gehörigen Orte, die nach Rheinbischofsheim pfarrten. sehen davon sind viele Dörfer erst aus Einzelhöfen Dieses wird man doch als eine alte, nicht von Ulm ab- entstanden. Man wird also mit einiger Vorsicht hinter hängige Mutterkirche ansehen müssen. Bis auf Appen- den Waldgenossenschaften doch sehr alte Organisa- weier und Windschläg standen auch die Korker Wald- tionsformen sehen dürfen, ohne deswegen in einen genossen in einem ursprünglich gemeinsamen Pfarr- Schematismus zu verfallen, der aus ihnen in jedem verband. Die Beteiligung von den beiden letzteren, wie Fall auch die ältesten kirchlichen Zusammenhänge ab- es auch der Waldspruch berichtet, ist aus der Nachbar- leiten will, und schon gar nicht solche Markgenossen- schaft als unmittelbare Angrenzer abzuleiten, wohl schaften für eine altgermanische, auf Gemeinfreiheit ebenso die Nutzungsrechte des Kirchspiels Ulm am basierende Einrichtung halten. Die herrschaftliche Maiwald. Solche Grenzüberschneidungen erklären Komponente ist mit Händen zu greifen. Leider haben sich einfach daraus, daß in der Regel Angrenzer schon wir für den Schwarzwald keine Urkunden über könig- mangels entsprechender Kontrollen gar nicht von der liche Verleihungen von Marken und Forsten wie im Mitnutzung auszuschließen waren. Aber abgesehen Odenwald, wo damit die Anfänge viel besser doku- davon lassen sich die großen Markgenossenschaften mentiert sind. alle auf älteste Kirchspiele zurückführen. Die ältesten Es wurde bei der räumlichen Behandlung des Pro- kirchlichen Verbände dürften in der Regel auch herr- blems schon darauf hingewiesen, daß auch am Anfang schaftlich einheitlich strukturiertes Gebiet umfaßt ha- der weitverbreiteten Gemeindewälder teilweise größe- ben. Die spätere herrschaftliche Aufsplitterung, etwa re Zusammenschlüsse gestanden haben. Das gilt viel- bei der Sasbach-Windecker Mark, ist ein weiterer Hin- leicht nicht für das Altsiedelland, wo altes Dorf neben weis auf den frühen Ursprung der Waldnutzungsge- altem Dorf liegt, aber für die Ausbaubereiche, zumal meinschaften. Im Frühstadium wird man sie freilich im Gebirge. Außer den bereits dafür angeführten noch nicht als Genossenschaften im eigentlichen Sinn Gründen (s.o. S.4) läßt sich auch aus den altwürttem- betrachten dürfen. bergischen Forstlagerbüchern zeigen, daß nicht nur Die Kritik der alten Markgenossenschaftstheorie hat Orte erkennbar gemeinsamen Ursprungs wie Ober- darauf hingewiesen, daß an den Waldgenossenschaften und Unterjettingen, sondern auch weiter voneinander 9

9,5 MEINRAD SCHAAB / DAS WALDEIGENTUM IM NORDSCHWARZWALD UND IN DER NÖRDLICHEN ORTENAU

getrennt liegende Dörfer gemeinsam Wälder hatten. Eb- Alteberstein, Rotenfels-Michelbach und Neueberstein und Wöllhausen hatten Gemeindewald auch auf Gemar- reservierten Wälder ab. Wesentlich kleiner bemessen kung Ebershardt. In Grömbach hieß ein Wald das Tal- sind die Schloßwälder von Nagold und Wildberg. Die heimer Feld, angeblich weil in Kriegsnöten Ober- und Bärenburg am Ausgang des Renchtales muß man Untertalheim das Recht hatten, sich dorthin zu flüchten. ebenfalls nennen. Von Staufenberg aus wurde dagegen An den Wäldern auf der Gemarkung Oberschwandorf eine ganze Waldgenossenschaft kontrolliert, eine noch waren Haiterbach, Nagold und Bondorf beteiligt. viel größeren Umfangs von der Windeck. Anschlie- Der Gemeindewald und der Herrschaftswald sind ßend an Burg Bärenstein bildete sich herrschaftliches teilweise erst Ergebnisse eines Abscheidungsprozesses Sondereigentum ganz im Norden des Windecker Wal- zwischen der Herrschaft und einer Genossenschaft aus des. Ganz in die herrschaftlichen Wälder eingebettet mehreren Dörfern. lagen Fautsberg (Vogtsberg) westlich der Kleinen Enz Sonderfälle dieses Abscheidungsprozesses sind Klo- oder Tannenfels im Baiersbronner Obertal. Burg Lie- ster, Burg und Stadt. Die Klosterwälder zeigen sich benzell konnte die überwiegend herrschaftlichen Wäl- überall als Nachfolger von Herrschaftswald und gingen der auf der Gemarkung nutzen. Es paßt in die Erklä- in der Regel schon als Ausstattungsgut an die entspre- rungsversuche für die Wallanlage auf dem Rinkenberg chenden Klöster über, die ihrerseits ihre Untertanen in nördlich von Baiersbronn, daß diese im Kloster- ganz verschiedenen Formen an der Nutzung beteiligten. reichenbacher Wald liegt. In ihr wird eine hochmittel- Es zeichnet sich aber die Tendenz ab, daß die in den un- alterliche Fliehburg für das Kloster und seine Bauern zugänglichsten Bereichen liegenden Waldgebiete beim vermutet. Bei anderen Burgen sind die Zusammen- Kloster selbst blieben, gleich ob dieses eine alte ver- hänge mit dem Wald nicht so deutlich. Das ist dort der kehrsgünstig gelegene Gründung wie Gengenbach war Fall, wo die Burgen früh wieder aufgegeben wurden, oder ob es wie Frauenalb und die Reformklöster selbst wie etwa im Murgtal oberhalb Forbach (Schloßfelsen), im Waldesinnern angelegt wurde, so Reichenbach, Rip- der Beilstein nördlich Liebelsberg und überall da, wo poldsau, Allerheiligen und Herrenalb. Hirsau, das ja Burg und Stadt eine solche Verbindung eingegangen einen karolingerzeitlichen Ansatz hat, liegt wie Gen- sind, daß die Burgwälder schließlich zu Stadtwald genbach verkehrsgünstig am Rand des Waldgebiets. Als wurden, wie das etwa bei Neuenbürg, Calw, Zavel- Wälder sind ihm, abgesehen vom klosternahen Bezirk stein und Oppenau der Fall war. und dem nachträglich gekauften Waldecker Burgwald, Bei ihrer größeren Bewohnerschaft war die Stadt die entlegensten Teile im Einzugsbereich der Enz ge- noch viel mehr als die Burg auf eine Ausstattung mit blieben. Lichtental hatte wohl anfangs die Verfügung Wald angewiesen. Selbst weitere Entfernungen wur- über den Beurener Wald, der aber mit der dortigen Auf- den bei solcher Waldausstattung in Kauf genommen, siedlung in Gemeinde- und schließlich Badener Stadt- wo sich das anders nicht machen ließ.2 Im Schwarz- wald aufgegangen ist. Im Grunde gehört Wald zu jeder wald und an seinen Rändern lagen die Verhältnisse Klosterausstattung. günstiger. Der große Baden-Badener Stadtwald ist Auch die Burgen waren auf Waldnutzung angewiesen wohl aus einem anfangs noch genossenschaftlichen (vgl. Karte 5,5). Aber dies hat nicht in jedem Fall Verband hervorgegangen, an dem die Stadt vielleicht Niederschlag im Waldeigentum gefunden, sondern nur bereits über eine Vorgängersiedlung beteiligt war. Bei dort, wo nicht aller Wald im Herrschaftswald aufging Städten, die aus Dörfern hervorwuchsen, war die oder im Rahmen einer Genossenschaft der Mitnutzung Waldnutzung von Anfang an klar geregelt, wie etwa durch die Burg offen blieb. Ganz auffallend ist die Be- bei Gernsbach, Kuppenheim oder Nagold. Steinbach deutung solcher Burgwälder für die Genese des Waldei- wurde gar zum Obermärker der betreffenden Waldge- gentums, wo diese Burgen im Besitz des Niederadels nossenschaft. Ähnlich entwickelte Lichtenau, das als waren. Berneck und Bosenstein sind die charakteristi- Gründung aus wilder Wurzel mit in die Rechte Scherz- schen Beispiele auf dem Kartenblatt, auch Neuenstein heims eintrat, ein Oberheimbürgertum. Offenburg im Renchtal und die bald an die zähringischen Ministe- rückte, wie schon der Gerichtsort für den Gottswald rialen abgegebene Schauenburg am Eingang des Rench- zeigt, in die Rechte Kinzigdorfs nach. Bei Oberkirch tals können diesen Beispielen zugesellt werden. Es wur- ist deutlich, wie der Bürgerwald den Wald der beherr- de schon gesagt, daß die Wälder der Burg Waldeck bei- schenden Schauenburg im Süden und Osten umlagert. derseits der Nagold, also der eigentliche Waldecker Es muß sich um ein Geschenk des Stadtgründers han- Schloßwald und der des sogenannten Dickener Schlöß- deln. Der Dornstetter Wald wurde wohl schon früh aus chens, vom Kloster Hirsau aufgekauft wurden (1476/ der Genossenschaft des Waldgedings ausgeschieden, 80). Auch vom Straubenhardter Burgwald, der letztlich während Altensteig an Baden fiel, war schon die Rede. Im Bereich der Waldhufenorte ist Hornberg mit einem kleinen Burg- 2 Wimpfen erhielt 1227 von König Heinrich (VII.) einen Wald samt wald ein weiteres Beispiel. Auch dieses fiel schließlich der Berechtigung zu einer Straße dorthin über etwa 12 km Abstand an den Landesherrn. Deutlich zeichnen sich im Gebiet geschenkt. Die auf der Gemeindegrenzkarte (2,2) und vielen politi- der Gemeindewälder die für Iberg, Hohenbaden, schen Karten erkennbare und in Gemarkungsgrenzen bis 1974 nach- wirkende, bis 1945 hessische Exklave westlich Neckarbischofsheim zeugt davon. 10

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seinen Stadtwald bevorzugt auf dem anderen Ufer der lung auf der Territorialkarte entziehen sich solche Ge- Nagold, also außerhalb des Kirchspiels, erhielt. In biete. Vollends unübersichtlich werden die Dinge in Neuenbürg scheint die Stadt Nachfolger der Burgwäl- der Unteren Mark. Gerichtsvorsitzer und Obermärker der rechts der Enz geworden zu sein. In Liebenzell ist waren lange die niederadligen Inhaber von Großweier, der Gemeindewald recht klein, auch das ein Hinweis bis dieses Lehen im 16.Jahrhundert wieder an die auf die völlige Abhängigkeit der Stadt von der Herr- Markgrafschaft heimfiel. An der Genossenschaft aber schaft. Die relativ späte Stadtgründung Wildbad waren ortenauische, badische und vor allem bischöf- (1367) hatte bis ins 18.Jahrhundert hinein noch keine liche Gemeinden beteiligt. Klarheit über die Landes- eigenen Wälder, sondern war lediglich im herrschaftli- hoheit in den einzelnen Gebieten brachte hier nur die chen Wald mitberechtigt. Im noch viel jüngeren Freu- Tatsache, daß diese Wälder verhältnismäßig klein wa- denstadt ist der württembergische Landesherr anders ren und alle in Gemarkungen verstreut auf oder am verfahren und hat der Gründung sogleich einen Wald Rande einzelner Gemarkungen lagen. Hier hat es keine zugewiesen. Das fiel offensichtlich auch leichter, da es andere Landeshoheit als die sonst in der betreffenden hier um einen Eingriff ins Waldgeding, nicht in die Gemarkung herrschende und höchstens einmal Grenz- eigenen Domänenwälder ging. streitigkeiten gegeben. Ebenso war die straßburgische Burgen und Städte waren häufig auch die Kristallisa- Landeshoheit im Achertal trotz disparater Waldbesitz- tionspunkte der Territorialherrschaft. Ihre Ansätze verhältnisse einigermaßen klar, bis auf die zur Ritter- liegen im Schwarzwald lange vor den Stadtgründungen schaft steuernde Burg Bosenstein und ihre Wälder. in der Frühzeit des Burgenbaus wesentlich in der Ver- Südlich der Rench überschnitten sich wieder straßbur- fügungsgewalt über die Wälder begründet. Beim Ro- gische Landeshoheit und staufenburgisch-badische dungsbezirk von Rotenfels, beim Oostal, beim Rench- Obermärkerschaft. Straßburg hat unbestritten die Ter- tal, im Bereich des Dornstettener Waldgedings und un- ritorialrechte in der ganzen hinteren Staufenberger mittelbar nördlich davon im Ausbaubereich der Pfalz- Hardt ausgeübt, während trotz sehr verschiedenartiger grafen von Tübingen ist mit Händen zu greifen, wie Obermärkerschaft das ganze Durbacher Tal mit sich hier Waldherrschaft und Territorialherrschaft pa- Staufenberg zur Markgrafschaft zählte. Anscheinend rallel entwickelten. Erst recht trifft das für die ge- war der Niederadel und sein Besitz aber exemt. schlossenen herrschaftlichen Wälder zwischen Hornis- Die Bauernwälder waren ganz den jeweiligen Lan- grinde und Calmbach zu. Auch das Altensteiger Kirch- desherrn unterworfen. Wie schon ihre Verteilung zeigt, spiel und den Ausbauraum der nördlich davon liegen- gibt es sie praktisch im Altsiedelland nicht, und damit den Waldhufendörfer muß man unter die Bezirke zäh- scheidet ihre Herkunft aus einem freien Eigentum von len, wo die Landeshoheit dem Waldherrn zufiel. Über- vornherein aus. Bauernwald entstand auf Gelände, das schneidungen gab es lediglich im Bereich der Ortenau von den Gründern der Siedlungen den Bauern in zwei- und der von ihr in den Schwarzwald hineinreichenden erlei Form überlassen wurde, entweder als unmittelbar kleineren Täler. Man wird im Fall des Maiwaldes bei- einzelnen Höfen zugeordnete Grundstücke, in der Re- de Obermärker als Landesherrn bezeichnen müssen gel mit Hofanschluß, oder als Waldgebiete, die der ge- und dieses Waldgebiet auf der Territorialkarte korrekt meinsamen Nutzung der Bauern, aber nicht der Ge- als Kondominate eintragen.3 Analog sind die Ver- meinde unterworfen waren. Die nichtvollbäuerliche hältnisse im Fünfheimburgerwald, nur ist der eine der Bevölkerung war von der Nutzung ausgeschlossen und Obermärker, der Abt von Schwarzach, nicht bis zur nicht die Gemeinde, sondern eine eigene Genossen- vollen Landeshoheit gelangt. Über ihm stand der Vogt schaft von Hübnern oder Lehnsinhabern bestimmte des Klosters, zuletzt der Markgraf von Baden, der erst über Verwendung und Ertrag der Wälder. Die sied- im Lauf des 18.Jahrhunderts endgültig seine Landes- lungsgeschichtliche Betrachtung hat bereits gezeigt, hoheit durchsetzen konnte. Beim Windecker Wald lie- daß solcher durchaus grundherrlich gebundene Bau- gen die Probleme noch vielschichtiger. Neben der von ernwald in der Hochphase der Rodung entstanden ist. Baden belehnten Ritterfamilie war der Bischof von Die noch karolingerzeitlichen Orte an den Gebirgsrän- Straßburg zu einem Viertel Bannherr. Das nützte ihm dern kennen ihn nicht und ebensowenig die spätesten aber außerhalb der Sasbachorte, wo er tatsächlich die Siedlungen des Mittelalters. Besonders deutlich zeigt Landeshoheit errang, wenig. Bei der Anlage von Her- sich das im Bereich der Waldhufenfluren. In die Zeit renwies und Hundsbach wurde er nicht gefragt und der klassischen Waldhufendörfer (11./12.Jahrhundert) konnte lediglich nachträglich Protest einlegen. Einer gehören auch die typischen Schwarzwaldhöfe im exakten Darstel- Acher-, mehr noch im Renchtal und südlich davon. Nicht eindeutig sind die Besitzverhältnisse in den Bauernwäldern zwischen Dornstettener Waldgeding 3 Die Bearbeitung der Karte 6,13 war schon zu weit fort- geschritten, als daß das dort noch hätte berücksichtigt wer- und Altensteiger Kirchspiel geklärt. Die Wälder dort den können. Tatsächlich läßt sich keine scharfe Ostgrenze werden teilweise als commun oder sammethaft und für das hanauische Amt Lichtenau zeichnen, sondern es be- teilweise als Bauernwald oder privativ in den Quellen stand dort ein Grenzraum als Kondominat auf der gesamten bezeichnet. Sie scheinen in ihrer Genese auf eine Ab- Fläche von Fünfheimburger- und Maiwald. scheidung

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9,5 MEINRAD SCHAAB / DAS WALDEIGENTUM IM NORDSCHWARZWALD UND IN DER NÖRDLICHEN ORTENAU

des Waldeigentums zwischen Klosterreichenbach und Wo Baden allein Landeshoheit und Obermärkerschaft den örtlichen Bauerngenossenschaften zurückzugehen. besaß, hatte es, abgesehen vom Widerstand einzelner Für Schwarzenberg ist die Tatsache klösterlichen Lehn- Gemeinden, freie Hand, und wo Kondominate oder waldes noch bezeugt. 1685 bestanden in Besenfeld, überschneidende Rechtsverhältnisse herrschten, war Göttelfingen, Hochdorf, Schernbach und Grömbach die geforderte genaue Grenzziehung gern der erste An- samthafte Wälder, in Garrweiler privativer Wald. An- fang zu einer Aufteilung des Waldes. Eine solche Tei- fang des 19.Jahrhunderts waren auch die sammethaften lung in einigermaßen gerechter Form war aber erst Wälder aufgeteilt. möglich geworden, als die Geodäsie als Wissenschaft So gibt die Karte des Waldeigentums um 1750 ein entsprechend fortgeschritten war, ausgebildete Geo- hier gar nicht in allen Einzelzügen ausgedeutetes le- meter zur Verfügung standen und eine genaue Flä- bendiges Bild einer mannigfaltigen und über ein Jahr- chenberechnung der Wälder für eine exakte Teilungs- tausend sich erstreckenden Geschichte der Erschließung grundlage sorgte. und organisatorischen Erfassung des Nordschwarz- Offenburg schied 1775 aus dem Gottswald aus. Im waldes. Fünfheimburgerwald wurde bereits 1764 die Klage auf Teilung durch eine beteiligte Gemeinde (Greffern) beim Reichskammergericht eingeleitet und 1792 posi- tiv beschieden. Nachdem Baden seine Landeshoheit über Schwarzach eindeutig durchgesetzt hatte, kam der 2. Waldeigentum 1965 Vergleich mit Hanau-Lichtenberg und den Gemeinden voran und konnte 1800 abgeschlossen werden. Aus Die Umgestaltung der alten Verhältnisse dem Genossenschaftswald wurde Gemeindewald und Herrschaftswald. Im rein badischen Steinbacher Kirch- Wie in Geistesgeschichte und politischer Entwick- spiel setzte die Aufteilung 1771 ein, wurde aber erst lung hat das Jahrhundert zwischen 1750 und 1850 auch 1806 vollendet, als die alte territoriale Welt bereits zer- im Bereich des Waldes die alten Ordnungen beseitigt brochen war. Das Ergebnis war zusätzlicher Staatswald und an ihre Stelle rationalere und leichter zu handha- und die für die heutige Ortenau typischen Gemar- bende gesetzt. Auch hier griff der Veränderungsprozeß kungsexklaven der einzelnen Gemeinden im Gebirge. tief und allumfassend ein und betraf nahezu alle Berei- Im Waldhegenich, das bereits weitgehend gerodet war, che von der Bestockung und Bewirtschaftung des Wal- stellte sich ab 1772 die Frage nach der territorialen des bis hin zur staatlichen Hoheit und der sozialen Grenze zwischen der Markgrafschaft und der Ortenau. Struktur. Dabei setzte der Umbruch im Waldeigentum Baden war hier kompromißbereit, um überhaupt zu schon früher ein als auf dem Feld der Grundherrschaft einer sicheren Abgrenzung zu kommen, und erkannte oder der territorialstaatlichen Ordnung. Der Anstoß 1792 eine Trennungslinie an, die sich nach den jewei- kam, wie schon gezeigt, von den zahllosen Streitigkei- ligen Anteilen der Dörfer im Verhältnis ihrer nutzungs- ten in den Genossenschaften, von durch das römische berechtigten Bürger richtete. Unmittelbar nachher wur- Recht geschulten Juristen und von der nationalökono- de auf badischer Seite auch unter den einzelnen Ge- mischen Theorie der Aufklärung. meinden aufgeteilt; die ortenauischen Gemeinden folg- Vorbedingung waren einige Veränderungen der Ter- ten erst nach dem Anfall an Baden 1805. Die den Ge- ritorialkarte am Oberrhein in den siebziger Jahren des meinden zustehenden Flächen wurden als Allmendland 18.Jahrhunderts. 1771 wurden beide Markgrafschaften unter die Bürger ausgegeben. Einer regelrechten Priva- nach über zweihundertjähriger Trennung wiederverei- tisierung widersetzte sich die badische Verwaltung, nigt. In der Karlsruher Verwaltung herrschte ein aufge- weil das unweigerlich zur Konzentration des Besitzes klärter, Neuerungen aufgeschlossener und von mittelal- in der Hand der Reichen geführt hätte. Ähnlich wie im terlichem Rechtsdenken schon weit entfernter Geist. Hegenich gab auch beim Vollmersbacher Wald der Man förderte das Gemeinwohl zum Teil auch unter Ver- Territorialstreit zwischen Baden und der Ortenau den zicht auf bisherige herrschaftliche Vorrechte, zumal ersten Anstoß zur Teilung, die sich freilich bis 1807 dann, wenn diese keine Rentabilität zeigten. Mit dem hinzog, als diese Grenze längst gegenstandslos ge- Erlöschen der Baden-Badener Linie mußte die Reichs- worden war. landvogtei Ortenau an das Haus Habsburg zurückge- So ist ein Großteil dieser frühen Abteilungen, die geben werden. Damit wurden die äußerst zerrissenen sich im übrigen nur im badischen Gebiet oder in Kon- Territorialverhältnisse zwischen Bühl und Offenburg dominaten mit Baden finden, von der Entwicklung der erst wieder richtig offenbar. Bei wachsendem Interesse napoleonischen Zeit überrollt worden. Zunächst hat an klar abgegrenzter Landeshoheit bereiteten die Mark- die Säkularisation die Waldbesitzverhältnisse grundle- genossenschaften besondere Schwierigkeiten. Beides gend verändert. Aller Klosterwald verschwand von der wirkte zusammen mit dem Wunsch, die endlosen durch Landkarte und wurde Staatswald, und zwar unabhän- die genossenschaftliche Nutzung hervorgerufenen Strei- gig davon, ob es sich um reichsunmittelbare Klöster tigkeiten zu beenden. wie Gengenbach oder um bereits einer Territorial- hoheit unterworfene wie Frauenalb, Schwarzach, Al- lerheiligen 12

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und Rippoldsau handelte. Mit Ausnahme von letzterem Teilung von 1807 folgten deswegen noch schwierige wurde dieser Klosterwald badischer Staatswald; Rip- Prozesse durch alle Instanzen bis vor das Oberhofge- poldsau dagegen wurde durch Fürstenberg säkula- richt in Mannheim. Klar war schon lange, daß ein Drit- risiert. Die übrigen Territorialveränderungen des tel des Waldes an den Staat und zwei Drittel an die 14 Reichsdeputationshauptschlusses bewirkten, daß bisher nutzungsberechtigten Gemeinden fallen sollten. Aber bischöflich-straßburgische, hessen-darmstädtische (ha- erst 1819 war durch letztinstanzliches Urteil auch die nau-lichtenbergische) Waldrechte und Herrschafts- Beteiligung der Unterbülotter gesichert. Das ganze waldungen an Baden fielen. Dies war jedoch nicht der schon einmal fertige Teilungsgeschäft mußte nochmals Fall beim Waldbesitz der jetzt ebenfalls Baden unter- von neuem vermessen und durchgerechnet werden. worfenen Reichsstadt Offenburg. Sie verlor lediglich Dann wurde 1825 die endgültige Aufteilung samt die Landeshoheit über ihre Wälder, nicht aber das Ei- Schlußabrechnung vorgenommen. Seither ist das Ge- gentum daran. Ebenso blieb der Ritterschaft bei ihrer birge bis zum Schwarzwaldhauptkamm zwischen Ba- anschließenden Unterstellung unter die Souveränität dener Höhe und Mummelsee von zahlreichen Gemar- von Baden bzw. Württemberg ihr Waldbesitz, sogar kungssplittern durchsetzt, während sich ostwärts da- mit einigen forstherrschaftlichen Rechten, die die Lan- von der große staatliche Herrenwieser Forst ausbreitet. deshoheit nicht tangierten. Mit der Aufteilung der Schneller war die Aufteilung in der Ebene vorange- österreichischen bzw. modenaischen Besitzungen unter schritten, wo der Maiwald 1810, der Korker Wald Baden und Württemberg 1805/06 waren schon nahezu 1812 aufgelöst wurden. Die Obermark war schon um einheitliche badische bzw. württembergische Staats- 1807 verteilt, ebenso die Untermark. Auch die Rege- wälder im Bereich des Kartenausschnitts geschaffen. lung der Besitzverhältnisse im Bannwald war durch Die Mediatisierung Fürstenbergs 1806 beließ dem Abteilung von Stücken für die Gemeinden abgeschlos- Standesherrn das Waldeigentum, auch das eben erst sen. Länger zog sich die Bereinigung der Mooswald- durch die Säkularisation zugefallene. Die Schaffung genossenschaft und der Staufenberger Hardt hin. Im eines einheitlichen zentralistischen Staatswesens in Mooswald hatte zwar schon 1579 eine Separation zwi- Württemberg hat 1806 die Kirchenratswälder zu schen dem straßburgischen (Ödsbach) und dem stau- Staatswald werden lassen. Die einst durch Herzog fenbergischen Anteil (Durbach) stattgefunden. Inso- Christoph grundgelegte Ordnung, die Kirchengut unter fern war der Aufteilung schon vorgearbeitet worden. gesonderter Verwaltung und Widmung zu kirchlichen Schwierigkeiten machten jetzt aber die komplizierten Zwecken beließ, war damit auch im Bereich des Verhältnisse in Durbach selbst, wo die Unterabtei- Waldeigentums gegenstandslos geworden. Anschlie- lungen der Gemeinde (Stäbe) eigenes Vermögen ent- ßend wurden die Überschneidungen der im Bereich des wickelten und natürlich untereinander im Streit lagen. Kartenausschnitts großenteils bereits mittelalterlichen Außerdem wollten besonders im Bereich der Staufen- Grenze zwischen Baden und Württemberg durch Aus- berger Hardt die beteiligten übrigen Gemeinden für tausch und Ablösung betreffenden Waldeigentums be- ihre relativ kleinen Waldparzellen auch noch die Ge- reinigt. Es entstand jetzt auch im Waldbesitz eine klare markungshoheit, die aber Durbach zugesprochen wur- Scheidelinie. Mit all diesen Veränderungen waren die de. So zog sich der Streit nach dem ersten Teilungsab- Voraussetzungen für die schon lang angestrebte Auf- schluß 1805 noch lange hin. Innerhalb von Durbach lösung der Waldgenossenschaften wesentlich günstiger konnte das Waldeigentum, auch nachdem den einzel- geworden. Man brauchte keine Einigung zwischen ver- nen Stäben 1848 eigene Gemarkungen zugewiesen schiedenen Territorialherren und auch der Instanzen- waren, noch nicht bereinigt werden. zug für Gerichtsverhandlungen war wesentlich straffer Die Tendenz zur Aufteilung aller bäuerlichen Wäl- geworden als zu Zeiten des Reichskammergerichts. So der kam auch anderswo zum Durchbruch, wurde aber schritt zunächst im badischen Bereich das Geschäft der besonders stark in der Waldparzellierung im Gebiet Ablösung der alten Genossenschaften und der Auftei- von Besenfeld und Göttelfingen spürbar. Die Einzel- lung der Wälder rasch voran. Der schon länger anhän- heiten sind noch nicht untersucht, aber hier entstand gige Prozeß um den Hochwald konnte bereits 1807 be- ausgedehntes privates Waldeigentum der einzelnen endet werden. 1036 Morgen behielt der Staat für sich; Bauern, indem überall nach der Berechtigung der 7000 Morgen fielen an die Gemeinden, die sich ihrer- Häuser ausgeteilt wurde. Später als im badischen Be- seits erst aus den losen Verbänden der Bauernschaften reich lösten sich die großen Genossenschaftswälder in gebildet hatten. In der größten Waldgenossenschaft des Württemberg auf. Das wird damit zu erklären sein, daß Windecker Waldes waren bis 1802 die Streitigkeiten der württembergische Staat stärker die Auffassung be- über die Straßburger Beteiligung von einem Viertel tonte, daß es sich hier im Grunde um herrschaftliche nicht abgeklungen. Nun gab es neue Gegensätze dar- Wälder handelte und daß er weniger Entgegenkommen über, ob von den Gemeinden Bühl, Altschweier und zeigte, wenn es um Verzicht auf eigene Rechte ging. Bühlertal auch die nicht zum Kappeler Kirchspiel ge- Die Altensteiger Wälder wurden 1827 taxiert; 1830 hörigen Teile nördlich der Bühlot mitberechtigt waren kam ein Teilungsvertrag zustande. Er entschädigte die oder nicht. Auf den Beschluß des badischen Hofrats Gemeinden für ihre bisherigen Nutzungsrechte durch zur Waldanteile am sonst

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als Staatswald aufgefaßten Kirchspielswald. Trotzdem brauch. Dieser endete mit dem Tod der Großherzogin blieb die Genossenschaft wegen ihrer Ansprüche aus Hilda. Es war jedoch unbestritten, daß alle einst badi- der Weideberechtigung im mittlerweile badischen schen Wälder Staatseigentum waren. So hatte sich in Kaltenbronner Forst als Kirchspiel in Liquidation bis den Jahrzehnten zwischen 1850 und 1918 der Staatsge- 1880 bestehen. Das Dornstettener Waldgeding wurde danke objektiviert und vom Herrscherhaus losgelöst. 1833 aufgeteilt; dabei haben Freudenstadt und Dorn- Wie umfangreich gerade in Südwestdeutschland der stetten zu ihren bereits früheren Anteilen (s.o.) weiteren 1806 und noch 1850 den fürstlichen Familien ver- Wald empfangen. Der Anteil der sieben Gemeinden des bliebene ehemals standesherrliche Wald ist, zeigt ein Waldgedings wurdejeweils zur Hälfte den Gemeinden, Blick auf die Gesamtkarte des modernen Waldeigen- zur Hälfte aber den Bauern selbst zugeteilt, so daß hier tums (s. Planungsatlas). Im heutigen Neckar-Oden- anders als bei sonstigen Genossenschaftsaufteilungen wald-Kreis, im östlichen Zipfel des Landes um Neres- auch bäuerliches Waldeigentum neu entstand. Die heim und in weiten Bereichen Oberschwabens gibt es Waldzuteilung für Freudenstadt in Höhe von 1097 Mor- überhaupt keinen Staatswald, sondern nur Großprivat- gen war so reichlich, daß die Stadt Teile des alten Wal- wald. Er stammt in vielen Fällen nicht einmal von des, die an die Feldmark grenzten, ausstocken konnte. weltlichen Herrschaften der Epoche vor 1803, sondern Nicht allein im Bereich der alten Genossenschafts- geht überwiegend auf erst damals zur Entschädigung wälder gab es in Württemberg Waldabteilungen, son- für linksrheinisches Vermögen säkularisiertes Kirchen- dern man war auch anderswo, meist erst nach schwieri- gut zurück (vgl. Karten 7, 1 und 2). Der damals durch gen Verhandlungen4 während der 1830er Jahre bereit, Baden und Württemberg selbst säkularisierte Kirchen- den alten Territorial- und Kirchenwald durch Abtretung wald ist dagegen heute Staatswald. kleinerer Parzellen von bisher bestehenden Nutzungen Der Übergang zur republikanischen Staatsform hat- der Gemeinden zu befreien. So kam unter anderem Bai- te noch eine andere Änderung der Gebietsgliederung ersbronn zu den talnahen Waldbezirken, und so erhielt der Wälder zur Folge. Die badische Gemeindeordnung Wildbad erst 1833 in größerem Umfang Stadtwald. Da- von 1919 bestimmte, daß das ganze Staatsgebiet den mit waren bis gegen Mitte des 19.Jahrhunderts die gro- Gemeinden zugeteilt werden müsse; die abgesonderten ßen Veränderungen im Waldbesitz abgeschlossen und Waldgemarkungen wurden demnach Gemeinden zu- war fast überall die moderne Form von Waldeigentum geschlagen. Auf dem Kartenblatt waren das vor allem geschaffen. An Genossenschaften haben lediglich die- diejenigen von Herrenwies, des Lehenwaldes und des jenigen des Gottswalds unter den Gemeinden Gries- Murgschifferschaftswaldes, die alle mit Forbach verei- heim, Weier, Waltersweier und Bühl überdauert. Diers- nigt wurden. In Württemberg gab es diese abgesonder- heim nutzt seinen Anteil am Korker Wald bis heute in ten Gemarkungen kaum. genossenschaftlicher Form, und selbstverständlich be- Die Privatisierung von bäuerlichem und adligem stand die Murgschifferschaft als Genossenschaft weiter. Waldeigentum hatte im ganzen 19. und 20. Jahr- Die Revolution von 1848 beseitigte mit anderen hundert eine größere Beweglichkeit der Besitzverhält- Resten der grundherrlichen Gerichtsbarkeit auch ent- nisse zur Folge. Vielfach waren kleinere Besitzer, z.T. sprechende Befugnisse des niederen Adels in dessen auch infolge zu gerechter und damit zu komplizierter Wäldern und trug weiterhin zur Privatisierung der Aufteilung, gezwungen, unwirtschaftlich gewordenen standesherrlichen Waldungen bei. Als 1850 unter dem Waldbesitz abzustoßen, für den sich Staat, Gemeinden Eindruck der Erfahrungen mit der Revolution die bei- und bisweilen auch die Kirchen interessierten. Eine den hohenzollerischen Fürstenhäuser in Hechingen und betonte Aufforstungspolitik betrieb der Staat auf den Sigmaringen ihre staatlichen Hoheitsrechte an Preußen Grenzböden des Schwarzwaldes und Odenwaldes, wo abtraten, behielten sie den Wald als Privatbesitz. Sol- er Bauerngut aufkaufte, um es zu bewalden (vgl. Karte ches war beim allgemeinen Ende der Monarchie 1918 4,23). Anderwärts, besonders am Gebirgsrand und in nicht mehr denkbar. Die badischen wie die württem- der Rheinebene, setzten größere Rodungen ein; zum bergischen Wälder wurden damals als Eigentum des Teil waren diese erst durch die Auflösung der Mark- Staates, nicht des Fürstenhauses aufgefaßt. Baden woll- wälder möglich geworden. Tausch und Arrondierung te seinen abgedankten Großherzog einigermaßen entge- veränderten die Waldbesitzverhältnisse; so hat Fürs- genkommend behandeln und überließ ihm unter ande- tenberg 1934 sein Forstamt Rippoldsau an den badi- rem auch den Neueberstein benachbarten Burgwald und schen Staat abgetreten. 1953 erwarb Markgraf Bert- den Kaltenbronner Forst zum Nieß- hold von Baden den Schloß Neueberstein benachbar- ten Gernsberg im Tausch vom Staat. 4 In Calmbach kam die Ablösung aus einstigem Kirchenrats- Die Bildung des Südweststaats führte 1952 dazu, wald erst zustande, nachdem sich der Bürger Christian (von) daß im Bereich des Kartenblatts ein einheitliches Lutz, der in den Befreiungskriegen dem Kronprinzen das Le- Eigentum am Staatswald entstand. In den Gemar- ben gerettet und dafür den persönlichen Adel erhalten hatte, kungsbestand hat nach 1966, also erst nach dem auf unmittelbar beim König dafür einsetzte. Karte 2 dargestellten Stand, die Verwaltungsreform eingegriffen, die von 1971 bis 1974 zu wesentlich

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größeren Gemarkungen führte. Das Waldeigentum am Umfang einnehmen, darf man im Überblick Körper- ganzen Gottswald fiel 1971 durch Eingemeindung an schafts- und Gemeindewald gleichsetzen. Der stärkste die Stadt Offenburg. Die Nutzung hat sich dadurch Eindruck in der Fläche ist der, daß gerade in den um praktisch nicht geändert. Auch die Gemeindereform 1750 noch weitgehend gemeindewaldfreien Gebieten konnte die in den Markwaldteilungen entstandenen der Gemeindewald an die Stelle des Genossenschafts- zahlreichen Exklaven auf dem Schwarzwaldhaupt- waldes getreten ist. Die Abteilung von Herrschafts- kamm nicht beseitigen. wald zugunsten von zum Teil vorher waldbesitzlosen Gemeinden wurde schon erwähnt. Unverkennbar ist Das moderne Bild des Waldeigentums auch, daß durch Ankauf von Bauernwaldparzellen sich Gemeindewald in Gebieten bildete, die zuvor nur pri- Die heutige Besitzstatistik unterscheidet bei den vative Wälder kannten wie etwa im Bereich von Be- Wäldern Staatswald, Körperschaftswald und durch die senfeld-Göttelfingen. Größengrenze von 100 ha voneinander abgetrennten Den Großprivatwald kann man allgemein mit dem Groß- und Kleinprivatwald. Diese Kategorien entspre- Adelswald und dem 1806 mediatisierten Territorial- chen nur ungefähr denen, die auf der Karte des Wald- wald gleichsetzen. Im Bereich des Kartenblattes gilt eigentums um 1750 verwendet wurden. Sie sind je- das jedoch nur noch für den Waldbesitz des Barons doch für einen groben Vergleich brauchbar, zumal es von Gültlingen um Berneck. Neu hinzugekommen ist sich aus Gründen des Datenschutzes als völlig unmög- der an Neueberstein anschließende, 1953 für das Haus lich erwies, weitere Differenzierungen vorzunehmen. Baden aus Staatsbesitz ausgeschiedene Wald. Aller an- Beim Staatswald ist die Lage am klarsten. In seiner dere Großprivatwald ist großer Wald bäuerlicher und heutigen Verbreitung zeichnen sich immer noch die bürgerlicher Besitzer, der sich nach der Parzellierung alten Herrschaftswälder, besonders im Bereich der ge- der Bauernschaftswälder, vor allem zwischen Murgtal schlossenen Waldgebiete östlich des Schwarzwald- und Weilerwald, bilden konnte. Er unterscheidet sich hauptkamms ab. Erweitert ist dieser Bestand der einsti- also lediglich im Umfang der Besitzflächen vom sonst gen Herrschaftswälder durch Anteile aus aufgeteilten vorherrschenden bäuerlichen Kleinprivatwald. Letz- Genossenschaftswäldern u.a. im alten Windecker Wald terer ist im allgemeinen der Nachfolger der Bauern- (Herrenwies), im Altensteiger Kirchspiel und im Dorn- wälder des 18.Jahrhunderts, jetzt allerdings in der Re- stettener Waldgeding. Auch der alte Klosterwald ist gel in Besitzparzellen aufgeteilt. Bisweilen wird bei Staatswald, ganz gleich, ob er bis zur Säkularisation in entsprechend geringer Ausdehnung auch Adelswald Händen katholischer Klöster blieb oder schon im unter Kleinprivatwald gezählt, wie etwa der Burgwald 16.Jahrhundert dem evangelischen Kirchenvermögen der Schauenburg. Neuer Bauernwald ist auch auf dem Württembergs zufiel. Selbst das, was Fürstenberg sä- Boden von altem Herrschaftswald entstanden, durch in kularisierte, ist im Bereich der Karte durch den Ver- Sondernutzung verpachtete Flächen. Sie gingen bei der kauf von 1934 heute Staatswald. Überspitzt könnte Ablösung der Feudallasten in bäuerliches Waldeigen- man sagen, daß im Waldbereich alle früheren Stiftun- tum über. Beispiele finden sich wieder auf Gemarkung gen der Herrschaft an die Kirche durch den modernen Baiersbronn. Die Aufteilung bäuerlicher Genossen- Staat wieder zurückgenommen wurden. Bedingt durch schaftswälder und die Allodifizierung von klösterli- Lehensheimfall vor 1800 und spätere Verkäufe sind im chem Lehenwald hat zum Vorherrschen des Bauern- Bereich des Kartenausschnitts auch Burgwälder wie waldes im Umkreis von Besenfeld geführt. die von Staufenberg und Neuenstein an den Staat ge- Auffallend in der Verteilung von Kleinprivatwald ist kommen. Dagegen sind die Staatswälder gegenüber der Bereich des Dornstettener Waldgedings geblieben, einstigem Herrschaftswald dort kleiner, wo nutzungs- wo man, abweichend vom sonstigen Verfahren, bei berechtigten Gemeinden Entschädigung in Form von Auflösung von Genossenschaften nicht nur die Ge- Waldeigentum gewährt werden mußte, so besonders in meinden, sondern auch die Bauern je zur Hälfte mit Württemberg auf den Gemarkungen Baiersbronn, Waldeigentum bedacht hat. Das zeichnet sich schön Wildbad und Calmbach. auf den Gemarkungen Dietersweiler, Wittlensweiler Schwieriger, aber immer noch deutlich ist die Kon- und Grüntal ab. Besonders eindrucksvoll ist Untermus- tinuität beim Körperschaftswald. Unter diesem Begriff bach, wo der gesamte Waldanteil in zwei geschlossene vereinigt die Forststatistik Gemeindewald, Kirchen- Hälften, je eine für die Gemeinde und für die Bauern, und Stiftungswald sowie den Genossenschaftswald. aufgespalten wurde. Der auf eine lange Geschichte zu- Genossenschaftswald ist im Bereich des Kartenaus- rückweisende Kontrast zu Obermusbach mit inzwi- schnitts leicht auszugliedern, da von allen Genossen- schen reinem bäuerlichen Waldeigentum besteht dem- schaften praktisch nur die Murgschifferschaft übrig- nach immer noch. geblieben ist; die wenigen anderen genossenschaftlich Auch durch alle Strukturveränderungen seit dem geregelten Wälder im Gottswald und Diersheim sind ausgehenden 18.Jahrhundert leuchtet so noch der alte im Gemeindebesitz. Da die Wälder des örtlichen Kir- Grund unseres Waldeigentums durch, ja vielfach sind chenvermögens und sonstiger Stiftungen keinen gro- die modernen Verhältnisse die einzig räumliche exakte ßen Quelle für die Frage nach dem alten Waldbesitz.

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HISTORISCHER ATLAS VON BADEN-WÜRTTEMBERG: Erläuterungen Herausgegeben von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg 10. Lieferung 1985 Druck der Erläuterungen: Offizin Chr. Scheufele, Stuttgart