Offizielles Organ für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 1/2012 Januar/Februar

Das Plakatmotiv der Aktion „Danke, Schiri!“ – versehen mit den Namen aller Sieger.

Titelthema Lehrwesen Service Report Ehrung der Sieger: Spielleitung: Wie man heute Jahrestagung Der DFB sagte Warum Taktik seine Augen der Obleute „Danke, Schiri!“ so wichtig ist trainieren kann und Lehrwarte Editorial Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser, aus diesem Grund heute ungleich höher als noch vor wenigen Jahren. Entscheidungen ste- zu den vielen Eigenschaften, die einen guten hen im Mittelpunkt von Fußball-Übertragungen Schiedsrichter ausmachen, gehört die Fähig- und Sportsendungen. Einzel-Entscheidungen keit, gerade in schwierigen und turbulenten und nicht die gesamte Spielleitung gelten Situationen Ruhe und Übersicht zu bewahren. mittlerweile in der Öffentlichkeit als Maßstab Unaufgeregt bleiben, wenn alle sich aufregen, für die Beurteilung einer Schiedsrichter-Leis- beobachten statt ins Rudel zu laufen, sich die tung. notwendige Zeit nehmen für eine angemessene Alle Beteiligten müssen deshalb die Position Entscheidung. Nur ein Schiedsrichter, der sich des Schiedsrichters stärken. Kein Trainer, kein nicht von der Hektik des Spiels vereinnahmen Manager und auch kein Spieler hat etwas lässt, wird am Ende die notwendige Akzeptanz davon, wenn man die Schiedsrichter ständig der Spieler erhalten. zusätzlich unter Druck setzt, ihnen andauernd Auch außerhalb des Platzes hat diese Devise scheinbare und tatsächliche Fehler vorhält Gültigkeit. Wenn wie in diesem Herbst gesche- und die Unparteiischen auch noch auffordert, hen, Ereignisse und Vorfälle im deutschen dies alles in einem Interview nach dem Spiel Titelthema Der DFB sagte „Danke, Schiri!“ Die große Feier in Hannover 4

In der Ruhe Report Alle Lehrwarte auf einer Plattform liegt die Kraft Die Vernetzung schreitet voran 10 , Blick in die Presse Schiedsrichter-Wesen einem nahezu den Atem Vorsitzender Was die anderen schreiben 13 nehmen, sind Aktionismus und Hektik der fal- der DFB- sche Weg. Dies ist schwierig, weil die heutige Schiedsrichter- Panorama 15 Medienwelt mittlerweile viele Facetten bereit- Kommission. hält, die einer ruhigen und an Fakten orientier- ten Aufarbeitung entgegenstehen. einzuräumen. Die „Ankläger“ sägen damit an Regel-Test dem Ast, auf dem sie selbst sitzen. Einhaken - was kann da passieren? 17 Es gilt Hintergründe zu beleuchten, Fakten zu Von der Spitze bis zur Basis gilt auf allen Ebe- sammeln und zu bewerten, um aus diesen Lehrwesen Erkenntnissen heraus Dinge zu verändern und nen des Fußballs der Satz aus der Regel 5: aus einer schwierigen Lage heraus wichtige „Jedes Spiel wird von einem Schiedsrichter Taktik ist nicht nur etwas für Spieler und positive Schritte in die Zukunft zu tun. geleitet, der die Befugnis hat, den Spielregeln Wie man sich im Kopf aufs Spiel vorbereitet 18 Dies ist das Ziel der DFB-Schiedsrichter-Kom- in dem Spiel, für das er aufgeboten wurde, Gel- tung zu verschaffen.“ Wer das nicht akzeptie- Historie mission gemeinsam mit den anderen Gremien, Digitales Museum für Bekleidung gemeinsam mit Fachleuten, die sich in den ren will, sondern im Unparteiischen eher einen Die ungewöhnliche Aktion von Ulrich Wujanz Dienst der Sache stellen. Feind sieht, der ihn hindert, seine Aggressio- 21 nen auszuleben, hat im Fußball nichts verloren – Analyse „Experten-Meinungen“ von Menschen, die egal ob als Spieler, Trainer oder Vereinsverant- selbst keinerlei Verantwortung übernehmen, wortlicher, egal in welcher Spielklasse. Mut zur Korrektur sind dabei für uns kein Maßstab. Lehrreiche Szenen aus der 22 Wir Schiedsrichter sind kein notwendiges Übel, Das Fernsehen hat mit seinen technischen sondern ein unabdingbarer Teil der Faszina- Service Möglichkeiten die Sehgewohnheiten vieler tion Fußball. Diese Sichtweise muss bei allen Dynamische Augen Zuschauer inzwischen so verändert, dass sie Beteiligten wieder im Vordergrund stehen, Ein interessantes Experiment in Hennef 27 meinen, ein Schiedsrichter müsse genau das denn sie ist auch und gerade an der Basis, im erkennen können, was sie selbst auf ihrem Jugendfußball, von unschätzbarer Bedeutung. Porträt Bildschirm sehen. Der Kommentar eines Zustände wie in diesem Herbst in Berlin sind Reporters während einer Champions-League- Auch mit 85 - nicht hinnehmbar und müssen eine Ausnahme Übertragung vor einigen Wochen zeigt, wie „Schule“ macht immer noch Spaß bleiben. Sonst nimmt der gesamte Fußball weit sich das Ganze „entwickelt“ hat: „Das Zu Besuch bei Gerhard Schulenburg 28 erheblichen Schaden. rechte Bein war klar im Abseits, das muss ein Assistent schon sehen“, entfuhr es ihm nach Trotz aller Schwierigkeiten wünsche ich Ihnen Aus den Verbänden 32 Ansicht des Standbildes inklusive virtueller allen für das Jahr 2012 das notwendige Glück. Abseitslinie. Und denken Sie daran: „In der Ruhe liegt die Vorschau 2/2012 34 Kraft.“ Diese Entwicklung ist kaum mehr zurückzu- drängen. Zeitlupe, Standbilder, Abseitslinien Der zweite Teil des „Zeitreise“-Artikels über Ger- gehören mittlerweile zum Fußball dazu und hard Schulz muss aus technischen Gründen auf die nächste Ausgabe verschoben werden. Wir bitten um machen es dem Schiedsrichter nicht einfacher. Verständnis. Der Druck auf unsere Schiedsrichter ist auch Ihr Herbert Fandel

Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen. SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 3 Titelthema Der DFB sagte „Danke,S Es war eine Premiere, als die 62 Sieger der bundesweiten Aktion „Danke, Schiri!“am erstenNovember- ausgezeichnet wurden. Die Ehrungen durch die Schiedsrichter-Kommission des DFB und das beeindruck der beiden Tage beobachteten Marco Haase und David Bittner für die Schiedsrichter-Zeitung.

1

2 4 6

3 7 5

4 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 9 igentlich gibt es im Leben kaum Eetwas, das Herbert Höller noch aus der Fassung bringen kann. 78 Jahre alt ist der Schiedsrichter chiri!“ aus Leichlingen, einer beschau- lichen und sehr grünen Stadt auf Wochenende in Hannover halbem Weg zwischen Düsseldorf ende Rahmenprogramm und Köln, die zu Recht den Beina- men „Obstkammer des Bergischen Landes“ trägt.

8 Seit fast 60 Jahren ist Herbert Höl- ler Unparteiischer. Und als Vertre- ter eines der international größten Chemie- und Pharma-Unterneh- mens hat er die ganze Welt gese- 10 hen – viel Gutes, aber auch viel Leid. Nein, aus der Fassung brin- gen kann Herbert Höller eigentlich nichts mehr. Aber jetzt und hier, in der niedersächsischen Landes- hauptstadt, ganz vorn auf der Bühne, da ringt der erfahrene Referee von Inter Bergisch Glad- bach sichtlich um Fassung: Herbert Höller gehört nämlich zu den ins- gesamt 62 Unparteiischen, die in Hannover im Rahmen der DFB- Aktion „Danke, Schiri!“ geehrt wer- 1) DFB-Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel freut sich mit Klaus-Dieter Volgenau, Doris Kausch, Heide- den. marie Wegner und Stefan Hübner (von links). 11 Ein großes Familientreffen 2) Guten Appetit! Sabrina Jene und Margarete Mai (rechts) am Buffet. Sichtlich bewegt, das sind die 3) „Gut geworden?“ WM-Schiedsrichter Wolfgang Schiedsrichterinnen und Schieds- Stark schaut sich auf Michael Müllers Mobiltelefon richter, die aus allen Teilen das gemeinsame Foto an. Deutschlands nach Hannover 4) Kurz vor dem Anpfiff: Martin Petersen, Wolfgang gekommen sind – vom Bodensee Stark, Jan-Hendrik Salver und mit und aus Bremerhaven, aus Ham- den speziellen Namens-Trikots. burg und Berlin, aus Zwickau, Wol- gast oder Worms; kaum eine schöne 5) Berliner Gespräch: Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Udo Zuchantke und Katia Kobelt. Gegend Deutschlands, die im Fest- saal des Hotel Hennies in Hanno- 6) Autogramme für einen guten Zweck: Hans-Jür- ver-Altwarmbüchen nicht vertre- gen Pohl (links) und Ex-Bundesliga-Schiedsrichter ten ist. Und obwohl sich fast alle Robert Walz unterschreiben Trikots. Unparteiischen hier zum ersten 12 13 7) Constanze Adami (DFB-Marketing) mit Andreas Mal im Leben über den Weg laufen, Gugat, Leiter der DEKRA-Niederlassung Hannover, obwohl zwischen dem jüngsten und Herbert Fandel. und dem ältesten Sieger mehr als 8) Lutz Wagner - Nebenberuf Moderator. 50 Jahre Altersunterschied liegen – man hat den Eindruck, bei einem 9) Bernd Domurat bei seiner launigen Lobrede auf großen Familientreffen dabei zu Andreas Robben, Mike Albrecht und Stephan Scha- sein, schön und gesellig, launig muhn (von rechts). und mitreißend moderiert von Lutz 10) Zum Wohl! Südbaden, Südwest und Schleswig- Wagner („Ihr seid die Helden der Holstein - Schiedsrichter passen immer zusammen. roten Erde“), dem in der DFB- Schiedsrichter-Kommission Ver- 11) Stadtführung: Wolfgang Mierswa sagt an, wie es weitergeht. antwortlichen für die Basisarbeit.

12) Stolz auf sein Ehrentrikot: Stefan Wiese vor dem Bei der Aktion „Danke, Schiri!“, die Rathaus von Hannover. der DFB mit Unterstützung der 13) Im Rathaus-Turm im Uhrzeigersinn: Hartmut DEKRA ins Leben gerufen hat, gibt Franer, Markus Balmer, Margarete Mai, Dietmar Voß. Wilfried Giehler, Stefan Hübner, Marko Ruhlig. SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 5 Titelthema

es pro Landesverband drei Sieger: Name Landesverband Verein SR seit Einen „Oldie“, einen Unparteiischen in der Altersklasse 20 bis 45 Jahre Mike Albrecht Hamburg Sportverein Bergstedt 1990 sowie eine Schiedsrichterin. Es sind Markus Balmer Bremen TV Lehe 2002 langjährig aktive Schiedsrichter von Peter Becker Südbaden SV Hinterzarten 1984 der Basis, die sich durch besonderes Uwe Biermann Sachsen-Anhalt Quedlinburger SV 1990 Engagement auszeichnen und in Andreas Bischof Baden FC Hundheim-Steinbach 1998 ihren Gruppen und Kreisen als Vor- Mike Britting Hessen TSV Deisel 2008

bilder wirken. Jahre bis 45 20 Tobias David Mittelrhein KFC Arminia Rheder 97 2001 Silvio Fürtig Sachsen Heidenauer SV 2003 Ein überzeugender Grund für Her- Benjamin Hoffmann Südwest TSV Fortuna 2003 bert Fandel, den Vorsitzenden der Billigheim-Ingenheim DFB-Schiedsrichter-Kommission, Stefan Hübner Brandenburg Rot-Weiß Groß Glienicke 1994 die Ehrungen in Hannover höchst-

Die Sieger Markus Kemether Bayern FC Kalbensteinberg 1998 persönlich vorzunehmen: „Wir Schiedsrichter, von der Spitze bis Jörg Langenhuysen Rheinland SV Hillscheid 2001 zur Basis, sind eine große Familie.“ Thomas Maihöfer Württemberg TV Herlikofen 1990 Dieser Satz des ehemaligen FIFA- Jürgen Meller Westfalen SC Hoetmar 1998 Schiedsrichters, der bei allen Carsten Mieger Saarland SV 07 Elversberg 1998 Geehrten sehr gut ankommt, ist Michael Müller Niederrhein VfL Sportfreunde Essen 1991 nicht einfach dahergesagt. „Woche Marko Ruhlig Thüringen SV Eintracht Wickerstedt 2004 für Woche, Jahr für Jahr leistet ihr Stephan Schamuhn Niedersachsen TSV Germania Lauenberg 1987 überall in Deutschland euren Dietmar Voß Mecklenburg-Vorpommern SpVgg Cambs/Leezen 1994 Dienst auf den Sportplätzen. Wenn Stefan Wiese Schleswig-Holstein SV Bönebüttel-Husberg 1983 ihr das nicht machen würdet, dann wäre überhaupt kein geordneter Fußballspielbetrieb mehr möglich, Es sind, wie Lutz Wagner es auf Winnenden (Württemberg), eben- Weit mehr als 1.000 Jahre Schieds- dann wäre der Fußball am Ende“, den Punkt bringt, „fantastische falls Ex-Bundesliga-Referee, schließt richter-Erfahrung sind an diesem sagt Herbert Fandel. Biografien“, die in Hannover sich bei der Ehrung ein Kreis: Er Abend in Hannover versammelt. bekannt werden und über die man hatte vor rund 40 Jahren, ausge- Und nicht nur die Preisträger 1.000 Jahre Erfahrung Bücher schreiben könnte. „96 Pro- rechnet in Hannover, seinen ersten selbst freuen sich über die Aus- zent aller Spiele finden in den DFB-Einsatz als Assistent – an der zeichnung: „Als bekannt wurde, Und es ist tatsächlich großartiges Amateurklassen statt, bei den Seite von FIFA-Schiedsrichter Heinz dass ich gewonnen habe, war das Engagement, das in Hannover zu Frauen, Jugendlichen, Herren und Aldinger: „Seit 50 Jahren bin ich ein Paukenschlag für die ganze Recht prämiert wird: Ob Sonja Altherren. Hier verrichtet ihr eure Schiedsrichter, davon 23 Jahre Lehr- Schiedsrichter-Vereinigung. Alle Kuttelwascher, 24 Jahre jung, aus Arbeit Woche für Woche mit Rie- wart, meine Zeit als Fußball-Schieds- haben sich mit mir zusammen Mannheim (TSV Neckarau, Baden), sen-Engagement. Ihr seid Vorbil- richter hat mein Leben geprägt.“ gefreut, und daher betrachte ich die bei einem Benefiz-Spiel für der, und dafür will sich der DFB bei eine lebensrettende Knochenmark- euch bedanken“, sagt Lutz Wagner. spende für einen kleinen Jungen mithalf; ob der 34-jährige Mike Die Gewinner selbst genießen die Britting aus Hofgeismar (TSV Dei- Aufmerksamkeit, die ihnen an dem sel, Hessen), der sich im Fußball- Abend zuteil wird: „Es ist eine sport bei Anti-Rassismus-Kampag- schöne Erfahrung, dass ein so nen engagiert. Oder Heidemarie langjähriges Engagement aner- Wegner vom FC Rot-Weiß Wolgast kannt wird. Die DFB-Aktion moti- (Mecklenburg-Vorpommern), die viert viele, viele Schiedsrichter 1969 schon Herrenspiele pfiff, weiterzumachen, sich weiter für obwohl sie noch gar keine Lizenz ihre Sache einzusetzen“, meint der hatte. „Ich habe im wahrsten Sinne 74-jährige ehemalige Bundesliga- des Wortes ‚schwarz’ gepfiffen“, Schiedsrichter Udo Zuchantke aus Obligatorisch: Gruppenbild vor dem Hotel Hennies in Hannover- erzählt sie lachend. Berlin. Für Robert Walz (69) aus Altwarmbüchen.

Markus Jörg Thomas Jürgen Carsten Michael Marko Stephan Dietmar Stefan Kemether Langenhuysen Maihöfer Meller Mieger Müller Ruhlig Schamuhn Voß Wiese

6 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Name Landesverband Verein SR seit Lutz Bischoff Südbaden VfB Randegg 1976 Günter Erxleben Mecklenburg-Vorpommern FC Aufbau Sternberg 2000

„Oldie“ Hartmut Franer Thüringen TSV 1924 Eicha 1981 Wilfried Giehler Westfalen TuS RW Schieder 1968 Herbert J. Höller Mittelrhein Inter 96 Bergisch Gladbach 1956 Horst Kiesewetter Hamburg Glashütter SV 1954 Jürgen Kuhr Schleswig-Holstein SV Hemmingstedt 1969

Die Sieger Edgar Mildner Bayern TV Hindelang 1960 Heinz Moog Niederrhein SG Düsseldorf-Unterrath 1969 Kurt Müller Sachsen SG Friedrichsgrün 1964 Fritz Müller Südwest VSK Germania Niederfeld 1974 Karl-Heinz Omlor Saarland SV Bexbach 1961 Hans-Jürgen Pohl Baden SV Waldhof Mannheim 1981 Mike Markus Andreas Robben Niedersachsen SV Handorf-Langenberg 1980 Albrecht Balmer Jürg Schaper Sachsen-Anhalt Reideburger SV 1990 1971 Georg Trebin Bremen SG Aumund-Vegesack 1974 Wilfried Tschackert Hessen FSV Heegheim/Rodenbach 1973 Klaus-Dieter Volgenau Brandenburg SV Grün-Weiß Lübben 1976 Robert Walz Württemberg Sportfreunde Höfen-Baach 1961 Dieter Zirkel Rheinland TuS Hontheim 1986 Udo Zuchantke Berlin SV Nord Wedding 1893 1954 Peter Uwe Becker Biermann die Ehrung auch als Auszeichnung habe auf Kreisebene die Schieds- nen und Sieger. Auch wenn für die ganze Vereinigung“, sagt richter, die Woche für Woche die dadurch die Überreichung der der 69-jährige Fritz Müller aus Lud- Spiele leiten, immer sehr bewun- Preise länger als drei Stunden dau- wigshafen (Landesverband Süd- dert. Ich habe großen Respekt vor ert: Die Aufmerksamkeit lässt nicht west). Stehende Ovationen gibt es dieser Verantwortung, und ich nach, weil jeder an den Gründen von allen Anwesenden, als Andreas finde unsere Partnerschaft schlicht- für die Ehrung des anderen inter- Robben ausgezeichnet wird. Der weg genial. Auch in unserem Beruf essiert ist. Es ist gerade diese per- 53-Jährige aus dem Kreis Vechta müssen wir häufig unangenehme sönliche Note bei der Vorstellung Andreas Mike hatte im Frühjahr 2011 einem Spie- und unpopuläre, aber richtige Ent- der Sieger, die von allen Seiten Bischof Britting ler mit einer Herzdruckmassage scheidungen treffen – und im All- gelobt wird. das Leben gerettet, nachdem die- tag müssen wir diese Entscheidun- ser mit einem Herzinfarkt gen, wie Schiedsrichter, so rüber- Und es gibt ja auch Pausen. Diese zusammengebrochen war. bringen, dass sie die Menschen Zeit nutzen die Preisträger zum verstehen.“ gegenseitigen Kennenlernen. An Überraschungsgast großen runden Bankett-Tischen aus Ergolding Neben Wolfgang Mierswa, dem Vor- sind die Landesverbände bunt sitzenden der AG „Schiedsrichter- durchgemischt. „Wir haben schnell Tobias Silvio Auch ein (Noch-)Nicht-Schiedsrich- Gewinnung und -Erhaltung“, sind Kontakte geknüpft und Adressen David Fürtig ter zeigt sich nach seinen Worten auch die übrigen Mitglieder seiner ausgetauscht“, erzählt Hildegard „begeistert“ von Engagement und Arbeitsgruppe vor Ort dabei: Bernd Sauthof (Schleswig Holstein). Einsatzbereitschaft der Fußball- Domurat, Walter Handke, Dr. Ronald Unparteiischen: Andreas Gugat, Möhlenbrock, Walter Moritz, Erich Dass man „mit den anderen Kame- Leiter der DEKRA-Niederlassung in Schneider und Gundolf Wala- raden sofort ins Gespräch gekom- Hannover, der mit seiner Frau schewski halten abwechselnd die men“ sei, bestätigt auch Mike Petra bei der Ehrung mit dabei ist: launigen, bewegenden und interes- Albrecht (Hamburg). Und zwar „Ich war selbst Fußballer, und ich santen Lobreden auf die Siegerin- nicht nur mit den Kollegen von der Benjamin Stefan Hoffmann Hübner

Lutz Günter Hartmut Wilfried Herbert J. Horst Jürgen Edgar Heinz Kurt Bischoff Erxleben Franer Giehler Höller Kiesewetter Kuhr Mildner Moog Müller

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 7 Titelthema Name Landesverband Verein SR seit Elisabeth Burgard Rheinland TuS Holzhausen 1983 Basis, sondern auch mit der Füh- Christa Erlebach Württemberg SC 04 Tuttlingen 1980 rungsspitze der deutschen Anke Gottfried Hessen SSV Donsbach 2000 Schiedsrichter: Die Kommissions- Simone Horn Westfalen Hammer SpVg 03/04 1995 Mitglieder Herbert Fandel, Lutz Sabrina Jene Saarland Borussia Neunkirchen 1999 Wagner und Carolin Rudolph ste- Doris Kausch Bayern DJK SV Mirskofen 1998 hen sowohl für private Erinne- Katia Kobelt Berlin SV Müggelpark Gosen 2004 rungsfotos als auch für Gesprächs- Sonja Kuttelwascher Baden TSV Neckarau 2003 runden im kleinen Kreis zur Verfü- Schiedsrichterinnen Gertrud Laufer Südbaden FV Donaueschingen 1997 gung. Und sogar FIFA-Referee Wolf- gang Stark (Ergolding) stattet Margarete Mai Niederrhein SV Arminia Kapellen-Hamb 1998 gemeinsam mit seinem Team der Katja Mattig Brandenburg Neuzeller SV 1922 1999 Veranstaltung einen spontanen Sylvia Nestler Sachsen FC Greifenstein 04 2008 Besuch ab, bevor er am nächsten Kathrin Oertwig Thüringen FSV Grün-Weiß Stadtroda 2004 Tag das Bundesligaspiel zwischen Die Sieger Moiken Reichert Südwest VfR Wormatia Worms 1992 Hannover 96 und dem FC Schalke 04 Nicole Remus Sachsen-Anhalt TV Askania Bernburg 1998 Hildegard Sauthof Schleswig-Holstein SV Wellenkamp Itzehoe 2002 So wurden Manuela Stüßer Mittelrhein SpVg. 1920 Flittard 2001 die Sieger ausgesucht Kim-Jana Trenkner Niedersachsen SC Klecken 1999 Erika Vogel Bremen TuS Schwachhausen 1997 Kategorien der Kirstin Warns-Becker Hamburg SC Hamm 1989 Bewertung Heidemarie Wegner Mecklenburg-Vorpommern FC Rot-Weiß Wolgast 1969/1971

„Schiedsrichter 20 bis 45 Jahre“ und „Schiedsrichterin“ leiten wird. Nach einem gut bayerischen „Grüß Gott“ hebt auch ● Zahl geleiteter Spiele Stark die großen Verdienste her- ● Ergebnisse bei Leistungs- vor, die „gerade die Schiedsrichter tests in den Amateurklassen an der ● Einbringen in die Gruppe Basis haben“. oder Vereinigung ● Unterstützung bei der Bundesligaspiel Schiedsrichter-Werbung als Schlusspunkt ● Mitarbeit bei Lehrgängen ● Besonders positives Team- Nachdem die meisten Teilnehmer verhalten am Samstagabend auch die „dritte ● Soziales Engagement Halbzeit“ genossen haben, steht am Sonntagvormittag der Besuch „Oldie“ der Hannoveraner Innenstadt auf ● Zahl geleiteter Spiele dem Programm. Dem Aufstieg auf Abschluss: Das Schiedsrichter-Team trägt die Sieger-Namen ● Jahre der Schiedsrichter- die Rathauskuppel folgt eine Füh- auf den Trikots ins Stadion. Zugehörigkeit rung durch das Gebäude sowie ● Einbringen in die Gruppe durch die Innenstadt. Vorneweg: Stadionbesuch nicht fehlen: Das eine Spezialanfertigung nur für oder Vereinigung Wolfgang Mierswa (Uetze). Der Bundesligaspiel zwischen Hanno- diesen Tag und dieses Spiel. ● Mitarbeit bei Lehrgängen ehemalige Bundesliga-Schiedsrich- ver 96 und Schalke 04 ist das ● Besonders positives Team- ter wohnt nur wenige Kilometer „i-Tüpfelchen“ auf eine gelungene 90 Minuten lang noch einmal verhalten von Hannover entfernt und über- Veranstaltung. Die Schiedsrichter Hochspannung (Endstand 2:2), ● Herausragende Helfertätig- nimmt die organisatorischen Auf- sitzen auf der Gegengeraden in den dann machen sich die ausgezeich- keit für junge Schiedsrichter gaben vor Ort. vordersten Reihen und können so neten Schiedsrichter wieder auf ● Sonstige besondere Leistun- die Trikots von und den Heimweg. Im Gepäck haben sie Und wie es sich für ein Wochenende seinen Assistenten besonders gut nicht nur die Präsente des DFB, gen unter Fußball-Schiedsrichtern erkennen. Die sind nämlich mit den sondern vor allem viele bleibende gehört, darf natürlich auch ein Namen aller Gewinner bedruckt – Erinnerungen: „Dieses Wochenende

Christa Anke Simone Sabrina Doris Katia Sonja Gertrud Margarete Katja Erlebach Gottfried Horn Jene Kausch Kobelt Kuttelwascher Laufer Mai Mattig

8 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 war Bestätigung für die Arbeit, die Eine Aussage, die wohl auf alle Arbeitsgruppe, die sehr gute man Woche für Woche leistet – ich Unparteiischen zutrifft, die sich Unterstützung durch die zuständi- kann das Erlebte kaum in Worte jetzt wieder in alle Himmelsrich- gen DFB-Abteilungen und durch fassen“, sagt Marko Ruhlig aus tungen verteilen, um am nächsten unseren Werbepartner DEKRA Apolda in Thüringen. Simone Horn Wochenende wieder auf einem waren ausgezeichnete Vorausset- aus Billerbeck (Westfalen) weiß, Fußballplatz irgendwo in Deutsch- zungen, um das gut durchdachte dass sie stellvertretend für viele land ein Spiel zu leiten. ■ Konzept umzusetzen. Einen erfolg- Fritz Karl-Heinz Tausend andere Schiedsrichter von reichen Abschluss der Aktion hat- Müller Omlor der Basis in Hannover dabei sein ten wir uns natürlich alle erhofft. durfte: „Mein erster Gedanke war: Dass die Resonanz jedoch so Warum gerade ich? Es gibt doch „Nicht davon enorm positiv ausfällt, hätten wir so viele Schiedsrichter, die mindes- uns nicht träumen lassen. tens genauso viel leisten. Aber geträumt“ natürlich habe ich mich riesig Inwieweit kann die Aktion nachhal- gefreut.“ Lutz Wagner zieht ein erstes Fazit tig zur Erhaltung und Gewinnung der Aktion von Schiedsrichtern beitragen? Hans-Jürgen Andreas Auch Herbert Höller macht sich Pohl Robben wieder auf den Heimweg in Rich- Nach monatelanger Vorbereitung Wagner: Zunächst war dies ein tung Leichlingen. Die große Freude ist die Aktion „Danke, Schiri“ sehr positiver Start, um dem sieht man dem 78-Jährigen auch zunächst abgeschlossen. Wie sieht Schiedsrichter an der Basis das am Sonntag noch an. Höller, der das Fazit aus? verdiente Gefühl der Wertschät- als Schiedsrichter und Assistent in zung für seine Einsatzbereitschaft den damals höchsten Spielklassen Lutz Wagner: Die durchweg positi- zu vermitteln. Die Vorbildfunktion des Westens aktiv war, bringt seine ven Rückmeldungen, die wir von der Preisträger wird sicherlich in Empfindungen auf eine kurze For- allen Seiten erhalten haben, sind die Schiedsrichter-Gruppen hinein- Jürg Georg mel: „Das ist der Höhepunkt in für uns natürlich sehr zufrieden- wirken und eine entsprechende Schaper Trebin meinem Schiedsrichter-Leben.“ stellend. Eine gut funktionierende Nachhaltigkeit erzeugen. Das ist dann auch hilfreich bei der Erhal- tung und Neu-Gewinnung von Schiedsrichtern. Die Pyramide der Schiedsrichter In der Breite liegt die Kraft Der Wunsch nach einer Neuauflage des Wettbewerbs ist von allen Sei- ten zu hören. Wann und wo wird Wilfried Klaus-Dieter Wenn es in der Öffentlichkeit pauschal um „die Leistungen der deut- darüber entschieden? Tschackert Volgenau schen Schiedsrichter“ geht, ist damit eigentlich nur ein fast ver- schwindend geringer Teil gemeint - nämlich diejenigen, die in den drei Wagner: Wir werden die Aktion auf Profi-Ligen Spiele leiten. Statistisch handelt es sich bei den 65 unserer Tagung im Februar im Schiedsrichtern, die die Qualifikation für diese Klassen haben, um 0,08 Detail aufarbeiten und auswerten. Prozent aller Unparteiischen. Dazu nehmen wir die Öffentlich- keits-Mitarbeiter der Landesver- Schaut man an der Pyramide weiter hinunter, wird deutlich, dass in bände mit ins Boot, die ja einen Deutschland lediglich rund 3.000 Schiedsrichter oberhalb der Kreis- großen Teil der Arbeit geleistet Robert Dieter ebene eingesetzt werden. Den riesengroßen übrigen Teil der 78.455 haben. Die Ergebnisse werde ich Walz Zirkel Schiedsrichter (Stand: 1. 1. 2011) machen die Unparteiischen aus, die in anschließend in der DFB-Schieds- der Kreisliga und darunter pfeifen. Sie sind diejenigen, die Woche für richter-Kommission vorstellen mit Woche den Spielbetrieb auf Deutschlands Fußballplätzen ermöglichen. einer Empfehlung für die weitere Betreut von Hunderten von Obleuten, Lehrwarten und Ansetzern, die Vorgehensweise. Wenn nichts genauso ihre Freizeit für den Fußball drangeben. Ihnen allen gilt die Unvorhergesehenes passiert, kann DFB-Aktion „Danke, Schiri!“, denn aus dieser breiten Basis schöpft die man sich wohl schon vorstellen, Schiedsrichter-Bewegung ihre Kraft - und ihre Spitzenkräfte für die wie diese Empfehlung aussehen Profi-Ligen. wird. ■ Udo Elisabeth Zuchantke Burgard

Sylvia Kathrin Moiken Nicole Hildegard Manuela Kim-Jana Erika Kirstin Heidemarie Nestler Oertwig Reichert Remus Sauthof Stüßer Trenkner Vogel Warns-Becker Wegner

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 9 Report AlleLehrwarteaufeine Bei der Jahrestagung der Obleute und Lehrwarte mit der DFB-Schiedsrichter-Kommission wurde ein Unparteiischen eingeschlagen. Günther Thielking berichtet aus Düsseldorf.

esonders gespannt kamen die BSchiedsrichter-Obleute der 21 Landesverbände und ihre Lehrwarte zur diesjährigen Tagung mit dem DFB in die Düsseldorfer Sport- arena. Sie hatten bereits im Vor- feld erfahren, dass ihnen außer den umfangreichen Informationen zur Arbeit der DFB-Schiedsrichter- Kommission eine spezielle DVD zum Regelwerk vorgestellt werden sollte.

Ihr Zweck: Sie soll in ihrer didakti- schen, methodischen und inhalt- lichen Vielfalt die Arbeit der Lehr- warte deutlich erleichtern. Dirk Zschoke, seit 1995 Lehrwart beim Sächsischen Fußballverband, freute sich schon darauf: „Für uns gibt es zunehmend Probleme, wenn wir Lehrarbeit noch mit Magnettafel und Zeigestock anbieten. Gerade in der Arbeit mit dem Schiedsrichter- Nachwuchs geht der Trend in Rich- tung Laptop, Beamer, Power Point und sogar E-Learning als Homestu- dium.“ Englisch ist längst auch die Vorführung der neuen DFB-DVD zur Aus- und Weiterbildung: Carsten Voss (Kompetenz-Team), Weltsprache der Schiedsrichter… Heribert Lang (FV Niederrhein), Michael Beitzel (FV Mittelrhein), Thorsten Braun (Südwest- deutscher FV) und Dr. Ronald Möhlenbrock (Badischer FV) – von links – schauen Bernd Domu- Positives Fazit rat, dem Entwickler des Programms, interessiert über die Schulter. der Kommission Bevor jedoch den Lehrwarten Im Mai 2010 sei die Kommission Sorge bereitet dem Vorsitzenden Forderung: Mehr Schieds- diese DVD vorgestellt wurde, ging zum ersten Mal zusammengetre- der Kommission dagegen die richterinnen ausbilden und Herbert Fandel, der Vorsitzende ten und könne trotz gelegentlicher zunehmende Brutalität im Profi- fördern der DFB-Schiedsrichter-Kommis- Hindernisse auf eine zufriedenstel- fußball in Deutschland: „Die Atta- In einer Zusammenkunft mit den Ob- sion, in seinem Referat auf die lende, positive Bilanz verweisen. cken auf die Gegenspieler nehmen leuten wies der Kommissions-Vorsit- Situation der fast 80.000 Schieds- Die Organisationsstruktur von den zu. Es geht einigen Spielern nicht zende später darauf hin, dass nach richter in Deutschland ein. Er fasste Fußballkreisen und den Schieds- mehr darum, den Ball zu erkämp- der Spielklassenreform mit Beginn die Arbeit der neuen Kommis- richter-Gruppen bis zur Zentrale in fen, wobei Verletzungen mindes- der Saison 2012/2013 die Zuständig- sion nach gut einem Jahr zusam- Frankfurt am Main würde sicher- tens fahrlässig in Kauf genom- keit für die Schiedsrichter und deren men und betonte: „Die Fußball- stellen, dass die Unparteiischen im men werden. Oft sind die Angriffe Beobachter in den fünf Regionalligen Schiedsrichter in Deutschland sind DFB regelmäßig ihre Spiele auf der sogar rücksichtslos bis brutal.“ vom DFB wieder in die Verantwor- von der Basis bis zur Spitze eine Grundlage einer qualifizierten, Hier müssten die Schiedsrichter tung der Regionalverbände zurück- große Familie. Den Amateur- vom soliden Aus- und Weiterbildung noch energischer eingreifen und geführt wird. Hier müssten die ent- Profibereich zu trennen wie in leiten. Zu den Leistungen der die ganze Palette möglicher Sank- sprechenden Auswahlverfahren statt- anderen Nationalverbänden – das Schiedsrichter im bezahlten Fuß- tionen einsetzen. Letztlich bliebe finden, wie auch die Ansetzungen wird es bei uns nicht geben. Unser ball gebe es überwiegend positive dann eben nur die Rote Karte, auch dann regional vorgenommen werden. System ist geprägt von der gemein- Rückmeldungen, und auch interna- um die Glaubwürdigkeit der Unpar- samen Arbeit der Verbände mit tional gehörten die Unparteiischen teiischen beim Kampf für das Fair Bei der Diskussion über Anzahl und dem DFB.“ des DFB nach wie vor zur Spitze. Play deutlich zu machen. Leistungsstand der Schiedsrichte-

10 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Sie führen die Verbands-Schiedsrichter-Ausschüsse r Plattform 21 Obleute, 23 Lehrwarte Landesverband Obmann Lehrwart neuer Weg in der Aus- und Weiterbildung der Baden Jürgen Groh Dr. Ronald Möhlenbrock Bayern Rudolf Stark Manfred Kranzfelder Berlin Bodo Brandt-Chollé Thomas Pust Brandenburg Heinz Rothe Oliver Mattig rinnen wurde deutlich, dass es im des DFB mit Fragen zur organisato- Bremen Torsten Rischbode Jens Franke Bereich der Gewinnung, der Erhal- rischen Arbeit im Schiedsrichter- tung und auch der Leistungsstei- Wesen, zu aktuellen Wettbewerben Hamburg Wilfred Diekert Sven Callies gerung noch einen erheblichen wie der Aktion „Danke, Schiri!“ Hessen Gerd Schugard Ralf Viktora Erweiterungsbedarf gibt. Wegen oder auch zu den Spielregeln Mecklenburg-Vorpommern Dieter Setzkorn Enrico Barsch der steigenden Zahl der Mädchen- unaufhörlich. und Frauenmannschaften in den Mittelrhein Hans-Jürgen Baier Michael Beitzel Vereinen des DFB müssen dafür Ein Jahr Vorbereitung Niederrhein Andreas Thiemann Heribert Lang zunehmend geeignete Schiedsrich- Zum erwarteten Höhepunkt dieser Niedersachsen Wolfgang Mierswa Bernd Domurat, terinnen ausgebildet und geför- Tagung in Düsseldorf wurde die dert werden. Vorstellung der DVD zur Unter- Günther Thielking stützung der Lehrarbeit. Bernd Rheinland Erich Schneider Heiko Kreutz Aufgrund der aktuellen Erfahrun- Domurat, Mitglied des Kompetenz- Saarland Heribert Ohlmann Gerhard Theobald gen wurde beschlossen, mit den Teams, hat dieses moderne für die Schiedsrichterinnen Ver- Medium auf der Grundlage einer Sachsen Harald Sather Dirk Zschoke antwortlichen der Schiedsrichter- bereits 2004 erstellten DVD auf Sachsen-Anhalt Klaus Ladwig Thomas Westphal Ausschüsse in den Landesverbän- den neusten Stand gebracht und Schleswig-Holstein Holger Wohlers Norbert Richter den einen Workshop durchzufüh- mit abwechslungsreichen Elemen- ren, damit das Thema noch besser ten wie Fotos und Videosequenzen Südbaden Manfred Schätzle Andreas Klopfer platziert und bearbeitet werden erheblich erweitert. Südwest Erhard Blaesy Thorsten Gerhard Braun kann. Herbert Fandel und der Thüringen Udo Penßler-Beyer Burkhard Pleßke zuständige DFB-Direktor Willi Hink „Rund ein Jahr habe ich daran werden daran teilnehmen. gearbeitet, denn neben der regel- Westfalen Gundolf Walaschewski Karsten Jonsson, technischen und textlichen Arbeit Rainer Werthmann 688 Offizielle musste eine Menge Power-Point- Württemberg Rolf Baumann Horst Ebel auf DFB-Ebene Präsentationen zu den einzelnen Lutz Michael Fröhlich, Leiter der Spielregeln erstellt werden“, DFB-Abteilung Schiedsrichter- berichtete der ehemalige Zweitli- Wesen, informierte die Tagungs- ga-Schiedsrichter. Dazu gibt es teilnehmer über die aktuellen eine große Anzahl von Lernübun- Kompetenz-Team unterstützt die Schiedsrichter-Kommission Zuständigkeiten in seinem Ressort. gen zu einzelnen Themen der Eine Elf als Verstärkung Die Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Schiedsrichter-Lehrarbeit, die ter sind auf der DFB-Ebene mit der Regelfragen aus der Schiedsrich- Name Arbeitsbereich regelmäßigen Betreuung von ins- ter-Zeitung, die Arbeitsblätter aus gesamt 688 Schiedsrichterinnen der DFB-Folienmappe sowie didak- Bernd Domurat Erstellung Lehrmaterial und Schiedsrichtern, Assistenten, tisch-methodische Hilfen aus den Bernhard Gutowski Qualifizierungsprojekte Coaches und Beobachtern befasst. Lehrbriefen. Stephan Kammerer Futsal-Förderung Mit einem Schmunzeln merkte er Stefan Weber an: „Das sind mehr als mancher Für Bernd Domurat bedeutet das Nationalverband insgesamt an Erscheinen dieser DVD einen gro- Klaus Löw Ansetzungen Beobachter für Junioren- Unparteiischen hat.“ ßen Schritt auf dem Weg zum E- und Frauen-Wettbewerbe Learning (computergestütztes Ler- Darüber hinaus sind für die „Abtei- nen mit elektronischen Arbeitsmit- Lutz Lüttig Schiedsrichter-Zeitung lung Schiedsrichter“ internationale teln) in der Aus- und Weiterbildung Wolfgang Mierswa Schiedsrichter-Gewinnung und -Erhaltung Aufgaben zu erfüllen, Lehrgänge der Schiedsrichter. Unterstützt Günther Thielking Erstellung DFB-Lehrbriefe müssen vorbereitet und durchge- wurde er bei der Entwicklung von Carsten Voss führt werden und die Zusammen- Lutz Lüttig, der zur Illustration arbeit mit anderen Aufgabenberei- rund 200 Fotos heraussuchte; von Jörg Toschek Ansetzungen Schiedsrichter Regionalliga chen im DFB gepflegt werden. Heinz Willems, der mehr als 50 Heinz Willems Ansetzungen Schiedsrichter Junioren-Wett- Zudem steigt das Aufkommen von Spielszenen aus seinem TV-Archiv bewerbe; Mitarbeit Video-Portal; DVD-Erstellung Mails aus dem gesamten Gebiet zur Verfügung stellte, und von

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 11 Report

Kompetenz-Team tauschte sich aus Apropos Kompetenz-Team: Für die Mitglieder dieses Gremiums, das im Mai 2010 von der Schiedsrichter- Kommission berufen wurde und in etwa dem früheren DFB-Lehrstab entspricht, gab es noch eine zwei- teilige Arbeitssitzung, in der über Erfahrungen und Planungen der einzelnen Bereiche berichtet wurde.

So plädierte Bernhard Gutowski für eine Ausweitung der bisher so erfolgreich durchgeführten Weiter- bildungsmaßnahmen für Kreis- Lehrwarte. Damit leistet der DFB eine regelmäßige Bildungsarbeit direkt an der Schiedsrichter-Basis. Kostenneutral und dennoch effi- zienter stellte er ein Konzept vor, das am Ende für die Teilnehmer eine Zertifizierung möglich machen würde.

Stefan Weber und Stephan Kamme- rer gingen auf die Situation des „Futsal“ ein und bedauerten, dass trotz einer großen Zahl gut ausge- bildeter Schiedsrichter die Anzahl der Spiele sowohl in den Regionen als auch auf Bundesebene leider Ob Lehrbriefe, Folien zur Anwärter-Ausbildung, Regel-Tests aus der Schiedsrichter-Zeitung noch zu begrenzt sei: „Deshalb oder Power-Point-Präsentationen – alle Materialien stehen den Verbands-Lehrwarten auf der bekommen unsere Unparteiischen Internet-Plattform jederzeit auf dem neusten Stand zur Verfügung. zu wenig Spiele, um ausreichend Erfahrungen zu sammeln.“ Klaus Löw aus der DFB-Verwaltung, der die Texte redigierte. Parallel Anschließend machte Carsten Voss, zur Ausgabe der DVD an die Ver- Mitautor der DFB-Lehrbriefe, auf bands-Lehrwarte wurde das neuste Entwicklungen auf dem Sek- gesamte Programm auf einer tor Software aufmerksam: geschlossenen Plattform ins Inter- „Prezi.com“, QR-Code und „v-log“ net gestellt. So können die Lehr- sind Begriffe, die in Zukunft auch in warte, die bei jedem Update eine der Lehrarbeit eine Rolle spielen Benachrichtigung per E-Mail von werden. Bernd Domurat erhalten, die Inhalte regelmäßig aktualisieren und an Lutz Lüttig, der verantwortliche die Kreise weiterleiten. Redakteur für die Schiedsrichter- Zeitung, machte deutlich, dass Lutz Wagner machte deutlich, dass neben der vorgestellten DVD und den Schiedsrichter-Lehrwarten den DFB-Lehrbriefen die SRZ als damit ein Arbeitsmittel an die Hand notwendige Arbeits- und Informa- gegeben wird, das in seiner didakti- tionsgrundlage für die Qualifizie- schen Vielfalt allen modernen rung der Unparteiischen unver- Ansprüchen genügt: „Dank der zichtbar sei: „Sie muss jedem Arbeit des Kompetenz-Teams mit Schiedsrichter in Deutschland Bernd Domurat steht jetzt ein zugänglich gemacht werden.“ Hier jederzeit aktuelles Schulungstool wären die Verantwortlichen in den zur Verfügung, das es in dieser Verbänden und Kreisen noch mehr umfassenden und durchdachten Bernd Domurat fasste in Düsseldorf Nutzen und Anwendung als bisher in der Pflicht, dieses offi- Form weder im DFB noch in anderen des gesamten Materials noch einmal zusammen und kassierte zielle Medium für ihre Schiedsrich- Verbänden bisher gegeben hat.“ für seine Arbeit den verdienten Beifall der Fachleute. ter bereitzuhalten. ■

12 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Blick in die Presse

Oft sei die Bundesliga ein schlech- Ich weiß, dass Lehnerz als Meister- steigen gerade aus ihren Autos, der tes Vorbild für den Amateurfuß- schafts-Mitfavorit gestartet, nach Platz ist abgestreut, im Vereins- ball. „Es gibt einige ,Trainer-Exem- einer Niederlagenserie von Platz heim läuft der Kaffee durch die „Die Bundesliga plare’ in der ersten Liga, die man eins zurückgefallen ist und Melsun- Maschine. Der 1. Vorsitzende ruhiger stellen muss“, sagt Lip- gen als Ziel den Klassenerhalt aus- begrüßt uns und zeigt uns unsere ist ein schlechtes pert, und Bruchhagen pflichtet gegeben hat. Ich weiß auch, dass Kabine. Danach überprüfen wir den ihm bei: „Alle, die dem Schieds- Melsungen mit Abstand auf dem Platzaufbau. Ab einer Stunde vor Vorbild“ richter hinterherstiefeln, leiden letzten Platz der Fairness-Tabelle Spielbeginn läuft alles in einem an Eitelkeit und Selbstüberschät- steht. Ruhig, vor allem unvorbelas- eingespielten Rhythmus ab: Trikot- Sebastian Rieth schreibt über zung.“ Sie hätten kein Eigenkor- tet in das Spiel gehen, aber auf farben der Mannschaften abklären, einen Schiedsrichter-Schulungs- rektiv mehr. alles gefasst sein, denke ich mir. um zu wissen, welches Trikot man abend in Griesheim, auf dem sich selbst anziehen kann, umziehen, Heribert Bruchhagen, der Vor- An der Basis wissen sie, wie sie Im Auto, etwa 100 Kilometer vor kleinere Blessuren versorgen, standsvorsitzende der Eintracht mit den ständigen Beschimpfun- Fulda, beginnt das Kribbeln, eine warmlaufen. Frankfurt Fußball AG, auch zu gen umgehen müssen. Sie schal- Mischung aus freudiger Erwartung, Beschimpfungen, Drohungen und ten ihre Ohren auf Durchzug, die Anspannung und Nervosität. Wenn Die Verletzungen haben sich tätlichen Angriffen im Amateur- meisten härten ab, manche dieses Kribbeln vor einem Spiel gehäuft in den vergangenen Jah- fußball äußerte. stumpfen ab. Wer beides nicht nicht mehr einsetzt, weiß ich, dass ren: Kapselriss im Sprunggelenk, kann, hängt die Pfeife an den es Zeit wird, mir ein neues Hobby Muskelfaserriss, Meniskusriss. In Exakt zwei Meter misst Mathias Nagel. „Das muss anders werden“, zu suchen. Wenn das nervöse Krib- einem Monat werde ich 38 Jahre Lippert, seit 20 Jahren Fußball- weiß Bruchhagen, der in seiner beln nicht zeitgleich mit dem alt, damit gehöre ich zu den ältes- Schiedsrichter und seit 2004 der Karriere selbst nur einmal vom Anpfiff aufhört, ebenso. ten Schiedsrichtern in dieser Klas- Obmann der Frankfurter Unpartei- Platz gestellt wurde. Mit DJK se. Meine Prüfung habe ich 1988 ischen. Den baumlangen Boss mit Gütersloh in Wanne-Eickel sei das Bis dahin ist es jedes Wochenende abgelegt, in die Verbandsliga bin seiner jahrelangen Routine geht gewesen, Jahre her. „Wir dürfen das Gleiche: Schuhe putzen, Sport- ich vor zwölf Jahren aufgestiegen. auf dem Sportplatz so schnell unseren Schiedsrichtern nicht so tasche in der gleichen Reihenfolge Erfahrung hilft, ersetzt aber nicht keiner an – mag man denken. Die viel Druck auferlegen. Das fängt packen (Schuhe, Stutzen, Hose, permanente Aufmerksamkeit. Ich Realität sieht anders aus. Einmal, schon mit dem Gesabbel der Warmlaufshirts und Warmlaufjacke, nehme jedes Spiel gleich ernst. erzählt Lippert, sei er mit einem Betreuer vor dem Spiel an.“ Dann Trikots). Die Mappe überprüfen, ob Schirm attackiert worden, dann beginnt der Eintracht-Boss seinen alles noch da ist: Pfeifen, Wählmarke, Knapp 7.000 Schiedsrichter gibt es habe man ihn mit Pflastersteinen flammenden Appell, der allen Mut Spielnotizkarten, Gelbe und Rote in Hessen. Etwa 80 davon pfeifen in bedroht. machen sollte: „Lassen Sie sich Karte. Die Assistenten sind mir vom der Verbandsliga oder höher. Min- nicht unterkriegen, seien Sie Verband zugeteilt worden. Um destens sechsmal pro Jahr werden Ungeheuerliche Szenarien, die selbstbewusst. Ohne Sie würde es 12.00 Uhr habe ich beide eingesam- wir in einem Spiel in unserer höchs- fast zum Alltag an der kickenden keinen Fußball geben.“ melt, dann sind wir weiter in Rich- ten Leistungsklasse beobachtet. Basis gehören. Vor allem in den tung Nordosten nach Lehnerz, Der Beobachter stellt sich im Nor- Großstädten kommt es öfter zu einem Stadtteil von Fulda, gefah- malfall 20 Minuten vor dem Spiel gewalttätigen Übergriffen gegen ren. in der Kabine vor. Heute ist keiner Schiedsrichter – sogar im tiefen da. Jugendbereich. Respekt und Aner- Ich jogge zweimal die Woche zehn kennung einer ganzen Zunft sind Parallelen zu Kilometer, um meine Grundfitness Als wir mit den Mannschaften ein- in Gefahr, die Beteiligten selbst meinem Beruf zu erhalten. Hinzu kommen Sprint- laufen, sind etwa 120 Zuschauer wissen das. übungen auf der Laufbahn und das da. Es dauert nicht lange, bis ich Christoph Schröder ist freier wöchentliche Spiel. Die Leistungs- weiß, wie das Spiel laufen wird. Die Mehr als 100 Schiedsrichter sind Autor, Dozent für Literaturkritik an prüfung, die ein Verbands-Schieds- Melsunger haben sich eine unge- in das Griesheimer Bürgerhaus der Universität Frankfurt am Main – richter auf den Sommer-Lehrgän- heuer effektive Taktik zurechtge- geströmt, um die letzte turnus- und Schiedsrichter. Für die Leser gen absolvieren muss, ist genauso legt: Sobald sie den Ball haben, mäßige Sitzung der Referees in der „ZEIT“ hat das Mitglied des schwierig wie die, die ein FIFA- oder dreschen sie ihn hoch und weit in diesem Jahr mit einem ganz SV Nauheim (Kreis Groß-Gerau), Bundesliga-Schiedsrichter zu beste- die gegnerische Hälfte. Dort ste- besonderen Ehrengast zu besu- aufgeschrieben, wie ein Spielauf- hen hat. Sie besteht aus sechs Sprints hen zwei Stürmer ziemlich einsam chen. Heribert Bruchhagen, Vor- trag in der 6. Liga abläuft. à 40 Metern in jeweils 6,2 Sekunden. herum. standsvorsitzender der Eintracht Daran schließt sich der HIT-Test an: Frankfurt Fußball AG, stellte sich Heute also sechste Liga, Verbands- 20 Tempoläufe von 150 Metern, so Lehnerz dagegen versucht es mit in einer von FR-Redakteur Jan liga Hessen-Nord, TSV Lehnerz genannte Hits, die in je 30 Sekun- Technik und Kurzpass-Spiel, was Christian Müller geleiteten Diskus- gegen FV Melsungen, der Dritte den zu absolvieren sind. Dazwi- auf dem holprigen Platz auch nicht sion den Fragen. Man merkt: gegen den Zwölften. Ich schaue schen hat man jeweils 35 Sekunden weiterführt. Die Zeitungen werden Diese Schiedsrichter hängen an immer vor dem Spiel nach dem Ruhezeit. Wem das läppisch vor- noch am Abend in ihren Internet- ihrem Job, sie lieben es, jeden Tabellenstand. Es gibt Kollegen, die kommt, soll es selbst ausprobieren. ausgaben von einem wahlweise Sonntag auf den Plätzen der davon nichts wissen wollen. Für die „ganz schwachen“ oder von einem Republik knifflige Aufgaben zu spielen nur zwei Farben gegenein- 80 Minuten vor dem Anstoß kom- „von der Taktik geprägten“ Spiel lösen. Sie wissen auch, dass es so ander. Ich beschaffe mir im Vorfeld men wir am Sportplatz an. Spieler berichten. Beide haben Recht. Zur nicht weitergeht. so viele Informationen wie möglich. und Betreuer der Gastmannschaft Halbzeit steht es 0:0, eine Gelbe

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 13 Blick in die Presse

Karte wegen Foulspiels musste ich Immerhin, sagt Rethens Trainer Gewalt zu protestieren. Aber selbst zeigen. Jörg Möhle, hat es nach dem Spiel- am Aktionstag mussten zwei abbruch keine Schlägerei gegeben, Begegnungen abgebrochen wer- Auf dem Weg in die Kabine kommt Unparteiische auch sonst ist es unter den Fußbal- den, weil es zu Gewaltausbrüchen von den Zuschauern kein kriti- unter Druck lern beider Mannschaften auf dem gekommen war. sches Wort. Das ist nicht immer so. Weg in die Umkleidekabinen relativ Auch auf dem Platz geht es oft Warum Schiedsrichter nicht immer ruhig geblieben. Wenigstens aber wird seit dieser ruppiger zu. Ein einziges Mal habe nur Freude haben – und warum es Aktion wieder vermehrt über das ich ein Spiel abgebrochen, weil ein auf deutschen Fußballplätzen so Das ist ja längst keine Selbstver- Gewaltproblem gesprochen. „Es Spieler mich schlagen wollte. Eine nicht weitergehen kann. Patrick ständlichkeit mehr in den untersten geht langsam in das Bewusstsein Sekunde, bevor er mich treffen Hoffmann über ein Problem, das deutschen Spielklassen. Von Schlä- vieler, dass hier Grenzen über- konnte, hatten seine Mitspieler ihn den Fußball immer stärker gen und Tritten gegen den Schieds- schritten werden“, sagt Mierswa. unter sich begraben. beschäftigt. richter ist die Rede, sogar von Pfef- Ist das so? Im Kölner Stadtteil Wid- ferspray-Attacken mitten auf dem dersdorf ist kürzlich ein Schieds- In der zweiten Halbzeit wird das Mit einer Eckstoß-Entscheidung Feld. „Früher wurde der Schieds- richter nach einer Kreisligapartie Spiel lebhafter. Als die Melsunger fängt alles an. Die Spieler des richter auch nicht unbedingt in seiner Kabine überfallen worden. den Ball einmal nicht weit und VSV Hohenbostel sind damit nicht geliebt“, sagt Wolfgang Mierswa, Ein maskierter Mann hat ihn mit hoch genug wegschießen, erzielt einverstanden, einige von ihnen „aber heute ist es brutaler.“ einem Faustschlag niedergestreckt. Lehnerz das 1:0, fünf Minuten vor protestieren. Der Libero der Mann- Der Täter, ein Widdersdorfer Ver- Schluss führt der erste gelungene schaft will sich gar nicht wieder Mierswa ist der Vorsitzende des einsmitglied, hat inzwischen Ansatz von Kombinationsfußball beruhigen und beleidigt den niedersächsischen Schiedsrichter- gestanden, legt aber Wert darauf, aus Versehen zum Ausgleich. Ins- Angreifer des FC Rethen mit Wor- Ausschusses, er ist also so etwas dass er seiner Meinung nach nur gesamt gibt es drei Gelbe Karten. ten, die an dieser Stelle unmöglich wie der oberste Vertreter der Pfei- mit der flachen Hand zugeschlagen wiedergegeben werden können. fenmänner in diesem Bundesland, habe. Es ist ein böses Vorurteil, dass ein Der Schiedsrichter steht nur wenige und er kann daher sehr gut ein- Schiedsrichter einen inneren Tri- Meter daneben. Er hat alles mitge- schätzen, was sich auf den Ama- Man darf das nicht falsch verste- umph verspürt, wenn er möglichst hört und zeigt dem Abwehrmann teurplätzen derzeit abspielt. „Es hen: Die meisten Schiedsrichter viele Spieler vom Platz stellen die Rote Karte. Dann bricht auf gibt unter den Spielern eine Solida- verlassen den Platz immer noch kann, darf oder muss. Das Gegen- dem Rasen das Chaos aus. risierung“, sagt Mierswa, „nach unversehrt. Sie bringen die 90 teil ist der Fall. So wie heute ist es dem Motto: Eigentlich ist es ganz Minuten, in denen sie nicht selten am angenehmsten: Shakehands Sechs oder sieben Hohenbosteler richtig, wenn der ,Schiri‘ mal etwas 22 wild gewordenen Freizeit-Kick- von allen Beteiligten, ein paar Spieler, so genau ist das bei dem aufs Auge bekommt.“ ern bei der Ausübung ihres Hobbys Schulterklopfer von Zuschauern, Durcheinander nicht zu erkennen, behilflich sind, mit viel Engage- hinterher eine Bratwurst und ein laufen auf den Schiedsrichter zu, Gerald Bothe hätte bei so einer ment über die Bühne. Sie füllen Bier im Vereinsheim, dann die umzingeln ihn, beschimpfen ihn, Attacke auf dem Platz beinahe sein dann in der Kabine den Spielbe- Rückfahrt. bedrohen ihn. Der Schiedsrichter Augenlicht verloren. Der Schieds- richtsbogen aus, packen ihre berichtet später außerdem, dass er richter aus Berlin wurde während Sporttasche und fahren nach Die Frage, warum man Schiedsrich- von einem Spieler angegriffen wor- einer Partie in der Senioren-Lan- Hause. Dafür opfern sie einen hal- ter ist, führt in ein psychologi- den sei. 78 Minuten sind bis dahin desliga von einem Spieler verprü- ben Tag ihrer Freizeit und bekom- sches und biografisches Geflecht gespielt, und der VSV Hohenbostel, gelt, nur weil er kurz vor Schluss men am Ende ein paar Euro und ein hinein. Je länger ich dabei bin, der sich da gerade so sehr über einen Elfmeter für die gegnerische bisschen Fahrtkosten. desto mehr Parallelen entdecke einen Eckstoß für den Gegner Mannschaft gepfiffen hatte. Im ich zu meinem Beruf als Literatur- ärgert, führt mit 2:0. Krankenhaus entdecken die Ärzte Warum soll man sich das weiter Kritiker: Urteilen, Entscheidungen zwei Blutgerinnsel in seinem Kopf, antun, wenn der Umgang auf dem treffen, seien sie populär oder Der Schiedsrichter, ein gestande- außerdem stellen sie eine Sehstö- Platz immer ruppiger wird? Begrei- unpopulär, und öffentlich dafür ner Kerl, befreit sich nach einiger rung fest. Noch ist unklar, ob die fen die vielen Tausend Fußballer, einstehen. Und dabei geistig und Zeit aus der Situation. Er bricht das Schäden dauerhaft bleiben werden. was auf sie zukommt, wenn die körperlich fit bleiben. Spiel der 1. Fußball-Kreisklasse Han- Schiedsrichter tatsächlich irgend- nover-Land ab und flüchtet in In Berlin haben die Unparteiischen wann nicht mehr kommen sollten? 3.800 Euro bekommt ein Schieds- einen Geschäftsraum im Vereins- daraufhin ein Zeichen gesetzt. Wenn sie ernst machen mit ihren richter in der Bundesliga pro Ein- heim des FC Rethen, der anschlie- Ende Oktober haben sie alle Begeg- Boykott-Drohungen. Wer regelt satz; in der 2. Bundesliga sind es ßend von zwei Ordnern bewacht nungen in der Stadt für fünf Minu- dann den von ihnen so geliebten 2.000 Euro, in der Verbandsliga werden muss. Von dort aus ruft der ten unterbrochen, um gegen die Sport? ■ Hessen ein Hundertstel: 40 Euro Schiedsrichter die Polizei, die mit plus eine Kilometerpauschale; die zwei Streifenwagen vorfährt und Assistenten sind mit 21 Euro dabei. ihn auf der Heimfahrt eskortiert. Um 11.00 Uhr habe ich meine Woh- nung verlassen, gegen 19.30 Uhr In Rethen sind sie Tage später noch bin ich wieder zu Hause. Man muss immer fassungslos über das, was den Stundenlohn nicht ausrech- sich da auf ihrem Vereinsgelände nen, um zu wissen, dass es nicht abgespielt hat, auch wenn sie sel- ums Geld ging. ber gar nichts dafür können.

14 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Wolfgang Stark als „Die 84. Minute“ von Horst Eckel, „Was war dein schönstes Spiel?“, dem jüngsten deutschen Spieler „Wo waren Sie schon überall?“ Vorleser gefragt bei der Fußball-Weltmeisterschaft oder „Wie viele Spiele haben Sie 1954, vor. Der Nationalspieler schon gepfiffen?“ Vom Schieds- „Is’ er des?“ Ein Blick zu seinem beschreibt darin die Stimmung richter und dem Vorlesetag waren nickenden Nebenmann bestätigte während des Endspiels und was die Schüler allesamt begeistert. die Annahme des Grundschülers, nach dem Siegtreffer zum 3:2 in Den Sechstklässlern Lisa, Marcel, als Wolfgang Stark die Aula der der 84. Minute geschah. und Markus gefiel die Vorlesung Grund- und Mittelschule Pfeffen- sehr gut, aber „vor allem die Auto- hausen (bei Landshut) betrat. Nach dem Vorlesen musste er sich gramme“, die Stark danach gedul- Gemeinsam mit anderen bekann- den vielen neugierigen Fragen der dig verteilte. ten Persönlichkeiten aus der Kinder stellen. „Wen finden Sie Umgebung hatte der FIFA-Schieds- besser: Ronaldo oder Messi?“, Bettina Schwarz richter sich am bundesweiten Vor- lesetag eingefunden.

Mit dem Lied „Heid is a Dog, der mi gfreit“ begrüßten die Schüler ihre Ehrengäste. „Heute ist ein Tag, der auch mich freut“, erklärte Schullei- terin Gabriele Lechner. Vorlesen sei sowohl für den Vorleser als auch die Zuhörer eine wunderbare Sache.

Bevor er mit dem Lesen begann, hatte Wolfgang Stark zunächst ein großes Kompliment parat: „Als ich hier ankam, war ich überrascht, denn jedes Kind hat entweder Schreiben nach dem Lesen: ,Grüß’ Gott’ oder ,Guten Morgen’ Der FIFA-Schiedsrichter gibt gesagt, und alle haben mir gehol- Autogramme. fen, das Lehrerzimmer zu finden“, erzählte er von seiner Ankunft. Dann las er den Kindern der 4b Mit Blick ins Publikum:

Panorama und der 6. Klasse aus dem Buch Vorleser Wolfgang Stark.

Die internationalen Spiele der Deutschen im September und Oktober 2011 FIFA-Schiedsrichter unterwegs Name Wettbewerb Heim Gast Assistenten/Vierter Offizieller/Torrichter* EM-Qualifikation U 21 Nordirland Dänemark Kleve, Lupp, Welz Deniz AYTEKIN Europa League Birmingham City SC Braga Bornhorst, Henschel, Schmidt, Wingenbach, Welz EM-Qualifikation Russland Irland Salver, Pickel, Rafati Felix BRYCH Champions League FC Porto FC Shakhtar Donezk Schiffner, Borsch, Perl, Sippel, Dingert Felix BRYCH Champions League FC Otelul Galati Manchester United Schiffner, Borsch, Gagelmann, Dingert, Welz Manuel GRÄFE EM-Qualifikation Finnland Niederlande Häcker, Schiffner, Sippel Manuel GRÄFE Champions League FC Bate Borisov FC Barcelona Häcker, Kleve, Winkmann, Rafati, Sippel Manuel GRÄFE EM-Qualifikation Nordirland Estland Häcker, Kleve, Rafati Manuel GRÄFE Champions League Dinamo Zagreb Ajax Amsterdam Häcker, Kleve, Winkmann, Rafati, Sippel Champions League AC Mailand FC Viktoria Pilsen Henschel, Bornhorst, Zwayer, Welz, Wingenbach Peter SIPPEL Länderspiel Polen Weißrussland Siebert, Hofmann, Kunzmann Wolfgang STARK Champions League Ajax Amsterdam Olympique Lyon Salver, Pickel, Fritz, Rafati, Hartmann Wolfgang STARK EM-Qualifikation Montenegro England Salver, Pickel, Sippel Riem HUSSEIN EM-Qualifikation Ungarn Island Biehl, Söder Anja KUNICK EM-Qualifikation Russland Bosnien-Herzegowina Müller-Schmäh, Kurtes Bibiana STEINHAUS EM-Qualifikation Niederlande England Rafalski, Biehl *vom DFB nominiert

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 15 Panorama Lehrgang in Frankfurt Futsal-Schiedsrichter gerüstet Premiere Mit einem zweitägigen Lehrgang bereiteten sich die DFB-Futsal- für Riem Hussein Schiedsrichter und -Beobachter in Frankfurt am Main auf die neue Saison vor. Unter der Leitung von Lutz Wagner hatten die elf Ihr erstes A-Länderspiel leitete Schiedsrichter und sieben Beobachter ein umfangreiches Programm Riem Hussein aus Bad Harzburg zu bewältigen. Die Schiedsrichter zeigten beim körperlichen Leis- am 22. Oktober 2011 in Papà. Beim tungstest (1.000-Meter-Lauf, Schnelligkeitstest über 4x10 Meter und EM-Qualifikations-Match Ungarn Beweglichkeitstest), dass sie sich gut vorbereitet hatten; die gefor- gegen Island (0:1) waren Christina derten Normen wurden von allen erfüllt. Beim anschließenden Biehl (vormals Jaworek) und Ange- Regeltest war dann sowohl von den Schiedsrichtern als auch von lika Söder ihre Assistentinnen. Die Herzlichen Glückwünsch! den Beobachtern theoretisches Wissen gefragt. Die entsprechenden Vierte Offizielle, FIFA-Schiedsrich- Helmut Geyer überreicht Fragen und Antworten werden in der nächsten Ausgabe der Schieds- terin Gyöngyi Gaal, wurde vom Günter Perl in der Kabine die richter-Zeitung veröffentlicht. Gastgeber gestellt. Dr. Riem Hus- 100-Spiele-Plakette. sein, promovierte Apothekerin, Nachdem Lutz Wagner für den gesamten Teilnehmerkreis den Leitfa- steht seit 2009 auf der FIFA-Liste. den für ein Coaching-Gespräch erläutert hatte, wurde der Lehrgang 100 Spiele: Jubiläum zunächst in zwei Gruppen fortgesetzt. Während FIFA-Referee Stephan für Günter Perl Kammerer den Schiedsrichtern aktuelle Lehrszenen auf Grundlage einer von der FIFA erarbeiteten DVD erläuterte, analysierten die Am 5. November 2011 hatte Günter Beobachter unter Leitung von Stefan Weber ein Spiel aus der Haupt- Perl beim Spiel 1899 Hoffenheim runde des diesjährigen UEFA-Cups. gegen den 1. FC Kaiserslautern (1:1) seinen 100. Einsatz als Schiedsrich- Hierbei wurden Schwerpunkte herausgearbeitet, die dann am zwei- ter in der Bundesliga. Ihn unter- ten Tag gemeinsam mit den Schiedsrichtern in Form von Coaching- stützten dabei Georg Schalk, Gesprächen ausgewertet wurden. Diese Verfahrensweise hatte den Michael Emmer und als Vierter großen Vorteil, dass einerseits Beobachtungs-Schwerpunkte wie die Offizieller Christian Leicher. Vor Regelauslegung, die Zusammenarbeit der Schiedsrichter, das Stel- dem Spiel überreichte Helmut lungsspiel und die Zeichengebung anhand von Praxisszenen disku- Geyer, Mitglied der DFB-Schieds- tiert werden konnten und andererseits die am ersten Tag gewonne- richter-Kommission, Günter Perl nen Erkenntnisse bezüglich eines Coaching-Gesprächs gleich ange- die Jubiläums-Plakette. Am ersten wendet werden konnten. Spiel des Groß- und Außenhandels- kaufmanns in der höchsten deut- Zum Abschluss des Lehrgangs gab Lutz Wagner noch einen kurzen schen Spielklasse war der 1. FC Kai- Ausblick auf die Futsal-Saison 2011/2012 und fasste das Lehrgangsge- 2001 wurde Riem Hussein serslautern ebenfalls beteiligt: Am schehen noch einmal zusammen. Dabei betonte er, dass sich das Hussein Schiedsrichterin, 13. August 2005 siegten die Pfälzer Konzept eines gemeinsamen Lehrgangs von Schiedsrichtern und zehn Jahre später leitete sie unter Perls Leitung mit 5:3 gegen Beobachtern bewährt habe. Dass die Referees gut auf die neue Sai- ihr erstes Länderspiel. den MSV Duisburg. son vorbereitet sind, habe der Lehrgang gezeigt; dass die Leistun- gen der Spitzenreferees auch international anerkannt werden, zei- gen die kommenden Aufgaben. Während Stephan Kammerer als Kan- didat für die Futsal-Europameisterschaft 2012 in Kroatien für einen Vorbereitungs-Lehrgang der UEFA nominiert wurde, leitete Swen Eichler im November in Moskau ein Turnier der Elite-Runde im UEFA- Futsal-Cup.

Stefan Weber

BEMERKENSWERT Mecker-Grund „Rot“ für den Schiedsrichter „Wenn die Beine schwerer werden, wird der Mund größer.“ Ex-Nationalspieler Bernard Dietz Wie lange mag Mark van Bommel (AC Mailand) von einem solchen Aufregung Moment geträumt haben? Neun Feldverweise hat der Niederländer in „Bei noch so klaren Fouls rennen trotzdem drei Spieler zum seiner Karriere kassiert, beim 3:0-Sieg gegen US Palermo konnte er Schiedsrichter und wollen ihn überzeugen, dass es gar kein Foul den Spieß endlich mal umdrehen. Sein „Opfer“: Schiedsrichter Paolo war. Das bedeutet: Fußballer versuchen viel zu häufig, sich einen Valeri. Dem war die Karte beim Sprint aus der Tasche gerutscht, van Vorteil zu verschaffen, obwohl sie genau wissen, dass sie im Bommel hatte sie aufgelesen und dem Schiedsrichter dann auf diese Unrecht sind. Das regt mich auf, das finde ich nicht fair.“ spektakuläre Weise zurückgegeben. In diesem Spiel sah der ehemalige Basketball-Nationalspieler Heiko Schaffartzik in SPORT-BILD Spieler des FC Bayern übrigens keine Karte.

16 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Regel-Test Fragen Einhaken – was kann da passieren? In den meisten Situationen, die Lutz Wagner diesmal zusammengestellt hat, geht es um die Zusammenarbeit und die Kompetenzverteilung im Schiedsrichter-Team. Einmal muss man aber auch in Sachen „Mauer“-Bildung Bescheid wissen.

Situation 1 Torwarts zurück. Muss der Daraufhin verweist der Assistent Als der Schiedsrichter dies sieht, Die Mannschaft B erhält einen Ein- Schiedsrichter eingreifen? ihn während der nächsten Spiel- unterbricht er das Spiel, verhängt wurf zugesprochen. Der einwerfende unterbrechung aus dem Innen- einen indirekten Freistoß und ver- Spieler steht dabei deutlich mit Situation 5 raum. War dieses Vorgehen rich- warnt diesen Spieler. Daraufhin einem Fuß im Spielfeld, was dem Der Strafstoß wird nicht vom zuvor tig? erklärt ihm sein Assistent, dass er Schiedsrichter allerdings entgeht. identifizierten Schützen, sondern diesen Spieler auf das Spielfeld Der Assistent bemerkt dies und von einem Mitspieler ausgeführt. Situation 9 beordert hat. zeigt es mit der Fahne an, worauf- Der Torwart wehrt den Ball zu die- Bei einem direkten Freistoß rund hin der Schiedsrichter das Spiel sem Spieler ab, der mit dem Nach- 20 Meter vor dem Tor haken sich Situation 13 unterbricht. Aufgrund dieses Fah- schuss das Tor knapp verfehlt. Spieler in der am Strafstoßpunkt Der Torwart hat den Ball mit den nenzeichens beleidigt der einwer- postierten „Mauer“ mit den Armen Händen unter Kontrolle, läuft einige fende Spieler nun den Schiedsrich- Situation 6 ein. Einem dieser Spieler wird der Schritte zur Strafraumgrenze und ter-Assistenten. Eine strafbare Abseitsposition wird Ball gegen den Arm geschossen. vom Schiedsrichter-Assistenten gerät dann mit dem Ball eindeutig Situation 2 mit der Fahne signalisiert. Bevor Situation 10 über die Linie, bevor er diesen Ein Spieler gerät bei einem Zwei- der Schiedsrichter das Fahnenzei- Der Torwart der Mannschaft B hält abschlagen kann. Wie soll der Assis- kampf außerhalb des Spielfelds. Da chen erkennt, schlägt im folgen- den Ball kurz vor einem Abschlag tent reagieren, wenn der Schieds- er seinen mit dem Ball davoneilen- den Zweikampf kurz vor dem Straf- aus der Hand länger als sechs richter, der schon im Bereich der den Gegenspieler nicht mehr errei- raum der im Abseits stehende Sekunden in der Hand und bleibt Mittellinie steht, dies nicht chen kann, nimmt er einen Ersatz- Angreifer dem Verteidiger mit der regungslos im Strafraum stehen. erkennt? ball und wirft ihn seinem auf dem Hand ins Gesicht. Deshalb unter- Der Schiedsrichter reagiert nicht, Spielfeld befindlichen Gegenspie- bricht der Schiedsrichter nun das der Assistent hebt die Fahne. Ist Situation 14 ler heftig an den Kopf. Spiel. Jetzt sieht er das Fahnenzei- dieses Fahnenzeichen korrekt, und Vor der Ausführung eines Ecksto- chen seines Assistenten. wie hat der Schiedsrichter zu han- ßes steht der Abwehrspieler Situation 3 deln? zunächst in der richtigen Entfer- Der neutrale Schiedsrichter-Assis- Situation 7 nung zum Ball. Während des tent zeigt dem Schiedsrichter an, Muss der Schiedsrichter eine Aus- Situation 11 Anlaufs des Schützen verkürzt der dass der Ball die Seitenauslinie wechslung zulassen, wenn das in Bei einem Freistoß für die verteidi- Abwehrspieler jedoch den Abstand überschritten hat. Der Schiedsrich- den Ausschreibungen vorgegebene gende Mannschaft spielt der aus- sehr deutlich und kann dadurch ter erkennt dieses Zeichen erst Auswechselkontingent bereits führende Spieler in seinem eige- den Ball ins Seitenaus abwehren. nach zwei Spielzügen. Jetzt spuckt erschöpft ist? nen Strafraum den Ball Richtung Der Schiedsrichter hat dies nicht ein Abwehrspieler während des Außenlinie. Dabei verlässt der Ball mitbekommen. Wie verhält sich laufenden Spiels in seinem Straf- Situation 8 noch innerhalb des Strafraums das raum einen Angreifer an. Im Verlauf eines Spiels protestiert Spielfeld über die Torlinie ins Aus. sein Assistent? der Trainer der Heimmannschaft Situation 4 mehrfach gegen die Entscheidung Situation 12 Situation 15 Der Torwart hat den Ball sicher des Schiedsrichters. Nachdem der Da der Schiedsrichter nicht auf Ein verteidigender Spieler will im gefangen. Er wirft ihn zu einem Assistent den Trainer bereits zwei- seine Rufe reagiert, kann ein Spie- eigenen Strafraum einen scharf Mitspieler, der im Strafraum steht. mal ermahnt hat, protestiert die- ler nach einer Verletzung nicht auf geschossenen Ball annehmen. Vom Weil der Abwehrspieler einen ser Trainer erneut optisch deutlich das Spielfeld zurückkehren. Nach Fuß prallt der Ball gegen den Arm Gegenspieler hinter sich vermutet, und unsportlich gegen die Ent- einer Weile schickt der Assistent des Spielers, wobei der Ball deut- köpft er den Ball in die Arme des scheidung des Schiedsrichters. den Spieler wieder auf das Feld. lich die Richtung verändert.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 17 Lehrwesen Taktik ist nicht nur etwa Körperlich bereitet sich ein Schiedsrichter mit regelmäßigem Training auf seine Einsätze vor. Damit er Sinne leiten kann, muss er sich auch im Kopf auf die Begegnung einstellen. Der DFB-Lehrbrief Nr. 40, den fasst hat und hier vorstellt, weist Wege zur richtigen Strategie.

ie 13. Minute der Verlängerung Dläuft im entscheidenden Quali- fikationsspiel für die WM 2010 zwi- schen Frankreich und Irland: Links im Torraum legt sich Thierry Henry den Ball mit einem absichtlichen Handspiel vor und leitet so das 1:1 durch William Gallas ein. Dieses Unentschieden reichte den Franzo- sen zur Teilnahme an der WM, den Iren bleiben nur Ungläubigkeit und Wut – auf Henry und das Schieds- richter-Team.

Überschriften in der Weltpresse wie „Das Skandaltor von Frankreich“ und „Frankreich mogelte sich zur WM!“ waren noch harmlos. Der iri- Thierry Henry führt den Ball – für viele Zuschauer und Spieler gut erkennbar – deutlich mit der sche Justizminister Dermot Ahern linken Hand. Anschließend spielt er ihn mit dem Oberschenkel weiter zur Mitte. forderte im Sinne des Fair Play von der FIFA eine Neuansetzung des Spiels. Selbst Thierry Henry gab später zu: „Ja, es war Handspiel. Aber der Schiedsrichter hat ja nicht gepfiffen. Da habe ich eben weiter- gespielt!“ Trotz wütender Proteste erkannte den Tref- fer an. Ausdauernd redeten die iri- schen Spieler auf den schwedi- schen Unparteiischen ein. Der jedoch änderte seine (zu) schnell gefasste Meinung nicht, dass Henry den Ball mit dem Körper weiterge- leitet hätte.

Hansson unterließ es, den französi- schen Spieler zu fragen: „Haben Sie Während Torschütze Gallas zum Jubeln abdreht, protestiert „ganz Irland“, Torwart Given ist den Ball mit der Hand gespielt?“ schon auf dem Weg zum Schiedsrichter. Auch wenn Spieler bei allen möglichen und unmöglichen Auch keiner seiner Assistenten Gelegenheiten den Arm heben: Wenn es so spontan und kollektiv geschieht wie hier, muss der brachte ihn (per Headset) auf diese Schiedsrichter eine Strategie parat haben, um der Sache auf den Grund gehen zu können. Idee. Damit verpasste der erfahrene FIFA-Referee die Gelegenheit, Henry schwedische Schiedsrichter hatte scher werdenden Spielen und bei Bis in die 90er-Jahre ging es in der dazu zu bringen, den Regelverstoß für einen solchen Vorfall keine Stra- den immer neuen Finessen und Aus- und Weiterbildung der Unpar- zuzugeben oder dem Franzosen – tegie parat. Das einfache taktische Tricks der Spieler ist es unerläss- teiischen vorrangig um die Ver- im Fall einer Lüge – zumindest eine Mittel des Nachfragens war ihm lich, dass die Schiedsrichter mehr mittlung von Basiswissen im Rah- moralische Mit-Verantwortung für offenbar entfallen. Dabei musste und mehr vom Regelwächter zum men der amtlichen Fußballregeln. das Zustandekommen des irregulä- ihm doch bewusst sein, dass zur Spielleiter, zum Manager eines Fuß- Begriffe wie Rhetorik, Körperspra- ren Treffers zuzuweisen. Leitung eines Spiels mehr gehört ballspiels werden. che und Taktik wurden nur am als nur die Kenntnis der Spielregeln Rande in die Spielleitungen einbe- Nicht nur für Fachleute wurde in sowie deren Auslegung und Anwen- Und das beileibe nicht nur auf dem zogen. Erst in den letzten 15 Jah- dieser Situation deutlich: Der dung. In den zunehmend dynami- Niveau von Länderspielen. ren bekamen die Umsetzung des

18 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 sich der Spielcharakter anders als als konfliktbehaftet oder erwartet. Der Schiedsrichter muss kampfbetont zu erwarten ist. rasch seine Taktik und damit seine ● Tatortfestlegung am Strafraum Spielleitung bezüglich seines Auf- genau, im Mittelfeld großzügi- s für Spieler tretens, der Spielstrafen und der ger. Persönlichen Strafen ändern können. ● Auf Kritik von Spielern und Trai- aber ein Spiel nicht nur pfeifen sondern im besten nerbänken nur dann eingehen, Günther Thielking zusammen mit Carsten Voss ver- Vor allem beim Umsetzen des wenn dies absolut erforderlich Regelwerks gehört es zur Schieds- ist. Nicht zu kleinlich reagieren. richter-Leistung, die passenden tak- ● Besondere Tatortnähe des tischen Mittel einzusetzen. Vorteil- Schiedsrichters bei Entschei- Regelwerks in der Auseinanderset- Im aktuellen DFB-Lehrbrief Nr. 40 Anwendung und der verzögerte dungen in kritischen Spielpha- zung mit den Spielern, das takti- gehen die Verfasser auf solche Pfiff sind in einem aggressiv sen sicherstellen. sche Vorgehen vor, während und Maßnahmen ein, damit die Lehr- geführten Spiel eher vorsichtig zu ● Normale Spielunterbrechungen nach einem Spiel und auch die Ent- warte die Lerneinheiten zur nutzen, weil es nach einem nicht als „Beruhigungsphasen“ nut- wicklung der Persönlichkeit zuneh- „Schiedsrichter-Taktik und Spiellei- sofort geahndeten Regelverstoß zen, deshalb zu hektische mend Bedeutung. tung“ in den Schiedsrichter-Grup- schnell zu einer Eskalation kommen Spielfortsetzung punktuell ver- pen gut vorbereiten können. Sie kann. Bei Aktionen vor dem Tor meiden. Lutz Wagner, Mitglied in der DFB- weisen darauf hin, dass der Schieds- (Eckstöße, Freistöße in Strafraum- ● Präventives Eingreifen bei Stan- Schiedsrichter-Kommission, sagt richter in jedem Fall immer wieder nähe) muss der Schiedsrichter dard-Situationen, um Halten, es so: „Zu den Basis-Kompetenzen die Zweckmäßigkeit seiner spiel- lieber einmal öfter als einmal zu Zerren sowie sonstige Regel- eines Unparteiischen gehört technischen und taktischen Maß- wenig die Ausführung verhindern übertretungen zu vermeiden. selbstverständlich die Kenntnis nahmen reflektieren sollte. Steht und auf Spieler einwirken, die ihre ● Fehlbare Spieler zum Anspre- sämtlicher 17 Spielregeln, die der von ihm geleistete Einsatz in Gegner halten oder zur Seite sto- chen in Ruhe zur Seite nehmen, Fähigkeit, diese im Spiel umzuset- einzelnen Situationen im Verhältnis ßen. um Ermahnungen und Verwar- zen sowie die nötige körperliche zum Erfolg, den er damit hat? Ent- nungen außenwirksam darzu- Fitness.“ Aber das sei nicht alles: spricht die Reaktion der Spieler sei- Bei der Disziplinierung von Spielern stellen. Im aktuellen Fußballgeschehen nen Überlegungen, seinem takti- kann er viele Akteure nach einem ● Auf „Pärchenbildungen“ achten würden diese Fähigkeiten nicht schen Vorgehen? Schließlich muss Foul mit einer direkten Ansprache und ihnen früh durch Präsenz mehr ausreichen, um die Spiele er seine physischen und psychi- im passenden Ton viel besser errei- begegnen. möglichst konfliktfrei über die Zeit schen Kräfte passend für die chen als ausschließlich mit autori- zu bringen. Heute müssten die gesamte Spielzeit zweckmäßig ein- tärem Gehabe. Er kann ihnen ruhig Nach dem Spiel hat der Schieds- Referees in der Lage sein, bereits teilen. „Körner“, die verschenkt aber konsequent deutlich machen, richter im Regelfall das Spielfeld vor dem Spiel durch angemessene werden, können ihm bei einem dass er Foulspiel nicht duldet. Es zügig zu verlassen. Diskussionen strategische Maßnahmen die aggressiven, hektischen Spielver- gehört jedoch zugleich zu seinem mit Spielern, Trainern, auf ihn Grundlage für eine sehr gute Spiel- lauf in der Schlussphase der Begeg- Geschick zu erkennen, wann diese zukommenden Ordnern oder leitung zu schaffen. Wagner: „Das nung fehlen. „Freundlichkeit“ nicht mehr aus- Zuschauern sind unklug und sorgen gilt selbstverständlich auch für die reicht, um dann mit energischem nur für Missverständnisse, Fehl- unteren Klassen.“ Bestimmt wird das taktische Verhal- Vorgehen und Persönlichen Strafen interpretationen von Entscheidun- ten von den Vorkenntnissen des auf Spieler einzuwirken. gen oder sogar Aggressions-Poten- Die konkrete Planung der Anreise Schiedsrichters auf das zu leitende zial. ist wichtig, genau wie die gut vor- Spiel. Dazu kommt der Erfahrungs- Allgemeine Aussagen oder Rufe bereiteten Absprachen mit den schatz des Unparteiischen, das Ver- wie: „Spielen Sie vorsichtiger!“, Und auch das gehört zum taktisch Assistenten und ein freundlicher, halten einzelner Spieler und nicht „So etwas will ich nicht noch mal klugen Vorgehen nach einem Spiel: zugleich distanzierter Umgang mit zuletzt der Spielcharakter. In der sehen!“, „Lassen Sie das!“ zeigen Wird er zu einem Imbiss eingeladen, den Trainern und Betreuern beider Mehrzahl laufen die Spiele so ab, wenig Wirkung und sind kein wir- so sollte der Schiedsrichter dieser Mannschaften. Zur notwendigen wie es sich der Unparteiische im kungsvolles taktisches Mittel. Einladung grundsätzlich nachkom- Strategie eines Schiedsrichters Vorfeld überlegt hat – weitestge- men. Doch auch jetzt hat sich der sollte es zudem gehören, sich über hend im Rahmen der Spielregeln. Weitere Gesichtspunkte, die im Schiedsrichter (wie seine Assisten- die aktuellen Tabellenstände der Sie bleiben für ihn steuerbar, er Lehrbrief 40 zur Schiedsrichter- ten!) bei Fragen zum Spielverlauf beteiligten Mannschaften zu infor- kann die Begegnung entsprechend Taktik angeführt werden: zurückzuhalten. Sich „in gemüt- mieren: Geht es um die Meister- seinen Vorstellungen leiten. licher Runde“ nicht über andere schaft oder gegen den Abstieg? Ist ● Lauter, klarer Pfiff zu Spielbe- Schiedsrichter negativ zu äußern, aus anderen Gründen (Lokalderby, Mitunter jedoch beginnt ein Spiel ginn, verbunden mit einem gehört genauso zur „Strategie“ wie Vorfälle aus dem Hinspiel zum Bei- anders als gedacht, zum Beispiel sinnvollen weiteren Einsatz der das rechtzeitige Verlassen des spiel) mit einer harten, kampfbe- von der ersten Minute an aggressiv, Sprache der Pfeife. Spielorts. tonten Begegnung zu rechnen? mit vielen Ruppigkeiten in den ● Keine Diskussionen mit den Auf den strategischen Vorüberle- Zweikämpfen, mit häufiger Kritik. Spielern, kurze klare Anweisun- Dieses Verhalten fördert auch den gungen baut dann während des Manchmal kippt die Partie aber gen in angemessenem Ton. Respekt der Offiziellen vor dem Spiels das situationsbezogene, auch nach unvorhergesehenen ● Zunächst eher kleinliche Spiel- Schiedsrichter – und erleichtert richtige taktische Vorgehen eines Situationen oder nach umstrittenen leitung in einem Spiel, das in damit den nächsten Auftritt bei Unparteiischen auf. Entscheidungen. Dann entwickelt der strategischen Vorplanung demselben Verein. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 19 Regel-Test Antworten Einhaken – was kann da passieren? So werden die auf Seite 17 beschriebenen Situationen richtig gelöst. ren Vergehen einzugreifen. Da es sich in diesem Fall um die Beurtei- Situation 1 Situation 4 Hierzu gehört auch die Zulassung lung einer Zeitspanne handelt, sollte Der Spieler wird wegen der Beleidi- Nein, weiterspielen. einer über das vorgesehene Aus- die Entscheidung beim Schiedsrich- gung des Feldes verwiesen. Es gibt wechselkontingent hinaus gehenden ter liegen. Der Assistent hat seine einen Einwurf für die gegnerische Situation 5 Auswechslung. Kompetenzen überschritten. Hier Mannschaft. Da aufgrund des fal- Indirekter Freistoß für die abweh- muss der Schiedsrichter alleine ent- schen Einwurfs das Spiel unterbro- rende Mannschaft an der Stelle, wo Situation 8 scheiden. chen worden war, kann es nur einen der Spieler den Strafraum betrat. Nein, nur der Schiedsrichter ist Einwurf für den Gegner geben. befugt, einen Trainer aus dem Situation 11 Situation 6 Innenraum zu verweisen. Wiederholung des Freistoßes, da der Situation 2 Direkter Freistoß wegen des Schla- Ball nicht ordnungsgemäß ins Spiel Feldverweis. Direkter Freistoß dort, gens, Feldverweis. Bei zwei Verge- Situation 9 gebracht wurde. Er ist erst im Spiel, wo der Spieler getroffen wurde oder hen einer Partei zählt immer das Strafstoß wegen strafbaren Hand- wenn er den Strafraum zum Spiel- getroffen werden sollte. schwerere. spiels. Wenn der Ball an die Hand feld hin verlassen hat. geht, wird das Einhaken als unnatür- Situation 3 Situation 7 liche Körper- beziehungsweise Situation 12 Feldverweis wegen des Anspuckens. Nein. Im Regelwerk (Regel 3: Zahl Handhaltung ausgelegt. Da hier ein offensichtlicher Fehler Das Spiel wird mit Einwurf fortge- der Spieler) ist festgelegt, dass die des Teams und eine Kompetenz- setzt, da der Ball im Aus war und Erlaubnis, eine Auswechslung vorzu- Situation 10 überschreitung seitens des Schieds- der Assistent dies auch sofort sig- nehmen, unter bestimmten Bedin- Nein, der Schiedsrichter-Assistent richter-Assistenten vorliegen, ist nalisiert hatte. gungen verweigert werden darf. hat nur bei klaren und unauslegba- das Spiel mit einem Schiedsrichter- ball fortzusetzen. Auf die Verwar- nung gegen diesen Spieler ist auf jeden Fall zu verzichten. Eine unzu- reichende Abstimmung und Kom- munikation im Team, die unbedingt zu verbessern ist.

Situation 13 Da es sich hier um ein offensicht- liches Vergehen handelt, das der Schiedsrichter-Assistent aus seiner Position sehr gut wahrnehmen kann, muss er dies mit der Fahne anzeigen. Spielfortsetzung: direkter Freistoß. Eine Persönliche Strafe ist nicht auszusprechen.

Situation 14 Fahnenzeichen; Wiederholung des Eckstoßes und Verwarnung. Der Eckstoß muss jetzt durch einen Pfiff freigegeben werden.

Situation 15 Weiterspielen. Es liegt weder ein Eingehakt – je nachdem, wohin der Ball fliegt, kann für den Schiedsrichter eine schwierige absichtliches Handspiel noch eine Situation entstehen. unnatürliche Körperhaltung vor. ■

20 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Historie Digitales Museum für Schiedsrichter-Bekleidung Mit refereeworld.com auf Zeitreise durch die Mode der Unparteiischen

it seinem neusten Projekt – Mdem ersten digitalen Museum für Schiedsrichter-Bekleidung – möchte der ehemalige DFB-Refe- ree und heutige Unternehmer Ulrich Wujanz den Wandel der Schiedsrichter-Mode und der Schiedsrichter-Ausstattung von den Anfängen bis heute interaktiv dokumentieren.

Seit Mai 2000 ist Ulrich Wujanz (Foto) Inhaber der „Schiedsrichter- Welt“ mit ihren beiden Online- Shops refereeworld.com, dem weltweit größten digitalen Spezial- Versandhandel für Schiedsrichter- Ausrüstung, und MySportsUnder- wear.com, dem ersten marken- übergreifenden Online-Spezialver- sand für hochfunktionale Sport- unterwäsche.

Von besonders alten oder ausge- „Mit dem digitalen Museum möchte Schicken Sie Ihre Fotos, gerne fallenen Trillerpfeifen über die ich eine einzigartige Sammlung samt persönlichen Erinnerungen Anzug/Krawatten-Outfits des Fuß- internationaler Schiedsrichter- und wenn Sie möchten mit Infor- balls der 30er-Jahre bis hin zu Mode und Schiedsrichter-Acces- mationen zu Ihrer Person, Bei dem refereeworld-Museum aktuellen Multifunktions-Trikots – soires von den Anfängen bis heute ● per Post an geht es nicht nur darum, die Lei- Foto-Einsendungen aller Art sind ins Leben rufen, an der sich alle SchiedsrichterWelt e.K., Hofhaus- denschaft und die Begeisterung erwünscht, am besten mit einer Schiedsrichter-Begeisterten straße 9, 60389 Frankfurt/Main, für den Schiedsrichter-Bereich kurzen Beschreibung durch den standortunabhängig erfreuen kön- ● per eMail an auszudrücken, sondern auch um Absender. Die Einsendungen wer- nen“, fasst Ulrich Wujanz zusam- [email protected], die Zusammenführung möglichst den zunächst im eigens eingerich- men. „Wir hoffen auf eine tatkräf- ● oder per Eingabeformular auf vieler Unparteiischer aus aller Welt – teten und im historischen Schieds- tige Unterstützung, denn am www.refereeworld.com/museum. zusammen mit ihren Kleidungs- richter-Design gestalteten Online- besten können wir die Geschichte stücken, ihren Momentaufnahmen Museum auf refereeworld.com des Referee-Outfits natürlich mit Gehen Sie mit auf Zeitreise! Gerne und den Geschichten dahinter. Das (www.refereeworld.com/museum) möglichst vielfältigen Dokumen- stehen Ihnen Ulrich Wujanz und Ziel: ein reger Austausch innerhalb veröffentlicht. Bei entsprechender ten lebendig werden lassen.“ sein Team unter 069 474763 für der Referee-Gemeinde und natür- Resonanz ist längerfristig auch an alle Fragen rund um das Museum lich die Erhaltung und Würdigung eine lokalisierte Ausstellung der Gestalten Sie das virtuelle Museum für Schiedsrichter-Bekleidung zur der historischen Stücke. Gegenstände gedacht. von refereeworld.com mit! Verfügung. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 21 Analyse Mut zur Korrektur Die Nachschau auf interessante Bundesliga-Szenen der vergangenen Wochen beginnen Lutz Wagner und Lutz Lüttig diesmal mit einem Fall, der so ungewöhnlich und zugleich lehrreich ist, dass sie ihn aus der üblichen Chronologie der Spieltage herausgenommen haben.

ir schreiben den 13. Spieltag, es Foto 1a Foto 1b Wläuft die 82. Minute im Sams- tagsspiel SC Freiburg – Hertha BSC. Die Berliner führen 2:1, als Schieds- richter Markus Wingenbach auf Eckstoß für Freiburg entscheidet. Der Berliner Ebert hält sich auch nach einer entsprechenden Auffor- derung nicht an den 9,15-Meter- Abstand, so dass der Schiedsrich- ter eine Verwarnung für ange- bracht hält. Er zeigt dem Spieler also die Gelbe Karte (Foto 1a). Foto 1c Foto 1d Foto 1e

Nachdem er den Fall notiert hat, dreht sich der Unparteiische Rich- tung Strafraum, um einen Blick auf die „Pärchenbildung“ vor der Aus- führung des Eckballs zu werfen. Weil er keinen Grund zum Eingrei- fen sieht, gibt er den Ball per Pfiff frei, was in diesem Fall (nach dem Aussprechen einer Persönlichen Strafe) von der Regel 5 vorge- Markus Wingenbach klar, dass er Er verzichtet bei diesen Protesten nach dem Pfiff des Schiedsrich- schrieben wird. die Entscheidung „Tor“ zurückneh- klugerweise auf Persönliche Stra- ters spielen dürfen. Regelkennt- men muss. fen, weil er damit nur Öl in ein nis – gar derart im Detail – kann Da er dabei allerdings der Eck- Feuer gießen würde, vom dem er ja man bei ihnen nicht voraussetzen. fahne den Rücken zugekehrt hat, Fast jeder Schiedsrichter hat eine inzwischen weiß, dass er es leider bemerkt er nicht, dass die Freibur- ähnliche Situation schon einmal selbst entzündet hat. Letztlich legt 3. Auch ohne technische Hilfsmit- ger hinter seinem Rücken den Ball erlebt: Für einen Moment sucht er den Ball selbst an der Eckfahne tel muss ein Assistent den schon zuvor ins Spiel gebracht man noch nach einem Ausweg aus hin (Foto 1e), um damit jedermann Schiedsrichter auf einen sol- haben (Foto 1b). Der wird zunächst der unangenehmen Lage. Kann ich im Stadion deutlich zu machen, chen Fehler unbedingt vor der kurz gespielt und dann als Flanke nicht doch bei meiner Entscheidung wie das Spiel fortgesetzt wird. nächsten Spielfortsetzung auf- in den Strafraum geschlagen. Dort bleiben? Aber der Bauch weiß es Nämlich mit der Wiederholung des merksam machen - per Fahnen- köpft ihn ein Freiburger zum 2:2 schon und ganz schnell signalisiert Eckstoßes, der ohne seine in die- zeichen oder indem er sogar zu ins Tor; Markus Wingenbach es auch der Verstand: Nein, das sem Fall mit Pfiff notwendige ihm hinläuft. erkennt den Treffer an. geht auf keinen Fall! Jeder Ausweg Zustimmung ausgeführt worden wird hier zum Irrweg. ist. Die Spielfortsetzung war des- 4. Schiedsrichter müssen den Mut Bis zu diesem Moment ist er näm- halb irregulär. zeigen, einen Fehler zu korrigie- lich der Meinung, dass der Ball Es gilt sich zu straffen, das Rück- ren, auch in einem vollen Sta- regelgerecht, also nach seinem grat durchzudrücken und so mutig Was lässt sich aus dieser Szene dion, auch gegen den Druck der Pfiff, ins Spiel gebracht worden ist. zu handeln, wie es Markus Wingen- lernen? Spieler und Offiziellen. So wie es bach in dieser Situation tut: Er hier Markus Wingenbach mit In den Jubel der Freiburger hinein lässt sich den Ball geben und trägt 1. Der Blick des Schiedsrichters Hilfe von Mike Pickel vorexer- macht ihn sein Assistent Mike Pickel ihn in Richtung Eckfahne. Natürlich muss bei jeder Spielfortsetzung ziert hat. per Headset darauf aufmerksam, geht das nicht ohne Schwierigkei- auf den Ball gerichtet sein. dass hier etwas nicht gestimmt ten, denn die Freiburger Spieler Selbst der von der Entscheidung hat. Der Schiedsrichter geht zu erkennen nun, dass ihr Tor nicht 2. Die Spieler sollten möglichst betroffene Trainer des SC Freiburg ihm hin und lässt sich den Vorgang zählen wird und stürmen auf den nach jeder Persönlichen Strafe erkannte diese Vorgehensweise aus der Sicht des Assistenten Schiedsrichter ein, um ihn noch darauf aufmerksam gemacht nach dem Spiel an: „Im Nachhinein erläutern (Foto 1c). Danach ist einmal umzustimmen (Foto 1d). werden, dass sie den Ball erst muss man sagen hat der Schieds-

22 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 richter sehr viel Mut bewiesen und son in den Mittelpunkt des Interes- Foto 3a das Tor zurückgepfiffen.“ ses gerückt wäre. Auch in der Ver- gangenheit hat es immer wieder Nun ging es an den vergangenen Situationen gegeben, die man Spieltagen natürlich nicht nur um unterschiedlich auslegen und dieses zurückgenommene Tor. bewerten konnte. Aber seitdem die Handspiele, Abseits-Situationen, FIFA die Anwendung modifiziert „Notbremsen“, Angriffe mit offe- hat, wächst offensichtlich der ner Sohle – die Bundesliga bietet in Diskussionsbedarf, ob die Position immer neuen Variationen Szenen, eines im Abseits befindlichen Spie- aus denen jeder Schiedsrichter lers strafbar ist oder nicht. etwas lernen kann. ■ FSV Mainz 05 – FC Augsburg 8. SPIELTAG Bei der Hereingabe von der rech- ■ Hannover 96 – Werder Bremen ten Seite befindet sich der Mainzer Choupo-Moting knapp im Abseits, hinten kommt Müller (wei- 3:1 führen die Niedersachsen zwölf Choupo-Moting direkt hinter sei- ßer Kreis) angelaufen. Minuten vor Schluss, als Sergio nem Gegenspieler Möhrle in zen- Pinto den Ball an der seitlichen traler Position im Abseits (Foto Foto 3b Linie des Strafraums nach vorn 3a). Der Ball rollt knapp hinter die- geschlagen hat. Da tritt ihm der sen beiden Spielern vorbei und Bremer Arnautovic mit gestreck- wird dann vom hinzulaufenden tem Bein und quer gestelltem Fuß Nicolai Müller (weißer Kreis) ins Tor in den Knöchelbereich seines geschossen. Als Möhrle merkt, Schussbeins (Foto 2). Ist es der dass der Ball hinter ihm vorbei- Frust über den Spielstand? Oder fliegt, dreht er sich und versucht der Ärger darüber, dass ihm heute noch, allerdings vergeblich, ihn im nichts richtig gelingen will? Arnau- Sprung abzulenken (Foto 3b). Die tovic‘ Grund für diesen Tritt kennt Chance, das zu schaffen, wäre grö- er nur selbst, für den Schiedsrich- ßer gewesen, wenn er sich nicht in ter ist das auch zweitrangig. Er Richtung eigenes Tor hätte muss nur erkennen, dass diese bewegen müssen, um Choupo- Aktion zielgerichtet ist, allerdings Moting zu decken. Der Mainzer Möhrles Versuch, den Ball abzulenken, misslingt. nicht um den Ball zu spielen, son- Angreifer hat Möhrle also „gebun- dern den Gegner zu treffen. Solch den“ und damit ins Spiel eingegrif- ner Pinto auf und ins Tor schießt, besonders sorgfältig sein muss, wo brutale Spielweise, die zu sehr fen. Da er das aus einer Abseits- steht sein Mitspieler Ya Konan seit- es um das Beeinflussen eines ernsthaften Verletzungen führen stellung heraus tat, hat er sich im lich vor dem Tor deutlich im Gegenspielers durch einen im kann, ist auf jeden Fall mit „Rot“ zu Sinne der seit Saisonbeginn gülti- Abseits (Foto 4a). Der Assistent Abseits stehenden Angreifer geht. bestrafen. Das macht Schiedsrich- gen neuen Auslegung der FIFA hebt die Fahne, der Schiedsrichter ter Guido Winkmann dann auch strafbar gemacht. Deshalb wurde erkennt das Tor deshalb nicht an. Für den Assistenten ist es nämlich konsequent und schnell, wobei ihm dieser Treffer von Schiedsrichter Den Ärger der Hannoveraner darü- wie in diesem Fall nicht immer ein- sein sehr gutes Stellungsspiel die auf Zeichen seines ber kann man nachvollziehen, fach, aus seiner Position zu erken- notwendige Sicherheit für seine Assistenten Volker Wezel zu Recht denn die Entscheidung ist falsch. nen, wie groß der Abstand zwi- Entscheidung verleiht. annulliert. An diesem Fall lässt sich demons- schen dem Stürmer und dem Tor- trieren, dass die Abstimmung zwi- wart ist. Dass der sich nicht im 9. SPIELTAG ■ 1. FC Köln – Hannover 96 schen dem Schiedsrichter und sei- Sichtfeld des Torwarts befindet, Es ist ja nicht so, dass die Abseits- Und gleich noch einmal die nem Assistenten gerade dort sich zudem ruhig verhält und des- regel erst seit Beginn dieser Sai- Abseitsfrage: Als der Hannovera- Foto 4a Foto 2

Der Tritt von Arnautovic gegen Pinto. Stürmer Ya Konan (weißer Kreis) steht deutlich im Abseits, aber…

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 23 Analyse

Foto 4b Strafraum, allerdings nach dem Obwohl der erste Feldverweis in Seitenwechsel. In der 61. Minute Ordnung war, setzt sich der versucht der Schalker Jurado im Schiedsrichter hier völlig unnötig Laufduell links an seinem Gegen- dem Vorwurf aus, eine Konzes- spieler Rodnei vorbeizukommen. sions-Entscheidung gefällt zu Dabei hakt er sich in den linken haben. Eine Gefahr, in die ein ausgestreckten Arm von Rodnei Unparteiischer dann gerät, wenn ein und lässt sich dann fallen (Foto er den Begriff „Balance“ in Bezug 6a). Schaut man sich die Situation auf seine Spielleitung falsch aus der Sicht des Schiedsrichters anwendet. Das bedeutet eben an (Foto 6b), könnte man mit sehr nicht, die gleiche Anzahl von Spie- viel Wohlwollen Rodneis Aktion als lern auf beiden Seiten „herzustel- Halten bezeichnen und deshalb len“, sondern seine Entscheidun- den Strafstoß nach der der reinen gen für die Teams berechenbar Lehre vielleicht vertreten. und nachvollziehbar zu gestalten. … wie weit er vom Torwart entfernt ist, sieht der Schiedsrich- ter besser als sein Assistent. Foto 6a halb nicht in das Spiel eingreift, ist ■ FC Schalke 04 – 1. FC Kaisers- für den Schiedsrichter aus seiner lautern zentralen Position besser zu Zwei Rote Karten gab es in diesem erkennen als für seinen Assisten- Spiel, in beiden Fällen war der ten (Foto 4b). Schiedsrichter der Auffassung, dass es sich um „Notbremsen“ Wenn er also die Fahne gehoben gehandelt hätte. hat, der Schiedsrichter aber der festen Überzeugung ist, dass der Der Lauterer Angreifer Kouemaha abseits stehende Spieler sich nicht hat in der 28. Minute eine klare „strafbar“ gemacht hat, muss er Torchance und spielt in Höhe des die Anzeige des Assistenten über- Strafstoßpunkts den Ball rechts stimmen. Denn auch wenn wir uns an Torwart Fährmann vorbei. Der daran gewöhnt haben, dass dem Schalker springt mit den Händen Jurado (rechts) hat sich den Arm von Rodnei geschnappt und Heben der Fahne ein Pfiff folgt: und dem Kopf voran in die Beine klemmt ihn ein. Das ist kein „Muss“, die Entschei- des Stürmers und bringt ihn so zu dung liegt nach wie vor beim Fall (Foto 5). Dem Schiedsrichter Foto 6b Schiedsrichter. Dass man sich wie bleibt kaum eine andere Wahl, als im vorliegenden Fall per Headset neben dem Strafstoß auch eine verständigt – und in unteren Ligen Rote Karte zu geben. „Gelb“ wäre durch einen Zuruf oder ein kurzes nur vertretbar gewesen, wenn der Gespräch an der Seitenlinie – ist Torwart eindeutig versucht hätte, selbstverständlich. Und auch, dass den Ball zu spielen und ihn dabei man die Proteste der Abwehrspie- knapp verfehlt. ler souverän abwehrt, weil man sich seiner Sache sicher ist. Die zweite Szene spielt im selben

Foto 5

Die Sicht des Schiedsrichters: Ist Rodneis Arm so weit „drau- ßen“, weil er drückt oder weil Jurado ihn gezogen hat?

Die Rote Karte, die hier zudem Eine einmal getroffene Entschei- gezeigt wurde, war allerdings dung, und mag man sie im Nach- falsch, denn Jurado hatte den Ball, hinein als Schiedsrichter auch als der sich rechts von seinem Gegen- falsch einschätzen, kann niemals spieler befand, nicht unter Kontrol- durch eine weitere falsche Ent- le. Und mindestens ein anderer Lau- scheidung ausgeglichen werden. terer hätte noch eingreifen können, Der Schiedsrichter wird dadurch Der Ball ist nicht mehr in der Nähe, als der Torwart den Stür- so dass von einer klaren Torchance unglaubwürdig und verliert den mer zu Fall bringt . keine Rede sein konnte. Respekt der Spieler.

24 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 10. SPIELTAG genannten „Fotos“ in seinem Foto 8 ■ Bayer 04 Leverkusen – Schalke 04 Arbeitsspeicher führen, denn jede Eine höchst knifflige Abseits-Situa- Berührung durch einen Mitspieler tion, die nichts mit der neuen Aus- muss bei ihm eine neue Bewertung legung zu tun hat, machte dem auslösen, ob eine Abseitsstellung Schiedsrichter-Team in diesem vorliegt. Spiel die Arbeit nicht leichter. Als der Ball geflankt wird (Foto 7a), Sein doppeltes Pech in diesem Fall: stehen zwei Leverkusener im Er hat zum einen die Berührung Abseits. Dieses Bild legt der Assis- aus der Entfernung von gut 30 tent sozusagen im Arbeitsspeicher Metern nicht zweifelsfrei erkennen seines Gedächtnisses ab. Das können. Und zum anderen befindet heißt: Greift einer dieser beiden sich der Leverkusener Angreifer, Spieler ins Spiel ein, muss ich die der den Ball dann ins Tor schießt, Fahne bringen. zwar immer noch vor dem vorletz- Der abgefälschte Schuss von Harnik prallt gegen den Arm von ten Abwehrspieler der Schalker, Wollscheid. Der Ball fliegt zunächst etwa in die aber nun hinter dem Ball (Foto Mitte zwischen den beiden, wo ein 7b). Ein sehr verzwickte Szene, die Höhe des Elfmeterpunkts einen „Das Berühren des Balls an sich ist weiterer Angreifer (weißer Kreis) nur gut zwei Sekunden dauert. Sekundenbruchteil zu spät, wes- noch kein Vergehen“, heißt es in zwischen zwei Abwehrspielern - Aber das Tor hätte gelten müssen. halb der von Harnik geschossene Regel 12. Damit ist jede Form von und nicht im Abseits befindlich - Ball ihm zunächst an die Wade Handspiel gemeint, die „natürlich“ lauert. Mit dem ausgestreckten ■ 1. FC Nürnberg – VfB Stuttgart prallt, von dort auf den Boden und ist, wie wir das heute nennen. rechten Bein versucht er den Ball Eine unglückliche Entscheidung weiter an Wollscheids ausgestreck- Wobei dieser Ausdruck schon ein zu spielen und lenkt ihn wohl auch fällte der Schiedsrichter, als er in ten rechten Arm (Foto 8). Der Pfiff wenig vertrackt ist. Denn „natür- leicht ab, zumindest wenn man diesem Spiel einen Handelfmeter ertönt mit leichter Verzögerung, lich“ bezieht sich in diesem den Fernsehbildern glauben darf. gegen den 1. FC Nürnberg verhäng- man spürt schon, dass der Zusammenhang ja nicht auf die Das müsste beim Assistenten zum te. Abwehrspieler Wollscheid Schiedsrichter sich nicht ganz menschliche Natur, sondern auf sofortigen Löschen des oben kommt mit seiner Grätsche in sicher ist. die Natur des Fußballspiels.

Foto 7a Er musste sich zwischen drei Mög- Ein Beispiel: Sollte jemand auf dem lichkeiten entscheiden: Marktplatz eine Grätsche gegen einen anderen Fußgänger anset- 1. Ging die Hand beziehungsweise zen, werden wir das unnatürlich der Arm zum Ball, was einen finden, einschließlich der Armhal- Strafstoß nach sich zieht? tung, die er dabei einnimmt. Macht das aber ein Spieler auf dem Fuß- 2. Hat der Spieler sich bewusst ballplatz, finden wird das ganz „breiter“ gemacht, was auch normal, also „natürlich“. Und dass verboten ist? er dabei seine Arme ausbreitet, um die Balance zu halten, ist ebenso 3. Oder ist die Armhaltung „natür- „natürlich“. Fliegt der Ball dann lich“ und deshalb nicht straf- gegen den Arm, so kann man den bar? Spieler dafür nicht bestrafen. Ballack und Kießling im Abseits, aber der Ball kommt zu Sam (weißer Kreis), … Fall 1 scheidet aus, weil der Und ein zweites Beispiel: Es ent- Abstand zwischen dem Bein, von spricht der menschlichen Natur, Foto 7b dem der Ball abprallt und dem Arm einen über Kopfhöhe heranfliegen- so gering ist, dass von einer akti- den Ball auffangen zu wollen. Aber ven, also absichtlichen Bewegung es entspricht nicht der Natur des zum Ball keine Rede sein kann. Fußballspiels. Deshalb ist ein Berühren des Balles mit der Hand Fall 2 ist äußerst fraglich, da der oder dem Arm in dieser Höhe Spieler sich in einer Grätschbewe- „unnatürlich“, weil nicht fußball- gung befindet und sich dabei um spezifisch – und damit strafbar. Balance bemühen muss. Der Schiedsrichter hätte sich also für Dass ein Schiedsrichter dies alles die dritte Möglichkeit entscheiden in Bruchteilen von Sekunden und das Spiel weiterlaufen lassen bedenken und auseinanderhalten müssen. Dass er dies nach Ansicht muss, ist schon oft gesagt und der TV-Bilder einräumte, verdient geschrieben worden. Aber das … der ihn leicht berührt, wobei Ballack dann nicht mehr im Respekt. macht es auch nicht einfacher. Abseits steht.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 25 Analyse

Foto 9 Foto 10a

Ein angewinkelter Ellenbogen in dieser Höhe gefährdet ein- Bei der Ausführung des Freistoßes ist Niemeyer noch im deutig die Gesundheit des Gegenspielers. Abseits …

11. SPIELTAG Platz, denn die Attacke von Rajko- Foto 10b ■ Hamburger SV – 1. FC Kaisers- vic ist zielgerichtet, gesundheits- lautern gefährdend und kann zu noch Wie schon im Fall Arnautovic schwereren Verletzungen führen, (siehe 8. Spieltag) stellt sich auch als sie Tiffert hier erlitten hat. Es in diesem Spiel die Frage, was gibt in einem solchen Fall nicht manchen Profi mitunter zu völlig den geringsten Anlass für den verdrehten Aktionen veranlasst. Schiedsrichter, Milde walten zu las- Der Hamburger Rajkovic agiert in sen. Im Gegenteil, mit der konse- der 22. Minute im Mittelfeld nicht quenten Ahndung solcher Bruta- ball-, sondern gegnerorientiert, litäten macht er deutlich, dass er um es einmal so auszudrücken. Als die Spieler und den Fußball schüt- er den Ball kontrollieren will, spürt zen will. er, dass er von schräg hinten ange- griffen wird. Er nimmt den rechten ■ VfL Wolfsburg – Hertha BSC …und als er (weißer Kreis) dann zum Ball springt, hebt der Arm hoch, stellt seinen Ellenbogen Berlin Assistent zu Recht die Fahne. aus und benutzt ihn so als zielge- Und noch einmal eine Abseits-Situa- richtete „Abwehrwaffe“. Gegen- tion: Immer wieder sieht man es, jemand ins Abseits läuft, sondern letzte Minute der Nachspielzeit, die spieler Tiffert hat keine Chance dass sich Angreifer vor der Aus- auch noch, ob ein anderer Angrei- Bayern führen in Augsburg 2:1. auszuweichen und kracht mit sei- führung eines Freistoßes bewusst fer rechtzeitig aus dem Abseits Schiedsrichter will nem Kopf gegen den Ellenbogen ins Abseits stellen. Das ist schließ- „verschwindet“. gerade abpfeifen, als Timoscht- (Foto 9). Er stürzt zu Boden und lich nicht verboten. Erst unmittel- schuk weit in der Augsburger Hälf- blutet heftig an der linken Augen- bar bevor der Ball gespielt wird, Das schafft der Berliner Niemeyer te seinen Gegenspieler Baier mit braue. rücken sie wieder ein. Sie irritieren in diesem Fall nicht (Foto 10a), aber gestrecktem Bein und offener damit nicht nur ihre Gegenspieler, der aufmerksame Assistent Walter Sohle attackiert. Er trifft den Augs- Schiedsrichter Markus Schmidt auch für den Assistenten wird die Hofmann hat ihn auf seinem Radar. burger, der den Ball gerade wegge- stellt den Hamburger ohne zu Aufgabe nicht leichter. Er muss Als Niemeyer sich aus seiner schlagen hat, voll am Knöchel zögern und völlig zu Recht vom nicht nur darauf achten, ob Abseitsposition heraus zum Ball (Foto 11). bewegt und hochspringt (Foto 10b), Foto 11 kommt völlig zu Recht die Fahne. Der Schiedsrichter zögert keinen Ob er den Ball dann berührt oder Augenblick und greift in die Gesäß- nicht, spielt keine Rolle, er greift tasche. Dass es dann doch noch strafbar ins Spiel ein. Probleme einen Augenblick dauert, bis der haben mit solchen Situationen Bayern-Spieler „Rot“ sieht, liegt häufig viele Zuschauer (und auch daran, dass Felix Zwayer die Karte mancher Reporter), weil hier ein nur schwer aus der Tasche ziehen Spieler eben nicht früh ins Abseits kann. Sie war wohl etwas „eingeros- gelaufen, sondern zu spät aus dem tet“, weil der Berliner Schiedsrich- Abseits herausgekommen ist. ter so selten einen Feldverweis aussprechen muss (zwei in 32 12. SPIELTAG Bundesliga-Spielen). ■ FC Augsburg – Bayern München Zum Schluss noch eine Szene aus Und das ist ja auch eine schöne Gestrecktes Bein, offene Sohle: Timoschtschuk „verdient“ der Abteilung „Erwarte jederzeit Erkenntnis. sich seine Rote Karte. das Unerwartete“. Es läuft die ■

26 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Service Dynamische Augen Bei einem zweitägigen Lehrgang schufen die Perspektivkader-Schieds- richter des Fußball-Verbandes Mittelrhein (FVM) die Voraussetzungen, ihre „visuelle Leistungsfähigkeit“ zu verbessern. SRZ-Mitarbeiter Bernd Peters war dabei.

amstag früh in der Sportschule SHennef. Das kleine Hightech- Das Sehspektrum von Wolf- Wunder, durch das Kim-Marcel ram Uerlich wird vermessen. Schwarzschultz da gerade schaut, sieht aus wie eine Art Mikroskop Kader-Schiedsrichter und Sport- auf einem Kamera-Stativ. Seine student Robert Czapla freut sich Funktionsweise hat damit aber rein darüber. „Das sind neue Erkennt- gar nichts zu tun: Denn es misst, nisse, die mir beim Training helfen wohin der 20-jährige Landesliga- werden und die ich selbst an der Schiedsrichter aus Köln schaut. Uni so zielgerichtet nicht ver- Und vor allem, wie genau und wie mittelt bekomme“, sagt der 22-jäh- schnell er das tut. rige Kölner. Weil das Augentraining auf die Notwendigkeiten der Gleichzeitig schaut Stefanie Hen- Schiedsrichter abgestellt wird. nigfeld vom „Institut für Sports- Czapla: „Zweikampfbewertung, das vision“ an einer anderen Station Beurteilen von Abseits in Sekun- Sven Körfer tief in die Augen. Der denschnelle oder auch die richtige Verbandsliga-Mann aus Heinsberg Einschätzung von Mimik und Gestik wird „vermessen“ – streng wissen- Wie viel kann ein Schiedsrichter in kurzer Zeit mit den Augen von potenziell aggressiven Spie- schaftlich natürlich. Für ihn wie für erfassen? Mitja Stegemann probiert es aus. lern sind ja ganz spezielle Anforde- die anderen 16 hoffnungsvollen rungen für unser Sehvermögen.“ Nachwuchs-Unparteiischen des „Wir haben uns auf die visuelle tungssportler benötigt, wird er Fußball-Verbandes Mittelrhein geht Leistungsfähigkeit im Sport spezi- antworten: eine gute Sehschärfe“, Das Dynamic-Eye-Prinzip nutzen es hier um die Verbesserung ihrer alisiert und arbeiten mit verschie- erklärt Stefanie Hennigfeld. „Ein übrigens auch Profifußball-Teams Leistungsfähigkeit im Spiel. denen Profisportlern zusammen“, Trainer wird hinzufügen: und ein wie die TSG Hoffenheim. Deren erklärten die beiden den jungen schnelles Auge.“ Spielklasse ist natürlich auch das „Dynamic Eye“-Training heißt das Unparteiischen zu Beginn. „Wenn Ziel des Mittelrhein-Nachwuchses. Programm, das Stefanie Hennig- man einen sportbegeisterten Men- Wenn das für Sportler im Allgemei- ■ feld und ihre Kollegin Sabine schen fragt, welche Sehqualitäten nen schon zutrifft, dann gilt es für Nebendahl in Hennef durchführten. seiner Meinung nach ein Leis- Schiedsrichter erst recht. „Für Schiedsrichter ist dynamisches, peripheres und ausdauerndes Sehen besonders wichtig – aber zumeist bleibt dieser Anforderungs- bereich untrainiert“, erklärt Markus Müller, der Leiter des Perspektivka- ders im Fußball-Verband Mittelrhein. Deshalb lud er die beiden Sportwis- senschaftlerinnen in die Sportschule Hennef ein.

An verschiedenen Stationen führen sie ein intensives „Screening“ bei jedem Kadermitglied durch. Mit diversen Tests werden die indivi- duellen visuellen Fähigkeiten erfasst. Nach der Auswertung der gewonnenen Daten bekommen die Richard Geyer mit Stefanie Hennigfeld vom Institut für Schiedsrichter sie unter Zugabe von Sven Körfer testet seine Sportsvision. Trainings-Hinweisen zugeschickt. Reaktionen.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 27 Porträt Auch mit 85 – „Schule“mac Gerhard Schulenburg war zwei Jahrzehnte lang einer der großen deutschen Schiedsrichter. Von 1953 „Schule“ international ein in ganz Europa hoch angesehener Unparteiischer. Marco Haase überbrach war begeistert von der humorvollen Art des gebürtigen Hamburgers.

ommt rein und herzlich willkom- Kmen. Wer möchte einen Kaffee?“

Gerhard Schulenburg sitzt gut gelaunt im Wohnzimmer seiner Wohnung im niedersächsischen Laatzen und freut sich über den Besuch. Auf dem Glastisch vor ihm liegen zahllose Zeitungsberichte, Fotos, ein WM-Ball und zwei FIFA- Schiedsrichter-Trikots. Denn Ger- hard Schulenburg ist nicht irgend- wer: „Schule“, wie er in Schiedsrich- ter-Kreisen nur kurz genannt wird, war in den 50er-, 60er- und 70er- Jahren einer der besten Unpartei- ischen, die es in Deutschland gab. Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung hat den langjährigen FIFA-Referee besucht, der im Oktober seinen 85. Geburtstag feierte.

Erst mal gibt’s den Kaffee. Nicht irgendeinen: „Wollt Ihr Cappuccino? Oder Latte Macchiato?“ Nicht nur beim Kaffee ist Gerd Schulenburg auf der Höhe der Zeit. Geistig topfit verfolgt er Woche für Woche die aktuellen Bundesliga- und Europa- pokalspiele, freut sich an diesem Sonnabend schon wieder auf die Sportschau. Und der ehemalige lei- tende Angestellte und Geschäfts- Lachen mit Netzer und Overath: Die Frohnatur Gerhard Schulenburg macht den Spaß mit und führer einer Krankenkasse, der 14 imitiert sich selbst ein bisschen – 40 Jahre danach. Jahre lang auf der FIFA-Liste stand und bei den renommiertesten euro- Schiedsrichter durfte ich sein. Und 60er-Jahre, aus beruflichen Grün- Schon Anfang 1953 pfeift er in der päischen Klubs Spiele leitete, kann damals, nach dem Krieg, wurden den nach Hannover umzieht, ist es Oberliga Nord, wo unter anderem sich noch an beinahe jeden Tag sei- Schiedsrichter gesucht“, erinnert eine goldrichtige Entscheidung, auch Uwe Seeler und Jupp Posipal ner Schiedsrichter-Karriere erin- sich Gerd Schulenburg heute, mehr Schiedsrichter zu werden: „Ich habe kicken. Sein Oberliga-Debüt gibt er nern, die 1949 im Nachkriegs-Ham- als 60 Jahre später. es nie bereut“, sagt er heute. bei Hannover 96 gegen den VfB burg beginnt. Lübeck. Als die Bundesliga 1963 Viele Fußballer kehrten aus dem Schnell werden die Fußball-Oberen gegründet wird, ist Schulenburg Damals, im Jahr der Gründung der Zweiten Weltkrieg nicht zurück. auf ihn aufmerksam: „Der Durch- schon zehn Jahre als Schiedsrich- beiden deutschen Staaten, will der Schulenburg muss als junger Soldat bruch gelang mir als Schiedsrichter ter in den höchsten deutschen junge Gerd eigentlich nur Fußball an die Front, hat Glück, er überlebt bei einem Freundschaftsspiel von Spielklassen aktiv, fast schon ein spielen. 23 Jahre alt ist er, als er in und kommt nach Hause – in eine St. Pauli gegen den argentinischen „alter Hase“. Folge der schlechten Ernährungs- Heimat voller Trümmer und Zerstö- Club New Old Boys Rosario“, sagt lage in der Nachkriegszeit zum drit- rung. Es herrscht allseits Mangel, Gerd Schulenburg und zeigt auf ein Schulenburg zeigt auf das FIFA- ten Mal an Gelbsucht erkrankt und im „richtigen“ Leben und auch im altes Foto: „Hier, es gibt von dem Emblem auf dem Schiedsrichter- ihm die Ärzte nahelegen, auf das Sport. Für den jungen Mann aus Spiel sogar noch ein Foto – da hin- Trikot und lacht: „Das durfte ich ab Kicken zu verzichten. „Aber Hamburg, der später, Ende der ten, das bin ich.“ 1960 tragen. An das Jahr erinnere

28 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Linienrichter sogar noch die vier weiteren DFB-Unparteiischen, die zu dieser Zeit auf der FIFA-Liste stehen: ht immer noch Spaß Heinz Aldinger, Ferdinand Biwersi, und Klaus Ohm- bis 1974 pfiff er in der höchsten deutschen Spielklasse, 14 Jahre war sen. te die Glückwünsche der Schiedsrichter-Zeitung zum 85. Geburtstag und Gerd Schulenburg nimmt einen Schluck von seinem Latte Macchiato und deutet dann auf den Fußball, der auf dem Tisch liegt: „Guck mal, Hary schafft „Schule“ die 100 das ist der 74er-WM-Ball“. Keine flat- Die Karriere in Stichworten Meter wohl nicht. Doch er gilt als ternde High-Tech-Kugel, sondern ein einer der konditionell stärksten echtes Leder, mit dem die Torwarte Dreimal das DFB-Pokalfinale und schnellsten Unparteiischen, von heute wohl weniger Probleme geradezu als „Konditionswunder“, hätten. Der Ball, den „Schule“ da ● Geburtstag: 11. Oktober 1926 (Hamburg) wie man in alten Zeitungsberich- gerade in den Händen hält, ist aller- ● Schiedsrichter seit 1949 ten liest. dings ein ganz besonderer: Alle Schiedsrichter-Kollegen, die bei der ● Vereine: TuS Wustrow, Stern-Pfeil Hamburg und SV Germania Bis 1974 bleibt er FIFA-Referee, bevor WM 74 zum Einsatz kamen, haben Grasdorf er mit 47 Jahren die damalige sich auf ihm mit ihrem Namen ver- ● 21 Jahre in der höchsten deutschen Spielklasse (1953 bis 1974) Altersgrenze für internationale ewigt. Oberliga von 1953 bis 1963 Spiele erreicht. Die WM im eigenen Land wird ein letzter großer Höhe- „Am schönsten finde ich die Unter- Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1961: 1. FC Nürnberg – Borussia punkt in seiner Karriere. Gerd Schu- schrift meines ägyptischen Kolle- Dortmund 3:0 in Hannover lenburg ist einer von vier deutschen gen“, sagt Schulenburg und lacht Bundesliga von 1963 bis 1974 (106 Spiele) Drei Endspiele um den DFB-Pokal 1959: Schwarz-Weiß Essen – Borussia Neunkirchen 5:2 in Kassel 1966: Bayern München – Meidericher SV 4:2 in Frankfurt/Main 1970: Kickers Offenbach – 1. FC Köln 2:1 in Hannover (sein 888. Spiel) ● 14 Jahre FIFA-Schiedsrichter (1960 bis 1974): 98 internationale Einsätze, darunter 26 A-Länderspiele Messe-Cup-Endspiel 1968 (Vorläufer des UEFA-Cups): Ferencváros Budapest – Leeds United 0:0 (Leeds nach 1:0 im Hinspiel Cup-Sieger) EM 1968: Viertelfinale (Hinspiel im damaligen Modus): Bulgarien – Italien 3:2 Olympische Spiele 1972 in München: Iran – Brasilien 1:0 (Schiedsrich- ter). Finale Polen – Ungarn 2:1 (Linienrichter bei ) WM 1974 in Deutschland: Schottland – Zaire 2:0 (Schiedsrichter). Polen – Italien 2:1 (Linienrichter bei Hans-Joachim Weyland) September 1970, Messe-Cup (später UEFA-Cup): Seitenwahl DFB-Pokalfinale zwischen Lazio Rom und dem FC Arsenal London. Die Linien- 1966: Unverkenn- richter sind der leider so früh verstorbene Jan Redelfs bar „Schule“ – der Friseur- (Hannover, links) und Gerd Boe aus Uelzen. Besuch vor wich- tigen Spielen war Schiedsrichtern, die in Deutschland obligatorisch. als Unparteiische und als Linienrich- ter zum Einsatz kommen.

Außer Schulenburg sind das für den DFB Kurt Tschenscher aus Mann- heim und Hans-Joachim Weyland aus Oberhausen sowie Rudi Glöck- ner für den DFV der DDR. Das sieht mehr nach einem Leistungsprinzip ich mich sehr genau: Armin Hary 10,0 Sekunden, holte später bei aus als heute, wo aus jedem Land Der WM-Erinnerungsball mit lief bei einem Sportfest in Zürich Olympia Gold – und ich kam auf die nur ein Schiedsrichter zu einer WM dem ganz speziellen Auto- die 100 Meter in den legendären FIFA-Liste.“ Ganz so schnell wie fahren soll. Dazu kommen 1974 als gramm von Mostafa Kamel.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 29 Porträt

„Mag sein“, lächelt Gerd Schulen- In Südeuropa wird schon damals burg, der seinen Humor nie verlo- viel lamentiert und diskutiert. „Das ren hat. „In der Schule hatte ich da war manchmal Schwerstarbeit“, manchmal ein bisschen Probleme sagt Gerd Schulenburg. Beispiels- mit den Lehrern.“ Der Schalk im weise in Griechenland: Es ist dort Nacken und der richtige Schnack durchaus üblich, dass wichtige (norddeutsch für Spruch) zum Liga-Spiele von Ausländern gelei- richtigen Zeitpunkt – sie haben tet werden. Und so kommt „Schu- ihm in seiner Jugend während der le“ in den „Genuss“, das Derby AEK schwierigen 30er- und 40er-Jahre Athen gegen Olympiakos Piräus zu des vergangenen Jahrhunderts pfeifen. Das ist aber eher kein Fuß- über manche Klippe geholfen. Und ballspiel, sondern „der Höllentanz waren später auch bei vielen, vie- zweier rivalisierender Nachbarn“, len hochkarätigen Fußballspielen wie ein Sportjournalist es notiert. Warmlaufen für die WM 1974 in Deutschland: Gerhard Schu- in Deutschland und Europa seine lenburg (Zweiter von rechts) mit Walter Eschweiler, Hans- verlässlichen Wegbegleiter. Schulenburg erinnert sich: „Hinter Joachim Weyland, Kurt Tschenscher und Klaus Ohmsen (von meinem Rücken wird der Mittelläu- links). Zum Beispiel am 15. April 1967 beim fer von AEK von seinem Gegner legendären 3:2-Auswärts-Sieg der festgehalten und fällt zu Boden. Er wieder. Als er auf die Signatur deu- genau erinnert: „Die Schotten Schotten im Wembley-Stadion rappelt sich hoch und tritt zweimal tet, ist der Grund für seine Heiter- spielten damals in einem ganz gegen den damaligen Weltmeister kräftig zu. Mein Linienrichter Horst keit klar: Der ägyptische FIFA-Refe- dunklen, fast schwarzen Blau. Ich England vor 100.000 Zuschauern – Herden sieht das, und der Platz- ree Mahmoud Mostafa Kamel aus zog also ein Ausweichtrikot an.“ In England verliert in der EM-Qualifi- verweis ist fällig.“ Das Ärgerliche Kairo hat nicht nur einfach unter- „Rosa“? „Nein, nein, das war wein- kation mit Stars wie Gordon Banks, dabei: „Der Bursche will nicht schrieben, sondern für seinen rot“, korrigiert er. Diese Journalis- Jack Charlton, Bobby Moore und Freund Gerd drei kleine Pyramiden ten … Geoff Hurst. Gerd Schulenburg ist dazu gemalt. ein allseits akzeptierter und Es sollte noch eine ganze Weile respektierter Spielleiter – der erste Auch der Gedanke an seinen 74er- dauern, bis die Unparteiischen, kontinentaleuropäische Referee WM-Einsatz im Dortmunder Westfa- vom Einheits-Schwarz wegkommen – überhaupt, der in Wembley dieses lenstadion (Schottland gewinnt Schulenburg ist so etwas wie ein Spiel leiten darf. 2:0 gegen Zaire) bringt Schulen- früher Vorreiter. „Schade, dass ich burg zum Schmunzeln. „In der 58. das Trikot nach dem Spiel wieder Oder das Europapokal-Halbfinale Minute unterbrach der rosa- abgeben musste“, bedauert er der Landesmeister (heute Cham- bedresste Schiedsrichter die Partie noch heute. Die FIFA will das ein- pions League) mit 134.000 für mehrere Minuten, da das Flut- malige Stück wieder zurückhaben. Zuschauern im Hampden Park zwi- licht fast vollständig ausgefallen Warum? Das hat der Weltverband schen Celtic Glasgow und Leeds war“, melden die Sportagenturen. damals nicht so recht erklärt. Es United (2:1) am 15. April 1970. Diese gab wohl nur diesen einen Trikot- Zuschauerzahl ist in einem europä- Erinnerungsschätze: Zwei Der „rosabedresste Schiedsrich- satz in Weinrot, der dann an die ischen Pokalwettbewerb bis heute Schulenburg-Trikots mit dem ter“, das ist Gerd Schulenburg, der Schiedsrichter-Trios weitergereicht unerreicht. wichtigsten Emblem, das es sich fast 40 Jahre später in seinem wurde, die die beiden übrigen Grup- für einen Schiedsrichter gibt. Laatzener Wohnzimmer noch penspiele der Schotten pfiffen. Oder – nur zehn Tage später – am 25. April 1970: „British Champion- gehen. Er will einfach nicht. Es ver- ship“, wieder Schottland – Eng- gehen Minuten mit Diskussionen land (0:0), wieder im Glasgower und endlosem Palaver. Ich weiß Hampden Park, vor der Rekordku- nicht, wie es kam – plötzlich spru- lisse von 137.438 zahlenden delt mir der schöne plattdeutsche Zuschauern. Gerd Schulenburg ist Ausspruch ‚Ick pett die gliecks in gern gesehen als Referee auf der Mors‘ über die Lippen. Das Eigen- Insel. Das beruht auf Gegenseitig- artige: Die Griechen verstanden keit: „Ich habe gern in Großbritan- offenbar Plattdeutsch.“ Für Unkun- nien gepfiffen – lieber zehnmal dige: „Ich trete dir gleich in den England als einmal Italien oder Hintern!“ hatte der Schiedsrichter Jugoslawien.“ Der 85-Jährige aus Hamburg dem Spieler ange- begründet das so: „Die Engländer droht. Danach verlässt der Sünder haben zwar hart gespielt, aber das Feld. Dass er Plattdeutsch ver- fair. Und wenn man ihnen die standen hat, ist eher unwahr- Bundesliga-Alltag im Mai 1972: „Schule“ schickt die „Mauer“ Grenzen aufgezeigt hat, haben sie scheinlich, aber die Körpersprache des 1. FC Köln auf Abstand, während Hans-Georg Schwarzen- geantwortet ‚Okay, Ref‘ – und sich spielt eben schon immer eine Rolle beck sich auf die Ausführung des Freistoßes konzentriert. Er auch daran gehalten. Da reichte im Verhältnis Schiedsrichter und erzielte damit das 1:0, die Bayern siegten in Köln 4:1. eine Geste.“ Spieler.

30 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Klartext von „Schule“ „Ich habe gern gepfiffen!“ Selbstbewusst „Die schönsten Spiele für uns Schiedsrichter sind die, die viel Zünd- stoff enthalten, aber am Ende doch nicht explodieren – weil wir da sind.“ Geld „Die Doppelbelastung als FIFA-Schiedsrichter, der voll im Berufsleben steht, bedeutete natürlich manches Mal ein bisschen Stress. Aber nur durch eine bessere Bezahlung zieht man sich keine besseren Schieds- richter heran.“ (Damals gab es in der Bundesliga 24 Mark pro Tag.) 1980: Das Grußwort beim 10. Uns Uwe Geburtstag der Schiedsrich- „Uwe Seeler war auf dem Platz immer sehr engagiert und trotzdem fair – ter-Vereinigung Hannover er hat sich immer aufs Spiel konzentriert, nie auf den Schiedsrichter.“ spricht DFB-Obmann Johan- nes Malka, umrahmt von den Schlagfertig Freunden Gerhard Schulen- „Was soll das, Schulenburg? Wir wollen doch Fußball spielen!“ burg und Ludwig Fischer. (Lothar Emmerich, Borussia Dortmund, während des Spiels gegen den VfB Stuttgart) „Ich warte schon eine halbe Stunde darauf, dass ihr endlich mit Fuß- 31 Jahre später: Ludwig ball anfangt!“ (Gerd Schulenburgs Antwort) Fischer und „Schule“ stöbern Auf der Insel in Erinnerungen. „Besondere Spiele? Das waren ohne Zweifel die beiden Begegnungen England – Schottland und Schottland – England.“ (Sie wurden von nalen Bühne nach der WM 1974 zusammen fast 240.000 Zuschauern besucht.) Am 27. März 1971 wird Schulen- bleibt Gerd Schulenburg aktiv – als burgs Frohnatur unmittelbar vor Schiedsrichter, als Altliga-Spieler, Helfer dem Anpfiff der Bundesliga-Partie als Leiter des Trainings der Schieds- „Wolfgang Overath musste man kennen, der versuchte zunächst alle 1. FC Köln – Borussia Mönchenglad- richter-Gruppe Hannover, als Vor- Tricks. Aber wenn man ihm einmal die Grenze gesetzt hatte, war er für bach (3:2) eindrucksvoll dokumen- standsmitglied. Unter anderem bil- den Schiedsrichter der beste Helfer auf dem Platz – und im Übrigen tiert: Die Spielführer Wolfgang dete er Uwe Kemmling aus – den natürlich ein sehr guter Fußballspieler.“ Overath und Günter Netzer treffen späteren Erstliga-Schiedsrichter. Handschlag sich mit Gerhard Schulenburg zur „Selbst als Weihnachtsmann für die „Ich kann mich sogar noch an mein erstes internationales Spiel erin- Platzwahl. Man kennt sich ja Kinder-Weihnachtsfeiern unserer nern: Helsinki gegen Malmö am 1. September 1960, im Olympiastadion schon länger, es wird gescherzt Schiedsrichter-Vereinigung war er in Helsinki. Da waren 1.500 Zuschauer, die haben wir fast alle per und gewitzelt, ja, es wird sogar noch jahrelang aktiv – Gerd war, ist Handschlag begrüßt.“ lauthals gelacht. Was beim und bleibt ein Mann der Basis“, sagt Schiedsrichter allerdings etwas der ehemalige DFB-Schiedsrichter Bekenntnis länger anhält als bei den zwei Ludwig Fischer (71). Der Gründer „Ich habe gern gepfiffen!“ Kapitänen. und erste Vorsitzende der Schieds- richter-Vereinigung Hannover zwi- Erst 1988 zieht sich Schulenburg, Auch beruflich: Der langjährige Genau in diesem Moment drückt schen 1970 und 1994 ist mit Schu- der 61 Jahre lang glücklich mit sei- Geschäftsführer einer Krankenkasse der Fotograf der Agentur Werek auf lenburg immer noch eng verbunden ner im vergangenen Jahr verstor- geht in den wohlverdienten Ruhe- den Auslöser – und es entsteht und hat uns zu unserem Besuch benen Frau Irmgard verheiratet war, stand. eines der bekanntesten Sportfotos nach Laatzen begleitet. langsam zurück – ganz langsam. des Jahres 1971, das bis heute gute Am Puls der Zeit sitzt Gerd Schulen- Laune macht, wenn man es nur burg bis heute – und sieht manche anschaut: Man hört Gerd Schulen- Dinge durchaus kritisch: „Die Kom- burg förmlich lachen, wenn man merzialisierung, das viele Geld, das das Motiv betrachtet. Und auch er hat unserem Sport nicht gut getan“, selbst kann nicht ernst bleiben, sagt er und meint damit alle Berei- wenn er das Bild sieht: „Der Foto- che des Fußballs. Und er selbst? „Es graf hat mir mal erzählt, dass er mit hat sich gelohnt“, sagt der 85-jährige dem Foto viel Geld verdient hat“, Gerd Schulenburg rückblickend: „Ich schmunzelt er. Und macht sich würde alles noch einmal so machen.“ dann 40 Jahre später einen Spaß daraus, sich selbst nachzumachen. Mit einem Lächeln nimmt „Schule“ Keine Frage, die Szene von 1971 noch einen Schluck des inzwischen wäre heute im Internet auf Youtube frisch gebrühten Latte Macchiato ein Renner. und freut sich auf die Sportschau – auf schönen Fußball und gute Leis- Auch nach seinem Abschied aus der tungen seiner Bundesliga-Kollegen Bundesliga und von der internatio- SRZ-Mitarbeiter Marco Haase im Gespräch mit dem „Altmeister“. von heute. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 31 Aus den Verbänden

jedoch nur 130 Schiedsrichterin- Westfalen nen. Aus diesem Grund veranstal- tete der Verbands-Schiedsrichter- Ehrung für Karl-Heinz Fork Ausschuss im November den ersten Schiedsrichter-Lehrgang Gleich zwei frühere Bundesliga- exklusiv für Mädchen und Frauen. Schiedsrichter weilten bei der Monats-Schulung des Kreises 20 Teilnehmerinnen meldeten Unna/Hamm im Fußball- und sich bei Verbands-Schiedsrich- Leichtathletik-Verband Westfalen ter-Lehrwart Sven Callies zur Teil- (FLVW). Beide erhielten im Schul- nahme an und büffelten drei Tage zentrum in Bönen aus ganz unter- lang die Auslegung und Anwen- schiedlichen Gründen großen Bei- dung der 17 Fußball-Regeln. Sie fall. wurden den Teilnehmerinnen unter anderem von den Oberliga- Gruppenbild der Jung-Schiedsrichter mit Herbert Fandel und Helmut Frie- Zunächst Karl-Heinz Fork (SG Mas- Schiedsrichtern Benjamin Stello bertz. sen), der für seine 60-jährige (SC Egenbüttel) und John-David Schiedsrichter-Tätigkeit geehrt Ladiges (FC St. Pauli) sowie der Kommission, Herbert Fandel, seine die Schulung talentierter Nach- wurde. Schiedsrichter-Obmann DFB-Schiedsrichterin Jacqueline Zusage ein und fand den Weg zu wuchs-Schiedsrichter legen. Zum Torsten Perschke gab in seiner Herrmann (TuS Osdorf) nicht nur in den jungen Nachwuchs-Talenten ersten Talente-Lehrgang trafen Laudatio einen Überblick über die der Theorie vermittelt, sondern aus dem Mittelrhein. Mit seinen sich 22 junge Schiedsrichter beachtliche Laufbahn des heute auch anhand von vielen Praxis-Bei- Ausführungen über seine eigene gemeinsam mit dem Schiedsrich- 81-Jährigen. In der Bundesliga war spielen erläutert. Karriere vom Jung-Schiedsrichter ter-Ausschuss und einigen Beob- Fork von 1963 bis 1977 im Einsatz, bis zur Fußball-Bundesliga und den achtern im Rahmen des Viertelfi- ebenso einige Jahre als Linienrich- 18 Anwärterinnen stellten sich Spielleitungen auf internationaler nalspiels um den TZ- Bärenpokal ter im Ausland. dann der abschließenden Prüfung. Ebene bei Europameisterschaften SC Torgau II gegen SV Zwochau im Insgesamt waren 15 Fragen quer und in der Champions League zog Torgauer Hartenfelsstadion. Bei Nach dieser und weiteren Ehrun- durch die Fußball-Regeln zu beant- er die jungen Referees in seinen schönstem Herbstwetter sahen die gen langjähriger Schiedsrichter worten. Bann. Unparteiischen ein tolles Spiel mit übergab Perschke das Wort an elf Toren (4:7) und eine sehr gute Lutz Wagner (Kriftel im Taunus), Kirstin Warns-Becker, Frauen- Trotz aller herausragenden Erfolge Leistung ihrer drei Schiedsrichter- bis 2010 selbst Bundesliga-Referee Beauftragte im Verbands-Schieds- in seiner 30-jährigen Schiedsrich- Kollegen unter der Leitung des und heute in der DFB-Schiedsrich- richter-Ausschuss: „Das war ein ter-Karriere legte Herbert Fandel Dahleners Christian Döring. ter-Kommission verantwortlich für erfolgreicher Lehrgang, der den in seinen Ausführungen und sei- Regelumsetzung, Talentförderung Teilnehmerinnen sehr viel Spaß nem Umgang mit den jungen Nach- „Eine bessere Lehrstunde konnte und Basisarbeit. gemacht hat. Sehr gut kam die wuchs-Schiedsrichtern stets Wert es für die jungen Schiedsrichter Vielfalt der Referenten bei den darauf, dass er sich nach wie vor auf der Tribüne kaum geben“, war Durch aktuelle Video-Sequenzen neuen Schiedsrichterinnen an.“ der Basis eng verbunden fühlt und Schiedsrichter-Obmann Lothar aus der Bundesliga unterstützt, stets „einer von ihnen geblieben Forstner nach der Partie voll des zog der frühere hessische Lehr- Carsten Byernetzki ist“. Lobes für die Unparteiischen. Das wart gekonnt mehr als 200 sah auch NFV-Präsident und Lan- Schiedsrichter und Gäste in seinen Helmut Friebertz, Vorsitzender des desliga–Beobachter Heiko Wittig Bann. Kölner Kreis-Schiedsrichter-Aus- so, der im Anschluss im Torgauer Mittelrhein schusses und Mitorganisator der Sportlerheim die Auswertung des Torsten Perschke Veranstaltung, erklärte, Fandels Gesehenen vornahm. Dabei wur- Ansporn für Ausführungen seien für die jungen den Spielszenen kommentiert und Schiedsrichter-Talente Referees Motivation und Ansporn auch über die Auswirkungen auf Hamburg zugleich für künftige Aufgaben im die Note des Schiedsrichters „Der Jung-Schiedsrichter als Füh- Schiedsrichter-Bereich. gesprochen. „Unsere Schiedsrich- 18 neue Schiedsrichterinnen rungskraft“ - unter diesem Motto ter-Talente kennen das Regelwerk machten sich 21 Schiedsrichter des Bernd Peters und entscheiden in ihren Spielen Seit dem Gewinn der Frauen-Welt- Fußball-Verbandes Mittelrhein vieles auch richtig, aber ihnen meisterschaft im Jahr 2007 boomt sowie eine Schiedsrichterin aus fehlt es natürlich am souveränen der Mädchen-Fußball im Hambur- den drei Kreisen Köln, Sieg und Auftreten“, so Wittig. „Dabei haben ger Fußball-Verband (HFV). Die Rhein-Erft auf den Weg in die Süd- Sachsen sie gar keinen Grund, ängstlich zu Anmeldezahlen in den Hamburger eifel, um eine lehrreiche wie wirken.“ Wichtig sei neben den Fußballvereinen steigen stetig. Ins- zugleich arbeitsintensive Woche in Erfolgreiche korrekten Entscheidungen und gesamt leiten rund 3.800 Unpartei- der Sportschule Bitburg zu absol- Nachwuchs-Schulung dem sicheren Auftreten für einen ische Woche für Woche die auf den vieren. jungen Schiedsrichter vor allem Hamburger Fußballfeldern stattfin- Noch größeren Wert will der Vor- auch seine Präsenz in Spielnähe. denden Spiele. Auf der Schieds- Gleich am ersten Tag löste der Vor- stand des Nordsächsischen Fuß- richterliste des HFV befinden sich sitzende der DFB-Schiedsrichter- ballverbandes (NFV) in Zukunft auf Heiko Wittig

32 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 Berlin Südbaden

Integration ohne Worte Über 40 Jahre Schiedsrichter-Einteiler Ricardo Scheuerer wollte Schieds- richter werden, das war der große Mit großem Applaus wurde Ralf Traum des Gehörlosen. Durch sein Richter in der Jahreshauptver- Handicap war der Weg dahin nicht sammlung der Schwarzwälder leicht. Mit Hilfe seines Vereins Schiedsrichter in Mundelfingen SV Blau Gelb Berlin konnte er sich verabschiedet. Bezirks-Vorsitzen- gegen Widerstände, Vorurteile und der Kuno Kayan und der Ehren- Bedenken von allen Seiten durch- amts-Beauftragte Rudi Kleiser setzen. Zuerst nahm er an einem Verleihung des BFV-Integrationspreises 2011. Von links: Thomas Härtel würdigten die Verdienste des 72- Regelkunde-Lehrgang teil und (Staatssekretär für Sport), Ricardo Scheuerer, Birgit Nimke-Sliwinski Jährigen, der 43 Jahre als wurde dabei von einer Kommunika- (Berliner Stadtreinigung), Guido Richter (ehemaliger DFB-Schiedsrichter Schiedsrichter-Einteiler tätig war, tions-Assistentin und einer Gebär- und Schiedsrichter-Obmann SV Blau Gelb Berlin) und Bernd Schultz (BFV- und überreichten ihm für sein den-Dolmetscherin unterstützt. Präsident). ehrenamtliches Engagement eine Nach dessen erfolgreicher Absol- Urkunde des Deutschen Fußball- vierung hatte er erste Einsätze bei Integrationspreis 2011 ausgezeich- Um den BFV-Integrationspreis konnte Bundes. Auf südbadischer Ebene Freundschaftsspielen des Vereins. net. Bernd Schultz, Präsident des sich jeder Mitgliedsverein des BFV besitzt er bereits alle Ehrungen; Im April 2011 bestritt er die offizielle BFV, fand bei der Preisverleihung bewerben, der mit Hilfe des Fuß- auch vom DFB wurde er bereits Schiedsrichter-Ausbildung des Ber- nur lobende Worte: „Trotz der kör- balls die Integration von Menschen mit der Verdienstnadel ausge- liner Fußball-Verbandes (BFV) und perlichen Einschränkung wurde verschiedener Herkunft bezie- zeichnet. schloss als Lehrgangsbester ab. dem gehörlosen Ricardo Scheuerer hungsweise aus verschiedenen Seitdem pfeift er Jugendspiele im die Tür in den organisierten Fußball Gesellschaftsgruppen fördert. Es Ralf Richter, der in über vier Jahr- offiziellen Spielbetrieb des BFV bis geöffnet und eine Schiedsrichter- konnten Einzelprojekte oder die all- zehnten für über 80.000 Fußball- zur C-Jugend. Seine „besondere“ Ausbildung ermöglicht. Genauso tägliche Integrationsarbeit eines spiele die Schiedsrichter einge- Art der Kommunikation mit den funktioniert vorbildliche Integration Vereins, sportliche oder über den teilt hat, wird allerdings auch beteiligten Vereinen und Spielern durch den Fußball.“ Der Verein Sport hinausgehende Initiativen, weiterhin als Beisitzer im Bezirks- funktioniert problemlos. SV Blau Gelb Berlin nahm für dieses vereinsinterne Projekte oder Schiedsrichter-Ausschuss des Engagement den Hauptpreis und Kooperationen beworben werden. Schwarzwalds tätig sein. Dieses Engagement wurde nun vom einen Scheck in Höhe von 4.000 Berliner Fußball-Verband mit dem Euro entgegen. Kevin Langner Francisco-Javier Orive

Nur 15 Euro im Jahr! So entgeht Ihnen keine Ausgabe! Hier schreiben die Fachleute – alle Informationen aus erster Hand! So einfach geht’s:

Abo-Bestellung an kuper-druck gmbh, Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, telefonisch unter 02403/9499-0, per Fax unter 02403/949949 oder einfach bequem per E-Mail: [email protected]

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012 33 Impressum Spielplan

Herausgeber: Deutscher Fußball-Bund e.V., Frankfurt am Main Vorschau 2/2012 Redaktion: Klaus Koltzenburg Die Ausgabe März/April 2012 erscheint am 15. Februar 2012. Lutz Lüttig Gestaltung, Satz und Druck: kuper-druck gmbh, (PEFC/04-31-1514) Halbzeit-Tagung Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, Top-Schiedsrichter: Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, Fax 0 24 03 / 949 949, Treffen in Mainz E-Mail: [email protected] Anzeigenleitung: kuper-druck gmbh, Franz Schönen Zurzeit ist die Anzeigenpreisliste vom 1. 1. 2002 gültig. Erscheinungsweise: Zweimonatlich. Jahresabonnementspreis 15,– Euro. Um die Ereignisse der Hinrunde zu beleuchten und einzuordnen, treffen sich die Top-Schieds- Lieferung ins Ausland oder per Streifband richter vom 13. bis 15. Januar 2012 in Mainz. Im Mittelpunkt stehen die Geschehnisse auf dem auf Anfrage. Abonnementskündigungen Platz: Wie läuft es mit der leicht abgewandelten Anwendung der Abseitsregel (Foto)? Ist der sind sechs Wochen vor Ablauf des Kampf gegen die Fouls mit „offener Sohle“ erfolgreich? Hat sich das Verhalten in den Coaching berechneten Zeitraums dem Abonnements- Zonen gebessert? Die Schiedsrichter-Zeitung berichtet über die Erkenntnisse. Vertrieb bekannt zu geben. Zuschriften, soweit sie die Redaktion betreffen, sind an den Deutschen Fußball- Report Bund e.V., Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt am Main, Konflikt-Potenzial im [email protected], zu richten. Amateurfußball Vertrieb: kuper-druck gmbh, In seiner Magisterarbeit hat der Hildesheimer Schieds- Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, richter Cédric Reichel (Foto) den Einfluss des Unpartei- Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, ischen auf interkulturelle Konflikte während eines Fax 0 24 03 / 949 949, Spiels untersucht. Im Rahmen einer empirischen Unter- E-Mail: [email protected] suchung hat er dazu Schiedsrichter-Kollegen aus dem Nachdruck oder anderweitige Verwendung Raum Hildesheim nach ihren Erfahrungen befragt. der Texte und Bilder – auch auszugsweise Welche Handlungsempfehlungen sich aus dieser Arbeit und in elektronischen Systemen – nur mit ergeben, fasst David Bittner für die Schiedsrichter- schriftlicher Genehmigung und Urheberver- Zeitung zusammen. merk. Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung wird auf PEFC-zertifiziertem Außenansicht Papier gedruckt. Fußball-Journalist als Schiedsrichter ABO bequem per E-Mail: [email protected]

Viele Schiedsrichter wünschen sich, dass sich mancher Fußball-Reporter doch ein wenig bes- ser mit den Regeln auskennen würde. Nahne Ingwersen, bei der BILD-Zeitung in Berlin für die Bildnachweis Berichterstattung über Hertha BSC zuständig, hat Nägel mit Köpfen gemacht. Der Sportjourna- ARD, D. Bittner, Getty, M. Haase, Imago, list legte beim Berliner Fußball-Verband nicht nur die theoretische Prüfung ab (Foto), sondern B. Schwarz, G. Thielking, WDR, O. Winter, ZDF hat auch seine ersten Spiele geleitet. In der Schiedsrichter-Zeitung schreibt Ingwersen über seine Erfahrungen.

34 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2012