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BADEN- WÜRTTEMBERG HochwasserschutzHochwasserschutz inin Baden-WürttembergBaden-Württemberg Bilanz und Ausblick

MINISTERIUM FÜR UMWELT UND VERKEHR INHALT: IMPRESSUM: Vorwort ...... 1 Hochwasserschutz Erfolge ...... 10 Herausgeber: Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg, Hochwasser Ereignis ...... 2 Hochwasserschutz Projekte . . . . . 16 Postfach 103439, 70029 Hochwasser Schäden ...... 4 Hochwasserschutz Umsetzung . . . 23 Koordination: Harald Klumpp, Hochwasserschutz Philosophie . . . . 6 Ausblick ...... 24 Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg Hochwasserschutz Strategie . . . . . 7 Textüberarbeitung: Monika Brauner-Noack, Journalistin (FH) Gestaltung: Maerzke Grafik Design, Leonberg

Hochwasser kann uns alle treffen! Die Hochwasser-Ereignisse im Dezember 1993 sowie im April und im Juni des darauf folgenden Jahres führten in Baden-Württemberg zu katastrophalen Überflutungen mit Schäden in Millionenhöhe. Ein weiteres folgenschweres Hochwasser hielt uns im Mai 1999 fest im Griff. Am Pegel Maxau wurde der höchste je gemessene Wasserstand erreicht. Allein das Ausbleiben zusätzlicher Abflüsse aus den Schwarzwald-Seitenge- wässern verhinderte ein Überströmen der Rheindämme bei . Erinnert sei auch an die verheerenden Fluten an Oder im Juli 1997 und Elbe im August 2002. Beide Hochwasser haben viele aufgebaute Existenzen und geschaffene Werte in den neuen Bundesländern zerstört. Hier tritt uns besonders klar vor Augen, welche Ängste und Sorgen den Einzelnen quälen und welch hohe Verantwortung der Staat trägt, dem berechtigten Sicherheitsanspruch der Mitbürger gerecht zu werden. Das Naturereignis „Hochwasser“ können wir nicht stoppen. Jedoch wird uns die Kenntnis der Gefahren helfen, notwendige Entscheidungen zu treffen, um durch einen gezielten Hochwasserschutz Schäden weit- gehend zu mindern oder von vornherein zu vermeiden. Warten wir also nicht darauf, bis Wassermassen unsere Straßen und Kellerräume fluten, die Frühjahrssaat überschwemmt ist oder Autos von braunem Schlamm überzogen sind. Schon gar nicht dürfen wir zulassen, dass Hochwasser-Bedrängte auf Dächern Schutz suchen müssen oder im schlimmsten Fall Menschenleben zu beklagen sind. Finden wir uns zu einem ganzheitlichen Handeln zusammen: Landesregierung, Wasserwirtschaft, Naturschutz und Landwirtschaft, Kommunen und Hochwasserschutzverbände, Bürgerinnen und Bürger. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass die Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen viel Geld kostet. Doch denken wir daran: Heute zu investieren, heißt, morgen zu sparen! Dabei behalten wir im Auge, dass Hochwasserschutz nicht nur die Abwehr des Schadensereignisses umfasst, sondern auch Vorsorge, um zukünftige Schäden zu vermindern. Hochwasservorsorge muss deshalb immer den technischen Hochwas- serschutz flankieren. Hochwasserschutz bedeutet aber auch, Solidarität zu üben und den eigenen Vorteil auch einmal zurückzustellen. In diesem Zusammenhang appelliere ich besonders an die Oberlieger eines Gewässers, die Opfer bringen müssen für die stets vom Hochwasser am stärksten betroffenen Unterlieger. In Baden-Württemberg sind wir bereits gut vorangekommen. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir diesen Weg in Richtung eines zukunftsorientierten Hochwasserschutzes erfolgreich fortsetzen werden! Dazu braucht es einen breiten Konsens in Gesellschaft und Politik, den diese Broschüre fördern will.

Ulrich Müller MdL Minister für Umwelt und Verkehr des Landes Baden-Württemberg Vorwort GIS-Bearbeitung und Kartographie: Gesellschaft für Angewandte Hydrologie und Kartographie mbH, Freiburg Bildbeiträge: W. Maerzke; B. Wagner, Feuerwehr Baden-Baden; J. Schwab, ; Stadt Boxberg; PD Waiblingen; Stadtarchiv Wangen (im Allgäu); Ruiz Rodriguez + Zeisler; Gewässerdirektionen 1. Auflage, September 2002. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Material Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch auszugsweise – nur nach vorheriger Genehmigung des Herausgebers

Bilanz und Ausblick 1 Hochwasser.Ereignis

Eine unabwendbare Gewalt

Tagelanger heftiger Regen, eine starke Schneeschmelze lassen Bäche und Flüsse anschwellen. Schließlich übersteigen die Wassermassen die Ufer. Die Böden sind gesättigt, im Winter sogar hart gefroren. Sie können keine Feuchtigkeit mehr auf- jedoch zu bedenken, dass die Schutzanlagen nehmen. Das Wasser ergießt sich über die Der Mensch greift ein lediglich bis zu einem vorher festgelegten Erdoberfläche, füllt Täler und Senken. Diese Gewässer und ihre Umgebung werden Bemessungshochwasser* Sicherheit bieten „natürliche Versiegelung“ führt zum Entste- seit Jahrhunderten von uns als Lebens- und auch im „Schatten“ eines Dammes oder hen von großen Hochwasserereignissen grundlage geschätzt. Wir siedelten nahe der Deiches Gefahren nicht vollständig ausge- und ist Teil des natürlichen Kreislaufs eines Ufer. Die Flüsse dienten uns als Wasserspei- schlossen werden können. Flussgebiets. Mit welcher Dynamik das cher, Fischfanggrund und Verkehrsweg. *Bemessungshochwasser: Das der Bemessung der Hochwasser- schutzanlage zu Grunde liegende Hochwasserereignis: maxi- Ereignis auftritt, wird von der zeitlichen Wasserkraft brachte Industrie und Hand- maler Abfluss in einer bestimmten statistischen Wiederholungs- zeitspanne, für den eine Schutzanlage bemessen wird. und räumlichen Verteilung der Niederschlä- werk voran. Ereignisge, der Größe des Einzugsgebiets sowie der Doch die Gewässer stellten auch eine Bodenbeschaffenheit, dem Bewuchs, der Bedrohung dar: immer dann, wenn das Hochwassergefahren Geländestruktur und dem Gewässernetz Hochwasser kam. Beflügelt durch den bestimmt. Hochwasser sind letztlich unab- rasanten Fortschritt im 19. Jahrhundert, gestiegen wendbar und kehren in unregelmäßigen glaubten wir, mit technischem Wissen das Mit zunehmender Bevölkerung und Abständen wieder. Naturereignis bezwingen zu können. Wir steigendem Wohlstand griff der Mensch korrigierten Flussläufe und zwangen Gewäs- immer gravierender in die Natur ein. Städte Donau bei Zell, 1990 ser in feste Betten. Künstlich geschaffene und Dörfer weiteten sich aus und wertvolle Uferkanten trennten die angrenzenden Aue- Naturlandschaften verwandelten sich in gebiete ab und trockneten diese aus. Für großflächige Kulturgebilde. Der Mensch eig- Flora und Fauna verschwand der Lebens- nete sich Überschwemmungsgebiete an, um raum; der biologische Stoffhaushalt und die sie land- und forstwirtschaftlich sowie für Selbstreinigung wurden empfindlich Siedlung, Gewerbe und Industrie intensiv gestört. Um sich von dem Hochwasser zu nutzen. Er veränderte Bodeneigenschaf- abzugrenzen, bauten wir Dämme und Dei- ten und Bewuchs, wodurch die natürliche che. Nun fühlten wir uns sicher, ohne

Innenstadt Riedlingen, 1990 Unterreichenbach, 1999

2 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Donau-Hochwasser in Riedlingen, 1990

Speicherfähigkeit jedoch verloren ging. Mit dem Bau von Staustufen zur Wasser- kraftnutzung wirkten sich die Eingriffe am Oberrhein besonders augenscheinlich aus. Die Hochwassergefahr wuchs. Der einge- zwängte Fluss, dem gleichfalls die Rückzugs- gebiete genommen sind, beschleunigt sei- nen Lauf und kann rheinabwärts unermess- liche Schäden anrichten. Benötigte eine Hochwasserwelle von bis Worms früher rund 4 Tage, sind es jetzt nur noch

1 2 /2 Tage. Die Hochwassergefahr steigt, da eine Hochwasserwelle schneller und mit Doch auch der sich weltweit abzeich- im Rahmen des Forschungsvorhabens einer größeren Spitze abläuft. nende Treibhauseffekt darf nicht außer „Klimaveränderung und Konsequenzen für Acht gelassen werden. Er wird den hydro- die Wasserwirtschaft“ (KLIWA) von den logischen Kreislauf verändern und die Ländern Baden-Württemberg und Bayern Hochwassergefahren möglicherweise sowie dem Deutschen Wetterdienst erarbei- erhöhen. Ab etwa 1970 lässt sich bereits tet. Nach Vorliegen der Prognosen für die eine Zunahme der Höchstabflüsse im Win- weitere Klimaentwicklung wird zu ermitteln terhalbjahr verzeichnen. Verlässliche Aussa- sein, ob für Baden-Württemberg zusätzli- Schnellere Welle, größere Spitze gen über Auswirkungen im regionalen cher Handlungsbedarf besteht. Bereich, d.h. in den ein- zelnen Flusseinzugsge-

bieten oder Grundwas- -Hochwasser in , 1993 serlandschaften liegen derzeit nicht vor. Diese werden seit 1999

Bild oben: Rheinlauf von 1828. Bild unten: Rheinlauf von 1963.

Oos-Hochwasser Baden-Baden – Geroldsau, 1998

DonauSchömberg/Unterreichenbach, bei Zell, 1990 1999

Bilanz und Ausblick 3 Hochwasser.Schäden

Die Natur kennt keine Schäden. Erst wenn der Mensch von ihr Besitz ergreift, bleiben sie nicht aus.

leicht, dass Niederschläge und folgende Werte vernichtet Die Natur lässt sich nicht Hochwasser unabwendbare, in nicht plan- Die Hochwassergefahr missachtend, beherrschen baren Abständen wiederkehrende Natur- häuft der Mensch in den Überschwemmungs- Der Mensch glaubt, alles sei beherrsch- ereignisse darstellen. Zudem vergisst er allzu gebieten immer mehr materielle Werte an. bar, auch ein Hochwasser. Tritt dennoch rasch und verdrängt den Gedanken bis Auf den trocken gelegten Auegebieten eine Katastrophe ein, begründet er sie mit zum nächsten Hochwasserereignis. Nieder- betreibt er intensiven Ackerbau. In Fluss- technischen Mängeln oder individuellem schlags- und Hochwasservorhersagen ermög- niederungen reiht sich ein Einfamilienhaus menschlichen Fehlverhalten. Er verkennt lichen jedoch eine Vorbeugung und recht- an das andere. Wohnsiedlungen und Indust- zeitiges Handeln. rie breiten sich in überflutungsgefährdeten Gebieten aus. Er nutzt die Flussaue, um ganze Industriekomplexe mit modernen Maschinen und Geräten zu errichten. Kommt das Hochwasser, können der Flut DonauPfingsthochwasser bei Zell, 1990 Wangen im Allgäu, 1999 unermessliche Werte zum Opfer fallen.

Leben bedroht

Der Mensch begradigte Flussläufe, baute Dämme und Deiche in der Überzeugung, die Hochwassergefahr gebannt zu haben. Doch die Schutzwälle bieten nur begrenzte Sicherheit.Wenn sie versagen, sind Bewohner dahinter liegender Siedlungen und deren Lebensumfeld gefährdet.

Bad Liebenzell, 1993

Baiersbronn, 1990 Vaihingen/Enz – Rosswag, 1993

4 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Bad Wimpfen am Neckar, 1993

Schömberg, Juli 1999 Wangen im Allgäu, 1999

Freudenberg, Main-Hochwasser 1995

Bilanz und Ausblick 5 Hochwasser.Philosophie

Umgebung erneut natürliche Ausdehnungs- Das Naturereignis Umweltverträglicher Hoch- und Rückzugsmöglichkeiten geboten werden. akzeptieren wasserschutz Ein wichtiger Aspekt der Flächenvorsorge Mit dem Wissen um Ursache und Wir- Fehler der Vergangenheit, wie die Ver- ist das Verbot, bzw. die Einschränkung, in kung wird es dem Menschen gelingen, nichtung der Auewälder oder die Begradi- hochwassergefährdeten Gebieten zu bauen. bewusster mit dem Wechselspiel des Wassers gung mäandrierender Bäche und Flüsse, las- Für bereits vorhandene Siedlungen gilt und seinen Folgen umzugehen. Und er wird sen sich in vielen Fällen nicht mehr rück- die Empfehlung, bauliche Vorsorge sowie erkennen, es geht nur m i t der Natur und gängig machen. Doch sie dürfen keineswegs Verhaltens- und Risikovorsorge zu treffen. nicht gegen sie. Daraus kann eine Hand- fortgesetzt werden. Der zukunftsweisende Die Verantwortung dafür muss auf vielen lungsanleitung für ein ganzheitliches Vorge- Hochwasserschutz berücksichtigt die Belange Schultern getragen werden: vom Staat, von hen abgeleitet werden, welche zum Ziel der Natur. den Kommunen und Bürgern, der Industrie, hat, Schäden zu mindern bzw. von vornher- den Umweltverbänden und den mit der ein auszuschließen. Wir bezeichnen dies als Wasserwirtschaft betrauten Institutionen. modernes Hochwassermanagement. Hochwasserschutz geht Umfassendes Hochwassermanagement, angefangen bei der Planung und Steuerung uns alle an bis hin zur Realisierung und Erfolgskontrolle, Hochwasser ist ein vielschichtiges ist die Basis eines optimalen Hochwasser- Geschehen. Ebenso komplex muss auch der schutzes. Hochwasserschutz betrachtet und behandelt werden. So gilt als Grundforderung, Hoch- wasser fördernde Einflüsse zurück zu nehmen Philosophieoder völlig zu vermeiden. Es gilt: Im Rahmen einer flächenbezogenen Nur das ganzheitliche und gemeinsame Vorsorge sollten dem Hochwasser durch die Vorgehen aller Betroffenen führt letztlich Renaturierung der Gewässer und ihrer zum Erfolg!

Lattenpegel und historische Hochwassermarken Mit dem Gummiboot in Freudenberg am Main in Eberbach am Neckar

6 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Hochwasser-Flächen- management Flächenvorsorge für hochwassergefährdete Technischer Gebiete: Hochwasserschutz ➤ flächenbezogene Informationssammlung und –aufbereitung (Hochwassergefahrenkarten) als Infrastrukturmaßnahme ➤ Landes-,Regional- und Bauleitplanung,einschließ- ➤ Deiche und Dämme lich rechtlicher Festlegungen und Benennung von Verantwortlichkeiten ➤ Hochwasserrückhaltebecken ➤ angepasste bauliche Nutzung ➤ Gewässerausbau Wasserrückhaltung in der Fläche ➤ Hochwasserschutzmauern und mobile Wände ➤ Erhalt und Wiederherstellung von Retentions- räumen und versickerungsfähigen Böden ➤ Objektschutz

Hochwasser-Hochwasser- TechnischerTechnischer Flächen-Flächen- Hochwasser-Hochwasser- management-management- schutzschutz

Hochwasser-Hochwasser- vorsorgevorsorge

Hochwasservorsorge ➤ Bauvorsorge durch angepasste Bauweise und auf Hochwasser ausgerichtete Anlagenausrüstung einschließlich entsprechender Nutzung gefährdeter Keller- und Wohnräume ➤ Verhaltensvorsorge durch rechtzeitige Hochwasserwarnung und planvolles Handeln vor und während des Hochwassers, Alarm- und Einsatzplanung, Einrichten von Hochwasserpartnerschaften ➤ Risikovorsorge in Form von Versicherungen und eigenen Rücklagen

Bilanz und Ausblick 7 Hochwasser.Strategie

Grundsätzlich gilt: Nur die Kombination der drei Teilstrategien bietet den größtmöglichen Hochwasserschutz

Schon deshalb müssen technische Lösungen Hochwasser-Flächen- Technischer Hochwasser- stets unter den Aspekten von Wirksamkeit management schutz und Wirtschaftlichkeit, aber auch bezüglich Angepasste Flächennutzung und vor- Dem technischen Hochwasserschutz Einbindung in die Infrastruktur und ihres beugende Wasserrückhaltung in der Fläche kommt eine wichtige Aufgabe zur Reduktion Einflusses auf Naturhaushalt und Landschafts- setzen eine umfassende Datensammlung der Schäden in besiedelten und bebauten bild bewertet werden. zum Hochwassergeschehen voraus. Nur auf hochwassergefährdeten Gebieten zu. Er dient Der technische Hochwasserschutz muss einer soliden Datenbasis können im Rahmen jedoch nicht dazu, weitere hochwasserge- umweltverträglich gestaltet sein. der regionalen Raumordnung und Landes- fährdete Gebiete zu überbauen, die grund- planung sowohl rechtliche, bauliche als sätzlich als Retentionsräume zu erhalten auch organisatorische Festlegungen getroffen sind. Hochwasservorsorge werden. Dies können angepasste Bauweisen Technische Hochwasserschutzanlagen Sie bietet die große Chance, rasch und Strategieund Objektausstattung sowie das Erhalten beeinflussen Höhe und Dauer von Hoch- nachhaltig Hochwasserschäden zu begrenzen und Zurückgewinnen von Retentionsräumen wasserwellen und verhindern bis zu dem oder ganz auszuschließen. Für vorhandene sein. Sie sind von Kommunen beim Aufstel- festgelegten Bemessungshochwasser das Bauten in einem überschwemmungsgefähr- len von Flächennutzungs- und Bebauungs- Ausufern des Gewässers. Damit bleibt ein deten Gebiet empfehlen sich ein am Hoch- plänen bis hin zu einem Bauverbot zu Restrisiko immer bestehen. wasser ausgerichteter Objektschutz und eine beachten. So können Schäden am besten Schutzanlagen bedürfen ständiger und entsprechend angepasste Nutzung. Der verhindert werden. aufwändiger Unterhaltung und Pflege. Objektschutz reicht von der Verwendung von Wasser unempfindlichen Baumaterialien über nicht fest installierte Anlagen bis hin zum Bauen auf Pfählen. Aber auch die Ver- haltensvorsorge durch aktive Mitwirkung bei der Hochwasserbekämpfung sowie die Risikovorsorge der Gebäudeeigentümer durch Versicherungsschutz und Rücklagen Baustelle Polder Söllingen/Greffern leisten einen wichtigen Beitrag.

Mobile Hochwasserschutzwand in Bietigheim-Bissingen

Naturraum

8 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Geschützte Ortslage Künzelsau – Morsbach am Kocher

zur Verfügung zu stellen. Das wird auch für absehbare Zeit der Mittelbedarf für kommu- Eine partnerschaftliche die Zukunft angestrebt. Trotz angespannter nale Hochwasserschutzmaßnahmen weiter Zusammenarbeit Finanzsituation sind für die Jahre 2002 und auf diesem Niveau bleiben wird.Hiermit Die Umsetzung jeder Hochwasserschutz- 2003 zusammen rund 50 Mio.Euro vorgese- kann ein Gesamtinvestitionsbedarf an G.II.O Strategie kostet Geld, viel Geld sogar. Es hen, damit weitere Fördermaßnahmen zum von rund 400 Mio. Euro gefördert werden. ist daher notwendig, dass das Land Baden- Hochwasserschutz zügig realisiert werden Die Defizite werden zügig abgebaut. Württemberg mit den Kommunen bzw. können. Denn eines steht fest: Zweck- und Wasserverbänden diese Aufgabe Die auf der Grundlage von Flussgebiets- Schon das nächste Hochwasserereignis kann gemeinsam übernimmt (Eine Kurzübersicht untersuchungen aufgestellten Hochwasser- großen Schaden anrichten. der Aufgabenverteilung sowie der Rechts- schutzprogramme machen deutlich, dass auf und Finanzierungsgrundsätze ist im Einlege- teil dieser Broschüre enthalten). Für die Gewässer II. Ordnung (G.II.O), also die zahlreichen mittleren und kleinen Sonstiges, Flüsse, liegt der Hochwasserschutz in den Objektschutz Deiche, Händen der Kommunen. Dafür erhalten sie Rückhalte- Dämme becken vom Land Zuwendungen bis zu 70 % der Gesamtkosten. In den letzten Jahren hat das Land Hochwasserschutzmaßnahmen mit im Schnitt 20 Mio. Euro pro Jahr gefördert. ((Beispiel: Hochwasserschutzmaß- Bisher gelang es, die nötigen Mittel zeitnah nahme – Skizze einer Ortslage))

Bilanz und Ausblick 9 Hochwasser.Erfolge

Gefahren verbinden

Das Land unterstützt die Kommunen und diese engagieren sich und handeln ganzheitlich über ihre Gemeindegrenzen hinaus. So schließen sie sich zu Zweck- oder Wasserverbänden zusammen und bringen dadurch die Maßnahmen nicht mehr isoliert auf den Weg, sondern beziehen das gesamte Gewässereinzugs- gebiet mit ein. Bei der Gestaltung des erforderlichen Interessenausgleichs zwi- schen den Verbandsmitgliedern werden die Kommunen von den Regierungspräsi- dien und den Gewässerdirektionen Bau des Auslassbauwerks des Hochwasserrückhaltebeckens Hemsbach/Rinschbach beraten. Besonders hervorzuheben ist der Die Gesamtkosten werden mit rund Bewusstseinswandel der Oberlieger: Partnerschaft 20 Mio. Euro veranschlagt, wovon das Land hin zur Mitverantwortung für ein Gewäs- Seckach und Kirnau 70 % der Kosten übernimmt. Sechs Becken ser und zur Unterstützung der Unterlieger, Nach katastrophalen Hochwasseraus- sind inzwischen fertig gestellt und bewiesen die am stärksten unter einer Hochwasser- wirkungen im Einzugsgebiet der Gewässer bereits im Frühjahr 2002 ihre Funktions- flut zu leiden haben. Seckach und Kirnau im Dezember 1993 und tüchtigkeit. Sieben weitere Anlagen befinden im Januar 1995 mit einer Schadensbilanz sich im Bau. Für die Gemeinden des von mehr als 12 Mio. Euro allein bei diesen gesamten Verbandsgebietes wird damit ein beiden Ereignissen schlossen sich acht 100-jährlicher Hochwasserschutz erreicht. ErfolgeFazit: Partnerschaft macht stark und Städte und Gemeinden des Gewässereinzugs- führt zu Erfolgen im Hochwasserschutz. gebiets zu einem Zweckverband zusammen. Gemeinsam gingen sie an die Verwirklichung eines Projekts, das 15 Hochwasserrückhalte- becken mit einem Volumen von 1,6 Mio. m3 und 47 lokale Maßnahmen vorsieht.

Eingestautes Becken Osterburken/Kirnau

Rückhaltebecken Hemsbach/Rinschbach

10 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Becken ist es gelungen, die Hochwasser- Aus Schäden Investiert in Stauanlagen schäden – wie im Dezember 1993 oder im am Kocher gelernt Nord-Württembergs März 2002 am Oberlauf von und Als der Kocher im Dezember 1993 Allein im Regierungsbezirk Stuttgart Kocher – ganz erheblich zu verringern. Eine über die Ufer trat, hatte das Gemeindegebiet wurden von den Wasserverbänden in die Bilanz für den technischen Hochwasser- Niedernhall Schäden in Höhe von 15 Mio. Errichtung und Sanierung von ca. 150 schutz, die sich sehen lassen kann. Euro zu beklagen. Unter diesem Eindruck Hochwasserrückhaltebecken bis heute etwa wurde mit Vorsorgemaßnahmen reagiert, so 430 Mio. Euro investiert. Die Hochwasser- dass bei dem April-Ereignis 1994 „nur“ schutzinvestitionen in den Einzugsgebieten Sanierung des noch eine Schadenshöhe von 5 Mio. Euro der Neckar-Nebenflüsse Kocher und Jagst Hochwasserrückhalte- zu verzeichnen war. Die Betroffen erkannten können mit ca. 380 Mio. Euro beziffert wer- beckens Beimbach im Nachhinein, wie wichtig eine effiziente den. Eine anfangs der 80er Jahre begonne- Die Sanierung des Beckens wurde not- Vorsorge ist. Die Gewässerdirektion Neckar ne landesweite Sicherheitsüberprüfung wies wendig, weil insbesondere am Grundablass- erstellte einen Hochwasserschutzplan, aus, dass von ca. 335 Stauanlagen rund ein und Hochwasserentlastungsstollen, erheb- dessen Vorhaben in den Jahren 1998 und Drittel, viele davon im Regierungsbezirk liche Verschleißerscheinungen und Sicher- 1999 realisiert wurden. Ein Erddamm mit Stuttgart, sanierungs- und ertüchtigungsbe- heitsdefizite festgestellt wurden. Die im Jahr rund 700 m Länge schützt nun das Gewer- dürftig sind. Das Regierungspräsidium ver- 2001 abgeschlossene Sanierung erwies sich begebiet und die rechtsufrige Wohnsiedlung abschiedete deshalb im Jahre 1991 ein nachweislich als wirtschaftlichste Lösung. bis zu etwa einem 100-jährlichen Hochwas- umfassendes Sanierungs- und Ertüchti- Der Stollen als „Herz“ der gesamten Anlage ser. Der linksufrige, bereits bestehende gungsprogramm. Dieses benötigt insgesamt besitzt nun einen „Inliner“ aus über Hochwasserschutz der Altstadt erfuhr eine 26 Mio. Euro bei einem Fördermittelbedarf 300 Tonnen Stahl mit 20 mm Stärke und Ertüchtigung, indem die Mauern erhöht und von 21,5 Mio. Euro für die Verwirklichung. 1800 Ankern und Dübeln. Frisch gestählt Höhendefizite an den Dämmen behoben Von den 86 in Stand zu setzenden Hoch- stellt die Anlage auch zukünftig ein wichtiges wurden. Die Kosten beliefen sich auf rund wasserrückhaltebecken zeigen sich bereits Bollwerk für den Hochwasserschutz von 345.000 Euro, die zu 70 % vom Land und 58 mit neuer Leistungsstärke und Funktio- Brettach und Jagst dar. zu 30 % von der Stadt Niedernhall getragen nalität. Weitere 18 Projekte werden bis wurden. Im März 2002 bestanden die Ende 2002 realisiert sein. Mit diesen Schutzanlagen die erste Bewährungsprobe bei einem 20-jährlichen Hochwasser.

Betrieb der Hochwasserentlastungsanlage

Einbau des Stahlrohres in den Stollen

Überflutetes Gewerbegebiet Niedernhall am Kocher, 1993

Bilanz und Ausblick 11 Hochwasser.Erfolge

die vermeintliche Sicherheit hinter Deichen trügerisch ist. Nach einer umfassenden Sanierung der Deichanlagen in den Jahren 1988 bis 2000, die 4,7 Mio. Euro kostete, werden nunmehr 630 ha Siedlungsfläche in der Stadt wirkungsvoll geschützt. Das folgende Bild zeigt die ursprüng- Kombination Erddamm/Schutzmauer liche Überschwemmungsfläche vor der zufluss kein Hochwasser führte. Große Kinzigregulierung. Durch den Schutz der Schäden blieben aus. Deiche kann verhindert werden, dass bei Die Gewässerdirektion Nördlicher Ober- einem Extremhochwasser Schäden von rhein brachte ein Sofortprogramm geschätzten 350 bis 550 Mio. Euro entste- „Dammsanierung/Dammertüchtigung“ auf hen. Lageplanauszug Brühl den Weg, in das auch weitere Rheindämme einbezogen sind. Für die Verlängerung des Problemfall Rhein- Rheinhauptdammes XXXVIII stellte das hauptdamm bei Brühl Land Baden-Württemberg 2,7 Mio. Euro zur Bei den Hochwasser-Ereignissen der Verfügung. Im Frühjahr 2001 wurde mit letzten Jahre wurden die Schwachstellen dem 2,2 km langen Dammbauwerk begon- der Anlagen des Rheinhauptdammes nen, bereits im Mai 2002 konnte das Bau- XXXVIII deutlich, wobei der Abschnitt bei werk seiner Bestimmung übergeben werden. Brühl zu den besonderen Problemfällen Damit kann eine großflächige Überflutung Erfolgegehörte. Im Mai 1999 drängte sich das der bebauten Gestadebereiche und des tiefer Hochwasser bis an die Bebauung. Am Pegel liegenden Hinterlandes bis zu einem Abfluss Maxau wurde der bisher höchste Wasser- von 5.000 m3/s verhindert werden. stand von 8,83 m gemessen. Die Rheinauen waren überflutet. Ohne die bereits im Rah- men des Integrierten Rheinprogrammes am Starker Schutz für Rhein geschaffenen Rückhalteräume wäre Offenburg die Hochwasserwelle noch um ca. 30 cm Parallel zum Rheinausbau ab 1820 höher gewesen. Als weiterer Glücksum- wurde auch die Kinzig zwischen Offenburg stand kam hinzu, dass der Neckar als Rhein- und Haslach begradigt und eingedeicht. Im Schutz dieser Deiche entstanden große Siedlungsentwicklung der Stadt Offenburg im Schutz Wohn-, Industrie- und Gewerbegebiete. der Flussdeiche Deichbrüche, z.B. 1882, 1896, 1919 und 1947 machten immer wieder deutlich, dass

Brühl, Hochwasser Mai 1999

Querprofil des sanierten Kinzigdeiches in Offenburg (km 20 + 800 rechts)

12 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Voraussetzung ist, dass der Aufbau rechtzeitig erfolgt. Deshalb nutzt die Stadt die Informationen zur Hochwasserentwicklung der Hochwasser- vorhersage-Zentrale (HVZ) in Karlsruhe. In hochwasserkritischen Situationen berechnet die HVZ stündlich Wasserstands- vorhersagen für den Kocher bei Kochendorf sowie für 44 weitere Wasserstandspegel in Baden-Württemberg und veröffentlicht diese auf verschiedenen Informationswegen (z.B. im Internet unter www.hvz.baden- wuerttemberg.de). Auf Basis der HVZ-Vor- Totholz in der renaturierten Schutter hersagen kann vor Ort zuverlässig entschie- den werden, ob der Aufbau der mobilen Hochwasserschutz und Mobile Wand Schutzwand erforderlich ist. Ökologie im Einklang rechtzeitig aufgebaut Dieses Zusammenspiel der kommunalen Von der 2002 abgeschlossenen Umge- Bad Friedrichshall-Kochendorf an der Einsatzkräfte, der Gewässerdirektion Neckar staltung der Kinzig-Schutter-Mündung Kochermündung in den Neckar hatte stets und der HVZ hat sich seit 1999 schon bei profitieren Willstätt-Eckartsweier sowie mit Hochwasser, auch geringerer Jährlich- sechs Hochwassersituationen bewährt: So weitere nördlich gelegene Ortschaften, vor keit, zu kämpfen. Oftmals stieg die Flut bis wurde durch die HVZ auch beim letzten allem jedoch die Kernstadt Kehl, die von zur 1. Etage der Wohnhäuser auf. Allein bei Hochwasser im März 2002 frühzeitig das drei Seiten durch Deiche des Oberrheins, den Hochwasserereignissen im Februar Überschreiten der für Kochendorf kritischen der Kinzig und Schutter gesichert wird. Das 1990, Dezember 1993 und April 1994 ent- Wasserstandsmarke vorhergesagt. Die mit 8,9 Mio. Euro realisierte Vorhaben standen Schäden in Millionenhöhe. Kochendorfer Wand wurde rechtzeitig auf- umfasste rund 7,5 km Deichsanierung bzw. Die verwirklichte Lösung einer mobilen gebaut und stoppte die bedrohlichen Was- –neubau, die Schaffung von 40 ha Über- Hochwasserschutzwand war das Ergebnis sermassen. schwemmungsfläche und rund 840.000 m3 langer konzeptioneller Planungen der zusätzlichem Retentionsvolumen. Für den Gewässerdirektion Neckar und der Stadt Naturschutz positiv ist die damit verbundene Bad Friedrichshall. Sie wurde Ende 1999 in Renaturierung der Gewässer und ihres Betrieb genommen. Seitdem können die Umfelds. Eine komplexe Maßnahme, bei der Bewohner am Kocher auch bei starken sich die Gewässerdirektion Südlicher Ober- Regenfällen nachts ruhig schlafen. rhein/Hochrhein und die Zweckverbände Heute wird dem Hochwasser der Weg „Hochwasserschutz Schuttermündung“ und versperrt: mit einer bis zu 4,5 m hohen Hochwasser-Vorhersage-Zentrale Baden-Württemberg „Hochwasserschutz Hanauer Land“ zusam- mobilen Wand, die von der Freiwilligen menschlossen. Feuerwehr aufgebaut wird.

Einstau der mobilen Schutzwand, März 2002

Neugeschaffene Flachwasserzone an der Kinzig Neuer Schutterunterlauf und Mündung in die Kinzig

Bilanz und Ausblick 13 Hochwasser.Erfolge

Wildheit der Eschach gezähmt

Gewinnt bei der eigentlich harmlosen Eschach ihr „Wildflusscharakter“ die Ober- hand, kann der Hochwasserauftritt katastro- phal sein. Der erste Schritt zum Hochwas- serschutz erfolgte durch die Stadt Leutkirch bereits 1933/1934 mit dem Bau eines Hochwasserüberlaufs in das ausgedehnte Taufach-Fetzach-Moos. Damit stand ein Stauraum von rund 3,5 Mio. m3 zur Verfü- gung. Doch der Eingriff schädigte den empfindlichen, aus Regenwasser genährten Erholungsziel Nagoldtalsperre Erzgrube Hochmoorkern mit den beiden Urseen. überholung als unausweichlich herausge- Hinzu kam, dass die Sedimentfracht der Alte Talsperre wird stellt. Die Gewässerdirektion Nördlicher Eschach den Stauraum kontinuierlich ver- verjüngt Oberrhein investiert 3 Mio. Euro, so dass ringerte. Seit mehr als 30 Jahren erfüllt die Außenhautdichtung, Verschluss- und Regel- Das zusätzliche Hochwasserrückhalte- Nagoldtalsperre zuverlässig ihre Aufgaben: organe, Kontrollgang sowie Mess- und becken Urlau konnte das Problem lösen. mit 422.000 m3 Volumen in der Vorsperre Regeltechnik wieder voll funktionstüchtig Ende 1995 wurde das Vorhaben abgeschlos- und 4.230.000 m3 in der Hauptsperre bei werden. Die laufenden Arbeiten sind vor- sen. Die Gesamtfläche des Beckens beträgt Normalstau sowie 5.065.000 m3 bei Hoch- aussichtlich bis Ende 2002 abgeschlossen. Erfolge20 ha. Bei extremen Ereignissen wird auf wasserstau. Die Sperre schützt das Obere den Stauraum Taufach-Fetzach-Moos Nagoldtal, dient der Niedrigwasseranreiche- zurückgegriffen. Dann funktioniert die neue rung und als „Nebenprodukt“ der Nah- Anlage als groß dimensioniertes Absetz- erholung. Mittlerweile hat sich eine General- becken und minimiert die ökologischen Nachteile eines Einstaus. Beim Hochwasserereignis an Pfingsten 1999, von der Fülle her ein über 100-jähr- liches Ereignis, konnte das Becken seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen und Schäden in Millionenhöhe in der Stadt Leut- kirch und den Gemeinden Aichstetten und Aitrach verhindern.

Einstau

Hochwasserrückhaltebecken Urlau im leeren Zustand

Nagoldtalsperre im Dezember 2001, teilentleert

14 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Drohende Gefahren im Blick

Eingebunden in das fach- und verwal- tungsübergreifende Projekt „Hochwasserge- fahr und Strategien zur Schadensminderung in Baden-Württemberg“ stellen die Hoch- wassergefahrenkarten einen wichtigen Baustein zur Hochwasservorsorge dar. Für ausgewählte Flussabschnitte stehen diese bereits zur Verfügung. Mit moderner Datentechnik werden für die relevanten Gewässerstrecken für verschiedene Wieder- kehrintervalle (statistische Wahrscheinlich- keit) die Überflutungsfläche und für ein 100-jährliches Hochwasser die Überflutung- stiefe festgehalten. Die Gefahren, die hinter Beispiel einer Hochwassergefahrenkarte und unterhalb der Schutzanlagen drohen, werden dargestellt. Eine separate Karte ent- Die Gewässerdirektionen leisten zusammen hält Aussagen zu Überflutungstiefen bei mit den Stadt- und Landkreisen wertvolle "Donau-Steckbriefe" Überschreiten der Bemessungsgrenze und Arbeit, diese natürlich überschwemmten Ausgehend von einer Risiko-Analyse dem damit verbundenen Wegfall der Flächen zu sichern. entstand für jede Donau-Gemeinde ein Schutzwirkung. Auch durch die raumordnerische "Kommunaler Hochwasser-Steckbrief". Detail- Mit den Hochwassergefahrenkarten steht Ausweisung von Vorrang- und Vorbehalts- der Kommunal- und Regionalplanung, der gebieten für den vorbeugenden Hochwasser- karten weisen unter Berücksichtigung der Gefahrenabwehr und dem Katastrophen- schutz werden rechtsverbindliche Regel- Wirkung des empfohlenen Hochwasser- schutz zukünftig ein wertvolles Arbeitsmittel ungen geschaffen, um natürliche Überschwem- schutzes die Überschwemmungsgebiete mungsflächen durch deren Übernahme in für die Hochwasservorsorge zur Verfügung. sowie die Überflutungsflächen für derzeitige die Regionalpläne zu sichern. und künftige Situationen aus. Sie enthalten dazu Angaben und Erläuterungen zur Eigen- Flächenvorsorge durch vorsorge durch die jeweiligen Gemeinden, Überschwemmungsgebiete Überschwemmungsgebiete in Betriebe sowie die Bürgerinnen und Bürger. Baden-Württemberg Ein wichtiges wasserwirtschaftliches Damit helfen sie die Angst vor der Hochwas- (Stand 2002, Bezugsgröße: Rückhaltefläche) Instrument der Flächenvorsorge ist die Fest- sergefahr abzubauen, und fördern ein setzung von Überschwemmungsgebieten. besonnenes und bewusstes Handeln.

Bilanz und Ausblick 15 Die Zukunft heute beginnen Wir sind auf dem richtigen Weg. Mit der Flächenvorsorge, wodurch Freiräume für das Gewässer erhalten bleiben und das Hochwasser sich auf natürliche Weise ausdehnen kann. Mit dem technischen Hochwasserschutz, der zwar hoher Investitionen bedarf, sich jedoch durch seine Wirksamkeit mehrfach auszahlt. Und mit der Hochwasservorsorge, die durch kluges Bauen und Handeln Schäden mindern und ausschließen hilft. Alle Teil- strategien sollten im Sinne eines ganzheitlichen Hochwasser-Managements stets harmonisch abgestimmt sein. Davon ausgehend, sind auch die bereits geplanten oder Projektenoch zu planenden Vorhaben anzupacken. Investieren, um zu sparen In den letzten sechs Jahren stellte das Land Baden-Württemberg für den Hochwasser- schutz an Gewässern I. Ordnung (G.I.O) und den Bundeswasserstraßen Rhein, Neckar und Main im Schnitt jährlich 14 Mio. Euro Landesmittel bereit. Zusammen mit den Zuwendungen in Form von Fördermitteln für Hochwasserschutzmaßnahmen an Gewäs- sern II. Ordnung hat das Land durchschnittlich ca. 34 Mio. Euro pro Jahr ausgegeben. Doch es ist klar, dass eine Vielzahl technischer Anlagen dringend modernisiert werden muss. Auch neue Dämme, Deiche und Rückhaltebecken sind notwendig, um drohende Hochwassergefahren abzuwehren. Gegenüber den derzeit für die Haushaltsjahre 2002/2003 jährlich für Hochwasser- schutzmaßnahmen an Gewässern I. Ordnung und den Bundeswasserstraßen zur Verfügung stehenden Landesmitteln von knapp 17 Mio. Euro ist eine beträchtliche Auf- stockung erforderlich. Dabei muss prinzipiell die Entscheidung in Richtung der Vorha- ben gehen, die wirtschaftlich vertretbar, technisch hoch wirksam und ökologisch verträg- lich sind. Für die Realisierung der bereits begonnenen und anstehenden Maßnahmen sind in den kommenden Jahren zusätzlich gut 20 Mio. Euro jährlich erforderlich. Der Damm- sanierung und dem Objektschutz kommen dabei besondere aktuelle Bedeutung zu.

Zusätzlicher Bedarf an Landesmitteln für die vordringlichsten Hochwasserschutzmaßnahmen bis einschließlich 2006 Zweck für

Planung und Investition Gewässer I. Ordnung mindestens für techn. Hochwasserschutz und Bundeswasserstraßen 20 Mio. Euro/Jahr

16 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Hochwasser.Projekte

In dieser Phase verursachte das Rems- hochwasser im Frühjahr 2002 noch einmal Schäden von etwa 40 Mio. Euro.

Hochwasserschutz an der Donau soll an der Breg beginnen

„Einen verbesserten Donauschutz“ for- dert das Integrierte Donau-Programm. Das neue technische Hochwasserschutzkonzept Industriegebiet Urbach, Remshochwasser März 2002 beinhaltet den Bau nur noch eines Hoch-

Bis 2014 wird eine weitere Zunahme der wasserrückhaltebeckens sowie örtliche Rems-Hochwasser- Siedlungsfläche um 14 % erwartet. Schutzmaßnahmen in insgesamt 21 Gemein- rückhaltebecken zügig Nachdem das Hochwasser im Jahre 1990 den. Drei weitere Rückhalteräume aus realisieren Schäden in Höhe von 10 Mio. Euro verur- dem ursprünglichen Konzept sind bei sacht hatte, wurde gehandelt. Unterstützt Gewährleistung des Schutzziels entbehrlich Hier heißt es: Investieren, um zu sparen, vom Regierungspräsidium Stuttgart und der geworden. Dies führt zu einer Kostener- und das so rasch wie möglich! Durch die Gewässerdirektion Neckar schlossen sich sparnis von rund 50 % bei verbleibenden Siedlungsentwicklung im Ballungsraum Kommunen des Ostalb- und des Rems-Murr- Investitionskosten von knapp 50 Mio. Euro. Stuttgart musste die Rems zahlreiche Ein- Kreises zusammen und brachten sowohl ein Die größte Investition stellt das Rückhalte- griffe erdulden. Eine Verkürzung des Fluss- Hochwasserschutzprogramm als auch ein becken in Wolterdingen am Donau-Zufluss laufs um 14 km, den Bau von Wehren und ökologisches Entwicklungskonzept auf den Breg oberhalb von Donaueschingen dar. Deichen. Auenlandschaften wichen dem Weg. Ein Damm mit 460 m Kronenlänge und Fortschritt. Sie wurden mit Bau- und Indust- Zwischen Schwäbisch Gmünd und maximal 18 m Höhe sperrt dann im Hoch- riegebieten belegt. All das verschärfte die Remseck sollen sieben Rückhalteräume mit wasserfall das Bregtal ab, so dass ein Stau- Hochwassergefahr und erhöhte das Schadens- einem Gesamtvolumen von 4,7 Mio. m3 raum mit 4 km Länge und einem Volumen potenzial. 3 Stauraum entstehen. Die Realisierung von 4,7 Mio. m entsteht. Die Abflussspitze Insgesamt besitzt die Rems eine Lauf- erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen eines 100-jährlichen Hochwassers wird länge von 79,5 km und entwässert ein 3 3 dem eigens gegründeten Wasserverband sich dadurch von 176 m /s auf 75 m /s 583 km2 großes Einzugsgebiet, auf dem Rems und der Gewässerdirektion Neckar. reduzieren, was sich entlang der Breg und 40 Gemarkungen mit 29 Siedlungsflächen der Donau bis nach auswirkt. verteilt sind. Die bebaute Fläche umfasst Geschätzte Baukosten: 17 Mio. Euro. 81 km2 und konzentriert sich im wesentli- chen auf einem rund 50 km langen Ab- Lageplan des geplanten Hochwasserrückhalte- schnitt entlang der Rems zwischen Schwä- beckens Wolterdingen bisch Gmünd und Waiblingen mit 54 km2.

Winterbach

Waiblingen Schorndorf Lorch Schwäbisch Gmünd

HW-Rückhaltebecken im Rems-Einzugsgebiet

Bilanz und Ausblick 17 Hochwasser.Projekte

Problemfall Nördliche Rhein- hauptdämme

Zahlreiche Dammabschnitte am Rhein sind bei langanhaltendem Hochwasser nicht ausreichend standsicher. Sie bedür- fen dringend einer Sanierung und Ertüchtigung. Der Abschnitt XXXIV von Philippsburg bis Altlußheim zum Beispiel muss auf einer Länge von 9,3 km in Stand gesetzt werden. Hier gilt es vor allem, Fehlhöhen, statische Mängel und die eingeschränkte Zugänglichkeit zu beheben. Hinzu kommt eine Neubau- Umgestaltung der alten Rench im Sommer 2002 strecke von ca. 1,7 km, sowie die Oberrhein/Hochrhein dem AREKO-System Sanierung einer etwa 1,8 km langen Acher-Rench-Korrektion eine Verjüngungskur. Die Deiche von Acher, Dammstrecke, die unmittelbar an die bald verjüngt Acherflutkanal, Rench und Renchflutkanal Ortsbebauung angrenzt. In den Jahren 1936 bis 1967 erbaut, werden geprüft, erhöht und saniert, Doch auch der Abschnitt XXXV von bildet die Acher-Rench-Korrektion – kurz die Dämme an den Becken Holchen, Hürben Altlußheim bis südlich Ketsch bedarf AREKOgenannt – das Rückgrat des Hoch- und Mührig in Stand gesetzt und der Frei- einer Ertüchtigung und braucht dringend wasserschutzes in der Rheinebene zwischen bord erhöht. Moderne Regelungstechnik soll neue Bermenwege. Mit der Ertüchtigung Offenburg und Baden-Baden, die bei extre- eingebaut werden. Für die angrenzenden des Rheinhauptdammes XXXVIII, der men Hochwasser-Auftritten der Schwarz- Gemeinden gewinnt das Acher-Rench-Gebiet eine Länge von 2,5 km umfasst und sich waldflüsse oftmals bis zu 80 % überflutet durch die Berücksichtigung ökologischer von Brühl/Rohrdorf bis in den Süden des wurde. Diente der Ausbau von 200 km Belange an Wert. Das Projekt – geschätzte ProjekteMannheimer Hafens erstreckt, steht der Gewässer und die Schaffung von fünf Hoch- Kosten 33 Mio. Euro – soll bis 2010 fertig nächste Sanierungsabschnitt an. Zur wasserrückhaltebecken zunächst dem gestellt sein. Sanierung aller drei Dammabschnitte Schutz landwirtschaftlicher Flächen, wurde sind rund 22 Mio. Euro nötig. später ebenso die Siedlungsentwicklung gefördert. Nach nunmehr 65 Jahren Einsatz verordnete die Gewässerdirektion Südlicher

Umgestaltung der Alten Rench bei Memprechtshofen

18 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg bach, der Ausbau des Hardtbaches mit Anschluss von Polderflächen, die Sanierung des Leimbachs an Ober- und Unterlauf sowie die Zusammenlegung von Leimbach und Landgraben gehören. Der Leimbach und der Hardtbach müssen als Gewässer I. Ordnung vom Land unterhalten werden. Die Umsetzung des Projekts wurde mit einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen Land und Kommunen geregelt. Danach beteiligen sich die Kommunen an den Kosten mit rund 30 %. Die Hochwasserschutzkonzeption Leim- Bedrohtes Industriegebiet Ulm-Donautal beim Pfingsthochwasser 1999 bach/Hardtbach gilt als Vorzeigeprojekt für Untersuchungen ergaben, dass mit der solidarisches Verhalten, denn Ober- und Ein Ringdamm kann Schaffung eines Ringdammes das Hochwas- Unterlieger fühlen sich gleichermaßen für das Industriegebiet ser-Problem zu lösen ist. Als Baumaßnahme die Realisierung und die Finanzierung Ulm-Donautal retten wäre erforderlich, den bestehenden Hoch- verantwortlich. Das Hochwasserrückhalte- wasserdamm entlang der Donau durch Das Industriegebiet Ulm-Donautal ist becken Leimbach mit einem Volumen von einen neuen in Richtung Südost-Flanke 3 das größte im Regierungsbezirk Tübingen. 290.000 m , das 3,5 Mio. Euro kostete, ging Industriegebiet zu ersetzen und ihn in Rich- In Form von Gebäuden, Anlagen und Aus- im Juli 2000 in Betrieb. Zur Realisierung des tung Südwest weiterzuführen. Folgen muss rüstungen konzentrieren sich hier Millio- Gesamtprojekts innerhalb der nächsten dann die Erhöhung des Freibords an der nenwerte. Hunderte von Menschen, die hier zehn Jahre sind aber Straße, die das Industriegebiet im Nord- arbeiten, erzeugen Leistungen und Produkte noch große Anstrengungen osten begrenzt, sowie die Errichtung eines in Millionenhöhe. Doch das nächste Hoch- erforderlich. Die Gesamt- Pumpwerks zur Binnenentwässerung. Das wasser in Iller und/oder Donau könnte maßnahme mit einem Versagen der vorhandenen Schutzanlagen viele Werte vernichten und Arbeitsplätze voraussichtlichen Kosten- droht zwar nur bei Extremhochwasser, bedrohen. Das Pfingsthochwasser von 1999 aufwand von 20 Mio. Euro, doch dann würden die Schäden ins Uner- führte deutlich vor Augen, wie wenig sicher verbürgt einen 50-jährli- messliche steigen. Eine Analyse bestätigt: die vorhandenen Schutzanlagen sind. chen Hochwasserschutz Die Investitionskosten von rund 3 Mio. Euro im Gegensatz zu dem Geplanter Hochwasserschutz für das Industriegebiet sind gegenüber den möglichen Schäden heutigen 10-jährlichen. Ulm-Donautal mit einer Größenordnung von 45 Mio. Euro Hardtbachwehr sehr gut angelegtes Geld.

Solidarität bei der Lageplan mit Hochwasserschutz- technischen Daten konzeption Leimbach/Hardt- bach

Veranlasst durch die Hochwasserschä- den in den 90er Jahren konzipierte das Land ein komplexes Projekt, zu dem der Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Leim-

Bilanz und Ausblick 19 Hochwasser.Projekte

Dem Main Paroli bieten

Die Stadt Freudenberg leidet seit lan- gem – schon bei Hochwasser mit einem statistisch gesehenen 5-jährigem Wiederkehr- intervall – unter den Tücken des Mains. Im Jahre 1995 musste das größte am Ort ansässige Unternehmen 2,5 Mio. Euro Scha- denssumme infolge Produktionsausfalls ver- buchen. Hinzu kamen Schäden an privaten und öffentlichen Gebäuden im Wert von weiteren 700.000 Euro, wobei das Schadens- potenzial bei größeren Ereignissen noch Lageplan Hochwasserschutzmaßnahme Herbolzheim wesentlich höher liegt. Zum Schutz von Vorstadt, Altstadt und Neustadt ist die Errichtung stationärer und mobiler Schutzeinrichtungen auf einer Länge von 1,25 km und Höhen bis zu 3,5 m

Überflutete Keller in Herbolzheim, 1993 geplant. Insgesamt müssen dafür ca. 17 Mio. Euro aufgewandtProj werden, da gleichzeitig mit den Eingestaute Vorgärten Hochwasserschutzanlagen bauliche Maß- Durchlasses am linken Ufer mit mobilen nahmen am Abwassersystem, einschließlich Hochwasserschäden Elementen, die Untergrundabdichtung, der Errichtung eines Pumpwerkes zur Binnen- zuvorkommen Bau eines Oberflächenpumpwerks sowie entwässerung, erforderlich sind. Nach der Auf dem Hochwasserschutz-Plan für die die Einrichtung von drei Abwasserpump- angestrebten Plangenehmigung könnte bei Stadt steht der Teilort Herbolz- werken links und rechts des Flusses. Bereitstellung von Fördermitteln im kom- heim. Hier führt die Jagst das Regime Der finanzielle Einsatz: knapp 1 Mio. Euro. menden Jahr mit dem Projekt – ein System gemeinsam mit dem rückgestauten Kress- aus „Damm + Mauer + Wand“ – begonnen bach. Hochwasser führte immer wieder zu werden. Schäden. Besonders bei dem extremen Hochwasser im Dezember 1993 mit Schä- den von über 1 Mio. Euro waren die Bewohner betroffen. Die Gewässerdirektion Neckar brachte die Hochwasserschutzmaß- nahmen ins Rollen. Dazu zählen: Bau einer Hochwasserwand am rechten Ufer, Schließen des bestehenden Bahndamm-

Land unter in Freudenberg; Main-Hochwasser 1995

20 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Investitionen für die Zukunft

Es musste gehandelt werden. Deutsch- land und Frankreich vereinbarten 1982, den vor dem Oberrheinausbau vorhandenen Hochwasserschutz wieder herzustellen. Dies entspricht etwa einem 200-jährlichen Schutz. Basierend auf diesem bislang größten Hochwasserschutzvorhaben Europas ver- abschiedete Baden-Württemberg das „Integrierte Rheinprogramm“ – kurz IRP genannt – , dessen Umsetzung 1996 Auelandschaft im Polder Altenheim begann, wobei das Land 58,5 % und der abgeschnitten. Als Folge dieser Ausbau- Der geplagte Rhein Bund 41,5 % der Kosten tragen. maßnahmen ist eine Überflutung dieser Um die Überschwemmungsgefahr An 13 Standorten zwischen Basel und Flächen am südlichen Oberrhein nicht zu mindern, begann man 1817 nach werden auf ehemaligen Aue- mehr möglich. Die Hochwasserwellen den Plänen des badischen Ingenieurs flächen neue Hochwasserrückhalteräume laufen dadurch schneller rheinabwärts, J.G. Tulla den Oberrhein zu begradigen. geschaffen. Die Vorhaben Kulturwehr so dass sich die Hochwassergefahr, vor Zahlreiche Seitenarme wurden in ein Kehl/Straßburg und Polder Altenheim sind allem zwischen Iffezheim und Worms, Hauptbett gezwängt, weite Fluss-Schlin- bereits realisiert. Mit einem Rückhaltevolu- erheblich verschärft hat. jektegen in der Mäanderzone durchstoßen men von 55 Mio. m3 bieten sie zusammen und zwischen Basel und Worms das mit Maßnahmen auf französischer Seite Gewässer von 354 km auf 275 km ver- bereits eine 100-jährliche Sicherheit unter- kürzt. Der Wildstrom wurde gebändigt halb von Iffezheim. und Räume zum Siedeln und für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung gewonnen. Der Rhein erlangte zuneh- mend Bedeutung als wichtige Schifffahrts- straße. Das Hochwasser blieb jedoch nicht aus. Da der Rhein weniger Ausdehnungs- flächen vorfand, wälzten sich die Wasser- massen bedrohend rheinabwärts. Noch gravierender wirkte sich auf das Hoch- wassergeschehen die Freigabe des Rheins für die Energiegewinnung aus, die im Der Rhein als Schifffahrtsstraße Versailler Vertrag (1919) verankert ist. Von 1928 bis 1977 entstanden dadurch zehn Staustufen. Durch den Ausbau des Oberrheins wurden von 1961 bis 1977 rund

2 130 km Auelandschaft vom Rhein Übersicht über die 13 Hochwasser- rückhalteräume des Integrierten Rheinprogrammes (IRP)

Bilanz und Ausblick 21 Hochwasser.Projekte

Baustelle Polder Söllingen/Greffern: Einlassbauwerk im Rheinseitendamm; Auslauf Wörtgrabenschöpfwerk; Durchlassbauwerk

Der voraussichtlich 2004/2005 in schwemmungsgebiet soll durch gezielte Betrieb gehende Polder Söllingen/Greffern Flutungen zum Hochwasserrückhalt heran- fügt weitere 12 Mio. m3 Rückhalt hinzu. gezogen werden. Dadurch wird ein Reser- Die Kosten dafür werden sich auf voir von 9,3 Mio. m3 vorhanden sein, von ca. 61,5 Mio. Euro belaufen. dem auch die französischen Nachbarorte Weitere 6,2 Mio. m3 werden mit dem profitieren. Für die Umsetzung fallen inner- Lageplan Polder Söllingen/Greffern Polder Rheinschanzinsel auf Gemarkung halb der veranschlagten Bauzeit voraus- Philippsburg hinzukommen. Das Planfest- sichtlich rund 42 Mio. Euro an. stellungsverfahren läuft. Vor dem Startschuss für die Umsetzung dieses Halten wir uns vor Augen: Neben dem Kulturwehr Kehl/Straß- Projekts ist – wie für die anderen Rückhalte- Würde heute ein 200-jährliches Hochwasser burg, welches schon mehrfach erfolgreich räume auch – ein Planfeststellungsverfahren eintreten, ließe sich ein Schaden von über die nach Norden strebenden Wassermassen durchzuführen. 6 Milliarden Euro einschätzen. Dem stehen puffern konnte, stellt das Kulturwehr die Kosten für die IRP-Umsetzung mit circa Breisach ein weiteres Vorhaben dar, bei 600 Mio. Euro gegenüber! Wie dringend es dem auf bestehende Bausubstanz zurückge- mit der Umsetzung der Rückhalteräume griffen werden kann. Das ehemalige Über- steht, zeigte einmal mehr das Hochwasser im Mai 1999, bei dem die Rheindämme bei Karlsruhe stark gefährdet waren und bei einem Überströmen der Dämme eine

Kulturwehr Breisach beim Hochwasser im Mai 1999 Katastrophe eingetreten wäre.

Kulturwehr Kehl/Straßburg

Kulturwehr Breisach im Normalbetrieb

Lageplan des geplanten Rückhalteraumes Kulturwehr Breisach

22 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Hochwasser.Umsetzung

Agieren statt reagieren Übersicht über die erforderlichen technischen Hochwasserschutzmaßnahmen Investitionen für die Zukunft des Landes in Baden-Württemberg

Der Überblick über die erforderlichen Hochwasserschutzmaßnahmen an den großen Gewässern Baden-Württembergs ist die Basis für ein zielgerichtetes Vorge- hen. Der technische Hochwasserschutzbe- darf an Gewässern, für die das Land als Baulastträger selbst aufkommen muss, wurde umfassend erhoben.

Bedarf für Hochwasserschutzmaßnahmen Insgesamt erfordern ca. 200 begonnene und geplante Hochwasserschutzprojekte an Gewässern I. Ordnung und Bundeswasserstraßen Investitionen von rund 860 Mio. Euro (ohne Abzug der Beteiligung Dritter wie der Anteil des Bundes am IRP, die kommunale Beteiligung an Gewässern I. Ordnung und EU-Förderungen). Die Beteiligung Dritter beläuft sich nach heutigem Stand auf ca. 290 Mio. Euro. Damit muss das Land den Löwenanteil von 570 Mio. Euro aufbringen. Die Maßnahmen sind getrennt nach den Kategorien „Rückhaltebecken“, „Deiche, Dämme“ und „Sonstige, Objektschutz“ im Einlegeteil dieser Broschüre dargestellt und der Investitionsbedarf bezogen auf die Landkreise aufgeführt. Für die Planung und Umsetzung der vordringlichsten Maßnahmen ist gegenüber den derzeit jährlich zur Verfügung stehenden Landesmitteln von knapp 17 Mio. Euro eine beträchtliche Aufstockung um mindestens 20 Mio. Euro erforderlich.

Bilanz und Ausblick 23 Hochwasser.Ausblick

Hochwasserschutz geht uns alle an Schauen wir in die Zukunft! Die Hochwassergefahr können wir zwar auch morgen nicht bannen, doch die Schäden eines Hochwasserereignisses lassen sich begrenzen durch eine ganz- heitliche und gemeinsame Vorsorge. Verzichten wir darauf, überschwemmungsgefährdete Gebiete unangepasst zu nutzen. Wenn wir dort keine wertvollen Bauwerke errichten, brauchen wir auch keine Schäden an Gebäuden und Anlagen zu befürchten. Erhalten wir diesen Gebieten vielmehr ihre ursprüngliche Funktion, bei Hochwasser die Fluten aufnehmen zu können. Sorgen wir dafür, dass bereits bestehende Bebauungen hochwasserangepasst ausgerüstet werden und stimmen wir unser Verhalten auf drohende Gefahren ein! Wir befinden uns bereits auf einem guten Weg: mit einem klugen Flächenmanagement und der weitergehenden Hochwasservorsorge wie auch dem technischen Hochwasserschutz. Die zahlreichen Erfolge beweisen das. Doch lassen wir unser Engagement nicht erlahmen, gehen wir mit Elan an die Zukunftsauf- gaben heran: solidarisch von der Ideenfindung über die Umsetzung der Projekte bis zur finan- ziellen Absicherung der Vorhaben. Der gemeinsame Wille und die enge Zusammenarbeit von Politik und Behörden, von Städten, Kommunen und Bürgern, von Wasserwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, von Industrie, Forschung und Wissenschaft werden uns einen zukunftsweisenden Hochwasserschutz garantieren.

24 Hochwasserschutz in Baden-Württemberg

Weitere Informationen:

Ministerium für Umwelt und Verkehr: ...... www.uvm.baden-wuerttemberg.de Regierungspräsidien: ...... www.rp.baden-wuerttemberg.de Gewässerdirektionen: ...... www.gwd.baden-wuerttemberg.de

Landesanstalt für Umweltschutz: ...... www.lfu.baden-wuerttemberg.de Hochwasser-Vorhersage-Zentrale: ...... www.hvz.baden-wuerttemberg.de

Integriertes Rheinprogramm (IRP): ...... www.gwd.baden wuerttemberg.de/lahr/frame_irp.htm Integriertes Donau-Programm (IDP): . . www.gwd.baden-wuerttemberg.de/riedlingen/projekte/idp.htm Integrierende Konzeption Neckar-Einzugsgebiet (IKONE): ...... www.ikone-online.de

Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA): ...... www.lawa.de www…Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR): ...... www.iksr.org