Folge 44 Vom 30.10.1965

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Folge 44 Vom 30.10.1965 Organ der Landsmannschaft Ostpreußen e. V. Jahrgang 16 / Folge 44 Hamburg 13, Parkallee 86 / 30. Oktober 1965 3 J 5524 C Die roten Manöver EK. Nur gelegentlich haben wir etwas von Marschälle entscheidend zum Sturz mitgehol• den Herbstmanövern vernommen, die die Streit• fen. Heute würde keiner der neuen Herren ein kräfte der Sowjetunion und die Armeen ihrer solches Tänzchen mit den Chefs der Roten Ar• Trabanten auch in diesem Jahr durchgeführt mee wagen. haben. Jene Redseligkeit, mit der zum Beispiel die amerikanische Presse — sehr zum Verdruß Auf militanter Basis verantwortungsbewußter Kräfte — so ziemlich jede mdlitärische Neuigkeit auspo• Die bis heute überaus starke Verknüpfung zwi• saunt, hat es in kommunistischen Regimen nie schen Staatspolizei und Streitkräften in der So• gegeben. Sie wäre den roten Redakteuren auch wjetunion und in den Satellitenländern ist im sehr schlecht bekommen. Wenn sich die Mar• Westen — vor allem bei den Amerikanern schälle und Generale in Moskau, Warschau, und Briten — oft erheblich unterschätzt wor• Prag oder Bukarest selbst mit sogenannten den. Das verführt zu falschen Bewertungen, „Indiskretionen" zum Wort melden, "weiß alle zu politischen Illusionen. Wie viele prominente Welt, daß hier nach sorgfältigster Absprache Politiker aus den Reihen der englischen Kon• mit den Chefs der Regime nur das gesagt wird, servativen und Labours, der amerikanischen was die westliche Welt ohnehin erfahren sollte. Demokraten und Republikaner haben offenkun• Wir haben übrigens keinen Grund, die wie• dig immer noch nicht begriffen, daß Lenins derholten Versicherungen Malinowskis und an• bolschewistische Partei niemals eine derer anzuzweifeln, daß auch nach Chru- Partei, eine zivile politische Organisation im schtschews Sturz die Bemühungen der neuen westlichen Sinne, sondern von Anfang an Kremlführung die Rote Armee, Flotte und eine straffgeführte Truppe von Verschwö• Luftmacht ebenso wie die Raketenstreitkräfte rern und gehorsamen Befehlsempfängern mit immer weiter auszubauen und auf den neuesten durchaus militärischem Charakter war und Stand zu bringen, nicht einen Augenblick blieb. Niemals hat man daran gedacht, hier nachgelassen haben. Die Sowjetunion verfügt etwa eine Tribüne für selbständig denkende nicht nur über ein riesiges Arsenal nuklearer und handelnde Politiker, ein Diskussionsforum Vernichtungswaffen, sondern auch über gewal• zu schaffen. Fas fünf Jahrzehnte ging es nur tige Bestände an fortentwickelten „kon• darum, willfährige Apparatschiks, verläßliche ventionellen" Panzern, Geschützen, Funktionäre auszubilden, die als Offiziere und Flugzeugen. Nach dem Beispiel der ame• Unteroffiziere in den Kadern der Partei, des rikanischen „Ledernacken" soll Moskau zum Regimes und der Armee die Kommandos der Beispiel auch ein riesiges Marinekorps von Zentrale auszuführen hatten. Wie sehr hier über 180 000 Mann aufgestellt haben, das über• eines mit dem andern verzahnt blieb, das hat all rasch zu Landungen eingesetzt werden kann. man in Washington und London zuweilen Eine Reihe von sowjetischen U-Booten ist heute noch nicht begriffen. Unter den roten sicherlich schon in der Lage, ähnlich wie die Marschällen gibt es z. B. eine Reihe von amerikanischen Polaris-Einheiten, Atomraketen Uralt-Parteigenossen, die sehr viel abzufeuern. Im übrigen verfügt die in den früher zu Lenins Partei stießen als die heu• letzten Jahren völlig modernisierte rote Flotte tigen Herren des Kreml. Der jetzige einfluß• allein über einige Hunderte von Unterwasser• reiche Generalstabschef, Marschall Sacharow, kampfschiffen, von denen viele ohne weiteres trat etwa drei Jahre vor Chruschtschew in auf allen Weltmeeren — auch fern von sowje• die KPdSU ein, der übrigens bei feierlichen tischen Küsten — operieren können. Nur ein• Gelegenheiten auch gerne die Uniform eines mal — und zwar unter Chruschtschew selbst — Politruk-Generals trug. Hoher Offizier der po• ist in der damaligen Moskauer Zentrale der litischen Überwachung der Roten Armee ist ja Standpunkt vertreten worden, man könne das auch der jetzige Parteichef Breschnjew ge• ganze Gewicht auf Raketen und wesen. Als in diesen Wochen die sehr umstrit• tenen Anweisungen der neuen Führung für atomare Waffen legen und bei den die Wirtschaftsreformen in der UdSSR verkün• konventionellen Truppen Rubel und Soldaten det wurden, erklärte Breschnjew, man könne einsparen. Die rote Generalität hat dem da• nur auf einen durchschlagenden Erfolg rech• maligen Alleinherrscher diese Extratour nie nen, wenn „die Armee der zwölf Mil• vergeben und vergessen. In der Stunde des lionen" kommunistischer Parteimitglieder Staatsstreiches und der Entmachtung haben die geschlossen anträte. Man sieht, wie auch hier die Aufgabe der neuen Funktionärsklasse durchaus soldatisch gesehen wird. Das neue Bundeskabinett Schwenkungen und Geplänkel Am vergangenen Wochenende wurde die Re• Es war Lenin selbst, der als erster rein mi• Auf der Treppe des Reichstagsgebäudes vor 40 Jahren gierungsbildung abgeschlossen. Die bisherigen litärische Begriffe und Ausdrücke in großer Bundesminister Werner Schwarz, Hans Lenz, Zahl in die Sprache der russischen kommu• Generalteldmarschall Paul von Beneckendorfl und von Hindenburg verläßt am 11. 5. 1925 — Ernst Lemmer, Theodor Blank und Karl Weber nistischen Revolutionäre übernahm, der sofort dem Tage seiner Vereidigung als Reichspräsident — das Reichstagsgebäude. — Zu einem auf sind aus der Bundesregierung ausgeschieden. nach seiner Machtergreifung den Aufbau einer Seite 5 angekündigten neuen Buch von Professor Dr. Walther Hubatsch: „Hindenburg und Das neue Kabinett setzt sich wie folgt zusam• roten Armee und einer roten geheimen Staats• der Staat", aus dem dieses Bild entnommen ist. men: polizei anordnete. Daß man für die Welterobe• Bundeskanzler: Ludwig Erhard (CDU) rung eine revolutionäre Strategie und Taktik Vizekanzler und Bundesminister für Gesamt• brauche, war ihm ganz klar. Von geruhsamen, deutsche Fragen: Erich Mende (FDP) demokratischen Entwicklungen, von humanitä• Die neugeschaffenen achtundzwanzig (!) Wie die junge Generation über die Zumutun• Außen: Gerhard Schröder (CDU) ren Stimmungen hielt er gar nichts. Er hat den Industrieministerien sollen zwar gen der unseligen Denkschrift denkt, das be• Innen: Paul Lücke (CDU) Kurs bestimmt, den dann auch Stalin steuerte. volle Verantwortung tragen, aber keineswegs leuchtet der Brief eines jungen Juristen an die Justiz: Richard Jaeger (CSU) Und als Chruschtschew versuchte, auch nur volle Handlungsfreiheit gegenüber Parteikon• „FAZ", in dem es heißt: Finanzen: Rolf Dahlgrün (FDP) ein paar Korrekturen vorzunehmen, zeigte sich trolleuren und anderen Aufpassern erhalten. Wirtschaft: Kurt Schmücker (CDU) deutlich genug, wie fest hier in Jahrzehnten Im übrigen beschränken sich die politischen „Wer in der Mitte des 20. Jahrhunderts die Ernährung: Hermann Höcherl (CSU) ein gewisser Stil schon fundamentiert war. So• Manöver auf hinhaltende, vorsichtige Taktik. Landkarte verändern will, braucht nur die Be• eben hat sich wieder erwiesen, daß auch nach Moskau mahnt unentwegt zur roten Einheit wohner des betreffenden Gebiets auszutreiben Arbeit: Hans Katzer (CDU) einer fast endlosen Folge wirtschaftlicher Fehl• und ein paar Jahre später wird die evangelische Verteidigung: Kai-Uwe von Hassel (CDU) und horcht auf gefälligere Töne aus Peking. planungen der dabei doch hauptverantwortliche Für einen im Westen oft prophezeiten Gesin• Kirche sagen, jetzt hätten die zwangsweise dort• Verkehr: Hans Christoph Seebohm (CDU) Funktionärsapparat der Partei und des Re• hin geschafften Menschen ihrerseits .Lebens• Post: Richard Stücklen (CSU) nungswandel, für eine Änderung der roten gimes keineswegs ausgeschaltet werden kann. Strategie gibt es keinen Anhaltspunkt. recht' erworben. Das ist nichts anderes als die Wohnungsbau: Ewald Bucher (FDP) Volk-ohne-Raum-Politik auf polnisch. Vertriebene: Johann Baptist Gradl (CDU) Bundesrat: Alois Niederalt (CSU) Die Vertreibung von über neun Millionen Familie und Jugend: Bruno Heck (CDU) Menschen aus Ostdeutschland wird allein durch Wissenschaft: Gerhard Stoltenberg (CDU) die Macht Sowjetrußlands aufrechterhalten und Schatz: Werner Dollinger (CSU) Verdiente scharfe Zurückweisung garantiert. Auf diese Pax Sowjetica will sich die Entwicklungshilfe: Walter Scheel (FDP) Kirche als Friedensmacht offenbar rechtzeitig Gesundheit: E. Schwarzhaupt (CDU) kp. Es steht heute fest, daß die Denkschrift gruppe" offenbar, auf die Außenpolitik der auch diesseits des Eisernen Vorhangs einstellen Sonderminister: Heinrich Krone (CDU) der evangelischen Kirchenleitung und ihrer so• kommenden vier Jahre Einfluß zu gewinnen . ." Man vergegenwärtige sich nur einmal, daß die Sonderminister: Ludger Westrick (CDU) genannten „Kammer für öffentliche Verantwor• Einige kritische Stimmen aus der Presse brin• Grundstücke, Häuser, Gehöfte und der sonstige Besitz, der in Ostdeutschland blieb, bis zum Von den vier neuen Ministern ist vor allem tung" zur Lage der Vertriebenen und zum Ver• gen wir auf dieser Seite. Nicht uninteressant ist hältnis des deutschen Volkes zu seinen öst• es wohl, wenn in der „Zeit" die Gräfin Dön• heutigen Tage im Eigentum der Vertriebenen Johann Baptist Gradl zu nennen, der neue Ver- und ihrer Erben stehen. Millionen Betroffene triebenenminister. Gradl ist 61 Jahre alt. Er ge• lichen Nachbarn durchaus nicht nur bei den Mil• hoff ihre Stellungnahme „Kirche auf poli• lionen heimatvertriebener evangelischer Chri• tischen Abwegen?" überschreibt, bei manch werden in ihrer sich daraus ergebenden mora• hörte zu den Gründern der CDU in der
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