Offizielles Magazin für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 3/2013 Mai/Juni

Titelthema So arbeitet ein Schiedsrichter- Coach in der

Report Neue Ideen: So bleiben Schiedsrichter länger am Ball

Lehrwesen Was man über Vorteil und verzögerten Pfiff wissen sollte

Projekt Perspektive: Schiedsrichter- Ausbildung in Unterstützer und Lehrer zugleich: Der Schiedsrichter-Coach der Haftanstalt analysiert die Leistung des Bundesliga-Referees.

Editorial Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser, schon im Sinne der Fairness gegenüber allen anderen Schiedsrichtern. der Kampf um Punkte, Aufstiege und Titel gehört zum Fußball dazu: Jedes starke Team So ergibt sich am Ende eines Spieljahres ein möchte am Ende einer Saison die Meister- Ranking, das der Kommission wichtige schaft gewinnen. Am unteren Ende der Tabelle Anhaltspunkte liefert für den Auf- oder kämpfen Vereine währenddessen verbissen Abstieg eines Schiedsrichters. Denn bei uns um den Klassenerhalt, den sie als oberstes im Schiedsrichter-Wesen muss der Grundsatz Saisonziel ansehen. weiterhin gelten: Die Leistungsstarken stei- gen auf, und die Leistungsschwachen steigen Vergleichbar ist die Situation auch bei den ab. Schiedsrichtern: Viele Unparteiische streben

Ein offener Titelthema Coaching – mehr als nur beobachten Wie ein Schiedsrichter-Coach Umgang in der Bundesliga arbeitet 4 , Vorsitzender Panorama 9 danach, am Ende einer Saison in die nächst - der DFB- höhere Spielklasse aufzusteigen. Ein Abstieg Schiedsrichter- Lehrwesen hingegen gilt oft als eine persönliche Nieder- Kommission. Vorteil – eine subjektive Frage lage oder gar als persönliches Scheitern. Worauf es bei der Anwendung der So zählt es auch zu den Aufgaben der DFB- Bestimmung konkret ankommt 11 Damit die Kommissionen und Ausschüsse Schiedsrichter-Kommission, diejenigen ihre Entscheidungen über Auf- und Abstiege Unparteiischen, die offensichtlich in einer Report nachvollziehbar treffen können, kommt eine Spielklasse überfordert sind und über eine Austausch gelungener Ideen ganz besondere Verantwortung unseren lange Zeit fehlerhafte Leistungen zeigen, Was die „Ömis“ auf ihrer Tagung besprochen haben 14 Schiedsrichter-Beobachtern zu: Sie müssen gegen die Schiedsrichter auszutauschen, die Woche für Woche die Leistungen von glänzende Leistungen erbracht und sich eine Nachruf Schiedsrichtern analysieren und bewerten. breite Akzeptanz in ihrer Spielklasse erwor- Trauer um Gerhard Schulenburg 16 Mit ihrer Erfahrung und Übersicht können sie ben haben. Diese Wahrheiten sind zwar nicht enorm dazu beitragen, dass insbesondere immer für jeden angenehm, entsprechen Regel-Test junge Schiedsrichter ihre eigene Leistung aber unserem Auftrag einer Gleichbehand- Rund um den Einwurf 17 realistisch einschätzen und konstruktiv an lung aller Schiedsrichter. einer Leistungsverbesserung arbeiten kön- Analyse nen. Der interessante Beitrag von Bianca Riedl, die Ein Ball zu viel im Spiel den Arbeitstag eines Schiedsrichter-Coachs Was man aus der Bundesliga lernen kann 19 Im Profi-Fußball setzen wir seit einigen Jah- in der Bundesliga beobachtet und begleitet ren individuelle Coaches ein, die den Unpar- hat, spiegelt den veränderten Aufgabenbe- Analyse – Der besondere Fall teiischen beobachten, ihm mit Rat und Tat reich eines Beobachters im modernen Profi- Sicherheit vor Schnelligkeit 23 zur Seite stehen und ihn in seiner Entwick - Fußball eindrucksvoll wider. lung über einen längeren Zeitraum begleiten. Projekt Allen Beobachtern und Coaches wünsche ich Vom Täter zum (Schieds-)Richter In speziellen Fortbildungen und Seminaren viel Freude an ihrer wichtigen und verant- Warum Häftlinge zu Unparteiischen schulen wir diese Fachleute für eine gezielte wortungsvollen Tätigkeit. Unseren Schieds- ausgebildet werden 26 Spielanalyse, vor allem aber auch für eine richtern drücke ich die Daumen für die fachlich nachvollziehbare und fundierte bevorstehende finale Saisonphase. Gespräch Gesprächsführung im Nachgang einer Spiel- „Die Vorteile liegen auf der Hand“ leitung. Wie Thorsten Schriever die Arbeit des Vierten Offiziellen sieht 28 In einem sachlichen und moderaten Fachge- spräch ist es Aufgabe der Coaches, gemein- Porträt sam mit dem Schiedsrichter die erfolgte Ein Buch voller Erinnerungen Spielleitung zu analysieren, Stärken und Wie Schiedsrichter Gerd Lamatsch Schwächen des Unparteiischen zu benennen Ihr Herbert Fandel zum Buchautor wurde 30 und ihm Verbesserungsmöglichkeiten aufzu- zeigen. Dass aus einer schwachen Spiellei- Aus den Verbänden 32 tung während der Spielanalyse keine gute werden kann, ist dabei völlig klar – allein Vorschau 4/2013 34

Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen. SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 3 Titelthema Coaching – mehr als nur Wenn ein Bundesliga-Schiedsrichter nach einem Spiel seine Leistung reflektiert, dann interessiert ihn Fans oder der Spieler. Viel wichtiger ist ihm die Einschätzung des Experten auf der Tribüne: Der sogena des Unparteiischen und gibt ihm nach dem Spiel wertvolle Ratschläge. Bianca Riedl hat Coach Rainer Schalke“ begleitet.

nen und schätzen: Rainer Werth- mann ist zugleich auch Bastians Individual-Coach. Er verfolgt die Entwicklung seines Schützlings über die ganze Saison, gibt ihm Tipps und begleitet seinen Werde- gang.

Die Stimmung in der Kabine ist gut, und während die Schiedsrich- ter für die Massage vor dem Spiel abwechselnd den Raum verlassen (eine Maßnahme, die es seit Beginn dieser Saison in der Bundesliga gibt), wird sich unterhalten, die Jungs ziehen sich um, und es wird auch mal gelacht. Bereits zwei Stunden vor dem Spiel waren die Schiedsrichter im Stadion und haben die vielen Dinge, die vor einem solchen Spiel anstehen, längst erledigt: Abgleichen der Trikotfarben, Kontrolle des Platz - aufbaus, kurze Gespräche mit bei- Die Fernsehbilder machen es möglich: Schiedsrichter-Coach Rainer Werthmann nimmt gemein- den Trainern. „Die Zeit rennt“, sam mit den Unparteiischen die Spielleitung unter die Lupe. merkt Bastian an, „langweilig wird es nie.“ ans strömen in Massen zu den klopft energisch an die Kabinentür. ter des heutigen Spiels, tritt ein. FEingängen, dick eingepackt in Nach kurzem Warten wird sie Als er Rainer sieht, lächelt er, und 14.30 Uhr: Wieder klopft es an der Jacken, Handschuhe an und Müt- geöffnet, und Rainer betritt die beide begrüßen sich herzlich. Man Tür: Die Mannschafts-Aufstellun- zen auf. Die Schals tun heute ihren Schiedsrichter-Kabine. Die Assis - merkt schnell, dass sie sich ken- gen sind da und werden jedem der Dienst nicht nur als Fan-Utensil. Es tenten und Tho- ist der zweite Februar-Tag, und eisi- mas Gorniak sowie der Vierte Offi- ger Wind pfeift über die blau-wei- zielle Thorsten Schriever erwarten ßen Fangruppen hinweg, die dem ihn bereits. bevorstehenden Bundesliga-Spiel zwischen Schalke und Greuther „Ich bin seit sechseinhalb Jahren Fürth entgegenfiebern. raus aus dem Aktiven-Dasein“, erläutert Werthmann, „aber ich 14.00 Uhr: Unbeachtet von den kann mich noch genau an die Anspan- Wartenden gelangt Rainer Werth- nung vor dem Spiel erinnern.“ Er mann in den Eingangsbereich. Ziel- versuche daher immer, gute Laune strebig schreitet der hochgewach- zu verbreiten, um dem Team die sene Mann durch die Eingangshalle Nervosität ein wenig zu nehmen. zur Rolltreppe, die direkt in die Überhaupt sei es seine wichtigste Katakomben hinunterführt. Aufgabe, die vier Unparteiischen in jeder Form zu unterstützen. Er braucht nur wenige Schritte, dann ist er den Gang entlang an Ein Klopfen unterbricht ihn, und den vielen Ordnern vorbei und Bastian Dankert, der Schiedsrich- In der Kabine kann es auch mal locker zugehen…

4 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 beobachten weniger die Meinung der Medien, auch nicht die der nnte „Schiedsrichter-Coach“ analysiert die Leistung Werthmann zu einem Bundesliga-Spiel „auf

Beteiligten in die Hand gedrückt. Schwierigkeiten im Kopf durch- Sofort fangen die Assistenten und geht – sich mit möglichen Situa- der Schiedsrichter an, die Aufstel- tionen im Spiel befassen. Es gebe lungen beider Mannschaften zu andere, die eine Art Tunnelblick diskutieren. Jetzt ist es noch eine entwickeln. Eine wichtige Facette der Schiedsrichter-Leistung ist die Stunde bis zum Spielbeginn, eine Ansprache der Spieler: Bastian Dankert hier mit Jermaine halbe Stunde vor Anpfiff werden Er selbst, erzählt Rainer Werth- Jones. die Schiedsrichter zum Warmlau- mann, habe es gerne gehabt, fen gehen. wenn bis kurz vor Spielbeginn schnell erkannt: „Hier kannst du Gefühl zu geben, dass er nicht auf noch Witze erzählt wurden. Mit viel mehr erreichen, als wenn du Gegenkurs sei, sondern dass das Ein letztes Mal wendet sich der dem Anpfiff waren dann auf einen aktiver Spieler bleibst.“ Aufzeigen einer anderen Perspek- Beobachter an das Team und ver- Schlag die Ernsthaftigkeit und tive durchaus hilfreich sein kann. kündet lächelnd, dass er ja viel- Konzentration im Team da. Auch in Eine richtige Erkenntnis, schließ- „Ich interessiere mich immer für leicht gar nichts zu arbeiten habe. seiner jetzigen Rolle sei es ihm lich schaffte er es bis in die die Sichtweise des Schiedsrich- Vorausgesetzt, Bastian und seine wichtig, die Situation zu entspan- Bundesliga. Mit 47 Jahren, der ters.“ Deshalb frage er ihn auch zu Helfer machen alles richtig. nen: „Die stehen alle schon derart Altersgrenze für Top-Schiedsrich- Beginn der Besprechung, was er in Lachen schallt durch den Raum, stark unter Druck. Als Beobachter ter, habe er sich dann entschie- dieser oder jener Situation mit und nach einem letzten Hand- zusätzlichen Druck aufzubauen, den, als Lehrwart junge Schieds- den Spielern kommuniziert habe. schlag für jeden verlässt Rainer ist da das Verkehrteste, was man richter weiterzubilden. Das ist So versuche er, sich ein genaueres die Kabine. machen kann.“ auch kein Wunder, denn Rainer Bild von der Situation auf dem Werthmann ist auch im „richtigen Rasen zu machen. Er wird wieder ernst: „Etwa eine Während wir uns durch die gut Leben“ Lehrer. Seit fast sechs Jah- Stunde vor Spielbeginn beginnt gefüllte VIP-Lounge unseren Weg ren gehört er dem Verbands- „Die große Mehrheit der Schieds- die Konzentrationsphase. Sie dient bahnen (Schiedsrichter-Coaches Schiedsrichter-Ausschuss Westfa- richter ist sehr selbstkritisch und der mentalen Vorbereitung, und in haben zu allen Stadion-Bereichen len an und ist seit zwei Jahren offen für fachliche Hinweise“, dieser Zeit sollte man das Team Zutritt), erzählt Rainer seinen Wer- Coach. betont Rainer. „Manche haben möglichst alleine lassen.“ Jeder degang. Mit 15 sei er Schiedsrich- sogar eine so überzeugende bereite sich unterschiedlich auf ter geworden, dank der Überre- 14.45 Uhr: Wir haben noch Zeit für Eigeneinschätzung, dass ich schon das Spiel vor. Es gebe Schiedsrich- dungskünste seines Vaters. Einmal ein Getränk. Es gehe ihm bei die- die Mappe zugeklappt und gesagt ter, die – ähnlich wie ein Tour-de- Schiedsrichter, habe es ihm immer ser Aufgabe nicht darum, alles habe: perfekt!“ Generell komme er France-Fahrer alle Etappen- mehr Spaß gemacht, und er habe perfekt zu machen. Das könne mit allen Aktiven gut klar: „Ich man gar nicht, weil es so viele versuche stets deutlich zu verschiedene Herangehensweisen machen, dass ich kein Erbsenzäh- gebe. Ziel sei es vielmehr, dass ler bin, sondern jemand, der sie möglichst jeder seiner Schützlinge bei ihrer weiteren Entwicklung aus seinen Anmerkungen etwas unterstützt. Nur das ist entschei- mitnehmen könne. dend. Zu Hause muss sich dann jeder selbst überlegen, ob er Auf die Frage, ob es auch Schieds- etwas mit meinen Tipps anfangen richter gebe, die seine Kritik nicht kann.“ annehmen, schmunzelt Rainer: „Mit mir war es früher auch nicht Auf die Frage, wie groß denn bei immer einfach, denn ich wollte die der Beurteilung strittiger Szenen Hinweise von erfahrenen Beob- der Ermessensbereich sei, wird achtern manchmal auch nicht der Schiedsrichter-Beobachter wahrhaben.“ ernst: „Die Arbeit hat sich stark verändert durch die Medien und Deswegen habe er für solche die fast perfekte Fernseh-Technik. …aber die ernsthafte Einstimmung auf das Spiel bestimmt Reaktionen Verständnis. Er versu- Während früher bei einer Abseits- weitgehend die Vorbereitung. che stets, den Schiedsrichtern das Entscheidung zwei, drei Meter

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siert die Körperhaltung des Beob- Situation fokussieren. Das Blatt achters höchste Konzentration. seines Beobachters füllt sich Vor ihm liegt ein leerer Bogen, schnell. Zu jeder Szene ist die vorbereitet für die Spiel-Notizen. Zeitangabe auf dem Monitor In einer Zeile ganz oben ist Platz notiert: „So können wir die Szene für die Fouls, weiter unten finden nachher in der Besprechung sich die Kommentare zu den bei- schneller wiederfinden und gezielt den Schiedsrichter-Assistenten. unter die Lupe nehmen.“ Der ganze Mittelteil ist frei für Anmerkungen zu den Schiedsrich- Schriftlich festgehalten hat Rainer ter-Entscheidungen. Situationen, die Bastian gut ent- schieden hat. Kommentare wie 15.30 Uhr: Anpfiff. Die Gesänge „hart, aber fair“ zieren den Rand, der Fans erschallen im Stadion. aber auch Situationen, die kritik- Der Blick des Schiedsrichter-Beob- würdig sind. „Darüber müssen wir achters weicht nicht vom Rasen nachher reden“, sagt der Beob- und verfolgt gebannt das Gesche- achter. In diesem Moment beendet Während einer Verletzungsunterbrechung sieht der Schieds- hen. Kaum fällt Bastian Dankert Bastian Dankert unten auf dem richter-Beobachter auf den TV-Monitoren die Wiederholung seine erste wichtige Entscheidung, Rasen mit einem lauten Pfiff die des vorangegangenen Zweikampfs. lehnt sich sein Coach vor und erste Halbzeit, Spielstand: 0:0. eine Rolle spielten, diskutieren wir wirklich live beim Spiel aufgefallen heute über Entscheidungen, bei ist und was ich danach in der Zeit- denen sich einzelne Körperteile im lupe gesehen habe.“ An letzterem Abseits befinden oder auch nicht.“ könne man den Schiedsrichter nicht messen. „Natürlich gibt es Bei solchen Szenen müsse man auch teilweise Entscheidungen, bei schauen, dass die Verhältnismä- denen ich sage, dass ich sie mit- ßigkeit gewahrt werde, unter- trage, obwohl ich selbst anders streicht Werthmann. Jeder Assis - entschieden hätte.“ tent werde ehrlich zugeben müs- sen, dass immer auch ein bisschen 15.25 Uhr: Der Schiedsrichter- Glück dazugehöre. „Ich habe auf Beobachter schaut auf seine Uhr: meinem Tribünenplatz die Möglich- „Gleich ist Anpfiff, wir müssen los.“ keit, mir die Szene noch einmal in Während wir auf der Pressetribüne Zeitlupe anzusehen, das sind Platz genommen haben, betreten natürlich ganz andere Bedingun- die Unparteiischen den Rasen, an Vielfarbig hält der Coach die wichtigsten Szenen für die Nach- gen als für das Schiedsrichter- der Hand den Fußball-Nachwuchs. besprechung fest. Team unten auf dem Rasen.“ Rainer Werthmann richtet sich auf, sein Blick ist ab jetzt fest auf das schaut sich auf den Bildschirmen 16.16 Uhr: Während die Fans zu Hier sei es wichtig, betont Rainer, Spielfeld gerichtet. Seit der eine Reihe vor ihm die Szene noch den Toiletten oder Bierständen „zu versuchen, ehrlich zu sein und Schiedsrichter und seine Assisten- einmal in Zeitlupe an. Dann schreibt strömen, erläutert uns Rainer auseinanderzuhalten, was mir ten auf dem Rasen sind, signali- er die erste Notiz auf seinen Bogen. seine Sicht auf die erste Halbzeit: In sauberer, ordentlicher Schrift „Als Schiedsrichter ist es wichtig, notiert er seine Gedanken zu der eine klare Linie zu fahren. Für die Szene. Spieler sollte es berechenbar sein, in welchen Situationen er das Spiel Während des Spiels wird die Situa- unterbricht.“ tion deutlich, die Rainer vorher angedeutet hatte: Nach jedem Bastian habe zu Beginn sehr groß- Pfiff richtet sich sein Blick auto- zügig gepfiffen, sei aber in der matisch auf die Bildschirme vor letzten Szene eher kleinlich gewe- ihm. Er betrachtet die Szene sen. „Diese Situation werde ich zunächst zeitversetzt und dann sicher mit ihm besprechen“, meint noch einmal in der Wiederholung. der Beobachter ruhig. Er zeigt den Kommentar „nicht zu viel laufen Während Rainer seine Notizen ver- lassen“ auf seinem Block. fasst, geht es auf dem Rasen in Sekundenschnelle weiter. Bastian Mit der Gesamtleistung seines „Ich war früher für die Beobachter auch nicht immer einfach“, hat keine Zeit, lange nachzuden- Schützlings ist er bis hierhin aber gesteht Rainer Werthmann im Gespräch mit SRZ-Mitarbeite- ken, ruck zuck muss er seine zufrieden: „Als Schiedsrichter rin Bianca Riedl. Konzentration auf die nächste muss man stets die Kommunika-

6 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 tion als Mittel zur Deeskalation einsetzen“, erklärt Rainer. Es sei wichtig, den Ton der Spieler zu Zur Person treffen: „Das ist eine von Bastians Stärken. Deswegen rate ich ihm Ein Mann mit viel Erfahrung oft, das gezielt einzusetzen.“ Mehr als 20 Jahre lang war Rainer Werthmann für 16.32 Uhr: Während unten das bis- den DFB als Schiedsrichter und Schiedsrichter-Assis - her torlose Spiel weiterläuft, erläu- tent im Einsatz. Bis 2006 war er in der Bundesliga tert der Coach die Situation: „Das aktiv, bevor er aus Altersgründen ausschied. „Ich ist jetzt eine sensible Phase, Bastian war bei mehr als 400 Spielen im Einsatz und bildete muss aufpassen, dass er außen vor zusammen mit ein festes Gespann“, bleibt und nicht zu sehr in den blickt Rainer Werthmann auf seine aktive Karriere Fokus rückt.“ In diesem Moment zurück. Auch mit Thorsten Kinhöfer (Foto) leitete er fällt durch Michel Bastos das erste einige Bundesliga-Spiele. Neben seiner Tätigkeit als Tor, die Schalker fallen sich in die Schiedsrichter-Coach ist der heute 53-Jährige als Arme. Sechs Minuten später Lehrwart im Fußball- und Leichtathletik-Verband schafft Felix Klaus allerdings den Westfalen aktiv. Ausgleich für die Fürther.

Der Druck, der von beiden Mann- schaften ausgeht, wird jetzt spür- internen Bewertung ordentlich zu den Weg zu den Unparteiischen, sich aber darin einig, dass sie das bar, Bastian muss immer häufiger Buche schlägt“, kommentiert der denn für die ist der Tag noch lange Spiel unter Kontrolle hatten. Der eingreifen. Bei der Auswechslung Schiedsrichter-Beobachter. „Aller- nicht zu Ende. Beobachter bestätigt ihre Sicht. von Julian Draxler in der 66. Minute dings muss man hier auch eindeu- „Die zweite Halbzeit war richtig entlädt sich der Frust der Schalke- tig differenzieren: Es war kein Feh- 17.45 Uhr: Zurück in der Kabine stark von euch, ihr habt das Spiel Fans, wütende Pfiffe übertönen die ler des Schiedsrichters, sondern wartet der Beobachter, bis alle souverän geleitet“, lobt er. „Aller- Stadionansage. „Das ist jetzt des Assistenten.“ Unparteiischen geduscht und dings wisst ihr auch, dass ihr an genau das, was wir vorher bespro- umgezogen sind. Als sie erfahren, problematischen Einzel-Entschei- chen haben“, betont der Beobach- Der Coach nimmt sich die Zeit, in dass ein Abseitstor das Spiel ent- dungen gemessen werdet.“ ter, „die Stimmung kippt und rich- Ruhe seine Notizen zu vervollstän- schieden hat, ist die Stimmung tet sich gegen das eigene Team. digen, und klappt anschließend die gedrückt. Bastian Dankert Rainer nennt die Situationen, die Jetzt muss er die Konzentration Mappe zu. „Jetzt muss ich den Fin- bringt es auf den Punkt: „Das ist er sich notiert hat: „Das wären die besonders hochhalten, weil es zu ger in die Wunde legen, am Ende wie ein Schlag ins Gesicht. Da Dinge, die ich mir gerne mit euch Frustreaktionen der Heim-Mann- wird man an Einzel-Entscheidun- haben wir 90 Minuten ein gutes anschauen würde.“ Das Team nickt schaft kommen kann.“ Bastian gen gemessen“, meint er ernst, Spiel gepfiffen, und dann so ein zustimmend, und alle versammeln zeigt Nervenstärke und pfeift das „Ich muss jetzt versuchen, Wege Mist.“ sich gemeinsam in einem Halb- Spiel weiter souverän. aufzuzeigen, wie ein solcher Fehler kreis um den Bildschirm. Zusam- verhindert werden kann. Rückgän- Der Reihe nach fragt Rainer jeden men sprechen sie Situation für Die Nachspielzeit neigt sich schon gig machen kann man ihn nicht aus dem Team über seine Meinung Situation durch, und wie er es dem Ende zu, als Djurdjic in der mehr.“ Und während sich das Sta- zu dem Spiel. Jeder von ihnen kri- immer macht, lässt sich der Beob- 92. Minute das 2:1 für das Schluss- dion leert, macht sich Rainer auf tisiert einzelne Szenen. Sie sind achter stets die Sichtweise der licht Greuther Fürth schießt. Kaum Unparteiischen erläutern. ist das Spiel abgepfiffen, die weni- gen Fürther Fans sind noch am Das Gespräch ist durch gegenseiti- Jubeln, da ist Rainer bereits ver- gen Respekt gezeichnet. „Hier schwunden. Die Mitarbeiter von der warst du schnell dabei, ,Tatort-Prä- „Sportschau“ in der Reihe vor uns senz’ ist auch gefragt“, lobt Rainer diskutieren aufgeregt und spulen den Schiedsrichter. Als einer der die Video-Aufnahmen zurück. Als Assistenten zugibt, dass er eine der Schiedsrichter-Beobachter Szene in der ersten Halbzeit so zurückkommt, bleibt ihm ein kurzer nicht gesehen habe, winkt der Satz zu uns, bevor er von Fragen Beobachter ab: „Das hättest du bestürmt wird: „Das war Abseits.“ auch gar nicht sehen können. So etwas kriegen auch viele Teams Nachdem er mit den Journalisten nicht hin, die schon lange einge- gesprochen hat, lässt sich Rainer spielt sind.“ Werthmann wieder auf seinem Platz nieder. „Ein spielentschei- Beim Studium des Fouls eines Für- dendes Abseitstor ist natürlich ein Auch das gehört zum Job des Schiedsrichter-Coachs: ARD- ther Spielers sind alle überrascht: gravierender Fehler, der sowohl in Reporter Jürgen Bergener fragt Rainer Werthmann nach sei- „In dieser Einstellung sieht es nach der öffentlichen als auch in meiner ner Einschätzung einer Szene. purer Absicht aus.“ Bastian räumt

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auch in der letzten Minute nicht einen Augenblick unaufmerksam sein.“

Bastian muntert seinen Assisten- ten auf: „Wir gewinnen zusammen als Team, und wir verlieren als Team.“ Doch Thomas nimmt die Schuld auf sich. „Vielleicht kommst du jetzt auch öffentlich unter Beschuss. Ich war mal in der Bild-Zeitung mit Tomaten auf den Augen abgebildet“, erzählt Rainer von seinen eigenen Erfahrungen. „Wichtig ist, dass du dich der sach- lichen Kritik stellst, dann aber wie- der nach vorn schaust!“ Alle nicken zustimmend.

18.45 Uhr: Als die relevanten Spiel- Das Team und der Coach bei der Nachbesprechung: Martin Petersen, Thomas Gorniak, Thors- szenen besprochen sind, verlässt ten Schriever, Bastian Dankert und Rainer Werthmann (von links) tauschen sich intensiv aus. das Team die Kabine und geht ein, dass er das so nicht gesehen wusstsein da. Deshalb müssen wir habe. „Das konntest du auch nicht, auch nicht päpstlicher sein als der dafür müsstest du hinter dem Tor Papst, das habt ihr richtig stehen“, kommentiert Rainer. So gemacht.“ wie die Kamera, die diese Bilder aufgezeichnet hat. Neben all’ dem Lob werden natür- lich auch die kritischen Situatio- Als das Gespräch auf einen ausge- nen angesprochen, das Fehlen fahrenen Ellenbogen in der ersten einer klaren Berechenbarkeit in Halbzeit kommt, ordnet Rainer der ersten Halbzeit am Beispiel Werthmann das so ein: „Ein sehr einzelner Szenen. Dennoch schafft erfahrener Bundesliga-Schieds- es der Beobachter, die Kritik kon- richter könnte das vielleicht noch struktiv zu formulieren und mit mit einer Ermahnung regeln, aber Ratschlägen für die Zukunft zu es ist absolut im ,gelb’-würdigen versehen. Bereich. Und deshalb war es rich- tig, hier mit ‚Gelb’ einzusteigen.“ Und dann ist es so weit, das 2:1 für Die Fernsehbilder lassen manchen Zweikampf aus einem Fürth fällt noch einmal – jetzt auf anderen Blickwinkel und damit in einem anderen Licht Auch für eine weitere Foul-Situa- dem Bildschirm. Wieder und wieder erscheinen. tion und deren Bewältigung durch schauen sich alle die Szene an, aber Bastian hat er viel Lob übrig: „Hier die Worte des Beobachters lassen Ihr macht einen verdammt schwie- durch das längst leere Stadion zu ist die Schnelligkeit der Entschei- keinen Interpretations-Spielraum: rigen Job, und ich bin kein Freund den beiden Wagen, die die Schieds- dung gefragt, die Gestik und dass „Das war ein gravierender Fehler. von Diskussionen über einzelne richter zum Bahnhof bringen. du auf den Foulspieler zeigst. Eine Körperteile. Aber das hier war eine solche Entscheidung musst du klare Abseitsstellung. Ihr pfeift in Auch Rainer Werthmann macht hundertprozentig verkaufen, damit der Bundesliga, so etwas müsst ihr sich auf den Heimweg. Doch für es zu keinen Diskussionen kommt. sehen.“ ihn ist der Arbeitstag noch immer Und genau das hast du gemacht. nicht zu Ende: Er muss zu Hause Klasse!“ Das Team schildert seine Sicht- seine Eindrücke am PC schriftlich weise und versucht herauszufin- festhalten. Den Beobachtungsbo- Thorsten Schriever, der Vierte Offi- den, wie Thomas das Abseits über- gen wird er dann später der zielle an diesem Tag, berichtet von sehen konnte. Wieder achtet Rai- Schiedsrichter-Kommission des einem aufgebrachten Trainer, der ner darauf, Tipps mit an die Hand DFB zukommen lassen. auf den Rasen gestürmt ist. Nach zu geben: „Wichtig ist, dass du die seinem „Ausflug“ habe der Trainer Konzentration bis zum Abpfiff bei- Denn auch dort wollen die Verant- ihn reumütig gefragt, ob er jetzt behältst! Das Stellungsspiel wortlichen wissen, wie die neutra- auf die Tribüne müsse. Die fünf Aufmerksam hört sich Bas - machst du generell richtig, aber len Schiedsrichter-Experten in den lachen, und Rainer bestätigt: „Bei tian Dankert die Einschätzun- hier musst du aufpassen. Die Sze- Stadien die Leistungen ihrer ihm war immerhin das Unrechtsbe- gen seines Coachs an. nen sind so komplex, da darfst du Unparteiischen einschätzen. ■

8 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Gegners – das ist nichts, worüber viele Worte verloren werden müs- sen. Muss jedoch ein Mitglied des Schiedsrichter-Teams während des laufenden Spiels ausgetauscht werden, ist das schon eher eine Meldung wert.

Am 26. Spieltag der 2. Bundesliga musste in der 23. Minute des Spiels TSV 1860 München gegen Hertha BSC Berlin Schiedsrichter-Assistent Alina Widenmann erzählt von ihren ersten Schritten als Volker Wezel verletzungsbedingt Schiedsrichterin. passen. Er zog sich bei einem Sprint einen Muskelfaserriss zu. Stellvertretend geben die Nach- nis bin ich mehr als zufrieden. Der Daraufhin tauschte er mit dem wuchs-Referees Alina Widenmann, Film hat für den ehrenamtlichen Vierten Offiziellen Thorsten Schiff- Laurin Titze und Patrick Rudolf Bereich eine hohe Qualität“, sagt ner die „Arbeitsplätze“. Vorher war Einblicke in ihre Tätigkeit. Ebenso Dirk Gärtner. Der Film entstand im Wezel vom Team-Arzt der Münch- kommen Andreas Thiemann, Vor- Sommer 2012 im Rahmen des ner behandelt worden. Der Assis - sitzender des Verbands-Schieds- Jung-Schiedsrichter-Masters in tent: „Das war sehr professionell richter-Ausschusses, und Dirk Grevenbroich-Neukirchen, beim und wichtig, weil ich dadurch Gärtner, Schiedsrichter-Vorsitzen- internationalen Jugendfußball-Tur- schneller wieder fit werden kann.“ der des Kreises Grevenbroich/ nier des Novesia-Cups in Neuss Er rechnete für sich mit einer Neuss, zu Wort. Fußball-Prominenz und bei einer Abendveranstaltung zwei- bis dreiwöchigen Pause. Das ist ebenfalls vorhanden: So äußern in der Veltins-Arena auf Schalke in Spiel im Olympiastadion konnte sich der ehemalige Bundestrainer Gelsenkirchen. Redaktion, Drehar- ohne große Verzögerung fortge- Erich Ribbeck, Uli Stein, Stefan beiten und Schnitt lagen in den setzt werden. Reuter, Jörg Wontorra und Huub Händen des langjährigen Neusser Stevens zu der „Herausforderung Schiedsrichters Jan Piatkowski Weder Wezel noch Schiffner zeig- Schiedsrichter“. (TSV Norf). ten sich von dem Zwischenfall Panorama beeindruckt: Schließlich sind beide „Wir haben lange überlegt, einen Der Film ist auf YouTube verfügbar schon sehr lange auf höchster Image-Film zu drehen und hatten und kann unter Schiffner für Wezel – Ebene dabei. Wezel war bis zum dabei eine recht geringe Erwar- http://bit.ly/Schiedsrichter-Neuss Wechsel an der Linie Erreichen der internationalen tungshaltung. Aber mit dem Ergeb- abgerufen werden. Altersgrenze (45 Jahre) FIFA-Assis - Verletzungsbedingte Wechsel sind tent, Schiffner ist es immer noch. keine Seltenheit. Ob Angreifer, Gemeinsam mit Schiedsrichter Punktabzug sorgt reagiert“, sagte Kuhn. Die Vereine Mittelfeldspieler oder Verteidiger, Bastian Dankert und dem zweiten hätten eingesehen, dass ohne ob mit oder ohne Einwirkung des Assistenten Arno Blos wickelte beim Handball für Schiedsrichter kein ordentlicher das umgestellte Team das Spiel mehr Schiedsrichter Spielbetrieb möglich sei und problemlos ab. Anwärter zu den Lehrgängen Dass Schiedsrichter-Mangel auch geschickt. Inzwischen sind 30 neue in anderen Sportarten ein Problem Schiedsrichter ausgebildet wor- Kreis Grevenbroich ist, zeigt ein Beispiel aus dem den. Handball: Seit der vergangenen drehte Imagefilm Saison bestraft der Handballver- „Ich denke, unsere Vereine haben band Rheinhessen erste Mann- inzwischen realisiert, dass wir Aus- und Weiterbildung junger schaften mit Punktabzügen, wenn Schiedsrichter-Nachwuchs brau- Unparteiischer, Karriere-Möglich- die Vereine das Schiedsrichter-Soll chen und dass Schiedsrichter keiten, Persönlichkeits-Entwick- nicht erfüllen. Die bei den Klubs genauso zum Vereinsleben gehö- lung und Gemeinschaft – dies sind umstrittene Maßnahme trage ren wie Spieler und Trainer“, so die Themen-Schwerpunkte des Früchte, die Zahl der Schiedsrich- Kuhn weiter. Die Idee sei laut Kuhn Info-Films der Schiedsrichter des ter werde wieder größer, stellte jedoch nicht ganz neu: In anderen Kreises 5 Grevenbroich/Neuss im Verbands-Präsident Klaus Kuhn in Landesverbänden – und auch Län- Fußballverband Niederrhein. Im einem Interview mit der Allgemei- dern – wird der Punktabzug schon Dezember 2012 wurde der „Strei- nen Zeitung Alzey fest. länger praktiziert. In Frankreich fen“ vorgestellt. In dem 18 Minuten zum Beispiel darf eine Mannschaft Thorsten Schiffner (links) hat langen Film erfährt der Zuschauer „Unsere Maßnahme hat gegriffen. nur aufsteigen, wenn sie auch gerade die Assistenten-Fahne vieles über Motivation und Mög- Fast alle Mannschaften in der Schiedsrichter mit der Qualifika- von Volker Wezel übernom- lichkeiten der jungen Nachwuchs- Rheinhessenliga haben Punktab - tion für diese neue Klasse nach- men. kräfte im Kreis. züge hinnehmen müssen und weist.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 9 Panorama

Zwei-Stufen-Plan und der Unter- größten „Batzen“ strich Amisia Aber im vorliegenden Fall kommt soll-Bestrafung des Verbandes. Im Rheine mit 250 Euro ein, gefolgt die schlechte Kunde (erstmal) Kreis Steinfurt konnten sich bei- vom SV Burgsteinfurt und dem nicht zum Tragen: Nürnbergs spielsweise sechs Vereine am Jah- Skiclub Rheine (je 100 Euro). Nr. 9, Stürmer Pekhart, darf ins resende über insgesamt 600 Euro SV Wilmsberg, Lau-Brechte und Ein- Spiel – und muss gleich wieder aus der Kreis-Kasse freuen: Den tracht Rheine erhielten je 50 Euro. raus?! Geht ja gar nicht, denn zunächst muss ein Spieler vom Platz gehen, bevor ein anderer rauf darf. So steht es schließlich im Regelwerk.

Wen wollte Hermes, der Vierte Offizielle, in diesem Moment zum Wechselfall Auswechseln bewegen: Die 6? Die 3? Oder vielleicht die 19? Klar Dass Hermes, der Bote und Ver- ist eines: Für einige Sekunden künder der Beschlüsse der grie- konnte sich jeder Nürnberger chischen Götter, heutzutage auf Spieler sicher sein, dass er nicht den Auswechseltafeln des Profi- gemeint wäre. Bis Thomas Gorniak Fußballs auftaucht, hat natürlich seinen Irrtum bemerkte: Um ein in erster Linie etwas mit Wer- paar Millimeter hatte er an der bung zu tun. Aber ein wenig richtigen Ziffer vorbeigefingert. Wohl dem, der mehr Schiedsrichter hat als er muss. Symbolik steckt auch darin. Die Nummer 8 hatte es vielleicht Schließlich überträgt die Tafel schon geahnt: Sebastian Polter den Beschluss des Gottvaters musste nach 68 Minuten für die Nach Attacke für Reiner Hohn, der Vorsitzende der Zeus, der im Fußball „Trainer“ Nummer 9 Platz machen. Womit zuständigen Spruchkammer, genannt wird: Ein Spieler darf ab dann der schlechte Teil von Her- immer gesperrt sagte der Süddeutschen Zeitung, sofort mitspielen, ein anderer mes‘ Botschaft auch noch ange- es sei an der Zeit gewesen, ein muss raus. Normalerweise. kommen war. Nach einer gefährlichen Attacke Zeichen zu setzen. Die Bedrohun- auf einen Schiedsrichter ist in gen gegen Schiedsrichter hätten Krefeld ein Hobby-Fußballer zugenommen, vor allem in den lebenslang gesperrt worden. untersten Kreisligen. „Ausgerech- Über Soll! Vereine halben Jahr ist der neue Zwei-Stu- net dort“, sagte Hohn, „wo nur fen-Plan in Kraft, wonach für die Der 26-jährige Täter war bei der Hobby-Teams spielen“. kassieren Bonus Übererfüllung des Schiedsrichter- Hallen-Kreis-Meisterschaft in der Solls den Vereinen pro Referee Krefelder Glockenspitzhalle vor Bei der Verhandlung kam auch zur Es wird für viele Vereine immer Geld gezahlt wird. 400 Zuschauern zunächst wegen Sprache, dass der Spieler bereits schwieriger, geeigneten Schieds- einer Schiedsrichter-Beleidigung zwei Monate zuvor bei einem richter-Nachwuchs zu gewinnen „Vereine, die mehr Schiedsrichter des Feldes verwiesen worden. Dann Ligaspiel einen Schiedsrichter und zu halten. Ein Beispiel dafür, stellen als gefordert (Stichtag attackierte er den Schiedsrichter angegangen und für einen Spiel- dass ein solches Engagement 1. Juli), erhalten für jeden überzähli- brutal. Er schlug ihm gegen den abbruch gesorgt hatte. Er darf durchaus belohnt wird, findet sich gen Schiedsrichter pro Jahr einen Kopf und sprang dem Unpartei- nun nie wieder für einen Verein im Fußball- und Leichtathletik-Ver- Bonus im Wert von 50,00 Euro“, ischen anschließend mit den Bei- spielen. band Westfalen (FLVW). Seit einem heißt es in den Ausführungen zum nen voran in den Rücken. ■

Die internationalen Spiele der Deutschen im Januar und Februar 2013 FIFA-Schiedsrichter unterwegs Name Wettbewerb Heim Gast Assistenten/Vierter Offizieller/Torrichter Europa League Dnipro Dnipropetrovsk FC Basel Kleve, Schiffner, Scheppe, Hartmann, Winkmann Champions League Real Madrid Manchester United Borsch, Lupp, Schiffner, Fritz, Welz Manuel GRÄFE Europa League Levante UD Olympiakos Piräus Häcker, Henschel, Kleve, Dingert, Winkmann Thorsten KINHÖFER Meisterschaft Saudi-Arabien Al Hilal Club Al Nassr Club Häcker, Fischer Europa League Olympique Lyon Tottenham Hotspur Salver, Pickel, Bornhorst, Zwayer, Welz U 21-Länderspiel England Schweden Lupp, Pelgrim Stephan KAMMERER Futsal-EM-Qualifikation Griechenland Wales Stephan KAMMERER Futsal-EM-Qualifikation Armenien Griechenland Stephan KAMMERER Futsal-EM-Qualifikation Griechenland Bulgarien

10 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Lehrwesen Vorteil – eine subjektive Frage Was man unter dem Begriff „Vorteil“ versteht, weiß sicher jeder Schiedsrichter. Worauf es aber bei der Anwendung konkret ankommt, erklärt Günther Thielking. Er stellt den Inhalt des aktuellen DFB-Lehrbriefs Nr. 48 vor.

er den internationalen Fußball Win der Vergangenheit regelmä- ßig verfolgt hat, erinnert sich bestimmt gut an das Champions- League-Finale im Jahr 2006: Jens Lehmann stand damals im Trikot von Arsenal London dem FC Barce- lona gegenüber. Als Stürmer Samuel Eto’o allein auf Lehmann zulief, holte der deutsche Torhüter den Angreifer direkt vor der Straf- raumgrenze von den Beinen.

Der norwegische Unparteiische Terje Hauge pfiff die Attacke des deutschen Schlussmanns sofort ab, wertete sie als „Verhinderung einer klaren Torchance“ und zeigte dem Keeper die Rote Karte. Was Hauge nicht erkannt hatte: Der mitgelaufene Ludovic Giuly vom spanischen Meister konnte das Leder unmittelbar nach dem Foul ins Tor schießen. Als Jens Lehmann im Finale der Champions League 2006 Samuel Eto’o von den Beinen holt,...

Wenn der Referee nur Sekunden- ...unterbricht Schiedsrichter Terje Hauge das Spiel, ohne den „Vorteil“ abzuwarten, und zeigt bruchteile mit seinem Pfiff gewar- dem deutschen Torhüter dann die Rote Karte. tet und stattdessen auf Vorteil erkannt hätte, dann wäre dies das 1:0 für den FC Barcelona gewesen – und Jens Lehmann hätte lediglich „Gelb“ gesehen.

Die Begriffe „hätte“, „wäre“ und „wenn“ bei der Beurteilung von Vorteil-Situationen lassen erken- nen, dass es im amtlichen Regel- text keine konkrete Definition zum Begriff „Vorteil“ gibt. So findet sich auch kein eindeutiger Hin- weis, woran ein solcher Spielvor- teil zweifelsfrei zu erkennen ist.

Von regeltechnischer Bedeutung für die Bewertung eines Verge- hens und die daraus erwachsende Konsequenz ist für den Schieds- richter, dass er immer dann das ursprüngliche Vergehen zu bestra- fen hat, wenn der Vorteil nicht direkt nach dem Foul eintritt. Die

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 11 Lehrwesen

Zeitspanne, die hierbei eine Rolle Jedoch zählen die Regelhüter Kriterien weitere Faktoren auf, die spielt, wird nicht exakt festgelegt. mehrere Aspekte auf, die eine sol- Einfluss auf die Entscheidung des Doch sollte der „verzögerte Pfiff“ che Entscheidung wesentlich Schiedsrichters bei der Frage nach noch im Zusammenhang mit dem beeinflussen: Kommt es zu einem „Vorteil“ haben. Hierzu gehören Ablauf des Geschehens zu erken- schweren Vergehen, das eine Rote unter anderem die Beschaffenheit nen sein. Karte nach sich ziehen muss, so des Platzes, die Wichtigkeit des hat der Schiedsrichter in jedem Spiels für eine oder sogar beide Die Grundlagen zur Anwendung Fall immer dann das Spiel zu Mannschaften, aber auch eine von Vorteil und des verzögerten unterbrechen, wenn es nicht regionale Rivalität zwischen den Pfiffs sind in Regel 5 festgehal- unmittelbar nach dem Geschehen Teams. ten. Es heißt dort unter „Rechte zu einer klaren Torchance kommt. und Pflichten“: „Der Schiedsrich- Schließlich spielt auch die Spiel- ter hat … von einer Spielunterbre- Der Unparteiische hat auch dann klasse, in der der Unparteiische chung abzusehen, wenn dies von ein Vergehen abzupfeifen, wenn eingesetzt ist, eine Rolle bei der Vorteil für dasjenige Team ist, die Erfolgsaussicht eines Angriffs „Vorteil“-Anwendung. „Es macht gegen das sich das Vergehen rich- eher gering anzusehen ist, oder einen großen Unterschied, ob ich tete, und das ursprüngliche Ver- wenn ein Foul weit entfernt vom im Bezirk, auf Kreisebene oder gehen zu bestrafen, wenn der gegnerischen Tor erfolgt. gar bei einem Altherrenspiel ein- erwartete Vorteil zu diesem Zeit- gesetzt bin“, berichtet Schieds- punkt nicht eintritt.“ Darüber hinaus spielt nach Ansicht richter Marc Gareis aus dem Marc Gareis aus dem Bezirk des IFAB der Spielcharakter eine Bezirk Hannover. „Je höher die Hannover. Einige Abschnitte später geht die bedeutende Rolle bei der Anwen- Spielklasse, desto mehr wollen die FIFA dann in einem weiteren dung von Vorteil. In einem über- Spieler, dass ich das Spiel laufen Unparteiischer nur das oft zitierte Absatz nochmal auf dieses Thema hart geführten, zerfahrenen Spiel lasse. Da soll der Spielfluss nur Fingerspitzengefühl bei der ein und gibt unter der Überschrift mit zahlreichen offenen und ver- dann unterbrochen werden, wenn Bewertung von Vorteil-Situatio- „Vorteil“ mehrere Hinweise auf steckten Fouls muss der Unpartei - das Zweikampf-Verhalten zu viele nen besitzt. Auch darf der Aspekte, die bei der Bewertung ische deutlich kleinlicher pfeifen Härten aufzeigt.“ Anders sehe das Schiedsrichter das Erkennen von von Vorteil-Situationen zu beach- Vorteil nicht ausschließlich von ten sind. Zusätzlich wird der der notwendigen Spielkontrolle, Schiedsrichter an dieser Stelle seinem umsichtigen Auftreten darauf hingewiesen, dass er seine oder einem gehörigen Quäntchen Entscheidung nach einem Verge- Glück abhängig machen. hen „innerhalb der nächsten paar Sekunden zu treffen“ hat, sodass Zur richtigen Entscheidung, ein er mit dieser Aussage die formale Spiel nach einem Foul nicht zu Möglichkeit zum verzögerten Pfiff unterbrechen, gehören vor allem bekommt. umfangreiche Erfahrungen nach einer Vielzahl von geleiteten Spie- Wichtig für den Unparteiischen len. Verbunden damit sind deren ist in diesem Zusammenhang, kritische Reflexion und ein inten- dass es sich bei der Anwendung siver Erfahrungsaustausch mit der Vorteil-Bestimmung um eine anderen Unparteiischen. Tatsachen-Entscheidung handelt. Die Spieler haben weder einen Die Möglichkeit einer gezielten Anspruch noch ein Recht darauf, Schulung zur Frage „Vorteil – eher dass der Schiedsrichter diese ja oder nein?“ bietet der Lehr- Bestimmung anwendet, oder dass brief 48. Zusätzlich zu dieser mehr er das Spiel nach einer Regel- theoretischen Arbeit werden zehn übertretung unterbricht und mit Video-Clips aus dem aktuellen der notwendigen Spielstrafe fort- Fußballgeschehen angeboten. An setzt. diesen Szenen können die Refe- Mit nach vorne gestreckten Armen zeigt Schiedsrichter Felix rees dann auch die Fragen nach Die Vorteil-Bestimmung kann vom Zwayer an, dass er ein Foul erkannt, aber auf „Vorteil“ ent- dem „Was wäre, wenn?“ intensiv Schiedsrichter bei jedem Verstoß schieden hat. diskutieren. gegen die Regel 12 angewendet werden – unabhängig davon, ob als in einem fair geführten Fußball- bei den Altherren aus: „Dort wird Sie werden am Ende feststellen, es sich um ein verbotenes Spiel spiel mit einer positiven, freund- oft bei kleinen Fouls laut aufge- dass es den hundertprozentig oder um ein unsportliches Betra- schaftlichen Spielatmosphäre. schrien – und die Spieler erwarten richtigen Weg bei der Frage nach gen handelt. Der International meinen Pfiff“, sagt der 19-Jährige. „Vorteil“ nicht gibt. Denn letztlich Football Association Board (IFAB) In einer Tabelle führen die Verfas- ist die Entscheidung dazu gleich macht dazu im Regeltext keinen ser des Lehrbriefs 48 zusätzlich zu An Marcs Aussage wird deutlich, von mehreren subjektiv zu bewer- Unterschied. diesen im Regelbuch vermerkten dass es nicht ausreicht, wenn ein tenden Einflüssen abhängig.

12 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 damit die Sanktion im zeitlichen, örtlichen und kausalen Zusammen- Praktische Tipps von FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer hang ausgesprochen werden kann. Dies gilt ohne Ausnahme, wenn das Vergehen eine Rote Karte erfordert, „Die Spielkontrolle meistens sogar aber auch, wenn „nur“ eine Verwarnung folgt. Vor- teil-Gewährung und damit späteres Aussprechen einer Verwarnung hat stets Priorität“ Der 31-jährige Felix Zwayer bedürfen einer außergewöhnlichen pfeift seit 2009 in der Bundes- Situation, viel Erfahrung und unein- Um die „Vorteil“-Regel richtig und ist nicht automatisch auch ein Vor- liga und steht seit Januar 2012 geschränkter Spielkontrolle und sinnvoll anzuwenden, braucht es teil. Das Entscheidende bei der auf der FIFA-Liste. Akzeptanz des Schiedsrichters. eine Menge Spiele, wenn nicht Bewertung ist der tatsächliche Vor- sogar einige Jahre an Erfahrung teil für das Spiel. Ergeben sich also Spiel sofort unterbrochen werden. Wie lange „darf“ es bis zur nächs - als Schiedsrichter. Worauf es dabei eine aussichtsreiche Angriffs-Situa- Damit ermöglicht man die Versor- ten Spielunterbrechung dauern, besonders ankommt, erklärt FIFA- tion, eine Dynamisierung des Spiel- gung des Spielers und verhindert, damit man nachträglich noch eine Schiedsrichter Felix Zwayer in der ablaufs, eine Überzahl-Situation für dass die Spieler selbst das Spiel Persönliche Strafe für ein Vergehen Rubrik „Aus der Praxis – für die die angreifende Mannschaft, dann stoppen, indem sie den Ball ins Aus aussprechen kann? Praxis“. wird eine Vorteil-Gewährung spielen. Auch wenn sich unmittel- Zwayer: Regeltechnisch kann eine zumeist begrüßt. bar weitere Zweikämpfe anschlie- Persönliche Strafe nachträglich Herr Zwayer, worin liegt Ihrer Mei- ßen könnten, sollte das Spiel ausgesprochen werden, solange nung nach die größte Schwierigkeit, schnell unterbrochen werden, um das Spiel nach einer Unterbrechung die „Vorteil“-Regel sinnvoll einzu- Schlimmeres zu verhindern. Auch nicht wieder fortgesetzt wurde. setzen? gilt es zu bedenken, dass fast jede Aber je länger es vom Vergehen Felix Zwayer: Die Entscheidung ist Mannschaft mittlerweile einen Frei- und der Vorteil-Entscheidung bis komplex und von zahlreichen Fakto- stoß-Spezialisten im Team hat. hin zum Aussprechen der Persön- ren abhängig, die alle in kürzester Gerade in Strafraumnähe kann die lichen Strafe dauert, umso schwie- Zeit bewertet und abgewogen wer- Unterbrechung dann sogar der grö- riger wird es, die Entscheidung den müssen. Hierbei sind neben ßere Vorteil sein. nachvollziehbar darzustellen. Beim jahrelanger Erfahrung als Schieds- Welche Rolle spielt in diesem Zu - Aussprechen der Strafe sollte durch richter auch fußballerisches Spiel- sammenhang der Spielcharakter? Mit welcher Gestik und mit welchen eine entsprechende Geste, also Zei- verständnis und ein guter Überblick Zwayer: Der Spielcharakter hat Worten sollte der Schiedsrichter gen zum Ort des Vergehens, der hilfreich. Wendet man „Vorteil“ in einen erheblichen Einfluss auf die gegenüber den Spielern kommuni- Zusammenhang zu dem Vergehen den falschen Situationen an, Entscheidung. Bei unruhigem Spiel- zieren, dass er auf „Vorteil“ ent- klargemacht werden. Hierbei darf besteht die Gefahr, dass ein Spiel verlauf sind schnelle und präzise schieden hat? aber nie das Risiko eingegangen aus den Fugen geraten, zumindest Entscheidungen von großer Bedeu- Zwayer: Beide Arme werden in werden, den falschen Spieler zu aber zeitweise unruhig werden tung. Sie haben Signalwirkung, und Schulterhöhe nach vorne gestreckt. verwarnen oder eine zwingende kann. eine Unterbrechung trägt zur Spiel- Unterstützt wird dies zumeist durch Gelbe Karte nicht zeigen zu können, beruhigung bei. Die unmittelbare einen lauten Ruf „Weiterspielen!“. weil man sich den fehlbaren Spieler Was sind die Kriterien, nach denen Ahndung eines Vergehens zeigt die Ich selbst versuche häufig noch, nicht merken konnte. Sie entscheiden, ob Sie das Spiel vom Schiedsrichter tolerierte Spiel- nach Abschluss der entsprechen- sofort unterbrechen oder ob Sie weise auf. In einer ruhigen Spiel- den Spielsituation die beteiligten In welchen Situationen sollte man „Vorteil“ laufen lassen? phase hingegen, in der die Spiel- Spieler zu erreichen. Im Vorbeige- als Schiedsrichter den „verzöger- Zwayer: Es geht darum, die Spiel- kontrolle gegeben ist, kann der hen verdeutliche ich den Spielern, ten Pfiff“ anwenden, und worauf ist phase und den Spielcharakter zu Schiedsrichter den Spielfluss unter- dass ich das Vergehen erkannt dabei zu achten? bewerten, die einzelne Situation – stützen. Die Entscheidung „Vorteil“ habe, aber eine Vorteil-Gewährung Zwayer: Der verzögerte Pfiff also die Charakteristik und die Aus- stellt dann Spielverständnis und für sinnvoll erachtet habe. So mer- ermöglicht dem Schiedsrichter, in wirkung eines Vergehens – zu Fachverstand unter Beweis. Den- ken der „Täter“, dass seine Spiel- potenziellen Vorteil-Situationen das erkennen und die jeweiligen Vor- noch gilt: Die Spielkontrolle hat weise als Vergehen bewertet und Geschehen zunächst zu überblicken und Nachteile einer Spielunterbre- stets Priorität. Es ist nicht die vor- nicht toleriert wird, und das und dann eine Entscheidung zu chung oder eben einer Vorteil- rangige Aufgabe des Schiedsrich- „Opfer“, dass der Schiedsrichter es treffen. Ergibt sich der erwartete Gewährung einzuschätzen. Erst ters, das Spiel um jeden Preis lau- schützt. Vorteil nicht, dann wird dem Spieler wenn man all' diese Dinge in kürzes- fen zu lassen oder es gar schnell zu der fällige Freistoß zugesprochen. ter Zeit übereinanderlegt, kann man machen. Welche Rolle spielt es für die „Vor- Die Spanne zwischen Vergehen und sich sinnvoll für oder gegen eine teil“-Anwendung, ob das Vergehen verzögertem Pfiff darf allerdings Vorteil-Gewährung entscheiden. Gibt es Situationen, in denen ein eine Persönliche Strafe nach sich nicht zu lange ausgedehnt werden. sofortiger Pfiff grundsätzlich die zieht? Insbesondere sollte spätestens Wann spricht man denn von einem bessere Entscheidung ist, als dass Zwayer: Ist das zugrundeliegende dann das Spiel unterbrochen wer- „sinnvollen Vorteil“? man „Vorteil“ gewährt? Vergehen zwingend mit einer Per- den, wenn sich ein weiteres Verge- Zwayer: Bloßer Ballbesitz, vielleicht Zwayer: Verletzt sich ein Spieler bei sönlichen Strafe zu ahnden, sollte hen anbahnt. sogar in der eigenen Spielfeldhälfte, einem Vergehen, dann sollte das die Unterbrechung sofort erfolgen, ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 13 Report Austausch gelungener Ideen In der vorherigen Ausgabe der DFB-Schiedsrichter-Zeitung haben wir über das Problem der Schiedsrichter-Fluktuation berichtet. Zu diesem Thema tauschten im Februar auch die Öffentlich- keits-Mitarbeiter der Verbände („Ömis“) ihre Erfahrungen aus. SRZ-Mitarbeiter Bernd Peters berichtet über elf Projekte, die bei der Tagung in Frankfurt am Main vorgestellt wurden und von denen andere Kreise und Verbände lernen können.

Bei dem Treffen in Frankfurt am Main berichteten die „Ömis“ von Projekten in ihren Verbänden – und nahmen neue Ideen mit nach Hause.

ktion „Nein zur Diskriminie- Ball“ selbst zu bestimmen. Das konnte jeder sagen, wo ihn der Arung“: In Hessen wurde ein Konzept: Die Verantwortung der Schuh drückt. „Das hat gleich meh- Fair-Play-Forum mit prominenten Entscheidung, welche Mannschaft rere Vorteile“, erklärt Organisator Botschaftern wie Steffi Jones ins einen Einwurf ausführt, bezie- Hilko Paulsen, der als Diplom-Psycho- Leben gerufen. „Mit dieser ein - hungsweise ob das Spiel mit loge gleich selbst die wissenschaft- drucksvollen Positionierung gegen Abstoß oder Eckstoß fortgesetzt liche Auswertung übernahm. „Die Diskriminierung, Gewalt und Extre- werden soll, liegt bei den Spielern. Kollegen fühlen sich ernst genom- mismus jeglicher Art machen wir Erst wenn sich die Spieler nicht men und können mal Dampf ablas- klar, wie stark wir sind“, sagt Hes- einig wurden, entschied der sen. Und dazu merken wir als Ent- sens „Ömi“ Karsten Vollmar, der im Schiedsrichter. Effekt für die scheidungsträger, wo wir uns noch Verbands-Schiedsrichter-Aus- Schiedsrichter im Kreis: „Der verbessern können.“ Das Ergebnis: schuss für die Koordination des Respekt ist gestiegen, weil jetzt Fast alle Schiedsrichter am Mittel - Projekts zuständig ist. viele Spieler wissen, wie schwierig rhein wünschen sich, durch gemein- unser Job ist“, erklärt „Ömi“ Jan same Events das Gefühl der Aktion „Spieler übernehmen Kohlmann. Zusammengehörigkeit untereinan- Verantwortung“ in Flensburg: der zu stärken. Ein guter Ansatz für Hier wurden Spieler in den Spiel- Aktion „Feedback“: Im Fußball- Wolfgang Mierswa ist Vorsit- weitere Aktionen! klassen des KFV Schleswig-Flens- Verband Mittelrhein (FVM) wurde zender der Arbeitsgruppe burg angehalten, bei ihren Spielen eine Umfrage unter allen Verbands- „Schiedsrichter-Gewinnung Aktion „Basis-Preise“: „Grup- die Spielfortsetzungen nach „Aus- Schiedsrichtern gestartet. Dabei und -Erhaltung“. pen- und Kreisaktionen sind den

14 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Basis-Schiedsrichtern, die wir erhalten wollen, sehr wichtig“, sagt David Hennig, „Ömi“ in Westfalen. „Unser Schwerpunkt liegt deshalb darauf, diese Gemeinschaft zu Die Ehrung von Schieds- ehren.“ Beispiele: „Schiedsrichter richtern (Foto oben) auf des Jahres“, „Nachwuchs-Schieds- Kreisebene (von links: richter des Jahres“, „Ehren- Karl-Heinz Lukas, Leoni- Schiedsrichter des Jahres“. Alles das Exuzidis, Marina auf möglichst unterster Ebene. Wozniak, Boris Bejmo- „Preise auf Bundes-Ebene können wicz) ist eine wichtige ebenfalls etwas bewirken. Aber Anerkennung für deren wenn es sie auf verschiedenen Leistungen. Nicht nur in Ebenen gibt, werden mehr Kollegen Westfalen, sondern gewürdigt und fühlen sich als Teil bereits in vielen weite- der Gemeinschaft“, so Hennig. ren Landesverbänden hat man solche „Basis- Aktion „Jahr des Schiedsrich- Preise“ inzwischen ein- ters“: Der Südwestdeutsche Fuß- geführt. Das Foto unten ballverband (SWFV) rief das Jahr dokumentiert die Aktion 2013 dazu aus. Bundesliga-Schieds- „Nein zur Diskriminie- richter Dr. Jochen Drees diskutierte rung“, bei der die beim Eröffnungsabend mit Kollegen Schiedsrichter in Hes- sämtlicher Leistungsklassen darü- sen (Archivfoto aus dem ber, was sich die „Basis“ von den Odenwald) bereits vor Vorbildern wünscht. Effekt: höheres drei Jahren entspre- Gemeinschaftsgefühl zwischen chende Aufnäher für denen „da oben“ und „da unten“. ihre Trikots erhielten.

Aktion „Gewaltprävention“: Im Rheinland prüft nach mehr als 40 Spielabbrüchen in einer Halbserie tung zum Spiel geschickt - und das pfeifen und sich so quasi selbst eine „Kommission Gewaltpräven- auch über die ersten Spielleitungen ansetzen. Das wird hervorragend tion“, woran das liegt. Gewalt? Ras- hinaus. Auch „prominente“ Kolle- angenommen und steigert die sismus? Spieltechnische Gründe? gen des Verbandes aus den höhe- Motivation. Viele machen sich ganz Alles wird unter die Lupe genom- ren Klassen werden dafür herange- genaue Verkehrspläne, damit sie men. Effekt: „Ursachenerforschung zogen. Effekt: Kein junger Kollege sogar mehrere Spiele pro Tag lei- und Abstellung (weniger Gewalt) wird am Anfang allein gelassen. ten können.“ sollen mehr Schiedsrichter erhalten“, sagt Mit-Initiator Erich Schneider. Aktion „Eltern-Fahrten“: In Süd- Aktion „Spielebörse“: Ähnlicher baden gab es bei häufig großen Ansatz, unterschiedliche Herange- Aktion „Transparente Aufstiegs- Distanzen zwischen Wohn- und hensweise. Im Kreis Köln werden Entscheidungen“: Am Mittelrhein Spielort ein Problem: Wie kommen ebenfalls Spiele im Internet den wird durch Flyer und Veröffentli- die jüngeren Schiedsrichter zu den Schiedsrichtern „angeboten“. Aller- chungen der Beobachter-Anwei- Spielen? Die neue Regelung dort: dings bewerben sich diese für die sungen für alle Schiedsrichter klar, Ein Elternteil muss beim Schieds- Spiele in der Spiele-Börse auf der wie Aufstiegs-Entscheidungen fal- richter-Anwärter-Lehrgang dabei Internet-Seite der Kreis-Schieds- len. Ziel: weg vom „Hinterzimmer“, sein und sich verpflichten, die Fahr- richter, die regelmäßig aktualisiert hin zur transparenten Entschei- ten zu übernehmen – sonst gibt es wird. Wer den Zuschlag erhält, das dungsfindung. „Wir müssen jedem keine Zulassung zum Lehrgang. entscheidet am Ende doch noch Kollegen das Gefühl geben, dass er „Wir haben damit bisher nur gute der Ansetzer. Effekt: Schiedsrichter die Chance hat, bei uns etwas zu Erfahrungen gemacht“, sagt Mit - bekommen ihr Zweit- oder Dritt- erreichen“, erklärt Peter Oprei, Initiator Manfred Biller. spiel – es wird aber vermieden, stellvertretender Vorsitzender des Der Flyer einer Aktion in dass sich Spielleiter „Lieblings- Schiedsrichter-Ausschusses des Aktion „Zweitspiel“: Jung- Schleswig-Holstein, bei der Mannschaften“ aussuchen können, FVM. „Dann sind sie auch weniger Schiedsrichter pfeifen auch und die Spieler selbst über Ein- die sie immer wieder leiten wollen. frustriert, wenn sie mal leer ausge- gerade, um ihr Taschengeld aufzu- würfe sowie Ab- und Eckstöße „Für uns die richtige Mischung aus hen. Denn sie wissen, warum.“ bessern. „Viele wollen deshalb entscheiden sollen. Eigenverantwortung und Kontrol- gerne mehr als ein Spiel pro le“, sagt Mit-Organisator Alex Aktion „Prominente Paten“: Im Wochenende pfeifen“, sagt Berlins nung, in die wir alle Spiele einstel- Degeer aus dem Kölner Kreis- Saarland wird kein jüngerer „Ömi“ Jörg Wehling. „Dem tragen wir len, die nicht besetzt werden kön- Schiedsrichter-Ausschuss. Schiedsrichter mehr ohne Beglei- mit einer Liste im Internet Rech- nen. Wer möchte, kann diese Spiele ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 15 Nachruf Trauer um Gerhard Schulenburg Am 26. März 2013 starb der WM-Schiedsrichter von 1974. Ein Nachruf von Marco Haase auf den Mann, der so gern lachte.

u seinem 85. Geburtstag hatte Nur zehn Tage später: „British Zihn die DFB-Schiedsrichter-Zei- Championship“, wieder Schottland – tung besucht und erlebte einen England, wieder im Glasgower heiteren, fröhlichen Mann, der so Hampden Park, vor der Rekordkulisse herzlich lachen konnte, der von so von 137.438 zahlenden Zuschauern. vielen Begebenheiten aus einem Gerd Schulenburg war ein gern Fußballer-Leben berichtete: Man gesehener Referee auf der Insel. hätte Gerhard Schulenburg tage- Und auch sonst in Europa und der lang zuhören können. Nun ist einer Welt: Ob Pelé oder Puskas, Hurst der besten Unparteiischen, die oder Heynckes, Beckenbauer, Deutschland je hatte, tot. Schulen- Netzer, Seeler – sie alle haben burg, 14 Jahre lang FIFA-Schieds- Schulenburg als gradlinigen, bere- richter und am allerersten Bundes- chenbaren Schiedsrichter kennen- liga-Spieltag 1963 im Einsatz, ver- und schätzen gelernt. starb in der Nacht zum 26. März 2013 in seiner Wohnung in Laatzen Auch nach seinem Abschied aus FIFA bei Hannover. Er wurde 86 Jahre (98 internationale Einsätze, darunter alt. 26 A-Länderspiele) und Bundesliga (106 Spiele) blieb Gerd Schulenburg Seine Schiedsrichter-Karriere aktiv – als Schiedsrichter, als Altliga- begann 1949 im Nachkriegs-Ham- Spieler, als Leiter des Trainings der burg. Damals wollte „Schule“ Schiedsrichter-Gruppe Hannover, als eigentlich weiter Fußball spielen. Vorstandsmitglied. Erst 1988 zog sich 23 Jahre alt war er, als er aufgrund Schulenburg, der 61 Jahre lang mit der schlechten Ernährungslage an seiner im Jahr 2010 verstorbenen Gelbsucht erkrankte und ihm die Frau Irmgard verheiratet war, lang- Ärzte das Kicken verboten. Gerhard Schulenburg (1926 bis 2013). sam zurück – ganz langsam. Auch beruflich: Der langjährige Geschäfts- Damals herrschte Mangel an allem, Zuschauern – England verlor in der Oder das von 134.000 Zuschauern führer einer Krankenkasse ging auch an Unparteiischen, und so EM-Qualifikation mit Stars wie Gor- besuchte Europapokal-Halbfinale damals in den wohlverdienten Ruhe- verlegte sich der junge Mann, um don Banks, Bobby Moore und Geoff im Hampden Park von Glasgow stand. beim Fußball zu bleiben, aufs Pfei- Hurst. Schulenburg war der erste zwischen Celtic und Leeds United fen. Schnell wurden die Fußball- kontinental-europäische Referee am 15. April 1970. Diese Zuschauer- Unvergesslich bleibt seine humor- Oberen auf Gerhard Schulenburg überhaupt, der in Wembley dieses zahl in einem europäischen Pokal- volle Art: Am 27. März 1971 wurde aufmerksam. Schon 1953 pfiff er in Spiel der beiden britischen Mann- Wettbewerb ist bis heute uner- seine Frohnatur unmittelbar vor dem der Oberliga, der damals höchsten schaften leiten durfte. reicht. Anpfiff der Partie 1. FC Köln – Borus- Spielklasse. Und als die Bundesliga sia Mönchengladbach eindrucksvoll 1963 gegründet wurde, stand er dokumentiert: Wolfgang Overath und bereits seit drei Jahren auf der Günter Netzer standen sich bei der FIFA-Liste. Bis 1974 blieb er interna- Platzwahl gegenüber, es wurde tionaler Referee, bevor er mit 47 gescherzt – und Schulenburg musste Jahren die Altersgrenze erreichte. herzhaft lachen. Genau in diesem Die WM im eigenen Land wurde ein Moment drückte der Fotograf auf letzter großer Höhepunkt seiner den Auslöser – und es entstand Karriere. eines der bekanntesten Sportfotos, das bis heute gute Laune macht, Die Liste der hochkarätigen Fuß- wenn man es anschaut. ballspiele, die „Schule“ geleitet hat, ist lang. Zum Beispiel pfiff er Schauen wir es uns in Gedenken an am 15. April 1967 den legendären Gerd Schulenburg in Ruhe an, lassen 3:2-Auswärts-Sieg der Schotten im uns von der Heiterkeit anstecken Wembley-Stadion gegen den dama- Gerhard Schulenburg 2011 mit dem berühmten Netzer/Overath- und lächeln dann mit – „Schule“ ligen Weltmeister vor 100.000 Foto. würde es sicherlich gefallen. ■

16 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Regel-Test Fragen

einige Schritte läuft und ungehin- dert und freistehend auf das Tor Rund um den Einwurf schießt. Der Torwart kann den Ball abwehren, der Schiedsrichter ent- Dass es auch bei der eigentlich unproblematischen Spielfortsetzung scheidet sich jetzt nachträglich für Freistoß und gibt „Gelb“. Handelt er Einwurf einige Tücken gibt, zeigt Lutz Wagner bei drei der insgesamt 15 richtig? Situationen, die er für diese Ausgabe zusammengestellt hat. Situation 12 Situation 1 Situation 5 Strafraumlinie, nimmt ihn dort mit Bei einer Strafstoß-Ausführung der Beim Spielstand von 4:3 für die Ein Eckstoß wird in der Form ausge- den Händen auf und schlägt ihn ab. Mannschaft A wirft ein Auswechsel- Mannschaft A verzögert der einwer- führt, dass der erste Spieler nur mit Wie reagiert der Schiedsrichter? spieler von Mannschaft B, der sich fende Spieler der in Führung liegen- dem Fuß den Ball antippt, der sich seitlich an der Torlinie aufhält, den Mannschaft bei einem Einwurf zwar bewegt, aber nicht den Teil- Situation 9 einen Ersatzball in den Strafraum. in Höhe der Mittellinie das Spiel auf kreis verlässt. Dieser Spieler ent- Weil ein Spieler nach einem ver- Der Schütze wird dadurch so irri- eine unsportliche Art und Weise. fernt sich danach vom Eckstoß. Nun meintlichen Foulspiel glaubt, den tiert, dass der Torwart seinen Trotz Aufforderung des Schiedsrich- kommt ein zweiter Angreifer hinzu, Pfiff des Schiedsrichters gehört zu Schuss festhalten kann. ters wirft er den Ball nicht ein. Der spielt den noch im Teilkreis liegen- haben, hält er den Ball mit der Hand Schiedsrichter verwarnt daraufhin den Ball und dribbelt damit auf das auf. Allerdings war dies lediglich ein Situation 13 den Spieler und spricht der gegne- Tor zu. Muss der Schiedsrichter hier Pfiff von den Zuschauerrängen, den Ein verletzter Spieler wartet nach rischen Mannschaft den Einwurf zu. einschreiten? aber auch der Schiedsrichter und seiner Behandlung in Höhe der Handelt er richtig? die anderen Akteure auf dem Spiel- Mittellinie auf das Zeichen zum Situation 6 feld wahrgenommen haben. Jetzt Wiedereintritt. Als sich das Spielge- Situation 2 Strafstoß für die Mannschaft A. Der erst unterbricht der Schiedsrichter schehen in seinen Bereich verla- In der Halbzeitpause wechselt die Spieler mit der Nummer 10 legt sich das Spiel. Wie ist zu entscheiden? gert, läuft er ohne die Zustimmung Heim-Mannschaft aus, ohne den den Ball auf den Strafstoßpunkt und des Schiedsrichters auf das Feld. Schiedsrichter darüber zu informie- geht zurück, um Anlauf zu nehmen. Situation 10 Bevor der Schiedsrichter das Spiel ren. Der neu eingewechselte Spieler Der Schiedsrichter pfeift. Daraufhin Ein Angreifer läuft mit dem Ball am unterbrechen kann, wird er von spielt kurz nach der Halbzeit einen läuft der Spieler mit der Nummer 18 Fuß in die gegnerische Hälfte. Ein einem Spieler der gegnerischen langen Pass auf seinen Stürmer, der an und schießt den Ball neben das weiterer Angreifer läuft parallel in Mannschaft verwarnungswürdig am daraufhin ein Tor erzielt. In diesem Tor. Wie muss der Schiedsrichter Stellung, allerdings befindet er sich Trikot gehalten. Jetzt unterbricht Moment merkt der Schiedsrichter, reagieren? in Abseitsposition. Der ballführende der Schiedsrichter. Welche Ent- dass es sich um den in der Halbzeit Spieler will den Ball trotzdem quer scheidungen sind erforderlich? eingewechselten Spieler handelt, Situation 7 passen. Er spielt dabei den Verteidi- von dessen Einwechslung er aber Ein Spieler soll ausgewechselt wer- ger an, der direkt neben ihm läuft. Situation 14 nicht unterrichtet wurde. Wie ver- den. Der neu eingewechselte Spie- Von diesem prallt der Ball sofort Um einen Einwurf auszuführen, holt hält sich der Schiedsrichter? ler hat die Zustimmung vom zurück in seinen Lauf. Er legt sich sich der zum Einwurf berechtigte Schiedsrichter erhalten und möchte den Ball nun selbst vor und läuft Spieler den Ball, der bis vor die Situation 3 nun als erste Aktion einen Einwurf hinterher. Der Schiedsrichter-Assis- Werbebande gerollt ist. Da er in die- Spielentscheidung durch Elfmeter- ausführen. Unter welchen Bedin- tent zeigt mit der Fahne eine sem Moment sieht, dass sein Mit- schießen. Ein Schuss muss wieder- gungen ist dies möglich? Abseitsposition an. Wie entscheidet spieler in einer günstigen Position holt werden, da der Schütze der Schiedsrichter? ist, wirft er den Ball schnell ein. unsportlich getäuscht hat und Situation 8 Dabei befindet er sich zwar auf der dafür verwarnt wurde. Unmittelbar Ein Abschlag des einen Torhüters Situation 11 Höhe, wo der Ball ausgegangen ist, danach, bevor es zur Wiederholung gelangt direkt zu seinem Kollegen Ein Angreifer läuft mit dem Ball am allerdings steht er noch auf der kommt, beleidigt der Schütze den auf der gegenüberliegenden Seite, Fuß alleine auf das Tor zu. Knapp Aschenbahn, ungefähr acht Meter Schiedsrichter. Entscheidung? der den Ball zwar ohne Probleme vor dem Strafraum bringt ihn ein vom Spielfeld entfernt. Wie hat der aufnehmen könnte, ihn aber mit Verteidiger durch Beinstellen zu Schiedsrichter zu reagieren? Situation 4 der Handfläche nach vorne Fall. Der Ball gelangt jedoch zu Ein verteidigender Spieler wird seit abklatscht. Anschließend führt er einem anderen Angreifer, der den Situation 15 einigen Minuten hinter dem eige- den Ball mit den Füßen bis zur Ball kontrollieren kann, dann noch Nach einer Flanke hat der Torwart nen Tor behandelt. Das Spiel läuft den Ball unmittelbar an der Torlinie weiter. Als der Torwart seiner Mann- Von welcher Stelle ein Spieler einen Einwurf ausführen darf, sicher gefangen. Ein Angreifer gerät schaft einen Ball zum Eckstoß ergibt sich aus Situation 14. bei seinem Sprung nach dem Ball abwehrt, möchte der verletzte Spie- seitlich des Tores knapp über die ler wieder am Spiel teilnehmen und Torlinie. Dort kommt es zum Streit meldet sich beim Schiedsrichter- mit einem Platzordner. Der Angreifer Team lautstark an. Lässt der schlägt den Platzordner, während Schiedsrichter diesen Spieler von sich die Mannschaft des Torwarts der Torlinie vor Ausführung des mittlerweile im Angriff befindet. Wie Eckstoßes wieder ins Spielfeld ein- ist zu entscheiden? Und an welcher treten? Stelle ist das Spiel fortzusetzen?

17 Regel-Test Antworten

falsch. Entweder er pfeift, falls er keinen Vorteil erkennt, sofort und Rund um den Einwurf verhängt zudem einen Feldver- weis. Oder er lässt das Spiel weiterlaufen. Dann kann er aber So werden die auf Seite 17 beschriebenen Situationen richtig gelöst. nicht mehr, als die Torchance ver- geben wurde, das Spiel noch unterbrechen, da sich ein weiterer Wirkung abzuwarten und das Spiel Spieler in einer freien Position mit Abstoß fortzusetzen. befand, den Ball kontrollierte und ihn ohne Bedrängnis auf das Tor Situation 7 schießen konnte. Der Spieler muss zuerst das Spiel- feld, wenn auch nur kurz, betreten Situation 12 haben und darf dann unmittelbar Wiederholung des Strafstoßes und danach den Einwurf ausführen. Verwarnung des Auswechselspie- Denn: Ein Auswechselspieler wird lers. erst dann zum Spieler, wenn er (erstens) die Zustimmung des Situation 13 Schiedsrichters erhalten und Das Spiel ist mit einem indirekten (zweitens) das Spielfeld betreten Freistoß fortzusetzen, und beide hat. Somit hat er auch dann erst Spieler sind zu verwarnen. Das das Recht, eine Spielfortsetzung erste Vergehen ist das unerlaubte auszuführen. Ein zwar etwas klein- Wiedereintreten ins Spielfeld. Des- lich und bürokratisch anmutender halb wird dieses mit der Spielstrafe Vorgang, der aber seine Berechti- geahndet. Das zweite Vergehen gung hat. der anderen Mannschaft zieht somit keine Spielstrafe nach sich, Situation 8 wird jedoch aufgrund des unsport- Da es sich hier zweifelsfrei um ein lichen Haltens ebenfalls mit Abklatschen zwecks Kontrolle „Gelb“ bestraft. Wird ein Spieler wegen Zeitverzögerung beim Einwurf ver- handelt, verhängt der Schiedsrich- warnt, bleibt dennoch das Einwurf-Recht für seine Mannschaft ter einen indirekten Freistoß gegen Situation 14 bestehen. den Torwart. Dieser wird an der Dies ist eine korrekte Ausführung. Stelle ausgeführt, an der der Tor- Der Schiedsrichter hat mittlerweile Situation 1 schen Mannschaft wird nicht vor- wart den Ball das zweite Mal mit auch den Einwurf zuzulassen, der Der Schiedsrichter handelt richtig, genommen, da der Vorfall nicht der Hand spielt. mehr als einen Meter hinter der was die Persönliche Strafe betrifft. vor, sondern während des Elfme- Linie ausgeführt wird. Vorausset- Die Spielfortsetzung jedoch ist terschießens passierte. Situation 9 zung ist, dass sich zwischen dem falsch. Da das Zeitspiel und die Da es sich hier um einen offen- Spieler und dem Spielfeld keine Unsportlichkeit vor der Spielauf- Situation 4 sichtlich störenden äußeren Ein- Gegenstände oder Hindernisse nahme stattfanden, muss das Der Spieler darf wieder eintreten, fluss handelt, der von allen Betei- befinden, wie zum Beispiel eine Spiel mit einem Einwurf für die da es sich hier um eine Spielruhe ligten auch klar wahrgenommen Auswechselbank oder eine Werbe- gleiche Mannschaft fortgesetzt handelt und er sich ordnungsge- wurde, ist das Spiel mit einem bande. werden. Die vergeudete Zeit ist mäß angemeldet hat. Das Zeichen Schiedsrichter-Ball an der Stelle nachzuspielen. muss jedoch vom Schiedsrichter fortzusetzen, an der der Ball zum Situation 15 erfolgen. Zeitpunkt der Unterbrechung war. Der Schiedsrichter unterbricht das Situation 2 Das Handspiel erfolgte erst nach Spiel, verweist den Angreifer des Das Spiel ist mit indirektem Frei- Situation 5 dem störenden Einfluss und ist Feldes und setzt das Spiel mit stoß fortzusetzen. Der Spieler ist Nein. Der Ball wurde korrekt ins somit für die Spielfortsetzung einem Schiedsrichter-Ball an der zu verwarnen. Eine Auswechslung Spiel gebracht. Er muss den Teil- nicht relevant. Stelle fort, an der sich der Ball ist erst dann vollzogen, wenn kreis nicht verlassen. Der Ball zum Zeitpunkt der Unterbrechung neben dem Betreten des Spielfelds muss sich lediglich bewegen und Situation 10 befand. Eine Spielstrafe in Form auch die Zustimmung des Schieds- darf dann vom zweiten Spieler Der Schiedsrichter lässt weiter- eines indirekten Freistoßes kann richter vorliegt. gespielt werden. spielen. Er gibt dem Schiedsrich- es nicht geben, da der Schlag ter-Assistenten ein Zeichen, die außerhalb des Feldes gegen den Situation 3 Situation 6 Fahne herunterzunehmen. Zudem Platzordner erfolgte. Auch liegt Der Spieler wird mit der Roten Der Schiedsrichter wartet die Wir- muss in solch einem Fall die Team- kein unerlaubtes Verlassen des Karte des Feldes verwiesen, die kung ab. Der Ball wurde erst nach Absprache optimiert werden. Spielfelds vor, denn der Spieler Wiederholung muss von einem dem Pfiff ins Spiel gebracht. Und hat die Außenlinie bei einer Spiel- Mitspieler ausgeführt werden. entgegen der früheren Regelaus- Situation 11 aktion überquert. Eine Reduzierung der gegneri- legung ist auch in diesem Fall die Der Schiedsrichter handelt hier ■

18 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Analyse

Eine solch ungewöhnliche Situation verursacht natürlich ein wenig Hek- Ein Ball zu viel im Spiel tik bei Spielern und Trainern. Aber der Schiedsrichter erläutert Tor- wart Zieler kurz das Geschehen, Natürlich haben auch die bisherigen Spiele der Rückrunde in den Profi- genauso wie es der Vierte Offizielle ligen Szenen hervorgebracht, deren genauere Analyse allen Schiedsrich- mit Hannovers Trainer macht. Und als dann auch noch der Hamburger tern helfen kann. Vor allem im Bereich Handspiel und Simulation zeigen Rafael van der Vaart im Sinne des Lutz Michael Fröhlich und Lutz Lüttig auf, wie dicht die richtige und die Fair Play den Ball wieder zu Torwart Zieler wirft (Foto 1c), scheint alles falsche Entscheidung oft beieinanderliegen. Zu Anfang befassen sie sich okay zu sein, und die gänzlich allerdings mit einem eher kuriosen Fall. „unerwartete“ Situation ist zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst – allerdings regeltechnisch ine der ungeschriebenen Foto 1a falsch. ERegeln für Schiedsrichter lau- tet im internationalen Sprachge- Denn der Schiedsrichter hat die Rei- brauch: „Expect the unexpected!“ – henfolge der Ereignisse nicht „Erwarte das Unerwartete!“ Man beachtet. Kommt es während des könnte vielleicht auch sagen: laufenden Spiels zu einem „Einfluss „Rechne während des Spiels von außen“ – und der liegt hier ein- immer mit dem Schlimmste n!“ deutig vor, sonst hätte der Torwart Und was ist dieses „Schlimmste “? den Ball ja nicht ins Aus geschlagen – Es ist eine Situation, für die der wird es nach der notwendigen Schiedsrichter ke ine Lösung hat. Unterbrechung immer mit einem Schiedsrichter-Ball fortgesetzt, egal Denn das erwarten ja alle Beteilig- was noch passiert. Beispiel: Läuft ten von ihm: Der Unparteiische ein Zuschauer aufs Spielfeld und soll jeden Ko nfliktfall, jedes Pro- wird von einem Spieler geschlagen, blem im Handumdrehen lösen, sieht der die Rote Karte. Spielfort- damit das Spiel schnell weiter- setzung aber ist der Schiedsrichter- gehen ka nn. Und diesen Anspruch Ball, weil zuerst der Zuschauer das hat er auch an sich selbst, damit Spielfeld betreten hat. seine Autorität ke inen Schaden nimmt. Hannovers Torwart Ron-Robert Zieler scheint wegen der zwei In unserem Fall war der „Schuldige“ Bälle ein wenig ratlos zu sein. der zweite Ball. Dass Torwart Zieler Selbst we nn man als Schiedsrich- den eigentlichen Spielball danach ter in seiner mentalen Vo rberei- Wer bei der Video-Analyse dieser die Schrecksekunde des „Unerwar- ins Aus geschlagen hat, ist für die tung auf ein Spiel alle möglichen Szene genau hinhört, bemerkt, dass teten“ – nachdenken muss, was Fortsetzung des Spiels unerheblich. Fälle durc hspielt, so bleibt doch der nun folgende Pfiff des Schieds- gerade passiert ist: Der „Spielball“ immer ein Rest Ungewissheit, ob richters mit einer ganz kleinen Ver- ist über die Seitenauslinie gespielt *** man nicht gerade heute in eine zögerung kommt. Fachleute erken- worden. Also kann die Spielfortset- bisher selten oder gar noch nie nen daran, dass er eine Sekunde – zung nur Einwurf für die gegneri- Zwischen dem 18. und 25. Spieltag erlebte Situation gerät. So wie es sche Mannschaft lauten, oder? Klar wurden in den Bundesliga-Berich- dem Schiedsrichter des Spiels Foto 1b ist: Der zweite Ball, den der Torwart ten des Fernsehens insgesamt 34 Hannover 96 gegen den Hambur- jetzt in den Händen hält, muss das Handspiel-Szenen thematisiert und ger SV am 23. Spieltag ging: Als Spielfeld „verlassen“. damit auch öffentlich bewertet. Was Hannovers Torwart Zieler mitten im St rafraum den Spielball aufge- Foto 1c nommen hat, bemerkt er, dass neben ihm ein zweiter Ball liegt, der sich wohl dank eines unacht- samen Balljungen selbstständig gemacht hat (Foto 1a).

Der To rwart schlägt den Ball, den er in den Händen hält, ins Seiten - aus (Foto 1b)und nimmt nun – wie selbstverständlich – den anderen Ball auf, um mit ihm das Spiel fort- Er schießt den Spielball aus Mit „freundlicher Unterstützung“ des Schiedsrichters wirft der zusetzen. dem Feld. Hamburger van der Vaart den Ball zum Gegner.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 19 Analyse

Foto 2a dabei in der Diskussion über die perfläche aufzuhalten. Das ist zum Auslegung viel zu kurz kommt, ist Beispiel der Fall, wenn ein Spieler die Tatsache, dass die weit überwie- sich im Sprung in den Schuss des gende Zahl derartiger Situationen Gegners dreht und dabei einen oder von den Schiedsrichtern völlig rich- beide Arme ausfährt. Die normale tig erkannt und eingeordnet wurde. Haltung der Arme wäre bei einem Dennoch ergeben sich gerade beim solchen Sprung aber nahe am Kör- Handspiel immer wieder Ausle- per (siehe Schiedsrichter-Zeitung gungsfragen, die wir in unserer Nr. 2/2013, Seite 23, Foto 4 und Text Analyse beantworten wollen. Hannover 96 – SC Freiburg).

Grundsätzlich – und das haben wir Diese „Tricks“ der Spieler machen schon oft an dieser Stelle betont – es den Schiedsrichtern immer Der Mainzer Pospech (rechts am Bildrand) spielt den Ball zur geht es bei der Feststellung, ob ein schwerer, die „Absicht“ zu erken- Mitte,… Handspiel mit einem direkten Frei- nen und entsprechend zu ahnden. stoß beziehungsweise Strafstoß Foto 2b geahndet werden muss, um die Denn es gibt im Fußball natürlich Absicht des Spielers, den Ball mit auch Bewegungsabläufe, bei denen der Hand zu berühren. Bewegt er das Ausstrecken der Arme tatsäch- seine Hand in die Flugbahn des Bal- lich dazu dient, die Balance zu hal- les und hält ihn so auf oder fälscht ten. Sie sind eben fußballspezifisch ihn ab, ist die Sache klar. Die und die Haltung des Arms oder der Absicht liegt sozusagen auf der Arme, die sich dabei ergibt, ganz Hand, jeder kann sie erkennen. „normal“, gern auch „natürlich“ genannt. Umgekehrt wird auch ein Schuh draus. Fliegt der Ball gegen den Ein gutes Beispiel dafür war am normal gehaltenen Arm, was meist 23. Spieltag im Spiel FSV Mainz 05 auch noch aus kurzer Entfernung gegen den VfL Wolfsburg zu …der dem Wolfsburger Vierinha gegen den linken Arm fliegt. geschieht, liegt keine Absicht vor; sehen: Eine weite Flanke fliegt von also muss der Schiedsrichter auch links in den Wolfsburger Straf - Foto 3 nicht eingreifen. Keine Pflicht, aber raum. Der Ball prallt zentral vor hilfreich ist in solchen Momenten dem Tor in Höhe der Torraumlinie der Zuruf „weiterspielen“. Denn er auf und springt weiter nach rechts. signalisiert den Akteuren, dass der Als der Mainzer Pospech knapp Schiedsrichter das Handspiel gese- außerhalb des Torraums an den hen, es aber nicht als strafbar ein- Ball kommt, springt der Wolfsbur- gestuft hat. ger Vierinha mit ausgestrecktem rechten Bein in die Schussbahn Was aber ist ein „normal gehaltener (Foto 2a). Um diese Bewegung Arm“? Zunächst sicherlich der kontrollieren zu können, streckt neben dem Körper ruhig herabhän- der Wolfsburger beide Arme als gende Arm, aber auch die während „Stabilisatoren“ vom Körper weg. des Gehens leicht schwingenden Als sein linker Arm zum Körper Arme. Letzteres auf den Fußball und zurückschwingt, wird er vom Ball Rosenthal (Bildmitte) köpft den Ball gegen den Arm von Makiadi. die ja sehr häufige Laufbewegung getroffen (Foto 2b). übertragen, bedeutet, dass ein Foto 4a wegen des Laufens angewinkelter Schiedsrichter Peter Sippel ließ Arm den Ball unabsichtlich aufhält: das Spiel weiterlaufen, und er „Angeschossen“ war früher und ist hatte Recht damit. Zwar hat wohl auch heute noch der beste Pospech hier seine Körperfläche Ausdruck dafür. „vergrößert“, aber dies geschieht aus einem natürlichen Bewegungs- Nun haben sich vor allem Profi-Fuß- ablauf heraus und nicht mit der baller Praktiken angewöhnt, die so Absicht, den Ball aufzuhalten. wirken sollen, als läge keine Absicht vor. Sie breiten ihre Arme in Situa- *** tionen aus, in denen sie auf diese Noch deutlicher wurde die fehlende Weise angeblich ihr Gleichgewicht Absicht, den Ball mit der Hand zu halten müssen. Dabei geschieht spielen, in einer Szene des Spiels Esswein holt zum Schuss aus, während Kvist (Nr. 4) mit aus- dies lediglich in der Absicht (!), den 1. FC Nürnberg gegen den SC Frei- gestrecktem Arm in die Flugbahn springt. Ball mit der so verbreiterten Kör- burg am 24. Spieltag.

20 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Foto 4b

Ein Freistoß wird aus dem rechten *** Mittelfeld hoch in den Freiburger Strafraum geschlagen. Der Freibur- Und auch am 25. Spieltag ging es in ger Makiadi versucht, mit dem Kopf der Partie FSV Mainz 05 gegen den Ball zu erreichen, verfehlt ihn Bayer 04 Leverkusen um eine kniff- aber. Dabei hat er, um das Gleichge- lige Handspiel-Situation. wicht halten zu können, seine Arme ausgebreitet. Sein hinter ihm ste- 80. Minute, es steht 0:0. Im Leverku- Von der Tribüne aus gesehen: Kvist stoppt den Ball mit der hender Mitspieler Rosenthal köpft sener Strafraum schießt der Main- linken Hand. den Ball nun Sekundenbruchteile zer Bo Svensson den am Strafstoß- später aus kurzer Entfernung von punkt aufspringenden Ball aus der Foto 5a hinten an Makiadis rechten Arm Luft auf das Tor der Leverkusener. (Foto 3). Der Freiburger befindet Manuel Friedrich geht, mit dem sich noch in der „Landephase“, wes- rechten Bein voraus, gestreckt in halb seine erhobenen Arme zu die Schusslinie des Balles (Foto 5a). einem normalen Bewegungsablauf Dabei dreht sich der Spieler seitlich gehören. ab. Der rechte Arm geht bei diesem Einsatz zunächst leicht abgewinkelt Der Schiedsrichter erkannte hier nach oben, bleibt aber im Bereich allerdings auf strafbares Handspiel, vor dem Körper und dem Kopf. Der weil er in der Haltung der Arme eine Ball berührt zunächst Friedrichs Mutwilligkeit zu erkennen meinte, Bein und prallt – dadurch abge- den Ball auf diese Weise abwehren fälscht – an seinen rechten Arm, den Svensson schießt aufs Tor, Friedrich springt dazwischen. Der zu können. Aber: Während im ersten der Abwehrspieler aber nicht Rich- Ball prallt, abgefälscht von Friedrichs Bein,... Beispiel der Wolfsburger Vierinha tung Ball geführt hat (Foto 5b). zumindest damit rechnen konnte, ...gegen dessen Arm. dass Pospech den Ball nach innen Eine Situation, in der im Normal - spielen würde, wusste Makiadi in tempo des Spiels ein Strafstoß mög- Foto 5b diesem Fall gar nicht, was hinter lich erscheint. Allerdings wird diese ihm passieren würde. Aus den Entscheidung durch die detaillierte genannten Gründen wäre es richtig Bildanalyse nicht gestützt. Daher gewesen, hier nicht zu pfeifen. wäre es richtig gewesen, das Spiel hier weiterlaufen zu lassen und *** nicht auf Strafstoß zu entscheiden. Denn es ist bei diesem Handspiel Im Spiel des VfB Stuttgart gegen einfach keine Absicht – auch keine den 1. FC Nürnberg am 23. Spieltag „versteckte“ – von Manuel Friedrich gab es dagegen ein Beispiel für eine zu erkennen. unnatürliche Armhaltung, die zu einem Strafstoß hätte führen müs- Dennoch sollte man versuchen her- Die Situation aus der Foto 5c sen: Der Nürnberger Alexander Ess- auszufinden, warum der sehr erfah- Sicht des Schieds- wein dribbelt von links in den Straf- rene Schiedsrichter hier auf Straf- richters. raum und schießt dann aufs Tor stoß entschieden hat. Dabei hilft (Foto 4a). Abwehrspieler William vielleicht ein Blick auf das Foto 5c: Kvist wirft sich in den Schuss – fast So wie wir hier hat auch der Unpar- schon in Torwart-Manier. Er wehrt teiische auf die Situation geschaut. den Ball durch den weit vom Körper Allerdings nicht so lange, wie wir weggestreckten linken Arm ab das tun können, sondern nur für (Foto 4b). einen Sekundenbruchteil. Und wenn ihm nun aus dieser vertikalen Sicht Der Schiedsrichter entscheidet sich der Arm zu weit vom Körper ent- blitzschnell und winkt ab: Kein straf- fernt schien (man betrachte unter bares Handspiel, meint er. Dabei diesem Aspekt auch nochmal das Eindeutig: Der Aalener Hofmann verwandelt sich in eine wäre es richtig gewesen, hier auf Foto 5a), dann mag Verständnis auf- „Schwalbe“. Handspiel und somit Strafstoß zu kommen für seine Entscheidung. Foto 6 entscheiden, auch wenn dieser Vor- Richtig war sie dennoch nicht. gang in der normalen Geschwindig- keit im Spiel schwierig einzuschät- *** zen war. Der Schiedsrichter hatte freie Sicht, er hat das Handspiel also Auch der zweite Schwerpunkt unse- nicht übersehen, sondern einfach rer Analyse führt uns in einen Teil falsch eingeschätzt. der Regelauslegung und -anwen-

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 21 Analyse

Foto 7a dung, der mit dem Begriff „Absicht“ Der Nürnberger Mike Frantz läuft zu tun hat. Das Thema „Simulation“ parallel zum Tor durch den Gladba- beschäftigte die Schiedsrichter in cher Strafraum. Sein Gegenspieler der Rückrunde bisher stärker als es Thorben Marx will zunächst mit in der Vergangenheit der Fall war. dem Fuß zum Ball. Als er merkt, dass er das nicht schaffen wird, Nun ist das Vortäuschen von Fouls zieht er seinen Fuß zurück und ja keine Erfindung unserer Zeit, stellt ihn auf den Boden (Foto 7a). allerdings ist die Verfeinerung die- Frantz spielt den Ball an Marx vor- ser Unsportlichkeit weit fortge- bei. Dann macht er einen weiteren schritten. Was früher oft plump aus- Schritt, um schließlich mit dem lin- sah und deshalb ganz gut zu erken- ken Fuß in die Ferse des am Boden Während Frantz den Ball führt, setzt Marx seinen rechten Fuß nen war, läuft heute viel geschickter befindlichen Fußes von Marx „ein- auf dem Boden auf. ab. Vielleicht hat es damit zu tun, zufädeln“ (Foto 7b). Der Nürnber- dass schon längere Zeit Jugendfuß- ger beendet die Aktion mit einem Foto 7b baller bei ihren großen „Vorbildern“ spektakulären Sturz (Foto 7c). abschauen können, wie man ein Foul echt erscheinen lassen kann. Der Kontakt ist hier nach der Bild- Inzwischen sind sie selbst im analyse absichtlich durch den Nürn- Erwachsenenalter, beherrschen berger Spieler verursacht und diese Täuschungen fast perfekt und genutzt worden, um den Schieds- sind vor allem im Profibereich nun richter zu einem Strafstoßpfiff zu selbst das schlechte Vorbild. verleiten, was leider auch gelang. Richtig wäre es gewesen, hier auf So wie Andreas Hofmann, der sich indirekten Freistoß für Mönchen- im Zweitligaspiel VfR Aalen gegen gladbach zu entscheiden und den den FC St. Pauli (24. Spieltag) in Nürnberger wegen seiner unsport- Der Nürnberger fädelt mit links hinter dem Bein des Gladba- der 41. Minute beim Stand von 0:0 lichen Simulation eines Fouls zu chers ein… im Strafraum von St. Pauli den Ball verwarnen. parallel zur seitlichen Strafraumbe- Foto 7c grenzung vorlegt. Sein Gegenspie- Auch wenn es sich wegen des Kon- ler Markus Thorandt läuft innerhalb takts mit dem Gegenspieler nicht des Strafraums neben ihm, geht um eine „reine Schwalbe“ handelt, aber erkennbar nicht in einen Zwei- ist der Versuch, hier ein Vergehen kampf mit Hofmann. Es kommt zu des Gegners vorzutäuschen, zu keinem Kontakt zwischen diesen offensichtlich. Diese Erkenntnis ist – Spielern. und das müssen wir immer wieder betonen – das Ergebnis einer detail- Plötzlich drückt sich der Aalener lierten Bild-Analyse. kurz vom Boden ab, um sich dann neben Thorandt fallen zu lassen, Um solchen in hohem Maße begleitet von einem dem „schweren unsportlichen Spielern aber auch Foul“ entsprechenden Schmerzens- schon während des Spiels auf die schrei (Foto 6 vorige Seite). Schieds- Schliche zu kommen, muss ein …und legt einen gekonnten Sturzflug hin (samt Schmerzens- richter Christian Leicher hat die Schiedsrichter sich wieder und wie- schrei). Simulation aber erkannt und zeigt der derartige Bewegungsabläufe Hofmann die Gelbe Karte. als Videosequenz anschauen und Foto 8a einprägen. Allerdings: Die Geschick- Das war ein klarer Fall von klassi- lichkeit mancher Spieler im Vortäu- scher „Schwalbe“. Von der spre- schen von Fouls ist inzwischen so chen wir immer dann, wenn ein ausgeprägt, dass die Simulation Spieler ohne jegliche Berührung manches Mal nicht mehr von einem durch die Luft segelt, um ein Foul wirklichen Foul zu unterscheiden vorzutäuschen. ist. Die Gefahr für den Schiedsrich- ter: Er sieht ein tatsächliches Foul *** als Simulation an und lässt das Spiel laufen oder bestraft gar den Schwieriger wird es da schon, wenn vermeintlichen „Schauspieler“ mit man es mit einem Ablauf wie am „Gelb“. 20. Spieltag im Spiel 1. FC Nürnberg gegen Borussia Mönchengladbach Im folgenden Fall ist es sogar noch Der Mainzer Parker will sich durch die Lücke spielen,… zu tun hat. schwieriger.

22 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Analyse – Der besondere Fall Foto 8b Sicherheit vor Schnelligkeit Wenn nach dem Spiel eine Entscheidung des Schiedsrichters rauf und runter diskutiert wird, dann bedeutet dies meist nichts Gutes. Am 25. Spieltag war das anders: Für ihre vorbild- liche Zusammenarbeit erhielten Wolfgang Stark …prallt aber (mit Absicht?) gegen den Oberschenkel seines Gegners. und sein Assistent Jan-Hendrik Salver von allen *** chen, zwischen zwei Gegenspielern Seiten viel Lob. Völlig zu Recht, wie David Bitt- hindurchzukommen, können beim 18. Spieltag, FSV Mainz 05 gegen Schiedsrichter den Gedanken auslö- ner an dieser Stelle noch einmal darstellt. den SC Freiburg: Im Freiburger Straf - sen: „Achtung, der will mich reinle- raum umdribbelt der Mainzer Shawn gen!“ und lenken seine Entschei- Es ist das Samstagabend-Spiel zwi- registriert Jan-Hendrik Salver, also Parker in der 85. Minute zunächst dungsfindung in eine bestimmte schen Borussia Mönchengladbach kein Grund, die Fahne zu heben. seinen Gegenspieler Flum und legt Richtung. Hier führte sie zu einer und Werder Bremen, in dem Wolf- sich dann den Ball mit dem linken Gelben Karte für den Mainzer Par- gang Stark für Aufsehen sorgt, als Sekundenbruchteile später gelangt Fuß durch zwei weitere Freiburger ker statt zum vertretbaren Straf- er ein Tor zurücknimmt, das er der Ball zentral zu Younes, der die- Abwehrspieler vor. Die Situation stoß oder wenigstens dazu, das zunächst anerkannt hatte. sen mit der Hacke ganz leicht spielt sich links vom Tor versetzt Spiel laufen zu lassen. berührt und ihm dadurch eine kleine auf Höhe der Torraumlinie ab. Einer Der Reihe nach: In der 15. Minute Richtungsänderung mitgibt. der beiden Abwehrspieler, Vegar Dass diese Gelbe Karte kurz vor greifen die Gladbacher durch die Hedenstad, geht mit dem rechten Schluss noch dazu beitrug, dass der Mitte an. Havard Nordtveit spielt Damit ist alles, was der Assistent Fuß zum Ball, kann diesen jedoch Mainzer wegen eines Foulspiels mit etwa auf Höhe der Mittellinie den bisher bei diesem Spielzug an nicht erreichen. Stattdessen befin- „Gelb/Rot“ vom Platz musste, war Ball schnell und flach nach vorne Abseits-Bewertung vorgenommen det sich sein Bein jetzt im Laufweg zwar konsequent vom Schiedsrich- (Foto 1). hat, hinfällig. Denn ob jemand im von Parker (Foto 8a vorige Seite). ter, aber insgesamt natürlich Abseits steht, muss genau zu dem unglücklich. Die beiden Stürmer in zentraler Zeitpunkt festgestellt werden, „zu Eine Kollision ist in dieser Situation Position, Amin Younes und Patrick dem der Ball von einem Mitspieler unausweichlich, wobei es schwierig Schlussbemerkung: Die immer „fei- Herrmann (weiße Trikots), stehen berührt“ wird, wie es in Regel 11 einzuschätzen ist, wann und durch neren“ Methoden der Profis, einen zum Zeitpunkt der Ballabgabe nicht heißt. welchen Spieler die Kollision initi- Vorteil für sich herauszuholen – im Abseits. Der weitere Gladbacher iert wird. Fällt Parker sozusagen in egal, ob beim Handspiel oder bei Angreifer (am rechten Bildrand), Die Ballberührung von Younes diesen Kontakt hinein, weil er damit der Simulation – zwingen die greift nicht aktiv ins Spiel ein, er müsste also bei Jan-Hendrik Salver rechnet, dass ihm in dieser engen Schiedsrichter, Wege zu finden, um behindert auch keinen der Verteidi- eine erneute Abseits-Einschätzung Situation schon irgendein Körper- diese Unsportlichkeiten zu unter- ger. Bis hierhin gehört die Szene auslösen. Und da sich in diesem teil seines Gegenspielers im Weg binden. Natürlich müssen sich die zum Tagesgeschäft eines Assisten- Moment auch der Gladbacher Herr- sein wird? Spekuliert er also mit Unparteiischen dabei innerhalb des ten. „Kein strafbares Abseits“, mann (im Vordergrund) vor dem diesem Kontakt und hat die Regelwerks bewegen. Dass dabei Absicht (!), sich fallen zu lassen? Auslegung und Anwendung der Foto 1 Denn der Mainzer weiß: Selbst wenn Regeln nicht immer vollkommen er „durchkommt“, ist er danach in einheitlich sein können, liegt in der keiner günstigen Schussposition Natur der Sache, wenn nämlich mehr. Menschen und nicht Computer urteilen. Oder handelt es sich nicht eher um ein ahndungswürdiges Beinstellen Was man auch als kritischer des Freiburgers Hedenstad, der mit Betrachter dabei nie vergessen seiner Aktion einfach zu langsam sollte – und das gilt für das gesamte ist, wie es das Foto 8b zu zeigen Geschehen eines Spiels: Der scheint? Hier können wir den Schiedsrichter reagiert lediglich auf Gedanken aus der vorigen Szene das, was die Spieler tun. Wer also wieder aufnehmen: Die häufigen nicht gegen die Regeln verstößt, Versuche von Spielern, ein Foul zu muss auch nicht mit Strafe rech- Beim Zuspiel von Nordtveit stehen die beiden Gladbacher Stür- simulieren, gerade wenn sie versu- nen. mer (weiße Trikots) im Zentrum noch nicht im Abseits.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 23 Analyse

Foto 2a Regeltechnisch sind sie dabei auf Foto 3 der sicheren Seite: Solange das Spiel noch nicht fortgesetzt ist (hier wäre es der Anstoß für Bre- men), kann eine Entscheidung (also das Tor für Gladbach) zurückge- nommen werden: „Voraussetzung hierfür ist, dass der Schiedsrichter- die Partie weder fortgesetzt noch abgepfiffen hat“, wie es in Regel 5 heißt. Nach Rücksprache mit seinem Dass eine solch unpopuläre Ent- Assistenten ergibt sich für Als Younes den Ball mit der Hacke verlängert, sieht Assistent scheidung zunächst zu Protesten Wolfgang Stark ein klares Bild Jan-Hendrik Salver die Abseits-Position von Patrick Herrmann,... führt, ist verständlich. Natürlich der Situation. darf ein Unparteiischer nicht jeden Foto 2b Pfiff erläutern, aber in einem solch hätten, und dann wäre unsere speziellen Fall ist es genau richtig Bewertung falsch gewesen“, erklärte von Stark und Salver, dass sie den Wolfgang Stark nach dem Spiel. Gladbacher Spielern und der Bank die Situation kurz erklären (Foto 4). Den Einsatz von TV-Bildern zur Ent- scheidungsfindung lehnte er im Das verzögert zwar das Spiel um gleichen Atemzug ab. „Man sollte einige weitere Momente, aber es den Fußball so lassen, wie er ist und trägt auch zur Beruhigung auf dem nicht zu kompliziert machen“, Platz bei. Der altbewährte Spruch erklärte er. Ob man angesichts von „Sicherheit vor Schnelligkeit“ hat verschiedenen Kamera-Einstellun- sich auch in dieser Szene einmal gen überhaupt innerhalb von ein ...und Schiedsrichter Wolfgang Stark erkennt von seiner Position mehr als richtig herausgestellt. Und paar Sekunden die optimalen Bilder die Richtungsveränderung des Balles. als während der Halbzeitpause auf gehabt hätte, sei fraglich. der Videowand die TV-Bilder laufen, Ball befindet und nur einen Gegen- jeweils nur die eigene Sichtweise sehen auch die Zuschauer im Sta- „Das Kommunikations-System gibt spieler (den Torwart) vor sich hat, der Situation kennen, läuft das dion, dass das Team Stark richtig uns bereits genug Möglichkeiten.“ steht er im Abseits. Weil der Ball Spiel zunächst weiter, und Herr- gehandelt hat. Und diese Möglichkeiten haben auch tatsächlich zu ihm gelangt mann erzielt die 1:0-Führung für Wolfgang Stark und Jan-Hendrik und er ins Spiel eingreift, handelt Borussia Mönchengladbach. Das Tor Das erkennt auch Gladbachs Trainer Salver optimal genutzt. ■ es sich um eine strafbare Abseits- wird zunächst anerkannt. Lucien Favre nach dem Spiel an, Stellung (Foto 2a). ganz im Sinne des Fußballs: „Es ist Foto 4 Jetzt erst, als das Spiel nach dem besser so, als wenn ein Tor zählt, Die Fahne von Jan-Hendrik Salver Treffer unterbrochen ist, haben das keines war.“ bleibt allerdings unten, denn der Schiedsrichter und Assistent die Assistent hat den minimalen Ball- Zeit, ihre unterschiedlichen Wahr- Was lässt sich nun aus Schiedsrich- kontakt von Younes nicht erkennen nehmungen wie ein Puzzle ter-Sicht aus diesem Spiel lernen? können. Salver befindet sich ja zusammenzusetzen, sodass sich ein Um diese Szene unter Stress richtig nicht nur rund 35 Meter entfernt, klares Bild der Situation ergibt. entscheiden zu können, müssen die sondern seine genaue Wahrneh- Zunächst kommunizieren beide Abläufe einer solchen Situation mung wird durch Spieler gestört, über das Head-Set. Dann geht Wolf- Thema der Absprache vor dem die sich in dieser Zone befinden. gang Stark sogar nach draußen zu Spiel sein. Mental müssen alle Zudem hat er von der Seitenlinie seinem Assistenten, um alle Zweifel Team-Mitglieder darauf eingestellt einen äußerst ungünstigen Blick- auszuräumen (Foto 3). sein, dass es zu solch einem Ablauf winkel, um die Richtungsänderung kommen kann. Weder der Assistent des Balles erkennen zu können. „Ich habe zu meinem Assistenten noch der Schiedsrichter dürfen bei gesagt, dass der Spieler Younes mit ihrer Entscheidung „spekulieren“. Eine ganz andere Sicht auf diese der Hacke dran war. Daraufhin sagte Erst das Zusammenfügen der Sicht- Szene hat Schiedsrichter Wolfgang mein Assistent: ‚Also dann war Herr- weisen führt zur richtigen Lösung. Stark (Foto 2b). Weil er vertikal mann im Abseits’“, schildert Wolf- schaut, erkennt er genau, dass gang Stark die Momente, während „Es war eine Situation, die spielent- Younes den Ball berührt. Allerdings denen die Gladbacher Fans den Tref- scheidend hätte sein können. Des- Assistent Jan-Hendrik Salver kann der Schiedsrichter von seiner fer von Herrmann bereits bejubeln. halb haben wir uns genau austau- nimmt sich die Zeit, Gladbachs Position im Mittelkreis keine exakte Doch dem Schiedsrichter-Team schen müssen. Man stelle sich ein- Trainer Lucien Favre die unge- Abseits-Bewertung vornehmen. Da bleibt gar keine andere Wahl, als das mal die Reaktionen vor, wenn wir wöhnliche Situation zu erklä- nun sowohl Stark als auch Salver Tor abzuerkennen. uns eine Minute lang unterhalten ren.

24 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Verwandelt jeden Kilometer.

Der neue CLA. Das viertürige Coupé von Mercedes-Benz. Ungezähmt.

Wenn Design zum Statement wird. Der neue CLA überzeugt nicht nur mit seiner markanten Formen- sprache und dem geringsten Luftwiderstandsbeiwert aller Serienfahrzeuge, sondern auf Wunsch auch mit AMG Line. Genauso außergewöhnlich: #Untamed, eine digitale Photo Installation. Mehr Infos auf www.untamed-installation.com ab 13. April Eine Marke der Daimler AG Eine Marke

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Anbieter: Daimler AG, Mercedesstr. 137, 70327 Stuttgart SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 25 Projekt Vom Täter zum (Schie Schon mehrfach wurden in deutschen Gefängnissen Häftlinge zum Schiedsrichter ausgebildet. Dadurch in die Gesellschaft erleichtert werden. David Bittner stellt ein solches Projekt mit einem besonderen Pa

eder von euch hat schon mal Jvor einem Richter gestanden – in Zukunft seid ihr diejenigen, die Entscheidungen treffen müssen“, beschreibt Ralf Klimperle den Per- spektiv-Wechsel, den die Häftlinge bei der Schiedsrichter-Ausbildung erfahren sollen. Klimperle arbeitet als Sportlehrer in der Jugendstraf- anstalt Wittlich (Rheinland-Pfalz) und hat den Lehrgang Anfang die- ses Jahres mit organisiert.

Als die Häftlinge der JVA Wittlich die Urkunden für die bestandene Schiedsrichter-Prüfung erhalten, ist auch Herbert Fandel mit dabei. Der Vorsitzende der DFB-Schiedsrich- ter-Kommission ist Pate der Aktion und blickt dabei zum ersten Mal hinter die hohen Mauern der Witt- licher Anstalt. „Oft genug im Leben sagen andere Menschen einem, was man tun muss. Viel interessanter ist es, wenn ihr künftig als Schiedsrich- ter selbst entscheiden dürft, was Schiedsrichter-Sein als Perspektive: Häftlinge der JVA Wittlich haben erfolgreich an einem Anwärter-Lehrgang teilgenommen.

auf dem Platz passiert“, sagt Fandel neue, für sie unbekannte Aufgabe zu den Teilnehmern des Lehrgangs. heran“, erklärt Ralf Klimperle. „Durch die Übergabe eines Zertifi- Der ehemalige FIFA-Schiedsrichter kats machen sie die Erfahrung, dass sieht in der Ausbildung zum Unpar- es sich wirklich lohnt, auf etwas teiischen eine große Chance für die hinzuarbeiten und sich dafür zu Häftlinge. „Ein Seil, nach dem ihr engagieren.“ greifen solltet“, wie es Fandel for- muliert. Denn: „Die Freundschaften, In Wittlich war der Lehrgang nach die als Schiedsrichter entstehen, 2011 bereits der zweite dieser Art. halten meistens eine lange Zeit. Auch in anderen Justizvollzugs - Schiedsrichter zu sein, ist ein Stück anstalten haben solche Projekte Lebenseinstellung, bei der Werte bereits stattgefunden. Ablauf und wie Ehrlichkeit, Gradlinigkeit und Anforderungen sind dabei stets Berechenbarkeit eine große Rolle identisch mit jeder anderen spielen.“ Anwärter-Ausbildung. „Vom Regel- brecher zum Regelhüter“ ist ein In der Broschüre der Sepp- Durch den erfolgreichen Abschluss oft verwendeter Slogan, um die Herberger-Stiftung werden Hin- der Schiedsrichter-Ausbildung kön- Idee des Projekts zu beschreiben. weise zur Durchführung einer nen die Teilnehmer aber noch mehr Schiedsrichter-Ausbildung in lernen: „Bei diesem Projekt trauten Unter diesem Titel hat die Sepp- Ein Teil der ausgebildeten Häftlinge Haftanstalten gegeben. sich die Insassen der JVA an eine Herberger-Stiftung eine Broschüre der DFB-Schiedsrichter-Kommission

26 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Umfrage ds-) Richter Hanspeter H. (48 Jahre): „Vor meiner Haft war ich bereits in meinem Heimatort soll ihnen nach ihrer Haftentlassung die Integration als Schiedsrichter aktiv. Das ist ten vor. aber schon lange her. Bei die- sem Lehrgang konnte ich meine Kenntnisse nochmal auf- frischen. Und wenn ich im Früh- jahr entlassen werde, möchte ich auf jeden Fall wieder mit dem Pfeifen beginnen.“

Michael B. (27): „Ich finde es eine tolle Sache, dass die JVA uns dieses Ange- bot gemacht hat. So kann man seine Zeit hier sinnvoll nutzen. Ich selbst habe sechs Jahre lang Fußball gespielt. Die Aus- bildung zum Schiedsrichter wird nach der Haft sicherlich eine Hilfe sein, um wieder den Weg ins richtige Leben zu finden.“

Die Grafik aus dem DFB-Lehrbrief Nr. 35 stellt die Kompeten- zen dar, die man als Schiedsrichter entwickelt. Alexander K. (25): „Nach meiner Entlassung herausgebracht, die sich speziell Weiterentwicklung der Persönlich- werde ich mich direkt in einem mit der Schiedsrichter-Ausbildung keit sein“, heißt es darin. Fußballverein anmelden. Ich im Justizvollzug befasst. „Das möchte in Zukunft meine Frei- gerechte Vermitteln zwischen zwei Obwohl die Häftlinge in Wittlich zeit positiv gestalten, neue Parteien (...) und das Vertreten von ihre Prüfung gerade erfolgreich Menschen kennenlernen, mir Entscheidungen gegenüber Mitin- abgeschlossen haben, fängt für sie ein neues Umfeld aufbauen. haftierten können Schritte zur die „Herausforderung Schiedsrich- Vielleicht können die neuen Kontakte dann sogar in anderen Lebensbereichen nützlich sein.“

ter“ jetzt erst an. „Wenn man ein die erfolgreichen Anwärter an Ver- Fußballspiel als Zuschauer sieht, eine zu vermitteln, sie also nach scheint der Job des Unpartei - ihrer Haftentlassung als Schieds- ischen möglicherweise leichter zu richter in die Sportfamilie zu inte- sein, als er es in Wirklichkeit ist“, grieren“, sagt Klimperle. Er nennt mahnt Herbert Fandel. „Zur Tätig- es „einen Anker legen“. Nur so keit eines Schiedsrichters gehören könne das Projekt nachhaltig wir- nämlich auch Fehler. Und man ken. muss lernen, offen zu seinen Feh- lern zu stehen und damit umzuge- Dass dabei auch der Fußballver- hen.“ band mithilft, ist selbstverständ- lich. Denn auch dort hoffen die Während die neu ausgebildeten Verantwortlichen, dass sich die Schiedsrichter zunächst beim Investition in die Ausbildung neuer Gefängnissport zum Einsatz kom- Schiedsrichter lohnt und diese men, knüpfen die Organisatoren dem Fußball möglichst lange erhal- mit ihren Betreuern und Herbert Fandel (rechts). Der Vorsitzende des Projekts die Kontakte außer- ten bleiben. ist Pate des Projekts. halb der Anstalt. „Unser Ziel ist es, ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 27 Gespräch „Die Vorteile liegen au Vor zehn Jahren wurden die Vierten Offiziellen in der Bundesliga eingeführt. Anlässlich des Jubiläums dem Schiedsrichter mit den meisten Einsätzen in dieser Position, über seine Erfahrungen in zehn Jahr

err Schriever, Sie sind der HSchiedsrichter mit den meis - ten Einsätzen als Vierter Offiziel- ler. Erinnern Sie sich an Ihren ersten Einsatz?

Thorsten Schriever: Gut sogar, das war beim Spiel Bochum gegen den HSV. Im Jahr 2003 ist es gewesen, ein halbes Jahr, nachdem die Vier- ten Offiziellen in der Bundesliga eingeführt worden waren. Lutz Wagner war damals Haupt-Schieds- richter.

Wie haben Sie sich auf diese Partie vorbereitet?

Schriever: Zum einen habe ich mich daran orientiert, wie sich meine Kollegen zuvor in der Rolle als Vierter Offizieller verhalten haben. Zum anderen haben wir innerhalb des Schiedsrichter- Teams eine genaue Absprache getroffen und die Abläufe und Aufgaben festgelegt. Der Schieds- richter hat gesagt, was er von mir erwartet und welche Rolle ich erfüllen soll. Im Spiel selbst gab es keine besonderen Vorkommnisse. Aber ich muss zugeben, dass ich Allein im Kalenderjahr 2012 brachte es Thorsten Schriever auf 22 Einsätze als Vierter Offizieller. im Vorfeld angespannt war. Die Rolle war schließlich Neuland für gewissen Rahmen auch mal Luft Willi Reimann geschubst. Der Fall mich. Hilfreich war, dass ich mit verschaffen, haben aber auch die landete in den Schlagzeilen und Lutz Wagner einen sehr erfahrenen Gelegenheit, Entscheidungen vor dem Sportgericht des DFB. Wie Bundesliga-Schiedsrichter an mei- ruhig, sachlich und fachlich erklärt denken Sie heute über diese ner Seite hatte. Er hat die richtige zu bekommen. Wesentlich ist auch, Szene? Ansprache gefunden und mir die dass die Vierten Offiziellen dem Nervosität genommen. Schiedsrichter-Team auf dem Platz Schriever: Es war eine Ausnahme- und an der Seitenlinie den Rücken situation, etwas, das in dieser Art Die Zahl der Innenraum-Verweise freihalten. Früher musste sich der zum Glück einmalig geblieben ist. ist seit der Einführung des Vierten Assistent um Dinge wie Auswechs- Im Rückblick kann ich sagen, dass Offiziellen rückläufig - auch ein lungen kümmern, heute kann er auch ich heute sicherlich etwas Erfolg dieser Maßnahme? sich ausschließlich auf die unmittelbar spielrelevanten Ent- Dass die Vierten Offiziellen Schriever: Auf jeden Fall. Die Vor- scheidungen konzentrieren. die Durchführung der Aus- teile liegen auf der Hand: Die Trai- wechslungen überwachen, ist ner haben einen verlässlichen Im Jahr 2004 wurden Sie beim längst selbstverständlich – Ansprechpartner an der Seitenli- Spiel zwischen Frankfurt und früher war das Aufgabe der nie, sie können sich in einem Dortmund von Eintracht-Trainer Schiedsrichter-Assistenten.

28 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 f der Hand“ hat sich Steffen Lüdeke mit Thorsten Schriever, en zwischen den Trainerbänken unterhalten.

anders handeln würde. Ich habe mittlerweile viel mehr Erfahrung, Zur Person weiß besser, wie man auf die ver- schiedenen Charaktere eingeht und Situationen löst. Allerdings ist es heute wie damals: Der Schieds- richter darf nicht angefasst wer- den. Herr Reimann hat sich damals persönlich entschuldigt, für mich ist das längst abgehakt.

Auf der Trainertagung in Düssel- dorf hat Herbert Fandel, der Vor- sitzende der DFB-Schiedsrichter- Thorsten Schriever aus Kommission, gesagt, dass bei der Dorum (Niedersachsen). Ansetzung der Vierten Offiziellen künftig noch mehr Wert auf Erfah- Nicht nur als Vierter Offizieller rung gelegt wird. Halten Sie dies in der Bundesliga, sondern Nach zehn Jahren zwischen den Trainerbänken ist Thorsten ebenfalls für wichtig? auch als Schiedsrichter in der Schriever nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. 2. Bundesliga zählt Thorsten Schriever: Ja. Schon, weil man mit Schriever inzwischen zu den Wie haben Sie Ihr Verhalten in der jedes neue Gesicht, weil damit eine zunehmender Erfahrung besser „alten Hasen“ im deutschen Rolle als Vierter Offizieller im neue Herausforderung auch für die einschätzen kann, wie man wel- Profi-Fußball. Der 37-Jährige Laufe der Zeit geändert? Vierten Offiziellen wartet? chem Trainer und somit auch den steht seit dem Jahr 2000 auf verschiedensten Charakteren und der DFB-Liste. Seit 2003 pfeift Schriever: Neben Erfahrung Schriever: Altbekannte Gesichter Emotionen zu begegnen hat. Die er in der 2. Bundesliga und hat gehört zu dem Job auch ein gut sehe ich ebenso gerne wie den Lebenserfahrung spielt dabei eine dort seitdem mehr als 80 Ein- organisiertes Umfeld. Wenn ich einen oder anderen Neuling, bei Rolle. Je besser die Vierten Offi- sätze absolviert. heute die Bundesliga-Trainer sehe, denen der Vierte Offizielle in der ziellen die Trainer einschätzen kann ich zu jedem eine relativ ver- neuen Liga auch ein Stück weit können, desto gezielter können sie Kleinigkeiten. Manchmal sind es lässliche Einschätzung abgeben, Orientierung geben kann. Der sich in ihrer Ansprache und ihrer nur Blicke oder wenige Worte, die wie er sich in gewissen Situationen respektvolle Umgang ist beiden Gestik verhalten. Da geht es oft um zur Deeskalation führen können. wahrscheinlich verhalten wird. Zur sicher. Vorbereitung als Vierter Offizieller gehört es, sich zu überlegen, auf Was bleibt für Sie persönlich von welche Trainer man trifft und wie zehn Jahren Vierter Offizieller? man ihnen gegenüber in sinnvoller Weise auftritt. In diesem Bereich Schriever: Viel mehr als dieser habe ich im Laufe der Jahre viel eine Moment mit Willi Reimann, der gelernt. Neben der „Moderation“ leider Geschichte geschrieben hat. an den Bänken ist es natürlich Ich erinnere mich gerne an ganz auch wichtig, dem Schiedsrichter viele Augenblicke, Erfahrungen und auf dem Feld zu helfen, das Spiel- Erlebnisse, die ich als Vierter Offi- geschehen konzentriert zu verfol- zieller machen durfte. Ganz frisch gen und zudem Vorkommnisse, wie und in sehr guter Erinnerung aus zum Beispiel Tätlichkeiten abseits dieser Saison ist mir zum Beispiel des laufenden Spiels, zu melden. das Supercup-Spiel zwischen Bay- ern und Dortmund in München, bei Auf den Trainerstühlen der dem ich dabei sein durfte. Aber Neun Jahre ist das her: Nachdem Willi Reimann Thorsten Bundesliga gibt es eine nicht auch für uns Vierte Offizielle fängt Schriever (rechts im Bild) geschubst hat, wird er von Schieds- geringe Fluktuation. Ärgert Sie die Arbeit in jedem Spiel von vorne richter Hermann Albrecht auf die Tribüne geschickt. dies oder freuen Sie sich über an. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 29 Porträt Ein Buch voller Erinnerungen Wer viele Jahre lang Schiedsrichter war, der weiß einige Geschichten zu erzählen. Und das gilt nicht nur für Unparteiische, die in der Bundesliga aktiv waren. SRZ-Mitarbeiter Heinz Wraneschitz stellt den ehemaligen Regionalliga-Schiedsrichter Gerd Lamatsch vor, der seine Erlebnisse in einem Buch zusammengefasst hat.

eilweise ist es erbärmlich, wie Tmit diesen Menschen umge- gangen wird.“ Mit „diesen Men- schen“ meint Gerd Lamatsch jene etwa 75.000 Fußball-Begeisterten in Deutschland, die Woche für Woche als ehrenamtliche, geprüfte Schiedsrichter ihren Mann oder ihre Frau stehen. Amateure an der Pfeife, aber von den Vereinen als einziger Vollprofi unter 22 spielen- den Amateuren der Kreisklasse erwartet.

Lamatsch wünscht deshalb mög- lichst vielen jungen Fußballern einen solch guten Trainer, wie er einst selbst in der B-Jugend hatte. „Als ich mal wieder sehr aufge- bracht war über eine Schiedsrich- ter-Leistung und mich darüber beim Trainer ‚auskotzte’, sagte der damals zu mir: ‚Mach doch erst mal selbst den Schiedsrichter- Kurs, leite ein paar Spiele, und dann unterhalten wir uns nochmal darüber.’“

Für den jugendlichen Nörgler war Rund 1.600 Fußballspiele hat Gerd Lamatsch geleitet – die spannendsten Geschichten hat der dies vor 36 Jahren der Satz, der Nürnberger Schiedsrichter in einem Buch zusammengefasst. ihn zum Schiedsrichter machte. Am 18. September 1976 leitete Lamatschs aufgeschriebene feldrand verlief, natürlich ohne ist für ihn „dieses Spiel eines mei- Gerd Lamatsch im Alter von Erinnerungen zeigen: Spannende Sicherheitszaun oder Gitter.“ ner Top-Erlebnisse. Ich habe dar- gerade mal 17 Jahren sein erstes Erlebnisse als Schiedsrichter sind aus viel zum Umgang mit Druck Spiel. Die C-Jugend-Mannschaften nicht auf die höchsten Spielklas- Und dann kam auch noch der sowie Aggressionen von außen ler- des SV Maiach und der DJK Lang- sen beschränkt. Er erzählt viel Sicherheitschef 15 Minuten vor nen können.“ wasser standen sich damals von Bayerns Sportplätzen. 125 Spielbeginn in die Kabine und gegenüber. Bayernliga-Einsätze hat er in der erklärte: „Herr Lamatsch, wenn es Doch nicht immer ging alles gut: einst höchsten Spielklasse absol- mal richtig heiß werden sollte, Als Landesliga-Schiedsrichter war Schon bald wurden die Spielklas- viert. dann bewahren Sie bitte kühlen Lam atsch zwischendurch auch mal sen höher, die Spielorte weiter Kopf und bleiben ruhig. Im Zwei- in der C-Klasse, der untersten Liga, entfernt. Die Karriere von Gerd Dort erlebte Gerd Lamatsch zum felsfall werden wir Sie und Ihre im Einsatz. Dort holte ein Spieler zum Lamatsch sollte zwar nie bis „ganz Beispiel, welchem „psychischen Kollegen beschützen und aus den Schlag gegen ihn aus. Er reagierte nach oben“ führen, aber als Druck“ man als Schiedsrichter randalierenden Fans raushauen! instinktiv, wich mit seinem Kopf zur Schiedsrichter immerhin bis in die ausgesetzt sein kann. „Es waren Wir haben Erfahrung.” Seite aus, weshalb er nur gestreift Regionalliga und als Linienrichter 10.000 Münchner Löwen los auf und nicht voll getroffen wurde. in die 2. Bundesliga. In einer Zeit, dem normalen Fußballplatz in Nicht gerade beruhigend. Doch in der es noch keine 3. Liga gab, Plattling, wo die Bande gerade Gerd Lamatsch kam heil aus die- „Ich war zunächst paralysiert, war das schon etwas. mal zwei Meter hinter dem Spiel- sem Hexenkessel heraus. Deshalb geschockt, perplex. Wenige Sekun-

30 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 Hintergrund den später fing ich mich wieder Ein Appell an die und erkannte die Brisanz der Vereine Situa tion. Ich brach das Spiel ab und informierte umgehend beide „Schiedsrichter aus Leiden- Spielführer.“ Auch wenn es der schaft“ heißt das Buch, das der Gäste-Kapitän nicht wahrhaben heute bis auf DFB-Ebene beob- wollte, der „versuchte, mich mit achtende Schiedsrichter-Coach allen Mitteln zur Spielfortsetzung Gerd Lamatsch aus Nürnberg zu überreden. Doch mein Ent- geschrieben und selbst verlegt schluss, das Spiel hier abzubre- hat. Es wendet sich damit an chen, stand fest.“ Es sollte Gott Vereine, die er bittet, Neulinge sei Dank Gerd Lamatschs einziger durch übermäßige Kritik nicht Spielabbruch wegen eines tät- gleich wieder abzuschrecken. lichen Angriffs bleiben. Er will dem potenziellen Schiedsrichter-Nachwuchs Dass man in den untersten Klassen eine Entscheidungshilfe geben, als Schiedsrichter meist allein Schiedsrichter-Obmann Hans Rößlein (Kreis Nürnberg/Fran- ob Pfeifen für sie das richtige unterwegs ist, bedauert der Buch- kenhöhe) gratulierte Gerd Lamatsch im Jahr 2009 zu seinem Hobby ist. Doch in erster Linie autor: „Der Schiedsrichter hat 50. Geburtstag. will er seine teils witzigen, skurrilen, menschlichen Erleb- schließlich keine Fans, die ihn legen in der Mitte des Spielfelds nisse „für meine Familie, anfeuern oder unterstützen. Pfeift im Mittelkreis, und verlassen Sie Freunde und alle anderen an er korrekt und gut, wird das als auf keinen Fall den Platz. Wir Fußball Interessierten dauer- normal angesehen. Kommt es aber regeln den Rest!“ haft festhalten“. zu Fehlern oder auch nur ver- meintlichen Fehlern, dann wird der Daraufhin traute Gerd Lamatsch Schiedsrichter attackiert und kriti- seinen Augen nicht: „Ein großes siert. Damit muss er klarkommen, Polizeiauto kam mit Blaulicht auf das ist eine Grundvoraussetzung.“ den Platz gefahren und hielt am Anstoßpunkt direkt neben uns. Doch bei dem Nürnberger Schieds- Vorne saßen zwei Polizisten, wir richter überwiegen die positiven stiegen auf der Rückbank ein. Die Erfahrungen während seiner akti- Türen wurden verriegelt, und lang- ven Zeit bei weitem. Und bei man- sam rollte der Wagen in Richtung chem Erlebnis muss er im Nach- Kabine.“ hinein sogar ein bisschen schmun- zeln. Am Ende des Buchs gibt der Schiedsrichter dann auch noch So schildert Gerd Lamatsch in sei- den Vereinen einen wichtigen Tipp ■ Bestellmöglichkeit: Im Inter- nem Buch zum Beispiel die mit auf den Weg: „Nur wenn die net unter folgendem Link: Geschichte vom „Polizeiauto im Vereine geeignete Kandidaten zu www.epubli.de/shop/autor/ Gerd Lamatsch bei seinem Mittelkreis“. Nach einem heftig den Anwärter-Lehrgängen schicken, Gerd-Lamatsch/4451. Abschiedsspiel in der Bayern- umkämpften Spiel forderte der werden die Mannschaften in der Das 100-seitige Buch kostet als liga zwischen dem FC Bayern Platzordner den Unparteiischen Zukunft von guten und motivierten Softcover 14,90 Euro und als Hof und dem FC Memmingen und seine Assistenten auf: „Blei- Kollegen profitieren.“ pdf-Datei 5,99 Euro. im Mai 2004. ben Sie bitte mit Ihren beiden Kol- ■

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SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 31 Aus den Verbänden

werden können. Außerdem haben ihres Kameraden Bruno Natterer Zuschauern, Beobachtern und Offi- Bayern sie mit ihrem Wissen und ihrer von der Schiedsrichter-Gruppe ziellen. Am Nachmittag stand im Erfahrung über Jahrzehnte dazu Lichtenfels. Vorfeld der Abnahme des Fitness- Computer-Kurs beigetragen, dass die jüngeren tests ein abwechslungsreiches für ältere Schiedsrichter Schiedsrichter betreut und geför- Das Mädchen kam mit einer „Spina koordinatives Training auf dem Pro- dert wurden. Es ist schon lange an bifida“, einem sogenannten „offe- gramm. Über 800 Schiedsrichter engagie- der Zeit, ihnen etwas zurückzuge- nen Rücken“ zur Welt. Diese ren sich aktuell in der Schiedsrich- ben“, so Slawinski. schwere Erkrankung und das damit Die Lehrgangsleitung, bestehend ter-Vereinigung München. Neben verbundene Schicksal haben viele aus den Lehrwarten der Fußball- einer großen Anzahl junger Mitglie- Mit großer Begeisterung nahmen Schiedsrichter betroffen und nach- Kreise, Christian Meisel (Jena) und der sind auch eine ganze Reihe 15 Schiedsrichter, mit einem Alters- denklich gemacht. Da die Pflege Rick Jakob (Gera), zeigte sich Senioren mit großem Spaß und durchschnitt von weit über 60 Jah- des Kindes neben dem enormen zufrieden mit den gezeigten Leis- Freude dabei, für die teilweise seit ren, das Angebot an und wurden Kraftaufwand der Eltern erhebli- tungen der Teilnehmer und der Jahrzehnten das „Pfeifen“ ihr größ- intensiv von den beiden Lehrgangs- che Kosten durch besondere Hilfs- Bewältigung des anspruchsvollen tes Hobby ist. „Die Schiedsrichter- leitern geschult, um den Umgang mittel verursacht, war es ange- Lehrgangsprogramms. Vereinigung stellt einen Querschnitt mit dem elektronischen Spielbe- bracht, Zusammenhalt zu zeigen unserer Gesellschaft dar. Neben richt zu erlernen. Der Erfolg des und finanzielle Hilfe zu leisten. Rick Jakob den sportlichen Aspekten zählt für Lehrgangs zeigte sich anschließend Christian Meisel die Schiedsrichter-Gruppe auch das auch an vereinzelten Anfragen, ob Dietfried Fösel persönliche Miteinander in einem man bei der privaten Anschaffung hohen Maße“, erläutert Bernhard der bisher wenig geliebten Compu- Slawinski, stellvertretender ter ebenfalls behilflich sein könnte. Hessen Obmann der Schiedsrichter-Vereini- gung München. Bernhard Slawinski 100 Jahre Schiedsrichter- Vereinigung Kassel In einem Pilotprojekt wurde kürz- Spende für einen guten Zweck lich erstmals ein Computer-Kurs für „Ohne Schiri geht es nicht“ - diese ältere Schiedsrichter durchgeführt. „Statt ,Gelb’ und ,Rot’ – Helfen in zutreffende Feststellung zog sich Grund hierfür war die Einführung der Not.“ Nach diesem Motto spen- wie ein roter Faden durch die Gruß- des elektronischen Spielberichts, dieren die Fußball-Schiedsrichter worte der Ehrengäste beim Festakt der vor allem älteren Schiedsrich- der Gruppe Bamberg einmal im Kreis-Schiedsrichter-Obmann zum 100-jährigen Bestehen der tern ohne PC-Kenntnisse das Gefühl Jahr ihre Aufwandsentschädigung Günther Reitzner (links) überreichte Schiedsrichter-Vereinigung des gegeben hat, ausgegrenzt zu wer- von einem Wochenende für einen den Scheck an Bruno Natterer, den Kreises Kassel. Auf der von Kreis- den. Dass genau das Gegenteil der sozialen Zweck. Vater des schwer erkrankten Mäd- Obmann Kai Graviat moderierten Fall ist, bewies die Schiedsrichter- chens. Veranstaltung verwies dieser auf Gruppe, als Kreisjugendleiter Florian Schon lange stellen sich die Refe- eine bewegte Zeit der am 12. Sep- Weißmann und Bernhard Slawinski rees in den Dienst der Gemein- tember 1912 gegründeten Vereini- nun zu einem entsprechenden schaft und geben ihre Spende an Thüringen gung, die heute über 181 aktive Lehrgang einluden. bedürftige Gruppen oder an Perso- Schiedsrichter(innen) und 56 nen mit Einzelschicksalen im Schiedsrichter-spezifisches passive Schiedsrichter verfügt und „Unser Anliegen war es, dass unsere regionalen Umfeld. „Darüber reden Konflikt-Training sich im Laufe von 100 Jahren zu älteren Schiedsrichter nicht das bringt nichts, man muss Taten einer gut funktionierenden Einheit Gefühl bekommen, aufs Abstellgleis sprechen lassen“, so der Bamber- Anfang Februar trafen sich 32 entwickelt hat. geschoben zu werden. Speziell ger Kreis-Schiedsrichter-Obmann Schiedsrichter der Kreisoberliga im ihrem unermüdlichen Engagement Günther Reitzner. Diesmal beteilig- Jenaer Hotel und Tagungszentrum Die Grüße des HFV-Präsidiums und in den vergangenen Jahren ist es ten sich die Unparteiischen an der „Best Western“ zur Halbzeit-Tagung. des Verbands-Schiedsrichter-Aus- zu verdanken, dass im Kreis Mün- Spendenaktion zugunsten der Zum zweiten Mal fand dieser Lehr- schusses überbrachte Hessens chen die meisten Spiele noch Anschaffung eines behindertenge- gang in Kooperation der Kreis- Schiedsrichter-Obmann Gerd Schu- immer mit Schiedsrichtern besetzt rechten Fahrzeugs für die Tochter Schiedsrichter-Ausschüsse Ostthü- gard, der zusammen mit dem ringen und Jena-Saale-Orla statt. Beauftragten für Schiedsrichter- Öffentlichkeitsarbeit, Karsten Voll- Neben den obligatorischen regel- mar, nach Kassel gekommen war. technischen und körperlichen Leis- „Wir können mit Stolz auf unsere tungstests absolvierten die Unpar- Geschichte zurückblicken und teiischen ein schiedsrichter-spezifi- zuversichtlich nach vorne schau- sches Konflikt-Training. Dieses en“, brachte Kai Graviat zum Aus- wurde von den Konflikt-Beratern druck und würdigte die Aufbauar- des Thüringer Fußball-Verbandes, beit seiner 13 Vorgänger, hier Marco Schellenberg und Torsten besonders von Willi Rosenkranz, Abicht, geleitet. Im Mittelpunkt Albin Grimm, Karl Jenauer, Robert stand hierbei der bewusst konflikt- Krug und des heutigen Kreisfußball- Gespannt verfolgten die Kurs-Teilnehmer die Ausführungen der Referenten. vermeidende Umgang mit Trainern, warts Günther Schneider.

32 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 3:4 gegen Nahe den möglichen Saarland Gruppensieg.

Spannend ging es dann im Halbfinale Titel für Höcherbergs zu: Nach 15 Minuten stand es zwi- Schiedsrichter schen Nahe und Höcherberg 0:0. Im folgenden Sechsmeter-Schießen Die Schiedsrichter-Gruppe Höcher- zeigte sich der spätere Sieger dann berg ist neuer Saarland-Meister der treffsicherer und gewann am Ende Fußball-Schiedsrichter. Beim 18. 4:1. Damit war der Grundstein für Im Mittelpunkt der Festveranstaltung stand die Ehrung langjähriger Volksbanken-Schiedsrichter- den Titel gelegt. Etwas glücklich Schiedsrichter. Hinten (von links): Egon Böttger, Joachim Jänicke und Masters in der Seminarsporthalle in vielleicht, aber durchaus verdient. Georg Jung; Mitte: Obmann Kai Graviat und Hans-Hermann Knörr; vorne: Ottweiler besiegte das Team von Danach bezwang Merzig Nachbar Dietmar Lakies, Georg Neumeyer und Kreisfußballwart Günther Schneider. Obmann Manfred Collmar im Über- Wadern 2:1, machte es aber auch raschungsfinale die Gruppe Merzig spannend. Erst vergab Merzig einen Zu den „Aushängeschildern“ der Lothar Hellwig für 55 Jahre Mit- mit 3:0 und sicherte sich damit den Sechsmeter, danach zwei Zehnme- Vereinigung zählten in früheren gliedschaft in der Kreis-Schieds- ersten Titel nach einer 14-jährigen ter-Strafstöße. Jahren FIFA-Schiedsrichter Günther richter-Vereinigung. Durststrecke. Der Titel bleibt damit Sparing und Franz Mühling, der im Ostsaar-Kreis, nachdem im Vor- Im Finale war es dann nicht lange auch einige Bundesliga-Spiele gelei- Im weiteren Verlauf der Veranstal- jahr die Gruppe Neunkirchen sieg- spannend. Binnen 140 Sekunden tet hat. Während der Amtszeit von tung wurden zahlreiche Schieds- reich gewesen war. schossen sich die Referees von Günther Schneider waren aus dem richter für ihren langjährigen Ein- Höcherberg in die Siegerliste. Ein Kreis mit Horst Hellwig , Frank Kie- satz ausgezeichnet. Der Titelverteidiger landete am Doppelschlag von Lukas Schmitz fer, Dr. Uwe Lange und Sylvia Graviat Ende auf dem achten und letzten und ein Treffer von Fabian Knoll vier Unparteiische auf DFB-Ebene Detlev Schäfer Platz. „Man kann halt nicht in jedem brachten den frühen 3:0-Endstand. aktiv. Eine besondere Ehrung erfuhr Jahr ganz vorne sein“, nahm es Merzig schaffte es nicht mehr, ent- Neunkirchens Obmann Christian scheidend zu kontern, traf durch Zepp relativ leicht. Unter den zahl- Daniel Hilgert und Christoph Müller reichen Zuschauern taten sich vor nur noch Pfosten und Latte. Der Ball allem die Ostsaar-Vertreter positiv wollte nicht mehr ins Tor, sodass und lautstark hervor. Denn: Die Höcherberg am Ende mit seinen Gruppe Höcherberg ließ nichts Fans ausgelassen feiern konnte. unversucht, ihre junge Truppe nach Bester Torschütze des Turniers vorne zu peitschen. Mit Erfolg, wie wurde Daniel Alt von der Gruppe sich am Ende herausstellen sollte. Nahe, der sieben Mal traf.

Für positive Schlagzeilen sorgten Freuen konnte sich auch Verbands- die Teams aus dem Westsaar-Kreis, Schiedsrichter-Obmann Heribert die in den vergangenen Jahren auf Ohlmann über eine gelungene Ver- die letzten Plätze abonniert schie- anstaltung: „Das war qualitativ nen. Die Gruppe Wadern sicherte sogar besser als im Vorjahr. Ich sich den Gruppensieg, die Gruppe freue mich schon aufs nächste Merzig verpasste im vielleicht Jahr.“ licher Regeltest für alle Beteilig- besten Spiel des Turniers mit einem Björn Becker Sachsen ten.

Jozef Marko aus der Slowakei, Mit- Schiedsrichter zogen Fazit glied der UEFA-Schiedsrichter- Kommission, berichtete im weite- Zur alljährlichen Halbzeit-Tagung ren Verlauf der Tagung in einem lud der Schiedsrichter-Ausschuss ausführlichen Vortrag über die des Sächsischen Fußball-Verbandes Entwicklung des Schiedsrichter- (SFV) alle Schiedsrichter und Beob- Wesens, den Schiedsrichter als achter des Landesverbandes in die Persönlichkeit sowie über die Per- Egidius-Braun-Sportschule nach sönlichen Strafen. Er schilderte mit Leipzig ein. Hilfe von aktuellen Videosequen- zen, wie sich ein Schiedsrichter in Neben dem obligatorischen Rück - schwierigen Spielsituationen ver- blick auf die erste Halbserie folgte halten sollte, um die richtigen Ent- die Auswertung der bis dahin scheidungen zu treffen. Zum ersten Mal seit 14 Jahren wurde die Gruppe Höcherberg beim Volks- durchgeführten Schiedsrichter- banken-Schiedsrichter-Masters Saarland-Meister. Die Mannschaft von Beobachtungen sowie ein schrift- Jürg Ehrt Obmann Manfred Collmar (ganz rechts) gewann im Finale gegen Merzig 3:0.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2013 33 Impressum Spielplan

Herausgeber: Deutscher Fußball-Bund e.V. Frankfurt/Main Verantwortlich für den Inhalt: Vorschau 4/2013 Ralf Köttker Die Ausgabe erscheint am 14. Juni 2013. Koordination: David Bittner, Thomas Dohren Mitarbeiter dieser Ausgabe: Lutz Michael Fröhlich, Marco Haase, David Titelthema Hennig, Manfred Kobstaedt, Klaus Löw, Steffen Lüdeke, Bernd Peters, Bianca Riedl, Günther Ein Blick in Thielking, Lutz Wagner, Heinz Wraneschitz Lektorat: die Vergangenheit Klaus Koltzenburg In dieser Saison feiert die Bundesliga Konzeptionelle Beratung: ihr 50-jähriges Bestehen. Für die DFB- Lutz Lüttig Schiedsrichter-Zeitung ist das ein Bildnachweis: Grund, einen Blick in die Vergangen- D. Bittner, S. Eisenkrämer, Getty Images, heit zu werfen: Lutz Lüttig hat im M. Haase, D. Hennig, imago, B. Peters, DFB-Archiv gestöbert und berichtet G. Thielking, W. Zink darüber, was aus den Schiedsrichtern Gestaltung, Satz und Druck: des allerersten Bundesliga-Spieltags MEDIENHAUS KUPER GmbH, (PEFC/04-31-1514) geworden ist. Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, Fax 0 24 03 / 949 949, E-Mail: [email protected]

Anzeigenleitung: Lehrarbeit MEDIENHAUS KUPER GmbH, Franz Schönen Zurzeit ist die Anzeigenpreisliste Aufgaben beim vom 1. 1. 2002 gültig. Erscheinungsweise: Elfmeterschießen Zweimonatlich. Jahresabonnementspreis 15,– Euro. Lieferung ins Ausland oder per Streifband auf Auch wenn ein Spiel nach 120 Spielminuten Anfrage. Abonnements-Kündigungen sind ins Elfmeterschießen geht, müssen die sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Zeitraums dem Abonnements-Vertrieb Unparteiischen weiterhin hoch konzen- bekannt zu geben. triert bleiben. Welche Aufgaben nun auf den Schiedsrichter und seine Assistenten Zuschriften, soweit sie die Redaktion betref- warten, erklärt Günther Thielking. Er stellt fen, sind an den Deutschen Fußball-Bund e.V., den aktuellen DFB-Lehrbrief Nr. 49 zum Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt/Main, Titel „Elfmeterschießen im Ablauf“ vor. [email protected], zu richten. Vertrieb: MEDIENHAUS KUPER GmbH, Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, Fax 0 24 03 / 949 949, Gespräch E-Mail: [email protected] Nachdruck oder anderweitige Verwendung Die Saison-Bilanz der Texte und Bilder – auch auszugsweise und in elektronischen Systemen – nur mit schrift- des Vorsitzenden licher Genehmigung und Urhebervermerk. Wenn die kommende Ausgabe der Die DFB-Schiedsrichter- Schiedsrichter-Zeitung erscheint, ist Zeitung wird auf PEFC-zertifiziertem die laufende Saison schon wieder Papier gedruckt. Geschichte. David Bittner nutzt den Beginn der Sommerpause als Anlass, um mit Herbert Fandel, dem Vorsit- ABO zenden der DFB-Schiedsrichter-Kom- bequem per E-Mail: mission, auf die vergangenen zwölf [email protected] Monate zurückzublicken.

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