Fachtagung „Eine Stadt müssen wir erbauen, eine ganze Stadt!“ Die Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe Kommentiertes Tagungsprogramm 2

„Eine Stadt müssen wir erbauen, eine ganze Stadt!“ Die Künstlerkolonie Darmstadt auf der Mathildenhöhe

Die Mathildenhöhe in Darmstadt – ein herausragendes rische Bedeutung herauszuarbeiten und beides in einem Ensemble des frühen 20. Jahrhunderts – vereint in ihren internationalen Vergleich zu diskutieren. Die Vorträge Bauten, den Gartenanlagen und Kunstwerken ein neues widmen sich der räumlichen, geistigen und gattungsspe- künstlerisches Programm verschiedener Reformansätze. zifischen Vielfalt des Aufbruchs in die Moderne sowie Es entstand experimentelle Architektur, neue Raumkunst den Impulsen, die um 1900 auf Darmstadt einwirkten, und zukunftsweisendes Design. Geschaffen mit dem die von Darmstadt ausgingen und von hier weit in das Ziel, Kunst und Leben zusammenzuführen, manifestiert 20. Jahrhundert hinein ausstrahlten. sich im Wirken der Künstlerkolonie mit den Mitteln der Die Tagung begleitet die Welterbenominierung der Kunst der architektonisch-künstlerische Aufbruch in die „Künstlerkolonie Mathildenhöhe“. Ihr Ziel ist es, interna- Moderne. tional weitere Beispiele in den Blick zu nehmen, in denen Die Wissenschaftsstadt Darmstadt, ICOMOS Deutschland sich der Willen zeigt, die Moderne umfassend künstle- und das Landesamt für Denkmalpflege Hessen veran­ risch zu gestalten. Damit wird der Ort und der Rang der stalten gemeinsam diese Fachtagung, deren Ziel es ist, „Künstlerkolonie Mathildenhöhe“ im internationalen die einzigartigen Eigenschaften der „Künstlerkolonie Vergleich genauer bestimmt und ihr außergewöhnlicher Mathildenhöhe“ und ihre außergewöhnliche kulturhisto- universeller Wert schärfer herausgearbeitet. 3 Programm Programm 4

Sonntag, 17. April 2016 15.00 Uhr Ideen der Gemeinschaft um 1900 und ihre Podiumsgespräch 9.30 Uhr The Gödöllo Artists’ Colony, Hungary: aims, Umsetzung in räumlicher Form mit Oberbürgermeister Jochen Partsch, organization and artistic style compared to 13.00 Uhr ö ffnung des Tagungsbüros | Anmeldung Apl. Prof. Dr. Michaela Braesel, Ludwig- Stadtbaurätin Cornelia Zuschke, the Darmstadt Artists’ Colony Maximilians-Universität München Dr. Markus Harzenetter, Präsident des david A. Hill, Budapest Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, 15.30 Uhr Vorzeichnungen der Moderne. Joseph Maria 10.00 Uhr Die Künstlerkolonien im östlichen Europa 14.00 Uhr Begrüßung Prof. Dr. Werner Durth, Technische Universität Darmstadt, Olbrichs Wiener Jahre zwischen Idylle und Kommerz Jochen Partsch, Oberbürgermeister Moderation: Prof. Dr. Jörg Haspel, Präsident des Dr. Andreas Nierhaus, Wien Museum Dr. Marina Dmitrieva, Universität Leipzig der Wissenschaftsstadt Darmstadt Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS Prof. Dr. Jörg Haspel, Präsident des 16.00 Uhr Kaffeepause Ort: Technische Universität Darmstadt, 10.30 Uhr diskussionsforum Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS Maschinenhaus (Gebäude S1/05), 16.15 Uhr Darmstadt in Context: Architecture and 11.00 Uhr Kaffeepause Magdalenenstraße 12, 64289 Darmstadt 14.20 Uhr Welterbe – Königsdisziplin der Design Reform c 1900 Denkmalpflege? prof. Dr. Kathleen James-Chakraborty, Dr. Markus Harzenetter, Präsident des university College Dublin Künstlerkolonien und vergleichbare Stätten – Landesamtes für Denkmalpflege Hessen Montag, 18. April 2016 Entwicklungen in Deutschland 16.45 Uhr „Most charming examples“. 8.30 Uhr öffnung des Tagungsbüros | Anmeldung Moderation: Dr. Markus Harzenetter, Landesamt für Denk- Beiträge der Darmstädter Künstlerkolonie malpflege Hessen 14.35 Uhr Einführung auf internationalen Ausstellungen um 1900 „Mein Hessenland blühe und in ihm die Kunst!“ pd Dr. Paul Sigel, Technische Universität 11.15 Uhr Margarethenhöhe und Mathildenhöhe: Künstlerkolonien und vergleichbare Stätten – Die Entstehung und Entwicklung der Künstler- Beiträge und Wechselwirkungen zur Entwicklungen in Europa kolonie Darmstadt 1899–1914 Reform des Kleinwohnhauses und des 17.15 Uhr diskussionsforum Moderation: Dr. Bernd Euler-Rolle, Bundes­- Dr. Philipp Gutbrod, Direktor des Institutes städtischen Wohnens denkmalamt Wien Mathildenhöhe Darmstadt Dr. Stephan Strauß, Krefeld 19.30 Uhr Weltkulturerbe – Wert und Wandel 9.00 Uhr Joseph Maria Olbrichs nie gebaute Künstlerkolo- 11.45 Uhr Auf dem Weg zu einer „handgreiflichen Öffentliche Abendveranstaltung mit Empfang nie in Wien – Josef Hoffmanns Künstlerkolonie auf Utopie“ – Karl Ernst Osthaus und der Vorzeichnungen und Entwicklungen der Moderne Impulsvortrag Prof. Dr. Werner Durth, der Hohen Warte „Hagener Impuls“ Moderation: Dr. Philipp Gutbrod, Institut Technische Universität Darmstadt Mag. Gerd Pichler, Bundesdenkmalamt Wien Mathildenhöhe Darmstadt Dr. Birgit Schulte, Osthaus Museum Hagen

5 Programm Programm 6

12.15 Uhr Hellerau im Spannungsfeld sozialer und 15.45 Uhr Kaffeepause Internationale Entwicklungen und Kontexte 11.45 Uhr Experiment, Utopie, Wirklichkeit – künstlerischer Reformansprüche des frühen Moderation: Prof. Dr. Werner Oechslin, Einsiedeln Die Mathildenhöhe und das „neue bauen“ 20. Jahrhunderts in der Weimarer Republik 9.00 Uhr Modernismus in Barcelona: Antoni Gaudí – Dr. Nils M. Schinker, Technische Universität Reformansätze in Architektur und Design um 1900 Dr. Olaf Gisbertz, Technische Universität ein Gestaltungswille durchdringt den Raum Dresden Moderation: Prof. Dr. Gerd Weiß, Wiesbaden Braunschweig Dr. Marina Linares, Köln 12.45 Uhr diskussionsforum 16.00 Uhr Bauen für den Übermenschen? 12.15 Uhr „Stil der Jugend – Jugend des Stils“. 9.30 Uhr Josef Hoffmanns Palais Stoclet in Brüssel Peter Behrens, Henry van de Velde Zur Weiterführung des Reformprogramms 13.15 Uhr mittagspause vom Garten aus betrachtet und der Nietzsche-Kult der Künstlerkolonie in der Wiederaufbauzeit Dr. Anette Freytag, Bern Dr. Ole W. Fischer, Assistant Professor nach 1945 University of Utah 10.00 Uhr Victor Horta à Bruxelles Dr. Sandra Wagner-Conzelmann, Technische Welterbepotentiale und -prozesse Françoise Aubry, Musée Horta, Brüssel Universität Darmstadt Moderation: Prof. Dr. Jörg Haspel, ICOMOS Deutschland 16.30 Uhr Die Gebaute Architekturdebatte Prof. Dr. Regina Stephan, Hochschule Mainz 10.30 Uhr diskussionsforum 12.45 Uhr diskussionsforum 14.30 Uhr Das Welterbepotential europäischer Reformstätten des späten 19. und frühen 17.00 Uhr Die Arbeit der Darmstädter Künstlerkolonie 11.00 Uhr Kaffeepause 13.15 Uhr mittagspause 20. Jahrhunderts im Kontext der wilhelminischen staatlichen V-Prof. Dr. Britta Rudolff, Brandenburgische Kunstgewerbereform Technische Universität Cottbus-Senftenberg, Prof. Dr. John V. Maciuika, Baruch College Rezeption und Nachwirkungen 14.00 Uhr Führungen über die Künstlerkolonie Dipl.-Ing. M.A. Eva Battis, IHM-Institut für New York Moderation: Prof. Dr. Werner Durth, Mathildenhöhe Heritage Management, Cottbus Technische Universität Darmstadt Treffpunkt: Haupteingang 17.30 Uhr diskussionsforum darmstadtium 15.00 Uhr Constructing the Outstanding Universal 11.15 Uhr Die Darmstädter Künstlerkolonie und Value of Cities: the States Parties and ihre Rezeption in Russland am Anfang 16.15 Uhr voraussichtliches Ende der Führungen ICOMOS, 1978–2010 Dienstag, 19. April 2016 des 20. Jahrhunderts dr. Tanja Vahtikari, University of Tampere Dr. Alena Grigorash, Staatliche Pädagogische 8.30 Uhr öffnung des Tagungsbüros | Anmeldung Die Vorträge finden in der jeweils Universität Moskau 15.30 Uhr diskussionsforum angegebenen Sprache statt. Vorzeichnungen und Entwicklungen derEinführung Moderne 8

Ideen„Mein der Hessenland Gemeinschaft blühe um und 1900 in ihm und die ihre Kunst!“ Umsetzung in räumlicher Form Apl.Die Prof. Entstehung Dr. Michaela Braesel, und Entwicklung Ludwig-Maximilians-Universität der Künstlerkolonie München Darmstadt 1899–1914 Dr. Philipp Gutbrod, Institut Mathildenhöhe Darmstadt Das Arts & Crafts Movement propagierte in Folge von Aufenthalts- und Empfangsräumen weiter entwickeln, John Ruskin und William Morris die Zusammenarbeit von lässt sich in den Arbeiten von Webb, Voysey und Baillie Die Gebäude und Kunstwerke der Künstlerkolonie einen Ausgangspunkt für die Hinwendung zur material­ Künstlern und Handwerkern nach der Idee der mittelal- Scott exemplarisch nachvollziehen. Die Halle wird zum Darmstadt auf der Mathildenhöhe bilden ein einzigartiges gerechten und qualitätsvollen modernen Gestaltung. idealen Ort des zwanglosen Miteinanders im Gegensatz terlichenGesamtkunstwerk, Werkstatt das oder zwischen der Florentiner 1900 und Bottega. 1914 geschafSchon - Als Wirkungsort seiner Künstlerkolonie in Darmstadt Morris hatte mit seinem engen Freund Edward Burne-Jo- zu dem formaleren Miteinander im Salon. Sie entwickelt fen worden ist. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und wählte der Großherzog die Mathildenhöhe, die von den sich von einem Eingangsbereich, von dem die Wege in nesbei Rhein,nicht nur Enkel eine der Zusammenarbeit britischen Königin in der Victoria, Firma „Morris,verfolgte insgesamt 23 Mitgliedern der Künstlerkolonie Darmstadt das Haus hinein ausgehen, zu einem Multifunktionsraum Marshall,mit der Gründung Faulkner der & Co.“ Künstlerkolonie vorgesehen, Darmstadtsondern auch gleich ein im Rahmen von vier großen Ausstellungen zwischen mit abgegrenzten, doch verbundenen Raumeinheiten, die Lebenmehrere in Ziele:unmittelbarer zum einen Nachbarschaft wollte er in der des Hauptstadt Red House 1901 und 1914 in der heute sichtbaren Form gestaltet in Bexleyheath geplant. Dieses Haus selbst entstand jeweils bestimmten Funktionen gewidmet sind. Durch seines Großherzogtums, Darmstadt, ein Zentrum des wurde. in Gemeinschaftsarbeit und dokumentiert die Idee der Baillie Scott und Muthesius wird die Idee der Halle auch neuen modernen Stils in Architektur und Kunstgewerbe Im Einleitungsvortrag der Tagung werden die Vorge- Gemeinschaft und des gemeinsamen künstlerischen in Deutschland zu einem beliebten Raumtypus. Im Kon- aufbauen und zum anderen die vielen Firmen in Hes- schichte und die einzelnen Bebauungsphasen der Hintergrunds in seiner Entstehung und seinem Ausstat- text der Künstlerkolonie der Mathildenhöhe wurden diese sen durch die Entwürfe der Künstlerkolonie fördern. Mathildenhöhe vorgestellt sowie ein Überblick über tungskonzept. Ideen aufgegriffen und variiert. Bei Christiansen und Ernst Ludwig war bereits in England mit der Arts and die verschiedenen Schwerpunkte der Künstlerkolonie Diese Idee der Gemeinschaft wird im Laufe des Arts Olbrich wird sie zum Zentrum des Hauses und formuliert Crafts-Bewegung in Berührung gekommen und sah hierin im Laufe der Jahre gegeben. & Crafts Movement aufgegriffen und sucht sich neue eine zeitgemäße Form des Miteinanders. Raumformen. Hierbei ist der Ansatz des „vernacular“, Der Vortrag will die Genese dieses Raumtypus vorstellen der Rückgriff auf lokale, tradierte Formen, ausschlagge- und in diesem Zusammenhang die verschiedenen Formen bend, durch die die Raumform der Halle Einzug findet. von Gastlichkeit, Gruppenidentität, Freundschaft, Künst- Wie sich im Folgenden Halle und andere Formen von lertum und Geselligkeit beleuchten. Vorzeichnungen und Entwicklungen der Moderne 10

Ideen der Gemeinschaft um 1900 und ihre Umsetzung in räumlicher Form Apl. Prof. Dr. Michaela Braesel, Ludwig-Maximilians-Universität München

Das Arts and Crafts Movement propagierte in Folge von Aufenthalts- und Empfangsräumen weiterentwickeln, John Ruskin und William Morris die Zusammenarbeit von lässt sich in den Arbeiten von Webb, Voysey und Baillie Künstlern und Handwerkern nach der Idee der mittelal- Scott exemplarisch nachvollziehen. Die Halle wird zum terlichen Werkstatt oder der Florentiner Bottega. Schon idealen Ort des zwanglosen Miteinanders im Gegensatz Morris hatte mit seinem engen Freund Edward Burne- zu dem formaleren Miteinander im Salon. Sie entwickelt Jones nicht nur eine Zusammenarbeit in der Firma sich von einem Eingangsbereich, von dem die Wege in „Morris, Marshall, Faulkner & Co.“ vorgesehen, sondern das Haus hinein ausgehen, zu einem Multifunktionsraum auch ein Leben in unmittelbarer Nachbarschaft des mit abgegrenzten, doch verbundenen Raumeinheiten, die Red House in Bexleyheath geplant. Dieses Haus selbst jeweils bestimmten Funktionen gewidmet sind. Durch entstand in Gemeinschaftsarbeit und dokumentiert die Baillie Scott und Muthesius wird die Idee der Halle auch Idee der Gemeinschaft und des gemeinsamen künstle- in Deutschland zu einem beliebten Raumtypus. Im rischen Hintergrunds in seiner Entstehung und seinem Kontext der Künstlerkolonie der Mathildenhöhe wurden Ausstattungskonzept. diese Ideen aufgegriffen und variiert. Bei Christiansen Diese Idee der Gemeinschaft wird im Laufe des Arts and und Olbrich wird sie zum Zentrum des Hauses und Crafts Movement aufgegriffen und sucht sich neue formuliert eine zeitgemäße Form des Miteinanders. Raumformen. Hierbei ist der Ansatz des „vernacular“, Der Vortrag will die Genese dieses Raumtypus vorstellen der Rückgriff auf lokale, tradierte Formen, ausschlagge- und in diesem Zusammenhang die verschiedenen Formen bend, durch die die Raumform der Halle Einzug findet. von Gastlichkeit, Gruppenidentität, Freundschaft, Künst- Wie sich im Folgenden Halle und andere Formen von lertum und Geselligkeit beleuchten. 11 Vorzeichnungen und Entwicklungen der Moderne Vorzeichnungen und Entwicklungen der Moderne 12

Vorzeichnungen der Moderne. Joseph Maria Olbrichs Wiener Jahre Darmstadt in Context: Architecture and Design Reform c 1900 Dr. Andreas Nierhaus, Wien Museum Prof. Dr. Kathleen James-Chakraborty, University College Dublin

Bevor Joseph Maria Olbrich 1899 dem Ruf Großher- Wagner wurde für Olbrich entscheidend: Er distanzierte Die Künstlerkolonie, die sich auf der Darmstädter Mathil- Glasgow – Whitechapel – Chicago interessierte sich we- zog Ernst Ludwigs nach Darmstadt folgte, um dort als sich vom akademischen Späthistorismus und fand zu denhöhe an der Wende des letzten Jahrhunderts gründe- niger für Peitschenhiebmotive oder Dekoration um ihrer führender Architekt am Aufbau der Künstlerkolonie auf einer individuellen, „modernen“ Formensprache, die te, verschmolz zwei ähnliche Netzwerke: die des Groß- selbst willen, für freiliegendes Eisen oder Stahl. Worauf der Mathildenhöhe mitzuwirken, hatte er mehr als ein ohne historisches Ornament auskam. 1895 verschaffte herzogs Ernst Ludwig und die des Architekten Joseph es ihr ankam, war eine extrem plastische Monumenta- Jahrzehnt in der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien sich Olbrich durch die Teilnahme an Wettbewerben erste Maria Olbrich. Einflüsse aus Großbritannien und Wien lität, ob inspiriert durch den Wiener Barock oder die verbracht und dort seine künstlerische Prägung erhal- öffentliche Aufmerksamkeit. 1898 vollendete er im Alter schufen eine überzeugende Alternative zur in Deutsch- geologischen Metaphern des talentierten Amerikaners ten. Ab 1890 studierte er bei Carl von Hasenauer an der von 31 Jahren eines seiner Hauptwerke, das Gebäude der land vorherrschenden Richtung, die einen wichtigen Henry Hobson Richardson. Die Stärke und der Charakter Akademie der bildenden Künste, wo seine besondere Wiener Secession. Es wurde zu einem Gründungsbau der Einfluss auf Frank Lloyd Wright haben sollte. der Bande, die diese neue Architektur und das Design zeichnerische Begabung – im späten 19. Jahrhundert eine modernen Architektur des 20. Jahrhunderts. Die neue Generation von Architekten und Gönnern war in an soziale Reformen knüpften, ist häufig übertrieben der Hauptvoraussetzungen für eine erfolgreiche akademi- Mit den „Vorzeichnungen der Moderne“ untersucht der den 1860er Jahren geboren und den Zielen der Arts and worden. Das Engagement, das mehrere Mitglieder der bri- sche Architektenkarriere – bemerkt wurde. Nach seinem Beitrag das Beziehungsgeflecht zwischen Bild und Bau Crafts-Bewegung wohlgesonnen. Sie einte die Bereit- tischen Königsfamilie zeigten, beweist: Schöne Formen Studienabschluss 1893 wurde Olbrich aufgrund dieses in Olbrichs Wiener Jahren und fragt nach seiner Rolle schaft, den Handel und die Industrie in Anspruch zu neh- ließen sich leicht von John Ruskins und William Morris’ außergewöhnlichen Zeichentalents in das Atelier Otto im multimedialen Diskurs um ein neues, von der Last men und sich vom Historismus zu befreien. Doch es gab Kritik des Status quo lösen. Die neuen Formen standen Wagners aufgenommen und im Jahr darauf erhielt er von der Historie befreites Bauen. Nach 1899 sollte die für unterschiedliche Wege zu diesem gemeinsamen Ziel. Was der Stärkung von Frauen der Mittelklasse viel näher als Wagner weitreichende Kompetenzen in Zusammenhang die Etablierung der modernen Architektur grundlegende im Whitechapel-Viertel von London geschah, in den Tee- denen der Arbeiterklasse. Das zeigte sich in Darmstadt mit der Planung der Wiener Stadtbahn, die er – anonym – Medialisierung in Olbrichs Darmstädter Projekt eine stuben und Vororten von Glasgow, auf der Mathildenhöhe weniger deutlich als in Glasgow oder Chicago. Gleichwohl wesentlich mitgestaltete. Die Zusammenarbeit mit unmittelbare Fortsetzung und Ausweitung finden. und in Wrights Chicago, wich deutlich vom Art Nouveau verdient es dieselbe entschlossene Aufmerksamkeit, die ab, der sich von Brüssel Richtung Süden nach Paris und der Art und Weise zuteilwurde, in der diese Reformer den Nancy ausbreitete. Die Achse Wien – Darmstadt – Werkbund und das Bauhaus bestimmten. 13 Vorzeichnungen und Entwicklungen der Moderne Weltkulturerbe – Wert und Wandel 14

„Most charming examples“. Beiträge der Darmstädter Künstlerkolonie Weltkulturerbe – Wert und Wandel auf internationalen Ausstellungen um 1900 Prof. Dr. Werner Durth, Technische Universität Darmstadt PD Dr. Paul Sigel, Technische Universität Dresden Seit der ersten Ausstellung der Künstlerkolonie 1901 ist Nachkriegsjahrzehnten neue Bedeutung mit internationa- das Ensemble der Bauten auf der Mathildenhöhe ein welt- ler Resonanz. Reparaturen, Umbau und Erweiterung der Die Jahre um 1900 waren durch einen regelrechten Boom handenen unterschiedlichen Kunstzentren verdeutlichte. historischen Bauten hinterließen ihre Spuren, ohne dem von internationalen Ausstellungen gekennzeichnet, in Das hessische Großfürstentum setzte dabei mit der 1899 weit einmaliges Dokument des Aufbruchs in die Moderne: Erscheinungsbild der Mathildenhöhe und dem Charakter enger zeitlicher Folge drängten sich ambitioniert insze- gegründeten Darmstädter Künstlerkolonie von Anfang an Ergänzt und weiterentwickelt in den Jahren bis 1914 war die Mathildenhöhe ein Zentrum der europäischen Reform- dieses besonderen Ortes zu schaden, den es durch Pflege nierte Präsentationen, die den teilnehmenden Staaten auf prominente Präsenz im internationalen Ausstellungs- und Belebung zu bewahren und zu stärken gilt. vielfältige Gelegenheit zur aufwändigen Präsentation des wesen, maßgeblich gefördert von höchster politischer bewegung zur Neugestaltung aller Lebensbereiche. Die Initiativen und Leistungen vergangener Generationen jeweiligen wirtschaftlichen und künstlerischen Leistungs- Seite. Im Wandel gesellschaftlicher Wertorientierungen wech- zu würdigen, die Einmaligkeit dieses Werks anzuerken- stands eröffneten. Dies galt im besonderen Maße für die Der Vortrag zeigt daher zum einen die zunehmende Be- selnder Epochen zwischen Kaiserreich, Nationalsozi- nen, zu schützen und zu erhalten: Das ist der Auftrag des kunstgewerblichen und „Raumkunst“-Abteilungen, die deutung der Kunstgewerbe- und „Raumkunst“-Abteilun- alismus und Wiederaufbau wurde das Erbe der Künst- kulturellen Erbes der Künstlerkolonie, auch wenn es noch um 1900 zu den Kernstücken der jeweiligen nationalen gen auf internationalen Ausstellungen auf und untersucht lerkolonie nach 1945 zum Ausgangspunkt der Suche nicht den Rang eines Welterbes der UNESCO hat. Auf Auftritte zählten und als Demonstration der Qualität zum anderen die besondere Relevanz von Vertretern der nach kultureller Identität der zerstörten Stadt. Durch dem Weg dorthin sind nicht nur die Planer und Experten, der jeweiligen nationalen Kunstindustrie galten. Die Darmstädter Künstlerkolonie, die bereits anlässlich der Ausstellungen und Diskurse zur Zukunft der Kunst und sondern alle Bürgerinnen und Bürger unserer Stadtgesell- deutschen Beteiligungen zeichneten sich darüber hinaus Weltausstellung in Paris 1900 mit der Gestaltung des Architektur, durch Ansiedlung namhafter Institutionen schaft gefragt. immer wieder durch eine Zusammenschau zahlreicher „Darmstädter Zimmers“ Maßstäbe im internationalen und Persönlichkeiten gewann die Mathildenhöhe in den regionaler Gruppierungen aus, die die Vielfalt der vor- Kontext setzten. Künstlerkolonien und vergleichbare Stätten – Entwicklungen in Europa 16

Joseph Maria Olbrichs nie gebaute Künstlerkolonie in Wien – Josef Hoffmanns Künstlerkolonie auf der Hohen Warte Mag. Gerd Pichler, Bundesdenkmalamt Wien

„Freundort“ betitelte Joseph Maria Olbrich eine Map- Kunstsammler (Dr. Hugo Henneberg, Dr. Victor Spitzer, pe mit Skizzen zu einer Künstlerkolonie auf der Hohen Carl von Reinighaus) waren, lässt sich das Umfeld skizzie- Warte in Wien, die er im Mai 1900 an seinen Freund und ren, das für eine Künstlerkolonie in Wien fruchtbar war. Secessionskollegen Carl Moll übersandte. Damit setzte er Josef Hoffmann realisierte schließlich für diesen Zweck in den Schlusspunkt unter ein Projekt, das er ambitioniert zwei Etappen, und zwar zwischen 1900 und 1902 sowie verfolgt hatte, nämlich den Bau einer Künstlerkolonie in zwischen 1905 und 1911 beispielhafte Bauten der frühen Wien. Stand anfangs die beste Lage dafür zur Diskussion – Wiener Moderne, die in ihrer gesamtkunstwerklichen Hietzing oder Döbling – verabschiedete sich schließlich Durchdringung über historische Fotografien gut doku- der Architekt selbst und meinte nur aufmunternd zu den mentiert und nachvollziehbar sind. Zurückgebliebenen, dass Josef Hoffmann an seiner Stelle Teilweise völlig zerstört, teilweise gut erhalten sind schon „famose Häuser bauen werde“. Hoffmanns Werke wichtige Zeugnisse für Architektur, Zur Genese des Olbrichschen Projektes sind in erster Kunstgewerbe und Gartenkunst der Wiener Secession. Linie schriftliche Quellen überliefert, die kaum Auskunft Die zweite Bauphase zwischen 1905 und 1911 illustriert zur künstlerischen Gestaltung geben, wohl aber zur ideel- nicht nur die künstlerische Entwicklung Josef Hoffmanns, len Ausrichtung dieser Künstlerkolonie. Aus der Zusam- sondern auch den Wandel von der Künstlerkolonie Hohe mensetzung der fünf Bauherrn, die einerseits Künstler Warte zur Villenkolonie Hohe Warte. (Kolo Moser, Carl Moll) und andererseits Mäzene und 17 Künstlerkolonien und vergleichbare Stätten – Entwicklungen in Europa Künstlerkolonien und vergleichbare Stätten – Entwicklungen in Europa 18

The Gödöllő Artists’ Colony, Hungary: aims, organization and artistic style Die Künstlerkolonien im östlichen Europa zwischen Idylle und Kommerz compared to the Darmstadt Artists’ Colony Dr. Marina Dmitrieva, Universität Leipzig David A. Hill, Budapest Der Vortrag betrachtet Künstlersiedlungen im östlichen Thematisiert werden, neben dem Bauernhaus als Die Gründung der Künstlerkolonie in Gödöllo (30 km von vor allem wegen ihrer gesellschaftlichen Ziele: ausster- Europa im Kontext der internationalen Reformbewegung Proto­typen eines idealen „Künstlerhauses“ bzw. einer Budapest) war kein einzelnes Ereignis, sondern vielmehr bende Handwerkskünste durch Bildung wiederzubeleben. und im Spannungsfeld zwischen den sozialistischen mondänen Villa, die Wiederbelebung des traditionellen ein Zusammentreffen von Künstlern und Designern, Archi- Die Vergleiche mit dem, was in Darmstadt passierte, sind Ideen und dem kommerziellen Erfolg. Die Suche nach Handwerks in von Künstlern geleiteten Bauernwerkstät- tekten, Handwerkern und Handwerkerinnen, die ähnliche interessant. Der Gödöllo -Kolonie fehlte die Unterstützung einer bäuerlichen Utopie um die Jahrhundertwende ver- ten, die Entstehung eines Künstlerdorfes als Teil der Vorstellungen über den Stellenwert der angewandten Kunst eines reichen und begeisterten Adligen, aber sie gewann eint – so die These des Vortrags – Künstlerkolonien im genuinen Landschaft, die Verbindung der Kunst mit der im Alltag hatten. Die beiden Richtfeuer – Aladar Körösfoi- dennoch wichtige Unterstützung von außen für ihre Ar- östlichen Europa, ob in Ungarn (Gödöllo und Nagybánya), Ethnografie, des aufklärerischen Anspruches mit der Kriesch und Sándor Nagy – waren stark beeinflusst von beit. In der gleichen Weise, wie die Darmstädter Kolonie Polen (Zakopane) oder im Russischen Reich (Abramtzewo Kommerzialisierung der Produktion. Herausgestellt John Ruskins und William Morris’ Ideen hinsichtlich der das Denken und Arbeiten in der angewandten Kunst in und Talaškino sowie Künstlerhäuser am Tuusula-See in werden sollen dabei sowohl die Kontakte der osteuropä­ Art des Handwerks, des Lebens der Handwerker und Hand- Deutschland beeinflusste, gelang dies der Gödöllo -Ko- Finnland). Zugleich waren einige von ihnen aufstrebende ischen Künstlerkolonien zueinander als auch die prägende werkerinnen und der Auswirkungen des gut gestalteten lonie in Ungarn. Die Arbeiten der Designer in Darmstadt kommerzielle Unternehmen der „Hausindustrie“, die sich Rolle der Arts and Crafts-Bewegung für ästhetische und Artefakts auf den Alltag. Körösfoi-Kriesch zog 1901 nach und Gödöllo wurden international ausgestellt und in den u.a. auf Weltausstellungen erfolgreich präsentierten. soziale Programme dieser Künstlersiedlungen. Gödöllo und andere folgten. Die beiden wichtigsten wichtigen Zeitschriften des Tages weithin beschrieben: The

Quellen für ihre Arbeit waren traditionelles ungarisches Studio (London), Magyar Iparmuvészet (Ungarische Ange- Volksdesign und ungarische Mythen und Legenden. Sie be- wandte Kunst, Budapest), Deutsche Kunst und Dekoration nutzten diese für die meisten Produkte, die sie herstellten: (Darmstadt), Art et Décoration (Kunst und Dekoration, Pa- Glasmalerei, Wandteppiche, Grafik und gemalte Illustrati- ris) und anderswo. Der Beitrag wird die Ähnlichkeiten und onen, Stickereien, Möbel und vieles mehr. Sie waren eng Unterschiede zwischen diesen beiden wichtigen Künst- mit dem Budapester Museum für Kunstgewerbe verbunden. lerkolonien erkunden und mit archivierten sowie eigenen Von ihm und der Regierung empfingen die Künstler Hilfe, Fotos des Referenten reich bebildert sein. 19 Künstlerkolonien und vergleichbare Stätten – Entwicklungen in Deutschland Künstlerkolonien und vergleichbare Stätten – Entwicklungen in Deutschland 20

Margarethenhöhe und Mathildenhöhe: Beiträge und Wechselwirkungen Auf dem Weg zu einer „handgreiflichen Utopie“ – zur Reform des Kleinwohnhauses und des städtischen Wohnens Karl Ernst Osthaus und der „Hagener Impuls“ Dr. Stephan Strauß, Krefeld Dr. Birgit Schulte, Osthaus Museum Hagen

Familie und Unternehmen Krupp haben im Arbeiterwoh- seinen Essener Regeltypen identisches Musterwohn­­haus, Angeregt durch das Vorbild der Künstlerkolonie auf der Riemerschmid entscheidende Impulse für die moderne nungsbau um die Jahrhundertwende neue Maßstäbe das aber ebenfalls das von ihm in realisierte fort- Mathildenhöhe in Darmstadt und der Gartenstadt Hel- Architekturgeschichte zu liefern. Der heute so genannte gesetzt, die bekanntlich durch englische Vorbilder wie schrittliche Heiz- und Kochsystem besaß. lerau bei Dresden, plante Karl Ernst Osthaus (1874–1921) „Hagener Impuls“ bezeichnet den Abschnitt in der Ge- Port Sunlight inspiriert waren, und haben unter der Ägide Die Kleinwohnungsbauten der Mathildenhöhe und der in seiner Heimatstadt Hagen eine Gartenvorstadt und schichte Hagens von 1900 bis 1921, in dem die Stadt von Robert Schmohl vielfach publizierte Werkssiedlun- Margarethenhöhe, die damit verfolgten Reformansätze Künstlerkolonie, die er „Hohenhagen“ taufte. Zentrum der Schauplatz für eine im internationalen Maßstab wichtige gen geschaffen. Die Gartenstadt Margarethenhöhe gehört und Wechselwirkungen sollen im Vortrag über Georg Anlage war sein eigenes Wohnhaus, der von Henry van de Entwicklung war, initiiert durch den Museumsgründer und nicht in diese Gruppe des reformierten Werkswohnungs- Metzendorfs Beiträge hinaus vorgestellt werden, die Velde entworfene „Hohenhof“, der 1908 vollendet wurde. Mäzen Osthaus. Als Ideengeber, Vermittler und Auftrag- baus, sondern nimmt eine Sonderstellung ein. Finanziert zugehörigen Motive der Initiatoren Großherzog Ernst Der Wohnsitz des spiritus rector behauptete die wichtigs- geber verfolgte er generell die Verbesserung der mensch- durch eine eigenständige Stiftung für Wohnungsfürsorge Ludwig und Margarethe Krupp in die Betrachtung einge- te Funktion im städtebaulichen Ensemble der geplanten lichen Lebensbedingungen in der Praxis. Mit Architektur erstellte der junge Architekt Georg Metzendorf 1909 bettet werden. Anhand der (auch aus den Motiven dieser Künstlerkolonie. Während ein überhöhendes Stadtkro- und Städtebau glaubte Osthaus den Rahmen gestalten zu einen Siedlungsplan für eine Gartenstadt. Die Bewohner Finanziers herrührenden) signifikanten Unterschiede ne-Projekt von Bruno Taut Utopie bleiben musste, ver- können, innerhalb dessen das Gesamtkunstwerk Gesell- sollten nur zu einem kleineren Teil Werksangehörige sein; in der Gewichtung zwischen Künstlerkolonie und mochten die realisierten Bauten von Henry van de Velde, schaft entstehen, seine „handgreifliche Utopie“ Realität der Schwerpunkt war (und ist bis heute) der Wohnraum Kleinwohnungsbau, Sozialreform und Stadtbaukonzept Peter Behrens, Jan L. Mathieu Lauweriks sowie Richard werden sollte. für Familien mit Kindern. soll der Beitrag der Mathildenhöhe zur Kleinwohnungs­ Die Anfänge der Margarethenhöhe fallen mit der dritten frage aus dem Schatten der Künstlerkolonie Mathilden­ Ausstellung auf der Mathildenhöhe im Jahr 1908 zusam- höhe geholt werden. men. Bei dieser erstellte Georg Metzendorf ein nicht mit 21 Künstlerkolonien und vergleichbare Stätten – Entwicklungen in Deutschland Welterbepotentiale und -prozesse 22

Hellerau im Spannungsfeld sozialer und künstlerischer Das Welterbepotential europäischer Reformstätten Reformansprüche des frühen 20. Jahrhunderts des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts Dr. Nils M. Schinker, Technische Universität Dresden V-Prof. Dr. Britta Rudolff, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, Dipl.-Ing. M.A. Eva Battis, IHM – Institut für Heritage Management, Cottbus Nur wenige Jahre nach Baubeginn auf der Mathildenhöhe Werkbundes ein alle Lebensbereiche umfassendes Reform- verfolgte in der Aufbruchstimmung des frühen 20. Jahrhun- programm verfolgt wurde. Nach Erneuerung in den Berei- An zahlreichen Orten Europas wurde vor nunmehr über hundertwende gelten können, haben Welterbestatus. Die derts auch in Hellerau bei Dresden eine Gruppe von Visionä- chen Wohnungsbau, Städtebau, Ästhetik, Theater strebend, einem Jahrhundert mit vielfältigsten Reformideen in den Stätten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts selbst ren die Utopie, eine ganze Stadt bauen zu wollen. Initiator rezipierten die Protagonisten im „Laboratorium für eine neue Bereichen Kunst, Kultur, Wohnen, Arbeiten, Ernährung und sind mit ihrer vielfältigen Thematik bisher jedoch nicht auf war der Tischlermeister und Unternehmer Karl Schmidt, Menschheit“ (Paul Claudel, 1913) Ideen anderer Reformstät- einem verbesserten Lebensstil insgesamt experimentiert. der Welterbeliste vertreten. Voraussetzung für den Schutz dessen Erfolg bei der Möbelproduktion in der Verbindung ten und entwickelten sie weiter. In keiner Siedlungsgründung Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte waren die Künstler- durch die Welterbekonvention von 1972 ist nicht zuletzt von Handwerk und industrieller Fertigung begründet war oder Stadterweiterung zu Beginn des 20. Jahrhunderts kolonien, philanthropisch angelegten Arbeitersiedlungen, das Vorhandensein relevanter materieller Zeugnisse. und von einem außergewöhnlichen sozialen Reformwillen konnten, aufbauend auf dem Gartenstadtkonzept Ebenezer Gartenstädte und andere Reformsiedlungen mehr oder Die Mathildenhöhe stellt unter den Künstlerkolonien von begleitet wurde. Bereits mit dem Maschinenmöbelprogramm Howards, die vielfältigen Ideen der Lebensreformbewegung weniger fest in ein Netzwerk der künstlerischen und in- Frankreich bis Skandinavien nicht nur in dieser Hinsicht „Dresdner Hausgerät“ von 1906 wird der pragmatische so umfassend umgesetzt werden wie in Hellerau. Jedoch tellektuellen Avantgarde Europas und teilweise darüber ein herausragendes Beispiel dar. Jedoch sind darüber hin- und umfassende Anspruch deutlich, durch den Einsatz von zeichnete sich ein Scheitern des sozialen Anspruches bereits hinaus eingebunden. In diesem fand ein reger Austausch zu aus verwandte oder andere Aspekte der zeitgenössischen Maschinen einen eigenen, durch Sachlichkeit und Funktio- mit den explodierenden Kosten für den Bau des Festspielhau- künstlerischen, sozialen, wirtschaftlichen und humanisti- Reformbewegungen an diversen Reformstätten sowie an nalismus gekennzeichneten Ausdruck zu finden und durch in ses als Tempel der Kunst ab, bevor der Erste Weltkrieg das schen Fragestellungen statt. Obwohl sich viele der Visionen etlichen anderen Orten mehr oder weniger substanziell Preis, Ausstattung und Gestaltung gestaffelte Möbelserien ganzheitliche Experiment Hellerau frühzeitig beendete. als Utopien herausstellten, sind sie ein wichtiger Teil der repräsentiert. alle gesellschaftlichen Schichten an der neuen Wohnkultur Der Vortrag zeichnet den Prozess der Siedlungsgründung europäischen Ideengeschichte. Der Vortrag versucht einen Überblick über die Vielfalt der teilhaben zu lassen. Diese Grundgedanken prägten auch Helleraus nach und hebt dabei inhaltliche und personelle Zahlreiche frühe humanistische Stätten sowie Beispiele der europäischen Reformsiedlungen des späten 19. und frühen den Bau der Mustersiedlung Hellerau ab 1909, bei welchem Parallelen sowie grundlegende, programmatische Unter- modernen Architektur und des Siedlungswesens, die als 20. Jahrhunderts zu geben und deren Potentiale für den unter Mitwirkung von Gründungsmitgliedern des Deutschen schiede der beiden Reformstätten hervor. Vorbilder bzw. Rezipienten der Reformstätten um die Jahr- Welterbestatus als Einzel- oder serielle Stätten zu eruieren. 23 Welterbepotentiale und -prozesse Reformansätze in Architektur und Design um 1900 24

Constructing the Outstanding Universal Value of Cities: Bauen für den Übermenschen? the States Parties and ICOMOS, 1978–2010 Peter Behrens, Henry van de Velde und der Nietzsche-Kult Dr. Tanja Vahtikari, University of Tampere Dr. Ole W. Fischer, Assistant Professor University of Utah

Welterbestätten sind nach Definition der UNESCO Orte, Welterbeliste aufgenommen wurden. Der Schwerpunkt Die Figur des außergewöhnlichen Einzelnen bildet eine we- Musik der frühen Tragödienschrift hin zur Architektur als die einen außergewöhnlichen universellen Wert besit- wird auf den von ICOMOS zusammengestellten Bewer- sentliche Konstante in der Gedankenwelt Friedrich Nietz- „grossem Stil“ des heroischen Menschen wider das Zeital- zen. Dieser Wert wird in Bezug auf die tatsächlichen tungsunterlagen liegen, aber die Präsentation diskutiert sches: Schon in der „Geburt der Tragödie“ von 1872, noch ter. Kein Wunder, dass diese Gleichsetzung von monumen- Eigenschaften dieser Orte in einem komplexen Verfahren auch das Verständnis der Vertragsstaaten vom Wert des unter dem Eindruck Richard Wagners und Arthur Schopen- taler Architektur mit dem „grossen Stil“ des über die Zeit mit internationalen Gutachten festgelegt, bei dem die Welterbes. Auf welche Weise haben diese Überlegungen hauers, stellt Nietzsche sowohl den tragischen Helden als herausgehobenen Einzelnen früh in den Architektenkreisen Vertragsstaaten, ICOMOS (für Kulturerbe) und das Welt­ auf die erweiterten Konzeptualisierungen des städtischen auch den künstlerischen Genius als Kämpfer gegen ihre der Stilreform rezipiert wurde und zur Ausbildung einer erbekomitee beteiligt werden. Erbes und den Wert des Erbes reagiert, die seit den Zeit vor, die nur aus sich selbst heraus und in Bezug auf dezidiert künstlerisch-individualistischen Avantgarde bei- Der Vortrag beleuchtet die verschiedenen Formulie- 1970ern in der Gesellschaft entstanden sind? Was kön- eine den individuellen menschlichen Horizont übersteigen- trug: neben Fritz Schumacher, Adolf Loos, August Endell rungen des außergewöhnlichen universellen Wertes im nen wir aus dreißig Jahren Erfahrung in der Umsetzung de, überzeitliche Gesamtheit der Kultur handeln. Trotz der und Bruno Taut lassen sich besonders Peter Behrens und Rahmen der Städte, die zwischen 1978 und 2010 in die der Welterbekonvention lernen? zahlreichen Revisionen und Kehren im Denken Nietzsches Henry van de Velde nennen, die in vergleichbarer Art und lässt sich die Spur des „höheren Menschen“ und „grossen Weise Nietzsches Gedanken gestalterisch ins Werk setzen Einzelnen“ durch verschiedene Wandlungen über den „frei- wollten, was sich exemplarisch in Haus Behrens auf der en Geist“ aus „Menschliches, Allzumenschliches“ (1878) Mathildenhöhe Darmstadt (1899–1901) und dem kurz zu den „Schaffenden“ und „Erkennenden“ der „Fröhlichen danach errichteten Nietzsche-Archiv in Weimar (1901–03) Wissenschaft“ (1882) bis zum „Übermenschen“ des Za- zeigt. Beide Bauten lassen sich als dezidierte Versuche rathustra und des Spätwerks (1883–88) nachzeichnen. einer Architektur für den „neuen Menschen“ Nietzsches Dabei kommt es, neben Verschiebungen im Verhältnis des lesen, wobei sich im Detail aber fundamentale Unterschie- Einzelnen zur Masse, auch zu einer Neubestimmung der de im Umgang mit dem „philosophischen Thema“ heraus- bevorzugten künstlerischen Ausdrucksweise: von Epik und arbeiten lassen. 25 Reformansätze in Architektur und Design um 1900 Reformansätze in Architektur und Design um 1900 26

Die Gebaute Architekturdebatte Die Arbeit der Darmstädter Künstlerkolonie im Kontext Prof. Dr. Regina Stephan, Hochschule Mainz der wilhelminischen staatlichen Kunstgewerbereform Prof. Dr. John V. Maciuika, Baruch College New York Das künstlerisch und wohl auch wirtschaftspolitisch drei Villen auf der Mathildenhöhe, Alfred Messel, Archi- wichtigste Projekt Großherzog Ernst Ludwigs von Hessen tekt großer Warenhäuser in , des Landesmuseums Ganz gleich, wie Deutschland zwischen 1871–1918 von Arbeiten wie die von Matthew Jeffries, Frederic Schwartz und bei Rhein war die Mathildenhöhe, an deren Bebauung in Darmstadt und des zugehörigen Direktorwohnhauses Historikern bezeichnet wird – ob Preußen-Deutschland, und Barbara Miller Lane hinzugekommen. Diese Werke er als Gründer der Künstlerkolonie ebenso beteiligt war auf der Mathildenhöhe, Karl Hofmann, der an der TH Zweites Deutsches Reich oder einfach das Kaiserreich – beleuchten in weitaus nuancierterer Form als bisher die wie als Bauherr. Während die östliche Hälfte des Gebiets Darmstadt lehrte und den Bebauungsplan konzipiert hat- stets haben wir es mit einer politischen, religiösen, kul- intellektuelle, kulturelle und soziologische Basis des Deut- durch die Mitglieder der Künstlerkolonie, Joseph Maria Ol- te, sowie sein Kollege Friedrich Pützer, der sechs Wohn- turellen und regionalen Mannigfaltigkeit in einem Land schen Werkbundes. Wie und auf welche Weise allerdings brich, Peter Behrens und Albin Müller, bebaut wurde und häuser im Ensemble der Mathildenhöhe realisieren konn- zu tun, dessen Regierende sich 1871 gerade erst einver- die Ideen und Aktionen der Schlüsselfiguren im Werkbund in vier Ausstellungen die Architektur der anfangs von der te. Da im westlichen Teil der Mathildenhöhe auch Olbrich standen erklärt hatten, ihre Länder als Teil eines geeinten mit unterschiedlichen staatlichen Institutionen verknüpft Wiener Secession beeinflussten frühen Moderne präsen- baute – die Häusergruppe Ganss und die Dreihäusergrup- „Deutschlands“ zu verstehen. Trotz der verdienten Auf- waren, bleibt erklärungsbedürftig. tierte – u.a. als vollständig eingerichtete Wohnhäuser – pe – und im östlichen Metzendorf – Häuser Kempin und merksamkeit, die das Kaiserreich weiterhin von deutschen Die vorliegende Untersuchung enthüllt nicht nur neue wurde die westliche Hälfte durch namhafte Vertreter Stockhausen –, konnten die Besucher die architektoni- Historikern erfährt, haben Architektur- und Designhis- Wege zum Verständnis der Werkbundführer Friedrich anderer architektonischer Ansätze bebaut. Zu diesen schen Ansätze direkt miteinander vergleichen. Die in den toriker gerade erst damit begonnen, die komplexen und Naumann, , Ernst Jäckh, Karl Ernst gehörten Paul Wallot, der zuvor den Berliner Reichstag Jahren der Reform vor 1914 sehr intensiv und durchaus reichhaltigen Entwicklungen in Architektur und Kunstge- Osthaus und Henry van de Velde. Sie wirft auch neues realisiert hatte und 1899 für Kabinettsrat Gustav von kontrovers geführte Debatte über das Wohnen erhielt im werbe während dieser ungewöhnlichen Zeit zu erforschen. Licht darauf, auf welche Weise bestimmte Regierungs- Römheld ein Privathaus errichtete, Heinrich Metzendorf, Neben- und Miteinander aller zeitgenössischen Architek- Zu nennen wären wichtige Studien von Julius Posener, ministerien – die alles andere als fügsame Diener einer Baumeister zahlreicher Villen an der Bergstraße und von turansätze auf der Mathildenhöhe gebaute Gestalt. Joan Campbell und John Heskett aus den 1960er, 70er funktionalen und indifferenten Bürokratie gewesen sind – und 80er Jahren, die wegweisend für das Verständnis der gegeneinander wetteiferten, kämpften und oft genug wichtigsten Entwicklungen in deutscher Architektur und improvisierten, um nachhaltig in die wilhelminische angewandter Kunst während der Wilhelminischen Ära Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur einzugreifen. gewesen sind. Zu den klassischen Studien sind jüngere 27 Internationale Entwicklungen und Kontexte 28

Modernismus in Barcelona: Antoni Gaudí – ein Gestaltungswille durchdringt den Raum Dr. Marina Linares, Köln

Die Arts and Crafts-Bewegung breitete sich von Mittel- gen, Architektur mit Natur konzeptionell und gestalterisch europa nach Süden aus, wo besonders die durch die In- verbunden. Hierbei bleibt Gaudí traditionellen Materia- dustrialisierung erstarkten Städte von ihr erfasst wurden. lien der Region (Ziegel, Keramik, Schmiedeeisen) treu, Barcelona ist ein Beispiel dafür, wie – entgegen konstruk- entwickelt aus ihnen aber eine eigene Bildhaftigkeit – tivistischer Formenstrenge – der internationale Stil Kunst und Handwerk verschmelzen. aufgenommen und mit regionalen Traditionen verbunden Der Vortrag stellt herausragende Werkbeispiele hinsicht- wurde. Neben Architekten wie Luís Domènech i Montaner lich Material, Stil und Synthese der Künste vor. Die Frage oder Josep Puig i Cadafalch war es besonders Antoni nach traditionellen und modernistischen Einflüssen ver- Gaudí, der einen neuen Stil prägte. Seine Werke scheinen sus eigener, innovativer Formensprache führt zur Polari- bis heute einzigartig zu sein, sind aber dennoch über tät von Adaption und Erfindung. Diese soll im Vergleich die Stilbewegung jener Zeit erklärbar. zu Bauten und Gartenanlagen anderer Architekten Bar- Gaudís Werk verkörpert deutlich das Ideal des Gesamt­ celonas und der Darmstädter Künstlerkolonie diskutiert kunstwerks, zu dem die Synthese von Architektur, Design werden. Basis hierfür ist die Analyse der Werke sowie die und Kunst gehören. Funktionale Objekte werden ästhe- Reflexion der Kunsttheorie (insbes. John Ruskin) sowie tisch und semantisch überhöht (z.B. ein wachender Dra- der Kunstgeschichte jener Stilperiode. Inwieweit waren che als Torgitter oder ein Skulpturenpark aus gestalteten derartige Synthesen typisch für die Zeit um 1900 und Belüftungstürmen), im Raum alle Elemente mit einbezo- wegweisend für die Moderne bis zur Gegenwart? 29 Internationale Entwicklungen und Kontexte Internationale Entwicklungen und Kontexte 30

Josef Hoffmanns Palais Stoclet in Brüssel vom Garten aus betrachtet Victor Horta à Bruxelles Dr. Anette Freytag, Bern Françoise Aubry, Musée Horta, Brüssel

Der Beitrag beleuchtet einen Aspekt von Jugendstil- hier in eine lange Tradition der Gartenkunst ein. Witte- Im Jahr 1893 baute Victor Horta das Hôtel Tassel an der ne war. Sie akzeptierte, dass der Architekt für sie eine ensembles, der von der Forschung oft vernachlässigt rungsverhältnisse und Licht – sei es Sonnen-, Kerzen- Rue Paul-Emile Janson, Nummer 6. Er schuf einen neuen exklusive Ausstattung entwarf, in der Architektur und wird: die Einheit von Haus, Interieur und Garten und die oder elektrisches Licht – spielen in der Architektur Hoff- Stil, den Emmanuel Viollet-le-Duc in seinen „Gesprächen Möbel perfekt harmonierten und der modernste Komfort symbolische Rolle, die dem Garten in der Erneuerung manns sowohl im Garten als auch im Haus Stoclet eine über Architektur“ gefordert hatte. Ein Stil, der für die integriert war (Zentralheizung, Strom, Bad). Hortas Linie der Künste eingeräumt wird. Josef Hoffmann hat für das wichtige Rolle. Der Mosaikfries von Gustav Klimt zeigt an Verwendung von industriell hergestellten Materialien verbreitete sich in Brüssel und in ganz Europa, wurde Palais Stoclet einen typischen „architektonischen Garten“ den Seitenwänden des Speisesaals, dem Höhepunkt der geeignet war, die Horta in die heimische Architektur aber häufig auf ein oberflächliches Ornament reduziert. gestaltet: Haus und Garten sind aufeinander abgestimmt, Repräsentationsräume, einen nie verblühenden Kunstgar- eingeführt hatte. Der Rationalismus der „modernen Viele Nachahmer Hortas ignorierten seine innovative einzelne Räume und Elemente reagieren aufeinander. ten mit dem Lebensbaum als zentralem Motiv. Auch hier Gotik“, in dem Struktur und Ornament eins sind, milderte Arbeit in Bezug auf Raum, Licht und Farbe völlig. Der Bau Darüber hinaus hat Hoffmann für das Ensemble eine sind Kunst und Architektur so aufeinander abgestimmt, sich unter dem Einfluss der fließenden Linien japanischer der Maison du Peuple für die belgische Arbeiterpartei Szenographie entwickelt, die die räumlichen Qualitäten dass das einfallende Sonnenlicht zum Teil der Inszenie- Drucke ab. Die Arabeske brachte bei Horta, wie von sowie von Kaufhäusern machte seinen Stil populär, ver- des Pittoresken durch die Erfahrung der Architektur in rung wird. Christopher Dresser gefordert, die Lebenskraft der Natur wässerte aber seine ursprüngliche Bedeutung: den Bruch Bewegung zur Geltung bringt. Hoffmann schreibt sich zum Ausdruck. Hortas erste Förderer stammten vor allem mit der Vergangenheit und die Kühnheit der Menschen zu aus einer neuen Bourgeoisie, die ihr Vermögen in der verkörpern, die nach gesellschaftlichem und technologi- Industrie erwirtschaftet hatte und offen für die Moder- schem Fortschritt streben. 31 Rezeption und Nachwirkungen Rezeption und Nachwirkungen 32

Die Darmstädter Künstlerkolonie und ihre Rezeption in Russland Experiment, Utopie, Wirklichkeit – am Anfang des 20. Jahrhunderts Die Mathildenhöhe und das „neue bauen“ in der Weimarer Republik Dr. Alena Grigorash, Staatliche Pädagogische Universität Moskau Dr. Olaf Gisbertz, Technische Universität Braunschweig

Ziel dieses Beitrags ist die Beschreibung und die Ana- das als „Werktempel“ konzipiert wurde. Der Architekt Reformarchitektur und „neues bauen“ gingen in der fanden so in der Kommunalarchitektur der Weimarer lyse der stilistischen und theoretischen Rezeption von Wladimir Apischkow erwähnte Olbrich in seiner Vor- Architekturgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts eine Republik zu gebauten Analogien. Experimenten der Darmstädter Künstlerkolonie in der lesung über Architekturtheorie „Das Rationale in der Symbiose ein. Das Bauhaus wäre ohne Rückbezüge auf Der Beitrag widmet sich den Interferenzen zwischen zeitgenössischen russischen Kunst und Architektur. Der modernen Architektur“ (1905) ausdrücklich. Neben den die Mathildenhöhe kaum denkbar gewesen. Der Impuls Darmstadt und der Kommunalarchitektur in Deutschland. Prozess einer Auseinandersetzung mit den neuen Kunst- Einflüssen Olbrichs lassen sich an Fassaden in Moskau aus Darmstadt hat aber auch die Kommunalarchitektur Besonders lohnend erscheint die vergleichende Analyse strömungen in Europa hat dank Sergeij Djagilew begon- auch Zitate von Christiansens Rosenmotiv finden, und an der Weimarer Republik nachhaltig beeinflusst. Die lässt zwischen der Mathildenhöhe als ganzheitlichem Sinnbild nen. Dies ist auch die Zeit, in der Joseph Maria Olbrich russischen Möbeln dieser Zeitperiode kann man Einwir- sich kaum besser nachverfolgen als in Magdeburg, neben einer „neuen Stadt der frühen Moderne“ und Magde- und Hans Christiansen ihre Werke in der internationalen kungen von Darmstadt aufzeigen. Konzeptuell hat der , Celle und Berlin eine der Hochburgen des burg als einer realisierten „Stadt des neuen bauens“ in Ausstellung für Architektur und Kunstindustrie der frühen Kunstfreund Jakow Zhukowskij auf seinem Gut „Kutschuk „neue bauens“ in den Zwanziger Jahren. Fußend auf den der Weimarer Republik. Es offenbaren sich ungeahnte Moderne in Moskau (1901/02) ausstellen konnten. Diese Koj“ (1905) auf der Krim mit der Künstlergruppe „Die Idealen der frühen Moderne erhielt die Elbestadt gar ein Rezeptionswege zwischen Utopie und Wirklichkeit, die Schau, die innovatives Interieur der neuen Raumkunst Blaue Rose” versucht, ein der Mathildenhöhe entspre- neues Corporate Design in Architektur und Städtebau. ohne die biografischen Verflechtungen ihrer Architekten präsentierte, spiegelte die stilistische Inspiration durch chendes Gesamtkunstwerk zu schaffen. Zum Schluss Verantwortlich hierfür waren Architekten wie Bruno Taut wohl kaum möglich gewesen wären. Darmstadt wirkte die Darmstädter Künstler wieder. So sieht Maria Na- kann man sagen, dass russische Künstler aus Moskau und und Johannes Göderitz. 1926/27 lotsten sie anlässlich hier besonders lange nach, wie die Bauten Albin Müllers schokina in Schechtels Haus Rjabuschinskij (1904) eine Sankt Petersburg, Abramtzewo und Talaschkino von der der Deutschen Theaterausstellung auch Albin Müller aus für die Deutsche Theaterausstellung 1927 in Magdeburg Ähnlichkeit mit Olbrichs Haus Habich (1901). Dieser Ausstellung „Ein Dokument deutscher Kunst“ als Beispiel Darmstadt an die Elbe, um eine ganze „Stadt des Neuen belegen, die noch heute wohl erhalten sind. Vergleich liegt nahe, da Olbrich Moskau besuchte und des Gesamtkunstwerks sehr beeindruckt waren, und Bauwillens“ zu vollenden. Experiment und Wirklichkeit Fjodor Schechtel die Werke Olbrichs kannte. Auch in diese die eigenen Ausstellungen, die Architekturtheorie Sankt Petersburg findet man Ideen Olbrichs am Beispiel und -praxis und auch das Design inspirierten. des von Wassilij Schene erbauten Wohnhauses (1903), 33 Rezeption und Nachwirkungen

„Stil der Jugend – Jugend des Stils“. Zur Weiterführung des Reformprogramms der Künstlerkolonie in der Wiederaufbauzeit nach 1945 Dr. Sandra Wagner-Conzelmann, Technische Universität Darmstadt

In der Wiederaufbauzeit nach 1945 haben die Mathilden- verbunden werden müssten. So wurde die Künstlerkolo- höhe und das Reformprogramm der Darmstädter Künst- nie zum thematischen Ausgangspunkt und teils auch zum lerkolonie außerordentlich große Beachtung erfahren. Austragungsort des von Bartning organisierten zweiten Das um 1901 vertretene ganzheitliche Menschenbild und Darmstädter Gesprächs „Mensch und Raum“. Auch in den seine Überführung in damals neue Formen dienten den durch ihn mitverantworteten neu gegründeten Institutio- Protagonisten der 1950er Jahre als Bezugspunkte in der nen mit werkbundlichen Leitlinien (Rat für Formgebung, Wiederaufbaudiskussion. Ein wichtiger Vertreter in diesem Institut für Neue Technische Form) wurden die Ideen der Zusammenhang war Otto Bartning. Er gehörte der Genera- Jahrhundertwende aufgenommen und weitergeführt. Die tion an, die die Ausstellung von 1901 und die Gründungs- Zeit um 1901 wurde als „Jugend des Stils“ (August Hoff, periode des Deutschen Werkbundes als Initialzündung für 1951) bezeichnet und schließlich in den 1950er Jahren zur die Entwicklung der Moderne erfahren hatte. Als Bartning Reife des Stils geführt. 1951 nach Darmstadt berufen wurde, vertrat er mit Nach- Ziel dieses Beitrages ist es, die Weiterentwicklung und druck die Auffassung, dass die Grundzüge des Reform- Überführung der Ideen der Künstlerkolonie von 1901 in die programms der Jahrhundertwende in die Gegenwart der Wiederaufbaudiskussion der 1950er Jahre aufzuzeigen. 1950er Jahre übertragen und mit den aktuellen Themen 35 Viten Viten 36

Françoise Aubry Lehrauftrag an der Christian-Albrechts-Universität Kiel in: Imaginationen des Urbanen (2009). Forschungs- zuerst in der kunsttopographischen Inventarisation Studium der Kunstgeschichte und Archäologie in Brüssel. und Kuratorin der Ausstellung „Englische Buchkunst um schwerpunkte: Kunstgeschichte der Moderne in Zentral- (Niederösterreich, Salzburg), seit 1984 in der Bau- und Ab 1976 Assistenz im Musée Horta, Brüssel, seit 1981 1900“ (Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg). Seit und Osteuropa, Kunsthistoriographie, utopische Gemein- Kunstdenkmalpflege am Landeskonservatorat für Ober­ Kustodin des Musée Horta. Vortragstätigkeit weltweit. 1995 wiss. Angestellte an der Ludwig-Maximilians-Uni- schaften im östlichen Europa sowie Renaissance nördlich österreich, seit 1991 Stellvertreter des Landeskonserva- Zahlreiche Publikationen: Henry van de Velde, Victor versität München (LMU), 2003 Habilitation, seit 2004 der Alpen. tors für Oberösterreich, seit 2009 Leiter der Abteilung für Horta, das 19. Jahrhundert und Art Nouveau in Belgien. Lehrbefugnis im Fach Mittlere und Neuere Kunstgeschich- Konservierung und Restaurierung und seit 2012 Fachdi- Mitgliedschaften u.a.: Réseau Art Nouveau Network, te, seit 2012 Apl. Prof. der LMU. Forschungsschwer- Werner Durth rektor des Bundesdenkmalamtes und Leiter der Abteilung Conseil des Musées bruxellois. punkte: William Morris und die Buchmalerei, „The MS Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c., Studium der Architektur und für Konservierung und Restaurierung. 3. Vorsitzender des described as a work of art“. Untersuchungen zur Rezep- Stadtplanung an der TH Darmstadt, Soziologie und Phi- Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V.; Eva Battis tionsgeschichte der Buchmalerei in England, Frankreich losophie an der Goethe-Universität in Frankfurt/M. 1973 Veröffentlichungen und Vortragstätigkeit zur Geschichte, Dipl.-Ing. M.A., Architekturdiplom an der TU Berlin. und Italien vom 16. bis zum frühen 19. Jahrhundert Diplom, 1976 Promotion, 1981 Berufung zum Professor Theorie und Praxis der Denkmalpflege sowie Lehrauf- Mitarbeit in der deutschen und internationalen Bau- (Habilitation). für Umweltgestaltung an der Johannes Gutenberg-Univer- träge an der Universität Wien und der Akademie der denkmalpflege u.a. für die Gesellschaft für Technische sität Mainz, ab 1993 Professor für Grundlagen moderner bildenden Künste. Zusammenarbeit (GTZ) in Syrien. Spezialisierung durch Marina Dmitrieva Architektur und Entwerfen an der Universität Stuttgart, den Welterbestudiengang der BTU Cottbus-Senften- Dr., Studium der Kunstgeschichte und Geschichte an der seit 1998 Professor für Geschichte und Theorie der Ole W. Fischer berg, seit 2008 Tätigkeit im Bereich Denkmalpflege und Lomonossov-Universität Moskau. 1991–95 Lehrbeauf- Architektur an der TU Darmstadt. 1992 Schelling-Preis Dr., Studium der Architektur an der Bauhaus Universität Welterbe im In- und Ausland. Derzeit Mitarbeiterin im tragte an den Universitäten Freiburg, Basel, Hamburg und für Architekturtheorie, 2004 Fritz-Schumacher-Preis Weimar und der ETH Zürich. 2002–08 Lehrauftrag am IHM-Institut für Heritage Management (Cottbus) und bei Bremen, seit 1996 wiss. Mitarbeiterin am Geisteswis- für Stadtforschung. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Institut für Geschichte und Theorie der Architektur der Think Heritage! (Bahrain) sowie Doktorandin an der BTU senschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmit- Geschichte der Architektur und Stadtplanung. ETH Zürich, 2008 Dissertation über die programmati- Cottbus-Senftenberg. teleuropas an der Universität Leipzig. Publikationen sche Übertragung der Philosophie Friedrich Nietzsches (Auswahl): Zwischen Stadt und Steppe. Künstlerische Bernd Euler-Rolle in Theorie und Werk Henry van de Veldes. Parallel freier Michaela Braesel Texte der ukrainischen Moderne aus den 1910er und Dr., Studium der Kunstgeschichte an der Universität Architekt und Städtebauer in Zürich. 2005 PhD Research Apl. Prof. Dr., Studium der Kunstgeschichte an der Chris- 1930er Jahren (2012), Der Traum vom Wolkenkratzer. Die Wien. Seit 1979 Mitarbeiter des Bundesdenkmalamtes, Fellow an der Harvard Graduate School of Design. Co-Ku- tian-Albrechts-Universität Kiel, 1991 Promotion, 1994 Imagination des Urbanen in sozialistischen Metropolen, 37 Viten Viten 38

rator und Co-Generalkommissar des deutschen Beitrags Olaf Gisbertz Verwirklichung“. 2012 Abschluss in Sprachwissenschaf- „Hans Christiansen – Die Retrospektive“. Mitgliedschaf- an der Biennale di Venezia 2010. Seit 2010 Assistant Dr., Studium der Kunstgeschichte, Europäischen Ethnolo- ten an der Pädagogischen Universität und in Kunstge- ten u.a.: Réseau Art Nouveau Network. Professor for History and Theory of Architecture an der gie und Städtebau. 1997 Promotion mit einer Arbeit zum schichte an der Moskauer Lomonossow-Universität. Seit School of Architecture der University of Utah, Salt Lake Neuen Bauen. Wiss. Angestellter/freier Mitarbeiter an 2014 Cheflektorin der Seminare zur russischen Kunst im Markus Harzenetter City, Sommer 2015 Gastprofessor für Architekturtheorie der RWTH Aachen und der Deutschen Stiftung Denkmal- 20. Jahrhundert an der Moskauer Pädagogischen Staatli- Dr., Studium der Kunstgeschichte, Neueren und Neuesten an der TU Wien. schutz. Seit 2005 wiss. Mitarbeiter an der TU Braun- chen Universität. Publikation: Die Darmstädter Künstler- Geschichte sowie Denkmalpflege in Bamberg. 1995– schweig, seit 2014 Leitung des ZBK Zentrum Baukultur kolonie und russische Kunst an der Wende des XIX. und 2000 Leiter der Abteilung Denkmalpflege bei der Stadt Anette Freytag Kommunikation als Teil der Innovationsgesellschaft der XX. Jahrhunderts: Kulturdialoge (2013). Mitgliedschaften Regensburg, ab 2003 Referatsleiter für die Bayerische Dr., 2005–15 tätig am Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur TU Braunschweig. 2014/15 Lehrauftrag zur Architektur- u.a.: Europäischer Symbolismus und Jugendstil. Denkmalliste am Landesamt für Denkmalpflege, ab 2004 von Christophe Girot an der ETH Zürich, zuletzt als For- geschichte der 1960er und 70er Jahre an der Universität Hauptkonservator und Leiter der Abteilung Denkmaler- schungsleiterin und Dozentin. Dissertation zum Werk von Augsburg. Publikationen (Auswahl): Bruno Taut und Philipp Gutbrod fassung und -forschung. 2007–15 Landeskonservator Dieter Kienast (1945–1998). Zurzeit wiss. Referentin für Johannes Göderitz in Magdeburg. Architektur und Städte­ Dr., Studium der Kunstgeschichte, des Öffentlichen für Westfalen-Lippe, seit 2014 Vorsitzender der Vereini- die Schweizer Landschaftspolitik im Bundesamt für Umwelt bau in der Weimarer Republik (2000), Gustav Oelsner Rechts und der Klassischen Archäologie an den Univer- gung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Ab Sommer 2016 (1879–1956). Ein Stadtplaner und Architekt der Moderne sitäten in Heidelberg und München. 2004 Promotion Deutschland, seit Mai 2015 Präsident des Landesamtes Professorin für Landschaftsarchitektur an der Rutgers State (2008). Mitgliedschaften u.a.: ICOMOS, documomo, „Wols (1913–1951) – Die Arbeiten auf Papier (Kommen- für Denkmalpflege Hessen. Mitgliedschaften u.a.: ICO- University of New Jersey. Zahlreiche Veröffentlichungen Gründungsvorsitz Netzwerk Braunschweiger Schule e.V. tiertes, kritisches Werkverzeichnis)“. Ab 2005 Tätigkeit MOS Deutschland und ICOMOS Monitoringgruppe, Exper- zur Kulturgeschichte von Gärten, Stadtentwicklung und (2010). in den USA und Kanada im Kunstmarkt, Publikation von tengruppe Städtebaulicher Denkmalschutz des BMVBS, zeitgenössischer Landschaftsarchitektur. Als Forscherin und Essays und Büchern. Seit Juli 2011 Ausstellungskurator Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung, Gutachterin engagiert sie sich für den Schutz historischer Alena Grigorash und Sammlungskonservator am Institut Mathildenhöhe European Heritage Heads Forum. Ensembles, z.B. den Garten Stoclet. Mitgliedschaften u.a.: Dr., Studium der Kunstgeschichte an der Moskauer Stro- Darmstadt. Maßgebliche Mitarbeit bei der Welterbenomi- ICOMOS-IFLA. ganow-Akademie für Kunst und Gewerbe. 2013 Disser- nierung. Seit April 2015 Direktor des Institut Mathilden- Jörg Haspel tation zum Thema „Die Darmstädter Künstlerkolonie und höhe Darmstadt. Ausstellungen zur Kunst des 19., 20. und Prof. Dr. Dipl.-Ing., Studium der Architektur und Stadt- das Gesamtkunstwerk im Jugendstil: von der Idee zur 21. Jahrhunderts wie „August Lucas – Wer Engel sucht“, planung an der Universität Stuttgart und Studium der 39 Viten Viten 40

Kunstgeschichte und Empirischen Kulturwissenschaft an Mittel- und Osteuropa seit 1973. Aus erster Hand kennt Kultur des Bauhauses von Weimar bis zum Kalten Krieg. Wien vom DAAD und der Alexander von Humboldt-Stif- der Universität Tübingen. Stipendiat der Robert Bosch er alle Stile und Bewegungen in Architektur, Kunst und tung unterstützt. Maciuika hat sich auf die Politik Stiftung und wissenschaftsjournalistischer Volontär Design der Jahre 1860–1920. Er hat eine Reihe von Arti- Marina Linares kultureller Identitäten in verschiedenen nationalen bei den Stuttgarter Nachrichten. 1982–91 Kustos beim keln über Aspekte ungarischer Architektur und Designs Dr., Studium der Kunstgeschichte, Philosophie, Ger- Rahmen konzentriert, vor allem in Mittel- und Osteuropa. Denkmalschutzamt der Freien und Hansestadt Hamburg, (coupDefouet, Hungarian Review) und Referate auf bei- manistik und Musikwissenschaft an der Universität zu Er verbrachte das Studienjahr 2014/15 als Fellow an der seit 1992 in Berlin als Landeskonservator. Präsident des den coupDefouet Konferenzen veröffentlicht (2013, 2015) Köln. Anschließend dort Grundstudium der Theater-, American Academy in Rom, wo er an seinem neuesten Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS und Stiftungs- sowie in drei Réseau Art Nouveau Network Events (Riga, Film- und Fernsehwissenschaft. 2002/03 Promotion an Buchprojekt arbeitete: „Infrastrukturen der Erinnerung: ratsvorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Ljubljana, Subotica) und der William Morris Conference der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Die Politik der historischen Rekonstruktion in Deutsch- Lehraufträge an Berliner Hochschulen, Forschungen bzw. (Egham, 2005) und für die William Morris Society (über interdisziplinären Dissertation über Malerei und Musik. land, Polen und Litauen“. Im Jahr 2005 veröffentlichte die Veröffentlichungen zur Denkmalpflege und Geschichte Morris’ Einfluss auf die Gödöllo Künstlerkolonie, 2007). Seit 2003 Vorträge, Seminare, Museumsführungen, pub- Cambridge University Press sein erstes Buch, „Vor dem der Architektur und des Städtebaus, insbes. des 19. und lizistische und redaktionelle Tätigkeiten, von 2006–09 Bauhaus: Architektur, Politik, und der deutschen Staat, 20. Jahrhunderts. Mitglied u.a. im Beirat der Bundesstif- Kathleen James-Chakraborty auch an der Danube Private University, Krems. 2010/11 1890–1920“. 2015 veröffentlichte die Sangensha Acade- tung Baukultur, im Fachbeirat des Netzwerks Weiße Stadt Professorin in Kunstgeschichte am University College Lehrauftrag im Bereich Musik/Bildkunst, Dozentenfortbil- mic Press in Tokio, Japan, eine japanische Übersetzung Tel Aviv, im Internationalen Kuratorium der „denkmal Dublin und Vincent Scully Visiting Professor in Archi- dung und Hochschuldidaktik an der Universität zu Köln. von „Vor dem Bauhaus“. 2016“. tekturgeschichte an der Yale School of Architecture. Sie Seit 2012 Zweitstudium der Psychologie an der Fernuni- hat an der Universität von Minnesota, in Berkeley und in versität Hagen. Andreas Nierhaus David A. Hill Bochum gelehrt. James-Chakraborty ist eine Expertin für Dr., Studium der Kunstgeschichte und Geschichte in Ein international anerkannter Autor von Lehrmaterialien deutsche und amerikanische Moderne des 20. Jahrhun- John V. Maciuika Wien, 2008 Promotion. 2004/05 Assistent am Institut und sehr erfahrener Dozent für Sprach- und Literaturbil- derts. Darüber hinaus ist sie besonders an moderner Professor für Kunst- und Architekturgeschichte an der für Kunstgeschichte der Universität Wien, 2005–08 dung. Parallel studierte, schrieb und hielt er Vorträge zu Sakralarchitektur, dem außerwestlichen Modernismus City University of New York. Seine Forschung nutzt Archi- Mitarbeiter der Kommission für Kunstgeschichte der den Themen des Jugendstils, William Morris, den Prä- und der Beziehung zwischen Modernismus und Moderne tektur als Medium, durch das Geschichte erfahrbar wird, Österreichischen Akademie der Wissenschaften (For- raffaeliten, Architektur und Design der ungarischen interessiert. Forschungsschwerpunkte: deutsche Architek- und ist in sechs Sprachen veröffentlicht worden. Seine schungsprojekt zur Wiener Hofburg). Seit 2005 Lehrver- Secession sowie zum Design und zur Architektur in tur für ein Massenpublikum, Architektur seit 1800 sowie Forschung wurde drei Jahre lang in Berlin, München und anstaltungen am Institut für Kunstgeschichte der Univer- 41 Viten Viten 42

sität Wien, seit 2008 Kurator der Architektursammlung Gerd Pichler Masterprogramme World Heritage Studies (MA), Heritage schaft, Museen und Archive im Fachbereich Kultur der des Wien Museums. Forschungsschwerpunkte: Archi- Mag., Studium der Kunstgeschichte an der Universität Conservation and Site Management (MA). Geschäftsfüh- Stadt Hagen, stell. Fachbereichsleiterin Kultur der Stadt tektur und bildende Kunst vom 19. bis 21. Jahrhundert, Wien. Mitarbeit an der kunsttopographischen Inven- rerin des An-Instituts für Heritage Management GmbH Hagen und stell. Direktorin des Osthaus Museums Hagen. Architektur und Medialität, Architekturzeichnungen, Otto tarisation Österreichs. Seit 2001 Mitarbeiter im Bun- sowie von Think Heritage!, seit 2011 Beraterin von Vorstandsmitglied des Karl Ernst Osthaus Bundes, der Wagner und seine Schule. desdenkmalamt, dort 2003–12 Leiter der Abteilung ICOMOS International und derzeit stell. Vorsitzende für Henry van de Velde-Gesellschaft Hagen sowie Sachver- für Klangdenkmale, seit 2012 Leiter der Abteilung für Verwaltung bei ICCROM. ständige für das Werk des Malers Christian Rohlfs. Zahl- Werner Oechslin Spezialmaterien. Seit 1998 Forschungsprojekte und reiche Ausstellungen, Publikationen, Vorträge, Tagungen Prof. Dr., Studium der Kunstgeschichte, Archäologie, Phi- Ausstellungstätigkeit zur österreichischen Kunst des Nils M. Schinker und Filme zu den Schwerpunkten klassische Moderne, losophie und Mathematik an den Universitäten Zürich und 19. und 20. Jahrhunderts mit Schwerpunkt auf Wien um Dr. Ing. Arch., nach dem Musikdiplom 1995 an der Staat- Jugendstil und zeitgenössische Kunst, Karl Ernst Osthaus, Rom. 1970 Promotion in Zürich, Habilitation in Berlin 1980, 1900. Veröffentlichungen zur österreichischen Kunst des lichen Hochschule für Musik in Freiburg, Studium der die Folkwang-Idee und der Hagener Impuls. Betreuung 1985–2009 Ordinarius für Kunst- und Architekturgeschichte Hochmittelalters bis zur frühen Moderne. Architektur an der TU Berlin. Mitarbeit in verschiedenen des Welterbeantrags für die Stadt Hagen für das Bau- an der ETH Zürich, 1987–2006 Direktor des Instituts für Architekturbüros in Berlin, Freiburg und Hamburg. Seit denkmal „Hohenhof“, das in den Erweiterungsantrag Geschichte und Theorie der Architektur. 1987 Gastprofessor Britta Rudolff 2006 wiss. Mitarbeiter an der TU Dresden. Architekt, „Zollverein und die industrielle Kulturlandschaft Ruhrge- an der Harvard University. Gründer der „Stiftung Bibliothek V-Prof. Dr., studierte Restauratorin (Dipl.-Rest [FH]) mit Architekturhistoriker und Denkmalpfleger. 2013 Disser- biet“ eingebunden ist. Werner Oechslin“ in Einsiedeln mit einem Gesamtbestand weiteren postgradualen Qualifikationen in Kulturerbema- tation „Gartenstadt Hellerau 1909–1945. Stadtbaukunst, von über 50.000 Büchern. 2011 Ehrendoktorate der Uni- nagement und Welterbestudien (BTU Cottbus-Senften- Kleinwohnungsbau, Sozial- und Bodenreform“. Mitautor Paul Sigel versitäten in Antwerpen, der italienischen Schweiz, Lugano berg). Promotion im Bereich Kulturgeographie/Welterbe beim Antrag für das UNESCO-Weltkulturerbe für die PD Dr., 1997 Dissertation zum Thema „Exponiert. Deut- sowie der TU München. Veröffentlichungen zur Architektur- an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Koope- Gartenstadt Hellerau. Mitgliedschaften u.a.: ICOMOS, sche Pavillons auf Weltausstellungen“. Ab 1997 wiss. As- und Kunstgeschichte des 15. bis 20. Jahrhunderts. For- ration mit der Carleton Universität in Ottawa, Kanada. Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege, Archi- sistent am Institut für Kunst- und Musikwissenschaft der schungsschwerpunkte: Architekturtheorie, die Architektur Seit zwei Jahrzehnten internationale Spezialisierung auf tektenkammer Sachsen. TU Dresden. Ab 2006 zusammen mit Werner Durth Bear- der Moderne sowie Architekturzeichnung, -typologie und strategische Planung für und Management von (Welt)- beitung des an der TU Darmstadt angesiedelten und von ephemere Architektur (Festarchitektur). kulturerbe. Vertretung des Lehrstuhls für Kultur(erbe)- Birgit Schulte Durth geleiteten Forschungsprojekts „Baukultur. Spiegel management der BTU Cottbus-Senftenberg. Lehrtätigkeit: Dr., Kunsthistorikerin. Fachdienstleiterin für Wissen- gesellschaftlichen Wandels“ (2009). 2010 Habilitation an 43 Viten Viten 44

der TU Dresden. Seitdem Lehrstuhlvertretungen/Gastpro- Stephan Strauß Sandra Wagner-Conzelmann land. Seit 2002 Honorarprofessor am Kunstgeschichtli- fessuren an der TU Dresden, am Center for Metropolitan Dr.-Ing. Arch., Studium der Architektur an der TU Dort- Dr., Studium der Europäischen Kunstgeschichte, Italia­ chen Seminar der Johann Wolfgang Goethe-Universität Studies der TU Berlin und an der HCU Hamburg. Assozi- mund. Mitarbeit beim Aufbau des Archivs für Architektur nistik und Klassischen Archäologie an der Ruprecht- Frankfurt/M. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Bau- und ierter des Centers for Metropolitan Studies der TU Berlin, und Ingenieurbaukunst NRW. 2000–05 wiss. Angestell- Karls-Universität Heidelberg. Promotion „‚die stadt von Kunstgeschichte insbes. des 19. und 20. Jahrhunderts Dozent für History of Architecture an der New York ter am Lehrstuhl Denkmalpflege und Bauforschung der morgen‘. Die programmatische Sonderausstellung zum und zur Denkmalpflege. Mitgliedschaften, Kuratorium University Berlin. Kunst- und Stadthistoriker, zahlreiche TU Dortmund. 2005 Dissertation zum Thema „Eckhard zukünftigen Städtebau auf der Interbau 1957 in Berlin“. oder Vorstand u.a.: Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Publikationen zu architektur- und stadtgeschichtlichen Schulze-Fielitz und die Raumstadt – Architektur und 2009–13 Postdoktorandin/Habilitandin, DFG-Projekt Expertengruppe Städtebaulicher Denkmalschutz des Themenbereichen. architekturtheoretischer Diskurs der Nachkriegszeit“. Katalogisierung des Nachlasses von Otto Bartning, TU BMVBS, ICOMOS, BDA. Seit 2005 Architekturbüro Strauß & Fischer – Historische Darmstadt. 2010–16 Habilitation über Otto Bartnings Le- Regina Stephan Bauwerke GbR in Krefeld mit den Arbeitsschwerpunkten ben und Werk mit Schwerpunkt auf Bartnings Wirken als Prof. Dr., Studium der Kunstgeschichte, Neueren Geschichte Baudenkmalpflege, Erhaltungskonzepte und Bauen im Programmatiker, Organisator und Moderator in der Wie- und Didaktik der Künste an der Ludwig-Maximilians-Univer- Bestand. deraufbauzeit nach 1945. 2015–18 Kuratorin der Retro­ sität München. Dissertation zum Thema „Studien zu Waren- spektive zum Leben und Werk von Otto Bartning (in der und Geschäftshäusern Erich Mendelsohns in Deutschland“. Tanja Vahtikari Akademie der Künste in Berlin, der Städtischen Galerie Seit 2008 Professorin für Architekturgeschichte an der Dr., Postdoktorandin an der Universität Tampere, Fakultät Karlsruhe und dem Institut Mathildenhöhe Darmstadt). Fachhochschule Mainz, 2011 Habilitation und Venia Legendi für Sozialwissenschaften und Geisteswissenschaften. für Architekturgeschichte und -theorie an der TU Darmstadt. Derzeit arbeitet sie im Centre of Excellence „Geschichte Gerd Weiß Kunsthistorikerin, Autorin, Kuratorin und Professorin für der Gesellschaft: Finnland neu denken 1400–2000“, Prof. Dr., Studium der Kunstgeschichte, Germanistik, Architekturgeschichte. Mitgliedschaften u.a.: Advisory gefördert von der Akademie von Finnland. Sie verteidigte Soziologie und Publizistik. 1976 Promotion in Göttingen. Board zur Welterbenominierung „Künstlerkolonie Mathilden- ihre Dissertation „Welterbestädte zwischen Beständigkeit 1976–99 in der niedersächsischen Denkmalpflege tätig. höhe Darmstadt“, „White City Tel Aviv“ des BMVBS, Verband und Wandel“ im Jahr 2013, die unter dem Titel „Welt­erbe­ 1999–2014 Präsident des Landesamtes für Denkmalpfle- Deutscher Kunsthistoriker, ICOMOS, Deutscher Werkbund städte beurteilen“ veröffentlicht wurde. Spezialist für ge Hessen. 2002–13 Vorsitzender der Vereinigung der sowie Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege. Welterbe, historische Städte und städtisches Gedächtnis. Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutsch-

47 Vorzeichnungen und Entwicklungen der Moderne

Impressum LJosephandesamt für Maria Denkmalpflege Olbrichs Hessen Wiener Jahre SchlossDr. Andreas Biebrich Nierhaus, Wien Museum 65203 Wiesbaden Das Arts & Crafts Movement propagierte in Folge von Aufenthalts- und Empfangsräumen weiter entwickeln, LJohnayout Ruskin und William Morris die Zusammenarbeit von lässt sich in den Arbeiten von Webb, Voysey und Baillie DUBBEL SPÄTH GmbH & Co. KG, Darmstadt Künstlern und Handwerkern nach der Idee der mittelal- Scott exemplarisch nachvollziehen. Die Halle wird zum Fotosterlichen Werkstatt oder der Florentiner Bottega. Schon idealen Ort des zwanglosen Miteinanders im Gegensatz NMorrisikolaus Hhatteeiss mit seinem engen Freund Edward Burne-Jo- zu dem formaleren Miteinander im Salon. Sie entwickelt

Wneseitere nicht Informationen nur eine Zusammenarbeit in der Firma „Morris, sich von einem Eingangsbereich, von dem die Wege in www.kuenstlerkolonie-mathildenhoehe.deMarshall, Faulkner & Co.“ vorgesehen, sondern auch ein das Haus hinein ausgehen, zu einem Multifunktionsraum Leben in unmittelbarer Nachbarschaft des Red House mit abgegrenzten, doch verbundenen Raumeinheiten, die Standin Bexleyheath geplant. Dieses Haus selbst entstand jeweils bestimmten Funktionen gewidmet sind. Durch März 2016, Änderungen vorbehalten! in Gemeinschaftsarbeit und dokumentiert die Idee der Baillie Scott und Muthesius wird die Idee der Halle auch Gemeinschaft und des gemeinsamen künstlerischen in Deutschland zu einem beliebten Raumtypus. Im Kon- Hintergrunds in seiner Entstehung und seinem Ausstat- text der Künstlerkolonie der Mathildenhöhe wurden diese tungskonzept. Ideen aufgegriffen und variiert. Bei Christiansen und Diese Idee der Gemeinschaft wird im Laufe des Arts Olbrich wird sie zum Zentrum des Hauses und formuliert & Crafts Movement aufgegriffen und sucht sich neue eine zeitgemäße Form des Miteinanders. Raumformen. Hierbei ist der Ansatz des „vernacular“, Der Vortrag will die Genese dieses Raumtypus vorstellen Eine Veranstaltung der Wissenschaftsstadt Darmstadt, derdes De Rückgriffutschen National auf lokale,komitees tradierte von ICOMO SFormen, ausschlagge- und in diesem Zusammenhang die verschiedenen Formen und des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen bend, durch die die Raumform der Halle Einzug findet. von Gastlichkeit, Gruppenidentität, Freundschaft, Künst- Förderer der tagung Wie sich im Folgenden Halle und andere Formen von lertum und Geselligkeit beleuchten.