Magerstandorte_R.6mm_Druck_Farbpalette Vögel 20.11.13 13:24 Seite 1

Die feuchten und trockenen Magerstandorte e t r

zählen mit ihrer pflanzlichen und tierischen o

d Magerstandorte

Vielfalt zu den naturkundlich interessantesten n a

Lebensräumen in . Sie sind aus der t s landwirtschaftlichen Bewirtschaftung entstan - r e

den und können nur durch die fachgerechte g a

und extensive Nutzung erhalten werden. Im M letzten Jahrhundert sind zahlreiche dieser Flächen verschwunden. Die ersten Inventari- sierungen in den 1990er Jahren konzentrierten sich auf die Tal- und unteren Hanglagen. Seit - her konnten viele dieser Flächen über vertrag- liche Vereinbarungen gesichert werden.

Mehrere Biologinnen und Biologen kartierten in den letzten vier Jahren im Rahmen von zwei Aufträgen des Landes Liechtenstein flächen- deckend die Trockenwiesen und -weiden sowie die Feuchtgebiete. Die Resultate dieser Kar- tierung werden in vier Arbeiten präsentiert. Vor allem im Berggebiet konnten zahlreiche neue Magerstandorte bezeichnet werden. Liechten - stein weist aufgrund seiner naturräumlichen Voraussetzungen ein hohes Potenzial und damit auch Verantwortung für diese Lebens- räume auf. Vergleiche zu früheren Aufnahmen erlauben zudem das Aufzeigen von Entwick- lungen. Empfehlungen für die Bewirtschaftung runden die Beiträge ab. Damit bilden die vor- liegenden Arbeiten eine Grundlage für die lang - fristige Erhaltung dieser Naturwerte.

Naturkundliche Forschung im Fürstentum Liechtenstein

BAND 29 9 2

Herausgeberin: D

ISBN 3-9523234-6-2 N Regierung des Fürstentums A

ISBN 978-3-9523234-6-5 B Liechtenstein 2013 Die Magerstandorte des Fürstentums Liechtenstein

Naturkundliche Forschung im Fürstentum Liechtenstein

BAND 29

2013 Herausgeber: Regierung des Fürstentums Liechtenstein

Redaktion: Rudolf Staub

Layoutkonzeption: Atelier Silvia Ruppen Umschlagsgestaltung: Atelier Silvia Ruppen

Satz und Druck: Gutenberg AG, Schaan

Die Karten im Bericht werden reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA130401)

sowie für die online-Ausgabe: © 2013 swisstopo (BA130402)

Bezugsquelle: Amt für Umwelt, FL-9490 Vaduz Amtlicher Lehrmittelverlag, Vaduz 2013 ISBN 3-9523234-6-2 ISBN 978-3-9523234-6-5

Die Magerstandorte des Fürstentums Liechtenstein. Amtlicher Lehrmittelverlag, Vaduz, 2013 (Naturkundliche Forschung im Fürstentum Liechtenstein; Bd. 29) ISBN 978-3-9523234-6-5 Inhalt

4 Vorwort

5 Dipner, M., Leibundgut M. & C. Mayer: Trockenwiesen und -weiden (TWW) im Fürstentum Liechtenstein (ohne Alpgebiet)

29 Leibundgut M. & C. Mayer: Trockenwiesen und -weiden (TWW) im Alpgebiet des Fürstentums Liechtenstein

3 63 Staub R. & G. Amann: Feuchtgebiete im Talraum des Fürstentums Liechtenstein

87 Beiser, A. & R. Staub: Feuchtgebiete im Berggebiet des Fürsten- tums Liechtenstein Vorwort

4 Feuerlilien, Sumpfgladiolen und Schwertlilien sind nur Dieses Resultat stellt dem Naturschutz in Liechtenstein ein einige bekannte und schöne Beispiele von Pflanzen, die auf gutes Zeugnis aus. Die grössten verbliebenen Feuchtflächen Magerstandorten wachsen und gedeihen. Auch eine Viel- im Liechtensteiner Talraum, wie das Ruggeller Riet oder zahl an Orchideen kommt ausschliesslich auf feuchten oder Schwabbrünnen-Äscher in Schaan, stehen schon seit langem trockenen Magerwiesen und -weiden vor. All diese Pflanzen unter Naturschutz. Erst in den letzten zwei Jahren konnten sind nicht nur optisch schön, sie sind heute nur noch selten auch kleinere Flächen wie der Matilaberg in Triesen oder die anzutreffen und wurden daher rechtlich geschützt. Dies weil Mareewiesen in Vaduz – ebenfalls beides Magerstandorte der Lebensraum «Magerstandort», der auf eine extensive – unter Schutz gestellt werden. Für die richtige Bewirtschaf- landwirtschaftliche Nutzung angewiesen ist, in den letzten tung und somit die Erhaltung der trockenen Magerwiesen Jahrzehnten einen starken Flächenverlust erlitten hat. zeigen sich auch die Magerwiesenverträge verantwortlich. Die jährlich ausbezahlten Bewirtschaftungsbeiträge ent- Mit dem vorliegenden Werk liegen zum ersten Mal die schädigen eine Leistung, die die Landwirte zum Erhalt der Ergebnisse einer flächendeckenden Kartierung aller trocke- Magerstandorte, teils in extremen Hanglagen, erbringen. nen und feuchten Magerstandorte vor. Bis- Die Beiträge sind daher berechtigt und haben ihre Wirkung lang konzentrierten sich die Aufnahmen auf die nassen und nicht verfehlt. trockenen Standorte von Streueflächen und Magerwiesen im Talraum und an den rheintalseitigen Hanglagen. Ein Ver- Nun gilt es, die neu erfassten Flächen, die ebenfalls von gleich mit dem Magerwieseninventar von 1990 zeigt jedoch hoher ökologischer Qualität sind und vorwiegend im Alpen- Erfreuliches: praktisch alle feuchten Magerstandorte im raum vorkommen, in gleicher Weise zu schützen und zu Talraum konnten bei der Kartierung bestätigt werden, auch erhalten. Die Grundlagen dafür sind mit der vorliegenden wenn sich die Artenzusammensetzung teilweise ein wenig Arbeit gegeben, die Bedrohungen wurden erkannt und verschoben hat. Von den trockenen Magerwiesen wurde Empfehlungen zur Erhaltung erarbeitet. Den Autorinnen ebenfalls eine Mehrheit der Flächen bestätigt, obwohl und Autoren dieses Bandes sei an dieser Stelle ebenso ein bei der jetzigen Kartierung strengere Kriterien zum Zuge herzliches Dankschön für die geleistete Arbeit auszuspre- kamen. chen wie den Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern der Magerstandorte. Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, wünsche ich eine interessante Lektüre und hoffe, dass dadurch das Bewusstsein für diese besonderen Lebensräume mit ihren Arten gestärkt wird.

Marlies Amann-Marxer Umweltministerin MICHAEL DIPNER, MARY LEIBUNDGUT & CORNELIA MAYER Trockenwiesen und -weiden (TWW) im Fürstentum Liechtenstein (ohne Alpgebiet) 5

Michael Dipner Mary Leibundgut Cornelia Mayer Geboren 1960 in St. Gallen, Studium der Geboren 1963 in Bern, Studium der Geboren 1968 in Bern, Studium der Geographie an der Universität Geographie und Biologie in botanischer Biologie in botanischer Richtung an Basel. Seit 1994 Mitarbeiter und Teil- Richtung an der Universität Bern, von der Universität Bern, von 1996 bis 2001 haber in privatem Umweltberatungs- 1995 bis 2009 Mitarbeiterin in privatem Mitarbeiterin in privatem Umweltbe- büro in Basel und im Projekt «Trocken- Umweltberatungsbüro in Bern und im ratungsbüro in Bern und im Projekt wiesen und -weiden der Schweiz» tätig. Projekt «Trockenwiesen und -weiden «Trockenwiesen und -weiden der der Schweiz» tätig. Seit 2010 als frei- Schweiz», bis 2005 auf der Fachstelle schaffende Biologin tätig. Natur und Landschaft Kanton Aargau tätig. Seit 2005 wohnhaft in Liech- tenstein und tätig als freischaffende Biologin. Inhaltsverzeichnis Inventar 1990 und 1991 neu beurteilt. Im Gegensatz zum bestehenden Inventar umfasst die TWW-Kartierung neben Zusammenfassung 6 Trockenwiesen (Magerwiesen) auch Trockenweiden (Mager- 1. Auftrag 6 weiden). Insgesamt wurden von der Rheinebene bis zur Sömmerungsli- 2. Dank 6 nie 177 ha Trockenvegetation kartiert. 53 % der aufgesuchten Inventarflächen konnten bestätigt werden, was im Vergleich 3. Ausganglage 7 zu einigen kantonalen Inventaren in der Schweiz positiv ge- 3.1 Naturraum 7 wertet werden kann. Gründe für das verhältnismässig gute 3.2 Landwirtschaft 7 Resultat in Liechtenstein sind in der Qualität des Magerwie- 3.3 Trockenwiesen und -weiden 7 seninventars 1990/91 und in den bisher abgeschlossenen Be- wirtschaftungsverträgen und deren Umsetzung zu suchen. 4. Methode und Vorgehen 7 Dominante Vegetationstypen sind nährstoffreiche Halb- trockenrasen, Halbtrockenrasen und trockene, artenreiche 5. Resultate 8 Fettwiesen. Die TWW liegen mehrheitlich in südwest-, west- 5.1 Grunddaten 8 und nordwestexponierten Lagen. Rund die Hälfte der TWW 5.2 Vergleich mit dem bestehenden Magerwiesen- findet sich unterhalb von 750 m und verteilt sich auf die 6 inventar 8 Hangfusslagen der Gemeinden Balzers und Triesen sowie 5.3 Abgesuchte Flächen 9 den Rheindamm, welcher alleine einen Viertel der Trocken- 5.4 Räumliche Verteilung 9 vegetation der tiefen Lagen beherbergt. Weitere Schwer- 5.5 Vegetation 10 punktgebiete bilden die mittleren und oberen Lagen der 5.6 Nutzung und Verbuschung 11 Gemeinden Planken und . Drei Viertel der TWW 5.7 Strukturelemente 11 liegen naturräumlich und klimatisch bedingt in der südlichen 5.8 Arten 12 Landeshälfte. Trockenwiesen und –weiden sind ökologisch äusserst wert- 6. Regionale Typisierung der TWW / Umsetzungshin- volle, selten gewordene Lebensräume und Rückzugsorte weise 13 zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Auch heute noch ver- Rheindamm 13 schwinden jährlich weitere TWW, sei es durch Intensivierung Allmend Balzers 14 der landwirtschaftlichen Nutzung, Aufforstung, Überbauung, Schloss Gutenberg 15 Infrastrukturanlagen oder auch durch Nutzungsaufgabe. Die Poskahalda 15 vorliegende Arbeit liefert aktuelle und praxisorientierte Um- Magerwiesenlandschaft am Hangfuss setzungsgrundlagen zur Erhaltung und Aufwertung dieser Balzers/Triesen 16 wertvollen Lebensräume. Weidegebiet zwischen Triesen und Triesenberg 16 Scherris 17 Guggerboda 17 1 Auftrag Heuberge Triesenberg 17 Rotaboda bis Erbi 18 Im Jahre 2008 erteilte die Regierung des Fürstentums Liech- und Profatscheng 18 tenstein der Arbeitsgemeinschaft pro.seco GmbH den Auf- Foppa bis 19 trag zur Kartierung der Trockenwiesen und -weiden (Ma- Schaan und Vaduz 19 gerwiesen und -weiden) in Liechtenstein. Die Bearbeitung Planken 19 erfolgte in den Jahren 2008 und 2009. Eschnerberg 20 Mit der Kartierung dieser aus Sicht des Arten-, Biotop- und Wiesen und Weiden höherer Lagen 20 Landschaftsschutzes wertvollen Lebensräume soll deren Heuberge Tuass und Maschera 20 Schutz, Pflege und Förderung auf eine fundierte wissen- schaftliche Grundlage gestellt werden. Mit der Übernahme 7. Allgemeine Empfehlungen zur Umsetzung 21 der gesamtschweizerisch angewandten TWW-Methode (EG- Literatur 22 GENBERG ET AL. 2001) wird eine standardisierte, systematische Anschrift der Autoren 22 Datenaufnahme von Vegetation, Strukturelementen, Nut- zung, Verbuschung sowie Vernetzungssituation gewähr- leistet. Zudem wird ein Vergleich mit den Schweizer Daten Zusammenfassung ermöglicht.

Der vorliegende Beitrag umfasst die Kartierung der rheintal- seitigen Trockenwiesen und –weiden (TWW) Liechtensteins. 2 Dank Die Kartierung erfolgte 2008 und 2009 nach der von EGGEN- BERG ET AL. 2001 beschriebenen Methode. Im Rahmen der Kar- Der Regierung des Fürstentums Liechtenstein danken wir für tierung wurden Potentialflächen nach Trockenvegetation die Auftragserteilung und Finanzierung des Projektes. Ein abgesucht und alle trockenen Magerwiesenobjekte aus dem herzlicher Dank geht an Josef Schädler vom Amt für Wald, Natur und Landschaft für die Initiierung und engagierte Be- erfreulich; über 80% der Flächen sind vertraglich gesichert. gleitung des Projektes sowie für das Bereitstellen der vorhan- Das bestehende Magerwieseninventar weist jedoch Lücken denen Grundlagen. Ebenso danken wir herzlich Hermann auf. Einerseits fehlen systematische Angaben zu Vegetation Schmuck vom Amt für Wald, Natur und Landschaft für das Er- und Arten, andererseits bestehen Lücken bei der Kartierung. stellen der Orthophotos als Kartiergrundlage. Stefan Eggen- Dies betrifft vor allem artenreiche Weiden und verschiedene berg danken wir für die methodische Begleitung, Christophe Gebiete im Norden des Landes. Im Weiteren lassen die alten Hunziker für die professionelle Datenverarbeitung und Res Inventardaten es nicht zu, die einzelnen Flächen zu bewer- Hofmann für die Aufbereitung der GPS-Daten. ten und für die Umsetzung zu priorisieren.

3 Ausganglage 4 Methode und Vorgehen

3.1 Naturraum Die Kartierung der Trockenwiesen und –weiden Liechten- steins (TWW) erfolgte analog der TWW-Kartierung in der Den Naturraum beschreibt BROGGI (1988) in seinem Werk zum Schweiz. Die Methode wird von EGGENBERG ET AL. (2001) de- Landschaftswandel im Talraum Liechtensteins. Aus Sicht der tailliert beschrieben. Zum besseren Verständnis der nachfol- Trockenwiesen und -weiden (im Folgenden auch als TWW be- genden Texte werden hier die wichtigsten Arbeitsschritte zeichnet) sind folgende natürlichen Faktoren relevant: aufgeführt: 7 – GEOLOGIE: Zur standörtlichen Trockenheit neigender Ge- steinsuntergrund wie Schotter des Rheins, Drumlins der In einem ersten Schritt wurden die abzusuchenden und zu Rheinebene, Kalk- und Flyschschichten der helvetischen kartierenden Gebiete mit potentieller TWW-Vegetation Decken sowie deren Gehängeschutt. durch lokale Expertinnnen und Experten bezeichnet und – KLIMA: Für nordalpine Verhältnisse relativ geringe Nie- durch Luftbildinterpretation ergänzt. Das Kartiergebiet be- derschläge (im Regenschatten von Alpstein und Alvier). inhaltete neben den abzusuchenden Gebieten auch alle tro- Liechtenstein liegt bereits im Einflussbereich des inne- ckenen Magerwiesenobjekte aus dem Inventar 1990/1991 zur ralpinen Churer Beckens mit kontinentalem Klimacha- Neubeurteilung nach TWW-Kriterien. Somit umfasst die vor- rakter. Häufige Föhnlagen, die allerdings von Süd nach liegende Kartierung alle TWW unterhalb der Sömmerungs- Nord deutlich abnehmen, dadurch Verlängerung der linie (offizielle obere Grenze der landwirtschaftlichen Nutz- Vegetationszeit, erhöhte Durchschnittstemperatur, ge- fläche und Übergang von den Ganzjahresbetrieben zu den ringere Niederschläge. Alpgebieten). Das Alpgebiet (Sömmerungsgebiet) wurde in – RELIEF/BODEN: Ausserhalb der Rheinebene oft steile einer separaten Kartierung 20010/2011 erfasst (siehe Beitrag Hanglagen mit entsprechend flachgründigen Böden LEIBUNDGUT & MAYER 2013). und geringer Speicherkapazität für Bodenwasser. In einem weiteren Schritt wurden die vorhandenen Inventar- grundlagen aufbereitet und Orthophotos (Flugjahr 2006) im Massstab 1:5‘000 als Kartiergrundlage erstellt. Weiter wur- 3.2 Landwirtschaft den einige Anpassungen der Schweizer TWW-Methode an die spezifischen Verhältnisse in Liechtenstein vorgenommen. Die Landwirtschaft Liechtensteins unterlag im letzten Jahr- Es sind dies: hundert einem starken Strukturwandel. Kulturlandverlust – Ergänzung der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen durch Siedlung, Mechanisierung und Intensivierung der Nut- der Schweiz (östliche Nordalpen, RL-Typ Nr. 6) durch die zung, aber auch Nutzungsaufgaben auf Grenzertragsflächen Rote Liste der gefährdeten und seltenen Gefässpflanzen haben deutliche Spuren hinterlassen. Extensiv genutzte Flä- des Fürstentums Liechtenstein (BROGGI ET AL. 2006) sowie chen wie die Trockenwiesen und -weiden (TWW) sind – wie der Verordnung über besonders geschützte Pflanzen- auch in den umliegenden Ländern – stark zurückgegangen. und Tierarten (LGBI 1996 Nr. 136).

Abb. 1 Feldkartierung 3.3 Trockenwiesen und -weiden

Im Inventar der Naturvorrangflächen im Fürstentum Liech- tenstein wurden auch trockene Magerwiesen erfasst (BROGGI & WILLI 1996). Mit den 1990/1991 erfolgten Feldarbeiten wurden Daten aus den 70er Jahren aktualisiert und für die Umsetzung bereitgestellt. Auf der Basis der Verordnung über die Ausrichtung von Bewirtschaftungsbeiträgen zur Er- haltung der Magerwiesen vom 22.10.1996 werden mit den Bewirtschaftern Verträge abgeschlossen mit dem Ziel, die im Magerwieseninventar enthaltenen Flächen zu erhalten. Die angepasste Nutzung wird mit Bewirtschaftungsbeiträgen abgegolten. Die Beteiligung am Umsetzungsprogramm ist – Berücksichtigung des Aufwertungspotenzials brachlie- 5.2 Vergleich mit dem bestehenden Magerwiesenin- gender Wildheuflächen (Heuberge) bei allfälliger Nut- ventar zungswiederaufnahme. Von den 116 ha des Inventars wurden 61 ha (53% der Fläche) Zur Qualitätssicherung der Feldarbeit führten die Kartiere- bei der TWW-Kartierung bestätigt. 91 der 121 Objekte (75%) rinnen eine «Eichung im Feld» durch, um möglichst perso- wurden bestätigt oder verändert (verkleinert, bzw. vergrös- nenunabhängige Resultate bezüglich Einordnung von Vege- sert). tationstypen, Schätzung von Artmächtigkeiten, Grenzzie- Insgesamt erfüllten 55 ha die relativ strengen Kriterien hung, etc. zu erhalten. des TWW-Kartierschlüssels nicht. Dass ein Teil der Inven- Die Feldkartierung erfolgte in den Sommermonaten 2008 tarflächen nicht als Trockenwiesen bestätigt wurde, hängt und 2009. Hierbei diente der dreistufige TWW-Kartierschlüs- auch damit zusammen, dass die Vertragsperimeter bewusst sel zur Abgrenzung der TWW gegenüber der umgebenden grosszügig und zur Vereinfachung der Umsetzung parzel- Vegetation und zur Bestimmung der Vegetationstypen. lenscharf abgegrenzt wurden. Damit konnten arrondierte Grenzgebungskriterien waren der Vegetationstyp, die Nut- ungedüngte Grünlandkomplexe mit einer abgestuften Nut- zung, Gemeindegrenzen oder grosse Unterschiede im Auf- zungsintensität sowie ungedüngte Magerwiesen auf nähr- treten von Einschlüssen wie Gehölzen, Felsen, Fremdvegeta- stoffreicheren Böden erhalten werden. Dies ist z.B. bei den tion, etc. Ein TWW-Objekt musste eine Fläche von mindes- Wiesen am Ellhorn und im Neugrütt (Ellwiesen, Lang Wesa) 8 tens 10 Aren umfassen. der Fall. Ähnlich ist die Situation in der Gemeinde Triesen- In jedem Teilobjekt wurde auf einer repräsentativen Kreisflä- berg im traditionellen Heuwiesengebiet zwischen Stärnab- che von 3 m Radius eine vollständige Vegetationsaufnahme ärg und Vorder : Besonders im Gebiet Alpelti und Wang gemacht und der Mittelpunkt der Vegetationsaufnahme als wurden grosse Flächen des Wieseninventars nicht bestätigt, Grundlage für eine Wirkungskontrolle mit GPS eingemessen. da sie zu nährstoffreiche Vegetation aufweisen. Im Wildheu- Die an TWW angrenzende Vegetation wurde auf dem Or- gebiet Tuass und Maschera wurden dagegen grössere Inven- thophoto mit einem Abstreichcode versehen (zu fett, nass, tarflächen vor allem auf nordwestexponierten Hanglagen verbuscht, etc.). nicht aufgenommen, weil deren Potenzial für Trockenvege- Im Anschluss an die Feldarbeiten wurden alle erhobenen tation eingeschränkt und zudem die Bewirtschaftung wegen Felddaten digitalisiert (TWW-Perimeter, Mittelpunkte der der geringen Erschliessung und der Steilheit des Geländes Vegetationsaufnahmen, Teilobjektdaten, Artenlisten), die problematisch ist. Daten ausgewertet, eine Bewertung und Rangierung der Ein Spezialfall sind die Inventarflächen in der Rheinebene TWW-Objekte vorgenommen und ein Schlussbericht erstellt. zwischen Balzers und Neugrütt (Entamoos, 4.7 ha). Es handelt Die Ergebnisse liegen zusammen mit den Protokollblättern sich dabei um eine offene Föhrentrocken-Aue mit Streue- und den Orthophotos aus der Feldkartierung dem Amt für wiesen (Molinia) im Unterwuchs, welche nicht als eigentli- Wald, Natur und Landschaft vor. Das Projekt wurde Ende che Trockenwiesen angesprochen werden können. Werden 2009 abgeschlossen. beim Inventarvergleich diese Spezialfälle berücksichtigt, verbessert sich die Bilanz, d.h. der weitaus grösste Teil der Inventarflächen von 1990 konnte bestätigt werden – dies im 5 Resultate Gegensatz zu einigen Kantonen in der Schweiz, wo nur 30% der Inventarflächen aus den 1980er-Jahren den TWW-Krite- 5.1 Grunddaten rien stand hielten. Das gute Resultat in Liechtenstein ist einerseits ein Hinweis Tab.1 Ausgangs- und Enddaten der TWW-Kartierung auf die hohe Qualität des Biotopinventars (methodisch ver- gleichbar mit der TWW-Kartierung), andererseits aber auch Parameter Anzahl Fläche in ha auf erste Erfolge bei der Umsetzung der Magerwiesenver- Landesfläche (1) 16‘047.50 träge zurückzuführen: Offenbar zeigen die Bemühungen im Objekte aus Magerwiesen- Biotopschutz Wirkung. inventar 121 116.40 Wahrscheinlich hat ein grosser Teil des Verlusts an Trocken- Abgesuchte Gebiete 461.20 wiesen bereits vor den Vegetationsaufnahmen für das Bioto- Total TWW-Objekte 213 177.30 pinventar von 1990 stattgefunden. Ein schleichender Verlust Total TWW-Teilobjekte 347 177.30 durch Nutzungsintensivierung an potentiellen TWW-Lagen Durchschnittliche Fläche der – landwirtschaftlich bedingt, aber auch durch den Siedlungs- TWW-Objekte 0.83 druck – ist noch vielerorts feststellbar: Auf dem Eschenberg Durchschnittliche Fläche der und am bergseitigen Siedlungsrand von Schaan, Vaduz, Trie- TWW-Teilobjekte 0.51 sen und Balzers, wo auf den Schuttfächern am Hangfuss Bestätigte Magerwieseninventar- ideale naturräumliche Voraussetzungen für Magerwiesen fläche 6100 vorhanden waren, sind in den letzten Jahrzehnten zahlrei- (1) Swisstopo, politische und administrative che Magerwiesen der Überbauung oder der Umwandlung in Grenzen der Schweiz (GG25), 2009 Fettwiesen zum Opfer gefallen. Auch am Triesenberg ist der Verlust durch die Ausdehnung der Siedlungsfläche gross. Andererseits ist auch der Verlust an Magerwiesen durch die Nutzungsaufgabe an schlecht erschlossenen oder sehr steilen erhoben wurden, ist der Flächenanteil in den höheren Lagen Lagen gross. Wo die extensive Bewirtschaftung fehlt, verbu- klein. Oberhalb von 1500 m wurde nur im Wildheugebiet schen und verwalden ökologisch äusserst wertvolle Flächen. von Tuass und im kartiert. In der Untersuchung von Peter BORGMANN (2004) wurde mit Hilfe eines Luftbildvergleichs eine drastische Abnahme der Tab. 2 Räumliche Verteilung der TWW auf die verschiedenen Trockenwiesen am Triesenberg seit den 1950er-Jahren nach- Höhenstufen gewiesen. Wertvolle Trockenwiesenflächen sind vielerorts auch durch Aufforstungen verloren gegangen, so z.B. im Ge- Höhenstufe Vorkommen Fläche [ha] % Fläche biet Alpelti, Vorder Silum oder Färcha. 251- 500 Rheindamm 49.3 27.8 501- 750 Schellenberg, Hangfuss 41.6 23.5 Triesen (Poskahalda etc), 5.3 Abgesuchte Flächen Balzers (Ellwiesen, Neu- grütt) Für die TWW-Kartierung wurden neben den Inventarflächen 751- 1000 Planken, Triesenberg 21.8 12.3 auch zahlreiche Potenzialflächen bezeichnet, welche 2008/09 (Rotaboda) nach TWW abgesucht wurden. Im Gegensatz zum bestehen- 1001- 1250 Untere Lagen Triesen- 13.9 7.8 den Inventar, welches ausschliesslich gemähte Flächen um- berg (Masescha, Pro- fasst, wurden auch beweidete Flächen für die Kartierung fatscheng) 9 ausgewählt. 116 ha oder 65% der kartierten TWW-Fläche 1251- 1500 Obere Lagen Triesen- 35.9 20.3 sind daher neu, d.h. sie liegen ausserhalb des bestehenden berg: von Gaflei, Silum Inventars. 50 ha bzw. 43% dieser neuen Fläche werden be- bis Stärnabärg. Wild- weidet. Grosse Magerweiden liegen v.a. in den Gemeinden heugebiete Maschera Triesen, Triesenberg und Balzers. Besonders erwähnenswert und untere Lagen Tuass sind die grossflächigen Weidegebiete Allmend Balzers, Kem- 1501- 1750 obere Lagen Tuass 14.9 8.4 mi-Gorn, Scherris und das Gebiet zwischen Triesen und Trie- Total 177.3 100.0 senberg. Auf dem Eschnerberg, der grossflächig nach TWW abgesucht wurde, konnten dagegen nur noch ganz verein- Exposition zelte, kleinflächige Magerrasen gefunden werden. Obwohl also in den letzten Jahrzehnten grosse Trockenwie- Die auffällige Dominanz von südwest-, west- und nordwes- senflächen des Landes verloren gegangen sind, konnte mit texponierten Flächen entspricht der Besonderheit des Reliefs der Kartierung 2008/09 immer noch eine erfreulich grosse von Liechtenstein mit einer Dominanz von westexponierten Anzahl TWW erfasst werden. Die Kartierung war darum we- Hanglagen (vgl. Tab. 3). Im Vergleich zum Kanton SG sind in sentlich ergiebiger und aufwändiger als erwartet. Liechtenstein Südost-Expositionen stark untervertreten.

Tab. 3 Exposition der TWW-Flächen 5.4 Räumliche Verteilung Exposition Fläche [a] % Fläche Höhenstufe N 0.4 0.2 NE 6.5 3.7 Die Verteilung der TWW-Objekte in den Höhenstufen ist E 5.0 2.8 in Tab. 2 sowie in der Karte «Höhenverteilung der TWW» SE 10.8 6.1 im Anhang dargestellt. Bemerkenswert ist der hohe Anteil S 9.2 5.2 an TWW-Vegetation in den tieferen Lagen: Rund die Hälfte SW 61.3 34.6 der TWW-Fläche liegt unterhalb von 750 m. Die Objekte un- W 59.0 33.3 terhalb von 500 m sind mit einer Ausnahme alle am Rhein- NW 24.8 14.0 damm zu finden, welcher allein 45 ha und damit 25% der - 0.4 0.2 TWW-Flächen des Landes umfasst. Ein weiteres Viertel der Total 177.3 100.0 TWW-Fläche liegt auf dem Eschnerberg und am Hangfuss der Gemeinden Triesen und Balzers. Etwas mehr als ein Viertel Gemeinden der Fläche wurde in den mittleren Lagen zwischen 1000 und 1500 m im Heuwiesen-Gebiet von Triesenberg aufgenommen. Mit einem TWW-Flächenanteil von 1.1% an der Gesamtflä- Im Gegensatz zu den Verhältnissen im Kanton SG ist der Flä- che des Landes liegt der Prozentsatz höher als in der Schweiz chenanteil in der Höhenstufe von 1000 bis 1250 m mit nur 8% (0.57%). Wird die kartierte Fläche nur auf den kartierten relativ klein. Dies ist v.a. damit zu erklären, dass sich genau westlichen Landesteil mit einer Fläche von rund 11‘000 ha in dieser Höhenlage das Siedlungsgebiet von Triesenberg in bezogen, liegt der Flächenanteil sogar bei 1.6%. Weil auf- den letzten Jahren stark ausgedehnt hat – besonders auch in grund tieferer Minimalflächen mehr Flächen berücksichtigt steilen Hanglagen mit grossem TWW-Potenzial, die für die werden konnten, sind die Verhältnisse zwar nicht direkt mit Bewirtschaftung ungünstig waren. jenen in der Schweiz vergleichbar. Trotzdem kann man da- Weil bisher keine Flächen im Alpgebiet (Sömmerungsgebiet) von ausgehen, dass die TWW-Dichte in Liechtenstein eher mit den inneralpinen Verhältnissen im Kanton GR (Prättigau, 5.5 Vegetation Rheintal etc.) vergleichbar ist, als mit jenen in den östlichen Nordalpen im Kanton SG. Von insgesamt 18 möglichen Vegetationsgruppen des Kar- Es fällt auf, dass gut drei Viertel der TWW-Fläche (77.7%) in tierschlüssels weist Liechtenstein 12 Vegetationsgruppen der südlichen Landeshälfte in den drei Gemeinden Balzers, auf (siehe Karten im Anhang). Mit Ausnahme der inner- und Triesen und Triesenberg liegen. Dies ist einerseits naturräum- südalpinen Trockenrasentypen wie z.B. den subkontinenta- lich bedingt, indem der Talhang in der nördlichen Landes- len oder steppenartigen Trockenrasen (Cirsio-Brachypodion, hälfte für eine Bewirtschaftung im Allgemeinen zu steil und Stipo-Poion) wurden alle Vegetationsgruppen der Schweiz unzugänglich ist. Andererseits konnte sich die traditionelle, angetroffen. Dies entspricht den Verhältnissen im Kanton SG. extensive Wiesennutzung offenbar im südlichen Landesteil Die Dominanz von nährstoffreichen Halbtrockenrasen, Halb- besser halten als auf dem intensiv bewirtschafteten Eschner- trockenrasen und trockenen, artenreichen Fettwiesen ent- berg, wo nur noch kleine TWW-Restflächen vorhanden sind. spricht ebenfalls den Gegebenheiten des Kantons SG. Die relativ geringe Fläche von Blaugrashalden ist auf die Höhen- Tab. 4 Verteilung der TWW-Flächen auf die Gemeinden begrenzung der Kartierung in Liechtenstein zurückzuführen. Als Besonderheit ist das Vorkommen von Buntschwingelhal- Gemeinde TWW- % Fläche Gemeinde- % TWW an den zu erwähnen, deren Verbreitungsschwerpunkt im Sili- Fläche fläche der Gemeinde- katgebiet der Zentral- und Südalpen der Kantone GR, VS und 10 [ha] [ha] fläche TI liegt. Magerwiesen mit Arten der Buntschwingelhalden Balzers 25.0 14.1 1‘973.0 1.3 wurden v.a. im Bereich des Triesenberger Sackungsgebiets Eschen 5.3 3.0 1‘038.1 0.5 gefunden (zwischen Vorder Silum und Stärnabärg). Gamprin 3.9 2.2 618.8 0.6 Mauren 1.3 0.7 749.1 0.2 Tab. 5 Zusammensetzung der TWW-Flächen aufgeteilt nach Planken 4.2 2.4 534.1 0.8 Vegetationsgruppen Ruggell 10.5 5.9 737.8 1.4 Schaan 6.8 3.9 2‘692.2 0.3 Vegetationsgruppen Fläche [ha] % Fläche Schellenberg 2.7 1.5 355.8 0.8 Nährstoffreicher Halbtrockenrasen (MBAE) 71.5 40.3 Triesenberg 50.8 28.6 2‘969.3 1.7 Echter Halbtrockenrasen (MB) 46.0 26.0 Triesen 62.1 35.0 2‘647.7 2.3 Trockene, artenreiche Fettwiese (AEMB) 15.7 8.9 Vaduz 4.6 2.6 1‘731.6 0.3 Buntschwingelhalde (FV) 13.7 7.7 Total 177.3 100.0 16‘047.5 1.1 Rostseggenhalde (CF) 10.1 5.7 Artenarmer Trockenrasen tiefere Lagen (LL) 6.2 3.5 Blaugrashalde (SV) 5.3 3.0 Trockene Saumgesellschaft (OR) 4.7 2.6 Abb. 2 Artenreiche Trockenwiesen im Gebiet Färcha Trockener Halbtrockenrasen (MBXB) 3.1 1.7 Borstgrasrasen (NS) 0.4 0.2 Artenarmer Trockenrasen höhere Lagen (LH) 0.3 0.2 Subatlantischer Trockenrasen (XB) 0.3 0.2 Total 177.3 100.0

Abb. 3 Echter Halbtrockenrasen (Mesobromion, MB) auf Un- dera Büal, Triesenberg Die hier vorherrschenden, sehr vielfältigen Flyschgesteine in Planken, Triesen und im Rotaboda vor. (u.a. Sandsteine, Mergel, Kieselkalke, Tonschiefer) begünsti- Der relativ hohe Anteil an brachen Flächen (13%) ist v.a. auf gen offenbar das Vorkommen säureliebender Arten wie der die Kartierung der Wildheugebiete von Tuass und Maschera sehr attraktiven Pracht-Nelke (Dianthus superbus) oder Hop- zurückzuführen, wo im Hinblick auf eine allfällige Nutzungs- pes Habichtskraut (Hieracium hoppeanum). Grössere Flächen wiederaufnahme traditionell gemähte, aber heute nicht mit Arten der Buntschwingelhalden wurden auch in den hö- mehr genutzte Flächen aufgenommen wurden. Ausserdem heren Lagen des Wildheugebietes Tuass gefunden (Tuassegg werden die Flächen auf der Wasserseite des Rheindamms bis Koraspitz) – das hier stellenweise vorherrschende Horst- nicht landwirtschaftlich genutzt. gras des Echten Wiesenhafers (Helictotrichon pratense) ist Der Verbuschungsgrad ist relativ tief. Dies hängt einerseits ein Hinweis auf fehlende Nutzung. mit dem hohen Anteil an Wiesen, bzw. dem relativ tiefen An- teil an Weiden zusammen. Mit Ausnahme einzelner Objekte in den höheren Lagen bei Gaflei, Färcha, Tuass und Maschera 5.6 Nutzung und Verbuschung liegen fast alle verbuschten Flächen am Rheindamm. Die zu- nehmende Verbuschung auf der Wasserseite des Damms ist Die Dominanz der Schnittnutzung ist aus ökologischer Sicht denn auch eines der Probleme, das bei der Umsetzung des erfreulich. Sie übersteigt den Anteil von Wiesen im Kanton TWW-Inventars zu lösen sein wird. SG (30%) deutlich. Ein Schwerpunkt der Trockenwiesen liegt im Gebiet der Heuberge von Triesenberg, wo die traditio- 11 nelle extensive Wiesennutzung seit der Besiedlung durch die 5.7 Strukturelemente Walser im 14. Jahrhundert beibehalten wurde. Im Rahmen der Kartierung wurden auch Einschlüsse (inner- halb der Objekte) sowie Grenzelemente erfasst. Die Daten Tab. 6 Nutzung der TWW-Flächen geben einen Hinweis auf die Lebensraumvielfalt sowie die Umsetzung. Nutzung Fläche [ha] % Fläche Brache 22.7 12.8 Weide 50.6 28.6 Wiese 104.0 58.6

Abb. 4 Mit Molinia verbrachte Fläche auf Magrüel unterhalb der Hütten Tab. 7 Nutzung der TWW-Flächen im Detail

Nutzung spezifiziert Fläche [a] % Fläche Brache, nicht spezifiziert 22.2 12.5 Brache, ehemals beweidet 0.2 0.1 Brache, ehemals gemäht 0.3 0.2 Weide, nicht spezifiziert 0.9 0.5 Rinderweide 40.2 22.7 Schafweide 9.4 5.3 Ziegenweide 0.1 0.1 Wiese 101.8 57.4 Wiese mit Vorweide 2.2 1.2 Total 177.3 100.0

Tab. 8 Verbuschung der TWW-Flächen

Verbuschungsgrad Fläche [ha] % Fläche 0 – 3% 151.1 85.2 3 – 20% 22.8 12.8 Über 20% 3.4 1.9 Total 177.3 100.0

Ein grosser Teil der kartierten Trockenweiden liegt dagegen auf mittlerer Hanghöhe zwischen Triesen und Triesenberg. Grosse, zusammenhängende Weideflächen sind ausserdem auf Scherris, Gorn und der Allmend von Balzers zu finden. Auch der relativ tiefe Anteil an Schafweiden ist positiv zu vermerken. Schafweiden kommen v.a. auf dem Eschnerberg, 5.8 Arten

Gemäss TWW-Methode wurde pro Teilobjekt auf einer reprä- sentativen Testfläche eine Artenliste mit Deckungsangaben nach der Skala von BRAUN-BLANQUET (1964) aufgenommen. Die Artenliste wurde digital erfasst und steht für Zwecke der Wirkungskontrolle zur Verfügung. Weitere Arten ausserhalb Abb. 6 Die Knäuelblütige Glockenblume Campanula glomer- der Testfläche wurden beim Abschreiten des Teilobjektes ata ist ein typischer Vertreter der Halbtrockenrasen. ebenfalls notiert, jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Deckungsangaben. Erwähnenswert sind insbesondere die Funde des Nordischen Drachenkopfs (Dracocephalum ruyschiana) und des Al- pen-Leins (Linum alpinum) im Wildheugebiet von Tuass: Im Randbereich der gemähten Flächen wurde an mehreren Stel- len sehr schöne Bestände dieser in den Nordalpen seltenen Arten angetroffen (Status Rote Liste 2006: R, d.h. natürlicher- weise selten und auf wenige Standorte beschränkt). 12 In der Gemeinde Triesen wurde am bekannten Fundort in den wechselfeuchten Wiesen am Matilaberg ein Bestand der Sumpf-Gladiole (Gladiolus palustris) angetroffen (Status Rote Liste 2006: EN – stark gefährdet). Der frühere Fundort bei Magrüel (gemäss Biotopinventar von 1990) konnte dage- gen nicht bestätigt werden – die Fläche unterhalb der Hütten wird nicht mehr genutzt, das vorherrschende hochwüchsige Abb. 7 Der Aufrechte Ziest Stachys recta wird bei der Pfeifengras (Molinia) hat überhand genommen. TWW-Kartierung dem äusserst trockenen Xerobromion (sub- Als besonders attraktive und auffällige Art sei auch die atlantischer Trockenrasen, XB) zugeordnet. Safranfarbene Feuerlilie (Lilium bulbiferum ssp. croceum) erwähnt, welche im Wildheugebiet von Tuass ziemlich ver- breitet ist. Erstaunlicherweise ist sie aber auch in den tiefen Lagen recht häufig zu finden: In den Ellwiesen, Lang Wesa und an der Poskahalda sind schöne Bestände vorhanden (Sta- tus Rote Liste 2006: R).

Abb. 8 Die Spargelerbse Lotus maritimus gesellt sich in wech- Abb. 5 Die Safranfarbene Feuerlilie ist vereinzelt in trockener Saumvegeta- selfeuchten Lagen gerne zwischen die Arten der Halbtrocken- tion oder in Bergwiesen anzutreffen. rasen. 6 Regionale Typisierung der TWW und Umsetzungs- hinweise

Die kartierten TWW-Objekte können zu spezifischen Typen zusammengefasst werden. Die Typisierung ermöglicht, Um- setzungshinweise für ganze Gruppen von TWW zu formu- lieren. Abb. 9 Rheindamm bei Balzers mit typischer lückiger Vegetation auf der Wasserseite Rheindamm

Die TWW-Objekte am Rheindamm umfassen mit 45 ha rund einen Viertel der gesamten TWW-Fläche des Landes. Wie be- reits auf der Schweizer Seite des Rheins, wurde praktisch die ganze Länge des Rheindamms auf rund 25 km als TWW-Ob- jekt kartiert. Die Wasserseite zeichnet sich über weite Strecken durch eine spezielle Vegetation aus: Häufig sind Ruderalarten und Sau- marten vorhanden. Auffallend ist zudem der Reichtum an verschiedenen Orchideen-Arten (Anacamptis, Ophrys, Her- minium etc.). Als Besonderheit ist das südlichste Stück des Dammes beim Ellhorn zu erwähnen, wo am südwestexpo- nierten Damm sogar Arten der subatlantischen Trockenrasen (Xerobromion) gefunden wurden. Probleme bieten Verbuschung und Neophyten (v.a. Erigeron und Solidago). Aktuell erfolgt keine adäquate Nutzung; das Abb. 10 Rheindamm Landseite heute übliche Mulchen muss als nicht TWW-konforme Nut- zung bezeichnet werden. Die Suche nach Pflegealternativen wäre sinnvoll. Auf der Landseite, die im Gegensatz zur Wasserseite land- wirtschaftlich genutzt werden kann, ist die Vegetation häu- fig zu nährstoffreich und noch eher artenarm. Trotzdem konnten v.a. im südlichen Teil des Landes grössere Strecken der Landseite als TWW-Objekte aufgenommen werden. Die seit mehreren Jahren erfolgte extensive Nutzung soll weiter- geführt werden. Als naturnaher Lebensraum, der sich fast lückenlos entlang der Landesgrenze von Balzers bis nach Ruggell zieht, hat der Rheindamm eine grosse Bedeutung für die Vernetzung in der intensiv genutzten und weitgehend ausgeräumten Rhein- ebene.

Abb. 11 Zahlreiche Orchideen wie die Spitzorchis Anacamptis pyramidalis finden am Rheindamm ihren Lebensraum. Ellwiesen Allmend Balzers

Das nach Norden ausgerichtete Elltal an der Landesgrenze Die Allmendweiden von Balzers (Pedergross, Oksaboda) lie- am Fuss des Fläscher Bergs ist als bedeutendes Magerwie- gen wie viele andere TWW in Liechtenstein auf einem grossen sen-Gebiet bekannt, welches sich auf Schweizer Seite fort- Schuttfächer am Hangfuss des steilen Talhangs. Das Kleinre- setzt. Das idyllische Tälchen bildet eine in sich geschlossene lief ist dank dem steinigen Untergrund und wahrscheinlich Landschaftskammer mit wertvollen Strukturen: Mager- und auch wegen Murgängen stark strukturiert. Trockene, magere Fettwiesen, kleine Riedwiesen, Feldgehölze und Einzelbäume Standorte auf den Kuppen und nährstoffreichere Vegetation schaffen ein vielfältiges Mosaik. Die TWW-Objekte an den in den Mulden schaffen ein reichhaltiges Vegetationsmosaik. Talflanken sind nach Nordwesten und Nordosten orientiert Wald und Weide sind im nördlichen Teil der Allmend nicht – eine für Trockenwiesen seltene Exposition. Die Vegetation voneinander abgegrenzt, so dass mit den mächtigen, freiste- wird von Saumarten geprägt. Besonders auffallend sind henden Buchen der Eindruck einer offenen Parklandschaft die Bestände des Blutroten Storchschnabels (Geranium san- entsteht. Obwohl die Trockenweiden zu den tiefstgelegenen guineum), welche in dieser Dichte einzigartig sind. Mit der Objekten des Landes gehören (um 500 m!), sind auffallend Dunklen Platterbse (Lathyrus niger) und der Safranfarbenen viele Arten der höheren Lagen vertreten, welche den Blau- Feuerlilie (Lilium bulbiferum ssp. croceum) wurden auch sel- grashalden zugeordnet werden (Vegetationstyp SV mit Car- tene Arten gefunden. duus defloratus, Globularia cordifolia, Gentiana verna, Ses- 14 Wegen zu nährstoffreicher Vegetation wurden nicht alle Flä- leria caerulea). chen des Biotopinventars von 1990 übernommen. Es ist aber Die Trockenweiden sind am unteren Rand durch die Inten- sinnvoll, dass sämtliche Flächen als landschaftliche Einheit sivierung der Landwirtschaft bedroht: Mit Gemeinderatsbe- unter Vertrag bleiben. Eine Intensivierung ist unbedingt zu schluss von 1982 wurde entschieden, die unteren zwei Drittel vermeiden, der jährliche regelmässige Schnitt ist beizubehal- der Allmend intensiv zu nutzen und zu düngen. Obwohl das ten und die Strukturen sind zu erhalten. Gelände hier genau die gleiche Struktur mit kleinen Gräben, Kuppen und Mulden aufweist und damit beste Vorausset- zungen für TWW vorhanden wären, sind die ehemaligen Trockenweiden hier in artenarme Fettweiden umgewandelt worden. Bei der Kartierung 2008 musste leider festgestellt werden, dass auch der obere Teil der Allmend eher übernutzt wird, indem bereits früh im Jahr über längere Zeit und mit Abb. 12 Magerwiesen mit Saumarten im Elltal einer sehr grossen Rinderherde beweidet wird, so dass die Vegetation bereits Anfang Mai stark abgeweidet ist. Es ist daher eine Extensivierung und bessere Kontrolle der Bewei- dung anzustreben. Im südlichen Teil der Allmend sind die letzten Trockenra- sen-Relikte zusätzlich durch das Vordringen des Siedlungs- randes bedroht.

Abb. 13 Strukturreiche Landschaft im Elltal Abb. 14 Allmendweide Balzers in parkartiger Landschaft Schloss Gutenberg Poskahalda

Die Trockenwiesen liegen auf der Kuppe eines 70 m hohen Die grossflächigen Magerwiesen an der Poskahalda grenzen Felssporns aus hartem Kieselkalk, der mitten im Dorf Balzers direkt an den Siedlungsrand von Triesen. Im nördlichen Teil aus der Rheinebene ragt. Der Hügel ist seit der Jungstein- sind sehr schöne Halbtrockenrasen mit Saumarten vorherr- zeit besiedelt, seit der Römerzeit wird Weinbau betrieben. schend, welche unter anderem auch die seltene Bienen-Rag- Ähnlich wie der Burghügel von Sargans beherbergt der frei- wurz (Ophrys apifera) beherbergen. Im südlichen Teil sind stehende Inselberg zahlreiche Arten der subatlantischen zwar genau dieselben Arten der Halbtrockenrasen vorhan- und steppenartigen Trockenrasen (Xerobromion und Sti- den, leider haben sich aber hier der Riesen-Schachtel halm po-Poion) – die Vegetation ist für Liechtenstein einzigartig. (Equisetum telmateia) und der Adlerfarn (Pteridium aqui- Als Besonderheit ist der Zwerg-Schneckenklee (Medicago mi- linum) stark ausgebreitet – beides Arten, welche bei einer nima, Status Rote Liste 2006: CR, vom Aussterben bedroht) fehlenden regelmässigen Mähnutzung überhand nehmen zu erwähnen, der am Gutenberg die nördliche Grenze seiner können. Der südliche Teil des Magerwieseobjektes (Inven- Verbreitung im Rheintal hat. tar 1990/01) konnte aus diesem Grund bereits nicht mehr Die Felsvegetation unter der Schlossmauer wurde – trotz ho- ins TWW-Inventar aufgenommen werden. Das weitere Vor- hem Anteil an Felsen und Gebüsch - ebenfalls ins TWW-Ob- dringen dieser Arten, welche zum Verlust der Magerwiesen jekt integriert, da hier zahlreiche seltene Trockenwiesen-Ar- führen können, ist unbedingt zu vermeiden. Eine geeignete ten (Xerobromion, Stipo-Poion) zu finden sind. Die Wiesen- Massnahme gegen den Adlerfarn ist beispielsweise das drei- 15 fläche auf der Hügelkuppe hat dagegen stellenweise fast malige Mähen während dreier Jahre, um die sehr ausdau- Fettwiesen-Charakter. Hier ist eine extensivere Nutzung an- ernde Art zu schwächen und zum Verschwinden zu bringen. zustreben. Die umliegenden wertvollen Strukturen wie alte Rebmauern und Gebüschgruppen sind zu erhalten.

Abb. 15 Rebterrassen, Trockenmauern und Trockenwiesen auf Abb. 17 Halbtrockenrasen mit Riesen-Schachtelhalm an der der Kuppe des Schlosshügels Gutenberg Poskahalda in Triesen

Abb. 16 Der Milde Mauerpfeffer Sedum sexangulare gedeiht an trockenwarmen, flachgründigen Standorten Magerwiesenlandschaft am Hangfuss der Gemeinden Weidegebiet zwischen Triesen und Triesenberg Balzers und Triesen Das Gebiet zwischen den Dörfern Triesen und Triesenberg Die Mähwiesen von Lang Wesa und Senne auf dem leicht wird grösstenteils beweidet – meist mit Rindern, vereinzelt geneigten Wildbach-Schuttkegel der Lawenaröfi gehören auch mit Schafen. Zumindest teilweise werden die Flächen wohl zu den schönsten des Landes: Weite, offene Magerwie- im Sommer aber auch noch geheut. Hier liegt daher ein sen sind von Hecken, Baumreihen und kleinen Wasserläufen Schwerpunkt der tiefergelegenen Trockenweiden des Lan- durchzogen, Gebüschgruppen und buchtige Waldränder des. Aufgrund der geringen Meereshöhe von nur 500 bis schaffen geschützte Landschaftskammern, Zahlreiche wilde 800 m wird bereits früh im Jahr geweidet. Das Gelände im Feuerstellen in den Waldlichtungen zeigen, dass die Lang Bergsturzgebiet von Triesenberg ist reich strukturiert. Auf Wesa auch als Naherholungsgebiet genutzt wird. Kuppen und an steileren Hangpartien finden sich vielerorts Der Vertragsperimeter der Magerwiesen umfasst etwa zur magere Standorte, während flachere Partien meist von Fett- Hälfte Fettwiesen, welche bei der TWW-Kartierung nicht weiden eingenommen werden. Besonders schön ist die Tro- aufgenommen wurden. Es ist aber sinnvoll, auch diese Flä- ckenweide beim Henna-Wibliboda (vgl. Abb. 14), wo zahl- chen unter Vertrag zu behalten, um eine weitere Intensivie- reiche Hochstamm-Obstbäume neu gepflanzt worden sind. rung zu verhindern oder langfristig sogar eine Rückführung Die überall eingestreuten Trockenweiden-Fragmente, wel- in Magerwiesen anzustreben. che die Minimalfläche nicht erreichen, sind ein Hinweis da- 16 Ähnliche Flächen sind weiter südlich Richtung Balzers vor- für, dass die Voraussetzungen für Trockenrasen im ganzen handen. Bei Runkeletsch sind allerdings nur noch kleine Ma- Gebiet sehr günstig sind. In den letzten Jahrzehnten ist aber gerwiesen-Relikte anzutreffen, der grössere Teil der Fläche auch hier die Nutzung offenbar intensiviert und viel Fläche ist bereits in Fettwiesen umgewandelt. Die von Feldgehölzen in Fettweide umgewandelt worden. Diese Entwicklung sollte umfassten Wiesen bei Biederle sind dagegen weitgehend in- mit einem möglichst raschen Abschluss von Bewirtschaf- takt. tungsverträgen aufgehalten werden. Wenn man bedenkt, dass vor einigen Jahrzehnten wahr- scheinlich noch die meisten Schuttfächer am Rande der Rhei- nebene von Balzers über Triesen und Vaduz bis nach Schaan und von ähnlichen Magerwiesen bestanden waren, gilt es, diese letzten wertvollen Relikte der ehemaligen Kul- turlandschaft unbedingt zu erhalten, Abb. 19 Trockenweide mit alten und neu gepflanzten Hoch- stamm-Obstbäumen beim Henna-Wibliboda

Abb. 18 Die weiten offenen Trockenwiesen von Senne Abb. 20 Echter Halbtrockenrasen im Eichholz oberhalb werden von Baumreihen gesäumt. Triesenberg Scherris Heuberge Triesenberg

Das Weidegebiet Scherris umfasst die grösste zusammenhän- Das Gebiet oberhalb des Dorfes Triesenberg in der Höhen- gende Trockenweide des Landes. Im südlichen, steileren und lage zwischen rund 1200 und 1500 m wird seit der Besiedlung südexponierten Teil sind schöne Halbtrockenrasen vorherr- durch die Walser im 14. Jahrhundert als Heuberge genutzt. schend, welche aber stellenweise einen hohen Anteil von Ad- Das Heu wurde in «Magerheuhütti» gelagert und erst im lerfarn aufweisen. Der nördliche Teil ist flacher, nach Westen Winter ins Tal gebracht. Zahlreiche dieser Hütten sind noch orientiert und weist nährstoffreichere Trockenweiden mit gut erhalten bzw. wurden renoviert und prägen das Land- Fettweiden-Einschlüssen auf. Während der Begehung im Juni schaftsbild. 2008 war der untere Teil der Weide bereits abgeweidet und Die Wiesen liegen im Sackungsgebiet von Triesenberg, das wies Spuren einer starken Übernutzung auf (vgl. Abb. 16). Es Relief ist daher sehr bewegt. Aufgrund der vorherrschen- ist daher eine Extensivierung (weniger Vieh, weniger lange den Flyschgesteine im Untergrund können hier auch Halb- Weidedauer) und eine bessere Kontrolle der Beweidung an- trockenrasen mit Arten der Buntschwingelhalden gefunden zustreben. Zudem sollten geeignete Massnahmen gegen das werden, was für die Nordalpen ungewöhnlich ist. Die fri- weitere Vordringen des Adlerfarns ergriffen werden. schen und nährstoffreichen Böden begünstigen aber auch das Vorkommen von hochwüchsigen artenreichen Fettwie- sen, welche zusammen mit Trockenwiesen und Hochstau- Guggerboda denfluren ein abwechslungsreiches Mosaik bilden. Frische 17 Rutschgebiete, welche offenbar nicht mehr bewirtschaftet Die Trockenwiesen von Guggerboda liegen am Rand des werden, entwickeln sich vielerorts zu Hochstaudenfluren mit Bergsturzgebiets und weisen eine ähnliche Vegetation auf, dem Gelbfrüchtigen Kälberkropf (Chaerophyllum aureum) wie die Heuberge von Triesenberg. Mit Heuhütten, Feldge- als dominanter Art. hölzen und Felsblöcken sind auch hier wertvolle Strukturen Die Magerwiesenvertragsflächen, welche nach TWW ab- vorhanden. Die Untersuchung von BORGMANN (2004) hat auf- gesucht wurden, umfassen stellenweise einen recht ho- gezeigt, dass der Wald in diesem Gebiet seit den 1950er-Jah- hen Anteil an Fettwiesen, welche die Schlüsselkriterien der ren massiv vorgedrungen ist. Die früher fast zusammenhän- TWW-Kartierung nicht erfüllen – dies besonders bei Alpelti, genden Mähwiesen sind durch Verbuschung, Verwaldung Wang und Vorder Silum. Es ist sinnvoll, diese Flächen unter und Aufforstung auf kleine Restflächen zurückgedrängt Vertrag zu behalten, um eine weitere Intensivierung zu ver- worden. Die extensive Mähnutzung der heute noch offenen hindern und allenfalls sogar eine Ausmagerung anzustreben. Flächen soll daher unbedingt weitergeführt werden – insbe- Auf den Magerwiesen ist die regelmässige Mähnutzung sondere sind auch Randflächen, welche aufgrund ihrer Steil- ohne Düngung beizubehalten. Eine weitere Ausbreitung der heit wahrscheinlich nicht mehr regelmässig gemäht werden, Hochstaudenfluren sollte möglichst verhindert werden. weiterhin zu nutzen.

Abb. 21 Stark übernutzte Trockenweide bei Scherris Abb. 22 Traditionelles «Magerheuhütti» auf Silum Rotaboda bis Erbi Im ganzen Gebiet wäre eine Reduktion der Beweidung durch Schafe zugunsten einer Mähnutzung wünschenswert. Zur Das montane Gebiet Rotaboda – Erbi schliesst nördlich an ökologischen Aufwertung der Trockenrasen wäre es zudem den Bergsturzkegel von Triesenberg an und ist vom Morä- sinnvoll, angrenzende Waldränder zu stufen (heute kaum nenmaterial des Rheintalgletschers geprägt (Flysch). Abge- Saum- bzw. Gebüschmantel vorhanden) und eine regelmäs- rundete, geschwungene Geländeformen prägen das Land- sige Heckenpflege zugunsten von Niederhecken durchzufüh- schaftsbild. Steilhänge (harter Flysch) und flache Terrassen ren. (weicher Flysch) wechseln sich ab. Artenreiche Trockenrasen finden sich an den steilen, südwest- bis südexponierten Hängen zwischen 750 und 1000 m. Die Masescha und Profatscheng Flächen werden genutzt als Wiesen (Ufem Band, Fromahus, Kumma, Mattla, Gruaba, Üerlischboda, Erbi), als Schafweide Wer von der Maseschakreuzung Richtung Masescha fährt, (Geissegga, Hindrem Wasser, Kumma, Üerlischboda, Erbi) verlässt beim ersten querenden Bach nicht nur den geschlos- und als Rinderweide (Trogguad, Rai, Gruaba) sowie als Pfer- senen Wald, sondern auch das Bergsturzgebiet von Triesen- deweide (Erbi). Die Magerwieseninventarflächen von 1990 berg. Ab hier befindet man sich im vom Gletscher geprägten konnten bei der vorliegenden Erhebung dank Berücksichti- Flyschgebiet, welches sich weiter über Vorder- und Hinder gung der mageren Weiden erheblich erweitert werden. So Profatscheng zieht. Gleich darauf fällt der Blick auf den 18 zeigt sich heute beispielsweise ein erfreulich grosser, langge- markanten Geländerücken von Amisescha. Dank der steilen, zogener und zusammenhängender Magerrasenkomplex, der sonnen- und windexponierte Hanglage und der Flachgrün- von Rai bis Hindrem Wasser reicht. In unmittelbarer Nachbar- digkeit des Bodens finden sich hier neben zahlreichen Arten schaft und gut vernetzt liegen zudem die artenreichen Ma- der obermontanen Halbtrockenrasen (Mesobriomion) auch gerwiesen von Mattla. Die gesamte Hanglandschaft ist durch Arten der subatlantischen Trockenrasen (Xerobromion) wie Gehölze reich strukturiert und weist eine erstaunliche floris- Asperula cyanchica, Teucrium montanum, Galium lucidum, tische und faunistische Artenvielfalt auf. Eine Teilfläche be- Dianthus sylvestris, u.a. Der Übergang der Trockenwiesen herbergt zudem einen schönen Bestand der Feuerlilie. Einen zum angrenzenden, intensiver genutzten Grünland ist oft- beachtlichen Orchideenreichtum findet sich auf der kleinen mals fliessend. Das Ausscheiden eines Vertragsperimeters Waldlichtung im Gebiet Erbi. Hier wurden kürzlich Auslich- sollte daher grosszügig zugunsten der Trockenwiesen ge- tungsarbeiten durchgeführt, was sich positiv auf die vorwie- handhabt werden. gend randlichen Orchideenbestände auswirken dürfte. Lei- Einige der bekanntesten Magerrasen des Landes liegen wohl der wurde das Schnittgut in der Mitte der Fläche deponiert, auf den Rodungsinseln von Vorder- und Hinder Profatscheng also auf Trockenwiesenvegetation. (vgl. Abb. 19). BORGMANN (2004) beschreibt die Vielfalt und Zwischen Fromahus und Rotaboda grenzt die Trockenwiesen- Bedeutung dieser Kalkmagerrasen sehr detailliert. Er macht vegetation an Wald. Der Randbereich im Übergang zwischen zudem auf die Problematik der zunehmenden Verwaldung Wiese und Wald ist hier ausserordentlich arten- und struktur- und der damit einhergehenden Verschlechterung der öko- reich und weist dank dem flachgründigen Untergrund mit logischen Vernetzung zwischen Hinder Profatscheng und teilweise anstehendem Fels und der guten Besonnung eine Ob Mitu aufmerksam. Das Offenhalten eines gut besonnten reiche, wärmeliebende Vegetation auf. Hier würde es sich Magerwiesenkorridors zwischen diesen Gebieten wäre sehr lohnen, den Waldrand zurückzusetzen und die Fläche einer wünschenswert. regelmässigen Nutzung zuzuführen. Im Gebiet Rai sollte da- rauf geachtete werden, dass von der Strasse her kein Dünger eingebracht wird. Altgrasstreifen mit alternierender Mahd sollten im Gebiet Mattla, Fromahus, Gruaba und Üerlisch- boda angestrebt werden.

Abb. 23 Artenreicher Halbtrockenrasen im Gebiet Gruaba Abb. 24 Trockenwiese auf Hinder Profatscheng Foppa bis Gaflei Ausgesprochen artenreiche und landschaftlich attraktive Tro- ckenwiesenhänge finden sich entlang der Fahrstrasse nach Im subalpinen Gebiet Foppa und Mad finden sich zwischen Silum. Sie ziehen sich vom Färchaloch über die Färchanegg 1270 m und dem Bergrestaurant Mitu auf 1450 m zu beiden bis ins Alpgebiet und stehen heute fast vollständig unter Ver- Seiten der Gafleistrasse abwechslungsreiche und ausgespro- trag (vgl. Abb. 25). Aufgrund der Nähe zum Wald und der chen artenreiche Trockenrasen. Dank der warmen Südwest- Durchsetzung mit markanten Einzelbäumen, finden sich zwi- lage, dem flachgründigen und kalkreichen Untergrund (Ge- schen den Arten der Halbtrockenrasen eine grosse Zahl an hängeschutt) sowie der entsprechenden Nutzung erreicht die Saumarten. Aus Gründen der ökologischen Vernetzung wäre Trockenvegetation eine überraschend grosse Ausdehnung. es wünschenswert, einen gut besonnten Magerwiesenkorri- Die Nutzung ist vielfältig und reicht von Mahd bis Bewei- dor zwischen Färchaloch und Färchanegg waldfrei zu halten. dung mit Kälbern, Rindern, Kühen, Eseln und Pferden. Der ganzjährig genutzte Paragliding-Startplatz befindet sich nicht unmittelbar auf Trockenvegetation (kein Nutzungs- Schaan und Vaduz konflikt). Die steilen, randlich gelegenen Trockenweiden sind durch Einzelbäume reich strukturiert und landschaftlich Die Dörfer Schaan und Vaduz liegen auf mächtigen Schuttke- äusserst reizvoll. Lediglich im unteren Teil der Eselweide/ geln, welche von der Rappastei-, Kröppel- und Tidröfi aufge- Kälberweide ist ein Überhandnehmen der Gehölze zu beob- schüttet worden sind. Die steinigen und wasserdurchlässigen achten (Zitterpappel). Der Verbuschung sollte mit entspre- Schuttböden bieten – ähnlich den Hangfusslagen von Balzers 19 chenden Massnahmen (Entbuschen, Ausreissen der Sämlinge, und Triesen – günstige Voraussetzungen für Trockenvegeta- Ziegenweide) regelmässig entgegen gewirkt werden. tion. Durch Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung Zur Förderung der Trockenwiesenfauna sollten auf den grö- und vor allem durch den grossen Siedlungsdruck sind in die- sseren zusammenhängenden Foppawiesen alternierende sen Lagen von den ehemals zahlreichen, bunten Trocken- Altgrasstreifen von 10 % der Fläche vertraglich festgelegt wiesen nur noch kleine Fragmente anzutreffen. Ein schönes werden. Eine zeitliche Staffelung der Mahd zur Förderung Beispiel findet sich beim Duxplatz in Schaan, wo eine kleine faunistischer Rückzugsmöglichkeiten ergibt sich i. d. R. auf- Wiesenparzelle von der Intensivierung verschont geblieben grund der verschiedenen Bewirtschafter. ist. Die Wiese ist heute ein Schulbuchbeispiel für einen ech- Eine besonders artenreiche Trockenvegetation ist im Gebiet Mad ten Halbtrockenrasen. Die benachbarte grossflächige Weide zu beobachten. Hier mischen sich zu den Arten der Halbtro- auf dem Duxplatz ist dagegen trotz wertvoller Strukturen ckenrasen (Mesobromion) auch regelmässig Arten der beson- und trockenen Fragmenten insgesamt zu nährstoffreich für ders trockenen, subatlantischen Trockenrasen (Xerobromion) eine Aufnahme ins TWW-Inventar. Die Rückführung in eine sowie zahlreiche Arten der alpinen Blaugrashalden (Seslerion). Trockenweide durch Extensivierung der Nutzung könnte hier Immer vertreten sind auch Arten der Saumgesellschaften (Ge- allerdings noch gelingen. hölznähe). Aufgrund der Orchideenvielfalt im Gebiet ist darauf zu achten, dass die Saumarten durch den spät festgesetzten Schnittzeitpunkt längerfristig nicht überhand nehmen. Die Planken steilen, flachgründigen Hangpartien mit ihrer äusserst wertvol- len Trockenvegetation sollten zur Verhinderung weiterer Tritt- Die rheintalseitig genutzten Geländeterrassen von Planken schäden der Beweidung durch Kälber und Rinder vorbehalten und Oberplanken liegen hoch über dem Rheintal und sind bleiben. Kühe und Pferde sollten ausschliesslich die unteren, von abgelagertem Moränenmaterial des Rheintalgletschers flacheren Partien beweiden. bedeckt. Die Vegetation lässt auf kalkreiche und eher frische Auf das Zuführen von Mist (von der Strasse her) sollte künftig Bodenverhältnisse schliessen. Trockenwiesen bzw. trockene auf der ganzen Fläche unbedingt verzichten werden. Schafweiden finden sich an west- und nordwestexponierten Hängen zwischen 800 und 1000 m. Sie liegen hauptsächlich zwischen der Oberplanknerstrasse und dem oberen Sied- Abb. 25 Orchideenreicher Kalkmagerrasen auf der lungsrand sowie auf Oberplanken selbst. Färchanegg Die Trockenrasen unterhalb der Oberplanknerstrasse werden durch zahlreiche Feldgehölze und Einzelbäume besonders reich strukturiert. Das Gelände ist sehr steil und steinschlag- gefährdet, wird durch die Gehölze aber gefestigt. Oberplanken mit seinen Heuhütten und Ferienhäusern da- gegen ist landschaftlich wesentlich offener. Durchwegs han- delt es sich um ausgesprochen artenreiche, gut vernetzte Trockenrasen mit einer beachtlichen Anzahl Alpenpflanzen, die hier ein tiefes regionales Vorkommen aufweisen. Als Bei- spiele – insbesondere der frischen Rostseggenhalde – können genannt werden: Das Blattreiche Läusekraut (Pedicularis fo- liosa), die Kugelorchis (Traunsteinera globosa), die Narzissen- blütige Anemone (Anemone narcissiflora) oder die Berg-Flo- ckenblume (Centaurea montana). Dem Vordringen des Siedlungsrandes in die unmittelbar an- Grundsätzlich bieten die west- und nordwestexponierten grenzenden Trockenrasen sollte bei der Umsetzung des In- Hanglagen am Eschnerberg ungünstige Verhältnisse zur Aus- ventars besondere Beachtung geschenkt werden. Aus faunis- bildung von Trockenvegetation. Trotz grossflächigem Absu- tischer Sicht wäre es zudem sinnvoll, im Bereich von Akmein/ chen konnten hier keine weiteren Trockenrasen gefunden Schluchtdola/Schluteck jährlich 10 % der gemähten Fläche werden. Die Bodenverhältnisse sind durchwegs zu frisch und als Altgrasstreifen über den Winter stehen zu lassen und erst schattig, angezeigt durch eine fast zu 100 % deckende Moos- im nächsten Sommer wieder zu mähen. Der Standort der schicht im Unterwuchs, einer hohen Deckung des Rot-Schwin- Altgrasstreifen sollte jährlich wechseln und frühestens nach gels (Fettzeiger) sowie des Busch-Windröschens (Saumart). 5 Jahren wieder am gleichen Ort zu liegen kommen (alter- nierende Mahd). Eine Reduktion der Schafweiden zugunsten einer Mähnutzung wäre wünschenswert. Wiesen und Weiden höherer Lagen (ausserhalb Alp- Dank den verschiedenen Bewirtschaftern und den kleinflä- weiden) chigen Parzellen findet die Mahd meist zeitlich gestaffelt statt, was sich positiv auf die Rückzugsmöglichkeiten der Aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse finden sich in Fauna auswirkt. Liechtenstein verhältnismässig wenige Wiesen und Weiden zwischen 1500 m und dem Alpgebiet. Die steilen Hanglagen werden von Wald dominiert – dies im Gegensatz zur Schweiz, 20 Eschnerberg wo in dieser Höhenstufe dank dem relativ geringen Nutzungs- und Siedlungsdruck oftmals grosse TWW-Flächen vorhanden Der Eschnerberg ragt als Ausläufer der helvetischen Decke sind. In Liechtenstein finden sich höher gelegene Wiesen aus dem Rheintal. Letzte Trockenrasenfragmente finden und Weiden vor allem im Wildheugebiet Tuass. Daneben sich hier in der kollinen Stufe zwischen 490 und 670 m. Sie nur noch im Siedlungsgebiet von Malbun und innerhalb der liegen vorzugsweise in warmen, süd- bis südwestexponier- Häuserreihen von Steg. Die Bewirtschaftung ist hier aber so ten Randlagen, meist angrenzend an Wald. Wie kleine In- intensiv, dass nur noch zwei kleine Trockenwiesenfragmente seln verteilen sie sich über den gemeindeübergreifenden gefunden wurden (nur 0,5 ha). Dass die standortbedingten Grünlandstreifen zwischen dem oberen Siedlungsrand und Voraussetzungen für TWW in Malbun und Steg aber gut sind, dem Wald. Jeder kleinsten mageren Restfläche kommt eine zeigte sich mit zahlreichen TWW-Objekten im angrenzenden ausserordentliche Bedeutung als Trittstein zur Vernetzung Alpgebiet (siehe Beitrag LEIBUNDGUT & MAYER 2013). der Trockenwiesenarten auf dem Eschnerberg zu. Ob die Vernetzung – insbesondere aus faunistischer Sicht – heute noch funktioniert oder die Flächen bereits zu stark isoliert Heuberge Tuass und Maschera sind, müsste eine Erfolgskontrolle aufzeigen. Weniger einheitlich sieht die Situation in der Gemeinde Nachdem Ende der 1940er Jahre die Wildheunutzung auf Schellenberg aus. Das Relief ist kleinräumig und vom Rhein- den Triesener Heubergen von Tuass und Maschera weitge- gletscher und seinen Ablagerungen stark geprägt. Hier sind hend aufgegeben wurde, ist die Nutzung in den letzten Jah- letzte Trockenrasen in allen Expositionen anzutreffen, vor- ren erfreulicherweise wieder aufgenommen worden. Bei der ausgesetzt, es handelt sich um besonders steile Hanglagen TWW-Kartierung 2008 wurden sehr wertvolle grossflächige wie beispielsweise Hälele. West- bis nordwestexponierte Trockenwiesen angetroffen, welche in dieser Art einmalig Trockenrasen sind allerdings artenarm und werden domi- sind. Im Hinblick auf eine Ausdehnung der Mähnutzung niert von wenigen Gräsern. wurden weitere Flächen aufgenommen, welche ein gutes Potenzial für eine Rückführung zu Trockenwiesen aufweisen. Die Nutzung beschränkt sich heute weitgehend auf Tuassegg, Abb. 26 Am Eschnerberg findet sich der Edel-Gamander (Teu- wo dank dem nicht allzu steilen Gelände mit der Maschine crium chamaedrys) vereinzelt im Bereich anstehender, trock- gemäht werden kann (insgesamt rund 5 ha). Auch auf Ma- enwarmer Felsen. schera werden vermutlich nur die Flächen in der näheren Um- gebung der Heuhütten regelmässig gemäht. Um das weitere Vordringen des Waldes bei Hindertuass aufzuhalten, müsste die regelmässige Nutzung auf weitere Flächen ausgedehnt werden, bei denen die Verbuschung heute bereits eingesetzt hat. Das saubere Zusammennehmen und die sinnvolle Ver- wertung des Heus ist dabei ein wichtiges Thema. Eine be- schränkte Alternative zu den organisierten Heliflügen ist die korrekte Lagerung auf Tristen als Winterfutter für das Wild. 7 Allgemeine Empfehlungen zur Umsetzung dass eine zielführende Lösung nur in enger Zusammenarbeit von Naturschutz und Landwirtschaft entstehen kann, um Als Grundlage zur Umsetzung der Magerwiesen (Trocken- baldmöglichst ein effektives Werkzeug zur Umsetzung in wiesen) in Liechtenstein dient die Verordnung über die Aus- den Händen zu haben. richtung von Bewirtschaftungsbeiträgen zur Erhaltung der Zur Priorisierung des Mitteleinsatzes steht dem Amt für Wald, Magerwiesen (Magerwiesenverordnung) vom 22. Oktober Natur und Landschaft eine Bewertung und Rangierung der 1996. Zur Umsetzung der kartierten Magerweiden (Trocken- TWW-Objekte zur Verfügung. weiden) fehlt bis anhin eine rechtliche Grundlage. Ob der Weg über eine Anpassung der Magerwiesenverordnung Zur Erhaltung und Aufwertung der ökologisch äusserst wert- führt, oder über eine Liechtensteinische Öko-Qualitätsver- vollen Trockenwiesen und –weiden empfiehlt es sich, neben ordnung, welche neben der botanischen Qualität auch die definierten Schnittzeitpunkten und extensiver Nutzung auch Vernetzung der Flächen fordert, ist noch offen. Fest steht, folgende Themen zu berücksichtigen:

Abb. 27 Gestell einer Triste auf Tuassegg, im Hintergrund ver- – Durch periodisches Zurücksetzen und Stufen von gut buschte Flächen von Hindertuass besonnten Waldrändern können angrenzende TWW ökologisch stark aufgewertet werden. Von einem struk- turreichen Waldrand mit ausgeprägtem Saum profitie- ren nicht nur Saumpflanzen (darunter auch Orchideen), 21 sondern auch zahlreiche Insekten und Vögel. – Viele TWW grenzen an Hecken oder werden von Hecken durchzogen. Hier ist aus ökologischer Sicht empfeh- lenswert, stark beschattende, artenarme Baumhecken zugunsten von arten- und strukturreichen Nieder- und Mittelhecken periodisch auszulichten bzw. abschnitt- weise auf den Stock zu setzen (jeweils ein Drittel pro Heckenzug). – Nahe beieinander liegende TWW sollten aus faunisti- scher Sicht miteinander vernetzt werden (mithilfe von extensiv genutzten Grünlandkorridoren, Strukturele- Abb. 28 Magerwiesen zwischen Tuassegg und Hindertuass menten wie Hecken, Trockenmauern, etc.). – Als Rückzugsort bei Mahd und zur Überwinterung zahl- reicher Insekten ist das Stehenlassen von Altgrasstreifen über den Winter von grosser Bedeutung. Es empfiehlt sich, bei Trockenwiesen jeweils 10 % der Fläche alternie- rend über fünf Jahre stehen zu lassen. Bei vorhandenen Problempflanzen ist diese Massnahme im Detail zu prü- fen. – Problempflanzen wie Goldrute, Adlerfarn oder Beruf- kraut sollten in TWW mit geeigneten Massnahmen kon- sequent bekämpft werden. – Bei Trockenweiden sollten Übernutzungen und Tritt- schäden durch zu schweres Vieh oder zu lange Bewei- dung bei nasser Witterung vermieden werden. – Strukturelemente wie Trockenmauern, Ast- und Stein- haufen, Geröll, Felsen, umgekippte Wurzelteller, Alt- holz, u. v. m. bieten zahlreiche ökologische Nischen und erhöhen den ökologischen Wert eines TWW-Objektes. – Aufwertungsmassnahmen, Nutzungsänderungen, etc. sollten nach Möglichkeit durch eine Wirkungskontrolle begleitet werden. Wichtig: Ersterhebung zur Dokumen- tation der Ausgangslage vor den Naturschutzmassnah- men durchführen! – Im Rahmen der TWW-Kartierung wurden pro Teilobjekt individuelle Umsetzungshinweise gemacht. Literatur Anschrift der Autoren

ALLEMANN, F. (2002): Erläuterungen zur geologischen Karte des Fürs- Michael Dipner tentums Liechtenstein (1985). Hrsg: Regierung des Fürstentums Oekoskop Liechtenstein. Dornacherstrasse 192 BORGMANN, P. (2004): Magerwiesen in Liechtenstein,. Bristol-Schrif- CH-4053 Basel tenreihe, Band 13, 121 S. BRAUN-BLANQUET, J. (1964): Pflanzensoziologie, Grundzüge der Vege- tationskunde. 631 S. Mary Leibundgut BROGGI, M. F. (1988): Der Landschaftswandel im Talraum Liechten- Bonstettenstrasse 5 steins. Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein (Hrsg.), CH-3012 Bern Vaduz, Band 86, 325 Seiten. BROGGI, M.F., WALDBURGER, E. & R. STAUB (2006): Rote Liste der gefähr- Cornelia Mayer deten und seltenen Gefässpflanzen des Fürstentums Liechtenstein. Tüfenacker 38 Naturkundliche Forschung im Fürstentum Liechtenstein. Band 24, LI-9488 Schellenberg 40 S. BROGGI, M.F., WILLI, G. (1996): Inventar der Naturvorrangflächen im Fürstentum Liechtenstein. Naturkundliche Forschung im Fürsten- tum Liechtenstein, Band 15, 105 S. 22 EGGENBERG, S., DALANG, T., DIPNER, M., MAYER, C. (2001): Kartierung und Bewertung der Trockenwiesen und –weiden von nationaler Bedeutung. Schriftenreihe Umwelt Nr. 325, Hrsg: Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Bern, 252 S. LEIBUNDGUT, M., MAYER, C. (2013): Trockenwiesen und –weiden im Söm- merungsgebiet des Fürstentums Liechtenstein. Botanisch-Zoologi- sche Gesellschaft Liechtenstein-Sargans-Werdenberg, Band 37.

Fotonachweis

M. Leibundgut, Abb. Nr.: 1, 5, 9, 10, 12-15, 17-22, 27, 28,

C. Mayer, Abb. Nr.: 2-4, 6-8, 11, 16, 23-26, 29

Abb. 29 Artenreiches, steiles Trockenwiesenband auf Gnalp Anhang Abb. 30 Höhenverteilung der TWW

23 Abb. 31 Nutzung der TWW

24 Abb. 32 Vegetationstypen der TWW (Karte nord)

25 Abb. 33 Vegetationstypen der TWW (Karte süd)

26 Abb. 34 Das Protokollblatt ist zusammen mit dem Orthophoto (Perimeter) das wichtigste Formular der Feldkartierung. Es gibt Auskunft über alle erhobenen Daten pro Teilobjekt.

TROCKENWIESEN UND –WEIDEN DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN

ZEIT / Datum Gemeinde . BearbeiterIn Teilobjekt Singularität LAGE 1 Koord. 8 N 2 (Ortho) Höhe ü.M. Bem. Lage J N

7 W 9 E 3 Flurname 6S 4 5 LB-Archiv Strassenböschung J N Bem. GPS J N

VEGETATION Hauptveg % weitere Veg.typen % Bem. Vegetation J N Begleitveg 1 % Kartier- erleichterung Begleitveg 2 % TOTAL TWW % 27

VERBUSCHUNG Verbuschungsgrad Hauptart Bem. Verbuschung J N

nach Nutzung Nutzung NUTZUNG Hauptnutzung Ergänzung unsicher aufgen. J N abklären Bem. Nutzung J N UMSETZUNG Pufferzone Entbuschung geleg. Pflege- Nutzungswiederaufnahme notwendig notwendig schnitt notwendig besonders wichtig Bem. Umsetzungshinweis J N

BISHERIGES übernommen vergrössert verkleinert verändert verworfen OBJEKT Codes für verkleinern / verändern / verwerfen (3 wichtigsten) Bem. bisheriges Objekt J N

EINSCHLÜSSE (E) / GRENZELEMENTE (G) E G E G E G 13 Dauergrünland 12 23 Fliessgewässer mit 24 33 Hochstammobstgarten, Allee, 34 (ohne Teilobjekte) ausgeprägt. Ufervegetation Baumhain, Selve

13 Hochstauden, humusreiche 14 25 Fliessgewässer ohne 26 35 36 Ruderalvegetation ausgeprägt. Ufervegetation Rebberg

15 16 27 Stillgewässer mit 28 37 grössere offene Bodenstellen 38 Schilfröhricht ausgeprägt. Ufervegetation (Erde, Steine, Fels)

17 18 29 Stillgewässer ohne 30 39 Löcher, Dolinen 40 anderer Flachmoortyp ausgeprägt. Ufervegetation grössere Felsspalten

19 20 31 32 41 42 Pioniervegetation, humusarm Quellaufstoss, Vernässung Bäume

21 ungenutzter Rasen in der 22 43 Natursteinmauer, Ruine, Lese- 44 subalpinen Stufe steinhaufen

45 46 arm reich arm reich Nadel Laub Misch unbewohntes Gebäude 51 Niederhecke, niedriges 52 59 Waldrand Gebüsch (bis 2 m) 47 48 Terrasse, Rain 53 Mittelhecke, mittelhohes Gebüsch 54 Waldrand mit 60 (bis 2-5 m) deutlichem Mantel

55 Baumhecke, Feldgehölz 56 Waldrand mit deutlichem 61 Deckung der (über 5 m) Mantel und Saum (> 1 m) Einschlüsse Total % 1 2 3 57 Zwergstrauchheide 58 (bis 50 cm) Bem. Einschl./Grenzelem. J N 1 2 1 2

VERNETZUNG Vernetzungsgrad FOTO Foto existiert Bem. Vernetzung J N

HINWEIS ANGRENZENDES BIOTOP EINGRIFFE Eingriff Schweregrad Bem. Eingriffe J N AE Eingriff 1 ◄ Hinweis Arrhenatherion (AE) FL Bem. Biotophinweis J N Eingriff 2 ◄ Hinweis Flachmoor (FL)

Aufnahmeform. 21.4.08 Abb. 35 Die Protokollblatt-Rückseite mit vorgedruckter Artenliste dient als Aufnahmeformular und als Grundlage zur Bestimmung des Vegetationstyps mit dem Vegetationsschlüssel. Die relevanten Arten (Schlüsselarten) sind in soziologischen Gruppen zusammengestellt. So finden sich beispielsweise alle charakteristischen Blaugrashaldenarten in der Gruppe SV (Seslerion variae), jene der subatlantischen Trock- enrasen in der Gruppe XB (Xerobromion), etc.

Fürstentum Liechtenstein Teilobjekt-Nr. - - Vollständigkeit 9 5 0 Homogenität 9 5 0 Repräsentativität 9 5 0 Referenzspalte der Testfläche Version 11.04.2008

AE1 MB1 AD AI OR1 SV1 SS weitere Arten Anthriscus sylv. Anthyllis vulner. Aconitum sp. Agropyr. interm. Anthericum ram. Acinos alpinus Acinos arvensis Cirsium olerac. Arrhenath. elati. Brachypod. pinn. Adenostyles alli. Agropyr. pung. Aquilegia atr/vul Arabis ciliata Aira caryophyl. Colchicum autu. Bromus horde. Bromus erectus Agrostis schrad. Anchusa officin. Astragalus glyc. Bupleur. ran. sl. Allium lusitanic. Crepis pyrenai. Carum carvi Campan. glom.sl. Aruncus dioicus Artemisia absint. Astragalus pen. Carduus deflor. s Alyssum alysso. Crocus albiflor. Crepis biennis Carex caryoph. Athyrium sp. Asparagus offic. Bupleur. falc. sl. Coronilla vagin. Cerastium brach. Dacty. mac. s.l. Cynosurus crist. Carex montana Calamagr. arun. Ballota nigra sl. Campanula rap. Daphne striata Cerastium semid. Empetr. nigr. sl. Dactylis glomer. Carlina acaulis sl Calamagr. epig. Bromus squarro. Cruciata glabra Dryas octopet. Draba muralis Erucastrum nas. Fest. arund/prat Cirsium acaule Calamagr. villos. Bromus tector. Cytisus nigric. Erica carnea Erodium cicutar. Euphrasia rostk. Galium album Daucus carota Cicerbita sp. Bunias orientalis Digitalis sp. Gentiana verna Herniaria sp. Festuca curvula Heracleum sph. Dianthus carth. sl Cirsium helenioi. Camelina microc. Geranium sang. Globularia cord. Hornungia petr. Festuca viol. agg Holcus lanatus Euphorbia verru. Dryopteris sp. Convolvulus arv. Hypericum mont. Gypsophila rep. Jasione montan. Gentiana acaulis Knautia arvens. Festuca ovina Epilobium alpes. Descurainia sop. Hypericum perf. Hedysarum hed. Linaria angustis. Genti. camp. sl. Lolium multiflor. Galium verum sl. Epilobium angu. Diplotaxis tenuifo Laserpitium latif. Helianthem. alp. Minuartia laricif. Gentiana ciliata Lolium perenne Heliant. numm. sl Gentiana lutea Isatis tinctoria Laserpitium siler Hieracium villos. Myosotis ramos. Gentiana clusii Phleum pratense Hierac. pilosella Prenanthes pur. Melampyrum arv. Lathyrus sylv. Kernera saxatil. Myosotis stricta Gentiana ramos. Pimpinella major Hippocrepis com. Pteridium aquili. Muscari comos. Lilium bulbif. sl. Oxytrop. camp. sl Plantago serpen. Geranium pusil. Poa pratens/triv Koeleria pyrami. Ranunculus aco. Nepeta sp. Lilium martagon Phyteuma orbic. Potentilla argent. Gymnadenia co. Ranunc. acris sl. Onobrychis vici. Saxifraga rotun. Ononis natrix Medicago falc. Potentilla crantzii Rumex acetosel. Hieracium muro. Rumex acetosa Ononis rep/spin Senecio ovatus Onopordum aca. Melittis melisso. Primula auricula Saxifraga tridac. Hieracium static. Taraxacum off. Pimpinella saxifr. Stemmac. rhap. s Poa angustifolia Origanum vulg. Saxifraga panic. Scleranthus sp. Hieracium umbel. Trifol. rep/thalii Plantago media Veratrum alb. sl. Poa compressa Peuced. cervar. Scabiosa lucida Sedum acre Hypochaer. radi. Trisetum flaves. Potentilla neuma. Reseda lutea Peuced. oreos. Sedum atratum Sedum rupestre Knautia dipsacif. FV1 Veronica cham. Primula veris sl. Tragopogon dub. Peuced. vertic. Sedum dasyphy. Sedum tele.max. Lathyrus praten. Festuca varia ag Ranunculus bulb. Turritis glabra Polygonatum od. Sesleria caerul. Semperv. arach. Leontodon aut. AE2 Helictotrich. prat. Salvia pratensis Verbascum lych. Potentilla rupest. Thesium alpinum Silene armeria Leontod. hispi. sl Agrostis capill. Poa violacea Bellis perennis Sanguisorba min. Rosa pimpinellif. Silene rupestris Linum cathartic. FV2 SV2 Scabiosa col. sl. Securigera varia Thlaspi perfoliat. Listera ovata Festuca rubra Anthyl. vuln. val. AV Fourraea alpina Thymus serpyll. Seseli libanotis Trifolium arven. Lotus cornicula. Bupleurum stell. Agropyron rep. Stachys alopec. AE3 Trifolium monta. Thalictrum foeti. Vero. prae/vern Luzula multiflora Centaurea nerv. Arctium sp. Alchemilla vulg. Thalictr. minus sl. Vulpia myuros Luzula nivea Hieracium hoppe. Artemisia vulgar. Campanula rho. MB2-Arten zählen nur, Trifolium alpest. NS1 Lysimachia nem. wenn Bromus > 5% Koeleria hirsuta Brom. iner/steril Chaeroph. hirs. Trifolium rubens Avenella flexu. Medicago lupul. Laserpitium hall. Chenopodium sp. Chaeroph. villar. MB2 Veronica teucr. Carex leporina Myosotis arven. Pedicularis tube. Cirsium arvense Crepis aurea Briza media Nardus stricta Orchis mascula Cirsium spinosis. Vincetox. hirun. Geranium sylv. Centaur. scab. sl. Phyteuma beton. Viola hirta NS2 Orchis militaris Potentilla grandi. Cirsium vulgare Ligusticum mut. Euphorbia cyp. Orchis morio Conyza canad. OR2 Antennaria dioi. Myosotis sylv. Helictotrich. pub. Pulsatilla apiifol. Aegopod. poda. Arnica montana Orchis ustulata Veronica frutic. Equisetum arven. Peuced. ostruth. Leucanth. vulg. a Paradisea liliast. Erigeron ann. sl. Alliaria petiolata Astrantia minor Phleum alpinum Silene nutans FV3 Pedicularis verti. Galeopsis tetra. Anemone nemo. Campanula barb. Poa alpina Aster alpinus Phyteuma spic. Lactuca serriola Aposeris foetida Crepis conyzifol. Polygonum bist. Biscutella laevig. Plantago alpina Medicago sativa Chaeroph. aure. Gentiana punct. Ranunculus tub. Dianthus super. Plantago atrata. Melilotus sp. Clematis vitalba Gentiana purpur. Silene dioica Senecio doroni. Plantago lanceo. Oenothera sp. Clinopodium vul. Geum montanum Trollius europae. Hieracium lactu. Platanthera sp. MO Pastinaca sat. sl. Cruciata laevip. XB weitere Arten Poa chaixii Carex flacca Picris hieraci. sl. Eupatorium can. Hypochaer. unif. VC Allium sphaeroc. Achillea millefol. Polygala amarel. Cirsium palustre Plantago major Fragaria vesca Leontodon helv. Calluna vulgaris Anthericum liliag. Achnath. calam. Polygala chama. Deschamp. Ces. Poa ann/supina Galium aparine Meum athaman. Carex pilulifera Artemisia camp. Agrimonia eupat. Polygala vulg. sl. Equisetum palus. Rumex alpestris Geranium pyren. Nigritella rhellic. Cytisus scopari. Asperula sp. Agrostis stolon. Polygonum vivip. Filipendula sp. Rumex alpinus Gerani. robert. sl. Potentilla aurea Danthonia dec. Aster linosyris Ajuga pyramid. Potentilla erecta Galium boreale Senecio alpinus Geum urbanum Pseudorchis alb. Galium pumilum Astragalus mon. Ajuga reptans Potentilla recta Gentiana asclep. Solidago canad. Glechoma hed. sl Ranunculus villa. Galium rubrum Bothriochloa isc. Alchemilla alpina Potentilla sterilis Inula salicina Sonchus sp. Impatiens sp. Semperviv. mon. Genista german. Carex halleriana Alchemilla conj. Primula elatior Lotus maritimus Stellaria media Lamium sp. Trifolium alpinum Genista sagittal. Carex humilis Andros. chama. Prunella grandifl. Molinia sp. Tanacetum vulg. Lapsana comm. Viola lutea Genista tinctoria Dianthus sylves. Anthoxanth. sp. Prunella vulgaris Myosotis scorp. Urtica dioica Luzula sylvatica Hypericum humi. Echium vulgare Arabis hirsuta Ranunculus mon. Phragmites aust. Mycelis muralis Hypericum pulc. Fumana procum. Arenaria serpyl. Rhinanthus alec. Sanguisorba off. Potentilla rept. Lathyrus linifoli. Galium lucidum CF Aster bellidiast. Rumex scutatus Serratula sp. SP Rubus sp. Luzula campes. Globularia bisna. Achillea setacea Allium victorialis Bartsia alpina Saponaria ocym. Silaum silaus Sambucus ebul. Melamp. prat/syl Hieracium pilos. Campanula spic. Anemone narcis. Botrychium lun. Sedum album Silene flos-cuc. Solidago virg. sl. Stellaria gramine Koeleria macran. Carex liparocar. Astrantia major Buglossoid. arv. Sedum sexang. Succisa praten. Trifolium medium Teucrium scoro. Koeleria vallesia. Centaurea stoe. Calamagr. varia Bunium bulboca. Senecio jacobae Valeriana dioica Vicia cracca sl. Trifolium aureum Lactuca peren. Erysimum rhaeti. Vicia sepium Campanula thyr. Buphthalm. salic. Silene vulg. sl. Vaccinium myrtil. Leontod. inc/ten CD Euphorbia segui. CB Carex ferrugin. Campan. patula s Stachys offic. sl. Veronica offic. Linum tenuifoli. Carex davalliana Festuca valesia. Astragalus depr. Centaurea mont. Campan. rotundi. Thesium pyren. Viola can/mont Medicago mini. Carex flava Hieracium pelet. Danthonia alpina Crepis bocconei Campan. scheu. Tragopogon pra. Melica ciliata Carex hostiana Odontites luteus Gentiana crucia. Festuca pulch. sl. Capsella bursa. Trifolium camp. CN Petrorhagia sp. Carex panicea Onosma sp. Hieracium cym. Globularia nudic. Cardamine prat. Trifolium dubium Agrostis canina Poa bulbosa Epipactis palust. Oxytropis pilosa Hypochaer. mac. Gnaphalium nor. Carduus nut. sl. Trifolium prat. sl. Carex canesc. Semperv. tect. sl. Eriophorum latif. Phleum phleoid. Onobrychis are. Herac.spho.eleg. Carex alba Tussilago farf. Carex echinata Stachys rect. sl. Juncus alpinoar. Poa molinerii Oxytrop. halleri sl Hyperic. macul.sl Carex ornithop. Vaccin. vitis-id. Carex nigra Taraxacum laev. Juncus articulat. Potentilla pusilla Selaginella helv. Lathyrus occid. Carex pallesc. Valeriana sp. Carex pulicaris Teucrium botrys Parnassia palus. Pulsatilla mont. Seseli annuum Onobrychis mon. Carex semperv. Verbascum sp. Epilobium nutans Teucrium cham. Pedicularis palu. Scabiosa triand. Silene coronaria Pedicularis folio. Carlina vulgaris Veronica arven. Erioph. scheuch. Teucrium mont. Pinguicula sp. Scorzonera aus. Thesium bavar. Phleum hirsutum Centaurea jacea Vicia hirsuta Juncus filiformis Trinia glauca Primula farinosa Silene otites Thesium linophy. Pulsatilla alpina Centaurea nigre. Vicia sativa sl. Trichophor. ces. Veronica spic. Schoenus sp. Stipa capillata Veronica prostr. Traunsteinera gl. Cerastium arv. sl. Viola reich/rivin Viola palustris Viola rupestris Tofieldia calycul. Stipa pennata ag Vicia lutea Trifolium badium Cerastium font. sl Viola tricolor

weitere Arten (bitte leserlich und mit Grossbuchstaben schreiben!) MARY LEIBUNDGUT & CORNELIA MAYER Trockenwiesen und -weiden (TWW) im Alpgebiet des Fürstentums Liechtenstein

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Mary Leibundgut Cornelia Mayer Geboren 1963 in Bern, Studium der Geboren 1968 in Bern, Studium der Geographie und Biologie in botanischer Biologie in botanischer Richtung an Richtung an der Universität Bern, von der Universität Bern, von 1996 bis 2001 1995 bis 2009 Mitarbeiterin in privatem Mitarbeiterin in privatem Umweltbe- Umweltberatungsbüro in Bern und im ratungsbüro in Bern und im Projekt Projekt «Trockenwiesen und -weiden «Trockenwiesen und -weiden der der Schweiz» tätig. Seit 2010 als frei- Schweiz», bis 2005 auf der Fachstelle schaffende Biologin tätig. Natur und Landschaft Kanton Aargau tätig. Seit 2005 wohnhaft in Liech- tenstein und tätig als freischaffende Biologin. Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

Zusammenfassung 30 Liechtenstein ist ein Gebirgsland, zwei Drittel der Landesflä- Dank 30 che gehören zum Berggebiet. Die Gesamtfläche der Liech- tensteiner Alpen beträgt rund 6‘300 ha, was 40% der Landes- 1. Auftrag 31 fläche entspricht. Davon werden 29% alpwirtschaftlich als Weideflächen genutzt (1839 ha). 2. Ausgangslage 31 In vorliegender Arbeit wurden die Trockenwiesen und -wei- 2.1 Naturraum 31 den (TWW) im Alpgebiet (Sömmerungsgebiet) bis zu einer 2.2 Alpwirtschaft 31 Obergrenze von 1900 m kartiert. Die Feldkartierung erfolgte 2.3 Entwicklungen Alpwirtschaft seit dem 19. Jh. 32 2010 und 2011 nach der von EGGENBERG ET AL. 2001 beschriebe- nen Methode. Bei der Kartierung wurden 11% der gesamten 3. Methode und Vorgehen 32 Alpfläche nach Trockenvegetation abgesucht, 5% erfüllten schliesslich die TWW-Kriterien (348 ha). Somit ist der flächen- 4. Resultate 33 mässige TWW-Anteil im Alpgebiet rund doppelt so gross wie 4.1 Bearbeitete Flächen 33 in den tiefen Lagen. 4.2 TWW-Fläche nach Gemeinden 33 Der mit Abstand grösste Teil der kartierten Trockenvegeta- 30 4.3 Vergleich der TWW-Kartierung mit der Alpkartie- tion kann dem Vegetationstyp der Blaugrashalden zugeord- rung 2004 – 2006 34 net werden. In frischeren Lagen finden sich auch Rostseggen- 4.4 Höhenstufe 34 halden. Halbtrockenrasen sind nur auf den tiefer gelegenen 4.5 Exposition 34 Alpen unterhalb von 1600 m anzutreffen. Die Fläche zusam- 4.6 Vegetation 35 menhängender Trockenvegetation nimmt mit der Meeres- 4.7 TWW-Fläche nach Alpen 36 höhe zu. So finden sich die grössten Objekte von mehr als 4.8 Nutzung 37 10 ha alle oberhalb von 1700 m. Es sind dies die Weiden auf 4.9 Verbuschung 37 Garselli, Bargella, Guschg, Bärgi und Sareis. 4.10 Arten 38 Die Trockenwiesen und –weiden im Alpgebiet sind von der landwirtschaftlichen Nutzung geprägte, artenreiche und 5. Beschreibung der Alpgebiete 39 ökologisch äusserst wertvolle Lebensräume und Rückzugs- Rütti 39 orte vieler Tier- und Pflanzenarten. Durch Nutzungsaufgabe Gafadura 39 wenig ertragreicher Randgebiete und der damit einherge- Garselli 40 henden Verbrachung und Verbuschung, sowie durch Auffor- Bargella 41 stungen, Erosion oder Übernutzung gut erschlossener Lagen, Silum 43 verschwinden auch im Alpgebiet jährlich weitere Trocken- Vordervalorsch 43 rasen. Die vorliegende Arbeit liefert eine aktuelle Übersicht Mittlervalorsch 44 über die Trockenvegetation im Alpgebiet und soll als Ent- Hintervalorsch 44 scheidungshilfe bei der Priorisierung der künftigen Nutzung Güschgle 44 dienen. Guschgfiel 46 Guschg 47 Sücka 49 Dank Grosssteg 49 Kleinsteg 50 Der Regierung des Fürstentums Liechtenstein danken wir für Bärgi 50 die Auftragserteilung und Finanzierung des Projektes. Ein Pradamee 51 herzlicher Dank geht an Josef Schädler vom Amt für Wald, Sareis 52 Natur und Landschaft für die Initiierung und engagierte Be- Turna 52 gleitung des Projektes sowie für das Bereitstellen der vorhan- Gritsch 53 denen Grundlagen. Ebenso danken wir herzlich Hermann Valüna 54 Schmuck vom Amt für Wald, Natur und Landschaft für das Älple 55 Erstellen der Orthophotos als Kartiergrundlage. Stefan Eg- Wang/Münz/Platta 56 genberg danken wir für die methodische Begleitung, Chris- Gapfahl 56 tophe Hunziker für die professionelle Datenverarbeitung Lawena 57 und Franz Stadler für die Informationen zur standortgemäs- sen Nutzung der Alpflächen. 6. Fazit und Hinweise zur Umsetzung 58

7. Literatur 59

Anschrift der Autorinnen 59 Anhang 60 1 Auftrag der Höhenlage weniger günstig als im Talgebiet. Die Nie- derschlagsmenge kann bis auf 1'900 mm pro Jahr anstei- 2006 wurde eine gesamtschweizerische Kartierung der Tro- gen, gegenüber 900-1'200 mm im Talgebiet. Das Land liegt ckenwiesen und -weiden abgeschlossen. Die Datenerhebung aber im Einflussbereich des inneralpinen Churer Beckens mit erfolgte nach einer spezifisch entwickelten Kartiermethode kontinentalem Klimacharakter. Zudem schützen die vorgela- (EGGENBERG ET. AL. 2001). Nach derselben Methode wurden 2008 gerten Schweizer und Vorarlberger Bergketten gegen atlan- und 2009 die Trockenwiesen und -weiden in den tieferen tische und polare Kaltluft-Einbrüche. Dank häufiger Föhn- Lagen des Fürstentums Liechtenstein kartiert (siehe Beitrag lagen ist die Durchschnittstemperatur erhöht, es fallen we- DIPNER ET AL. 2013). Grundlage für die Arbeiten waren das be- niger Niederschläge und die Vegetationszeit dauert länger. reits bestehende Inventar der Magerwiesen aus den Jahren Trotz der Gebirgslage kann das Klima daher als relativ mild 1990 und 1991 sowie von Experten bezeichnete Verdachtsflä- bezeichnet werden, was das Vorkommen von Trockenvege- chen. Um eine vollständige Übersicht über die Trockenvege- tation begünstigt. tation im Land zu erhalten, wurde im Anschluss an die tiefen Lagen auch das Alpgebiet (Sömmerungsgebiet) kartiert. Mit der Kartierung dieser aus Sicht des Arten-, Biotop- und 2.2 Alpwirtschaft Landschaftsschutzes wertvollen Lebensräume soll deren Schutz, Pflege und Förderung auf eine fundierte wissen- Liechtenstein ist ein Gebirgsland, zwei Drittel der Landes- schaftliche Grundlage gestellt werden. fläche ist Berggebiet. Die Gesamtfläche der Liechtensteiner 31 Mit Beschluss vom 27. April 2010 erteilte die Regierung des Alpen umfasst rund 6'300 ha, was 40% der Landesfläche ent- Fürstentums Liechtenstein der Arbeitsgemeinschaft pro.seco spricht. Die alpwirtschaftlich genutzten Weideflächen um- GmbH den Auftrag zur Kartierung der Trockenwiesen und fassen 1'839 ha (29% der Alpfläche). Davon gelten 1'405 ha –weiden im Sömmerungsgebiet. Der Auftrag wurde auf die als produktiv (22% der Alpfläche oder 76% der Weidefläche). Jahre 2010 und 2011 verteilt. Es können 1364 Grossvieheinheiten (GVE) gesömmert wer- den. Durchschnittlich werden ca. 280 Milchkühe, 300 Mutter-, Ammen- und Galtkühe, 1'700 Rinder und Kälber, 30 Pferde, 2 Ausgangslage 30 Esel und 150 Schafe gealpt. Drei der insgesamt 24 Alpen sind Kuhalpen (mit ausgebauter Infrastruktur und Subventi- 2.1 Naturraum onen), wo die Milch zu Käse verarbeitet wird. Die restlichen

Mit Ausnahme der Alpen von Gafadura, Rütti, Gaflei, Silum, Wang/Münz/Platta, Bargella (teilweise) und Lawena liegt der Abb. 1 Trockenschuttkegel am Gamsgrat mit Wildmann- schilchli, im Vordergrund Sareis grösste Teil des Liechtensteiner Alpgebiets östlich der Was- serscheide zwischen Rhein- und Saminatal. Die tiefstgelege- nen Alpweiden liegen auf einer Höhe von rund 900 m auf der Alp Rütti, die höchstgelegenen auf einer Höhe von rund 2100 m am Schönberg oder Alp Gritsch (Gmeinweid). Die Talach- sen des Saminatals und der Seitentäler von Malbun und Va- lorsch verlaufen vorwiegend von Südost nach Nordwest. Ein grosser Teil der Talhänge ist darum nach Süden, Südwesten oder Westen orientiert, was gute Voraussetzungen für das Vorkommen von Trockenvegetation schafft. Geologisch wird das Alpgebiet hauptsächlich von Sedi- mentgesteinen der ostalpinen Lechtaldecke aufgebaut. Landschaftsprägend sind vor allem die stark verwitternden Trias-Dolomite, welche die höchsten Gipfel bilden. Daneben kommen auch sandsteinreicher Flysch, Kalkstein und Konglo- Abb. 2 Trockenschuttkegel am Fuss des Ochsenkopfs merate vor. Silikatgesteine fehlen dagegen gänzlich. Erosion und Verwitterung haben am Fuss der Dolomitfelsen vieler- orts mächtige Trockenschuttkegel geschaffen, die meist nur von Legföhren besiedelt werden können (vgl. Abb. 1). Ein grosser Teil des Gebiets war während der letzten Eiszeit vergletschert. Nur gerade die höchsten Gipfel wie Falknis, Drei Schwestern, Galinakopf und Ochsenkopf (vgl. Abb. 2) ragten über die Eisdecke hinaus. Viele Hänge sind daher heute von Moränenschutt überdeckt. Hang- und Moränenschutt schaffen mit ihrem wasserdurch- lässigen Lockermaterial und ihren flachgründigen Böden gute Voraussetzungen für die Entstehung von Trockenvege- tation. Klimatisch sind die Verhältnisse im Alpgebiet wegen 21 Alpen werden vorwiegend mit Galtvieh bestossen (Quelle: ging zurück, die Alpwirtschaft wurde extensiviert. Kuhalpen LLV Amt für Wald, Natur und Landschaft). wurden in Jungviehalpen umgewandelt. Das Weidesystem Ein grosser Teil des gesömmerten Viehs stammt aus der mit Standweiden führte zu Problemen wie Erosion oder Ver- Schweiz. Allerdings ist der Anteil in den letzten Jahren von unkrautung. Ende der 60er Jahre wurde die integrale Berge- rund 50% auf 30% stark zurückgegangen, so dass heute ein bietssanierung (BGS) gestartet und in den folgenden Jahren Teil der Weiden unterbestossen ist. die Alpwirtschaft schrittweise saniert. Die Beweidung wurde 12 Alpen werden von Alpgenossenschaften bewirtschaftet, auf die guten Flächen beschränkt und grosse Investitionen in 3 Alpen von Bürgergenossenschaften und 9 Alpen von Ge- die Erschliessung, Gebäude und Wasserversorgung gemacht. meinden. So konnte eine gute Infrastruktur aufgebaut werden. Um die Alpwirtschaft zu erhalten, fördert der Staat die Be- 1980 wurde eine systematische Alpkartierung mit Bewirt- wirtschaftung der Alpen mit Infrastrukturverbesserungen schaftungsvorschlägen durchgeführt, 1992 ein Kunstdünger- durch die Berggebietssanierung (BGS) und entsprechenden und Pflanzenschutzmittelverbot eingeführt, 2001/2002 eine Alpungskostenbeiträgen. Für Fragen, welche die Förderung landschaftsökologische Beurteilung der Schafalpung vorge- und Erhaltung der Alpwirtschaft betreffen, sind die Landes- nommen (STADLER 2003). 2005 wurden die Alpen unter dem alpenkommission und die BGS (Abteilung Berggebietssanie- Fokus einer standortgerechten Nutzung neu beurteilt. Als rung, Amt für Wald, Natur und Landschaft) zuständig. Sie Grundlage diente die Alpkartierung 2004-2006 von Stadler. legt die Bestossungszahl fest, überwacht die Weidepflege, In der Folge wurden die Weideflächen auf die geeigneten 32 kontrolliert die Infrastruktur und begutachtet Subventions- Flächen reduziert und die Bestossungszahlen angepasst. gesuche und die Auszahlungen der Alpungskostenbeiträge. Aktuelle Herausforderungen an die Alpwirtschaft sind der Die Kommission besteht aus dem Leiter des Landwirtschaft- Umgang mit neuen Tierarten wie Pferden, Mutterkühen samtes, einem Vertreter der Bäuerlichen Organisationen und oder Ziegen oder die hohe Wildtierdichte mit negativen Fol- drei Vertretern der Alpwirtschaft. Ein Vertreter des Amtes für gen für Schutzwälder und einer Zunahme der Erosion. Einer Wald, Natur und Landschaft nimmt beratend teil. intensiveren Nutzung an Standorten mit guter Infrastruktur Alpungskostenbeiträge werden gewährt, wenn die Alpen und Erschliessung steht eine Extensivierung oder gar Auf- sachgemäss und umweltschonend bewirtschaftet werden. gabe der Beweidung und dadurch ein Verlust an Weideland Dazu gehören eine auf den Graswuchs abgestimmte Bestos- an abgelegenen Standorten gegenüber. Beides kann aus sung, eine dem Gelände und der Herde angepasste Koppel- ökologischer Sicht problematisch sein. wirtschaft, die Bekämpfung der Unkräuter, die Räumung der Weiden von Steinen, Jungwuchs und Totholz sowie der Unterhalt von Gebäuden, Wegen und Einrichtungen. Zur 3. Methode und Vorgehen umweltschonenden Bewirtschaftung zählt der Verzicht auf Kunstdünger und Klärschlamm. Die Feldkartierung erfolgte nach der von EGGENBERG ET AL. (2001) beschriebenen TWW-Methode. Diese sieht für das Sömmerungsgebiet eine etwas gröbere Kartierung vor als 2.3 Entwicklungen in der Alpwirtschaft seit dem 19. Jh. für die tiefen Lagen (siehe auch Beitrag DIPNER ET AL. 2013). So werden beispielsweise verschiedene, zusammenhängende Im 19. Jahrhundert war die Liechtensteiner Alpwirtschaft für Trockenvegetationstypen nicht als einzelne Teilobjekte aus- ihren hohen Entwicklungsstand bekannt. Erst in der Nach- kartiert, sondern in einem Objekt zusammengefasst (integ- kriegszeit nach 1950, als sich das Land zu einem Industrie- rales Vorgehen). und Dienstleistungsstandort wandelte, verlor die Landwirt- Folgende Anpassungen an die Verhältnisse in Liechtenstein schaft stark an Bedeutung. Die Nebenerwerbslandwirtschaft wurden vorgenommen: Die Minimalfläche eines Objektes im Sömmerungsgebiet Abb. 3 Rinderweide auf Pradameehöhi wurde auf 100 Aren festgelegt (TWW Schweiz: 200 Aren) und die Obergrenze der Kartierung bei 1900 m gezogen (Schweiz: 1800 m). Nur in begründeten Ausnahmefällen wur- den Flächen oberhalb von 1900 m aufgenommen. Grundsätzlich wurden im Alpgebiet nur genutzte Flächen kartiert. Brachen sollten nur bei besonders wertvoller Vege- tation oder erst kürzlich erfolgter Nutzungsaufgabe aufge- nommen werden. Die Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen der Schweiz (öst- liche Nordalpen) wurde ergänzt durch: – Rote Liste der gefährdeten und seltenen Gefässpflanzen des Fürstentums Liechtenstein (BROGGI ET AL. 2006) – Verordnung über besonders geschützte Pflanzen- und Tierarten (LGBI 1996 Nr. 136)

Als Kartiergrundlage dienten Orthophotos im Massstab 1:5‘000 aus dem Jahr 2009. Mit der Übernahme der gesamtschweizerisch angewandten Tab. 2 Bearbeitete Flächen und Resultate im Alpgebiet TWW-Methode wird eine standardisierte, systematische Da- tenaufnahme von Vegetation, Strukturelementen, Nutzung, Parameter Anzahl Fläche Verbuschung sowie Vernetzungssituation gewährleistet. Zu- (ha) dem wird ein Vergleich mit den Schweizer Daten ermöglicht. Fläche Alpgebiet (Sömmerungsge- 6'300 Als Grundlage zur Bezeichnung der abzusuchenden und biet) zu kartierenden Gebiete mit potentieller TWW-Vegetation Abgesuchte Gebiete aus Alpkartie- 172 560 wurde die Alpkartierung 2004-2006 von Stadler ausgewer- rung 2004-2006 tet (Standortgemässe Bewirtschaftung und Bestossung der Abgesuchte Gebiete aus Luftbild- 20 115 Alpen im Fürstentum Liechtenstein). Alle Flächen der Alp- interpretation kartierung 2004-2006, welche mit dem Vegetationstyp «Ma- gerrasen» (Vegetationseinheit der Alpkartierung: Nr. 1) be- Total abgesuchte Gebiete im Alpge- 192 675 zeichnet worden waren, wurden als Verdachtsflächen für die biet TWW-Kartierung ausgewählt. Diese abzusuchenden Flächen Total TWW-Objekte 92 348 von 560 ha wurden mit Hilfe von Luftbildinterpretation um Total TWW-Teilobjekte 119 348 weitere 115 ha auf insgesamt 675 ha ergänzt. Mittlere Fläche TWW-Objekte 3.8 Die Kartierung erfolgte in den Sommermonaten 2010 und 2011. Sämtliche Daten (Perimeter, Mittelpunkte der Vegetati- Mittlere Fläche TWW-Teilobjekte 2.9 33 onsaufnahmen, Artenlisten, Protokollblätter, Bemerkungslis- ten) wurden digitalisiert und ausgewertet und liegen zusam- Tab. 3 Verteilung der TWW-Flächen auf die Gemeinden. men mit einer Bewertung und Rangierung der TWW-Objekte Gemeinde TWW-Fläche (ha) % Fläche dem Amt für Wald, Natur und Landschaft vor. Das Projekt konnte Ende 2011 abgeschlossen werden. Triesenberg 141.40 41 Balzers 78.06 22 Schaan 63.75 18 4 Resultate Triesen 30.70 9 4.1 Bearbeitete Flächen Vaduz 18.78 5 Planken 15.54 4 Das Sömmerungsgebiet umfasst 40% der Landesfläche. Mit Total 348.24 100 Ausnahme der Alpen Rütti/Gafadura, Silum, Bargella (teil- weise), Wang und Lawena liegt es östlich der Wasserscheide zwischen Rhein und Saminatal. 11% der Alpfläche wurde nach TWW-Vegetation abgesucht. Die aufgenommenen 4.2 TWW-Fläche nach Gemeinden TWW-Objekte umfassen 5% der gesamten Alpfläche. Die Fläche an Trockenweiden im Sömmerungsgebiet ist rund Den weitaus grössten Anteil an der TWW-Fläche im Alpge- doppelt so gross, wie die TWW-Fläche in den tiefen Lagen. biet hat die Gemeinde Triesenberg, in deren Gemeindege- Im Durchschnitt ist ein Objekt im Sömmerungsgebiet fast biet unter anderem die grossen Alpen von Bargella, Garselli, fünfmal so gross, wie in den tiefen Lagen, ein Teilobjekt gar Bärgi und Turna/Sareis liegen. sechsmal so gross. Eine Karte mit den Perimetern der abge- suchten Gebiete und kartierten TWW-Objekte findet sich im Anhang. Abb. 4 Niedrigwüchsiger Kalktrockenrasen

Tab. 1 Bearbeitete Flächen und Resultate in den tiefen Lagen (vgl. TWW-Kartierung 2008/09, DIPNER et al. 2013).

Parameter Anzahl Fläche (ha) Landesfläche 16'047 Objekte aus Magerwieseninventar 121 116 Abgesuchte Gebiete 65 461 Total TWW-Objekte 213 177 Total TWW-Teilobjekte 347 177 Total bearbeitete Fläche tiefe Lagen 577 Mittlere Fläche der TWW-Objekte 0.8 Mittlere Fläche der TWW-Teilobjekte 0.5 4.3 Vergleich der TWW-Kartierung mit der Alpkart- 4.5 Exposition ierung 2004 – 2006 Die Achsen der Haupttäler im Alpgebiet von Liechtenstein Von den 560 ha aus der Alpkartierung 2004-2006 von Stad- (Lawena, Valüna, Malbuner- und Valorschtal) verlaufen alle ler (Standortgerechte Nutzung und Bestossung der Alpen in SE-NW-Richtung. Sie weisen damit einen nach Südwesten im FL), welche im Rahmen der TWW-Kartierung bearbeitet orientierten Talhang auf, was das Vorkommen von Trocken- wurden, hatten 321 ha (57%) keine TWW-Qualität. Die Ab- vegetation sehr begünstigt: Fast ein Drittel der TWW-Flä- streichgründe wurden nicht systematisch erfasst. Eine grobe che im Alpgebiet liegt in SW-Exposition. Nimmt man auch Auswertung zeigt aber, dass es sich in den meisten Fällen um noch die westexponierten Flächen dazu, ist es sogar knapp artenarme Borstgrasweiden (ca. 40%) oder um Fettweiden die Hälfte aller TWW-Flächen. An den gegenüberliegen- (ca. 36%) handelt. Sehr oft kommt auch eine Kombination den, nordwestexponierten Hängen wurde dagegen kaum dieser beiden Abstreichgründe vor. Während Fettweiden TWW-Vegetation gefunden. häufig natürliche Ursachen haben (nährstoffreicher, frischer Südexponierte Hänge sind relativ selten, weisen i. d. R. aber Untergrund), sind die artenarmen Borstgrasweiden meist auf aufgrund ihrer günstigen Standortbedingungen besonders eine langjährige Überweidung zurückzuführen, welche den grossflächige TWW-Objekte auf. So umfasst das grösste Boden auslaugt und oberflächlich versauern lässt. TWW-Objekt am Südhang des Helwangspitzes (Bargella) al- Bei rund 20% der abgestrichenen Flächen war zwar leine 43 ha! 34 TWW-Vegetation vorhanden, sie erreichte jedoch die Mini- Erstaunlich schöne und z.T. auch grossflächige TWW-Objekte malfläche von 100 Aren nicht. Als weitere Abstreichgründe wurden an ost- und südostexponierten Hängen kartiert. Die wurden die zu starke Verbuschung oder zu viele Hochstau- Weiden von Guschg (Schönberg), Garselli, Gapfahl, Prada- den aufgeführt. mee und weiteren ostexponierten Stafeln umfassen fast ei- nen Viertel der TWW-Fläche. In Nordostexposition konnten dagegen nur gerade drei 4.4 Höhenstufe TWW-Objekte kartiert werden. Allerdings umfasst das Ob- jekt Sareis mit 18 ha 5% der TWW-Fläche. Auch nord- und Nur knapp ein Viertel der TWW-Flächen liegt unterhalb von nordwestexponierte TWW-Flächen bilden erwartungsge- 1500 m im Gebiet der Unterstafel bei Gross- und Kleinsteg, mäss eine Ausnahme. Sie sind vor allem im Mittler Valorsch Malbun und im Valünatal, wo das Weidegebiet aufgrund anzutreffen und weisen Elemente der frischen Rostseggen- der topographischen Verhältnisse begrenzt ist. Die auf den halden auf. Oberstafeln der Alpen gelegenen Objekte oberhalb von 1500 Insgesamt liegt 91% der TWW-Fläche in der südlichen Hälfte m, wo das Weidegebiet viel weitläufiger ist als im Talboden, der Windrose (von Ost über Süd nach West). umfassen dagegen rund 75 % der TWW-Fläche. Die grössten TWW-Objekte mit einer Fläche von mehr als 10 Tab. 5 Verteilung der TWW-Flächen nach Expositionen. ha sind alle oberhalb von 1700 m zu finden. Es sind dies die Weiden bei Garselli, Wengi (Bargella), Kessiboda (Guschg), Exposition Fläche (ha) % Fläche Bärgi und Sareis. NW 9.1 2.6 Die höchstgelegenen TWW-Weiden im Bereich der Wald- N 3.6 1.0 grenze von rund 1900 m liegen am Schönberg, Sareiserjoch, NE 19.0 5.5 Höhmad (Gritsch) sowie in der Nospitz- und Rappasteinhalda. Die tiefstgelegenen TWW-Weiden finden sich auf der Alp E 41.1 11.8 Rütti bei Planken unterhalb von 1000 m. Eine Übersichts- SE 38.3 11.0 karte über die Höhenverteilung der TWW-Flächen findet sich S 71.4 20.5 im Anhang. SW 105.7 30.3 W 60.1 17.3 Total 348.2 100.0 Tab. 4 Verteilung der TWW-Flächen auf verschiedene Höhen- stufen. Abb. 5 Trockenrasen bieten vielen Tieren Lebensraum wie Höhenstufe TWW-Fläche (ha) % Fläche hier den Raupen des Alpen-Ringelspinners auf Gafadura. 751 – 1000 m 3.1 0.9 1001- 1250 m 1.4 0.4 1251 - 1500 m 73.0 21.0 1501 - 1750 m 111.8 32.1 1751 - 2000 m 155.8 44.7 > 2000 m 3.1 0.9 Total 348.2 100 .0 4.6 Vegetation Tab. 7 Vegetationsgruppen und ihre Vegetationstypen. Die Tabelle enthält nur jene Vegetationstypen, die 1 Flächenprozent überschreiten.

In den Vegetationsgruppen sind ökologisch verwandte Vegetations- Vegetationstypen Fläche (ha) Fläche % Vegetationstypen zusammengefasst (vgl. Tabelle 7). Von gruppen insgesamt 18 möglichen Vegetationsgruppen des TWW-Kar- Artenreiche Blaugrashalde 94.4 27.1 tierschlüssels kommen im Alpgebiet von Liechtenstein 8 SVSV Vegetationsgruppen vor. Der Höhenlage und den geologi- schen Verhältnissen entsprechend, kann der weitaus grösste Artenreiche Blaugrashalde 72.3 20.8 Teil der Trockenvegetation den Blaugrashalden zugeordnet mit Fettzeigern SVAESV werden. An nordost- bis südostexponierten Hängen, z.B. auf Halbtrockenrasen mit Fett- 11.8 3.4 SV, Sareis oder Gapfahl, sind auch Rostseggenhalden verbreitet. zeigern und Arten der Blau- Blaugrashalde Halbtrockenrasen sind vorwiegend unterhalb von 1600 m grashalde MBAESV auf den tiefer gelegenen Alpweiden anzutreffen, so z.B. auf Halbtrockenrasen mit Arten 9.5 2.7 Rütti, Gafadura, Garselli, Silum, Gaflei, Gross- und Kleinsteg der Blaugrashalde MBSV sowie Stachler. Artenreiche Blaugrashalde 5.4 1.6 Aufgrund der Beweidung gehören viele TWW-Flächen im mit Saumarten SVSVOR Alpgebiet zu den nährstoffreicheren Varianten: auf 55% der TWW-Fläche sind Fettzeiger (Vegetationsindex AE) vorhanden. Rostseggenhalde mit Fett- 20.6 5.9 Die räumliche Verteilung der kartierten Vegetationsgruppen zeigern CFAECF zeigt die Übersichtskarte im Anhang. Rostseggenhalde mit Fett- 8.6 2.5 zeigern und Arten der Blau- Tab. 6 Verteilung der TWW auf die Vegetationsgruppen. grashalde CFAESV Artenreiche Rostseggen- 7.9 2.3 Abkürzung Vegetationsgruppen Fläche % Flä- CF, halde CFCF (ha) che Rostseggen- Blaugrashalde mit Fettzei- 7.6 2.2 SV Blaugrashalde 249.5 71.6 halde gern und Arten der Rost- CF Rostseggenhalde 78.3 22.5 seggenhalde SVAECF MBAE Nährstoffreicher. Halbtro- 10.5 3.0 Blaugrashalde mit Arten 5.9 1.7 ckenrasen der Rostseggenhalde SVCF MB Echter Halbtrockenrasen 1.7 0.5 Rostseggenhalde mit Arten 4.1 1.2 FV Buntschwingelhalde 3.7 1.1 der Blaugrashalde CFSV AE Trockene, artenreiche Fett- 1.1 0.3 MBAE, Nähr- Halbtrockenrasen mit Fett- 8.5 2.4 wiese stoffreicher zeigern (kurzrasige Höhen- Halbtrocken- variante) MBAESC OR Trockene Saumgesellschaft 1.2 0.4 rasen NS Borstgrasrasen 2.3 0.6 AE, Trockene, artenreiche Fettwiese mit 3.4 1.0 Total 348.2 100.0 artenreiche Magerzeigern (kurzrasige Fettwiese Höhenvariante) AEMBSC Total 260.0 74.7

Abb. 6 Artenreiche Blaugrashalde im Gebiet Halda auf Güschgle Abb. 7 Artenarme Borstgrasweide am Kolma auf Gapfahl 4.7 TWW-Fläche nach Alpen Tab. 8 Anteil der TWW-Fläche an den Alpen.

Die Flächenangaben (in ha) zu den Alpen stammen aus einer Alp

Statistik des Landwirtschaftsamts Liechtenstein (LWA, Stand in % 20.12.2011), die TWW-Flächen wurden im GIS ermittelt. Die in der Statistik des LWA aufgeführte Alp Lida/Allmeinden wurde nicht in die Auswertung einbezogen (daher Differen- Weidefläche zen bei Gesamtflächen und GVE). Bei der TWW-Fläche wur- an den einige Flächen ergänzt, welche in der TWW-Statistik (Ka-

pitel Resultate, Allgemeines) nicht aufgeführt sind. Es sind TWW dies TWW-Objekte auf Gaflei, Scherris und Platta, welche bereits im Rahmen der Kartierung der tiefen Lagen aufge- Anteil in %

nommen wurden. Die Alpen sind in der Reihenfolge ihrer (ha) Gesamtfläche aufgelistet. (ha)

Der Anteil Weidefläche pro Alp (gelbe, grüne und rote Flä- Alpfläche produktiver total produktiv (ha) chen im Diagramm) ist sehr unterschiedlich. Er liegt zwischen an an (ha) rund 25% (z.B. bei den Alpen Kleinsteg, Grosssteg, Vorderva- TWW-Fläche TWW TWW 36 lorsch und Älple) und über 60% bei den tiefgelegenen Alpen der

Silum und Gaflei. Im Durchschnitt umfasst die Weidefläche Weidefläche Weidefläche Alpfläche Anteil Anteil TWW-Fläche % nur einen Drittel der gesamten Alpfläche, die produktive Lawena 746 213 112 22.0 3 20 6 Weidefläche (rote und grüne Flächen im Diagramm) sogar nur einen Viertel. Valüna 498 185 135 7.9 2 6 2 Der durchschnittliche Anteil der TWW-Fläche an der Alpflä- Garselli 465 39 25 22.2 5 89 6 che liegt bei 7% (5%, wenn Zigerberg und Plankner Garselli Guschg 450 194 129 48.3 11 37 12 zur Alpfläche gezählt werden), an der Weidefläche bei 21% Guschgfiel 386 148 112 62.2 16 56 16 und an der produktiven Weidefläche bei 29%. Auf den Alpen Güschgle, Garselli und Bärgli hat über 80% des produktiven Pradamee 366 124 107 18.8 5 18 5 Weidelandes TWW-Qualität. Am anderen Ende der Skala Gritsch 342 136 107 4.7 1 4 1 liegen die Alpen Valüna, Gritsch, Gaflei und Älple, welche Turna 337 103 82 22.1 7 27 6 weniger als 10% produktives Weideland mit TWW-Qualität aufweisen. Auf den Alpen Sücka und Hintervalorsch wurde Sareis 273 104 80 17.8 6 22 5 keine TWW-Vegetation gefunden. Bargella 244 89 57 47.2 19 83 12 Gapfahl 177 80 69 11.2 6 16 3 Abb. 8 Flächenanteile der TWW an der Alpfläche Mittler- 175 52 25 8.0 5 32 2 valorsch

Kleinsteg 162 39 33 5.1 3 15 1

Grosssteg 150 38 34 7.0 5 21 2

Vorder- 136 37 13 5.3 4 41 1 valorsch

Sücka 131 53 45 - 0 0 0

Älple 122 32 26 2.4 2 9 1

Wang 118 14 13 11.3 10 87 3

Gafadura/ 112 42 40 15.5 14 39 4 Rütti

Hinter- 107 42 31 - 0 0 0 valorsch

Bärgi 96 34 16 15.6 16 97 4

Güschgle 95 36 34 28.9 30 85 7

Silum 41 24 13 3.5 9 27 1

Gaflei 18 14 12 1.1 6 9 0

Total 5'745 1'872 1'350 387.9 7 29 100 4.8 Nutzung Abb. 9 Übernutzte Weide im Valüna-Tal

Der ausschliesslich alpwirtschaftlichen Nutzung im bearbei- teten Gebiet entsprechend werden 92% der TWW-Flächen in den höheren Lagen als Weiden genutzt, der grösste Teil davon als Rinderweide. Einige Weiden werden zeitweise auch als Pferde- oder Eselweiden genutzt (2010/11 zum Beispiel Bargella, Turna oder Fölitola). Obwohl auch Schafe gesömmert werden, wurde nur eine einzige Schafweide mit TWW-Vegetation aufgenommen – dies wahrscheinlich deshalb, weil die Schafe in der Regel oberhalb von 2000 m geweidet werden, wo keine TWW-Objekte mehr aufgenom- men wurden. Eine Wildheunutzung im Alpgebiet kommt in Liechtenstein nicht vor. Die grossflächigen Wildheugebiete auf der Tuas- segg und Maschera liegen ausserhalb des Alpgebiets. Abb. 10 Mutterkuhhaltung auf Bargella In einigen Ausnahmefällen wurden auch Brachen aufgenom- men. Es handelt sich um ökologisch wertvolle Flächen, bei 37 denen die Nutzungsaufgabe noch nicht weit zurück liegt. Für die räumliche Verteilung der Nutzungen siehe die Über- sichtskarte im Anhang.

Tab. 9 Verteilung der TWW-Flächen nach Nutzung.

Nutzung spezifiziert Fläche (ha) % Fläche Rinderweide (z.T. auch als Pferde- 321.7 92.4 % weide genutzt) Schafweide 3.5 1.0 % Brache, ehemals beweidet 13.6 3.9 % Brache, nicht spezifiziert 9.4 2.7 % Abb. 11 Ein Yak auf Gapfahl Total 348.2 100.0 %

Im Frühsommer und Sommer 2010 herrschten sowohl für die Alpwirtschaft als auch die Vegetationskartierung schlechte Verhältnisse: Späte Ausaperung, Schneefall im Juni und häu- fig schlechtes, kühles Wetter verzögerten die Vegetations- entwicklung. So mussten tiefer gelegene Weiden teilweise länger als üblich genutzt werden oder das Vieh trotz wenig entwickelter Krautschicht auf höhere Stafel getrieben wer- den. Einige Alpweiden machten daher einen übernutzten Eindruck. Bei der Kartierung wurden oft sehr frühe Vegeta- tionsstadien oder bereits abgeweidete Flächen angetroffen.

4.9 Verbuschung Abb. 12 Stark verbuschte Fläche im Übergang zu den Leg- Ein Fünftel der TWW-Fläche ist mit 3-20% der Fläche relativ föhrenbeständen auf Garselli stark verbuscht. Meist sind es abgelegene, schlecht erschlos- sene Alpweiden, die nur noch extensiv genutzt werden. Vie- lerorts geht durch das Vordringen der Legföhren, welche im ganzen Alpgebiet verbreitet sind, Weideland verloren.

Tab. 10 Verbuschungsgrad der TWW-Objekte

Fläche (ha) % Fläche 0 – 3% 277.2 79.6 % 3 – 20% 70.2 20.1 % Über 20% 0.9 0.3 % Total 348.2 100.0 % 4.10 Arten Abb. 13 Feuerlilie

«Liechtenstein liegt an einer Nahtstelle der europäischen Flora. In unserem Rheintal tauchen die westalpinen, helve- tischen Decken des Säntisgebietes unter die oberostalpine Lechtaldecke ab. Im Liechtensteiner Rheintal verläuft die Trennlinie zwischen Ost- und Westalpen» (so der Botaniker Wilfried Kaufmann anlässlich eines Vortrages in Mauren). Zu- dem liegt das Land im Übergangsbereich vom ozeanischen Klima im Westen zum kontinentalen Klima im Osten und weist auf kleinem Raum eine ausserordentliche Höhendiffe- renz auf. Diese klimatische und geologische Übergangssitu- ation widerspiegelt sich zusammen mit den topografischen Gegebenheiten in einer besonders vielfältigen Flora. Auf den TWW-Flächen der Liechtensteiner Alpen wurden ins- gesamt 373 verschiedene Pflanzenarten gefunden. 33 davon Abb. 14 Nordischer Drachenkopf gehören zu den gefährdeten oder geschützten Arten. Mit 17 38 Arten sind die Orchideen besonders stark vertreten. In der Flora des Fürstentums Liechtenstein (2003) fehlen: Ja- cquins Läusekraut Pedicularis rostrato-capitata und der Al- pen-Hahnenfuss Ranunculus alpestris. Beide Arten wurden relativ häufig angetroffen.

Nachfolgend sind einige speziell erwähnenswerte Arten auf- geführt:

Tab. 11 Ausgewählte Rote-Liste-Arten mit Angaben zu Vorkommen und Gefährdung in der CH, den NA2 (östlichen Nordalpen) und in Liechtenstein. Angaben aus der Roten Liste CH 2002 und der Roten Liste FL 2006. (LC: nicht gefährdet. NT: potentiell gefährdet. VU: verletzlich. EN: stark gefährdet. CR: vom Aussterben bedroht. R: sehr selten.)

Art CH NA2 FL Vorkommen Crepis kerneri NT EN Sareiserjoch (Kerners Pippau) Crepis praemorsa VU VU R Rütti, Gafadura (Trauben-Pippau) Dracocephalum NT VU R Lawena (Rinder- ruyschiana (Nor- pleika, Föligraba) discher Drachenk- opf) Lilium bulbiferum NT VU R Lawena, Hochegg, s.l. (Feuerlilie) Pradamee, Vaduzer Täle Lerchaschärm Ophrys insecti- NT NT VU Gaflei, Gafadura, Abb. 15 Kopfiges Läusekraut Pedicularis rostrato-capitata fera (Fliegen-Rag- Valüna wurz) Saussurea disco- LC NT Lawena (Rinder- lor (Weissfilzige pleika) Alpenscharte) Stemmacantha NT NT Gapfahl (Rappaste- rhapontica s.l. inhalda), Hochegg, (Alpen-Berg- Vaduzer Täli, La- scharte) wena (Rinderpleika, Föligraba, Scha- fegg) Valeriana saxatilis VU VU Sareis uf der Rota (Felsen-Baldrian) Wand 5 Beschreibung der Alpgebiete den. Eine überraschend vielfältige, von Berberitzen und Wil- drosen durchsetzte Trockenweide findet sich auf dem nor- Die kartierten TWW werden nachfolgend pro Alp beschrie- dostexponierten Hang nördlich der Alphütte Rütti. ben und ihre Perimeter in Karten dargestellt. Dies ermöglicht Keine Trockenvegetation konnte dagegen auf der ausge- ein rasches Auffinden der vorhandenen Informationen bei dehnten Weide oberhalb der Hütte festgestellt werden. Der künftigen alpwirtschaftlichen Projekten und Planungen. Standort wurde als zu frisch und nährstoffreich abgestrichen (Wasserzügigkeit/Quellfassungen). Die Trockenvegetation auf Rütti besteht aus echten Halbtrockenrasen (Mesobro- Rütti mion) mit zahlreichen Arten der tieferen Lagen sowie einge- streuten Vertretern der fetten Weiden und Saumgesellschaf- – Gemeinde Planken ten. Erste Übergänge zu den subalpinen Blaugrashalden sind – Gesamtfläche Alp: 20.5 ha, davon TWW 4.5 ha erkennbar. – 3 Teilobjekte (C. Mayer) – Karte siehe Abb. 16 Gafadura Rütti-Gafadura ist eine zweistafelige Alp, bestehend aus dem montanen Unterstafel Rütti (950 bis 1100 m) und dem – Gemeinde Planken subalpinen Oberstafel Gafadura (1300 bis 1500 m). Während – Gesamtfläche Alp: 98 ha, davon TWW 11.1 ha 39 Rütti auf Moränematerial des Rheingletschers liegt, wird – 6 Teilobjekte (C. Mayer) Gafadura von überlagertem Bergsturz- und Blockschuttma- – Karte siehe Abb. 16 terial dominiert. Beide Stafel bieten mit ihren gut besonnten west- bis südwestexponierten steilen Hängen günstige Vor- Gafadura liegt mit rund 1400 m im Übergangsbereich zwi- aussetzungen für Trockenvegetation. Meist sind diese Steil- schen den Halbtrockenrasen (Mesobromion) und den subal- hänge von ausgeprägten Viehweglein durchzogen, welche pinen Blaugrashalden (Seslerion). Die hochwüchsigen Gräser die Wasser- und Nährstoffversorgung der Vegetation stark der Halbtrockenrasen wie die Aufrechte Trespe Bromus erec- beeinflussen. So finden sich auf den Viehweglein trittfeste tus und die Fieder-Zwenke Brachypodium pinnatum werden Arten der frischen Fettweiden und in den steilen und trocke- hier zunehmend vom Namen gebenden Blaugras Sesleria va- nen Partien dazwischen die eigentlichen Arten der mageren ria und der Horst-Segge Carex sempervirens abgelöst. Eine Weiden. Besonders ausgeprägt kann dies auf Rütti unterhalb schöne Ausnahme findet sich unmittelbar unterhalb dem der Alphütte und auf der Eck auf Gafadura beobachtet wer- Jagdhaus. Hier kommt Bromus erectus auf einer beachtlichen

Abb. 16 TWW-Objekte auf Rütti und Gafadura Meereshöhe von 1430 m noch einmal zur Dominanz. Ansons- Garselli ten sind oberhalb der Alpgebäude artenreiche Blaugrashal- den anzutreffen. – Gemeinde Triesenberg Auffällig ist die scharfe Vegetationsgrenze entlang des Wei- – Gesamtfläche Alp: 465.5 ha, davon TWW 22.2 ha dezaunes zwischen Eck und Frastanzereck. Bei gleich blei- – 4 Teilobjekte (M. Leibundgut) bender Geologie wird die artenreiche Trockenweide auf – Karte siehe Abb. 21 der Eck von einer stark verarmten Borstgrasweide auf der Frastanzereck abgelöst, was auf eine langjährig intensivere Garselli liegt am ostorientierten Steilhang des unteren Sami- Nutzung der Frastanzereck schliessen lässt. natals. Das Alpgebiet kann nur über einen steilen Bergweg Durch die ausschliessliche Rinderhaltung (keine Einstallung, von Bargella und über das Chemi erreicht werden. Der früher kein auszubringender Hofdünger) zeichnet sich eine zuneh- benutzte direkte Zugang von Bargella durch die Ostflanke mende Überdüngung der wenig geneigten Alpbereiche und des Helwangspitz (Sieben-Eggenweg) ist heute mit Vieh eine Ausweitung der Lägerstellen – verbunden mit aufwän- nicht mehr begehbar. diger mechanischer Plaggenbekämpfung – ab. Um dieser Der sehr abgeschiedene Alpteil Sässliegga liegt zwischen Entwicklung entgegen zu wirken, ist vorgesehen, den Mist 1180 und 1500 m und ist damit die tiefstgelegene Alp im auf den Lägerstellen zusammen zu nehmen und grossflächi- Saminatal. Wegen der Abgeschiedenheit und dem weiten ger zu verteilen, d. h. auch auf die Hanglagen. Zustieg zeigt das Weidegebiet deutliche Anzeichen einer 40 UMSETZUNGSHINWEIS: TWW baldmöglichst in Planung einbezie- Unternutzung. Fichtenaufwuchs ist nicht nur in den Rand- hen und von zusätzlichem Düngereintrag ausnehmen. bereichen, sondern auf der ganzen Weidefläche anzutreffen. Die von Stadler (2004-2006) empfohlenen Anpassungen des Weil am Südrand kein Weidezaun vorhanden ist, geht das Weidezaunes sind nachvollziehbar und berücksichtigen ne- Weidegebiet fliessend in lichten Wald über. Auch im Wei- ben dem Trinkwasserschutz und der Erosionsgefahr auch den degebiet selber stehen zahlreiche grosse Einzelbäume (Ber- Bewirtschaftungsaufwand und -ertrag. Bei den ausgezäun- gahorne, Buchen, Fichten), welche der Alp einen parkartigen ten Flächen handelt es sich um Trockenstandorte. Artenreich Charakter verleihen. und von besonderer botanischer Bedeutung ist allerdings Die beiden Hütten auf der Sässliegga sind in einem guten nur die ehemals in den Wald hinauf reichende Fläche ober- Zustand – offenbar soll die Alp weiterhin bestossen werden. halb der Alpgebäude. Die Vegetation ist eher artenarm und grasdominiert, mit Ar- ten der Blaugrashalden und Halbtrockenrasen. Stellenweise scheint viel Hangwasser vorhanden zu sein. Abb. 17 Artenreicher Halbtrockenrasen mit Arten der Blau- grashalde auf Gafadura Abb. 19 Garselli

Abb. 18 In den Halbtrockenrasen auf Gafadura finden zahlreiche Orchideenarten ihren Lebensraum Abb. 20 Sässliegg Das zwischen Sässliegga und Garselli liegende Alpgebiet Bargella Wasserböda wird wahrscheinlich nur noch extensiv genutzt. Es ist stärker verbuscht als die Sässliegga. Durch Murgänge – Gemeinde Triesenberg und starke Erosion am Rande des Branntawintobels geht zu- – Gesamtfläche Alp: 243.8 ha, davon TWW 47.2 ha nehmend Weideland verloren. An den nordostexponierten, – 6 Teilobjekte (C. Mayer) schattigen Hängen wurde keine TWW-Vegetation gefunden. – Karte siehe Abb. 21 Garselli liegt in einer weiten ostexponierten Hangmulde zwi- schen 1500 und 1800 m. Das Weidegebiet ist nicht abgezäunt Bargella liegt sowohl rheintal- als auch saminatalseitig und und auf allen Seiten von lichtem Wald und dichten Legföh- verfügt an seinen west- bis südwestexponierten Hängen renbeständen umgeben. Während an den südostexponierten und vor allem an seinen im Land einzigartig grossflächigen Hängen sehr schöne, artenreiche Bestände der Blaugrashal- Südhängen über äusserst günstige Bedingungen für Tro- den zu finden sind, ist die Vegetation im mittleren, flacheren ckenvegetation. So finden sich im Gebiet Stümpa, Böda und Teil der Alp schwieriger einzuordnen: Im hügeligen Gelände Wengi ausserordentlich schöne und artenreiche Blaugras- bilden trockene und magere Bestände auf den Kuppen und halden von beeindruckender Ausdehnung. Selbst im Unter- Fettweiden in Muldenlage ein eng verzahntes Mosaik. Der wuchs der lockeren Baumbestände, welche das Weidegebiet Einfachheit halber wurden diese Bestände in einem Objekt durchziehen, ist ausschliesslich Trockenvegetation anzutref- zusammengefasst und nur die Lägerfluren rund um die Trän- fen. So gehen die Trockenweiden kontinuierlich in Waldwei- kestelle nördlich der Alphütte auskartiert. den über und erhalten in den Übergangsbereichen oftmals 41 In Randbereichen der Alp dringen Legföhren ins Weidege- einen parkartigen Aspekt. Lediglich im Bereich der Tränken, biet vor. Während abgelegene Teile der Alp bereits stark ver- wo die Mutterkühe mit ihren Kälbern lägern, sind kleinräu- buscht sind und wahrscheinlich kaum noch beweidet werden, mig Fettweiden anzutreffen. Die Aufrechte Trespe Bromus wurden die vordringenden Legföhren am gut erreichbaren erectus ist im Gebiet bis 1660 m anzutreffen. Südosthang im Jahr 2010 stark ausgeholzt. Im nordöstlichsten Teil von Wengi wurden die Legföhrenbe- stände vor einigen Jahren ausgelichtet und das Schnittgut bergseits der stehen gelassenen Legföhren aufgeschichtet. In vielen Fällen haben sich bergseits des Schnittguts Amei- senkolonien angesiedelt.

Abb. 21 TWW-Objekte auf den Alpen Bargella und Garselli Die gegen das Saminatal abfallenden Steilhänge im Gebiet Abb. 24 Legföhren mit Schnittgut und Ameisenhaufen im Lerchaschärm wurden wegen Erosionsgefahr und Übersteil- Gebiet Wengi auf Bargella heit des Geländes von der Bewirtschaftung ausgenommen. Lediglich im untersten Bereich wird eine kleine, isolierte Fläche als Wildheu für die Winterfütterung genutzt (Heu- seil über den Bach). Die Artengarnitur im Lerchaschärm ent- spricht den oben angrenzenden südexponierten Trocken- weiden. Brachezeiger wie das Bunte Reitgras Calamagrostis varia nehmen jedoch überhand und verdrängen zusammen mit den aufkommenden Fichten und Legföhren zunehmend die typischen Arten der trockenen Standorte. UMSETZUNGSHINWEIS: Zur Erhaltung der Biodiversität in diesem für Trockenvegetation ausserordentlich günstigen Gebiet Lerchaschärm, wäre eine gezielte Ausdehnung der Wildheu- nutzung unter Ausschluss der erosionsanfälligen Bereiche sehr wünschenswert. Abb. 25 Aufkommende Fichten im brachliegenden Abb. 22 Trockene Südhänge von Bargella Lerchaschärm 42

Abb. 23 TWW-Objekte auf den Alpen Silum, Bargella sowie Vorder- und Mittlervalorsch. Silum Vordervalorsch

– Gemeinde Triesenberg – Gemeinde Schaan – Gesamtfläche Alp: 41.1 ha, davon TWW 3.5 ha – Gesamtfläche Alp: 134.2 ha, davon TWW 5.3 ha – 3 Teilobjekte (C. Mayer) – 2 Teilobjekte (M. Leibundgut) – Karte siehe Abb. 23 – Karte siehe Abb. 23

Trockene Weiden finden sich auf Silum in den südwestexpo- Das Weidegebiet der Alp Vordervalorsch liegt auf einer Höhe nierten Hanglagen. Mit rund 1500 m liegt Silum im Übergang von rund 1300 und 1800 m. Mit der Alpstrasse auf rund 1370 zwischen den echten Halbtrockenrasen (Mesobromion) der m sind die tieferen Lagen der Alp gut erschlossen. Vom Züg- tieferen Lagen und den Blaugrashalden (Seslerion) der höhe- tobel bis Brandegg ist der Hang des Saminatals vorwiegend ren Lagen. Entsprechend vielseitig ist die Artengarnitur. gegen Nordwesten exponiert und weist daher eine für Ma- Neben den kurzrasigen Trockenweiden finden sich auch ver- gerweiden ungünstige Exposition auf. Mit Ausnahme der schiedene Übergänge zu den trockenen Fettweiden. südwestexponierten Steilhänge der Wildbachgraben, wel- Der ideale TWW-Kartierzeitpunkt auf Silum ist schwierig zu che die Flanke des Schönbergs durchziehen, ist kaum Tro- bestimmen, da das Vieh der Genossenschafter Silum bereits ckenvegetation anzutreffen. Im restlichen Weidegebiet sind im Vorsommer und dann erneut im Herbst hier weidet. Im meist Fettweiden und artenarme Borstgrasweiden vorherr- Sommer dienen die Weiden zudem den Rindern oder Mut- schend. 43 terkühen von Bargella als Zwischennutzung. UMSETZUNGSHINWEIS: Die als Pferdeweide genutzten Flächen UMSETZUNGSHINWEIS: In den nördlichen Flächen sollten die sich schienen sowohl 2010 als auch 2011 stark übernutzt zu sein. stark ausbreitenden Disteln ausgestochen werden. Zur Entlastung der Weide ist eine kürzere Weidedauer an- zustreben.

Abb. 26 Trockenweide auf Silum mit Anrissstelle und Trockenmauer Abb. 28 Pferdeweide im Fölitola mit Trittschäden

Abb. 27 Der Frühlings-Enzian Gentiana verna ist ein typischer Vertreter kalkreicher Trockenrasen. Abb. 29 Trockenweide am steilen Südwesthang von Fölitola Mittlervalorsch Hintervalorsch

– Gemeinde Schaan – Gemeinde Vaduz – Gesamtfläche Alp: 175.3 ha, davon TWW 4.1 ha – Karte siehe Abb. 40 – 2 Teilobjekte (M. Leibundgut) – Karte siehe Abb. 23 Das Gebiet der Alp Hintervalorsch ist weitgehend nordost- und nordexponiert. Die Voraussetzungen für TWW sind eher Das Alpgebiet von Mittlervalorsch weist mit seinen von ungünstig. Gemäss Alpkartierung 2004-2006 sind Fettweiden Nordwest über Nord und Nordost reichenden Expositionen - z.T. in feuchter, vernässter Ausprägung - vorherrschend. Für eher ungünstige Verhältnisse für Trockenvegetation auf. die TWW-Kartierung wurden keine Verdachtsflächen ausge- Vielerorts sind die Weiden zwar kurzrasig, mager und mit schieden, das Gebiet daher nicht begangen und keine Ob- einigen TWW-Arten recht artenreich – wegen dem meist jekte aufgenommen. hohen Anteil von Borstgras oder Fettweiden-Arten können die Bestände aber nicht als TWW-Vegetation angesprochen Abb. 32 Hinter Valorsch, rechts Güschgle werden. Bei Herdstell und Hochegg sind zudem artenarme Borstgrasweiden vorherrschend. Trotz der ungünstigen Exposition ist stellenweise auch 44 TWW-Vegetation anzutreffen: So am Nordwesthang nörd- lich von Under Hötta und sogar am Nordhang oberhalb der Brandegg. Allerdings ist die Vegetation mit Arten der Blau- grashalden, Rostseggenhalden und wechselfeuchter Stand- orte ungewöhnlich und schwierig einzuordnen. Abgelegene Weideteile sind zum Teil mit Fichten- und Lärchenaufwuchs leicht verbuscht. Der wasserzügige Hang neigt zu Hangrut- schen.

Güschgle Abb. 30 Borstgrasrasen auf Hochegg, Ober Hötta (im Hinter- grund Sässliegga) – Gemeinde Balzers – Gesamtfläche Alp: 96.5 ha, davon TWW 27.4 ha – 6 Teilobjekte (M. Leibundgut) – Karte siehe Abb. 40

Das Alpgebiet von Güschgle umfasst die südwestexponierten Hänge des hinteren Valorschtales. Die Voraussetzungen für TWW an den steinigen und sonnigen Steilhängen sind ideal: Mit Ausnahme einiger flacher Hangpartien und der Umge- bung der Güschglehötta weisen praktisch alle beweidbaren Flächen TWW-Vegetation auf. Der Anteil an artenreichen Magerweiden an der gesamten Alpfläche von Güschgle ist mit 28% so hoch, wie auf keiner der anderen Liechtensteiner Alpen. Wahrscheinlich begünstigen wasserdurchlässiger Ge- hängeschutt und Moränenmaterial im Untergrund und die Abb. 31 Brandegg im Mittlervalorsch geschützte, milde Lage die Entstehung von Trockenvegeta- tion. Aufgrund der späten Ausaperung und schlechten Wetter- verhältnisse im Frühsommer 2010 war die Vegetationsent- wicklung zum Zeitpunkt der Begehung noch wenig fort- geschritten. Besonders die Einschätzung des Anteils der Fettweiden-Arten war schwierig – die Bezeichnung der Vege- tationstypen ist daher zum Teil unsicher. Schneeflocht, die tiefstgelegene Weidefläche von Güschgle, liegt auf rund 1400 m. Die steinige Weide ist mit vielen frei- stehenden Einzelbäumen bestanden, darunter auch zahlrei- che Bergahorne. Die nordwestlich angrenzende ehemalige Weidefläche wird heute nicht mehr genutzt und ist stark verwaldet (siehe Bild bei Hintervalorsch). Das Gebiet Halda gehört mit rund 9 ha zu den grösseren Im ganzen Gebiet von Obersäss sind artenreiche Blaugras- Magerweidenflächen des Landes. Der Talhang ist über 100 halden mit einem mehr oder weniger hohen Anteil von Höhenmeter gleichmässig steil und sehr homogen gestaltet. Nährstoffzeigern vorherrschend. In der Umgebung der Die auffallend gut gepflegte und sorgfältig genutzte Weide Güschglehötta, wo das Gelände weniger steil ist, hat es da- ist am oberen Rand von vielen freistehenden mächtigen Ein- gegen auch grössere Fettweideflächen. Die Abgrenzung der zelbäumen bestanden, die den Eindruck einer offenen Park- TWW-Vegetation war hier schwierig, da Fett- und Magerwei- landschaft verleihen. den fliessend ineinander übergehen oder im hügeligen Ge- Das Weidegebiet Obersäss erstreckt sich von 1500 m bei lände in einem kleinräumigen Vegetationsmosaik miteinan- der Güschglehötta bis auf knapp 1800 m unterhalb der Rot der verzahnt sind. Der Einfachheit halber wurden die Flächen Wand. Mit rund 11 ha ist es eine der grössten Magerweide- mit einem Anteil von mehr als 50% Magerweide in einem flächen des Landes. Im unteren Teil wird die Weide sehr gut Objekt zusammengefasst. gepflegt, Weideunkraut wird offenbar regelmässig gemäht Das Weidegebiet Bleika liegt rund 200 Höhenmeter ober- und entfernt. Oberhalb des Weges nach Bleika im oberen halb der Güschglehötta, am Weg von Guschg nach Guschg- Drittel des Objekts ist dagegen viel Fichtenjungwuchs in der fiel. Die Weide ist mit vielen freistehenden Fichten bestückt. Weide vorhanden. Aufgrund der Steilheit soll dieser Teil der Die Abgrenzung der Trockenweiden war auch hier wegen Weide aufgelassen werden, was aber aus botanischer Sicht der fliessenden Übergänge zu Fett- und Borstgrasweiden einen Verlust an wertvoller Trockenvegetation bedeuten und aufkommender Verbuschung schwierig. Oberhalb der würde. Trockenweide wurde zudem das steile Gelände mit Lärchen 45 Unterhalb der Rot Wand sind die Übergänge zwischen Wald aufgeforstet und mit Dreibeinböcken stabilisiert. und Weide fliessend.

Abb. 33 Hinter Valorsch, Güschgle, Guschgfiel Abb. 35 Schneeflocht

Abb. 34 Südlicher Teil von Güschgle: Obersäss und Rot Wand Abb. 36 Bleika Guschgfiel Die Übergänge zwischen Wald und Waldweide sind fliessend. Weite Teile der Weide sind mit Einzelbäumen oder lichtem – Gemeinde Balzers Wald bestanden. Am Südosthang des Hanaköpfle gehen die – Gesamtfläche Alp: 383.9 ha, davon TWW 39.5 ha Blaugrashalden in artenarme Borstgrasweiden über. – 13 Teilobjekte (M. Leibundgut) Auch die südexponierten Hänge am Fuss des Galinakopfs – Karte siehe Abb. 40 weisen schöne TWW-Vegetation auf. Während die Weideflä- chen bei Täle sehr offen und homogen sind, ist das oben an- Das Alpgebiet von Guschgfiel ist sehr weitläufig und um- grenzende Weidegebiet von Legföhren und aufkommendem fasst mit den Alpteilen Matta im Süden und Küematta/Täle Wald geprägt. im Norden zwei grosse Geländekammern, die durch die Viele Erika-Sträucher vermitteln einen Zwergstrauch-Aspekt. Mattaförkle voneinander getrennt sind. Im Gegensatz zum Zwischen den Legföhren wird stellenweise Weideland durch tiefergelegenen Güschgle, welches ausschliesslich steile Süd- Ausholzen freigehalten. Im westlichen, oberen ist die Weide west-Hänge aufweist, ist das Gelände sehr vielseitig: Neben wieder offener. Wegen fliessender Übergänge war die Ab- süd- bis westorientierten Hängen sind auch nordwestexpo- grenzung zu artenarmen Borstgrasweiden schwierig. nierte Lagen vorhanden. Riethötta ist der entlegenste und tiefstgelegene Alpteil von Besonders abwechslungsreich ist die Vegetation im Alpteil Guschgfiel. Das Gelände ist sehr unübersichtlich, die Vegeta- Matta. Im nur leicht geneigten Gelände zwischen Mattahötta tion wechselt zwischen Fett- und Borstgrasweiden, kleinen 46 und Mattaförkle sind ausgedehnte Feuchtgebiete vorhan- Flachmooren und Trockenrasen. den (Rietle). Am steinigen und flachgründigen Südosthang Auch am westorientierten Hang zwischen Täle und Halda fin- Uf der Rota Wand ist dagegen typische TWW-Vegetation mit den sich immer wieder Flächen mit TWW-Vegetation, aller- schönen Blaugrashalden anzutreffen. Vom Rand her breiten dings meist nur kleinflächig und verstreut. Einzig bei Halda, sich zunehmend Legföhren aus. südlich der Guschgfiel-Hütte, wurde eine grössere, zusam- Südlich der Mattahötta, wo Versickerungstrichter ein sehr menhängende TWW-Fläche kartiert. Diese ist zwar nicht hügeliges Gelände mit unterschiedlichsten Expositionen abgezäunt – viel Streue im Unterwuchs und aufkommende geschaffen haben, hat sich ein vielfältiges Vegetationsmo- Legföhren lassen aber vermuten, dass die Fläche kaum noch saik entwickelt: Auf trockenen Kuppen finden sich kleinflä- beweidet wird. Wahrscheinlich wird das Gebiet durch die chige Blaugrashalden und Zwergsträucher, in Mulden dage- Lawinentätigkeit offen gehalten. Weil die Rostseggenhalde gen Fettweiden oder Hochstauden. artenreich ist (z.B. schöne Bestände von Pedicularis rostra- Am west- und nordwest-exponierten Hang unterhalb Ross- tocapitata), wurde trotz fehlender Nutzung ein TWW-Objekt boda ist die Vegetation schwierig einzuordnen. Der Hang abgegrenzt. apert wahrscheinlich recht spät aus. So war die Weide An- fang Juli noch wenig entwickelt und sehr kurzrasig. Obwohl Abb. 38 Rietle, Uf der Rota Wand, Mattaförkle die Vegetation stellenweise einen Schneeobden-Aspekt auf- weist und viele Alpenrosen-Sträucher vorhanden sind, wurde ein TWW-Objekt abgegrenzt. Das unterhalb der Strasse di- rekt angrenzende Teilobjekt liegt auf den Ausläufern von Trockenschuttkegeln, die sich Richtung Rietle ausbreiten. Das tiefstgelegene Weidegebiet dieses Alpteils bei Zwöschet- bech auf 1600 m ist im untersten Teil beinahe flach. Obwohl der Anteil an Fettweide-Arten hier relativ hoch ist, wurde das ganze Gebiet zu einem TWW-Objekt zusammengefasst. Die Weide ist mit vielen Einzelbäumen bestanden, stellen- weise auch mit Legföhren leicht verbuscht. Die grössten TWW-Flächen im nördlichen Teil der Alp Guschg- fiel liegen an den südorientierten Hängen des Hanaköpfle.

Abb. 37 Guschgfiel, Hanaköpfle Abb. 39 Zwöschetbech Guschg vielen mächtigen Einzelbäumen über. Zäune schliessen die Weide nach oben ab. Am Hangfuss, wo das Gelände zuneh- – Gemeinde Schaan mend flacher und hügeliger wird, bilden Trocken- und Fett- – Gesamtfläche Alp: 450.1 ha, davon TWW 49.6 ha weidenvegetation ein Mosaik, welches in einem Teilobjekt – 16 Teilobjekte (M. Leibundgut, C. Mayer) zusammengefasst wurde. – Karte siehe Abb. 45 Der Alpteil Sass wird von speziellen geologischen Verhältnis- sen geprägt. Einsturz- und Versickerungstrichter, die beson- Ähnlich wie Guschgfiel ist auch die Alp Guschg sehr weit- ders im Gebiet Flua in grosser Zahl vorhanden sind, schaffen läufig und vielgestaltig. Das Weidegebiet reicht von Stach- ein aussergewöhnlich bewegtes Relief mit einer abwechs- lerboda auf 1400 m bis auf den Schönberg auf 2100 m. Der lungsreichen Vegetation. Vielerorts sind kleine Tümpel und von West nach Ost verlaufende Grat zwischen Stachlerkopf Feuchtgebiete vorhanden. Die Lokalnamen Löcher und Wei- und Sassförkle teilt das Alpgebiet in zwei unterschiedliche erböda weisen auf diese Verhältnisse hin. Ein grosser Teil des Hälften. Während die Hänge im südlichen Teil weitgehend Alpgebiets wird von lichtem Wald und Legföhren-Beständen nach Süden orientiert und steil sind, ist die weite Gelände- geprägt. Freistehende Bäume im Weidegebiet vermitteln mulde im nördlichen Teil gegen Osten und Norden orientiert. den Eindruck einer Parklandschaft. Im offenen Weideland Die Alphütten von Sass und Guschg sind mit Alpstrassen gut sind Fettweiden vorherrschend. Grössere TWW-Flächen wur- erschlossen. den nur auf Tschugga und Obersass gefunden, wo die arten- Die tiefstgelegenen Weideflächen auf rund 1400 m bei Stach- reichen Magerweiden direkt an Flachmoore grenzen. 47 lerboda liegen direkt an der Strasse nach Malbun. Praktisch Die grössten Trockenrasen der Alp Guschg finden sich am der ganze Südwesthang entlang dem Malbunerbach weist Südosthang des Schönbergs. Die unterste, gleich nördlich Trockenvegetation auf. Die Vegetation ist mit wechselnden der Guschger Hötta gelegene Fläche beim Sautobel, reicht Anteilen von Arten der Halbtrockenrasen, Blaugrashalden von rund 1550 m bis auf 1800 m und gehört mit 12 ha zu und Rostseggenhalden (Mesobromion, Seslerion, Caricion den grössten Magerweiden des Landes. Der lockere Baum- ferruginea) sehr heterogen. Stellenweise ist viel alte Streu bestand mit mächtigen, freistehenden Fichten und Baum- vorhanden, oft zusammen mit Saumarten wie Origanum vul- gruppen auf der ganzen Weide verleiht dem Gebiet einen gare (Origanetalia), was auf eine Unternutzung in abgelege- parkartigen Charakter. Besonders im mittleren Teil, etwa auf nen Weideteilen hinweist. Dichte Bestände von Carex flacca der Höhe der Hütte, sind Quellaufstösse und Vernässungen (Molinion) lassen auf wechselfeuchte Verhältnisse schliessen. vorhanden, welche die Vegetation bereichern. Während in Bergwärts geht das offene Weideland in Waldweide mit der oberen Hälfte des Objekts, wo der Hang nach Südosten orientiert ist, TWW-Vegetation vorherrschend ist, sind in der unteren, nach Osten exponierten Hälfte mehr Einschlüsse Abb. 40 TWW-Objekte auf den Alpen Güschgle, Guschgfiel, Hintervalorsch von Fett- und Borstgrasweiden vorhanden. Im Gebiet Oksatola schaffen Gehänge- und Moränenschutt Abb. 41 Sassförkle, Göra, Guschg, Schönberg im Untergrund ein abwechslungsreiches Kleinrelief mit vie- len Kuppen, Mulden und Rinnen und ganz unterschiedli- chen Expositionen. Trocken- und Magerweiden, Fettweiden und Zwergsträucher bilden ein Vegetationsmosaik, welche zusammengefasst in einem Teilobjekt kartiert wurden. Die Abgrenzung gegen Magerweiden ohne TWW-Qualität am angrenzenden nordostexponierten Hang war stellenweise schwierig. Ein sehr weitläufiges TWW-Objekt zieht sich vom Rossboda auf 1800 m bis auf den Gipfel des Schönbergs auf 2100 m. Am ostexponierten Hangfuss des Stachlerkopfs finden sich grosse flach auslaufende Trockenschuttkegel. Die Vegetation auf dem sehr flachgründigen, steinigen Boden ist auffallend kurzrasig und hat zum Teil Schneeboden-Charakter. Am obe- ren Rand des Objekts sind viele Alpenrosenstauden einge- Abb. 42 Weierböda streut. 2010 wurde am unteren Objektrand, wo Legföhren 48 zunehmend ins Weideland vordringen, stark ausgeholzt und entbuscht. Am angrenzenden Südosthang Richtung Schönberg nehmen geschlossene Legföhrenbestände grosse Flächen ein. Dazwi- schen eingestreut finden sich aber überall offene Weideflä- chen mit sehr schönen Blaugrashalden. Diese kurzrasigen Trockenweiden setzen sich bis zur Grathöhe und zum Gipfel des Schönbergs fort. Auch das Gebiet Göra wurde nach Trockenvegetation abge- sucht. Vom Grat des Ochsenkopfs, der aus sehr brüchigem Do- lomit aufgebaut ist, dringen Trockenschuttkegel und frische Murgänge mit grossen Schuttströmen weit ins Alpgebiet vor. Zudem haben Lokalgletscher in der letzten Eiszeit mehrere kleine Moränenwälle zurückgelassen, die im Gelände heute Abb. 43 Oksatola noch sichtbar sind. Göra bedeutet gemäss dem Liechtenstei- ner Namenbuch «schlechtes, kaltes, unwohnliches Gemach oder Haus; elende, alte Wohnung; alte, baufällige oder halb verfallene Hütte; kalte Stube». Möglicherweise geht der Lokalname auf die ungünstigen klimatischen Verhältnisse zurück: In der nach Nordwesten orientierten Hangmulde bleiben Schnee und wahrscheinlich auch kalte Luft lange liegen, so dass die Standortbedingungen für die Vegetation ungünstig sind. Sie wird vor allem durch Legföhren, Zwerg- sträucher, vereinzelte kleine Fichten und eingestreute Weide- flächen geprägt. Weiter unten, Richtung Undergöra, werden die Legföhren von lichtem Wald abgelöst. Die Rasenvegeta- tion ist schwierig einzuordnen: Sie ist vielerorts auffallend kurzrasig und hat Schneeboden-Charakter. Sie wurde nicht als TWW-Vegetation eingestuft. Abb. 44 Rossboda, Brand, Schönberg Im nach Westen angrenzenden Alpgebiet Nachtsäss sind Fettweiden vorherrschend. Sücka Die Trockenweiden grenzen nach oben an grössere Wind- wurfflächen. Deren Arten- und Strukturvielfalt wirkt sich – Gemeinde Triesenberg positiv auf die Artenvielfalt der Weiden aus (Tagfalter, Repti- – Gesamtfläche Alp: 132.5 ha, keine TWW lien, u.a.). Zahlreiche umgekippte Wurzelteller, Baumstrünke und Totholz innerhalb der Weiden sorgen zudem für weitere, Das Alpgebiet von Sücka ist vorwiegend gegen Osten expo- sehr wertvolle ökologische Nischen. Gegen unten ist ein kon- niert und weist ungünstige Voraussetzungen für Trocken- tinuierlicher Übergang der Trockenweiden zu den Fettwei- standorte auf. Es wurden keine TWW-Objekte abgegrenzt. den vorhanden. Im nordost-exponierten Gebiet Dürraboda, welches nach Eine besondere Trockenweide findet sich auf Moränenmate- TWW-Vegetation abgesucht wurde, sind artenarme Fett- und rial unterhalb der Alpstrasse nördlich des Zügtobels. Das Ge- Borstgrasweiden vorherrschend. Artenreiche Trockenweiden lände ist hier nur schwach geneigt, besteht aber aus zahlrei- sind nur kleinflächig und zerstreut anzutreffen. chen kleinen Buckeln. Die Vegetation ist ein kleinräumiges Mosaik aus Trockenzeigern auf den Buckeln und Fettzeigern in den Mulden. Grosssteg Abb. 46 Grosssteg mit den oben angrenzenden trockenen – Gemeinde Triesenberg Rüfi-Weiden – Gesamtfläche Alp: 151.6 ha, davon TWW 7.0 ha 49 – 5 Teilobjekte (C. Mayer) – Karte siehe Abb. 45

Das Alpgebiet Grosssteg liegt auf der geographisch rechten Saminatalseite auf rund 1300 m und ist weitgehend süd- west- bis westexponiert. Trockene Weiden finden sich fast ausschliesslich auf kalkreichem Gehängeschutt in den oberen südwestexponierten Hanglagen. Hier sind kurzrasige, arten- reiche Halbtrockenrasen im Übergang zu den Blaugrashal- den der höheren Lagen anzutreffen. Diese höhenbedingte Übergangssituation bringt einen besonderen Artenreichtum mit sich. Abb. 45 TWW-Objekte auf den Alpen Guschg, Bärgi und Gross- und Kleinsteg Kleinsteg Bärgi

– Gemeinde Triesenberg – Gemeinde Triesenberg – Gesamtfläche Alp: 162.2 ha, davon TWW 5.1 ha – Gesamtfläche Alp: 96.1 ha, davon TWW 15.6 ha – 1 Teilobjekt (M. Leibundgut) – 4 Teilobjekte (C. Mayer) – Karte siehe Abb. 45 (nur nördlicher Teil des Alpgebiets – Karte siehe Abb. 45 abgebildet) Die von weit her einsehbaren steilen Alpweiden von Bärgi Das Alpgebiet von Kleinsteg umfasst den flachen Talboden liegen auf einer Höhe von 1700 bis 2000 m. Die Expositionen bei Grund und den markanten Geländerücken von Ofanegga, sind vielfältig und reichen von Südost über Süden und Wes- direkt hinter der Alpsiedlung von Kleinsteg. Auf halber Höhe ten bis nach Nordwesten. Mit Ausnahme der nordwestexpo- hat ein lokaler Gletscher nach der letzten Eiszeit zwei Sei- nierten Lagen finden sich Trockenweiden in allen Expositio- tenmoränenwälle zurückgelassen, welche auch heute noch nen. Dabei handelt es sich um sehr schöne, arten- und struk- gut erkennbar sind. Der markante, von weither sichtbare turreiche Blaugrashalden von beeindruckender Ausdehnung. Westhang weist vom Hangfuss bis zur Gratkante schöne Die grossflächig zusammenhängenden Trockenweiden wer- Trockenrasen auf. Stellenweise ist die Schlaffe Segge Carex den von zahlreichen lockeren Baumbeständen durchzogen, flacca zahlreich vertreten und deutet auf wechselfeuchte welche der Weide gelegentlich einen parkartigen Aspekt 50 Verhältnisse hin. Der Übergang zu Fettweiden – vor allem in verleihen. den flacheren Partien am Hangfuss – ist fliessend. Die Trockenweidenvegetation an der Westflanke ist inho- Südlich von Kleinsteg setzt sich der Westhang fort, die Wei- mogener, das Gelände schroffer, skelettreicher und erosi- defläche zwischen flachem Talgrund und Waldrand wird onsanfälliger. Es ist ein Lawinenanrissgebiet. Stadler (2004- aber immer schmaler. Auf den Trockenschuttkegeln unter- 2006) schlägt für diesen Bereich eine Nutzungsaufgabe halb der Felswand von Hahnenspiel wechseln sich Fett- und vor. Aus Sicht der Artenvielfalt wäre eine vollständige Nut- Trockenweiden ab. Es sind aber keine genügend grosse, zu- zungsaufgabe und die damit einhergehende Verbuschung sammenhängende TWW-Flächen vorhanden. Das Gebiet ist und Verbrachung des Gebietes ein grosser Verlust. Bei der für das Vieh sehr gut zugänglich und wird früh im Jahr und Begehung 2011 lag die Westflanke bis Läubanastei noch sehr intensiv beweidet. innerhalb des Weideperimeters, während der nördlich an- Das Weidegebiet von Schwemmiwald am gegenüberliegen- grenzende Westhang Zügi offensichtlich seit einigen Jahren den Talhang ist vorwiegend gegen Nordosten exponiert und brach liegt. Zwischen Brandegga und Schönberg (nordwes- weist ungünstige Voraussetzungen für Trockenstandorte auf. texponiert) findet sich ein Mosaik aus brachen Blaugrashal- Im Gebiet Schwemmi, welches nach TWW-Vegetation abge- den in Kuppenlage und artenarmen Rostseggenhalden in sucht wurde, sind artenarme und meist moosreiche Fett- und den frischeren Runsen. Borstgrasweiden vorherrschend. Stellenweise sind die Wei- Neben artenreichen Blaugrashalden finden sich auf Bärgi den wechselfeucht und sehr orchideenreich. Zwar wurde auch verschiedene Fettweiden und ausgedehnte Borstgras- auch TWW-Vegetation gefunden, allerdings kleiner als die weiden. Letztere vor allem zwischen Oberläger und Hindera Minimalfläche. Es wurden daher keine TWW-Objekte abge- Sattel. grenzt.

Abb. 48 Artenreiche Blaugrashalden auf der Westseite Abb. 47 Kleinsteg, Ofanegga von Bärgi Pradamee halde im Wechsel mit einer hochstaudigen Saumvegetation, welche von Berg-Laserkraut und Breitblättrigem Laserkraut – Gemeinde Vaduz dominiert wird. – Gesamtfläche Alp: 368.8 ha, davon TWW 18.8 ha – 9 Teilobjekte (M. Leibundgut, C. Mayer) – Karte siehe Abb. 55 Abb. 49 Hahnenspiel, von Girastein bis Nospitz

Das Alpgebiet von Pradamee wird durch den Grat zwischen Kirchlespitz und Nospitz in zwei Hälften mit sehr unter- schiedlichem Charakter getrennt. Während in der westlichen Hälfte steile Westhänge vorherrschen, ist die östliche Hälfte weniger steil und gegen Osten und Nordosten orientiert. Die Südwesthänge des Hahnenspiels werden als Rinderweide genutzt oder liegen brach. Vielerorts sind geschlossene Legföhrenbestände vorherrschend, in den tieferen Lagen kommt Wald auf. Wo das Gelände offen geblieben ist, sind meist schöne Trockenrasen anzutreffen. An der Nospitzhalda, wo viele Hangrutsche vorhanden sind, 51 und auf den intensiver beweideten Flächen bei der Prada- meehöhi sind Fettweiden und artenarme Borstgrasweiden Abb. 50 Nospitzhalda, Pradameehöhi vorherrschend. Das Gebiet «I da Tanna» wird heute nicht mehr genutzt. Wahrscheinlich ist es ein beliebtes Wild-Ein- standsgebiet. Im jetzigen Zustand – mit verschiedenen Ge- büschstadien, aufkommendem Wald, Fels- und Geröllpartien und offenen Rasenflächen – ist das Gebiet sehr strukturreich und ökologisch wertvoll und wurde daher trotz fehlender Nutzung als TWW-Objekt abgegrenzt. Die grösste zusam- menhängende TWW-Fläche liegt am Fuss des Girasteins, ei- ner sehr markanten, überhängenden Felswand mit interes- santer Felsvegetation und Gemsläger unter der Balm. Auch hier wird nicht mehr geweidet. Obwohl im Unterwuchs viel Streu vorhanden ist und Gräser dominieren, ist die Vegeta- tion noch immer sehr artenreich. Abb. 51 I da Tanna, Hochwart Pradamee Ost umfasst das Weidegebiet westlich von Mal- bun inklusive Vaduzertäli. Ebenfalls zu Pradamee gehört die südwestexponierte Weide gegenüber dem Jugendhaus. Das Alpgebiet reicht von rund 1400 bis 2000 m. Es verfügt mit seinen grossräumig nach Osten und Nordosten ausgerich- teten, nicht sehr steilen Hanglagen über eher ungünstige Voraussetzungen für Trockenweiden. Die gute Erschliessung und die geringe Geländeneigung ermöglichen zudem ein grossflächiges Ausbringen von Gülle. So dominieren auf Pradamee Fettweiden, welche in schattigen Lagen von Hoch- stauden und Grünerlen abgelöst werden. Auch artenarme Borstgrasweiden sind anzutreffen. Trockenrasen finden sich vereinzelt in den steilen, gehölzrei- chen Randbereichen der Weiden wie etwa am Hang westlich Abb. 52 Vaduzer Täli mit Hochegg und Ruchhalda der Alpgebäude (zumeist Waldweide) oder am nach Osten abfallenden Steilhang unterhalb der Bergstation Hochegg. Die Vegetation wechselt zwischen artenreichen Blaugrashal- den in trockenen Kuppenlagen und Rostseggenhalden in den frischeren Mulden oder Schattenlagen. Immer beigemischt sind Arten der Fettweiden und der Saumgesellschaften. Die Trockenweide unterhalb der Bergstation Hochegg geht Richtung Ruchhalda kontinuierlich in eine Brache über. Der Untergrund ist hier sehr skelettreich und zur Beweidung ungeeignet. Aus botanischer Sicht ist die Ruchhalda jedoch bemerkenswert (TWW-Vegetation). So findet sich hier eine ausgedehnte, äusserst artenreiche und üppige Rostseggen- Sareis Turna

– Gemeinde Triesenberg – Gemeinde Triesenberg – Gesamtfläche Alp: ca. 267 ha, davon TWW 17.8 ha – Gesamtfläche Alp: ca. 340 ha, davon TWW 22.1 ha – 1 Teilobjekt (M. Leibundgut) – 8 Teilobjekte (C. Mayer) – Karte siehe Abb. 55 – Karte siehe Abb. 55

Die von Sareis zum Sareiser Joch nach Südosten verlaufende Der Perimeter von Alp Turna umfasst die beweideten Hänge Wasserscheide zwischen Liechtenstein und Österreich trennt im Talhintergrund von Malbun. Er reicht von der Schnee- das Alpgebiet von Turna und Sareis. Während die Alp Turna flucht bis zum Bergtäli und umfasst alle Expositionen von am Westhang mit Strasse und Seilbahn sehr gut erschlossen Südwest über West und Nord bis hin zu Nordost. Die Höhen- ist, fehlen auf der Alp Sareis am Osthang Erschliessungsstras- ausdehnung reicht von rund 1500 m in der Schneeflucht bis sen. Alphütten sind nur noch bei Säss vorhanden. Sieben auf- auf 2000 m auf dem Sareiserjoch. Der Untergrund besteht gelassene Hausplätze von Alpgebäuden in der Nähe von Non- in den steileren Lagen vorwiegend aus kalkreichem, wasser- boda lassen auf eine ehemals intensivere Alpnutzung schlie- durchlässigem Gehängeschutt, in den flacher auslaufenden ssen. In den Alpteilen Säss, Chalbergrad, Burst und Schupfa Bereichen dominiert Moränematerial. (südlicher Teil des Osthangs) sind ausgesprochen artenarme Trockenweiden finden sich – ausser in Nordexposition – an 52 Borstgrasweiden vorherrschend. Das flachere Gelände rund allen Hanglagen auf Turna. Die Artengarnitur verändert sich um Schupfa wird zudem von sehr grossflächigen Lägerfluren jedoch mit den expositionsbedingten klimatischen Verhält- mit Alpen-Ampfer und Alpen-Kreuzkraut dominiert. nissen. So finden sich in den warmen, gut besonnten und Im nördlichen Teil des Osthangs mit den Alpteilen Arala, Sa- flachgründigen Hanglagen der Schneeflucht, der Bleika und reis und Nonboda sind ausgedehnte Trockenrasen vorhan- der Windegga sehr arten- und blumenreiche Blaugrashalden. den. Mit knapp 18 ha findet sich hier die grösste zusammen- Die Bestände liegen zumeist in den weniger intensiv genutz- hängende TWW-Fläche des Landes. Die Abgrenzung war ten, von Fichten bzw. Legföhren durchzogenen Randberei- ausserordentlich aufwendig, weil flachere Hangpartien mit chen und in den obersten Hanglagen. Nicht von ungefähr Fett- und Borstgrasweiden, vernässte Stellen oder Lägerflu- gilt der Fürstin-Gina-Weg als botanisches Juwel. Die gross- ren auskartiert werden mussten (der Umfang des Objekts flächigen, intensiver genutzten westexponierten Weiden auf beträgt 12 km!). Steilere Stellen sind häufig mit Legföhren der Windegga werden von Borstgras Nardus stricta domi- oder Zwergsträuchern bestanden. Bei Nonboda, wo Leg- niert, was auf ausgehagerten und oberflächlich versauerten föhren zunehmend ins Weideland vordringen, wurde 2010 Boden schliessen lässt. stark ausgeholzt. Die Weide ist sehr weitläufig und nicht mit Nördlich der Alpgebäude von Turna können Übergänge von Weidezäunen unterteilt. Es sind Wasserfassungen und Trän- den Blaugrashalden zu den kälteresistenteren Polsterseg- kestellen vorhanden, aber kein Stall. Randbereiche werden genrasen beobachtetet werden. Die Arten- und Strukturviel- wahrscheinlich nur sehr extensiv genutzt. falt in dieser nordwestexponierten Hanglage ist gross. Die Wechselnde Anteile von Blaugras- und Rostseggenhalden Vegetation ist sehr niedrigwüchsig, oftmals lückig und stufig prägen die Vegetation. Im aussergewöhnlich weitläufigen und wird von Arten dominiert, welche an rauhe klimatische und unübersichtlichen Objekt war die Beurteilung der Vege- Verhältnisse wie kurze Vegetationszeit, Wind und Kälte, häu- tationstypen schwierig. Insgesamt überwiegt aber der As- figes Durchfrieren und wieder Auftauen des flachgründigen pekt der Rostseggenhalde. Bodens, geringe Sonneneinstrahlung u.a. angepasst sind. Anpassungen können in einer niederliegenden, verholzten Wuchsform bestehen (Silberwurz, Herzblättrige Kugelblume, Feld-Thymian, Stumpfblättrige Weide, Netz-Weide), oder sich in Rosetten (Schaft-Kugelblume), Polstern (Polster-Segge,

Abb. 54 Artenreiche und bunte Blaugrashalde zwischen Mal- Abb. 53 Sareis, Blachtahüttli bun und Sareis Blaugrüner Steinbrech, Frühlingsmiere) oder Horsten (Horst- Weil an den Westhängen beim Hahnenspiel und am Nospitz Segge, Blaugras) zeigen. Neben diesen den Bestand aufbau- recht schöne Trockenvegetation vorhanden ist, wurde auch enden Arten findet sich eine breite Palette subalpiner und das südlich angrenzende Gebiet von Gärtle, Hundstal und alpiner Arten kalkreicher Rasen- und Schuttgesellschaften. Winkelmess nach TWW abgesucht. stellenweise vorgefun- Regelmässig eingestreut sind Feuchtigkeitszeiger wie die dene TWW-Vegetation liegt jedoch brach oder erreicht die Mehlprimel, die Kelch-Liliensimse, der Alpen-Hahnenfuss erforderliche Minimalfläche nicht. Die abgezäunte Weide (sehr kältetolerant) oder die Rost-Segge. am Gipfelhang der Tälihöhi weist zwar schöne TWW-Vege- tation auf, liegt aber oberhalb der Waldgrenze und wurde daher nicht aufgenommen. Gritsch

– Gemeinde Schaan – Gesamtfläche Alp: 343.0 ha, davon TWW 4.7 ha – 1 Teilobjekt (M. Leibundgut) – Karte siehe Abb. 60

Das Alpgebiet von Gritsch umfasst die nach Westen orientier- ten Hänge von Augstenberg über Bettlerjoch bis Naafkopf. Abb. 56 Alp Gritsch 53 Der grösste Teil des Weidegebiets liegt oberhalb der Wald- grenze über 1900 m und damit oberhalb der TWW-Kartie- robergrenze. Einzig an den Südhängen bei Höhmad wurde ein TWW-Objekt abgegrenzt. Die Vegetation wird von Ar- ten der Rostseggenhalden geprägt. Es sind aber auch Ele- mente der Blaugrashalden und Borstgrasrasen vorhanden. Stellenweise ist recht viel Gelber Enzian als Weideunkraut vorhanden. Am Westhang zieht ein Ausläufer des TWW-Ob- jekts weiter, hier ist die Vegetation aber deutlich fetter. Im angrenzenden Naaftal und wahrscheinlich zum Teil auch am Höhmad weidete 2010 eine grosse Pferdeherde.

Abb. 55 TWW-Objekte auf den Alpen Pradamee, Turna und Sareis Valüna ein FV-Index hätte vergeben werden können. Auffallend ist die stellenweise starke Verunkrautung der Weiden mit – Gemeinde Triesen Germer, Gelbem Enzian und Alpen-Greiskraut (Veratrum al- – Gesamtfläche Alp: 501.1 ha, davon TWW 7.9 ha bum, Gentiana lutea, Senecio alpinus). Die Weideunkräuter – 7 Teilobjekte (M. Leibundgut) sollten mit einer geeigneten Weidepflege zurückgedrängt – Karte siehe Abb. 60 werden. (Dietl: «Weisser Germer ist ein Zeichen für zu wenig und zu spät genutzte Alpweiden. Zur Bekämpfung müssen Das Valünatal zieht sich von Steg über rund fünf Kilometer die Pflanzen über mehrere Jahre hinweg zweimal jährlich in gerader Linie Richtung Südosten. Die geografisch rechte geschnitten werden. Das Schnittgut sollte zusammengenom- Talseite wird zwischen Kleinsteg und Retta auf halber Höhe men werden, da der Germer giftig ist. Bei blühenden Pflan- von einem zerklüfteten Kalkfelsband durchzogen. Wo Stein- zen kann man sich das Abschneiden sparen, da der Germer schlag- und Lawinengefahr es erlauben, werden die steilen, ca. 8 Jahre wächst, dann blüht und abstirbt.») weitgehend bewaldeten Trockenschutthänge und -kegel am Die weniger steile geografisch linke Seite des Valünatals eig- Fuss der Felswand als Alpweiden genutzt. Die Standortbedin- net sich gut für die alpwirtschaftliche Nutzung. Aufgrund der gungen für Trockenweiden sind auf dem nach unten flacher nordostexponierten Lage wurden hier aber keine Trocken- werdenden, südwestexponierten Talhang günstig. Der Un- weiden gefunden. Fettweiden und artenarme Borstgraswei- tergrund ist steinig, flachgründig und wasserdurchlässig, das den sind vorherrschend. 54 Gelände mit alten Murgangwällen und Schuttkegeln sehr bewegt. Die offenbar recht nährstoffreichen, frischen Bö- den begünstigen ein kleinräumiges Mosaik von artenreichen Fettweiden in Muldenlagen und an flachen Stellen und Tro- ckenvegetation auf Kuppen und steilen Hängen. Die Abgren- zung von TWW-Objekten in diesem Gelände ist aufgrund der dauernd wechselnden Verhältnisse schwierig. Die im Vergleich mit den Magerweiden bei Steg auffallend üppige Vegetation weist Elemente der Halbtrockenrasen (Mesobromion), Blaugrashalden (Seslerion), Rostseggen- halden (Caricion ferrugineae) und wechselfeuchter Wiesen (Molinion) auf. Mit der Höhenlage zwischen 1400 und 1500 m liegt das Valüna im Übergangsbereich zwischen den Halb- trockenrasen der tieferen Lagen und den Blaugrashalden der Abb. 58 Weideunkräuter höheren Lagen. Die stetig vorhandenen Arten der Rostseg- genhalden weisen auf die frischen, nährstoffreichen Verhält nisse hin. Auffallend ist auch die fast überall und stellenweise in grosser Dichte anzutreffende Carex flacca, welche auf wechselfeuchten Böden gedeiht. Als Besonderheit sind die Arten der Buntschwingelhalden (Festucion variae) zu erwäh- nen, die regelmässig anzutreffen sind (Biscutella laevigata und Hieracium hoppeanum) – dieses Trockenrasen-Element ist auch in den Trockenwiesen von Triesenberg (Stärnabärg, Silum) häufig vertreten. Wegen der wenig fortgeschrittenen Vegetationsentwicklung wurden bei der Kartierung mögli- cherweise nicht alle FV-Arten erfasst (z.B. Dianthus superbus oder Helictotrichon pratense), so dass in einzelnen Fällen

Abb. 57 Valüna Abb. 59 Breita Zog Älple Abb. 61 Älple mit Aufforstung am oberen Rand, im Hinter- grund Hahnenspiel und Stachlerkopf – Gemeinde Triesenberg – Gesamtfläche Alp: 123.0 ha, davon TWW 2.4 ha – 2 Teilobjekte (M. Leibundgut) – Karte siehe Abb. 60

Das Gebiet von Älple (oder Alpelti) ist von Sücka her mit ei- ner Alpstrasse gut erschlossen. Mit Ausnahme der flachen Partien bei Böda in der Umgebung der Hütte umfasst das Alpgebiet ausschliesslich steile, nach Nordosten orientierte Hänge. Viele Hangrutsche, Grünerlengebüsche und üppige Hochstaudenvegetation sind Hinweise für wasserzügige Bö- den. Um den rutschgefährdeten Steilhang zu sichern und Lawinenanrisse zu verhindern, wurde der oberste Teil des Hanges aufgeforstet und mit Dreibeinböcken gesichert. Abb. 62 Älple Im nur noch extensiv genutzten Waldweidegebiet Richtung Grathöhe, welches nach oben nicht abgezäunt ist, sind auch 55 artenreiche Trockenweiden zu finden, die mit Lärchen und Grünerlen durchsetzt sind. Es handelt sich um üppige, hoch- wüchsige Rostseggenhalden (Caricion ferruginea), welche interessanterweise viele Arten der Buntschwingelhalden aufweisen (Festucion variae).

Abb. 60 TWW-Objekte auf den Alpen Gritsch, Valüna, Gap- fahl, Älple und Wang Wang/Münz/Platta Gapfahl

– Gemeinde Triesen – Gemeinde Balzers – Gesamtfläche Alp: 111 ha, davon TWW 4.8 ha – Gesamtfläche Alp: 178.6 ha, davon TWW 11.2 ha – 5 Teilobjekte (M. Leibundgut) – 5 Teilobjekte (C. Mayer) – Karte siehe Abb. 60 – Karte siehe Abb. 60

Das Alpgebiet von Wang liegt am west- und nordwestexpo- Die Alp Gapfahl liegt auf der geografisch linken Valünatal- nierten Gipfelhang von Kolme und Goldlochspitz zwischen seite auf einer Höhe von 1700 bis 2000 m. Das Alpgebiet 1700 und 1900 m. Die Alp ist sehr abgelegen und nicht er- wird im Süden vom Kolme, im Westen von Goldlochspitz schlossen. Stadler (2004-2006) empfiehlt in seiner Arbeit zur und Rappastein und im Norden vom Hochspeler begrenzt. standortgemässen Nutzung die Aufgabe der Alp. Lediglich im Osten öffnet es sich gegen das Valünatal und Im Hauptweidegebiet rund um die Alphütte bei Wanghalda fällt hier in mehreren Stufen gegen die Alp Valüna ab. Güns- sind Fettweiden und artenarme Borstgrasweiden vorherr- tige Voraussetzungen für magere Weiden bieten vor allem schend. Stellenweise ist viel Rasen-Schmiele vorhanden, das die süd- bis südostexponierten Hanglagen. So finden sich in einen geringen Futterwert hat. Richtung Grathöhe sind zer- der Rappasteinhalda und dem Troskahäldele ausgesprochen streute Flächen mit TWW-Vegetation zu finden, sie erreichen artenreiche, üppige und auf frische Standortverhältnisse 56 aber die erforderliche Minimalfläche nicht. Einzig im Wei- deutende Rostseggenhalden. In diesen Weiden immer gut degebiet Hobel wurde ein kleines, schönes und artenreiches vertreten sind auch Arten der Fettweiden. Wechselt die Ex- TWW-Objekt vom Typ der Rostseggenhalden abgegrenzt. position von Ost nach Nordost, nehmen die Fettweidenarten Die Mähwiese im Gasenzawald auf 1450 m ist zu klein und überhand (insbesondere der Alpen-Liebstock Ligusticum mu- weist keine TWW-Vegetation auf. Der zu Wang gehörende, tellina, und die Trollblume Trollius europaeus). tiefer gelegene und besser erschlossene Alpteil Münz/Platta Eine interessante Magerweide findet sich auch im Abhang wurde bereits im Rahmen der Kartierung der tieferen Lagen «Underem Rucha Kopf». Hier wechseln artenreiche Blaugras- 2008/09 aufgenommen. Bei Gorn wurde ein grosses zusam- halden (trocken, kalkreich) mit Rostseggenhalden (frisch, menhängendes TWW-Objekt von 3 ha abgegrenzt. kalkreich) kleinräumig ab. Dazwischen finden sich immer wieder Übergänge zu den Borstgrasweiden und Aspekte der Buntschwingelhalden. Sowohl Borstgrasrasen als auch Buntschwingelhalden weisen auf trockene, kalkarme (aus- gelaugte) Bodenverhältnisse hin. Keine TWW-Vegetation findet sich am ausgedehnten Süd- Abb. 63 Wanghalda, Heubüal hang des Kolma und auf Obersäss. Hier dominieren arten- arme Borstgrasweiden. In den flachen Bereichen sind Läger- stellen vorhanden. Stadler empfiehlt, den anfallenden Mist auf den Lägerstellen von Obersäss zusammen zu nehmen und auf die angrenzenden, geneigteren und gut verbesser- baren mageren Flächen zu verteilen. UMSETZUNGSHINWEIS: Die Massnahme sollte nicht innerhalb der TWW-Perimeter zur Anwendung kommen.

Abb. 65 Blick auf die südostexponierten Hänge mit Rostseg- genhaldenvegetation auf Gapfahl (Vordergrund zu frisch und Abb. 64 Murmeltier in Trockenweide auf Gapfahl nährstoffreich) Lawena

– Gemeinde Triesen Abb. 67 Lawena, Blick Richtung Tuassegg und ins Rheintal – Gesamtfläche Alp: 746.2 ha, davon TWW 22.0 ha – 14 Teilobjekte (M. Leibundgut) – Karte siehe Abb. 660

Das Alpgebiet von Lawena umfasst den ganzen Talkessel vom Mittagspitz über Falknis und Grauspitz zum Plasteikopf, Rappastein und Koraspitz. Es ist die südlichste und grösste Alp des Landes. Mit der Alpstrasse von Triesen durch das Tuas- und Lawenatobel ist das Alpgebiet zwar gut erschlossen, die Anfahrt ist aber ausgesetzt und dauert lange. Die Steilhänge sind offenbar sehr rutschgefährdet: Direkt oberhalb der Alp- hütte bei Lawena hat ein grosser Hangrutsch im Jahr 2005 viel Weideland zerstört. Es wurden nur die südwestorientierten Hänge zwischen Abb. 68 Rinderpleika Demmera und Rappastein nach TWW-Vegetation abgesucht. 57 Während im Waldweidegebiet in der näheren Umgebung der Alphütten Fettweiden und artenarme Borstgrasweiden vorherrschen, sind in den entlegenen Weideteilen Richtung Hochwald auch artenreiche Trockenweiden anzutreffen. Die Vegetation ist auffallend hochwüchsig, üppig und artenreich. Meist sind Arten der Rostseggenhalden (CF) und Nährstoff- zeiger (AE) gut vertreten. Stets sind auch einige auffällige Saumarten wie Türkenbund, Fingerhut oder Laserkraut vorhanden. Weil das Weidegebiet sehr weitläufig ist, sind abgelegene Randbereiche verbuscht. In den höheren Lagen im Gebiet der Rinderpleika, wo der Verbuschungsdruck kleiner ist, sind dagegen sehr schöne

Abb. 66 TWW-Objekte auf der Alp Lawena offene Rasenbestände vorhanden, welche am unteren Rand 6 Fazit und Hinweise zur Umsetzung des Objekts noch hochwüchsig sind, aber gegen oben zuneh- mend kurzrasig und artenreicher werden. Auf dem Felssporn Trockene Alpweiden sind ein von Mensch und Tier geschaffe- bei Punkt 1930 sind seltene Arten wie die Feuerlilie (Lilium nes, ökologisch wertvolles Natur- und Kulturgut. Das Liech- bulbiferum) und Arten der Buntschwingelhalden (FV) zu tensteiner Alpgebiet verfügt über einen reichen Fundus an finden. An den Steilhängen Richtung Rappastein geht die artenreichen und zum Teil sehr grossflächigen Trockenwei- TWW-Vegetation weiter, die Kartierung wurde aber auf rund den. So konnten rund 30% der produktiven Weideflächen 1900 m an der Kartierobergrenze abgeschlossen. als Trockenweiden kartiert werden. Gründe für dieses erfreu- Auf mittlerer Höhe zwischen 1700 und 1800 m bei Schafegg, liche Resultat sind in den günstigen Standortbedingungen Föligraba und I da Stein sind steilere Hangpartien zum Teil (Klima, Geologie, Boden, Exposition) und der entsprechend ausgezäunt. Trotz der wahrscheinlich fehlenden Nutzung extensiven Bewirtschaftung zu suchen. Für gute Rahmenbe- wurden hier TWW-Objekte abgegrenzt, weil die Vegetation dingungen sorgen zudem das Kunstdünger- und Pflanzen- mit Arten der Rostseggenhalden, Saumarten und Hochs- schutzmittelverbot von 1992 und die laufende Anpassung taudenfluren sehr speziell und artenreich ist. Hier wurden der Bestossung und Weideführung an die natürlichen Stand- zudem aussergewöhnlich grosse und schöne Bestände des ortverhältnisse gestützt auf die Alpkartierung 2004-2006. Im Nordischen Drachenkopfs (Dracocephalum ruyschiana) ge- Zuge der Umsetzung der standortgerechten Nutzungskar- funden. tierung wurden Steillagen, Bacheinhänge, Hänge mit Erosi- 58 Die südlichsten TWW-Flächen der Alp Lawena liegen im Tal- onsansatz, wasserzügige Lagen u.a. von der Bewirtschaftung kessel von Demmera (mundartliche Bezeichnung für trüb, ausgenommen. Hier soll die natürlich aufkommende Vegeta- dämmerig, dunkel), der von Geröllhalden und wilden Fels- tion (Legföhrengebüsche, Zwergsträucher, Fichtenwald) zur wänden umgeben ist. Das Gebiet wird nur noch als Schaf- Stabilisierung des Geländes zugelassen werden. Bei diesen weide genutzt. Die Rasen sind im Gegensatz zu den restli- ausgezäunten Flächen handelt es sich in manchen Fällen um chen TWW-Flächen auf Lawena kurzrasig und steinig, Arten artenreiche Trockenrasen, welche bis anhin durch Rodung der Blaugrashalden sind vorherrschend. Dank weiterer Arten und Beweidung offen gehalten wurden. der Rostseggen- und Buntschwingelhalden sind die Bestände Wird die Beweidung aufgegeben, verbrachen und verbu- recht artenreich. Die TWW-Vegetation setzt sich Richtung schen diese Flächen und die typischen, lichtbedürftigen Ar- Plasteikopf fort, das Objekt wurde aber am Weg auf rund ten der Trockenweiden verschwinden. Inwieweit dies gezielt 1960 m nach oben abgeschlossen. zugelassen werden soll, muss in Zusammenarbeit von Land- und Forstwirtschaft und Naturschutz abgewogen werden. Vorliegendes Inventar liefert eine aktuelle Übersicht über die Trockenweiden im Alpgebiet und kann als Instrument zur Festlegung von Nutzungsgrenzen, Priorisierung und Einsatz von finanziellen und personellen Mitteln dienen. Dem Amt für Wald, Natur und Landschaft liegt zudem eine Bewertung und Rangierung der kartierten Trockenweiden vor. Dies er- möglicht eine Unterteilung der Trockenweiden in national, regional oder lokal bedeutende Objekte. Begrenzte Mittel zur Erhaltung und Förderung der Trockenweiden können so gezielt eingesetzt werden. Rechtliche Grundlagen zur Umsetzung der Trockenweiden im Alpgebiet fehlen bis anhin. Ob der Weg über eine An- passung der Verordnung über die Ausrichtung von Bewirt- schaftungsbeiträgen zur Erhaltung der Magerwiesen vom 22. Oktober 1996 oder über Anpassungen in den Spezialverord- nungen zum Landwirtschaftsgesetz vom 11.12.2008 führt, ist noch offen. Der Zweck sollte darin bestehen, die Trockenwei- den im Alpgebiet unter Berücksichtigung einer nachhaltigen Land- und Waldwirtschaft zu schützen und zu fördern. Trockenweiden werden definiert durch das Vorhandensein bestimmter Pflanzenarten. Sie stehen in einem direkten öko- logischen Zusammenhang zu ihrem Standort. Der Standort wird bestimmt durch Standortfaktoren wie Geologie, Nei- gung, Exposition, Klima, Meereshöhe, Boden sowie durch die Bewirtschaftung. Bei der Umsetzung des vorliegenden Inventars empfiehlt es sich, neben den kartierten botani- schen Werten in Form von Vegetationseinheiten und Arten- listen auch die jeweiligen Standortfaktoren zu berücksich- tigen. Nur wenn die Nutzung standortgerecht ist, kann die Trockenweide ihre Artenvielfalt, ihre Struktur und Stabilität halten bzw. entfalten und bewirtschaftungsbedingten Erosi- Anschrift der Autorinnen onen, Bodenverdichtungen etc. nachhaltig standhalten. In den beiden Kartierjahren 2010 und 2011 wurden lokal Mary Leibundgut einige stark übernutzte Weiden angetroffen. Die Weiden Bonstettenstrasse 5 wurden offensichtlich zu lange oder zu früh genutzt. Hier CH-3012 Bern wären entsprechende Empfehlungen zum Weideregime von alpwirtschaftlicher Seite her sehr wünschenswert. Cornelia Mayer Tüfenacker 38 LI-9488 Schellenberg 7 Literatur

ALLEMANN, F. (2002): Erläuterungen zur geologischen Karte des Fürs- tentums Liechtenstein (1985). Hrsg: Regierung des Fürstentums Liechtenstein. BROGGI, M.F., WALDBURGER, E. & R. STAUB (2006): Rote Liste der gefähr- deten und seltenen Gefässpflanzen des Fürstentums Liechtenstein. Naturkundliche Forschung im Fürstentum Liechtenstein. Band 24, 40 S. DIETL, W., Eidgen. Forschungsanstalt für landwirtschaftlichen Pflan- 59 zenbau, Zürich Reckenholz, Vortrag zum Thema: Alpweide – ihre Pflege und Nutzung. http://www.zalp.ch/archiv/zalps/zero/ze_we.html DIPPNER, M., LEIBUNDGUT, M., MAYER, C. (2013): Trockenwiesen und –wei- den der tiefen Lagen im Fürstentum Liechtenstein. Ber. Bot.-Zool. Ges. Liechtenstein-Sargans-Werdenberg, Band 37. EGGENBERG, S., DALANG, T., DIPNER, M., MAYER, C. (2001): Kartierung und Bewertung der Trockenwiesen und –weiden von nationaler Be- deutung. Schriftenreihe Umwelt Nr. 325, Hrsg: Bundesamt für Um- welt, Wald und Landschaft (BUWAL), Bern, 252 S. STADLER, F. (2003): Sömmerung von Schafen im Fürstentum Liechten- stein - Ökologische Grundlagen. Büro BSN, Flüeli-Ranft. Bericht im Auftrag des Amtes für Wald, Natur und Landschaft sowie des Landwirtschaftsamtes des Fürstentums Liechtenstein. STADLER, F. (2004-2006): Standortgemässe Bewirtschaftung und Bestossung der Alpen im Fürstentum Liechtenstein, Büro BSN, Flüeli-Ranft. Bericht im Auftrag des Amtes für Wald, Natur und Landschaft sowie des Landwirtschaftsamtes des Fürstentums Liechtenstein. WALDBURGER, E., PAVLOVIC, V., LAUBER, K. (2003): Flora des Fürstentums Liechtenstein in Bildern. Haupt-Verlag, Bern.

Fotonachweis

M. Leibundgut, Abb. Nr.: 1-4, 6, 9, 12-15, 19, 20, 27-39, 41-44, 47, 49-51, 53, 56-59, 61- 63, 67, 68

C. Mayer, Abb. Nr.: 5, 7, 10, 11, 17, 18, 22, 24-26, 46, 48, 52, 54, 64, 65 Anhang

Abb. 69 Übersicht über die Alpen sowie die TWW-Flächen und abgesuchten Gebiete (Verdachtsflächen).

60 Abb. 70 Übersichtskarte Nutzung

61 Abb. 71 Übersichtskarte Vegetationsgruppen

62 RUDOLF STAUB & GEORG AMANN Feuchtgebiete im Talraum des Fürstentums Liechtenstein

63

Rudolf Staub Georg Amann Geboren 1965, Studium der Biologie Geboren 1965, aufgewachsen in Schlins. an der Universität Zürich, Abschluss Studium der Biologie und Erdwissen- 1992. Seit 1993 im Büro für Räumliche schaften (Lehramt) an der Universität Entwicklung und Natur (RENAT) in Innsbruck mit Abschluss im Jahr 1992. Schaan und Buchs. Mitwirkung an Seither freiberufliche Tätigkeit als Bio- diversen Naturwertekartierungen und loge (Vegetationskunde, Wald, Natur- ökologischen Planungen. Vorstands- schutz). Mitarbeit an diversen Vegetati- mitglied der Botanisch-Zoologischen onskartierungen, u.a. am Biotopinventar Gesellschaft Liechtenstein-Sarganser- Vorarlberg. Seit 1999 Beschäftigung mit land-Werdenberg. der Mooskunde. Inhaltsverzeichnis zu sehen. Andere Arten, wie das Drüsige Springkraut sind erst am Anfang ihrer Ausbreitung. Zusammenfassung 64 Massnahmenempfehlungen sollen die zukünftige Erhaltung der Flächen in einem guten Zustand sicherstellen. 1. Ausgangslage 64 1.1 Auftrag/Zielsetzung 64 1.2 Räumliche Verteilung der Feuchtgebiete 65 1. Ausgangslage 1.3 Das NSG Schwabbrünnen-Äscher 66 1.4 Rechtliche Situation 66 1.1 Auftrag/Zielsetzung

2. Methodik 67 Liechtenstein weist noch Feuchtflächen als Reste der ehe- 2.1 Kartierung Schwabbrünnen-Äscher 67 mals ausgedehnten Talrieder auf. Mit Ausnahme der Na- turschutzgebiete Ruggeller Riet (Aufnahmen 1973 & 1993) 3. Ergebnisse 68 und Schwabbrünnen-Äscher (Aufnahme 1977) lagen bisher 3.1 Vegetationsgesellschaften 68 keine detaillierten Vegetationsaufnahmen vor. Die anderen 3.2 Vegetationskarte Schwabbrünnen-Äscher 69 Feuchtflächen im Talraum wurden einzig im Rahmen der In- 3.3 Seltene und gefährdete Pflanzenarten 71 ventarisierung der Naturvorrangflächen Liechtensteins als 64 3.4 Verschilfungsgrad 71 Biotope mit ihrer Artenausstattung beschrieben (BROGGi UnD 3.4 Neophyten 73 PARTnER 1992). Für diese wichtigen Naturwerte liegt die letzte 3.5 Vegetationsveränderung 75 Ansprache damit bereits 20 Jahre zurück. Die Regierung des Fürstentums Liechtensteins hat daher auf 4. Kartierung Ruggeller Riet 1993 76 Antrag des Amtes für Umwelt beschlossen, zur Aktualisie- rung eine flächendeckende Kartierung der Feuchtflächen im 5. Diskussion und Empfehlungen 78 Talraum durchzuführen. Ein wesentlicher Aspekt bildete die 5.1 Zunehmende Eutrophierung – Wiederholung der detaillierten Kartierung von 1977 im NSG Nährstoffeinträge aus der Luft 78 Schwabbrünnen-Äscher. Auf die Wiederholung der Kartie- 5.2 Zunehmende Eutrophierung – rung im Ruggeller Riet wurde vorerst aufgrund der kleine- Fehlende Pufferzonen 78 ren Zeitdifferenz seit der letzten Aufnahme verzichtet. Eine 5.3 Gefährdung durch Neophyten 78 Wiederholung ist zu einem späteren Zeitpunkt geplant. 5.4 Nicht optimierter Unterhalt (Gehölze, Schnittnutzung) 79 Ziele und Arbeitsinhalte waren: – Eine vegetationskundlich einheitliche Ansprache aller 6. Literatur 80 Feuchtflächen im Talraum. – Aktualisierung der weiteren naturschutzfachlichen In- Anschrift der Autoren 80 formationen zu den Feuchtflächen. Anhang: Übersicht der Pflanzengesellschaften 81 – Übernahme der Vegetationsabgrenzungen ins Geogra- fische Informationssystem (GIS) und Überprüfung der Abgrenzungen anhand der Luftbilder. Zusammenfassung – Dokumentation der Veränderungen zwischen 1977 und 2009 im Sinne eines Monitorings im Naturschutzgebiet In den Jahren 2009 bis 2010 wurden die Feuchtflächen im Schwabbrünnen-Äscher. Talraum Liechtensteins im Auftrag des Amts für Umwelt – Aussagen zur Veränderung der übrigen Feuchtflächen kartiert. Ziel war die Aktualisierung des Wissensstandes als gegenüber dem im Biotopinventar von 1992 beschrie- Grundlage für ein langfristiges Monitoring. Im Vergleich mit benen Zustand. früheren Kartierungen konnten zudem langfristige Entwick- – Hinweis zur Entwicklung von besonderen Arten (Sumpf- lungen aufgezeigt werden. gladiole, Sonnentau-Arten, Sibirische Schwertlilie, Duft- Pfeifengraswiesen und Kopfbinsenrieder machen den Gross- lauch). teil der Vegetationsgesellschaften in den Streuewiesen im – Erfassung von Beeinträchtigungen (Verschilfungsgrad, Talraum Liechtensteins aus. Das Naturschutzgebiet Schwab- Neophyten, Verbuschung). brünnen-Äscher hat dabei vor allem für die selteneren Kopf- – Schaffen einer Grundlage, um die Veränderungen zu- binsenrieder eine grosse Bedeutung. Die Flächen konnten künftig besser beurteilen zu können. sich dank Schutzgebietsausweisungen bzw. Magerwiesen- – Abgabe von Nutzungs- und Pflegeempfehlungen für die beiträge an die Landwirtschaft weitgehend halten. einzelnen Flächen. Teilweise ist in den Flachmoorflächen eine Verschlechterung der Vegetation in Richtung nährstoffreichere Standorte, z.B. Hochstaudenfluren, zu beobachten. Vereinzelt besteht auch eine Tendenz zur Verbuschung. Als problematisch ist die zunehmende Ausbreitung von Neo- phyten, wie der Spätblühenden und Kanadischen Groldrute, 1.2 Räumliche Verteilung der Feuchtgebiete Abb. 3 Das Ruggeller Riet ist die grösste zusammenhängende Flachmoorfläche in Liechtenstein. Die Feuchtgebiete konzentrieren sich auf die Ebenen im Liechtensteiner Unterland. Sie bilden die Reste der einst ausgedehnten Rheintalmoore, die in den letzten 250 Jahren über 90 % ihrer Fläche verloren haben (Abb. 1). Unter den verbliebenen Feuchtgebieten nimmt das Ruggel- ler Riet mit einer Fläche von gegen 100 ha eine überragende Stellung ein. Die übrigen Feuchtflächen umfassen rund 80,9 ha. Dabei bildet das Schwabbrünnen-Äscher mit rund 33,2 ha die zweite grössere zusammenhängende Riedfläche im Talraum. An den rheintalseitigen Hanglagen von Liechtenstein sind geologisch bedingt nur wenige kleinflächige Vernässungen vorhanden. Das naturkundlich wichtigste Hangmoor liegt im Gebiet Matilaberg im Bereich des Triesenberger Bergsturzes. Die für die ausgeprägten Vermoorungen auf der gegenüber- liegenden Talseite, z.B. am Grabserberg, verantwortlichen 65 Flyschgesteine sind nur kleinräumig vorhanden, relativ steil gestellt und teils mit durchlässigem Material, z.B. Seiten- moränen des Rheintalgletschers, überschüttet. Die Feucht- Abb. 4 Übersicht der Feuchtgebiete im Liechtensteiner Talraum. flächen des Berggebietes werden in einem eigenen Beitrag behandelt (BEisER & sTAUB 2013). L e g e n d e F euchtgebiete L iechtens tein Abb. 1 Verlustbilanz Streueland in der liechtensteinischen V egetatio ns k artierung R uggeller R iet Rheintalebene (BROGGI 1988). L and es grenze

Abb. 2 Eine Rest-Streuwiese inmitten der Intensivlandwirt- schaft mit Futtermais und Grünlandbewirtschaftung.

2' 0001 ' 000 0 2' 000 Meter 1.3 Das NSG Schwabbrünnen-Äscher 1.4 Rechtliche Situation

Beim 56 ha grossen Naturschutzgebiet Schwabbrünnen- Die meisten Feuchtflächen sind heute im Magerwiesenin- Äscher handelt es sich um eine Restfläche einer ehemals aus- ventar enthalten und ihre Erhaltung ist über Magerwiesen- gedehnten Riedlandschaft zwischen Schaan und Feldkirch. verträge gesichert. Mit Ausnahme der Naturschutzgebiete Der Grundwasserspiegel liegt hoch und wird hauptsächlich (Ruggeller Riet, Schwabbrünnen-Äscher, Schneggenäule/ von Hangwasser gespiesen. Das Gebiet wurde 1961 als ers- Au, Wisanels, Birka, Matilaberg) liegt jedoch kein offizieller tes Naturschutzgebiet des Landes unter Schutz gestellt. Im Schutzstatus vor. Grundsätzlich benötigen jedoch Eingriffe in September 1977 erfolgte eine Kartierung der Pflanzengesell- Magerstandorte, die über die bisherige landwirtschaftliche schaften im Gebiet durch Fritz Grossmann unter Leitung von Nutzung hinausgehen und zu deren Zerstörung, Beschädi- Frank Klötzli (Grossmann 1977). 1978 ist dazu eine Vegetati- gung, nachhaltigen Störung oder Veränderung des charak- onskarte durch die Liechtensteiner Naturschutzkommission teristischen Zustands führen können, die Bewilligung der herausgegeben worden. Die Vegetationskarte zeigte einRegierung (Gesetz vom 23. Mai 1996 zum Schutz von Natur Mosaik an Vegetationsgesellschaften mit Schwerpunkt bei und Landschaft). Auch aufgrund der relativ hohen Beitrags- den Kopfbinsenrasen, gefolgt von den Pfeifengraswiesen. zahlungen besteht nur ein geringes Interesse für eine Inten- Als durchströmtes Hangmoor unterscheidet sich das Schwab - sivierung. Die Magerwiesenverordnung vom 22. Oktober brünnen-Äscher wesentlich vom Naturschutzgebiet Ruggel- 1996 über die Ausrichtung von Bewirtschaftungsbeiträgen 66 ler Riet, in welchem die Pfeifengraswiesen dominieren (Kap. zur Erhaltung der Magerwiesen regelt dabei die mit den Zah- 4). Eine Besonderheit für Liechtenstein sind die Kalksinter- lungen verbundenen Auflagen. stellen, aus denen das kalkreiche Hangwasser austritt. Das NSG Schwabbrünnen-Äscher beherbergt zahlreiche sel- tene Tier- und Pflanzenarten. Darunter finden sich auch meh- rere Pflanzenarten, die für Liechtenstein nur in diesem Ge- biet nachgewiesen sind, wie der Kleine Wasserschlauch (Utri- cularia minor) oder das Sumpf-Knabenkraut (Orchis palustris) (Waldburger et al. 2003). Bei den Tierarten ist das europaweit prioritär zu schützende Moorwiesenvögelchen (Coenonympha oedippus) zu erwäh- nen, welches hier ein gutes Vorkommen hat und auf be- Abb. 6 Die Feuchtflächen Liechtensteins beherbergen noch stimmte Flachmoor-Vegetationsgesellschaften (Pfeifengras- verschiedene seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten. wiesen, Kleinseggenrieder) angewiesen ist (Staub & Aistleitner 2005). Nachgewiesen ist auch die Helm-Azurjungfer(Coen - agrion mercuriale) (Biedermann 1987), deren Larven sich u.a. in den Sickerstellen der Kalkmoore entwickeln. Sie ist eine prioritäre Art der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie der EU und gilt in den Nachbarländern als vom Aussterben bedroht. Diese Beispiele verdeutlichen die direkte Beziehung zwischen den im NSG Schwabbrünnen-Äscher vorhandenen Vegetati- onsgesellschaften und der an sie gebundenen Tierwelt.

Abb. 5 Das Naturschutzgebiet Schwabbrünnen-Äscher weist eine hohe landschaftliche Qualität auf. Die Vegetationskar- tierung soll die langfristigen Entwicklungen im Gebiet – wie z.B. die Ausbreitung der Goldruten im Bildvordergrund – do- Abb. 7 Das Naturschutzgebiet Schneggenäule weist eine kumentieren und bildet eine Grundlage für die zukünftige landschaftlich attraktive Kombination aus lockerem Föhren- Pflege. wald und Streuewiesen auf. 2. Methodik Die Übergänge der Pflanzengesellschaften sind fliessend. Für die Einstufung und Bezeichnung der Pflanzengesellschaften Die Moorflächen wurden jeweils während der Vegetations- wurden an ausgewählten Stellen Bestandesaufnahmen nach periode zwischen Mai und Juli in den Jahren 2009 bis 2011 Braun-Blanquet durchgeführt. Dies erlaubt zukünftig einen begangen und die Abgrenzung der verschiedenen Vegetati- detaillierten Vergleich mit der vorgenommenen Kartierung. onsgesellschaften im Luftbild eingetragen. Daneben wurde Abb. 9 Kopfbinsenried die Artenausstattung ausgewählter Flächen erfasst. Die un- terschiedenen Vegetationsgesellschaften sind im Anhang im Detail dargestellt. Zusätzlich wurden jeweils im Rahmen einer zweiten Bege- hung im Spätsommer der Verschilfungsgrad und die Verbrei- tung der Neophyten beurteilt. Die Feldaufnahmen erfolgten durch die beiden Autoren. Zur Abstimmung der Ansprache wurden gemeinsame Begehungen an ausgewählten Feucht- flächen durchgeführt. Die Abgrenzungen der rund 700 Teilflächen wurden an- schliessend mit dem Programm Arcgis 9.3 digitalisiert. Abb. 8 Beispiel einer Kartierfläche mit Darstellung der Vege- 67 tationsgesellschaften sowie dem Verschilfungsgrad und der Verbreitung der amerikanischen Goldrutenarten.

L e g e n d e Abb. 10 Pfeifengraswiese Pf eif engras w ies e - A us bild ung mit Sibiris cher Schw ertlilie Mä d es ü s s - H o chs taud enried G o ld rutenbes tand 0/ 5 G o ld ruten/ Schilf - A nteil in Pro zent 20 010 Meter Parzellengrenzen

90/ 0 1/ 0 90/ 0 90/ 0 90/ 0 1/ 0 Abb. 11 Schneidebinsenried

2.1 Kartierung Schwabbrünnen-Äscher

Die detaillierte Kartierung der Pflanzengesellschaften im Schwabbrünnen-Äscher erfolgte durch Georg Amann. Eine erste Begehung und Eintragung der Vegetationsgesellschaf- ten auf Luftbildern wurde im Juni 2009 durchgeführt. Dieser Zeitpunkt erlaubte ein einfacheres Erfassen der Frühblüher. Daneben sind Kopfbinsen- und Kleinseggenrieder zu diesem Zeitpunkt ebenfalls gut ansprechbar. Im August/September wurde die Kartierung überprüft und ergänzt. Der Zeitpunkt ist besonders für die Kartierung der Pfeifengraswiesen geeignet. Dabei wurden auch die Schilf- und Goldrutendichten für die einzelnen Flächen geschätzt. 3. Ergebnisse Im Bereich der organischen Böden (Moorböden, alluvial über- schüttetes Moor) und dem stark wassergesättigten Fahlgley 3.1 Vegetationsgesellschaften (Ebene zwischen Schaan und Mauren) sind aufgrund einer guten Nährstoffversorgung vor allem Hochstaudenfluren Die einzelnen Pflanzenarten sind je nach Lebensraumbedin- und die von Schilf dominierten Landröhrichte typisch. gungen (Feuchte, Nährstoffe, Lichtverhältnisse, Nutzungsart, pH-Wert, etc.) unterschiedlich konkurrenzfähig. In Abhän- Abb. 12 Zusammensetzung der Pflanzengesellschaften in den gigkeit vom Standort finden sich so unterschiedliche Arten- Feuchtgebieten des Liechtensteiner Talraums (ohne die Natur- kombinationen ein. Diese werden zu Pflanzengesellschaften schutzgebiete Ruggeller Riet und Schwabbrünnen-Äscher). Es zusammengefasst. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die dominieren die Hochstaudenrieder und Pfeifengraswiesen. wichtigsten Flachmoorgesellschaften Liechtensteins und ihre Hochstaudenried Standortsanforderungen. Hochmoore kommen in Liechten- 3% Übergangsgesellschaften stein nicht vor. 12% 17% mit Hochstaudenried Landröhricht In den Talmooren Liechtensteins dominieren Hochstauden- Röhrichte und rieder und Pfeifengraswiesen. Der Schwerpunkt der Pfei- 5% 3% Grossseggenrieder fengraswiesen liegt nördlich von Ruggell und im Bannriet Kopfbinsenried zwischen Schaan und . Auf den rheinnahen Allu- Stumpfblütenbinsenried 9% 68 vialböden (Fluvisol) mit relativ guter Abtrocknung sind Pfei- Hochstaudenried Extensivwiesen und 3% fengraswiesen typisch. Das Pfeifengras wird dabei durch die Übergangsgesellschaften Übergänge 12% 17% mit Hochstaudenried1% Pfeifengraswiesen späte Schnittnutzung in seinem Bestand gefördert. Landröhricht Die relative Trockenheit dieser Standorte wurde durch die Röhrichte und Goldruten/ 5% Grossseggenrieder6% (Goldruten/Schilf) Grundwasserabsenkung als Folge der Rheineintiefung zu- 3% Kopfbinsenried Gehölze/ sätzlich gefördert. Dies machte die einfache Umwandlung in 44% Föhrentrockenau Stumpfblütenbinsenried Übrige Acker- oder Grünland mit hoher Fruchtbarkeit möglich und 9% Hochstaudenried Extensivwiesen und führte in der Vergangenheit zur Zerstörung vieler Pfeifen- Übergänge 3% Übergangsgesellschaften1% Pfeifengraswiesen graswiesen. Heute grenzen12% daher teils Ackerland17% und Streue- mit Hochstaudenried wiesen direkt aneinander. Eine Rückführung der Ackerflä- Landröhricht Goldruten/ 6% (Goldruten/Schilf) chen in den ursprünglichen Zustand einer Streuwiese mit Röhrichte und Gehölze/ 5% 44% 3% Grossseggenrieder Föhrentrockenau ihrer typischen Artausstattung ist jedoch nur mehr schwer Kopfbinsenried Übrige

möglich, wie vereinzelte extensivierte Flächen aufzeigen. An Stumpfblütenbinsenried 9% diesen Standorten stellt sich eine Glatthaferwiese teils mit Extensivwiesen und Brachezeigern ein. Übergänge 1% Pfeifengraswiesen

Tab. 1 Pflanzengesellschaften von Flachmooren mit Bezug zu WasserhaushaltGoldruten/ und Nährstoffversorgung (verändert nach (Goldruten/Schilf) ELLENBERG 1963) 6% Gehölze/ 44% Föhrentrockenau Eutroph KalkreichÜbrige oligotroph Kalkarm-oligotroph pH-Wert Ca. 4,5-7,5 Über 7 Ca. 3,8-5,0 Kalkgehalt Mässig bis gross Sehr gross Gering Gehalt an sonstigen Mineral- Gross Gering bis mässig Gering stoffen, Stickstoffversorgung Gut bis sehr gut Schlecht bis mässig Schlecht bis mässig Wasser, sehr nass Schilfröhricht Sehr nass Steifseggenried (Caricetum Schneidebinsenried Schnabelseggenried (Caricetum elatae) (Caricetum marisci) rostratae) Schlankseggenried (Caricetum Fadenseggenmoor (Caricetum gracilis) lasiocarpae) Nass Kopfbinsenried Saure Kleinseggenrieder (Schoenetum-Gesellschaften) Kalk-Kleinseggenried (Caricetum davallianae)

Stumpfblütenbinsenried (Juncetum subnodulosi) Feucht bis mässig nass Feucht- und Nasswiesen Basenreiche Pfeifengraswiese Basenarme Pfeifengraswiese (Filipendulion) (Molinietum-Gesellschaften) (Junco-Molinietum) Trocken bis mässig feucht Glatthaferwiesen Halbtrockenrasen (Mesobrometum) 3.2 Vegetationskarte Schwabbrünnen-Äscher Pfeifengraswiesen (gelb): Mol cd: Pfeifengraswiese mit Da- vallsegge; Mol cd (ce): Pfeifengraswiese mit Davallsegge, Ein wesentliches Ergebnis der Kartierung war eine aktuelle Steifsegge und Fieberklee; Mol ch: Pfeifengraswiese mit Saum- Vegetationskarte des Naturschutzgebietes Schwabbrün- segge, Mol sch: Pfeifengraswiese mit Rostroter Kopfbinse; nen-Äscher. Diese erlaubte den Vergleich mit der Kartierung Mol tr: Pfeifengraswiese mit Echtem Labkraut; von 1977. Kopfbinsenrieder (blau): PS f: Kopfbinsenried mit Rostroter Kopfbinse, PS f (Jusu): Kopfbinsenried mit Stumpfblütenbinse, Abb. 13 Vegetationskarte Schwabbrünnen-Äscher. Erläuter- PS n: Kopfbinsenried mit Schwarzer Kopfbinse; PS n (Clad): ungen: (siehe auch Anhang) Car acu: Steifseggenried; Car Kopfbinsenried mit Schwarzer Kopfbinse und Schneide; PS n dav: Davallseggenriet; Car ela: Steifseggenried; Car ela (men): (Jusu): Kopfbinsenried Ausbildung auf Quelltuff mit Stumpf- Steifseggenried, Ausbildung mit Fieberklee; Car flav: Gelbseg- blütenbinse; PS nf: Kopfbinsenried mit Rostroter und Schwar- gen-Gesellschaft; Cla mar: Schneidebinsenried; Go: Goldruten, zer Kopfbinse; PS nf (Ped): Kopfbinsenried mit Schwarzer Gosch: Goldruten-Schilf; Jun sub: Stumpfblütenbinsenriet; Kopfbinse und Sumpfläusekraut. LyFi: Mädesüss-Hochstaudenried;

L e g e n d e K artierun g 2009 69 Pflanzengesellschaft C ar acu C la mar L y F i Mo l tr PS n ( J us u) C ar d av G ehö lz Mo l cd PS f PS nf C ar ela G o Mo l cd ( ce) PS f ( J us u) PS nf ( C lad ) C ar ela ( men) G o s ch Mo l ch PS n PS nf ( J us u) C ar f lav J un s ub Mo l s ch PS n ( C lad ) PS nf ( Ped )

1 0050 0 1 00 Meter Abb. 14 Das Schwabbrünnen-Äscher weist eine hohe land- Vegetationsveränderung im Schwabbrünnen-Äscher zwischen schaftliche Attraktivität auf. 1977 und 2009

Die Flachmoorfläche des Naturschutzgebietes hat sich zwi- schen 1977 und 2009 um 3,3 Hektaren verringert (von 36,5 ha auf 33,2 ha). Ursachen hierfür sind: Aufwachsen von Gehölzen, Ausdehnung der Gehölzstrei- fen und Waldränder Schaffung einer Weiheranlage Ausbaggerung eines Retentionsweihers für die Nendler Rüfe im nördlichen Teil Ersatzaufforstung im Bereich einer ehemaligen Kohl- distelwiese (entlang der Strasse Schaan-Nendeln)

Die Veränderung erfolgte vor allem an den Moorrändern so- wie entlang der Entwässerungsgräben. Inhaltlich traf es vor Abb. 15 Randlich einwachsendes Gehölz reduzierte die Flach- allem Spierstaudenriedflächen sowie eine Kohldistelwiese. moorfläche zwischen 1977 und 2009 und fast 10%. 70 Pfeifengraswiesen, Kopfbinsenrieder oder das Davallseggen- ried waren nur kleinflächig betroffen. Auch bei den Pflanzengesellschaften war eine Verschiebung feststellbar. So hat sich ein Teil der Kopfbinsenrieder in Pfei- fengraswiesen weiterentwickelt. Es handelt sich v.a. um Randlagen entlang der Entwässerungsgräben. Im nördlichen Teil ist zudem aus Pfeifengraswiesen ein Hoch- staudenried entstanden. Entlang der Gräben hat sich auch die Goldrute auf Kosten der Pfeifengraswiesen ausgebreitet (siehe Kap. 3.4). Die umgekehrte Entwicklung hat vor allem im Plankner Ried stattgefunden, wo grössere Spierstaudenried-Flächen neu den Pfeifengraswiesen zugeordnet werden konnten. Grö- ssere Flächen des ehemaligen Spierstaudenriedes sind heute mit Schilf, Goldruten oder Gehölzen bestanden.

Abb. 16 Zusammensetzung der Vegetationsgesellschaften im Schwabbrünnen-Äscher in % (Erläuterungen siehe Abb. 13).

<1% <1% 3%1% 2% <1% 3% 10% 1% 1% Car acu Car dav

Car ela Car ela (men) 8% 9% Car flav Cla mar

2% Gehölz Go

4% Gosch Jun sub

LyFi Mol cd <1% 9% 3% Mol cd (ce) Mol ch 0% Mol sch Mol tr 1% PS f PS f (Jusu) 3% PS n PS n (Clad) 9% PS n (Jusu) PS nf 8% PS nf (Clad) PS nf (Jusu)

4% PS nf (Ped)

4% 15% 3.3 Seltene und gefährdete Pflanzenarten 3.4 Verschilfungsgrad

Im Rahmen der Kartierung wurden auch Standorte selte- Schilf (Phragmites australis) ist natürlicherweise im Bereich ner und gefährdeter Pflanzenarten erfasst. Dabei ist keine der Schilfgürtel von Stillgewässern typisch (Schilfröhricht). systematische Nachsuche in allen Teilflächen erfolgt. Einige Es ist aber auch eine in den Flachmooren verbreitete Art. In seltene Arten am Beispiel des Schwabbrünnen-Äschers sind: den letzten Jahrzehnten konnte in zahlreichen Flachmooren – Sumpfknabenkraut (Orchis palustris) eine Zunahme des Schilfbestandes beobachtet werden (sog. – Moor-Glanzkraut (Liparis loeselii) Verschilfung). Flächen mit hoher Schilfdichte haben in der – Hellgelbes Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata ssp. Regel einen geringeren Anteil an seltenen und gefährdeten ochroleuca) Pflanzenarten. Die beobachtete Verschilfung wird mit einer – Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica) zunehmenden Eutrophierung in Verbindung gebracht. Schilf – Fieberklee (Menyanthes trifoliata) kann dann dominante Bestände mit nur wenigen Begleitar- – Sumpf-Läusekraut (Pedicularis palustris) ten ausbilden. Um diese vom Schilfröhricht an Stillgewässern – Kleiner Wasserschlauch (Utricularia minor) zu unterscheiden, wurden sie als Landröhricht bezeichnet. – Fadensegge (Carex lasiocarpa) Grossflächig schilffrei sind vor allem intakte Pfeifengraswie- – Skorpionsmoos (Scorpidium scorpidioides) sen und Kopfbinsenrieder, während die Verhochstaudung meist mit einer Zunahme des Schilfanteils verbunden ist. Detaillierte Darstellungen zur Verbreitung der Sibirischen 71 Schwertlilie und der Sumpfgladiole finden sich in BROGGi (2010) und BROGGi (2009).

Abb. 17 Besonderheiten für die Liechtensteiner Pflanzenwelt sind die Sibirische Schwerlilie (oben) oder das Sumpf-Knaben- kraut (unten). Abb. 18 Verschilfungsgrad der Feuchtflächen im Liechtenstei- ner Talraum (ohne Ruggeller Riet) in Prozent. Die Stärke der Farbe gibt den Verschilfungsanteil an.

0 1 5 10 15 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Abb. 19 Stark verschilfte Streuefläche mit geringer Pflanzenvielfalt Abb. 20 Verschilfungsgrad der Feuchtflächen (ohne Ruggeller Riet)

R u g g e l l

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Schaan-Eschen-M auren Verschilfung in Prozent 0 1 5 1 0 1 5 20 3 0 4 0 50 6 0 7 0 8 0 9 0 1 00

B alzers-Triesen

1 ' 000500 0 1 ' 000 Meter 3.4 Neophyten Im NSG Schwabbrünnen-Äscher haben die Goldrutenbe- stände (v.a. die Spätblühende Goldrute Solidago gigantea) In Liechtenstein breiten sich zunehmend Neophyten aus. stark zugenommen. Beschränkten sich die Nachweise 1977 Durch die Bildung von monodominanten Beständen beein- noch auf ein kleines Gebiet südöstlich des Plankner Riedes, trächtigen sie die Artenvielfalt auf den Feuchtflächen. Als ist die Goldrute heute auf grossen Teilflächen anzutreffen. besonders invasiv haben sich die aus Nordamerika stam- Teils bildet sie Dominanzbestände aus. Häufig ist sie an den mende Spätblühende und Kanadische Goldrute (Solidago Grabenrändern des Plankner Riedes. Sie dürfte von den im gigantea, S. canadensis) erwiesen. Stark betroffen ist davon Rahmen des Grabenunterhaltes entstandenen offenen Bo- das Ruggeller Riet (WALDBURGER & sTAUB 2006). Eine Zunahme denstellen profitiert haben. Wird das Material dabei rand- bei der Häufigkeit und Bedeckung zwischen 1994 und 2002 lich am Graben deponiert, entstehen erhöhte und trockenere ist für die Spätblühende Goldrute auch auf Probeflächen im Flächen, die gut von den Goldruten besiedelt werden kön- Ruggeller Riet, Schwabbrünnen-Äscher und Bannriet doku- nen. Die starke Zunahme der Goldrutenbestände im Schwa- mentiert (BERnhARDT 2006). In fast allen Feuchtflächen sind bbrünnen-Äscher hat auch BERnhARDT (2004) dokumentiert. Goldruten vorhanden. Deren Ausbreitung wird durch eine Auf seinen Probeflächen stieg zwischen 1994 und 2002 der fehlende Schnittnutzung und die Störung des Wasserhaus- mittlere Deckungsgrad der Goldruten von 10 auf 70%. halts der Standorte gefördert. Neben den Goldruten ist das Drüsige Springkraut (Impatiens Abb. 23 Anteile der Goldruten (v.a. Solidago gigantea, Spät- glandulifera) in Ausbreitung begriffen. Im Vergleich zur Kar- 73 blühende Goldrute) auf den Teilflächen in % (2009) sowie die tierung 2005 (WALDBURGER & sTAUB 2006) konnte die Art neu in Nachweise von 1977 im Schwabbrünnen-Äscher. drei Feuchtgebieten (Schneggenäuele, Au, Wisanels) nach- gewiesen werden. Nur im Schwabbrünnen-Äscher kommen L e g e n d e der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) und der G o ld rutennachw eis e 1 9 7 7 Japanische Staudenknöterich (Reynoutria japonica) vor. G oldrutenanteil

5% 1 0% Abb. 21 Prozentanteil der Goldruten auf den Flachmoor- 20% flächen (ohne Ruggeller Riet). Rund ein Viertel der Flächen 3 0% 4 0% weisen zumindest kleinere Goldrutenbestände auf. Drei 50% Viertel der kartierten Vegetationseinheiten sind noch frei von 6 0% Goldruten. 7 0% 8 0% > 8 0% 0 1 5 10 20 25 30 40 50 60 70 80 90 100

1 0050 0 1 00 Meter

Abb. 22 Drüsiges Springkraut im Naturschutzgebiet Schneggenäuele/Au im Jahre 2010 Abb. 24 Dichter Goldrutenbestand im Ruggeller Riet Abb. 25 Anteil der amerikanischen Goldrutenarten in den Feuchtflächen (ohne Ruggeller Riet)

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Schaan-Eschen-M auren G oldrutenanteil in Prozent 0 1 5 1 0 20 25 3 0 4 0 50 6 0 7 0 8 0 9 0 1 00

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1 ' 000500 0 1 ' 000 Meter 3.5 Vegetationsveränderungen

Ein Ziel der vorliegenden Feuchtflächenkartierung war die Beurteilung der Veränderung gegenüber dem Biotopinven- Abb. 27 Die Ausbreitung der amerikanischen Goldruten und anderer Neo- tar von 1993. Dies war nur in jenen Fällen möglich, bei de- phyten ist aus Sicht des Naturschutzes unerwünscht. Im Rietle am Schellen- nen starke Vegetationsveränderungen stattgefunden haben berg dominiert die Goldrute bereits den südlichen Teil. oder die Flächen wesentlich reduziert, bzw. erweitert wur- den. Beobachtete Veränderungen waren: – Aus verschiedenen Streueflächen sind Arten verschwun- den. So konnte der Sumpffarn (Thelypteris palustris) nicht mehr angetroffen werden. Am Matilaberg ist der Sonnentau (Drosera rotundifolia) nicht mehr nachgewie- sen (Broggi 2013). – Einzelne Flächen haben in ihrer Ausdehnung abgenom- men (Neugrütt-Entamoos, Bariet-Teiliga). – Bei den Neophyten konnten ebenfalls nur grossflächige Ausbreitungen beurteilt werden. So breitete sich die Gold- rute in den Feuchtflächen Ruggeller Riet, Schwabbrün- 75 nen-Äscher, Birka, Küeferles Tuarbalöcher, Bariet-Tei- liga, Rietle, Schneggenäuele, Wisanels aus. Das Drüsige Springkraut ist derzeit in den Feuchtgebieten Schneggen- äuele, Au und Wisanels zu finden. Aufgrund fehlender Hinweise bei den Artenlisten im Biotopinventar von 1992 kann jedoch von einer allgemeinen Ausbreitungstendenz Abb. 28 Im Randbereich einer Streufläche (hinten) in Balzers konnte durch die in den letzten Jahrzehnten ausgegangen werden. späte Mahd ein monotones Spierstaudenried (vorne) wieder entstehen.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die Feuchtflächen seit der Erfassung im Biotopinventar in ihrer Ausdehnung im Wesentlichen erhalten werden konnten, jedoch verschie- denenorts eine qualitative Verschlechterung des Bestandes und Artenverluste auftraten. eilweise T erfolgte eine Ver- schiebung der Flächen (Verlust ehemaliger Streueflächen und Rückführung angrenzender Flächen). Dabei erweist sich die Rückführung von Intensivwiesenflächen zu artenreichen Streuewiesen als langwieriger Prozess.

Abb. 26 Im Hangried in hat gegenüber der Bio- Abb. 29 In der Binza in Mauren entsteht durch die späte Nutzung langsam topkartierung 1993 eine deutliche Verschlechterung hin zu wieder ein Hochstaudenried. Von einer artenreichen Pfeifengraswiese ist die einer nährstoffreichen Vegetation stattgefunden. Vegetation aber noch weit entfernt. 4. Kartierung Ruggeller Riet 1993 Rohrpfeifengraswiese (Saturejo-Molinietum arundinaceae) Diese Gesellschaft lag 1993 nur noch in Übergangsformen Das Ruggeller Riet ist das grösste Feuchtgebiet Liechtensteins zur Binsen-Pfeifengraswiese vor. und als wichtiges Talflachmoor als RAMSAR-Gebiet ausge- wiesen. Seit 1978 steht das rund 100 ha grosse Gebiet unter Ehemals intensiv bewirtschaftetes Kulturland Naturschutz. Detaillierte Vegetationsaufnahmen erfolgten Viele ehemals intensiv als Acker oder Grünland genutzte im Ruggeller Riet in den Jahren 1972 (Klötzli & Dalang 1972) Parzellen werden heute extensiv bewirtschaftet. Einzelne und 1993 (Leuthold & Meier 1993). Broggi (1994) erstellte eine der Flächen konnten sich zum Spierstaudenried weiterent- vergleichende Auswertung der beiden Vegetationskartierun- wickeln. gen. 1990 wurde eine monografische Darstellung zum Rug- geller Riet publiziert (BZG-Bericht Band 18). Neophyten Die Vegetation des Ruggeller Riets wird von folgenden Vege- Vor allem die beiden amerikanischen Goldrutenarten konn- tationsgesellschaften dominiert (Leuthold & Meier 1993, Broggi ten sich flächig im Ruggeller Riet ausbreiten. 1994): Im Ruggeller Riet zeigt der Vergleich der Kartierung 1993 Kopfbinsenried (Primulo - Schoenetum ferruginei) mit jener von 1972, dass sich die nährstoffzeigenden Hoch- Die Kopfbinsenrieder beherrschen den feuchtesten Teil des staudenrieder auf ehemaligen Pfeifengraswiesenflächen 76 Ruggeller Riets. Ihr Flächenanteil ist über die Jahre abneh- ausdehnten. Die Pfeifengraswiesen konnten sich ihrerseits mend. Die bei Klötzli und Dalang (1972) noch vorhandene auf Flächen der Kopfbinsenrieder etablieren und ihren Flä- typische Ausbildung des Kopfbinsenriedes konnte 1993 nicht chenanteil in etwa halten. Damit hat zwischen 1972 und mehr nachgewiesen werden. 1993 im Ruggeller Riet eine Verschiebung zu Gesellschaften stattgefunden, die nährstoffreichere und trockenere Ver- Binsen-Pfeifengraswiese (Junco-Molinietum) hältnisse anzeigen (Broggi 1994). Die Pfeifengraswiesen dominieren die Vegetation. Je nach Artausstattung wurden unterschiedliche Formen unterschie- den.

Junco-Molinietum Ausbildung mit Dryopteris cristata Der Kamm-Wurmfarn (Dryopteris cristata) besiedelt stau- nasse, torfige Moorböden und war im Ruggeller Riet häufig. Abb. 30 Pfeifengraswiesen dominieren im Ruggeller Riet. Er reagiert empfindlich auf Austrocknung. Die noch 1972 rund ein Fünftel der Riedfläche bedeckende Ausbildung war bereits 1993 kaum mehr vorhanden. Die namengebende Art war 1993 nur mehr aus wenigen Restflächen nachweisbar. Ihr Bestand dürfte zwischenzeitlich weiter abgenommen haben.

Junco-Molinietum Sphagnum-Ausbildung Die auf wenige kleinere Stellen beschränkte Ausbildung konnte sich weitgehend an den Standorten halten.

Junco-Molinietum artenreiche Ausbildung mit Spierstaude (Filipen- dula ulmaria) und Gebräuchlichem Ziest (Stachys officinalis) Diese Ausbildung konnte sich auf Kosten der Ausbildung mit dem Kamm-Wurmfarn (Dryopteris cristata) ausdehnen. Andererseits wurde sie vor allem im östlichen Teil durch das Abb. 31 Massenbestand der Sibirischen Schwertlilie (Iris sibi- Spierstaudenried verdrängt. rica)

Spierstaudenried (Valeriano-Filipenduletum) Zwischen 1972 und 1993 konnte sich das Spierstaudenried auf Kosten der Pfeifengraswiesen stark ausdehnen. Das Spierstaudenried reicht dabei von sehr artenreichen Ausbil- dungen hin bis zu monotonen Schilf/Goldrutenbeständen.

Schneidebinsenried (Cladietum marisci) Als Besonderheit sind kleinere Stellen mit Schneidried-Be- ständen (Cladium mariscus) vorhanden. Abb. 34 Ehemals intensiver genutzte Flächen im Nahbereich Abb. 32 Hochstaudenfluren dominieren weite Teile des Rug- des Ruggeller Riets wurden zwischenzeitlich extensiviert und geller Riets werden heute als Magerwiesen bewirtschaftet.

77

Abb. 33 Vegetationskarte Ruggeller Riet (LEUTHOLD & MEIER 1993)

L e g e n d e

Saturejo - Mo linietum arund inaceae J unco - Mo linietum D ry o p teris cris tata- A us bild ung J unco mo linietum Sp hagnum- A us bild ung J unco - mo linietum artenreiche A us bild ung V aleriano - F ilip end uletum Primulo - Scho enetum f erruginei tro ck ene A us bild ung C lad ietum maris ci I ntens iv K ulturland V erbus cht, T eiche, Ü briges

200 1 00 0 200 Meter 5. Diskussion und Empfehlungen 5.3 Gefährdung durch Neophyten

5.1 Zunehmende Eutrophierung – Nährstoffeinträge Derzeit breiten sich vor allem die beiden amerikanischen aus der Luft Goldrutenarten und neuestens auch das Drüsige Springkraut in den Feuchtflächen aus. Ein hohes Gefährdungspotenzial Die Stickstoffbelastung gilt in Europa als eine der Hauptur- geht zudem vom Japanischen Staudenknöterich (Reynoutria sachen für den Rückgang der Biodiversität von Gefässpflan- japonica) und dem Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzi- zen (Umweltbundesamt o.D.). So überdüngen Stickstoffverbin- anum) aus. Diese beiden Arten konnten sich bisher im Schwab- dungen aus der Luft empfindliche Pflanzengesellschaften brünnen-Äscher etablieren. und versauern schlecht gepufferte Böden. Bis zu drei Viertel Durch ihr Verdrängungspotenzial und ihre Tendenz der Aus- dieser Stickstoffverbindungen stammen aus der landwirt- bildung von Monokulturen beeinträchtigen die Neophyten schaftlichen Tierhaltung. Problematisch ist die Belastungdie Qualität des Pflanzenbestandes und damit auch die Le- für Wälder und natürlicherweise nährstoffarme Standorte. bensraumqualität für viele Tierarten. Die kritische Belastung für Flachmoorgesellschaften (15-35 Eine Bekämpfung macht dort Sinn, wo besonders schüt- kg N pro ha und Jahr) wird dabei vor allem an bisher nähr- zenswerte Pflanzenbestände bedroht sind oder wo mit ge- stoffarmen Standorten überschritten. Eine hohe Stickstoff- ringem Ressourceneinsatz noch eine hohe Wirkung erreicht belastung (Ammoniak) wird auch als mögliche Ursache für werden kann. Dies ist vor allem bei noch nicht etablierten 78 den in Liechtenstein beobachteten Rückgang von Flechten Neophytenbeständen der Fall. Als ideale Bekämpfungsform, in Betracht gezogen (AFU 2011). insbesondere bei Goldruten, gilt die lokale Vernässung der Flächen.

5.2 Zunehmende Eutrophierung – Fehlende Pufferzo- nen

In Liechtenstein besteht keine rechtliche Regelung zu Puf- ferzonen angrenzend an Feuchtflächen. Teils liegen von den Landwirten freiwillig ausgeschiedene Extensivflächen in Abb. 36 Erste spontane Neophytenansiedlungen wie im Neu- Form von ungedüngten, später genutzten Wiesen im Nahbe- grütt-Entamoos können noch an ihrer weiteren Ausbreitung reich der Feuchtflächen. Oft grenzen jedoch intensive Nut- gehindert werden. zungsformen (Ackerbau, Futterbau) direkt an die Streueflä- chen an. Durch die Grundwasserabsenkung wurde an vielen Orten die intensive Nutzung der ehemaligen Feuchtflächen ermöglicht. Vor allem die Pfeifengraswiesenstandorte in Rheinnähe eigneten sich dabei auch für die intensive land- wirtschaftliche Nutzung. Das daraus entstandene Nutzungs- mosaik erhöht das Risiko des seitlichen Nährstoffeintrages. Eine unmittelbar angrenzende ackerbauliche Nutzung er- zeugt zudem die Gefährdung durch verfrachtete Pestizide. Durch die Förderung von landwirtschaftlichen Extensivflä- chen im Nahbereich der Magerwiesen bzw. Pufferzonen ent- lang der Feuchtflächen können diese Stoffeinträge reduziert werden.

Abb. 37 Der Riesenbärenklau hat ein grosses Ausbreitungs- Abb. 35 Dieser Maisacker im Bangserfeld grenzt direkt an potenzial. Er kommt derzeit im Naturschutzgebiet Schwab- eine ökologisch wertvolle Streuefläche mit Sumpfgladiole an. brünnen-Äscher nur randlich vor. 5.4 Nicht optimierter Unterhalt (Gehölze, Schnittnut- Auf den Feuchtflächen bietet sich auch die Möglichkeit, zung) Vegetationsstrukturen über den Winter als Überwinterungs- raum und Deckungsmöglichkeit stehen zu lassen. Bewährt 5.4.1 Gehölze haben sich so genannte Ried-Rotationsbrachen (Gigon & Ro- cker 2010). Diese erhöhen die Überlebenschancen von ver- Tendenziell wachsen Waldränder und Gehölze in die Flächen schiedenen Tierarten im Winter und bieten gleichzeitig not- ein oder Einzelbäume nehmen an Grösse zu. Dadurch verän- wendige Strukturen (z.B. Altschilf) für darauf angewiesene dern sich die Lichtverhältnisse und die Rahmenbedingungen Arten. Ausserhalb der grössten Naturschutzgebiete Ruggel- für die Pflanzenarten. Dies führt zu einer Veränderung im ler Riet und Schwabbrünnen-Äscher finden sich jedoch kaum Pflanzenbestand hin zu schattentoleranteren Arten. solche nicht gemähten Restflächen. Dabei sind verschiedene Es sind daher periodische Eingriffe und Ausholzungsmass- Aspekte zu berücksichtigen (keine Dauerbrachen; nicht an nahmen notwendig, um den typischen Charakter und die Stellen mit Hochstauden, Sträuchern, starker Verschilfung bestehende Artenzusammensetzung der Feuchtflächen zu oder Neophyten; nicht an Standorten mit vielen Orchideen). erhalten. In einzelnen Feuchtgebieten wurde dieser Unter- halt bisher nur sehr zurückhaltend durchgeführt.

5.4.2 Schnittnutzung 79

Die Feuchtgebiete in Liechtenstein werden durch die Land- wirte im Rahmen von Magerwiesenverträgen bewirtschaftet. Die Flächen werden meist vollumfänglich nach dem 15. Sep- tember geschnitten. Ein möglichst später Schnitttermin ist für die Entwicklung vieler Arten günstig. In der Schweiz gilt als frühester Schnittzeitpunkt der 1. September. Der Schnitt nach dem 15. September wird zusätzlich finanziell gefördert. In Österreich gilt bereits der 1. September als zusätzlich för- derwürdiger Schnittzeitpunkt. Der späte Schnittzeitpunkt in Abb. 39 Dicht stehende Baumbestände verändern durch die Liechtenstein ist daher grundsätzlich als positiv zu werten. Er Beschattung die Streuwiesen-Vegetation. ermöglicht dem Duftlauch und Enzianarten eine Versamung. Zudem kann ein grösserer Anteil der Insekten (u.a. der Kleine Moorbläuling) den auf eine hohe Vegetation angewiesenen Teil des Lebenszyklus abschliessen. Einzig bei stark von Ver- hochstaudung und Verschilfung betroffenen Flächen sowie bei Neophytenbeständen kann ein früherer Schnittzeitpunkt sinnvoll sein.

Abb. 38 Einzelne Riedflächen weisen eine starke Ver- Abb. 40 Grossflächig gemähte Riedflächen im Ruggeller Riet. buschungstendenz auf. Es fehlen mögliche Deckungsstrukturen für die Tierwelt. 6. Literatur RhEinBERGER, H.-J. & B. RhEinBERGER (1992): Orchideen des Fürstentums Liechtenstein. Ber. Bot.-Zool. Ges. Liechtenstein-Sargans-Werden-

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MUCinA, L., GRABhERR, G. & T. ELLMAUER (1993): Die Pflanzengesellschaften Österreichs, Teil I-III, Spektrum Akademischer Verlag, 1454 S. Anhang: Übersicht der Pflanzengesellschaften mesotropher Stillgewässer (Teiche, Seen, Altwässer, Gräben, Flussmündungen) beteiligt sind. Wesentliche Grundlagen für die Abgrenzung der Pflanzen- gesellschaften bildeten die Kartierung des Ruggeller Riets (Klötzli & Dalang 1972) und des Schwabbrünnen-Äschers Steifseggenried (Grossmann 1977) sowie die Pflanzengesellschaften Liechten- Steifseggenried – typische Ausbildung steins (Bernhardt 2006, 2008). Bei den kartierten Gesellschaf- (Caricetum elatae Koch 1926) ten werden Querverweise zu Arbeiten sowie den Vegetati- Bernhardt 1997: Steifseggenried (Caricetum elatae) onsbeschreibungen von Bernhardt (Bernhardt 1997) erstellt. Kennart: Carex elata (dominant) Begleiter: Galium palustre, Lysimachia vulgaris, Lythrum sali- caria, Mentha aquatica, Phragmites australis Wasserflächen (Kleingewässer/Stillgewässer) Es handelt sich hier um eine Verlandungsgesellschaft, deren Physiognomie durch die dominante Steifsegge (Carex elata) Die stehenden Wasserflächen in der Talebene sind mit Aus- bedingt ist. nahme des Gampriner Seeleins künstlichen Ursprungs. Sie bieten einer relativ artenreichen Makrophytenvegetation ei- Steifseggenried – Ausbildung mit Fieberklee nen Lebensraum. In verschiedenen Feuchtgebieten wurden (zu Scorpidio-Caricetum dissolutae Braun 1968 gestellt) zudem kleinere Wasserflächen als Laichbiotope für Amphi- Grossmann 1977: Davallseggenried mit Steifsegge (Valeria- 81 bien erstellt. no-Caricetum davallianae mit Carex elata (Nr. 8))

Röhrichte und Grosseggenrieder Sumpfseggen-Gesellschaft (Caricetum acutiformis Eggler 1933) Schilfröhricht an Gewässerufern Bernhardt 1997: Sumpfseggengesellschaft (Caricetum acuti- (Phragmitetum australis Soó 1927) formis) Bernhardt 1997: Schilf-Röhricht (Phragmitetum vulgaris) Kennart: Carex acutiformis (dominant), Kennart: Phragmites australis (dominant) Begleiter: Lythrum salicaria, Lysimachia vulgaris Begleiter: Calystegia sepium, Carex elata, Carex acutiformis, Das Caricetum acutiformis schliesst eine Verlandungsge- Galium palustre sellschaft ein, die stau- oder sickernasse Standorte in der Es handelt sich um artenarme, manchmal nur von Phragmi- litoralen Gewässerzone von Seen, Teichen, Altwässern u.a. tes australis aufgebaute Bestände, die nicht selten als Erst- besiedelt. Es bevorzugt schwach saure, nährstoffreiche Flach- verlandungs-Gesellschaft an der Verlandung eutropher bis moortorfe oder Gleyböden.

Abb. 41 Steifseggenried. Schlankseggen-Sumpf Schneidebinsenried (Caricetum gracilis Almquist 1929) Schneidebinsen-Bestände Kennart: Carex acuta (dominant), (Schneidebinsenried, Cladietum marisci Allorge 1922, Schnei- Begleiter: Galium palustre debinsen-Gesellschaft Mariscetum serrati Zobrist 1935; s. Das Caricetum gracilis ist meist in der planaren und kollinen auch Anmerkungen unten) Stufe ausgebildet. Carex acuta kann in den Beständen bis zu Grossmann 1977: Sumpfried-Röhricht (Nr.12); die von uns kar- 170 cm hoch werden. Die Gesellschaft siedelt in der litoralen tierten Schneidebinsen-Bestände im Bereich der Quelltuffe Zone eutropher oder eutrophierter Gewässer (Seen, Teiche), sind jedoch wohl Nr. 10 zuzuordnen(vgl. Anmerkung Seite wo es vielfach an Phragmites australis-reiche Gesellschaften 40 in Grossmann 1977) grenzt. Eine optimale Entwicklung erreicht das Caricetum Bernhardt 1997: Schneideried (Cladietum marisci) gracilis auf schlammigen Mineralböden mit guter Humus- Kennart: Cladium mariscus (dominant) qualität. Das Schneidebinsenried bildet ein hohes Röhricht auf nassen Böden.

Rohrglanzgrasröhricht (Phalaridetum arundinaceae Libbert 1931) Niedermoore Bernhardt 1997: Rohrglanzgras-Röhricht (Phalaridetum arun- 82 dinaceae) Kopfbinsenried Kennart: Phalaris arundinacea (dominant) Gesellschaft der Rostroten Kopfbinse (Schoenetum ferrugi- Begleiter: Galium palustre, Iris pseudacorus, Lythrum salicaria, nei) und Gesellschaft der Schwarzen Kopfbinse (Schoenetum Poa trivialis, Symphytum officinale nigricantis) Das Phalaridetum arundinaceae kommt sowohl in Auenla- Kennarten: Schoenus ferrugineus/Schoenus nigricans (domi- gen und in Senken, die von schlickreichen Überschwemmun- nant) gen regelmässig überflutet werden, als auch im Litoral eutro- Begleiter: Molinia caerulea (dominant), Campylium stellatum pher Teiche und Kleingewässer vor. In letzteren tritt es oft als (Moos, subdominant), Drepanocladus revolvens s.l. (Moos, Erstverlandungsgesellschaft auf. Durch strömendes Wasser subdominant), Potentilla erecta (subdominant), Equisetum wird die dominante Art gefördert. In stärker austrocknenden palustre, Eriophorum latifolium, Parnassia palustris, Pri- Breichen wird die Gesellschaft ruderalisiert mit Urtica dioica, mula farinosa, Succisa pratensis, Cratoneuron commutatum Calystegia sepium. In Liechtenstein sind diese ruderalisierten (Moos), Potentilla erecta, Tofieldia calyculata (subdominant) Bestände häufig (z.B. an Gewässerufern).

Abb. 42 Kleines Kopfbinsenried am Matilaberg Kopfbinsenried – Ausbildung mit Rostroter Kopfbinse Bernhardt 1997: Gesellschaft der Rostroten Kopfbinse Schoe- [Mehlprimel-Kopfbinsenried, Primulo-Schoenetum ferrugi- netum ferruginei nei, Schoenetum ferruginei Du Rietz 1925] Grossmann 1977: Kopfbinsenried )Primulo-Schoenetum – typi - Kopfbinsenried – Ausbildung mit Schwarzer Kopfbinse und sche Ausbildung (typicum, Nr. 6) (vermutlich teilweise auch Sumpfläusekraut (teilweise + Cl = Fadensegge Carex lasio- noch Primulo-Schoenetum – trocken Nr. 5)) carpa) Bernhardt 1997: Gesellschaft der Rostroten Kopfbinse (Schoe- [Mehlprimel-Kopfbinsenried, Primulo-Schoenetum ferrugi- netum ferruginei) nei, Schoenetum ferruginei Du Rietz 1925] Grossmann 1977: Kopfbinsenried (Primulo-Schoenetum mit Kopfbinsenried – Ausbildung mit Rostroter und Schwarzer Juncus subnodulosus, Cladium mariscus/Carex elata/C.lasio- Kopfbinse carpa (Nr. 10)) [Mehlprimel-Kopfbinsenried, Primulo-Schoenetum ferrugi- Bernhardt 1997: Gesellschaft der Rostroten Kopfbinse Schoe- nei, Schoenetum ferruginei Du Rietz 1925] netum ferruginei Grossmann 1977: Kopfbinsenried (Primulo-Schoenetum – typi - sche Ausbildung (typicum, Nr. 6)) Kopfbinsenried – Ausbildung auf Quelltuff (Schoenus nigri- Bernhardt 1997: Gesellschaft der Rostroten Kopfbinse (Schoe- cans) netum ferruginei) [Gesellschaft der Schwarzen Kopfbinse, Schoenetum nigri- cantis, Junco obtusiflori-Schoenetum nigricantis Allorge 83 Kopfbinsenried – Ausbildung mit Stumpfblütenbinse 1921] [Mehlprimel-Kopfbinsenried, Primulo-Schoenetum ferrugi- Grossmann 1977: Kopfbinsenried (Primulo-Schoenetum – nei, Schoenetum ferruginei Du Rietz 1925] hangnass mit kleinen Tümpeln und Tuffablagerungen (Nr. 9)) Grossmann 1977: Kopfbinsenried (Primulo-Schoenetum – typi - sche Ausbildung (typicum, Nr. 6)) Kopfbinsenried – Ausbildung auf Quelltuff mit Stumpfblü- Bernhardt 1997: Gesellschaft der Rostroten Kopfbinse (Schoe- tenbinse netum ferruginei (tlw. Juncetum subnodulosi ?)) [Gesellschaft der Schwarzen Kopfbinse, Schoenetum nigri- cantis, Junco obtusiflori-Schoenetum nigricantis Allorge Kopfbinsenried – Ausbildung mit Schwarzer Kopfbinse und 1921] Schneide Grossmann 1977: Kopfbinsenried (Primulo-Schoenetum – [Mehlprimel-Kopfbinsenried, Primulo-Schoenetum ferrugi- hangnass mit kleinen Tümpeln und Tuffablagerungen (Nr. 9)) nei, Schoenetum ferruginei Du Rietz 1925] Grossmann 1977: Kopfbinsenried (Primulo-Schoenetum) mit Juncus subnodulosus, Cladium mariscus/Carex elata/C.lasio- carpa (Nr. 10)

Abb. 43 Stumpfblütenbinsenried. Kopfbinsenried – Ausbildung auf Quelltuff mit Schneide Fadenseggenmoor [Gesellschaft der Schwarzen Kopfbinse, Schoenetum nigri- (Caricetum lasiocarpae) cantis, Junco obtusiflori-Schoenetum nigricantis Allorge Bernhardt 1997: Fadenseggengesellschaft (Caricetum lasio- 1921] carpae) Grossmann 1977: Primulo-Schoenetum mit Juncus subnodulo- Kennarten: Carex lasiocarpa (dominant), sus, Cladium mariscus/Carex elata/C.lasiocarpa (Nr. 10) sowie Begleiter: Menyanthes trifoliata (subdominant), Molinia cae- teilweise Primulo-Schoenetum mit Carex elata, Cladium ma- rulea (subdominant), Campylium stellatum (Moos), Carex riscus (Nr. 7) elata, C. flava, C. rostrata, Equisetum fluviatile, Eriophorum angustifolium, Peucedanum palustre, Phragmites australis, Potentilla erecta Stumpfblütenbinsenried [Stumpfblütenbinsenried, Gesellschaft der Stumpfblütigen Binse, Juncetum subnodulosi Koch 1926)] Streuwiesen und Hochstaudenfluren Grossmann 1977: eventuell noch nicht vorhanden, oder zum Kopfbinsenried (Primulo-Schoenetum typicum (Nr. 6)) - ge Pfeifengraswiese stellt? [Nach Mucina et al. 1993 (Pflanzengesellschaften Österreichs) Bernhardt 1997: Gesellschaft der Stumpfblütigen Binse (Jun- kommen im Untersuchungsgebiet folgende Gesellschaften in 84 cetum subnodulosi) Frage: Mitteleuropäische Pfeifengraswiese (Selino-Molinie- Kennarten: Juncus subnodulosus (dominant) tum caeruleae Kuhn 1937), Duftlauch-Pfeifengraswiese (Al- Begleiter: Caltha palustris, Crepis paludosa, Gentiana asclepia- lio suaveolentis-Molinietum Görs in Oberd. ex Oberd. 1983), dea, Carex davalliana, C. flava, C. panicea, Molinia caerulea, Lungenenzian-Streueweise (Gentiano pneumonanthes–Mo- Parnassia palustris, Succisa pratensis, Valeriana dioica. linietum litoralis Ilijanic ex Kuyper et al. 1978). Die Zuord- Die Gesellschaft besiedelt sehr nasse, kalkreiche Niedermoor- nung unserer Pfeifengraswiesen zu einer der Gesellschaften standorte. ist jedoch nach diesem System nicht befriedigend zu lösen.] Kennarten: Molinia caerulea (dominant), Molinia arundinacea (dominant) Davallseggenried Begleiter: Galium boreale, Gentiana pneumonanthe, Selinum [Caricetum davallianae Dutoit 1924] carvifolia, Carex panicea, Euphrasia rostkoviana, Potentilla Bernhardt 1997: Davallseggensumpf (Caricetum davallianae erecta, Prunella vulgaris, Sanguisorba officinalis, Succisa pra- Dutoit 1924) tensis, Iris sibirica Kennarten: Carex davallianae (dominant) Begleiter: C. panicea (subdominant), Briza media, Molinia Pfeifengraswiese – Ausbildung mit Davallsegge caerulea (subdominant), Potentilla erecta (subdominant), [Kalk-Pfeifengraswiese, Niedere Pfeifengraswiese, Stachyo- Campylium stellatum (Moos), Carex flava, Drepanocladus Molinietum Passarge 1964; Pfeifengraswiese Molinietum revolvens s.l. (Moos), Eriophorum latifolium, Equisetum pa- caeruleae Koch 1926) lustre, Juncus alpino-articulatus, Leontodon hispidus, Parnas- Grossmann 1977: Kalkpfeifengraswiese mit Davallsegge sia palustris, Tofieldia calyculata, Valeriana dioica Stachyo-Molinietum caricetosum davallianae (Nr. 3) Das Davallseggenried entwickelt sich auf durchrieselten, sau- Bernhardt 1997: Gilbweiderich-Mädesüss-Flur Lysimachio-Fili- erstoffreichen Böden, oft in Hanglagen. penduletum phragmitetosum – Flachmooraspekt

Pfeifengraswiese – Ausbildung mit Saumsegge Carex flava-Gesellschaft (Kalk-Pfeifengraswiese, Niedere Pfeifengraswiese, Stachyo- Bernhardt 1997: Ges. der Echten Gelbsegge (Carex flava-Do- Molinietum Passarge 1964; Pfeifengraswiese Molinietum minanzgesellschaft) caeruleae Koch 1926) Kennart: Carex flava agg. (dominant) Grossmann 1977: Kalkpfeifengraswiese mit Davallsegge Gesellschaft mit Dominanz der Gelbsegge (Carex flava agg.) Stachyo-Molinietum caricetosum davallianae (Nr. 3) Bernhardt 1997: Gilbweiderich-Mädesüss-Flur Lysimachio-Fili- penduletum phragmitetosum – Niedermooraspekt Übergangsmoore Pfeifengraswiese – Ausbildung mit Rostroter Kopfbinse (Kalk-Pfeifengraswiese, Niedere Pfeifengraswiese, Schnabelseggensellschaft Stachyo-Molinietum Passarge 1964; Pfeifengraswiese Moli- (Caricetum rostratae) nietum caeruleae Koch 1926) Bernhardt 1997: Schnabelseggenried (Caricetum rostratae) Grossmann 1977: Kopfbinsenried Primulo-Schoenetum – tro- Kennarten: Carex rostrata, C. echinata, C. nigra cken (Nr. 5) Begleiter: Eriophorum angustifolium, Menyanthes trifoliata, Bernhardt 1997: «zu den Molinietalia-Gesellschaften gestellt» Molinia caerulea, Potentilla erecta Es handelt sich um eine sehr nährstoffarme Verlandungsge- sellschaft. Pfeifengraswiese – Ausbildung mit Echtem Labkraut Binsen-Pfeifengras-Wiese (Junco-Molinietum) (Kalk-Pfeifengraswiese mit Echtem Labkraut, Hohe Pfeifen- Kennarten: Molinia caerulea (dominant), Juncus conglomera- graswiese, Rohrpfeifengraswiese, Saturejo-Molinietum arun- tus, Juncus effusus dinaceae Dalang 1972; Pfeifengraswiese Molinietum caeru- Begleiter: Agrostis capillaris, Carex nigra, Cirsium palustre, leae Koch 1926) Juncus acutiflorus, Potentilla erecta, Succisa pratensis, Nar- Grossmann 1977: Rohrpfeifengraswiese Saturejo-Molinietum dus stricta, Allium suaveolens serratuletosum – feucht (Nr.2) und trocken (Nr.1) Pfeifengraswiese an sauren Standorten. Bernhardt 1997: z.T. zur trockenen Variante des Lysimachio-Fi- lipenduletum gestellt Hochstaudenried Pfeifengraswiese – Übergang Ausbildung mit Saumsegge Mädesüss-Hochstaudenried und Echtem Labkraut [Gilbweiderich-Mädesüss-Flur, Lysimachio-Filipenduletum Mittlere Subassoziation zwischen den beiden Ausbildungen BAL.-TUL. 1978)] Grossmann 1977: Spierstaudenried (Nr. 13) Pfeifengraswiese – Ausbildung mit Hohem Pfeifengras Bernhardt 1997: Gilbweiderich-Mädesüss-Flur (Lysimachio vul - (Kalk-Pfeifengraswiese mit Echtem Labkraut, Hohe Pfei- garis-Filipenduletum phragmitetosum) fengraswiese, Rohrpfeifengraswiese, Saturejo-Molinietum Kennarten: Lysimachia vulgaris, Filipendula ulmaria arundinaceae Dalang 1972; Pfeifengraswiese Molinietum Begleiter: Angelica sylvestris, Cirsium oleraceum, Epilobium 85 caeruleae Koch 1926) - hirsutum, Mentha longifolia, Valeriana officinalis Meist sehr üppige dichtwüchsige Biotope die von Hochstau- Artenarme Ausbildung der hohen Pfeifengraswiese mit Ech- den und Gräsern dominiert werden und an feucht bis nassen tem Labkraut und gut wasserversorgten Standorten vorkommen. Bestände sind meist Sukzessionsstadien die ohne gelegentliche Mahd Pfeifengraswiese – Ausbildung mit Sibirischer Schwertlilie in andere Gehölzreiche Biotope übergehen würden. So etwa (Kalk-Pfeifengraswiese mit Echtem Labkraut, Hohe Pfeifen- an Uferböschungen und Grabenrändern. Die meisten Be- graswiese, Rohrpfeifengraswiese, Saturejo-Molinietum arun- stände sind jedoch aus verbrachten Feuchtwiesen hervorge- dinaceae Dalang 1972; Pfeifengraswiese Molinietum caeru- gangen. leae Koch 1926)

Mit Ausbildung von Iris sibirica-Beständen Schilfbestände (Landröhricht, Graben-Schilf-Röhricht) Phragmites australis-Gesellschaft Kennart: Phragmites australis (dominant), Begleiter: Urtica dioica (dominant), Calystegia sepium (subdo- minant), Galium aparine, Poa trivialis Abb. 44 Landröhricht am Matilaberg Unter diese Gesellschaft fallen Röhrichte meso- bis eutro- Waldgesellschaften pher, feuchter bis nasser Standorte ausserhalb der Verlan- dungsbereiche. Sie erinnert an ein trockengelegtes Röhricht Föhrentrocken-Au (Pyrolo-Pinetum silvestris) und wächst in Gräben und auf deren Böschungen. Es sind Schmider & Burnand 1988: Auen-Föhrenwald (Pyrolo-Pinetum meist Sukzessionsstadien von Nasswiesen, Grossseggenrie- silvestris) den, Hochstaudenfluren und feuchten Fettwiesen. Die Ge- Mischform von Föhrenbestand mit Pfeifengraswiese (tro- sellschaft ist relativ artenarm ckene Ausbildung). Kennarten: Pinus silvestris, Molinia arundinacea Begleiter: Laserpitum latifolium, Rubus caesius, Carex alba, Nährstoffreiche, frische Grünlandstandorte Brachipodium pinnatum aggr.

Kohldistelwiese (Angelico-Cirsietum oleracei) Kennart: Cirsium oleraceum (dominant), Begleiter: Carex acutiformis, Valeriana dioica, Angelica syl- vestris, Caltha palustris, Cardamine pratensis, Deschampsia caespitosa, Equisetum palustre, Lathyrus pratensis, Lychnis flos-cuculi, Myosotis palustris aggr., Pimpinella major, Poa 86 trivialis, Ranunculus acris, Rumex acetosa, Scirpus sylvaticus

Waldsimsen-Wiese (Scirpus sylvaticus-Bestände) Bernhardt 1997: Waldsimsen Wiese (Scirpetum sylvaticae) Dominant: Scirpus sylvaticus Begleiter: Caltha palustris, Cardamine pratensis, Carex nigra, Cirsium palustre, Juncus effusus, Juncus filiformis, Myosotis palustris aggr., Ranunculus acris

Ein- bis zweimähdige Extensivwiesen Bernhardt 1995: Glatthaferwiese (Dauco-Arrhenatheretum elatioris) Kennart: Arrhenatherum elatius Begleiter: Geranium pratense, Pastinaca sativa, Campanula patula, Crepis biennis, Dactylis glomerata, Festuca praten- sis, Galium album, Holcus lanatus, Leontodon hispidus, Leucanthemum vulgare aggr. Pimpinella major, Phleum pratense, Plantago lanceolata, Poa pratensis, Ranuncu- lus acris, Rumex acetosa, Tragopogon orientalis, Trifolium pratense, Trisetum flavescens

Neophytenfluren Dominanzbestände ausgewählter Neophytenarten, teils in Verbindung mit Schilf:

Goldrutenbestände (Solidago canadensis, S. gigantea)

Goldruten-Schilfbestände (Phragmitetum vulgaris mit viel Solidago gigantea/S. canadensis)

Gesellschaft des Drüsigen Springkrauts (Impatiens glanduli- fera-Gesellschaft)

Gesellschaft der Falschen Fuchs-Segge (Carex vulpinoidea-Be- stand) ANDREAS BEISER & RUDOLF STAUB Feuchtgebiete im Berggebiet des Fürstentums Liechtenstein

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Andreas Beiser Rudolf Staub Geboren 1974. Studium der Ökologie Geboren 1965, Studium der Biologie und Botanik an der Universität Wien, an der Universität Zürich, Abschluss Abschluss 2006. Von 1999 bis 2012 1992. Seit 1993 im Büro für Räumliche freiberufliche Tätigkeit als Biologe Entwicklung und Natur (RENAT) in (Vegetationskunde, Naturschutz, Na- Schaan und Buchs. Mitwirkung an turvermittlung). Mitarbeit an diversen diversen Naturwertekartierungen und Vegetationskartierungen und natur- ökologischen Planungen. Vorstands- schutzfachlichen Grundlagenarbeiten, mitglied der Botanisch-Zoologischen u.a. Aktualisierung des Biotopinventars Gesellschaft Liechtenstein-Sarganser- Vorarlberg. Seit 2012 Mitarbeiter im land-Werdenberg. Büro RENAT in Schaan und Buchs Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

Zusammenfassung In vorliegendem Beitrag werden die Ergebnisse der Kartie- Dank rung der Feuchtgebiete im Berggebiet des Fürstentums Liech- tenstein vorgestellt. Die Erhebungen im Freiland wurden im 1. Ausgangslage 88 Sommerhalbjahr 2012 vorgenommen, die Berichtlegung er- 1.1 Auftrag 89 folgte 2013. Der Gesamtbericht ist mehrteilig angelegt und 1.2 Zielsetzung 89 umfasst einen allgemeinen Grundlagenteil, welcher auch die Basis dieses Beitrags ist, sowie eine detaillierte, nach Gemein- 2. Methodik 90 den getrennte Dokumentation der einzelnen Objekte. Die 2.1 Vorarbeiten 90 Detailberichte liegen im Amt für Umwelt auf. 2.2 Geländearbeiten 90 Das Liechtensteiner Berggebiet beherbergt trotz seiner 2.3 Beurteilung Trittschäden und Verbuschung 91 Kleinheit eine nicht unbeträchtliche Fläche an Feuchtle- 2.4 Darstellung der Vegetationstypen und bensräumen. Diese konzentrieren sich auf das «Innere Berg- -komplexe und ihre Anteilsschätzung 92 gebiet», wo 77 Objekte mit einer Gesamtfläche von 43,65 Hektar erhoben wurden. Rheintalseitig sind es dagegen nur 3. Ergebnisse 93 4 Objekte mit gerade einmal 0,6 Hektar Fläche. 88 3.1 Räumliche Verteilung der Feuchtlebens- Bei einem Grossteil des erhobenen Bestands handelt es sich räume 93 um Niedermoore (v.a. Quell- und Überrieselungsmoore, in 3.2 Vegetationsverhältnisse 95 geringeren Anteilen aber z.B. auch Verlandungsmoore, etc.), 3.3 Einige Schlaglichter zur Flora der Feuchtle- wobei entsprechend der naturräumlichen Ausgangssitua- bensräume: 99 tion Vegetationstypen der kalkreichen Niedermoore vor- 3.4 Beeinträchtigungen und Bedrohungen: 104 herrschen. Das Davallseggen-Ried ist mit einem Anteil von 3.4.1 Alpwirtschaft 104 rund 47%, die weitaus häufigste Pflanzengesellschaft der 3.4.2 Trittbelastung Weideschäden 105 Feuchtlebensräume des Berggebiets, gefolgt vom Sumpf- 3.4.3 Intensive Weidepflege 105 herzblatt-Braunseggen-Ried intermediärer Standorte (rund 3.4.4 Herbizideinsatz 105 15%). Das Braunseggen-Ried saurer Niedermoore ist dahin- 3.4.5 Ablagerung und Abbrennen von Schwen- gegen von geringer Bedeutung (rund 3,5%). Zu den selte- dematerial 106 nen, bzw. nur kleinflächig auftretenden Gesellschaften der 3.4.6 Quellfassungen, Wasserableitung 106 Kleinseggenrieder zählen z.B. die Gesellschaft der Wenig- 3.4.7 Viehtränken 106 blütigen Sumpfbinse auf kalkreichen Standorten, oder die 3.4.8 Entwässerung 106 Gesellschaft von Scheuchzers Wollgras. 3.4.9 Nährstoffeinträge/Eutrophierung 107 Im Fall der Grosseggen-Bestände nährstoffreicherer Stand- 3.4.10 Verstaudung 108 orte ist das Rispenseggen-Ried mit einem Anteil von rund 3.4.11 Aufgabe der Bewirtschaftung/Brache 108 19 % vorherrschend, während andere Vegetationstypen, 3.4.12 Verbuschung/Verwaldung/Aufforstung 109 wie das Schnabelseggen-Ried oder die Teichschachtelhalm- 3.4.13 Verschilfung 109 Gesell schaft nur eine untergeordnete Rolle spielen. Selbiges 3.5 Weitere menschliche Beeinträchtigungen 109 gilt auch für alle weiteren Vegetationstypen der Feuchtstand- 3.5.1 Wegebau/Zerschneidung 109 orte, seien es nun Pfeifengras-Fluren, Binsenweiden, nähr- 3.5.2 Skibetrieb 109 stoffreichere Rasenschmielen-Bestände oder Hochstauden- 3.5.3 Entwässerung/Hangsanierung 110 fluren unterschiedlichster Ausprägung. 3.6 Beeinträchtigungen durch natürliche Pro- Aus ökologischer und naturschutzfachlicher Sicht höchst in- zesse 110 teressant sind die vielfältigen Quellfluren des Berggebiets. 3.6.1 Hangrutschungen; 110 Der Höhenlage entsprechend überwiegen Kalkquell- bzw. Moosquellfluren der Hochlagen, in den tieferen Gebieten 4. Diskussion 111 finden sich aber aber auch noch Quellflur-Gesellschaften wärmegetönter Standorte, wobei die Kalktuffquellfluren der 5. Empfehlungen 113 Steger Rieter zu den grössten Besonderheiten des Bergge- biets zählen und für Liechtenstein einzigartig sind. Ebenfalls 6. Anhang Lebensräume und Pflanzengesell- bemerkenswert sind die den Kalkquellfluren nahestehenden schaften 115 Gipsquell-Fluren, die als lokale Besonderheit der Gipsgebiete des Rätikons zu betrachten sind und auch im benachbarten Vorarlberg vereinzelt zu finden sind. Quellfluren basenarmer Quellen sind dahingegen sehr selten und nur in Einzelvor- kommen anzutreffen. Die verschiedenen Stillgewässer (Weiher, Alptümpel) des Berggebiets sind vor allem für die Tierwelt von Bedeutung, aber auch floristisch durchaus interessant. So beherbergen sie etwa zahlreiche Vorkommen der Alpenlaichkraut-Gesell- schaft, einer im Alpenraum durchwegs stark gefährdeten bensräume einer vielfältigen und hochspezialisierten Flora Pflanzengesellschaft sauberer und nährstoffarmer Stillge- und Fauna handelt, sind die teils seltenen Vegetationstypen wässer. auch in der vermeintlich «heilen Welt» der Berggebiete nicht Breiten Raum bietet die Untersuchung der Feuchtgebiete im vor diversen Gefährdungen und Bedrohungsszenarien gefeit. Liechtensteiner Berggebiet auch den verschiedensten Beein- Die intensive Alpwirtschaft ist hier sicherlich an erster Stelle trächtigungen und Gefährdungen, denen sie gegenwärtig zu nennen, während Beeinträchtigungen durch Quellfas- unterliegen, auch wenn diese weitaus geringer sind, als im sungen und Wasserableitung, Hangverbauungen, Wegebau Falle der Feuchtlebensräume des Talraums. Besonderes Au- oder den Bergtourismus nur lokale Erscheinungen darstellen. genmerk ist in dieser Hinsicht sicherlich auf die Auswirkun- Im Falle der im Naturrauminventar verzeichneten Vorkom- gen der intensiven Alpwirtschaft zu richten. Verschiedentlich men ist die räumliche Abgrenzung der Objekte aufgrund der stellt aber auch die Aufgabe der Bewirtschaftung und die damals zur Verfügung stehenden Kartengrundlagen noch re- drohende Verwaldung ein Problem dar, wobei allerdings lativ ungenau. Daneben sind darin Angaben zum Inhalt (be- festzustellen ist, dass dies vor allem für sekundäre, d.h. durch sondere Pflanzenarten, Hinweise zu Pflanzengesellschaften), die menschliche Nutzung entstandene Feuchtgebietsstand- zu Beeinträchtigungen und zu Pflegemassnahmen vorhan- orte gilt. Die Frage wo im Berggebiet die Grenze zwischen den. Die Flächen wurden jedoch nicht vegetationskundlich primär waldfreien, d.h. auf keine Bewirtschaftung angewie- beurteilt. senen, und sekundären Feuchtlebensräumen zu ziehen ist, Damit erfüllt das Biotopinventar nicht mehr die heutigen An- wird mittels einer etwas ausführlicheren Diskussion zu klären forderungen an eine entsprechende Inventarisierung, zudem 89 sein. liegt für diese wichtigen Naturwerte die letzte Ansprache be- Letztlich liefert die vorliegende Arbeit Grundlagen zur Er- reits 20 Jahre zurück. haltung und Aufwertung dieser wertvollen Lebensräume, Um dieses Defizit zu bereinigen, hat die Regierung des Fürs- wobei diese möglichst praxisorientiert sind. Empfehlungen tentums Liechtensteins auf Antrag des Amtes für Umwelt bezüglich konkreter Flächen sind in den Detailberichten ent- beschlossen, eine flächendeckende Kartierung der Feuchtflä- halten. chen im Berggebiet durchzuführen. Der Auftrag wurde an die RENAT AG in Schaan vergeben.

Dank 1.2 Zielsetzung Der Regierung des Fürstentums Liechtenstein danken wir für die Auftragserteilung und Finanzierung des Projektes. Ziele und Arbeitsinhalte sind: Besonderen Dank gebührt Herrn Josef Schädler, langjähriger – Eine möglichst umfassende Erhebung der Vorkommen Mitarbeiter des Amts für Umwelt (ehemals Amt für Wald, von Feuchtlebensräumen im Berggebiet deren Fläche Natur und Landschaft) für die Initiierung des Projekts, sein eine gewisse Mindestgrösse überschreitet. Engagement und die Zurverfügungstellung der vorhande- – Erhebung der floristischen Ausstattung mit Fokus auf nen Grundlagen. die lebensraumtypischen und besonderen Arten, d.h. seltene Arten oder solche mit besonderem Indikator- wert. 1 Ausgangslage – Einheitliche vegetationskundliche Ansprache der Feuchtlebensräume. 1.1 Auftrag – Erhebung von naturschutzfachlich relevanten Informa- tionen zu den Feuchtlebensräumen, wie zum Beispiel An den rheintalseitigen Talflanken, ganz besonders aber Bewirtschaftung, Erhaltungszustand oder Beeinträchti- im Berggebiet, sind zahlreiche, aus biologischer und na- gungen (z.B. Weideschäden, Veränderungen im Wasser- turschutzfachlicher Sicht höchst interessante und wertvolle haushalt, Nährstoffeinträge, Bracheerscheinungen). Feuchtlebensräume zu finden. – Erstellung eines GIS-Layers mit Informationen zur Vege- Während die Vorkommen des Talbodens und der Talflan- tation und naturschutzfachlich relevanten Parametern. ken praktisch zur Gänze im Rahmen der Inventarisierung – Abgabe von Nutzungs- und Pflegeempfehlungen für die der Naturvorrangflächen als Biotope oder Naturdenkmäler einzelnen Flächen. ausgewiesen wurden (BROGGI et al. 1992) und die im Fokus – Schaffung einer Grundlage, um künftige Entwicklungen des Naturschutzes stehenden Rieder der Tallagen inzwischen und Veränderungen beurteilen zu können. intensiv bearbeitet sind (vgl. z.B. RENAT 2011, STAUB & AMANN – Aktualisierung der räumlichen Abgrenzung und der na- 2013 ), sieht die Sache im Berggebiet gänzlich anders aus. turschutzfachlichen Informationen zu den Biotopen und Hier liegen mit wenigen Ausnahmen, genannt seien etwa die Naturdenkmälern, sowie Beurteilung ihrer Entwicklung «Schnittlauchwiesen» auf der Alp Matta, die Grossseggen- im Laufe der letzten 20 Jahre. rieder im Mos unterhalb Bargälla, die Weiher und Tümpel im Gebiet der Sasser Weiherböda oder auf der Alp Gapfahl, bisher überhaupt keine Informationen vor. Diese Lücken im Wissensstand sind als grosses Defizit zu be- trachten. Abgesehen von der Tatsache, dass es sich um Le- 2 Methodik Abb. 1 Das Rietle auf der Alp Matta ist der mit Abstand grösste Feuchtlebensraum im Liechtensteiner Berggebiet und 2.1 Vorarbeiten aus naturschutzfachlicher Sicht höchst bedeutsam.

In einem ersten Arbeitsschritt wurden im Frühjahr 2012 mit- tels eines Geografischen Informationssystems (ArcGis 9.3) die zu bearbeitenden Flächen und Gebiete festgelegt und vor- gängig abgegrenzt. Hierzu wurden folgende Kartengrund- lagen und Informationsquellen verwendet: – Auswahl konkreter, bereits bekannter Vorkommen aus dem Naturvorrangflächeninventar Liechtensteins. – Auswahl von potenziellen Flächen bzw. Potenzialgebie- ten anhand der Analyse von Luftbildern (Infrarot- und Echtfarbenaufnahmen) der aktuellen und historischen Landeskarte von Liechtenstein (Feuchtgebietsschraffu- ren) und der Flurnamenkarte. – Recherche in entsprechender landesspezifischer Fachli- 90 teratur mit Angaben zu Fundorten von lebensraumty- pischen Pflanzenarten (z.B. WALDBURGER, PAVLOVIC & LAUBER 2003, SENN 2000). Abb. 2 In der Verlandungszone des als Naturdenkmal aus- gewiesenen Alptümpels in den Kolmelöchern (Alp Gapfahl) Weiters wurden vor Beginn der Geländearbeiten eine ge- gedeiht die Gesellschaft von Scheuchzers Wollgras (Eriopho- naue Kartierungsmethodik ausgearbeitet und Arbeitsgrund- retum scheuchzeri). Bei dieser handelt es sich um einen der lagen erstellt: seltensten Vegetationstypen des Landes. – Allgemeines Kartierungsschema (Festlegung der Vor- gehensweise bei der Abgrenzung und Kartierung der Feuchtgebiete) – Katalog der zu erwartenden Vegetationstypen inklusive ihrer floristischen und standörtlichen Charakterisierung. Die Ausarbeitung erfolgte unter Einbeziehung entspre- chender Fachliteratur (z.B. STEINER 1992 & 1993 oder BERN- HARDT 1997 & 2002). Dieser Katalog wurde im Zuge der Geländearbeiten nach Bedarf adaptiert und ergänzt. – Bewertungsschema zur Beurteilung des Zustands der Feuchtlebensräume und zur Erfassung allfälliger Beein- trächtigungen.

2.2 Geländearbeiten

Die Feuchtgebietsflächen wurden im Zeitraum Juni bis Au- Abb. 3 An den Hängen nördlich des Stafels der Alp Gritsch gust 2012 begangen und die Abgrenzung der verschiedenen finden sich ausgedehnte Quellmoore mit Davallseggen-Rie- Vegetationstypen im Luftbild eingetragen. Daneben wurde dern, die von stark aufgefächerten Quellgerinnen und Rie- die Artenausstattung ausgewählter Flächen erfasst. Die un- selfluren durchzogen sind. Auf diesen offenen, teils pionier- terschiedenen Pflanzengesellschaften sind im Anhang im De- haften Standorten kann sich der Sumpf-Dreizack (Triglochin tail dargestellt. Zusätzlich zur Erhebung der verschiedenen palustre) stark entfalten. Parameter wurden die Flächen auch fotografisch dokumen- tiert. Die Kartierung wurde im Wesentlichen von Andreas Beiser durchgeführt. Im Zuge der Geländearbeiten wurden rund 660 Einzelflächen abgegrenzt. 2.3 Beurteilung Trittschäden und Verbuschung Verbuschung

Trittschäden Der Verbuschungsgrad wurde im Zuge der Feldarbeiten durch eine Prozentabschätzung erfasst, wobei bis zu einer Trittschäden durch das Weidevieh sind als Beeinträchtigungs- Deckung von 20% Deckungsklassen verwendet wurden. ursache sehr relevant. Diese können unterschiedliche räumli- Neben der Klasse 0, d.h. fehlende Gehölzbedeckung ist die che Muster zeigen und flächig oder nur punktuell bzw. lokal kleinste Deckungsklasse <1%. Bis 20% erfolgt die Abschät- (z.B. um Tränken) bzw. linear (z.B. Viehpfade, entlang von zung in 5%-Schritten (z.B. 1-5%, 5-10%, etc.), bei einer hö- Weidezäunen) auftreten. heren Deckung in 20%-Schritten. Alte Gehölzbestockungen Durch die Kombination zweier Schadenskategorien lässt (z.B. alte Einzelbäume oder Baumgruppen) wurden in die sich eine Differenzierung zwischen flächigen und lokalen Abschätzung der Gehölzdeckung nicht miteinbezogen. Beeinträchtigungen vornehmen. Bei kombinierten Angaben bezieht sich die erste Kategorie auf die Gesamtfläche, die Abb. 4 Der Schnittlauch (Allium schoenoprasum) ist eine Cha- zweite auf kleinräumigere Schädigungen. rakterart der kalkreichen Kleinseggenrieder der Hochlagen.

Tab. 1 Beurteilungsschema Trittschäden 91

Schadenskategorie Schadenskategorie

fehlend Keine Trittspuren vorhanden. fehlend/gering-stark An sich keine Beeinträchtigungen durch Viehtritt, in Randbereichen können aber Schäden gegeben sein (z.B. entlang von Viehpfaden; Grossteil der Fläche aus- gezäunt, randliche Bereiche dem Vieh zugänglich, etc.). gering Trittspuren vorhanden, aber nur klein- flächige Beeinträchtigungen. Keine besonders empfindlichen Standorte betroffen. gering/mässig Trittschäden vereinzelt, an einzelnen Positionen mässige Beeinträchtigungen, diese aber räumlich begrenzt (z.B. Trän- ken, Viehpfade). gering/stark Trittschäden vereinzelt, an einzelnen Positionen starke Beeinträchtigungen, Abb. 5 Das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) diese aber räumlich begrenzt (z.B. Trän- ist in den Riedern des Berggebiets weit verbreitet. ken, Viehpfade). mässig Trittschäden deutlich und auf einem Grossteil der Fläche. Offenbodenstel- len, Trittlöcher und sonstige schwere Schädigungen der Narbe aber nur lokal. Auch besonders empfindliche Standorte betroffen. mässig/stark Trittschäden deutlich, an einzelnen Posi- tionen starke Beeinträchtigungen, diese aber räumlich begrenzt (z.B. Tränken, Viehpfade). stark Trittschäden deutlich und flächig. Offen- bodenstellen, Trittlöcher und sonstige Schädigungen der Narbe verbreitet. Besonders empfindliche Standorte sind gleichermassen betroffen. extrem Trittschäden massiv, Vegetation auf über 50% der Fläche zerstört. keine Angabe Beurteilung nicht sinnvoll (z.B. über rezenten Hangrutschungs- und Murflä- chen). 2.4 Darstellung der Vegetationstypen und -komplexe Komplex: Der Komplex umfasst alle nicht weiter auftrennba- und ihre Anteilsschätzung ren Einheiten, sei es nun ein Vegetationskomplex im stren- gen Sinn oder eine graduelle Abfolge mehrerer Pflanzen- Im Gegensatz zu den Riedern des Talbodens, die hinsichtlich gesellschaften. Die Benennung/Codierung erfolgt nach der der Standortsverhältnisse vielfach eine grosse Homogenität vorherrschenden bzw. bestimmenden Pflanzengesellschaft, zeigen und sich durch eindeutige Grenzen scharf abgrenzen die übrigen Vegetationstypen werden in absteigender Rei- lassen (vgl. z.B. RENAT 2011), sind die Bedingungen im Berg- henfolge angegeben. Eine genaue Anteilsabschätzung wird gebiet weitaus komplexer. Einige wesentliche Faktoren sind: nicht vorgenommen, der vorherrschende Typ nimmt aber auf – Vielfach intaktes oder nur wenig verändertes natürli- alle Fälle die Hälfte (bei zwei unterschiedlichen Pflanzenge- ches Standortsgefüge. Häufig starke Geländegliederung sellschaften) bzw. zumindest ein Drittel der Fläche ein (bei und kleinräumiger Wechsel unterschiedlicher Standorts- drei unterschiedlichen Pflanzengesellschaften). typen. – Vorhandensein ausgeprägter Gradienten oder im Ge- Die Mindestfläche für die Aufnahme wurde bei 0,1 Hektar gensatz dazu sehr kleinteilige Verzahnung unterschied- angesetzt. Diese Mindestfläche wurde teils unterschritten, licher standortsökologischer Faktoren (z.B. Feuchtig- da sich um ein zentrales Objekt vielfach ein oder mehrere Be- keitsgradient, Bodeneigenschaften). stände kleineren Ausmasses gruppieren und diese zusammen – In bestimmten Fällen ungestört ablaufende Standorts- eine Einheit bilden. Daneben sind einige Lebensraumtypen – 92 dynamik und Vorhandensein unterschiedlicher Entwick- und hier speziell die Quellfluren – von Natur aus zumeist sehr lungsstadien (z.B. Hangrutsche, Hangsackungen, Karst- kleinflächig. In ihrem Fall wären bei strikter Anwendung der prozesse in Gipsgebieten). Mindestgrösse einige aus naturschutzfachlicher Sicht sehr – Beweidung und damit einhergehende Heterogenisie- interessante Objekte unbeachtet geblieben. Es handelt sich rung der Vegetation; Entstehung von Weidemosaiken aber in der Regel um keine singulären Flächen, sodass sie (z.B. aufgrund kleinräumig wechselnder Nährstoffver- zum Objekt zusammengefasst, die 0,1 ha meist überschrei- sorgung, Bodenverdichtung, etc.). ten. – Keine Homogenisierung der Standorte durch grossflä- chig wirkende Nutzungen (v.a. Mahd) oder Eingriffen (z.B. durch Entwässerung, Grundwasserabsenkung, Ge- 2.5 Floristische Erhebungen ländekorrekturen etc.) wie dies im Talboden der Fall ist. Für jedes Objekt wurde eine Artenliste erstellt, wobei nur die Somit sind häufig Flächen anzutreffen, die durch graduelle für die Feuchtlebensräume typischen und relevanten Arten Abfolgen unterschiedlicher Vegetationstypen oder Sukzessi- erhoben wurden. Die detaillierten Objektbeschreibungen onsstadien gekennzeichnet sind, oder aber eine enge Ver- beinhalten jeweils eine Auflistung ausgewählter Arten. zahnung von zwei oder mehreren Vegetationstypen zeigen (sogenannte Vegetationskomplexe). Bisweilen tritt in einer Gefässpflanzen: Fläche auch eine Kombination der beiden Muster auf. Kartie- Die verwendete Nomenklatur orientiert sich im Wesentlichen rungstechnisch ergeben sich daraus folgende Konsequenzen: an WALDBURGER, E., PAVLOVIC, V. & K. LAUBER (2003), zur Bestim- – Graduelle Abfolgen der Vegetation können an sich aus- mung kritischer Arten wurde ADLER, OSWALD & FISCHER (1994) kartiert werden, allerdings nur dann, wenn diese nicht herangezogen. zu kleinteilig ausgeprägt sind und eine in Relation zum Kartierungsmassstab (1:5000) ausreichende Flächen- Moosflora: grösse gegeben ist. Dies ist häufig nicht der Fall. Hinsichtlich der Ansprache der bestandesprägenden bzw. – Vegetationskomplexe können nur als solche erfasst werden. häufigsten Moose der Quellfluren gilt festzustellen, dass Dies wird den realen Verhältnissen auch am besten gerecht. diese bei Kenntnis der Formenkreise im Feld an sich durchaus – Im Falle einer Kombination der beiden Muster, bzw. ei- gut möglich ist, wenn auch auf eine genauere Differenzie- ner zu geringen Flächengrösse, wird die jeweilige Fläche rung komplexer Formenkreise (z.B. Varianten und Unterar- ebenfalls als Komplex aufgenommen. ten des Veränderlichen Starknervmooses, Cratoneuron com- mutatum) verzichtet werden muss. Eine genaue Erhebung Der Flächenanteil der beteiligten Vegetationstypen kann der Moosflora war allerdings auch gar nicht Ziel der Unter- nur geschätzt werden. Aus diesem Grund wurde ein sehr suchung. So werden bei der Dokumentation der einzelnen pragmatischer Zugang gewählt, bei dem für jede Fläche ein Objekte auch keine bzw. nur sehr allgemeine Angaben zu Hauptvegetationstyp und ein oder mehrere Nebentypen er- den vorkommenden Moosen gemacht. hoben wurden. Was den Flächenanteil betrifft wurde von Allerdings wurden von den Moosen an einzelnen Standorten folgender Prämisse ausgegangen: Stichproben genommen und zur Überprüfung bzw. Verifizie- Haupttyp: nimmt auf alle Fälle 75% der Fläche ein, kann eine rung der Feldansprache nachträglich bestimmt. Als Bestim- konkrete Pflanzengesellschaft sein, aber auch ein Vegetati- mungsliteratur dienten FRAHM & FREY (2004) und NEBEL & PHILIPPI onskomplex. (2000, 2001). Nebentyp: max. 25% der Fläche, in der Regel aber bedeutend geringerer Anteil, in diesem Fall werden immer konkrete Pflanzengesellschaften angegeben, keine Komplexe. 3. Ergebnisse Was die Verbreitung der Feuchtlebensräume betrifft, so sind solche nur in den südlichen Gemeinden des Landes in nen- 3.1 Räumliche Verteilung der Feuchtlebensräume nenswertem und erhebungswürdigem Ausmass anzutreffen. Der Anteil an der jeweiligen Gemeindefläche spiegelt dabei Das Auftreten von Feuchtlebensräumen ist im Untersuchungs- aber keinesfalls deren jeweiligen Anteil am Berggebiet wie- gebiet eindeutig auf das «innere Berggebiet» konzentriert. der, sondern ist in erster Linie den geologischen Grundvor- An den rheintalseitigen Hangflanken und in den sich nach aussetzungen geschuldet, welche die Entstehung von Westen öffnenden Tobeln und Seitentälern (Lawena) sind Feuchtlebensräumen ermöglichten. Balzers und Triesenberg Feuchtgebiete dahingegen nur punktuell anzutreffen, was beherbergen die grössten Flächenanteile, die Gemeinde Trie- auch für die untersten Hanglagen gilt, die bereits im Zuge sen den geringsten. der Kartierung der Feuchtgebiete im Talraum untersucht wurden (vgl. RENAT 2011). Der Grund ist darin zu suchen, dass aufgrund der naturräum- lichen Ausgangssituation (u. a. Geologie, Geomorphologie, etc.) die notwendigen Grundbedingungen für die Entste- hung grösserer Feuchtgebiete nicht gegeben sind. Kleinflä- chige Feuchtlebensräume sind zwar durchaus vorhanden, unterschreiten aber zumeist die notwendige Bagatellgrösse 93 (0,1 ha), bzw. liegen nicht im Kulturland und blieben somit unberücksichtigt. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang etwa auf die durchaus interessanten, grossteils bachbeglei- tenden (Kalktuff-)Quellfluren in den Waldungen der Talflan- ken zwischen Balzers und Schaanwald (vgl. BROGGI et al. 1992). Weiters muss bedauerlicherweise festgestellt werden, dass ein Gutteil der ohnehin wenigen Feuchtlebensräume der Abb. 7 Flächengrössen der erhobenen Feuchtlebensräume. Rheintalflanken in den letzten Jahrzehnten zerstört wurde (Entwässerung, Intensivierung), bzw. durch Aufgabe der Be- wirtschaftung und nachfolgende Verwaldung verloren gin- gen. Die Gesamtfläche der 81 erhobenen Objekte beträgt rund 44,25 Hektaren. Vier Objekte, von gemeinsam gerade einmal 0,6 ha Grösse, liegen an der rheintalseitigen Talflanke, die übrigen 77 Vorkommen dahingegen im bereits genannten «inneren Berggebiet». Die mit Abstand grössten Vermoorungen sind die Rieder auf der Matta mit rund 11,7 ha und das Mos auf Bargälla mit rund 2,6 ha Gesamtfläche. Die übrigen Vorkommen von mehr als 1 ha Grösse finden sich auf Guschgfiel (Küematta), Mittlerva- lorsch (Rieter, Hangmoor westlich Oberstafel) und im Gebiet von Obersass. Der Grossteil der erhobenen Objekte bewegt sich flächenmässig allerdings in den Grössenklassen zwischen 0.1 und 0.25 ha, bzw. 0.5 und 1 ha (jeweils 26 Objekte). Abb. 8 Verteilung der Feuchtlebensräume auf die einzelnen Gemeinden. Abb. 6 Beispiel für ein zerstörtes Ried an den Rheintalflan- ken. Vollkommen entwässertes ehemaliges Quellhangmoor mit Kalktuffbildungen auf der Triesenberger Leitawies. Abb. 9 Übersicht der erfassten Feuchtlebensräume im Liechtensteiner Berggebiet.

94

F euchtlebens rä ume im B erggebiet 2 1 0 2 K ilo meter G emeind egrenzen 3.2 Vegetationsverhältnisse Kleinseggen-Rieder nährstoffarmer (oligotroph-mesotro- pher) Standorte Ganz allgemein kann festgestellt werden, dass im Liechten- steiner Berggebiet eine hohe Vielfalt an unterschiedlichen Entsprechend der geologischen Ausgangssituation ist der Vegetationstypen bzw. Pflanzengesellschaften gegeben ist. kalkreiche Flügel der Kleinseggen-Rieder – das Davallseg- Dies ergibt sich in erster Linie aus der Standortsvielfalt, in gen-Ried – vorherrschend und stellt die mit Abstand wich- untergeordnetem Ausmass aber auch durch die Höhenstu- tigste Pflanzengesellschaft in den Feuchtlebensräumen fen-Gliederung. Eine detaillierte floristische und standört- des Berggebiets dar. Auch das Sumpfherzblatt-Braunseg- liche Charakterisierung der Pflanzengesellschaften ist dem gen-Ried, das kalkarme oder -freie, aber durchaus noch ba- Anhang, Kap. 6 zu entnehmen. senreiche Standorte besiedelt, ist im Untersuchungsgebiet Im Folgenden wird ein kurzer Überblick zu den Vegetati- recht bedeutend, während der Anteil des Braunseggen-Rieds onstypen in den Feuchtlebensräumen des Liechtensteiner nährstoffarm-saurer Standorte verhältnismässig gering ist. Berggebiets gegeben, deren Anteile allerdings nur als An- Das Sumpfherzblatt-Braunseggen-Ried hat übrigens einen näherung zu verstehen sind (Gründe vgl. Kap. 2.4). Konkret absoluten Verbreitungsschwerpunkt im Grossraum Mat- erfolgte die Abschätzung der Anteile der einzelnen Vegeta- ta-Guschgfiel, wobei die Rieder auf der Alp Matta den Lö- tionstypen über den Haupttyp einer Teilfläche und im Falle wenanteil des Liechtensteiner Vorkommens beherbergen. von Vegetationskomplexen wiederum über den Haupttyp Auch die Braunseggen-Rieder zeigen eine gewisse Konzen- des Komplexes. Das heisst, dass z.B. im Falle eines Vegetati- tration im Nordosten, allerdings zeigt ihre Verbreitung eine 95 onskomplexes bestehend aus Davallseggen-Ried, Kalkrasen weitaus stärkere Streuung und so sind sie, zumindest klein- und Moosquellflur, die entsprechende Teilfläche dem Davall- flächig, im Grossteil des Berggebiets zu finden. Dies liegt da- seggen-Ried zugeordnet wurde. Trotz dieses Mankos ergibt ran, dass dieser Vegetationstyp im gegebenen «Kalk-Ambi- sich aber doch ein recht präzises Bild über den Anteil und die ente» nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gedeiht, Bedeutung der einzelnen Pflanzengesellschaften, bzw. ihre die sich auf unterschiedliche Art und Weise ergeben können Häufigkeit respektive Seltenheit. (z.B. Verlandungszonen in Alptümpeln oder daraus entstan- dene Verlandungsmoore mit Schwerpunkt in den Gipsgebie- ten, fortschreitende Entkalkung und Stagnation des Moor- wasserkörpers mit zunehmendem Abstand der Quellen bzw. Speisungszonen, etc.). In diesem Zusammenhang ist auch auf die Gesellschaft von Scheuchzers Wollgras (Eriophoretum scheuchzeri) hinzuwei- sen, die wohl zu den seltensten Pflanzengesellschaften des Tab. 2 Prozentanteil der Pflanzengesellschaften bzw. in Klas- Landes zählt. Dieser dem Braunseggen-Ried nahestehende sen zusammengefassten (aggregierten) Vegetationstypen in Vegetationstyp besiedelt praktisch ausschliesslich die Verlan- den Feuchtlebensräumen des Berggebiets. dungszonen nährstoffarmer alpiner Stillgewässer und ist in drei kleinen Alptümpel im Bereich des Mattajochs und einem Pflanzengesellschaft/Vegetationstyp (aggr.) Prozentanteil Tümpel in den Kolmelöchern auf der Alpe Gapfahl anzutref- Davallseggen-Ried 46.88 fen. In diesem Fall lässt sich sogar eine sehr genaue Flächen- angabe machen; die Gesamtbestandesgrösse liegt bei gerade Sumpfherzblatt-Braunseggen-Ried 15.22 einmal 200 m²! Sonstige basenreiche Kleinseggen-Rieder 0.61 Braunseggen-Ried 3.51 Gesellschaft von Scheuchzers Wollgras 0.08 Abb. 10 Klassisches Davallseggen-Ried mit einem Massenbe- Rispenseggen-Ried 19.16 stand des Breitblättrigen Wollgras (Eriophorum latifolium) im Schnabelseggen-Ried 0.84 Raum Obersass. Schlammschachtelhalm-Gesellschaft 0.75 Quellfluren aller Höhenstufen 0.40 Stillgewässer 0.85 Stillgewässer, Alpenlaichkraut-Gesellschaft 0.15 Pfeifengras-Fluren 0.56 Rasenschmielen-Gesellschaft 2.04 Binsenweide 1.84 Hochstaudenfluren 1.26 Sonstige Feuchtvegetation, nährstoffreich 1.30 Mager- und Milchkrautweiden 3.57 Verbuschung/Vorwald/Aufforstung 0.42 Sonstige 0.58 In der Kategorie «sonstige basenreiche Kleinseggen-Rieder» Abb. 11 Abfolge von Schnabelseggen-Ried (links) und saurem sind jene Vegetationstypen subsumiert, die nur einen sehr Braunseggen-Ried (rechts) am Schmelzikopf auf Hinterva- geringen Anteil an der Vegetation der Niedermoore besit- lorsch. zen. Genannt seien die Gesellschaft der Schwarzen Kopf- binse, die nur in den wärmegetönten Tieflagen des Rheintals zu finden ist, oder von Natur aus seltene, immer nur kleinst- flächig auftretende und vielfach kaum abgrenzbare Erschei- nungen wie die Gesellschaft der Wenigblütigen Sumpfbinse. Auch die Sumpfschachtelhalm-Verheilungsgesellschaft stark gestörter Niedermoorstandorte (v.a. Hangrutschungen), so- wie abweichende Ausbildungen des Davallseggen-Rieds auf Gips-Standorten sind hierin enthalten.

Grossseggen Rieder und anverwandte Pflanzengemeinschaf- ten nährstoffarmer (oligotroph-mesotropher) bis mässig nährstoffreicher (mesotroph-eutropher) Standorte 96 Das Rispenseggen-Ried ist die zweitbedeutendste Pflanz- engesellschaft im Berggebiet und nimmt rund ein Fünftel der Feuchtgebietsflächen ein. Sie kann sowohl kleinräumig auftreten als auch flächenhaft, wofür das Mos auf Bargälla Abb. 12 Das Mos auf Bargälla wird vom Rispenseggen-Ried sicherlich das beeindruckendste Beispiel darstellt. In der beherrscht. nährstoffärmeren, als mesotroph zu bezeichnenden Ausbil- dung, zeigt das Rispenseggen-Ried noch starke Anklänge an die Davallseggen-Gesellschaft und es kann davon aus- gegangen werden, dass sie zumindest teilweise aus diesen hervorgegangen sind. Als mögliche Gründe sind vor allem weidebedingte Nährstoffeinträge oder eine sukzessive Erhö- hung des Nährstoffniveaus im Zuge von Unternutzung und Brache (fehlender Entzug und Akkumulation von Biomasse/ Nährstoffen, Auteutrophierung). Das Schnabelseggen-Ried ist dahingegen weit seltener, kann aber im Gebiet zwischen Malbun Obere Bleika/Weiherböda, Sass, Alp Matta und dem Valorsch durchaus regelmässig an- getroffen werden. Wiederum sind zu seiner Entwicklung be- stimmte Grundbedingungen notwendig, vergleichbar jenen der Kleinseggen-Rieder basenarmer/saurer Standorte (s.o.), allerdings kann das Schnabelseggen-Ried auch noch an leicht kalkigen bzw. zumindest basenreicheren Standorten ange- troffen werden. In jedem Fall sind die Standorte aber durch andauernde Nässe gekennzeichnet, u.a. aufgrund zeitwei- liger Überflutung (Muldensituationen) bzw. Überrieselung Abb. 13 Vom Schlamm-Schachtelhalm (Equisetum fluviatile) (Hangposition). dominiertes Röhricht in der Verlandungszone des grossen Einen eigenen Fall stellt die Schlammschachtelhalm-Gesell- Alptümpel im Gebiet der Guschgfieler Küematta. schaft dar, die an sich als klassische Vegetation der Röhrichte und Verlandungszonen gehandelt wird. Sie kann natürlich an entsprechenden Standorten gefunden werden (z.B. auf Guschgfiel, Küematta), der verhältnismässig hohe Flächen- anteil erklärt sich daraus allerdings nicht. Dieser kommt da- durch zu Stande, dass in den Hangmooren bisweilen sehr ausgedehnte und floristisch praktisch idente Bestände zu finden sind (z.B. Rieder auf Matta). Hier besiedeln sie sanft geneigte Hangpositionen und Verebnungen, die durch sehr nasse Verhältnisse gekennzeichnet sind (vergleichbar jenen der Schnabelseggen-Rieder). Quellfluren Die Kalkquell- bzw. Moosquellfuren der subalpin/alpinen Stufe (Cratoneuretum falcati) bleiben auf das «innere Berg- Als vielfach sehr kleinflächige und eng mit der umliegenden gebiet» beschränkt und stellen hier die am weitesten verbrei- Vegetation verzahnte Erscheinungen haben die Quellfluren tete und flächenmässig bedeutendste Quellflur-Gesellschaft nur einen geringen Flächenanteil, was aber nicht darüber dar. In der ein oder anderen Form bemerkenswerte Bestände hinwegtäuschen soll, dass im Berggebiet sehr bedeutende finden sich sowohl an verhältnismässig niederen Standor- Vorkommen dieser Lebensräume zu finden sind. ten, wie auch in den höheren und hohen Lagen. Stellvertre- Höhenstufenbedingt sind mehrere Quellflur-Gesellschaf- tend seien hier nur Hintervalorsch/Güschgle, die Schwemmi ten der kalkreichen Standorte entwickelt. Die Gesellschaft und Aslamagee (beide Alp Pradamee), Malbun-Turna oder des Veränderlichen Starknervmooses (Cratoneuretum com- Hötta- und Hundstal (Alpe Gritsch) genannt. Hier, auf mehr mutati) und die stets durch ausgeprägte Kalktuffbildungen als 1900m Seehöhe, sind übrigens sogar noch Kalktuffbildun- ausgezeichnete Gesellschaft des Wirteligen Schönastmooses gen anzutreffen, was dann doch als sehr aussergewöhnlich (Eucladietum verticillati) bleiben auf die tieferen Lagen be- zu betrachten ist. schränkt. An den Rheintalflanken sind beide Quellflur-Typen Der Sondertyp der anverwandten Gips-Quellfluren bleibt zu finden, sie wurden hier allerdings nicht erhoben, da die dahingegen auf wenige Standorte zwischen Malbun, Sass Vorkommen die Bagatellgrösse nicht überschreiten und zu- und Guschg beschränkt. Ebenfalls sehr selten sind basen- dem im Wesentlichen auf die Waldgebiete beschränkt blei- arme Quellfluren (Gesellschaft des Verbands Epilobio nutan- ben. tis-Montion). Sie können in Einzelvorkommen im Gebiet 97 Im «inneren Berggebiet» sind die bedeutendsten Vorkommen Guschgfiel/Bremstallhalda bis Riethötta gefunden werden. in den Steger Rietern zu finden. Weiters sind entsprechende Bestände auch in den tiefgelegenen Teilen des Valorschtals (Grossraum Mittlervalorsch) anzutreffen. Diese stehen aber bereits im Übergang zu den Kalkquellfluren der Hochlagen.

Abb. 14 Die Kalktuffquellfluren der Steger Rieter zählen zu den grössten Besonderheiten der Feuchtlebensräume im Berg- Abb. 16 Ausgeprägte Gipsquellflur an einem Zubringer des gebiet und sind für Liechtenstein einzigartig. Guschgerbachs im Raum Sass.

Abb. 15 Klassische Kalk- bzw. Moosquellflur der subalpin/ Abb. 17 Zwei typische Arten der basenarmen Quellfluren, alpinen Stufe in Bereich der Quellzone im Raum Turna-Was- Schleichers Birnmoos (Bryum schleicheri) und die zierliche, in serchopf (Malbun). Liechtenstein sehr seltene Moor-Sternmiere (Stellaria alsine). Stillgewässer auf das «innere Berggebiet» beschränkt. Abseits der Moor- standorte ist sie überall dort zu finden, wo zumindest ein Der Schwerpunkt des Vorkommens von Stillgewässern, seien zeitweiliger Wasserüberschuss gegeben ist. Dies können nun es nun Tümpel oder Weiher, liegt in den Gipsgebieten des «in- stauende, teilweise durch intensive Beweidung verdichtete neren Berggebiets». Gebiete mit gehäuften Vorkommen von Lehmböden sein, aber auch Läger in feuchten bis nassen Stillgewässern sind der Grossraum Bleika-Weiherböden-Sass Muldenpositionen oder Verebnungen. Daneben kann sie (Malbun), Matta-Guschgfiel und die Alp Gapfahl. Als Unter- auch als Verheilungsgesellschaft auf nassem Mur- bzw. Han- wasservegetation streng an die Alptümpel gebunden ist die grutschmaterial auftreten. Gesellschaft des Alpenlaichkrauts (Potametum filiformis). Sie Die streng an stauende Böden gebundenen Binsenweiden ist ausschliesslich im Grossraum Bleika-Weiherböden-Sass an- sind eine Gesellschaft der tieferen Lagen und sind im «in- zutreffen. neren Berggebiet» nur zwischen Steg (Alp Sücka) und den Talbodenbereichen der Valüna anzutreffen. Daneben sind Abb. 18 Die Gesellschaft des Alpen-Laichkrauts wird im Liech- Binsenweiden aber auch an den Rheintalflanken zu fin- tensteiner Berggebiet zumeist nur von der namensgebenden den, wurden dort aber aufgrund mangelnder Relevanz und Art (Potamogeton alpinus) aufgebaut. der (gegenwärtig) fehlenden Verbindung zu Moor- oder Quell-Lebensräumen nicht erhoben. Hinter der Kategorie «Hochstauden-Fluren» verstecken sich 98 drei Pflanzen-Gesellschaften, die ebenfalls nur dann erhoben wurden, wenn sie in direktem Kontakt zu relevanten Lebens- räumen lagen. Die Kohldistel-Kälberkropf-Gesellschaft hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in den tieferen Lagen und wurde nur auf Brachen im Gebiet der Steger Rieter erfasst. Die Hahnenfuss-Kälberkropf-Gesellschaft steigt etwas höher und gedeiht von Natur aus unter anderem an quellig-nassen Wald- und Tobelstandorten.

Abb. 19 Kohldistel-Kälberkropf-Hochstaudenflur auf einer Hangmoor/Feuchtweide-Brache in den Steger Rietern (links- seitig Steger Bach/Samina).

Pfeifengras-Wiesen/Pfeifengras-Fluren

Klassische Pfeifengras-Wiesen sind in den begutachteten Feuchtlebensräumen nur in kleinsten Anteilen zu finden und zwar im Gebiet der Balzner Ellwesa. Die Pfeifengras-Fluren ha- ben floristisch zwar vieles mit den Wiesen gemein, gleichzeitig sind sie aber auch zu den Kalkrasen bzw. Buntreitgras-Fluren der tieferen Lagen ähnlich, wie sie speziell an waldfreien Steil- und Rutschungshängen in Schluchten und Tobeln der Mon- tanstufe anzutreffen sind. So mag es nicht verwundern, dass die erhobenen Bestände sich im Wesentlichen auf ebensolche Standorte im Saminatal unterhalb von Steg beschränken.

Die Alpengreiskraut-Fluren dahingegen sind eine klassi- Vegetation nährstoffreicher Feuchtstandorte (Feuchtweiden, sche Erscheinung der nährstoffreichen Weidestandorte im Hochstaudenfluren, etc.) «inneren Berggebiet». Sobald eine ausreichende Wasser- versorgung gegeben ist, macht sich das weideresistente Al- Die flächenmässig bedeutendsten Vegetationstypen der pen-Greiskraut (Senecio alpinus) breit, sei es nun über stau- nährstoffreichen Feuchtstandorte sind die Rasenschmie- enden Böden, in Runsen und Gräben, Lägern und zu guter len-Gesellschaft und die Binsenweide (Epilobio-Juncetum ef- Letzt auch degenerierten Niedermoorstandorten. In allen fusi). Für beide Gesellschaften gilt, dass ihre Vorkommen bei Fällen deutet die Alpengreiskraut-Flur auf eine erhöhte weitem nicht vollständig erfasst wurden, da sie nicht im Fokus Nährstoffzufuhr hin. der gegenständlichen Untersuchung lagen. Beide Pflanzen- In der Kategorie «sonstige Feuchtvegetation» sind all jene gesellschaften können Degenerationsstadien von Nieder- Pflanzengesellschaften gesammelt, die flächenmässig von moor- und Quellstandorten darstellen, allerdings wäre es untergeordneter Bedeutung sind. Genannt seien etwa die falsch, in jedem Vorkommen ein Degenerationsstadium zu Faltsüssgras-Flutrasen, die in stark durch Tritt geprägten und erkennen. versumpften Weidepartien zu finden sind, feuchte Trittrasen, Die Rasenschmielen-Gesellschaft bleibt als Pflanzengesell- Bachpestwurz-Fluren oder die Waldsimsen-Wiese. schaft mit Schwerpunkt in der subalpin/alpinen Höhenstufe Abb. 20 Vegetationskarte Bargälla-Steg

99 Abb. 21 Vegetationskarte Gapfahl-Valüna-Gritsch

100 Abb. 22 Vegetationskarte Malbun-Sareis-Weiherböda

101 Abb. 23 Vegetationskarte Sass-Matta-Guschgfiel-Valorsch

102 3.3 Einige Schlaglichter zur Flora der Feuchtlebens- Das Lappländische Knabenkraut (Dactylorhiza lapponica), räume welches einen Standort in den Steger Rietern besitzt (vgl. RHEINBERGER et al. 1999), konnte im Zuge des Projekts nicht Die Zahl gefährdeter oder seltener Arten in den Feuchtle- nachgewiesen werden. Dies ist dem späten Begutachtungster- bensräumen des Berggebiets ist im Gegensatz zu den Rie- min (August) zuzuschreiben. Gleiches gilt für das Vorkommen dern des Talbodens und der unteren Hanglagen verhältnis- des Fleischfarbenen Knabenkrauts (Dactylorhiza incarnata) in mässig gering. Die Feuchtlebensräume der Tieflagen sind es, den Steger Rietern. Diese Knabenkraut-Art mit Verbreitungs- die in den letzten 100 bis 150 Jahren nicht nur in Liechten- schwerpunkt in den Tieflagen konnte allerdings zu einem frü- stein, sondern europaweit den grössten Veränderungen und heren Zeitpunkt (erste Juli-Hälfte) an einem anderen bekann- Zerstörungen unterlagen und so zählen gegenwärtig gerade ten Fundort – nämlich im Schindelholz – angetroffen werden. die anspruchsvollen Feuchtgebietsarten der Tieflagen zu den Breitblättriges und Fuchs‘ Knabenkraut (Dactylorhiza majalis, gefährdetsten Arten des Landes. Dies mindert nun allerdings D. fuchsii) sind in den Riedern des Berggebiets dahingegen keinesfalls den naturschutzfachlichen Wert der Feuchtge- weit verbreitet. biete des Berggebiets sondern sollte eher als Appell dazu Um bei den Orchideen zu bleiben, sei noch kurz auf die verstanden werden, diese in ihrer Ausdehnung und Qualität Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris) eingegangen. In ih- unbedingt zu erhalten. ren Fall konnten nicht nur alle bei RHEINBERGER et al. (1999) ge- Zu einem der erfreulichsten Ergebnisse zählt sicherlich die nannten Vorkommen im Berggebiet bestätigt, sondern auch Entdeckung zweier bisher nicht bekannter Fundorte der neue Funde auf Malbuner Gebiet getätigt werden. Bei den 103 Moor-Sternmiere (Stellaria alsine) auf Guschgfiel (Bremstall- individuenreichen Populationen in den Quellhangmooren un- halda) und im Hintervalorsch (Schmelzikopf). Bislang war sie ter dem Chänzeli und dem Ausgang der Fluatola handelt es landesweit nur von einem einzigen Tieflagenstandort be- sich um die höchstgelegenen Vorkommen dieser Art im Lande. kannt (Westseite Herrenbüchel, Schellenberg, vgl. WALDBUR- Im Falle des Alpen-Laichkrauts (Potamogeton alpinus) ist an- GER et al. 2003). Die «extreme» Seltenheit und Gefährdung zumerken, dass die Art häufiger ist als bei WALDBURGER et al. der Art im Fürstentum Liechtenstein erklärt sich aus der Sel- (2003) angegeben, auch wenn sie im Wesentlichen auf das in tenheit ihrer Lebensräume. der Flora Liechtensteins umrissene Gebiet beschränkt bleibt. Im Falle der Vorkommen im Berggebiet handelt es sich zum So finden sich diese Wasserpflanze in zahlreichen Alptümpeln einen um basenarme Quellfluren (Gurschgfiel) bzw. eben- im Malbuner Gebiet (Bleika, Flue-Weierböda, Sass-Stall, Stach- falls basenarme, quellige und sehr nasse Mischbestände des ler-Kälberböchel) und auf der Alp Matta (im Gebiet Zwöschet- Braunseggen- und Schnabelseggen-Rieds (Hintervalorsch). bach und Mattastall). In letzteren konnten übrigens auch das Sparrige Torfmoos (Sphagnum squarrosum) und das Sumpf-Streifensternmoos Abb. 24 Die collin bis montan verbreitete Sumpf-Stendelwurz (Aulacomnium palustre) angetroffen werden, die beide bis- (Epipactis palustris) besitzt im Liechtensteiner Berggebiet her nur aus dem Schellenberger Riet (Haslermahd) nachge- einige hoch gelegene Vorkommen. wiesen wurden (vgl. SENN, 2000).

Tab. 3 Ausgewählte Arten der Roten Liste (BROGGI et al. 2006)

Vom Aussterben bedroht (CR)

Moor-Sternmiere (Stellaria alsine)

Stark gefährdet (EN)

Lappländisches Knabenkraut (Dactylorhiza lapponica)

Alpen-Laichkraut (Potamogeton alpinus)

Verletzlich (VU)

Stumpffrüchtiger Wasserstern (Callitriche cophocarpa)

Sumpf-Wasserstern (Callitriche palustris)

Schlamm-Schachtelhalm (Equisetum fluviatile)

Selten (R)

Graue Segge (Carex canescens)

Einspelzige Sumpfbinse (Eleocharis uniglumis)

Scheuchzers Wollgras (Eriophorum scheuchzeri)

Sumpf-Dreizack (Triglochin palustris) Die Wassersternarten konnten nur in Ausnahmefällen ge- 3.4 Beeinträchtigungen und Bedrohungen nauer bestimmt werden, wobei sowohl der eigentliche Sumpf-Wasserstern (Callitriche palustis) als auch der Stumpf- Ein nicht geringer Teil der Feuchtlebensräume des Bergge- blütige Wasserstern (C. cophocarpa) nachgewiesen werden biets zeigt eine mehr oder weniger starke Beeinträchtigung konnten. Der Sumpfwasserstern i.w.S. (Callitriche palustris durch menschliche Aktivitäten. Da der überwiegende Teil der agg.), zu dem die beiden zuvor genannten Arten zu zählen Flächen der alpwirtschaftlichen Nutzung unterliegt, steht ein sind, ist dahingegen durchaus verbreitet zu finden. Gutteil der Schäden naturgemäss mit dieser in Zusammen- Der Schlamm-Schachtelhalm (Equisetum fluviatile) tritt zwar hang. Andererseits ist zu beachten, dass zumindest ein Teil nur gebietsweise auf, bildet dort wo er vorkommt aber viel- der gegenwärtig nicht mehr bewirtschafteten Feuchtlebens- fach Massenbestände (vgl. Kap. 3.2). räume erst durch die menschliche Nutzung entstanden sind In der Kategorie der in der Roten Liste als selten geführten und bei der Aufgabe der Bewirtschaftung über kurz oder Arten gilt es etwas zu differenzieren. Eine tatsächliche Sel- lang durch Verbuschung und Verwaldung verloren gehen. tenheit stellt auf alle Fälle Scheuchzers Wollgras (Eriophorum Alle übrigen, durch menschliche Eingriffe bedingten Be- scheuchzeri) dar. Mit Ausnahme des Vorkommens auf Guschg einträchtigungen bleiben lokal begrenzt und sind insge- (Ochsentola) konnten alle übrigen Fundorte bestätigt wer- samt von untergeordneter Bedeutung. Genannt seien etwa den. Hinzu kommt zwar eine sehr kleine, bisher aber unent- Wegerschliessung, touristische Infrastruktur und Freizeitnut- deckt gebliebene Population im grossen Alptümpel auf der zung sowie Massnahmen zur Sanierung von erosionsgefähr- 104 Guschgfieler Küematta. deten Hängen. Das Einspelzige Sumpfried (Eleocharis uniglumis) ist ebenfalls Daneben bestehen auch natürliche Bedrohungsszenarien zu den nur sehr zerstreut auftretenden Seltenheiten zu rech- und zwar in erster Linie durch geomorphologische Prozesse nen. Die Graue Segge (Carex canescens) tritt zwar ebenfalls (Denudation, Erosion). Diese können zur Schädigung oder eher zerstreut auf, ist in basenarmen Kleinseggenriedern gar Zerstörung von Feuchtgebieten führen. Allerdings ist zu und in den Verlandungszonen von Alptümpeln aber durch- bedenken, dass ein Teil der real und potentiell bedrohten aus regelmässig anzutreffen. Der Sumpf-Dreizack (Triglochin Lebensräume durch genau diese Prozesse und die dadurch palustre) ist in den Riedern des Berggebiets dahingegen weit bedingte Dynamik geprägt sind, bzw. ihre Genese auch mit verbreitet und vielfach in Massenbeständen vorhanden. diesen verknüpft sein können.

3.4.1 Alpwirtschaft

Die Alpen des Liechtensteiner Berggebiets werden nach Mass- Abb. 25 Scheuchzers Wollgras (Eriophorum scheuchzeri) ist agabe der naturräumlichen Voraussetzungen (z.B. Höhen- eine klassische alpine Art, die ausschliesslich in den höchsten stufe, Ergiebigkeit von Böden und Vegetation, Geländeaus- Lagen zu finden ist. prägung, etc.) meist auf das jeweilige Maximum an Ertrag hin bewirtschaftet. Wie im Alp-Inventar (STADLER, 2004-2006) bemerkt, litt ein Teil der Alpen allerdings bis in die jüngere Vergangenheit an Überbestossung. Daneben herrschen bzw. herrschten anderweitige Mankos hinsichtlich der Art des Viehbesatzes, der Weidesysteme, der Ausnutzung der Fläche, etc. Weiters wurde in einigen Fällen auch eine Überdüngung bemängelt, was vor allem die an sich bereits ertragreicheren Melkalpen der besseren Lagen betraf (z.B. Sücka, Pradamee) Daneben ist sich bewusst zu machen, dass die moderne Alpwirtschaft unter den gegebenen Ansprüchen und tech- nischen Möglichkeiten in bestimmten Fällen eine «Überfor- derung» der «Widerstandskraft» (Resilienz) und Regenera- tionsfähigkeit der teils sehr empfindlichen Lebensräume bedeuten kann, auch wenn eine Schädigung gar nicht be- wusst gewollt wird. Dies betrifft speziell die Vorkommen in den «Ertragslagen», die vielfach bereits sehr stark durch die Bewirtschaftung geprägt und verändert sind, wobei die Ursachen hierfür unterschiedlich weit in die Vergangenheit zurückreichen. 3.4.2 Trittbelastung Weideschäden 3.4.3 Intensive Weidepflege

Rund 85% der erhobenen Flächen werden gegenwärtig be- Auf den intensiv genutzten Melk- und Rinderalpen wird weidet bzw. stehen dem Weidevieh zumindest offen. Dem- vielfach eine intensive Weidepflege betrieben, während entsprechend stellen Trittschäden die mit Abstand häufigste auf kleineren Alpen den Weideunkräutern noch mit «tradi- Beeinträchtigung der gegenüber einer mechanischen Bean- tionellen» Methoden, d.h. selektiver Mahd der betroffenen spruchung vielfach sehr empfindlichen Feuchtlebensräume Flächen (auf Hintervalorsch noch mit der Sense!) und/oder dar. Ausstechen begegnet wird. Bei jenen Flächen, in denen keine Trittschäden auftreten, Bei der intensiven Weidepflege findet dahingegen eine flä- handelt es sich im Wesentlichen um brachgefallene Be- chige Mahd statt, die nach der Beweidung, teilweise aber stände. In weit geringerem Ausmass sind es solche, die dem auch zuvor und dementsprechend früh in der Saison statt- Vieh zwar offenstehen, aber kaum mehr begangen werden, findet (z.B. auf Matta). In Einzelfällen kommt es zusätzlich oder solche die gemäht werden. Der Anteil von Beständen, zur Beweidung auch zu einer zweimaligen Mahd (z.B. Sücka). die sich prinzipiell nur durch eine geringe Trittbelastung aus- Auf dem Gapfahler Oberstafel (Kolmelöcher) werden die ab- zeichnen, ist mit fast 60% erfreulich hoch, allerdings können geweideten Flächen dahingegen mittels Ratrac geschlegelt auch hier zumindest lokal mässige bis sehr starke Schäden bzw. gemulcht, was nebenbei der Verteilung des angefalle- auftreten. Zu nennen ist das Umfeld von Tränken oder viel nen Dungs dient. begangene Triften. Diese Praxis der Weidepflege ist einer Intensivierung der Be- 105 Mehr als 20% der Flächen zeigen eine mässige bis starke wirtschaftung gleichzusetzen. Im Falle einer frühen Mahd Beeinträchtigung, die im Extremfall bis zur massiven Schä- fallen zahlreiche Arten während oder kurz nach der Blütezeit digung oder Zerstörung der Narbe führen kann. Es handelt dem Messer zum Opfer (auf Matta z.B. Orchideen oder der sich dabei vielfach um Bestände in intensiv genutzten Alpge- Schnittlauch (Allium schoeneoprasum)). Mittelfristig besteht bieten. Aber auch an sich nur sehr zurückhaltend beweidete dadurch die Gefahr, dass mahdempfindliche oder auf eine re- Flächen können durchaus starke Schäden aufweisen, z.B. in gelmässige Versamung angewiesene Arten zurückgedrängt stark vernässten Steilhangpositionen oder bei ungünstigen werden, langfristig kann es auch zu einer floristischen Verar- Bodenverhältnissen. mung kommen (v.a. im Falle kleinflächiger und isolierter Vor- kommen). Weiters ist etwa zu bedenken, dass überständige Stauden und Stängel wichtige Lebensraumrequisiten für kleine Invertebraten darstellen (z.B. zur Larvalentwicklung, Abb. 26 Beeinträchtigung durch Trittschäden (Flächenanteil Überwinterung, etc.). in %) Abb. 28 Zur Weidepflege mit Hilfe eines Ratracs gemulchte Weideflächen auf der Alp Gapfahl.

Abb. 27 Starke Trittschäden im Umfeld einer Tränke in den Quellmooren auf Matta-Zwöschetbäch.

3.4.4 Herbizideinsatz

Eine «besondere» Form der Weidepflege stellt die Verwen- dung von Herbiziden dar, wie es im Grossraum Guschg- fiel-Matta Praxis ist. Hier wird in Form einer Einzelstockbe- handlung gezielt gegen Weisser Germer (Veratrum album), Alpen-Greiskraut (Senecio alpinus) und Gelber Enzian (Gen- tiana lutea) vorgegangen. Der Herbizideinsatz macht auch vor den Riedern nicht halt und selbst die Uferbereiche von Alptümpel oder Quellgerinne sind nicht tabu. Diese Vorge- hensweise ist nicht nur aus naturschutzfachlicher Sicht prob- lematisch, sondern auch für den Quell- und Gewässerschutz. 3.4.5 Ablagerung und Abbrennen von Schwendematerial in in der jüngeren Vergangenheit vielfach saniert und ausge- Mooren, Quellfluren, Dolinen etc. baut. Weiters wurden auch neue Tränken errichtet, bzw. von bestehenden Standorten weg verlegt. Das beim Schwenden der Alpweiden anfallende Stamm- und In der Regel ist das Umfeld der Tränken einer starken bis teils Astwerk – grossteils handelt es sich um Legföhre – wird man- massiven Beeinträchtigung durch das Weidevieh unterwor- gels einer alternativen Nutzung in grossen Haufen auf den fen. Die Vegetation wird durch die Trittbelastung in Mitlei- Weideflächen gelagert und nach dem Abtrocknen vielfach denschaft gezogen oder bisweilen auch gänzlich zerstört. verbrannt. Daneben kommt es zu einem steten Nährstoffeintrag und Dies geschieht bevorzugt auf den «schlechten» Weidepartien zur Eutrophierung. und somit häufig am Rand, aber auch inmitten von Riedern und Quellzonen. Dadurch kommt es zumindest punktu- ell zu einer starken Beeinträchtigung bzw. Zerstörung der Abb. 29 Brandstelle in Hangmoor, Guschgfiel, Riethötta Pflanzendecke, aber auch zu einer Nährstofffreisetzung und Veränderung der Böden. Die Regeneration der Vegetation benötigt lange Zeiträume und führt vielfach nur zur Ausbil- dung monotoner Bestände des Sumpf-Schachtelhalms (Equi- setum palustre). 106 Bisweilen wird anfallendes Schwendematerial auch in Doli- nen geworfen, zumal so auch das Risiko minimiert werden kann, dass Weidevieh darin zu Schaden kommt. Sind in den Dolinen Stillgewässer vorhanden führt dies natürlich zu ei- ner rascheren Verlandung, aber auch zur Veränderung der Wasserqualität (Nährstoffanreicherung, Sauerstoffzehrung, Faulschlammbildung), was diese als Amphibienlaichplätze ungeeignet machen kann.

3.4.6 Quellfassungen, Wasserableitung Abb. 30 Bau einer Quellfassung auf Mittlervalorsch. Ein klei- nes Quellhangmoor wird zerstört. In nicht wenigen Moorflächen des Berggebiets sind Quellfas- sungen und Wasserableitungen zu finden, die in erster Linie der Speisung von Viehtränken dienen, in der Nähe von Alp- gebäuden teilweise zu deren Wasserversorgung. Bisweilen ist das Umfeld der Wasserfassungen als «Quellschutzgebiet» ausgezäunt. Im einfachsten Fall handelt es sich um Schlauchleitungen mit denen das Wasser aus Quellgerinnen und -bächen ab- gezweigt wird. Im Falle der Quellfassungen findet sich die gesamte Bandbreite von kleinen Sammlerkästen aus Beton oder anderen Materialien (älteren Datums) bis hin zu den modernen Kunststoff-Zisternen. Letztere sind inzwischen sehr häufig anzutreffen, wurden im Laufe der jüngeren Ver- gangenheit doch bestehende Quellfassungen nach und nach modernisiert und ausgebaut, bzw. überhaupt neue Anlagen errichtet. Hingewiesen sei auch noch auf die Alp Gapfahl, wo Abb. 31 Neu errichtete Tränkanlage in einem Quellhangmoor ein Teil des benötigten Wassers aus den unterhalb des Alp- auf Matta/Gamperhöhe. stafels gelegenen Dolinen-Weihern abgepumpt wird. Die damit verbundenen Eingriffe in die Moore sind in der Regel nur lokal, gehen speziell bei der Errichtung grösserer und mit Fundamenten befestigter Anlagen doch mit der Zer- störung von Moorteilen oder Quellfluren einher. Nicht zu vergessen ist letztlich, dass sich die Wasserentnahme negativ auf die Hydrologie einer Moorfläche auswirken kann.

3.4.7 Viehtränken

Ebenso häufig sind in oder am Rand der Rieder Viehtränken vorzufinden. Ebenso wie die Quellfassungen wurden auch sie 3.4.8 Entwässerung Lokale und punktuelle Eutrophierungserscheinungen: Diese sind im Wesentlichen auf Nährstoffeinträge durch In den noch verbliebenen Feuchtlebensräumen der Rhein- das Weidevieh zurückzuführen (entlang von Triften, klein- talflanken stellen Entwässerungsmassnahmen gegenwärtig flächige Lägersituationen). Daneben kann etwa eine Anrei- kein wesentliches Problem dar. Dies gilt auch für die Rieder cherung entlang von Alpwegen (Materialeinschub, Einwa- des Berggebiets. Entwässerungen (Drainagen) sind hier die schung) oder an kleinflächigen Störstellen stattfinden (z.B. grosse Ausnahme und bleiben zumeist auf kleinere Flächen- durch Ablagerung von Biomasse, Brandstellen, Störung des teile beschränkt. Spuren eines grösseren Eingriffs (abseits Bodengefüges und Nährstoffmobilisierung durch Grabarbei- von Entwässerungen zur Hangsicherung; vgl. Kap. 3.5.3) wa- ten). ren nur in einer Vermoorung am Mattaförkle (Guschgfiel) zu entdecken. Das dortige Grabensystem wird aber seit langem Gewässereutrophierung: nicht mehr unterhalten und ist nur mehr an einem verrä- Im Falle der Stillgewässer lassen sich Nährstoffeinträge und terischen «Fischgrät-Muster» erkennbar, das sich im Pflan- Eutrophierung sehr gut am Algenwachstum und der Gewäs- zenkleid abzeichnet. servegetation erkennen. Eine starke Algenentwicklung (Al- genblüte und Wassertrübung, Grünalgenmatten, etc.), aber auch die starke Entfaltung nährstoffliebender Gefässpflan- 3.4.9 Nährstoffeinträge/Eutrophierung zen und Vegetationstypen (z.B. Flutrasen des Faltigen Süss- grases) sind ein Indiz. Die Ursachen liegen im: 107 Eine mit Nährstoffeinträgen verbundene Eutrophierung ist – Eintrag durch das Weidevieh: Analog zu den Tränken ein regelmässig zu beobachtendes Phänomen in den Feucht- und Lägern kommt es auch in bzw. im Umfeld von Still- lebensräumen des Berggebiets, wobei die Ursachen und das gewässern (Tümpel, Weiher) zu Eutrophierung. Ausmass der Beeinträchtigungen höchst unterschiedlich sein – Eintrag durch den Grundwasserstrom: Verfrachtung können. Dies macht es praktisch auch unmöglich, ohne gro- durch das Grundwasser über kurze bis mittlere Distan- ssen Zeitaufwand und detaillierte Erhebungen eine effektive zen. Ein seltener diesbezüglicher Fall sind die hydro- Bilanz und Statistik zu diesem Problembereich zu erstellen. logisch miteinander in Verbindung stehenden Weiher Anhand der Vegetationskarten (GIS-Bestand) und den Ob- und Quelltümpel unterhalb des oberen Stafels der Alp jektbeschreibungen lassen sich jene Gebiete, die von die- Gapfahl. sem Problem stark betroffen sind, herausfiltern. So gehen praktisch sämtliche Vegetationstypen des nährstoffreichen Feuchtgrünlandes in der einen oder anderen Form auf Nähr- Abb. 32 Gedüngte und intensiv geführte Weideflächen im stoffeinträge zurück. Gebiet Alp Sücka/Böda. Von den dortigen Hangmooren sind An dieser Stelle sei auf einige wiederkehrende Muster und nur mehr stark beeinträchtigte Reste vorhanden. Aspekte hingewiesen:

Flächige Eutrophierung: Eine flächige Eutrophierung ist im Berggebiet vor allem in den intensiv geführten Alpgebieten zu beobachten, lokal aber auch durchaus in eher extensiv geführten Weideflä- chen. Hier sind die Beeinträchtigungen aber häufig lokal begrenzt und beschränken sich auf gewisse «Brennpunkte». – Düngung: Vor allem in den intensiv geführten Melkal- pen ist die Vegetation mancherorts – und das nicht nur in den «Ertragslagen» – durch Düngung geprägt (z.B. Sücka, Pradamee, Valüna, Guschg), wobei die Beein- Abb. 33 Starke Grünalgen-Entwicklung in einem Quelltümpel trächtigungen teilweise auf Aufdüngung in der Vergan- (Quelle Seiten ast Gapfahl-Bach). Der Nährstoffeintrag er- genheit beruhen. folgt in diesem Fall durch das Grundwasser, der Ursprung der – (Natürliche) Akkumulationsstandorte, alpnahe Gebiete, Stofffracht liegt im Gebiet des Gapfahler Stafels. Läger: Ebene oder schwach geneigte Lagen, Mulden und Kessel, Unterhang- und Talbodenpositionen sind von Natur aus prädestinierte Standorte für eine Anrei- cherung von Nährstoffen. Sofern die Standorte nicht gedüngt sind, ist der Nährstofftransfer durch das Wei- devieh von grosser Relevanz. Im näheren und ferneren Umfeld der Alpgebäude, Stallungen, ehemaliger Pfer- che (z.B. Pradamee, Gritsch, Guschgfiel), an Lägern oder Hangpositionen unterhalb von Tränken sind häufig sehr nährstoffreiche Verhältnisse gegeben. Auteutrophierung: 3.4.11 Aufgabe der Bewirtschaftung/Brache Unter dem Begriff Auteutrophierung ist eine Nährstoffan- reicherung zu verstehen, die mit der Verbrachung einher- Rund 17% der erhobenen Feuchtgebietsflächen liegen der- geht. Sie resultiert aus dem Fehlen eines stetigen Entzugs zeit brach. Die Aufgabe der Bewirtschaftung erfolgte gross- von Biomasse, sei es durch das Weidevieh oder durch die teils wohl erst im Laufe der letzten 10-20 Jahre, einzig die wiederkehrende Mahd. Die Nährstoffakkumulation führt zu Steger Rieter rechtsseitig der Samina wurden wohl bereits einer schleichenden Veränderung der Vegetation, d.h. die viel früher aufgegeben. ursprüngliche Pflanzengesellschaft wird durch solche des Mit Ausnahme der Bestände am Silumer Alpelti, auf nächst höheren trophischen Niveaus abgelöst. Als klassische Säss-Schindelholz und den Hangmooren unterhalb der Ober Abfolge ist etwa jene zwischen dem nährstoffarmen Davall- Hötta auf Mittlervalorsch erfolgte die Einstellung der Bewirt- seggen-Ried und dem Rispenseggen-Ried zu nennen. Auch schaftung in erster Linie aus Gründen der Hangsicherheit, Hochstaudenfluren können sich entwickeln, bzw. zu mono- d.h. es handelt sich um Hangrutschungen und erosionsge- tonen Schilfbeständen werden, was im Berggebiet allerdings fährdete Hänge (real und potentiell). nur selten der Fall ist (z.B. Silum Alpelti, Steger Rieter). Die Flächenstilllegung führt mittel- bis langfristig zu Verän- derungen bzw. im Falle von sekundären, d.h. erst durch die Bewirtschaftung entstandenen Feuchtlebensräumen, durch 3.4.10 Verstaudung Verbuschung und Verwaldung zum Verlust. Einzelne Aspekte 108 werden im Folgenden dargestellt, eine ausführlichere Aus- Eine starke Entfaltung von Hochstauden bzw. die Ausbildung einandersetzung mit der grundlegenden Problematik ist in von Hochstaudenfluren ist in der Regel auf eine erhöhte Kap. 4 zu finden. Nährstoffverfügbarkeit zurückzuführen. Diese beruht in ers- ter Linie auf Nährstoffeinträgen und Eutrophierung, wobei die dahinter stehenden Aspekte bereits dargestellt wurden. Die mit Abstand wichtigste und am weitesten verbreitete Art bei der Verstaudung ist das Alpen-Greiskraut (Senecio alpi- nus), die als ausgesprochener Nährstoffzeiger und sehr kon- kurrenzstarke Art zur Ausbildung von Dominanzbeständen Tab. 2 Liste verbrachender Feuchtlebensräume im Liech- tendiert. Sie profitiert auch davon, dass sie vom Weidevieh tensteiner Berggebiet. gemieden wird und eine hohe Trittresistenz besitzt. Dement- sprechend wird sie vom Alppersonal auch als sehr lästiges Gemeinde Lokalität Status Brache «Weideunkraut» betrachtet. Balzers Schneeflocht-Faratobel komplett Balzers Schneeflocht-Valorschbach zentrale Anteile Triesenberg Silum-Alpelti komplett Triesenberg Steger Rieter, linksseitig Steger komplett Bach/Samina Triesenberg Steger Rieter, rechtsseitig Steger komplett Abb. 34 Durch Nährstoffeintrag bedingte Hochstaudenflur am Hang unter- Bach/Samina halb des Stafels der Alp Bargälla. Das Alpen-Greiskraut (Senecio alpinus) ist Triesenberg Säss, Schindelholz zentrale an seinen gelben Blüten zu erkennen. Anteile Triesenberg Bargälla, Mos zentrale Anteile Triesenberg Mittlervalorsch, Bim Stall-Rietle, komplett Quellmoore ob Valorschbach Triesenberg Mittlervalorsch, Bim Stall-Rietle teilweise Triesenberg Mittlervalorsch, Rietle, Quellmoor komplett ob Valorschbach Triesenberg Mittlervalorsch, Rietle komplett Triesenberg Mittlervalorsch, Hangmoore un- teilweise terhalb Ober Hötta Triesenberg Mittlervalorsch, grosses Hang- teilweise moor westlich Ober Hötta Vaduz Hintervalorsch, Schnee- randliche flocht-Schmelzibodawald Anteile Schaan Sass, Moor nördlich Jegerhötta/ randliche Sass-Hütte Anteile 3.4.12 Verbuschung/Verwaldung/Aufforstung Die an der Verbuschung bzw. Verwaldung beteiligten Ge- hölze sind zahlreich und durch die jeweilige Höhenstufe Mit Ausnahme extrem nasser oder durch eine fortwährende und Standortssituation bedingt. An den Rheintalflanken geomorphologische Dynamik (z.B. Hangrutschungszonen) sind Esche (Fraxinus excelsior) und Berg-Ahorn (Acer pseu- geprägte Standorte sind die unterhalb der Waldgrenze ge- doplatanus) häufig, während im Raum Steg unter anderem legenen Feuchtlebensräumen sekundärer Natur, d.h. durch die Grau-Erle und diverse Weiden (Salix sp.) eine grosse Rolle menschliche Nutzung entstanden. Bei einer Aufgabe der spielen. Mit zunehmender Höhe steigt die Bedeutung der Nutzung kommt es über kurz oder lang zur Wiederbewal- Fichte (Picea abies), die nach oben hin von der Bergföhre (Pi- dung. Diese geht umso langsamer vor sich, je extremer die nus mugo) abgelöst wird. Standorte (v.a. hinsichtlich der Nässe und der Nährstoffar- mut) sind. Die Prozesse der Verwaldung spielen gegenwärtig nur an 3.4.13 Verschilfung brach gefallenen Standorten eine Rolle, wobei die Einstel- lung der Bewirtschaftung vielfach noch nicht allzu lange zu- Das Schilf findet im Berggebiet aufgrund der klimatischen rückliegt und die Entwicklung erst am Anfang steht. Gegebenheiten nur in niedrigeren Lagen geeignete Lebens- Daneben sind auch in beweideten Beständen bisweilen stär- räume vor und bleibt auf wenige Lokalitäten der rheintalna- kere Gehölzaufwüchse zu beobachten, bzw. enge Verzah- hen Gipfelkette und die Talflanken beschränkt. Die höchsten nungen mit umliegenden (Weide)wäldern und Latschenge- und durchaus bemerkenswerten Vorkommen sind auf rund 109 büschen gegeben. Hier werden im Zuge der Weidepflege 1500 m Seehöhe im Mos auf Bargälla anzutreffen. Weitere regelmässig Schwendungen durchgeführt, wie im Jahr 2012 hochgelegene Vokommen liegen unter anderem auf dem etwa im Grossraum Matta. So kommt es, dass bei einer flächi- Silumer Alpelti (ca. 1440 m) oder in den Steger Rietern (ca. gen Betrachtung, der Anteil stark verbuschter oder verwal- 1230 m). deter Flächen sehr gering ist, wie untenstehender Abbildung Die beiden letzteren Vorkommen sind auch die beiden ein- entnommen werden kann. Aufforstungen spielen praktisch zigen Beispiele für Bestände im Berggebiet, in denen es im überhaupt keine Rolle und bleiben auf die Steger Rieter Zuge von Nutzungsaufgabe und Verbrachung zu einer über- (links- und rechtsseitig der Samina) beschränkt. mässigen Schilfentwicklung bzw. Verschilfung gekommen ist.

Abb. 35 Grad der Verbuschung/Verwaldung in den Feuchtge- 3.5 Weitere menschliche Beeinträchtigungen bieten (Flächenanteile) 3.5.1 Wegebau/Zerschneidung

Das Liechtensteiner Berggebiet ist durch ein dichtes Wege- netz hervorragend erschlossen, seien es nun die gut ausge- bauten Alpstrassen bzw. Güterwege, schmalere Stich- und Karrenwege, begrünte Trassees und Trift- und Fusswege. Speziell im Falle der «höherrangigen» Infrastruktur sind lo- kal durchaus stärkere Beeinträchtigungen gegeben, sei es durch die Zerstörung von Feuchtgebietsanteilen im Zuge des (Aus)baus der Wege, durch eine Veränderung des Wasser- haushalts (z.B. Wasserableitung, Eingriff in den Grundwas- serstrom) oder Materialaufschüttungen und -einschübe beim Bau, der Befestigung und Sanierung der Trassen. Im Falle der Trift- und Fusswege sind dahingegen bisweilen stärkere Be- Abb. 36 Vordringende Verbuschung mit Grauerlen im grossen einträchtigungen durch Trittschäden zu beobachten. Hangmoor im Bereich der Steger Rieter linksseitig der Samina.

3.5.2 Skibetrieb

Beeinträchtigungen durch den Skibetrieb sind nur lokal ge- geben und zwar im Gebiet der Malbuner Schneeflucht und entlang der Lifttrasse auf Pradamee (Oberpradamee und Nachtsäss). Die Schäden entstanden im Wesentlichen im Zuge des Baus der Liftanlagen. 3.5.3 Entwässerung/Hangsanierung 3.6 Beeinträchtigungen durch natürliche Prozesse

Gezielte und relativ grossflächige Entwässerungen zum 3.6.1 Hangrutschungen Zweck der Hangsanierung sind nur in den rechtsseitig der Samina gelegenen Anteilen der Steger Rieter zu finden und Grundvoraussetzung für die Entstehung von Mooren und zwar oberhalb des Pumpwerks Rieteren (Kraftwerksablei- Quellfluren ist ein Überschuss von Wasser. Ein solcher kann tung). aber auch zur Instabilität von Hängen mit Lockermaterial- Die dortigen Rutschhänge wurden mittels eines dichten Net- überdeckung (z.B. Moräne, Hangschutt, etc.) führen und zes an Drainagen trocken gelegt (Wasserableitung mittels somit zu Hangfliessen, Rutschungen und im ungünstigsten breiter Betonprofile) und stellenweise aufgeforstet. Dabei Fall zu Murabgängen (Rückschreitende Erosion/Denudation). wurden Kalk-Quellfluren und Quellmoore zerstört, diverse Das auslösende Moment ist in der Regel witterungsbedingt. Fragment-Bestände zeugen allerdings noch von den ur- Schneeschmelze oder Starkregenereignisse führen zum sprünglichen Vorkommen. Überschreiten der Wasserkapazität und zur Sackung oder zum Abrutschen des Untergrunds. Weitere Rutschungsstand- orte finden sich an Bacheinhängen und Uferböschungen, wo es episodisch durch Unterschneidung zum Abrutschen von Hängen kommen kann. Derartige Ereignisse erfolgen zumeist episodisch, zuletzt im Abb. 37 Die Rieder in den Weidehängen unterhalb von Pradamee sind unter Jahr 2005, als es im August nach einer Starkregenperiode anderem durch Strassenbau und Skibetrieb mehr oder weniger stark in Mitlei- nicht nur in Liechtenstein (z.B. Hangrutschungen im Sami- denschaft gezogen. natal unterhalb von Steg), sondern viel mehr noch im be- nachbarten Vorarlberg zu teils grossen Schäden gekommen ist. Auch an den Riedern des Berggebiets ging dieses Jahr nicht spurlos vorüber. Schäden, die in dieses Jahr datieren, finden sich unter anderem auf Mittlervalorsch (Ober Hötta), Malbun (Obere Fluatola) und auf Gritsch (Hundstal). Durch Denudations- und Erosionsprozesse in ihrem Bestand akut von Zerstörung bedroht sind zur Zeit allerdings nur einzelne und eher unbedeutende Standorte (z.B. Gritsch-Hundstal, Steger Rieter).

Abb. 38 Oberhalb des Pumpwerks Rietern wurden Teile der Steger Rieter Abb. 39 Kleines Quellmoor an den sonnseitigen Einhängen zur Hangsicherung entwässert. Die Betonprofile, die bei der bevorstehenden des Hundstals (Gritsch). Der am Oberrand einer Hang- Erneuerung der alten Holzableitungen eingebaut werden, wurden bereits vor rutschungszone gelegene Bestand wird früher oder später Ort gebracht. durch Erosion verloren gehen. 4 Diskussion das Vieh. Es handelt sich dabei allerdings zumeist nur um kleinflächige Erscheinungen. Feuchtwiesen (z.B. Pfeifengraswiesen) oder feuchte bis nasse 4.1 Primär waldfreie und sekundäre Feuchtlebens- Weiderasen (z.B. Binsenweiden, Rasenschmielen-Weiden) räume sind auf alle Fälle sekundärer Natur. Dies gilt auch für einen Grossteil der Hochstaudenfluren, es sei denn sie säumen Bach- Als Lebensräume die durch einen mehr oder weniger per- ufer oder gedeihen an steilen Tobeleinhängen, in Zügen manenten Wasserüberschuss geprägt sind, sind Moore bzw. oder Lawinenbahnen, wo aus anderen Gründen waldfeind- bestimmte Moortypen als von Natur aus waldfeindliche oder liche Bedingungen herrschen. Hier können sie allerdings im- primär waldfreie Standorte zu werten. Allerdings gibt es auch mer noch in enger Verzahnung mit verschiedenen Gebüsch- sekundäre Vermoorungen, d.h. solche die durch menschliche formationen (z.B. Weiden, Grünerle) auftreten. Eingriffe entstanden sind, bzw. ausgehend von einem primär waldfreien Kern, durch diese eine beträchtliche Ausweitung ihrer Fläche erfahren haben (vgl. STEINER, 1992). Dies ist auch Primär waldfreie Feuchtlebensräume für den überwiegenden Teil der Vermoorungen im Liechten- steiner Berggebiet der Fall. Oberhalb der potentiellen Wald- Ob es sich bei einem Feuchtlebensraum um eine rein sekun- bzw. Krummholzgrenze, die im Land in Höhen zwischen 1900 däre Erscheinung handelt, ist zumeist nicht allzu schwer zu und 2000 m anzusetzen ist (vgl. SCHMIDER & BURNAND 1988, bzw. beurteilen. Paradoxerweise kann es aber nun gerade in jenen 111 KILIAN, MÜLLER & STARLINGER 1994) konnten im Zuge des Projekts Fällen schwierig sein, ein klares Urteil zu fällen, in denen ein keine relevanten Bestände erfasst werden. Standort zumindest in seinem Kern als waldfrei zu betrach- Sofern es sich bei der Ursprungsvegetation nicht ohnehin um ten ist. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Waldtypen feuchter bis nasser Standorte handelt, kann es im keine Vergleichsmöglichkeiten mit tatsächlich unberühr- Zuge der Rodung von Wäldern auch zu einer sekundären ten Beständen vorliegen und man sich somit immer auf ein Vernässung kommen. Dieses Phänomen beruht darauf, dass gedankliches «Konstrukt» beruft, welches von der Realität Bäume über ihre Transpirationsleistung (Wasseraufnahme überholt werden kann. Folgende Aspekte sind zu beachten: über Wurzelwerk und Verdunstung über Spaltöffnungen – Der Begriff «primär waldfrei» ist keinesfalls mit Gehölz- und Blattoberfläche) Einfluss auf den Wasserhaushalt eines freiheit gleichzusetzen. Schwachwüchsige Einzelbäume, Standorts nehmen und so gewissermassen eine drainierende Krüppelformen, Weiden- und sonstige Gehölzauf- bzw. entwässernde Wirkung entfalten. Wird nun der Wald wüchse sind praktisch immer vorhanden. gerodet, kann dieser Effekt von der Nachfolgevegetation, – Gerade in den Hanglagen des Berggebiets liegen ge- bestehend aus Gräsern, Grasartigen, Krautigen oder Hoch- ländebedingt häufig sehr kleinräumige Abfolgen un- stauden nicht kompensiert werden, wodurch es zur Vernäs- terschiedlicher Standortsqualitäten und somit Vegeta- sung kommt. Die wichtigsten Waldtypen feuchter bis nasser tionsmosaike vor. Bei den tatsächlich waldfeindlichen Standorte, die als Ursprungsvegetation betrachtet werden Bereichen handelt es sich vielfach um kleinflächige Er- können, sind (nach SCHMIDER & BURNAND, 1988): scheinungen, die in eine «Matrix» aus waldtauglichen – Seggen-Bacheschenwald (Carici remotae-Fraxinetum): Habitaten eingebettet sind. tiefere Lagen der Rheintalflanken – In Anbetracht der Kleinflächigkeit von Quellfluren und – Reitgras-Grauerlenwald (Calamagrostio-Alnetum in- Quellmooren stellt sich in jenen Fällen in denen sie in canae): v.a. in der Hangwald-Ausbildung, tiefere Lagen einer Wald- oder Gehölzmatrix zu finden sind die Frage, des inneren Berggebiets ab welchem Grad der (seitlichen) Überschirmung ein – Schachtelhalm-Tannenmischwald (Equiseto-Abietetum): Standort als waldfrei zu betrachten ist. v.a. inneres Berggebiet – An stärker durch menschliche Nutzung überprägten – Alpendostflur mit Fichte (Piceo-Adenostyletum): v.a. in- Standorten kann eine Mischung aus primären und se- neres Berggebiet kundären Anteilen vorliegen. In frühen Sukzessionssta- – Grünerlen-Bestände (Alnetum viridis): v.a. inneres Berg- dien und bei beginnender Gehölzentwicklung ist eine gebiet Differenzierung der unterschiedlichen Standortsqualitä- Weitere Waldtypen, die in engem Kontakt mit Feuchtlebens- ten nur schwer möglich. räumen auftreten können, sind unter anderem: Folgende Typen von Feuchtlebensräumen bzw. Grundsitua- – Alpendost-Fichten-Tannenwald (Adenostylo-Abiete- tionen sind zumindest in ihrem Kern als primär waldfrei zu tum) betrachten: – Reitgras-Fichtenwald (Calamagrostio variae-Piceetum) – Sehr nasse Vermoorungen in Muldenlagen und Ver- – Latschengebüsche bzw. Legföhrenbestände der Schnee- ebnungen, sowie Quellmoore mit flächigen und stark heide- und Alpenrosen-Bergföhrenwälder schüttenden Wasseraustritten in Hanglagen (z.B. Bar- gälla-Mos, Sass-Moor nördlich Jegerhötta) Ein weiterer Effekt, der zwar nicht zur Entstehung von Ver- – Quellfluren und Quellmoore mit einer ausgeprägten Bil- moorungen führt, allerdings doch eine Vernässung von Wei- dung von Kalktuffen. Abgesehen davon, dass sie durch deflächen bewirken kann, ist die Bodenverdichtung. Sie tritt ständige Nässe geprägt sind, können sie in vielerlei Hin- auf schweren, lehmigen Böden auf und ist in Weidegebieten sicht mit Felsstandorten verglichen werden (z.B. Steger das Resultat der mechanischen Belastung des Bodens durch Rieter). – Quellfluren und Quellmoore an steilen, durch Rheintalflanken Rutschungsdynamik gekennzeichneten Hangstandor- ten. In ihrem Fall ist nicht immer eindeutig zu klären, Auf alle Fälle als negativ zu bewerten ist der Verlust von ob die Gehölzarmut auf die Nässe zurückzuführen ist Feuchtlebensräumen im Gebiet der Rheintalflanken, zumal oder darauf, dass die vorherrschende Dynamik einen hier nur mehr Reste der ehemaligen Feuchtgebietsausstat- stärkeren Gehölzaufwuchs verhindert (z.B. Quellfluren tung vorhanden sind. Hier sollte alles unternommen werden und Quellmoore entlang des Valorschbachs). um die verbliebenen Standorte zu erhalten. Da es sich aus- – Quellfluren und Quellmoore in Waldgrenzlagen, vor al- schliesslich um sekundäre Lebensräume handelt, kommt der lem an Standorten die auch sonst gehölzfeindlich sind, Sicherung bzw. Wiederaufnahme der Bewirtschaftung eine seien es nun Runsen, Gräben, schneereiche Lagen oder entscheidende Rolle zu. Lawinenbahnen (z.B. Teile der Quellmoore auf Gritsch, Malbun Bleika und Schlucher). – Quellfluren und Vermoorungen im Bereich von Bachal- Inneres Berggebiet luvionen bzw. Hinterwasserzonen (in Liechtenstein nur sehr kleinflächig, z.B. am Valorschbach). Eine Beurteilung dieser zukünftigen Entwicklung kann hier differenziert erfolgen. In einigen Fällen ist sie aus natur- schutzfachlicher Sicht eindeutig als negativ zu bewerten. 112 Sekundäre Feuchtlebensräume und deren Entwicklung im Andernorts können aber durchaus auch positive Aspekte ge- Zuge von Nutzungsaufgabe und Brache geben sein, bzw. sogar überwiegen, selbst wenn es dadurch zum lokalen Verlust von Lebensgemeinschaften kommt, die Die sekundären, d.h. bewirtschaftungsbedingten Feuchtle- in ihrer Existenz auf das Vorhandensein offener, waldfreier bensräume werden sich bei einer Aufgabe der Nutzung über Standorte angewiesen sind. Eindeutig als negativ zu bewer- kurz oder lang wieder in Richtung Wald bzw. in höheren La- ten sind zukünftige Flächenverluste im Falle von: gen auch zum Krummholz entwickeln. – im Fürstentum Liechtenstein aber auch im mitteleuro- Der Prozess der Wiederbewaldung geschieht dabei umso päischen Rahmen sehr seltenen Lebensraumtypen. Dies langsamer, je nasser der jeweilige Standort ist. Daneben kann betrifft vor allem die durch starke Kalktuffbildung ge- auch die Nährstoffsituation eine Rolle spielen, und zwar in kennzeichneten Quellfluren und Quellmoore tieferer der Hinsicht, dass sich an nährstoffreichen Standorten kon- Lagen (v.a. Steger Rieter). Auch wenn es sich teilweise kurrenzstarke Grossseggen- oder Hochstauden-Bestände um primär waldfreie Standorte handelt, sollte in ihrem entwickeln können, in denen sehr verjüngungsfeindliche Be- Fall alles unternommen werden, um sie in ihrer Fläche dingungen herrschen. und Qualität zu erhalten. Was den Zeithorizont betrifft kann davon ausgegangen wer- – sekundären Hangmooren von grosser Ausdehnung, spe- den, dass nicht allzu «extreme» Standorte binnen 20 bis 30 ziell wenn sie Teil einer grösseren Feuchtgebietsausstat- Jahren verwalden. Ihren Ausgangspunkt nimmt die Gehölz- tung darstellen (v.a. im Gebiet vom Mittlervalorsch). In entwicklung dabei gerne auf etwas trockeneren Kleinstand- ihrem Fall sind auch die Flächenansprüche der charak- orten oder geschieht, wenn Wald- oder Krummholzbestände teristischen Lebensgemeinschaften zu berücksichtigen angrenzen, auch von den Rändern her. (z.B. hinsichtlich der Populationsgrössen von Insekten, In zeitlich anderen Dimensionen dürfte sich dahingegen die etc.). potentielle Sukzession in den höchst gelegenen Gebieten des Landes (Grossraum Sareis, Gritsch Hötta- und Hundstal) be- Neutral bzw. aus gewissen Gesichtspunkten (Prozessschutz, wegen. Hier ist wohl mit deutlich längeren Zeiträumen zu Wildnisgedanke) heraus als interessante und durchaus positiv rechnen, da sich die entsprechenden Bestände zum einen zu bewertende Entwicklungen können in Feuchtflächen auf- nahe der potentiellen Waldgrenze befinden und zum ande- treten, die in Teilen als waldfeindlich bzw. primär waldfrei zu ren im teils grossflächig waldfreien bzw. krummholzfreien betrachten sind (z.B. Mos auf Bargälla, Quellhangmoore in Weidegebieten gelegen sind. Steilhangpositionen im Gebiet von Mittlervalorsch). Verluste von Offenflächen werden hier zwar nicht ausblei- ben, allerdings ist davon auszugehen, dass keine vollständige 4.2 Zur naturschutzfachlichen Beurteilung der Wieder- Verwaldung eintritt, sondern sich im Zuge der Sukzession ein bewaldung von Feuchtstandorten: Lebensraumkomplex von offenen Quellflur- und Quellmoor- flächen sowie feuchten Gebüsch- und Waldformationen ein- Wie in Kap. 3.4.11 und 3.4.12 dargestellt, liegen gegenwärtig stellen wird. An dynamischen Standorten kann die Gehölz- rund 17% der Feuchtlebensräume brach, wobei die Bewirt- entwicklung auch beträchtlich verzögert, bzw. episodisch schaftung grossteils erst im Laufe der letzten 10-20 Jahre auf- zurückgeworfen werden. Langfristig wird sich eine Entwick- gegeben wurde. Damit wurde der Grundstein für zukünftige lung in Richtung der «potentiell natürlichen» Vegetation Flächenverluste durch eine Wiederbewaldung gelegt. bzw. Lebensraumausstattung ergeben. Aus naturschutzfachlicher Sicht kann der Verlust von Feucht- lebensräumen toleriert werden, sofern diese von geringer Ausdehnung und am Rand oder innerhalb von Waldungen gelegen sind. In diesen Fällen kann die Entwicklung hin zur «potentiell natürlichen» Vegetation, sprich Wald, als durch- und ertragreichen Standorten zu finden sind, die seit langem aus positiv bewertet werden. intensiv beweidet werden und entsprechend überprägt sind In den beiden letztgenannten Fällen ist der Verzicht auf eine (bisweilen auch durch Düngung). Daneben können Feucht- Aufforstung und ein Zulassen der natürlichen Entwicklung lebensräume beispielsweise auch an weideintern neuralgi- allerdings Grundvoraussetzung für eine neutrale bzw. posi- schen Punkten liegen, sei es etwa aufgrund der Verfügbar- tive Beurteilung. keit von Wasser (Tränken) oder weil sie von viel begangenen Wegkorridoren bzw. Triften gekreuzt werden, für die es bis- weilen keine Alternative gibt. 5 Empfehlungen Beweidung: An allererster Stelle kann hier nur der Appell stehen, mit den – Allgemein möglichst extensive Beweidung und Verzicht Feuchtlebensräumen im Berggebiet möglichst pfleglich um- auf eine Intensivierung der Nutzung in all ihren Aspek- zugehen und jegliche Massnahmen, die zu einer Schädigung ten (z.B. auch hinsichtlich der Weidepflege; s.u.). oder Zerstörung der entsprechenden Standorte führen kön- – Optimal wäre es, die Zugänglichkeit zu besonders emp- nen, tunlichst zu unterlassen. Dies gilt für alle Nutzergruppen findlicher Feuchtflächen (z.B. sehr nasse Quellmoore, gleichermassen, wobei der Land- bzw. Alpwirtschaft insofern Quellfluren, Steilhangpositionen, etc.) zeitlich einzu- eine besondere Bedeutung zukommt, da sie als einzige auf schränken. Die Fläche sollte zu Beginn der Weideperi- grosser Fläche wirksam und prägend ist. ode zugänglich gelassen werden (grösseres Futterange- 113 bot und bessere Streuung des Weideviehs) und erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgezäunt. 5.1 Bewirtschaftung: – Optimale Weideführung: Wenn immer möglich Stand- weiden oder Koppeln derart anlegen, dass die Feuchtle- 5.1.1 Rieder der Rheintalflanken (Balzers, Ellwesa; Triesen, bensräume innerhalb dieser nicht in ungünstigen Positi- Poschkahalda; Triesenberg, Silum-Alpelti, Silum Ebni) onen zu liegen kommen.

Auch wenn für die betreffenden Bestände möglicherweise Düngung: keine Magerwiesenverträge abgeschlossen sind, wird doch – Düngung schädigt die auf nährstoffarme Verhältnisse empfohlen sich bei der Bewirtschaftung an den entspre- angewiesenen Lebensgemeinschaften und kann letzt- chenden Auflagen zu richten (d.h. Herbstmahd, Mahd nicht lich in deren Zerstörung münden. Sie sollte aus diesem vor dem 15. September und spätestens bis Mitte März des Grund unbedingt unterlassen werden. folgenden Jahres, Mähgut entfernen, keine zusätzliche Be- – Düngerverzicht in Fällen in denen Feuchtlebensräume in weidung). gedüngten Weideflächen liegen. Einhaltung von ausrei- Im Falle von Beständen die zur Zeit beweidet werden, wäre chenden Düngeabständen (Pufferzonen abhängig von eine Rückkehr zur Streuemahd aus naturschutzfachlicher der Lage im Gelände: 10 bis 15 m). Sicht optimal. Ansonsten möglichst extensive Beweidung und keine zu intensive Weidepflege (höchstens herbstliche Weidepflege: Pflegemahd). Dort wo die Bestände an intensivlandwirt- – Verzicht auf eine zu intensive Weidepflege. Sofern sie schaftliche Flächen grenzen, wird die Einrichtung einer un- nicht sehr selektiv durchgeführt wird Beschränkung auf gedüngten Pufferzone empfohlen. eine einmalige Mahd während oder nach der Weidesai- son. Eine sehr frühe Mahd zum Zeitpunkt der sommer- lichen Blühphase (Mitte Juni, Juli) oder eine zweimalige 5.1.2 Gemähte Rieder im «inneren» Berggebiet Mahd sollte unterbleiben. – Das Häckseln bzw. Mulchen von überständigem Auf- Die Mahd von Hangmooren stellt im «inneren» Berggebiet wuchs und Weideunkräutern mag aus alpwirtschaftli- die absolute Ausnahme dar und wird ausschliesslich in einem cher Sicht zwar höchst praktikabel erscheinen, ist aus Teil der an sich aufgegebenen Rieder unterhalb des Oberen naturschutzfachlicher Sicht aber als problematisch zu Stalls auf Mittlervalorsch praktiziert. Es handelt sich dabei erachten, weshalb davon Abstand zu nehmen ist. um eine jagdliche Nutzung, d.h. die Mahd dient der Gewin- – Weidepflege auch auf «maschinentauglichen» Flächen mit nung von Heu zur winterlichen Wildfütterung. möglichst leichtem Gerät durchführen um eine Schädigung der Pflanzendecke und des Bodens zu vermeiden. – Kein Herbizideinsatz. Der Einsatz von Herbiziden sollte 5.1.3 Alpweiden nicht nur aus naturschutzfachlichen, sondern auch aus Gründen des Quell- und Gewässerschutzes unbedingt Was die Alpweiden betrifft gilt ganz allgemein festzustellen, eingestellt werden. dass eine möglichst extensive Bewirtschaftung der Feuchtle- bensräume aus naturschutzfachlicher Sicht die optimale Art Schwendung/Entbuschung: der Nutzung darstellt. – Bei Schwendung besondere Rücksicht auf die empfindli- Dies dürfte nicht auf allen Flächen umsetzbar sein, da ein chen Feuchtlebensräume nehmen. Stärkere Störung der Teil der erhobenen Bestände an gut zu bewirtschaftenden Standorte, Verletzung des Pflanzenkleids und der Böden – Ein Nährstoffeintrag in die Stillgewässer sollte nach nach Möglichkeit vermeiden. Möglichkeit verhindert, bzw. zumindest minimiert wer- – Anfallendes Astwerk und Holz nicht in den Feuchtlebens- den. Das heisst unter anderem Verzicht auf Düngung im räumen lagern, seien es nun Quellfluren, Moorflächen, Umfeld der Gewässer, sowie Prüfung des Abwasser- und Bäche oder Stillgewässer. Daneben sollte das Schwende- Stallwassermanagements, wenn in Gewässern im Um- gut auch nicht in trockene Dolinen entsorgt werden. feld von Alpgebäuden Probleme mit Nährstoffeinträgen – Astwerk und Holz unbedingt aus den Feuchtlebensräu- gegeben sind (v.a. Alp Gapfahl). men entfernen, keinesfalls vor Ort verbrennen. – Keine Ablagerung von Astwerk und Holz in den Stillge- wässern. Quellfassungen/Wasserableitungen – Nach Möglichkeit Verzicht auf die Neuerrichtung von Quellfassungen, da speziell im Fall moderner Anlagen 5.2 Sonstige menschliche Eingriffe mit eingegrabenen Zisternen, stärkere Beeinträchtigun- gen oder die teilweise Zerstörung von Quellfluren und Wegebau/Wegeunterhalt: Quellmooren nicht zu vermeiden sind. – Verzicht auf weitere Strassen- und Wegerschliessungen – Bestehen keine Alternativen zur Neuerrichtung einer im Berggebiet. Quellfassung, dann Beizug eines Naturschutzsachver- – Verzicht auf die Befestigung und den Ausbau von schma- 114 ständigen und Wahl eines möglichst «unproblemati- len Karren- und Stichwegen und allen übrigen, eben- schen» Standorts. falls unbefestigten bzw. «grünen» Trassees, Trift- und – Zisternen ausserhalb der Feuchtlebensräume eingraben, Fusswegen. Wasserzuleitung über Schlauchleitungen. – Bei notwendigen Sanierungsmassnahmen an bestehen- – In Fällen in denen eine Wasserableitung ohne die Errich- den Wegen ist auf angrenzende Feuchtlebensräume tung von Quellfassungen oder anderen Bauten möglich grösste Rücksicht zu nehmen. Kein Einschub von Boden- ist, sollte dieser Lösung der Vorzug gegeben werden material, keine Entwässerungen, etc. (z.B. Wasserableitung aus Quellbächen mittels simpler Schlauchleitung). Hangsanierung: – Verzicht auf eine Wasserentnahme aus Stillgewässern. – Sofern es nicht zu einer akuten Gefährdung unterlie- Dort wo eine solche praktiziert wird (Alp Gapfahl), sollte gender Gebiete oder Objekte kommt, sollte auf Mass- diese entweder unterbleiben oder möglichst gering ge- nahmen zur Hangsanierung (Entwässerung, Verbauung, halten werden. Die Veränderung von Stillgewässern, etc.) im Bereich von Feuchtlebensräumen verzichtet z.B. ein Aufstau durch Dammbauten (wie auf Guschgfiel werden. Gamperhöhe) sollte unbedingt unterlassen werden. – Keine weiteren Hangsanierungen im Gebiet der Steger Rieter. Der Schutz der für das Land einzigartigen Kalk- Viehtränken: tuff-Quellfluren sollte hier unbedingt im Vordergrund – Tränkeanlagen prinzipiell ausserhalb von Feuchtstandor- stehen. ten anlegen, Zuleitung des Wassers mittels Schlauchlei- tungen. Freizeitnutzung (Skitourismus, etc.): – Sind an bestehenden Tränken innerhalb von Feucht- – Bei Arbeiten an bestehenden Liftanlagen ist auf angren- gebieten grössere Sanierungsmassnahmen notwendig, zende Feuchtlebensräume grösste Rücksicht zu nehmen dann sollten diese nach Möglichkeit gleich an einen, und auf jegliche Eingriffe nach Möglichkeit zu verzich- ausserhalb davon gelegen Standort verlegt werden. ten. Keine Zerstörung von Feuchtlebensräumen durch Pistenbau, Präparierung und sonstige mit dem Skibe- Eingriffe in die Hydrologie/Entwässerung: trieb in Zusammenhang stehenden Massnahmen. – Verzicht auf jegliche Entwässerung und sonstige Mass- – Keine Neuanlage von Wanderwegen oder sonstigen nahmen die zu einer Störung der Hydrologie der Feucht- (berg)touristischen Anlagen im Bereich von Feuchtle- lebensräume führen. bensräumen.

Stillgewässer: – Keine Eingriffe vornehmen (z.B. Aufstau, Wasserent- 5.3 Wiederaufnahme der Bewirtschaftung nahme, Ausbaggerung, etc.). Speziell in den Dolinen- tümpeln der Gipsgebiete besteht durch Veränderungen 5.3.1 «Inneres» Berggebiet des Gewässergrunds, welcher als «Abdichtung» fun- giert, die Gefahr, dass diese trocken fallen. Im inneren Berggebiet wurden speziell auf die Empfehlung – Da die Alptümpel vielfach als Tränken für das Weide- in den Alpinventaren hin, aber auch aufgrund aktueller Han- vieh genutzt werden, wird sich eine Auszäunung nicht grutschungen in den letzten zumindest gebietsweise zahl- in jedem Fall realisieren lassen. In Gebieten wo die Was- reiche Quell- und Hangmoore ausser Nutzung genommen. serversorgung anderweitig möglich ist, wird eine solche Grossteils gibt es aus naturschutzfachlicher Sicht nichts da- Massnahme aber empfohlen. Es ist darauf zu achten, gegen einzuwenden, in einigen Fällen wird allerdings eine dass die Weideschäden nicht überhand nehmen. Wiederaufnahme der Beweidung auf der gesamten Fläche, bzw. in Teilen der Flächen empfohlen. Es handelt sich dabei 6 Literatur ausschliesslich um Bestände im Mittlervalorsch und zwar: – Mittlervalorsch, Bim Stall und Rietle ADLER, OSWALD & FISCHER (1994): Exkursionsflora von Österreich. E. Ul- – Mittlervalorsch, grosses Hangmoor westlich Ober Hötta mer Verlag. Stuttgart, Wien. ALLEMANN , F. (2002): Erläuterungen zur geologischen Karte des Fürs- tentums Liechtenstein (1:25.000). Regierung des Fürstentums In einem anderen Fall, nämlich im Gebiet von Säss-Schindel- Liechtenstein (Hrsg.). Vaduz. holz wäre aus naturschutzfachlichen Aspekten eine Wieder- BALÁTOVÁ-TULAČKOVA, E., MUCINA, L., ELLMAUER, TH. & WALLNÖFER, S. (1993): aufnahme der Mahd zu begrüssen. In den dortigen Offenflä- Phragmiti-Magnocaricetea. In: GRABHERR, G. & MUCINA L. (Hrsg.): Die chen werden zu jagdlichen Zwecken zwar noch die frischen Pflanzengesellschaften Österreichs, Teil II, Natürliche waldfreie bis feuchten Wiesenflächen gemäht, die Hangmooranteile Vegetation. G.Fischer Verlag. Jena, Stuttgart, New York. liegen hingegen brach. BERNHARDT, K.-G.(1995): Die Pflanzengesellschaften des Fürstentums Liechtenstein II. Fettweiden, Parkrasen, und Tal-Fettwiesen. BZG-Bericht 22, S. 17-38. 5.4 Gezielte Pflegemassnahmen/Management BERNHART, K.-G. (1997): Die Pflanzengesellschaften des Fürstentums Liechtenstein IV. Nasse Wiesen und Hochstaudenfluren, Nieder- moore, Grossseggenrieder, Röhrichte, Wasserschweber- und Was- Aufgrund der sehr hohen naturschutzfachlichen Wertigkeit serpflanzengesellschaften. BZG-Bericht 24, S. 7-84. und der teils sehr weit fortgeschrittenen Sukzession wird BERNHARDT, K.-G.(1999): Die Pflanzengesellschaften des Fürstentums für einen Teil der Steger Rieter die Durchführung gezielter Liechtenstein VII. Subarktisch-subalpine Hochstaudenfluren. 115 Pflegemassnahmen empfohlen, wobei als erster Schritt ein BZG-Bericht 27, S. 249-284. Pflegeplan erstellt werden sollte. Eine reguläre landwirt- BERNHART, K.-G. (2002): Die Pflanzengesellschaften des Fürstentums schaftlichen Nutzung ist hier kaum mehr zu etablieren und Liechtenstein IX. Zwergbinsen- und Quellfluren, thermophile Saumgesellschaften. BZG-Bericht 29, S. 331-336. wäre aus verschiedenen Aspekten heraus (u.a. Hangsicher- BERNHART, K.-G. & MÖNNIGHOF, U. (2006): Die Pflanzengesellschaften heit, Empfindlichkeit der Lebensräume gegenüber Tritt, etc.) des Fürstentums Liechtenstein XI. Subalpine und alpine Weiden. auch kontraproduktiv. BZG-Bericht 31, S. 201-214. BROGGI M. F. et al. (1992): Inventar der Naturvorrangflächen des Konkret geht es um folgende Flächen: Fürstentums Liechtenstein. Im Auftrag der Regierung des Fürsten- – Quellfluren und Quellmoore rechtsseitig der Samina tums Liechtenstein, Landesforstamt. Vaduz. – Grosses Quellmoor linksseitig der Samina BROGGI M.F., WALDBURGER E. & STAUB R. (2006): Rote Liste der gefährde- ten und seltenen Gefässpflanzen des Fürstentums Liechtenstein. BZG-Bericht 32, S. 53-88 Der Fokus ist darauf zu richten, die zunehmende Verbuschung ELLMAUER, TH & MUCINA L. (1993): Molinio-Arrhenatheretea. In: MUCINA, und Verwaldung hintan zu halten um weitere Flächenverlus- L., GRABHERR, G. & ELLMAUER, TH. (Hrsg.): Die Pflanzengesellschaften ten zu vermeiden und für die Quellfluren und angrenzenden Österreichs. Teil I, Anthropogene Vegetation. G. Fischer Verlag, Quellmoore günstige (Licht)verhältnisse zu erhalten. Auch ist Jena, Stuttgart, New York. zu prüfen, ob es sinnvoll und zielführend ist, Massnahmen FRAHM, J-P. & FREY, W. (2004): Moosflora. Neubearbeitete und erweit- rückgängig zu machen, welche die Hydrologie der Quellflu- erte Auflage. UTB, Stuttgart. ren beeinträchtigen (z.B. alte Wasserleitungsrohre zur Bün- GRABHERR, G. (1993): Seslerietea albicantis. In: GRABHERR, G. & MUCINA L. delung und gerichteten Ableitung von Quellwässern). Die (Hrsg.): Die Pflanzengesellschaften Österreichs, Teil II, Natürliche waldfreie Vegetation. G.Fischer Verlag. Jena, Stuttgart, New York. Entfernung von Müll und sonstigen Ablagerungen stellt da- KARNER, P. & MUCINA, L. (1993): Mulgedio-Aconitetea. In: GRABHERR, G. hingegen einen geringen Aufwand dar. & MUCINA L. (Hrsg.): Die Pflanzengesellschaften Österreichs, Teil II, Natürliche waldfreie Vegetation. G. Fischer Verlag. Jena, Stutt- gart, New York. KILIAN, W., MÜLLER, F. & STARLINGER, F. (1994): Die forstlichen Wuchsgebi- ete Österreichs. Eine naturräumliche Gliederung nach waldökolo- gischen Gesichtspunkten. FBVA-Berichte 82. MÖNNINGHOFF, U, BERNHARDT K.-G., & BORGMANN, P. (1998): Die Pflanzen- gesellschaften des Fürstentums Liechtenstein IV. Alpine Rasen und Schneebodengesellschaften. BZG-Bericht 25, S. 63-122. MUCINA, L. (1993): Galio-Urticetea. In: MUCINA, L., GRABHERR, G. & ELL- MAUER, TH. (Hrsg.): Die Pflanzengesellschaften Österreichs. Teil I, Anthropogene Vegetation. G.Fischer Verlag, Jena, Stuttgart, New York. RENAT AG (2011): Kartierung der Feuchtgebiete im Talraum Liechten- steins. Bericht zur Kartierung, 33 S. NEBEL, M. & PHILIPPI G. (2000): Die Moose Baden-Württembergs, Bd.1, Allgemeiner Teil, Spezieller Teil: Bryophytina I, Andreaeales bis Fu- nariales. Ulmer, Stuttgart-Hohenheim. NEBEL, M. & PHILIPPI G. (2001): Die Moose Baden-Württembergs, Bd.2, Bryophytina II: Schistostegales bis Hypnobryales. Ulmer, Stutt- gart-Hohenheim. RHEINBERGER H-J., RHEINBERGER B. & RHEINBERGER P. (1999): Orchideen des Fürsstentum Liechtenstein. Naturkundliche Forschung im Fürsten- tum Liechtenstein. Band 13. SCHMIDER, P. & BURNAND, J (1988): Die Waldgesellschaften. Naturkundli- che Forschung im Fürstentum Liechtenstein. Band 10. SENN, H.P. (2000): Die Moose des Fürstentums Liechtenstein. Naturkundliche Forschung im Fürstentum Liechtenstein. Band 17. STADLER, F. 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Haupt-Verlag 810 Seiten. ZECHMEISTER, H. (1993): Montio-Cardaminetea. In: GRABHERR, G. & MUCINA L. (Hrsg.): Die Pflanzengesellschaften Österreichs, Teil II. G. Fischer Verlag. Jena, Stuttgart, New York.

Anschrift der Autoren

Andreas Beiser Rudolf Staub

RENAT AG Im Bretscha 22 FL-9494 Schaan [email protected] 7. Anhang Lebensräume und Pflanzengesellschaf- nur mehr sehr eingeschränktes Pflanzenwachstum möglich. ten Sie präsentieren sich dann als offene, höchstens von einer sehr lückigen Vegetation bedeckte Schuttflächen (Hangschutt, Im Folgenden wird eine kurze Übersicht zu den im Liechten- Moränenmaterial, etc.) bzw. bisweilen auch überrieselte Fel- steiner Berggebiet erhobenen Pflanzengesellschaften und spartien. Offene Quellgerinne und Rieselfluren entstehen Biotoptypen der Feuchtlebensräume gegeben. weiters auch aufgrund einer mehr oder weniger stark ausge- Die Auflistung der charakteristischen Artengarnitur richtet prägten Hangdynamik (Rutschungen, Hangsackungen, etc.). sich in ihren Grundzügen nach den Pflanzengesellschaften Einen Sonderfall stellen die Kalktufffluren dar. Besonders Österreichs (Hrsg. Bd.1: MUCINA, GRABHERR & ELLMAUER 1993; bei stärkerer Tuffbildung bilden sich bisweilen ausgedehnte, Hrsg. Bd. 2: GRABHERR & MUCINA 1993), die darin enthaltenen von Gerinnen durchzogene Kalktuff-Harnische, die fast aus- «diagnostischen Artenkombinationen» wurde allerdings so- schliesslich von Moosen und Algen besiedelt sind, die wiede- weit verändert, dass die für Liechtenstein typischen Arten- rum aktiv am Prozess der Kalkausfällung beteiligt sind. kombinationen möglichst gut wiedergegeben werden. Zusätzlich werden kurze Querverweise zu den Arbeiten und Vegetationsbeschreibungen von BERNHART (1995-2002), BERN- 7.1.3 Stillgewässer HART & MÖNNIGHOF (2006) sowie MÖNNINGHOFF, BERNHARDT & BORG- MANN (1998) gegeben. Die im Untersuchungsgebiet erhobenen Stillgewässer sind ausnahmslos natürlichen Ursprungs. Es handelt sich dabei im 117 Wesentlichen um Weiher oder Tümpel, d.h. entweder ganz- 7.1. Gewässerlebensräume jährig oder nur temporär wasserführende Stillgewässer von geringer Tiefe. Sie sind sämtlich natürlichen Ursprungs auch 7.1.1 Quellen wenn in Einzelfällen eine gewisse menschliche Überprägung gegeben ist (z.B. dammartige Aufschüttungen im Überlauf- An den rheintalseitigen Hangflanken und im «inneren Berg- bereich zur Erhöhung bzw. Stabilisierung des Wasserspiegels, gebiet» sind zahlreiche Quellen zu finden. Bei den Quellho- Aufstau durch Alpwegbauten). rizonten handelt es sich um wasserstauende Gesteine un- Die jährliche Wasserführung kann in Abhängigkeit von den terschiedlichster Art, wobei im Berggebiet unter anderem jährlichen Niederschlagsmengen (Regen, Schnee), dem Wit- den Partnach-Schichten grosse Bedeutung zukommt (vgl. terungsgeschehen (z.B. Hitze- und Trockenperioden mit star- ALLEMANN 2002). Ausgedehnte Quellfluren und Quellmoore ker Verdunstung) oder sich ändernden unter- und oberirdi- haben sich vor allem über Sickerquellen bzw. flächigen Hang- schen Zuflüssen stark schwanken. wasseraustritten entwickelt, daneben sind regelmässig auch Vielfach sind die Tümpel und Weiher in Gipsdolinen entstan- Fliessquellen (Sturzquellen) anzutreffen. den, an deren Grund sich wasserundurchlässige Substrate Klassische Kalktuffquellen sind an sich eine Erscheinung der (Lehme, Schluffe) gesammelt haben, welche die Einsturztrich- tiefer gelegenen und wärmegetönten Gebiete (Rheintalflan- ter abdichten. Durch Lösungsprozesse im Untergrund (Gips- ken, lehrbuchhaft in den Steger Rietern!). Allerdings sind verkarstung) kann es vorkommen, dass das Gestein nachgibt im Liechtensteiner Berggebiet bemerkenswerterweise auch und durch die Sackungsprozesse die abdichtenden Schichten noch in sehr hohen Lagen Quellen anzutreffen, die sich durch leck schlagen und die Gewässer innert kurzer Zeiträume tro- eine mehr oder weniger ausgeprägte Kalktuffbildungen aus- cken fallen. zeichnen (z.B. Gritsch-Hundstal auf über 1900 m Seehöhe). Ein prominentes Beispiel für eine solche Entwicklung ist das Als weiterer bemerkenswerter Quelltyp sind die Gipsquellen Sasser Seelein, das zu Anfang der 1980er Jahre über einige zu nennen, die sich auf die Gipsgebiete zwischen den Wei- Jahre ausgetrocknet war, inzwischen aber seit langem wieder herböden und Guschgfiel konzentrieren, verschiedentlich Wasser führt (vgl. BROGGI et al. 1992). Derartige Prozesse müs- aber auch andernorts anzutreffen sind. Die Quellwässer er- sen also nicht unumkehrbar sein, sondern es kann im Laufe scheinen aufgrund des darin gelösten Gips und der transpor- der Zeit durch Nachfuhr von Feinmaterial und Setzungen des tierten Schwebstoffe trüb und bieten aufgrund des speziel- (ehemaligen) Gewässergrunds wieder zu einer Abdichtung len Wasserchemismus besondere Lebensbedingungen. der Doline kommen. Als Sonderfall sei noch auf eine Kette von mehreren Doli- nengewässern auf Gapfahl hingewiesen, die augenscheinlich 7.1.2 Rieselfluren und Quellgerinne über einen unterirdischen Wasserstrom miteinander in Ver- bindung stehen. Der Tümpel in der am tiefsten hangabwärts Die Quellmoore sind, vor allem wenn es sich um stärker gelegenen Doline wird über einen Quellaustritt gespeist und schüttende oder flächige Quellaustritte handelt, häufig von ist Ursprung eines Seitenasts des Gapfahlbachs. einen eng gewobenen Netz an Quellgerinnen und Rieselflu- ren durchzogen. Sie werden entweder von Moosquellfluren oder der entsprechenden Riedvegetation (v.a. Kleinseg- gen-Rieder) gesäumt. Vor allem in den Hochlagen ist im Bereich der Quellgerinne aufgrund der dauerhaft niedrigen Wassertemperaturen und einer vielfach sehr langen winterlichen Schneebedeckung ein 7.2 Quellfluren 7.2.2 Alpine, basenreiche Quellfluren (Cratoneurion Koch 1928) 7.2.1 Kalkquellfluren der Tieflagen (Adiantion Br.-Bl. 1931) Kalkquellflur höherer Lagen (Cratoneuretum falcati Gams Gesellschaft des Veränderlichen Starknervmooses (Cratoneu- 1927) retum commutati Aichinger 1933) ARTENKOMBINATION: ARTENKOMBINATION: Moose: Cratoneuron commutatum var. falcatum & var. com- Moose: Cratoneuron commutatum var. commutatum (dom.), mutatum (dom.), Philonotis calcarea (dom.), Bryum pseu- Bryum pseudotriquetrum, Cratoneuron filicinum, Campylium dotriquetrum, Bryum schleicheri stellatum, Conocephalum conicum Gefässpflanzen: Agrostis stolonifera, Arabis subcoriacea, Gefässpflanzen: Adenostyles glabra, Aster bellidiastrum, Ca- Carex frigida (selten), Epilobium alsinifolium, Equisetum va- rex flacca, Pinguicula alpina, Pinguicula vulgaris, Primula fa- riegatum (selten), Juncus triglumis, Petasites paradoxus, Pin- rinosa, Tofieldia calyculata guicula alpina, Poa alpina, Ranunculus montanus, Saxifraga Diese Pflanzengesellschaft kalkreicher Quellstandorte der stellaris, Saxifraga aizoides, Silene pusilla (selten) tieferen Lagen zeichnet sich durch mehr oder weniger aus- Die von Moosen dominierte Gesellschaft besiedelt kalkreiche geprägte Kalktuffbildungen aus. In typischer Ausbildung bis leicht saure Quellstandorte und Bachränder von der hoch- handelt es sich oft um reine, d.h. einartige Bestände des Ver- montanen bis in die alpine Stufe. Der Boden wird meist von 118 änderlichen Starknervmooses (Cratoneuron commutatum). dünnen Humusauflagen und Feinschutt geprägt. Entsprechend der extremen Bedingungen (dauerhafte Nässe, Im Gegensatz zu den Quellfluren der Tieflagen spielen Gefäs- konstant niedrige Temperatur der Quellwässer, Kalkreichtum spflanzen eine grössere Rolle, wobei ein Teil der «strengen» und Tuffwachstum) sind nur wenige Blütenpflanzen in der Charakterarten, wie z.B. die Glänzende Gänsekresse (Arabis Lage, diese Lebensräume zu besiedeln. Sie rekrutieren sich zu subcoriacea) oder Bach- und Sternblütiger Steinbrech (Sa- einem Gutteil aus Elementen der kalkreichen Niedermoore xifraga aizoides, S. stellaris), hier einen ihrer Verbreitungs- bzw. Kleinseggenrieder (Caricion davallianae), mit denen sie schwerpunkte besitzen. Als weiterer Lebensraum dieser Ar- vielfach eng verzahnt sind. ten sind feuchte Schutthalden und Bachschotter der subal- Abseits der rheintalseitigen Talflanken ist diese Gesellschaft pin/alpinen Stufe zu nennen. im Liechtensteiner Berggebiet nur im Saminatal unterhalb Obwohl laut ZECHMEISTER (1993) in den allermeisten Fällen von Steg (z.B. Steger Rieter) und mit Ausläufern in den tiefe- keine Kalktuffbildung gegeben ist, kann eine solche in den ren Lagen des Valorschtals zu finden. Quellfluren des Liechtensteiner Berggebiets doch immer wie- der beobachtet werden und zwar selbst in grossen Höhen Kalktuff-Quellflur des Wirteligen Schönastmooses (Eucladie- (z.B. Alp Gritsch, Hötta- und Hundstal). Im Gegensatz zu den tum verticillati Allorge ex Braun 1968) Quellfluren der tieferen Lagen (Adiantion) sind diese aber ARTENKOMBINATION: zumeist nur schwach und reichen von Kalkinkrustationen an Moose: Eucladium verticillatum (dom.), Cratoneuron com- den Moosen bis hin zu geringmächtigen Überzügen in Gerin- mutatum var. commutatum & var. falcatum nen (hier oft mit Feinschutt verbacken) oder auf überflosse- Algen: Scytonema mirabile, Rivularia hamatites, Nostoc sp. nen Felsplatten. Einzig an Absätzen oder Bach-Kaskaden sind Gefässpflanzen: Aster bellidiastrum, Carex flacca, Pinguicula bisweilen etwas stärkere Kalktuffe entwickelt. alpina, Tofieldia calyculata Diese Gesellschaft repräsentiert den «extremsten» Flügel der Moosfluren der Gipsquellbäche (Cratoneurion-Gesellschaft): Kalkquellfluren, die – wenn es sich nicht gerade um verhält- ARTENKOMBINATION: nismässig junge Bildungen handelt – durch ausgeprägte und Moose: Cratoneuron commutatum var. falcatum & var. com- vielfach mächtige Kalktuffbildungen gekennzeichnet sind. mutatum (dom.), Philonotis calcarea, Bryum pseudotrique- Die Kennart, das Wirtelige Schönastmoos (Eucladium verticil- trum, Calliergonella cuspidata (selten) latum), zählt zu den aktivsten Tuffbildnern und erträgt auch Gefässpflanzen: Agrostis stolonifera, Deschampsia cespitosa, zeitweilige Austrocknung (vgl. ZECHMEISTER 1993). Das biswei- Equisetum palustre (dom.) Petasites paradoxus, Saxifraga ai- len halbkugelige Polster bildende Moos kann recht auffal- zoides (selten) lend sein, aber auch nur bei genauem Hinsehen erkennbar, An Quellaustritten und Quellbächen mit gipsreichem Wasser nämlich dann, wenn das Kalktuffwachstum sehr stark ist und ist eine hinsichtlich ihrer Artenausstattung deutlich abwei- nur die Triebspitzen aus dem Substrat emporragen. Dies ist chende Ausbildung der basenreichen Quellfluren höherer speziell in permanent überflossenen Tuffgerinnen der Fall, Lagen anzutreffen. Häufig handelte sich um fast ausschliess- in denen grosswüchsige Blaualgen prägend werden, nämlich lich von Cratoneuron commutatum aufgebaute Bestände. Im die rostrot-bräunlichen, halbkugeligen bis knopfförmigen Falle der Gefässpflanzen sind vor allem weit verbreitete und Aggregate der Blaualge Rivularia haematites und die oliv- wenig anspruchsvolle Arten anzutreffen, während die typi- grünen bis schwarzen Polster von Scytonema mirabile. schen Arten der Kalkquellfluren weitestgehend fehlen. Hinsichtlich der Ausstattung mit Blütenpflanzen gilt das be- Neben dem Gewässerchemismus (Gips = Calciumsulfat!) reits für die Gesellschaft des Veränderlichen Starknervmoos dürfte das Fehlen oder starke Zurücktreten der Charakter- (Cratoneuretum commutatae) gesagte. Selbiges gilt für die arten auch mit der Art der Sedimente in Zusammenhang Verbreitung im Land Liechtenstein, wobei diese Gesellschaft stehen. So zeichnen sich die getrübten, schwebstoffreichen bedeutend seltener ist als die erstgenannte. Gipsgewässer speziell bei geringerer Fliessgeschwindigkeit durch teils sehr ausgeprägte Ablagerungen von Feinstsedi- aus. Sie zählt europaweit zu den seltensten und am stärks- menten (Schlämme, Feinsand) aus. ten gefährdeten Vegetationstypen der kalkreichen Nieder- An flachen Gewässerabschnitten sind Schlickflächen zu fin- moore. den, während sich die Sedimente an steileren Abschnitten, an Abgesehen vom grossen Vorkommen im Schwabbrünner Stufen und Kaskaden zu Pölstern und Wulsten «verbacken». Ried ist die Gesellschaft vereinzelt auch noch in den unte- Die Moose haben entscheidenden Anteil an der Festigung ren Lagen der Rheintalflanken anzutreffen (vgl. z.B. BROGGI der Feinsedimente, die aus der Ferne an Kalktuffbildungen et al. 1992, RENAT 2011), wobei festzustellen ist, dass in den erinnern können. Tatsächlich sind sie aber recht weich und letzten Jahrzehnten ein Teil der Standorte zerstört wurde sollten keinesfalls betreten werden. Unter den Feinsedimen- (Entwässerung, Intensivierung, Nutzungsaufgabe) und die tablagerungen konnten bisweilen klare Anzeichen für das verbliebenen Vorkommen vielfach mehr oder weniger stark Vorherrschen weitestgehend sauerstofffreier, reduzierender beeinträchtigt sind. Im Untersuchungsperimeter des gegen- Verhältnisse gefunden werden (Faulschlamm- und Schwefel- ständlichen Projekts wurde nur ein Vorkommen erhoben, wasserstoff-Bildung). nämlich jenes auf der Poskahalda (Triesen).

7.2.3 Basenarme Quellfluren (Epilobio nutantis-Montion 7.3.2 Davallseggen-Gesellschaft (Caricetum davallianae Du- Zechmeister 1993/ Cardamino-Montion Br.-B. 1926 em. toit 1924): Zechmeister 1993) BERNHART 1997: Davallseggensumpf, Caricetum davallianae; es 119 liegen keine Vegetationsaufnahmen aus dem Berggebiet vor. Basenarme Moosquellflur (Gesellschaft des Verbandes Epilo- ARTENKOMBINATION: u.a. Carex davalliana (dom.), Aster bellidi- bio-Montion Zechmeister 1993) astrum, Briza media, Carex flacca, Carex flava agg., Carex ARTENKOMBINATION: panicea, Dactylorhiza majalis, Equisetum palustre, Eriopho- Moose: Bryum pseudotriquetrum, Bryum schleicheri (dom.), rum latifolium, Juncus alpino-articulatus, Leontodon hispi- Philonotis fontana (dom.), Callergionella cuspidata, Craton- dus, Parnassia palustris, Potentilla erecta, Primula farinosa, euron commutatum Tofieldia calyculata Gefässpflanzen: Cardamine amara, Epilobium palustre, Stel- Höhenzeiger (incl. Versauerungszeiger): Allium schoenopra- laria alsine, Ranunculus repens, Veronica beccabunga sum, Bartsia alpina, Calycocorsus stipitatus, Carex echinata, Sehr vereinzelt sind im Berggebiet Quellfluren kalk- bzw. ba- Carex ferruginea, Carex nigra, Eriophorum angustifolium, senarmer Standorte anzutreffen (z.B. Guschgfiel, Bremstall- Pinguicula alpina halda). Moorspezifische Weidezeiger: Blysmus compressus, Trig- Die genauere pflanzensoziologische Zuordnung dieser Be- lochin palustre stände wird an dieser Stelle offengelassen, dazu wären eine Das Davallseggen-Ried ist eine Gesellschaft mesotroph-sub- gezielte Untersuchung (Vegetationsaufnahmen, Literatur- neutraler bis kalkreicher Niedermoore (im Gebiet hps. Quell-, vergleich) notwendig. Aufgrund der Höhenlage stehen die Überrieselungs- und Durchströmungsmoore). Kalk- und Ba- Bestände auf alle Fälle im Übergang zwischen den moosrei- sengehalt sind von der Ausprägung des Untergrunds und der chen, kalkarmen Quellfluren der tieferen Lagen (Verband Fliessgeschwindigkeit des Moorwasser- bzw. Grundwasserkör- Epilobio nutantis-Montion) und den moosreichen alpinen pers abhängig. Daneben sind Gebirgslagen vielfach gewisse Quellfluren (Verband Cardamino-Montion). In dieser Hin- Tendenzen zu einer gewissen Versauerung zu beobachten. sicht sehr bezeichnend ist das stete Auftreten von Schleichers Das Davallseggen-Ried ist die am weitesten verbreitete Birnmoos (Bryum schleicheri), einer Charakterart alpiner Pflanzengesellschaft in den Mooren des Liechtensteiner Berg- Quellfluren. gebiets. Entsprechend der weiten Verbreitung lassen zahlrei- che standörtlich bedingte Ausbildungen unterscheiden, die relevantesten Faktoren sind Hydrologie, Bodenverhältnisse 7.3 Kalkreiche Niedermoore (Caricion davallianae) und Höhenstufe. Ebenso zeigen sich bewirtschaftungsbe- dingte Differenzierungen, auf die jedoch nur bedingt einge- 7.3.1 Gesellschaft der Schwarzen Kopfbinse (Junco obtusiflo- gangen wird. Gerade im Falle der Beweidung – und dies ist ri-Schoenetum nigricantis Allorge 1921) für einen Gutteil der Bestände des Berggebiets der Fall – ent- BERNHART 1997: nicht dokumentiert bzw. gesondert ausgewie- steht häufig ein sehr kleinräumiges Mosaik, dessen Erfassung sen, einige Ausnahmen aus den Riedern des Talbodens und und Darstellung den Rahmen des Projekts gesprengt hätte. der Talflanken (Matilaberg) mit Schoenus nigricans werden im Schoenetum ferruginei subsumiert. Tieflagen-Ausbildung bzw. Ausbildung wärmegetönter ARTENKOMBINATION: u.a. Schoenus nigricans, Schoenus x inter- Standorte des Berggebiets: medius, Molinia caerulea (dom.), Equisetum palustre, Juncus Bezeichnende Arten Talflanken: Carex tomentosa, Carex hos- subnodulosus, Parnassia palustris, Potentilla erecta, Succisa tiana, Galium boreale, Succisa pratensis, Valeriana dioica pratensis, Tofieldia calyculata Bezeichnende Arten Talflanken bis Berggebiet: Epipactis Die Gesellschaft der Schwarzen Kopfbinse ist laut STEINER 1993 palustris, Molinia caerulea/M. arundinacea eine Gesellschaft basenreicher Niedermoore tiefgelegener Diese Ausbildung der Davallseggen-Gesellschaft hat ihren und wärmegetönter Lagen. Die Standorte zeichnen sich viel- Verbreitungsschwerpunkt in den niederen Lagen (Talboden, fach durch eine mehr oder weniger starke Kalktuff-Bildung Rheintalflanken), kann an klimatisch begünstigten Stand- orten vereinzelt aber auch noch im Berggebiet angetroffen und besiedelt etwas nährstoffreichere Standorte, was auch werden (z.B. Steger Rieter bzw. Einhänge Saminatal, Malbun, im etwas stärkeren Auftreten von nährstoffliebenden Krau- Rieder unterhalb der Fluatola). Die Bestände des Berggebiets tigen und Stauden (Calthion-Arten) zum Ausdruck kommt. beherbergen zwar nicht mehr allzu viele wärmeliebende Ar- Daneben kann die Ausbildung aber auch als frühes Sukzessi- ten, sind durch diese sowie durch das Ausfallen bzw. Zurück- onsstadium gewertet werden, das sich bei Unterbeweidung treten der «Hochlagen-Arten» aber durchaus gut charakte- oder Brache einstellt. So ist in den Hangmooren des Berg- risiert. gebiets immer wieder festzustellen, dass scharf beweidete Bestände als mehr oder weniger «typische» Ausbildung der Typische Ausbildung der Hochlagen Davallseggen-Gesellschaft anzusprechen sind, während an Bezeichnende Arten: vgl. Artenkombination der Gesellschaft den für das Vieh nur erschwert zugänglichen Standorten In dieser Untereinheit sind alle Davallseggen-Rieder des die Rispenseggen-Ausbildung bzw. überhaupt Bestände der Berggebiets zu fassen, die keiner der untenstehenden Aus- Rispenseggen-Gesellschaft gedeihen. bildungen zuzuordnen sind. Die Standorte überwiegend als nass und wasserzügig zu bezeichnen, daneben können sie Ausbildung mit Braun-Segge (Carex nigra): aber auch zeitweilig durchrieselt sein. Bezeichnende Arten: Calycocorsus stipitatus, Carex echinata, Carex nigra, Eriophorum angustifolium, Ausbildung mit Schlaff-Segge (Carex flacca) wechselfeuch- Diese Ausbildung zeichnet sich durch das Auftreten von Ca- 120 ter Standorte: rex nigra, C. echinata und anderer Säurezeigern, sowie durch Bezeichnende Arten: Carex flacca (dom.), Blysmus compres- das Zurücktreten expliziter Kalkzeiger aus und vermittelt zur sus Sumpfherzblatt-Braunseggen-Gesellschaft. Ihr Auftreten Die Untereinheit besiedelt wechselfeuchte bis oberflächlich weist auf Versauerungstendenzen hin, wie sie unter ande- etwas trockenere Standorte und zeigt vielfach mehr oder rem auf tiefgründigen Anmoor- und Niedermoortorfbildun- weniger stark ausgeprägte Anklänge an die subalpin/alpinen gen, aber auch an quellferneren, durch stagnierende Was- Kalkrasen. Entsprechende Bestände sind häufig in den Über- serverhältnisse gekennzeichneten Standorten (häufig nur gangsbereichen zu den umliegenden Kalkrasen bzw. Mager- schwach geneigt bis eben) auftreten können. weiden ausgebildet, aber auch auf alten Hangrutschmassen und Wildbachschottern. Ausbildung auf Gipsstandorten und nicht eindeutig zuor- denbare Kleinseggenrieder (Caricion davallianae): Ausbildung mit dominantem Sumpf-Schachtelhalm (Equise- Bezeichnende Arten: Carex flacca (dom.), C. panicea, Juncus tum palustre): alpino-articulatus, Deschampsia cespitosa, Caltha palustris, Bezeichnende Arten: Equisetum palustre (dom.) Calycocorsus stipitatus, Petasites paradoxus Diese Untereinheit ist im Berggebiet sehr verbreitet zu fin- Im Umfeld von Gipsquellfluren und entlang von Gipsbächen den. Die Standorte sind in der Regel stark versumpft und gedeihen sehr eigentümliche Kleinseggen-Rieder die zwang- durch eher stagnierende Wasserverhältnisse geprägt. Neben los der Davallseggen-Gesellschaft zuzuordnen sind, in floris- Equisetum palustre treten in der Regel auch nährstofflieben- tischer Hinsicht aber starke Abweichungen zeigen. Geprägt dere Krautige und Stauden (Calthion-Arten) etwas stärker in werden die Bestände im Wesentlichen von den oben genann- Erscheinung. ten Arten, während typische Kalkzeiger stark zurücktreten Abgesehen von den Wasser- und Bodenverhältnissen wird oder überhaupt fehlen. Equisetum palustre aber auch durch die Beweidung geför- Dies ist zum einen durch den Wasser- und Bodenchemismus dert und kann auch auf beträchtlich trockeneren Standorten bedingt, als auch auf feinschlammigen und sauerstoffarmen sehr häufig werden. Diese Bestände werden allerdings nicht Böden zurückzuführen (in extremen Fällen reduzierende der gegenständlichen Ausbildung zugeordnet. Verhältnisse bzw. Faulschlammbildungen direkt unterhalb der Bodenoberfläche). Die Standorte finden sich in der Regel Ausbildung mit Sumpf-Dreizack (Triglochin palustre): entlang von Bächen, wo es zur Einschlämmung und Ablage- Bezeichnende Arten: Triglochin palustre (dom.) rung der Gipssedimente kommt. Entsprechende Bestände Pionierhafte Untereinheit die an sehr nassen bis überrie- sind selten grossflächiger ausgebildet und nur vereinzelt selten, durch eine dynamische Prozesse gekennzeichneten anzutreffen (z.B. Malbun, Windegga-Moritzanegga, Gu- Standorten (Hangkriechen, kleinflächige Sackungen und schg-Oksatola). Rutsche) zu finden ist, bzw. auch an feinschuttigen Rieselflu- ren und entsprechenden Standorten entlang von Quellge- rinnen. Daneben kann die Ausbildung aber auch stark vom 7.3.3 Kleinseggen-Gesellschaft intermediärer Standorte bzw. Weidevieh betrampelten Bereichen anzutreffen sein. Aus- Sumpfherzblatt-Braunseggen-Gesellschaft (Amblystegio stel- gedehntere Bestände sind eher selten und vor allem in den lati-Caricetum dioicae Osvald 1925 em. Steiner 1992) höheren Lagen anzutreffen (z.B. Alp Gritsch). Syn.: Parnassio-Caricetum fuscae Oberd. 1957 em. Görs 1977 BERNHART 1997: Alle Aufnahmen von basenreicheren Bestän- Ausbildung mit Rispen-Segge (Carex paniculata): den der Braunseggen-Gesellschaft (Caricetum nigrae) sind Bezeichnende Arten: Carex paniculata, Caltha palustris, eindeutig dem Caricion davallianae bzw. dem Amblystegio Crepis paludosa, Geum rivale, Ranunculus aconitifolius stellati-Caricetum dioicae zuzuordnen. Diese Untereinheit vermittelt zur Rispenseggen-Gesellschaft ARTENKOMBINATION: u.a. Carex nigra (subdom.), Carex panicea (subdom.), Carex echinata, Carex flava, Allium schoenopra- Tussilago farfara) sind zumeist auch Arten der Kontaktvege- sum, Aster bellidiastrum, Briza media, Calycocorsus stipita- tation (Kalkrasen, Weiderasen, Hochstauden, etc.) zu finden. tus, Dactylorhiza majalis, Equisetum palustre, Eriophorum angustifolium, E. latifolium, Juncus alpino-articulatus, Leon- todon hispidus, Parnassia palustris 7.4 Kalkarme Niedermoore (Caricion fuscae) Diese Gesellschaft besiedelt an sich dieselben Standorte wie die Davallseggen-Gesellschaft, allerdings zeichnen sich 7.4.1 Braunseggen-Gesellschaft (Caricetum goodenowii diese durch eine stärkere Versauerung aus. Sie steht somit im Braun 1915) Übergang zwischen der Davallseggen-Gesellschaft und der Bernhart 1997: Braunseggengesellschaft, Caricetum nigrae Braunseggen-Gesellschaft basenarmer Niedermoorstand- ARTENKOMBINATION: u.a. Carex canescens, Carex nigra (dom.), orte, wobei die floristische Zusammensetzung der Bestände Carex echinata (subdom.), Deschampsia cespitosa, Epilobium in sich recht heterogen sein kann. Das heisst, es ist vielfach palustre, Juncus filiformis, Nardus stricta, Potentilla erecta ein sehr kleinräumiger Wechsel von Bestandesteilen mit vor- Die Braunseggen-Gesellschaft besiedelt mesotroph-saure herrschenden Säurezeigern und solchen, in denen die kal- Niedermoore, die im Liechtensteiner Berggebiet aufgrund kliebenden Arten stärker hervortreten, zu beobachten. Ihren der naturräumlichen Voraussetzungen allerdings nicht allzu Verbreitungsschwerpunkt hat die Gesellschaft im Raum von häufig sind. Bei den Standorten handelt es sich in der Regel Guschgfiel und Matta. um Geländemulden oder allenfalls sanft geneigte Hangpo- sitionen (vielfach Verlandungsmoore, z.B. Sass-Weierböda). 121 Daneben kann die Gesellschaft in der Verlandungszone von 7.3.4 Gesellschaft der Wenigblütigen Sumpfsimse (Eleochari- Alptümpeln auch „Kleinröhrichte“ bilden, wobei es sich da- tetum pauciflorae Lüdi 1921) bei aber in der Regel nur um schmale Säume handelt. ARTENKOMBINATION: u.a. Eleocharis quinqueflora (dom.), Carex Der Vegetationstyp wird übrigens anders als von BERNHARDT flava agg., Carex flacca, Eriophorum latifolium, Juncus alpi- (1997) als streng acidophile Gesellschaft im Sinne von STEINER no-articulatus, Parnassia palustris, Pinguicula vulgaris, Primula (1992, 1993) gefasst, welche bis auf vereinzelte Einsprengsel farinosa, Tofieldia calyculata, Triglochin palustre keine Basenzeiger aus der Artengruppe der kalkreichen Nie- Diese Pflanzengesellschaft ist in kalkreichen Quell- und Über- dermoore (Caricion davallianae) beherbergt. rieselungsmooren und tritt immer nur sehr kleinflächig auf. Bei den Standorten handelt es sich zum einen um sehr nasse, überrieselte Roh- bzw. Feinschuttböden, wie sie in Quellmoo- 7.4.2 Gesellschaft von Scheuchzer’s Wollgras (Eriophoretum ren durch Erosionserscheinungen (Bodensackungen, Han- scheuchzeri Rübel 1911) grutsche) entstehen können. Hier haben sie Pioniercharakter, ARTENKOMBINATION: Eriophorum scheuchzeri (dom.), Carex wobei die Entwicklung zum Davallseggen-Ried allerdings nur nigra, Deschampsia cespitosa sehr langsam vonstatten zu gehen, bzw. durch eine gewisse Es handelt sich, wie bei STEINER (1993) beschreiben, um eine Oberflächendynamik überhaupt unterbunden zu sein scheint Verlandungsgesellschaft (hoch)alpiner, bevorzugt sauer-oli- (Dauergesellschaft). Als weiterer Standort sind nasse, fallweise gotropher Seen und Tümpel mit keiner oder einer nur sehr überflutete Mulden- bzw. Blänkensituationen zu nennen. geringen Torfbildung. Die wenigen Liechtensteiner Vorkom- Im Liechtensteiner Berggebiet ist die Gesellschaft östlich des men der Pflanzengesellschaft finden sich auf Gapfahl-Ober- Samina- bzw. Valünatals durchaus verbreitet anzutreffen, säss und am Mattajoch. Daneben ist die Art vereinzelt auch wenn auch nur zerstreut und in der Regel sehr kleinflächig. am grossen Tümpel auf der Küematta (Guschgfiel) anzutref- Grössere Bestände konnten nur im Grossraum Sass gefunden fen, während das bei WALDBURGER, PAVLOVIC & LAUBER (2003) werden. Ganz allgemein zeigt der Vegetationstyp eine ge- angegebene Vorkommen auf der Ochsentola (Alp Guschg) wisse «Vorliebe» für die Gipsgebiete. nicht bestätigt werden konnte.

7.3.5 Sumpf-Schachtelhalm-Verheilungsgesellschaft (Caricion 7.5 Schwingrasen- und Übergangsmoorgesellschaften davallianae s.l.) (Caricion lasiocarpae Vanden Berghen in Lebrun et al. ARTENKOMBINATION: Equisetum palustre (dom.), Deschampsia 1949) cespitosa Bei diesem Vegetationstyp handelt es sich um eine ausge- 7.5.1 Schnabelseggen-Gesellschaft (Caricetum rostratae Os- sprochene Pionierformation an stark gestörten Standorten vald 1923 em. Dierßen 1982) kalkreicher Quell- und Hangmoore. Während sie im Falle an- BERNHARDT 1997: Schnabelseggenried, Caricetum rostratae thropogener Eingriffe in der Regel nur sehr kleinflächig auf- ARTENKOMBINATION: u.a. Carex rostrata (dom.), Carex echinata, tritt (z.B. Anrisse und Böschungen entlang von Alpwegen), Carex nigra, Eriophorum angustifolium, Potentilla erecta kann sie auf Hangrutschungsflächen auch in ausgedehnten Die Schnabelseggen-Gesellschaft tritt im Liechtensteiner Beständen anzutreffen sein. Abgesehen von der Dominanz Berggebiet selten als Verlandungsgesellschaft von Stillge- des Sumpfschachtelhalms ist die floristische Zusammenset- wässern (z.B. auf Sass), sowie an ebenen oder schwach ge- zung dieser Verheilungsbestände sehr heterogen. Neben neigten, durch grosse Nässe gekennzeichneten Moorstand- Elementen der kalkreichen Kleinseggenrieder (v.a. Caricetum orten auf (tw. Verlandungsmoore). Die dominante Schna- davallianae) und Schuttstandorte (z.B. Petasites paradoxus, bel-Segge (Carex rostrata) hat laut STEINER (1993) eine recht weite ökologische Amplitude und gedeiht sowohl an sauren 7.7.1 Mädesüss-Hochstaudenflur (Lysimachio vulgaris-Filipen- (bevorzugt), als auch an basenreicheren Standorten. Die Be- duletum Bal.Tul. 1978; Filipendulion) stände sind stets recht artenarm. BERNHARDT 1997: Gilbweiderich-Mädesüss-Flur, Lysimachio vul- garis-Filipenduletum ARTENKOMBINATION: u.a. Filipendula ulmaria (dom.), Lysimachia 7.6 Grossseggenrieder (Magnocaricion) vulgaris (dom.), Angelica sylvestris, Caltha palustris, Cirsium oleraceum, Equisetum palustre, Valeriana officinalis agg. 7.6.1 Rispenseggen-Gesellschaft (Caricetum paniculatae Wan- Diese Hochstaudenflur hat ihren Verbreitungsschwerpunkt gerin ex von Rochow 1951) im Talboden und an den Hangfüssen des rheintalseitigen BERNHART 1997: Rispenseggenried, Caricetum paniculatae Talflanke. Im Untersuchungs-Perimeter des Projekts ist diese ARTENKOMBINATION: Gesellschaft nur randlich vertreten (Balzers, Ellwesa) Kennart: Carex paniculata (dom.) Begleiter (Schwerpunkt Berggebiet): Aconitum napellus agg., Caltha palustris, Carex flacca, Carex flava agg., Chae- 7.7.2 Binsen-Weide (Epilobio-Juncetum effusi Oberd. 1957; rophyllum hirsutum, Cirsium oleraceum, Cirsium palustre, Calthion) Crepis paludosa, Equisetum palustre, Geum rivale, Ranun- ARTENKOMBINATION: u.a. Juncus effusus (dom.), Carex nigra, Ca- culus aconitifolius rex pallescens, Epilobium palustre, Equisetum palustre, Jun- 122 Tieflagen: Filipendula ulmaria, Lysimachia vulgaris cus articulatus, Carex flava agg., Glyceria fluitans, Veronica Die Gesellschaft besiedelt Quell- und Überrieselungsmoore, beccabunga sowie diverse andere quellige oder wasserzügige Standorte Binsenweiden besiedeln unterschiedlichste, durch starke Be- (vgl. BALATOVA-TULACKOVA et al. 1993). Daneben bildet sie fall- weidung überprägte und nährstoffreiche Feuchtstandorte, weise auch saumartige Bestände entlang von Bächen. Die seien es nun Quell- und Hangmoorstandorte oder vernässte Standorte sind nährstoffreicher als jene der kalkreichen Klein- Hang- und Muldenpositionen über verdichteten und stauen- seggenrieder und als mesotroph bis eutroph anzusprechen. den Böden, die zumindest oberflächlich entkalkt sind (vgl. Bisweilen kann sich das Rispenseggenried bei Verbrachung ELLMAUER & MUCINA 1993). auch als Folgegesellschaft von Kleinseggenriedern (v.a. Da- Die Bestände im Liechtensteiner Berggebiet sind im Wesent- vallseggenried) entwickeln (u.a. wegen Nährstoffanreiche- lichen als weidebedingte Degradationsstadien von nähr- rung durch fehlenden Biomasseentzug). Die sicherlich aus- stoffarmen Kleinseggenriedern zu betrachten, können aber gedehntesten Bestände dieser Gesellschaft sind im Mos un- auch mit dem Rispenseggenried (Caricetum paniculatae) ver- terhalb der Alp Bargälla anzutreffen. bunden sein.

Typische Ausbildung Bezeichnende Arten: vgl. Artenkombination der Gesellschaft 7.7.3 Waldsimsen-Wiese (Scirpetum sylvatici Ralski 1931; Diese Untereinheit umfasst alle Bestände die nicht einer der Calthion) beiden unten genannten Ausbildungen zuzuordnen sind. BERNHART 1997: Waldsimsen Wiese (Scirpetum sylvaticae) ARTENKOMBINATION: u.a. Scirpus sylvaticus (dom.), Caltha palus- Ausbildung mit Davallsegge (Carex davalliana) tris, Cardamine pratensis, Cirsium palustre, Deschampsia ce- Bezeichnende Arten: Carex davalliana (subdom.), Parnassia spitosa, Equisetum palustre, Juncus effusus, Myosotis palust- palustris, Pinguicula vulgaris, Primula farinosa, Tofieldia ca- ris agg., Ranunculus acris lyculata Die Waldsimsen-Wiese ist eine Gesellschaft nasser, zeitweilig Zur Davallseggen-Gesellschaft vermittelnde Ausbildung des auch überfluteter Standorte entlang von Bächen, in Gelände- Rispenseggen-Rieds an etwas nährstoffärmeren Standorten. Bis- mulden, an Hangfüssen, aber auch an nährstoffreichen und weilen wohl durch Sukzessionsprozesse (Unternutzung, Brache) mehr oder weniger stark degenerierten Moorstandorten und/oder einer gewissen Nährstoffanreicherung entstanden. (vgl. ELLMAUER & MUCINA 1993). Abgesehen von der Dominanz der Waldbinse (Scirpus syl- Hochstaudenreiche Ausbildung vaticus) ist die artenarme Gesellschaft floristisch nur schwach Bezeichnende Arten: Senecio alpinus, allgemein starkes Her- charakterisiert. Neben weit verbreiteten Nässezeigern kön- vortreten der für die Gesellschaft typischen Hochstauden. nen diverse Fettwiesen-Arten, Hochstauden und im Falle ehemals nährstoffärmerer (Moor)standorte auch Elemente der «Vorgänger-Vegetation» am Bestandesaufbau beteiligt 7.7 Feuchtweiden, Feuchtwiesen und Hochstaudenflu- sein. ren (Calthion, Filipendulion, Rumicion alpini, Petasition officinalis) 7.7.4 Kohldistelwiese (Angelico-Cirsietum oleracei Darimont VORBEMERKUNG: Mit Ausnahme der drei erstgenannten Pflanz- ex Bal. Tul. 1973; Calthion): engesellschaft wurden die im Folgenden genannten Vege- ARTENKOMBINATION: u.a. Cirsium oleraceum (dom.), Angelica syl- tationstypen nur in jenen Fällen erhoben, in denen sie in vestris, Caltha palustris, Cardamine pratensis, Deschampsia unmittelbarem Kontakt mit Niedermoor- und Quellflur-Ge- caespitosa, Equisetum palustre, Lathyrus pratensis, Myosotis sellschaften gestanden sind. palustris aggr., Pimpinella major, Poa trivialis, Ranunculus acris, Rumex acetosa, Scirpus sylvaticus, Valeriana dioica sium oleraceum (dom.), Aconitum napellus, Caltha palustris, Feuchtwiesen-Gesellschaft an vernässten, vom Grundwasser Crepis paludosa, Equisetum palustre, Knautia maxima, Lysi- beeinflussten Standorten wie etwa in Bachauen oder an si- machia nemorum, Primula elatior, Ranunculus lanuginosus, ckerfeuchten bis quelligen Hängen (vgl. ELLMAUER & MUCINA Senecio ovatus, Stellaria nemorum, Urtica dioica 1993). Kohldistelwiesen können auch durch die Intensivie- Die primären Standorte dieser Gesellschaft sind sumpfige rung von Niedermoorstandorten entstehen (z.B. an Stelle Waldlichtungen, daneben ist sie aber auch synanthrop an von Kleinseggenriedern). Im Zuge des Projekts wurden nur zertretenen Quellaustritten, feuchten Forststrassenrändern, vereinzelte Bestände erhoben (Rheintalflanken). etc. anzutreffen. An tief gelegenen Vorkommen der sub- montanen Stufe bevorzugt die Kohldiestel-Kälberkropf-Flur schattigere, luftfeuchte Standorte (vgl. MUCINA 1993). Als 7.7.5 Hahnenfuss-Kälberkropf-Hochstaudenflur (Chaerophylli- menschlich bedingte Vorkommen sind auch Bestände in Ranuncu letum aconitifolii Oberd. 1952; Calthion) brachgefallenen Feuchtweiden und -wiesen zu nennen, wo ARTENKOMBINATION: u.a. Chaerophyllum hirsutum (dom.), Ra- die Gesellschaft als relativ stabiles Sukzessionsstadium auf- nunculus aconitifolius (dom.), Caltha palustris, Carex panicu- treten kann (erschwerte Verjüngungssituation für Gehölze). lata, Cirsium palustre, Crepis paludosus, Deschampsia cespi- Dies kann fallweise an den Rheintalflanken und in den nied- tosa, Equisetum palustre, Geranium sylvaticum, Geum rivale, rig gelegenen Teilen des Liechtensteiner Berggebiets beob- Ranunculus acris, Trollius europaeus, Valeriana officinalis achtet werden (z.B. Steger Rieter). agg., Veratrum album 123 Krautreiche Hochstaudenfluren an quelligen Standorten, durchsickerten oder rieselnassen Unterhang- und Muldenpo- 7.7.8 Riesenschachtelhalm-Gesellschaft (Equisetum telmateia- sitionen, sowie entlang von Bachgerinnen der montanen bis Gesell schaft; Petasition officinalis) subalpinen Stufe (vgl. ELLMAUER & MUCINA, 1993). ARTENKOMBINATION: u.a. Equisetum telmateia (dom.), Chaero- Die Bestände stehen vielfach in Kontakt mit dem Rispenseg- phyllum hirsutum, Cirsium oleraceum, Urtica dioica genried (Caricetum paniculatae), fallweise sind auch Verzah- Diese Pflanzengesellschaft besiedelt feuchte bis stark ver- nungen mit Bach-Pestwurzfluren (Chaerophyllo-Petasitetum nässte Standorte und ist häufig auch Quellaustritten über officinalis) gegeben. Auf den Alpweiden wiederum sind häu- tonreichen, meist stark vergleyten Böden anzutreffen. Typi- fig Übergänge zu den Alpen-Greiskraut-Hochstaudenfluren sche Standorte sind auch Ränder von montanen Auen oder (Senecietum alpini) zu beobachten. sonstige durch quellig-nasse Verhältnisse gekennzeichneten Waldtypen. Gemeinsam mit der Schierlings-Kälberkropf-Ge- sellschaft vermittelt sie floristisch und standörtlich zu den 7.7.6 Alpen-Greiskraut-Hochstaudenfluren (Senecietum alpini Wald-Quellfluren (z.B. Caricion remotae; vgl. MUCINA 1993). Bolleter 1921; Rumicion alpini) Daneben kann die Riesenschachtelhalm-Gesellschaft auch als BERNHARDT 1999: Senecietetum alpini Sukzessionsstadium brachgefallener Quell- und Hangmoore, ARTENKOMBINATION: u.a. Senecio alpinus (dom.), Alchemilla spp., Feuchtwiesen und Feuchtweiden auftreten, wie dies in an Aconitum napellus agg., Agrostis stolonifera, Chaerophyllum den Rheintalflanken und den niedrig gelegenen Teilen des hirsutum, Phleum rhaeticum, Poa alpina, Poa supina, Ranun- Liechtensteiner Berggebiets fallweise beobachtet werden culus repens, Rumex alpestris, Rumex alpinus, Rumex obtusi- kann (z.B. Steger Rieter). folius, Urtica dioica, Veratrum album Die Alpen-Greiskraut-Hochstaudenfluren sind eine Gesell- schaft nährstoffreicher Läger (vgl. Karner & Mucina, 1993) 7.7.9 Bach-Pestwurzflur (Chaerophyllo-Petasitetum officinalis die im Liechtensteiner Berggebiet von der montanen bis in Kaiser 1926; Petasition officinalis) die alpine Stufe verbreitet anzutreffen ist. ARTENKOMBINATION: u.a. Petasites hybridus (dom.), Aconitum Als durchaus feuchtigkeitsliebende Art ist das Alpen-Greis- napellus agg., Agrostis stolonifera, Cardamine amara, Cha- kraut (Senecio alpinus) auch in den sonstigen Hochstauden- erophyllum hirsutum, Chrysosplenium alternifolium, Crepis fluren (z.B. Chaerophylli-Ranunculetum aconitifolii) und paludosa, Cirsium oleraceum, Knautia maxima, Poa trivialis, etwas nährstoffreicheren Niedermoor-Gesellschaften (v.a. Petasites albus, Primula elatior, Saxifraga rotundifolia, Stel- Rispenseggenried, Caricetum paniculatae) vordringen und laria nemorum, Urtica dioica. ist hier als Weidezeiger und Indikator für eine gewisse Nähr- Die durch die riesigen «Regenschirm-Blätter» der Gewöhnli- stoffanreicherung zu betrachten. Daneben ist das aufgrund chen Pestwurz (Petasites hybridus) geprägte Pflanzengesell- seiner Giftigkeit vom Weidevieh gemiedene Alpen-Greis- schaft gedeiht in erster Linie entlang der Ufer der Gebirgs- kraut (Senecio alpinus) als Weideunkraut auch abseits der bäche der Montanstufe über steinig-kiesigem bis schottrigen Läger weit verbreitet und kann bei fehlender Weidepflege Ufersedimenten. Von hier aus kann sie auf feuchten bis nas- über nicht zu flachgründigen und mageren Standorten auch sen Hangschutt aber auch in die Einhänge der Bachtobel vor- abseits der Läger Dominanzbestände entwickeln. dringen. Nährstoffreichtum und enorme Wüchsigkeit der an Hochstauden reichen Bestände gehen auf den Humusreich- tum und die hohe biologische Aktivität der unreifen Böden 7.7.7 Kälberkropf-Kohldistel-Hochstaudenflur (Chaerophyl- zurück (vgl. MUCINA 1993). lum hirsutum-Gesellschaft; Petasition officinalis) ARTENKOMBINATION: u.a. Chaerophyllum hirsutum (dom.), Cir- 7.8 Trittrasen der subalpin-alpinen Viehläger (Alchemil- 7.10 Niedrige Bachröhrichte, Kleinröhrichte (Glyce- lo-Poion supinae Oberd. 1950) rio-Sparganion Br.-Bl. Et Sissingh in Boer 1942)

VORBEMERKUNG: Bestände die nicht in Kontakt mit Niedermoor- 7.10.1 Faltssüssgras-Kleinröhricht (Glycerietum plicatae Kulc- gesellschaften oder Quellfluren stehen, dabei handelt es sich zyªski 1928) im Wesentlichen um Läger über verdichteten und stauenden BERHNARDT 1997: Glycerietum plicatae; die Gesellschaft wird Böden in Muldenpositionen, wurden im Zuge des Projekts allerdings nur in einer Tieflagenform aus den Talbodenberei- nicht erhoben. chen dokumentiert. ARTENKOMBINATION: u.a. Glyceria notata (dom.), Epilobium par- 7.8.1 Rasenschmielen-Feuchtweide (Deschampsio cespito- viflorum, Ranunculus repens, Veronica beccabunga sae-Poetum alpinae Heiselmayer et Mucina 1993) Die Faltsüssgras-Kleinröhrichte bzw. Flutrasen sind im Liech- BERNHARDT 1999: Deschampsia cespitosa-Gesellschaft tensteiner Berggebiet sehr häufig an versumpften Trampel- ARTENKOMBINATION: u.a. Deschampsia cesitosa (dom.), Aconitum stellen, entlang von vernässten Viehwegen, an Lacken und napellus agg., Alchemilla spp., Caltha palustris, Carex nigra, Tümpelrändern anzutreffen. Vielfach sind sie dabei sehr eng Epilobium alpestre, Poa alpina, Poa supina, Phleum rhaeti- mit anderen, zumeist nährstoffreicheren Pflanzengesell- cum, Persicaria vivipara, Potentilla aurea, Ranunculus acris, schaften verzahnt (z.B. Rispenseggen-Rieder, Rasenschmie- Ranunculus repens, Senecio alpinus, Viola biflora. len-Gesellschaft). Als weitere Standorte sind auch die Ufer- 124 Die von den teils mächtigen Horsten der Rasenschmiele (De- bereiche von (Quell)bächen zu nennen, die bei BALÁTOVÁ-TU- schampsia cespitosa) geprägte Gesellschaft besiedelt nähr- LAČKOVA et al. (1993) als «klassische» Standorte angegebenen stoffreiche, durch Beweidung starke geprägte Feuchtstand- werden. orte, seien es nun quellige, von Quellgerinnen durchzogene und überrieselte Hangstandorte oder durch Staunässe ge- kennzeichnete Muldenpositionen (vgl. ELLMAUER & MUCINA, 7.11 Gewässervegetation (Potametea R. Tx. et Preising 1993). Vereinzelt können entsprechende Bestände auch als 1942) Verheilungsgesellschaft auftreten (an Hangrutschungen). Die Bestände sind in der Regel verhältnismässige artenarm. 7.11.1 Alpenlaichkraut-Gesellschaft (Potametum filiformis An nährstoffreicheren Standorten können Hochstauden stär- Koch 1928) ker hervortreten, während an von (Klein)gewässern durch- BERNHART 1997: Potamogeton alpinus-Gesellschaft setzten Vorkommen Arten der Kleinröhrichte und Flutrasen ARTENKOMBINATION: Potamogeton alpinus (dom.), Chara sp. (z.B. Veronica beccabunga, Glyceria notata) hinzutreten. Während in tieferen Lagen neben dem untergetauchten Al- pen-Laichkraut (Potamogeton alpinus) noch weitere Laich- kraut-Arten am Aufbau dieser Gesellschaft beteiligt sind, 7.9 Röhrichte (Phragmition communis Koch 1926) handelt es sich im Liechtensteiner Berggebiet aufgrund der Höhenlage, abgesehen von einer bisweiligen Beimischung 7.9.1 Teichschachtelhalm-Röhricht (Equisetetum limosi Stef- von Armleuchteralgen (Chara sp.) nur mehr um einartige fen 1931) Bestände. Besiedelt werden kalte, klare, nährstoffarme Still- ARTENKOMBINATION: u.a. Equisetum fluviatile (dom.), Carex gewässer über humosen Mineral- oder Torfschlammböden rostrata, Eriophorum scheuchzeri (selten, Verlandungszonen) (vgl. SCHRATT, 1993). Die Gesellschaft ist in den Alptümpeln Bei den vom Teich-Schachtelhalm (Equisetum fluviatile) be- zwischen Malbun-Bleika, Weierböda, Sass und der Alp Matta herrschten Kleinröhrichten handelt es um eine Verlandungs- recht verbreitet anzutreffen. gesellschaft mesotropher, humusreicher und nicht zu tiefer Stillgewässer (Optimum über tiefgründigen Torfschlammbö- den und ausgeglichenem Wasserregime). Sie hat ihre Haupt- verbreitung in relativ kühlen und hohen Lagen (vgl. BALÁTO- VÁ-TULAČKOVA et al., 1993). Daneben können im Liechtensteiner Berggebiet aber auch abseits der Alptümpel Dominanzbestände des Teichschach- telhalms gefunden werden und zwar an ebenen oder nur sanft geneigten, dauerhaft nassen oder auch überrieselten, aber auf alle Fälle wassergesättigten (Torf)böden (z.B. Rieter auf der Alp Matta). Diese Bestände sind meist etwas arten- reicher, da sich hier vermehrt Arten der angrenzenden Klein- seggen-Rieder hinzugesellen.