Die Geschichte Bierstadts: 927 Bis 1600

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Die Geschichte Bierstadts: 927 Bis 1600 12 1075 Jahre Bierstadt “Türsturz”. Da er nach seiner ganzen Ge- staltung nicht zu dem Gesamtbau passt, wird 12. 3. 927: die Auffassung vertreten, dass es sich um ein Bauteil der älteren Kirche handelt, die in der alfwinischen Stiftungsurkunde erscheint. Alfwin, Ada Bei dem ein oder allenfalls knapp zwei Jahr- hunderte später entstandenen Neubau der jetzigen Kirche wurden der Türsturz sowie und das die ihn tragenden Sandsteinpfosten und der nach oben abschließende fünfteilige Bogen übernommen. Ursula-Stift Die Bierstadter Kirche gehört unbestritten zu den ältesten Kirchen des Nassauer Landes. Die urkundlich gesicherte Geschichte Sieht man einmal von der Heidenmauer ab, Bierstadts lässt sich auf den 12. März 927 so ist sie überdies das älteste Baudenkmal zurückführen. Damals schenkten der Wiesbadens überhaupt. Grundherr Alfwin und seine Frau Ada dem Im Jahre 1129 erlangte das Mainzer Dom- Ursula-Stift zu Köln Güter in Bierstadt kapitel - durch Vermittlung des Erzbischofs (“Birgidesstat”), und zwar Häuser, Wiesen, Adalbert I. von Mainz - aus dem Erbe des Feld und Wald sowie ihre Hörigen mit durch- Grafen Udalrich III. von Idstein und Eppstein aus auch uns noch vertrauten Namen wie dessen Hof in Bierstadt mit allem Zubehör Frithegart, Sigithrud, Criemilt oder Imma. einschließlich der Kirche. Damit hatten die Schon Jahrtausende vorher war allerdings Mainzer Domherren hier für die nächsten vier der Bierstadter Raum besiedelt: Sowohl aus Jahrhunderte entscheidenden Einfluss. der ältesten als auch aus der jüngeren Mit einem Nachkommen der Stifterfamilie, Steinzeit gibt es Siedlungsspuren. Später nämlich mit Gottfried III. von Eppstein, kam nahmen Kelten und Germanen von unserer es 1252/53 zu streitigen Auseinandersetzun- Heimat Besitz. Vom Brückenkopf “Castellum gen und zu einem Strafzug des Eppsteiners Mattiacorum” eroberten und besiedelten gegen das Dorf. Erst als der Mainzer Erz- sodann kurz nach der Zeitenwende die bischof über die Herren von Eppstein und Römer das Land zwischen Taunushöhe und ihre Lande Anfang März 1254 das lnterdikt Rhein. Die Bierstadter Gemarkung wurde - verhängte, gaben die Eppsteiner nach. Am wie die benachbarten Fluren - durch Guts- 13. Dezember 1254 bestätigte Gottfried von höfe erschlossen, eine Straße vom Kastell Eppstein, dass das Domkapital das Recht und Bad “Aquae Mattiacae” führte an hatte, in Bierstadt den Schultheiß, der die Bierstadt vorbei zum Lager Hofheim. Zivilsachen zu entscheiden hatte, zu benen- nen, während ihm selbst das Ernennungs- Bierstadt recht beim Amt des Zehntgrafen zustand, der über “Frevel” befand und dem Schöffenge- im frühen Mittelalter richt vorsaß. Damals war die Position der Eppsteiner in Kehren wir zur Urkunde von 927 zurück. Alf- Bierstadt allerdings nicht mehr unangefoch- win und seine Gemahlin schenkten dem ten. Schon 1221 hatten sie hinnehmen müs- Kloster im fernen Köln auch zwei Anteile an sen, dass die Grafen von Nassau in einem der Kirche in Bierstadt, die - nach dem heuti- Vertrag mit dem Mainzer Domkapitel die gen Stand der Forschung - als rechteckige Gemarkung von Bierstadt erheblich beein- Saalkirche kurz vor der Stiftung entstanden trächtigten. Die Nassauer hatten zu Sonnen- sein dürfte. Kulturhistorisch von besonderer berg eine Burg errichtet, von der die Domher- Bedeutung ist der in der südlichen Außen- ren behaupteten, sie liege auf dem Territori- wand der jetzigen Kirche eingelassene um ihrer Bierstadter Fronhube. 1075 Jahre Bierstadt 13 Für 30 Mark kauften die Grafen Grund und seinen Nachbarorten erkennen. Bis zum 12. Boden und nahmen die Burg von Mainz zu Jahrhundert mieden die Volks- und Heer- Lehen. straßen grundsätzlich die Täler und folgten In diesem Vertrag wird die neue Grenze zwi- den (trockenen) Höhenzügen und Wasser- schen Bierstadt und Sonnenberg eingehend scheiden. Eine der wichtigsten Fernstraßen beschrieben. Auch nach der Teilung war die unseres Raumes war die “Mainzer Straße”, Bierstadter Gemarkung noch recht ansehn- Teilstück uralter Völkerstraßen aus dem lich. Sie schloss sowohl Teile des Heßlocher Oberrheingebiet nach Norddeutschland. Waldes als auch das spätere Rambach ein Noch heute ist sie auf der Strecke bis Lim- und hatte erheblichen Anteil an den großen burg als “Hühnerstraße” bekannt. Waldungen der Taunushöhe, und zwar um Von der Mainmündung verlief diese Straße Hohe Kanzel und Kellerskopf. über den Petersberg und die Erbenheimer Warte zur “lgstadter Hohl” und sodann auf dem Landrücken zwischen Wäschbach und Die Ritter von Bierstadt Wickerbach zum Nauroder Erbsenacker. Dort fand ein von Wiesbaden ausgehender Wie in fast allen benachbarten Gemeinden Weg, in Wiesbaden “Kloppenheimer Weg” gab es auch in Bierstadt ein Rittergeschlecht, genannt, den Anschluss an das Fernstraßen- das zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert netz. Von Kastel aus führte in späterer Zeit urkundlich nachweisbar ist. Nach Sauers auch noch ein Bierstadt unmittelbar berüh- Nassauischem Urkundenbuch treten im render Weg, der “Petersweg”, zum Erbsen- Jahre 1102 Franco und Hubertus von acker von Naurod. “Birgestat” als Zeugen in einer Urkunde des Vermutlich wurde er insbesondere in der Grafen Udalrich von Idstein auf. Wegen des trockenen Jahreszeit als Abkürzung benutzt. erheblichen Einflusses des Erzbistums Mainz Er überquerte nördlich des Rheingauer Fel- in Bierstadt ist es naheliegend, dass die des den Wäschbach (1740 lässt er sich dort Familie in enger Beziehung zum erzbischöfli- als “Birster pfad nach Castell” nachweisen), chen Hof stand. So ist Dudo von Bierstadt schnitt den uralten Heerweg Wiesbaden- Zeuge in einer Wormser Urkunde des Stau- Frankfurt, gelangte hart westlich an Bierstadt ferkaisers Heinrich VI. vom 29. August 1192 vorbei und zog durch eine “Hohl” östlich der zugunsten des Mainzer Erzbischofs Konrad Fichten, wo er kurz darauf auf den Verlauf von Wittelsbach. 1211 schließt Friedrich von der heutigen B 455 einschwenkte und so Bierstadt einen Vergleich mit dem mächtigen gleichfalls die Straßenspinne am Erbsen- Kloster Eberbach. 1240 verkauft der Ritter acker erreichte. Er ist noch in den heutigen Reinmar von Bierstadt an das Mainzer Stadtplänen östlich des Heßler Hofes als Kloster St. Maria zu den Greden Grundbesitz “Bierstädter Weg” eingezeichnet und als in Bierstadt. Flurname im Süden unseres Stadtteiles Für die wirtschaftlich günstige Position der (“Mainzer Weg”) nachweisbar. Familie spricht, dass Hermann von Biegen 1275 dem Ritter Werner von Bierstadt seine Keine Diebe Vogteirechte zu Hattersheim verpfändet. 1279 wird Philipp von Bierstadt erwähnt und auf dem Diebspfad 1334 schließlich erscheint in einer lgstadter Urkunde der “armige” Dieter von Bierstadt als Auf ein sehr hohes Alter lässt der Diebspfad Zeuge. nach Igstadt schließen, der nichts mit Dieben Weder zur Römerzeit noch in späteren Jahr- zu tun hat, sondern auf “Diet” (Volk; vgl. hunderten lag Bierstadt unmittelbar an einer Dietkirchen = Volkskirche) zurückgeht. Wege wichtigen Straßenverbindung. Doch lassen führten von Bierstadt aus nach Igstadt und sich anhand der alten Flurnamen vielfältige Kloppenheim, nach Heßloch und Rambach Wegebeziehungen zwischen Bierstadt und sowie nach Erbenheim. Interessant ist, dass 14 1075 Jahre Bierstadt eine unmittelbare Verbindung nach dem na- die Gerichts- und Vogteirechte über Bierstadt hen Sonnenberg fehlte, wohingegen an sich bringen. Gleichzeitig erwarb es die Kloppenheim einen Sonnenberger Weg hier ansässigen eppsteinischen Leibeigenen. hatte, da es längere Zeit Bestandteil der klei- Vorübergehend erlangte Nassau pfandweise nen Herr-schaft Nassau-Sonnenberg war, sogar die gesamten Bierstadter Zehntrechte während Bierstadt zu Nassau-Wiesbaden des Domkapitels. Die Mainzer Domherren gehörte. Dagegen gab es besondere Wege waren allerdings nicht gewillt, kampflos auf zur Dietenmühle und - als Mosbacher Weg - ihre Position in Bierstadt zu verzichten, als es zur Spitalsmühle im Salzbachtal. wegen der Abgrenzung der Bierstadt/Erben- Völlig ausgegangen ist im Laufe der Zeit der heimer Gemarkung 1510 zu Auseinanderset- Nordenstadter Weg, dem der Bierstadter zungen kam, und prozessierten seit 1516 Weg in der Nordenstadter Gemarkung ent- gegen Graf Philipp Altherrn von Nassau- sprach. Der Weg nach Wiesbaden, dem Sitz Wiesbaden, später wandten sie sich sogar der Verwaltung, führte in früherer Zeit unmit- an das Reichskammergericht. telbar an der Warte vorbei und nahm erst Doch die politische und kirchliche Entwick- später die heutige Trasse an. lung, hier insbesondere die Auswirkung der In seiner 1731 verfassten Stadtbeschreibung Reformation, die in der Herrschaft Wiesba- erwähnt der Wiesbadener Stadtpfarrer den um 1540 eingeführt wurde, war den Hellmund als einen der fünf “Feld-Weege”, Nassauern günstiger, so dass sie schließlich die vom neuen Thor ausgingen, den “Weeg die volle, unbestrittene Landeshoheit erlang- nach Birstatt, Kloppenheim und Auringen”. ten. Der Weg nach Kloppenheim zweigte in hal- ber Höhe (etwa dem Zug der heutigen Hilda- “Grabengeld” straße folgend) vom Bierstadter Weg ab. Der von Hellmund wohl zu recht so genannte Feldweg wurde erst Schon 1508 hatte Graf Adolf III. von Nassau- Das Haus um 1830 zu einer Wiesbaden seine Leute in Bierstadt bei dem Chaussee ausgebaut. Bau der Wiesbadener Stadtmauer zur Nassau in Bei der ersten nas- Zahlung eines Baugeldes herangezogen, sauischen Landestei- womit das Recht verbunden war, in Kriegs- Bierstadt lung von 1255 fiel zeiten hinter den Stadtmauern Schutz zu Bierstadt an die ältere suchen. Auch nach dem großen Wiesbade- (walramische) Linie, die die Gebiete zwi- ner Brandunglück von 1561 wurde
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