Chronologie Der „Zwickauer Zelle“

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Chronologie Der „Zwickauer Zelle“ Chronologie der „Zwickauer Zelle“ Vorgeschichte 1990er Jahre 1992 nimmt Uwe Mundlos an einer Veranstaltung der „Nationalistischen Front“ teil, die später verboten wird. Von einem ehemaligen Sozialarbeiter wird er als „Intellektueller“ beschrieben, der mit den Schlägern und dumpfen Parolen nichts zu tun haben will. Mit Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe besucht er regelmäßig das Jugendzentrum „Winzerclub“, wo akzeptierende Jugendarbeit betrieben wird. Irgendwann tauchen die drei nur noch dort auf, um zu provozieren. Von einem André K. und einem Ralf W. werden sie in die Neonaziszene eingeführt (taz, 15.11.11, „Irgendwann trug er Bomberjacke“) Mitte der 90er sind sie im „Thüringer Heimatschutz“, der damals mitgliederstärksten Neonazi‐ Gruppierung Thüringens, aktiv. Der THS war 1994 aus der „Anti‐Antifa Ostthüringen“ hervorgegangen. Er wurde vom VS Thüringen als „neuartiges Bindeglied“ in der neonazistischen Szene beschrieben. Dem THS gehörten zeitweise 170 Personen an. Als Kopf der Gruppe zählt Tino Brandt (taz, 15.11.2011, „Die Thüringer Nazi‐Connection“) 1996 findet ein Gerichtsverfahren gegen den Holocaust‐Leugner Manfred Roeder statt; Fotos zeigen Böhnhardt und Mundlos mit André K. (später mehrfach Organisator des „Fest der Völker“) und Ralf W., der beim „Thüringertag der nationalen Jugend“ (ebenfalls ein spektrenübergreifendes Rechtsrock‐Festival) führend mitwirkt. Er spielt außerdem eine wichtiger Rolle im „Freien Netz“, einer Vernetzung von Kameradschaften aus Sachsen, Sachsen‐Anhalt und Thüringen (taz, 15.11.2011, „Die Thüringer Nazi‐Connection“). 1997 wird aus dem THS heraus ein Sprengstoffkoffer am Jenaer Theater abgelegt, der mit Hakenkreuzen versehen war. 1998 Am 24. Januar findet eine Razzia in sieben Wohnungen statt, bei der eine Garage ausgehoben wird, in der sich eine Bombenwerkstatt befindet. In der Werkstatt findet die Polizei 1,4 Kilogramm TNT in vier funktionsfähigen Rohrbomben. Die drei Tatverdächtigen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe tauchen unter. Nach Aussage von Thüringen Innenminister Geibert im einem Interview mit der FAZ vom 14.11. war ein „B.“ (Böhnhardt?) bei den Durchsuchungen anwesend, konnte sich anschließend aber absetzen. Dabei hätte ein Haftbefehl aus dem Jahr 1996 vorgelegen. Damals habe er einen mit einem Judenstern versehenen Puppentorso an einer Autobahnbrücke aufgehängt und einen Sprengsatz im Jenaer Ernst‐Abbe‐Stadion abgelegt. 1999 Der VS Thüringen teilt mit, die drei seit 1998 Flüchtigen könnten auch am Bau von Sprengkörpern beteiligt gewesen sein, die im Raum Jena 1996 und 1997 gefunden worden waren. 2000 Der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes Helmut Roewer muss gehen. Auf seiner Gehaltsliste stand neben Tino Brandt (seit 1994) auch der damalige Thüringer NPD‐Chef Thomas Dienel, dem er 1996/97 eine Flugblattkampagne gegen einen linken Gewerkschafter finanzierte. Weil Roewer die verwendeten Mittel nicht korrekt abrechnete, wurde er 2003 wegen Betrugs und Untreue in 60 Fällen angeklagt. Bodo Ramelow spricht heute von einer „Großen Kumpanei“ die damals zwischen dem Dienst und der Neonazi‐Szene geherrscht habe. (taz 14.11.2011, „Thüringer Kameraden“) 27. Juli: In Düsseldorf wird ein Anschlag auf eine Gruppe von jüdischen Kontingentflüchtlingen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion verübt, die von einem Sprachkurs auf dem Weg zur S‐Bahn sind. Beim Sprengkörper handelt es sich um eine Handgranate aus dem letzten Weltkrieg, versehen mit einem neuen Zünder. Zehn Menschen werden verletzt, zwei davon lebensgefährlich. Eine junge Frau verliert ihr ungeborenes Baby. Ein Gruppe von sechs Personen bekennt sich zu dem Anschlag, die Polizei geht allerdings von einem Einzeltäter aus. 09. September: der Blumenhändler Enver S. wird an seinem Blumenstand in Nürnberg durch acht Schüsse aus zwei verschiedenen Pistolen tödlich verwundet. Er erliegt zwei Tage nach dem Attentat seinen Verletztungen. 2001 Tino Brandt wird als V‐Mann des Verfassungsschutzes enttarnt. Nach seiner Aussage war er bereits seit 1994 für den VS tätig (Hintergrundpapier LT‐Fraktion Thüringen). Die Staatsanwaltschaft Gera teilt mit, trotz Zielfahndung sei es innerhalb von vier Jahren nicht gelungen, die drei zu schnappen. Die Ermittler sagen laut MDR, es sei ungewöhnlich, dass die Personen ohne Spuren zu hinterlassen und ohne über genug Geld zu verfügen fliehen konnten (Hintergrundpapier der LT‐Fraktion Thüringen). Am 15.11.2011 berichtet der MDR hingegen, im Jahr 2001 sei das LKA bei der Zielfahndung fündig geworden, Böhnhardt und Mundlos seien in Chemnitz entdeckt worden. Es sei unklar, warum es (trotz weiter bestehenden dringenden Tatverdachts) keinen Zugriff gegeben habe. 19.Januar: In Köln in der Probsteigasse wird ein Korb in einem Lebensmittelgeschäft in zurückgelassen, der einen Sprengsatz enthält. Eine deutsch‐iranische Abiturientin, Tochter des Inhabers, wird schwer verletzt. Ein rechtsextremer Hintergrund der Tat wird nicht ausgeschlossen, die Ermittlungen enden aber ohne Ergebnis. Nach Aussage des NRW‐Innenministers enthält die „Bekenner‐DVD“ des NSU Hinweise auf die Beteiligung an diesem Anschlag (taz 14.11.2011, „Hinweise auf weiteren Anschlag in Köln“) 13. Juni: In Nürnberg wird der 49‐jährige Inhaber einer Änderungssschneiderei erschossen aufgefunden. 27. Juni: Der 31‐jährige Süleyman T. wird durch drei Schüsse in den Kopf in seinem Obst‐ und Gemüseladen getötet. Die Schüsse wurden aus zwei verschiedenen Waffen abgegeben. 05. Juli: in Zwickau wird das Postamt ausgeraubt, die Täter erbeuten 75.000 Mark. Die Tat wird Böhnhardt und Mundlos zugerechnet. 29. August: in München wird der 38‐jährige Obst‐ und Gemüsehändler Habil K. mit zwei Schüssen in den Kopf ermordet. 2002 2003 2004 25. April: Der 25‐jährige Verkäufer Yunuy T. wird in einem Döner‐Stand mit drei Schüssen in den Kopf getötet. Er befand sich ohne Aufenthaltspapiere in Deutschland und war erst wenige Tage zuvor von Hamburg nach Rostock gezogen. 18. Mai: Eine Chemnitzer Sparkasse wird überfallen. Die Tat wird Böhnhardt und Mundlos zugerechnet. 09. Juni: In Köln in der Keupstraße wird ein Anschlag mit einer Nagelbombe in einer belebten Einkaufsstraße verübt, in dem viele türkische Geschäfte und Restaurants sind. 22 Menschen werden verletzt. Zu diesem Anschlag hat sich der NSU in seiner „Bekenner‐DVD“ bekannt. 2005 09. Juni: Der 50‐jährige Besitzer eines Döner‐Standes wird mit fünf Schusswunden tot aufgefunden. 15. Juni: Der 41‐jährige Inhaber eines Schlüsseldienstes Theodorus B. wird in seinem Münchener Laden erschossen aufgefunden. 22. November: In Chemnitz wird eine weitere Sparkasse überfallen. 2006 Am 04. April wird der 39‐jährige Kioskbesitzer Mehmet K. in seinem Laden erschossen. Auf ihn wurde mehrfach gefeuert, auch in den Kopf. Am 06. April wird der 21‐jährige Halit Yozgat in seinem Internet‐Café in Kassel mit Kopfschüssen getötet. Bei der Tat ist ein Mann mit einer Plastiktüte anwesend, der sich auf einen Zeugenaufruf der Polizei nicht meldet und so zum Verdächtigen wird. Die Polizei ermittelt die Identität des Mannes und stellt fest, dass es sich um einen Mitarbeiter der hessischen Verfassungsschutzes handelt. Erst jetzt wurde ermittelt, dass er sich zur Tatzeit im Café aufhielt – und es nicht, wie bislang behauptet, kurz vor der Tat verlassen hatte. Über seine weitere Verstrickung gibt es unterschiedliche Angaben. Ermittler hätten damals seine Fahrtenbücher, Kreditkartenabrechnungen und Tankquittungen untersucht, um Zusammenhänge zu den anderen „Döner‐Morden“ zu untersuchen, angeblich ohne Ergebnis, für eine Tat habe ein Alibi bestanden (FAZ, 15.11.) Dazu in Widerspruch zitiert die BILD einen ungenannten hochrangigen Ermittler: „Dem Verdächtigen wurden entlastend ausgelegt, dass er nur bei sechs der neun Morde in der Stadt war.“ Die erstellten Bewegungsprofile hätten ergeben, dass er aber eben bei sechs Morden in der gleichen Stadt war. Die WELT berichtet in ihrer Online‐ Ausgabe vom 15.11. nach der Sitzung des PKG, es habe in drei Fällen Übereinstimmungen zwischen Tatorten und Aufenthaltsorten des VS‐Mannes gegeben. Von einem hochrangigen Ermittler der SOKO Bosporus wurde das zurückgewiesen – sei der Mann an mehr als einem Tatort festgestellt worden, hätte man ihn selbstverständlich festgenommen (FR, 16.11.11, „Mord unter Aufsicht) Die FAZ vom 16.11. berichtet, der VS‐Mann habe selbst eine rechte Gesinnung gepflegt und sei in seinem Dorf als „Klein‐Adolf“ bekannt gewesen. Er sei für die Führung von V‐Leuten zuständig gewesen, auch in der rechtsextremen Szene, jedoch mit Schwerpunkt im Bereich des Ausländerextremismus. Nach seiner Suspendierung 2006 sei im Regierungspräsidium Kassel tätig. Die FR berichtet ebenfalls am 16.11. (a.a.O.), dass in der Wohnung des VS‐Mitarbeiters Exzerpte aus „Mein Kampf“ gefunden worden seien – andere Zeitungen hatten lediglich von „Auszügen“ berichtet (wussten vielleicht einfach nicht, was ein Exzerpt ist …). Am 05. Oktober überfallen mutmaßlich Böhnhardt und Mundlos eine Bank und verletzen einen Azubi durch einen Bauchschuss schwer. 2007 2008 Die NSU‐Zelle zieht nach Zwickau in die Wohnung eines Matthias B. Dieser hatte den drei auch seinen Personalausweis überlassen. Die Miete wird weiterhin von seinem Konto abgebucht. Er hat eine weitere Wohnung in Zwickau. In dieser soll Beate Zschäpe 2001‐2008 unter falschen Namen gelebt haben. Wie der am 14.11.2011 festgenommene Holger Gerlach ist er in den vergangenen Jahren nach Hannover gezogen. (Spiegel Online, 15.11.11, „Kumpel aus dem Erzgebirge, MDR‐ Magazin Fakt vom 15.11.) 2009 2010 2011 07.09. in Arnstadt wird eine Bank überfallen. Dieser und 13 weitere Bankraube
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