BEGEGNUNGEN Kostenlose Kulturzeitung Für Den Landkreis Miesbach
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BEGEGNUNGEN Kostenlose Kulturzeitung für den Landkreis Miesbach . Ausgabe 8 . November 2007 bis Mai 2008 aber nach dem ersten Armbruch wird jeder ver- nünftig.“ Wie Rambos hätten sich manche auf- geführt und ein Almbesitzer wurde gar verklagt, weil ein Radler in ein Weidetor sauste. Folge: Mit großem Veranstaltungskalender Mit großem Berge Auch am Berg gibt es jetzt einen Schilderwald. Und wie schaut es im Winter aus? „Hier ist ein wunderschönes Tourengebiet und wenn die Tourengeher auf den Wegen bleiben und nicht in jedes Eck kommen müssen, dann gibt es kein Problem“, ist Sepp Höss überzeugt. Denn Gemsen und Birkhühner brauchen ihre Ruhezo- nen. „Wenn die Leute vernünftig sind, können Tiere, Sportler und Almbauern gut miteinander leben“, ist seine klare Aussage. Zu dieser Ver- Heimat nunft der Leute gehört auch, dass sie die Ber- ge und sich selbst richtig einschätzen. Denn als Aufgereiht wie die Spatzen auf der Hochspan- Ungeübte in Turnschuhen in die Wolfsschlucht nungsleitung stehen an diesem heißen Som- Geborgenheit zu gehen oder an heißen Tagen ohne ausrei- mertag die Kühe auf dem Grat. „Da oben weht chende Flüssigkeit und ohne Kopfbedeckung ein Wind“, erklärt Sepp Höss das Verhalten der Herausforderung auf den Berg zu steigen ist einfach fahrlässig. Tiere. Mit drei anderen Bauern bewirtschaftet Die Bergwacht kann Lieder davon singen, wie er die Neuhüttenalm am Fockenstein. Sie ist Unfälle durch Leichtsinn geradezu herausgefor- eine Rarität, denn leicht zerzaust fl attern an war sie einerseits von der Aggressivität des Mar- te, ist für Sepp Höss ebenso selbstverständlich. dert werden. ihr nepalesische Gebetsfahnen im Wind. Drin- morabbaus „um Banken und Theken damit zu „Das ist ein gutes Projekt, auch für den Wald, nen im Herrgottswinkel hängt ein Kruzifi x und bestücken“, entsetzt, aber auch berührt davon, der dadurch besser gepfl egt wird.“ Almen ohne darunter hockt ein Buddha. „Die vertragen sich dass Michelangelo hier seinen Stein für die Pieta Erschließung gehen ein, ist er überzeugt, denn gut“, meint Sepp Höss. Zwar seien die anderen geholt hat. Und so wurde der Stein des Berges wie sollte beispielsweise ein verletztes Tier oder Bauern anfangs nicht von seiner ortsunüblichen im makroskopischen und mikroskopischen Sinn ein gerissenes Schaf abgeholt werden. Natür- Dekoration begeistert gewesen, aber inzwi- für die Künstlerin Sujet für ihre Arbeit. „Ich ent- lich fi ndet auch er idyllische Pfade schöner, aber schen hätten sie sich daran gewöhnt. Auch in decke im Stein eine kleine Landschaft“, sagt Almwirtschaft hat eben auch einen wirtschaft- seinem Leben gibt es die Verbindung der Kul- sie. Formen, Farben, Einschlüsse im Stein, seine lichen Aspekt. „Die extremen Naturschützer turen, denn einerseits ist er der bodenständige Refl exionen von Sonne und Wasser, da schaut sollten mal ein paar Tage bei uns mitarbeiten, Landwirt mit Hof, Alm und Vieh, und anderer- Lotte Koch genau hin und hält ihre Sicht auf sie haben einfach zu wenig Ahnung von der seits treibt es ihn nach Nepal, Tibet oder Laos. dem Bild fest. Praxis“, meint der passionierte Naturliebhaber, Wegen der Kultur, aber die Berge, die seien die Wir genießen die Sicht von der Neuhüttenalm der sich seit vielen Jahren mit der Almfl ora be- Beigabe und dann fühle er sich fast so wie zu hinüber zum Kampen. „Das ist ein besonderer schäftigt. „Jedes Jahr lerne ich drei neue Pfl an- Hause. Denn Berge, das bedeutet für Sepp Höss Berg, er hat Kraft, weil da oben keine Hütte zen dazu“, erzählt er und auch wozu das Kraut Heimat und Geborgenheit. ist und wenig Leute hinkommen, das ist die gut ist. Die enorme Artenvielfalt auf der Alm, Für Lotte Koch ist der Berg „ein Gegenüber, schönste Tour hier in der Gegend“, erklärt Sepp davon ist Sepp Höss überzeugt, kommt von das nichts sagt, das mich nur staunen lässt.“ Höss. Der Berg als Kraftort, auf den er gehe, der Beweidung durch Schafe und Rinder. Denn Nein, ungeübt ist Lotte Koch nicht, sie hat jahre- Die Valleyer Malerin ist eine begeisterte Wan- wenn ihm unten im Tal alles zu viel wird, der wenn eine Wiese einheitlich gemäht werde, lange Erfahrungen auf ihren langen Bergwande- derin und sieht im Berg neben dem meditativen Berg, an dem alles abfällt, was unten als Ballast dann würde so manche Pfl anze verschwinden, rungen in aller Herren Länder gesammelt. Gern Aspekt auch eine sportliche Herausforderung. empfunden wird, der Berg muss an so man- da die Samenzeiten unterschiedlich sind. Er hält läuft sie allein und sie liebt die Herausforderung. Und sie hat bei all ihren Wanderungen, ob im chem Wochenende viele kraftsuchende Men- viel von der Kulturlandschaft am Berg, wo Pfl an- „Die Anstrengung ist gut“, sagt sie, „man muss heimischen Mangfallgebirge, dem Alpenhaupt- schen aushalten. 2000 seien es manchmal, „das zen und Tiere eine Symbiose eingegangen sind. erschöpft sein, dann sieht man andere Bilder.“ kamm am Großglockner, wo sie mit ihrem ist zu viel für einen solch kleinen Berg“, meint Und auch der Mensch gehört dazu, denn Sport Diese Eindrücke hält die Malerin unterwegs fest Mann ein Ferienhaus besitzt, oder im Himalaya Sepp. Und dennoch versteht er das Anliegen der und Tourismus sind halt immer bedeutsamer um sie dann in ihrem Atelier zu Bildern zu verar- ihren Skizzenblock dabei. Es sind aber weniger Menschen. „Wir haben keinen Anspruch auf geworden, auch wenn das für den Berg nicht beiten. Waren sie anfänglich noch ganz verhal- die Landschaften als eher die Strukturen der die Berge, auch wenn das hier unser Eigentum immer zuträglich ist. ten in der Farbgebung, da kam immer wieder Wände oder des einzelnen Steins, die die ge- ist“, sagt er. Und wenn die Wanderer oder Rad- Aber Sepp Höss kann auch hier nur über die die Grafi kerin durch, die auch auf die konzen- lernte Grafi kerin faszinieren. Sie begann in den ler am Verdursten sind, beim Sepp bekommen Auswüchse lächeln. „Vor 15 Jahren glaubten trierte Ausarbeitung Wert legte, traut sich Lotte Steinbrüchen von Carrara mit dem Malen. Dort sie etwas zu trinken, und nicht nur das, auch die Mountainbiker noch, ihnen gehöre alles, Koch immer mehr an die Farbe. Und so konnte einen Gruß und ein Lächeln hat er für jeden, der Betrachter ganz in Rot gehaltene Steinbilder der daher kommt, parat. Mit einer Ausnahme. sehen. Diese Verfremdungseffekte sind der Für den Zeitgenossen, dessen Hund seine Scha- Künstlerin aber noch nicht geheuer, „ich bin sehr fe hetzt und gar reißt und der sich einfach aus aufgeregt“, gibt sie lächelnd zu. Wenn sie indes dem Staub macht, wie jetzt häufi ger passiert, in ihren jüngsten Arbeiten die Farbe bei Spiege- hat er kein Verständnis. Auch die zwei in diesem Lotte Sepp lungen und Refl exionen des Steins mit Wasser Almsommer verunglückten Rinder gehen ihm und Sonne einsetzt, dann sind das der Natur ab- Koch nah. 90 Rinder und 20 Schafe sind heroben. Höss geschaute Effekte, die äußerst spannend sind. Almwirtschaft ist seit Hunderten von Jahren für Und so hat Lotte Koch ganz nebenbei den Bo- die Bauern im Oberland selbstverständlich, um gen gespannt von unserem Thema Wasser der die Futtergrundlage zu verbessern, denn im Tal vorherigen Ausgabe zum Thema Berge in dieser könnte man viel weniger Vieh versorgen. Dass Ausgabe, beides Aspekte, die Schönheit und Le- man vor 30 Jahren eine Erschließungsstraße bau- ben in diesem Landkreis prägen. Blick über die Grenze Kulturbegegnung Künstlerporträt Veranstaltungskalender 20 Bildung per Fernsehen – Telekolleg 17 Senioren & Neue Medien 03 Familie Roth Kultur und Brauchtum 23 Kloster Benediktbeuern 22 Imam Mehdi Kulaz 07 Horst Muscheid Seite 9 bis 14 Inhalt 22 Stephanie Prinzessin zu Fürstenberg 16 Annemarie Hagn 20 Helmut Drösler 21 Hans Kröll 2_11_KB8_BO.indd 1 05.11.2007 14:39:03 Uhr 2 Kolumne + Editorial Berge Editorial Liebe Leserinnen und Leser! S Verglichen mit den so nahen Kulturmetropolen München und Salzburg nimmt sich der Landkreis Platz der Miesbach auf den ersten Blick als eine von der Hochkultur vernachlässigte Provinz aus. Lässt man jedoch den Schriftsteller Peter Stamm zu Wort kommen, erhält die vermeintliche Peripherie einen ganz neuen Stellenwert: „Ich frage mich, was das Gegenteil ist von Provinz, aber alle Wörter, die mir einfallen – Grossstadt, Zentrum, Metropole – sind so oberfl ächlich und so unpersönlich wie Weisheit die Fußgängerzonen in den grossen Städten. Vielleicht ist es das, was mich immer in die Provinz gezogen hat: das Gefühl, dass das Leben dort, wo niemand hinschaut, tiefer ist und vielfältiger und wahrhaftiger.“ Unsere Redakteurin Monika Gierth hat den Bogen sehr weit gespannt, um Ihnen in der nun- mehr 8. Ausgabe der Kulturbegegnungen wiederum ein faszinierendes Spektrum an tiefer, vielfältiger und wahrhaftiger Kultur im Landkreis Miesbach zu bieten. Das Titelthema Berge führt uns unversehens vom Tegernsee bis zum Heiligen Berg Kailash. Die gemalten Steine von Lotte Koch verbinden sich mit den Junior-Kunstwerken ihres erst 9jährigen Enkels Emil. Mit knallharter Realität konfrontiert uns der Karikaturist Horst Muscheid. Der Blick über Buddhistische Pilger umrunden zum Teil den die Vulkane Lava ausspucken lässt. Für Juden die Landkreisgrenze reicht über Benediktbeuern bis zu einer Prinzessin im niederösterreichischen ihnen heiligen Berg Kailash, indem sie mit ih- und Moslems ist der Tempelberg gleichermaßen Waldviertel. Eingehend widmen sich die Kulturbegegnungen der Künstlerfamilie Roth, den Musi- rer Körperlänge den Weg ermessen. Sie werfen von Bedeutung. Man könnte diese Liste mit un- kern Hans Kröll und Annemarie Hagn sowie auf zwei Sonderseiten der Literatur. Wie immer ist die sich zu Boden, strecken sich, stehen auf und endlich vielen Beispielen aus anderen Religionen Jugend stark vertreten – auch dank Frau Dr. Marianne Kunkel-Cichos, die uns seit Anbeginn eine verbeugen sich vor dem Berg und wiederholen und Naturreligionen erweitern. Auch im Chris- Förderung zukommen lässt. diese Prozedur mindestens 27 Tage, bis sie die tentum fi nden wir viele Bilder und Geschichten, Die in der 7. Ausgabe angekündigte interreligiöse Begegnung wurde durch die Mitgliedschaft der ganze Strecke absolviert haben. Ihr Weg über- die dem Berg eine Rolle beimessen.