SEMESTER SOMMER- 25|2008

JOURNAL „Die Opernprobe“ LEIPZIG R Ü BARTHOLDY« MENDELSSOHN »FELIX F E L U H C UNDTHEATER S MUSIK H C O H T R F E I D R H C S T I E Z manchmal mehr mehr manchmal Studiotheatern Chemnitz und und Chemnitz HMT Jazzfest Jazzfest HMT Weniger ist ist Weniger Neubeginn HMT AKTUELL BERICHTE Leipzig an den den an 2008

Orgeln – Das KI KI Das – Orgeln Exkursion nach nach Exkursion Von fremden fremden Von Ländern und und Ländern in Budapest Budapest in AUSSERHALB und Wien

Mailand BERICHTE

Sommertheater Sommertheater Prof. Christian Christian Prof. Das Dirigieren Das „Nach Paris“ „Nach 2008 nicht los – los nicht lässt mich lässt PERSONALIA VORSCHAU Kluttig ( FOTO )

INHALT

Grußwort des Rektors ...... 2 Editorial...... 3

HMT AKTUELL Neubeginn in Chemnitz und Leipzig – Neue Leitung an den Studiotheatern der Hochschule ...... 4 ❚ Suchen+Finden__Noten für Ihre Besetzung – Zur Nutzung des Online_Katalogs ...... 6 Musikgeschichte(n) VIII ...... 9

HMT ALUMNI NACHRICHTEN Auf den Spuren berühmter Komponisten ...... 10 Mit Clara Schumann eintauchen in Leipzigs Kulturgeschichte ...... 12 Brief von Kammersänger Michael Rabsilber ...... 13 Ahnenforschung an der HMT ...... 14

BERICHTE DEZEMBER | Weniger ist manchmal mehr: Lortzings Opernprobe ...... 15 DEZEMBER–JANUAR | Dramatische Augenblicke – 19. Jahrhundert und Theater heute ...17 JANUAR | 7. Lo r t z i n g -We t t b e w e r b an der HMT...... 18 JANUAR | Hören–Wahrnehmen–(Aus)üben – 6. Symposium zur...... Kinder- und Jugendstimme ...... 20 FEBRUAR | Barocke Schulmusik ...... 21 MÄRZ | Liebe ist … ein weltliches Oratorium ...... 21 APRIL | HMT, Ba c h -Ar c h i v und Catone in Utica ...... 22 APRIL | 1. Akademie im Grassi ...... 23 MAI | HMT Ja z z f e s t 2008 ...... 24

BERICHTE AUSSERHALB...... Von fremden Ländern und Orgeln – Das KI in Budapest und Wien ...... 29 Felix Mendelssohn Bartholdy, Großbritannien und britische Komponisten in Leipzig ...... 31 Vado – Vai – Va – Andiamo – Andate – Vanno Milano! Exkursion nach Mailand ...... 33 Tere, tere Tallinn oder Sieben Schulmusiker in Estland ...... 38 Die Leipziger Notenspur – Der musikalische Stadtspaziergang ...... 40

NOTIZEN ...... 41

PERSONALIA...... Das Dirigieren lässt mich nicht los – Gespräch mit Prof. Christian Kluttig ...... 44 Verabschiedung von Prof. Helmut Weese...... 46 Zum Ruhestand von Hans-Jörg Leipold ...... 47 Neu … an der HMT – Franziska Bohr ...... 47

JOURNAL VORSCHAU...... Nach Paris – Sommertheater der Schauspielstudierenden ...... 48 25|2008 Europa neu erdenken – Dido und Äneas 2008 ...... 49 SOMMER- Das Projekt DaCa p o ...... 52 SEMESTER Musikfestival Kl a s s i k f ü r Ki n d e r ...... 52

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 1 GRUSSWORT

Sehr geehrte, liebe Leserinnen und Leser des MT-Jo u r n a l s ,

das Sommerseme- Privileg und eine tägliche Freude, die- m künstlerischen Bereich stand das ster an der HMT ist immer eine unge- se Hochschule leiten zu dürfen und Igesamte vergangene Jahr im Zeichen mein spannende und kreative Zeit. festzustellen, wie die von mir – auch der kleinen Revolution in der Arbeit Während ich diese Zeilen schreibe, auf diesen Seiten – immer wieder ange- des Hochschulsinfonieorchesters. Wer wird im Großen Saal die Hochzeit des sprochenen Reformvorhaben Früchte die Entwicklung der Klangkultur und Spieldisziplin dieses Klangkörpers über das Jahr verfolgt hat, wird nur ungern die nächsten Auftritte des HSO unter Leitung von Prof. Windfuhr ver- passen wollen. Auch, wenn der Über- gang zur Projektarbeit sowie die we- sentlich erhöhte Arbeitsintensität eine akribische Planung und den guten Willen aller Mitglieder und Angehöri- ger der Hochschule verlangten, ist die Hochschulleitung mit dem Zwischen- stand der Arbeit sehr zufrieden. Ich kann nur die Verwaltung loben, den Professoren für ihr Verständnis dan- ken und den Studierenden für ihren Fleiß und ihre wachsende Selbstdiszi- plin meine Achtung aussprechen.

ndere Highlights des Veranstal- Atungsjahres waren das erste viel beachtete HMT-Jazzfest, die erste In- ternationale Orgelakademie unter der Leitung von Prof. Engels, die Inszenie- rung von Cimarosas Die heimliche Ehe, die Brahms-Kammermusikreihe unter der Leitung von Prof. Schreiber, die Figaro zum Feinschliff gebracht, aus tragen und die Qualität der Ausbil- gemeinschaftliche Veranstaltung mit dem Kammermusiksaal ertönt eine dung konsequent steigern lassen. dem Ba c h -Ar c h i v von J. C. Bachs meiner Lieblingskompositionen von Catone in Utica und die beeindru- auf der Col- inige dieser Reformen sind uns auf- ckenden Soloabende im Rahmen des lon-Orgel, und aus jedem einzelnen Eerlegt worden. Wie jede andere Eu r o Ar t s Mu s i c Fe s t i v a l . Falls Sie Lehr- und Übzimmer vibrieren die deutsche Hochschule müssen wir uns in dieser Auflistung nach denjenigen Klänge hochmotivierter und talentier- im Rahmen des Bologna-Prozesses mit Veranstaltungen vergeblich gesucht ter Studierender. Bei einem kurzen der Einführung gestufter Studiengän- haben, die Ihnen besonders gefallen Spaziergang durch die Hochschulflure ge auseinandersetzen. Dass diese nun haben, zeigt das die erstaunliche Kon- hört man Dialekte und Fremdsprachen an der HMT beschlossene Sache ist, aus allen Ecken der Welt – ein unüber- geht auf den unermüdlichen Einsatz hörbares Zeichen der stets wachsen- der Arbeitsgruppe Bologna zurück, den Internationalität der Studenten- insbesondere Frau Dr. Fries und Prof. schaft und des Lehrkörpers. Es ist ein Kürschner, die eine bewundernswerte Vermittlungsleistung bereits erbracht haben und weiterhin täglich beweisen.

2 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 EDITORIAL

Liebe Leserinnen, liebe Leser, zentration ausgezeichneter Aufführun- vielleicht haben Sie die Mailand-Exkursion einiger Italie- gen in den Häusern der Hochschule. das Editorial auf dem Titelblatt des nisch-Kursteilnehmer. Eine Gruppe MT-Jo u r n a l s vermisst. Wie Sie se- von Schulmusik-Studierenden hat es anz besonders freue ich mich da- hen, ist es nach innen gerückt. Es hat gar bis nach Estland verschlagen. Grüber, dass zum ersten Mal in der Platz gemacht, um den ersten Ein- neueren Geschichte der HMT acht le- druck auf das grafisch schön gestaltete Desweiteren freuen wir uns, ein In- benskostendeckende Jahresstipendien Titelblatt nicht zu stören. Schließlich terview mit Prof. Christian Kluttig ab- für herausragend begabte Studierende hat sich das MT-Jo u r n a l seit seinem drucken zu können. Lortzings der Fachrichtungen Musik vergeben ersten Erscheinen im Wintersemester „Opernprobe“ werden konnten. Über die Stipendi- 1995/96 von einem kleinen Zeitungs- Insgesamt drei Beiträge widmen sich im Dezember aten und deren Leistungen werden Sie Blättchen zum umfangreichen Journal dem breiten Spektrum musikalischer 2007 in der in einer künftigen Ausgabe des Jo u r - entwickelt. Also brechen wir mit der Stadtführungen – Wissenswertes nicht „Blackbox“ n a l s lesen können. An dieser Stelle Ausgabe 25 mit der Tradition und ge- nur für Touristen! gehört mein verbindlichster Dank der hen – zumindest optisch a d i nfi n i t um f o u n d a t i o n , die dem – neue Wege. Aber eines Freundeskreis die finanziellen Mittel ist auf alle Fälle geblie- in Höhe von fast 50 000 ¤ zur Verfü- ben: Das MT-Jo u r n a l gung gestellt hat, sowie den sechs Kol- steckt wie immer voller legen, die mit mir die zahlreichen Informationen, Berichte Bewerbungen, u.a. im Rahmen eines und Neuigkeiten. öffentlichen Vorspiels Mitte Mai im Kammermusiksaal, ausgewertet haben. Schließlich hat sich auch seit Erscheinen der letz- Ich wünsche Ihnen viel Freude bei ten Ausgabe im Januar der Lektüre des MT-Jo u r n a l s, einen 2008 viel an der HMT erholsamen Sommer und alles Gute ereignet. Lesen Sie also, für Ihre eigenen künstlerischen und was es Neues in den persönlichen Vorhaben. Schauspielstudios in Leip- Prof. Robert Ehrlich zig und Chemnitz gibt Rektor und was die Hochschulbi- bliothek zu berichten hat. Die großen Projekte unserer Fachbe- Ob Sie im Urlaub nun auf Mendels- reiche wie die Opernprobe oder die Vor- sohns Spuren in Leipzig wandeln oder aufführung der Barockoper Catone in ob es Sie hinaus in die große weite Utica werden ebenso reflektiert wie der Welt zieht – ich wünsche Ihnen einen Lortzing-Wettbewerb, die 1. Akade- schönen Sommer! mie im Grassi der Fachrichtung Alte Birgit Hendrich Musik oder das erste HMT-Jazzfest. Pressereferentin

Unsere Studierenden sind wieder weit herumgekommen: Da wäre die Orgelfahrt des Kirchenmusikalischen Instituts nach Budapest und Wien oder

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 3 HMT AKTUELL NEUBEGINN IN CHEMNITZ UND LEIPZIG

ur Erinnerung: Die auffälligste hemnitz: Enrico Lübbe, Nach- Besonderheit des Schauspielstu- folger von Katja Paryla, der Z diums in Leipzig ist die Studio- C wunderbaren Prinzipalin auch Ausbildung. Nach dem erfolgreichen des schauspielerischen Nach- Vordiplom und der ersten kompletten wuchses, schreibt seiner Mann- Inszenierung – dem Sommertheater schaft im April 2008 als neuer der Schauspielstudierenden – wird der Schauspieldirektor: „Seit eurem er- Jahrgang im vierten Semester halbiert sten öffentlichen Vorspiel, dem be- und setzt das Studium für zwei weitere zaubernden Kinderstück ... Die Ge- Jahre unter Praxisbedingungen an schichte vom vergessenen Märchenland zwei Partnertheatern der Hochschule im März 2007 konnte ich eure fort. Das an Intensität kaum zu über- Ausbildung und Entwicklung bietende Grundstudium an der Hoch- kontinuierlich beobachten und schule zielt genau auf diese Schnitt- freue mich nun sehr... auf die stelle. nächsten zwei Jahre ... wie Dieses Jahr hielt die Spannung be- ihr sehen werdet, haben wir ... sonders lange an, wer wohin kommt, viel vor – auch mit euch.“ welches Theater an wem interessiert Wie in den Jahren zuvor ist, wer mit wem gut kann, welche bei- ist ein Chemnitzer den ausgewogenen Studentengruppen Spielplan ohne die chancengleich wo antreten können, wer Studiostudie- die für sie wichtigen Lehrer und Regis- renden nicht seure an den Theatern sein werden?... realisier-

er Grund: An den Studiothea- tern Chemnitz und Leipzig star- D ten im Sommer neue Leitungs- teams mit neuen Ensembles und neuen Konzepten. Generationswechsel hat nicht folgerichtig damit zu tun, Be- währtes zu canceln. Im Gegenteil. Die Vorbereitungen für die neuen Spiel- zeiten laufen bei vollem Spielbetrieb und auslaufenden Vorgängerstudios mit Umsicht. Und das Interesse der designierten Leitungen beider The- ater an den neuen Studierenden und ihrem Potential als ‹Ensemble im Ensemble› ist besonders groß.

Sebastian Hartmann im Gespräch mit der FR Schauspiel über

die zukünftige Studioarbeit Abbey Gilda Foto:

4 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 HMT AKTUELL

Neue Leitungen an den Studiotheatern der Hochschule

bar. Enrico Lübbe, einst am Schauspiel Leipzig als Regisseur gestartet, steht mit Tilo Krügel ein mit allen Studio- wassern gewaschener Studioleiter zur Seite. Und in Chemnitz haben u. a. Ul- rich Mühe, Hasko Weber, Katharina Schmalenberg, Till Wonka gespielt und absolviert. Das verpflichtet.

eipzig: Er ist in Leipzig geboren, in Leipzig auf die Schauspielschu- L le gegangen, hat in Leipzig erst- mals mit Studierenden szenisch gear- beitet – und nun die erste Intendanz in Leipzig: Sebastian Hartmann. Ende April ist es endlich soweit. Der Absol- vent des Leipziger Studios von 1992 sitzt am großen Tisch inmitten seiner damaligen LehrerInnen – noch drei! – und gewährt fröhlich Einblick in künf- tige Pläne. Den Studierenden ist eine unverwechselbare Rolle zugedacht, die sie vor allem selbst definieren sol- nur über Leben. Kein Kostüm der Welt sein. Und besondere Aufmerksamkeit Thomas len. Einer der Protagonisten des neuen schützt vor Wahrheit. Die Studieren- wird die originäre studentische Stu- Lawinky, Ensembles wird Studioleiter: Thomas den müssen ihr Thema haben, müssen dioinszenierung erfahren, gewichtige Sebastian Lawinky, der – so Hartmann – ein be- wissen, was sie wollen.“ Spielplanposition, Höhepunkt sowie Hartmann, gnadeter Pädagoge sei. Er möchte in möglicher Festivalbeitrag eines jeden Prof. Bernd ausdrücklichem Bekenntnis zum Leip- azit: Die neuen Partner Theater – Studios für nationale und internationa- Guhr, ziger Ausbildungskonzept seine rei- Schule, Künstler – Lehrer haben le Vergleiche. Prof. Silvia chen künstlerischen Erfahrungen von F sich bekannt gemacht. Die Schau- Zygouris Hamburg bis Wien einbringen. Den spielstudierenden sind am Theater als ebastian Hartmann, Thomas La- Staffelstab übernimmt er von Thomas Erwachsene gefragt, in ihrem Können, winky, Enrico Lübbe und Tilo Dehler, dem bisherigen langjährigen ihrer Verlässlichkeit, ihrem Anspruch S Krügel ist für den Start der neuen Partner und Beförderer der Leipziger – aber auch in ihrer Unfertigkeit. Ihre Mannschaften auf allen Bahnen und Studiostudierenden. Theaterkollegen in Chemnitz und Brettern ihrer Theater ein vielfaches Programmatisch steht für das neue Leipzig werden innerhalb des Spiel- TOI TOI TOI zu wünschen. Die Vor- Studio in Leipzig: Die Autonomie der plans ihre Partner und Lehrer zugleich freude auf Bewährtes und Neues, auf Studierenden in der Entscheidung ak- sein – sie werden mit ihnen gemeinsam Notwendiges und Machbares ist groß. tivieren: Wohin will ich? sowie das auf der Bühne Welt verhandeln – und Bernd Guhr, Mentor Schau II, Selbstverständnis stärken für die im- spielend lernen. Daneben werden die Prof. FR Schauspiel mer währende praktische Klärung der Fachunterrichte, Szenenstudien und Frage: Warum heute auf der Bühne Monologe – aus deren Fundus sich stehen? Oder mit Sebastian Hartmann: Diplomvorspiel und Bewerbungspro- „Die beste Ausbildung funktioniert gramm rekrutieren – zu koordinieren

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 5 HMT AKTUELL ❚ Suchen+Finden_ Instrumentalbibliographien und die Notensuche nach Besetzung im Online_Katalog

in ausgewogenes Konzertpro- Bei der Suche nach weniger be- Epoche; andere rücken das Schaffen gramm zu gestalten, stellt wohl kanntem Repertoire oder um einen von Komponistinnen in den Vorder- Eimmer wieder eine Herausforde- Gesamteindruck der Fülle an Kompo- grund. Gezielt nach britischer Musik rung dar, vor allem wenn neben den sitionen für eine bestimmte Besetzung für Tasteninstrumente bis 1600 zu su- klassischen Repertoirestücken auch zu gewinnen, bieten besondere Nach- chen, spanische Musik für Violine zu entlegenere Kompositionen gesucht schlagewerke, sogenannte Instrumen- finden oder einen Überblick über zeit- werden. Dass Mozart, Boccherini und talbibliographien, hilfreiche Einstiege. genössische Klaviermusik von Kompo- Haydn unzählige Streichquartette ver- Diese verzeichnen musikalische nistinnen zu erhalten, sollte somit kein fassten, ist hinreichend bekannt, doch Werke nicht nur nach ihren Kompo- Problem mehr sein. wie lassen sich auch unbekannte nist/innen und Titeln, sondern be- Unser Bibliotheksbestand an derar- Werke in dieser Besetzung ausfindig schreiben sie auch nach weiteren As- tigen Nachschlagewerken wurde in machen? Und wer hat zudem zeitge- pekten: In zahlreichen Bibliographien jüngster Zeit erweitert. Nicht zuletzt nössische Musik für Singstimme und ist Literatur für ein bestimmtes Instru- als Ergebnis der Spendenaktion Ex Li- Streichquartett komponiert? Welche ment oder eine Instrumentengruppe bris unter der Schirmherrschaft von _ Solokonzerte für Viola und Orchester erfasst. Von der Blockflöten-Sololite- Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köh- wurden geschaffen? Und wie lässt sich ratur über Ensemblemusik mit Harfe ler (www.wissenschaffen.de) sind nun ein Repertoire für Violoncello und bis hin zu Werken in Orchesterstärke zahlreiche Bibliographien im Bereich Elektronik zusammenstellen? Welche mit Singstimmen kann mittels dieser der Nachschlagewerke in der Medio- Sololiteratur für Kontrafagott wurde Verzeichnisse entsprechendes Reper- thek zu finden. Allen Spenderinnen veröffentlicht? Und welche verschie- toire aufgefunden werden. Einige Bi- und Spendern sei an dieser Stelle noch denen Klavierschulen lassen sich mit- bliographien konzentrieren sich zudem einmal herzlich gedankt. einander vergleichen? auf Werke eines Landes oder einer

_

Auskunft zu obigen Fragen geben u.a.: voice and Instruments, Berkeley, Ko e n i g s b e c k : Bassoon Bibliography, Gr u h l e : Streichquartett-Lexikon, Calif.: Fallen Leaf Press, 1994, S. 216 Mo n t e u x : Musica Rara, 1994, S. 492 Ge l n h a u s e n : TRIGA, 1996, z.B. S.78 Wi l l i a m s : Music for viola, Detroit, MI: Wo l t e r s : Handbuch der Klavier- Ri c h t e r : Kammermusik-Katalog, Information Coordinators, 1979, S. 279 literatur zu zwei Händen, Zürich: Leipzig: Hofmeister, 1960, S. 223 La m b o o i j /Fe v e s : A Cellist’s compa- Atlantis Musikbuch-Verlag, 2001, Kl a u s : Chamber Music for Solo nion, [S.l.]: Lulu.com, 2007, S. 664 S.17ff.

6 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 HMT AKTUELL _Noten für Ihre Besetzung

Instrumentalbibliographien verzeichnen Kompositionen unabhängig von un- Instrumental_ seren Bibliotheksbeständen. Wenn Sie sich aber zunächst auf Musikalien in un- seren Regalen konzentrieren möchten, stehen Ihnen für Ihre Suche nach einer bestimmten Besetzung folgende Wege offen: bibliographien Zum einen bietet der → Systematische Zettelkatalog einen Einstieg. Dieser weist allerdings nur noch die Noten nach, die bis 2004 in unsere Bibliothek ge- und die langten. Zum anderen sind neuere Musikalien in unserem Online-Katalog nicht nur über →Komponist/in oder → Titel, sondern auch über eine Suche nach einer Notensuche bestimmten →Besetzung zu finden. Mehrere Musikbibliotheken in Deutschland haben für diese Art der Sacherschließung gemeinsame Richtlinien erarbeitet. Wenn Sie ein paar Schritte beachten, lassen sich in unserem Online-Katalog nach Besetzung leicht Noten nach ihrer Besetzung finden. Suchen Sie Kammermusik, sollte in das mit → „Schlagwort / Besetzung, Gattung“ gekennzeichnete Suchfeld die An- im Online_ _ zahl der Ausführenden als Zahlwort geschrieben werden. Dann werden die zu besetzenden Instrumente in der üblichen Partituranordnung (also erst Blas-, dann Streich-, dann Schlag-, dann Tasteninstrumente) eingetragen. Katalog Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Trio bestehend aus Violine, Violoncello und Klavier sucht Noten in dieser Besetzung, also → „Drei Violine Violoncello Klavier“:

Neuerwerbung I: Mit der Schaltfläche → „Index aufblättern“ gelangt man in eine Liste mit Ein- trägen, die dieser Besetzung entsprechen: zunächst 61 Treffer, die zudem noch Dirigentenporträts auf DVD einmal nach Gattungen differenziert aufgeführt werden. Durch Klicken auf die →gewünschte Triobesetzung können nun die vollen Seit kurzem erweitern etwa 20 Katalogeinträge aufgerufen werden, die uns dann – wie gewohnt – Informationen Dirigentenporträts das umfang- _ zu → Komponist/in, Titel, Verlag, Ausgabeform und natürlich dem Standort des reiche DVD-Angebot unserer Notenmaterials geben: Bibliothek. Celibidache, Karajan, Nagano, Bernstein stehen nur beispielhaft für zahlreiche Diri- genten „in Rehearsal“ und „in Concert“.

Weitere Ergänzungen sind vor- gesehen!

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 7 HMT AKTUELL

Instrumental_ bibliographien und die Notensuche nach Besetzung im Online_Katalog

Auf diese Weise lassen sich ebenso Bigband-Materialien oder Jazz-Beset- Neuerwerbung II: zungen finden. Auch Vokalmusik kann so gezielt recherchiert werden. Für eine Besetzung mit mittlerer Singstimme und Orgel beispielsweise sucht es sich am Entlegene musikalische Werke des besten so → „Zwei Singstimme (mittel) Orgel“. Dass alternativ zum Suchbegriff 19. und frühen 20. Jahrhunderts „Orgel“ auch eine Suche mit → „Basso continuo“ hilfreich sein könnte, ist dabei Seit einiger Zeit verfügt die Bib- einer von vielen Tipps, die wir Ihnen zusätzlich gern persönlich geben. liothek über einen umfangreichen Bestand an Studienpartituren von vernachlässigten Werken, die lange vergriffen waren und nun im Musikverlag Höflich erschienen sind. Jede Partitur enthält eine Einführung mit Informationen zu Entstehung, Uraufführung, Kompo- nist, Rezeptionsgeschichte etc. Das Notenmaterial ist in zwei Reihen erschienen und regulär ausleihbar: Übrigens lassen sich über das Suchfeld auch spezielle Gattungen finden: Sie REPERTOIRE EXPLORER suchen Musicals? Trauermusik? Eine Pavane? Probieren Sie’s aus! Studienpartituren von Werken Und für alle angehenden und praktizierenden Pädagog/innen mag Folgendes mit kammermusikalischer bis interessant sein: Mit „Ihrem“ Instrument bzw. „Singstimme“ als Suchwort und zu sinfonischer Besetzung dem Begriff „Lehrmittel“ lassen sich neuere Instrumental- und Vokalschulen (z.B. Werke von Fibich, Ciurlionis, wunderbar finden. Holst, Martin, Rubinstein, Bennett, Suk…) Selbstverständlich stehen wir Ihnen zur Hilfe vor Ort bereit: Fragen Sie uns an der Ausleihtheke, oder – noch besser – besuchen Sie unsere OPERA EXPLORER ❚ Suchen+ Finden__Sprechstunde. Studienpartituren von Opern Jeden Dienstag und Donnerstag steht Ihnen von 13–15 Uhr eine Kollegin zur (z.B. Werke von Cherubini, ausführlichen Beratung bei Ihren Recherchen sowie Einführungen in den Dukas, Krenek, Braunfels, Umgang mit dem Online-Katalog, Datenbanken und Nachschlagewerken zur Goetz, Mehul…) Verfügung. Wir freuen uns auf rege Nutzung, Ihre Fragen und Anregungen! Anke Hofmann, Bibliothekarin

8 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 HMT AKTUELL

Musikgeschichte(n) VIII · Musikgeschichte(n) VIII · Musikgeschichte(n) VIII gesammelt und erläutert von Thomas Schipperges

Mythen, Quellen, Reiseeindrücke, Bilder und Witze Ein Streifzug durch Musikgeschichten

usikgeschichten gibt es viele genwart zu begreifen. Dass große und und vielerlei. Von den Ur- deutsche Männer Musik machen, be- Msprüngen und Wirkungen der schrieben Gelehrte des späteren 19. Musik berichtet in der Spätantike eine Jahrhundert in dickleibigen Heroen- unter Plutarchs Namen überlieferte geschichten: Mozart (Otto Jahn), Hän- Schrift Über Musik (Peri mousikhw). Das del (Friedrich Chrysander), Bach Mittelalter sicherte die jeweils neue (Philipp Spitta), Haydn (Carl Ferdi- Musik durch das Vorausgegangene ab nand Pohl). und schloss das Alte im Aktuellen ein. Im 20. Jahrhundert kreisten viele Im 15./16. Jahrhundert suchten die die Musikgeschichte mit neuen Ideen Humanisten (darunter der Thomas- ein, viele Leipziger auch: Arnold Sche- kantor Sethus Calvisius) die Tradition ring (Musikgeschichte als Kulturgeschichte), als Wert an sich zu verstehen. Hermann Kretzschmar (Musikgeschich- (begründet von Heinrich Besseler u. a.) Die Aufklärung vermittelte den kri- te als Gattungsgeschichte), Hugo Riemann nach der Wende nicht fortgesetzt wurde. tischen und enzyklopädischen Blick (Musikgeschichte als Stilgeschichte). Zu be- Heute fast vergessen ist der Musik- auf die Quellen. So gründlich machte dauern bleibt, dass die Leipziger Vor- wissenschaftler und Kritiker Alfred das der legendäre Padre Martini (die zeige-Reihe Musikgeschichte in Bildern Baresel, der am Leipziger Konservato- Mozarts besuchten ihn rium Klavier unterrich- 1770 in Bologna), dass tete. Anfang des 20. Jahr- seine Storia della musica in Eine Textprobe (Leipzig 1926, S. 14f.): hunderts schrieb er über jahrzehntelanger Arbeit Klaviertechnik, Rhythmus, nicht über die Musik des as alles Neue verneinende Philistertum war natürlich auch Oper, Wiener Klassik Altertums, vorgelegt in Ddamals schon in der Welt; aber es war weniger allmächtig und oder Richard Strauss. drei Bänden, hinauskam. boshaft als heute, es war gemütlicher und umgänglicher. Denn die Zugleich bekämpfte er Durch die Länder Euro- Gehetztheit, Wichtigtuerei und komische Würdehaftigkeit unseres die rassistisch motivierte pas reiste der gelehrte mechanisierten Zeitalters war noch nicht da. Der Künder des mu- deutsche Jazz-Kritik und Komponist und Organist sikalischen Witzes wird sich jetzt vorzugsweise des „Sachsophons“ legte eine Vielzahl popu- Charles Burney. Die von bedienen, da das damalige Sächsische der Gemütlichkeit erst die lärer Jazz-Bücher vor, da- ihm gesammelten Eindrü- richtige Klangfarbe gibt. runter die Pionierschrift cke und Gespräche bil- Kam da ein musikbegeisterter Abiturient der strengen und Das Jazz-Buch (Leipzig deten das Material seiner pünktlichen humanistischen Schule geradewegs von der Eisenbahn 1926). Im gleichen Jahr vierbändigen General His- in ein berühmtes Konservatorium, wo nicht im Sekretariat, auch erschien seine Musikge- tory of Music (1776-89). nicht in der Werbeabteilung, sondern einfach: im Biroh auf einem schichte in Witzen (Abb.). Alte Musik neu zu be- hohen Drehsessel ein alter Herr thronte, aus einer langen Zigarre Hier verfolgte er Künst- leben, war die Idee des das über ihm befindliche Schild „Alles Rauchen im Hause ist ver- ler-Typen in ihrer Indivi- Historismus im 19. Jahr- boten“ gemächlich anblies und mit Stiften und Linealen verschie- dualität und Zeitgebun- hundert (Mendelssohn ist dener Gattung saubere Linien zog. „Soho, Sie wolln also Musigh denheit über Anekdoten das Paradigma). Zugleich schdudiern. Ä scheenes Schdudium! Mr hamm hier schon verschi- und deren Kommentie- verfestigte sich freilich die den berihmde Ginsdlr ausgebildet!“ sagte der alte Herr jovial zu rung – natürlich mit der Antithese von „alt“ und dem Jüngling. Dann malte er eine saubere arabische „8“ auf einen damals wie heute üb- „neu“ zu einem Bruch, der weißen Bogen und sagte: „Das is Ihr Schdundenblan. Morchn frih lichen gehörigen Portion es uns bis heute schwer von acht bis neine hammse Glavierschdunde. Gommse so gächn Zeitkritik. macht, Geschichte als Ge- zähne, vorher is doch geener da. Scheen gudn Morchn winschich.“

Musikgeschichte(n) VIII · Musikgeschichte(n) VIII · Musikgeschichte(n) VIII

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 9 HMT ALUMNI NACHRICHTEN Auf den Spuren berühmter Komponisten

Eberhard Spree (Mitte) bei seiner Führung

am Brühl Bronn Heike Fotos:

ine exzellente musikalische Ausbildung kann man sicher nicht nur an der Hochschule für Mu- sik und Theater ‹Felix Mendelssohn Bartholdy› Leipzig erhalten“, sagt Eberhard Spree auf un- serer gemeinsamen Exkursion, „aber eine so hohe Dichte von Gebäuden und Plätzen, die mit „E bedeutenden Komponisten in einer besonderen Beziehung stehen, gibt es kaum an einem an- deren Ort in der Welt. Hier in Leipzig haben viele bekannte Komponisten gewirkt, diese Stadt spielte eine besondere Rolle in ihrem Leben. Wenn man hier Musik studiert, sollte man auch die Mög- lichkeit nutzen, diese Zusammenhänge zu entdecken, weil sie helfen, diesen Komponisten näher zu kommen. Dadurch wird man nicht automatisch ein besserer Musiker, es hilft aber, ein sehr guter zu werden.“

Der Alumnus der HMT, Zu Richard Wagner kann er inzwi- der Taufstein, seit 1989 Kontrabassist schen drei verschiedene Exkursionen über den er ge- im Gewandhausorche- anbieten. Unser gemeinsamer Rund- halten wurde, ster, entwickelt seit gang, an der auch Musiker des Ge- die Aula, in der einiger Zeit Touren, wandhauses teilnahmen, führte uns er ab 1828 als bei denen man sich durch die Innenstadt Leipzigs. Schüler saß oder das Treppenhaus auf den Spuren Dass Wagner hier geboren wurde, zum Saal des Alten Gewandhauses, in berühmter Kompo- ist inzwischen wohl allgemein be- dem Wagner dirigierte, existieren sehr nisten bewegt. kannt. Welche Verbindungen hatte er wohl. aber sonst noch zu dieser Stadt? Sein Geburtshaus steht nicht mehr, aber

10 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 HMT ALUMNI NACHRICHTEN

„Viele der Sehens- Inzwischen gibt es zehn Tou- würdigkeiten, die es in ren mit den Schwerpunkten dieser Beziehung in Leipzig Schütz, Bach, Händel, Weber, und Umgebung gibt, werden von der Mendelssohn, Schumann, Wagner und Öffentlichkeit noch gar nicht wahrge- Grieg. Dabei führen einige dieser Un- nommen“, meint Eberhard Spree. Bei ternehmungen auch ins weitere Um- dieser „Spurensuche“ beschränkt er feld von Leipzig, manchmal auch ganz- sich bei weitem nicht nur darauf, tags. historische Gebäude zu besichtigen. Musiker des Gewandhausorches- Während der Tour regt Spree die Teil- ters, Dirigenten, aber nehmer mit Hilfe von Bildern, Foto- auch Studierende grafien und Aussagen von Zeitzeugen des ERASMUS- an, eine Vorstellung zu entwickeln, in Programmes ha- welchem Umfeld Richard Wagner hier ben bereits an lebte. Auszüge aus der solchen Exkur- Autobiographie Mein sionen teilge- Leben zeigen auf, berichtete, hören dazu im Hintergrund nommen. „Auf wie der Kompo- die Meistersinger-Ouvertüre, die in diesem den Spuren nist sein Umfeld Konzert ihre Uraufführung erlebte. Da- von C. M. von erlebt hat. Kurze Auf den „Ausflüge“ in- nerhalb der Tour, z.B. zur Rolle der Messe in Leipzig oder zum Spuren Aussehen der Thomas- berühmter Komponisten kirche zu Wagners Zeiten, machen Geschichte lebendig und spannend. zu halten wir ein Faksimile des alten Weber“ waren in den vergangenen In besagtem Treppenhaus hören wir Konzertprogramms in den Händen – Jahren die Klassen von Prof. Schrei- an der Stelle, an der sich die Tür das beflügelt die Fantasie außerordent- ber und Prof. Grabner unterwegs. zum Konzertsaal des Alten lich! Heike Bronn Gewandhauses befand, Re- Auch auf das besondere Verhält- zensionen über das nis Wagners zu seiner Geburtsstadt Konzert vom Sonn- wird bei dieser Tour eingegan- abend, dem 1. No- gen. Schnell kommen die vember 1862 und Teilnehmer ins Gespräch, erfahren, was Wag- stellen Fragen, bringen Interessenten für diese musikalisch- ner selbst darüber eigenes Wissen ein. Die historischen Entdeckungsreisen können zwei Stunden vergehen über das Alumni-Büro oder eberhard. wie im Flug. [email protected] Kontakt aufnehmen.

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 11 HMT ALUMNI NACHRICHTEN

Mit Clara Schumann sich vor, es ist eine laue Mondnacht, eintauchen und Sie blicken aus dem Dachfenster über die Stadt“, sagt die Sopranistin und stimmt Claras Lied Der Mond kommt in Leipzigs still gegangen an. Durch die Erzählung in der Ich-Form bekommen die Ge- schichten, Anekdoten, aber auch viele Kultur- Jahreszahlen einen persönlicheren Be- zug. „Ich werde Sie immer als Clara Schumann in Erinnerung behalten“, geschichte sagt eine Führungs-Teilnehmerin, die ganz in eine andere Zeit abgetaucht war, mit leuchtenden Augen. Ulrike Richter hat ihre Führungen selbst konzipiert. Die Idee entwickelte Sopranistin sie bei der Recherche für diverse Liederabende. Und so bekommt man Ulrike Richter neben wohlbekannten Melodien auch selten interpretierte Lieder zu Gehör bietet – wie Theodor Breitkopfs Goethe-Ver- tonung Amors Grab oder eben Musik musikalische von Clara Schumann selbst. Dabei meistert Ulrike Richter die Herausfor- Führungen derung, ständig abwechselnd zu singen und zu sprechen. Mit viel Liebe zum Detail und einem großen Wissens- usik- und Kulturgeschichte der Stadt, die für Clara Bedeutung schatz gibt sie ihre Begeisterung für begreifbar machen – das ist hatten, von der Taufkirche (St. Niko- die Musikgeschichte(n), die auch ein Mdas Anliegen von Ulrike lai) bis zum hölzernen Konzertsaal, Stück Stadtgeschichte ist bzw. sind, Richter. Ausgehend von den Ausstel- der im Auftrag der Stadt in die Gewöl- weiter. lungsstücken in Leipziger Museen im be der alten Leipziger Tuchmacherhal- „Die Stadt wird immer voller und Ulrike Grassi und im Alten Rathaus lässt die len („Gewandhaus“) gebaut wurde. In lauter“, sagt die Sängerin. Deshalb Richter Sopranistin und Alumna unserer jedem Raum des Stadtgeschichtlichen freut sie sich, dass sie ihre musikali- als Clara Hochschule vergangene Zeiten wieder Museums im Alten Rathaus finden sich schen kulturgeschichtlichen Führun- Schumann auferstehen. musikalische Zusammenhänge und gen einmal im Monat in den Räumen Im Alten Rathaus stellt sich Ulrike Geschichten, nicht nur aus dem 19. des Stadtgeschichtlichen Museums Richter, historisch gewandet, zuweilen Jahrhundert. Doch „Clara“ alias Ul- durchführen kann. sonntagmorgens als Clara Schumann rike Richter zeigt nicht nur beispiels- Neben dem Museumsrundgang mit vor. Im Rahmen einer knapp 90-minü- weise die Bildnisse von Luther und Gesang im Alten Rathaus bietet Ulrike tigen Führung schlüpft sie in die Rolle Katharina von Bora – sie singt dazu Richter auch eine Biedermeierführung der erfolgreichen Pianistin und erzählt gleich das Lutherlied Nun freut euch, lie- mit Liedern zur Hakenharfe im Mu- aus „ihrem“ Leben. Die Bezüge von be Christen g’mein. Ein Choral aus dem seum für Musikinstrumente im Grassi Claras Familie zum Leipziger Musik- Notenbüchlein der Anna Magdalene Bach an. leben sind vielfältig: In ihren Erzäh- ergänzt die Exponate im „Bach-Zim- Heike Bronn lungen begegnen wir Wagner und mer“, ein Schumann-Lied versetzt die Lortzing, Bach und Mozart, Sethus Teilnehmenden im Gewandhaus-Raum Kontakt: Calvisius und Adam Krieger. Von der in Konzertatmosphäre. Dann weist Ul- Ulrike Richter für eine reisende Pianistin sehr ange- rike Richter über das Stadtmodell von Telefon 0341 990 3509 nehmen Neuerung, der Eisenbahn, ist 1823, auf dem das Leipzig der Clara [email protected] ebenso die Rede wie von Gebäuden minutiös dargestellt ist: „Stellen Sie www.musikalischer-brueckenschlag.de

12 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 HMT ALUMNI NACHRICHTEN

„Ausbildung

Im März 2008 erreichte und Weg waren die Pressestelle ein Brief von Kammersänger Michael eins. Ich wünsche Rabsilber, Alumnus unserer HMT, den wir an dieser Stelle das den heutigen gerne abdrucken: Studenten.“ KS Michael Rabsilber (geb. 1953)

Von 1973 bis 1980 habe ich an der Musikhochschule „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig studiert. Es war eine wunderschöne Zeit der Selbsterkenntnis. Denn nach meinem Abitur an der Jugendsportschule Mag- deburg (Meister der sozialistischen Länder im Vierer mit Steuermann – Rudern) hatte mir auf Anfrage die Hochschule für Musik Weimar Absa- gen erteilt, je einen musikalischen Be- ruf ergreifen zu können, weil ich keine Vorbildung hatte. Daraufhin ein Jahr Physikstudium an der damaligen Karl- Tamino, Pinkerton, Achilles (Iphigenie Krankheiten einstellten, die mich zu- Marx-Uni, mit der Absicht im Unichor in Aulis), Herzog (Nacht in Venedig), ab nehmend kraftlos und unbeweglich aktiv zu werden. Dort gab es als 1982 Gastpartien an der Komischen machten. – Dem Beruf weine ich keine Stimmbildnerin eine Frau Lipus, die Oper (Kupfer/Reuter). Träne nach, zumal ich nicht alles nach- mir zum Weg an die dortige Musik- Dort ab 1984 fest mit Partien wie vollziehen kann, was heute auf der hochschule riet. Es hat geklappt! So Tamino, Belmonte, Ferrando, Ottavia, Opernbühne stattfindet. Neue Sänger, bin ich auf Umwegen zu meinem Sän- Lenski, Hans, Max, Turridu, Pinker- neuer Geist – wenn er denn einer ist. gerberuf gekommen! ton u.ä. Kunstpreis der DDR und Ich habe 25 Jahre lang Theater als En- In Dankbarkeit bin ich den ehema- Kammersänger. Uraufführung eigener semble erlebt und bin erfüllt – auch ligen Lehrern Ihres Instituts verpflich- Kompositionen (Lieder mit Klavier. wenn ich 2004 frühverrentet wurde. tet: Vor allem Frau Prof. KS Eva Flei- Mit Orchester: Kantate Legende der Ausbildung und Weg waren eins. Ich scher (Gesang) und Herrn Prof. dritten Taube an der Komischen Oper, wünsche das den heutigen Studenten. Siegfried Thiele (Komposition). Als Liebeslieder im Sinfoniekonzert Halle knapp Erwachsener konnte man doch usw.). Macht es gut! – Und denkt daran: wettmachen, was einem das Kindes- Das alles hat mir die Hochschule für Auch gegen Neinsager kann man et- alter als Vorbildung vorenthielt (natür- Musik wettgemacht. Heute würde man was werden, wenn man will! lich nicht mehr auf einem Instrument). sagen: „wettbewerbsreif“ gemacht. Ausbildung und Examen als Bariton Dafür bin ich der Hochschule im Mit liebem Gruß! (Schumannpreis), Zusatzstudium zum Freundeskreis verbunden. Michael Rabsilber Tenor, zu dem mich meine Lehrerin Vor ca. 12 Jahren meinte ich, in trotz der Meinung des Kollegiums nie das „schwere“ Tenorfach zu wechseln Berlin, 06.03.08 drängte – bis: ich selber wollte. Im er- (Lohengrin in Gera, Florestan in Er- sten Engagement am Opernhaus Hal- furt und der Komischen Oper mit le/Sa. 1981 gleich große Partien: u.a. großem Erfolg) – bis sich etliche

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 13 HMT ALUMNI NACHRICHTEN

Ahnenforschung an der HMT

ber die Pressestelle der Hochschule erreichte uns eine Anfrage Ü des australischen Journalisten i.R. William Ruhl. Sein Großvater Franz Richard Ruhl studierte im ausgehenden 19. Jahrhundert am Leipziger Conservatorium der Musik. Hier stellen wir kurz seine spannende Lebensgeschichte vor:

zeitgenössische Ankündigung: „Un- doubtly the finest Combination of In- trumentalists that has yet appeared in the Australian Colonies“ (siehe Zei- tungsausschnitt). 1894 kam das En- semble an Bord des deutschen Schiffes Karlsruhe, das in Adelaide einlief, nach Australien. Die Lei p z i g In s t r u me n - t a l Co n c e r t Co m p a n y tourte zwei Jahre lang durch Australien und Neu- seeland. Anschließend beschlossen ei- nige seiner Mitglieder, in Australien zu bleiben. Unter ihnen war auch Franz Ruhl, der dort eine Irin kennenlernte und heiratete. Über die Leipziger Solisten existie- ren noch australische Zeitungsaus- schnitte mit Konzertdaten und glü- henden Rezensionen über ihre frühen Auftritte in Adelaide und Melbourne. Franz Ruhl trat dem Ma r s h a l l Franz Ruhl studierte Ha l l Or c h e s t r a Ne t w o r k in Mel- unter der Matrikelnummer 5954 von bourne bei. 1913 bekam er die britische Fr a n z Ri c h a r d Ru h l 1892 bis 1894 am Leipziger Conserva- Staatsbürgerschaft, wurde aber wäh- wurde 1869 in Schladitz bei Delitzsch torium der Musik. In diesen Jahren ist rend des (ersten Welt-)Krieges trotz- geboren. Seine Eltern, Augustus Ruhl er möglicherweise auch Brahms be- dem kurz interniert. Er hatte drei und Wilhelmina, geborene Schönberg, gegnet. Franz Ruhl spielte Posaune Töchter und einen Sohn: Richard. besaßen oder führten ein Hotel, was und war Mitglied der Lei p z i g In s t r u - Richard wiederum ist der Vater von einem Eintrag auf Franz Ruhls Hei- me n t a l Co n c e r t Co m p a n y unter der William Rule/Ruhl, der kürzlich in ratsurkunde zu entnehmen ist. Franz Leitung eines Herrn Hopf. Über dieses Sachen Ahnenforschung Kontakt zur hatte einen Bruder, der im südafrika- Ensemble von elf Solisten der Leip- Hochschule aufgenommen hat. nischen Burenkrieg fiel. ziger Li s z t Ge s e l l s c h a f t sagt die Heike Bronn

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Weniger ist manchmal mehr „Die Op e r n p r o b e “ v o n Al b e r t Lo r t z i n g im De z e m b e r 2007

Der junge Baron (Matthias Siddhartha Otto) mit Schwan Fotos: Arnstadt Fotos:

n Musik und Schauspiel ist das Repertoire weltweit auf etwa 500 Stücke geschrumpft. Das ist schon merkwürdig, bedenkt man die Schätze der vergangenen Jahrhunderte. Das Publikum bildet Grüppchen. Die einen lieben die Kunst, für die anderen gehört sie irgendwie noch dazu, und nicht zu vergessen sind jene, die einfach nur sehen und gesehen werden wollen. Ein kleiner Schatz waren die Hochschulauf- Iführungen des Operneinakters Die Opernprobe von Albert Lortzing. Künstler wie Publikum ließen sich mitrei- ßen. Und so wundert es nicht, dass sich die fünf Vorstellungen (Rez. hat alle gesehen) im Großen Probesaal des Gebäudes am Dittrichring stets gut füllten. Jasmin Solfaghari (Inszenierung und Ausstattung sowie Einfügung neuer Dialogpassagen) und Helmut Kukuk (musikalische Leitung) gelang eine lockere, jugendlich frische Aufführung, bei der die angeregte gute Laune des Publikums keineswegs im Gegensatz zum professionellen Anspruch der Akteure stand. Auch wirkten die neu eingefügten Dialogtexte trotz aktueller Anspielungen (Pisastudie, Golfplatz) nie platt oder banal. Lortzings Geist ließ grüßen.

Der Inhalt der Opernprobe ist rasch wohnt, und er verliebt sich in sie. Jene und, neben ihren üb- erzählt: Um einer Zwangsheirat zu Unbekannte ist die Tochter des bis auf rigen Aufgaben am Hofe, entgehen, flieht ein junger Adliger mit die Knochen opernbegeisterten Gra- ein Orchester zu stellen. Ausgerechnet seinem Diener Johann zufällig dort- fen. Alle seine Bediensteten sind ver- zur Hauptprobe der neuen Oper er- hin, wo die ihm unbekannte Braut pflichtet, in Rezitativen zu sprechen krankt der Tenor. Als wandernder

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Michal Fishman, Hannah Saskia Schlott, Andreas Emanuel Jessel, Stine Maria Fischer, Andreas Krüger (v.l.n.r.)

Louise (Michal Fishman) und Hannchen (Hannah Saskia Schlott) v.l.n.r.

Sänger verkleidet, sieht jener Adlige und Bühnenorchester gemeinsam wohl Tomory als der alte Baron von Rein- Adolph die Chance, der Grafentochter etwas zu laut, so dass die Sängerinnen thal hatte die dankbare Rolle, am Ende nahe zu kommen. Johann verliebt sich des Hannchen (Hannah Saskia Schlott/ des Stückes zu erscheinen und stimm- in die temperamentvolle Dirigentin Amrei Rebekka Beuerle) jeweils zu gewaltig ins Geschehen einzugreifen. und Kammerzofe Hannchen. Beginn etwas Schwierigkeit hatten Die opulente Gestik und Mimik der Vor eigenen Engagements sollen die sich durchzusetzen. Doch spätestens Grafentochter Louise (Michal Fish- Studenten nicht nur singen können, in ihrer Arie im Park – ein Szenento- man) wirkte nahezu beängstigend. Ein sondern auch Sprachdialoge beherr- pos – entwickelt sich Hannchen zu der wenig mehr Sympathiepunkte seitens schen, meint Frau Professor Solfaghari von Lortzing romantisch angelegten der Inszenierung hätten das Verständ- im Gespräch (abgedruckt im Pro- und von beiden Sängerinnen stimmlich nis für diese Figur leichter gemacht. grammheft). Und der Ansatz, Gesang und darstellerisch überzeugend umge- Am Ende bleibt ihre Affektiertheit un- und Dialoge im gleichen schauspiele- setzten Zentralgestalt. Eine ebenso un- verständlich. Jedenfalls riss die Spiel- rischen Gestus zu vereinigen, gelang. terhaltsame Darbietung bot Matthias freude der Akteure auch bei diesen Innerhalb des dramatischen Unter- Siddhartha Otto als Adolph mit seiner kernigen Rollen das Publikum mit. richts verlagert sich so bei sparsamem Cavatine. Die Inszenierung setzte paro- Was sich hier im kleinen Probensaal Gebrauch von Bühnenausstattung und distisch alle Tugenden und Untu- ereignete, gespanntes Zuhören und Kostüm die Valenz zugunsten des genden „des Tenors“ um, sehr zur herzliches Lachen, wird sich jedes Spielerischen. Aus der Not des kleinen Freude des Publikums. Fast schon im Opern- und Konzerthaus wünschen. Raumes machten die Akteure eine Tu- Geiste des legendären Schauspielers Die kleine (und letzte) Komposition gend und spielten bis an den Rand der Alexander Moissi der 1930er Jahre er- Lortzings entfaltete in knapper Zeit Bühne, wo jede kleinste Mimik und klang die Stimme des Adolph in und mit wenig Mitteln viel Aussage- Gestik dankbar vom Publikum aufge- höchstem Pathos. Auch Wieland Lem- kraft und kam dabei ganz ohne gewal- nommen wurde. ke (Johann), der für viel Freude und tigen Effekteinsatz aus. Mit solcher Die Präsentation der Partitur an Verwirrung sorgte, konnte sowohl Sorgfalt inszeniert, lassen sich gewiss zwei Klavieren (Helmut Kukuk und schauspielerisch als auch musikalisch noch weitere Stücke über die be- Rainer Koch) übernahm fast die kom- überzeugen. Das Ensemble ergänzten kannten 500 hinaus zu neuem Leben pletten Instrumentalparts. Das Büh- das Grafenehepaar (Stine Marie Fi- erwecken. Das Publikum wird – wie nenorchester stellte der Chor mit viel scher/Lena Koch und Andreas Ema- hier – dankbar sein. Vergnügen beim Produzieren von mehr nuel Jessel) sowie ihr für alle Wünsche Daniel Selke, oder weniger – jedoch gewollt – schie- zur Verfügung stehender Diener Mar- Seminar „Schreiben über Musik“ fen Tönen. Anfänglich waren Klaviere tin (Andreas Krüger). Jason-Nandor

16 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 BERICHTE Dramatische Augenblicke 19. Jahrhundert und Theater heute

Workshops und szenische Lesung am 11. Dezember 2007 Kolloquium am 12. Januar 2008

s ist nicht zu übersehen: Deutschsprachige Theater setzen zig gekommen. Die sich zurzeit mit Texten auseinander, die noch bis vor kurzem Gäste hatten sich alle in als monströs, verstaubt und völlig unmodern galten. Kleists den vergangenen Spiel- E zeiten mit Texten aus Die Hermannsschlacht zum Beispiel oder Stücke von Grillparzer und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Hebbel, die allesamt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ge- in ihren Inszenierungen auseinander- schrieben wurden. Was ist es, was das gegenwärtige Interesse der gesetzt, Roger Vontobel hatte neben Theaterleute an diesen Texten ausmacht? Geht es um die Lust, sich dem Goldenen Vließ in Essen (Drama- Fami- zu opfern? Um die Sehnsucht, sich einen Namen zu machen, die in turg: Thomas Laue) auch Kleists lie Schroffenstein in München inszeniert, Friedrich Hebbels Judith ebenso eingeschrieben ist wie in Konrad die Dramaturgin Carmen Wolfram Levezows Iphigenia? Geht es um die Ausweglosigkeit bei der Konfron- hatte am Berliner Gorki Theater außer tation mit dem Fremden, die Franz Grillparzer in seiner Trilogie Das an Maria Magdalena (Regie: Jorinde goldene Vließ so erschreckend hellsichtig niedergeschrieben hat? Oder Dröse) auch an Kleists Prinz von Hom- burg (Regie: Armin Petras) gearbeitet, ist es die virtuose und gleichzeitig so perfide Verstellungskunst, mit Susanne Winnacker war Dramaturgin der Kleists Hermann und Grabbes Arminius ein Volk vereinen? bei der Weimarer Judith (Regie: Sven Miller). Sie trafen hier auf Studieren- de, die gleichberechtigte und souve- räne Gesprächspartner waren, denn sie hatten sich intensiv in Vorlesungen zur Theatergeschichte, in Seminaren zur Inszenierungsanalyse und in einzel- nen Arbeitsgruppen mit den Inszenie- rungen in Essen, Berlin und Weimar sowie den alten Texten befasst. Ein ex- zellenter Abschluss dieses Workshop- tages war die von Ronny Jakubaschk (Ma x i m Go r k i Th e a t e r Berlin, frü- her Studiengang Dramaturgie der HMT) und Eva Swoboda eingerichte- te szenische Lesung von Konrad Le- vetzows Iphigenia in Aulis mit Studie- renden der Fachrichtungen Schauspiel und Dramaturgie. Während die Stu- Solche Fragen standen am 11. De- den Studierenden in der Fachrichtung dierenden den Text lasen, wurde ein zember 2007 beim Workshop Drama- Dramaturgie nachzudenken und zu kleines Bühnenmodell mit bewegten tische Augenblicke – 19. Jahrhundert und diskutieren, waren am 11. Dezember Figuren live gefilmt und groß auf eine Theater heute im Mittelpunkt. Er fand 2007 Roger Vontobel, Jorinde Dröse Leinwand projiziert. Auf diese Weise im Rahmen des gleichnamigen For- (Regie), Thomas Laue, Carmen Wolf- entstand eine ebenso schöne wie kluge schungsprojektes von Frau Prof. Dr. ram und Susanne Winnacker (Drama- Brechung des alten Textes. Petra Stuber statt. Um gemeinsam mit turgie) zu einem Workshop nach Leip-

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Seine Fortsetzung fand das Nach- des Meininger Hoftheaters unter Ge- zu Musik zur Pantomime in Ballett, denken über das Theater und das 19. org II., Herr Prof. Dr. Hüttner (Wien) Oper und Schauspiel zwischen 1810/ Jahrhundert in einem zweiten Veran- über die Aufführungspraxis im frühen 1828 und 1841 sowie der Dramatur- staltungsteil im Januar 2008. Am 12. Wien am Beispiel von Franz Grillpar- giestudent Lars Gebhardt zu Hector Januar fand, wiederum unter der Lei- zer und Ferdinand Raimund, Herr Dr. Berlioz’ Huit Scènes de Faust. Auf völlig tung von Frau Prof. Dr. Petra Stuber, Wolf-Dieter Ernst (München) über verschiedene Weise ging es bei beiden ein ganztägiges Kolloquium statt zum die Schauspielerausbildung an der Kö- Veranstaltungsteilen, beim Workshop Thema Theater/Musik im 19. Jahrhundert. niglichen Musikschule in München ab im Dezember 2007 und dem Kolloqui- Zur Aufführungspraxis im deutschspra- 1877 und Herr Fred Kerkmann (Göt- um im Januar 2008, prinzipiell um chigen Schauspieltheater. Als auswärtige tingen) über seine Bühnenmusik zur dasselbe: um die Verbindung von aktu- Gäste sprachen und diskutierten vor Göttinger Inszenierung von Kleists ellem Theater, Theatergeschichte und einem zahlreichen Publikum Frau Dr. Käthchen von Heilbronn. Aus unserer Musik und um neue Formate für die Susanne Boetius (Berlin) über Felix Hochschule selbst sprachen Frau Prof. Präsentation dieser Arbeit. Es waren Mendelssohn Bartholdys Schauspiel- Dr. Gesine Schröder zu Heinrich Bel- zwei intensive, lange und gut gelaunte musiken zu Antigone und Ödipus in Kolo- lermanns Musik zu Sophokles’ Tragö- Tage. nos, Frau Maren Goltz (Meiningen) dien Ajax, König Oedipus, Oedipus in Kolo- Petra Stuber, Prof. Dramaturgie, und über die Musik bei den Aufführungen nos und Herr Doz. Dr. Jörg Rothkamm Christine Böhm, Studentin Dramaturgie

GEMEINSAM MIT DEM LIONS CLUB LEIPZIG: 7. LORTZING-WETTBEWERB AN DER HMT

„Nach meiner ersten Begegnung mit der Oper wusste ich ziemlich bald, dass ich dort hin wollte.“ Gewinnerin Anett Fritsch

nde Januar 2008 fand in den Förderpreis nun bereits zum siebenten Prof. Hanns-Martin Schreiber (Pro- Räumen der HMT der Lortzing- Mal vergeben. In der Wettbewerbs- rektor für Lehre und Studium der EWettbewerb statt. Vom Li o n s jury saßen dieses Mal: Prof. Gunter Hochschule). Cl u b Leipzig erstmals im Jahr 2001 Berger (Leiter des MDR Kinder- Teilnahmeberechtigt waren wie im- anlässlich des 200. Geburtstages des chores), Prof. Georg Christoph Biller mer Studierende der FR Gesang un- Komponisten Albert Lortzing ausge- (Thomaskantor), Christoph Meyer serer HMT. Am 30. Januar 2008 fan- lobt, wurde der mit 2 500 Euro dotierte (Direktor der Oper Leipzig) sowie den sich fünf von ihnen ein, um sich in

18 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 BERICHTE

der nicht öffentlichen Vorrunde der Wir sprachen einige Zeit später mit Zurück zum Lortzing-Wettbewerb. Die Final- fachkundigen Jury zu stellen. Zwei der Gewinnerin: runde sah dieses Jahr schon auf dem Pro- von ihnen schafften es bis in die Final- grammzettel wie ein Zweikampf aus, und runde am 31. Januar im Großen Saal MT-Jo u r n a l : Herzlichen Glückwunsch noch ein- tatsächlich lieferten Sie sich ein spannendes in der Grassistraße. Und so lieferten mal zum ersten Preis! Wie sind Sie eigentlich Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Mitbewerber sich Anett Fritsch und Ji-Su Park zum Gesangsstudium gekommen? Ji-Su-Park. Haben Sie mit dem Sieg gerechnet? vor den Juroren und dem zahlreich Anett Fritsch: Ich habe im Alter (Und sagen Sie jetzt bitte erschienenen Publikum einen span- von 13 Jahren in meiner Heimatstadt nicht: zu 50 Prozent!) nenden Sängerwettstreit: zwei eben- Plauen angefangen im Chor zu singen. Die Atmosphäre im bürtige Finalisten, doch nur einer kann Der hatte enge Beziehungen zum Publikum war sehr an- gewinnen ... Die Jury beriet lange, Theater in Plauen – dadurch bin ich gespannt, das haben dann stand es fest: Die Siegerin des Mitglied in einem Extra-Chor gewor- auch wir Finalisten ge- diesjährigen Lortzing-Wettbewerbs den, der bei Opernaufführungen wie spürt. Nach meinem heißt Anett Fritsch (Klasse Jürgen Aida oder Carmen mitwirkte und wo ich Auftritt konnte ich kei- Kurth). mit 14 Jahren meinen ersten Gesangs- nerlei Prognosen zu einem eventuellen Den seit 2005 vergebenen Sonder- unterricht bekam. Ich wollte nicht von Sieg wagen. Ich wusste nur, dass mein preis in Form eines Notengutscheins in klein auf Sängerin werden, ich hätte „Konkurrent“ sehr gut war und dass mir auch vorstellen kön- meine Mozart-Arie denkbar schlecht nen, Kunst zu studieren. geeignet ist, dem Publikum und der Aber schon meine erste Jury mein ganzes Können zu zeigen: Begegnung mit dem The- zu kurz, zu wenig Entfaltungsmöglich- ater und der Oper hat keiten für die Stimme. mich sehr beeindruckt und fasziniert – ich Nach der Endrunde war also alles offen – wie wusste ziemlich bald, schwierig die Entscheidung auch für die Jury dass ich dort hin wollte. war, konnte man an der langen Beratungszeit erkennen. Waren Sie aufgeregt? Und wie ha- Hatten Sie vor „Lortzing“ schon ben Sie denn die Vorrunde in Erinnerung? Wettbewerbserfahrung? Aufgeregt war ich eigentlich nicht, Ja, bereits mit 15 Jah- aber natürlich sehr angespannt. Ich ren nahm ich am Kleinen habe generell wenig mit Lampenfieber Bach-Wettbewerb in der zu kämpfen – ein Umstand, der mir Altersklasse 15 bis 18 unter anderem auch bei meinen Pro- Jahre teil. Das war jekten an der Oper Leipzig zugute damals ein Duo-Wettbe- kommt. Meine ersten Opernerfah- werb, und wir gewannen rungen habe ich 2006 und 2007 in Hans auf Anhieb den ersten Rheinsberg gesammelt. Warthmann, Preis. Präsident des Später habe ich noch Zum Schluss noch die obligatorische Frage Li o n s Cl u b s , zwei Mal am Bundesaus- nach dem Preisgeld: Wissen Sie schon, wofür und Anett scheid von „Jugend mu- Sie die 2 500 Euro verwenden? Fritsch bei der siziert“ teilgenommen. Ich habe vor, an einigen Wettbe- Scheckübergabe werben, auch im Ausland, teilzuneh- men. Von dem Preisgeld kann ich die Anett Fritsch Übernachtungskosten bestreiten. Die bei ihrem Teilnahme an Meisterkursen wird mir Wettbewerbs-

Fotos: BH Fotos: mit dem Preisgeld ebenfalls möglich. auftritt Auch möchte ich mir gern Opernauf- führungen in anderen Städten anse- Höhe von 250 Euro für den studen- hen. Und vielleicht ist auch ein neues tischen Klavierpartner erhielt Mi Na Kleid drin ... Park (Klasse Prof. Gudrun Franke, Liedgestaltung: Klasse Prof. Helga Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute Sippel). für Sie! Interview: Birgit Hendrich

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 19 BERICHTE « Hören–Wahrnehmen–(Aus)Üben» 6. Le i p z i g e r Sy m p o s i u m z u r Ki n d e r - u n d J u g e n d s t i m m e 22.–24. Fe b r u a r 2008

ittlerweile gehört die jährliche Durchführung des „Leipziger Symposiums zur Kinder- und Jugendstimme“ zum vertrauten „Inventar“ der Hochschule für Musik und Theater. Nicht mehr wegzudenken ist die sinnvolle wie M nützliche Veranstaltung, die in Kooperation mit dem Universitätsklinikum und unserer Hochschule unter Leitung von OA Dr. Michael Fuchs (Leiter der Abteilung für Stimm-, Sprach- und Hörstörungen am Universitätsklinikum und Do- zent für Stimmphysiologie an unserem Hause) geleitet wird. Von Jahr zu Jahr steigen die Besucherzahlen dieses „Events“, was für die hohe Qualität, ein angenehmes gemeinsames Arbeiten und Lernen und die Attraktivität der je- weils gewählten Themen spricht.

So stand in diesem Jahr ... Und wer am Abend dann immer dem Stimminteressierten ans Herz zu das Thema Hören – Wahr- noch Lust zum Diskutieren hatte, kam legen, gerade, weil der sichere und ge- nehmen – (Aus)Üben im spätestens beim „Vortrag“ (Auch kleine sunde Umgang mit der eigenen Stim- Mittelpunkt, was es zu er- Stimmen können uns entzücken) von Frau me und eben besonders mit der Kin- örtern, erarbeiten, mit neuesten wis- Prof. Mario Kallas (Stefan Gogolka), der- und Jugendstimme (und deren links: Das senschaftlichen Forschungsergebnis- die von ihrem charmanten Korrepeti- Ausbildung) so wichtig ist. Publikum sen zu unterlegen und zu diskutieren tor Markus Zugehör am Flügel und Yasmin-Melissa Engelke, beim inter- galt. Waldhorn begleitet wurde, mit seinem Studentin Schulmusik aktiven Die Teilnehmer (Musiker wie Pä- Nachbarn ins Gespräch. Vortrag über dagogen, Wissenschaftler und Ärzte Doch nicht nur Frau Kallas be- Kommuni- u.a.) durften an zahlreichen Vorträ- glückte das Publikum mit ihren Kün- kation von gen (z.B. Vom gehörten zum gesungenen sten, sondern auch die Sc h o l a c a n - Claus Harten Ton, Michael Fuchs; Hören und Kienäs- t o r u m Le i p z i g (Leitung Philipp Ame- Aktuelle Informationen zum nächsten thetik, PS Dr. Dirk Mürbe) und Work- lung) und das Ca l m u s -En s emb l e , Symposium (20.–22.2.2009), Presse- rechts: shops (z.B. Ein Troll übt toll, Uli Führe; welche das Werk Innsbruck, ich muss stimmen und viele Fotos zu den vergan- Workshop Stimmklanglauschen, Prof. Dr. Wolfram dich lassen von Olgar Kroupova zur genen Veranstaltungen finden Sie unter „Ein Troll Seidner) teilnehmen und wurden im Uraufführung brachten. http://kinderstimme.uniklinikum- übt toll“ mit Anschluss daran zum Diskutieren Bleibt letzten Endes nur noch zu leipzig.de Uli Führe eingeladen. sagen: Diese Symposiums-Reihe ist je-

20 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 BERICHTE

Barocke Schulmusik

nfang Februar 2008 präsentierte und Daniel Prantl (Violoncello, Klasse Uta Habbig im Rahmen Asich das Co l l e g i u m Mu s i c u m Christiane Lauer). Das Bachsche einer Abschlussprüfung/ der Fachrichtung Schulmusik in einem Werk war eine Woche zuvor bereits Nebenfach Violine er- Kammerkonzert mit Barockmusik – mit den Solistinnen Viola Rötzsch und klungen. dem Doppelkonzert für Das Co l l e g i u m spiel- zwei Violinen von Jo- te das Programm souve- hann Sebastian Bach rän ohne Dirigenten und und dem Doppelkon- stellte damit das Ergebnis des Projek- zert für zwei Violoncelli tes I des Wintersemesters vor, welches von Antonio Vivaldi. von Konstanze Beyer geleitet wurde. Die Soloparts spielten Konstanze Beyer, Viola Rötzsch und So- LA Violine/Schulmusik phia Bös (Violine, Klas- se Konstanze Beyer) sowie Charlotte Hacker Foto: Ines Hacker Ines Foto:

„Liebe ist...“

... ein weltliches Oratorium von Manuel Buch (FR Schulmusik), schen Tönen und einem das am 30. März 2008 auf der Großen Probebühne im Dittrichring vernehmbaren Schluch- unter der Leitung von Brett Alan Austad zur Uraufführung kam zen vom (vornehmlich weiblichen) Publikum. Genauso wie es wild durch die Ge- ieses Werk behandelt – wie sollte ster und Chor), voll verliebten Paaren fühlswelt des jeweiligen Paares geht, Des bei diesem Titel auch anders sowie den drei Solistenpaaren (Spre- werden passend dazu Texte rezitiert. sein – innerhalb einer Stunde verschie- cherpaar Julia Baukus und Daniel Diese stammen aus verschiedenen dene Sichtweisen auf das Thema „Lie- Prantl, Gesangspaar Viola Rötzsch Epochen oder wurden vom Kompo- be“. Schwungvoll geht es musikalisch und Björn Grandt sowie Tanzpaar nisten selbst verfasst und werden mit und szenisch mit den vier Ensembles Mareike Eismann und Oliver Timpe) Musik verschiedener musikalischer (Alte-Musik-Ensemble, Band, Orche- los und endet mit sanft-melancholi- Genres untermalt. Ein außergewöhnliches Stück Mu- sik ist und bleibt dieses Werk, das ei- Probenfoto gens für unsere Hochschulbesetzung mit (fast) komponiert wurde. Eingängig und allen Mit- sangbar sind die Melodien, welche so wirkenden manchen noch über die Einstudie- rungszeit hinaus begleiteten ... um nicht zu sagen, als Ohrwürmer „quälten“. Es bleibt zu wünschen, dass es von nun an häufiger zu solchen Projekten an unserer Hochschule kommen wird, ngelke E die die verschiedenen Fachrichtungen elissa elissa M mit ihren jeweiligen Besonderheiten mu- sikalisch zusammenführen; der Anfang dazu wurde mutig und auch etwas wag- halsig von Manuel Buch getan. Yasmin-Melissa Engelke,

Foto: Theresa Arnstadt/Yasmin- Theresa Foto: Studentin Schulmusik

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 21 BERICHTE

HMT, Ba c h -Ar c h i v und „Catone in Utica“ Foto: Birgit Hendrich Birgit Foto:

as Ba c h -Ar c h i v Leipzig und zug auf die Unterstützung durch den Schmidt (Emilia), Christiane Wiese die Hochschule für Musik und Austausch von Experten, die Bereit- (Arbace) und Jozsef Gál (Fulvio). DTheater Fe l i x Me n d e l s s o h n stellung von Instrumenten und Pro- Die szenische Umsetzung lag in den Ba r t h o l d y Leipzig haben ihre gute benräumen galt, soll nun auch für das Händen von Sharon Weller, für das Zusammenarbeit der vergangenen Bachfest gelten. Daneben vereinbar- Bühnenbild zeichnete Ben Baur ver- Jahre vertraglich für die Zukunft fi- ten die beiden Institutionen gegen- antwortlich. Jutta Voß studierte die xiert. Rektor Prof. Robert Ehrlich und seitige Aufführungsmöglichkeiten und Barocktanzeinlagen für die Zwischen- Dr. Dettloff Schwerdt- das Bestreben, in zukünftigen Bach- aktmusiken ein. feger, Geschäftsführer des festen eine Opernproduktion der Hoch- In dieser Aufführung wurden zahl- Ba c h -Ar c h i v s Leipzig, schule zur Aufführung zu bringen. reiche besondere aufführungspraktisch unterzeichneten am 11. wichtige Aspekte umgesetzt: Barock- April 2008 im Großen Unmittelbar nach dem Termin be- gestik ersetzt die herkömmliche Regie- Saal der Hochschule ei- gann die Voraufführung von Catone in arbeit, die historische Orchesterauf- nen entsprechenden Ko- Utica. Die Barockoper von Johann stellung bringt ein neu/altes Spielgefühl operationsvertrag. Dieser dient vor Christian Bach (Neapel 1761) wurde an den Tag. Die Leitung durch die allem dazu, die Zusammenarbeit zum von der Fachrichtung Alte Musik un- Konzertmeisterin unterstreicht das en- Nutzen der beiden Institutionen, der ter der Leitung von Prof. Susanne gagierte, fast solistische Spiel jedes Stadt Leipzig und der Region zu festi- Scholz in Zusammenarbeit mit dem Orchestermitglieds. Das historisch ge- gen und auszubauen. Bachfest Leipzig aufgeführt. wählte Instrumentarium folgt der neu- Seit 1950 stellt das Ba c h -Ar c h i v Die Besucher im vollbesetzen Gro- esten Forschung im Bereich der Auf- der Hochschule regelmäßig den Som- ßen Saal nahmen am 11. April 2008 die führungspraxis. mersaal im Bosehaus nebst Tastenin- Opera Seria in drei Akten (Libretto: Die Premiere von Catone in Utica im strumenten für Veranstaltungen zur Pietro Metastasio) mit dem Barock- Rahmen des Bachfestes Leipzig am 16. Verfügung und arbeitet eng insbeson- orchester der Fachrichtung Alte Mu- Juni 2008 wird in der nächsten Ausga- dere mit der Fachrichtung Alte Musik sik sowie Solisten der Fachrichtungen be des MT-Jo u r n a l s ausführlich be- zusammen. Ein wichtiger Bestandteil Alte Musik und Gesang unter der Lei- sprochen. An dieser Stelle gibt es vor- ist die regelmäßige Teilnahme von tung von Susanne Scholz mit Begeiste- ab ein Foto von der Generalprobe am Lehrkräften der Hochschule in den rung auf. 10. April 2008. BH Jurys des Internationalen Johann- Es sangen: Agnes Selma Weiland Sebastian-Bach-Wettbewerbs. Was bis- (Catone), Julia Kirchner (Cesare), her für den Bach-Wettbewerb in Be- Anastasia Peretyahina (Marzia), Julla

22 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 BERICHTE 1. Akademie im Grassi

Am 30. April 2008 lud die Fachrichtung Alte Musik der HMT zur 1. Akademie im Grassi in den Zimeliensaal des Museums für Musikinstrumente der Universität Leipzig ein.

Zum Hintergrund: In einer neuen Kooperation mit dem und Jörg Meder (Viola da gamba), Ba c h -Ar c h i v Leipzig und dem Zen- Ronald Güldenpfennig (Violone), ie Erforschung historischer Auf- trum für Telemann-Pflege und -For- Prof. Robert Ehrlich und Antje Hensel Dführungspraxis hat in Leipzig eine schung in Magdeburg wird die auffüh- (Blockflöte), Markus Müller (Barock- lange Tradition. Seit der Neustruktu- rungspraktische Forschung wiederum oboe), Rhoda Patrick rierung der Hochschule für Musik und neu ausgerichtet und „spielend“ nach (Barockfagott), Gundula Theater nach der politischen Wende außen getragen. Zudem möchte die Anders (Sopran), Mi-Ho konnte sich die seinerzeit gegründete HMT die Module „Bach“ und „Tele- Kim (Alt), Martin Krum- Fachrichtung Alte Musik mit hervor- mann“ in einem Masterstudium anbie- biegel (Tenor), Tobias ragenden Lehrenden aus dem In- und ten, auch, um den historisch bedeut- Berndt (Bariton) sowie Ausland sowie besonders begabten samen Standort der traditionellen Tobias Schade (Cembalo/ Studierenden internationalen Stan- Musikstadt Leipzig zu bestärken. Orgel). dards von historischer Aufführungs- Frau Dr. Wiermann, Leiterin der praxis öffnen. Der wissenschaftlichen ährend der abendfüllenden HMT-Bibliothek, präsentierte eine Forschung wurde so eine intensi- WAkademie wurden im voll be- Sammlung mit Handschriften der vierte „spielende“ Auseinandersetzung setzten Zimeliensaal die Brandenbur- Bach-Familie und Telemanns aus der mit der Aufführungspraxis des 14. bis gischen Konzerte Nr. 4 und Nr. 6 von Staatsbibliothek zu Berlin (Neuerwerb 18. Jahrhunderts zur Seite gestellt. Johann Sebastian Bach sowie Georg der HMT in einer Mikrofiche-Ausga- Erst kürzlich erwarb die Hochschule Philipp Telemanns Kantate Du aber, be). Dr. Andreas Glöckner vom Ba c h - Sechstes für Musik und Theater Leipzig eine Daniel, gehe hin aufgeführt. Ausführen- Ar c h i v Leipzig sprach „Zur frühen Branden- Sammlung mit Handschriften der de waren Prof. Susanne Scholz, Rahel Rezeptionsgeschichte der Branden- burgisches Bach-Familie und Telemanns aus der Mai, Claudia Mende und Christine burgischen Konzerte“. BH Konzert Staatsbibliothek zu Berlin in einer Mi- Trinks (Barockvioline/-viola), Wiebke krofiche-Ausgabe. Roterberg (Barockcello), Doris Runge Fotos: Heike Bronn Heike Fotos:

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 23 BERICHTE HMT Jazzfest 2008

om 2. bis 4. Mai 2008 fand Jazzszene konnten gewonnen werden: sollten, wurden gemeinsam mit Rolf das erste, von Ralf Schrab- Peter O’Mara (Passport), Bernd Lech- von Nordenskjöld, dem Leiter der be und Werner Neumann tenfeld (WDR-, NDR-Bigband), Ka- HMT-Bigband, erdacht. Drei, wie sich organisierte Jazzfestival rolina Strassmayer (WDR-Bigband), später herausstellen sollte, fantastisch an unserer Hochschule Pascal von Wroblewski (HR-Bigband, aufspielende Studentenprojekte wur- Vstatt, das HMT Ja z z fe s t 2008. Nach Staatsoper Berlin) und Julia Hüls- den ausgesucht. Das neue Projekt um wochenlanger Vorbereitung auf allen mann (Roger Cicero). Die Programme die Choreografie von Irina Pauls und Ebenen fiel allen Beteiligten ein großer für die Bigbands, die jeden Abend den die Musik von Ralf Schrabbe – Freeze Stein vom Herzen, als es endlich los- Abschluss eines Konzerttages spielen – wurde eingeladen. Michael Arnold, ging. Im Januar erst fiel die Entschei- dung, ein solches Festival auf die Beine zu stellen. Für die Einladung von Gast- Pr o f . Ir e n e E. Ma t z , St u t t g a r t : „Ich fand bestätigt, wie unterschiedlich In- solisten fast schon zu spät. Auf wun- terpretationen des klassischen, vorgegebenen Repertoires gegenüber Per- dersame Weise hatten aber sämtliche formances von Selbstkomponiertem, Improvisiertem sind. Es ist da eine an- kontaktierten Musiker Zeit und vor dere Art von Unmittelbarkeit und eine Herausforderung, der doppelten Rolle allem große Lust, als Musiker und Pä- als Interpret und Erfinder gerecht zu werden. Spannend zu hören, wie un- dagogen beim Jazzfest dabei zu sein. terschiedlich sich die Interpreten jeweils in „ihrer“ Musik spiegeln. Ich hat- Folgende Hochkaräter der deutschen te Spaß, Freude, alles war lebendig – ein schöner Abend!

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Ka r o l i n a St r a ssm a y e r , Kö l n : „Vie- Professor für Jazzsaxofon (ab Okto- schon am Tag davor einen Workshop len Dank für die Einladung nach ber 2008) eingeladen. für die Jazzgitarrenklasse gegeben. Leipzig. Ich bin sehr von Eurer Vor ausverkauftem Haus (alle Kon- Der nächste Tag begann mit dem Schule begeistert. Echt super At- zerte fanden im Großen Saal in der Ar n e Do n a d e l l Tr i o feat. Eduard mosphäre, sehr gute Studenten und Grassistraße statt) eröffnete Ralf Neufeld und Antonio Lucaciu. Das natürlich Ihr Profs! Die Big Band Schrabbe mit seinem Trio und Irina Mi c h a e l Ar n o l d s Qu i n t e t t mit Si- ist auch hervorragend.“ Pauls’ Freeze das Festival. Nach einer mon Harrer und Bastian Ruppert, ein etwas längeren Umbaupause, in der Jazzgitarrenstudent kurz vor dem Ab- sich die Gäste an den Grill- und Bier- schluss, spielten nach einer kurzen Saxofonlehrer an der HMT, gründete ständen im Hof stärken konnten, Umbaupause. Das Finale des zweiten eigens ein Ensemble gemeinsam mit spielte das Ev g e n y Ri n g Qu a r t e t t , Tages war der HMT-Bigband vorent- Simon Harrer, der die Jazzposaunisten das erste Studentenensemble des Fe- halten. Diese wurde diesmal von Bernd unterrichtet. stivals. Lechtenfeld dirigiert, der auch alle Ar- Und schließlich war auch noch Platz Den Abschluss bildete die Spielver- im Programm für die Band der Profes- einigung Sued, eine Bigband, die aus soren des Fachgebiets Jazz/Pop/In- Studenten und einigen Alumni der HMT Be r n d Le c h t e n f e l d , Kö l n : „Hat mir strumental. Zu dieser wurde natürlich besteht. Gastsolist war der Münchner auch super Spaß gemacht! Gerne auch Johannes Ender, designierter Gitarrist Peter O’Mara. Dieser hatte wieder – weiter viel Erfolg!“

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rangements geschrieben hat. Es wurden Pr o f . Da v i d Fr i e d m a n , Ja z z i n s t i t u t Be r l i n : „Als mein Freund und Kollege, ausschließlich Jimi-Hendrix-Kompo- Pepe Berns, mich zu dem Festival des Jazzstudiengangs der HMT in Leipzig sitionen vorgetragen, die von Daniel eingeladen hat, war ich ganz neugierig. Er hat mir viel erzählt von den ‹net- Splitt (voc) und Werner Neummann ten Kollegen›, der entspannten Atmosphäre zwischen Studenten und Do- (git) authentisch interpretiert wurden. zenten. Das Konzert fing mit einer Studentenband an; eine etwas ungewöhn- Der letzte Tag wurde vom Jö r g liche Besetzung: zwei Saxophone, Gitarre und Schlagzeug. Sie spielten eige- Wä h n e r Qu a r t e t t eröffnet, eine ne Kompositionen. Die jungen Musiker sprudelten regelrecht vor Spielfreude Band mit der ausgefallenen Besetzung und wahrem Improvisationsgeist! Ich war begeistert. Das Publikum tobte, und Schlagzeug, Gitarre und zwei Saxo- die Lehrer strahlten vor Stolz. Super Stimmung, super Atmosphäre. Pepe hat- fone (also ohne Bass). Den vorläufigen te Recht! Höhepunkt des Festivals bildete die Als nächstes spielte die Dozenten-Band; sie hatten offensichtlich genauso Band der Professoren des Fachgebiets viel Spaß auf der Bühne wie wir Zuhörer im Publikum. Nach jedem Solo Jazz/Pop/Instrumental. Als Gast war, gab’s ohrenbetäubenden Applaus von Seiten der Studenten. Man spürte den wie bereits erwähnt, Johannes Enders Respekt und Zuneigung, die die Studenten für ihre Mentoren empfanden. eingeladen. Der krönende Abschluss Mein spontanes Gefühl war: ‹Ich will dazugehören!› war der Auftritt der HMT-Bigband Die Bigband war super, und da wurden hochkarätige Gastsolistinnen gefea- mit den Gästen Hülsmann, Strass- tured wie Julia Hülsmann, Pascal von Wroblesky (phänomenal!) und Karolina mayer und von Wroblewski. Strassmayer. Alles in allem, ein wunderschöner Abend!! Hut ab Cats!“

26 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 BERICHTE HMT Jazzfest 2008 plitt, Birgit Hendrich Birgit plitt, S aniel aniel D Fotos: Fotos:

Erwähnt werden sollten noch die Pa s c a l v o n Wr o b l e wski , Berlin: die mitspielenden Studenten sehr an- Jam-Sessions, die im Anschluss an die „Hoffe, bald wieder eine schöne Ge- regend und lehrreich. Von interdiszipli- Konzerte im Café Protzendorf statt- legenheit zu bekommen, mit euch nären Projekten (Freeze) über jazz- fanden. Hier haben sich die Studenten was zu machen.“ rockige Sphären (Hendrix) bis hin zu nach getaner Arbeit nochmals völlig modernen Klängen (Wä h n e r Qu a r - verausgabt und gaben ihrer Spielfreu- t e t t ) wurde beinahe die ganze Band- de freien Lauf. zu Gast, die sich begeistert äußerten breite des Jazz geboten. Die Studenten Die Resonanz im Publikum auf die (siehe Zitate). und viele Zuhörer äußerten (spontan) Konzerte war großartig, alle drei Tage Mit diesem Festival ist es gelungen, den Wunsch nach Wiederholung eines waren gut besucht. Die Studenten ge- eine wunderbare Präsentation des Fach- solchen Projektes! nossen nicht nur das gemeinsame Mu- gebiets und der gesamten Hochschule Werner Neumann, sizieren mit den Großen der Zunft, auf die Beine zu stellen. Die Studenten Fachgebietsleiter Jazz/Popularmusik sondern auch deren äußerst lehrreiche konnten ihre eigenen Projekte unter instrumental und Prof. Jazzgitarre Workshops, die im Rahmen des professionellen Bedingungen (Ton- Festivals stattfanden. Die Gastsolisten technik – Steffen Seifarth, Licht – Jens zeigten sich sehr beeindruckt von dem Gratzke) vorstellen. Die Zusammen- Niveau der Studenten. Es waren auch arbeit der HMT-Bigband mit Profis Professoren von anderen Hochschulen wie Strassmayer oder O’Mara war für

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BERICHTE AUSSERHALB

Budapest und wien

Von fremden Ländern und Orgeln Das Kirchenmusikalische Institut besuchte Ende März 2008 Budapest s gibt nur wenige Dinge, die die und Wien – und kehrte mit frischen Faszination des Menschen un- Eweigerlich auf sich ziehen: Die musikalischen Eindrücken heim lachenden Augen eines Kindes, die gleißend lodernde Flamme, der dahin- sprudelnde Wasserstrom – und der feuchte Blick eines Organisten, wenn er zu seinem Lieblingsobjekt hinauf- blickt. Wie die Elster sich von allerlei glitzerndem Material angezogen fühlt, wie die Frau sich in funkelnde Svarov- Uhr morgens – und die Stift ski-Welten träumt, so ist es schillerndes Erde schien wüst und leer. Kloster Metall, das den Organisten immer wie- 22 Studierende und drei neuburg – der in ferne Städte treibt – Orgelpfei- Dozenten des Kirchen- Barockorgel fen. musikalischen Instituts aus dem Bemerkenswert, mit welcher Ernst- machten sich auf zum Jahr 1642 haftigkeit die Anhänger der Frau Mu- Flughafen. Unheilvolles sica sacralis sich immer wieder aufs bahnte sich an, doch Neue zu Rudeln zusammenfinden, ih- Gottes Güte reichte so rer Leidenschaft auf akademischem weit, wie der Himmel ist Niveau frönen und kichernd, gluck- und die Wolken ziehen. send, wichtigtuend und fachsimpelnd Und als die Boeing 737 durch Europas Dome ziehen. Wohl jenen entgegenstrebte, wissend, dass ihre Begeisterung für schied Gott das Licht von schwarze und weiße Tasten, Register- der Finsternis, und so hebel, Bälge, Zimbelsterne, LEDs nur ward der erste Tag. wenige Erdenbürger teilen. Vielleicht ist es genau dieser Umstand, der ihnen Budapest empfing uns das tolle Gefühl gibt, in einem Paradies in österlichem Glanze. zu schweben, dessen wahre Pracht zu Nach einem kurzen Mit- erkennen, nur ihnen gegeben ist. Die seln, der wird bestätigen können, dass tagsschlaf half der Geist unserer Gefangenschaft in ihrem Mikrokos- sie unendliche Geschichten von frem- Schwachheit auf, und wir stürmten mos gibt ihren Sinnen ungeahnte Frei- den Ländern und Orgeln zu erzählen Fischerbastei, Cafés, U-Bahnen und heiten und Dimensionen. „O, welch wissen. Wer gewillt ist, etwas länger Banken Budapests. Gegen Sonnenun- singender Prinzipal! Faszinierend, die- zuzuhören, und etwas Interesse spielt tergang traf sich unser Rudel vor dem ser Prospekt! Aber dieses matschige oder zeigt, wird belohnt mit einem neu gebauten Palast der Künste – ein Tutti?!“ feuereifrigen Vortrag über die regio- Haus, das Verrückte macht. Doch der Im Grunde genommen, so denkt nalen und epochalen, orgelbaulichen Herr führte uns auf rechter Straße, man, hätte es ein Besuch des Musikin- und -klanglichen Unterschiede und und so konnten wir dem Diplom- strumentenmuseums doch auch getan, Nuancen. Orgelkonzert beiwohnen. Meditierend doch wer einmal das Glück gehabt hat, Unsere Geschichte begann zu einer mit geschlossenen Augen sog ein Groß- Kirchenmusiker auftauchen zu sehen Uhrzeit, von der viele Erdenbürger teil unserer Jünger den imposanten oder gar mit ihnen ein Wort zu wech- gar nicht glauben, dass es sie gibt: vier Orgelklang mit (fast) allen Sinnen auf

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und lauschte ihm noch lange nach. chen Akustik können wir in Leipzig volle Wien – die Stadt der Touristen, Diejenigen, die ihre Augen offen gelas- nur träumen. der Sissi, der Sacher-Torte. Die Stadt sen hatten, waren klar im Vorteil: In Budapest waren für uns noch der Cafés, Museen, Musiker, Dichter, konnten sie doch die prächtige Schön- zahlreiche Orgelbesichtigungen orga- Maler, historischen Orgeln: Aller Kir- Kirchen- heit des Saals genießen. nisiert, u. a. in der Franziskanerkirche chenmusiker-Augen warten auf dich, musiker – Ein Besuch des Fe r e n c -Li s z t -Mu- und der Matthiaskirche. Wien, auf dass du ihnen gibst ihren frierend, s e u m s und der gleichnamigen For- Für unsere Chorleiter und die, die es Kaiserschmarrn zur rechten Zeit! aber schungsstätte stand auf dem Tages- werden wollen, war es ein besonderes Es begann mit einer Führung durch glücklich plan, doch Vorsicht beim Eintritt in Vergnügen, dem Ungarischen Radio- die Schlosskapelle, selbstverständlich inklusive Orgelbesichtigung. In der Uni-Kirche St. Ursula beglückten wir Wien mit einem Orgelkonzert und am nächsten Tag Hans Haselböck uns mit einem Improvisationskurs. Doch die heimliche große Liebe ent- brannte wohl in der gegenüberlie- genden Kirche St. Michael sowie in dem Stift Klosterneuburg. Jesu, meine Freude! Die Orgel von 1642, die 14-fache Mixtur von 1950, die Posau- nen bestimmt von Jericho! Welch glanzvolle Tiraden im Froberger, welch weicher Ton im Pachelbel, welch Kerl, der Muffat ... Zum Abschluss unserer Reise san- gen uns die Wiener Sängerknaben ein neues Lied, dessen Schall in alle Lande hinausgeht. Begrüßt vom künstleri- schen Leiter, führte uns danach seine Assistentin durch das altehrwürdige Gebäude. Ein kurzer Einblick in die Probe ließ uns vernehmen, wie man hierzulande jauchzt und frohlockt. Die sich anschließende Solistenprobe wur- de von einigen unserer Studierenden übernommen, womit wir am Erfolg der Wiener Sängerknaben maßgebend beteiligt waren.

Unsere Reise neigte sich dem Ende zu: Mit gepackten Koffern fanden wir uns auf dem Flughafen wieder, lobten und priesen den Herrn für diese Fahrt. Danket den Herren und Sponsoren des KIs, denn sie waren sehr freund- tefan Kießling tefan S lich und unterstützten uns gütig und

Fotos: Fotos: selbstlos, bis wir in das Gelobte Land zurückkehrten. Staunende das Gebäude: Zieh deine Schuhe von Kinderchor zuzuschauen, der nach der Stefan Kießling und Katharina Schröder, Studierende deinen Füßen; denn der Ort, darauf du berühmten Kodály-Methode arbeitet Studierende am K.I. stehen stehst, ist heiliges Land! und mit aller Macht im Reigen vor um einen Wir lauschten den Worten eines Or- dem Herrn tanzte. Spieltisch gelprofessors. Alles hat seine Zeit ... Auch im Konservatorium bewiesen Mit dem Bus verließen wir nach vier die Ungarn, dass sie fantastische Kon- Tagen Budapest. Unsere Pilgerfahrt zertsäle bauen können. Von einer sol- führte uns weiter in das verheißungs-

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London und Cambridge

Felix Mendelssohn Bartholdy, Großbritannien und britische Komponisten in Leipzig Studienaufenthalt in Großbritannien

ach meinem halbjährigen Länder verbindende Persönlichkeit ins funden werden. Während meiner Rei- Die beein- ERASMUS-Austausch am Spiel. Prof. Dr. Sramek schlug auf- sen hatte ich auch Cambridge und druckende NRo y a l We l s h Co l l e g e o f grund seiner Kenntnis der Archive der Oxford kennengelernt. Bei diesen Be- Kings’s Mu s i c a n d Dr a m a in Cardiff 2004/05 Hochschule vor, sich mit den noch suchen begeisterte mich die Atmosphä- Chapel zog es mich immer wieder auf die „In- nicht erforschten Unterlagen britischer re der altehrwürdigen Wissenschafts- auf dem sel“. Es entstand der Wunsch, auch Studenten zu widmen und Frau Dr. stätten. Somit erwog ich eine Bitte um Campus von besonders wegen meines durch das Barbara Wiermann, die selbst auf die- Unterstützung des Projektes in Cam- Cambridge Studium geweckten Interesses an dem sem Gebiet forscht, war schnell bereit, bridge. Nach einer ersten Anfrage Land, dort wiederholt einige Zeit zu die zweite Betreuung der Arbeit zu dort, welche von Dr. Suzana Ograjen- verbringen und das Leben vor Ort übernehmen. Das Thema meiner Ab- sek (Re s e a r c h Fe l l o w d e r Fa c u l t y noch genauer kennen zu lernen. Mein schlussarbeit wurde nun deutlich: die o f Mu s i c ) sehr unterstützt wurde, Studium neigte sich im Sommer 2006 Erforschung der späteren musika- und einer folgenden Bewerbung er- mit dem Erwerb der letzten Scheine lischen Karrieren englischer Komposi- klärte sich Dr. Martin Ennis von der einem absehbaren Ende zu, und erste tionsstudenten, welche im 19. Jahr- Fa c u l t y o f Mu s i c d e r Un i ver s i t y Gedanken an meine Examensarbeit hundert, auch durch Vermittlung Felix o f Ca mb r i d g e mit Unterstützung der beschäftigten mich. Daraus wurden Mendelssohns, am Leipziger Conser- Fakultät bereit, die Recherchearbeit in konkrete Überlegungen, wie ich even- vatorium studierten. den dortigen Bibliotheken zu betreu- tuell meine beiden Studienfächer Mu- Um diese Komponistenporträts zu en. Um diesen Aufenthalt finanzieren sik und Englisch in dieser Arbeit mitei- erstellen und ihre spätere Karriere in zu können, bewarb ich mich nach die- nander verbinden könne. Von Anfang Großbritannien zu beleuchten, war ein ser Zusage beim DAAD für ein Kurz- an war klar, dass das Thema musikwis- Aufenthalt vor Ort nötig. Dieser sollte zeit-Stipendium, welches mir glückli- senschaftlich sein sollte – nun suchte dazu dienen, die Rezeption zu evaluie- cherweise einen Monat vor der ge- ich nach der Art der Verbindung mit ren und Originalquellen wie Briefe, planten Abreise zugesprochen wurde. England. Relativ schnell kam Felix Noten usw. einzusehen. Dafür muss- In Cambridge angekommen, wurde Mendelssohn Bartholdy als eine beide ten Kooperationspartner im Land ge- ich sehr freundlich an der Fakultät be-

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die Br i t i s h Li b r a r y nach Ruderbooten trainierend auf dem London. Um neben der wis- Cam. Dort stauen sich die Achterrude- senschaftlichen Arbeit des rer der Colleges sogar bei Nebel mit Recherchierens Kontakt zu einer Sichtweite von unter 30 Metern. Studierenden zu knüpfen Derweil brachte die Arbeit interes- und praktisch musikalisch sante Erkenntnisse. Die verbindende tätig zu sein, trat ich in eines Betrachtung der Quellen im Vergleich der Orchester (CUMS I) mit der englischen Dokumentation des der Ca mb r i d g e Un i v e r s i - späteren musikalischen Wirkens der t y Mu s i c So c i e t y ein. So Komponisten wirft ein neues Licht auf erhielt ich die Möglichkeit, die Ausbildung des Conservatoriums spielenderweise Aufführun- im 19. Jahrhundert. Zum Beispiel er- gen von Elgars The Apostles weisen sich die durch die Zeugnisse und Verdis Messa da Requiem niedergelegten Prognosen der Lehrer mit verschiedenen College- zu ihren Studenten meist als „Prophe- chören in der größten Ka- zeiung“ in einschließender Betrach- pelle, der King’s Chapel, tung des späteren Wirkens der Kom- mitzuerleben. Generalpro- ponisten. Auch Mendelssohns Verbin- ben fanden zu touristischen dung mit England stellt einen wichtigen Öffnungszeiten statt. Wäh- Aspekt in der Betrachtung dar, da er rend dieser Proben ließen an der Gründung der Hochschule wohl manche Fortissimo- maßgeblich beteiligt war und durch Tuttistellen nach lyrischen seine Verbindung nach England mögli- Piano-Passagen den einen cherweise einen Anziehungspunkt für oder anderen Touristen, der spätere Studenten darstellte. staunend direkt neben dem Insgesamt hat sich durch die Mög- Orchester stand, zusammen- lichkeit, ein zweites Mal für längere zucken. Das Musikleben in Zeit in Großbritannien zu leben, mein Cambridge ist vielfältig, das Erfahrungshorizont sehr erweitert – Spektrum reicht von mehre- nicht zuletzt durch die freundliche Be- ren Symphonieorchestern treuung vor Ort. Hiermit möchte ich über Blasorchester bis hin allen Menschen, die zu dem Gelingen Das grüßt. Dr. Ennis besprach schon einige zu Barockensembles und wird größ- dieses Projektes auf ihre Art beigetra- Zeugnis Tage später mit mir die weitere Vorge- tenteils von den Studenten organisiert. gen haben, herzlichst danken. J.F. Barnetts hensweise und diskutierte bei regelmä- Während die Studenten diesen kultu- Cordula-Susanne Geck, ßigen Treffen die Ergebnisse und wei- rellen Aktivitäten nachmittags und Studentin FR Schulmusik tere Ideen. Zusätzlich zu der Arbeit in abends nach den Seminaren nachge- der Ca mb r i d g e Un i ver s i t y Li b r a r y hen, findet man sie frühmorgens vor fuhr ich für ergänzende Recherchen in den ersten Vorlesungen ab 7 Uhr in

Cambridge – St. John’s College

Punter trainieren auf dem „Cam“ usanne Geck usanne S ordula- C Fotos: Fotos:

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Milano VA Vai Andiamo Vado Andate Vanno a Milano!

[ Exkursion nach > Mailand ]

as Sommersemester war erst eine Woche jung, da packten wir, ein paar „privilegierte“ Italienischschüler, Dschon wieder unsere Koffer. Über die Alpen, ab in den Süden, auf nach Mailand! Heiß umkämpft waren die Exkursionsplätze. Umso glücklicher zwölf Studierende der Hochschule, die Elisabeth Sasso-Fruth, begleitet von Herrn Prof. Hanns-Martin Schreiber, mit auf große Fahrt nahm. Über ein Jahr lang hatte Frau Sasso-Fruth diese Exkursion geplant, die Mailänder Scala kontaktiert, Spielpläne mit Terminmöglichkeiten koordiniert und schließlich im April 2008 Nägel mit Köpfen gemacht.

[ Tag eins ] Musik und Dramaturgie heben wir kulinarische Vergangenheit: schwarzes, Gruppen- spätnachmittags in Berlin-Tegel ab abgepacktes Vollkornbrot mit spär- foto ls bunt zusammengewürfelte nach Bergamo. Wir lassen alles hinter lichem Belag und Butter. Ciao auf dem AGruppe (im wahrsten Wortsinn – uns, vor allem die neidischen Kom- Deutschland. In Mailand werden wir viertgrößten die Teilnehmerplätze wurden ausge- mentare unserer Kommilitonen. Auch genießen und schlemmen lernen. Kirchendach lost) aus Studierenden der Fachrich- was man an Bord der Air Berlin unter Bergamo und Mailand liegen eine der Welt tungen Gesang, Korrepetition, Alte „Sandwich“ versteht, ist bald schon Busstunde voneinander entfernt. Den

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Mailänder Hauptbahnhof erreichen Schlangestehen vorm Fahrkartenauto- der ihn in einem als Wolke verklei- wir bei Dunkelheit. Dort heißt uns maten. Am nächsten Tag erwartet uns deten Aufzug herunterholt. Zweifellos schon Dott.ssa Laura Rastelli herzlich die ganze Stadt – und die Sonne. erkennen wir an: Die Italiener hatten willkommen. Sie ist Deutschlehrerin schon immer Sinn für Dramatik. Bleibt an einem Mailänder Gymnasium. Von nur zu hoffen, dass die Inszenierung in dort aus hat sie diese Exkursion mit [ Tag zwei ] der Scala nicht von dieser Machart organisiert und wird uns die kommen- sein wird. den Tage auf unseren Stadterkun- um ersten Mal sehen wir Mailand dungen begleiten. Samt Rucksäcken Zbei Tag. Ausgehungert und er- und Trolleys führt sie uns, noch bevor staunt starren wir immer wieder in die wir Quartier beziehen, durch den Mai- Sonne und können unser Glück über länder Bahnhof. Das Gebäude gibt, die Frühlingstemperaturen kaum fas- was es kann, unter schweren Bauge- sen. Obwohl Mailand der Ruf anhaf- rüsten. So leicht sind wir Leipziger tet, nicht das Schmuckstück Italiens zwar, was Kopfbahnhöfe betrifft, zu sein, gefällt das Stadtbild einhel- nicht einzuschüchtern, trotzdem lig. Den Höhepunkt stellt unange- ein imponierendes Schmuckstück fochten der Mailänder Dom dar, – und nicht zuletzt die erste Be- die viertgrößte Kirche der Welt. sichtigungsstation unserer Reise. Man sieht ihn gleich, wenn man Viel wird noch kommen, viele hohe die Rolltreppe an der U-Bahnhal- Gebäude, viel Geschichte, viel testelle „Duomo“ hochfährt. Seine Außer dem Innenraum des Doms unverwechselbare Architektur be- gibt es noch das 1700 Jahre alte Bapti- eindruckt mit mannigfaltigen sterium zu sehen, das beim Bau der Türmchen und detailreichen Ver- Metro unter dem Dom gefunden wur- zierungen. Immer wieder wird de. Anschließend schauen wir uns auf man überrascht: zum Beispiel den Dächern des Doms um. Beim durch merkwürdige Skulpturen Treppensteigen geben die Sänger un- innerhalb der Kirche, wie einem ter uns schon mal einen Vorgeschmack Heiligen, der in einer typischen auf Gianni Schicchi, indem sie mit dem Sängerpose dasteht, oder der vermeintlich traurigen Stöhnen am Plastik eines abgemagerten, gol- Anfang der Oper ihrer Erschöpfung lumartigen Wesens in der Nähe Ausdruck tun. Oben angekommen, des Altars. Beim erneuten können wir einen ersten Blick auf die Schlendern durch die Kirche Scala werfen und in weiter Ferne so- entdeckt Anna ein rotes Licht gar die Alpen erkennen. im Gewölbe über dem Chor. Angesteckt vom italienischen Le- Als wir von dem gut vorbe- bensgefühl, versuchen wir uns ge- reiteten Martin erfahren, was nauestens den Gewohnheiten der Itali- dieses zu bedeuten hat, be- ener anzupassen: Ein Cappuccino wird dauern wir gleich, nicht lange vor dem Mittagessen getrunken, im Herbst nach danach gibt’s nur noch normalen Kaf- Mailand ge- fee oder Espresso. Und ein Aperitif fahren zu sein: darf naturalmente auch nicht fehlen. Das rote Licht Solche Feinheiten, die bei Nichtbeach- markiert die tung die sofortige Enttarnung als Tou- Stelle, an der risten bedeuten, bringt uns Frau Sas- sich ein Nagel so-Fruth immer wieder nahe. Schnell aus dem Kreuz hat sich auch ein bevorzugtes Lieb- Christi befin- lingscafé in der Nähe des Doms gefun- det. Dieser den, das in den kleinen Lücken Nagel wird all- innerhalb unseres Besichtigungspro- jährlich am 14. gramms gern aufgesucht wird. S e p t e m b e r Nach einer Verschnaufpause geht es vom Bischof weiter zur Basilica de Sant’Ambrogio, den Gläubigen wo der heilige „Kirchenvater“ Ambro- präsentiert, sius in einem gläsernen Sarg zu be-

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trachten ist. Etwas müde nach dem bezeichnet hat, kommt als recht gemä- Essen schleichen wir in der Kirche he- ßigte, fast konservative Inszenierung rum und setzen uns auf die Kirchen- daher. Die bildlich und konzeptionell bänke. Prompt fängt ein Gottesdienst äußerst unterschiedlich umgesetzten an. Erschüttert müssen wir feststellen, Stücke – Il tabarro, Suor Angelica und dass sich genauso wenig Menschen Gianni Schicchi – beeindrucken vor allem eingefunden haben, wie es unsere Pfar- durch musikalische Spitzenqualität. rer beklagen. Zwar wird, die Sänger betreffend, nicht das aufgeboten, was man gemein- Schließlich der Abend in der Mai- hin als „Weltstars“ bezeichnet, jedoch länder Scala. ist wohl kaum eine so gelungene ein- Innere Werte zählen. Von außen fühlsame und im Schmerz authentische sieht die Scala bescheidener aus, als sie Umsetzung der Suor Angelica denkbar, sich innenarchitektonisch mit Wand- wie sie an diesem Abend Swetlana spiegeln, Marmor und Kronleuchter Übertitelmonitore eingestellt, da hebt Wassilewa bietet, die so die eher man- gibt. Alles glänzt. Sogar das Einlass- sich der große Vorhang. Il Trittico, drei gelnde vorwärtsdrängende Dramatik personal trägt schwere Goldmedaillen Einakter von Giacomo Puccini, in der des Librettos auszuglei- über der Uniform. Wir verteilen uns in Inszenierung von Luca Ronconi, diri- chen vermag. Eine drei kleine plüschig-rote Logen, posi- giert von unserem allseits geschätzten Freude für jeden Sän- tionieren uns auf den unterschiedlich Gewandhauskapellmeister und Gene- ger muss es aber großen Stühlen für optimale Sicht. ralmusikdirektor der Oper Leipzig, sein, unter dem Di- Schnell noch die Sprachauswahl der Riccardo Chailly, hebt zur ersten Note rigat Chaillys ein an. Was die italienische Kritik leicht ausgezeichnetes abwertend als deutsches Regietheater Scala-Orchester mit all seinen Vorzügen zu Füßen gelegt zu atrick Grahl/Katja Fischer Grahl/Katja atrick P Fotos: Fotos:

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Klosterspeisesaal die sikinstrumenten italienisch-deutsche Zeiten überdauernden Konversation. Laura Rastelli stellt uns Weltkunstwerkes (was einige ihrer Schülerinnen aus dem die Mönche früherer Deutschunterricht vor. Verschüchtert Jahre im übrigen nicht konjugieren und deklinieren wir uns daran hinderte, einen durch die prunkvollen Ausstellungs- Kücheneingang genau räume. an die Stelle brechen zu Wer bis hierhin gelesen hat und lassen, wo Jesus dem meint, bis auf ein paar Alibiveranstal- Betrachter normaler- tungen habe die Bildungsreise mehr weise seine Füße zu Ge- einen erholenden Effekt gehabt, der sicht bringen würde). pflastert mit viel Verve einen pracht- Dankenswerterweise vollen Irrweg. Denn am Abend locken kommen wir in den Ge- Massimo Palumbo und sein Un i t e d nuss einer sympa- Ch a mbe r Or c h e s t r a im Saale des thischen Führerin, de- Co n s e r v a t o r i o Gi u s e p p e Ve r d i zu ren italienischer Wort- einem Konzert mit Werken Rossinis, schwall von Frau Sasso- Telemanns und unseres alten Gevat- Fruth für die weniger ters Johann Sebastian Bach unter dem bekommen! Ganz dem Ausdruck des Ausgefuchsten in verständliche Bah- viel verheißenden Titel Musica e sapori Sängers verpflichtet, schafft es Chailly, nen verdolmetscht wird. Trotz der (Musik und Gaumenfreuden). Nach jede auch noch so kleine Nuance nach- wegen permanenter Luftfeuchtigkeits- einigem Hin und Her des Findens der zuvollziehen und auch im Orchester kontrolle eingeschränkten Verweil- Lokalität wegen und kleinerer, nur die hörbar werden zu lassen, sodass der dauer unserer Gruppe bleibt die leben- Spannung weiter anheizender Karten- extra lange Applaus für den Dirigenten dige Erfahrung der direkten Begegnung unregelmäßigkeiten nehmen wir im durchaus berechtigt ist. Der Höhe- mit dem Meisterwerk jenseits der vollbesetzten Saal Platz. – Tja, was soll punkt der Reise ist geglückt. Jetzt kann Reproduktionen und Mystifizierungen man nun zu diesem Konzert sagen? nichts mehr schiefgehen – oder doch? eine bleibende. Hernach besuchen wir Nach dem musikalisch glanzvollen das Castello Sforzesco, in dessen Mau- Abend in der Scala ist diese Veran- ern das Renaissancetreiben längst dem staltung ein deutlicher Hinweis auf [ Tag drei ] Feilbieten billiger Warenrudimente die, nach Brecht, wie immer unver- durch schwarzafrikanische Händler meidlichen Mühen der Ebene. n sich wäre der Besuch des Scala- gewichen ist. Dennoch beeindruckt Nach einem farblosen Stück AKonzertes für jeden Musikfreund die vollkommene Architektur des Pa- Rossinis, deutlich als Ge- schon Grund genug gewesen, dankbar lastes so sehr, dass die Gruppe, sozusa- brauchsmusik konzipiert und das Haupt zu senken und mit den un- gen erschöpft von der intellektuellen von Maestro Palumbo für vergesslichen Eindrücken freudetrun- Überwältigung, beschließt, sich zu diese Veranstaltung eigenhän- ken den Heimweg anzutreten. Doch trennen. Der eine Teil zieht weiter ins dig bearbeitet und „veredelt“, nichts dergleichen: Planungsgeschick Stadtinnere, um sich den Genüssen der folgt eine solide interpre- und ein universalistischer Bildungsan- modernen Konsum- und Shopping- tierte Musica da spruch bescheren uns einen weiteren welt anheim zu geben, und wie ganz tavola aus der Tag in Mailand. Diesen widmen wir nebenbei auch in ergiebige Bekannt- Feder Tele- (mit einigen Ausnahmen) ganz der schaft mit den männlichen Vertretern manns. Geniale Kultur. Nach dem wie immer mehr aus des italienischen Volkes jüngerer Cou- Musik kann zur Wegwerfplaste denn aus pflanzlichen leur zu treten (aber kann das ehrlich Not bekannt- oder tierischen Produkten bestehen- verwundern bei solch hinreißenden lich auch in we- den Frühstück machen wir uns auf, ein Damen?). Wem hingegen der Sinn niger fabelhafter Meisterwerk abendländischer Kunst mehr nach den bildgewordenen Ge- Interpretation persönlich in Augenschein zu nehmen: lüsten vergangener Epochen steht, überzeugen, ein- Leonardo da Vincis Il Cenacolo (oder schließt sich der Gruppe an, die noch fachere Kost be- für unverbesserliche Germanen: Das die Pi n a c o t e c a d i Br e r a besucht darf hingegen letzte Abendmahl). Für alle, die jetzt eine (keine Angst, auch hier gibt es Zer- auch der über- Führung zu den Ursprüngen und Ge- streuung bei leckerem Eis). Im Scala- heimnissen des sogenannten Da Vinci Museum pflegen wir spätnachmittags Codes erwarten, folgt die weihevolle zwischen wallenden Originalkostümen Stimmung eines in einem ehemaligen von Maria Callas und historischen Mu-

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zeugenden Kredenzung. Insoweit ist dass man nur wünschen kann, dass bewährte Pizza. Man fühlt die Telemannsche Tafelmusik, wenn dem Italienischen an hiesiger Hoch- sich schon dekadent an die- auch nicht an den Maßstäben histo- schule mehr Ehre zuteil wird (mea cul- sem Freitagmittag. Ich sage rischer Aufführungspraxis gemessen, pa, auch ich werde mich bessern). Pa- nur: goldene Stoffservietten. ein gut Stück Musik, die jedoch des lumbo setzt noch die Zierde einiger Irgendwo in Leipzig wird letzten Funkens zur Begeisterung ent- zweifelhafter Cembaloeinwürfe dazu, unterrichtet, irgendwo fällt behrt (man möge über mich herfallen, als gratis Dreingabe quasi. Würde die- in der Grassistraße ein aber kann es auch am Komponisten ser Teil des Bachschen Werkes in Ita- Stuhl um ... liegen?). Wie dem auch sei: Frau Sas- lien keinen Fuß auf die Erde bekom- Der Aufprall ist abrupt. so-Fruths Kommentar, sie habe beim men, so ist dies wahrhaftig nach diesem Auf der letzten Flugetappe Rossini nur an die Abrechnung der Konzerte kein Wunder. Ich will den von Nürnberg nach Leip- U-Bahnkarten gedacht, macht keinen Fortgang des Abends nicht verschwei- zig landen wir unsanft. Der staunen. Die nun folgende Kaffeekanta- gen: Durch das Verhandlungsgeschick Pilot (oder war’s wieder ein te BWV 211 Bachs ist, gelinde gesagt, einer vielfältig einsatzfähigen Mitrei- Co-Pilot?) knallt das Fahr- nicht gerade vergnügungssteuerpflich- senden gelingt es, in einem edlen Eck- werk auf den Asphalt. Will- tig. Grundsätzlich gibt es zwei Mög- chen noch einige gute Tropfen zu kommen zurück! Das deut- lichkeiten, weltliche Kantaten Bachs genießen, bevor der Weg Richtung sche Gepäckband dreht darzubieten: die uns Deutschen wohl- Schlafstatt angetreten wird. stoisch seine Runden. Ei- bekannte konzertante Aufführung oder ner unserer Koffer wollte aber die u.U. dem Italiener eher entge- es nicht wahrhaben und ist gleich gar Unermüd- genkommende szenische Umsetzung. [ Tag vier ] nicht erst mitgekommen (wurde aber lich beant- Das Unverzeihliche wird jedoch getan: nachgeliefert). Am Leipziger Bahnhof wortet Eine zweifelhafte szenische Umsetzung er Abschied erfolgt in Etappen. gibt’s kein Zurück mehr. Schon jetzt Elisabeth mit blödelnden Sängern, die ihren Kaf- DMailand verlassen wir mit hän- vermissen wir den allabendlichen Sasso-Fruth fee im Publikum servieren, während genden Schultern und Köpfen, drän- „Spritz“, unseren Stammbarkeeper neugierige der jeweils musizierende Kompagnon geln uns am Morgen zum letzten Mal Raffaello, der uns mit mailändischen Fragen mit Noten (aber Kostüm!) konzertant in die rote U-Bahn-Linie, diesmal mit Gratisspezialitäten verköstigte. Einige beim Orchester Station nimmt, er- ordentlich Gepäck. Bis zum Abflug werden das Modemekka vermissen, scheint auch aufgrund der offen- bleibt noch ein guter halber Tag in das Ungeniert-Leute-Angaffen („Was sichtlichen Probebedürftigkeit des Bergamo. Bergamo – tatsächlich ge- für ein schicker Mantel!“) und Begafft- Orchesters wenig überzeugend. meint wie man es schreibt. Die Città Werden („Ah, i turisti!“). So manch Ganz zu schweigen von den Alta drapiert sich dekorativ um einen einer wird in jener Nacht noch seine Schwierigkeiten des Basses, Hügel. In kleinen italienischen Kli- importierten Schmankerln auspacken seinem ausgeprägten Opern- scheegassen weiden sich unsere (son- und an einem deutschen Küchentisch timbre etwas Bachschen Glanz nenbebrillten) Augen am Kontrastpro- versuchen, Italien nachzuschmecken. und Schlankheit in den Kolo- gramm zur hektischen Modemetropole: raturen zu verleihen. Je- pittoreske Geschäfte, die mittags auch Vielen lieben Dank an Frau Sasso- doch wird bei allen Sän- mal ohne zahlkräftige Touristen aus- Fruth! Danke für ihren unermüdlichen gern auch die man- kommen und lieber ihre Ruhezeit ein- Einsatz, dass diese Fahrt überhaupt gelnde Fertig- halten, eine vorbeiknatternde Vespa zustande kam, ihre Geduld, die sie mit keit mit der und gelassene Autofahrer, die sich uns hatte, ihren Wissensschatz, den sie deutschen durch enge Gassen quetschen. Ach, mit uns auf den schönsten Plätzen ge- S p r a c h e wie herrlich, diese kleine Stadt mit teilt hat! Danke auch an Laura Rastelli, schmerzlich dem Alpenpanorama am Horizont! Im die uns in ihrer knappen Freizeit beim offenbar, so Schatten des Torre Civica auf der Piaz- Sightseeing besucht hat! Dank ihres za Vecchia hören wir Frau Sasso-Fruth Einsatzes konnten die Scala-Eintritts- zu, wie sie die Gebäude rings um den karten rechtzeitig abgeholt werden. Platz beschreibt und die Geschichte „Italien ist ein Fass ohne Boden!“ Mitte: der Stadt erzählt. lehrte uns Frau Sasso-Fruth: lebendige Das ein- Zum letzten Ma(h)l versammeln wir Geschichte, Kunstgeschichte, Archi- drucksvolle uns um eine große, stattliche Tafel in tektur, Leibesgenüsse und nicht zuletzt Castello einem sonnigen Restaurantgarten. Am Musik – direkt aus der Mailänder Scala Sforzesco langen Tisch kosten wir antipasti, i in unsere gesegneten Ohren. primi und secondi piatti, das Risotto Patrick Grahl, Student FR Gesang, (mit Zitronenaroma) und Weißwein, Carolin Seidl und Katja Fischer, frittierte Zucchiniblüten oder die alt- beide Studentinnen FR Dramaturgie

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Estland

Tere, tere Tallinn oder Sieben Schulmusiker auf Entdeckungsfahrt in Estland ...

Intensive Programme „School Music in a European Perspective“ 2008 harlotte Hacker harlotte Foto: C Foto:

Am nächsten Morgen war es dann Estnisch. Nicht zu vergessen auch die soweit, und wir lernten alle kennen, Stücke aus den anderen Ländern, mit mit denen wir die meiste Zeit in den denen wir sehr viel Spaß hatten und nächsten zwei Wochen verbringen die uns teilweise auch als Ohrwürmer ach einem angenehmen und ru- würden. Da zwei Wochen eine sehr oder „Tallinn-Insider” erhalten geblie- higen Flug landeten wir am späten lange Zeit sind, wurde das Projekt von ben sind. Abend des 30. März 2008 in der estnischen Professorin kurzerhand Zusätzlich wurden uns drei Work- N in Ve r y In t e n s i v e Pr o g r a mme um- shops angeboten, von denen besonders Tallinn. Kaum eines Wortes Estnisch mächtig getauft, eine Namensgebung, die sich derjenige über Instrumentale Improvi- und ohne estnisches Geld, waren wir sehr in den folgenden vierzehn Tagen als sation bleibenden Eindruck hinterlas- froh, von einem extra für uns bestellten treffend herausstellen sollte. Zunächst sen hat. Geleitet wurde dieser von Bus abgeholt und direkt zu unserem Hotel wurden wir in die verschiedenen Aus- Anto Pett, einem der wenigen Impro- bildungs- und Schulsysteme der sechs visationsprofessoren, wie wir nachher gefahren zu werden. Auf unseren Zimmern Teilnehmerländer Deutschland, Est- erfuhren. Es brauchte zwar einige Zeit, hielt es uns nicht lange, schließlich musste land, Niederlande, Norwegen, Portu- bis man seinen Umgang mit dem The- eine neue Stadt entdeckt werden. Die erste gal und Schweden eingeführt. Neben ma Improvisation verstanden hatte, da Entdeckungstour endete in einer Salsabar, dem theoretischen Teil nahm dieses seine Person unter anderem einen ganz Jahr die Musikpraxis sehr viel Raum eigenen Humor in sich trug, aber in ei- in der wir auf die folgenden zwei Wochen ein. Hier gab es zum einen internatio- ner der letzten Proben hatten wir alle anstießen. nale Chorproben mit Stücken aus allen gemeinsam ein sehr, sehr intensives Teilnehmerländern, was unsere Est- Improvisationserlebnis, bei dem man nisch-Kenntnisse erheblich vorange- die Spannung förmlich greifen konnte. bracht hat: zu Tere (Hallo), Tänan „Batisbadofumlokeich” war geboren. (Danke) kam nun ein Ave Maria auf Auch Anto Pett war bei dieser Darbie-

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tung sehr in seinem Element. Er hatte sehr neue Erfahrung, vor Schülern zu schlusskonzerts bleiben. So lange einem uns während der Proben an das so ge- stehen, deren Sprache man nicht kann- die zwei Wochen zu Beginn erschie- nannte „Soundpainting”, also das Diri- te. Es war jedoch schade, dass wir nen, so schnell waren sie auf einmal gieren von Impro-Orchestern mit Hand- Deutschen alle an derselben Schule vergangen, und plötzlich stand schon zeichen, herangeführt und uns so auch unterrichteten und so nicht von den der Abschied aus Tallinn bevor. im Abschlusskonzert zusammen mit anderen Nationen lernen konnten. Viel haben wir aus Tallinn mitge- der Leiterin des Workshops über Vo- Doch es gab noch genügend andere nommen an Erfahrungen, Anregungen kale Improvisation, Anne-Liis Poll, di- Dinge, die wir zusammen mit der und neuen Ideen für unser Studium. rigiert. Wie so vieles andere, wurden ganzen Gruppe tun konnten. Alle ge- Wir haben uns zwei Wochen lang wie seine Zeichen für „very long sound“, meinsam wurden wir zum Beispiel in zu Hause gefühlt, was nicht zuletzt an „short note“ oder „triller or tremolo“ zu die Kunst des estnischen Volkstanzes der hervorragenden Versorgung in der links: Das running gags, an denen wir uns mehr eingeführt und lernten damit auch, auf Hochschulmensa und der warmherzi- verträumte als einmal erfreuten. Estnisch bis drei zu zählen. Dieser gen und kompetenten Betreuung durch (oder Die Erfahrungen, die wir beim Mu- Kurs wirkte besonders authentisch, da die Organisatorin, Professor Ene Kan- traumhafte) sizieren machten, gehören auf jeden wir von folkloristischen Instrumenten gron, lag. Auch konnten wir eine neue Panorama Fall mit zu den Bereicherungen, die begleitet wurden und die Kursleiter Stadt für uns entdecken und hier und von Tallinn wir aus Tallinn mitnehmen. Doch da estnische Trachten trugen. Außerdem da kleine Einblicke in die estnische wir alle irgendwann einmal Lehrer hatten wir noch einen Workshop bei Kultur gewinnen. Dabei dürfen zwei rechts: oder Lehrerinnen werden wollen, durf- einem der renommiertesten Chorleiter kleine, aber feine Erkenntnisse nicht 1_Spaß te die Schule natürlich nicht fehlen. Estlands, Aarne Saluveer, bei dem wir vergessen werden: beim Tanzen Wir Leipziger wurden alle an das ein Einsingen der eher sportlichen 1. Die Esten haben den Russen die Deutsche Gymnasium in Tallinn ge- Sorte genossen. Vokale geklaut. 2_Teacher’s schickt, wo wir auf Deutsch unterrich- Hinzu kamen noch diverse „Teacher’s 2. In Tallinn gibt es Busse mit An- Activity ten sollten. Am Gymnasium (auf Est- Activities“, bei denen die Lehrer aus hängern. nisch „Gümnaasium“) angekommen, den unterschiedlichen Ländern The- Nägemist! – Auf Wiedersehen! 3_Die wurden wir von einer sehr freund- men aus ihrem Interessenbereich vor- Katharina Grunau, deutschen lichen estnischen Musiklehrerin auf trugen oder – sehr praxisnah – eine Studentin FR Schulmusik Telnehmer Englisch begrüßt, und uns kam zum Schulstunde mit uns Studierenden ersten Mal der Verdacht, dass der Be- hielten. Unser Musikpädagogik-Pro- griff „Deutsches Gymnasium“ wohl fessor Christopher Wallbaum ließ uns doch Definitionssache ist. Danach z. B. eine europäische Musiklehrer- wurden wir in einen Keller mit lauter typologie diskutieren. kleinen Verliesen geführt, von denen Nicht vergessen darf man jedoch die chwandtke, Knut Olseng Knut chwandtke, sich glücklicherweise herausstellte, „social evenings“, bei denen die zwi- S axi axi dass diese für die Jacken vorgesehen schenmenschlichen Kontakte natürlich M

waren. Kaum in den Musikräumen an- nicht zu kurz kamen. So wurde beina- Fotos: gekommen, begann auch schon die he jeden Abend etwas unternommen, Stunde, in der wir hospitierten, und mal mehr, mal weniger intensiv. Un- damit war klar: „Deutsches Gymnasi- vergessen dürfte für uns alle jedoch um“ war Definitionssache. Wir sahen der letzte Abend inklusive des Ab- drei Musikstunden, alle kom- plett auf Estnisch. Das hieß für uns also, unsere Konzepte ver- ändern zu müssen, die von Schülern ausgegangen waren, die fließend Deutsch sprechen. Zum Glück hatten wir einen sehr kompetenten Übersetzer, einen Schüler aus der 12. Klas- se, der uns bei Verständigungs- problemen immer weiterhelfen konnte. Trotzdem war es eine

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spur – der musikalische tadtspazi e n ot e r N e rgang e Le ipzig i D

nde April 2008 ging die Nach- Wagner, Schumann, Mahler, Reger. Und Werner Schneider plant schon richt durch die Tagespresse: Zu finden ist die Notenspur im weiter: Auf der Notenspur-Initiative- E Die Verwaltungsspitze des Internet unter www.notenspur-leip- Website können bereits die 15 Leipziger Rathauses hat das Projekt zig.de. Sie beinhaltet 23 Stationen, Stationen des Notenbogens begutach- „Leipziger Notenrouten“ befür- deren durchschnittlicher Abstand tet werden. Diese Tour ist nicht mehr wortet. Wie der Stadtrat in seiner 225 m beträgt, also gut zu „erlaufen“ nur auf das Stadtzentrum begrenzt, Sitzung im Juni endgültig darüber ist. Notenspur-Station Nummer 20 sondern erfasst bei 5,0 km Strecken- entschieden hat, stand bei Redak- ist der Standort des Alten Konserva- länge zum Beispiel auch unsere HMT tionsschluss für dieses MT-Jo u r n a l toriums. Kann man momentan nur (Notenbogen-Station 10). Die Zu- noch aus. einen virtuellen Stadtspaziergang arbeit des Begleittextes für diesen Trotzdem dürfte Prof. Dr. Werner unternehmen (zu jeder Station gibt Standort kam wie der zur Station 20 Schneider vom Institut für Statik und es ausführliche Informationen) oder der Notenspur übrigens von Mitarbei- Dynamik der Universität Leipzig sich nach dortiger Vorbereitung einen tern unserer Hochschule. gefreut haben: Er ist die treibende Real-Marsch auf eigene Faust antre- Komplettiert wird das Notenrouten- Kraft der Leipziger Notenrouten, ten, so soll es mit der Eröffnung im Angebot durch das Leipziger Noten- einem Projekt, das seit Herbst 2006 Frühjahr 2009 ein familienfreundlich rad: eine Tour von insgesamt 36,6 entwickelt und inzwischen bereits von gestaltetes Wegeleitsystem mit Infor- km, die für die Erkundung mit dem der Le i p z i g To u r i s m u s u n d Ma r k e t i n g mationen in Deutsch und Englisch Fahrrad gedacht ist und potentiell Gm b H vermarktet wird. geben. Gedacht ist an ergänzende Neugierige auch an der HMT (Station Am Anfang war die Notenspur: Angebote für Kinder wie Rätsel, einen 3) Halt machen lässt. ein 5,1 km langer markierter Rund- Notenspur-Entdeckerpass u.ä. Außer- Ein Blick auf die Notenspur-Website weg im Zentrum Leipzigs zu den dem soll die Route durch ein Musik- lohnt sich also schon jetzt. Und auf authentischen Schaffensorten welt- erlebnis-Leitsystem ergänzt werden, alles Weitere darf man gespannt sein. weit bekannter Komponisten wie das mit Klangbeispielen Musikgeschich- www.notenspur-leipzig.de Bach, Mendelssohn Bartholdy, te erlebbar und hörbar macht. BH

40 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 NOTIZEN notizen :: mitteilungen :: notizen :: mitteil

Cornelia Entling (LA Gesang, Kir- jazzorchesters Sachsen im Kleinen Hyojung Park (Violine, Klasse Prof. chenmusikalisches Institut) gastierte Haus des Staatsschauspiels Dresden Mariana Sirbu) hat den Li o n s Mu s i k - im Dezember 2007 in einer Neupro- ein Englischhorn und einen Kontra- p r e i s von Sachsen-Anhalt gewonnen. duktion des Parsifal (Regie: Federico bass aus dem Musikinstrumentenfonds Tiezzi, Musikalische Leitung: Asher der Kulturstiftung an zwei junge Izabela Powichrowska (Violine, Fisch) erneut am Te a t r o d i Sa n Ca r l o sächsische Musiker vergeben. Preis- Klasse Lothar Strauß) hat ein Orche- in Neapel. träger der Ausschreibung aus dem sterpraktikum an der Hamburger Jahr 2007 waren die 16-jährige Lisa Staatsoper bekommen. Elisabeth Sasso-Fruth wurde am Hofmann aus Pesterwitz (Englisch- 3.3.2008 auf der LaKoF (Landeskon- horn), Schülerin am Sächsischen Andreas George und Emanuel ferenz der Frauenbeauftragten) zur Landesgymnasium für Musik Ca r l Mütze (Trompete, Klasse Prof. Landessprecherin gewählt. Weiter in Ma r i a v o n We b e r in Dresden, und Peter-Michael Krämer) bekamen diesem Amt bestätigt wurden Frau der 19-jährige Robert Lucaciu aus durch ein Probespiel Substitutenstel- Dr. Monika Benedix von der Univer- Plauen (Kontrabass, Nachwuchs- len in der Philharmonie Dresden. sität Leipzig und Frau Andrea Müller förderklasse an der Hochschule für von der HTWK Leipzig. Musik und Theater Fe l i x Me n d e l s - Prof. Klaus Hertel wurde in die s o h n Ba r t h o ld y Leipzig). Jury des im Juni 2008 stattfindenden An Hoon Song (Dirigieren, Klasse Internationalen Violinwettbewerb Prof. Ulrich Windfuhr) wurde in die Siegfried Thiele hat an ihn gerichte- He n r i Ma r t e a u eingeladen. Förderung des Deutschen Musikrates: te Briefe Hermann Heyers als Schen- Dirigentenforum aufgenommen. kung der Hochschule übergeben. Sie Felix Görg (Kontrabass, Klasse werden in den Archivbestand der Prof. Frithjof Martin Grabner) hat das „Warum in die Tiefe stürzen? Musi- Bibliothek aufgenommen. Heyer war Probespiel für das Eu r o p e a n Yo u t h kalische Grundhaltungen Wilfried in den 50er und 60er Jahren Profes- Or c h e s t r a gewonnen und wird im Krätzschmars, ausgehend vom sor für Musikgeschichte und Neue Sommer in China, Korea, Japan und Orchesterwerk cataracta“ lautete Musik an der Leipziger Hochschule. Europa auf Tournee sein. der Vortrag von Prof. Dr. Christoph Sramek (LA Musikgeschichte), den Paige Kearl (Violine, Klasse Lothar der Musikwissenschaftler am 12.3.2008 Strauß) hat sich einen Platz in der im Rahmen der Veranstaltung „Kom- Orchesterakademie der Staatskapelle as erstmals verliehene ponieren in Sachsen“ an der Hoch- Berlin erspielt. Ma r i e -Zi mm e r m a n n -St i p e n d i u m a r l a r i a v o n D schule für Musik C M We b e r Dresden hielt. Beim 23. Internationalen Ro b e r t - zur Förderung junger Drama- St o l z -Gesangswettbewerb Wiener turgen geht an die Dramaturgie- Siegfried Thiele hat die Arbeit an Operette – Hamburg 2008 gewann einer Evangelien-Vesper für Chor, Agnes Selma Weiland (Gesang, Studentin Anna Maria Solo-Sopran und Orchester abge- Klasse Prof. Hans-Joachim Beyer) Volkland. Die mit 5 000 ¤ schlossen. Das Werk wird am einen Förderpreis. dotierte Auszeichnung hat 26.9.2008 in der Frauenkirche Dresden unter Leitung von Ludwig Dr. Michael Fuchs, Dozent für der Intendant des Hamburger Güttler aufgeführt werden. Stimmphysiologie, wurde im März Schauspielhauses, Friedrich 2008 von Sozialministerin Helma Die Kulturstiftung des Freistaates Orosz zum Sächsischen Landesarzt Schirmer, im Andenken an seine Sachsen vergibt im Jahr 2008 zwei für Menschen mit Hör-, Sprach-, 2007 gestorbene Frau, die Dra- neue Instrumente für sächsische Sprech- und Stimmstörungen bestellt. Musiker: Der Präsident der Kulturstif- maturgin und Festivalmacherin tung, Steffen Heitmann, MdL, hat am Marie Zimmermann, gestiftet. 30. März im Rahmen eines Festaktes zum 15-jährigen Bestehen des Jugend-

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 41 NOTIZEN notizen :: mitteilungen :: notizen :: mitteil

Elin Kolev (10 Jahre, Nachwuchs- musikalisch-künstlerischem Profil, Breitkopf fördert förderklasse Violine bei Prof. Carolin einschließlich der Interpretation von junge Dirigenten: Widmann) wurde im Dezember 2007 Ergebnissen einer Langzeitstudie an Erweiterung der Koope- erster Preisträger des „EnviaM-Talen- der Leipziger Grundschule Cl a r a tenwettbewerb 2007“. Sc h u m a n n . ration mit dem Dirigen- tenforum des Deut- Zum 1. März wurde Olaf Engel Erfolgreiche Neuigkeiten aus den schen Musikrates (Kirchenmusik A, 2. Semester) als USA kamen für den Jazzpianisten Kantor der Taborgemeinde Leipzig Jo Junghanss im Frühjahr 2008: Der Mit dem erfolgreichen Start eingeführt und zugleich von der Absolvent der HMT Leipzig, der vor des „Dirigentenforum – Chor“ Sächsischen Landeskirche zu einem zwei Jahren mit einem Fu l b r i g h t -St i - zu Beginn des Jahres 2008 der beiden Kirchenmusikdirektoren p e n d i u m nach New York ging, wird für Leipzig berufen. Er setzt sein dort in diesem Jahr seinen Ma s t e r o f erweitert der Verlag Br e i t - Studium berufsbegleitend an unserer Mu s i c absolvieren. Kürzlich wurde er k o p f & Hä r t e l seine Förde- Hochschule fort. nun als Einziger aus allen Bewerbern rung auch auf junge begabte weltweit für eine Stelle als Doktorand Chordirigenten. Preisträger, Albrecht Koch (Alumnus Kirchen- am Ja z z a n d Ar t s Pr o g r a m nominiert die in die 2. Förderstufe musikalisches Institut), bisher Kirchen- und zudem mit einem Vollstipendium aufgenommen werden, musiker in Neubrandenburg, ist zum der Ma n h a t t a n Sc h o o l o f Mu s i c erhalten ebenso wie beim Domkantor und Kirchenmusikdirek- ausgestattet. Es bedeutet für ihn „Dirigentenforum – Orche- tor am Freiberger Dom mit seinen weitere Jahre in der internationalen ster“ einen Notengutschein berühmten Silbermann-Orgeln Metropole des Jazz und eine Konzen- berufen worden. Er wird im Herbst tration auf zeitgenössische Musik und für das Br e i t k o p f -Verlags- sein neues Amt antreten. Komposition. Jo Junghanss, der zunächst programm. Thomas Lennartz (Alumnus Kir- an der HMT Meisterschüler bei Prof. chenmusikalisches Institut) ist zum Richie Beirach war, wird in Leipzig am Bereits seit über zehn Jahren Domorganisten der katholischen Donnerstag, dem 10.7.2008 im Café unterstützt Br e i t k o p f & Kathedrale (ehem. Hofkirche) Dresden Spizz seine Abschlussprüfung spielen. Hä r t e l das erfolgreiche mit einer ebenfalls hochberühmten Beginn des Konzertes ist 20 Uhr. Förderprogramm für begabte Silbermann-Orgel ernannt worden. Auch er wird sein neues Amt im Aktivitäten der Posaunenklasse von Orchesterdirigenten. In Herbst übernehmen. Sebastian Krause: diesem Jahr hat der Verlag Am 8. und 9. Dezember 2007 den Wert des Notengut- Im April 2008 referierten Prof. unternahm die Posaunenklasse von scheins deutlich erhöht. Johanna Metz (Elementare Musik- Sebastian Krause eine Exkursion nach Das weitere Ziel der Koope- pädagogik – EMP), Prof. Dr. Regina Bad Kissingen, um dort den internatio- ration von Dirigentenforum Pauls sowie die Absolventen unserer nal gefeierten Posaunisten Christian und Br e i t k o p f bleibt, junge Hochschule Sibylle Nowak (Klavier/ Lindberg live erleben zu können. In Dirigenten mit den neuesten EMP) und Aristides Strongylis der ihm eigenen Interpretationsweise Editionsergebnissen vertraut (Komposition/EMP) vor Teilnehmern spielte er die Konzerte von Leopold aus Deutschland, Österreich und der Mozart und Ferdinand David. Anschlie- zu machen. Bei Werkstatt- Schweiz auf dem EMP-Symposium ßend kam es zu einem kurzen Treffen gesprächen und Kursen mit „Musik bewegt Kinder“ in der Musik- mit dem Posaunen-Star. erfahrenen Dirigenten stellen akademie Ochsenhausen. Vorgestellt Herausgeber und Lektoren wurde die EMP als integratives Erkenntnisse vor und regen Konzept für Ganztagsschulen mit so zu neuen Interpretationen an.

42 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008 NOTIZEN ungen :: notizen :: mitteilungen :: notizen :

Am 13. Dezember 2007 fand im Gesangwettbewerbs war die Berliner Mendelssohn-Saal des Gewandhauses Kammersängerin Prof. Magdaléna Zum Schluss noch eine zu Leipzig das traditionelle Weih- Hajóssyová (Hochschule für Musik Bitte in eigener Sache: nachtskonzert des Sinfonischen Ha n n s Ei s l e r Berlin – HAMU Prag). Musikvereins Markranstädt unter Der 1. Preis ging an Steffi Lehmann der Leitung von Frank Lehmann statt. (Gesang, Klasse Dirk Schmidt), die Die Solistin des Posaunenkonzertes im Juni 2008 bei der Hochzeit des von Ernst Sachse war Julia Nagel Figaro an der HMT die Rolle der Es existiert eine Liste mit aus der Klasse von Sebastian Krause. Susanna singen wird. Ensembles von HMT-Studie- Das Posaunenkonzert wurde noch- mals erfolgreich aufgeführt am 19. Kateryna Shtryfanova (Charkiw/ renden im Künstlerischen April 2008 als Teil des Eröffnungs- Ukraine) hat ihre im Rahmen eines konzertes des Markranstädter Musik- DAAD-Stipendiums an der HMT mit Betriebsbüro (KBB), die sommers in der dortigen Laurentius- vorbereitete musikwissenschaftliche bei Buchungswünschen an kirche. Doktorarbeit inzwischen abgeschlos- sen. Aus ihrer Arbeit an der Hoch- Interessenten von außerhalb Robin Kürschner (Posaune, Klasse schule ging eine Studie hervor, herausgegeben wird. Die Sebastian Krause) war der Solist der publiziert im Archiv für Musikwissen- Frühlingskonzerte des Jugendblas- schaft 65, Heft 1 (2008), S. 31-44: Interessenten kontaktieren orchesters Thum/Erzgebirge, dem Kompositorische Strukturen der die Studierenden dann besten seiner Art in den neuen Lautenfantasie als Gattung in der Bundesländern. Die Konzerte fanden 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. direkt. Der letzte Stand am 29. März 2008 im Volkshaus dieser Liste ist vom Januar Thum und am 19. April 2008 im Michael Neumann (Klasse Prof. Theater der Stadt Annaberg statt. Frithjof Martin Grabner) hat als 2007. Wir möchten die Anlässlich des 100. Todestages von einziger Deutscher in der Kontrabass- Ensembleliste dringend Nikolai Rimski-Korsakov interpre- Sektion das Probespiel des Na t i o n a l tierte er dessen Posaunenkonzert in Yo u t h Or c h e s t r a o f t h e Ne t h e r - aktualisieren und benötigen der Originalfassung für Solo-Posaune l a n d s bestanden. und sinfonisches Blasorchester. deshalb Ihre Mithilfe: Der Leipziger Jazznachwuchspreis Andreas Sommerfeld (Gesangsleh- der Ma r i o n -Er m e r -St i f t u n g 2008 Studierende, die sich zu rer an der Fachrichtung Schulmusik) wurde an Moritz Sembritzki (Jazz- einem Ensemble jedweder gastierte als „Zuroaster“ in Händels gitarre, Klasse Prof. Werner Neu- Oper Orlando an der Neuköllner mann) verliehen. Art zusammengefunden Oper Berlin. Im Januar 2008 sang er die gleiche Partie in Luxemburg. Vom haben und gerne vom KBB 17. - 24. Januar 2008 gab Sommer- via Liste vermittelt werden feld einen Meisterkurs am Co n s e r - v a t o i r e d e Bo u l o g n e -Bi ll a n c o u rt bei möchten, melden sich bitte Paris. bei Herrn Schönknecht

Am 26. April 2008 fand in Prag der unter Tel. 0341 2144 640 von der Tschechischen Mozartgemein- oder senden eine E-Mail an de in Kooperation mit der Sächsischen Mozart-Gesellschaft ausgeschriebene [email protected]. XXVIII. Du s c h e k -We t t b e w e r b statt. Vorsitzende dieses internationalen

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 43 PERSONALIA

„Das Dirigieren lässt mich nicht los“ In t e r v i e w m i t Pr o f . Ch r i s t i a n Kl u t t i g

m April dieses Jahres sprach auch die Leitung des Hochschulsinfo- beit mit viel Elan angepackt und stand IHeike Bronn mit Prof. Christian nieorchesters (HSO). nach meiner im August 2000 erfolgten Kluttig, der bis 2007 eine Profes- In Bezug auf die „zweite Zeit“ ab Berufung schon im Oktober vor dem 2000 kann ich nicht sagen, was mir Orchester. Im November dirigierte sur für Dirigieren an unserer HMT mehr bedeutet hat, die Arbeit mit dem ich dann mein Antrittskonzert im Ge- innehatte. HSO oder die mit den Dirigierstu- wandhaus. denten. Besonders wichtig waren mir Im Rückblick denke ich aber auch Heike Bronn (HB): Herr Prof. Kluttig, wenn Sie aber bestimmte Projekte mit den Stu- an die durch meine Erkrankung er- an Ihre Zeit an der HMT zurückdenken, was dierenden (s. u.). zwungene Veränderung meines Ar- fällt Ihnen spontan als Erstes ein? Die Arbeit mit dem HSO hatte ich ja beitslebens – das war für mich persön- Christian Kluttig (CK): Es gab ja für mich sehr kurzfristig übernommen: In der lich und für den Studienbetrieb eine zwei Leipziger „Zeiten“: Als ich in den Saison 2000/01 standen anlässlich der große Belastung. 80er Jahren GMD in Halle war, fragte Eröffnung des Großen Saales mehrere mich der damalige Rektor Prof. Projekte mit bedeutenden Gastdiri- HB: Sie haben im Rahmen Ihrer Professur die Schmal, ob ich nicht Dirigierunterricht genten – , , Konzerte mit der Neuen Elblandphilharmonie an der Hochschule geben wolle. Ich – an; irgendjemand initiiert – was war das Besondere an diesen machte hier also meine ersten Erfah- musste das HSO ja dafür vorbereiten! Projekten? rungen als Dirigierlehrer. Ende der Also habe ich, gemeinsam mit dem As- CK: In der Ausbildung zum Dirigen- 80er Jahre übernahm ich zusätzlich sistenten Dr. Michael Köhler, die Ar- ten respektive zur Dirigentin kommt es

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Christian Kluttig nimmt wie einen Gastdirigenten. Ein gungskraft entwickeln muss. Es reicht geboren 1943 in Dresden großes und bedeutendes Orchester wie nicht, nur zu machen, was der Lehrer das MDR Sinfonieorchester entspricht sagt, sein Plagiat oder das von den Dirigierstudium an der Musikhoch- da ja eher einem 8-Zylinder-Audi mit Aufnahmen eines anderen Dirigenten schule Dresden bei Rudolf Neuhaus Allradantrieb, den ein junger Student zu werden. Wer Dirigent bzw. Diri- und Horst Förster noch gar nicht ausfahren kann … (lacht). gentin werden will, muss lernen, ei- Später haben wir auch mit der Pol- gene Gestaltungskraft zu entwickeln. 1967-1969 Solorepetitor an der nischen Kammerphilharmonie in Sopot Die Basis dafür aber bilden vielfältige Staatsoper Dresden gemeinsam Werke erarbeitet, die im Kenntnisse – von Werk und Persön- laufenden Studienbetrieb nur 1969-1975 1. Kapellmeister und sehr zeitaufwändig zu reali- sieren wären: Schönbergs 1975-1979 Musikalischer Oberleiter Verklärte Nacht, die Lyrische der Städtischen Theater in Chemnitz Suite von Berg, die Bridge-Va- riationen von Britten und an- 1979-1990 Chefdirigent des Händel- dere. Wir sind meistens mit festspielorchesters am Landesthea- PKW zu den Orchestern ter Halle, ab 1983 Generalmusikdi- nach Riesa und sogar nach rektor Sopot gefahren – eine wich- tige Rolle spielte dabei der 1991-1998 Chefdirigent des HMT-Sharan. Deshalb ging Staatsorchesters Rheinische mir schon damals durch den Philharmonie und Musikalischer Kopf, dass mein Nachfolger Oberleiter des Theaters Koblenz einst auch seine Eignung am Steuer unter Beweis stellen 1998-2000 Professur für Dirigieren müsse (lacht). an der Hochschule für Musik Dresden HB: Wie Sie oben beschrieben ha- 2000-2007 in gleicher Position an ben, unterrichteten Sie in Ihrer Zeit der HMT Leipzig. als GMD in Halle auch in Leipzig – gab es damals auch das, was man heute „Synergieeffekte“ nennen würde? privat Fotos: CK: Ich habe als GMD in darauf an, dass man lernt, in drei bis Halle manche in Leipzig ausgebildete lichkeit des Komponisten, der Kultur- Juli 2006: vier Probentagen mit dem Orchester Solisten wie , Simone geschichte, der Orchesterkultur der Abschiedsfest Konzertreife zu erlangen. In diesem Kermes oder Hendrikje Wangemann jeweiligen Zeit und vieles mehr. Im Klasse Prof. Sinne haben wir in einem ersten Pro- betreut, die auf der Basis ihres Ein- Laufe der fünf bzw. jetzt (bis zum Ma- Kluttig (Prof. jekt alle Klavierkonzerte Beethovens stiegs in die Praxis am Opernhaus ster) sechs Studienjahre hat man ja au- Kluttig vor- und in einem zweiten einen Schumann- Halle ihren Weg besonders erfolgreich ßerdem noch kein ausreichendes Re- dere Reihe Chopin-Zyklus mit der Ne u e n El b - gehen konnten. Ich holte sie auf Emp- pertoire für den Berufseinstieg. Ein 2.v.r.) landphilhar m o n i e erarbeitet und fehlung Leipziger Professoren (beson- Repertoiregrundstock ist aber wichtig mehrfach aufgeführt. Solisten waren ders von Frau Prof. Forner) nach Hal- für die Arbeit am Theater und die links: im Studenten der Klavierklassen der le und erarbeitete mit ihnen gemeinsam Chance einer relativ kurzfristigen Gewandhaus, HMT. Für alle waren diese Projekte die Partien. Das kann man sehr wohl Übernahme eines Stückes. Im Idealfall November sehr erfolgreich: Wir konnten mit die- als „Synergieeffekt“ sehen. – so durfte ich es erleben – geht man 2001 sem Orchester unter „realen Bedin- als Korrepetitor an ein großes Haus, gungen“ arbeiten, denn am Ende der HB: Was würden Sie heute einem angehenden erweitert sein Repertoire und dirigiert gemeinsamen Arbeit standen öffent- Dirigenten außer einer soliden Ausbildung mit die ersten Opernvorstellungen. Bei mir liche Konzerte. auf den Weg geben wollen? geschah das noch unter der Obhut Die Ne u e El b landphilhar m o n i e CK: Die Schwierigkeit bei der Diri- meines Lehrers Prof. Neuhaus – einer ist ein eher kleines Orchester, das je- gentenausbildung ist, dass der junge der vielen Glücksfälle in meinem Le- den Dirigierstudenten ebenso ernst Mensch eigene, persönliche Überzeu- ben, die mich das weniger glückliche

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Ende meiner Laufbahn leichter tragen rung von Mahlers Dritter Sinfonie unter ich jetzt auch Zeit, mich mit Fragen zu lassen. Abbados Leitung in Salzburg zu erle- beschäftigen, die zu meinem Beruf ge- ben. Das war für mich ein Schlüssel- hören, für die früher keine Muße ge- HB: Welchen Dirigenten schätzen Sie persön- erlebnis, sowohl hinsichtlich des Diri- blieben war. Etwa mit Fragen der Auf- lich am meisten? genten als auch des Komponisten. führungspraxis am Ende des 19. Jahr- CK: Das kann ich ganz eindeutig be- hunderts, einer Zeit, deren Zeugnisse antworten: . Ich schät- HB: Diese Frage muss noch erlaubt sein: Was wir viel gründlicher auswerten sollten ze ihn besonders, weil es ihm nur um treibt Sie im (Un-)Ruhestand um? als bisher. die Musik geht und weil er die ganz CK: Ich versuche nun, mit meiner Im Übrigen finde ich jetzt auch mehr seltene Fähigkeit hat, Musik auch in neuen Situation klarzukommen. Das Zeit, an der Entwicklung meiner Fa- leidenschaftlichstem oder dramatisch- Fehlen konkreten Termindrucks, den milie Anteil zu nehmen und freue mich stem Ausdruck mit einer solchen kör- ich ja über 40 Jahre lang im Tagesab- gemeinsam mit meiner Frau über un- perlichen Gelöstheit an das Orchester lauf hatte, macht mir dabei zu schaf- sere zwei Enkel. Und – es gibt mit ehe- weiter zu geben, dass der Klang immer fen. Deshalb ist es im Moment noch maligen Studenten und besonders mit „frei“ bleibt und den Hörer „das Ei- gut, dass ich in Dresden im Lehrauf- meinem ältesten Sohn soviel fachlichen gentliche“ erreicht. Ich hatte das Glück, trag ein Seminar zum Werk Gustav Austausch, dass mich das Dirigieren schon in den 70er Jahren eine Auffüh- Mahlers gebe. Andererseits aber habe doch nicht loslässt!

Helmut Weese geboren 1943 in Wuppertal Ausbildung als Pianist und Dirigent in Es- sen, Köln, München und Berlin / Studien bei Luigi Ricci in Rom Solorepetitor in München und Berlin Assistenzen bei Karajan, Solti, Stein, Le- vine, Boulez u.a. 25 Jahre musikalischer Assistent bei den Bayreuther Festspielen Studienleiter u.a. in Mannheim, Frankfurt, Karlsruhe Kapellmeister an der Stuttgarter Staats- oper Assistent von Carlos Kleiber an der Mai- länder Scala und für die Schallplattenauf- chönknecht

S nahme in Dresden Tristan und Isolde

tefan tefan Assistent von Claudio Abbado an der

Foto: S Foto: Mailänder Scala (Lohengrin) Gastdirigate in Stockholm, Göteborg, Genua, Luxemburg und an verschiedenen Dekan Prof. IM RUHESTAND: deutschen Opernhäusern Helmut zahlreiche Uraufführungen zeitgenössi- Weese, PROF. HELMUT WEESE scher Musik Rektor Prof. Lehrbeauftragter an den Musikhochschu- Robert Am 28. Februar 2008 wurde Prof. Helmut Weese, Dekan des Fach- len in Karlsruhe und Düsseldorf Ehrlich und Prorektor bereichs I, vom Rektor Prof. Robert Ehrlich im Beisein von Prorektor Gastspiele als Studienleiter, Korrepetitor und Liedbegleiter im In- und Ausland Prof. Hanns- Prof. Hanns-Martin Schreiber und Kanzler Wolfgang Korneli feierlich in Martin seit Sommersemester 2002 Professor für Schreiber den Ruhestand verabschiedet. Rektor Prof. Robert Ehrlich überreichte Korrepetition (Schwerpunkt: Oper) an (v.l.n.r.) ihm außerdem eine Dankesurkunde des Freistaates Sachsen. der HMT Leipzig

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ZUM RUHESTAND VON HANS-JÖRG LEIPOLD „Ein spürbares künstlerisches Wachstum“ Hans-Jörg Leipold begleitete 13 Jahre lang Studierende des Fachbereichs Gesang/Musiktheater

rigent zahlreiche Opernvorstellungen. Ein Genuss war für uns die Zusam- 1960 wurde er an der neu eröffneten menarbeit, für die wir Hans-Jörg Lei- Leipziger Oper Assistent des General- pold sehr herzlich danken! musikdirektors (GMD) Seydelmann, Jasmin Solfaghari (Prof. und Fachgebiets- im Anschluss 1. Kapellmeister in Zit- leiterin Dramatischer Unterricht) und tau, wo ihn „die heitere Linie“ bereits Helmut Kukuk (Prof. Opernschule, Partien- für sich einnahm. Er setzte dann seine studium), beide FR Gesang/Musiktheater Kapellmeistertätigkeit an der Leipziger Oper fort, wo er auch Bekanntschaft mit der noch jungen Anna Tomova- Sintow machte, die als ersten Auftritt die kleine Rolle der Gräfin Ceprano aus Rigoletto bekam. „Prompt stand der bulgarische Botschafter vor der Türe

Foto: privat Foto: – dafür schickten sie ihren Spitzen- nachwuchs nicht in die DDR!“, erzählt ans-Jörg Leipold hatte seit 1995 Herr Leipold lebhaft. Die Karriere Heinen Lehrauftrag für Partienstu- dieser Sängerin nahm – auch ohne die- dium und Begleitung im dramatischen sen Hinweis – sehr rasch ihren Lauf. Unterricht unserer Abteilung und ver- Die Zusammenarbeit mit dem Mos- lässt unsere Hochschule aus Alters- kauer Bo l s c h o i , dem Staatstheater gründen. Seine umfangreiche Fach- Brno und die Gastspiele in Kuba boten kenntnis und sein Humor zeichneten künstlerische Abwechslung und wert- die Zusammenarbeit mit ihm stets aus. volle Erfahrungen. Die nächste wich- Herr Leipold hatte die traditionellen tige Station war die Position als GMD NEU UND NICHT GANZ Tempi aller gängigen Opern, Operet- in Dessau, wo er die Möglichkeit hatte, NEU AN DER HMT ten und Singspiele „im Körper“, und große Opern, das war nichts Neues, nicht nur das, er wusste einfach, wel- die hatte er auch in Leipzig, aber auch Zum 1. Juni 2008 kehrt Frau Fran- cher Charakter auf der Bühne steht „sinfonische Wunschträume“ zu diri- ziska Bohr mit einem Drei-Jahres- und welchen Kern derjenige im sze- gieren. Vertrag wieder in die HMT-Biblio- nisch-musikalischen Zusammenhang Hans-Jörg Leipold empfand die Ar- thek zurück. Die Stelle wird finan- darzustellen hatte. Besondere Freude beit an unserer Hochschule als schöne ziert durch den Europäischen Fonds machte auch sein immer hintergrün- Aufgabe, „bei jungen Menschen Freu- für Regionale Entwicklung (EFRE) diges, verschmitztes und gekonntes de und Begeisterung für die Bühnen- und ist Teil eines größeren Pro- Klavierspiel, in das er immer viel Sinn laufbahn zu wecken. Es war ja auch gramms zur Förderung sächsischer „zwischen den Zeilen“ hineinlegte, was bei vielen ein spürbares künstlerisches Hochschulbibliotheken. er bei den Szenenabenden und Ope- Wachstum festzustellen.“ Frau Bohr ist für die Retrokatalo- rettenkonzerten immer wieder unter Eine wichtige Frage, die Hans-Jörg gisierung von Musikalien zuständig Beweis stellte. Leipold in den letzten Jahren beschäf- und sorgt damit dafür, dass Sie spä- Wie kam er zu diesem Können? tigt hat, ist die der Begleitung im dra- testens Ende des Jahres 2010 alle in Hierzu einige wichtige Stationen sei- matischen Unterricht. „Spielt man Kla- der Bibliothek vorhandenen Medien ner Laufbahn: 1951 begann er sein vier oder Orchester? Schon im Figaro – egal ob Bücher, Noten, CDs, Musikstudium an unserer Hochschule bei der Rosemarie kann es ein Genuss DVDs, Videokassetten, Schallplat- in den Fächern Dirigieren und Klavier, sein, wenn der Begleiter weiß, was die ten, Aufführungsmaterialien – in absolvierte anschließend am Konser- Streicher und was die Holzbläser spie- unserem Online-Katalog finden vatorium St. Petersburg sein Dirigier- len und das auch darstellen kann“, be- werden. studium und leitete dort als junger Di- schreibt er.

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 47 VORSCHAU « N a c h Pa r i s » Sommertheater der Schauspielstudierenden

ieses Jahr führt uns Es spielen Studierende des 2. Studienjahres: Kollegenschweine, Kantinen- das traditionsreiche Natalia Belitski, Georg Böhm, Maximilian Brauer, schauspieler, Eleven, Eitle D Sommertheater der Edgar Eckert, Paula Hans, Laura Hänsel, Lisa Jopt, und Bescheidene, Komiker Schauspielstudierenden in sei- David Kosel, Jannik Nowak, Lukas Prisor, Michael und Tragöden, die den Atem ner 27. Ausgabe „nach Paris“ Ruchter, Albrecht Schuch, David Simon, Sebastian zum Stocken bringen werden. an den Hof Louis XIV. Tessenow, Franziska Wulf Das Publikum wird dabei- Der Sonnenkönig persön- sein und mitentscheiden, lich lädt ausgesuchte Wander- Regie: Johannes Mager und Stefan Ebeling wenn es darum geht, fahren- komödianten zu einem viel den Künstlern aus der Pro- versprechenden Wettbewerb Ort: GRASSI · Johannisplatz 5-11 · 04103 Leipzig vinz ein Auskommen in der an seinen Hof im Leipziger Metropole zu ermöglichen. GRASSI Museum. Die Be- Zeit: 3. Juli (Premiere), 4.–13. Juli (außer 7. Juli) Wer darf bleiben? Wer wird sten stellt er unter sein Patro- jeweils 20 Uhr vom Hof gejagt? Nach wel- nat und erlaubt ihnen, seinen chen Kriterien würden Sie Namen zu tragen. Es steht für Karten: 6/8 € unter Tel 0341 214 4925 oder entscheiden ? die aus der Provinz anreisen- [email protected] Ein barockes Spektakel den Künstler alles auf dem und komödiantische Welt- Spiel. www.hmt-leipzig.de → Aktuelles → Sommertheater uraufführung, die eigens für Zu erleben sind entlaufene das Leipziger Sommertheater- Zuchthäusler, gelangweilte publikum im Innenhof des irk Wackerfuß irk Adlige, höhere Töchter, beru- GRASSI Museums entsteht.

Foto: D Foto: fene Künstler, Rampensäue, VORSCHAU

«Europa neu erdenken» «Dido und Äneas» 2008 eix P Foto: Tim Foto:

m Sommer 2008 will das studentische Projekt Laboratoire Artistique pour la Construction d’une Identité I Européenne den antiken Mythos von Dido und Äneas unter Mitwirkung von Studierenden verschiedenster Fachrichtungen neu beleben. Die diesjährige Hauptbegegnung des Projekts findet vom 26. August bis 10. September 2008 im südfranzösischen Cap d’Ail statt. Zunächst wurde Ende Februar 2008 vor Ort in Tunesien, speziell in den Ruinen Karthagos, der histo- rische Schauplatz des Mythos Dido und Äneas erkundet. Das Projekt setzt sich aktiv mit diesem Stoff auseinander, der in sich die Geschichte Asiens (Äneas stammt aus Troja), Afrikas (Dido ist Königin von Karthago) und Europas (Äneas verlässt Dido, um Rom zu gründen) vereinigt. Aus dieser Auseinandersetzung heraus erarbeiten deutsche, französische und tunesische Studierende gemeinsam eine neue Interpretation des antiken Mythos. Diese soll dann im August in Frankreich im Amphitheater Je a n Co c t e a u in Cap d’Ail uraufgeführt und im Anschluss im Oktober in Deutschland in der Ho ch s ch u l e f ü r Gr a f i k u n d Bu ch k u n s t Leipzig sowie im November in der Kunsthochschule von Tunis nochmals gezeigt werden. «Europa neu Die Suche nach der zierung durch die Mitgliedsstaaten in über so etwas nachdächten. (…) europäischen Identität zunehmendem Maße. Schließlich brauchen wir einen Bruch erdenken» Was verbirgt sich hinter diesem bü- mit dem Althergebrachten. Wir müs- rokratischen Gebilde, hinter den Türen sen Europa neu erdenken, ihm einen Die Frage nach einer spürbaren eu- der Brüsseler Institutionen? Welchen neuen Sinn geben.“ ropäischen Identität, einem Gefühl der gemeinsamen Geist gilt es zu suchen? Die Neuinterpretation von Dido und geteilten Gemeinsamkeiten stellt sich Der Architekt Rem Koolhaas bittet Äneas ermöglicht den kreativen Aus- nach dem Scheitern der EU-Verfas- da die Kunst in die Offensive: „Europa tausch europäischer Positionen durch sung und der anlaufenden Neuratifi- könnte es helfen, wenn Künstler mehr die transnationale Struktur des Pro-

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 49 VORSCHAU «Dido und Äneas» «Europa neu jekts. Deutsche, französische kulturelle Dialog nun durch die Be- und tunesische Studierende erdenken» gegnung von Studierenden Frank- nähern sich dem Thema ge- reichs und Deutschlands mit Kommili- meinsam, hierdurch entsteht eine Schärfe, während gleichzeitig neue tonen aus Tunesien die Grenzen fruchtbare Vermischung ihrer unter- Konturen und Gemeinsamkeiten sicht- Europas überschreitet. Die Gemein- schiedlichen kulturellen und künstle- bar werden. samkeiten und Verschiedenheiten der rischen Denk- und Arbeitsweisen. Der antike Stoff und seine Veranke- Lebenswelten und Arbeitsweisen kön- Was war die frühere Rolle Europas rung in den historischen Ursprungs- nen so noch viel exakter und intensiver in der Welt, was ist seine heutige, und mythen Europas dienen dabei als erfasst werden. Die Ränder der Erfah- wie könnte sie in Zukunft aussehen? Folie, um die Veränderbarkeit der Per- rungsbereiche rücken somit in den Gibt es klar zu definierende Grenzen spektiven auf das Europabild heraus- Mittelpunkt des Blickfeldes. eines europäischen Kulturbereichs zuarbeiten. Ein erweitertes, pluralis- Der Austausch mit anderen Sprach- oder sind lediglich politische Konstruk- tisches europäisches Selbstverständnis und Kulturräumen bedeutet immer ein tionen wie die Europäische Union entsteht vor allem durch die Umset- Eintauchen in andere Wahrnehmungs- maßgeblich für unseren Wunsch nach zung gemeinsamer Ideen, durch die muster und Zeichensysteme und trägt 2008 einem eindeutig beschreibbaren Euro- Entwicklung eines transeuropäischen dazu bei, das kulturelle (Selbst-)Ver- pa? Der Blick von außen, also die Blickes auf die alten und doch so neu- ständnis durch neue, impulsgeben- Veränderung der Perspektive, lockert en Geschichten von Territorium, Kon- de Ausdrucksweisen zu hinterfragen. eingefahrene Denkmuster und lässt flikt, Migration und Flucht, die der Grenzüberschreitung bedeutet in die- vormals sichere Gewissheiten neu an- Mythos in sich trägt. sem Kontext auch die Suche nach einer schauen. Alte Grenzen verlieren an Die Dimension der kulturübergrei- gemeinsamen europäischen Identität. fenden Arbeit mit unterschiedlichen Ausgangspunkten bekommt im Pro- jektjahr 2008 eine neue Facette, da der KOLLEKTIVES LABORATORIUM

Im Mittelpunkt der Begegnung in Cap d’Ail steht die gleichberechtigte Laboratoire Artistique pour la Construction d’une Vernetzung und Verständigung der Identité Européenne (LaCie) unterschiedlichsten künstlerischen und wissenschaftlichen Disziplinen im Sin- ie gemeinsame Arbeit findet im Rahmen des Projekts LaCie statt, eines ne eines kollektiven Laboratoriums. So D gemeinsamen Projektes von Studierenden der Hochschule für Musik wird eine intensive und kontroverse und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ und der Hochschule für Grafik Bearbeitung der Fragen an den My- und Buchkunst Leipzig in Kooperation mit Studierenden der Kunsthochschu- thos möglich. Diese Arbeit findet vor len Ecole Nationale des Beaux Arts de Lyon, der „Villa Arson“ Ecole des Arts allem im Gruppenprozess statt, durch de Nice sowie dem Institut supérieur de Musique de Tunis. den ein gegenseitiger Lerneffekt und Das Projekt ist trilateral organisiert und im mehrfachen Sinne interdisziplinär die kritische Auseinandersetzung mit angelegt. Das Ziel des im Mittelpunkt des Projektes stehenden interdiszipli- den eigenen künstlerischen Positionen nären Netzwerkes junger Künstler und Geisteswissenschaftler ist eine wis- befördert wird. senschaftlich fundierte, künstlerische Recherche und Auseinandersetzung mit Die Wirkkraft der konkret gelebten den Wurzeln und der Zukunft der sich verändernden kulturellen Identitäten Erfahrung steht dabei im Zentrum. Europas. Das Projekt versteht sich dabei als disziplinübergreifendes Labora- Das tatsächliche Erlebnis der gemein- torium, dass durch Kolloquien, Workshops, Filme und Aufführungen einen sam verbrachten Zeit an besonderen Zugang zum kritischen und bewussten Umgang mit europäischer Identität Orten ermöglicht ein weitergehendes entwickelt. Dabei bildet die Interaktion zwischen den künstlerischen und wis- und langfristigeres Lernergebnis als senschaftlichen Einzeldisziplinen den strukturellen Schwerpunkt des Pro- eine rein theoretisch-konzeptionelle jekts. Arbeit am jeweiligen Hochschulstand- Das Projekt wurde im Januar 2008 vom Europäischen Parlament als Teil des ort. Dabei spielt insbesondere die Di- offiziellen Veranstaltungsprogramms im „Europäischen Jahr des interkultu- mension des spezifisch aufgesuchten rellen Dialogs“ benannt. Schirmherrin ist seit Frühjahr 2007 die sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Frau Dr. Eva-Maria Stange.

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«Dido und Äneas»

«Dido neuen Raumes eine und Äneas» entscheidende Rol- le. Jede gemeinsame Arbeit wird durch len, wie kann heute, Scherben eines Gefäßes, links: Dr. ihre Umgebung beeinflusst, so wie im Jahr 2008, die um sich zusammenfügen Eva-Maria auch die Projektgruppe für die Dauer Tragödie um Kartha- 2008 zu lassen, in den kleinsten Stange ihrer Arbeit auf die von ihr besuchten go berühren? Chri- Einzelteilen einander fol- Orte zurückwirkt. sta Wolf fragt in ihrer Medea-Fassung gen, doch nicht so zu gleichen haben“, die entscheidende Frage: „Lassen wir so soll, statt den Sinn des Originals zu uns zu den Alten hinab, holen sie uns kopieren, die Übersetzung vielmehr AUFARBEITUNG ein?“ dessen Art des Meinens in der eigenen DES ANTIKEN STOFFES Die Annäherung an „die Alten“ be- Sprache abbilden, „um so beide Scher- deutet einerseits eine Identifikation mit ben als Bruchstück eines Gefäßes, als Das zentrale Anliegen der interna- den Figuren und ihren Schicksalen, Bruchstück einer größeren Sprache tionalen Arbeitsgruppe wird es sein, gleichzeitig aber auch den Versuch, ih- erkennbar zu machen“. Über die Er- dem Mythos der Dido auf die Spur zu nen und ihrer Geschichte im Hier und gebnisse unserer spannenden Arbeit kommen und eine kreative Sensibilität Jetzt eine hörbare und verständliche am Mythos Dido und Äneas berichten für die Vielschichtigkeit der Bedeu- Stimme zu geben. Ziel ist nicht eine wir im nächsten MT-Jo u r n a l . tungsebenen des antiken Stoffes zu Adaption des antiken Stoffes, sondern Irina Hennig, Studentin Angewandte Kultur- entwickeln. Dabei spielt das Element wie Walter Benjamin in Die Aufgabe wissenschaften/Universität Lüneburg, und der vorsichtigen, kreisenden Annähe- des Übersetzers schreibt: „Wie nämlich Robert Benjamin Biskop, Promotionsstudent rung an die Geschichte der Königin FR Dramaturgie, Studentenrat Dido und ihres Schicksals eine ent- scheidende Rolle. Was kann sie erzäh- Aktuelle Informationen unter lacie.hmt-leipzig.de

Juni 2008 No 25 MT-JOURNAL 51 VORSCHAU / IMPRESSUM

Das Projekt DaCapo Internationale Konferenz zum Thema Braille-Noten

ie Deutsche Konferenz Raum für eigene Präsen- www.dzb.de und [email protected] D Zentralbüche- tationen. Ein begleitendes Kulturpro- rei für Blinde in gramm ist im Museum für Musikin- 13. und 14. November 2008 Leipzig ist die einzi- strumente der Universität Leipzig International Symposium on ge Anlaufstelle für geplant. Braille Music Notes Blinden-Musikalien Ziel des Projektes DaCapo ist es, in Deutschland. Im einen leistungsfähigen Übertragungs- www.dzb.de/bach Rahmen des Projekts DaCapo werden service zu etablieren, um damit enga- Normalschrift-Noten computerge- gierte Laien- und Berufsmusiker tat- stützt in Blindennoten und umgekehrt kräftig zu unterstützen. Auch sehende übertragen. Von dem Projekt profi- Menschen sollen für diese Thematik tieren sowohl blinde Berufs- als auch interessiert und sensibilisiert werden. Laienmusiker, die ihre Übersetzungs- Dr. Thomas Kahlisch, der Direktor wünsche in Auftrag geben können. der Zentralbücherei für Blinde: Darüber hinaus besteht die Möglich- „Wichtig ist vor allem die Musik, an keit, derzeit über 5 500 Blinden-Musi- der alle Menschen, ob sehend oder kalien weltweit auszuleihen. Da die nicht, Freude haben können.“ Aktivitäten des DaCapo-Teams natio- nal und international auf großes Inte- Kontakt und Informationen Herausgeber: resse gestoßen sind, wird im Novem- Deutsche Zentralbücherei für Blinde Der Rektor der Hochschule ber 2008 ein internationales Symposi- (DZB) für Musik und Theater, um rund um das Thema Blinden-Mu- Projekt DaCapo Prof. Robert Ehrlich sikalien in Leipzig stattfinden. Dabei Gustav-Adolf-Straße 7 werden aktuelle Themen aus den 04105 Leipzig Redaktion: Bereichen Softwareentwicklung und Tel. 0341 7113-0 Birgit Hendrich (Leitung) Lehre behandelt. Weiterhin bietet die Fax 0341 7113 125 Dr. Ute Fries Gilda Abbey Maria Allendorf Yasmin-Melissa Engelke MUSIKFESTIVAL „KLASSIK FÜR KINDER“ Heike Bronn Redaktionsschluss: 4. Mai 2008 om 26. bis 28. September 2008 findet das nächste Leipziger VMusikfestival KLASSIK FÜR KINDER in der Evangelisch- Anschrift der Redaktion: Grassistraße 8 · 04107 Leipzig reformierten Kirche zu Leipzig unter der Schirmherrschaft von Tel. 0341 2144-645 Oberbürgermeister Burkhard Jung und der künstlerischen Leitung Fax 0341 2144-521 von Christiane Bräutigam (Kantorin der Evangelisch-reformierten [email protected] Kirche zu Leipzig, HMT-Alumna und LA Orgel/KI) statt. www.hmt-leipzig.de

Leipziger Profi-Musiker musizieren in fünf und der Gewandhaus-Kinderchor mitwir- Layout: graphik|design JBWolff verschiedenen Programmen, darunter ein ken. Querschnitt der Oper Die Welt auf dem Klassische Musik von Haydn, Mozart und Herstellung: PögeDruck Mölkau Monde von Joseph Haydn und ein Nacht- Mendelssohn bis hin zu Uraufführungen konzert zum Thema „Himmelskörper“. von Kinderkompositionen prägen das Pro- Hinweis: Mit vollem Namen Namhafte Leipziger Solisten und das gramm. Auf die „Siegerstücke“ des festival- gekennzeichnete Artikel geben Or c h e s t e r a m Fü r s t e n h o f treten unter eigenen Kinder-Kompositionswettbewerbes, nicht unbedingt die Meinung des der Leitung von Christiane Bräutigam die im Abschlusskonzert zu hören sein Herausgebers oder der Redaktion und Thomaskantor Prof. Georg Christoph werden, darf man gespannt sein. wieder. Kürzungen und redaktio- Biller auf; in Joseph Haydns Oratorium Das Musikfestival Kl a ss i k f ü r Ki n d e r wird nelle Änderungen behält sich die Die Schöpfung werden überdies auch der von der Evangelisch-reformierten Kirche Redaktion vor. MDR-Kinderchor, die Sc h o l a Ca n t o r u m zu Leipzig veranstaltet.

52 MT-JOURNAL No 25 Juni 2008