Medien ACTION PRESS ACTION TEUTOPRESS TELE BUNK TELE „Der heiße Stuhl“ mit Gast Angela Merkel (1993) „Tutti Frutti“ mit Hugo Egon Balder (1990) „Schreinemakers“ (1994) BREUEL-BILD RTL NIK / ADOLPH PRESS NIK / ADOLPH „Akte 2000“ mit Moderator Ulrich Meyer (2000) „Harald Schmidt Show“ (2003) „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“ (2006)

PRIVATFERNSEHEN Es bewegt uns noch Das deutsche Privatfernsehen feiert seinen 25. Geburtstag. Und nicht alles war seither grauenvoll. Viele Formate setzten langfristige Akzente – im Guten wie im Schlechten.

or 25 Jahren begann nach langem Besitz von zwei Finanzinvestoren, die dem Die Werbepause war die wahrscheinlich politischen Hickhack ein ganz be- Senderverbund Milliardenschulden aufge- wichtigste Errungenschaft des Privatfern- Vsonderes Zeitalter in Deutschland – bürdet haben. sehens schlechthin. Wann hat man eigent- die Ära des Privatfernsehens. Ein paar ver- Und auch wenn bereits 1979 der dama- lich früher, als Programmchefs noch nicht sprengte Ludwigshafener Kabel-Haushalte lige Bundeskanzler Helmut Schmidt be- das seichte Meer rund um die Reklame- waren die ersten, die schon am Neujahrs- fand, kommerzielles Fernsehen sei „ge- inseln füllen mussten, Bier geholt, das Klo tag 1984 ab 9.58 Uhr das Programm des fährlicher als Kernenergie“, muss man besucht oder zur Konkurrenz gezappt? damaligen Sat.1-Vorläufers PKS empfan- mittlerweile doch feststellen: Es war nicht gen konnten. Tags darauf startete RTL. Bis alles schlecht in diesem Vierteljahrhundert. „Explosiv“ (RTL, seit 25. September 1987) zur flächendeckenden Versorgung der Re- Vieles hielt (oder hält) sich in dem an- brachte den Rot- und Blaulicht-Boulevard publik mit bonbonfarbener Unterhaltung geblich so atemlosen Kommerz-TV er- ins TV mit Geschichten über „Kinder in verging dann allerdings noch einige Zeit. staunlich lange, manches schon seit 10, 15 Ketten“ oder „Der Blutbauer vom Spes- Aus den dilettantischen Hinterhof-An- oder gar mehr als 20 Jahren. Einige For- sart“: Barbara Eligmann kündigte anfangs greifern wurden zwei große Fernseh- mate haben immerhin Debatten ausgelöst, die Fünf-Minuten-Dramen von Suff bis konzerne mit Milliardenumsätzen. Die die es wert waren. Missbrauch mit eisigem Augenfunkeln an. RTL-Familie gehört heute weitgehend dem Daher nun: ein Rückblick auf 25 Jahre in Der Blutdurst der ersten Jahre ist gestillt, Gütersloher Bertelsmann-Konzern. Die willkürlich ausgewählten Kapiteln – und die Riege der Boulevardmagazine aus den Mehrheit am Rivalen ProSiebenSat.1 ist im ein Nachtrag. großen Sendern nicht mehr wegzudenken.

68 der spiegel 2/2009 BONGARTS MOORE / INTERFOTO „ran“ mit Moderator Reinhold Beckmann (1992) „Hans Meiser“ mit Gast Helge Schneider (1999) „Peep!“ mit Verona Feldbusch (1998) ÖRG CARSTENSEN / DPA ÖRG CARSTENSEN / DPA PICK / RTL STEPHAN ACTION PRESS / ENDEMOLACTION OBS „Wer wird Millionär?“ mit Günther Jauch (2003) „Big Brother“ (2000) „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ (2008)

„Der heiße Stuhl“ (RTL, 5. Januar 1989 bis sem Fall wurden bevorzugt die Blagen kar- te“), hielt sich zwischendurch mal für eine 11. Juli 1994) war die Gladiatorenarena des rieregeiler Problemfamilien als Perverser- passable Kanzlerkandidatin und demon- Privatfernsehens – und das Gegenteil von Onkel-Traum lolitaesk bemalt und von Ma- tierte sich selbst, als sie ihren Streit mit feinnervigen Debatten, wie wir sie heute rijke Amado präsentiert, die uns zudem dem Finanzamt zum Thema der eigenen etwa bei Anne Will ertragen müssen. Es neben Linda de Mol suggerierte, dass Sendung machte. Seither geht’s bergab, ob- gewannen nicht die besseren Argumente, seichte Unterhaltung oft irgendwas mit wohl sie wahrscheinlich genug Geld hat, sondern die lautere Stimme, der dümmere Holland zu tun hat. um in diesem Leben kein Fernsehen mehr Witz oder die härtere Provokation. Im machen zu müssen. Aber Schreinemakers, Prinzip sind selbst Michel Friedman oder „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (RTL, seit zuletzt gesichtet mit einer gefloppten Call- die heutige ARD-Talk-Waffe Frank Plasberg 11. Mai 1992) sorgt seit über 16 Jahren als in-Show auf Neun Live, gilt als TV-Ram- Adepten jenes Krawalls der frühen Jahre. Mutter aller täglichen Seifenopern wenigs- pensau, daher mittlerweile sogar Dschun- tens dafür, dass viele hundert Jugendliche gelcamp-tauglich (siehe unten). „Tutti Frutti“ (RTL, 21. Januar 1990 bis 21. nicht direkt von der Hauptschulbank in Februar 1993) brachte dreierlei ins Fernse- die Arbeitslosigkeit geschlittert sind, son- „ran“ (Sat.1, 14. August 1992 bis Mai 2003) hen: 1. den Schmuddelsex unbedarft her- dern als Laiendarsteller eine gewisse fi- hatte bisweilen mehr Interesse an den Spie- umhoppelnder Schulabbrecherinnen, die nanzielle Unabhängigkeit von staatlichen lerfrauen als am Fußball, formulierte aber sich gelegentlich die BHs vom Leib schälen Leistungen erreicht haben. „GZSZ“ ist Sportfernsehen neu als irgendwie jung, mussten (was immer noch besser aussah Fließbandware aus der Fernsehfabrik und schnell, dynamisch. „ran“ verdanken wir als die Wiederholungen uralter Kinokon- erfüllt die drei wichtigsten Ziele des Privat- so unterschiedliche TV-Gesichter wie Mo- serven wie „Liebesgrüße aus der Leder- fernsehens perfekt: Sei harmlos und billig nica Lierhaus, Johannes B. Kerner und hose“, mit der weiland Quote gemacht zu produzieren! Schaffe das geeignete Um- Reinhold Beckmann. Selbst ZDF-„Sport- werden sollte), 2. Hugo Egon Balder, der feld für die werbetreibende Wirtschaft! studio“ und ARD-„Sportschau“ sehen seit- bis heute ähnliches Fernsehen macht, das Bring Geld! her anders aus. jetzt nur anders heißt, etwa „Peng! Die Westernshow“, und 3. die Erkenntnis, dass „Schreinemakers“ (1992 bis 1996: Sat.1, „Hans Meiser“ (RTL, 14. September 1992 bis Spielregeln für den Unterhaltungswert ei- 1997: RTL) war mal ein ganz großes Ding im 16. März 2001) schenkte der Nation die Per- ner Sendung völlig unwichtig sind. hiesigen Fernsehen. Mit ihrer wöchent- fektionierung der Nachmittags-Talkshow. lichen Mischung aus Boulevard, Hokuspo- Meiser markierte zunächst Glanz und spä- „Mini Playback Show“ (RTL, 31. Dezember kus, Medizin und viel Herzschmerzschick- ter Elend jener Ära, als so ziemlich jeder 1990 bis 4. Dezember 1998), quasi die Blau- sal wurde Margarethe Schreinemakers zur Sender mit Fliegekiesbauerveraammittag pause vieler späterer Castingshows. In die- „Mutter Teresa des Fernsehens“ („Bun- zwischen 13 und 17 Uhr nur noch plap-

der spiegel 2/2009 69 Medien pern, nölen und keifen ließ, am Ende nicht „Switch“ (ProSieben“, seit 27. Oktober lustige Sketche, vor allem aber das Rie- mal mehr von authentischen Gästen, 1997), dessen Parodien oft besser sind als sentalent Michael „Bully“ Herbig, der aus sondern gern auch mal von Schauspielern, die bizarren Originale. den erfolgreichsten Gag-Ideen dann noch die gesellschaftlich relevante Themen der erfolgreicheres Kino machte („Der Schuh Sorte „Du Mistkerl hast mich mit meinem „Akte 95“ bis „Akte 08“ (Sat.1, seit 4. Janu- des Manitu“, „(T)Raumschiff Surprise“, Yorkshire-Mischling betrogen!“ debattier- ar 1995) gilt absurderweise im Privatfern- „Lissi und der wilde Kaiser“). ten. sehen schon als – Achtung, nicht lachen jetzt, ist aber wirklich so – „Informations- „Domino Day“ (RTL, seit 28. August 1998): „Liebe Sünde“ (Vox, ProSieben, 1993 bis programm“. Ja, ja, da hält es keinen mehr Kaum zu glauben: Seit zehn Jahren schau- 2000): Die Aufklärung erreichte 1781 in am Stehpult, außer den ewigen Akte-Ord- en viele Millionen Zuschauer alle zwölf Deutschland mit Immanuel Kant und des- ner Ulrich Meyer und seine blasierten Monate Abertausenden Klötzchen beim sen „Kritik der reinen Vernunft“ einen Moderationssurrogate zu den üblichen Umfallen zu. Okay: In vielen anderen Höhepunkt. Sie fand ihr Ende im 20. Jahr- Schmuddel-Boulevard-Storys. Shows bewegt sich weit weniger. hundert mit einem gewissen Matthias Frings und Filmchen über Dildo-Trends, „Harald Schmidt Show“ (Sat.1, 5. Dezember „Wer wird Millionär?“ (RTL, seit 3. September Fußfetischisten und Erotikmessen. Das 1995 bis 23. Dezember 2003): Im Nachhin- 1999) dürfte vor allem Günther Jauch über Genre reichte von „Wa(h)re Liebe“ mit ein mag man vieles verklären, aber das Wit- all die Jahre zum Millionär gemacht ha- Lilo Wanders („Öffnet die Herzen, und zigste, Aufregendste, Klügste und dabei ben, so unfassbar erfolgreich war diese ei- herzt die Öffnungen“) bis zu „Peep!“, wo (All)Täglichste, was Fernsehen in Deutsch- gentlich schlichte Reanimation des Quiz- RTL 1 (M.); / OBS/ SAT MONIKA SCHÜRLE (R.) GREGOROWIUS / RTL STEFAN „Die Super Nanny“ mit Katharina Saalfrank (2005) „Verliebt in Berlin“ (2005) „Bauer sucht Frau“ (2008) eine gewisse Verona Pooth (geb. Feldbusch land je zu bieten hatte, war Harald Schmidt Genres, die Jauch zugleich zum Traum al- und mal ein bisschen mit Dieter Bohlen als Late-Night-Talker, der dem Privatfern- ler Mütter, Gymnasiallehrer und Inten- verheiratet) ihre TV-Karriere startete. Heu- sehen im Übrigen noch eine wundervolle danten werden ließ. Auch dieses Format te herrscht tote Hose im Genre. Die Arbeit Debatte über dessen vermeintliches Unter- wurde oft kopiert (unter anderem von der scheint getan. schichtenpublikum schenkte. An dem spät- ARD mit Jörg Pilawa), aber nie erreicht, abendlichen Format sind sonst alle mehr und bewies, dass selbst Kommerz-TV net- Viva (seit 1. Dezember 1993): Im Kampf der oder weniger gescheitert – von Thomas tes und erfolgreiches Bildungsbürgerfern- Jugendsender ursprünglich als deutsche Gottschalk (auf RTL) bis zu sehen hinkriegt. Stimme gegen das amerikanische MTV ge- (Sat.1). Schande über Sat.1, dass es Schmidt dacht, heute Teil des US-Imperiums und nicht hielt! Schande über die ARD, was sie „Richterin Barbara Salesch“ (seit 27. Sep- auf dem besten Weg zur Abspulstation aus ihm machte! Schande über Schmidt, tember 1999) – die Keimzelle der nachmit- kaum synchronisierten Teenie-Gezänks zu der sich in der Rolle des müde gewordenen täglichen Gerichtsshow-Inflation. Zur bes- werden sowie Heimstatt verhaltensauffäl- TV-Paten nun zu sehr gefällt. ten Kinderstundenzeit werden dort wie in liger Jugendlicher, deren Dilettantismus den Justizirrtümern benachbarter Sender man früher als Authentizität missverstand. „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“ mittlerweile nur noch typische Fälle deut- (seit 1996, RTL) startete als Blech-Porno für scher Kleinkriminalität verhandelt: von In- „RTL Samstag Nacht“ (1993 bis 1998) war Auto-Freaks mit geschmissener Ausbil- zest über religiöse Ritualmorde bis zu zwar, wie so vieles, ein frecher Ideenklau, dung, die auf Verkehrsunfälle im wahrsten Gangbang-Massakern. in diesem Fall beim US-Vorbild „Saturday Sinne des Wortes abfahren. Erstaunlicher- Night Live“, aber für Comedy in Deutsch- weise werden mittlerweile sogar Ge- „Big Brother“ (RTL II, seit 28. Februar 2000) land trotzdem so was wie ein Urknall. Lei- schichten erzählt rund um die immer noch zeigte, dass man zum Fernsehmachen der bläht sich das Lustigkeitsuniversum obligaten zwei bis drei Riesencrashs pro eigentlich gar nichts braucht außer einer seither immer weiter auf und hat an der Donnerstagsfolge. Inzwischen ist „Cobra Herde großflächig tätowierter Menschen, Peripherie Monstrositäten erschaffen wie 11“ einer der letzten Hoffnungsschimmer denen es im ganz realen Leben an Auf- Mario Barth. Dennoch schimmern auch für Leute, die glauben, dass man mit deut- merksamkeit fehlt, ein paar Container und noch Fixsterne wie „Kalkofes Mattschei- schen TV-Produktionen auch Geld verdie- diverse Kameras. Gerade startete – von be“ (ab 1994 bei Premiere, später ProSie- nen kann. der Öffentlichkeit allerdings eher un- ben), auch wenn dort nur bewiesen wird, bemerkt – die neunte Staffel. Dennoch was die K.-Fans eh wissen: Fernsehen ist „Bullyparade“ (ProSieben, 1997 bis 2002) be- hat „BB“ das Genre des Reality-TV neu grottendoof. Weitaus filigraner arbeitet scherte der Republik fünf Jahre lang viele definiert.

70 der spiegel 2/2009 Neun Live (seit 1. September 2001) hat die – der Ersten, die es wagte, uns mitzuneh- bislang – unterste Schublade hiesigen Fern- men in den düsteren Alltag unter deut- sehschaffens aufgerissen: ein kompletter schen Dächern – in diesem Fall zwecks Sender, der nur noch danach trachtet, sei- Kindererziehung der Sorte: „Jacqueline nen Zuschauern das Geld aus der Tasche und Kevin, ihr geht jetzt sofort auf die stil- zu ziehen. Mit marktschreierischen Hüt- le Treppe!“ Nach Saalfrank machten sich chenspiel-Gigolos und sehr billigen Blon- Legionen von Schuldnerberatern, Lebens- dinen als Moderatorinnen, windigsten Ge- helfern und Gartenbauern, Kochlehrern winnspielen und nächtlichen Softpornos und Inneneinrichtern auf den Weg durch als Dekoration der Dauerwerbung für alle Sender und Zuschauerschichten. Telefonsex-Nummern. Der raffinierteste Trick war wahrscheinlich, diese Art von „Verliebt in Berlin“ (Sat.1, 28. Februar 2005 Abzocke anfangs noch als interaktives Mit- bis 12. Oktober 2007): Telenovelas sind – in- machfernsehen zu verkaufen. tellektuell wie zeitlich – begrenzte Seifen- opern mit verlässlichem Happy End getreu „Deutschland sucht den Superstar“ (RTL, seit dem Motto: Hässliches Moppel-Ich wird 2002) ist natürlich eine vielfache Lüge: We- schöner Schwan. „ViB“ wurde oft kopiert, der sucht Deutschland, sondern nur eine nie erreicht, nicht mal mehr vom Ur-En- Schar überwiegend junger Menschen, die ten-Schwan Lisa Plenske alias Alexandra Neldel.

„Bauer sucht Frau“ (RTL, seit 2. Oktober 2005): Tja, was ist das nun? Die höhnische Zurschaustellung balzender Dorfdeppen, die mit ihren Hennen/Schweinen/Kühen besser klarkommen als mit den von RTL zwecks Paarung angekarrten Frauen? Oder ist das Format doch die melancholisch- sensible Dokumentation rauer Provinz- schicksale? Sat.1 hat die Brautschau schon mit Landadligen versucht; mit weiteren Kuppelshows, vielleicht für katholische Stadtpfarrer, Fahrlehrer oder Urologen, ist zu rechnen.

„Schlag den Raab“ (ProSieben, seit 23. Sep-

JÖRG CARSTENSEN / PICTURE-ALLIANCE/ DPA / PICTURE-ALLIANCE/ JÖRG CARSTENSEN tember 2006) zeigt, zu welchen Innova- „Schlag den Raab“ (2007) tionen dieses komisch-doof-wild-durchra- tionalisierte und von Investoren gemolken- im Übrigen eher beim Suchen zugucken. kommerzversessene Privatfernsehen trotz Außerdem sind die meisten der bislang allem noch fähig ist. Stefan Raab tritt alle gekürten „Superstars“ nach wenigen Mo- paar Monate in etlichen lustigen Spielen naten wieder vergessen. Aber das ist alles bis spät in die Nacht gegen einen von den egal, solange Dieter Bohlen hier den unta- Zuschauern auserkorenen Kandidaten an. lentierten Nachwuchs beleidigt und der un- Es geht um viel Geld, wahnsinnig viel Sen- talentierte Nachwuchs im Gegenzug eine dezeit – und um deutlich mehr Origina- Restchance wittert, das eigene Leben nicht lität, als Fernsehkritiker der Branche noch als arbeitsloser Webdesigner-Assistent fort- zutrauen. Und siehe: Es bewegt uns noch. zuführen. PS: Die „werberelevante Zielgruppe“ war „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ (RTL, die größte Innovationslüge der Privat-TV- seit 9. Januar 2004) war ein geniales Pro- Macher überhaupt. Bei ihrer Suche nach dukt, das aus dem Selbsthass der Fern- Zahlen, mit denen sie sich der Reklame- sehmacher geboren sein muss. Prominen- wirtschaft schmackhaft machen konnten, te, die keine mehr sind, kämpfen um einen fanden damalige Programmchefs, allen Titel, der nichts wert ist, im australischen voran RTL-Boss Helmut Thoma, heraus, Dschungel, der zwar versifft, aber unge- dass ihre Sender die meisten Fans bei den fährlich ist, und verlieren den letzten Rest 14- bis 49-Jährigen hatten. Diese Klientel Würde. Wie bei „Big Brother“ ist Fernse- musste nur noch als besonders solvent hen auch hier erst dann ganz bei sich, etikettiert werden, schon konnte das Spiel wenn „Bild“ am nächsten Morgen verlogen um die Werbemillionen beginnen. Natür- fragt: „Darf das Fernsehen so weit gehen?“ lich weiß man spätestens seit der demogra- Wie „Das perfekte Promi Dinner“ (Vox) ist fische Wandel Realität wird, dass hierzu- das Dschungelcamp eines der letzten Ab- lande noch ganz andere Bevölkerungs- klingbecken verstrahlter Stars vor richti- gruppen übers Geld verfügen. Der Schimäre ger Arbeit. der „werberelevanten Zielgruppe“ konnte das bisher nicht viel anhaben. „Die Super Nanny“ (RTL, seit 19. September Markus Brauck, Isabell Hülsen, 2004) alias Katharina Saalfrank war eine Thomas Tuma

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