Plenarprotokoll 18/162

Deutscher

Stenografischer Bericht

162. Sitzung

Berlin, Freitag, den 18. März 2016

Inhalt

Tagesordnungspunkt 19: Dr . Carola Reimann (SPD)...... 15967 C a) Erste Beratung des von der Bundesregie- Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- DIE GRÜNEN)...... 15968 D zes zur Reform der Pflegeberufe (Pflege- berufereformgesetz – PflBRefG) Astrid Timmermann-Fechter (CDU/CSU). . . . 15970 A Drucksache 18/7823...... 15957 A Dr . (SPD)...... 15971 A b) Antrag der Abgeordneten , (CDU/CSU)...... 15972 C , Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der (Hamburg) (CDU/CSU) . . . 15974 A Fraktion DIE LINKE: Gute Ausbildung – Gute Arbeit – Gute Pflege Drucksache 18/7414...... 15957 B Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von den Abgeordneten , , Dr .Thomas in Verbindung mit Gambke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein- Zusatztagesordnungspunkt 3: gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steu- erlichen Förderung von Forschung und Antrag der Abgeordneten Elisabeth Entwicklung kleinerer und mittlerer Un- Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Maria ternehmen (KMU-Forschungsförderungs- Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und gesetz) der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Drucksache 18/7872...... 15975 C Integrative Pflegeausbildung – Pflegeberuf aufwerten, Fachkenntnisse erhalten Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ Drucksache 18/7880...... 15957 B DIE GRÜNEN)...... 15975 D Hermann Gröhe, Bundesminister BMG. . . . . 15957 D (CDU/CSU)...... 15976 D Pia Zimmermann (DIE LINKE)...... 15959 C Dr .Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ Elke Ferner, Parl . Staatssekretärin DIE GRÜNEN)...... 15978 A BMFSFJ ...... 15960 D Dr . (DIE LINKE)...... 15979 C Pia Zimmermann (DIE LINKE)...... 15961 C Dr .Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 15980 C DIE GRÜNEN)...... 15963 C (Heidelberg) (SPD)...... 15982 B Bettina Müller (SPD) ...... 15964 C Dr . (CDU/CSU)...... 15983 D (CDU/CSU)...... 15965 C Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ Harald Weinberg (DIE LINKE)...... 15966 C DIE GRÜNEN)...... 15986 A II Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . , Freitag, den 18 . März 2016

Gabriele Katzmarek (SPD)...... 15987 B Tagesordnungspunkt 22: Dr . (CDU/CSU)...... 15988 A Antrag der Abgeordneten , Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ , , weiterer Abge- DIE GRÜNEN)...... 15990 B ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Risi- ko-Reaktoren abschalten – Atomausstieg in Dr . (SPD)...... 15991 A Europa beschleunigen Dr . (CDU/CSU)...... 15992 B Drucksache 18/7875...... 16004 A (Spandau) (SPD)...... 15993 D Hubertus Zdebel (DIE LINKE) ...... 16004 B Steffen Kanitz (CDU/CSU) ...... 16005 C Tagesordnungspunkt 21: Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ Erste Beratung des von der Bundesregierung DIE GRÜNEN)...... 16007 C eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur (SPD)...... 16008 C steuerlichen Förderung des Mietwohnungs- neubaus Florian Oßner (CDU/CSU)...... 16009 C Drucksache 18/7736...... 15995 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE). . . . . 16010 C Dr . , Parl . Staatssekretär BMF ...... 15995 B (SPD)...... 16011 C (DIE LINKE) ...... 15996 D , Parl . Staatssekretär Nächste Sitzung ...... 16012 D BMUB...... 15997 D

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). . . . 15998 D Anlage 1 (CDU/CSU) ...... 16000 A Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . 16013 A (SPD)...... 16001 B Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU). . . . . 16002 C Anlage 2 (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 16003 A Amtliche Mitteilungen...... 16013 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15957

(A) (C)

162. Sitzung

Berlin, Freitag, den 18. März 2016

Beginn: 9 .00 Uhr

Vizepräsident : Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit (f) Einen wunderschönen sonnigen guten Morgen! Die Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Sitzung ist eröffnet . Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a, 19 b sowie abschätzung Zusatzpunkt 3 auf: Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für 19 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung die Aussprache 77 Minuten vorgesehen .– Widerspruch eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur sehe ich keinen . Dann ist das so beschlossen . Reform der Pflegeberufe (Pflegeberufere- Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu Be- formgesetz – PflBRefG) ginn dem Bundesminister Hermann Gröhe . Drucksache 18/7823 (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Überweisungsvorschlag: ordneten der SPD) (B) Ausschuss für Gesundheit (f) (D) Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Hermann Gröhe, Bundesminister für Gesundheit: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! abschätzung Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Le- Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 der GO gislaturperiode unternehmen wir eine Reihe zentraler Schritte, um die Pflege in Deutschland zum Wohle der b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und der Pflegekräf- Pia Zimmermann, Harald Weinberg, Sabine te in unserem Land zu stärken . Am 1 . Januar des nächsten Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeord- Jahres tritt der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff in Kraft. neter und der Fraktion DIE LINKE Damit erhalten demenziell erkrankte Menschen erstmals Gute Ausbildung – Gute Arbeit – Gute gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der Pfle- Pflege geversicherung . Dieser Schritt hin zu mehr Leistungs- verbesserung in der Pflege setzt voraus, dass wir noch Drucksache 18/7414 mehr Menschen dafür gewinnen, diese unverzichtbare, Überweisungsvorschlag: wertvolle Arbeit in der Pflege zu tun. Deswegen haben Ausschuss für Gesundheit (f) wir bereits eine Reihe von Schritten unternommen, die Innenausschuss darauf zielen, die Arbeitsbedingungen in der Pflege nach- Ausschuss für Wirtschaft und Energie Ausschuss für Arbeit und Soziales haltig zu verbessern . Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie abschätzung bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz- Dazu gehört, dass die Einführung des neuen Pflege- Asche, Maria Klein-Schmeink, weiterer Ab- bedürftigkeitsbegriffs mit der Auflage verbunden ist, in geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ diesem Jahr die Personalschlüssel für die Pflegeeinrich- DIE GRÜNEN tungen neu zu verhandeln . Dazu gehört die rechtliche Absicherung der Zahlung von Tariflöhnen. Dazu gehört Integrative Pflegeausbildung – Pflegebe- die deutliche Entbürokratisierung in der Pflegedokumen- ruf aufwerten, Fachkenntnisse erhalten tation, und dazu gehören schließlich 20 000 zusätzliche Drucksache 18/7880 Betreuungskräfte, die die Arbeit der Pflegekräfte ergän- 15958 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Bundesminister Hermann Gröhe (A) zen, aber diese – das sage ich sehr deutlich – niemals dass wir durch die Reform viele Menschen für die (C) ersetzen dürfen . Arbeit in der Pflege gewinnen und dem Fachkräfte- mangel entgegenwirken können . Mit dem Pflegeberufereformgesetz, das wir – Kollegin Schwesig und ich – heute gemeinsam vorlegen und das Es herrscht die Überzeugung – das war neulich eine kraft- in enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Bundeslän- volle Demonstration im Rahmen des Deutschen Pflegeta- der erarbeitet wurde, gehen wir einen weiteren wichtigen ges –, dass diese Reform diesen Beruf attraktiver macht . Schritt, um die Attraktivität der Pflegeberufe zu steigern Wir wissen: Eine solch deutliche Umstellung ist auch und so dafür Sorge zu tragen, dass wir dem wachsenden mit Fragen verbunden, denen wir uns jedoch im parla- Bedarf an Pflegekräften auch nachkommen können. mentarischen Verfahren, weiß Gott, stellen können . Und Wir greifen wie beim Pflegebedürftigkeitsbegriff, über ich glaube, im Rahmen der Vorlage der Eckpunkte für den wir zehn Jahre diskutiert haben, bevor er umgesetzt eine entsprechende Ausbildungs- und Prüfungsverord- worden ist, mit der Einführung der sogenannten Genera- nung können wir bereits einiges deutlich machen . listik, der Zusammenführung von Kranken-, Kinderkran- Angesichts so mancher Polemik in der letzten Wo- ken- und Altenpflege bei klarer Schwerpunktsetzung in che, die etwa aus dem Bereich der privaten Arbeitgeber einem Tätigkeitsfeld, eine Diskussion auf, die ebenfalls auch gegenüber Herrn Laumann und mir geäußert wurde, über zehn Jahre andauerte und die keine theoretische möchte ich doch einmal aus einer Pressemitteilung des Diskussion war, sondern mit einer Fülle von Modellvor- Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste vom haben zur Erprobung dieser Ausbildung verbunden war . 3. Juli 2009 zitieren – sie hatte die Überschrift „Pflege- Ich darf daran erinnern: Im November 2009 hat im schö- ausbildung zusammenführen“ –: nen Berchtesgaden auf Antrag aller Länder die Arbeits- und Sozialministerkonferenz einstimmig beschlossen, Die Erfahrungen aus den nunmehr abgeschlossenen sich dem ebenfalls einstimmigen Beschluss der Gesund- Pflegeausbildungsmodellen sollten zeitnah in einen heitsministerkonferenz anzuschließen und – ich zitiere –: Reformprozess einmünden . … „Das Modellvorha- ben ‚Pflegeausbildung in Bewegung‘ hat deutlich … alsbald gemeinsam mit den Ländern Vorschläge gezeigt, dass es keine Hindernisse für eine Zusam- für eine Zusammenführung der Pflegeausbildungen menführung der Pflegeausbildungen gibt.“ Aus … zu entwickeln . Sicht des bpa, der an der Durchführung des Modells aktiv beteiligt war, hat eine bundesweite Reform der „Alsbald“! Mancher tut ja plötzlich so, als würde hier et- Pflegeausbildung höchste Priorität. was übers Knie gebrochen . Seit zehn Jahren diskutieren wir, erproben wir, gibt es Forderungen aus der Pflegewis- Das haben 2009 dieselben gesagt, die jetzt sagen: Das (B) senschaft . Jetzt wollen wir es gemeinsam angehen . geht gar nicht! – Das war damals der Blick auf die Mo- (D) delle . Worum geht es? Es geht darum, dass die Ausbildung (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) zukünftig noch stärker den sich wandelnden Anforde- rungen an den Arbeitsplätzen Rechnung trägt . In unse- Mir ist Folgendes wichtig – und das machen die Eck- ren Krankenhäusern gibt es eine zunehmende Zahl an punkte für eine Ausbildungs- und Prüfungsverordnung demenziell erkrankten, chronisch kranken und pflege- deutlich –: Wir werden sicherstellen, dass die praktische bedürftigen Patientinnen und Patienten . Das erfordert Ausbildung dadurch, dass über die Hälfte der 2 500 Pra- auch altenpflegerisches Know-how. Und in den Pflege- xisstunden im Vertiefungseinsatz geleistet werden kön- einrichtungen befinden sich immer mehr mehrfach und nen – beispielsweise in der Kinderkrankenpflege, der chronisch Erkrankte . Vor einigen Wochen haben wir über Altenpflege, der Langzeitpflege –, in genau der gleichen das Thema Palliativversorgung in Pflegeeinrichtungen Weise für das zukünftige Tätigkeitsfeld qualifiziert, wie diskutiert und dazu Beschlüsse gefasst . Die Situation in es die bisherigen Ausbildungsgänge getan haben . Nun der Altenpflege verlangt mehr und mehr auch kranken- gibt es aber mehr Möglichkeiten aufgrund des gemein- pflegerisches Know-how. samen Berufsbildes . Wir haben in den Modellprojekten gesehen, dass sich wichtige Lerninhalte heute längst Es geht aber auch – das verhehle ich nicht –, auch überschneiden – das betrifft zum Beispiel Fragen der vor dem Hintergrund des Ringens um mehr Fachkräfte Anatomie, der Hygiene, der Wundbehandlung oder ethi- in diesem Bereich, darum, die Berufs- und Weiterent- sche und rechtliche Fragen; ich könnte noch viele ande- wicklungsperspektiven, die Aufstiegsmöglichkeiten für re nennen –, dass es ein großes Maß an Gemeinsamkeit diejenigen, die in der Pflege tätig sind, zu verbessern. Es gibt . Diese Inhalte integriert zu unterrichten und gleich- kann nicht sein, dass man nach dem 10 . Schuljahr eine zeitig einen Vertiefungseinsatz in der Praxis zu ermögli- Ausbildung im Pflegebereich machen kann, es dann aber chen, ist aus meiner Sicht der richtige Weg . nur noch wenige Möglichkeiten der Weiterentwicklung gibt . Auch eine Veränderung an dieser Stelle kann einen Ich weiß aber auch, dass es Diskussionen über die Fra- Beitrag dazu leisten, mehr Menschen für diese Tätigkeit ge gegeben hat, ob wir damit die Möglichkeit schaffen – zu gewinnen . gerade auch im Hinblick auf die Altenpflege –, dass auch Hauptschülerinnen und Hauptschüler diesen Weg gehen Ich freue mich, dass beispielsweise gestern der Vor- können . Ich sage sehr deutlich: Das geschieht schon heu- stand der Diakonie, einer der größten Arbeitgeber in die- te häufig – das unterstreicht übrigens die Möglichkeiten sem Bereich, ausdrücklich zu unserem Reformvorschlag der Ausbildung im Pflegebereich – dadurch, dass viele gesagt hat, sie sei überzeugt, Hauptschülerinnen und Hauptschüler nach der 9 .Klasse Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15959

Bundesminister Hermann Gröhe (A) über die Pflegeassistentenausbildung in den Beruf- hin können, sind eine gute Grundlage, die anstehende Dis- (C) einkommen, Erfahrungen sammeln und Freude an dem kussion so zu führen, dass wir am Ende gemeinsam mit Beruf haben, berufliche Weiterentwicklungsmöglichkei- einer Modernisierung der Pflegeberufsausbildung die ten entdecken und sich dann erfolgreich zur Fachkraft Pflege in Deutschland weiter ein gutes Stück stärken. ausbilden lassen . Herzlichen Dank . Aber wir halten ausdrücklich daran fest, dass auch der (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Abschluss des 10 . Hauptschuljahres zum Eintritt in die Fachkraftausbildung befähigt . Und mit Verlaub: Bisher war diese Regelung befristet . Sie wird jetzt entfristet . Wir Vizepräsident Johannes Singhammer: behindern nicht Hauptschüler, sondern wir erleichtern Für die Fraktion Die Linke hat das Wort die Kollegin dauerhaft den Zugang zu dieser Ausbildung . Pia Zimmermann . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) (Beifall bei der LINKEN) Aber es sei mir an dieser Stelle auch gestattet, deutlich zu sagen: Den Ausbildungsinhalt – sonst tun wir den jun- Pia Zimmermann (DIE LINKE): gen Leuten auch keinen Gefallen – bestimmen die Anfor- Herzlichen Dank, Herr Präsident .– Meine Damen und derungen des zukünftigen Arbeitsplatzes . Meine Damen, Herren! Herr Gröhe, wir stimmen mit Ihnen sowie mit meine Herren, das, was ganz selbstverständlich für junge den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden und auch mit den Menschen gilt, die wir dafür ausbilden, dass sie ein Auto Gewerkschaften überein, dass die Aufwertung der Pfle- reparieren, denen wir sagen: „Eure Ausbildung muss sich geberufe schon lange überfällig ist . an dem orientieren, was ihr morgen in der Werkstatt oder (Beifall bei der LINKEN) im Produktionsbetrieb können müsst“, muss doch erst recht gelten, wenn es nicht um das Reparieren von Autos, Und es ist gut, dass auch Sie das endlich erkannt haben . sondern um das Pflegen von Menschen geht. Nicht gut ist allerdings, dass Sie jetzt versuchen, uns (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) weiszumachen, dass Ihr Gesetz zur Reform der Pflegebe- rufe diese Aufwertung wirklich vornimmt . Ihr Vorschlag Es muss doch klar sein: Die Ausbildungsinhalte werden ist schlicht ein Schmalspurgesetz, das den Herausforde- bestimmt von dem, was morgen im Ausbildungsberuf er- rungen im Bereich der Pflegeberufe überhaupt nicht ge- forderlich ist . recht wird . Wir werden eine starke Berufsausbildung durch die (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (B) Möglichkeit der Akademisierung ergänzen . Ich bin der neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – (D) Überzeugung: Das Rückgrat der Berufsausbildung bleibt [SPD]: Auf jeden Fall breit eine starke, modernisierte Berufsausbildung . genug für breite Diskussionen!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Bevor man sich entscheidet, einen Beruf zu erlernen, Das ist gut und entspricht unseren Erfahrungen mit einer schaut man sich die Arbeitsbedingungen an . Man fragt Ausbildung in Praxis und Theorie . Das wird in anderen sich: Wäre das ein Beruf für mich? Werde ich in dem Ländern anders gehandhabt . Den ständigen Mahnungen Beruf Spaß haben? Werde ich den Beruf lange ausüben aus Europa, man möge doch alles akademisieren, tritt können, womöglich bis zum Ende des Berufslebens? Ich man am besten mit einer glaubwürdigen Modernisierung finde, Sie sollten sich einmal die Zeit nehmen, über die der Berufsausbildung entgegen, meine Damen, meine heutigen Arbeitsbedingungen in den Pflegebereichen Herren, nachzudenken . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Meine Herren Gröhe und Laumann, hätten Sie derart die dann Ergänzungen dadurch erfährt, dass Qualifizie- schlechte Arbeitsbedingungen in Ihrem Ministerium wie rungen für Leitungsaufgaben, für Lehraufgaben und für manch eine Pflegekraft, so hätten Sie schon lange hinge- den Transfer von pflegewissenschaftlichen Erkenntnis- schmissen . sen in die Praxis in Form einer ergänzenden Akademi- sierung erfolgen . (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Wir haben eine breit angelegte Diskussion mit vielen Umso mehr gilt mein gesamter Respekt allen Pflegekräf- Verbänden über Erkenntnisse der Pflegewissenschaft ge- ten in diesem Land . führt . Wir werden uns den Fragen im parlamentarischen Meine Damen und Herren, wir meinen, eine gewisse Verfahren stellen, etwa den Fragen nach den Ausbil- Zusammenlegung der Pflegeberufsausbildungen macht dungsorten oder den Fragen mancher, die wissen möch- durchaus Sinn und entspricht dem aktuellen Stand der ten, was die Reform für ihre Ausbildung bedeutet . Ich Pflegewissenschaften. Deswegen wollen wir eine inte- weiß – die Regierungsbefragung am 13 .Januar 2016 hat grierte Ausbildung mit einer zweijährigen gemeinsa- deutlich gemacht, dass das für alle Fraktionen gilt –, dass men Grundausbildung und anschließender einjähriger wir dies intensiv diskutieren werden . Ich bin überzeugt, Schwerpunktsetzung in allgemeiner Pflege, Kinderkran- der heute vorgelegte Gesetzentwurf und die Eckpunkte kenpflege und Altenpflege. für eine Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, die wir parallel zum Gesetzgebungsverfahren weiterentwickeln (Beifall bei der LINKEN) 15960 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Pia Zimmermann (A) Dafür braucht es eine qualitativ hochwertige Ausbildung, Wir Abgeordnete sollen von Ihnen die Katze im Sack (C) die zukunftsgerecht ist, sich den aktuellen Herausforde- kaufen; denn es bleibt unklar, ob durch Ihre Neugestal- rungen in der Pflege stellt und die nach dem Berufsab- tung der Ausbildung tatsächlich eine qualitativ hinrei- schluss eine Berufsfähigkeit sicherstellt . Das setzt aber chende Berufsfähigkeit hergestellt werden kann . gute Arbeitsbedingungen im gesamten Pflegebereich vo- raus . Umso erfreuter war ich natürlich, als ich mir die Emp- fehlungen des Bundesrates angeschaut habe; denn er (Beifall bei der LINKEN) hat Ihnen sehr gute Hinweise mit auf den Weg gegeben, zum Beispiel, dass Pflegeschulen – anders als es Ihr Ent- Der erste und richtige Schritt wäre eine bundesweit wurf vorsieht – nicht zum Abschluss von Ausbildungs- einheitliche Personalbemessung . verträgen ermächtigt werden können . Das geht mit der (Maria Michalk [CDU/CSU]: Das haben wir Klarstellung einher, dass Auszubildende während der gestern diskutiert!) gesamten Ausbildungszeit Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes Sonst besteht nämlich weiterhin die Gefahr, dass die sind und keine Schüler; denn Mitbestimmung sichert praktische Ausbildung infolge von Personalmangel lei- Ausbildungsqualität . det und Auszubildende, wie heute schon viel zu oft, als günstige Arbeitskräfte eingesetzt werden . (Beifall bei der LINKEN – Mechthild Rawert [SPD]: Grundgesetz lesen!) Bessere Arbeitsbedingungen bedeuten auch gute Löh- ne. Insbesondere in der Altenpflege haben wir da einen Er fordert Sie auch auf, eine vollumfänglich gerechte, riesigen Nachholbedarf . Gerade vor dem Hintergrund Ih- gemeinsame und einheitliche Finanzierung der neuen res generalistischen Gedankens ist das von hoher Bedeu- Pflegeausbildung sicherzustellen. Das bedeutet, dass der tung; denn sonst wird am Ende die Altenpflege der große Eigenanteil der Menschen mit Pflegebedarf nicht weiter Verlierer Ihrer Reform sein . ansteigen darf . Das begrüßen meine Fraktion und ich sehr . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Aber auch ein attraktives Arbeitsumfeld mit verlässli- chen Dienstplänen und genügend freien Tagen trägt zur Herr Minister Gröhe, hören Sie auf die Alarmsignale Steigerung der Pflegequalität bei. aus dem Bundesrat, der sie auffordert, das Inkrafttreten Ihrer Reform um ein Jahr zu verschieben . Somit wäre Ohne einen entsprechenden Paradigmenwechsel tre- mehr Zeit, um einen Entwurf vorzulegen, der die Auf- ten Sie, Herr Minister Gröhe, in Fragen der Aufwertung wertung der Pflegeberufe ernsthaft zum Ziel hat. (B) der Pflege auf der Stelle. Das ist mit uns nicht zu machen. (D) Meine Damen und Herren, ich kann nur eindringlich (Beifall bei der LINKEN) dafür appellieren, den Blindflug in einem so sensiblen Herr Gröhe, es besorgt mich sehr, dass Sie das alles ei- Politikbereich wie dem der Pflege endlich zu stoppen. gentlich wissen und trotzdem auf eine Schmalspurausbil- (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) dung und flexibel einsetzbare Pflegekräfte setzen, nicht auf die Spezialisierung . Nehmen Sie die Pflegeausbildungsreform ernst und set- zen Sie bei den wirklichen Problemen an . Eine Schmal­ (Maria Michalk [CDU/CSU]: Quatsch!) spurausbildung jedenfalls ist nicht der Weg, um die Pfle- Qualität und Qualitätssteigerung in der Pflege sieht Ihr ge zukunftsfest zu machen . Entwurf jedenfalls nicht vor . (Mechthild Rawert [SPD]: Kommt auch (Mechthild Rawert [SPD]: Noch einmal le- nicht!) sen!) Darum wird es von der Linken keine Zustimmung zu Ih- Das will ich den Menschen in diesem Land ganz klar rer Generalisierung geben . sagen: Sie ignorieren die eigentlichen Probleme und Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit . machen Politik auf dem Rücken der Beschäftigten, auf dem Rücken der Menschen mit Pflegebedarf sowie ihrer (Beifall bei der LINKEN) Angehörigen . Wer das nicht glaubt, der sollte sich doch einfach mal die Eckpunkte für eine Ausbildungs- und Vizepräsident Johannes Singhammer: Prüfungsverordnung anschauen . Die Ausbildungsinhalte werden dort nahezu überhaupt nicht beschrieben . Das Wort hat jetzt Frau Parlamentarische Staatssekre- tärin Elke Ferner . (Maria Michalk [CDU/CSU]: Das kommt doch noch! Die sind in Arbeit!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, das macht doch Ihre Situation noch einmal deutlich: Sie wissen gar nicht ganz genau, Elke Ferner, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi- wie Sie Ihre vielbeschworene Generalistik ausgestalten nisterin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: wollen . Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Nach über zehn Jahren der Diskussionen sowohl in den neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ländern und mit den Ländern als auch mit den Fachpo- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15961

Parl. Staatssekretärin Elke Ferner (A) litikern und Fachpolitikerinnen auf der Bundesebene, Genau auf diese Anforderungen reagiert diese Pflegebe- (C) mit Wohlfahrtsverbänden, mit Anbietern in der Pfle- rufeausbildung . ge – Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen – legen wir (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten heute ein Gesetz zur Reform der Pflegeberufe vor. Das der CDU/CSU) ist alles andere als ein Schmalspurgesetz, Frau Kollegin Zimmermann . Weiterhin bieten wir eine Ausbildung an, die auch mit Blick auf die Durchlässigkeit attraktiv ist . Ich ken- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ne keine andere Ausbildung, an die man auch mit einem der CDU/CSU) Hauptschulabschluss am Ende eine Hochschulausbil- Wir sind mitten im demografischen Wandel, und wir dung anschließen kann. Ich finde, das ist, was die Frage wissen, dass die Zahl der älteren und pflegebedürftigen der Durchlässigkeit angeht, großartig. Für die Altenpfle- Menschen steigt . Wir wissen auch, dass wir mehr Men- ger hatten wir das schon in Form der Altenpflegehilfeaus- schen dafür gewinnen müssen, in den Pflegeberuf einzu- bildung und der Fachkraftausbildung . Das Gute ist, dass steigen, und zwar in allen Bereichen: in der Krankenpfle- das, was man in der Ausbildung zum Altenpflegehelfer ge, in der Kinderkrankenpflege, insbesondere aber auch gelernt hat, nicht umsonst war und anerkannt wird, wenn in der Altenpflege. sich eine weitere Ausbildung anschließt . Der Pflegeberuf ist ein sogenannter Frauenberuf. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten 81 Prozent der Beschäftigten im Pflegebereich der Kran- der CDU/CSU) kenhäuser sind Frauen. In den Pflegeheimen beträgt der Anteil 85 Prozent, und in den ambulanten Pflegediens- Präsident Dr. : ten 87 Prozent . Wir reden hier also über einen Beruf, Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine Zwischenfra- der überwiegend von Frauen ausgeübt wird, für den sich ge der Kollegin Zimmermann? Frauen entscheiden und für den wir gute Arbeitsbedin- gungen brauchen . Elke Ferner, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi- Im Gegensatz zu dem, was Frau Zimmermann eben nisterin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: an die Wand gemalt hat, sage ich: Das Gesetz macht die Sehr gern . Pflegeausbildung attraktiv und trägt dazu bei, diese Be- rufe aufzuwerten . Pia Zimmermann (DIE LINKE): (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen .– Ich wollte der CDU/CSU) noch einmal klarstellen: Das sind zwei unterschiedliche (B) Bereiche. Es trägt natürlich zur Attraktivität der Pflege- (D) Das ist wie die Frage nach der Henne und dem Ei . berufe bei, wenn man die Arbeitsbedingungen und die Sie sagen: Wir müssen erst alle Bedingungen so gestal- Bezahlung verbessert . Die Ausbildung ist aber eine ande- ten, wie sie eigentlich sein sollten, und wir ändern an den re Sache . Wir wollen ja erreichen, dass viele Menschen Ausbildungsinhalten so lange nichts, bis das Ziel erreicht diese Ausbildung machen . Sie sprechen von Durchläs- ist . – Das macht überhaupt keinen Sinn . sigkeit. Meine Frage ist: Wo soll die Qualifizierung denn stattfinden? Das sagen Sie in Ihrem Entwurf nämlich Ich glaube, andersherum wird ein Schuh daraus: Weil nicht . wir die Pflegeausbildung verbessern, sie attraktiver ma- chen und Menschen nicht mehr ein Leben lang auf einen (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Beruf festlegen und die Möglichkeit des Wechsels inner- SES 90/DIE GRÜNEN) halb der drei Sparten mit dieser Ausbildung erleichtern, Die Vermutung ist, dass es eine gemeinsame dreijähri- machen wir den Beruf insgesamt attraktiver . Ich bin nicht ge Ausbildung gibt und dass es den Auszubildenden und mehr gezwungen, nach meiner Altenpflegeausbildung den Menschen im Beruf dann überlassen ist, die Quali- mein ganzes Leben lang in der Altenpflege zu arbeiten. fizierung selbst vorzunehmen. Ich finde, wir haben es in Dadurch kann ich mich am Anfang vielleicht leichter da- den sozialen und den pflegenden Berufen schon zu oft, für entscheiden, gerade in diesen Beruf zu gehen; denn dass quasi noch etwas angehangen werden muss . Mei- ich weiß: Ich kann mit der Ausbildung später auch in der ne Frage ist: Meinen Sie tatsächlich, dass die Pflege Krankenpflege oder der Kinderkrankenpflege arbeiten. zu Beginn des Lebens genau gleichzusetzen ist mit der Das ist doch ein Riesenfortschritt . Pflege am Ende des Lebens? Ich denke, hier gibt es spe- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten zielle Anforderungen, und hier ist jeweils ein spezieller der CDU/CSU) Arbeitseinsatz gefordert . Dem wird aber die von Ihnen genannte dreijährige generalistische Berufsausbildung Die Versorgungsstrukturen ändern sich . Wir werden in meines Erachtens nicht gerecht . der Altenpflege in der Zukunft einen viel größeren Anteil (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) an ambulanter Pflege haben, weil die Menschen dies wol- len. Gleichzeitig haben wir die Situation, dass pflegebe- dürftige Menschen kränker sind . Viele sind multimorbid, Elke Ferner, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi- wie das in der Fachsprache heißt . Auf der anderen Seite nisterin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: kommen mehr ältere Menschen ins Krankenhaus und ha- Wir haben zum 1 . März Eckpunkte für die dazugehö- ben auch einen altenpflegerischen Unterstützungsbedarf. rige Ausbildungs- und Prüfungsverordnung vorgelegt, 15962 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Parl. Staatssekretärin Elke Ferner (A) die wir intensiv mit den Ländern und mit Fachleuten Sie von der Opposition sprechen sich gemeinsam mit (C) aus allen Bereichen der Pflege zu erörtern haben. Darin dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste ist ganz klar geregelt, dass ein Teil der Ausbildung ge- gegen diese Reform der Pflegeausbildung aus meinsam erfolgt, in dem alle das Gleiche lernen . Auf der (Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE anderen Seite haben wir einen Vertiefungsschwerpunkt, GRÜNEN]: Das ist echt armselig!) bei dem jeweils Fähigkeiten vertieft werden, die in der Kinderkrankenpflege, in der Krankenpflege oder in der und sagen: Die Altenpflege verliert. – Ich glaube, man Altenpflege gebraucht werden. Der Unterschied zwi- muss aufpassen, mit wem man sich bei dieser Frage ver- schen der sogenannten generalistischen Ausbildung mit bündet, weil es ganz unterschiedliche Interessenlagen Vertiefungsschwerpunkt, die wir jetzt vorschlagen, und gibt . der Stufenausbildung, die Sie favorisieren, ist, dass man (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Maria nach Abschluss einer generalistischen Ausbildung in je- Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dem Bereich arbeiten kann . NEN]: Das ist unter aller Kanone!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Ich glaube, dass genau andersherum ein Schuh daraus CDU/CSU) wird: Schon seit zwei, drei Jahren fehlen auf dem Ar- Wir schlagen eine Ausbildung mit Vertiefungsschwer- beitsmarkt insgesamt Fachkräfte . Das heißt, der gesamte punkten vor, während Sie eine spezialisierte Ausbildung Bereich der Pflege konkurriert mit dem Bankenbereich, vorschlagen . Sie schlagen quasi eine Art Grundausbil- dem Verwaltungsbereich und anderen Bereichen, in de- dung für alle vor, auf die dann drei Baukästen gesetzt nen die Arbeitszeiten deutlich attraktiver sind und es zum werden; nach Abschluss ist man dann aber auf einen Teil – das gilt zumindest für den Bankenbereich – eine Beruf festgelegt . Das ist der Unterschied . Übrigens wird deutlich bessere Bezahlung gibt . Genauso wird das be- es natürlich weiterhin so sein – das ist auch in jedem an- züglich Altenpflege und Krankenpflege sein. Natürlich deren Beruf so –, dass ich, wenn ich als OP-Schwester wird die Reform dazu führen, dass diejenigen, die im oder auf der Frühgeborenenstation arbeiten will, eine Bereich der Altenpflege am schlechtesten bezahlen, also zusätzliche Ausbildung brauche . Das ist schon heute so, häufig die privaten Anbieter, die Gehälter erhöhen müs- und das wird auch in Zukunft so sein . Das hat mit dieser sen, damit sie genügend Fachkräfte akquirieren können . Pflegeausbildung überhaupt nichts zu tun. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg . Heiko Schmelzle [CDU/CSU]) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Insofern muss ich sagen: Die Koalitionen, die sich zur- zeit finden, wenn es darum geht, diese Reform der Pfle- (B) Es gibt noch einen weiteren Punkt, der wichtig ist und geausbildung zu kritisieren, sind zum Teil schon sehr (D) erwähnt werden sollte: Wir werden das Schulgeld, das merkwürdig . es in dem einen oder anderen Bundesland noch gibt, ab- schaffen . (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ich möchte noch einen anderen Aspekt in die Debat- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten te einbringen . Wir haben heute eine Veranstaltung zum der CDU/CSU) morgigen Equal Pay Day . Ein Grund für die große Lohn- Das ist gerade aus Frauensicht besonders wichtig . Viele differenz zwischen Männern und Frauen, die dank des Ausbildungsgänge für soziale Berufe, in denen überwie- Mindestlohns jetzt nur noch 21 Prozent und nicht mehr gend Frauen sind, sind schulisch . Teilweise muss man 22 Prozent beträgt, ist, dass gleichwertige Arbeit noch Schulgeld zahlen, und in einigen Bereichen – das ist lange nicht gleich bezahlt wird . in den Bereichen Altenpflege und Kinderkrankenpflege (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Maria nicht der Fall – erhält man auch keine Ausbildungsvergü- Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tung . Auch mit der Abschaffung des Schulgeldes machen NEN]: Genau das muss man dann aber in der wir diesen Beruf attraktiver . Pflege regeln!) Vor allen Dingen sorgen wir für eine vernünftige Fi- Das gilt leider immer vor allem für Berufe, die vorwie- nanzierung der Pflegeausbildung. Sie wird aus öffentli- gend von Frauen ausgeübt werden .– Sie wissen doch chen Kassen und von den Anbietern finanziert. Das ist genauso gut wie ich, dass wir im Pflegeberufereformge- gut so und ein wichtiger Fortschritt . setz nicht die Bezahlung regeln können . Dadurch, dass wir den Beschäftigten mit einer Ausbildung, mit der man (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des mehr anfangen kann als mit der vorherigen, mehr Mög- Abg . Heiko Schmelzle [CDU/CSU]) lichkeiten an die Hand geben, üben wir hinsichtlich der Wir müssen natürlich sehen, dass es hinsichtlich der Bezahlung aber Druck auf die Arbeitgeberseite aus . Bezahlung in den einzelnen Pflegeberufen Unterschiede (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne- gibt. Die Altenpflegefachkraft verdient im Schnitt fast ten der CDU/CSU – Elisabeth Scharfenberg 20 Prozent weniger als die Pflegefachkraft im Kranken- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unge- haus . heuerlich!) (Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Die werden Die Gewerkschaften werden das nutzen und für bessere bei Ihren Reformen hintenrunterfallen!) Tarifabschlüsse sorgen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15963

Parl. Staatssekretärin Elke Ferner (A) Ich glaube aber, wir müssen generell darüber reden, Vizepräsident Johannes Singhammer: (C) wie soziale Berufe bewertet werden . Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE die Kollegin Elisabeth Scharfenberg . GRÜNEN]: Ja, genau!) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Warum ist das Heben von Steinen mehr wert als das He- Elisabeth Scharfenberg NEN): ben von Menschen? Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten legen! Die Anforderungen an die Pflege haben sich in des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und den letzten Jahren massiv verändert . Heute verlangt der des Abg . [CDU/CSU]) medizinische und der pflegerische Fortschritt den Pflege- Das regeln wir nicht in diesem Gesetz, aber wir werden kräften immer mehr Wissen und auch immer mehr Kön- das in dem Gesetz regeln, das noch vor uns liegt, in dem nen ab . Diese Entwicklung erleben wir im Moment nicht Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit . nur in der Pflege, sondern auch in ganz vielen anderen Berufen . Ich glaube, dass es sehr gut ist, für eine zukunftsfä- hige Altenpflegeausbildung zu sorgen, zumal sich alle Wir leben in einer hochspezialisierten Gesellschaft . 16 Bundesländer darauf verständigt haben, die Ausbil- Wir leben in einer Gesellschaft, in der sich ständig neue dung der Pflegeberufe zu reformieren. Es gibt natürlich und differenzierte Berufe herausbilden, die dann noch Nuancen, gezielter die Bedarfe decken . Darauf muss auch eine Re- form der Pflegeausbildung reagieren. Es ist gut, dass die (Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE Bundesregierung dieses wichtige Thema anpackt . GRÜNEN]: Starke Nuancen!) Die Frage, die sich dabei stellt, bezieht sich auf das aber nur eine überschaubare Anzahl hat sich gegen die Wie. Spezialisierungen an allen Orten, und in der Pflege konkrete Ausgestaltung der Reform der Pflegeausbildung wird jetzt die Spezialisierung abgeschafft . Ganz ehrlich, ausgesprochen . Insofern glaube ich, dass wir hier durch- das verstehe, wer will . Wie passt das in die heutige Zeit, aus in die richtige Richtung gehen . in der der Arbeitsmarkt genau das Gegenteil verlangt? Wir werden mit den besseren Möglichkeiten die Situ- Genau darauf geben Sie keine Antwort . ation der Beschäftigten, aber auch die Situation derjeni- (Zuruf der Abg . Mechthild Rawert [SPD]) gen, die von den Beschäftigten in den Krankenhäusern, in den Pflegeheimen und in der häuslichen Pflege ge- Es gibt nur unbelegte Behauptungen . Die Generalisierung pflegt werden, verbessern; denn wir werden mehr Men- mache die Pflege attraktiver. Die Generalisierung lasse (B) (D) schen für die Pflege gewinnen. Der Pflegeberuf ist ein die Ausbildungszahlen steigen, und die Gehälter in der Mangelberuf . Wir haben die Finanzierung des dritten Altenpflege würden mit den Gehältern in der Kranken- Ausbildungsjahres über die Bundesagentur in einem der pflege gleichziehen. Ehrlich gesagt: Irgendwie mutiert letzten Gesetzgebungsverfahren geregelt, und wir wer- die Generalisierung hier zur eierlegenden Wollmilchsau . den jetzt zusammen mit dem Gesundheitsministerium, Sie machen uns weis, dass Sie mit der Generalisierung dem Arbeits- und Sozialministerium und dem Bildungs- endlich alle Probleme der Pflege auf einmal lösen. Jetzt ministerium eine Initiative starten, um dafür zu werben, wird auch noch der Equal Pay Day zurate gezogen . Den in die Pflegeberufe hineinzugehen. Schon heute herrscht bekommen Sie damit auch noch in den Griff . ein Mangel an Pflegepersonal. Wenn zukünftig mehr Menschen in die Situation kommen, dass sie Unterstüt- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zung brauchen, werden wir, wenn wir nicht gegensteu- sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf ern, einen noch größeren Mangel haben . Ich denke hier der Abg . Petra Crone [SPD]) an die Zeit, wenn meine Generation in das entsprechende Ein Reformprojekt mit dieser Dimension sollte sich Alter kommt und wir den einen oder anderen Unterstüt- nicht auf Kaffeesatzleserei verlassen . Etwas anderes ma- zungsbedarf haben werden . chen Sie, ehrlich gesagt, nicht . Mir ist überhaupt nicht Ich bin davon überzeugt, dass wir hier einen sehr gu- klar, Herr Laumann, woher Sie all dieses Wissen, woher ten Vorschlag gemacht haben . Ich möchte mich an dieser Sie all diese Behauptungen haben . Stelle – auch im Namen von Manuela Schwesig – noch (Mechthild Rawert [SPD]: Studien!) einmal ausdrücklich beim Gesundheitsministerium, bei den Fraktionen und den Ländern sowie bei allen, die mit- Diese Reform passt einfach nicht in unsere Arbeitswelt . geholfen haben, den Entwurf auf den Weg zu bringen, für (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die gute Zusammenarbeit bedanken . Ich freue mich auf die Debatte, die wir jetzt im parlamentarischen Verfahren Jeder von uns möchte doch eine gut ausgebildete, eine vor uns haben . Ich bin sehr davon überzeugt, dass das erfahrene Kinderkrankenschwester am Bett des eigenen eine gute Sache wird . Ich lade die Opposition herzlich Kindes oder des Enkels haben, eine Schwester, die einen ein, konstruktiv mitzudiskutieren . Fieberkrampf sehr schnell exakt diagnostizieren kann . Wir wollen nicht jemanden, der in drei Jahren von allem (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne- ein bisschen was gelernt und gesehen hat, ten der CDU/CSU – Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wir!) sowie bei Abgeordneten der LINKEN) 15964 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Elisabeth Scharfenberg (A) also jemanden, der erst durch selbstorganisierte und Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C) selbstbezahlte Weiterbildung – wir befürchten, dass es so NEN): kommen wird – überhaupt eine Ahnung von der Realität Ja . des Berufes bekommt . Pflege von der Wiege bis zur Bahre: Ehrlich, das Bettina Müller (SPD): funktioniert nicht . Jedes Lebensalter kennt seine eigenen Frau Kollegin Scharfenberg, ich würde gerne auf die Krankheiten . Daran muss sich auch die Ausbildung aus- Kinderkrankenpflege zurückkommen und Sie fragen, richten; das ist doch sinnvoll . ob Ihnen bekannt ist, dass nach den neuen Eckpunkten für die Ausbildungs- und Prüfungsordnung – wenn man (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Vertiefungsansatz, den Orientierungsansatz und alle und bei der LINKEN) Module, die im Rahmen der Spezialisierung gewählt werden können, zusammenrechnet – erheblich mehr Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, und ältere Men- Stunden, nämlich 1 300, für die Vertiefung in der Kin- schen brauchen etwas ganz anderes als Teenager . Die derkrankenpflege vorgesehen sind, was im Gegensatz zu Pflege an der Wiege ist eben etwas anderes als die Pflege den 900 Stunden steht, die es bisher gibt . Auf diese Frage an der Bahre . Wo bleibt zum Beispiel in einer genera- hätte ich gerne eine Antwort von Ihnen . lisierten Ausbildung das Spezialwissen im Umgang mit chronisch kranken Kindern und ihren Angehörigen? (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) ( [SPD]: Ja, ja!) Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Was ist mit der Schmerzerkennung bei Demenzkranken? NEN): Wann lernt man etwas über die Kommunikation mit De- Diese Antwort gebe ich Ihnen gerne . Wir werden Pro- menzkranken? Es werden Bildungslücken entstehen, Bil- bleme haben, die Praktikantinnen und Praktikanten in dungslücken aufgrund einer Einheitspflegeausbildung. qualifizierten Praktikumsstellen unterzubringen. (Mechthild Rawert [SPD]: Na, na! Das war (Hilde Mattheis [SPD]: Ach was! Jetzt auf jetzt aber diffamierend! Vorsicht, jetzt wird es einmal das?) gefährlich!) Es ist schon jetzt klar, dass es auch in Jugendämtern, in Das sieht übrigens auch Herr Müntefering, der Vorsit- Kitas und im Rahmen der sozialpädagogischen Famili- zende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Or- enhilfe zu Praktikumseinsätzen kommen wird . Das ist in meinen Augen keine qualifizierte Kinderkrankenpflege- (B) ganisationen, der BAGSO, so . Erst neulich hat er bei ei- (D) ner Veranstaltung gesagt, er könne der Reform überhaupt ausbildung . Ich denke, Sie sollten sich die Petition zur nicht folgen; die Generalistik sei ein Motorwechsel bei Kinderkrankenpflege einmal ansehen. voller Fahrt . Da hat er absolut recht . (Hilde Mattheis [SPD]: Das würde ich aber noch mal nachlesen!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Hilde Es gibt 150 000 Unterzeichner, die sich für den Erhalt der Mattheis [SPD]: Dann würde ich aber noch Kinderkrankenpflegeausbildung aussprechen. Ich glau- mal in die Verordnung reingucken!) be, damit sollte man sich befassen und in einen Dialog eintreten . Das hat bisher nämlich nicht wirklich stattge- Es ist sehr schade, dass Sie Herrn Müntefering hier nicht funden . folgen . (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Liebe Kolleginnen und Kollegen, kein Mensch weiß, SES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – welche Auswirkungen diese Reform in der Praxis haben Marcus Weinberg [Hamburg] [CDU/CSU]: wird; es ist nichts belegt . Trotzdem verhalten Sie, Herr Populistisch!) Minister Gröhe, und Sie, Herr Laumann, sich so wie in Ich denke, hier werden die Bemühungen der letzten dem Märchen Des Kaisers neue Kleider. Ich sehe Sie Jahre in die Tonne getreten . In NRW haben wir die Zahl staunend dastehen, und Sie loben das vermeintlich präch- der Altenpflegeschüler um 75 Prozent steigern können, tige und neue Kleid der Generalisierung . Dabei merken in Bayern in den letzten fünf Jahren um 35 Prozent . Ich Sie überhaupt nicht, in welchen Lumpen die Altenpflege glaube, daran müssen wir anknüpfen . und die Kinderkrankenpflege am Ende des Tages daste- hen werden . (Hilde Mattheis [SPD]: Ja, ja!) (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ich SES 90/DIE GRÜNEN – Hilde Mattheis weiß: Es gibt auch in Ihren Reihen viel Kritik . Geben [SPD]: Ja, ja! – Zurufe von der CDU/CSU: Sie Ihrem Herzen doch einen Ruck, und tragen Sie dazu Na, na!) bei, dass wir in eine gut organisierte Diskussion einstei- gen und uns die Fallstricke noch einmal ganz genau an- sehen! Was ich im Moment erlebe, ist kein Miteinander Vizepräsident Johannes Singhammer: und keine fachliche Auseinandersetzung, sondern ein Frau Kollegin Scharfenberg, gestatten Sie eine Zwi- Ausblenden der wirklichen Probleme . Es gibt Bedenken schenfrage der Frau Kollegin Müller? hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit, und es wird in die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15965

Elisabeth Scharfenberg (A) Finanzhoheit der Länder eingegriffen . Das sind doch al- Maria Michalk (CDU/CSU): (C) les Dinge, über die man diskutieren muss, bevor man ein Vielen Dank . – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Erdbeben in der Pflegeausbildung auslöst. Ich verstehe Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Etwa drei Viertel nicht, warum Sie sich dem verschließen . aller Männer und Frauen in unserem Land bewerten ihre (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – eigene Gesundheit mit gut oder sehr gut . Mehr Präven- Widerspruch bei der SPD – Maria Michalk tion, medizinischer Fortschritt, eine gute Ernährung und [CDU/CSU]: Wieso behaupten Sie denn, dass ein viel stärkeres Gesundheitsbewusstsein haben bewirkt, wir uns da verschließen? Das stimmt doch gar dass die Gesundheit der Menschen in unserem Land ver- nicht!) bessert wurde, und das sieht man . Trotzdem brauchen wir für die Versorgung in den Krankenhäusern, in den am- Wir haben ein Moratorium angeschoben . Beteiligt ha- bulanten und stationären Pflegeeinrichtungen und in den ben sich 50 Verbände, nicht nur der bpa – das wäre ein Kinderstationen mehr und vor allen Dingen intensiv und bisschen kurz gesprungen –, sondern auch Verbände aus flexibel einsetzbares Fachpersonal. Dem stellen wir uns dem Bereich der Kinderkrankenpflege, der Geriatrie usw. mit diesem Gesetzentwurf . usf . Wir haben 2 500 Einzelunterschriften gesammelt . Ich werde sie Ihnen gleich übergeben, Herr Minister, damit Wir diskutieren unter fachlichen und auch politischen Sie sich davon überzeugen können, dass es eine Vielzahl Gesichtspunkten seit Langem darüber – das ist in dieser von Kritikerinnen und Kritikern gibt . Debatte mehrfach betont worden –, wie wir diese große Herausforderung der Zukunft besser meistern und diesen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Beruf attraktiver, durchlässiger und in puncto Freizügig- Als Letztes möchte ich gerne sagen: Ich hatte ges- keit auch europagerechter machen können . Sehr viele tern ein sehr interessantes Gespräch mit einer Gruppe Dinge haben dabei eine Rolle gespielt . von Auszubildenden in der Altenpflege, und zwar bei Es hat auch eine Rolle gespielt, dass ungefähr 35 Pro- der Stiftung SPI hier in Berlin . Es waren Auszubilden- zent aller Schülerinnen und Schüler im Pflegebereich de, die das nebenberuflich machen. Das heißt, in der heute Schulgeld zahlen . Das fällt mit unserer bundes- Früh um 6 Uhr arbeiten sie in der Frühschicht in einem einheitlichen Regelung weg . Wir richten einen Fonds Pflegeheim, und nachmittags lernen sie für die Pflege- ein, der sich aus mehreren Quellen speist, und setzen ein ausbildung . Das sind sehr engagierte Leute, die aus dem Umlageverfahren in Gang, wodurch wir eine bundeswei- Erwerbsleben kommen und sich gezielt für diesen Weg te Klammer schaffen . Trotzdem belassen wir die Umset- entschieden haben . Diesen Menschen, die im Bereich der zungshoheit bei den Ländern . Deshalb wird es so wichtig Altenpflege so wichtig sind, werden Sie den Weg verbau- sein, dass wir in dem parlamentarischen Beratungspro- (B) en . Herr Laumann, gerade diese Klientel ist für Sie doch zess gemeinsam – auch mit den Ländern – all die Punkte (D) immer so wichtig . Wir können es uns nicht erlauben, die- erörtern, die in der Debatte schon als mögliche Katastro- se Menschen, die so engagiert diesen Beruf erlernen, auf phe kritisiert worden sind; denn es kommt darauf an, ein dem Weg dorthin zu verlieren und auszuschließen . sehr gutes Gesetz auf den Weg zu bringen, das den He- Ich bitte wirklich darum, fachlich und sachlich in die rausforderungen der Zukunft gerecht wird . Diskussion einzutreten und weg von den mantraartigen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Worthülsen zu kommen . ordneten der SPD) Vielen Dank . Ich weiß, dass es vor allem im Gesundheitsbereich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – schon fast ein Sport ist, grundsätzliche Bedenken zu ha- Hilde Mattheis [SPD]: Das war gar nichts! – ben, wenn etwas verändert werden soll . Das Leben ist Abg . Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/ aber so, und die Zukunft wird uns wahrscheinlich noch DIE GRÜNEN] überreicht Bundesminis- viel größere Umstellungen abfordern . Deshalb will ich ter Hermann Gröhe ein Schriftstück – Hilde an dieser Stelle auch noch einmal sagen: Wenn wir an Mattheis [SPD]: Was soll das jetzt? Was ist unseren Gewohnheiten, an dem, was wir bisher gemacht das denn jetzt für eine linke Nummer?) haben, festhalten und uns nicht den Zukunftschancen öff- nen, dann wird uns die Lebenswirklichkeit zu Verände- rungen zwingen . Entweder wir gestalten diesen Prozess Vizepräsident Johannes Singhammer: aktiv mit all unserem Wissen und Können, oder die Wirk- Frau Kollegin Scharfenberg, das Hohe Haus ist vor al- lichkeit wird uns sozusagen überrollen . lem ein Ort des Austausches der Argumente und weniger ein Ort des Austausches von Papieren . Machen Sie das Das bedeutet im Zweifel, dass der jetzt an vielen Stel- doch bitte im Anschluss an die Sitzung . len schon vorhandene Fachkräftemangel dann wirklich zu einer Katastrophe wird . Die jungen Menschen ent- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und scheiden sich vielleicht nicht mehr für den wichtigen der SPD) Pflegeberuf, der im Wettbewerb zu anderen attraktiven Das Wort hat jetzt die Kollegin Maria Michalk für die Berufsfeldern steht . Uns geht es also darum, diesen Be- CDU/CSU-Bundestagsfraktion . ruf attraktiver zu machen und nicht von vornherein die Veränderungen mit Vorurteilen zu belegen . Es darf nicht (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- sein, dass viele sagen, darüber erst gar nicht beraten zu ordneten der SPD) wollen . 15966 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Maria Michalk (A) Frau Kollegin Scharfenberg, selbst der Berufsverband Vizepräsident Johannes Singhammer: (C) Kinderkrankenpflege hat sich für die generalistische Nächster Redner ist der Kollege Harald Weinberg für Ausbildung ausgesprochen . Er zeigt sich für die Diskus- die Fraktion Die Linke . sion offen . (Beifall bei der LINKEN) Ich betone an dieser Stelle: Wir bauen hier kein neues Haus auf der grünen Wiese, um alles ganz anders und Harald Weinberg (DIE LINKE): ganz neu zu machen . Nein, wir erweitern und moderni- Vielen herzlichen Dank! – Herr Präsident! Liebe Kol- sieren . Wir sanieren sozusagen das bestehende Haus mit leginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Im all unseren Erfahrungen, um quasi größere Möglichkei- Vergleich zu unserer gestrigen Debatte zum Personalnot- ten bei der Gestaltung der Ausbildung zu bekommen, so- stand in den Krankenhäusern sind wir, glaube ich, beim dass die jungen Leute in der Zukunft die Pflegeherausfor- Thema Pflegeausbildung, zumindest was die Diagnose derungen in allen drei Einsatzfeldern bewältigen können . angeht, beieinander . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Wir brauchen Tausende zusätzlicher Pflegekräfte in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Pfle- Deshalb sage ich auch: Wir werden dieses Gesetz, für gediensten . Und in Zukunft wird der Bedarf sicher noch das es eine sehr lange Vorbereitungszeit gab, hier im Par- steigen . Jeder und jede von uns will bei Krankheit oder lament sehr gründlich beraten . Und ich hoffe, dass wir Pflegebedürftigkeit gut gepflegt werden. Dafür brauchen das gemeinsam und ganz unaufgeregt tun können . Allen wir mehr Pflegekräfte. Wir müssen den Beruf attraktiv Skeptikern aber, die meinen, dass sie alle Bedenken die- machen; denn man kann auf Dauer nur dann personel- ser Welt in die Waagschale werfen und so lange die Bera- le Zuwächse haben, wenn man den Ausbildungswilligen tungen hinauszögern können, bis die Chance gleich null ein gutes Angebot macht . ist, dass dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- verabschiedet wird, sage ich hier ganz deutlich: Wir sind neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) entschlossen, in dieser Legislaturperiode nach langer Diskussion ein gutes Gesetz ins Gesetzblatt zu bekom- Wir können uns auch nicht allein auf Pflegekräfte aus men . dem Ausland verlassen; denn diese werden in ihren Hei- matländern gebraucht . Wir müssen selber ausbilden und (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) auch gut ausbilden . Darüber reden wir heute . Es fängt bereits bei den Ausbildungsbedingungen an . Diskutieren Sie an der Stelle nach vorne gerichtet! Derzeit müssen Auszubildende in einigen Bundesländern (B) (D) Es ist schon gesagt worden, dass gerade in dem Be- für den Besuch der Pflegeschulen immer noch Schulgeld reich der Pflege wohnortnahes Arbeiten und flexible Ein- bezahlen . Wen wundert es eigentlich, wenn junge Men- satzzeiten wichtig sind . Auch ich kenne solche Beispiele, schen keine Lust haben, von ihren knappen Ausbildungs- wo Pflegekräfte die Vormittags- bzw. die Frühschicht und vergütungen auch noch einen Teil in die Schulausbildung dann die Nachmittagsschicht machen . Dazwischen ver- zu stecken? Das schreckt ab und macht die Ausbildung richten sie ihre Familienarbeit . Andererseits muss man unattraktiv . Es ist gut, dass damit Schluss gemacht wor- wissen, dass etwa 90 Prozent aller Kinderkrankenpflege- den ist . Damit setzen Sie eine alte Forderung von uns um . rinnen und -krankenpfleger – meistens sind es Frauen – Das ist sehr gut, und das erkennen wir an . auf eigenen Wunsch, also freiwillig, teilzeitbeschäftigt (Beifall bei der LINKEN) sind . Das bringt uns den zusätzlichen Bedarf ins Haus; denn wenn weniger Kräfte Vollzeit arbeiten, brauchen Was weniger gut ist: Sie gewähren den Auszubilden- wir mehr Personal, um den Bedarf abzudecken . den auch weiterhin keine Mitbestimmungsrechte; denn es bleibt dabei, dass Privatschulen Ausbildungsträger Was will ich damit sagen? Durch die vorgesehenen sein können . Das hat Folgen für die Auszubildenden: Regelungen wird eine Möglichkeit eröffnet, die Heraus- Kein Betriebsrat oder Personalrat kann sie vertreten . Es forderungen von Familie und Beruf unter einen Hut zu gibt keine Jugend- und Auszubildendenvertretungen und bringen, und zwar in jeder gesellschaftlichen Konstella- keine Vertrauensleute . tion . Deshalb freue ich mich, dass wir jetzt gemeinsam (Maria Michalk [CDU/CSU]: Schüren Sie an die Arbeit gehen, den gesellschaftlichen Ansprüchen nicht solche Ängste!) gerecht werden und in Kombination mit der erwähnten Verordnung ein Gesetz auf den Weg bringen, das den Die Auszubildenden bleiben so Auszubildende zweiter Namen „Reform“ wirklich verdient . Wir sind da ganz Klasse . Der Bundesrat fordert daher zu Recht, dass das zuversichtlich, weil Herr Gesundheitsminister Gröhe an geändert wird . Hier sehen wir deutlichen Nachbesse- dieser Stelle eine wunderbare Vorlage gemacht hat . Da- rungsbedarf . für danke ich auch seinem Haus . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Was auch nicht geht – das ist bereits angesprochen worden –, ist, dass Sie die Ausbildung letztlich durch die Danke schön . Pflegebedürftigen selbst finanzieren. Weil wir in der Pfle- geversicherung das Teilkaskoprinzip haben, werden die (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Pflegesätze durch die Kosten der Ausbildung erhöht. Die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15967

Harald Weinberg (A) Ausbildung von Pflegekräften ist aber eine Aufgabe der Vizepräsident Johannes Singhammer: (C) gesamten Gesellschaft und nicht die alleinige Aufgabe Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr . Carola Reimann der derzeit Pflegebedürftigen. Wir wollen nicht die be- für die SPD . rechtigten Interessen der Auszubildenden gegen die der Pflegebedürftigen ausspielen. Aber genau das machen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Sie mit dieser Regelung . Daher fordern wir wie auch die der CDU/CSU) Länder eine vollständige Finanzierung der Ausbildungs- kosten . Dr. Carola Reimann (SPD): (Beifall bei der LINKEN) Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- ren! Den Zeitpunkt dieser Bundestagsdebatte zur Reform Zum Schluss noch ein Wort zur generellen Ausrich- der Pflegeberufe hätte man nicht besser wählen können; tung Ihres Gesetzentwurfs . Grundsätzlich ist es richtig, denn gleich im Anschluss werden viele von uns an der dass die Ausbildungen in der Kranken-, Kinderkranken- Kundgebung zum Equal Pay Day am Brandenburger Tor und Altenpflege näher zusammenrücken sollen; denn teilnehmen . viele Inhalte sind gleich oder ähnlich . Aber es gibt auch Inhalte, die sich deutlich voneinander unterscheiden . (Mechthild Rawert [SPD]: Genau!) Wenn Sie nun eine komplett einheitliche Ausbildung Am Equal Pay Day wird jedes Jahr darauf aufmerksam regeln wollen, dann schütten Sie unseres Erachtens das gemacht, dass eine Selbstverständlichkeit, nämlich glei- Kind mit dem Bade aus . ches Entgelt für gleichwertige Arbeit, in Deutschland lei- (Beifall der Abg . [DIE LIN- der keine Selbstverständlichkeit ist . KE]) Diese Lohnungerechtigkeit zulasten der Frauen hat Es liegt in der Natur der Sache, dass etwa für die Kin- viele Ursachen . Um sie zu bekämpfen, müssen wir gleich derkrankenpflege wichtige Inhalte schlicht nicht mehr mehrere dicke Bretter bohren . Ein dickes Brett haben wir gelehrt würden und dass die Praxisphasen außerhalb von schon durch, nämlich den gesetzlichen Mindestlohn . Ein Kinderstationen nicht dafür qualifizieren, in Kinderstati- weiteres dickes Brett ist die mangelnde Transparenz und onen eigenverantwortlich eingesetzt zu werden . Wir wol- die Tabuisierung von Gehaltsfragen . Auch hier sind wir len daher eine dreijährige Ausbildung, davon die ersten mit dem Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit auf einem zwei Jahre gemeinsam und das dritte Jahr als Spezialisie- guten Weg . rungsjahr getrennt voneinander . (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei der LINKEN) Es wird jetzt Zeit, dass wir gegen die traditionell (B) Nur so ist eine hohe Qualität der Ausbildung zu bewerk- schlechte Bewertung von sozialen Berufen vorgehen; (D) stelligen, die auch den eigenen Ansprüchen der Pflege- denn es sind vor allem Frauen, die das ausbaden . Des- kräfte an sich selbst genügt . halb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es so wichtig, dass wir mit dieser Reform der Pflegeberufe ein zentra- Neben der Ausbildungsreform in Richtung einer inte- les Berufsfeld im sozialen Bereich aufwerten . Das gilt grierten Ausbildung müssen wir die Ausbildungssituation vor allem für die Altenpflege, die wie Krankenpflege und in den Einrichtungen in den Blick nehmen . Wir brauchen Kinderkrankenpflege im neuen einheitlichen Berufsfeld eine ausreichende Zahl an qualifizierten Praxisanleiterin- zusammengefasst wird . nen und Praxisanleitern . Wir brauchen ausreichend Zeit für Praxisanleitungen . Es ist ein offenes Geheimnis, dass Fachkräfte in der Altenpflege im Vergleich zu anderen Berufsgruppen (Petra Crone [SPD]: Das stimmt! Steht alles deutlich schlechter verdienen . Noch stärker ist dieser Ef- drin!) fekt, wenn man den Vergleich zur Krankenpflege zieht. Wir brauchen keine Anrechnung der Auszubildenden auf Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufs- den Personalschlüssel . forschung hat das kürzlich noch einmal in aller Deutlich- keit aufgezeigt . (Beifall bei der LINKEN) In meinem Heimatland Niedersachsen liegt das mo- Auszubildende dürfen vor allen Dingen nicht als Reserve natliche Bruttoentgelt für Fachkräfte in der Altenpflege in Nachtschichten oder Sonderschichten eingesetzt wer- um mehr als 800 Euro niedriger als für Fachkräfte in der den . Krankenpflege. 800 Euro weniger für die gleich wertvol- (Beifall bei der LINKEN) le Arbeit: Das kann man niemandem erklären . Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun geht es in die (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE Beratungen und in die Anhörung . Ich sage einmal so: GRÜNEN]: Genau!) Möge der Struck’sche Geist über uns kommen und das Deshalb ist es gut, dass wir durch die gemeinsame Aus- Gesetzesvorhaben in die richtige Richtung bringen . bildung auch eine bessere Bezahlung in der Altenpflege (Hilde Mattheis [SPD]: Das müssen Sie aber forcieren . auch machen!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Vielen Dank . Die Attraktivität eines Berufsfelds hängt nicht allein (Beifall bei der LINKEN) von der Bezahlung ab. Die neue einheitliche Pflegeaus- 15968 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Dr. Carola Reimann (A) bildung wird künftig Fachkräfte in die Lage versetzen, ßerungen wie „Super-GAU für die Pflege“ hinreißen (C) die pflegerische Versorgung über Altersgrenzen hinweg lässt, disqualifiziert sich am Ende selbst; in allen Versorgungsformen in hoher Qualität auszuüben . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Diese neuen Kompetenzen ermöglichen zukünftig auch der CDU/CSU) bessere Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten . zumal Sie, liebe Frau Scharfenberg, zeitgleich ein Mo- (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE ratorium, also einen Aufschub für den angeblichen Su- GRÜNEN]: Dadurch ist es in der Altenpflege per-GAU, fordern . Das ist schon kurios, passt aber in der immer noch nicht besser!) Widersprüchlichkeit zu den Aussagen Ihrer Parteikolle- Hinzu kommt meines Erachtens die hochschulische gin und Landesministerin Barbara Steffens, die bei dieser Ausbildung als zweiter Zugang zum Beruf . Wir schaffen Reform vor einem Schnellschuss warnt . damit eine zeitgemäße Ausbildung, die auch neue Be- (Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/ werberinnen- und Bewerbergruppen anspricht . Wer sich DIE GRÜNEN]: Wo ist der Widerspruch? – für diesen Bereich entscheidet, der muss auch Aufstiegs- Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE möglichkeiten haben . Soziale Berufe und Karrierechan- GRÜNEN]: Und wo ist die Auswertung der cen dürfen kein Widerspruch mehr sein . Modellprojekte, die ja genau unterschiedlich waren?) (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg . Maria Michalk [CDU/CSU]) Wir reden hier über eine langjährig vorbereitete, in Modellprojekten – auch in NRW – erprobte und gerade Wir wollen aber auch, dass diese Aufstiegschancen für mit den Ländern breit diskutierte Reform . Allein die Dis- alle gelten. Deshalb wird der Zugang zur neuen Pflege- kussion läuft schon seit über zehn Jahren . ausbildung allen geeigneten Bewerberinnen und Bewer- bern mit einem Schulabschluss nach zehn Jahren offen- (Beifall bei der SPD) stehen. Das finde ich wichtig. Dazu gehört auch, dass das Frau Steffens warnt also vor einem zehnjährigen Schnell- Schulgeld in der Altenpflege endlich der Vergangenheit schuss . angehören wird . (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Maria (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Abg . Maria Michalk [CDU/CSU]) NEN]: Nein! Vor einem politischen Schnell- schuss!) Kolleginnen und Kollegen, es geht uns bei dieser Einige von uns sind alt genug, um die Knoff-Hoff-Show (B) Reform nicht allein um die Aufwertung, sondern auch (D) darum, die Qualität der Pflege für die Zukunft sicher- im Fernsehen noch zu kennen . Wenn es die noch gäbe, zustellen . Die Lebenserwartung steigt . Chronische Er- dann wäre Frau Steffens mit ihrem Wunder der Physik krankungen nehmen zu . Die Fälle von Multimorbidität ganz sicher dabei . und die Zahl der demenziell und psychisch erkrankten (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Menschen steigen ebenfalls . Das heißt, die besonderen SPD und der CDU/CSU) Belange älterer Menschen sind zunehmend auch bei der Pflege im Krankenhaus zu berücksichtigen. Zugleich Ich empfehle ein bisschen mehr Sachlichkeit und Ge- sind schon heute in Pflegeeinrichtungen vertiefte medizi- lassenheit . Die letzten offenen Fragen werden wir dann nisch-pflegerische Kenntnisse absolut erforderlich. Nur ganz konstruktiv im parlamentarischen Verfahren klären, eine breit aufgefächerte Ausbildung, wie wir sie jetzt auf und da gilt natürlich das Struck’sche Gesetz . den Weg bringen, qualifiziert zur Pflege von Menschen in Danke fürs Zuhören . allen Lebenssituationen und allen Altersphasen, egal wo sie gepflegt werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ja, die neue Pflegeausbildung bringt Veränderungen Vizepräsident Johannes Singhammer: mit sich. Aber sie ist auch dringend nötig, um den Pfle- Nächste Rednerin ist die Kollegin Maria Klein- geberuf zukunftsfähig zu machen . Solche Veränderungen Schmeink für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen . lösen natürlich auch Fragen und Sorgen aus . Das ken- nen wir von anderen großen Reformvorhaben, und wir Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nehmen daher diese Anliegen sehr ernst . Leider werden NEN): diese Fragen und berechtigten Anliegen von manchen Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- genutzt, um daraus politisch Kapital zu schlagen . ren! Hier war die ganze Zeit über viel von der Steige- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der rung der Attraktivität der Pflegeberufe die Rede. Ja, das CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜND- ist tatsächlich ein dringendes und notwendiges Anliegen . NIS 90/DIE GRÜNEN]: Wen meinen Sie Die entscheidende Frage lautet nur: Wie erreichen wir denn?) eine solche Steigerung? Da kann ich nur auf die Debatte von gestern verweisen . Ein zentraler Punkt, um zu einer Auch das ist nicht neu . Wer sich aber auf der Jagd nach wirklichen Steigerung der Attraktivität zu kommen, ist, der ganz großen Schlagzeile zu völlig überzogenen Äu- die Arbeitsbedingungen in der Pflege sowohl im Kran- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15969

Maria Klein-Schmeink (A) kenhaus als auch in der Altenpflege, sowohl ambulant Dadurch wurde eine Verdopplung der Zahl der Ausbil- (C) als auch stationär zu verändern . Das ist die eigentliche dungsplätze, aber auch der Interessenten erreicht . Genau- Aufgabe, die anzugehen ist . Aber diese haben Sie nicht so müssen wir es angehen . gelöst . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Petra Crone [SPD]: Das wollen wir jetzt für sowie bei Abgeordneten der LINKEN) alle!)

Sie haben das vertagt. Gutachten für den Krankenpflege- Bei Ihrer Reform müssen wir aber davon ausgehen, dass bereich? Ende 2017 wird es vorgelegt . Gutachten für die die ambulante Pflege nicht mehr an der Ausbildung teil- Altenpflege? 2020 wird es vorgelegt. Vorher wird sich nehmen wird, weil sie das gar nicht stemmen kann . Sie an den eigentlichen Arbeitsbedingungen nichts ändern . setzen voraus, dass die ambulanten Pflegeträger einen Unsere Sorgfaltspflicht als Parlamentarier hätte es aber wirtschaftlichen Gewinn von 23 Prozent durch den Ein- geboten, schon früher für entsprechende Veränderungen satz der Pflegeauszubildenden erzielen. Das werden die zu sorgen . Das wäre die Aufgabe gewesen, die wir hätten Träger nicht schaffen, weil kein Auszubildender alleine erledigen müssen . Das ist der erste Punkt . arbeiten kann . Deswegen ist ein solcher ökonomischer Gewinn nicht vorauszusetzen . Das wird die bisherige po- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sitive Entwicklung im ambulanten Bereich stoppen . Sie sowie bei Abgeordneten der LINKEN) gehen mit Ihrer Reform zumindest ein großes Risiko ein . Da müssen Sie nachbessern . Zweitens . Vorhin wurde das Schulgeld erwähnt . Es gibt etliche Bundesländer, in denen zumindest recht- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lich die Grundlage dafür besteht, Schulgeld zu erheben . sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Einige Länder haben nun beigedreht . Aber die meisten Länder warten darauf, dass eine entsprechende Rege- Zu einem Zeitpunkt, wo wir eine so weitreichende lung kommt . Es ist ein langjähriges Versagen sowohl des Reform beschließen, liegen uns nur wolkige Eckpunkte Bundes als auch der Länder, dass hier kein Beitrag zu vor . Schauen wir uns einmal die Handlungskompetenzen einer vernünftigen Ausbildung geleistet wurde . Stellen an, die im theoretischen Bereich vorausgesetzt werden Sie sich mal einen Männerberuf vor, in dem Schulgeld sollen. Für die Pflegeplanung werden 900 bis 1 000 Stun- erhoben wird, den angesetzt . Weitere Stichworte sind „Kommunikation und Beratung“, „eigenes Handeln intra- und interprofes- (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sionell gestalten“ und „eigenes Handeln reflektieren“. (B) NEN]: Unglaublich!) So wolkig haben Sie Ihre Eckpunkte verfasst . Genau auf (D) diesem Stand sind Sie . Das birgt weitere Risiken . Sie so schlechte Arbeitsbedingungen herrschen und so wissen noch immer nicht, wie die Ausbildungsinhalte tat- schlechte Gehälter gezahlt werden! Das gibt es sonst sächlich aussehen sollen . Aber erst an den Inhalten kann nirgendwo . Das ist das zweite Versäumnis, das kollektiv man ermessen, Frau Müller, ob es sich zum Beispiel in begangen wurde . der Kinderkrankenpflege um eine Ausbildung handelt, die wirklich tragfähig ist und entsprechend qualifiziert. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Petra Eine weitere offene Frage ist, wo die eigentliche Aus- Crone [SPD]: Das machen wir jetzt! Das bildung auf dem beruflichen Tätigkeitsfeld stattfindet, schaffen wir jetzt ab!) auf dem man dann eingesetzt ist . Das überlassen Sie den Auszubildenden, den Arbeitnehmerinnen und Arbeit- Drittens . Wenn es um eine Aufwertung der Berufs- nehmern . Diese müssen sich dann selber fortbilden . Sie bilder geht, dann ist es wichtig, den gesellschaftlichen haben kein einziges Konzept dazu vorgelegt . Das sind Stellenwert einer Altenpflegekraft, einer Kinderkranken- die Mängel, die Sie bisher nicht behoben haben . Deshalb pflegekraft oder einer Gesundheits- und Krankenpflege- thematisieren wir die Risiken und fordern, dass Sie noch kraft herauszustellen . Das müsste man bei den jeweiligen einmal genau und besonnen hinschauen; denn es reicht Profilen gesondert machen. nicht, entschlossen einen Koalitionsvertrag umzusetzen . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsident : Natürlich hat die Altenpflege hier ein größeres Problem. Frau Kollegin . Aber genau dieses Problem lösen Sie nicht .

Wenn wir uns die Entwicklung der Ausbildungsberu- Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fe anschauen, dann stellen wir fest: In Nordrhein-West- NEN): falen ist durch einen Kraftakt eine Ausbildungsumlage Es muss vielmehr Besonnenheit hinzukommen und, geschaffen worden und ist es gelungen, die ambulante bitte schön, auch die Abwägung von wirklichen Argu- Pflege einzubeziehen. menten .

(Hilde Mattheis [SPD]: Rheinland-Pfalz! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg!) sowie bei Abgeordneten der LINKEN) 15970 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

(A) Vizepräsident Peter Hintze: tenzen zur Pflege aller Altersgruppen, Kompetenzen in (C) Frau Kollegin, wir bewundern zwar, wie Sie, ohne allen Versorgungsbereichen, in Krankenhäusern, Pflege- Luft zu holen, fast 60 Sekunden durchgehalten haben, einrichtungen sowie in der ambulanten Pflege. aber die Zeit war doch dramatisch überzogen . Die neue Pflegeausbildung beinhaltet dabei eine Als nächster Rednerin erteile ich der Kollegin Astrid dreijährige Fachkraftausbildung mit Unterricht an Pfle- Timmermann-Fechter, CDU/CSU-Fraktion, das Wort . geschulen und praktischer Ausbildung . Im Rahmen der praktischen Ausbildung werden die Auszubildenden (Beifall bei der CDU/CSU) durch die Wahl des sogenannten Vertiefungseinsatzes einen Schwerpunkt setzen können. Pflichteinsätze und Astrid Timmermann-Fechter (CDU/CSU): weitere Einsätze sorgen zudem für einen praktischen Er- Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und fahrungsschatz in allen Arbeitsfeldern der Pflege. Kollegen! Menschliche Zuwendung, Fürsorge und Mit- gefühl sind für uns sehr wichtig . Sie geben uns Kraft, Die Durchlässigkeit zwischen den Pflegebereichen sie bauen uns auf . Das gilt für Jung und Alt, das gilt für wird erhöht . Die Absolventen können zukünftig leich- uns alle . Das gilt insbesondere für jene Menschen, die ter in andere Pflegebereiche wechseln. Darüber hinaus erkrankt oder pflegebedürftig sind. Sie sind es, die in be- wird die Ausbildung zukünftig für alle Schülerinnen und sonderer Weise auf menschliche Zuwendung, Fürsorge Schüler kostenfrei sein . Ein Schulgeld, wie es teilweise und Mitgefühl angewiesen sind . Das sind daher wichtige bislang noch erhoben wird, wird es nicht mehr geben . Aspekte einer guten Pflege in Krankenhäusern, auf Kin- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) derkrankenstationen oder auch in Altenpflegeeinrichtun- gen. Zu einer guten Pflege gehört auch, dass die Betreu- Durch diese Maßnahmen werden wir die Attraktivität der ung und Versorgung durch qualifiziertes Fachpersonal Pflegeausbildung erhöhen. Wir leisten damit einen wich- erfolgen . tigen Beitrag zur Fachkräftesicherung . Eine gute medizinische und pflegerische Versorgung Neben Fragen der Ausbildungsstruktur und der Aus- ist auch heute schon Realität . 24 Stunden am Tag, rund bildungsinhalte nehmen wir die einheitliche Finanzierung um die Uhr arbeiten gut qualifizierte Pflegekräfte in in Angriff. Die Ausbildungsfinanzierung wird zukünftig stationären und ambulanten Einrichtungen . Im oftmals über Ausbildungsfonds auf Länderebene erfolgen . An anstrengenden Berufsalltag kümmern sie sich mit viel den Ausbildungsfonds wollen wir alle ausbildenden und Engagement und persönlicher Hingabe um Menschen, nichtausbildenden Einrichtungen, die Krankenkassen, die auf ihre Hilfe angewiesen sind . Sie leisten dabei eine die Pflegekassen und die Bundesländer beteiligen. wichtige Arbeit; denn eine gute pflegerische Versorgung (B) Liebe Kolleginnen und Kollegen, der neue Pflegebe- (D) ist ein wichtiger Aspekt unseres gesellschaftlichen Zu- ruf wird zum größten Ausbildungsberuf in Deutschland . sammenlebens. Daher gilt den Pflegerinnen und Pflegern Damit unterstreichen wir die Wichtigkeit der Pflegebe- in unserem Land ein besonderer Dank . rufe in einer sich wandelnden Gesellschaft . Wir wollen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- mit dieser Reform jedoch niemanden überfordern . Über- ordneten der SPD) gangsregelungen sollen den Pflegeschulen ausreichend Zeit bieten, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustel- Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Aufgabe ist len . es jedoch, eine solche Versorgung auch für die Zukunft sicherzustellen. Die Herausforderungen des demografi- Ganz wichtig ist mir auch, dass der Zugang zur Aus- schen Wandels sind uns alle bekannt . Die Menschen in bildung weiterhin mit einer mittleren oder einer sonsti- unserem Land werden immer älter . Das ist einerseits er- gen zehnjährigen Schulbildung möglich sein soll . Auch freulich, andererseits sind damit auch große Herausforde- die Einstiegsmöglichkeit in die Berufsausbildung für Ab- rungen verbunden. Das gilt insbesondere für die Pflege. solventen der Hauptschule soll über eine anrechenbare Helferausbildung weiterhin bestehen . Zum einen ändern sich die Anforderungen an die pfle- gerische Versorgung. In Pflegeeinrichtungen muss immer Ja, wir wollen die Pflegeausbildung weiterentwickeln mehr medizinische Behandlungspflege erbracht werden. und attraktiver machen . Das bedeutet jedoch keine Ab- In den medizinischen Versorgungseinrichtungen steigt wertung der Qualifikation der bisher in der Pflege täti- der Anteil pflegebedürftiger Menschen. Das Berufsum- gen Personen. Pflegerinnen und Pfleger mit Abschlüssen feld des Pflegepersonals wird dadurch immer komplexer. in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege Zum anderen stehen wir vor der Herausforderung der oder der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege werden Fachkräftesicherung . weiterhin in den Arbeitsfeldern arbeiten können, für die sie sich qualifiziert haben. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Reform der Pflegeberufe wollen wir diese Herausforderungen an- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) gehen . Kern der Reform ist die Zusammenführung der Das sollen sie auch; denn sie sind gleichwertige und bisher getrennten Ausbildungen in der Gesundheits- und wichtige Pflegefachkräfte in einem dynamischen Tätig- Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege keitsfeld . sowie Altenpflege. Durch die Zusammenführung- wer den wir ein neues, einheitliches Berufsbild in der Pflege Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können den de- schaffen. Mit der neuen Pflegeausbildung werden über- mografischen und den gesellschaftlichen Wandel nicht greifende pflegerische Kompetenzen vermittelt: Kompe- aufhalten; aber wir können mit der Reform der Pflegebe- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15971

Astrid Timmermann-Fechter (A) rufe den Pflegeberuf so gestalten, dass er den verschiede- Ich bringe dafür vier Beispiele . Wir haben 20 000 zu- (C) nen Arten von Wandel noch gerechter wird . Dadurch soll sätzliche Betreuungsplätze in der Altenpflege ermöglicht. auch in Zukunft eine gute medizinische und pflegerische Versorgung sichergestellt werden . (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind zwei Stellen pro Kran- Ich wünsche mir an dieser Stelle, dass wir im Gesetz- kenhaus!) gebungsverfahren eine konstruktive Diskussion mitei- nander führen können; denn unsachliche Schlagwörter Wir haben ein Pflegeförderprogramm im Umfang von wie „Schmalspurgesetz“, „Chaos“, „Kaffeesatzleserei“, 660 Millionen Euro aufgelegt. Wir haben einen Pflegezu- „TTIP in der Pflege“ führen doch am Ende nur zur Ver- schlag im Umfang von 500 Millionen Euro gewährt . Wir unsicherung genau bei den Menschen, für die Sie sich so haben die Tarifbindung in die Wirtschaftlichkeitsprüfung intensiv einsetzen wollen . der kompletten ambulanten und stationären Altenpflege hineingenommen . Derjenige, der nach Tarif bezahlt wird, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- kann nicht mehr als unwirtschaftlich qualifiziert werden. ordneten der SPD) All das sind wichtige Maßnahmen .

Vizepräsident Peter Hintze: (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge- ordneten Dr . Karl Lauterbach, SPD-Fraktion . Das ist auf jeden Fall mehr, als in den acht Jahren zuvor geschehen ist . Daher ist es einfach unfair, zu sagen, da sei (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten zu wenig gemacht worden . der CDU/CSU) Ich verweise als jemand, der das Problem der Pflege Dr. Karl Lauterbach (SPD): gut kennt – ich bin mit vielen Kinderkliniken in engem Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kontakt; ich kenne die Ausbildungsdefizite genau –, auf Kollegen! Ich will zunächst einmal auf den Schwerpunkt den Bereich Kinderkrankenpflege, um zu zeigen, dass die dieses Gesetzentwurfs zu sprechen kommen . Ich möchte geplante Ausbildungsreform eine gute ist . in Erinnerung rufen, worum es hier eigentlich geht . (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE Erstens. Wir haben in der Pflege im Großen und Gan- GRÜNEN]: Die werden Ihnen alle sagen, dass zen drei zentrale Problembereiche . Schon zum gegen- sie sie nicht gut finden!) wärtigen Zeitpunkt gelingt es uns nicht mehr, genügend – Nur ganz kurz . Ich bin gleich fertig . (B) junge Menschen für Pflegeberufe zu gewinnen. Viele de- (D) rer, die in einem Pflegeberuf arbeiten, verlassen ihn zu (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE früh . Unser Personalbedarf kann schon jetzt nicht mehr GRÜNEN]: Ich kenne nur Kinderkrankenhäu- gedeckt werden . Dieses Problem wird sich vergrößern . ser, die sich beschweren!) Zweitens. Es ist bekannt: Es gibt große Qualitätsdefi- Der Bereich Kinderkrankenpflege wird ja oft kritisch zite in der Pflegeausbildung. Das möchte ich hier nicht besprochen . Der allergrößte Teil der praktischen Ausbil- vertiefen . dung wird in der jeweiligen Einrichtung selbst durch den Drittens . Die Anforderungen werden immer größer . dualen Träger der Ausbildung durchgeführt . 300 Ausbil- Die Bereiche überschneiden sich immer stärker: In der dungsstunden entfallen auf die stationäre Grundpflege. Altenpflege ist es notwendig, immer mehr medizinischen 120 Ausbildungsstunden, Anforderungen gerecht zu werden . Die Medizin, die im Krankenhaus praktiziert wird, hat zum Teil geriatrisch-al- (Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE tenpflegerische Herausforderungen zu bewältigen, was GRÜNEN]: Drei Wochen sind das!) früher nicht der Fall war . Pflichtstunden, entfallen auf die pädiatrische Versorgung. Die mit den drei beschriebenen Punkten verbundenen Wir haben 500 Stunden Vertiefung . Wir haben 400 Stun- Probleme wollen wir mit der Verabschiedung dieses Ge- den Orientierung . Wir haben dann noch 80 Stunden zur setzentwurfs lösen . freien Verfügung . Das sind 1 400 Stunden . Ich will nur der Fairness halber sagen, dass das, was Die jetzige Ausbildung in der Kinderkrankenpflege ist eben vorgetragen wurde – ich weiß gar nicht mehr, von qualitativ schlechter, weil bestimmte Bereiche komplett wem; ich glaube, es war von einer Kollegin von den Grü- fehlen . Die besonderen Bedingungen bei Migrantenkin- nen, Maria Klein-Schmeink –, dass wir nämlich für die dern, die besonderen Anforderungen für die moderne Pflege bisher zu wenig gemacht haben, ungerecht ist. Wir pädiatrische Onkologie sind nicht berücksichtigt . Kin- haben in dieser Legislaturperiode mehr gemacht, als in derpsychiatrie ist in den jetzigen Curricula kaum enthal- acht Jahren zuvor geschehen ist . ten. Also: Wir haben Defizite. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Wir haben bisher nur 900 Stunden . Wenn man den CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜND- Vorschlag aufgreift, den die Kolleginnen von der Links- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe es an die partei hier vorgetragen haben – ein Jahr Vertiefung, näm- CDU gerichtet!) lich das letzte Jahr –, dann käme man niemals auf die 15972 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Dr. Karl Lauterbach (A) 1 400 Stunden; das ist schlicht ausgeschlossen . In der Letzte Bemerkung. Ich finde es traurig, dass der Pro- (C) Praxis ist das so . test, der am stärksten von den privaten Pflegeverbänden kommt, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne- (Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE ten der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink GRÜNEN]: Das stimmt überhaupt nicht! – [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles Gegenruf der Abg . Petra Crone [SPD]: Natür- Quatsch, was Sie erzählen!) lich stimmt das!) Hier wurde von irgendjemandem kritisiert, dass wir im Prinzip von den großen französischen Konzernen, die diese Inhalte nicht ins Gesetz schreiben, zum Beispiel die Privatisierung der Altenpflege betreiben, ausgerech- mit Blick auf die besonderen Stoffwechselerkrankungen net von der Linken und von den Grünen hier aufgenom- von Kindern mit Migrationshintergrund . So etwas ma- men wird . chen wir in keinem Gesetz . Wir können in kein Gesetz (Beifall bei der SPD – Widerspruch beim hineinschreiben, wie beispielsweise die Ausbildung in BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) den Informatikassistenzberufen genau aussehen muss; das bestimmt die entsprechende Fachkommission . Das Sie suchen sich hier die falschen Verbündeten . Das sind machen hier die Pflegeschulen. Die Fachgesellschaften die härtesten Gegner unserer Reform, weil sie eine besse- arbeiten bereits an dieser Reform . Sie nutzen die Gele- re Vergütung der Altenpflege fürchten. Das halte ich für genheit, jetzt die modernen Inhalte zu definieren, nicht ehrenhaft . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gegen Modernisierung hat nie je-

mand etwas gesagt!) Vizepräsident Peter Hintze: Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge- die, ehrlich gesagt, vielleicht nicht jedem im Hause – bei ordneten Erich Irlstorfer, CDU/CSU-Fraktion . allem Respekt – bekannt sind; das ist zumindest mein (Beifall bei der CDU/CSU) Eindruck nach den Reden . (CDU/CSU): Somit: Die Ausbildung kann man verbessern, wenn Erich Irlstorfer man pragmatisch herangeht . Es hat sich nirgendwo er- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wiesen, dass das alte Modell – zwei Jahre Grundausbil- besprechen heute ein Thema, das seit einem Jahrzehnt dung, dann ein Jahr Vertiefung – funktioniert . Die Ver- diskutiert wird und das uns alle – das sieht man an der (B) Debatte – wirklich berührt. Pflege istdas Thema der Ge- (D) tiefung muss viel früher beginnen . Das gleiche Problem sundheitspolitik in der 18 . Legislaturperiode . haben wir beim Medizinstudium . Auch da fangen wir mit der Vertiefung viel zu spät an . Dass wir hier jetzt die Ver- Durch das Erste Pflegestärkungsgesetz hat diese Gro- tiefung und die Spezialisierung ganz nach vorn nehmen, ße Koalition die Leistungen für Pflegebedürftige und schon in die Orientierung hinein – man kann schon in ihre Angehörigen spürbar erweitert. Der neue Pflegebe- der Orientierung, in den ersten 400 Stunden, in die Pä- dürftigkeitsbegriff und das neue Begutachtungsverfahren diatrie gehen, man kann schon in die stationäre oder in werden dank dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz noch in die ambulante Altenpflege gehen –, ist genau der richti- dieser Wahlperiode eingeführt werden . Vor allem Men- ge Schritt, weil man darauf in den drei Jahren aufbauen schen mit psychischen Erkrankungen oder Demenz wer- kann . den dadurch bessergestellt . Diese Reform der Pflegeversicherung ist die größte Ich bin jetzt nur auf die 2 500 Stunden der praktischen seit Einführung dieser Versicherung; sie war notwendig Ausbildung eingegangen . Die 2 100 Stunden umfassen- und ist richtig . de theoretische Ausbildung wird auch überarbeitet . Wir überarbeiten das Curriculum komplett und schmeißen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- dabei – Herr Kollege Henke wird das wissen – zahlrei- ordneten der SPD) che Dopplungen raus . Wir geben zudem vor – das gab Wir als Union – das möchte ich hier noch einmal unter- es bisher nicht –, dass Personen unterrichten, die darin streichen – sind weder in irgendeiner Hurrastimmung ausgebildet sind, die das hauptberuflich machen. Bisher noch in einem Miesmachmodus . Ich glaube, uns alle eint ist das zum Teil im Nebenberuf gemacht worden . Ganz doch das Ziel, dass wir Verbesserungen wollen; das ist ehrlich – das darf man heute gar nicht mehr laut sagen –, die Situation . Aber ich glaube auch, wenn ich die Dis- wir haben zum Teil während des Medizinstudiums, ohne kussion hier verfolge, dass die Situation der Pflege in von der Pflege damals viel verstanden zu haben, Pflege- Deutschland teilweise schlechter geredet wird, als sie ist . ausbildung gemacht . Das ist nach der neuen Regelung Das ist etwas unfair . überhaupt nicht mehr erlaubt . (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Sönke Rix [SPD]) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Um die Situation in der Pflege zu verbessern, reicht Somit: Alles kann man verbessern . Aber dann muss es nicht, wenn wir nur die Situation der Menschen mit man in die Details einsteigen . pflegerischem Versorgungsbedarf und ihre Angehörigen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15973

Erich Irlstorfer (A) im Blick haben . Nein, wir müssen auch die Situation einmal kritisch draufschauen . Dass man diskutiert, macht (C) der in der Pflege tätigen Berufsgruppen verbessern. Wir doch unsere Demokratie aus . müssen Versorgung ganzheitlich betrachten; das ist we- sentlich . Verbesserungen sind nur dann möglich, wenn (Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein- wir das Verhältnis der Betroffenen in diesem Dreiklang Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: aus Pflegebedürftigen, Angehörigen und Mitarbeiterin- Das wäre sehr förderlich!) nen und Mitarbeitern in den Pflegeberufen optimieren und hier keine Gruppe ausklammern . Deshalb muss in Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir über Arbeitsbedingungen sprechen, ist es notwendig, dass aller Deutlichkeit gesagt werden: ohne Veränderung kei- wir über Regelungen sprechen, wie wir einen Beruf at- ne Verbesserung . Wir wollen diese Berufe natürlich auch traktiv machen, damit es nicht nur bei Worthülsen bleibt . zukunftsfest machen . Daher steht für mich außer Frage, Es ist notwendig, dass man hier auch die Gewerkschaf- dass wir die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte, ten an die Seite nimmt . Wenn eine Berufsausbildung in egal ob in Vollzeit, Teilzeit oder in der Ausbildung, ver- der Krankenpflege, der Altenpflege, der Kinderkranken- bessern müssen . pflege in einen Beruf münden soll, ist vollkommen klar, dass hier für gleiche Leistung auch gleiche Bezahlung Ich glaube, es ist wichtig, dass wir über dieser Dis- notwendig ist . kussion die Pflegeschulen nicht vergessen. Wir brauchen für die Schulen eine Bestandssicherung . Da darf es kei- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) ne Rolle spielen, ob diese Pflegeschulen groß oder klein sind, ob sie auf dem Land oder in der Stadt liegen . Ich bin Das ist keine Sonderleistung, sondern das ist in meinen sehr dankbar, dass wir in diesem Gesetzentwurf auch die Augen anständig . Möglichkeit der Kooperation der Schulen untereinander verankert haben, weil das für uns wesentlich ist . Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin dem BMG und auch dem Herrn Minister sehr dankbar, dass (Beifall bei der CDU/CSU) sie hier nicht die Augen zumachen und sagen: Es ist alles eitel Sonnenschein, es ist überhaupt kein Problem; die Da wir schon beim Thema Schule sind, dann möchte Pflegeszene ist glücklich. – Das ist ja nicht so; das wis- ich hier in aller Deutlichkeit unterstreichen: Wenn wir sen wir . Hier gibt es sehr, sehr viele kritische Ansätze . alle immer wieder durch die Lande ziehen und über ein Hier ist Angst im System . Deshalb ist es gut, dass er sich duales Ausbildungssystem reden, dann kommt es wirk- diesen Fragen stellt . Am 30 .April wird er dazu in Bayern lich darauf an, keine weltfremde Diskussion über die sein, und alle in der Szene betroffenen Entscheider wer- (B) Akademisierung des Berufs zu führen . Wir brauchen den dabei sein und über dieses Thema offen diskutieren . (D) eine Akademisierung, vollkommen klar . Aber ich glaube, Da muss ich schon einmal sagen: Das ist ein ganz, ganz der Vorschlag einer Akademikerquote zwischen 10 und starkes Stück gelebte Demokratie und Mitsprache . Dafür 20 Prozent eines Jahrgangs ist maßvoll und auch richtig . herzlichen Dank an dieser Stelle . Das duale Ausbildungssystem in Theorie und Praxis ist unser System für die Stärkung der Pflege. Es ist klar, dass (Beifall bei der CDU/CSU) der Zugang zu diesem Beruf selbstverständlich auch über Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte die Mittelschulen und über die Hauptschulen, somit über zum Schluss kommen . Ich glaube, es ist wichtig, dass wir alle Schultypen, gelingen muss . Wir brauchen schon jetzt eines nicht vergessen: Man muss die Sorgen und Nöte jede junge Kraft in diesen Berufen, und wir werden sie in der Beschäftigten inhaltlich und aufklärend angehen . Ich Zukunft brauchen . glaube, der richtige Ansatz ist – Herr Kollege Lauterbach hat hier versucht, das darzustellen –, den fachlichen In- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- halt festzulegen und das Ganze mit Blick auf die zeit- ordneten der SPD) liche Perspektive auszurichten; denn Volkskrankheiten wie die Demenz werden uns in den nächsten Jahrzehnten Da das Schulgeld vorhin schon angesprochen worden dauerhaft beschäftigen . Deshalb müssen sie sich in der ist, spare ich mir diesen Bereich . Die Schulgeldabschaf- Lehre, in der Ausbildung wiederfinden. Ich glaube, das fung war überfällig . Deshalb sind wir froh, dass der Ge- ist wichtig . setzentwurf das vorsieht . Wesentlich ist allerdings für uns, dass die Inhalte in der Verordnung und auch in den Natürlich wissen wir auch, dass die Berufe gewisse Eckpunkten klar sind . Aktuell ist es so, dass die Eck- Spezialisierungen haben . Ich weiß auch, dass das Klien- punkte zwar gut gewählt sind, aber nur Überschriften tel in der Kinderkrankenpflege bzw. in der Altenpflege sind . Der Inhalt, das Fleisch fehlt . jeweils ein anderes ist . In Bayern würde man sagen: Das ist ein ganz anderer Schlag von Mensch .– Und so ist es (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE auch . GRÜNEN]: Ja! Genau!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Aber es ist auch klar, dass wir im parlamentarischen Ver- fahren – das ist zugesagt – diese Diskussion führen und Diese Diskussion, meine sehr geehrten Damen und Her- dass wir in den Anhörungen und allem, was dazu geplant ren, dürfen wir aber nicht spaltend führen . Denn wenn ist – wir haben hier einen klaren Zeitplan –, auch noch wir eine generalistische Ausbildung wollen, dann müs- 15974 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Erich Irlstorfer (A) sen wir versuchen, diese Hürden abzubauen . Aber wir wichtig – mit Blick auf die Veränderung der Berufsbil- (C) müssen auch die Kritik in aller Klarheit ernst nehmen der – sie ist die Folge – brauchen wir eine Reform . Das ist die Ausgangssituation . (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist mal ein Wort!) Zweitens . Ziel muss es doch sein, zwei Dinge zusam- und dürfen die Ohren vor den kritischen Stimmen nicht menzubringen: Auf der einen Seite müssen wir die Qua- verschließen . Dann werden wir auch sehen, in welcher lität, die Spezialisierung, die wir in den letzten Jahrzehn- Geschwindigkeit wir das Ganze erledigen können . Ich ten erreicht haben, bewahren, und auf der anderen Seite glaube, nach einer zehnjährigen Diskussion wird es nicht müssen wir gleichzeitig über die Entsäulung eine breitere darauf ankommen, ob wir vor der Sommerpause oder Ausbildung erreichen . nach der Sommerpause eine Entscheidung treffen . Das heißt drittens für uns – das ist ja der Ansatz der In diesem Sinne: Gute Beratungen und herzlichen Reform dieser Ausbildungen –, dass wir die Vielfalt stei- Dank . gern . Das wird dann viertens, glaube ich, auch zu einer Steigerung der Attraktivität der einzelnen Berufsfelder (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD so- führen . wie der Abg . Elisabeth Scharfenberg [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Maria Klein- (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: GRÜNEN]: Das behaupten Sie jetzt hier so!) Sie machen uns Hoffnung! Wir setzen auf Sie!) Das muss unser Ansinnen sein, auch mit Blick auf die nächsten Jahrzehnte . Vizepräsident Peter Hintze: Als letztem Redner in dieser Aussprache erteile ich Deshalb möchte ich noch einige Bemerkungen zu dem Abgeordneten Marcus Weinberg, CDU/CSU-Frak- den – in Anführungszeichen – „Kritikpunkten“ machen . tion, das Wort . Von vielen Rednern wurde schon gesagt, dass seit 2003 über dieses Thema, über die Einführung von entspre- (Beifall bei der CDU/CSU) chenden Erprobungsklauseln für eine generalistische Ausbildung in den Gesetzen zur Altenpflege und Kran- Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): kenpflege, diskutiert wird. Dazu gab es Modellprojekte. Vielen Dank, Herr Präsident .– Liebe Kolleginnen Wenn man diese Modellprojekte einmal analysiert, dann und Kollegen! Ich darf da gleich anknüpfen: Ich glaube, kann man drei Ergebnisse feststellen . (B) diese erste Debatte hat deutlich gemacht, dass wir drei (D) Erstens . Die Ausbildungsinhalte überschneiden sich Dinge in den Blick nehmen sollten . Wir sind offen für bis zu 80 oder 90 Prozent . die Diskussion . Das heißt, wir werden die Kritikpunkte gerne mit aufnehmen, Frau Kollegin Scharfenberg, wenn Zweitens – und das halte ich für besonders wichtig –: sie objektiv und sachlich vorgetragen werden und nicht Die Kompetenzsteigerung – das wurde von den Betrof- populistisch und einfach . fenen und von denjenigen, die sie begleitet haben, arti- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – kuliert – hat immens zugenommen . Das ist ja auch klar . Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE Wenn ich heute – im Vergleich zur Situation vor 50, 60 GRÜNEN]: Sie müssen sich damit auseinan- oder 70 Jahren – in der Altenpflege tätig bin, dann muss dersetzen!) ich doch auch wissen, was in der Krankenpflege passiert. Und umgekehrt muss ich doch auch in der Krankenpflege Dafür nehmen wir als Regierungskoalition uns auch wissen, was später möglicherweise beim Übergang – das Zeit; das haben wir schon gesagt . Dieses Thema gibt es erleben wir ja mehr und mehr – zur Altenpflege notwen- ja seit 2003 . Deshalb ist es wichtig, dass wir uns auch auf dig ist . Und ich muss das wissen, um beides zusammen- den letzten Metern, die wir gehen wollen, die Zeit neh- zubringen . Ich muss also eine generalistische Basis ha- men, uns damit auseinanderzusetzen, an welchen Stellen ben, damit ich weiß, was derjenige, der als Nächster die wir noch Veränderungen vornehmen können . Das wird Pflege übernimmt, weiß. Das heißt, die Kompetenzstei- letztendlich auch darin münden, dass wir Veränderun- gerung ist zentral . gen – davon gehe ich fest aus – mit implementieren . Aber eins muss man auch mal sagen – der Minister Dritter Punkt – auch das wurde bereits angespro- hat das deutlich gemacht –: Die Debatte ist nicht neu, chen –: Für diejenigen, die sich möglicherweise vor 20, und die Große Koalition hat den Reformentwurf nicht 30 Jahren entschieden haben, ihr Leben lang – in Anfüh- in irgendwelchen komischen Hinterzimmern formuliert . rungszeichen – nur Altenpflege, nur Krankenpflege oder Seit mittlerweile über zehn Jahren wird darüber disku- nur Kinderkrankenpflege zu machen, muss ich Perspek- tiert. Deswegen sollten wir, finde ich, mit Blick auf die tiven schaffen . Es wurde von Rednern angesprochen: Ordnung der Debatte vier Dinge feststellen . Wenn jemand 20, 30 Jahre in der Altenpflege arbeitet, stellt sich die Frage – denn das ist ein schwieriger Job –: Erstens . Wir sind uns doch einig – das haben die Red- Was kann man perspektivisch bieten? Hier, glaube ich, ner aller im Parlament vertretenen Fraktionen gesagt –: bieten die Modellprojekte eine erste Analyse, auf der wir Mit Blick auf den Fachkräftemangel, mit Blick auf den aufbauen können . Noch einmal: Es gilt, auch mal zu sa- demografischen Wandel und vor allem – das finde ich gen: Das machen wir jetzt einfach! Wir machen es jetzt Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15975

Marcus Weinberg (Hamburg) (A) mal! Wir wollen nicht noch mal vier oder acht Jahre da- bitte also, das in Zukunft zu berücksichtigen, zumal die (C) rüber diskutieren . Regierungskoalition eine Menge Zeit hat . (Beifall bei der CDU/CSU) Ich schließe die Aussprache . Insoweit möchte ich den Präsidenten des Deutschen Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf Pflegerates, Herrn Westerfellhaus, zitieren, der ganz rich- den Drucksachen 18/7823, 18/7414 und 18/7880 an die tig gesagt hat: in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge- Wer jetzt die Reform der Pflegeausbildung auf Eis schlagen . Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der legt, der handelt in hohem Maße fahrlässig . Damit Fall . Dann sind die Überweisungen so beschlossen . würde das Aus für eine moderne Form der Pflege- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf: ausbildung riskiert, die wir angesichts der demogra- fischen Entwicklungen mehr denn je benötigen. Erste Beratung des von den Abgeordneten Kerstin Andreae, Kai Gehring, Dr .Thomas Gambke, (Beifall bei Abgeordneten der SPD) weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND- Es gibt viele weitere Kronzeugen, die sich ja bereits NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs seit Monaten an der Debatte beteiligen: Caritas, Diako- eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von nie . Sie sagen immer wieder: Ja, wir unterstützen den Forschung und Entwicklung kleinerer und grundsätzlichen Weg dieser Reform . Sie sagen aber auch: mittlerer Unternehmen (KMU-Forschungs- Achtet auf die Fußnote, und achtet auf den Teufel, der förderungsgesetz) häufig im Detail steckt! – Das haben wir uns als Große Drucksache 18/7872 Koalition vorgenommen . Sie haben bei allen Rednern gemerkt, dass sie sagten: Wir werden uns mit den Kri- Überweisungsvorschlag: tikpunkten auseinandersetzen .– Das gilt insbesondere Finanzausschuss (f) Ausschuss für Wirtschaft und Energie für die große Anhörung . Danach wird es noch weitere Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- Gespräche geben . schätzung Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 der GO Aber man muss auch objektiv sein . Wir haben auch hier das Thema Kinderkrankenpflege dreimal diskutiert. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für Die Vorwürfe treffen in der Form, wie sie formuliert wur- diese Aussprache 77 Minuten vorgesehen . Gibt es dazu den, nicht zu . Ich will es noch einmal sagen – weil der Einwände? – Das ist nicht der Fall . Dann ist so beschlos- Vorwurf ja kam, die Kinderkrankenpflege wird im- Be sen . reich der Spezialisierung nahezu komplett gestrichen –: (B) (D) Das stimmt einfach nicht .– Es wurde gesagt: Wenn Sie Es wäre nett, wenn die Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Vertiefungsansatz und dem Ansatz der frei ver- dieser Debatte nicht folgen wollen, jetzt den Saal verlas- teilbaren Stunden arbeiten, kommen Sie auf eine Gesamt- sen oder sich entspannt hinsetzen und der Rednerin, die zahl von 1 400 Stunden – bei insgesamt 2 500 Stunden . – gleich aufgerufen wird, zuhören . Ich glaube, das ist ein Beweis, dass die Spezialisierung Ich eröffne die Aussprache . Als erster Rednerin ertei- im Kern erhalten bleibt . le ich das Wort der Abgeordneten Kerstin Andreae für (Beifall bei der CDU/CSU) Bündnis 90/Die Grünen . Im Übrigen ist es so, dass heute schon zwei Drittel der Ausbildung in der Krankenpflege und der Kinderkran- Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): kenpflege identisch sind. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war am Mittwoch beim parlamentarischen Abend des Deswegen darf ich zum Schluss Folgendes sagen: Wir VCI . Es ist nicht unbedingt ein Heimspiel für die Grü- freuen uns und erwarten eine gute und breite Debatte . nen, bei den Vertretern der chemischen Industrie zu sein . Noch einmal: Ich glaube, dass das eine oder andere mo- Das ändert sich jetzt ein bisschen . Wir haben dort die difiziert werden könnte. Das hat der Minister auch zuge- steuerliche Forschungsförderung vorgestellt und natür- sagt . Ich glaube, dass wir in Absprache mit dem Minister lich breite Unterstützung bekommen . Logisch . und der Familienministerin als Große Koalition das Ge- spräch suchen, nicht nur mit der Opposition, solange die (René Röspel [SPD]: Ja, das kann ich mir kritischen Punkte objektiv vorgetragen werden, sondern vorstellen!) auch mit den Verbänden . Dann, glaube ich, wird am Ende eine Reform stehen, für die es sich gelohnt hat zu kämp- – Logisch, ja . Aber ich komme nachher noch einmal zum fen . Insofern wünsche ich uns eine gute Debatte . VCI . Vielen Dank . (René Röspel [SPD]: Die wollen das Geld gerne haben!) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) war auch da, und er hat uns erklärt, wa- rum das alles nicht geht: wegen Mitnahmeeffekten; man Vizepräsident Peter Hintze: könne alle Ausgaben absetzen . Das sind berechtigte Sor- Es wäre schön, wenn der Satz „Ich komme zum gen, Schluss“ regelmäßig vor Ablauf der Redezeit kommt . Er kommt aber regelmäßig nach Ablauf der Redezeit . Ich (Zuruf von der CDU/CSU: Aha!) 15976 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Kerstin Andreae (A) und natürlich nehmen wir sie ernst . Es geht um das Geld Unsere bisherige Forschungsförderung ist konzernlastig, (C) der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler . Deswegen legen und das können wir uns nicht dauerhaft leisten . wir einen Gesetzentwurf vor, der genau eine solche Ab- grenzung vornimmt, damit es eben nicht zu Mitnahmeef- Jetzt schauen wir einmal über den nationalen Teller- fekten kommt . Ich empfehle Volker Kauder, sich diesen rand hinaus . In 27 der 34 OECD-Länder gibt es eine Gesetzentwurf einmal gut anzuschauen . Er ist modern, er steuerliche Förderung von FuE . In allen EU-Ländern ist innovativ – das ist Mittelstandspolitik . außer Estland und Deutschland gibt es eine steuerliche Forschungsförderung . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Was ist jetzt mit Ihnen? Alle drei Parteien sind mit Wissen Sie, die Innovationszyklen werden immer kür- der Forderung nach einer steuerlichen Forschungsförde- zer . Das heute verfügbare Wissen verdoppelt sich alle rung in den Wahlkampf gegangen . Die SPD hatte ihren sieben Jahre . Im Jahr 2030 wird dies alle 72 Tage der Fall „Modernisierungspakt für Deutschland 2025“ . Und was sein . Das heißt, wir brauchen eine Förderung, die den steht da drin? Die Forderung nach einer steuerlichen For- Herausforderungen – dieser Schnelligkeit, dieser Dyna- schungsförderung . mik – und der Digitalisierung gerecht wird, eine Förde- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) rung, die zu dieser neuen Innovationswelt passt . – Der Beifall gilt Ihnen von der SPD . Der Beifall gilt (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) auch der CDU . Denn was forderten Sie auf Ihrem Partei- tag im Dezember 2014? Eine steuerliche Forschungsför- Was sind jetzt die Vorteile unseres Ansatzes? Wir le- derung . Ja, es ist doch einfach mal an der Zeit . gen nicht fest, welches konkrete Forschungsvorhaben gefördert wird, weil wir nicht wissen, welche Vorhaben (Beifall des Abg . Kai Gehring [BÜND- letztendlich entscheidende Durchbrüche bringen können . NIS 90/DIE GRÜNEN]) Wir fördern Ausgaben, nicht Gewinne – wie Sie mit den Patentboxen . Wer Gewinne macht, der hat es schon ge- Wenn Deutschland in der Spitzengruppe der führenden schafft . Industrie- und Innovationsnationen bleiben möchte – an- gesichts der Herausforderungen, die vor uns stehen, wäre Wir wollen nicht die Projektförderung einschränken, das klug, auch im Hinblick auf Arbeitsplätze –, dann sondern parallel zur Projektförderung einen steuerlichen muss die Politik mehr tun, um Forschung und Entwick- Bonus von 15 Prozent für Forschungs- und Entwick- lung in den Unternehmen zu fördern . lungsausgaben einführen . Als Nachweis dafür, dass es tatsächlich Forschungs- und Entwicklungsausgaben sind, Ich bin jetzt gespannt auf die Debatte . Jetzt haben Sie den Gesetzentwurf, und dann werden Sie sagen: Das (B) gibt es ein Zertifikat. Das muss auch nicht die Steuerbe- (D) hörde prüfen; vielmehr gibt es – wie heute schon beim klappt nicht, das klappt auch nicht, an der Stelle funk- ZIM oder bei Forschungsprojekten – Forschungszen­ tioniert es nicht usw . – Wunderbar! Es ist die erste Le- tren, zum Beispiel Jülich, die diese Zertifikate ausstellen. sung . Dann fangen Sie an, bringen Sie Änderungsanträge Damit hat man die Abgrenzungsprobleme, die scheinbar ein! Wir sind bereit, das alles zu verbessern, damit wir Volker Kauders Sorge sind, gelöst . Schauen Sie sich das als Deutscher Bundestag in unserem gemeinsamen Inte- an! Hier liegt der richtige Vorschlag . resse, die Kreativität kleiner und mittelständischer Un- ternehmen zu fördern und ihr Potenzial zu heben, eine (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) steuerliche Forschungsförderung zusammen auf den Weg bringen können . Ich verspreche Ihnen: Wir werden dann Jetzt kommt die schlechte Nachricht an den VCI: Wir nicht das Copyright auf diesen Gesetzentwurf beanspru- fokussieren auf den Mittelstand . Das hat gute Gründe: chen . Aber fangen Sie jetzt nicht an, in der Debatte klein- Über 60 Prozent der kontinuierlich forschenden KMUs teilig an irgendwelchen Punkten herumzumäkeln, son- werden nicht von der öffentlichen Forschungs- und In- dern sagen Sie uns klipp und klar, ob Sie bereit sind, der novationsförderung erreicht . Die öffentliche Projekt- steuerlichen Forschungsförderung den Weg zu bereiten . förderung geht an mehr als der Hälfte der forschenden Lassen Sie uns das gemeinsam machen – für den Inno- Unternehmen vorbei, unter anderem, weil die Bürokratie vationsstandort Deutschland! Es wäre wunderbar, wenn für die kleinen Unternehmen zu groß ist . Unterhalten Sie wir das hinkriegen . sich mal mit den Unternehmen! Vielen Dank . (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Tue ich! Ma- chen wir permanent und stellen dann Anträ- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ge!) Vizepräsident Peter Hintze: Sie sind nicht in der Lage, die Projektförderung zu nut- Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge- zen, weil ihnen die Manpower fehlt . Ein großes Unter- ordneten Ralph Brinkhaus, CDU/CSU-Fraktion . nehmen hat entsprechende Abteilungen . Ein kleines Un- ternehmen hat vielleicht kreative Ideen, schlaue Ideen, (Beifall bei der CDU/CSU) hat Potenzial, das wir heben wollen, aber eben nicht die Möglichkeit, die Projektförderung zu nutzen . Deswegen (CDU/CSU): fokussieren wir auf die KMU . Ralph Brinkhaus Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) legin Andreae, das war eine sehr engagierte Rede, und Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15977

Ralph Brinkhaus (A) es freut mich außerordentlich, dass die Grünen jetzt ihr als sie noch in Amt und Würden war, und jetzt mit Frau (C) Herz für den Mittelstand entdeckt haben . Wanka . Das heißt, da ist viel, viel geleistet worden . (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch (Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber Rot-Grün!) Frau Andreae, ich gebe Ihnen einen Tipp: Wenn Sie Mit- telstandsförderung machen wollen, dann hören Sie auf, Jetzt wird gesagt: Wir haben ein Problem bei kleinen höhere Spitzensteuersätze zu fordern . Wenn Sie Mittel- und mittelständischen Unternehmen . Da könnte die steu- standsförderung machen wollen, dann hören Sie auf, eine erliche Forschungsförderung helfen. – Ich finde, das soll- Vermögensabgabe zu fordern . Wenn Sie Mittelstandsför- te man nicht ganz von der Hand weisen . Ich glaube, das derung machen wollen, dann hören Sie auf, die Famili- muss man diskutieren . Steuerliche Forschungsförderung enunternehmen mit Erbschaftsteuer belasten zu wollen . kann durchaus ein attraktives Mittel sein, um auch kleine (Beifall bei der CDU/CSU) und mittlere Unternehmen in diesem Bereich zu fördern . Aber, Frau Andreae, das ist nicht, wie Sie es dargestellt Wenn Sie Mittelstandsförderung machen wollen, dann haben, der große grüne Knopf, auf den Sie drücken, und denken Sie darüber nach, dass gerade der Mittelstand dann wird in dem Bereich alles gut . unter hohen Energiepreisen, die Sie immer weiter nach oben treiben wollen, leidet . Wenn Sie Mittelstandsför- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: derung machen wollen, dann gucken Sie sich doch mal Sie sind ein schwarzes Stoppschild, Herr Kol- an, was Ihre Landesumweltminister mit Landesentwick- lege!) lungsplänen machen, mit denen sie dem Mittelstand jeg- Daher will ich jetzt versuchen, anhand einiger Punkte liche Erweiterungsmöglichkeiten nehmen, wie das bei etwas Wasser in diesen Wein zu gießen . Sie haben die- mir in Nordrhein-Westfalen der Fall ist . se Behauptung aufgestellt: Alle machen das, außer Est- (Dr . [BÜNDNIS 90/DIE land und Deutschland .– Wissen Sie, wer das am meisten GRÜNEN]: Sie bringen das durcheinander! macht? Das unglaublich erfolgreiche volkswirtschaftli- Sie regieren in diesem Land seit zehn Jahren! che Konstrukt Frankreich . Haben Sie schon mal gemerkt, dass Sie seit zehn Jahren in diesem Land regieren?) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Abwehren! Abwehren! Abwehren!) – Herr Hofreiter, wenn Sie Innovationsförderung machen wollen, dann denken Sie daran: Wer ist denn die tech- Die Franzosen sind ganz groß darin . Ist das für uns ein (B) nologiefeindlichste Partei hier in Deutschland? Das sind Rollenmodell? Ich weiß es nicht . Sie machen nämlich (D) Sie . immer eines: Sie nehmen einen Bereich aus dem For- schungsförderungskonzept heraus und sagen: Das wird (Beifall bei der CDU/CSU – Dr .Anton in anderen Ländern gemacht, das wird in Deutschland Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: nicht gemacht . Vor diesem Hintergrund sagen Sie dann: Das ist doch eine alberne Oppositionsrede, die Das müssen wir in Deutschland auch machen . Sie hier halten! Reden Sie mal mit Ihrem Fi- nanzminister!) Lassen Sie uns doch einmal über das sprechen, was in Deutschland gemacht wird . Wir sind zum Beispiel sehr Auch wenn die Aufregung bei den Grünen jetzt sehr stark darin, Forschungsinfrastruktur zur Verfügung zu groß ist – denn scheinbar ziehen Sie sich den Schuh an, stellen . Die ganze Welt beneidet uns um unsere Spitzen- den ich Ihnen gerade hingestellt habe –, forschungsinstitute: Max Planck, Helmholtz-Gemein- (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schaft, Fraunhofer . Damit können wir glänzen . Wir sind darin sehr stark geworden, durch die Exzellenzinitiativen sollten wir nichtsdestotrotz über Forschung und Ent- an den Universitäten Spitzenforschung nach Deutschland wicklung reden . Forschung und Entwicklung sind wich- zurückzuholen . Hier haben wir sehr viel geleistet, meine tig . Wir wissen, dass die Zukunftsfähigkeit einer Indus­ Damen und Herren . triegesellschaft von Forschung und Entwicklung abhängt . (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Wir sind in Deutschland mit unserem Anteil von For- Dr .Daniela De Ridder [SPD] – Kerstin schung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt üb- Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mal rigens gar nicht so schlecht . Das gilt insbesondere seit zum Thema!) 2005 . (René Röspel [SPD]: Seit 1998! – Swen Vizepräsident Peter Hintze: Schulz [Spandau] [SPD]: Seit 98!) Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwi- Das wird uns auch von unabhängigen und uns nicht na- schenfrage von Herrn Dr .Gambke, Bündnis 90/Die Grü- hestehenden Wissenschaftlern bestätigt . Es ist so, dass nen . Wollen Sie diese zulassen? wir uns erheblich verbessert haben dank der Politik der Großen Koalition, angefangen mit Frau Bulmahn, Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): (René Röspel [SPD]: Das stimmt!) Ja, aber immer gern doch . 15978 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

(A) Vizepräsident Peter Hintze: Im Übrigen: Wir haben auch eine Direktförderung . (C) Bitte schön, Herr Kollege Dr . Gambke . Schauen Sie sich einfach einmal an, was auch dazu in diesem EFI-Gutachten steht . Die Kommission braucht fast eine Seite, um die ganzen Direktförderinstrumente Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): aufzuzeigen: von dem ZIM-Programm des Bundeswirt- schaftsministeriums über die Industrieforschung bis Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie diese Zwischen- hin zur KfW-Förderung . Sie sagen, dass damit zu viel frage zulassen . – Die schwungvolle Art Ihres Beginns Bürokratie verbunden ist: Dann lassen Sie uns darüber und Ihre Argumentation lassen eher vermuten, dass die reden, wie wir die Bürokratie abbauen, wie wir all dies Erregung bei Ihnen liegt und weniger bei uns . für kleine und mittelständische Unternehmen zugänglich (Beifall der Abg . Kordula Schulz-Asche machen . [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihr Argument zu Frankreich höre ich häufig. Es ist Ih- NEN]: Einverstanden! Macht doch mal einen nen schon bewusst, dass wir hier einen Gesetzentwurf für Vorschlag!) kleine und mittlere Unternehmen vorlegen? Und es ist In meinem Wahlkreis – das ist meine Erfahrung – gibt Ihnen auch bewusst, dass zum Beispiel die Ausführun- es Unternehmen mit fünf Mitarbeitern, die an diesen Pro- gen, die Experten zu diesem Thema machen – vor kur- grammen teilnehmen . Das heißt, es ist nicht so, dass die- zem der Wochenbericht des DIW, den Sie oder derjenige, se Programme für kleine und mittelständische Unterneh- der Ihnen Ihre Rede aufgeschrieben hat, möglicherweise men prinzipiell nicht geeignet sind . Daran müssen wir im Hinterkopf haben und der sich kritisch mit der Frage meines Erachtens aber noch mehr arbeiten . Frankreichs auseinandersetzt –, nicht berücksichtigen, dass in Frankreich eben alle Unternehmen eine steuer- (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . liche Forschungsförderung erhalten? Deshalb würde ich Dr . Daniela De Ridder [SPD]) Sie bitten, in Ihren Ausführungen darauf Rücksicht zu Steuerliche Forschungsförderung bedeutet natürlich nehmen . auch, dass wir Subventionen geben . Wir müssen immer Mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen argu- sehr, sehr vorsichtig sein, wenn wir Subventionen auf mentieren wir, dass die Art der Projektförderung, die wir den Weg bringen . Subventionen erzeugen einen Abhän- haben, eben nicht in dem Maße zur Wirkung kommt, wie gigkeitseffekt . Man gewöhnt sich an sie, man wird von es gedacht ist . Ich würde Sie bitten, sich auf den Gesetz- ihnen abhängig . Es gibt Leute, die sagen: Das ist wie eine entwurf zu konzentrieren . Dann bekommen wir eine gute Droge . – So weit will ich nicht gehen . Aber Subventi- Debatte hin . onen verzerren Entscheidungen, und Subventionen ver- (B) zerren den Wettbewerb . Vor allen Dingen haben wir ein (D) Vielen Dank . Problem – darüber müssen wir insgesamt einmal reden –: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Welche Subvention wird denn evaluiert? Wo wird denn Dr .Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE geguckt, welche Wirkmächtigkeit eine Subvention hat? GRÜNEN]: Vielleicht sollten Sie den mal le- Auch über diese Geschichte müssen wir reden . sen, den Gesetzentwurf!) Nichtsdestotrotz: Es kann gerechtfertigt sein, an der einen oder anderen Stelle Subventionen zu geben . Wenn Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): das so ist, dann aber bitte nicht über das steuerliche Sys- Lieber Herr Kollege Gambke, ich konzentriere mich tem . Wenn uns etwas Gutes einfällt, sagen wir immer: auf den Gesetzentwurf . Sie haben nämlich das EFI-Gut- Der Transmissionsriemen ist das Steuersystem . Jetzt achten als Kronzeugen in Ihrem Gesetzentwurf ange- stehe ich hier auch als Finanzpolitiker, und als solcher führt . Im EFI-Gutachten steht, dass bei den kleinen und sage ich: Die gleichen Leute, die heute die steuerliche mittelständischen Unternehmen Frankreich sehr weit Forschungsförderung hochhalten – wie gesagt, ich will vorne liegt . Nehmen Sie das zur Kenntnis . Die andere das nicht kritisieren –, sagen an anderer Stelle: Das deut- Geschichte – Sie können sich wieder setzen – kommt im sche Steuersystem ist zu kompliziert, das müsste man Laufe meiner Rede noch vor . dringend einfacher gestalten .– Das ist ein Wertungs- widerspruch . Wenn ich das deutsche Steuersystem, das Ich war stehen geblieben bei den Exzellenzinitiativen . einfach, gerecht und ergiebig sein soll, mit Steuerungs- Ich möchte gerne weitermachen mit einer unglaublich und Lenkungszwecken belaste, dann wird es irgendwann guten Sache, die wir hier in Deutschland eingeführt ha- richtig kompliziert . Sie können mir jetzt vorhalten, dass ben, mit den Spitzenclustern . Es gibt Spitzencluster im das auch für die Wohnungsbauförderung gilt . Ja, das ist Bereich der Innovation von intelligenten technischen richtig . Das ist auch bedenklich . Und ja, das gilt auch für Systemen bei mir in Ostwestfalen, im Bereich der Kar- die steuerliche Förderung der Elektromobilität; auch das bontechnologie in Bayern und ganz viele andere Dinge . ist richtig . Ich bin der Meinung: Der Transmissionsrie- Diese Infrastruktur – das ist die Herausforderung – müs- men Steuersystem sollte nur sehr, sehr dosiert angewandt sen wir besser zugänglich machen für die kleinen und werden . mittelständischen Unternehmen . Dass da ein Bedarf be- steht, ist klar . Es gibt schon Projekte, die darauf hinwir- Nächster Punkt. Wir haben natürlich auch eine fis- ken . Es ist zielführend, zu fragen: Was habe ich, und wie kalische Komponente . Wir stehen momentan vor ganz kann ich aus dem, was ich habe, etwas noch Besseres schwierigen Haushaltszeiten . Wir haben die Herausfor- machen? Daran sollten wir arbeiten . derung der Migration . Es geht ferner um äußere Sicher- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15979

Ralph Brinkhaus (A) heit und innere Sicherheit . Wir alle wissen sehr genau, es ein Innovationsklima gibt, als direkt in irgendeiner Art (C) dass die Steuereinnahmen nicht auf ewig so bleiben wer- und Weise einzusteigen . den, wie sie jetzt sind, dass wir mit einer konjunkturellen Delle und einer höheren Arbeitslosigkeit rechnen müs- Das ist das Angebot, liebe Kolleginnen und Kollegen sen . Wir haben die Schuldenbremse . In dieser Situation von den Grünen: Wenn Sie bereit sind, darüber nach- neue Maßnahmen und Programme zu fordern, ist meines zudenken, wie wir die Steuerlast senken, wie wir die Erachtens sehr ambitioniert . Bürokratie abbauen, wie wir die Zahl von Vorschriften senken, wie wir mittelständischen Unternehmern helfen, Sie können jetzt, wenn Sie mir noch zuhören, sagen: ihrem Geschäft nachzugehen, dann haben wir eine gute Aber das ist doch alles so schrecklich wichtig; wir müs- Diskussionsgrundlage . sen das doch an dieser Stelle machen .– Komischerwei- In dem Sinne: Herzlichen Dank . se – das sage ich auch als Haushaltspolitiker – ist alles immer schrecklich wichtig . Dementsprechend muss (Beifall bei der CDU/CSU) man eine Priorisierung vornehmen, was nicht dagegen spricht, die Forschung bei kleinen und mittelständischen Vizepräsident Peter Hintze: Unternehmen zu fördern . Aber man sollte das intelligent Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge- machen . ordneten Dr . Petra Sitte, Fraktion Die Linke . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der LINKEN) NEN]: Ich finde das derartig uninspiriert!)

Sie haben gesagt: Sie immer mit Ihren Patentboxen .– Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Patentboxen gibt es in vielen Ländern auf dieser Welt . Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Alle Jah- Sie bedeuten – das sage ich für diejenigen, die mit dem re wieder!“, möchte man fast ausrufen . steuerlichen System nicht so vertraut sind –, dass die (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ergebnisse von Wissenserwerb, Patente und Lizenzen, NEN]: Nein, das Gesetz ist neu!) privilegiert besteuert werden . Das ist eine Geschichte, die Realität ist . Jetzt wird eines geändert – und zwar auf- So wie Ostern als Auferstehungsfest über uns kommt, grund der internationalen BEPS-Initiative; dabei geht es so feiern wir im Bundestag immer mal wieder in einer darum, Steuervermeidung zu bekämpfen –, indem gesagt Debatte die Auferstehung der steuerlichen Forschungs- wird: Ihr könnt in Irland, in den Niederlanden und in den förderung, und zwar dank diverser Verbände, beispiels- anderen Ländern, wo das so gemacht wird, Patente und weise des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, die (B) Lizenzen nur noch dann privilegiert besteuern, wenn dort trotz der bisherigen Absage immer wieder Lobbyarbeit (D) auch geforscht wird .– Dies wird in vielen Gutachten betreiben, nur eben nicht für den Forschungsmittelstand, nicht berücksichtigt . Man muss sich darüber unterhalten, sondern vor allem für die großen Unternehmen . Diesmal was passiert, wenn ich weiß, dass ich in Irland auf die haben sich sogar die Bündnisgrünen die Mühe gemacht, Erlöse, die ich aus einem Patent erziele, weniger Steuern einen Gesetzentwurf zu erarbeiten . Ich verstehe es, ehr- zahle als in Deutschland, aber nur, wenn ich auch in Ir- lich gesagt, nicht ganz . Denn eigentlich ist aus anderen land forsche . Das wird viel verändern, ob uns das gefällt Debatten längst klar, dass die Unionsfraktion es eben oder nicht . Deswegen würde ich das mit den Patentboxen nicht nur wie Sie auf den Mittelstand begrenzen will, nicht einfach so abtun, Frau Andreae . Wir müssen uns, sondern dass es eben auch für die großen Unternehmen glaube ich, sehr ernsthaft damit beschäftigen . gelten soll .

(Beifall bei der CDU/CSU – Kerstin Andreae (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind die Dann kann es sein, dass Ihr guter Vorschlag oder Ihr gut Mitnahmeeffekte! Unlogisch!) gemeinter Vorschlag zu Ostern ein sehr faules Ei wird . Letzter Punkt . Wir haben auch einen ordnungspoliti- (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) schen Rahmen . Der ordnungspolitische Rahmen besagt, Bevor ich nun zum Gesetzentwurf selber etwas sage, dass der Staat dafür verantwortlich ist, Infrastruktur be- will ich die Grundsatzfrage ansprechen: Erreicht diese reitzustellen, gut ausgebildete Menschen bereitzustel- Form der Förderung überhaupt das, was Sie wollen? Der len, die Rahmenbedingungen durch Rechtssicherheit Steuerbonus auf FuE-Kosten soll quasi über einen staat- und ein vernünftiges Steuersystem so zu schaffen, dass lichen Zuschuss private Investitionen anregen . Sehen wir wirtschaftliches Handeln möglich ist . Dass man in ei- uns die Erfahrungen im Ausland an . Das Deutsche In- nen wirtschaftlichen Prozess hineingrätscht und dort stitut für Wirtschaftsforschung in Berlin hat verglichen, durch direkte Subventionen etwas tut, sollte eigentlich welche OECD-Länder in welcher Höhe Steuerzuschüsse die Ausnahme sein . Deswegen sollten wir uns an jeder gewähren . Es hat dann auch gezeigt, wie sich nachfol- Stelle sehr genau überlegen – auch aus ordnungspoliti- gend die Investitionen der Unternehmen in Forschung schem Grund –, wo wir als Staat in Wirtschaftsprozesse und Entwicklung gestaltet haben . direkt intervenieren und wo wir es sein lassen . Wir als Union sagen: Es ist immer besser, den Ordnungsrahmen Nun zu den Ergebnissen . Ich betrachte zunächst ein- bereitzustellen . Es ist immer besser, dafür zu sorgen, dass mal die volkswirtschaftliche Ebene . Da gibt es keine wir gute Fachkräfte haben, dass die Abgabenlast nicht zu eindeutigen Wirkungen . Ein hoher Steuerbonus bringt hoch wird, dass es nicht zu viel Bürokratie gibt und dass nicht automatisch Wachstum privater FuE-Investitionen . 15980 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Dr. Petra Sitte (A) In Ländern wie Österreich, Japan und Südkorea wird ein Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C) hoher Anteil über Steuern gefördert und bewirkt private NEN): Investitionen . In Japan jedoch kann derzeit kein spür- Frau Kollegin, es tut mir leid, dass ich noch eine bares Wachstum mehr nachgewiesen werden . Andere Zwischenfrage stellen muss . Aber ich muss sie stellen, Länder wickeln ebenfalls einen sehr hohen Anteil ihrer weil Sie eben gesagt haben: Es gibt in der Tat Untersu- Forschungsförderung über Steuern ab . Dort aber stag- chungen, die belegen, dass jeder Forschungs-Euro, der niert die FuE-Tätigkeit der Unternehmen auf niedrigem als Förderung bereitgestellt wird, die eigenen Aufwen- Niveau, oder sie sinkt sogar, beispielsweise in Kanada, dungen der Unternehmen reduziert .– Das aber ist leider Großbritannien oder Frankreich . wenig untersucht worden . Es gibt eine Untersuchung – sie wurde am ZEW in Mannheim durchgeführt –, die ge- Schließlich gibt es Länder, die keine steuerliche For- nau besagt, dass die kleinen und mittleren Unternehmen, schungsförderung realisieren . Dennoch nehmen sie die gefördert werden, auf jeden Euro Förderung 30 Cent Spitzenplätze bei der FuE Intensität ein, beispielswei- drauflegen und die großen Unternehmen den 1 Euro, den se die Schweiz oder eben auch Deutschland und lange sie bekommen, in der Tat als Subvention ihrer eigenen Jahre auch Finnland und Schweden . Das Deutsche In­ Forschungstätigkeit nehmen . Insofern: Es gibt diese Un- stitut für Wirtschaftsforschung zeigt nun, dass es ledig- tersuchung . lich ein Land – und damit eine Volkswirtschaft – gibt, in dem eine deutliche Steigerung der Steuerzuschüsse eine Ich weise noch einmal darauf hin – übrigens auch ebenso deutliche Steigerung der privaten Investitionen in mit Blick auf Ihre Bemerkungen zu Kanada und Frank- Innovationen gebracht hat, nämlich Österreich, also ein reich –: Wir konzentrieren uns hier auf kleine und mittle- einziges Land . Daraus folgt: In allen anderen Ländern re Unternehmen . Wenn Sie – so wie ich als Mittelstands- lässt sich dieser Zusammenhang direkt nicht nachweisen . beauftragter – dort unterwegs sind, werden Sie sehen, dass die Förderung genau da ansetzen muss . Also noch (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einmal: Es gibt die Untersuchung, die zeigt, dass die För- NEN]: Daraus folgt, dass diese Studie frag- derung gerade von kleinen und mittleren Unternehmen würdig ist!) angenommen wird .

Das sollten wir auf der Rechnung haben, wenn wir über (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Steuergeschenke in Milliardenhöhe reden . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, so ist das mit Studien . Das ist bei den Forschungs- Wir sollten die Studie kritisch betrachten! – mittelständlern nicht durchgängig so . Dass es bei den (B) Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- großen Unternehmen so ist, wissen wir schon seit langer (D) NEN]: Eine einzige Studie von einer einzigen Zeit . Aber Sie beziehen sich in Ihrem Gesetzentwurf ja Person!) ausdrücklich auf kleine Forschungsmittelständler und kleinere Unternehmen . Nun zu der zweiten Betrachtungsebene – das eben war die volkswirtschaftliche Ebene; kommen wir jetzt zu den (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Unternehmen –: Untersucht man einzelne Unternehmen NEN]: Eben!) nach Effekten von Steuerboni, zeigt sich: Ja, die Unter- Wir wissen doch ganz genau: Wenn wir hier im Haus nehmen investieren mehr, wenn es einen Steueranreiz eine solche Debatte führen, werden wir auch darüber re- gibt . Aber sie bieten in etwa nur das auf, was der Staat den müssen, dass das nicht auf Mittelständler beschränkt gegenfinanziert. Das heißt also, wenn sie 1 Euro Steu- bleibt . ererstattung erwarten können, dann investieren die Un- ternehmen etwa genau diesen 1 Euro in Forschung und (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Entwicklung . Das ist eine Förderquote von 100 Prozent . NEN]: Das ist so um die Ecke gedacht!) Gute Deals für die öffentliche Hand, meine Damen und – Ja, Frau Andreae, Sie können ja dieser Meinung sein; Herren, müssen aus unserer Sicht anders aussehen . auch ich kann dieser Meinung sein . Aber dann kam der (Beifall bei der LINKEN) Redner der Union daher und sagte: Nein, wir reden auch über den anderen Teil der Volkswirtschaft . (Dr . Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Rich- Vizepräsident Peter Hintze: tig! – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE Frau Kollegin, der Kollege Dr . Gambke, Bündnis 90/ GRÜNEN]: Na ja, die Rede war sowieso ko- Die Grünen, möchte eine Zwischenfrage stellen . Darf er misch!) das? – Sie hören es doch: „Richtig!“, sagt er . (Dr .Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Ja, weil (DIE LINKE): Dr. Petra Sitte es richtig ist, Frau Kollegin!) Ich will versuchen, sie zu beantworten . – Ich lasse mir ja ungern von Ihnen recht geben, aber in diesem Falle ist es dann doch so . Vizepräsident Peter Hintze: (Dr . Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Es gibt in Bitte schön, Herr Dr . Gambke . Sachsen-Anhalt auch ein paar Industriebetrie- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15981

Dr. Petra Sitte (A) be, die Arbeitsplätze schaffen, Frau Kollegin! me des Forschungsmittelstandes verweisen ebenfalls auf (C) Auch in Sachsen-Anhalt!) den Erfolg bestehender Programme . Also müssen wir tatsächlich über die Frage reden: Wo Es heißt doch: Never change a winning team .– Mit sind diese Mitnahmeeffekte zu konstatieren? einem Systemwechsel in der Förderung, der damit ein- hergehen würde, Drittens: zum Gesetzentwurf . Dieser Gesetzentwurf verlangt eben auch eine Antwort darauf, wo die steuer- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- liche Förderung eigentlich herkommen soll . Die Grünen NEN]: Kein Systemwechsel!) rechnen in ihrem Gesetzentwurf bei kleinen und mittel- oder auch nur mit einer Schwächung der erfolgreichen ständischen Unternehmen mit unter 250 Mitarbeitern mit Projektförderung schießen wir uns doch hier selber ins Steuerausfällen von 770 Millionen Euro . Knie . Die Linke will das auf keinen Fall . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der LINKEN – Kerstin Andreae NEN]: Ja!) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben doch gar keinen Systemwechsel vorgeschla- Das ist schon mal kein Pappenstiel . gen! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Vorher haben Sie einen Popanz aufge- NEN]: Ja!) baut!) Folgt man aber den Industrieverbänden, dann sollen – Nein, man muss proaktiv denken . Das wissen Sie doch, ja, wie gerade schon angesprochen, auch Großunterneh- Herr Gehring . men einbezogen werden . Das bedeutet nach den Berech- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nungen, dass es sich um eine Größenordnung zwischen 4 NEN]: Das mache ich doch schon!) und 6 Milliarden Euro handelt . Das wiederum entspricht der gesamten Innovationsförderung des Bildungs- und Bei der Projektförderung fließt nicht nur Geld, sondern Forschungsministeriums . Nun kann man sagen: Wenn erfolgt auch eine hilfreiche Beratung; sie hilft bei Vernet- das zusätzlich kommt, wäre das ja interessant .– Aber zungen . Daher ist es doch allemal besser, das bestehende ich glaube nicht, dass Herr Schäuble – gerade in der System weiterzuentwickeln und zu qualifizieren. gegenwärtigen Situation – als „Mister Black Zero“ hier Als Argument pro Steuerbonus wird immer wieder tatsächlich 4 bis 6 Milliarden Euro zusätzlich freimacht . angeführt, das sei unkompliziert, das könne man relativ (Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN – schnell leisten . Umgekehrt wird der Vorwurf gemacht, die Projektförderung sei zu kompliziert . Der Steuerbonus (B) Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Die Länder (D) müssten sich übrigens auch beteiligen!) wird mit der Steuerabrechnung ausgezahlt . Ich habe es hier schon einmal gesagt: Genau an diesem Punkt wer- Damit gerät die Innovationsförderung über Projekte den sich die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Gefahr, weil natürlich im Raum schwebt, dass dann mit ihren Finanzämtern streiten, weil sie genau abgren- eventuell dort abgesenkt wird . Die Linke will das weder zen müssen, welche Mittel dafür vorgesehen sind . riskieren, noch – auch das will ich ganz klar sagen – wol- len wir die Lenkungswirkung, die mit der Projektförde- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rung ermöglicht wird, aufgeben . NEN]: Deshalb macht das ein Forschungszen- trum in Jülich!) (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Ich teile Ihren Ansatz ausdrücklich nicht, weil er sich Swen Schulz [Spandau] [SPD] – Dr .Philipp nicht umsetzen lässt . Sie werden an dieser Stelle mit dem Lengsfeld [CDU/CSU]: Das hätte uns auch Finanzministerium und mit den Finanzämtern keine Ei- sehr gewundert, wenn Sie die Lenkungswir- nigkeit herstellen . Die wollen das penibel vorgerechnet kung hätten aufgeben wollen!) und abgegrenzt haben . Wenn dann nach drei Jahren, in – Sie haben das bisherige System geschaffen, Herr denen das Unternehmen den Steuerbonus bekommen hat, Lengsfeld, und das wollen Sie ja auch lenken; der Tiefenprüfer kommt und sagt, dass sich das nicht ge- nau abgrenzen lässt, dann hat es ein Problem, weil es den (Dr . Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Es ging Steuerbonus zurückzahlen muss . Das funktioniert in der mir gerade um die Staatslenkung! Von daher Praxis eben nicht . Damit geht das trotz guter Absicht den wäre das jetzt erstaunlich gewesen!) Bach runter . ob wir da immer einer Meinung sind, ist eine ganz andere Mit der steuerlichen Forschungsförderung – ich glau- Frage . be, das ist ein ganz wichtiges Argument – fließt das Geld im Übrigen erst im Nachhinein . Das heißt, die Unterneh- Angesichts dieser Kosten ist also nicht verwunderlich, men wissen nicht genau, ob sie das Geld wirklich ein- dass der aktuelle Koalitionsvertrag die steuerliche For- rechnen können . Auch hier bleibt eine erhebliche Unsi- schungsförderung diesmal überhaupt nicht enthält . Sie cherheit, und diese Unsicherheit wollen wir nicht . ist zu teuer, und ihre Wirkung ist zu unsicher . Viele For- schungsmittelständler, die bisher Projektmittel bekom- Außerdem müssen die Unternehmen in Vorleistung men haben, befürchten zu Recht, dass dieses bewährte gehen . Worüber diskutieren wir denn gerade bei kleinen Instrument Federn lassen könnte . Der Verband Innovati- und mittelständischen Unternehmen? Ihre Eigenkapital- ver Unternehmen und die Zuse-Gemeinschaft als Stim- decke ist ziemlich dünn . Sie müssen in Vorleistung gehen 15982 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Dr. Petra Sitte (A) und mit den Banken verhandeln . Eine Niedrigzinsphase Eine Innovation, also eine Forschung im Kontext mit (C) ist nicht besonders günstig, um ein starker Geschäfts- erhöhten Risiken, die sich auf eine Ex-post-Förderung partner für die Banken zu sein . Die Absicherung der Ri- gründet, verbindet sozusagen Risiko und Kosten mit dem siken können die kleinen Unternehmen meist nicht im Moment der Hoffnung . Das ist aber vielleicht noch etwas geforderten Maße sicherstellen . Das bedeutet, dass am zu vage . Ende sowohl die Unternehmen als auch ihre Standorte geschwächt werden, und auch das wollen wir als Linke Auch das, was Ralph Brinkhaus gesagt hat, ist, glaube nicht . ich, etwas zu vage . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall der Abg . Kerstin Andreae [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]) Mittelständler werden im Übrigen nicht durch ei- nen Steuerbonus von 10 Prozent, 15 Prozent oder auch Er hat gesagt, es werde schon genug Forschung und Ent- 20 Prozent konditioniert . Wir brauchen vor allem Netz- wicklung geben, wenn die Vermögen- und die Erbschaft- werke mit Universitäten und Forschungseinrichtungen; steuer abgeschafft würden, wenn überhaupt die Steuern das ist gerade gesagt worden . Daneben brauchen wir eine gesenkt würden und es einen Bürokratieabbau gäbe . Ich Förderung im Umfeld der Markteinführung . Hierfür gibt glaube, es wäre ein bisschen schwierig, wenn wir es uns es viel zu wenige Ansätze . Darauf sollten wir uns stärker so einfach machen würden . konzentrieren . Was den Ländervergleich angeht, hat Petra Sitte, wie Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat ich finde, sehr gut abgeleitet, wie gefährlich der ist. Man folgendes Fazit gezogen – ich zitiere wörtlich –: „Steu- muss schon immer die ganze Landschaft begreifen . erliche Forschungsförderung ist ein stumpfes Schwert “. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Lassen Sie uns also das bestehende System qualifizieren. NEN]: Richtig!) Sozioökologische Perspektiven brauchen nämlich ver- lässliche Laufzeiten, eine verlässliche Finanzierung und, Es geht nicht, einen Parameter – Forschung und Ent- wie Herr Brinkhaus gesagt hat, selbstverständlich auch wicklung für kleine und mittlere Unternehmen in einem verlässliche Strukturen in den Rahmenbedingungen . bestimmten Land – zu nehmen und daraus Schlussfolge- rungen für das eigene Land zu ziehen . Ein solches Vor- Danke . gehen wäre naiv und könnte nicht funktionieren, weil wir (Beifall bei der LINKEN) die Wirkung überhaupt nicht kennen . Im Grundsatz finden wir gut, was die Grünen sagen. Vizepräsidentin : Die bisherige Innovationsförderung im Bereich FuE er- (B) (D) Vielen Dank . – Nächster Redner ist der Kollege Lothar reicht die KMUs nur unzureichend . Binding für die SPD-Fraktion . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der SPD) NEN]: Ja!) Das finden wir auch. Wir finden auch den technischen Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Ansatz gut: 15 Prozent aller FuE Ausgaben könnten Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! steuerlich angerechnet werden . Das haben wir auch so Sehr geehrte Damen und Herren! Kerstin Andreae hat in unserem Industrie 4 0-Papier. unter dem Stichwort gerade gefragt, was wir, die SPD, jetzt machen werden, „Tax Credit“ entwickelt. Weiterhin finden wir gut, den ob wir uns auf die Seite der CDU/CSU oder auf die Seite Forschungsbonus zu begrenzen auf KMU Unternehmen der Linken schlagen . mit nicht mehr als 249 Mitarbeitern und einem Umsatz von höchstens 50 Millionen Euro – allerdings unter Aus- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schluss der Doppelförderung . Sie sehen also, dass wir NEN]: Das ist die gleiche Seite!) Ihren Vorschlag a priori nicht schlecht finden. Er braucht – Ja, eben, wenn die Rede nicht ambivalent sein kann, aber sicherlich noch eine Feinjustierung . dann ist sie multivalent .– Du hast aber auch gesagt: Wir (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- brauchen eine Förderung, die zur Dynamik der Wissens- NEN]: Gerne!) mehrung unserer Gesellschaft passt . Auch Folgendes ist gut: Wenn die Kosten für FuE den (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Einkommensteueranteil überschreiten, verwandelt sich NEN]: Ja!) die Steuergutschrift in einen echten Zuschuss . Das ist Das ist ein guter Anspruch . Jetzt muss man überlegen, schon der Weg, den man gehen muss, um kleinen und ob der gemachte Vorschlag hinreichend dafür ist oder ob mittleren Unternehmen an dieser Stelle zu helfen . damit nicht möglicherweise nur eine bürokratische Stan- dardforschung gefördert wird . Das kann man zumindest Natürlich hat der Vorschlag große Tücken . Er führt nicht ausschließen . Noch wichtiger aber ist – das wurde nämlich – das wurde schon gesagt – zu Mitnahmeef- schon erwähnt –, dass es sich dabei um eine Ex-post-För- fekten, weil er völlig unspezifisch ist. Wenn ich der Ge- derung handelte . schäftsführer eines kleinen oder mittleren Unternehmens wäre, müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn ich (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht das, was ich sowieso schon tue, dann einfach als NEN]: Das ist leider auch nicht richtig!) FuE deklariere, womit es förderungswürdig wäre . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15983

Lothar Binding (Heidelberg) (A) Auch wichtig ist: Speziell in Abgrenzung zur Projekt- schon die Kosten für FuE als Betriebsausgaben abgesetzt (C) förderung ist die Zielgenauigkeit der Regelungen in die- werden. Aber das ist die unspezifischste Förderung, die sem Vorschlag mit der einer Gießkanne zu vergleichen . man sich vorstellen kann . Das ist zwar eine Hilfe, aber Die Zielgenauigkeit ist der große Vorteil der Projektför- entbehrt jeder Zielgenauigkeit . derung . Allerdings ist auch schon viel passiert . Ein Blick auf (Dr .Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE die Förderlandschaft zeigt: Es gibt eine institutionelle GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfra- Förderung, die Vorlaufforschung ermöglicht . Es gibt den ge) Pakt für Forschung und Innovation; das Stichwort „Ex- – Du hast doch schon zwei Zwischenfragen gestellt . zellenzcluster“ ist schon erwähnt worden . Ralph Brinkhaus hat vorhin gesagt, dass es aber auch (René Röspel [SPD]: Sehr gute Idee!) Unternehmen mit fünf Mitarbeitern gebe, die an der Pro- In diesem Zusammenhang sind auch die Hochschu- jektförderung teilnehmen . Ein solches Beispiel mag es len und Universitäten, die Fraunhofer-Gesellschaft, die geben . Projektförderung kann aber, ehrlich gesagt, nicht Max-Planck-Institute, die Helmholtz-Gemeinschaft, die unser systemischer Förderungsansatz für KMUs sein . Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (Beifall der Abg . Kerstin Andreae [BÜND- sowie die DFG zu nennen . Es gibt schon eine sehr aus- NIS 90/DIE GRÜNEN]) gefeilte Landschaft, die Forschung in der von uns ge- wünschten Weise organisiert . Da muss mehr passieren . Jeder, der schon einmal einen Forschungsantrag gestellt hat, der ja mitunter in 500 Sei- Es ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten, um ten dicken Bänden ausartet, weiß, dass hier eine Ergän- auch unseren Koalitionspartner dazu zu bringen, die von zung vonnöten ist . Wir wissen genau – das kann man mir erwähnten Defizite gesetzgeberisch zu beheben. Das nicht leugnen –: Kleine und mittlere Unternehmen schre- ist sicherlich eine schöne Aufgabe . Wir diskutieren sol- cken häufig vor bürokratischen Hindernissen zurück. che Dinge auch sehr gern . Dabei ist unsere Hoffnung im- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ mer größer als die Befürchtung . Mit diesem ins Positive DIE GRÜNEN) gewendeten Satz möchte ich das Thema heute beschlie- ßen . Große Unternehmen schultern – das muss man sagen – solche Anträge leicht . Ich habe viel mit SAP zu tun . Die (Beifall bei der SPD) können, weil sie eine Abteilung dafür haben, solche An- träge exzellent stellen . Das sind also zwei Welten, die Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (B) nicht miteinander zu vergleichen sind . Deshalb sind wir (D) Vielen Dank .– Nächster Redner ist der Kollege auch nicht a priori gegen einen solchen Gedanken . Wir Dr . Philipp Murmann, CDU/CSU-Fraktion . sind aber noch nicht so weit, ihn in der Weise zu unter- stützen, dass wir Ja zu eurem Antrag sagen . (Beifall bei der CDU/CSU) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Macht doch mal Vorschläge! Wär doch Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): schön, wenn wir das zusammen machen wür- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und den!) Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist klar: Wir haben, was die Koalition bzw . die Regierung Forschung und Entwicklung sind einer der Treiber für angeht, auch Selbstkritik vorzutragen: Wir hatten eine unseren Wohlstand und einer der wesentlichen Treiber gute Gelegenheit für ein Gesetz zur Förderung von FuE; für unsere volkswirtschaftliche Stärke der Zukunft . Ich darauf haben wir verzichtet . Wir haben auch kein Ven- denke, zumindest darin sind wir uns alle einig . ture-Capital-Gesetz gemacht . Auch das wäre sehr gut gewesen . Ich habe da schon eine scharfe, aber abstrakte Leider – das ist in den heutigen Zeiten so – wird das Kritik im Kopf: Thema häufig von ganz anderen Debatten überlagert. Da muss ich den Grünen danken: Wir führen im Moment lei- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: der zu wenig Debatten über Forschung und Entwicklung . Die Union ist innovationsfeindlich! – Ralph Insofern ist es schön, dass Sie das Thema auf die heutige Brinkhaus [CDU/CSU]: Wir hätten schon ge- Tagesordnung gesetzt haben . wusst, was wir da reingeschrieben hätten! Es hat an der SPD gelegen!) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist ja nett!) Fiskalische Ziele dominieren bei uns zu stark bestimmte Zukunftsaufgaben . Ich will ein weiteres Lob hinzufügen . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) NEN]: Sie dürfen auch zwei!) Man kann durchaus feststellen, dass es in der Koalition Sie haben sich mit diesem Antrag viel Mühe gemacht . große Debatten darüber gibt . Wir sagen: Da kann man zukunftsorientiert sehr viel mehr machen, als wir gegen- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wärtig in der Koalition leisten . Natürlich können jetzt NEN]: Gesetzentwurf!) 15984 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Dr. Philipp Murmann (A) Das könnte man als selbstverständlich hinnehmen . Aber einmal sagen – von der steuerlichen Forschungsförde- (C) neben einigen Schatten, über die ich gleich noch spreche, rung absolut begeistert ist . gibt es in diesem Antrag auch viel Licht . (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Dann hören Sie auf dieses Herz!) NEN]: Jetzt aber! – Kai Gehring [BÜND- Was würde sie zum Beispiel für uns Unternehmer bedeu- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist der Union ten? Wir würden uns natürlich etwas weniger mit Anträ- doch noch ein Licht aufgegangen!) gen beschäftigen, auch wenn ich sagen muss: Das, was hier aufgezeigt wurde – Anträge mit 500 Seiten –, ist in Insofern ist es schön, dass wir uns heute darüber unter- der Regel bei mittelständischen Unternehmen nicht der halten . Fall . Das ist schon relativ schmal aufgezogen . Dennoch muss man sich mit einem solchen Antrag beschäftigen „Forschung und Entwicklung für Mittelständler“ ist und ihn auch einreichen . Darüber vergeht Zeit, und das ein Thema, über das wir lange diskutieren sollten und ist im Bereich von Forschung und Entwicklung nicht so wozu ich das eine oder andere beitragen möchte . Das gut; denn Zeit spielt eine wesentliche Rolle . EFI-Gutachten, das uns jedes Jahr vorgelegt wird und das wir immer intensiv diskutieren, zeigt uns auf, wie gut (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir in vielen Bereichen sind . In dem Gutachten wird aber NEN]: Herr Brinkhaus, gut zuhören jetzt! auch immer darauf hingewiesen, dass das Instrument der Nicht twittern!) steuerlichen Forschungsförderung darüber hinausgehen Was könnten speziell wir mit dieser Förderung ma- und uns noch besser machen könnte . Insofern lohnt es chen? Wenn wir von dem Modell ausgehen, das wir da- sich, darüber zu diskutieren . mals erarbeitet hatten, könnten wir wahrscheinlich vier zusätzliche Entwickler einstellen . Dann könnten wir ent- Die Forschungsförderung ist ein sehr spezifisches In­ weder die Projekte beschleunigen, die schon vorhanden strument . In der Zeit der Koalition mit der FDP stand die- sind – das trägt zur Wettbewerbsfähigkeit bei; dann ist ses Instrument sogar im Koalitionsvertrag . Das ist leider man ein bisschen früher am Markt und kann früher sei- nicht zum Tragen gekommen . Einige von uns bedauern nen Prototypen erstellen –, oder, was ich noch reizvol- das; ich gehöre dazu . Wir hatten uns damals auf einige ler finde, das Projekt, das sonst immer hintenrunterfällt, Eckpunkte geeinigt, die allerdings deutlich von Ihren ab- mit bearbeiten . Vielleicht generiert es später auch einen weichen . Ertrag, an dem wir uns als Unternehmer erfreuen, aber an dem ich mich auch als Finanzpolitiker erfreuen kann, (Dr . Daniela De Ridder [SPD]: Die FDP!) weil der Ertrag dann besteuert wird . Insofern würde ich (B) sagen: Als Unternehmer habe ich viel Sympathie dafür . (D) Wir hatten zwar auch das Modell einer Steuergutschrift gewählt, uns dabei aber auf die Personalkosten im (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- FuE-Bereich konzentriert . 10 Prozent der Personalkos- NEN]: Jetzt müssen Sie noch die Kurve krie- ten als Bemessungsgrundlage sollten für eine Steuer- gen, warum Sie es trotzdem nicht machen!) gutschrift herangezogen werden . Ich halte das für einen Ich möchte noch kurz auf Ihre Spezifizierung von gro- sinnvolleren Ansatz, als Geschenke nach dem Gießkan- ßen, mittleren und kleinen Unternehmen eingehen . Zu nenprinzip für alle Kosten zu verteilen, wie Sie das vor- den kleinen und mittleren Unternehmen zählen Unter- schlagen, ganz abgesehen davon, dass die Bemessung nehmen, die nicht mehr als 249 Mitarbeiter haben . Wenn dieser Kosten deutlich schwieriger ist als bei einer weite- Sie sich zum Beispiel mit dem VCI genauer beschäftigen, ren Differenzierung . dann werden Sie feststellen, dass es eine ganze Menge mittlerer Unternehmen gibt, die um die 300 Mitarbeiter Dann geht es um die große Frage der Differenzierung haben . Deswegen ist diese Grenze – bis 249 Beschäftigte zwischen kleinen und mittleren Unternehmen und großen geht es gerade noch; bei 300 geht es aber nicht mehr – für Unternehmen . Wir haben uns damals für einen bestimm- mich nicht sinnvoll . Man muss sich schon ein bisschen ten Fördersatz für kleine und einen deutlich geringeren genauer damit beschäftigen, was die Spezifizierung von Fördersatz für große Unternehmen entschieden . Ich den- kleinen, mittleren und großen Unternehmen ist . ke, es ist durchaus sinnvoll, die mittleren und vielleicht auch die großen Unternehmen in die Betrachtung einzu- Die Konzerne sind allerdings ein ganz anderes The- beziehen . Die Steuermindereinnahmen waren damals mit ma – das wissen wir alle –; sie stehen in einem Stand- ortwettbewerb . Bei ihnen geht es, wenn eine neue For- 1,5 Milliarden Euro berechnet worden . Sie haben jetzt schungsabteilung aufgebaut wird, um die Frage, welcher eine Summe von 770 Millionen Euro errechnet . Ob das Standort am besten ist . Dabei spielt auch der Steueras- so stimmt, lasse ich einmal dahingestellt . Aus meiner pekt eine Rolle, wenn auch nicht die alleinige . Insofern Sicht kann das nicht plausibel sein . Sie beschränken zwar muss man auch das genau im Blick behalten . die Anzahl der Unternehmen . Aber dadurch, dass Sie die Steuergutschrift auf 15 Prozent aller FuE-Ausgaben aus- Ich befasse mich aber auch als Finanzpolitiker mit weiten wollen, müsste die Summe eigentlich größer als dem Thema . Einige Punkte sind schon genannt worden . die damals errechnete sein . Mitnahmeeffekte sind sicherlich nicht ganz auszuschlie- ßen . Gerade bei kleineren Unternehmen kann es durchaus In meiner Brust schlagen zwei Herzen . Das eine ist sein, dass dem einen oder anderen Steuerberater dann, das des Unternehmers, der natürlich – das muss ich hier wenn eine steuerliche Förderung eingeführt wird, auf- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15985

Dr. Philipp Murmann (A) fällt: Eigentlich haben wir in unserem Unternehmen doch dass wir darauf achten, ausreichende Mittel im Haushalt (C) schon immer Forschung und Entwicklung betrieben, und für diesen Bereich bereitzustellen; denn die Projekte sind wir haben dadurch auch eine ganze Menge Kosten . Das häufig vielfach überzeichnet. ist uns zwar in den letzten Jahren noch nicht aufgefallen; aber jetzt fangen wir damit an .– Solche Mitnahmeeffek- (Beifall des Abg . Dr . Heinz Riesenhuber te sind, denke ich, sicherlich nicht ganz auszuschließen . [CDU/CSU]) Damit muss man sich beschäftigen . Vorhin wurde kurz darüber diskutiert, ob wir ein (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wagniskapitalgesetz hinbekommen . Ich befürworte ein NEN]: Natürlich! Das müssen wir! Aber man solches Gesetz sehr . Aber, lieber Herr Binding, klar ist muss auch mal vorangehen!) auch: Bevor wir ein Wagniskapitalgesetz verabschieden, müssen wir die Verlustvorträge regeln . Hier gibt es leider – Ja, das muss man auch . noch zwei Baustellen: Seit vielen Jahren verhandelt das Kommen wir einmal zu Projektbeispielen . Was haben Finanzministerium mit der Europäischen Kommission wir denn heute? Ich glaube, dass die deutsche Projekt- ergebnislos . Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sind förderung – darauf möchte ich abschließend kurz einge- auch bei der SPD noch nicht alle überzeugt davon, dass hen – ein Erfolgsmodell in Deutschland ist, das unseren das Instrument des Verlustvortrags eine hohe Wirkungs- Standort stark macht . kraft entfaltet .– Ich würde mich jedenfalls wahnsinnig freuen, wenn wir noch in dieser Legislaturperiode ein or- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- dentliches Wagniskapitalgesetz hinbekämen . ordneten der SPD) Zum Schluss . Deutschland ist ein super Forschungs- Beispiele dafür gibt es viele, auch in meinem Wahlkreis . und Entwicklungsstandort . Wir alle müssen natürlich da- In der schönen Stadt Schwentinental, die Sie bestimmt ran arbeiten, dass es ständig besser wird . Jeder Vorschlag alle kennen, gibt es ein Unternehmen, das sich auf das ist hier willkommen . Wir sollten weiter darüber reden, Erkennen von Verunreinigungen im Trinkwasser durch wie wir das machen können . In anderthalb Jahren führen Mikroplastik spezialisiert hat und eine Förderung be- wir wieder Koalitionsverhandlungen . Vielleicht können kommt . In Neumünster gibt es ein kleines Unterneh- wir uns dann einigen . men, das faserverstärkte Bauteile herstellt und auch eine solche Förderung erhält . In meinem Wahlkreis werden (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 1,8 Millionen Euro für die Projektförderung von elf Un- NEN]: Schwarz-Grün, oder was? Ihr müsst ternehmen aufgewandt, und zwar im Wesentlichen durch das jetzt machen!) das Programm KMU-innovativ . Das zeigt: Unsere För- – Egal, mit wem wir hoffentlich dann die Koalitionsver- (B) derung kommt an . handlungen führen . – Schon in den letzten Koalitions- (D) Das ZIM-Programm ist schon angesprochen worden . verhandlungen haben wir darüber intensiv diskutiert . Das Es ist ein Zugpferd mit einer Superreputation internati- wurde zum Schluss aber herausgenommen, weil es so onal . viele andere gute Vorschläge gab, die umgesetzt werden mussten . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg . René Röspel [SPD]) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Weil ihr euch bei den Finanzen über Ich denke, auch darüber muss man reden . den Tisch habt ziehen lassen!) Beim Programm KMU-innovativ ist es etwas anders . Damit werden verschiedene Technologiebereiche geför- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: dert . Die Frage ist immer, inwieweit man sich politisch entscheidet, bestimmte Bereiche wie Biotechnologie, Aber jetzt kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kol- Medizintechnik, IKT, Ressourceneffizienz oder zivile lege Murmann . Sicherheit zu fördern, oder ob man eine gewisse Förde- rungsfreiheit vorzieht . Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): Wir haben außerdem – auch das möchte ich noch Das mache ich, Frau Präsidentin . erwähnen – die Arbeitsgemeinschaft industrieller For- Ich wünsche uns allen, dass wir gemeinsam an dem schungsvereinigungen . Auch das ist ein Zugpferd, das es Thema „Forschung und Entwicklung“ arbeiten, dass wir in anderen Ländern nicht gibt . gemeinsam den Standort voranbringen und dass wir die (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und steuerliche Forschungsförderung immer im Blick haben . der SPD) Ich freue mich auf weitere Diskussionen über dieses The- ma . Da gibt es viele Kooperationen zwischen den Unterneh- men auch im Ausland mit Wissenschaftseinrichtungen, Vielen Dank . Universitäten und mit unseren Forschungseinrichtun- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) gen, und das alles in einer Art selbstbestimmter Überwa- chung . Die Mitglieder der AiF, selber Unternehmer, be- schäftigen sich mit der Frage, wie man dieses Instrument Vizepräsidentin Ulla Schmidt: sinnvoll entwickeln kann . Es ist wichtig – leider ist kein Danke schön . – Jetzt hat der Kollege Kai Gehring, Vertreter des Wirtschaftsministeriums mehr anwesend –, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort . 15986 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

(A) Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha! (C) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Forschungspolitiker möchte ich den Finanzpolitikern (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Koalition noch einmal herleiten, warum wir heute NEN]: Hört! Hört!) überhaupt diese Initiative vorschlagen . Um als Wissen- Wenn die einen viel und die anderen noch mehr fordern, sökonomie und Volkswirtschaft zukunftsfähig zu bleiben, sollte im Ergebnis doch mehr als nichts dabei heraus- müssen wir höhere Investitionen in Forschung und Ent- kommen, liebe Koalition . wicklung entfachen, und zwar sowohl mit staatlichen als auch mit privaten Mitteln . Diese Bundesregierung muss (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – sich endlich unser Ziel zu eigen machen, 3,5 Prozent des Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung zu stimmt!) investieren . Dafür ist es höchste Zeit! Dank Ihnen bleibt Deutschland neben Estland das letz- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) te EU-Land, das keine steuerliche Forschungsförderung Nur so rücken wir international endlich in die Gruppe hat . Das benachteiligt im Wettbewerb um die besten Ide- der Innovationsspitzenreiterländer auf und stärken auch en und behindert Innovation . Dieses Hindernis wollen unser wirtschaftliches Fundament . Tragende Stützen die- wir wegräumen! ses Fundaments sind in unserem Land die kleinen und mittleren Unternehmen, die unsere Wirtschaft vielfältig (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – und krisensicher machen und auch Jobmotoren sind . Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wie viele Län- Dieses Fundament darf nicht instabil werden; denn die der haben eine Projektförderung?) KMU-Forschungstätigkeit lässt leider seit Jahren schlei- Die Projektförderung bleibt . chend nach . Da brauchen wir dringend eine Trendwende! (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wie viele (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Länder in der EU haben das?) Deswegen fordern wir als Grüne im Bundestag – ge- nauso wie Ihre regierungseigene Expertenkommission Wenn Sie sagen, sie solle entbürokratisiert werden, dann Forschung und Innovation – seit Jahren, eine steuerliche machen Sie es doch . Wir sind dabei . Immer wieder haben Forschungsförderung für KMUs einzuführen . Früher Experten betont, dass effektive Anreize für Innovationen dachten viele, dass die Union ein Mittelstandsversteher gerade für KMU nicht allein durch die klassischen För- ist . derprogramme gesetzt werden können . Notwendig sind eben auch vernünftige steuerliche Rahmenbedingungen, (B) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Innovationen fördern . Ob es das EFI-Gutachten in (D) NEN]: Das war mal!) Serie war oder auch der Bericht der Fratzscher-Kommis- Das war wohl einmal so . Heute legen wir als erste Frak- sion: Alle Ihre Expertinnen und Experten fordern Sie auf, tion einen Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag vor, eine gezielte steuerliche Forschungsförderung einzufüh- aus dem hervorgeht, wie das konkret gehen kann . ren . Das können Sie doch nicht länger ignorieren! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie haben also eine innovative Opposition . Darüber Wir haben uns als Fraktion intensiv mit der Materie müssten Sie sich als Koalition eigentlich freuen; denn auseinandergesetzt, mit Praktikern, Finanz- und Steu- mehrmals haben Union und SPD die steuerliche For- erexperten, mit Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert . schungsförderung vor Wahlen versprochen, zu Regie- Wir sind überzeugt: Unser „KMU-Forschungsbonus“ rungszeiten dann aber nicht angepackt . Im SPD-„Regie- schließt eine klaffende Lücke in der deutschen Innovati- rungsprogramm 2013–2017“ heißt es: onsförderung . Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern Neben der Projektförderung wollen wir eine neue können ihn in Form einer Steuerermäßigung von 15 Pro- Form der steuerlichen Forschungsförderung etablie- zent aller FuE-Ausgaben in Anspruch nehmen . Wir legen ren, die kleinen und mittleren Unternehmen zugu- da übrigens die Definition der EU zugrunde. Mit diesem tekommt . Forschungsbonus können KMU noch stärker als bisher zum Katalysator für die sozialökologische Modernisie- Aha! rung unserer Wirtschaft werden . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Für diese Unternehmen ist eine unbürokratische sowie des Abg . Lothar Binding [Heidelberg] FuE-Förderung mit klaren und einfachen Regeln wich- [SPD]) tig . Daher haben wir sorgfältig abgewogen, wie wir die Im gemeinsamen Regierungsprogramm von CDU und Zielgenauigkeit gewährleisten und Mitnahmeeffekte des CSU war noch umfassender formuliert: Instruments wirksam verhindern können . Wenn Sie von der Union dies als Hauptargument aufbauen, dann lachen Den Anteil für Forschung und Entwicklung am BIP wirklich die Hühner . Schauen Sie sich Ihre Patentboxen- wollen wir weiter steigern . Dazu soll . . eine steu- vorschläge an; die bergen sehr große Gestaltungsrisiken . erliche Forschungsförderung gehören, die unterneh- Deshalb läuft Ihr Argument völlig ins Leere . merische Anstrengungen für neue Ideen und Tech- nologien unterstützt . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15987

Kai Gehring (A) Wenn ich mir die verbockte schwarz-gelbe Hotelsteu- mehr geben müsse als die reine steuerliche Forschungs- (C) er anschaue, dann muss ich sagen: Die ist um ein Vielfa- förderung . Darauf will ich gern noch zu sprechen kom- ches teurer . men . (Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) Der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, bein- – Die gibt es immer noch . Daran muss man die Leute haltet die steuerliche Forschungsförderung kleiner und manchmal erinnern . – Das ist tatsächlich eine verbock- mittelständischer Unternehmen . Das ist durchaus ein te und verfehlte Subvention . Wir wollen dagegen For- richtiger Ansatz . Ich bin aber in einem Punkt etwas skep- schungsinvestitionen fördern . tisch: Die Grenze für den Erhalt der Förderung liegt bei (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – 249 Mitarbeitern . Das halte ich für fragwürdig; denn es Dr . Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Das Be- gibt aus meiner Sicht durchaus mittelständische Unter- treuungsgeld fehlt noch!) nehmen, die über 249 Mitarbeiter haben und die zu un- terstützen wichtig und notwendig wäre . Wenn Sie meinen, bessere Vorschläge zu haben, dann legen Sie diese doch vor . Jeder konstruktive Änderungs- Gleichzeitig bin ich der Auffassung, dass es keine pau- antrag ist besser als das destruktive Zerreden unseres schale Steuerförderung geben kann . Ich will Ihnen auch Gesetzentwurfs . Wir legen Ihnen eine konkrete Ausge- sagen, warum ich dieser Auffassung bin . Ich will das staltung für dieses wichtige Innovationsinstrument als an einem Beispiel festmachen . Was würde eine solche Zukunftsvorsorge vor – für mehr Ideen und Kreativität, Grenze in der Praxis bedeuten? Ich glaube nicht, dass Sie für neue Produkte und Verfahren . Auf diese Weise sorgen ein solches Ergebnis wollen . Geplant ist nicht, dass alle wir für wirtschaftliche Erneuerung und Jobs mit Zukunft . Unternehmen unabhängig von ihrer Größe eine steuerli- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) che Forschungsförderung in Anspruch nehmen können . Das hieße, dass ein Unternehmen, das im Bereich Kern- Deshalb folgen Sie doch endlich den Ratschlägen aus technik oder im Bereich Waffensysteme forscht – dieses Praxis, Wissenschaft und zahlreichen Regierungskom- Beispiel habe ich mir überlegt; der Gesetzentwurf ist da- missionen, und setzen Sie Ihr eigenes Wahlprogramm rauf anwendbar –, ebenfalls steuerlich gefördert werden um! Oder stimmen Sie einfach unserem Gesetzentwurf könnte, während ein Unternehmen, dessen Größe etwas zu . Die Tüftler und die Daniel Düsentriebs der Republik oberhalb der von Ihnen gesetzten Grenze liegt, das auf und in den KMU werden es Ihnen danken . dem Gebiet Alzheimer forscht und versucht, ein Medika- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ment zu entwickeln, um diese Krankheit zu bekämpfen, keine steuerliche Forschungsförderung erhielte . (B) Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (D) Insofern bin ich der Auffassung: Wir müssen genau Vielen Dank .– Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin . überlegen, wie wir eine angemessene Forschungsförde- rung zustande bringen . Nochmals – Herr Gehring, Sie (Beifall bei der SPD) haben uns richtig zitiert –: Wir halten diese Förderung für notwendig und wichtig; das ist keine Frage . Letzt- Gabriele Katzmarek (SPD): endlich kommt es aber darauf an, dass diese Förderung Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen zielführend und nachhaltig ist . und Kollegen! Deutschland braucht mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung . Es ist klar: Wir haben (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des da Nachholbedarf . Darüber brauchen wir uns in diesem Abg . Dr . Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]) Hause nicht mehr zu streiten . Wir brauchen eine Förderung, die keine Mitnahmeef- Nach der Debatte heute – ich habe sie aufmerksam fekte verursacht, die eine nachhaltige Verbesserung der verfolgt – bin ich recht optimistisch, dass wir ein Stück Forschungslandschaft zur Folge hat und natürlich auch vorankommen . Bis vor kurzem – das will ich sagen – seriös gegenfinanziert wird. haben noch die Stimmen in der Union überwogen, die gesagt haben, es gleiche dem Reiten eines toten Pferdes, Ich komme zum Schluss . Wir sind dafür . Ja, wir wer- wenn wir über steuerliche Forschungsförderung redeten . den weiter auf den Finanzminister dahin gehend einwir- Das klang heute schon etwas anders, und das beruhigt ken, dass er sich diesem Thema öffnet . Ich bin der Auf- mich . fassung, da klemmt es . Es klemmt nicht bei einzelnen Ich will auch zu den lieben Kolleginnen und Kollegen Unionspolitikern – Herr Riesenhuber, Sie schauen gera- der Grünen etwas sagen . Ich bin der Auffassung, dass Ihr de so –, die sinnigerweise erkannt haben, was zu tun ist, Antrag ein bisschen zu kurz greift . sondern beim Geld und der damit verbundenen ewigen Diskussion darüber . Wir müssen erstens darauf achten, (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das Richtige zu fördern, zweitens dafür Sorge tragen, NEN]: Gesetzentwurf!) dass es keine Mitnahmeeffekte gibt, und drittens – das Die Zielrichtung ist doch ganz klar . Wir brauchen mehr fehlt mir in der gesamten Debatte über Forschung und Innovationen in Deutschland . Frau Andreae, auch Sie Entwicklung – auch darauf achten, dass andere Themen, hatten das Vergnügen, auf der Veranstaltung des VCI die genauso wichtig sind, nicht aus dem Blickfeld ver- zu sein . Da wurde formuliert, dass es noch ein bisschen schwinden . 15988 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Gabriele Katzmarek (A) Das Thema Wagniskapital – es wurde schon kurz an- Zum Inhalt . Ich bin der festen Überzeugung, dass eine (C) gesprochen – ist genauso wichtig . Das müssen wir dis- steuerliche Forschungsförderung im Prinzip eine gute kutieren . Sache ist – so wie es in unserem Wahlprogramm steht . Aber man muss auch konstatieren, dass wir in der Ver- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: gangenheit und in dieser Legislatur eine andere Politik Sie müssen es machen! Wer regiert hier ei- gemacht haben . Wir haben dies anlässlich des diesjäh- gentlich?) rigen EFI-Gutachtens an dieser Stelle schon diskutiert; Diskutieren müssen wir aber auch das Thema Fachkräf- es ist auch in der Debatte hier gesagt worden . Deutsch- temangel . Wenn wir gemeinsam einen Pakt angehen, der land steht mit dieser Politik der aktuell rein direkten For- darauf hinwirkt, dass Innovation, Forschung und Ent- schungsförderung international sehr ansehnlich da . Das wicklung in diesem Lande weiter vorangetrieben wer- ist ein Fakt . den, auch mit dem Bestandteil steuerliche Forschungs- förderung, dann – da bin ich mir sicher – sind wir auf (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- dem richtigen Weg . Diesen Pakt anzugehen, dazu kann ordneten der SPD) ich nur alle Fraktionen auffordern; denn es ist dringend erforderlich . Ja, diesen Weg gehen in Europa nur zwei Staaten – auch das haben Sie erwähnt –: Deutschland und Estland . Herzlichen Dank . Aber schadet Estland der Verzicht auf steuerliche For- schungsförderung? Nein . Auch die Forschungslandschaft (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten in Estland ist in keinem schlechten Zustand . Im Gegen- der CDU/CSU) teil: Estland, eine ehemalige Sowjetrepublik, hat seit über einem Jahrzehnt eine der höchsten FuE-Intensitäten Vizepräsidentin Ulla Schmidt: aller osteuropäischen Staaten und ist einer der digitalen Vielen Dank . – Jetzt erhält der Kollege Dr . Philipp Vorreiter Europas; das kann man hier auch ruhig einmal Lengsfeld, CDU/CSU-Fraktion, das Wort . erwähnen .

(Beifall bei der CDU/CSU) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wir leider nicht! – Kai Gehring Dr. Philipp Lengsfeld (CDU/CSU): [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als digitaler Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle- Nachreiter können wir davon viel lernen!) gen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/ Zurück zu unserer Situation . Wir sind eine Nation, die Die Grünen, ich habe zu Ihrem Gesetzentwurf als For- (B) mit ihrem Geld umsichtig umgeht; zumindest steht die (D) schungspolitiker zwei grundsätzliche Anmerkungen . Union dafür . Aber eine andere Bemerkung vorab . Dieser Gesetz- entwurf zielt – das ist in dieser Debatte an den Stichwor- (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Na, na, na! ten „Forschung“, „Innovation“, „Mittelstand“ ganz deut- Was war denn das?) lich geworden – vor allem Richtung Union . Da wir Geld nur einmal ausgeben können, sollte unser (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: jetziges Fördersystem in seinen Stärken geachtet werden . Nein, Richtung KMU! Wie sind Sie denn Dass Sie die Steuermindereinnahmen nicht unerwähnt drauf?) lassen, ehrt Sie . Aber Sie drücken sich um die Frage, woher wir die Mittel nehmen . Ein gewisser Umbau der Ich nehme dies einmal als Kooperationsangebot, obwohl momentanen direkten Projektförderung – auch das ist er- bis zur nächsten Bundestagswahl und zu den nächsten wähnt worden – wäre sicherlich unumgänglich . Das soll- Koalitionsverhandlungen noch etwas Zeit ist . te gut überlegt sein . – Das ist mein erster Punkt . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was ist das für ein Problem?) Trotzdem wiegen die Argumente für eine steuerliche Forschungsförderung als zweite Säule schwer . Steuer- Bis dato war diese Art von Anträgen eher eine Masche liche Forschungsförderung – Sie von Bündnis 90/Die der Linkspartei gegenüber der SPD; ich habe es hier oft Grünen wissen vielleicht schon alles, aber Sie können genug miterlebt . mir ruhig zuhören – ist themenoffen, branchenoffen, (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: breitenwirksam und generiert eine starke Hebelwirkung . Wir beantragen das seit den 2000er-Jahren! – Ich habe keine Angst davor. Ich finde das richtig: the­ Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- menoffen, branchenoffen, breitenwirksam und eine NEN]: Wir beschäftigen uns doch nicht mit starke Hebelwirkung . – Um die sehr aufmerksamen Be- der Union! Wir beschäftigen uns mit Mittel- obachter von LobbyControl zu beruhigen: Ja, diese Ar- stand!) gumentation habe ich direkt aus einem Verbandspapier von BDI/BDA . Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn Sie uns umwerben – das gebe ich zu –, aber es ist auch ein bisschen komisch . Diese Argumente klingen nicht nur überzeugend; ich Leider, wie ich ausführen werde, ist es auch nicht so ori- halte sie auch für vollkommen richtig . BDI/BDA verwei- ginell, wie Sie tun . sen auf Studien – auch das ist hier erwähnt worden –, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15989

Dr. Philipp Lengsfeld (A) die belegen, dass zu jedem Euro Förderung mindestens Zweifel sogar kontraproduktiv sein . Das muss man sich (C) 1 Euro an zusätzlichen FuE-Ausgaben eingesetzt wird . einfach einmal überlegen . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: NEN]: Ja, und irgendwann gibt es wieder Eigentlich müssten wir Sie mit Zwischenfra- Steuern zurück!) gen triezen! Dann könnten Sie noch mehr re- den!) Das deckt sich übrigens auch mit meinen eigenen Erfah- rungen im Bereich Forschung und Entwicklung, wo bei- Wenn zum Beispiel eine größere Firma ein kleines in- leibe nicht alles nur nach reiner Notwendigkeit gemacht novatives deutsches Unternehmen stützen will – das soll wird oder gemacht werden kann . Ich habe deshalb vor ja gelegentlich vorkommen; auch in Sachsen-Anhalt –, Mitnahmeeffekten auch nicht so große Sorgen wie an- dann hätten wir große Probleme, wenn wir diese Unter- dere . scheidung einführen . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bünd- NEN]: So viel zu Mittelstand!) nis 90/Die Grünen, Ihr Antrag greift zu kurz – zu kurz! –; Wir brauchen eine steuerliche Forschungsförderung ohne (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zusätzliche Bürokratie und ohne willkürliche Grenzen . NEN]: Dann macht ihn weiter!) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- denn Sie bleiben auf halber Strecke stehen . Frau Sitte NEN]: Ja, genau! Wieder für die Konzerne, will ich erwähnen; sie ist, glaube ich, nicht mehr hier . wieder für die Großen und nicht für den Mit- telstand! Effizienter Steuergeldeinsatz!) (Zuruf der Abg . Dr . [DIE LINKE]) – Haben Sie einmal in einer großen Firma gearbeitet, Frau Andreae? Ich habe es . Ist es ein schlechterer Ar- Wenn sie noch hier wäre, dann könnte sie sich freuen; beitsplatz als in einem mittelständischen Unternehmen? denn sie hat es schon angekündigt: Wenn wir nach der Ich glaube nicht . nächsten Wahl tatsächlich eine steuerliche Forschungs- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- förderung einführen, warum sollten wir sie auf KMUs, NEN]: Das hat doch nichts mit einem schlech- auf kleine und mittlere Unternehmen, beschränken? Wa- teren Arbeitsplatz zu tun! Das hat etwas mit rum? effizientem Mitteleinsatz zu tun!) (B) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ich finde, Sie machen es sich sehr leicht, wenn Sie for- (D) NEN]: Weil wir Steuergeld effizient einsetzen dern, dass wir die großen Arbeitgeber in diesem Land wollen!) einfach zur Seite lassen . Ich glaube, da machen Sie es sich ziemlich leicht . Weil die Forschungsförderung von KMUs der Kompro- miss der Großen Koalition ist? Da sage ich ganz deutlich: (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nein . NEN]: Oh, Mensch! Erzählen Sie mir nichts über Wirtschaftspolitik!) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ich stelle gleich eine Zwischenfrage!) Aber ich sage Ihnen auch – das ist Ihnen natürlich klar –: Wenn wir es so machen, dann kostet es sehr viel mehr Wenn dieses Instrument eingeführt wird – ich bin im Geld, als Sie prognostiziert haben . Prinzip dafür –, dann richtig, dann für alle! (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Übrigens – das müssen Sie sich dann schon anhö- NEN]: Nein!) ren, Frau Andreae –: Eine steuerliche FuE-Förderung Die zwangsläufige Konsequenz wäre – ich sage es noch ausschließlich für KMUs findet sich in keinem anderen einmal –, Land, übrigens aus guten Gründen . Das können Sie in einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste nach- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lesen . Vielleicht haben Sie es selber in Auftrag gegeben; NEN]: Plus 4 Milliarden Euro!) wenn nicht, sage ich es Ihnen: WD 4 – 3000 – 059/15 . dass es zu Verschiebungen in unserer Förderpolitik käme; Darin wurde herausgearbeitet, dass es in keinem einzigen das muss uns klar sein . Das wäre zu bedenken . Land eine ausschließliche steuerliche Forschungsförde- rung von KMUs gibt . Das heißt: Was Sie hier vorschla- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: gen, ist eigentlich wieder eine deutsche Sonderposition Und schon wieder wächst zusammen, was in Europa . zusammengehört! Union und Linke, erschre- ckend!) (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist so unkonkret!) Lassen Sie uns noch einmal im Detail darauf schauen, weil Sie ja offensichtlich von dieser Unterscheidung Darüber sollten Sie einmal nachdenken . Sie würde am „KMU und große Arbeitgeber“ so tief überzeugt sind . Grundgedanken vorbeiführen, Standortanreize zu schaf- Ich sage Ihnen ganz deutlich: Gute und schlechte For- fen oder Standortnachteile einzudämmen, und könnte im schung hängt ganz sicher nicht von der Unternehmens- 15990 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Dr. Philipp Lengsfeld (A) größe ab . Das haben Sie zwar nicht behauptet; aber das Dr. Philipp Lengsfeld (CDU/CSU): (C) steckt mit in dieser Logik . Frau Kollegin Andreae, vielen Dank für die Frage . Im (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Prinzip beantworte ich sie gleich in meinem folgenden NEN]: Aber man kann es ja mal sagen!) Redetext, aber ich sage es auch direkt . Ich habe in einem von den Großunternehmen gearbeitet, in einem von de- nen, die von Ihnen, ich will nicht sagen: schlechtgeredet, Vizepräsidentin Ulla Schmidt: aber irgendwie so ein bisschen separiert betrachtet wur- Herr Kollege Lengsfeld, gestatten Sie eine Zwischen- den . Ist Ihnen eigentlich klar, Frau Kollegin, dass auch frage der Kollegin Andreae? in Großunternehmen Substrukturen vorhanden sind, dass bestimmte Produktbereiche sehr klein sind und fast total Dr. Philipp Lengsfeld (CDU/CSU): autonom gemanagt werden, dass da auch geforscht wird? Ich freue mich . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ja, natürlich!) NEN]: Jetzt hast du ihm das Wochenende Können Sie sich diese Situation vorstellen? Übrigens ist versüßt! – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE das eine ziemlich reguläre Geschichte nach Übernahmen . GRÜNEN und bei der SPD) Wenn man eine kleine Firma kauft, behält man die Marke bei, hat eine große Dachmarke darüber; aber gemanagt Vizepräsidentin Ulla Schmidt: wird das Ganze wie ein kleines und mittleres Unterneh- Bitte schön . men . Dann erzählen Sie mal den Forschern in diesem Pro- Dr. Philipp Lengsfeld (CDU/CSU): duktbereich, dass sie keine Forschungsförderung krie- Frau Lemke, Sie können es mir noch mehr versüßen, gen, während eine ganz ähnlich strukturierte Firma, zu indem Sie mir noch eine weitere Frage stellen . der sie in direkter Konkurrenz stehen, ein echtes KMU, Ihre Spezialförderung genießen darf . Da sage ich: Ich bin (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht dafür . Ich bin dafür, dass dieses Instrument, wenn NEN]: Kein Interesse! Danke!) wir es einführen, allen zugutekommt . Natürlich können wir eine Ausdifferenzierung vornehmen, aber der Grund- – Dann eben nicht . Dann belasse ich es bei Frau Andreae . satz ist – das sagt übrigens auch die EFI –, dass wir die- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- se zweite Säule für alle einführen . Die Einführung einer (B) NEN]: Vielleicht zur Sommerzeit!) steuerlichen FuE-Förderung hält die EFI für dringend er- (D) forderlich; das ist von Ihnen zitiert worden . Dann kommt eine Einschränkung, die ich aber übrigens als rein tak- Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): tisch sehe: Wissen Sie, Herr Lengsfeld, Sie haben ja recht, dass die steuerliche Forschungsförderung für alle Unterneh- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- men deutlich teurer werden würde, nämlich um ungefähr NEN]: Was kommt den jetzt für eine taktische 4 Milliarden Euro . Wenn wir beobachten, dass unsere Einschränkung?) Forschungsförderung konzernlastig ist und dass bei der Projektförderung – das finden Sie in sämtlichen Studien; Wenn Budgetrestriktionen im Bundeshaushalt nur sogar beim DIW – vor allem die großen Unternehmen eine begrenzte steuerliche Förderung ermöglichen, zum Zuge kommen, dann stelle ich mir als Wirtschafts- sollte sie zunächst vornehmlich für KMU eingeführt politikerin die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, ein In­ werden . strument zu konzipieren, das den kleinen und den mittle- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ren Unternehmen zur Verfügung steht . Ich gehe nämlich NEN]: Hört! Hört!) sorgsam mit Steuergeldern um . Ich möchte nicht, dass wir 4 Milliarden Euro für eine steuerliche Forschungsför- Das steht in dem EFI-Gutachten . derung in die Hand nehmen und sie allen zugutekommen Ganz ehrlich: Da haben sich die Wissenschaftler ein- lassen . Ich möchte, dass wir uns auf die Unternehmen fach die reale Situation in dieser Legislaturperiode und konzentrieren, bei denen wirklich Bedarf ist, bei denen die politische Diskussion angeschaut und gesagt: Wenn die Mittel wirklich effizient eingesetzt werden. Das sind wir schon nicht durchsetzen können, dass es richtig ge- die KMUs . macht wird, dann wird wenigstens über die KMUs der Erzählen Sie mir nicht, dass wir jetzt zwischen einem Fuß in die Tür gesetzt . – Ich sage: Nein; wenn, dann soll- guten und einem schlechten Arbeitsplatz unterscheiden . ten wir es richtig machen . Das ist ziemlicher Kokolores . Gehen Sie stattdessen ein- mal auf die Frage ein, warum Sie nicht in der Lage sind, Zusammengefasst – meine Redezeit ist noch nicht zu sehen, dass wir eine konzernlastige Forschungsförde- ganz abgelaufen, aber fast vorbei –: Wir haben eine star- rung haben und dass wir im Mittelstand viel Potenzial ke Forschungsförderung – auch ohne die zweite Säule haben, das wir heben könnten, und dass wir den Gesetz- der steuerlichen Entlastung . Aber wenn wir die zweite entwurf deswegen so konzipiert haben . Säule einführen – darüber können wir reden; ich bin da- für –, dann sollten wir es richtig machen und sie für alle (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Unternehmen, die Innovationen in diesem Land leisten, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15991

Dr. Philipp Lengsfeld (A) die Arbeitsplätze schaffen und uns voranbringen, einfüh- der befragten Unternehmen angaben, dass vor allem der (C) ren . Fachkräftemangel ein riesiges Problem darstellt . Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Fachkräftesicherung ist auch ein wich- (Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Petra Sitte tiges Thema!) [DIE LINKE]: Und zusätzlich!) Deshalb müssen wir uns auch fragen, liebe Frau Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Andreae, ob Sie für das, was Sie jetzt vorhaben, das rich- tige Instrument verwenden, Vielen Dank . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Die nächste Rednerin ist die Kollegin Dr .Daniela De NEN]: Nicht zur Fachkräftesicherung!) Ridder, SPD-Fraktion . ob es zur richtigen Zeit kommt, ob es auf den richtigen (Beifall bei der SPD) Grundlagen basiert und ob Sie von der richtigen Analyse ausgehen . Dr. Daniela De Ridder (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf den Rängen und viel- NEN]: Ja! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE leicht auch an den Bildschirmen! Ich freue mich sehr, GRÜNEN]: Ja!) dass ich nach Philipp Lengsfeld reden kann . Wenn Sie sich die weitere Tendenz anschauen, wer- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: den Sie sehen, dass in 2014 der Wert noch deutlich höher Wir uns auch! – Kerstin Andreae [BÜND- ausfiel: 33 Prozent der Unternehmen haben gesagt, am NIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kann nur besser dringlichsten bräuchten sie Fachkräfte . Wie gesagt, wenn werden!) Sie ein Herz für die KMUs haben, dann werden Sie fest- stellen, dass es darum geht, Fachkräfte zu sichern . Denn angesichts der Wahlergebnisse vom letzten Wo- chenende habe ich mir vorgenommen, alle Anträge, zu (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten denen ich hier reden kann, wohlwollend zu prüfen, so der CDU/CSU – Kerstin Andreae [BÜND- auch den heutigen . Ich weiß nicht, ob in der kommen- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist völlig in Ord- den Legislaturperiode die demokratische Kultur noch die nung, aber wir haben ein anderes Thema! – gleiche sein wird . Deshalb möchte ich mir die Freiheit Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: herausnehmen, das in der Tat sehr positiv anzugehen . Das machen wir in anderen Debatten! Das ist (B) ein Gesetzentwurf für einen Forschungsbo- (D) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ nus!) DIE GRÜNEN) Richtig . Sie müssen auch die Personalstrukturen berück- Deshalb, liebe Frau Andreae, lieber Herr Gehring: Ihr sichtigen und mitdenken . Insofern bleibt Ihr Gesetz- Gesetzentwurf findet mein großes Interesse – so viel darf entwurf unterkomplex, wenn es darum geht, KMUs zu ich an dieser Stelle schon einmal sagen . Sie können mich stärken . Wenn diese Regelungen dann auch noch Geset- durchaus für die KMUs erwärmen . Ich war zwar etwas zeskraft bekommen sollen, ist es umso wichtiger, dass sie überrascht, dass Sie – aber ich lerne gerne täglich dazu – nicht unterkomplex bleiben . auch schon so lange ein Herz für die KMUs haben . Ich habe Ihrem Gesetzesvorhaben auch entnommen, dass Sie Also schauen Sie sich noch einmal genau an, ob Sie sich auf das EFI-Gutachten stützen . – So weit, so gut . mit den richtigen Instrumenten arbeiten, und lassen Sie uns darüber im Dialog bleiben . Ich glaube, das ist ein Sie haben völlig recht: Es geht darum, das Innovati- ganz gewichtiger Punkt . onspotenzial unserer KMUs und ihre Forschungs- und Etwas aber – das hat mich an dieser Stelle wirklich Entwicklungsvorhaben zu stärken und zu stützen . Wenn geärgert – blenden Sie völlig aus: Sie reden die ganze man sich anschaut, was Sie gesetzlich verändern wollen, Zeit – lassen Sie mich das als Forschungspolitikerin dann stellt man fest, dass es einige blinde Flecken gibt . sagen – von der Grundlagenforschung . Sie haben uns Ich will nicht alle erwähnen; denn meine Redezeit ist vorhin aufgefordert, wir sollten einmal mit den KMUs kurz . Lassen Sie mich mich deshalb auf einige wenige reden . Das tun wir laufend . Ich möchte Sie bitten – nut- Punkte konzentrieren . zen Sie dazu ruhig einmal die Osterpause –: Reden Sie Das aktuelle EFI-Gutachten besagt mit Blick auf For- einmal mit den Fachhochschulen; denn die finden bei Ih- schungs- und Entwicklungsvorhaben, dass der Fachkräf- nen keinerlei Erwähnung, als ob sie keine forschenden temangel das Haupthemmnis für Innovationsentwicklung Institutionen seien . bei den KMUs ist . Sie werden das gleiche EFI-Gutachten (Beifall bei der SPD – Kerstin Andreae gelesen haben wie ich, [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Gesetz- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- entwurf hat mit dem Hochschulsystem nichts NEN]: Aber ich habe es anders verstanden!) zu tun!) deshalb werden Sie auch die gleichen Zahlen gelesen ha- Wenn es darum geht – Frau Andreae, schauen Sie sich ben. Wenn Sie einmal genau hinschauen, dann finden Sie einmal genau an, mit wem die KMUs kooperieren –, im EFI-Gutachten den Hinweis, dass in 2006 16 Prozent wirklich Innovationspotenzial zu befördern, so würde ich 15992 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Dr. Daniela De Ridder (A) mich riesig freuen, wenn Sie das in den Blick nehmen . Es blemlösung in der Praxis, in der Wirtschaft, in Umwelt, (C) geht nicht nur darum, hier einen Diskurs zu führen, was in Technik, eine Hightech-Strategie . Wir haben eine gro- Sie finanzpolitisch tun wollen. Sie müssen auch von den ße Vielfalt von Forschungsinstitutionen und die industri- tatsächlichen Problemen ausgehen . Da bleiben Sie hinter elle Gemeinschaftsforschung . Das hat Philipp Murmann den Möglichkeiten zurück, die wir entwickeln wollen . angesprochen . Wir haben die Fraunhofer Gesellschaft . Wir haben also eine vorzügliche Forschungslandschaft . (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Für die Forschungsförderung gibt der Bund im Jahr NEN]: Aber doch nicht im Gesetzentwurf!) 15 Milliarden Euro aus . Wir haben diesen Betrag in den Jetzt können Sie kommen und sagen: Sie haben die vergangenen Jahren gewaltig gesteigert, insgesamt um Positionspapiere der SPD gelesen . Sie haben die seitens 65 Prozent, beim Mittelstand um 80 Prozent . – Okay . der Union gelesen . Sie wollen sich das noch einmal ge- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nau ansehen . – Aber angesichts der Tatsache, dass Sie NEN]: Jetzt zum Gesetzentwurf!) 770 Millionen Euro per annum ausgeben wollen, ist es durchaus keine Kleinigkeit, zu fragen, ob das zur rich- Jetzt reden wir über 5 Prozent dieser Summe – nur tigen Zeit kommt . Lassen Sie uns lieber noch einmal in um die Proportionen zu zeigen – für die steuerliche For- den Diskurs eintreten . Ich will nicht sagen „Zurück auf schungsförderung . Dabei geht es nicht um einen Para- Los!“, aber ich will Ihnen sagen: First steps first. Das digmenwechsel, sondern um die Frage, ob etwas in einer will ich Ihnen mit auf den Weg geben . Wie gesagt – wir Gesamtstrategie einer reifen Industrienation zusätzlich reden noch darüber –: Machen Sie bitte Ihre Hausaufga- sinnvoll sein kann . ben richtig! Schauen Sie sich die Analyse ganz genau an! (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜND- Dann wird das vielleicht auch etwas . NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- Vielen Dank . ten der SPD) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Dazu haben wir einige Argumente von der Exper- der CDU/CSU) tenkommission für Forschung und Innovation, künftig sage ich nur: EFI . Sie sagt: Wir haben eine Abnahme der Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Innovationsdynamik unseres Mittelstands . Und sie sagt weiter: Die Innovationsausgaben des Mittelstandes lagen Vielen Dank . – Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt vor 20 Jahren bei 2,7 Prozent, jetzt sind es 1,6 Prozent der Kollege Professor Dr . Heinz Riesenhuber das Wort . vom Umsatz . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (B) NEN]: Alarmierend!) (D) Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen! Ich bedan- Das ist schlecht . So etwas wirkt sich nicht über Nacht ke mich erst einmal bei den Grünen für diese muntere aus . Ich bin glücklich, dass sich die mittelständischen Debatte . Es gab vielfältige Anregungen, facettenreiche Unternehmen nach wie vor an den Weltmärkten prima Problembetrachtungen, wichtige Eckpunkte . schlagen . Fast die Hälfte der Hidden Champions auf den Weltmärkten sind deutsche Mittelständler . (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Super Lösungen!) NEN]: Die kommen aus Baden-Württem- Wir befinden uns hier in einem ziemlich langfristigen berg!) Prozess . Auch Sie haben dieses Thema nicht erst heute Das heißt, wir sind stark . Aber wir müssen schauen, wie entdeckt; denn Sie haben schon 2009 einen Antrag zu wir so stark bleiben . dem Thema gestellt, zu dem wir heute Ihren Gesetzent- wurf beraten . (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Mit unserem Gesetz!) Frau Sitte hat darüber gesprochen, dass der BDI eine erfolgreiche Lobbyarbeit betrieben hat . Der historischen Es ist zu Recht gesagt worden, dass unsere schönen Wahrheit zuliebe muss ich Ihnen sagen: Ich habe in den Instrumente, vom ZIM bis zur direkten Projektförderung 90er-Jahren eine mühsame Lobbyarbeit beim BDI ge- über verschiedene Programme, auch des BMBF, für vie- macht, bis er zur Einsicht, zur Vernunft gekommen ist le Mittelständler nicht so recht zugänglich sind . Da ist und dieses zukunftsweisende Konzept in seinen Bestand die steuerliche Forschungsförderung eine mögliche Ant- genommen hat . wort – (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- NEN], an die Abg . Dr .Petra Sitte [DIE LIN- SES 90/DIE GRÜNEN) KE] gewandt: Genau da hat es angefangen!) aber nicht als Alternative . Die Projektförderung soll auf Wie ist die Lage? Wir haben eine vorzügliche, aus- jeden Fall weitergeführt werden, auch die Programme, differenzierte Forschungspolitik, wahrscheinlich eine der die wir jetzt in unterschiedlichen Kontexten haben, von reifsten auf der ganzen Welt: Grundlagenforschung mit der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereini- sicherem Rahmen, Max-Planck-Institute, Universitäten, gungen mit ihrer IGF über das ZIM bis hin zu den Ein- Leibnitz und Helmholtz, stetige Wachstumsraten, ver- zelprojekten . Aber jetzt haben wir die Chance auf etwas lässliche Planbarkeit . Wir haben eine Forschung zur Pro- Zusätzliches . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15993

Dr. Heinz Riesenhuber (A) Bei der Frage, wie das auszugestalten ist, können die Sache von vornherein mit Trivialargumenten, son- (C) wir uns über einige Punkte streiten und einigen . Philipp dern schauen wir, wie die ganze Geschichte in eine Ge- Murmann sagt zu Recht, dass wir schon vor sechs Jahren samtstrategie eingepasst werden kann! Ich wiederhole: die Position ausformuliert haben, dass die Personalkos- Es geht hier nicht darum, jetzt einen Paradigmenwechsel ten bei der steuerlichen Forschungsförderung als Bemes- durchzuziehen . sungsgrundlage dienen sollten . Wir haben eine Reihe von Die anderen Länder interessieren mich insofern, als gemeinsamen Punkten, auch was die Verlustzeiten bei dort die Modelle zur Ausgestaltung der steuerlichen For- jungen Unternehmen angeht . Wir können uns bei allen schungsförderung durchaus optimiert worden sind . Alles, Punkten einigen . was andere erfunden haben, brauchen wir uns nicht selbst Frau Katzmarek sagt zu Recht: Es hängt hier natür- auszudenken . Auch in der Forschung ist es wichtig, so lich auch am Geld .– Beim Geld sieht die Sache so aus, viel zu kopieren, wie man kann . Nur dann bekommt man Freunde: Natürlich haben wir zurzeit, in diesem Jahr, das den Kopf frei für die Innovationen . Geld nicht . Da glaube ich den Finanzpolitikern mit ihrer Was insgesamt bleibt, ist eine Gesamtstrategie, bei der ordnungspolitischen Leidenschaft in großer Demut . wir ein zusätzliches Element hinzugewinnen . Da vertraue (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: ich auf die Weisheit der Finanzpolitiker . Da vertraue ich Also haben wir seit den 90ern kein Geld da- auf die Klugheit der Haushaltspolitiker . für? Das glauben Sie doch selber nicht!) (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Jawohl!) Aber die Frage, wie wir die nächste Strategie anlegen, ist Wir denken nicht nur daran, wo man überall sparen schon interessant . kann – Sparen kann teuer sein –, (Dr .Daniela De Ridder [SPD]: In der Tat!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie Es ist eine wichtige Frage, ob alle demokratischen Partei- der Abg . Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE en die steuerliche Forschungsförderung in ihre Wahlpro- GRÜNEN]) gramme aufnehmen . sondern wir denken darüber nach, wie wir eine Zukunft (Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Wir nicht!) für Deutschland aufbauen, Wer dann mit uns koaliert, weiß ich noch nicht, aber zu (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem einer Einigung in der Sache zu kommen, wird dann er- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) heblich erleichtert . und arbeiten alle mit fröhlicher Zuversicht daran . Wir freuen uns, wenn die Mittelständler glücklich sind; denn (B) (Richard Pitterle [DIE LINKE]: Vielleicht die (D) CSU?) dann arbeiten sie gut . Und wenn sie gut arbeiten, dann zahlen sie Steuern . Und wenn sie Steuern zahlen, dann Das heißt, wenn wir hier Geld bereitstellen wollen, dann freuen sich die Finanzpolitiker . So sind alle glücklich, müssen wir das zu Beginn der Legislaturperiode gemein- wenn wir die richtigen Instrumente ansetzen . sam festlegen . (Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Daniela De Wie sieht es da aus? Die EFI empfiehlt, bis 2020 Ridder [SPD]: Frohe Ostern! – Kai Gehring 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmen Sie Entwicklung zu investieren . Frau Wanka sagt: Der Anteil zu!) muss stetig weiter wachsen . In diesem fröhlichen Geist voll Tatkraft und Unterneh- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mensgeist, der diesem Parlament sprichwörtlich zu eigen NEN]: Tut es aber nicht!) ist, wollen wir jetzt einmal schauen, dass wir diese Sache Herr Vizekanzler Gabriel sagt: Es sollen 4,5 Prozent des so gestalten, dass sie der Zukunft unseres Landes dien- BIP im Jahr 2025 sein, wie bei Südkorea . Das sind schon lich ist, und dass die, die die Arbeit zu machen haben, anspruchsvolle Zahlen . Und manche sagen: Oh Gott, das Freude daran haben, denn davon leben wir alle . fassen wir gar nicht an . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Jetzt machen wir uns einmal klar: 2007 waren wir bei 2,45 Prozent; jetzt, nach acht Jahren, sind wir fast bei 3 Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Prozent des BIP . Vielen Dank .– Der letzte Redner zu diesem Tages- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ordnungspunkt ist der Kollege Swen Schulz von der NEN]: Fast!) SPD-Fraktion . Wir haben also den Anteil der Forschungsausgaben am (Beifall bei der SPD) Bruttosozialprodukt seit 2007 um gut 0,5 Prozentpunk- te gesteigert . Dabei hat allein der Bund seine jährlichen Swen Schulz (Spandau) (SPD): Forschungsausgaben um 6 Milliarden Euro gegenüber Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2007 gesteigert . Weiter dieses Tempo zu halten, wird für Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war schon die Zukunft Deutschlands wichtig sein . Das, worüber wir eine sehr interessante Debatte mit einigen Nuancen und jetzt sprechen, entspricht einem Anteil von 10 Prozent guten Argumenten . Das haben die Grünen mit dem Ge- der jährlich 6 Milliarden Euro . Freunde, killen wir nicht setzentwurf schon einmal erreicht . 15994 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Swen Schulz (Spandau) (A) Lassen Sie mich zum Abschluss einige grundsätzliche Als Mitglied des Haushaltsausschusses schaue ich aber (C) Überlegungen aus meiner Sicht hinzufügen . Die Debatte ganz besonders darauf, dass die Steuermittel auch opti- hat es gezeigt: Wir sind uns alle einig, dass Forschung mal eingesetzt werden, und Entwicklung von zentraler Bedeutung für die Ge- sellschaft insgesamt und für die Wirtschaft im Beson- (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: deren sind . Dem tragen wir engagiert Rechnung . Diese Das tue ich sogar im Forschungsausschuss!) Koalition steigert die Ausgaben für Bildung und Wissen- schaft massiv . Wir machen das in guter Kontinuität . Rot- schließlich geht es hier prognostiziert um 770 Millionen Grün unter Gerhard Schröder hat damit begonnen, einen Euro, aus denen schnell 1 Milliarde Euro werden können . Schwerpunkt auf Bildung, Wissenschaft und Forschung Lieber Kollege Riesenhuber, das ist nicht wirklich we- zu legen, und die folgenden Koalitionen haben dies fort- nig . Bevor wir diese Mittel verplanen, sollten wir noch geführt und noch gesteigert . Heute geben wir allein für einmal genauer auf das schauen, was wir schon machen Forschung und Entwicklung fast 15 Milliarden Euro aus und im Bundeshaushalt verankert haben: Im Haushalt dem Bundeshaushalt aus . des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ste- (Beifall bei der SPD sowie des Abg . hen für die Förderung von KMUs Mittel in Höhe von Dr . Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]) mehr als 200 Millionen Euro zur Verfügung, und wir wollen die Hilfen weiter verbessern und die Mittel auf Meine sehr verehrten Damen und Herren, darin sind über 300 Millionen Euro jährlich aufstocken . die Ausgaben für Bildung, etwa für den Hochschulpakt oder für das BAföG, noch gar nicht eingerechnet . Noch (Beifall der Abg . Dr .Daniela De Ridder nie wurde so viel für die Forschung getan wie von dieser [SPD]) Koalition . Das Wirtschaftsministerium hat ebenfalls verschiede- (Beifall bei der SPD – René Röspel [SPD]: ne Förderprogramme, das ist angesprochen worden . Her- Hervorragende Haushälter!) vorzuheben ist das ZIM, Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand, mit über 500 Millionen Euro im Jahr . Immer wieder wird über die Gründe dafür diskutiert, dass Deutschland wirtschaftlich so stark ist, und darü- (Zuruf von der SPD: Sehr gut!) ber, wie es sich seit den 90er Jahren von dem – wie es Wenn wir alle Programme zusammenrechnen, kom- damals hieß – kranken Mann Europas zur Zugmaschine men wir auf rund 1 Milliarde Euro an jährlicher gezielter (B) entwickelt hat . Ich bin der festen Überzeugung: Ohne die Förderung von Forschung und Entwicklung der kleinen (D) massive Unterstützung von Wissenschaft und Forschung und mittleren Unternehmen . Das ist nicht wenig, meine und ohne die verlässlichen Steigerungen dieser Unter- sehr verehrten Damen und Herren . stützung in jedem Jahr stünde Deutschland heute nicht so stark da . Für meinen Geschmack wird in der Öffentlich- (Beifall bei der SPD sowie des Abg . keit und auch im politischen Raum ein bisschen zu wenig Dr . Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]) über diesen Zusammenhang gesprochen . Nun hält aber – das müssen wir ernst nehmen – die Wir ruhen uns keineswegs darauf aus . Die Entwick- erwähnte Expertenkommission Forschung und Innovati- lung geht weiter . Auch die internationale Konkurrenz on fest, dass in Deutschland diese direkte Forschungs- weiß um die Bedeutung von Wissenschaft und For- förderung der KMUs vergleichsweise hoch ist, dass aber schung, und natürlich schauen wir auch und gerade da- die indirekte Förderung, also die steuerliche Förderung, rauf, was die kleinen und mittleren Unternehmen tun . fehle . Allerdings ist die Wissenschaft hier durchaus ge- Es gibt in der Tat Meldungen, die Sorge machen . Laut spalten . ZEW Studie nimmt der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen an den privaten Ausgaben für Forschung Es ist angesprochen worden: In einer Studie des Deut- und Entwicklung ab, und das Gutachten der Experten- schen Instituts für Wirtschaftsforschung, DIW, wurde kommission Forschung und Innovation, EFI, das hier festgestellt, dass die steuerliche Förderung nicht die ge- mehrfach angesprochen wurde, stuft die FuE Ausgaben wünschten Effekte hat . der deutschen KMUs als im internationalen Vergleich zu gering ein . Das ist nicht gut, denn die Unternehmen dür- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fen nicht abgehängt werden . NEN]: Eine Studie!)

(Beifall bei der SPD) Ich zitiere aus der Studie:

Der Vorschlag vom Bündnis 90/Die Grünen zur Ein- Die hier vorgestellten Ergebnisse lassen daran zwei- richtung einer steuerlichen Forschungsförderung für feln, dass … gestiegene Förderquoten, die oft mit KMUs ist darum durchaus diskutabel . einer Ausweitung der breiten steuerliche Förderung einhergingen, einen wirkungsvollen Beitrag zur Er- (Beifall der Abg . Kerstin Andreae [BÜND- höhung der FuE in den Unternehmen geleistet ha- NIS 90/DIE GRÜNEN]) ben . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15995

Swen Schulz (Spandau) (A) Dann heißt es weiter: der Frage: Wie können wir durch Anregung von Neu- (C) bauaktivitäten die Verknappung in Ballungsräumen be- Vorschläge, … über steuerliche Anreize zu fördern, heben? Es geht nur um einen Baustein und nicht darum, sollten deshalb sehr kritisch geprüft … werden . eine generelle Antwort auf alle Probleme zu finden, die (Beifall bei der SPD – Kerstin Andreae wir im Bereich des Wohnungsbaus und der Wohnungs- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und immer politik insgesamt haben . Nach intensiven Vorgesprächen kritisch prüfen! Hauptsache, ihr prüft!) zwischen Bund und Ländern ist es uns gemeinsam gelun- gen, einen gut vorbereiteten Gesetzentwurf vorzulegen, Zusammenfassend möchte ich darum festhalten: Ers- um uns in einer gemeinsamen Anstrengung von Bund tens . Forschung und Entwicklung sind wichtig . Das wis- und Ländern der vor uns liegenden Aufgabe zu stellen . sen wir, und darum fördern wir sie wie noch nie zuvor . Zweitens . Die kleinen und mittleren Unternehmen genie- Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland eine ßen dabei unsere besondere Unterstützung . Drittens . Es sehr disparate Situation, was die Wohnungsmärkte be- darf aber gerne auch mehr sein . Viertens . Ob die steuerli- trifft . In einigen Bereichen gibt es Leerstand, in anderen che Forschungsförderung dabei der Königsweg ist, daran Bereichen herrscht ein starker Druck auf die Wohnungs- bestehen erhebliche Zweifel . Fünftens . Ich freue mich märkte, vor allem angesichts der geringen Verfügbarkeit auf die weitere Diskussion . und der extrem hohen Preise, wodurch Zugangsbeschrän- Danke schön . kungen für die Menschen gegeben sind . Wir wollen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf dafür sorgen, dass ein (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten breiteres Angebot entsteht . Mit einem solchen Angebot der CDU/CSU) wollen wir die von mir angesprochenen Probleme ein Stück weit lösen . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Die Bundesregierung hat allerdings nicht nur diesen Vielen Dank . – Die Aussprache ist damit beendet . Ansatz gewählt . Ich möchte ausdrücklich darauf hin- Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs weisen, dass wir uns in den Haushaltsberatungen dafür auf Drucksache 18/7872 an die in der Tagesordnung auf- entschieden haben, im Jahr 2016, aber auch für die drei geführten Ausschüsse vorgeschlagen . Gibt es dazu wei- Folgejahre, die Mittel, die wir für den Bereich sozialer tere Vorschläge? – Ich sehe, das ist nicht der Fall . Dann Wohnungsbau zur Verfügung stellen, von einer halben ist so beschlossen . Milliarde Euro auf 1 Milliarde Euro pro Jahr aufzusto- cken . Damit wollen wir einen Impuls geben, um den so- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: zialen Wohnungsbau anzuschieben . Wir hoffen, dass die (B) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Länder diese Mittel auch nutzen, um im Bereich sozi- (D) gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuer- aler Wohnungsbau neue Angebote für die Menschen zu lichen Förderung des Mietwohnungsneubaus schaffen . Drucksache 18/7736 (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Überweisungsvorschlag: Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ Finanzausschuss (f) DIE GRÜNEN]: Das reicht nicht! Es müs- Innenausschuss sen mindestens 2 Milliarden Euro sein! Frau Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher- Hendricks sagt es ja selber! Da ist die Bundes- heit regierung sich ja nicht einig!) Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 der GO – Ja, Sie müssen gar nicht unruhig werden . Ich gehe da- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für von aus, dass auch Bündnis 90/Die Grünen Redezeit zu die Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei- diesem Tagesordnungspunkt haben wird . nen Widerspruch . Dann ist so beschlossen . – Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen . (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weniger als Sie, Herr Meister!) Dann eröffne ich die Aussprache . Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Dr .Michael Meister für Dann können Sie sich gerne hier äußern . die Bundesregierung . Mit der steuerlichen Förderung wollen wir für einen (Beifall bei der CDU/CSU) Impuls auf den Märkten sorgen . Zu beachten ist: Die Baugenehmigung muss in der Zeit von 2016 bis 2018 Dr. Michael Meister, Parl . Staatssekretär beim Bun- gestellt worden sein . Die Abschreibung selbst kann bis desminister der Finanzen: maximal zum Jahr 2022 in Anspruch genommen wer- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! den . Wir werden diese Sonderabschreibung für jedes Die Bundesregierung legt Ihnen heute den Entwurf eines einzelne Objekt auf drei Jahre festlegen, in den ersten Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungs- beiden Jahren jeweils 10 Prozent Sonderabschreibung neubaus vor . Wir hatten gestern früh in der Kernzeitde- und im dritten Jahr 9 Prozent Sonderabschreibung, was batte eine ausführliche Diskussion über die Situation auf in der Summe über diese drei Jahre in Verbindung mit dem Wohnungsmarkt in Deutschland . Heute widmen wir der linearen Abschreibung, die man zusätzlich bekommt, uns einem Baustein dieser Thematik, nämlich dem Pro- ein Abschreibungsvolumen von 35 Prozent ausmacht . blem der Verknappung in gewissen Ballungsräumen, und Wir gehen davon aus, dass das tatsächlich einen Anreiz 15996 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Parl. Staatssekretär Dr. Michael Meister (A) für private Investoren setzt, sich stärker im Bereich des malen Menschen ein Zugang zu Wohnungen geschaffen (C) Mietwohnungsbaus zu engagieren . wird . (Beifall der Abg . Marie-Luise Dött [CDU/ (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: CSU] – Christian Kühn [Tübingen] [BÜND- Das hat nicht ganz geklappt! Da müssen Sie NIS 90/DIE GRÜNEN]: Mitnahmeeffekte! noch nachbessern!) Mitnahmeeffekte!) Deshalb werden wir eine Grenze bei 3 000 Euro pro Qua- Wir machen ausdrücklich keine Bindungen bei der dratmeter Wohnfläche ziehen, bezogen auf die Herstel- Frage: Wie sieht das Nutzungsverhalten aus? Die einzi- lungskosten des Neubaus . Da sind die Grundstückskos- ge Vorgabe, die wir machen, ist, dass Wohnungen gebaut ten nicht mit enthalten . Das heißt, es geht an dieser Stelle werden und dass diese Wohnungen tatsächlich über einen um die reinen Baukosten . Wenn man oberhalb dieses Zeitraum von zehn Jahren als Mietwohnungen genutzt Betrages ist, dann werden wir nicht fördern . Es werden werden . Aber wir machen keine Vorgabe bei der Frage: maximal 2 000 Euro pro Quadratmeter als Bemessungs- Wer zieht dort ein? Wer ist der Mieter? Ich glaube, dass grundlage für die Abschreibung gewählt . Ich glaube, das das ein richtiger Ansatz ist . ist eine Größenordnung, durch die ein entsprechender Impuls zu schnellen Entscheidungen auf dem Markt ge- Wir haben versucht, die entsprechenden Gebiete – geben wird . ich habe vorhin die Knappheit von Wohnungen in den Ich bitte Sie darum, dass wir das Ganze zügig beraten, Ballungsräumen angesprochen – objektiv bundesweit zu sodass der schnelle Impuls, der schnelle Anreiz an priva- definieren, indem wir gesagt haben: Dort, wo die Mieten- te Investoren gesetzt wird . In diesem Sinne lade ich Sie stufen IV bis VI gelten, dort, wo die Kappungsgrenze gilt ein, etwas für die Menschen in den Ballungsräumen in oder wo die Mietpreisbremse gilt, können solche Investi- Deutschland zu tun . tionen mit Inanspruchnahme dieser Sonderabschreibung getätigt werden. Ich glaube, dass das eine Definition ist, Vielen Dank . die einigermaßen zielgenau die Problemgebiete in die- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) sem Sinne erfasst .

Wir müssen bei der Definition sehr aufpassen, dass Vizepräsidentin Ulla Schmidt: wir eine beihilferechtlich einwandfreie Lösung bezogen Vielen Dank .– Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt auf das Europarecht bekommen. Mit der Definition, die die Kollegin Caren Lay . ich eben genannt habe, gehen wir davon aus, dass wir beihilferechtlich in keinen Konflikt kommen. Wir -wer (Beifall bei der LINKEN) (B) den das selbstverständlich mit der Kommission noch ent- (D) sprechend abklären . Es ist allerdings davor zu warnen, in Caren Lay (DIE LINKE): irgendeiner Form Entscheidungsmöglichkeiten zu geben, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und die von objektiven abstrakten Kriterien abweichen, weil Herren! Durch den vorgelegten Gesetzentwurf sollen In- wir dann ganz schnell in einer beihilferechtlichen Debat- vestoren durch Steuerabschreibungen dazu animiert wer- te sein könnten . den, mehr zu bauen . Dafür sollen in den nächsten vier Wir haben versucht, bei den Kriterien, die genannt Jahren über 2 Milliarden Euro lockergemacht werden . werden, darauf zu achten, dass sie möglichst bürokratie- Gegen bezahlbaren Wohnraum, den wir Linke fordern arm sind, weil wir keinen Beitrag dazu leisten wollten – und der ja jetzt Gott sei Dank in aller Munde ist, haben hier haben wir Erfahrungswerte aus der Vergangenheit –, wir natürlich nichts einzuwenden . Aber der vorgelegte dass Investoren mit einem hohen Maß an Bürokratie be- Gesetzentwurf hat einfach eine ganze Reihe von Haken . legt werden und dadurch von diesen Investitionen abge- Darauf möchte ich jetzt eingehen . halten werden . Zum einen – das ist bisher gar nicht wirklich ange- sprochen worden – geht es nicht nur darum, bezahlbare (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Mietwohnungen zu bauen; sonst würde nicht auch die Deshalb haben wir gesagt: Geprüft wird die Frist – Möglichkeit eröffnet, Eigentumswohnungen zu fördern . die Baugenehmigung hatte ich schon angesprochen – für Die geförderten Wohnungen müssen zum Beispiel gera- die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung . Es muss de einmal zehn Jahre als Mietwohnungen zur Verfügung Neubau sein . Das heißt, wir werden keine Sanierung oder stehen . Danach können sie auch als Eigentumswohnun- ähnliche Dinge fördern, sondern tatsächlich Neubau . Es gen weiter genutzt werden . Ich will dazu sagen: Wenn muss im Fördergebiet, wie ich es mit den drei Parametern man sich eine Eigentumswohnung bauen will – schön skizziert habe, liegen; das kann man sehr schnell prüfen . und gut . Aber müssen wir das Ganze mit Steuergeldern Es muss diese zehnjährige Bindung der Nutzung für Ver- subventionieren? Ich meine, nein . Dieses Geld kann mietung gelten . wirklich sinnvoller eingesetzt werden . (Beifall bei der LINKEN) Wir haben dann eine intensive Diskussion mit den Ländern geführt über die Frage: Was darf denn ein Qua- Es kann doch nicht sein, dass der Staat ein Drittel die- dratmeter neue Wohnung kosten, und inwieweit fördern ser Kosten – sage und schreibe ein Drittel – subventio- wir das Ganze? Wir sind an dieser Stelle der Auffassung, niert. Ich finde, ehrlich gesagt, die Behauptung, hier wür- dass wir einen Beitrag leisten wollen, dass für die nor- de in keiner Weise Luxusbau gefördert, ziemlich dreist . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15997

Caren Lay (A) Der Gesetzentwurf gibt das doch gar nicht her . Sie haben chen wir Neubau im sozialen Wohnungsbau . Das ist das (C) die Obergrenze von 3 000 Euro pro Quadratmeter – ohne Gebot der Stunde . Grundstückskosten – gerade selber genannt . (Beifall bei der LINKEN) (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!) Wenn wir dem Bauherrn und übrigens auch der Bau- wirtschaft Geld schenken, dann sind erst einmal Steuer- Aber nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lagen gelder weg, ohne dass auch nur eine einzige bezahlbare die durchschnittlichen Kosten bei 1 500 Euro pro Qua­ Wohnung garantiert entsteht . Brandenburgs Finanzmi- dratmeter . Ich weiß zwar, dass im Gesetzgebungsver- nister Görke zum Beispiel befürchtet, dass dadurch allein fahren, ich glaube, Hamburg interveniert und gesagt hat: Brandenburg Einnahmen im mittleren zweistelligen Mil- Wir haben hier hohe Kosten .– Aber fast überall sonst lionenbereich verloren gehen . Das Geld sitzt bei Ihnen fördert man damit Wohnungsbau im hochpreisigen Seg- an dieser Stelle also wirklich locker . Es fehlt aber gerade ment . Das darf doch wirklich nicht wahr sein . in den Bundesländern, in denen es sehr, sehr dringend gebraucht wird . So hat beispielsweise Finanzsenator, Herr Kollatz-Ahnen, Mitglied der SPD, berechnet, dass man Sinnvoller wäre eine zielgenaue Förderung des sozi- damit in Berlin eine Kaltmiete von 17 bis 20 Euro pro alen Wohnungsbaus, statt Gelder mit der Gießkanne zu Quadratmeter subventionieren würde . Er sagte dazu: Das verteilen . Da ziehen Sie sich nämlich aus der Verant- schafft Anreize für das falsche Segment, nicht für preis- wortung . Die 500 Millionen Euro, die Sie auf massiven werten Wohnungsbau .– Da hat er völlig recht . Dem habe Druck der Opposition und angesichts der Flüchtlingssi- ich überhaupt nichts hinzuzufügen . tuation zusätzlich bewilligt haben, werden bei Weitem nicht ausreichen; das wissen wir alle miteinander . Das Schärfste ist aber, dass diese Maßnahmen nicht einmal an eine Mietenbegrenzung gebunden sind . Aber Das ist auch der Grund, warum Bauministerin nur so wäre garantiert, dass die Wohnungen dann auch Hendricks gestern in der Debatte und auch in der Presse günstig vermietet werden und bei Menschen mit mitt- immer wieder gefordert hat: Wir brauchen mehr Geld, lerem und wenig Einkommen ankommen . Ohne Miet­ das zielgerichtet für den sozialen Wohnungsbau ein- obergrenze ist das ein reines Subventionsinstrument für gesetzt wird. – Das finden auch wir. Wir sagen: Wenn Menschen, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld . Das 5 Milliarden Euro zielgerichtet für sozialen, gemeinnüt- brauchen wir gerade nicht . zigen Wohnungsbau eingesetzt werden, müssen jährlich mindestens 250 000 neue Sozialwohnungen entstehen . (Beifall bei der LINKEN) Dafür braucht es keine Milliardengeschenke an die Bau- (B) Versuchen Sie also bitte nicht, uns weiszumachen, dass und Immobilienbranche . Dieses Geld ist an anderer Stel- (D) Steuerabschreibungsmodelle für Reiche ohne Mietober- le wirklich besser und zielgenauer eingesetzt . grenzen auch nur irgendetwas mit einer sozialen Woh- Vielen Dank . nungspolitik zu tun haben . Das ist doch wirklich lächer- lich . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Das alles folgt ja der sogenannten Sickertheorie, nach Vielen Dank . – Für die Bundesregierung erhält jetzt der neu entstehende, teure Wohnungen irgendwann auch der Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold das Menschen mit wenig Einkommen zur Verfügung stehen; Wort . denn irgendwann ziehen die Mieter aus den teuren Woh- nungen aus, und dann können die anderen nachziehen . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Aber wissen Sie: Das ist reine Theorie . Außerdem: Wa- der CDU/CSU) rum so kompliziert? Viel einfacher wäre es doch, direkt in sozialen Wohnungsbau für Geringverdiener zu inves- Florian Pronold, Parl . Staatssekretär bei der Bundes- tieren . Da weiß man nämlich, wo das Geld ankommt . ministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi- (Beifall bei der LINKEN) cherheit: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Es geht übrigens nicht nur darum, dass zu wenig Kollegen! Sehr geehrte Frau Lay, wenn man ein anstän- gebaut wird und ob zu wenig gebaut wird, sondern die diges Gebäude bauen will, dann braucht man mehrere Frage ist auch: Für wen wird gebaut? Wir können erst Bausteine, und die Wohnungspolitik der Bundesregie- einmal feststellen, dass die Baubranche boomt . Es gab rung besteht aus mehreren Bausteinen . im letzten Jahr so viele Baugenehmigungen wie seit ganz vielen Jahren nicht mehr . Man kann davon ausgehen, Wir haben als Erstes die Städtebauförderung auf das dass aufgrund der Nullzinspolitik weiterhin Kapital auf höchste Niveau in der Geschichte der Bundesrepublik den Immobilienmarkt drängt . Ich sehe überhaupt nicht, Deutschland angehoben . dass wir dafür auch noch steuerliche Anreize brauchen . Diesen Prozess gibt es sowieso . Als Zweites haben wir die größte Anpassung im Be- reich des Wohngeldes vorgenommen . Dadurch holen wir Gebaut wird aber leider häufig im hochpreisigen Seg- Zehntausende von Menschen, die hart arbeiten, aus der ment, im Luxussegment . Wenn wir gezielt fördern und Sozialhilfe heraus . Weil sie sich mit ihrer Hände Arbeit wissen wollen, wo das Steuergeld ankommt, dann brau- keine Wohnung mehr leisten konnten, bekommen sie nun 15998 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Parl. Staatssekretär Florian Pronold (A) einen Zuschuss, sodass sie nicht länger auf Sozialhilfe Ich bedanke mich bei Ministerin Barbara Hendricks (C) angewiesen sind und sich wieder eine Wohnung leisten dafür, dass sie das mit Nachdruck gemacht hat; denn können . auch dieser Baustein ist wichtig . Wir brauchen einen zu- sätzlichen Mietwohnungsbau. Dieser findet nur auf an- (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ gespannten Wohnungsmärkten statt, und nur dort kommt DIE GRÜNEN]: Auf das Niveau von Schwarz- auch die steuerliche Förderung zum Einsatz . Gelb im Jahre 2009! Das ist Ihr Wohngeld!) (Beifall bei der SPD) Als Drittes haben wir die Mietpreisbremse eingeführt . Natürlich kann man darüber diskutieren, ob man eine Als Viertes haben wir dazu beigetragen, dass endlich zusätzliche Bindung einführt . Früher gab es den § 7 k im das Geschäftsmodell beerdigt wird, wonach den Mie- Einkommensteuergesetz, und es spricht auch nichts da- terinnen und Mietern die Maklergebühren übergewälzt gegen, solche Überlegungen im parlamentarischen Ver- werden . fahren anzustellen . (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Sehr gut, ja!) Als Fünftes haben wir die soziale Wohnraumförde- rung von 500 Millionen Euro auf 1 Milliarde Euro pro Gewiss kann man auch weitere Aspekte diskutieren: Jahr verdoppelt, um gezielt sozialen Wohnraum durch Vorgestern kam zum Beispiel eine interessante Studie he- die Länder schaffen zu lassen . raus, die besagt: Wir haben eine Menge Potenzial in den Städten, und zwar in der Höhe . – Es geht hier um eine Das alles sind Bausteine einer vernünftigen Woh- intelligente Nachverdichtung; auch das ist Neubau . Wir nungspolitik, die für bezahlbaren Wohnraum für alle sor- müssen darauf achten, dass das Steuerförderungsgesetz gen soll, und hier sind wir richtig gut . dazu führt, dass wir also auch andere Ziele einhalten . Die Städte können eben auch in die Höhe und nicht nur in die (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Breite – Stichwort 30-Hektar-Ziel – wachsen . Auch für der CDU/CSU) diesen Neubau – es geht um die Nachverdichtung – kann Jetzt kommt ein weiterer Baustein hinzu, weil in den die steuerliche Förderung eingesetzt werden . angespannten Wohnungsmärkten Geld da ist und in den Wir fördern hier bis zu 2 000 Euro pro Quadratme- Städten Gott sei Dank auch gebaut wird . ter . Wenn man sich die Baukostenentwicklung anschaut, Gestern kam die Botschaft, dass es in den letzten Jah- dann sieht man, dass das heute leider nicht mehr so viel ren nie so viele Baugenehmigungen gab wie im letzten ist . Auch das haben wir uns in der Baukostensenkungs- (B) Jahr, nämlich über 300 000 . Das ist zwar gut, aber die kommission sehr genau angeschaut . (D) aktuellen Prognosen besagen, dass wir fast 400 000 Neu- Deswegen ist das Ganze ein zielgenaues Instrument bauwohnungen pro Jahr brauchen, um die bisher ange- und ein weiterer Baustein dafür, für bezahlbaren Wohn- spannten Wohnungsmärkte nach zehn Jahren einigerma- raum in angespannten Wohnungsmärkten zu sorgen . ßen auszugleichen . Das erreichen wir nicht allein durch den sozialen Wohnungsbau . (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: lässt grüßen!) In den Großstädten und in den mittleren Städten gibt es Investorenmodelle, durch die ein großer Reibach ge- Mit der heutigen Beratung knüpfen wir an die Debatte macht wird, aber nur Eigentumswohnungen im Luxus- von gestern an . segment geschaffen werden . Wir brauchen aber auch im Im Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen haben Mietwohnungsbereich einen deutlichen Anstieg . Deswe- die Wohnungswirtschaft, die Bauwirtschaft, die Gewerk- gen setzt der Baustein der steuerlichen Förderung genau schaften, die Mietervereine und wir deutlich gemacht, da an . dass auch der Baustein der steuerlichen Förderung von- Dabei wird, Frau Lay, nicht nach dem Gießkan- nöten ist . Und wir beginnen heute mit der Umsetzung . nenprinzip vorgegangen . Die Gießkanne kam in den Schneller kann man doch Ergebnisse eines Bündnisses 90er-Jahren zum Einsatz, als eine steuerliche Förderung nicht in die Tat umsetzen . über die gesamte Bundesrepublik verteilt wurde . Vie- Herzlichen Dank . le haben damals ihr Geld im Osten verbrannt, weil sie gedacht haben: Hauptsache, man kann Steuern sparen .– (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Sie haben in eine Wohnung investiert, die sie sich nicht einmal angeschaut haben und für die es überhaupt keinen Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Bedarf gab . Genau das machen wir diesmal nicht . Vielen Dank . – Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt die Kollegin Lisa Paus . Wir haben in unserem Entwurf für eine Einengung gesorgt . Wir, die SPD, haben übrigens schon in den Koa- litionsverhandlungen gefordert, dass als Pedant zur Miet- Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): preisbremse eine steuerliche Förderkulisse für Investoren Herr Staatssekretär Pronold, mit Verlaub, ich kann Ihre in angespannten Wohnungsmärkten aufgebaut wird, und Aussagen nicht teilen . – Frau Präsidentin! Meine Damen es ist gut, dass wir uns an dieser Stelle jetzt auch durch- und Herren! Es gibt Hunderttausende Wohnungsuchende setzen . in Berlin, in Hamburg, in München, in allen Großstäd- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 15999

Lisa Paus (A) ten dieser Republik, die auf bezahlbare Wohnungen war- leren Segment? Davon war inzwischen viel die Rede . Sie (C) ten . Die schlechte Nachricht dieses Tages ist aber: Diese setzen die Fördergrenze bei 3 000 Euro pro Quadratmeter Menschen werden weiter warten müssen, meine Damen fest . Das ist kein günstiger Wohnungsbau . und Herren . Dabei hatte Frau Hendricks alle Chancen, das Spiel am Wohnungsmarkt in einer heißen Phase zu (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN drehen . Doch leider haben Sie von der Sozialdemokratie sowie der Abg . Caren Lay [DIE LINKE]) diesen Elfmeter glatt verschossen . Schauen wir uns einmal gängige Vergleichszahlen an: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) In Berlin zum Beispiel wird neuer Wohnraum heute im Schnitt für 1 700 Euro errichtet . Berlin ist da keine Aus- Dabei ist Schäuble angesichts der Flüchtlingszahlen – das nahme . In Konstanz erhielt die Städtische Wohnungs- wurde schon angesprochen – bereit, auf circa 2,15 Milli- baugesellschaft den Deutschen Bauherrenpreis 2016 für arden Euro Steuereinnahmen zu verzichten . Es liegt also eine Wohnanlage, wo der Quadratmeter gut 1 800 Euro nicht am Geld, dass es nichts wird mit dem bezahlbaren gekostet hat . Und auch das Soziale Großstadt-Dorf in Wohnraum . Bochum wurde unter anderem vom Deutschen Städtetag prämiiert, weil dort integratives Mehrgenerationenwoh- Wenn wir es aber dennoch nicht schaffen, den laufen- nen sogar für nur 1 400 Euro realisiert werden konnte . den Bauboom in nachhaltige Bahnen, was tatsächlich bezahlbaren Wohnraum angeht, zu lenken, dann liegt Sie aber bleiben bei Wohnungserrichtungskosten von das eben schlicht daran, dass Sie sich des falschen Werk- bis zu 3 000 Euro . Dazu kommen dann noch die Grund- zeugs bedienen . stückskosten . Das wird von Ihnen gefördert . Ich frage Sie allen Ernstes: Glauben Sie wirklich, dass auch nur eine (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wohnung anschließend für 6,50 Euro oder 7,50 Euro pro Die Sonder-AfA, die Sie uns hier heute vorgelegt ha- Quadratmeter vermietet wird, meine Damen und Herren? ben, erreicht weder Genossenschaften – die ja sowieso (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bereits steuerbefreit sind – noch die öffentlichen Woh- nungsunternehmen, obwohl gerade die öffentlichen Ihre Baukostengrenze ist eben deutlich zu hoch . Dabei Wohnungsunternehmen dringend Förderung bräuchten, verzichten Sie auch noch vollständig auf eine energeti- weil sie zum Teil mit hohen Verlusten zu kämpfen haben . sche Staffelung, die allein höhere Grenzwerte hätte recht- Ja, wir brauchen Neubau . Ja, wir brauchen auch pri- fertigen können . vate Investitionen . Ihre Sonder-AfA ohne Mietobergren- Ich kann nur hoffen, dass der Bundesrat diese falsch ze ist aber nichts anderes als ein Steuersparmodell für justierte Messlatte nach unten korrigieren wird . Der Fi- (B) Millionäre . Und es ist ein Geschenk in Milliardenhöhe nanzausschuss hat dazu schon entsprechende Beschlüsse (D) an die besonders ertragsstarken – also noch nicht einmal gefasst . Der Bundesrat muss da noch nachziehen . Das an alle – privaten Wohnungsunternehmen, die das Geld allein wird aber trotzdem nicht reichen, um aus diesem natürlich gerne mitnehmen werden, deswegen aber keine schlechten Gesetz ein gutes zu machen . Denn selbst einzige zusätzliche, geschweige denn soziale Wohnung wenn die Kosten pro Quadratmeter nicht 3 000 Euro, bauen werden . Sie machen aus Betongold Betonplatin, sondern nur 1 500 Euro betragen, bedeuten niedrige meine Damen und Herren . Baukosten nicht automatisch niedrige Mieten . Da alle (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Neubauten nicht der Mietpreisbremse unterliegen, kön- nen diese Wohnungen sofort zu jedem erzielbaren Preis Glauben Sie wirklich, wegen des verschwindend ge- vermietet werden . Das bedeutet: Familien, Flüchtlinge ringen Zinsvorteils der Steuerabschreibungen werden und Studierende werden deshalb wieder das Nachsehen zusätzliche Wohnungen gebaut? Ich bin überzeugt, es haben . Ohne Sozialbindung und ohne Mietobergrenzen werden durch diese Sonderabschreibung keine Wohnun- werden gerade auf den angespannten Wohnungsmärkten gen, die nicht schon vorher geplant waren, neu entste- keine bezahlbaren Mietwohnungen entstehen . hen . Diese Sonder-AfA wird eben nur Mitnahmeeffekte erzeugen . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Caren Lay [DIE LINKE]) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deswegen ist unser Gegenvorschlag zu Ihrem Steuer- Sie wird auch nicht zur Kostendämpfung im Baubereich sparmodell für Millionäre eine neue Wohnungsgemein- beitragen, sondern leider eher zum Gegenteil führen . nützigkeit, ein altes Prinzip der sozialen Marktwirtschaft . Wir wollen Steuererleichterungen im Tausch gegen sozi- In Ihrem Gesetzentwurf heißt es im Wortlaut: alen Wohnraum, öffentliches Geld für tatsächlich dauer- Ziel der Förderung ist es, Investoren zum Bau von haft öffentliche Güter . Wir würden damit dafür sorgen, Wohnungen im unteren und mittleren Mietpreisseg- dass wieder günstige Wohnungen errichtet werden, und ment zu bewegen . Wohnungen mit hohem Standard verhindern, dass Millionen Menschen nach der Arbeit (Luxusausstattung) bedürfen keiner staatlichen För- noch zum Amt müssen und zum Bittsteller werden, weil derung und werden somit vollständig von der För- ihr Einkommen nicht für die Miete reicht . derung ausgeschlossen . Wir haben in Deutschland seit der Abschaffung der Den Ansatz sehe ich wohl . Es wäre schön, wenn es so Gemeinnützigkeit 2 Millionen Sozialwohnungen ver- wäre . Aber welche Baukosten setzen Sie denn als Grenze loren . Die Abschaffung der früher einmal vorhandenen für diesen Wohnungsbau im angeblich unteren und mitt- Gemeinnützigkeit war ein Fehler, der uns Milliarden ge- 16000 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Lisa Paus (A) kostet hat . Es wird Zeit, diesen Fehler auszumerzen und Quadratmeter werden nicht gefördert . Deswegen besteht (C) die Entscheidung wieder rückgängig zu machen, damit doch für die Investoren der Anreiz, beim Bauen unter die Abwärtsspirale beim sozialen Wohnungsbau endlich 2 000 Euro je Quadratmeter zu bleiben . gestoppt wird . (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN DIE GRÜNEN]: Es geht aber um die Miet- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) preise, nicht um die Baukosten!) Und wenn dann unter 2 000 Euro je Quadratmeter ge- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: baut wird, wird sich das auf die Mietpreise entsprechend Vielen Dank . – Der Kollege Olav Gutting, CDU/ auswirken . CSU-Fraktion, ist der nächste Redner . Wir haben auch eine zeitliche Begrenzung vorgese- (Beifall bei der CDU/CSU) hen: Die Förderung ist auf Baumaßnahmen begrenzt, die in den Jahren 2016 bis 2018 begonnen werden . Das Olav Gutting (CDU/CSU): heißt, es muss jetzt gebaut werden, nicht irgendwann in der Zukunft . Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen Mietwohnungsneubau in Gebieten mit ange- Für uns in der Union hat Wohn- und Lebensqualität spannter Wohnungslage gerade im unteren und mittleren der Menschen in Deutschland einen hohen Stellenwert . Preissegment ankurbeln . Mehr Wohnraum und bezahlbare Mieten sind ein wich- tiges Ziel unserer Politik . Allerdings ist es allein mit (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: steuerlicher Förderung nicht getan . Das ist – der Staats- Dann legen Sie ein anderes Gesetz vor!) sekretär hat es vorhin gesagt – ein Baustein von vielen . Wir erleben, dass gerade in Großstädten und in Uni- Wenn man sich die Ursachen anschaut, warum dieser versitätsstädten in den letzten Jahren sowohl die Woh- Wohnungsmangel herrscht, dann stellt man fest – auch nungsnachfrage als auch die Mieten und die Kaufpreise das gehört zur Wahrheit –: Es ist oft nicht genug Bauland gestiegen sind . Das macht es für immer mehr Haushalte vorhanden, und in der Politik erhöhen wir seit Jahren die schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Der Baukosten und machen Vermietung unattraktiver . Zuzug von Flüchtlingen in hoher Zahl und deren Inte- Im Übrigen ist hierfür die grün geführte Landesregie- gration in den Wohnungsmarkt sind eine zusätzliche He- rung in meinem Heimatbundesland Baden-Württemberg rausforderung . Deswegen müssen wir jetzt handeln . ein gutes Beispiel: Es ist richtig: Die Anzahl der neugebauten Wohnun- (B) (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ (D) gen steigt bereits seit 2009 deutlich . Aber gerade auf- DIE GRÜNEN]: Der Wahlkampf ist vorbei!) grund der Zuwanderung rechnen wir mit einem zusätz- lichen jährlichen Bedarf von mindestens 350 000 neuen Man nimmt erst einmal eine Grunderwerbsteuererhö- Wohnungen . Wir haben das Ziel, den Bau dieser Woh- hung um über 40 Prozent vor . Dann schreibt man in der nungen unter anderem – nicht allein, aber auch – mit pri- Landesbauordnung fest, dass die Vermieter, also die In- vaten Investoren zu erreichen . Deswegen wollen wir den vestoren, wettergeschützte Luxus-Fahrradabstellplätze Bau von preiswerten Mietwohnungen in Gebieten mit errichten müssen . Wenn sie keinen Garten haben, müssen angespannter Wohnungslage anregen . Das soll durch die sie Fassaden- oder Dachbegrünung vornehmen . In Stu- Einführung einer befristeten – das ist wichtig –, degres- dentenwohnheimen müssen Abstellflächen für Gehhilfen siv ausgestalteten Sonderabschreibung erreicht werden . geschaffen werden – ich weiß nicht, ob die Studenten mit Diese zusätzliche Sonderabschreibung von 10 Prozent Rollatoren an die Uni gehen . All das ist jedenfalls wider- im ersten, 10 Prozent im zweiten und 9 Prozent im dritten sinnig und erhöht die Baukosten . Jahr – in Verbindung mit der linearen Abschreibung also (Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn insgesamt 35 Prozent in drei Jahren im Vergleich zu sonst [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 6 Prozent – wird am Markt Wirkung zeigen . Das Thema altersgerechter Umbau und de- Wir müssen aus beihilferechtlichen Gründen – das hat mografischer Wandel ist bei der Union nicht der Herr Staatssekretär vorhin schon ausgeführt – da- angekommen! Das ist ja das Problem!) rauf achten, dass wir das Ganze räumlich begrenzen . Es Wir haben die Bestimmungen der Energieeinsparver- geht um Gebiete mit Wohnraummangel . Deswegen kön- ordnung verschärft . Das wird zu einer weiteren Erhöhung nen wir auch nicht mit der Gießkanne arbeiten, sondern der Baukosten führen . Wir haben Mietpreisbremse, Ma- müssen gezielt fördern . Wir haben uns darauf geeinigt, klerkostenverteilung, Begrenzung der Umlage von Mo- dass die Gebiete, in denen gefördert wird, drei Kriterien dernisierungskosten . Auch all das schreckt Vermieter ab . entsprechen müssen: Es müssen Gebiete mit den Mieten- stufen IV bis VI, mit Mietpreisbremse sowie mit abge- (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ senkter Kappungsgrenze sein . DIE GRÜNEN]: In Stuttgart habt ihr gegen die Mietpreisbremse gestimmt im Landtag! Da hier ja immer wieder über die 3 000 Euro gespro- So sieht es aus!) chen wird: Die 3 000 Euro je Quadratmeter sind die Ober- grenze für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten; Das heißt, man tut alles, um Bauen teurer zu machen und die Förderobergrenze aber sind 2 000 Euro . Das muss das Vermieten zu erschweren, und anschließend heult man klarstellen . Das heißt, Beträge über 2 000 Euro je man dann Krokodilstränen . Das passt irgendwie nicht Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 16001

Olav Gutting (A) zusammen . Ich glaube, da sollte man manches noch ein- wie es in meinem Wahlkreis der Fall ist, untergebracht (C) mal überdenken . werden . Nein, wir wollen, dass auch diese Menschen in Wohnungen untergebracht werden können . Klar ist aber auch: Dieses Gesetz muss jetzt kommen . Denn wenn es nicht kommt, richten wir Schaden an . Es (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten gibt schon jetzt einen Attentismus am Markt . Das heißt, der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: die Investoren warten auf dieses Gesetz und halten sich Wann fördern Sie das denn? Das hat mit die- bei Neubauten zurück . Deswegen muss das Gesetz jetzt sem Gesetz nichts zu tun!) kommen . – Dafür werden wir im parlamentarischen Beratungsver- (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: fahren noch sorgen, Frau Lay . Das war Ihnen bei der energetischen Sanie- (Caren Lay [DIE LINKE]: Da bin ich ge- rung auch egal!) spannt!) Wir werden sicherlich im Laufe der weiteren Beratungen Daher ist es gut, dass das Problem des guten und bezahl- zu diesem Gesetzentwurf noch die eine oder andere De- baren Wohnens auch angepackt worden ist . Es ist noch tailfrage genauer besprechen . wichtiger, dass wir dranbleiben und es weiterhin verfol- Wir wollen vor allem, dass auch kinderreiche Fami- gen . lien insbesondere in Ballungszentren die Chance haben, Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesre- bezahlbaren Wohnraum zu bekommen . Das heißt, wir gierung hat bereits viel für die Schaffung bezahlbaren wollen eine stärkere Familienkomponente . Wohnraums getan . Auch das wurde heute schon gesagt; (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: aber Wiederholungen schaden ja nicht . Dann machen Sie ein anderes Gesetz! Das ist (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD) nicht drin im Gesetzentwurf!) Als Erstes ist hier zu nennen, dass die Mittel für die Wir werden auch erörtern, inwiefern wir das in die- Städtebauförderung im Rahmen des Programms „Soziale sem Entwurf nicht berücksichtigte Ziel, selbstgenutztes Stadt“ mehr als vervierfacht wurden und dass die Mittel Wohneigentum zu fördern, verstärken können . Dazu für die soziale Wohnraumförderung erhöht wurden . Vor- müssen wir uns mit der Frage befassen, ob die bisherige gesehen ist für die Jahre 2016 bis 2019 ein Betrag von Eigenheimrente nicht noch stärker pointiert werden kann . 4 Milliarden Euro zusätzlich . Ich freue mich jedenfalls auf die weiteren Beratungen Ein weiterer Punkt, der mir auch sehr wichtig ist, ist und wünsche an dieser Stelle den Kolleginnen und Kol- der Umgang mit den Bundesliegenschaften . Der Bund (B) legen schon einmal schöne Osterfeiertage . hat sich ja bereit erklärt, Immobilien und Liegenschaften (D) (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . schnell und vergünstigt an die Kommunen weiterzuge- Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]) ben . Eine entsprechende Verbilligungsrichtlinie hat der Haushaltsausschuss beschlossen . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielen Dank .– Nächste Rednerin für die SPD-Frakti- Das wird nur nicht angewandt, wie wir in Ber- on ist die Kollegin Cansel Kiziltepe . lin sehen!) (Beifall bei der SPD) – Wir kämpfen ja tagtäglich dafür . Kurz gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Ko- Cansel Kiziltepe (SPD): alition tut bereits viel, um den Mangel an bezahlbarem Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Wohnraum zu bekämpfen . Heute sprechen wir über einen Kollegen! Meine Damen und Herren! Der vorliegende der Bausteine, über eines der Instrumente, die dazu die- Gesetzentwurf der Bundesregierung geht auf eine Initia- nen, den Mietwohnungsneubau noch mehr zu verstärken tive unserer Bauministerin Barbara Hendricks und das und zu beschleunigen . Das soll eben durch die Sonder- von ihr gegründete Bündnis für bezahlbares Wohnen und abschreibung geschehen, der aber auch enge Grenzen zu Bauen zurück . Wir als Koalitionsfraktionen haben das setzen sind . Dafür werde ich mich und wird sich meine Thema „bezahlbares Wohnen“ bereits 2013 als wichtig Fraktion auch einsetzen . erkannt und in unserem Koalitionsvertrag festgeschrie- Steuerliche Förderung ist natürlich kein Allheilmit- ben . tel . Herr Brinkhaus hat eben gesagt, dass es sich hier um Die Förderung des Mietwohnungsneubaus – das wur- Subventionen handelt . Diese sind mit Vorsicht zu genie- de heute schon mehrfach gesagt – ist, liebe Kolleginnen ßen . Ich werde Herrn Brinkhaus in dieser Frage beim und Kollegen, ein Instrument bzw . ein Baustein unter Wort nehmen und ihn im parlamentarischen Beratungs- vielen, um der Wohnungsknappheit zu begegnen . Ange- verfahren immer wieder darauf ansprechen . Es ist also sichts der aktuellen Herausforderungen, vor denen wir nicht das allerbeste Mittel, aber es ist ein Mittel, um für stehen, zeigt sich, wie dringend der Handlungsbedarf ist . mehr Wohnungsbau zu sorgen . Die Städte tun zwar schon Denn wir wollen nicht, dass Menschen aus ihren Kiezen viel, und es gibt auch entsprechende Förderprogramme; wegziehen müssen, weil sie ihre Miete nicht mehr bezah- aber wir können die Privaten nicht außen vor lassen . Wir len können . Wir wollen auch nicht, dass die hohe Zahl wollen eine zielgenaue Förderung in den Gebieten, wo der Geflüchteten in Zelten, Zeltstädten oder Turnhallen, der Wohnungsmarkt angespannt ist, wo es keinen be- 16002 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Cansel Kiziltepe (A) zahlbaren Wohnraum in ausreichendem Maße gibt, und Vielen Dank . (C) damit verhindern, dass Geringverdiener in die Außenbe- zirke ziehen müssen . Wir sind von daher als Gesetzgeber (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten gefordert, in den Gebieten, wo Marktversagen herrscht, der CDU/CSU) entgegenzusteuern . Genau hier kommt die Sonderab- schreibung zum Zuge . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Um Missbrauch und Mitnahmeeffekte der steuerli- Vielen Dank .– Als letzter Redner zu diesem Tages- chen Förderung zu verhindern, sind zielgenaue Maßnah- ordnungspunkt erhält jetzt der Kollege Philipp Graf von men von großer Bedeutung . Dazu ist im Gesetzentwurf und zu Lerchenfeld, CDU/CSU-Fraktion, das Wort . einiges vorgesehen . Dazu ist zu zählen, dass die Förde- (Beifall bei der CDU/CSU) rung nicht unbegrenzt gewährt wird, sondern auf drei Jahre beschränkt ist . Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Sehr geehrte Kolle- DIE GRÜNEN]: Gerade das führt ja zu Mit- ginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich habe beim Ver- nahmeeffekten! Die sind alle schon projektiert folgen der bisherigen Debatte den Eindruck gewonnen, und bekommen jetzt die Förderung! In den liebe Kollegin Paus, dass sich Ihr Blick etwas verengt . ersten Jahren entsteht keine zusätzliche Woh- Die Gesamtmaßnahmen und Bausteine sind von den bei- nung!) den Parlamentarischen Staatssekretären und auch von Ihnen, liebe Kollegin Kiziltepe, wunderbar dargestellt Dazu zählt aber auch, dass für die Vermietung der ge- worden . Aber Sie blicken – genauso wie das Kaninchen förderten Wohnungen eine Rahmenfrist von zehn Jah- auf die Schlange – nur auf einen einzigen Baustein . ren gilt . Ich hätte mir hier einen längeren Zeitraum ge- wünscht . Dazu zählt des Weiteren, dass der Förderung (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: enge Grenzen gesetzt sind; darüber werden wir im wei- Auf das Gesetz!) teren parlamentarischen Beratungsverfahren diskutieren . Außerdem ist eine Begrenzung der Bemessungsgrund- Sie sehen auf dieses Gesetz, aber Sie sollten doch die Ge- lage vorgesehen . Man möchte die maximale Förderhö- samtmaßnahmen sehen . Sie sollten Ihr Herz gerade zu he auf 3 000 Euro und die Bemessungsgrundlage auf Ostern ein bisschen erweitern . 2 000 Euro pro Quadratmeter beschränken, um das ziel- (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – genauer zu handhaben . Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ (B) (D) Hier zu erwähnen ist noch der Beschluss des Bundes- DIE GRÜNEN]: Wir reden heute über ein Ge- rates, der heute Vormittag getagt hat . Der Bundesrat hat setz und nicht über Ostern!) nämlich mit großer Mehrheit beschlossen, die maximale – Lieber Kollege Kühn, ich würde Ihnen empfehlen, ein Fördergrenze auf 2 600 Euro und die Bemessungsgrund- bisschen zuzuhören . Sie scheinen nicht multitaskingfä- lage auf 1 800 Euro abzusenken . Die Bemessungsgrund- hig zu sein; denn Sie reden und hören nicht zu . lage auf 1 800 Euro zu senken, war eine Forderung von Berlin . Man musste sich auf eine Förderhöchstgrenze (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einigen, weil die Baukosten – es wurden hier ja Zahlen NEN]: Der kann beides: Reden und Zuhören!) vom Statistischen Bundesamt genannt – noch immer un- terschiedlich sind . Es ist also noch einiges zu diskutieren, Das ist bei solchen Debatten nicht angenehm, kann ich aber auch herauszuholen, wie ich meine . Der Bundesrat nur sagen . hat außerdem beschlossen, dass ein Prüfauftrag an den (Zuruf des Abg . Christian Kühn [Tübingen] Gesetzgeber gerichtet wird, um Mietpreisobergrenzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) einziehen zu können . Sie sollten die Augen nicht vor der Realität verschließen . (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sehr gut!) (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das machen Sie!) Das ist für mich und meine Fraktion wichtig . Auch darü- ber werden wir diskutieren . Der Kollege Gutting hat ganz klar dargestellt, dass wir in den letzten Jahren einen enormen Anstieg der Baukos- (Beifall bei der SPD – Christian Kühn [Tübin- ten hatten, und zwar infolge ganz bestimmter gesetzlicher gen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darin Voraussetzungen . Wenn Sie heute in der Innenstadt bauen unterstützen wir Sie!) wollen, dann ist das wirklich sehr teuer . Natürlich hängt mit den Baukosten die Frage zusammen, wie die Rendite Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen vor He- für den Einzelnen ist . Wenn die Rendite gering ist, wird rausforderungen, die wir angehen müssen . Alles Weitere weniger gebaut . Gott sei Dank hat sich das inzwischen wird sich im Laufe des Verfahrens zeigen . Ich bin mir geändert, aber das ist wohl auf die günstige Zinssitua- sicher, dass wir gute Lösungen finden werden und einen tion im Moment zurückzuführen . Mit dem Gesetz, das weiteren Schritt hin zu mehr bezahlbarem Wohnraum ge- wir heute verabschieden, wird insofern noch einmal ein hen . Schub für die Schaffung von Wohnraum kommen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 16003

(A) Vizepräsidentin Ulla Schmidt: schen 100 000 und 150 000 Wohnungen zu wenig gebaut . (C) Herr Kollege Lerchenfeld, gestatten Sie eine Zwi- Dadurch steigt natürlich das Mietpreisniveau die ganze schenfrage der Kollegin Paus? Zeit an . Wir brauchen sozialverträgliche Mieten, aber wir Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): brauchen natürlich auch Investoren, die bereit sind, in Mit großem Vergnügen . diese Wohnungen zu investieren . Die Frage der Bau- kostenhöhe ist natürlich schon eine Diskussion wert . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Ich bedauere sehr, dass die Länder bei ihren Forderun- Bitte schön . gen nicht unbedingt immer berücksichtigt haben, dass es sehr unterschiedliche Situationen gibt . Kollege Gutting hat darauf hingewiesen, und auch ich habe schon einige Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Beispiele dazu genannt . Geschätzter Kollege Lerchenfeld, ich hatte die er- freuliche Gelegenheit, an dem Kongress der Bundesre- Außerdem muss man sich natürlich überlegen: Wenn gierung zu bezahlbarem Wohnraum teilzunehmen . Ich ich eine besonders große Wohnung baue, reduzieren sich war zusammen mit anderen Kollegen auf dem Podium . im Verhältnis die Baukosten . Wenn ich 200-Quadratme- Vor allen Dingen waren die namhaften Verbände der ter-Wohnungen baue, dann ist das sicherlich pro Qua­ Bauwirtschaft dort vertreten . Es wurden unter anderem dratmeter billiger, als wenn ich eine Wohnung mit 40 Entwürfe von Schweden vorgestellt, die es geschafft hat- oder 50 Quadratmetern baue . So wäre zu überlegen, ob ten, die Baukosten um 25 Prozent zu senken . Die Kol- man allein an der Höhe der Baukosten festhält oder nicht legen von der Bauwirtschaft neben mir haben allesamt dazu übergehen sollte, eventuell bestimmte Leistungs- bestätigt, dass auch sie in der Lage sind, heute für unter merkmale hervorzuheben . 1 700 Euro zu bauen, und dass sie die 2 000 Euro nicht brauchen . Würden Sie das bitte zur Kenntnis nehmen? Grundstückspreise spielen auch eine große Rolle; aber natürlich können wir keine Abschreibungen auf Grund- Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): stücke zulassen . Dennoch ist auch das eine Frage, die bei der Beurteilung der Rendite von Mietwohnungsbau be- Ich nehme Ihre Diskussionsbeiträge immer gerne zur rücksichtigt werden muss . Kenntnis . Aber dennoch muss ich Ihnen sagen: Sie müs- sen auch Besonderheiten berücksichtigen . Was ist denn, In den Ballungsräumen ist der Herstellungsaufwand wenn in die Baukosten zum Beispiel die Kosten einer naturgemäß oft höher, weil die Umstände dort ganz an- (B) Tiefgarage eingerechnet werden, die Sie bauen müssen, ders als auf dem flachen Land sind. So führt die Nutzung (D) weil eine entsprechende Stellplatzverordnung von der von Baulücken, wie ich bereits gesagt habe, dazu, dass Stadt erlassen worden ist? sich die Baukosten erhöhen; das Gleiche gilt für entspre- (Zuruf von der CDU/CSU: Oder ein Fahrrad- chende Forderungen staatlicherseits . ständer!) Was sicherlich diskutabel wäre, ist die Förderung des Was ist mit dem Fahrradstellplatz? Was ist mit diesen Baus von Eigenheimen . Denn auch wenn man Eigen- ganzen zusätzlichen gesetzlich vorgeschriebenen Din- heime baut, entlastet man letztlich den Wohnungsmarkt . gen, die von städtischer Seite, von Länderseite oder vom Mehr Eigenheime können dazu führen, dass Mietwoh- Bund gefordert werden und dazu führen, dass sich Bau- nungen frei werden, sodass Mietpreise entsprechend an- kosten erhöhen? gepasst werden . Wir sollten uns also darüber Gedanken Sehen Sie sich das einmal in der Innenstadt an . Wenn machen, wie wir das Wohnen im Eigenheim unterstützen Sie eine Baulücke schließen wollen, dann müssen Sie können; so kann auch von Eigenheimbesitzern Vermö- zum Teil die Fundamente der Nachbargrundstücke absi- gen geschaffen werden . chern . Das führt zu deutlich höheren Baukosten gerade (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ in den Ballungsgebieten, wo wir eigentlich bezahlbaren DIE GRÜNEN]: Deshalb haben Sie die Rech- Wohnraum schaffen wollen . te der Eigenheimbesitzer bei der Immobilien- (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: kreditrichtlinie beiseitegeschoben!) Ändern wir doch das!) Es gibt sicherlich viele Ansätze, die steuerliche Förde- Insofern ist es sicherlich sehr gut, dass wir hier mit die- rung für Wohnraum insgesamt zu verbessern . Es wird si- sem Gesetz etwas vorlegen, was die Baukosten für den cherlich darauf ankommen, wie wir mit den Forderungen Investor zumindest über steuerliche Abschreibungsmög- der Länder umgehen . Ich hoffe, dass wir diesen Gesetz- lichkeiten etwas verringert . entwurf, den wir heute vorlegen, in einer vernünftigen (Beifall bei der CDU/CSU) Form verabschieden und er im Bundesrat Ich bin überzeugt davon, dass der steuerliche Vorteil (Caren Lay [DIE LINKE]: Noch einmal auch den Mietwohnungsbau von privaten Investoren ver- nachgebessert wird!) stärken wird . Es ist ja schon gesagt worden, wie viele Wohnungen fehlen . Seit 2009 fehlen uns in Deutschland die Zustimmung erhält . Ich wünsche uns dazu gute Be- tatsächlich 800 000 Wohnungen . Jedes Jahr werden zwi- ratungen . 16004 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Philipp Graf Lerchenfeld (A) Ich wünsche Ihnen allen ein wunderschönes Osterfest und sozialen Grundlagen der Menschen zu vernichten (C) und mir selber, dass im Anschluss daran am 5 .April Bay- drohen . ern München in der Champions League gewinnt . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Die Konzerne und ihre Vorstände haben die Risiken der Cansel Kiziltepe [SPD] – Manfred Zöllmer Atomenergie immer gekannt . Sie haben von den bisheri- [SPD]: Um Gottes willen!) gen Bundesregierungen enorme finanzielle und steuerli- che Vorteile eingeräumt bekommen . Höchste Zeit, dass Vizepräsidentin Ulla Schmidt: sie zu ihren finanziellen Pflichten stehen und für die Kos- Das werden wahrscheinlich einige mit Ihnen wün- ten des Atomausstiegs tatsächlich aufkommen! schen .– Wir sind damit am Ende der Aussprache ange- (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- langt . NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs ten der SPD) auf Drucksache 18/7736 an die in der Tagesordnung auf- Fünf Jahre nach Fukushima ist der Atomausstieg in geführten Ausschüsse vorgeschlagen . Gibt es von Ihrer Deutschland nach wie vor nicht vollendet . In Europa Seite aus dazu andere Vorschläge? – Ich sehe, das ist wachsen die atomaren Risiken durch immer ältere Re- nicht der Fall . Dann ist die Überweisung so beschlossen . aktoren . Störfallserien, Tausende Risse in Reaktoren wie Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf: in denen in Doel und Tihange – eine Sache, die uns im Umweltausschuss immerhin schon die ganzen letzten Beratung des Antrags der Abgeordneten Hubertus Monate begleitet hat und auch weiter begleiten wird –, Zdebel, Andrej Hunko, Karin Binder, weiterer unverantwortliche Laufzeitverlängerungen und immer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE wieder der Verdacht, dass Aufsichtsbehörden zu sehr die Risiko-Reaktoren abschalten – Atomausstieg wirtschaftlichen Interessen statt den Schutz der Bevölke- in Europa beschleunigen rung im Blick haben – siehe aktuell Belgien . Drucksache 18/7875 Nicht nur in den Grenzregionen zu Frankreich und Belgien sorgen sich die Menschen, dass Fukushima sich Überweisungsvorschlag: in Tihange oder Fessenheim wiederholen könnte . Diese Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher- heit (f) Ängste sind weder irrational noch übertrieben . Wir alle Ausschuss für Wirtschaft und Energie haben ja erfahren, dass Atomenergie von einem Moment Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen zum anderen außer Kontrolle geraten kann . Niemand (B) Union kann das Risiko ausschließen . (D) Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- die Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei- NIS 90/DIE GRÜNEN) nen Widerspruch . Dann ist so beschlossen . Die radioaktive Wolke aus Tschernobyl machte nicht an Ich eröffne die Aussprache . Das Wort hat der Kollege der ukrainischen Grenze halt, sondern verstrahlte noch Hubertus Zdebel, Die Linke . in Tausenden Kilometern Entfernung Nahrungsmittel . (Beifall bei der LINKEN) Kinder durften nicht auf Spielplätze, und Menschen in Westeuropa sorgten sich über Strahlenkrebs . Allein 10 Millionen Menschen könnten von einer Katastrophe Hubertus Zdebel (DIE LINKE): in Tihange – einige zehn Kilometer von Aachen ent- Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In fernt – betroffen sein . diesen Tagen gedenken überall auf der Welt Menschen der Atomkatastrophen von Fukushima und Tschernobyl, In Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern die für Hunderttausende Menschen Leid, Tod und Ver- an den Grenzen zu Belgien und Frankreich reagiert in- treibung zur Folge hatten und immer noch haben . Beide zwischen auch die Politik grenzüberschreitend . Bür- Katastrophen müssen für uns alle eine Mahnung sein, da- germeister und Bundestagsabgeordnete aller Parteien, für einzutreten, dass sich so etwas nirgends auf der Welt Kommunalparlamente und Kreisräte und viele Antiatom- wiederholt . Die Atomenergie ist in allen Anwendungen gruppen stehen in Tihange oder Fessenheim auf und for- derart zerstörerisch und letztlich nicht zu beherrschen, dern die Stilllegung der maroden Atommeiler – bevor es dass wir sie aus dieser Welt verbannen müssen – zu spät ist . Mit Unterschriftenaktionen ebenso wie auf juristischem Weg versuchen sie, die belgische und die (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- französische Regierung zur Besinnung zu rufen . Und NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- sie appellieren an uns im Deutschen Bundestag, aktiv zu ten der SPD) sein . Ich möchte Sie, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, daher auffordern: Lassen Sie uns gemein- sowohl in Form von Atomwaffen als auch als Stromer- sam die Atomgefahren in Europa beseitigen! zeugungsenergie in Atomkraftwerken . (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Die Vorstände der Atomkonzerne sollten sich an- NIS 90/DIE GRÜNEN) gesichts von Fukushima hinter die Ohren schreiben: Wirtschaftliche Interessen und wirtschaftliches Handeln Tun wir alles Mögliche, um den Atomausstieg in Deutsch- müssen dort Grenzen haben, wo sie die ökologischen land und in Europa so schnell wie möglich zu erreichen! Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 16005

Hubertus Zdebel (A) In Deutschland wird Strom im Überfluss produziert, Steffen Kanitz (CDU/CSU): (C) sogar immer mehr mit erneuerbaren Energien . Deshalb Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! können wir ohne Schwierigkeiten den Atomausstieg be- Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Linken für die- schleunigen . sen Antrag, weil er mir die Gelegenheit gibt, Herr Kolle- (Beifall bei der LINKEN) ge Zdebel, ein paar Sachverhalte klarzustellen und auch Unklarheiten zu beseitigen . Dazu gehört auch: Die Bundesregierung muss den Ap- pellen an benachbarte Regierungen, die es in der Tat Zunächst zum Titel Ihres Antrags: „Risiko-Reaktoren gegeben hat, Taten folgen lassen und Atomausstieg und abschalten – Atomausstieg in Europa beschleunigen“ . Energiewende endlich auf die Tagesordnung der EU set- Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Lin- zen . ken, da war der Wunsch Vater des Gedankens . Wir müs- sen zur Kenntnis nehmen – wir haben das auch in dem (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Fachgespräch im Umweltausschuss in dieser Woche so neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) festgestellt –, dass in Europa vier Kernkraftwerke aktuell im Bau und weitere 30 in Planung sind . Insofern können Dazu könnte der Beitritt Deutschlands zur „Allianz der wir davon ausgehen, dass der deutsche Weg im Moment Regionen für einen europaweiten Atomausstieg“ ein Bei- nach wie vor ein Sonderweg ist . Ich hoffe, dass er gelingt trag sein, wie es unser Antrag fordert . Sie wissen: Das und werde mich sehr dafür einsetzen . Meine Fraktion tut Großherzogtum Luxemburg hat sich dem Appell schon das auch . Aber der wichtigste Indikator dafür, ob Europa angeschlossen; etliche Länder in Deutschland ebenfalls . mitmacht, wird sein, ob die Energiewende gelingt oder Warum sollte der Bund nicht auch einen solchen Schritt nicht, und nicht, ob wir die Europäer dazu zwingen, un- machen, wenn es Luxemburg schon vorgemacht hat? serem Weg zu folgen . (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Zu der Forderung in Ihrem Antrag, aus dem Eura- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) tom-Vertrag auszusteigen, ihn zu kündigen . Um das für Außerdem sagen wir Linken: Der Euratom-Vertrag unsere Fraktion klarzustellen: Das kommt für uns nicht muss endlich aufgelöst werden; denn Euratom verfes- infrage . tigt die Förderung der Atomenergie und dient einzig der (Beifall bei der CDU/CSU) Atomlobby, ihre Interessen durchzusetzen . Vielleicht noch einen Satz dazu: Wir erleben gerade bei Doel und Der Euratom-Vertrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, Tihange, welche Schwierigkeiten es zum Beispiel macht, ist Teil der Römischen Verträge von 1957 zur Gründung überhaupt an Informationen zu kommen . Und zu ent- der Europäischen Gemeinschaften . Eine einseitige Auf- (B) sprechenden Kontrollen trägt Euratom überhaupt nichts kündigung des Euratom-Vertrages – das impliziert Ihr (D) bei . Was soll also ein solcher Vertrag? Er muss dringend Antrag – käme einem Austritt aus der Europäischen Uni- aufgelöst und ersetzt werden durch einen Vertrag über on gleich . die Einrichtung einer alternativen europäischen Gemein- (Hubertus Zdebel [DIE LINKE]: Das ist schaft zur Förderung von erneuerbaren Energien und Quatsch!) Energieeinsparung . Das wäre in unseren Augen der rich- tige Weg . Andere europäische Länder zu bewegen, aus der Kern- energie auszusteigen, ohne selbst EU-Mitglied zu sein, (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- diese Forderung erscheint mir nicht wirklich schlüssig . neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wir sind uns ja völlig einig, dass wir Europa dazu brin- Dazu gehört aber auch, dass wir endlich die deutsche gen wollen, andere Sicherheitsstandards zu akzeptieren . Beihilfe zu einem nächsten Super-GAU im Ausland be- Wir würden uns ins eigene Fleisch schneiden, wenn wir enden . Die Uranfabriken in Gronau und Lingen versor- uns aus dem Euratom-Vertrag verabschieden würden, gen brandgefährliche Atommeiler nicht nur in Belgien weil wir damit nicht mehr die Möglichkeit hätten, auf und Frankreich mit Brennstoff . Das muss aufhören, am europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass höhere Si- besten sofort . cherheitsstandards angewendet werden . (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Ihre öffentlichen Äußerungen zu Vorfällen in den eu- NIS 90/DIE GRÜNEN) ropäischen Kernkraftwerken halte ich, ehrlich gesagt, für ziemlich unverantwortlich . Würde man allein Ihren Nur wenn wir AKWs abschalten, können wir ein heutigen Ausführungen oder auch denen aus den letzten nächstes Fukushima oder Tschernobyl verhindern . Wochen und Monaten folgen, dann stünde der sogenann- Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . te Super-GAU, wie Sie es beschreiben, in mehreren deut- schen Nachbarstaaten kurz bevor . (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Waren Sie schon einmal in Fessen- heim?) Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Vielen Dank .– Nächster Redner ist der Kollege Ich kann nur an Sie appellieren: Lassen Sie uns das The- Steffen Kanitz, CDU/CSU-Fraktion . ma ernsthaft und sorgfältig diskutieren, aber bitte keine Panikmache auf Grundlage falscher Behauptungen be- (Beifall bei der CDU/CSU) treiben . 16006 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Steffen Kanitz (A) Um Ihre irreführende Argumentation zu entlarven, ja völlig normal weiterlief, bestand überhaupt gar keine (C) möchte ich beispielhaft auf die Ereignisse, Herr Kolle- Notwendigkeit, auf die Schnellabschaltung zurückzu- ge Krischer, im Kernkraftwerk Fessenheim vom 9 .Ap - greifen . Vielmehr hat man nach dem Betriebshandbuch ril 2014 eingehen, die Sie, liebe Kolleginnen und Kolle- gehandelt, das besagt, bei einem Störfall der Klasse 1 gen von den Linken, ja als einen wahnsinnigen Skandal binnen acht Stunden die Druckwasserreaktoren durch beschreiben . Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass es sich die Zugabe von Bor herunterzufahren . Die französische um einen vertuschten Störfall in einem Schrottreaktor Atomaufsichtsbehörde wurde noch am selben Tag infor- handelt, bei dem die französische Atomaufsichtsbehörde miert und machte sich am nächsten Tag ein Bild von der beide Augen zugedrückt habe . Ich stelle zu Beginn ein- Lage vor Ort . Sämtliche Untersuchungsergebnisse wur- mal fest: Es gab weder einen vertuschten Störfall, noch den unmittelbar veröffentlicht . gab es einen schweren Störfall . Und nun zum Vorwurf der Opposition – wir hatten das Das Kernkraftwerk Fessenheim – jetzt etwas zur ja auch im Umweltausschuss in dieser Woche –, dass die Technik – umfasst neben dem Reaktorgebäude auch Zugabe von Bor nicht veröffentlicht wurde . Ich richte ein separates Schaltanlagengebäude. Dort befinden sich mich insbesondere an Sie, Frau Kotting-Uhl, und an die sämtliche Schalt- und Regelanlagen zum Betrieb des Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Sie scheinen Reaktors . Das ist an sich nichts Neues, sondern üblicher die Anfragen der Kolleginnen und Kollegen Ihrer eige- Standard bei unseren Kernkraftwerken und auch denen nen Partei in den Landtagen nicht zu kennen . Schon im in Europa . Zu diesem Schaltanlagengebäude gehört auch Dezember 2014 hat die grüne Landtagsfraktion in Ba- das Reaktorschnellabschaltsystem, mit dem im Anforde- den-Württemberg den grünen Umweltminister Unter- rungsfall – und nur im Anforderungsfall – der Reaktor steller ebenfalls zu diesem Vorfall befragt . Ergebnis der heruntergefahren werden kann . Dieses Reaktorschnell- Anfrage war, dass alle relevanten Informationen zu dem abschaltsystem gehört zu den sogenannten Sicherheits- Ereignis in Fessenheim veröffentlicht wurden – inklusive systemen und ist genau aus diesem Grund redundant, der Verwendung von Bor . Ich stelle Ihnen die Antwort also doppelt, ausgelegt . auf die Anfrage gerne zur Verfügung, damit Sie das über- Neben diesen Sicherheitssystemen gibt es weitere be- prüfen können . triebliche Systeme, mit denen wir Reaktoren steuern und Ich bitte insofern alle, die hier sitzen, bei diesem sehr herunterfahren . Dazu – das ist eben keine Neuigkeit – ge- ernsthaften Thema sachlich und faktenbezogen zu disku- hört gerade und insbesondere die Borsäure . tieren, keine Hysterie zu schüren und keine Unsicherheit (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE zu produzieren . GRÜNEN]: Aber nicht zur Schnellabschal- (B) tung!) Dieser Seitenschwenk sei mir erlaubt: Wenn kurz vor (D) der Landtagswahl in Baden-Württemberg ein solcher – In jedem deutschen Druckwasserreaktor wird Borsäure angeblicher Störfall öffentlich wird, verbunden mit der eingesetzt, angeblichen Neuigkeit, dass Borsäure verwendet wurde, (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- um den Reaktor abzuschalten, NEN]: Was soll das denn?) (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ganz einfach deswegen, Frau Kollegin Kotting-Uhl, um NEN]: Was ist das für eine Rede? Was recht- die Überschussaktivität, die anfällt, wenn sie neue Brenn- fertigen Sie hier?) elemente einsetzen, abzufangen . Das ist bei Siedewasser- reaktoren anders . Diese werden über die Brennstäbe ge- dann liegt zumindest der Verdacht nahe, dass hier auch steuert, die Druckwasserreaktoren nicht . Ich möchte für ein bisschen Wahlkampfhilfe geleistet wurde . Sie noch einmal festhalten: In jedem Druckwasserreaktor (Beifall bei der CDU/CSU – Sylvia Kotting- befindet sich Borsäure. Mindestens einmal jährlich wird Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von jeder deutsche Druckwasserreaktor zu Revisionszwe- wem denn?) cken unter Zugabe von Bor abgeschaltet (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE Die Fakten besagen, dass es sich um eine umgehend GRÜNEN]: Aber nicht mit Borsäure!) öffentlich kommunizierte Störung der Stufe 1 nach der insgesamt siebenstufigen Internationalen Bewertungs­ – selbstverständlich – und nicht über die Abschaltung der skala für nukleare und radiologische Ereignisse handelt . Brennelemente . Die Verwendung von Bor ist eben nicht Die Definition dieser Stufe lautet: Abweichung vom ungewöhnlich, sondern ein ganz normaler betrieblicher normalen Betrieb der Anlage . Nichtbehebung der Prob- Vorgang, nicht nur in deutschen Druckwasserreaktoren . lemquelle könnte allenfalls zu einem höherstufigen Fol- (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Richtig!) geereignis führen . – Es handelt sich bei dem Unfall in Fessenheim folglich nicht um eine Beinahe-Katastrophe, Was ist nun im April 2014 in Fessenheim passiert? so wie das hier gerne dargestellt wird, sondern lediglich Ein Kühlwassertank ist übergelaufen . Das Wasser hat um ein nicht zu unterschätzendes meldepflichtiges Ereig- einen Schaltschrank erreicht und hat ein Reaktorschnell­ nis der zweitniedrigsten Kategorie . abschaltsystem außer Betrieb gesetzt . Das zweite Re- aktorschnellabschaltsystem war zu jedem Zeitpunkt Angesichts dieser Einordnung der Vorfälle liegt natür- einsatzbereit . Da aber kein Anforderungsfall für die Be- lich der Verdacht nahe – das habe ich gerade gesagt –, triebsmannschaft vorlag, weil der Betrieb des Reaktors dass es sich hier um eine Hilfe für die Grünen im Land- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 16007

Steffen Kanitz (A) tagswahlkampf in Baden-Württemberg handelte, was ich Vizepräsidentin : (C) nicht so richtig hilfreich finde. Vielen Dank . – Liebe Kolleginnen und Kollegen, die nächste Rednerin ist Sylvia Kotting-Uhl von der Fraktion (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE Bündnis 90/Die Grünen . GRÜNEN]: Durch wen denn? – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Journalisten veröffentlicht! Ich bitte Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie!) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kanitz, jetzt muss ich leider einen Teil Jetzt – exemplarisch – zu den einzelnen Forderungen meiner sowieso viel zu kurzen Redezeit darauf verwen- in Ihrem Antrag: Sie fordern, das französische Atom- den, auf Ihren Beitrag zu antworten . kraftwerk Cattenom stillzulegen . Dazu durften wir ja von Ihrem ideologischen Vordenker, , in Zum einen kann ich mir nicht vorstellen, dass irgend- dieser Woche den geistreichen Vorschlag vernehmen, mit jemand außer Ihnen im Umweltausschuss von den Ex- deutschen Steuergeldern einen Fonds einzurichten, um perten gehört hätte, dass der sogenannte deutsche Son- das französische Atomkraftwerk abzuschalten . derweg durch die Planungen und Bauvorhaben usw . in der EU konterkariert würde . Das Gegenteil war der Fall: Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, Ein Experte hat ganz deutlich gesagt, dass es zwei Re- die Bankenrettung kritisieren, aber die Betreiber von aktoren gibt, die schon ewig lang im Bau sind, die viel ausländischen Kernkraftwerken für die Stilllegung von zu teuer werden, und dass sich der Neubau von Atom- Kernkraftwerken großzügig bezahlen wollen – ich würde kraftwerken ansonsten sowieso ökonomisch nicht mehr sagen: Das nennt man Doppelmoral . darstellen lässt . Er hat gesagt, dass im Moment gar nichts absehbar ist, dass alle Planungen schon ewig auf Halde (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg . liegen und niemand weiß, ob sie je umgesetzt werden . Karin Binder [DIE LINKE]) Genau das Gegenteil war also der Fall, Herr Kanitz! Dann kommen wir noch ganz kurz zu Ihrer Forderung (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach öffentlicher Verfügbarkeit sämtlicher sicherheitsre- und bei der LINKEN – Steffen Kanitz [CDU/ levanter Unterlagen der Atomkraftwerke . Um das einmal CSU]: Sie planen aber nicht, auszusteigen!) zu sagen: Ich halte diese Forderung für mehr als leicht- Zu Ihren Ausführungen zu Fessenheim: Ich habe es sinnig . Ich habe schon einmal diesen Vergleich gewählt: nicht Störfall genannt; das ist auch gar nicht das Entschei- Einem Panzerknacker geben Sie als Bankdirektor doch dende . Wir wissen von Fessenheim genug . Wir brauchen auch nicht die Baupläne Ihres Tresors! – Ich glaube, Ihr nicht noch etwas, was auf ein weiteres Defizit des Baus Problem als staatsgläubige Partei ist, dass Sie kein Ver- (B) hinweist . In Fessenheim vereinigen sich alle No-Gos, die (D) trauen in die deutschen Behörden haben . Wir schon, das bei Atomkraftwerken überhaupt vorkommen können: ist der Unterschied . keine Erdbebensicherheit, keine ausreichende Sicher- (Beifall bei der CDU/CSU – Karin Binder heit vor Überschwemmung, fehlende Redundanzen . Das [DIE LINKE]: In die deutschen Behörden langjährige hochrangige Mitglied der Gesellschaft für schon! – Dr . [BÜNDNIS 90/ Anlagen- und Reaktorsicherheit, erstes Beratergremium DIE GRÜNEN]: Und die Erde ist eine Schei- der Bundesregierung im Zusammenhang mit Sicher- be!) heitsfragen von Atomanlagen, hat in seinem Gutachten zu Fessenheim ein vernichtendes Urteil gefällt . Sein Nun eine kurze abschließende Klarstellung zum The- Fazit war, dass es sofort vom Netz genommen werden ma Urenco und Gronau – dieses Thema bringen Sie ja müsste. Welche Defizite wollen wir noch? Das, was jetzt immer wieder –: Erstens . Beide Unternehmen haben neu hinzugekommen ist, ist keine weitere Bescheinigung eine gültige Betriebsgenehmigung . Zweitens . Wir stei- der Defizite von Fessenheim, sondern der Ausweis einer gen zwar aus der Kernenergie als Stromerzeugungs- ungeheuren Schlamperei . Das muss man sich einmal quelle aus, das heißt aber nicht, dass wir ebenso aus der vorstellen: Ein mit Schmutz und Ruß verstopftes Rohr Forschung aussteigen oder es Unternehmen verbieten, führt in der Folge dazu, dass die Sicherheitsvorrichtun- Brennelemente zu produzieren . Sie wissen, dass eine gen ausfallen . Das ist eine Schlamperei, die einfach nicht Stilllegung beider Unternehmen nicht zur Folge hätte, vorkommen darf . dass andere Kernkraftwerke abgeschaltet würden, weil die Kernkraftwerke redundant mit Brennelementen ver- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sorgt werden . bei der SPD und der LINKEN) Die Atomaufsicht hat den Vorfall heruntergespielt . So Abschließend möchte ich noch einmal meine Enttäu- ist es . schung über Ihren Antrag zum Ausdruck bringen . Ich muss ganz ehrlich sagen: Nach zwei Jahren Kommissi- (Steffen Kanitz [CDU/CSU]: Nein!) onsarbeit hätte ich erwartet, dass wir ernsthaft und fak- Sie ist damit so umgegangen, als sei nichts weiter los ge- tenbasiert diskutieren können . Ihr Antrag ist kein Beitrag wesen, als sei alles gut . Es hieß: Am Ende hat es funk- dazu; insofern müssen wir ihn leider ablehnen . tioniert, wir haben das Ding abgeschaltet bekommen . Vielen Dank . Kein Grund zu Aufregung .– Es ist jedoch nicht Aufgabe einer Atomaufsicht, Vorfälle in einem Atomkraftwerk he- (Beifall bei der CDU/CSU) runterzuspielen . Die Aufgabe einer Atomaufsicht ist der 16008 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Sylvia Kotting-Uhl (A) Schutz der Bevölkerung und nicht der Schutz der Betrei- Deutsche Bundestag und ist die deutsche Bundesregie- (C) ber . rung . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) und bei der LINKEN)

Wir haben an unseren Grenzen – daran geht doch gar Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: nichts vorbei – eine Ansammlung von Risiken . Wir haben Vielen Dank . – Als nächste Rednerin spricht Hiltrud den Atomausstieg beschlossen als eine richtige, notwen- Lotze für die SPD-Fraktion . dige Konsequenz aus Fukushima . An unseren Grenzen sammelt sich mit Temelin, mit Doel, mit Tihange, mit (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Fessenheim, mit Cattenom, mit Beznau in der Schweiz der CDU/CSU) alles an Risiken, was vorstellbar ist . Hubertus Zdebel hat einiges aufgezählt . Ich habe leider nicht genug Redezeit, Hiltrud Lotze (SPD): darauf näher einzugehen . Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Natürlich schaffen wir Sicherheit nur mit einem Atom- Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 26 .April ausstieg . Aber wir können doch auch vorher schon etwas 1986, Tschernobyl, und der 11 . März 2011, Fukushima, tun . Man kann das Risiko wenigstens verringern, wenn haben sich in das Bewusstsein stark eingegraben . Noch man es schon nicht beseitigen kann . Hier gibt es einiges, heute kämpfen wir mit den Folgen . was zu tun wäre . Sogar schon vorhandene Rechtsgrund- In Fukushima kämpft seitdem ein technisch hochent- lagen bergen ungenutztes Potenzial . Ja, natürlich könnte wickeltes Land – wenn man den Bildern folgen kann – man endlich einmal das Espoo-Übereinkommen ernst etwas hilflos gegen die Folgen des Unfalls. Tschernobyl nehmen und anwenden, um zum Beispiel bei geplanten ist und bleibt eine Todeszone . Von dort kommen noch Laufzeitverlängerungen grenzüberschreitende Beratun- heute, 30 Jahre nach dem Unfall, Kinder nach Deutsch- gen einzufordern . land, auch in meine Region, nach Lüneburg, wo Ehren- amtliche aus Hilfsvereinen es ihnen ermöglichen, sich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein paar Wochen lang gesundheitlich zu stabilisieren und und bei der LINKEN) ihr Immunsystem wieder aufzubauen, damit sie dann für Natürlich könnte man in den bilateralen Atomkom- zwei Jahre in ihrer Heimat wieder ein halbwegs norma- missionen systematisch Unterlagen und relevante Gut- les Leben führen können . Die Auswirkungen der beiden achten austauschen, anstatt nur zu reden . Welches Land Atomkatastrophen sind also noch gegenwärtig und sind (B) käme auf die Idee, die nationale Atomaufsicht mündlich auch lange noch nicht überwunden . (D) auszuüben? Wenn es aber um grenznahe Atomkraftwerke Vor diesem Hintergrund erleben wir in dieser Woche, geht, dann sind Gespräche das Maß der Dinge . Das kann wie die Energiekonzerne in Karlsruhe gegen den Aus- doch alles nicht wahr sein . stieg aus der Hochrisikotechnologie Atomkraft klagen . Sie klagen auf Milliarden Euro Entschädigung für ent- Dann der Euratom-Vertrag . Der Euratom-Vertrag ist gangene Gewinne, und man könnte den Eindruck ge- zuständig dafür, dass von einem GAU potenziell betrof- winnen, dass bei Konzernen und Aktionären das Recht fene Nachbarländer bei der Sicherheit der Atomkraft- auf Gewinn weit höher eingestuft wird als das Recht der werke nichts mitzureden haben . Die Standardantwort Menschen auf Unversehrtheit, auf Gesundheit und auf der Bundesregierung auf meine Anfragen lautet: Jedes ihr Leben . Land entscheidet souverän über seinen Energiemix, und jedes Land übt souverän seine Atomaufsicht aus .– Das Die Geschichte des deutschen Atomausstiegs muss ist zurückzuführen auf Euratom . Ja, das stimmt . Aber an- ich in diesem Kreise nicht wiederholen – wir alle ken- gesichts der Alterung der Reaktoren in Europa und der nen sie –: 2002 der rot-grüne Ausstiegsbeschluss, dann Gefahren an unseren Grenzen ist das eine allzu bequeme der schwarz-gelbe Rückfall in die Laufzeitverlängerung, Antwort . Die Bundesregierung muss initiativ werden bei nach Fukushima dann der endgültige Ausstieg . Während der Reform von Euratom . wir in Deutschland in einigen Jahren, 2022, Gott sei Dank endlich Schluss machen und das letzte Atomkraft- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werk abschalten, setzen andere Länder weiter auf Atom- und bei der LINKEN) kraft . Grenznah liegen alte, marode und störanfällige Re- aktoren: Fessenheim, Tihange, Beznau in der Schweiz . Mindestens dieser Uraltvertrag muss wenigstens an Wenn dort ein Unfall passieren würde, dann würde das dieser Stelle schleunigst reformiert werden, damit wir nicht nur die Menschen vor Ort betreffen, sondern eben eine Möglichkeit bekommen, bei den Sicherheitsstan- auch uns in Deutschland . Nicht umsonst hält das Land dards mitzureden, wenn es uns betrifft . Ein Störfall in all Nordrhein-Westfalen 10 Millionen Jodtabletten vor – für diesen Reaktoren, die ich vorhin aufgezählt habe, würde einen Fall, der hoffentlich nie eintreten wird . mit hoher Wahrscheinlichkeit und in den meisten Fällen sogar mit höchster Wahrscheinlichkeit die deutsche Be- Es ist also wirklich höchste Zeit, mit dem europawei- völkerung stärker als die eigene Bevölkerung betreffen . ten Ausstieg zu beginnen und bei unseren Nachbarn für Da kann man doch nicht einfach zuschauen und darauf den Ausstieg zu werben . Damit komme ich zu Ihrem An- verweisen, dass man nicht zuständig ist . Zuständig für trag, Herr Zdebel. Sie fordern unter anderem die Auflö- den Schutz der deutschen Bevölkerung sind wir, ist der sung bzw . einseitige Kündigung des Euratom-Vertrags . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 16009

Hiltrud Lotze (A) Ich will deutlich sagen: Im Ziel, das auch da oben auf der Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: (C) Anzeigetafel steht – „Atomausstieg in Europa“ –, sind Vielen Dank .– Als nächster Redner hat Florian Oßner wir uns einig . Wir streiten oder diskutieren über den Weg von der CDU/CSU-Fraktion das Wort . dahin . Wir von der SPD wollen den Euroatom-Vertrag reformieren . Wir wollen ihn nicht einseitig kündigen, (Beifall bei der CDU/CSU) sondern wir wollen Einfluss behalten auf die Diskussi- onen in Europa und auf das, was bei unseren Nachbarn (CDU/CSU): passiert . Wir wollen vor allen Dingen Informationen da- Florian Oßner rüber haben . Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Linksfraktion, so kurz vor Ostern haben (Beifall bei der SPD) Sie uns doch noch ein richtig faules Ei – so möchte ich Da gibt es natürlich Dinge, die verbessert werden das bezeichnen – ins Osternest gelegt . Nicht, dass wir müssen . Wir wollen und brauchen höhere Sicherheits- etwas anderes erwartet hätten, jedoch hätte ich mir zur standards . Wir müssen den gegenseitigen Informations- Abwechslung ein nicht derart vergiftetes Ostergeschenk austausch verbessern . Wir wollen, dass eine grenzüber- von Ihnen gewünscht . Es freut mich zwar – das gebe schreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt ich gern zu –, dass wir von Ihnen auch einmal einzelne wird, wenn zum Beispiel tatsächlich die Laufzeit eines konkrete Vorschläge zur Lösung von Problemen hören, älteren Kraftwerks verlängert wird . All das sind Dinge, doch, ehrlich konstatiert, praxistauglich ist dieser Antrag die wir gerne in einen reformierten Euratom-Vertrag keineswegs . schreiben würden . Wir sind der Überzeugung, dass es (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) richtig ist, den Vertrag nicht zu kündigen, sondern unser Ziel auf dem Weg der Veränderung des Vertrages zu er- Vielmehr zeigen Sie uns mit Ihren elf Forderungen, reichen . dass Sie international keine Verantwortung übernehmen Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben vielleicht und schlimmstenfalls dazu beitragen, ganze Bevölke- in dieser Woche einen Artikel von Wolfgang Janisch in rungsgruppen in Panik zu versetzen . Das gleicht fast der Süddeutschen gelesen . Ich zitiere daraus: schon einem gesamteuropäischen Rundumschlag . Die einseitige Aufkündigung von europäischen Verträgen Die Entscheidung für oder gegen die friedliche Nut- trägt, wie meine Vorredner es schon gesagt haben, si- zung der Kernenergie ist allein dem Gesetzgeber cherlich nicht zur Vertrauensbildung in Europa bei . Das überlassen . Ob das „Restrisiko“ noch hinnehmbar verstehe ich nicht unter verantwortungsvoller Politik für ist, das von den Atommeilern ausgeht, darüber ent- unser Land und für ganz Europa . (B) scheiden weder Aufsichtsbehörden noch Energie- (D) kommissionen, weder Wissenschaftler noch Fach- (Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer beamte . [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diese Rede muss man mal in Aachen abspielen! – Karin Darüber entscheiden allein die gewählten Abgeord- Binder [DIE LINKE]: Lieber laufen die neten, die damit die Verantwortung dafür überneh- AKWs weiter!) men, ob sie ihren Bürgern das „Restrisiko“ zumuten wollen … Wir haben uns in Deutschland nach den katastropha- len Ereignissen in Fukushima 2011 darauf verständigt, Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war noch nicht Schritt für Schritt bis 2022 aus der friedlichen Nutzung dabei; aber der Bundestag hat diese Verantwortung über- der Kernenergie auszusteigen . Wir sind gerade dabei, in nommen und den Ausstieg beschlossen . Wir sind davon einem gewaltigen Kraftakt unsere komplette Energiever- überzeugt, dass es heute der richtige Schritt ist, unsere sorgung umzustellen . Wir investieren Milliarden Euro Kolleginnen und Kollegen in den anderen europäischen in den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie in die Parlamenten in Gesprächen und Verhandlungen davon zu Ertüchtigung der Stromnetze . In Forschung und Ent- überzeugen, dass der vermeintliche Vorteil preiswerten wicklung wird mit Hochdruck nach neuen Technologien und sauberen Stroms zur Energieerzeugung, zur effizienten Nutzung und Spei- (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE cherung gesucht . Beispiele sind Wasserstofftechnik oder GRÜNEN]: Vorteil? Der ist teuer wie kein an- Holzvergasertechnik sowie Biogasanlagen . derer! – Gegenruf des Abg . Axel Schäfer [Bo- (Beifall der Abg . Marie-Luise Dött [CDU/ chum] [SPD]: „Vermeintlich“!) CSU]) – vermeintlich! – es nicht wert ist, das vorhandene Rest­ risiko einzugehen, und es richtig ist, ebenfalls Verant- Das heißt aber nicht, dass wir anderen Staaten vor- wortung für die eigene Bevölkerung und für alle in Euro- schreiben können, wie sie ihr Energiesystem gestalten pa zu übernehmen und auszusteigen . sollen; denn jeder Mitgliedstaat der EU hat gemäß Ver- trag über die Arbeitsweise der Europäischen Union das In diesem Sinne: Lassen Sie uns gemeinsam an die- Recht, die Struktur seiner Energieversorgung selbst zu sem Thema weiterarbeiten! bestimmen . Wir würden uns ja auch nicht derart von an- Ich danke für die Aufmerksamkeit . deren reinregieren lassen . Zudem: Was würde Ihre For- derung für die Praxis bedeuten? Falls keine vernünftigen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Ersatzkraftwerke vorhanden sind, würden die Energie- der CDU/CSU) preise zwangsläufig signifikant steigen. Liebe Linke, die- 16010 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Florian Oßner (A) se unnötige Preistreiberei ist dann tatsächlich Sozialpoli- Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: (C) tik à la Linke . Das macht wirklich keinen Sinn . Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kol- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – legin Bulling-Schröter zu? Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die billige Atomkraft! Hat sich schon Florian Oßner (CDU/CSU): herumgesprochen, was Atomkraft kostet? – Ja, sehr gerne . Selbstverständlich . Zuruf der Abg . Sylvia Kotting-Uhl [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]) Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: Andererseits bedeutet das Ende der Kernenergienut- Bitte . zung nicht, dass Deutschland die Sicherheit kerntech- nischer Anlagen in Europa und speziell in seinen Nach- barstaaten ignoriert . Wir wissen sehr wohl um unsere Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Verantwortung als größte Volkswirtschaft in Europa . Ge- Danke schön, Kollege Oßner . – Sie haben darüber ge- rade die Sorgen und Ängste der Menschen in den Grenz- sprochen, dass für Deutschland ein Austritt aus Euratom regionen zu Belgien und Frankreich nehmen wir daher aus bestimmten rechtlichen Gründen und Abhängigkei- sehr ernst . ten gar nicht möglich ist . In Österreich gab es ein Volks- begehren über die Frage: Soll Österreich aus Euratom In meinem Wahlkreis in der Region Landshut und aussteigen? Die Abstimmung fand eine Woche vor den Kelheim bin ich direkt vom Atomausstieg und den mög- Ereignissen in Fukushima statt . Hätte die Abstimmung lichen Risiken durch grenznahe Kernkraftwerke betrof- nach den Ereignissen in Fukushima stattgefunden, dann fen . 2022 geht mit Isar 2 das letzte Kernkraftwerk vom hätte es dafür eine klare Mehrheit gegeben . Netz . Die Kernkraftwerke Isar 1 und Isar 2 haben in den letzten Jahrzehnten einen maßgeblichen Beitrag zur Ver- (Steffen Kanitz [CDU/CSU]: Meinen Sie?) sorgungssicherheit in ganz Süddeutschland geleistet . Ge- rade in Ostbayern schauen wir mit Argusaugen auf die Glauben Sie, dass die Ministerien in Österreich und Reaktoren im tschechischen Temelin . Sicherheitsaspekte in Deutschland den Sachverhalt juristisch so unterschied- haben daher auch für mich persönlich allerhöchste Prio- lich einschätzen? Gibt es in den beiden Ministerien so rität . unterschiedliche Einschätzungen in Bezug auf das Völ- kerrecht und auf europäisches Recht? Um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten, können wir jedoch nicht mit dem diplomatischen Vor- Florian Oßner (CDU/CSU): (B) schlaghammer zu Werke gehen und gleich den Eura- (D) tom-Vertrag auflösen oder einseitig aufkündigen, wie Sehr geehrte Frau Kollegin, herzlichen Dank für Ihre Sie, liebe Linke, es in Ihrem Antrag fordern . Frage . – Selbstverständlich schätzen wir die Einstufun- gen unserer Nachbarländer . Aber eines muss man doch Ich darf Sie daran erinnern, dass dieses Vertragswerk, festhalten: Nationale Alleingänge in der Energiepolitik, wie der Herr Kollege Kanitz schon gesagt hat, 1957 eine bei der es um gesamteuropäische Ziele geht, würden uns der Grundlagen der Europäischen Union bildete . Wenn definitiv keinen Schritt vorwärtsbringen. wir tatsächlich Ihrer Forderung nachkommen würden, wäre die EU in ihrer jetzigen Form Geschichte, und der Natürlich wäre es möglich, Verträge zu kündigen . Vertrauensverlust unserer europäischen Partner wäre im- (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE mens . GRÜNEN]: Ach, jetzt doch? – Oliver Krischer (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben haben GRÜNEN]: So ein Quatsch! –Oliver Krischer Sie doch den Untergang des Abendlandes her- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Totaler Un- beigeredet!) sinn! – Zuruf des Abg . Hubertus Zdebel [DIE Aber ich empfände es als nicht hilfreich, wenn der Deut- LINKE]) sche Bundestag einseitig Verträge aufkündigen würde . Die Zusammenarbeit über den Euratom-Vertrag ermög- Dies ist in bilateralen Gesprächen auf vernünftige Art licht es auch, dass Deutschland auf hohe Sicherheits- und Weise zu regeln . standards bei Kernkraftwerken in den Mitgliedstaaten (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – hinwirken kann . Mit einer einseitigen Aufkündigung Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- würden wir uns dieser Option berauben . NEN]: Das verstehe ich nicht mehr! Ich dach- (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE te, die EU scheitert!) GRÜNEN]: Gerade nicht nach dem Eura- Das Bundesumweltministerium verfährt hier genau tom-Vertrag!) so – die Kollegin hat es eben angesprochen –, wie man Liebe Linkspartei, durch Ihre Forderung würden vie- das bei Problemen in einer Staatenfamilie macht: Man le langjährige, enge Partnerschaften auf internationaler sucht das direkte Gespräch . So stehen Bundesumweltmi- Ebene zerstört werden . Dies kann nicht in unserem In- nisterin Barbara Hendricks und ihre Mitarbeiter im engen teresse sein . Austausch mit dem für Reaktorsicherheit zuständigen belgischen Innenminister, der belgischen Atomaufsichts- (Beifall bei der CDU/CSU) behörde und dem Umweltministerium in Brüssel . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 16011

Florian Oßner (A) Die Ministerin hat gegenüber der belgischen Regie- text nicht zu ermessen . Aus all den genannten Gründen (C) rung sehr deutlich die Sorgen der Bundesregierung und lehnen wir den Antrag der Linken ab . der Bevölkerung wegen der Probleme an den Kraftwer- ken zum Ausdruck gebracht . Diese Gespräche und das Ein herzliches Vergelts Gott fürs Zuhören und natür- vorgesehene Abkommen zwischen Belgien und Deutsch- lich auch von meiner Seite frohe Ostern . land zur Zusammenarbeit in Fragen der nuklearen Si- (Beifall bei der CDU/CSU) cherheit unterstützen wir ausdrücklich . Herzliches Dan- keschön dafür an das gesamte Ministerium! Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Vielen Dank .– Als nächster Redner hat Klaus Mindrup der SPD) für die SPD-Fraktion das Wort . Im Fall des tschechischen Kernkraftwerkkomplexes (Beifall bei der SPD) Temelin sind die Bayerische Staatsregierung und die Bundesregierung ebenfalls den Weg der bilateralen Ge- (SPD): spräche gegangen, um so zum Ausdruck zu bringen, dass Klaus Mindrup bei den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerkes westeuro- Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! päische Sicherheitsstandards eingehalten werden sollten . Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen nach Har- Jedoch sollten wir nicht den Fehler begehen, als ständi- risburg 1979, Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011, ge Besserwisser in Europa zu gelten . Dies wäre für eine dass es keine friedliche und sichere Nutzung der Atom- gemeinsame Linie völlig kontraproduktiv und sicherlich energie gibt . nicht förderlich – das habe ich eben schon gesagt – für (Zuruf von der LINKEN: Genau!) unsere gemeinsame Zukunft in der Energiepolitik . Etwas, das den Menschen gegenüber anderen Wesen aus- (Beifall des Abg . Steffen Kanitz [CDU/ zeichnet, ist, dass er eigentlich lernfähig sein sollte . CSU] – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn irgendeiner Besserwisser (Dr . [DIE LINKE]: Außer ist, dann ist das Bayern, zumindest die CSU!) der Union!) Liebe Linke, Ihre elf Forderungen stellen einen bunten Wir müssen weiterhin festhalten – ich bin ein großer und unstrukturierten Forderungskatalog dar, in dem Sie Anhänger der sozialen Marktwirtschaft –, dass es kei- wieder Ihre atompolitischen Maximalforderungen auflis- ne kostengünstige oder billige Atomenergie gibt . Eine ten . Die einzelnen Maßnahmen haben inhaltlich wenig Technik, die weltweit nicht versicherbar ist, das ist keine (B) miteinander zu tun . Sie verdeutlichen nur wieder, dass volkswirtschaftlich oder wirtschaftlich sinnvolle Tech- (D) die Linke nicht in der Lage ist, europäisch und internati- nik . onal Verantwortung zu übernehmen . (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg . NEN]: Das sagt eine Partei, deren Chef zu Josef Göppel [CDU/CSU]) Herrn Orban fährt! Das muss man sich einmal Das Atomkraftwerk Fessenheim ist 1970 in Bau ge- vorstellen!) gangen . Ich wäre sehr vorsichtig, an dieser Stelle Aus- – Herr Krischer, ich habe Sie überhaupt nicht angespro- sagen über die Sicherheit eines solchen Kraftwerks zu chen, aber es ist erstaunlich, dass sich auch die Grünen treffen. Die Elektrotechnik von 1970 finden Sie ansons- sofort angesprochen fühlen, wenn es um das Nichtwahr- ten überwiegend im Museum . Das Fachgespräch, das nehmen von Verantwortung für Europa geht . wir hatten – offenbar waren wir nicht alle beim selben Fachgespräch –, hat deutlich gemacht, dass die Risiken (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE mit dem Alter der Reaktoren exponentiell steigen . Ich bin GRÜNEN]: Da wäre ich als CSU-Abgeord- Naturwissenschaftler; ich weiß, worüber ich hier rede . neter auch vorsichtig mit solchen Aussa- gen! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE Ich möchte an dieser Stelle noch einmal daran erin- GRÜNEN]: Die CSU Verantwortung für Ge- nern, dass es in Deutschland Pläne gab, die Atomener- samteuropa? Das ist ja der größte Witz über- gie so stark auszubauen, wie es in Frankreich der Fall haupt!) war . Wenn wir in Deutschland nicht eine so starke An- ti-AKW-Bewegung gehabt hätten, dann hätten wir heute Es wäre ein schönes Ostergeschenk gewesen, wenn so viele Reaktoren wie in Frankreich, und wir wären in Sie einen konstruktiven Beitrag zur Lösung der Schwie- viel größeren Schwierigkeiten . Daher ist es noch einmal rigkeiten und Probleme gerade bei diesem heiklen und Zeit, Danke an die Mitstreiterinnen und Mitstreiter in der komplexen Thema leisten würden . Ihre Mitarbeit in der Anti-AKW-Bewegung zu sagen . Endlagerkommission ist schon ein richtiger Ansatz . Da- ran sollten Sie sich auch in Zukunft orientieren . Ich bitte (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem sehr darum . BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Diesen Antrag können wir nur ablehnen; denn er miss- Wenn wir nicht Anfang der 70er-Jahre diesen Fehler achtet politische Realitäten völlig und trägt nicht zur Lö- des Einstiegs gemacht hätten und den Weg von Däne- sung bei: Die Schwierigkeiten, die uns die Linke hiermit mark gegangen wären, würden wir heute noch besser machen würde, wären im europapolitischen Gesamtkon- dastehen . 16012 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

Klaus Mindrup (A) Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich Der letzte Punkt ist: Sicherheit muss Chefsache (C) bei Frau Dr .Hendricks dafür bedanken – sie ist heute sein . Das heißt, es ist nicht nur ein Thema für Frau leider nicht da –, dass sie jetzt in den kritischen Dialog Dr . Hendricks, unsere Umweltministerin, sondern nach mit den Nachbarstaaten gegangen ist . Sie darf aber dabei Auffassung der SPD auch ein Thema für die Kanzlerin . nicht allein gelassen werden . Sie muss unterstützt wer- Es muss auch in Europa auf die Agenda kommen . Denn den . Insofern ist es auch gut, dass wir hier debattieren . Atomenergie ist eine Hochrisikotechnologie . Sie muss so schnell wie möglich abgebaut werden . (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Auch von !) Ich möchte mich für die Aufmerksamkeit bedanken und wünsche Ihnen allen frohe Ostern . Ich hoffe, wir se- – Auch . hen uns anschließend gesund in diesem Haus wieder . Ergänzen möchte ich drei Punkte, die aus meiner Sicht Danke schön . für die Zukunft wichtig sind . (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Wir müssen in Deutschland – wenn wir nicht ange- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der fangen hätten, national Vorreiter zu sein, dann stünden CDU/CSU und der LINKEN) wir in der Welt in vielen Punkten nicht so gut da, auch beim Klimaschutz nicht – den Weg der Energiewende

konsequent und glaubwürdig weitergehen . Wir müssen Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: die Bürgerenergieprojekte weiter fördern . Wir müssen Vielen Dank . Herr Mindrup, Sie haben uns eine Minu- auch den Ausbau der kostengünstigen Windkraft an Land te und 15 Sekunden geschenkt . fördern . Da gibt es ja den wunderbaren Wismarer Appell, (Klaus Mindrup [SPD]: Das war mein Oster- der von den Bundesländern und auch von den Gewerk- geschenk an das Haus!) schaften und von der Industrie breit getragen wird . Das ist ein ganz wichtiges Signal . Wir müssen die Energie- Das ist ungewöhnlich . Sie haben trotzdem Wichtiges ge- wende auch ganzheitlich angehen, das heißt, wir müs- sagt . sen zukünftig stärker den Transportbereich und auch den Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Wärmebereich mit angehen und dort die Erneuerbaren Drucksache 18/7875 an die in der Tagesordnung aufge- fördern . Das ist das Erste . führten Ausschüsse vorgeschlagen . Sind Sie damit ein- verstanden? – Das ist der Fall . Dann ist die Überweisung Das Zweite ist: Hier ist ja schon viel über Europa ge- so beschlossen . sprochen worden . Wir brauchen auch ein Zeichen der Solidarität mit Europa . Der DGB hat schon vor langer Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages- (B) Zeit einen Marshallplan für Europa zur Stärkung der Re- ordnung . (D) alwirtschaft vorgeschlagen . Dieser müsste den Schwer- punkt auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes- setzen . Dann bekommen wir auch weitere Unterstützung tages auf Mittwoch, den 13 .April 2016, 13 Uhr, ein . für unseren Weg . Die Sitzung ist geschlossen . Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Wochenende und vor allen Dingen eine er- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten holsame Osterpause . Ich hoffe, Sie können diese Zeit ein der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE wenig zur Erholung nutzen . Danach geht es dann weiter . GRÜNEN) und des Abg . Josef Göppel [CDU/ CSU]) (Schluss: 13 .34 Uhr) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 16013

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten

entschuldigt bis entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Abgeordnete(r) einschließlich

Albsteiger, Katrin CDU/CSU 18 .03 .2016 Mast, Katja SPD 18 .03 .2016

Bas, Bärbel SPD 18 .03 .2016 Merkel, Dr . Angela CDU/CSU 18 .03 .2016

Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 18 .03 .2016 Michelbach, Dr . h . c . CDU/CSU 18 .03 .2016 Marieluise DIE GRÜNEN Hans

Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ 18 .03 .2016 Rachel, Thomas CDU/CSU 18 .03 .2016 DIE GRÜNEN Rosemann, Dr . Martin SPD 18 .03 .2016 Bülow, Marco SPD 18 .03 .2016 Roth (Augsburg), BÜNDNIS 90/ 18 .03 .2016 Connemann, Gitta CDU/CSU 18 .03 .2016 Claudia DIE GRÜNEN

Drobinski-Weiß, Elvira SPD 18 .03 .2016 Ryglewski, Sarah SPD 18 .03 .2016

Durz, Hansjörg CDU/CSU 18 .03 .2016 Schäuble, Dr . Wolfgang CDU/CSU 18 .03 .2016

Freitag, Dagmar SPD 18 .03 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 18 .03 .2016

(B) Grindel, Reinhard CDU/CSU 18 .03 .2016 Schneider (Erfurt), SPD 18 .03 .2016 (D) Carsten Held, Marcus SPD 18 .03 .2016 Steinbach, Erika CDU/CSU 18 .03 .2016 Jung, Andreas CDU/CSU 18 .03 .2016 Stracke, Stephan CDU/CSU 18 .03 .2016 Jung, Dr . Franz Josef CDU/CSU 18 .03 .2016 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ 18 .03 .2016 Jüttner, Dr . Egon CDU/CSU 18 .03 .2016 DIE GRÜNEN

Karawanskij, Susanna DIE LINKE 18 .03 .2016 Ulrich, Alexander DIE LINKE 18 .03 .2016

Klingbeil, Lars SPD 18 .03 .2016 Veit, Rüdiger SPD 18 .03 .2016

Koenigs, Tom BÜNDNIS 90/ 18 .03 .2016 Weiler, Albert CDU/CSU 18 .03 .2016 DIE GRÜNEN Wendt, Marian CDU/CSU 18 .03 .2016 Korte, Jan DIE LINKE 18 .03 .2016 Wicklein, Andrea SPD 18 .03 .2016 Kühn (Dresden), BÜNDNIS 90/ 18 .03 .2016 Stephan DIE GRÜNEN Anlage 2 Lach, Günter CDU/CSU 18 .03 .2016 Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Der Bundesrat hat in seiner 942 .Sitzung am 26 .Feb - Liebich, Stefan DIE LINKE 18 .03 .2016 ruar 2016 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zu- zustimmen bzw . einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ 18 .03 .2016 des Grundgesetzes nicht zu stellen: DIE GRÜNEN – Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen Malecha-Nissen, SPD 18 .03 .2016 vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Dr . Birgit Zigaretten und elektronischen Shishas 16014 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016

(A) – Gesetz zur Änderung des Hochschulstatistikgesetzes der Kontoüberziehung ununterbrochen über einen (C) Zeitraum von sechs Monaten in Anspruch genommen – Erstes Gesetz zur Änderung des Mess- und Eichge- haben und die durchschnittliche Höhe des in Anspruch setzes genommenen Betrages 75 Prozent des vereinbarten – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU Höchstbetrages, das heißt des vereinbarten Dispositi- des Europäischen Parlaments und des Rates vom onskreditlimits übersteigt . 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/ EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwal- Der Bundesrat hält diese Voraussetzungen für eine tungsvorschriften betreffend bestimmte Organis- Beratungsverpflichtung des Kreditinstituts nicht für men für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren ausreichend, um Verbraucherinnen und Verbraucher (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Ver- wirksam vor einer Überschuldung zu schützen . Der wahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen Dispositionskredit soll im Interesse der Verbrauche- rinnen und Verbraucher nur zur kurzfristigen Über- – Gesetz zu dem Abkommen vom 14. November 2012 brückung eines finanziellen Engpasses dienen. Der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesrat hält daher an seiner Forderung aus der Republik Polen über die Zusammenarbeit im Be- Stellungnahme vom 25 .September 2015 fest, wonach reich des Eisenbahnverkehrs über die deutsch-pol- zugunsten der Kundinnen und Kunden die Beratungs- nische Staatsgrenze pflicht der Bank bereits dann ausgelöst werden sollte, – Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffäl- wenn die Kontoüberziehung ununterbrochen über drei ligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss Monate und mit mehr als 50 Prozent des vereinbarten der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asyl- Überziehungslimits erfolgt ist . bewerbern 3 .Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Widerrufs- – Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfah- rechte in sogenannten Altfällen von Immobiliar-Ver- ren braucherdarlehensverträgen nicht bereits nach drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes erlöschen – Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkre- dürfen . Diese kurze Frist würde die Rechte und Mög- ditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher lichkeiten von Verbraucherinnen und Verbrauchern, Vorschriften denen bei fehlerhafter Belehrung aktuell ein unbe- Der Bundesrat hat hierzu ferner folgende Entschlie- fristetes Widerrufsrecht zusteht, unverhältnismäßig ßung gefasst: einschränken . Laut Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages soll die kurze Frist von drei Monaten für 1 .Der Bundesrat bedauert, dass der Gesetzesbeschluss (B) diejenigen Kundinnen und Kunden gelten, die zwi- (D) des Deutschen Bundestages zur Umsetzung der Wohn- schen dem 1 . September 2002 und dem 10 . Juni 2010 immobilienkreditrichtlinie keine Festlegung einer einen Kreditvertrag abgeschlossen haben und fehler- Obergrenze für die Höhe des Dispositions- und Über- haft belehrt wurden . Bereits die Prüfung der Fehler- ziehungskreditzinses vorsieht . haftigkeit wie auch die anschließende Durchsetzung Eine gesetzliche Deckelung des Dispozinses wäre des Widerrufs bei der kreditführenden Bank erfordert zum effektiven Schutz der Verbraucherinnen und Ver- eine längere Planung und kritische Auseinanderset- braucher vor einer zunehmenden Überschuldung wir- zung . Gleichzeitig müssen die Verbraucherinnen und kungsvoll und geboten . Die vom Bundesrat in seiner Verbraucher weiter in der Lage sein, eine verantwor- Stellungnahme vom 25 . September 2015, vergleiche tungsbewusste Entscheidung ohne großen Zeitdruck BR-Drucksache 359/15 (Beschluss), vorgeschlagene über die Anschlussfinanzierung treffen zu können. Obergrenze von acht Prozent über dem Basiszins nach Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Verbrauche- § 247 BGB ist maßvoll und gewährleistet eine Balance rinnen und Verbrauchern in diesen Fällen ein längerer zwischen dem Interesse der Banken an ausreichenden Zeitraum als drei Monate zugestanden werden muss . Spielräumen und einem Schutz der Verbraucherinnen Zugunsten der Beseitigung der Rechtsunsicherheit für und Verbraucher vor überhöhten Zinssätzen bei der das Vertragsverhältnis zwischen Kunde und Kreditin- Überziehung ihrer privaten Konten . Es erscheint nicht stitut hält der Bundesrat eine Frist von zwölf Monaten hinnehmbar, dass angesichts der Höhe des Leitzinses und 14 Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes für ange- der Europäischen Zentralbank von aktuell 0,05 Pro- messen . Laut Gesetzesbeschluss des Deutschen Bun- zent Dispositionskreditzinsen von teilweise deutlich destages soll diese Frist auch für nach Inkrafttreten des mehr als zehn Prozent erhoben werden . Ein Großteil Gesetzes abgeschlossene Neuverträge gelten . Insoweit der Kreditinstitute profitiert zunehmend von den ak- scheint eine Gleichbehandlung von Alt- und Neufällen tuell historisch niedrigen Zinssätzen, gibt diese aber sachgemäß . nicht an ihre Kunden weiter . Appelle zur freiwilligen Selbstverpflichtung und Mäßigung bei der Bemessung Die Fraktion DIE LINKE . hat mitgeteilt, dass sie der Dispositionskreditzinsen sind weitgehend ergeb- den Antrag Verbot von Fracking in Deutschland auf nislos geblieben . Drucksache 18/3791 zurückzieht . 2 Der. Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie sieht mit § 504a BGB eine Pflicht der Kreditinstitu- gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von te zur Beratung der Kundinnen und Kunden erst dann einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen vor, wenn diese die ihnen eingeräumte Möglichkeit absehen: Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 162 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . März 2016 16015

(A) Haushaltsausschuss Drucksache 18/6417 Nr .A .9 (C) Ratsdokument 12025/15 – Unterrichtung durch die Delegation des Deutschen Drucksache 18/6417 Nr .A .10 Bundestages in der Interparlamentarischen Konferenz Ratsdokument 12026/15 gemäß Artikel 13 des Vertrags über Stabilität, Koordi- Drucksache 18/6607 Nr .A .8 nierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Wäh- Ratsdokument 12313/15 rungsunion (Fiskalvertrag) Drucksache 18/6711 Nr .A .3 Ratsdokument 13121/15 Tagung der Interparlamentarischen Konferenz für Drucksache 18/7422 Nr .A .8 die wirtschaftliche und finanzielle Steuerung der Ratsdokument 15423/15 Europäischen Union vom 3. bis 4. Februar 2015 in Brüssel, Belgien Finanzausschuss Drucksachen 18/6500, 18/6605 Nr. 1.8 Drucksache 18/7286 Nr .A .12 EP P8_TA-PROV(2015)0408 – Unterrichtung durch die Delegation des Deutschen Drucksache 18/7422 Nr .A .12 Bundestages in der Interparlamentarischen Konferenz Ratsdokument 5003/16 gemäß Artikel 13 des Vertrags über Stabilität, Koordi- Drucksache 18/7422 Nr .A .14 nierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Wäh- Ratsdokument 14650/15 rungsunion (Fiskalvertrag) Haushaltsausschuss Tagung der Interparlamentarischen Konferenz Drucksache 18/3765 Nr .A .4 über Stabilität, wirtschaftspolitische Koordinie- KOM(2014)907 endg . rung und Steuerung in der Europäischen Union Drucksache 18/3765 Nr .A .5 vom 9. und 10. November 2015 in Luxemburg Ratsdokument 16236/14 Drucksache 18/7286 Nr .A .13 Drucksachen 18/7400, 18/7605 Nr. 3 EG 34/15 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft – Unterrichtung durch die Bundesregierung Drucksache 18/7612 Nr .A .27 Tätigkeitsbericht 2014 der Bundesnetzagentur für Ratsdokument 5042/16 Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Ei- Drucksache 18/7612 Nr .A .28 senbahnen für den Bereich Eisenbahnen Ratsdokument 15395/15 mit Stellungnahme der Bundesregierung (B) Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur (D) Drucksachen 18/7300, 18/7605 Nr. 1 Drucksache 18/7422 Nr .A .23 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Ratsdokument 15408/15 Drucksache 18/7612 Nr .A .31 Nationales Hafenkonzept für die See- und Binnen- Ratsdokument 15390/15 häfen 2015

Drucksachen 18/7340, 18/7605 Nr. 2 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi- Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben cherheit mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Uni- Drucksache 18/7286 Nr .A .18 onsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer EP P8_TA-PROV(2015)0409 Beratung abgesehen hat . Drucksache 18/7422 Nr .A .24 Ratsdokument 15393/15 Drucksache 18/7422 Nr .A .25 Auswärtiger Ausschuss Ratsdokument 15400/15 Drucksache 18/7422 Nr .A .1 EP P8_TA-PROV(2015)0472 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 18/7422 Nr .A .2 Drucksache 18/7286 Nr .A .24 Ratsdokument 15477/15 EP P8_TA-PROV(2015)0418 Drucksache 18/7422 Nr .A .3 Drucksache 18/7422 Nr .A .27 Ratsdokument 15503/15 Drucksache 18/7422 Nr .A .4 EP P8_TA-PROV(2015)0461 Ratsdokument 15504/15 Drucksache 18/7422 Nr .A .28 Drucksache 18/7612 Nr .A .2 EP P8_TA-PROV(2015)0463 EuB-BReg 1/2016 Drucksache 18/7422 Nr .A .29 EP P8_TA-PROV(2015)0464 Drucksache 18/7422 Nr .A .30 Innenausschuss EP P8_TA-PROV(2015)0470 Drucksache 18/2533 Nr .A .18 Ratsdokument 11864/14 Drucksache 18/6417 Nr .A .7 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung Ratsdokument 12020/15 Drucksache 18/6417 Nr .A .8 Drucksache 18/6855 Nr .A .9 Ratsdokument 12023/15 EP P8_TA-PROV(2015)0374

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