Drucksache 15/ 2727 30.03.2004 15. Wahlperiode

Mitteilung – zur Kenntnisnahme –

Weiterentwicklung des Kulturforums

Drucksachen 15/611, 15/1019, 15/1214, 15/1591 und 15/1910 -Schlussbericht -

Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 12.12.2002 Folgendes beschlossen:

"Der Senat wird aufgefordert, auf der Grundlage der Beschlüs- se des Abgeordnetenhauses und des städtebaulichen Leitbildes von ein Konzept zur Weiterentwicklung des Kulturfo- rums vorzulegen. Dabei sind die durch die Vereinigung der Stadt und die Entwicklung des Potsdamer und Leipziger Platzes neu entstandenen stadträumlichen Beziehungen und künftigen Aufga- ben des Ortes zu berücksichtigen. Die am Ort betroffenen Einrich- tungen und Institutionen sind durch Interessenbekundungen einzu- beziehen. In dem Konzept sind mögliche landeshaushaltswirksame Belastungen dazustellen."

Hierzu wird berichtet:

Das ist als Gegenstand planerischer Überlegungen und als kulturpolitisches Dokument der ehemals geteilten Stadt an der Schnittstelle zum der anspruchsvollste Bereich der innerstädtischen Entwicklung. Die Erstellung des vorliegenden Konzeptes erforderte eine sorgfältige und umfangreiche Recherche der komplexen Planungs-, Bau- und Eigentumsgeschichte des Ortes, intensive Abstimmungs- gespräche mit den ansässigen Institutionen und Nutzern, eine ge- naue Analyse der vorhandenen Defizite sowie die Überprüfung der bisherigen Konzeptionen.

Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 -Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28.

1 Abgeordnetenhaus von Berlin – 15. Wahlperiode Drucksache 15/ 2727

Auf der Grundlage dieser Vorarbeiten wurden mit der Eröffnung des Bodemuseums (2006), der Essentials zur inhaltlichen Weiterentwicklung des Eröffnung der modernisierten Staatsbibliothek Unter Kulturforums formuliert, daraus städtebauliche den Linden und der Einrichtung der Flicksammlung Grundsätze zur Weiterentwicklung des Kulturfo- an der Invalidenstraße weiter verschärfen. rums abgeleitet und schließlich Testentwürfe ge- Die isolierte Betrachtung des Kulturforums ist zeichnet. Die Essentials und die städtebaulichen daher bei seiner Weiterentwicklung nicht mehr sinn- Entwürfe verstehen sich als Hypothese, die im voll. Das Kulturforum ist mit seinen bedeutenden weiteren Planungs- und Entscheidungsprozess ü- Kultureinrichtungen seit dem Fall der Mauer nicht berprüft werden sollen. Sie bilden in der Tradition mehr kultureller Brückenkopf West-, sondern des Planwerks „einen ersten Entwurf“, der die Bestandteil einer innerstädtischen Kulturtopographie Grundlage für das weitere Verfahren bildet, an und eines Stadtraumes zwischen Museumsinsel und dessen Ende ein politisch beschlossenes Planwerk Bauhausarchiv. stehen soll. Dieses bildet die Voraussetzung für die Bei den städtebaulichen Planungen zur Weiter- verbindliche Bauleitplanung, für Grundstücksver- entwicklung ist schließlich zu berücksichtigen, dass äußerungen und Realisierungsverfahren. Aufgrund die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) der Komplexität der Aufgabenstellung und der Neubauten für weitere Sammlungen im inneren daraus abgeleiteten Überlegungen liegt dem Bericht Bereich des Kulturforums zwischen der eine umfangreiche Begründung und in der Anlage Gemäldegalerie und dem Kunstgewerbemuseum die Dokumentation einiger zum Verständnis not- einordnen möchte. Die mittel- und langfristige wendiger historischer Pläne und Planungen bei. Sicherung dieser und anderer Museumspläne Teil der Anlage ist schließlich der im Maßstab 1 : erfordert eine grundsätzliche Auseinandersetzung 1000 gezeichnete städtebauliche Entwurf „Kon- und daraus abgeleitet, eine Revision mit der bislang zeptplan 2004“ mit Aussagen zum Charakter und im ersten Obergeschoss organisierten zur Qualität der öffentlichen Räume sowie der disfunktionalen Eingangssituation. Der Abriss der Baupotentiale. „Piazzetta“ genannten Rampe und die damit möglich werdende Neugestaltung der Eingänge zu den vor- Die aktuelle Situation der öffentlichen und der handenen und zukünftig neu zu bauenden Museen ist privaten Freiräume im Kulturforum ist ungeachtet dafür eine essentielle Voraussetzung. Die für solche der begonnenen Umgestaltung der öffentlichen Frei- Umbaumaßnahmen an dieser und anderer Stelle räume zwischen Herbert-von-Karajan-Straße und St. notwendigen Mittel werden durch Vermögensakti- Matthäus-Kirche unbefriedigend. Zum einen sind vierung potentieller Baugrundstücke erwirtschaftet. wesentliche Teilbereiche aus dem landschaftsarchi- Die dazu erforderlichen Baugrundstücke müssen als tektonischen Konzept des Wettbewerbes von 1998 Teil der aus städtebaulichen Gründen notwendigen nicht fertiggestellt worden, zum anderen wirkt der Weiterentwicklung des Kulturforums nachgewiesen durch eine Rampe erschwerte Zugang zur Gemälde- werden. galerie und zum Kunstgewerbemuseum städtebau- Das Land Berlin als Träger der Bauleitplanung lich und funktional wenig einladend. Die räumliche und als Grundstückseigner wichtiger Teilflächen im Präsenz der Gemäldegalerie und des Kunstgewer- Gebiet muss ebenso wie die Stiftung Preußischer bemuseums steht dadurch geradezu kontradiktorisch Kulturbesitz sorgfältig abwägen, welche Grundstü- zu ihrem Bedeutungsgehalt. Hinzu kommen Defizite cke für welche Nutzungen kulturell bzw. nicht kultu- im Bereich ergänzender Funktionen (Läden, Restau- rell ausgewiesen werden sollen. Dabei wird als Er- rants, Cafés etc.). gebnis der bisherigen Gespräche mit den kulturellen und kirchlichen Anrainern davon ausgegangen, dass Diese hier nur angedeuteten stadträumlichen De- das Kulturforum zur Erhaltung seines dominanten fizite sind zweifelsohne eine wichtige Ursache für kulturellen Charakters grundsätzlich ein ungeeigne- den relativen Bedeutungsverlust des Kulturforums ter Standort für hochrentable Nutzungen ist. zugunsten der Museumsinsel und anderer Museums- und Kulturstandorte im Forum Fridericeanum und Angesichts der außerordentlichen Stellung des im Spreebogen. Kulturforums im kulturellen und geographischen Seit Anfang der 90er Jahre haben sich die Besu- Gefüge der Stadt beabsichtigt der Senat, das Kultur- cherzahlen im Kulturforum knapp halbiert. Eine forum als einen Bereich von außergewöhnlicher Ursache für diesen Trend ist die schrittweise Reno- stadtpolitischer Bedeutung feststellen zu lassen. vierung der Museen auf der zum Weltkulturerbe gehörenden Museumsinsel, die Errichtung neuer Im Ergebnis der bisherigen Überlegungen erge- Häuser, wie des Jüdischen Museums oder des Ge- ben sich für die vom Abgeordnetenhaus geforderte bäudes für Wechselausstellungen des Deutschen Weiterentwicklung des Kulturforums folgende Es- Historischen Museums (Pei-Bau). sentials: Diese Konkurrenzsituation wird sich mit der Er- öffnung der Dauerausstellung des Deutschen Histo- 1. Mit den bedeutenden Kultureinrichtungen rischen Museums im Altbau Unter den Linden sowie sowie mit der herausragenden Architektur ihrer

2 Abgeordnetenhaus von Berlin – 15. Wahlperiode Drucksache 15/ 2727

Gebäude existiert, gemessen an dem anspruchs- ohne gleichzeitig die Kirche und den Platz vollen Begriff Kultur-Forum, in der Wirklich- aus dem Gesamtraum auszuklammern. Um keit nur die eine Hälfte dieses kulturpolitischen die Stellung der St. Matthäus-Kirche zu und städtebaulichen Programms. Was fehlt, ist stärken, soll die Sichtbeziehung zum Tier- nicht ein weiteres Gebäude, sondern das Forum garten über die Matthäikirchstraße stärker als öffentlicher Raum. Weiterentwicklung des herausgearbeitet werden. Kulturforums bedeutet daher, den vorhandenen - den neuen Museumsplatz, den Abbruch qualitätvollen Einrichtungen und Architekturen der Rampe und den Neubau der Über- einen Rahmen öffentlicher Räume zu geben, der gangsbauwerke zu dem vorhandenen und ihrer Bedeutung entspricht und gleichermaßen dem geplanten Museum, beispielsweise die notwendigen Ergänzungen zulässt. Dabei durch eine umlaufende Kolonnade. sollen Eingriffe in die vorhandenen Straßen- Sie erschließt die Gemäldegalerie, das und Platzräume auf das Notwendigste be- Kunstgewerbemuseum, das Kupferstichka- schränkt werden. binett und das Neue Skulpturmuseum in der Nord-Westecke des Platzes. Die Eingänge 2. Die Grundlage bei der Weiterentwicklung zu den vier Museen werden ebenerdig an- des Kulturforums bildet der Respekt und daraus gelegt. abgeleitet die Inszenierung seiner vier architek- tonischen Monumente: Philharmonie, Neue Na- 5. Die Neue Nationalgalerie entfaltet ihre he- tionalgalerie, Staatsbibliothek und St. Matthäus- rausgehobene Position aus ihrer Lage als weit- Kirche. Diesem Ziel der Respektierung wie hin freigestelltes Gebäude als Abschluss- bzw. auch der Inszenierung der sinnstiftenden Ein- Eintrittsgebäude in das Kulturforum. Von der richtungen und ihrer Gebäude dienen sowohl Plattform der Nationalgalerie soll die freie die Neuordnung der öffentlichen Räume wie Sichtbeziehung über den Stadtlandschaftsraum auch die Einordnung weiterer Baukörper. zur Philharmonie erhalten bleiben.

3. Weiterentwicklung des „Kulturforums auf 6. Um das Kulturforum aus seiner derzeitigen der Grundlage der Scharounschen Idee“ heißt stadträumlichen Isolation zu befreien, wird es unter den o. g. Aspekten mit dem umliegenden Tiergarten und dem Pots- - Konzentration auf einen stadtlandschaftlich damer Platz fußgängerfreundlich vernetzt. Hier- gestalteten Kernraum, zu dient ein Zugang zur Staatsbibliothek vom - Schaffung eines der St. Matthäus-Kirche zu- Marlene-Dietrich-Platz, die Neugestaltung des geordneten Stadtplatzes sowie Zugangs zur Philharmonie und zum Kammer- - eines neuen Museumsplatzes anstelle der musiksaal aus Richtung Osten sowie die garten- „Piazzetta“ genannten Rampe. architektonische Verbesserung der Übergänge Durch diese differenzierte Behandlung der des Kulturforums zum südlichen Tiergarten. öffentlichen Räume wird die Wirkung der ein- zelnen Monumente gesteigert und gleichzeitig 7. In dem ursprünglich als „Stadt in der Stadt“ ein geistiger und räumlicher Kontext herge- geplanten Kulturforum sollen auf einem Teil der stellt. Diese Differenzierung der vorhandenen Grundstücke des Landes Berlin sowie der Stif- Stadträume ermöglicht die Transformation des tung Preußischer Kulturbesitz andere als kultu- derzeitigen unbefriedigenden Zustandes in eine relle Nutzungen ermöglicht werden. An dafür Abfolge untereinander in Beziehung stehender geeigneten Stellen sind besondere Wohnformen, öffentlicher Räume unterschiedlicher Typolo- kleine Hotels, in geringem Maße Büros sowie gien. erdgeschossig Galerien, Läden, Restaurants und Cafés denkbar. Diese ergänzenden Nutzungen 4. Zur Aufwertung der drei unterschiedlich sollen sich in ihrer baulichen Form wie in ihrer gestalteten öffentlichen Räume sind bauliche Höhenentwicklung den vorhandenen Kulturbau- Ergänzungen notwendig. ten unterordnen. Wichtiges Thema bleibt es, die Dies bedeutet für Wahrnehmung dieses Ortes mit konkreten Ges- - den von Hans Scharouns Bauten gepräg- taltungselementen vor allem aus östlicher Rich- ten Raum zwischen Philharmonie und tung zu erhöhen. Staatsbibliothek eine sensible Ergänzung mit Hilfe eigenständiger Baukörper im Sin- 8. Im Rahmen einer städtebaulichen Kalkula- ne der Scharounschen Entwurfslogik im tion für das Land Berlin und die Stiftung Preu- Übergangsbereich zum Potsdamer Platz, ßischer Kulturbesitz ist die Haushaltsneutralität - den Matthäikirchplatz eine bauliche Fas- aller Umbaumaßnahmen der öffentlichen Stra- sung der beiden Seiten unter Bewahrung ßen und Platzräume nachzuweisen. Die dazu des heute noch bestehenden Platzgrundris- notwendige Ausweisung geeigneter Bau- ses. Hierdurch wird die Position der Stüler- grundstücke ist Teil dieser Konzeption. kirche als ältestem Gebäude unterstrichen,

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9. Der Senat beabsichtigt, zur Umsetzung der formulierten Essentials und der erforderlichen Maßnahmen sowie für die bevorstehende Erör- terung im Parlament und in der Öffentlichkeit als legitimierende Grundlage das Kulturforum als ein Gebiet von außergewöhnlicher stadtpoli- tischer Bedeutung gemäß § 9 AGBauGB festzu- legen. Dadurch würde – nach Zustimmung im Rat der Bürgermeister - die Zuständigkeit auch für die verbindliche Bauleitplanung auf den Se- nat und das Abgeordnetenhaus von Berlin über- gehen.

Weiteres Vorgehen:

a) Initiierung eines breit angelegten Diskurses mit der Stadtöffentlichkeit in Form von Archi- tekturgesprächen, Workshops und ggf. Ausstel- lungen und Internetforen.

b) Im Ergebnis wird ein Masterplan erstellt, der die Grundlage für die Bauleitplanung bildet. Dieser Masterplan wird im Abgeordnetenhaus vor der Einleitung von Bebauungsplanverfahren und vor der Grundstücksvergabe beschlossen. Auf der Grundlage des Masterplans werden die Grundstücke für nichtkulturelle Nutzungen durch den LF bzw. SPK an Dritte veräußert.

c) Zur Sicherung des architektonischen An- spruchs an diesen Ort werden für die einzelnen Bereiche mit den Eigentümern Wettbewerbe durchgeführt.

Anlage: Begründung und Material zur Entwick- lungsgeschichte des Kulturforums

Wir bitten, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten

Berlin, den 30. März 2004

Der Senat von Berlin

W o w e r e i t Regierender Bürgermeister

S t r i e d e r Senator für Stadtentwicklung

4 Kemper- straße platz Bellevue-

Spielplatz VI (XI) VI

XI XII

IX Ahorn-

XI

straße II V II

Weg straße XIII XIII

Entlastungsstraße V XII VI I I 2 VII VII V II XIII II III

XII (P01) IX II I (II) straße (II) IV XIII VII XXVI

IX XXVIII X XXVII XI XI III X III V XI

Matthäikirch- XXII XV IX XXIV XXIV X Straße XV XXVII Museumsplatz IX XIII

XII II XIII XIII XIII XI VI IX X IV VII XVIII VI XI XI IV XIX XIX VIII X V VII IX X XIX XIX IX XIX VII

IX II I VII Kirchplatz IX XII VI Scharounraum II VII V VIII II XI IX IX IX VIII IV III Sigismund- VII VIII VI 13 IX künftige Alte Potsdamer IX IV

IV VIII V VI VII I VIII allee VI III IV IX VIII X V

1 VIII IX VI 4 straße IX

Neue Potsdamer Straße X IV VIII II II I VII

X (II) IX VII VIII X VI

I V VIII VIII IV IX III

VI

VII IX VII XI VI VIII IX IX VIII IX IX X X X IX (X) X

XI X IX VIII IX VIII XI VI VII VI VII I VIII V IV VII II VI III V X VIII VI IV IX VII XI I IX III

VII VIII

I X XI XI Hitzig- 2 VIII I VI 3 IX VI Stauffenberg- II IX X

VII VIII Potsdamer Brücke VIII VIII VII IX

IX VII VIII II Bendler- IX VIII IX brücke VIII IX XXI X

XXII R IX e XXI IX ufer i XXII VIII ch X p XX XIV ie t XIX sc hu M 1: 5000 Kulturforum Raumfolgen 10 50 100 m Stand 16.03.2004 Kemper- platz straße

Königin-Luise-Denkmal VI (XI) VI XI XII

IX Ahorn- Luiseninsel II

XI Musikinstrumenten- VII museum II II V I I Weg III XIII IV XIII II I Philharmonie VI V XII IV II VI I I VII Entlastungsstraße VII Kunstgewerbemuseum I IV VII II XIII IV II IV VII Staatl. Institut III I IV für Musikforschung IX XII II V X VII II (II) straße III III straße VI II IV (II) XIII VII XXVI 17 II 16 15A 15 I V IX XXVIII IV III II X XXVII 2-1 XI XI

42 X V XI VI IV III I V V Kammermusiksaal VI II 3 41 IV Staatl. Museen I III VI V 4 I Generalverw. XXII II IX XV 4 I III XXIV II I XXIV IV Matthäikirch- X IX XV XXVII I XIII

VI 5 II XII III XIII II XIII XIII 40 XI VI IX X VI IV VII XVIII 6 XI XI IV II VIII X V XIX XIX VII IX X XIX XIX VI 7 IX XIX III VII II Gemäldegalerie III III IV IX II I 2 VII IV IX XII 5 VI II VII 8 II V VIII XI II II II IX IX IX IV VIII IV VI III IV III III

9 4 I VII Sigismund-Sigismund- VIII VI II 3 13 IX IV III IX VII II 10 7 IV St.-Matthäi- VIII V VI Kirche IV VII IV Gedenkstätte I IV VIII allee 5 646 Deutscher Widerstand allee VI V III III I IX IV IV X VIII V I 13 IV VIII IX VI V XI 1 1 1 V IV 4 IX V 6 I V X IV VIII IV II II VII IV I I IV III 14 IV X 7 5 V (II) VIII X IX VII VI II IV I 15 VIII VIII V IV IV V VI IX III

19 2 16 VI III Staatsbibliothek IV XI II VII IV IX VII XI VI VIII IX VI 17 Neue Nationalgalerie VIII IX IX IX X X IX (X) X X III VII VIII XI X IX IX VIII VIII VI VII VII VI XI 18 I VIII V IV VII III II VI III X VIII V V I VI IV 19 IX VII I IX XI VI VII IV 4 III III 20 VII VIII IV XI 50 1 48 X IXI VI XII BEWAG V Hitzig- VIII IX VI

Stauffenberg- X II XI 1 VI 22-21 IX X VII VII XI VIII VII 66/64 VIII 60 VIII VII IX

IX VIIVIII II Bendler- XI IX VIII IV IX II I VIII brücke 55 53 51 IX Hospital 59 57 V 47 63 61 VI VI VII VI XXI X 67 65 IV 69 VI III V 71 VIII 1 XXII II VII IX 73 1 XXI IX ufer V I 4 V 1 XXII VIII 5 IV IV I 8 XX X M 1: 2500 geplante Gebäude Freiflächen Öffentl. bis 8 m / 22 m / 35 m / Türme Kulturforum Konzeptplan 2004 10 50 100 m bestehende Gebäude Freiflächen Privat Stand 16.3.2004

I (P01) Straße XIX XVIII XIX XIX VII XIX Stand 16.3.2004 XIX IV III II V VI XXII XXIV VI VI VII VI V XXIV XV XXVIII XXVII VII V XXVI VI IV III straße IX XXVII I VII XIII VII VI I XV IV XIII IX XI IX II VII VI I IV VI IX VIII VII V VII III I IX X (II) III VI VI I XII VII II IX II IX VIII IX XI X II (II) XIII III VIII IV IX IX VII X VI V XI IX I X IX IX II X X VII XI I XI (II) VIII IX V VIII XI X VI VIII I II XI VIII I X VIII XIII IX VIII VII VIII X VIII XIII IX X X XI XIII V II VIII VII IX IX X XII VII XI

VIII

IX X Potsdamer Alte künftige II VIII IX VIII XII XI XIII XI X IX VIII X IX IX II X XI I (X) IX IX IX IX X VII kulturelle Nutzung Kommerzielle Nutzung VIII X IX VIII IX VI VIII VIII VIII VII IX IV VII VII VIII V IX XI VIII IX VIII XIV

II

IX Lenne- X VI XXII IX III VIII XIII VII II IX XXI XX IX XII VIII VIII VII XXI XXII VII IX

Bellevue- XII XI X IV VII VI VI XI (XI) VI IX II IX platz Kemper-

Entlastungsstraße VI

h ic e R

wichtige Sichtbeziehung straße VI

2 3

Neue Potsdamer Straße Potsdamer Neue straße M 1: 2500

10 50 100 m V Matthäikirch- IV

Potsdamer Brücke V IV

straße III Spielplatz IV 13 II III IV 1 4 V

2 allee

Sigismund- straße

Weg

Hitzig- Ahorn-

Konzeptplan - Baupotenziale Stauffenberg-

Bendler-

brücke

ufer Kulturforum Anlage 1 zur Mitteilung zur Kenntnissnahme an das Abgeordnetenhaus (DrS. 15/611 u.a.)

Begründung

Zur Weiterentwicklung des Kulturforums

Senatsbaudirektor Dr. Hans Stimmann

Der Begriff Kulturforum hat einen besonderen Klang: als Begriff, als kultur-politisches und ästhetisches Programm und als städtebauliches Versprechen. Diesem hohen Anspruch wird die gebaute Wirklichkeit trotz hochkarätiger Kulturnutzungen, erstklassiger Architektur und ungeachtet der begonnenen Umgestaltung der Freiräume noch nicht gerecht. Wo liegen die Ursachen für die offensichtlichen Defizite? Ist es wie oft behauptet wird, das fehlende „Gästehaus“ oder handelt es sich nicht doch um komplexe Bündel unterschiedlichster Ansprüche und Konzepte an einen symbolisch aufgeladenen Ort? Die Aufgabe des folgenden Textes besteht darin, diese Aufladung zu entziffern und daraus planerische und politische Konsequenzen für die notwendige Weiterentwicklung des Kulturforums zu ziehen.

Für West-Berlin war die programmatische Idee eines Forums der Kultur das ambivalente Symbol für die Trennung der politisch, kulturell und physisch brutal geteilten Stadt und gleichzeitig Ausdruck der Hoffnung auf eine langfristige Wiedervereinigung, bei der die räumliche Beziehung zwischen der alten Mitte und dem neuen Forum wirksam werden würde. Das aus der ersten Idee eines „Kulturbandes“ entstandene Kulturforum war die Antwort West-Berlins auf die vom freien Zugang abgesperrten Kultureinrichtungen Forum Fridericeanum und Museumsinsel im historischen Zentrum.

Städtebaulich und architektonisch steht das stadtlandschaftliche Kulturforum als Teil des Tiergartenviertels für die radikale Alternative der 50er und 60er Jahre zum großstädtischen Berlin des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Die Absage an die vorstädtischen bürgerlichen Eigentums- und Bebauungsformen, Haustypen, Dichte, Platzgestaltung und Gartenarchitektur der traditionellen Stadt wurde zuerst durch die Idee der „Stadtlandschaft“ von Hans Scharoun und seinem Kollektiv unmittelbar nach dem Ende des Krieges (1946) für ganz Berlin formuliert (Kollektivplan). Das Tiergartenviertel war für eine Transformation des „steinernen Berlin“ (Hegemann) in eine offene Stadtlandschaft allerdings ein höchst ungeeigneter Ort. Die durchgrünte Landhaus- und Villenvorstadt war alles andere als „steinern“ - im Gegenteil. Hier ging es nicht um die Transformation einer Hobrechtschen Mietshausstadt, sondern um den Umgang mit dem innenstadtnahen Teil des 1828 systematisch als Villenvorstadt (Friedrichsvorstadt) angelegten Quartiers am südlichen Rand des Tiergartens.

Hier vollzog sich die Entwicklung von der ländlichen Villa des 19. Jahrhunderts zum Stadthaus. Hier bauten Karl Gotthardt Langhans, Friedrich Gilly, Ludwig Persius, August Stüler, Friedrich Hitzig, Alfred Messel, Martin Gropius, Johann Heinrich Strack u. a.

Besonders im östlichen, unmittelbar an das barocke Zentrum angrenzenden Teil hatte es allerdings mit der Planung einer Nord-Süd-Achse Albert Speers von 1937 seine Unschuld verloren. Im Bereich des späteren Kulturforums wurde der Stadtgrundriss von einer megalomanen Nord-Süd-Achse (160 m breit) durchkreuzt, die dafür notwendigen Grundstücke enteignet, wertvolle Bausubstanz vernichtet und das Tiergartenviertel 1937 zum Diplomatenviertel erklärt. Abgerissen wurden u. a. die alte italienische Botschaft in der Victoriastr. 36 sowie die Japanische Botschaft in der Tiergartenstraße 3. Für beide Botschaften wurden bekanntlich Ersatzstandorte an der Tiergartenstraße ausgewiesen und gebaut.

Das auf die stadtplanerischen Überlegungen Scharouns (1964) zurückgehende Kulturforum als Teil des sog. „City-Bandes“ versteht sich ursprünglich nicht nur als Teil des die gesamte Innenstadt umfassenden Konzeptes einer aufgelockerten Stadtlandschaft, sondern auch als Negation der Speerschen Nord-Süd-Achse. Der Abriss des teilweise realisierten runden Platzes mit dem „Haus des Fremdenverkehrs“ und die Überbauung der Potsdamer Straße für die neue Staatsbibliothek sind Teil dieser Strategie, die NS-Vergangenheit und mit ihr die davor liegende Stadtgeschichte auszulöschen.

Das erstmals 1958 als Scharouns Beitrag im Hauptstadtwettbewerb entworfene und dann 1964 im Rahmen des Wettbewerbs für die Neue Staatsbibliothek ausformulierte Leitbild einer Stadtlandschaft mit solitären Objekten integrierte mit der St. Matthäus-Kirche (A. Stüler 1844-46) lediglich ein Gebäude, das ausdrücklich dem traditionellen städtebaulichen Leitbild verpflichtet ist. Allerdings wurde der für die Position der Kirche wichtige Stadtgrundriss konzeptionell ausgelöscht. Die Kirche wurde so zum Objekt in der neuen Stadtlandschaft. Diese radikale Überplanung und der damit zum Ausdruck kommende Neuanfang ist aus heutiger Sicht nur verständlich, wenn man sich die ausgeglühte Trümmerlandschaft der Berliner Innenstadt und dazu die geistige Situation nach dem Faschismus und nach der Teilung Berlins vor Augen führt.

58 Jahre nach Kriegsende, fast 15 Jahre nach der Wiedervereinigung, nach der Rückkehr von Parlament und Regierung und der insgesamt erfolgreichen kritischen Rekonstruktion des barocken Teils der historischen Innenstadt und dem Neubau des Stadtquartiers am Potsdamer Platz stellen sich die Fragen anders. Die erste Frage ist, ob es heute sinnvoll und möglich ist, auf einem etwa 20 ha großen Areal ein nur teilweise realisiertes Stadtlandschaftskonzept unter Denkmalgesichtspunkten „konservatorisch zu vollenden“? Wäre das noch das Scharounsche Konzept? Dies ist arg zu bezweifeln, nicht nur weil die zur Verfügung stehende Fläche nicht ausreicht, um der Idee den notwendigen Atem zu geben. Dagegen spricht auch das gegenüber dem Scharounschen Konzept gewachsene Volumen des Kammermusiksaals, die schweren Gutbrod-Bauten des Kunstgewerbemuseums und die dazugehörige Rampe sowie die Bauten des Musikinstrumentenmuseums, die die Philharmonie als Objekt verstellen. Die frei gestellte Philharmonie, die 1963/64 noch in der von Hermann Matern als Hügellandschaft geplanten Stadtlandschaft positioniert war, existiert nur noch als Fragment im Philharmoniegarten zur Tiergartenstraße. Die Scharounsche Philharmonie und die im Geiste Scharouns entworfenen Bauten sind schon lange nicht mehr Objekte im Raum. Dies heißt, dass eine Stadtlandschaft, die das Architekturobjekt vor dem Hintergrund einer offenen Stadtlandschaft zeigt, angesichts der gebauten Realitäten im gesamten Kulturforum nicht mehr möglich ist. Die weitere Verbauung des Scharounschen Kernraumes zwischen Staatsbibliothek und Philharmonie mit dem von Scharoun 1964 konzipierten Gästehaus würde diese Idee endgültig entkräften. Die zweite Frage, ob es noch heute sinnvoll ist, das Konzept des Jahres 1964 zu „vollenden“, betrifft den Umgang mit dem kleinen Rest des Stadtgrundrisses von 1828 rund um die St. Matthäus-Kirche. „Vollendung“ hieße hier, das einzige Fragment des Stadtgrundrisses und damit die letzte Erinnerung an das vornehme Villenquartier auszulöschen. Wäre es nicht sinnvoller, bei so viel Erinnerungslosigkeit zwischen Potsdamer Platz und Kulturforum dieses Fragment von Platz und Straße zu bewahren und damit auch die Kirche zu stärken? Schon im ersten Entwurf des Planwerkes von 1996 wurde dies vorgeschlagen und darüber hinaus geplant, die alte Trasse der Matthäikirchstraße nach Norden bis zur Tiergartenstraße zu rekonstruieren.

Von den engagierten Vertretern des Konzeptes der Stadtlandschaft wird meistens übersehen, dass es auch für die Idee der autogerechten Stadt steht. Dies gilt exemplarisch für den Scharounschen Entwurf des Kulturforums in der Fassung von 1964. Der Rücken der Staatsbibliothek liegt mit seinem Bibliotheksturm zur geplanten (inzwischen aufgegebenen) Stadtautobahn/Westtangente, die die 1734 angelegte Friedrichstadterweiterung westlich tangierte und so die Bibliothek von der alten Stadtmitte isolierte. Zusätzlich wird das Kulturforum selbst (bis heute) durch eine breite, verkehrsdynamisch geschwungene Autoschnellstraße mit Mittelstreifen zerschnitten. Auf der Rückseite der Philharmonie wurden entlang der neuen Potsdamer Straße großzügig ebenerdige Stellplätze angelegt und von Hermann Matern und später von Günther Nagel mit Ölweiden landschaftsplanerisch gestaltet. Stark überformt ist diese gartenarchitektonische Anlage bis heute erhalten.

Die nach dem Bau der Philharmonie noch lange existierende schmale Margaretenstraße wurde verbreitert, verkehrsdynamisch schwungvoll umgestaltet und umbenannt. Die Sigismundstraße wurde zur Neuen Potsdamer Straße und zur Stauffenbergstraße durchgebrochen und verbreitert. Nach der nur teilweise realisierten Planung von 1964 sollten die Fußgänger, um vom Künstlergästehaus bzw. der Philharmonie zur Staatsbibliothek zu gelangen, zwei Fußgängerunterführungen benutzen, die gleichzeitig den Zugang zur damals geplanten U 10 von Steglitz zum Potsdamer Platz bildeten. Auch die traditionsreiche Tiergartenstraße sollte ein ähnlich autogerechtes Profil erhalten. Der Stadtraum zwischen Philharmonie und Staatsbibliothek ist das, was Scharoun vorschwebte. Die Scharounsche Stadtvision der 60er Jahre ist offensichtlich selbst historisch geworden. Die Vollendung dieser Planung würde diese Tatsache noch deutlicher machen. Das Kulturforum in der Ursprungsfassung von 1964 steht also zusammengenommen exemplarisch für den völligen Neubeginn der Stadtpolitik und Stadt- und Verkehrsplanung nach dem 2. Weltkrieg. „Die mechanische Auflockerung durch Bombenkrieg und Endkampf gibt uns jetzt die Möglichkeit einer großzügigen organischen und funktionellen Erneuerung“ (so H. Scharoun 1948). Der Radikalität dieses Neuanfangs ist es geschuldet, dass der auf den Bebauungsplan von 1828 zurückgehende (also nicht NS-verdächtige) Stadtgrundriss ausgelöscht und damit die in der NS-Zeit begonnene Beseitigung des kleinparzellierten Bebauungsstruktur und der dazu gehörigen Eigentumsverhältnisse zu Ende geführt wurde. Dazu wurden sämtliche Bauruinen bis auf die St. Matthäus- Kirche und zwei Stadtvillen an der Sigismundstraße und der Stauffenbergstraße abgeräumt. Schließlich sollte (und wurde) der Geist der NS-Speerachse durch eine Überbauung ausgelöscht.

Berühmt ist das Fragment dieser Stadtlandschaft aber nicht wegen seiner radikalen Auslöschung geschichtlicher Spuren, sondern wegen der herausragenden archi-tektonischen Objektqualität seiner Kulturbauten mit extrem auseinander liegenden architektonischen Positionen. Dies gilt insbesondere für die Ikonen bundesdeutscher Nachkriegsarchitektur, nämlich die Philharmonie von Hans Scharoun (1960-1963) als

2 dem Beispiel organischer Architektur und die Neue Nationalgalerie von Mies v. der Rohe (1963-1968), dem letzten Bauwerk des in die USA emigrierten Architekten, in der Tradition des aufgeklärten Berliner Rationalismus. Mit dem Bau der Philharmonie und später dem Kammermusiksaal ist dieser Teil des Kulturforums zugleich Dokument für die relative Kontinuität von Nutzungen insoweit, als die Philharmonie in der Nähe des alten Musikerviertels wurde, die Säle der Philharmonie sind nach einst dort wohnenden Komponisten benannt.

Diesen positiven Aspekten steht das gründliche Scheitern der stadtplanerischen Vision der Nachkriegsmoderne entgegen, die versuchte, Stadt, Landschaft und Verkehr nicht nur zu versöhnen, sondern vor allem ein Forum als einen städtebaulichen und geistigen Ort demokratischer Kultur zu schaffen. Die weitsichtigen politischen Standortentscheidungen West-Berliner Politik verbunden mit den utopischen Hoffnungen einer neuen Stadtidee für eine neue demokratisch organisierte Gesellschaft im Schatten der Mauer und die herausragenden Architekturen der Philharmonie und Neuen Nationalgalerie machen es verständlich, warum es insbesondere den West-Berlinerinnen und -Berlinern schwer fällt, nüchtern über die unwirtliche Realität der öffentlichen Räume des ca. 22 ha großen Kulturforums zu sprechen. Die „Weiterentwicklung“ auf der Grundlage der Scharounschen Idee muss sich, wie jedes andere Konzept, zunächst mit den Ursachen der Unwirtlichkeit der öffentlichen Räume auseinandersetzen und daraus Schlussfolgerungen ziehen.

Wo liegen die Ursachen dafür, dass trotz gut gemeinter politischer und stadtplanerischer Absichten, hochkarätiger Kulturnutzungen und teilweise weltberühmter Architekturen doch nur ein Gebiet ohne überzeugende stadträumliche Qualitäten, eine Ansammlung von Objekten, Landschaftsfragmenten, breiten Straßen, Parkplätzen und schwer auffindbarer Kultureinrichtungen entstanden ist?

Immerhin stehen im Kulturforum: die St. Matthäus-Kirche (Stüler) die Philharmonie, (Scharoun) die Neue Nationalgalerie, (Mies v. d. Rohe) die Gemäldegalerie, (Hilmer und Sattler) das Kupferstichkabinett, (Gutbrod/Hilmer und Sattler) das Kunstgewerbemuseum, (Gutbrod) die Staatsbibliothek, (Scharoun) der Kammermusiksaal, (Wisniewski) das Musikinstrumentenmuseum (Scharoun/Ausführungen Wisniewski) das Wissenschaftszentrum, (Stirling) Wohnungsneubauten (Ackermann) und 2 Villen aus der Gründerzeit Stauffenbergstr. Nr. 41 (Villa Gontard) und Sigismundstr. 4a. (Villa Parey)

Trotz dieser hochkarätigen Kultur- und Wissenschaftsnutzungen und der Beteiligung renommierter Gartenarchitekten und Künstler bei der Gestaltung (H. Matern, G. Nagel, Valentien und Valentien, Mack, Serra) ist die Realität der öffentlichen Räume des Kulturforums und damit der Kern der Idee der Stadtlandschaft und erst recht die Vision eines Forums deprimierend. Für die gebaute Wirklichkeit trifft weder das Wort der fließenden Stadtlandschaft und erst recht nicht das Wort Kulturforum im Sinne eines von Kulturbauten umstandenen Platzes im Zentrum der Stadt zu. Die Vorstellung, alle Probleme könnten durch den Bau eines „Gästehauses“ zwischen Kammermusiksaal und Neuer Nationalgalerie gelöst werden, greift bei weitem zu kurz.

Fragen zur Weiterentwicklung Bei der Wahl des Begriffs „Kulturforum“ schwebte Scharoun wohl nicht ein Forum im traditionellen städtebaulichen Sinn (Forum Fridericianum) vor. Die Frage kann also nicht lauten, wie ein klassisches Forum zu schaffen sei, vielmehr ist zunächst eine Analyse notwendig, die ohne Scheuklappen funktionale und gestalterische Defizite identifiziert.

Was soll Kulturforum funktional und stadträumlich im wiedervereinigten Berlin leisten? Was fehlt dazu inhaltlich, was stadträumlich? Was ist das Kulturforum eigentlich, die Summe aller Gebäude und Stadträume oder eine Raumfolge wie in Florenz, Verona oder wie z. B. in Venedig mit San Marco und der Piazzetta? Welche Rolle spielen die breiten Straßen, insbesondere die verkehrsreiche Potsdamer Straße? Kann man ihre trennende Wirkung zurücknehmen ohne den Straßenverkehr zu beeinträchtigen? Ist eine solche Absicht nicht allein schon deswegen zum Scheitern verurteilt, weil die trennende Wirkung durch die geplante Straßenbahn noch gesteigert wird?! Und wenn das so ist, müssten dann die beiden Seiten der neuen Potsdamer Straße nicht getrennt betrachtet werden? Wie reagiert man im Kulturforum auf die orthogonale Weiterführung der Leipziger Straße durch die neue Potsdamer Straße bis ins Kulturforum? Bedarf es dazu nicht einer städtebaulichen Gestaltung, die die beiden funktionalen Bereiche stärker voneinander abgrenzt? Bedarf es angesichts des riesigen

3 Parkplatzangebotes am Potsdamer Platz nicht auch einer neuen Organisation des Parkens im Bereich der Museen und besonders auf der „Rückseite“ der Philharmoniebauten? Zu fragen ist weiter: Wie sind die räumlichen, die funktionalen Beziehungen und die Übergänge zum Quartier am neuen Potsdamer Platz gedacht, dessen Planung von den Architekten Hilmer und Sattler ausdrücklich mit dem Leitbild der europäischen Stadt begründet wurde? Nirgendwo sonst stoßen die gebauten Ergebnisse unterschiedlichster Leitbilder derart unvermittelt aufeinander, ohne dass die daraus entstehende Spannung fruchtbar wird. Das trifft nicht nur für das Nebeneinander von Staatsbibliothek und Musicaltheater (R. Piano, C. Kohlbecker), sondern noch mehr für das Sony-Center (H. Jahn) und das Musikinstrumentenmuseum zu.

Parallel dazu ist eine Debatte über die Wirklichkeit der Idee „fließender Räume“ notwendig. Über die Qualität von Stadträumen wird nicht in theoretischen Debatten entschieden, sondern im Alltag der Stadt durch die Benutzer. Im Unterschied zur Zeit ist der Raum der Stadt kein Fluss, sondern im doppelten Sinne nur „begrenzt“ vorstellbar. Er erhält erst durch seine sinnlich wahrnehmbare Begrenzung als Erscheinung überhaupt eine Gestalt. Zu fragen ist also, welche gartenarchitektonischen Maßnahmen und welche ergänzenden Bauten und Nutzungen sind ggf. notwendig, um in diesem Sinne attraktive Stadt-landschaftsräume und Erlebnisvielfalt in der Fußläufigkeit entstehen zu lassen?

Dazu ist eine erneute Beschäftigung mit der Planungsgeschichte des Tiergartenviertels und des darin eingebetteten Kulturforums notwendig. Beide Teile gilt es, in eine Beziehung zu setzen, die des ersten Berliner Villenvorortes, seine Zerstörung durch die NS-Planungen, die West-Berliner Reaktionen auf diese Verletzungen, die nachfolgende Teilung der Stadt und ihrer Kultureinrichtungen und schließlich die glückliche Wiedervereinigung nach 1989 mit der Reurbanisierung des ehemaligen Mauerstreifens durch das Projekt des Potsdamer Platzes aber auch des westlichen Teiles des ehemaligen Tiergartenviertels mit Wohnungen, Botschaften und Verwaltungsgebäuden.

Die neue Lage im Stadtgefüge der wiedervereinigten Stadt Die Darstellung der höchst komplexen Planungsgeschichte bedürfte eines eigenen Kapitels. Mit dem Verweis auf den Wettbewerb für die Staatsbibliothek von 1964 ist es jedenfalls nicht getan. Die allmähliche Herausbildung des Kulturforums aus dem kriegszerstörten Tiergartenviertel und seine bis ins 18. Jahrhundert reichende Vorgeschichte ist in Büchern, Broschüren, Filmen, Plänen etc. dokumentiert. Im Kontext der vorliegenden Argumentation beschränken wir uns auf eine Chronologie und einige Planausschnitte. Diejenigen, die angesichts der komplexen Geschichte noch heute (2004) die Vollendung des Kulturforums nach den Plänen von Hans Scharoun fordern, übersehen nicht nur die Entstehungsgeschichte und die seit 1964 (Wettbewerb) eingetretenen Veränderungen durch die Interpretation der Scharounschen Ideen durch Wisniewski, Gutbrod, Hollein, Hilmer & Sattler und Valentien & Valentien, sondern ignorieren auch die unwirtliche Realität großer Teile des Kulturforums und vor allem die urbane Kraft des neuen Potsdamer- und Leipziger Platzes mit einer hohen Konzentration von Filmtheatern, Filmmuseum, Musicaltheatern, Galerien, Discotheken, Hotels, Restaurants etc. und intensiv genutzten öffentlichen Straßen, Plätzen und Parkanlagen. Der Potsdamer Platz hat damit für einen wichtigen Teil der Kultur der Moderne (Film, Entertainment) die Rolle des alten Westens übernommen. Das Kulturforum liegt nicht mehr westlich der (geplanten) Stadtautobahn an der Mauer, sondern wird erschlossen durch U-, S- und zukünftig Regionalbahnanschluss in unmittelbarer Nähe der wieder belebten historischen Stadtmitte.

„Vollendung“ bedeutete angesichts dieser Veränderungen Festhalten an dem Zustand einer politisch, städtebaulich, kulturell und mental getrennten Stadt mit getrennten Rollen im Kulturbetrieb, bedeutete Ausklammerung der Entwicklung im Zentrum Berlins seit dem Fall der Mauer und bedeutete schließlich Verdrängung unserer Erfahrungen mit den autoverkehrsorientierten Planungen der 60er und 70er Jahre. Die Besucher der Philharmonie, der Staatsbibliothek, der Gemäldegalerie, der Neuen Nationalgalerie etc. kommen über 15 Jahre nach dem Fall der Mauer eben nicht mehr überwiegend mit dem Bus oder dem Auto aus Westberlin, um nach dem Museumsbesuch oder Konzert den unwirklichen Ort an der Mauer sofort wieder zu verlassen, sondern aus allen Teilen der Stadt. Sie erleben das Kulturforum eher in seiner räumlichen Nachbarschaft zum Potsdamer Platz und inhaltlich als Ergänzung der Museumsinsel bzw. der Kulturbauten im Forum Fridericeanum mit Staatsoper, Zeughaus (DHM), Maxim-Gorki-Theater, Hedwigskathedrale, Neuer Wache, Alter Bibliothek etc.

Wer einmal in Paris das Menschengewimmel aus aller Herren Länder auf dem Platz vor dem Centre Pompidou erlebt hat, wundert sich über die verpasste Chance, die Staatsbibliothek und die Potsdamer Straße mit dem neuen Marlene-Dietrich-Platz in eine funktionale und räumliche Beziehung gesetzt zu sehen. Der Vorschlag von Renzo Piano, die Staatsbibliothek vom Marlene-Dietrich-Platz aus zugänglich zu machen, wurde von den damaligen Akteuren der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als undurchführbar, weil den Bibliotheksbetrieb störend, abgelehnt. Der von Renzo Piano ganz bewusst angelegte Stadtschlitz zwischen dem Musical-Theater

4 und dem Casino wartet bis heute auf eine Antwort in Form eines weiteren Einganges zur Staatsbibliothek. Hierzu bietet der frühere Mitarbeiter Scharouns Wisniewski bereits geeignete bauliche Lösungen an.

Ist es wirklich undenkbar, dass sich ein Besucher der Staatsbibliothek am Marlene-Dietrich-Platz in einem Bistro oder Café von der wissenschaftlichen Arbeit erholt, wie dies bei der Mutterbibliothek „Unter den Linden“ leicht möglich ist? Muss es auf Ewigkeit so bleiben, dass sich in der unmittelbaren Nähe der Staatsbibliothek auch nicht der kleinste Buch-, Zeitungs- oder Andenkenladen ansiedelt, weil das die konzentrierte Atmosphäre wissenschaftlichen Arbeitens in der Staatsbibliothek (Haus II) stören könnte?

Ähnliches muss auch über die urbane Verankerung der Philharmonie und des Kammermusiksaales gesagt werden. Wer aus der Mitte Berlins über den Leipziger- und Potsdamer Platz kommend, den Weg in die berühmte Philharmonie sucht, muss sich buchstäblich erst durch die Büsche schlagen, dann die beiden Gebäude umrunden, um schließlich zu den nach Westen ausgerichteten Eingängen zu gelangen. Wer den Eingang zur Philharmonie erreicht hat, findet hier bis heute den originalen Zustand von 1964 mit einem riesigen Busparkplatz und einem weiteren großen Parkplatz hinter der Philharmonie. Wer trotz fehlender Hinweise den Weg über den mit Ölweiden bestandenen Parkplatz zum Rückeingang der Philharmonie sucht, stößt bis heute vor allem auf zwei Schaltkästen für Ampeln und Telefone. Dies kann kein angemessenes Entree für eines der berühmtesten Musikhäuser der Welt sein!

Die Mauer ist weg, die Autobahn wurde als Fehlplanung schon 1981 von Jochen Vogel als Regierendem Bürgermeister beerdigt und dann 1984 aus dem Flächennutzungsplan gestrichen. Ist es nicht nur naheliegend, sondern zwingend, auf diese geänderte Situation zu reagieren?

Verlassen wir die Philharmonie und begeben uns zum Zentrum der Bildenden Kunst mit Gemäldegalerie, Kunstbibliothek, Kupferstichkabinett und Kunstgewerbe-museum. Das Dilemma beginnt auch hier bei der Annäherung. Zu sehen ist dieses Ensemble von der Neuen Potsdamer Straße kommend nämlich nur für Eingeweihte am gläsernen Eingangsturm, den die Architekten Hilmer & Sattler zur visuellen Orientierung hinter das Eingangsgebäude von Gutbrod aufgesetzt haben. Es ist zu überlegen, ob nicht ein etwas weniger bescheidener Höhenakzent zur Markierung des Kulturforums im Stadtraum hilfreich ist.

Sind die Museen schon nicht zu sehen, sollte wenigstens der Weg dahin attraktiv sein. Das Gegenteil ist der Fall, denn die Rampe ist eine ernsthafte Behinderung nicht nur für gebrechliche Menschen. Diese Rampe, die bei Scharoun nie vorgesehen war, ist, wenn auch in der Oberfläche von Heinz Mack ehrgeizig gestaltet (1984), ein Eingangsverhinderungsbauwerk. Die Tatsache, dass unter der Rampe Parkplätze liegen, die als Depot genutzt werden, macht die Sache weder plausibler noch verträglicher.

Wer bei der Beschreibung Polemik vermutet, sollte sich einmal die Rampe zum Parkhauseingang und zum Behinderteneingang wirklich ansehen. Ein möglicher Hinweis darauf, dass das Ganze ja nur ein Fragment sei, macht die Sache nur schlimmer. Nach den Plänen von Gutbrod für die Rampe hätte eine weitere Fußgängerrampe über die Tiergartenstraße in den Tiergarten führen sollen, was im Anschluss an eine heftige öffentliche Debatte durch Beschluss der Stiftung Preußischer Kulturbesitz schon 1985 verhindert worden ist.

Im Kulturforum kann es angesichts dieser Erfahrungen der Einzelarchitekturen nur um eine Weiterentwicklung gehen, die die Defizite beseitigt und die vorhandenen Qualitäten stärkt. Dabei sind zwei Aspekte zu unterscheiden: der inhaltliche und der städtebauliche. Die inhaltliche Weiterentwicklung scheint dabei einfacher, weil die große Idee, das Kulturforum als einen herausgehobenen Ort der Kultur, der Wissenschaft und der Begegnung mit nationalem Anspruch zu gestalten, auch nach der Wiedervereinigung und nach der Neuordnung der Museumslandschaft, unbestritten ist. Der Reiz des Kulturforums liegt in der Spannung, die aus der unmittelbaren Nähe zum Potsdamer-/Leipziger Platz resultiert. Hier die nervöse Atmosphäre der Großstadt des 20./21. Jahrhunderts, dort die Möglichkeit zur Konzentration, vielleicht zur Kontemplation in der Begegnung mit Bildern, Objekten, Musik, Büchern und einem Kirchenraum. Diese Übereinstimmung im Grundsätzlichen darf allerdings die Probleme und Chancen, die aus der Wiedervereinigung hervorgegangen sind, nicht außer Acht lassen. Schließlich stammt die Grundsatzentscheidung für die Ansiedlung der Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus dem Jahr 1962. Damals wurde beschlossen, die Gemäldegalerie, das Kunstgewerbemuseum, die Skulpturensammlung, das Kupferstichkabinett und die Kunstbibliothek im „alten Diplomatenviertel“ nordwestlich der St. Matthäus-Kirche zu platzieren.

Abgesehen davon, dass zur Vollendung dieses Programms der Bau für die Skulpturensammlung noch aussteht, und der Stiftung darüber hinaus eine ganze Reihe von Grundstücken gehören, über deren Nutzung noch keine abschließende Entscheidung getroffen wurde, stellen sich grundsätzliche Fragen: Die erste betrifft das Profil der Galerien und Museen im Verhältnis zur Museumsinsel. Dieser Prozess der Arbeitsteilung und Profilstärkung ist bei der Staatsbibliothek abgeschlossen. Die zweite Frage betrifft die der Nutzungsmischung.

5 Soll das Kulturforum (wie die Museumsinsel) in seiner nach außen abgedichteten, monofunktionalen Position als „Stadt in der Stadt“ verharren oder sollten sich auf den verbliebenen Grundstücken andere als museale Nutzungen ansiedeln, um so z. B. an die große Vergangenheit des Viertels als Wohnort des aufgeklärten Bürgertums anzuknüpfen? Wäre das traditionsreiche Quartier zwischen der St. Matthäus-Kirche und untergegangener Victoriastraße (heute Neue Potsdamer Straße) für eine solche Funktionsanreicherung nicht hervorragend geeignet und damit eine zeitgemäße Alternative zu einem „Gästehaus“?

Forum oder Akropolis? Auch für die Kirche stellt sich nach dem Abriss der Wohnhäuser und damit dem Verlust der Gemeinde und nach Aufgabe der ehrgeizigen Pläne für ein Citykloster (Hans Hollein 1984) die Frage nach der Rolle ihres Kirchengebäudes und ihrer Institutionen im Zentrum des Kulturforums neu. Der Verlust an Tradition und Maßstäblichkeit, die buchstäbliche Freistellung des Gotteshauses einer ehemals wohlhabenden Gemeinde wird hier, ähnlich wie bei St. Marien, exemplarisch sichtbar. Die Darstellung solcher Verluste kann jedoch aber kein Ziel sein! Schließlich geht es um die Beantwortung der Frage, nach welchem städtebaulichen Leitbild die Weiterentwicklung erfolgen soll. Städtebaulich geht es um die von Collin Rowe 1978 in seinem Buch „Collage City“ aufgeworfene Grundsatzfrage nach Forum oder Akropolis. Was steht wo im Vordergrund, der Raum oder das Objekt?

Der Begriff Kulturforum ist unglücklich, denn das Wort Forum suggeriert, hier ginge es um einen traditionellen Stadttypus, der mit Raumkörpern arbeitet. Tatsächlich dachte Scharoun mit dem Begriff Stadtlandschaft eher an eine Akropolis mit frei im Raum angeordneten Objekten.

Lässt man einmal diese aus den Begriffen „Forum – Stadtlandschaft“ resultierenden Widersprüchlichkeiten als unfruchtbare theoretische Frage beiseite, stellt sich in der Tat heute die Frage, ob der Raum des Kulturforums im jetzigen verbauten Zustand insgesamt noch wie eine Stadtlandschaft behandelt werden kann. Es scheint sinnvoller, die inzwischen eingetretenen baulichen Realitäten zum Anlass zu nehmen, um das Kulturforum an einigen Stellen im Sinne eines Forums zu einem Ort mit einer Folge von geschlossenen Stadträumen weiter zu entwickeln. Hingegen erscheint es für den Bereich zwischen Philharmonie, Staatsbibliothek und Neuer Nationalgalerie möglich, die Idee der Stadtlandschaft weiterzuverfolgen.

Städtebauliche Elemente der Weiterentwicklung Vorläufiges Fazit: Dem Kulturforum hilft nur eine konzeptionelle Weiterentwicklung und partiell wohl auch ein Neuanfang, der die Potentiale dieses Quartiers - und dazu gehört auch seine Geschichte - zum Nutzen der Stadt und zum Nutzen der Besucherrinnen und Besucher ausschöpft.

Analytisch und entwurflich bedeutete dies, die Räume kleinräumiger zu betrachten, zu unterscheiden zwischen einem stadtlandschaftlich gestalteten Raum zwischen Philharmonie, Kammermusiksaal, Musikinstrumentenmuseum und Staatsbibliothek und den traditionellen Stadträumen zwischen Stauffenbergstraße, Sigismundstraße, Tiergartenstraße und Matthäikirchplatz. Anstelle der „Piazzetta“ genannten Rampe ist ein gefasster „Museumsplatz“ zu schaffen, an dessen baulicher Rahmung ein Turm zur Akzentuierung des Ortes denkbar ist.

Ähnlich wie auf der Museumsinsel kommt dann der räumlichen Gestaltung der Übergangsbereiche zwischen den geschlossenen Plätzen in den offenen Stadtlandschaftsraum eine besondere Bedeutung zu. Die entscheidenden Stellen für diese Übergangsbereiche bilden der neue Museumsplatz, von dem aus man sich den Blick in die Tiefe der Stadtlandschaft zwischen Staatsbibliothek und Kammermusiksaal vorstellen muss, sowie die Situationen von der Plattform der Neuen Nationalgalerie in Richtung Philharmonie und vom neuen Osteingang der Philharmonie in Richtung Staatsbibliothek.

Der erste Schritt, um diese räumlichen Erlebnisse sicherzustellen, ist der Ersatz der Rampe durch einen wohlproportionierten und beispielsweise mit Kolonnaden gefassten Museumsplatz, von dem aus die Museen ebenerdig erschlossen werden können. Mit diesem Schritt beginnt der Weg der Transformation der vorhanden Fragmente in eine Abfolge untereinander in Beziehung stehender Stadträume unterschiedlicher Gestaltung:

Vom neuen Museumsplatz erreicht man den ältesten, der St. Matthäus-Kirche zugeordneten, Platz. Mit seinem systematischen Grundriss verweist er auf den Ursprung des Tiergartenviertels. Auf eine Rekonstruktion der Bebauung soll ausdrücklich verzichtet werden. Notwendig ist allerdings die räumliche Fassung der östlichen und westlichen Seite des Platzes. In Scharouns Entwurf von 1964 war dieser Platz frei von Autoverkehr. Die geplanten Bauten rückten der St. Matthäus-Kirche sehr nahe, um sich nach Norden leicht zu öffnen. Die Realisierung dieser 1964 gezeichneten Komposition kann heute nicht mehr empfohlen werden, da sie den alten Platzgrundriss auslöschen würde. Das

6 „Gästehaus“ in der geplanten Dimension würde außerdem die Blickbeziehung zwischen Philharmonie und Neuer Nationalgalerie verstellen, was ebenfalls nicht mehr gewollt sein kann. Daher sollte die neue östliche Platzwand die Raumfigur des Kirchplatzes aufnehmen und ihn architektonisch neu interpretieren.

Die zentrale entwurfliche Herausforderung bildet der stadtlandschaftlich gestaltete Kernraum zwischen Philharmonie, Staatsbibliothek und Nationalgalerie. Das preisgekrönte Projekt von Valentien + Valentien mit Hilmer & Sattler hat diese Herausforderung auf höchstem Niveau bestanden, verzichtet ganz auf eine Bebauung, blieb aber bislang ebenfalls nur teilweise realisiertes Fragment. Auch bei einer Bebauung zur räumlichen Fassung des Matthäikirchplatzes muss es Ziel sein, die Großzügigkeit des offenen Stadtraumes zu erhalten und damit die Sichtbeziehungen zwischen Mies v. der Rohes Neuen Nationalgalerie und den Scharounschen Philharmonie offen zu halten.

An diese Ideen des offenen, sorgfältig gestalteten Stadtraumes gilt es anzuknüpfen. Um den stadtlandschaft- lich gestalteten Kernraum gegenüber dem Potsdamer Platz abzuschließen, bedarf es maßstäblicher Ergänzungen im Bereich der neuen Potsdamer Straße.

Diese städtebaulich und funktional notwendigen Gebäude könnten dazu benutzt werden, das Vermögen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie des Landes Berlin zu aktivieren, um die Weiterentwicklung mindestens kostenneutral zu bewerkstelligen.

Eine solche Überlegung berücksichtigt nicht nur die dramatisch schlechte Situation der öffentlichen Haushalte, sondern zwingt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das unmittelbar nach der Wende aufgeteilte Museums- und Standortkonzept zu überprüfen und hierüber ggf. neue Entscheidungen zu treffen.

7 Anlage 2 zur Mitteilung zur Kenntnisnahme An das Abgeordnetenhaus (DrS. 15/611 u.a.)

Kulturforum Information zur Entstehung des Kulturforums aus dem ehemali- gen Tiergartenviertel 1 Kulturforum Information zur Entstehung des Kulturforums aus dem ehemali- gen Tiergartenviertel

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Abteilung II – Städtebau und Projekte -

Bearbeiter: Werner Arndt Almut Jirku

Stand 16. März 2004

2 Inhalt: Seite

Aktuelle Situation 4

• Was ist das Kulturforum ? 5

• Wie groß ist das Kulturforum ? 5

• Platzvergleich 6

• Wem gehört das Kulturforum ? 7

Historische Entwicklung 8

Plansynopse: • Die Entwicklung vor dem 2. Weltkrieg 11

• Entwicklung in der Nachkriegszeit 12

Die Schwarzpläne (1933 – 2003) 13

Planungen seit 1958 - 1991 15

„Planwerk Innenstadt“ 1996 – 1999 20

Derzeitige Planungsüberlegungen 23

Städtebauliches Konzept 2004 25

Grundstücksvergabe 27

Chronologische Übersicht 28

Aus drucktechnischen Gründen können die Karten und Pläne nicht maßstäblich dargestellt werden.

3 Aktuelle Situation

Die aktuelle Situation der Freiräume im Kulturforum ist ungeachtet der begonnenen Um- gestaltung der Freiräume zwischen Herbert-von-Karajan-Straße und Matthäi-Kirche un- befriedigend. Das Wort „Kulturforum“ findet in der gebauten Realität keinen Halt. Die Ur- sachen dieser Defizite sind äußerst komplex. Zum einen sind wesentliche Teilbereiche aus dem landschaftsarchitektonischen Konzept von 1998 noch nicht fertiggestellt. Zum anderen sind nach wie vor der erschwerte Zugang zur Gemäldegalerie und die isolierte Lage des Kunstgewerbemuseums städtebaulich und funktional unbefriedigend. Ihre räumliche Präsenz im Kulturforum steht nicht im Einklang mit ihrem Bedeutungsgehalt. Hinzu kommen Defizite im Bereich ergänzender Funktionen (Läden, Restaurants, Cafés etc.). Die Frage, wie diese Defizite in geeigneter Weise behoben werden können, oder ob hierfür alternative Lösungsvorschläge entwickelt werden müssen, ist Gegenstand der konzeptionellen Überlegungen (siehe Plan auf S 25).

Aktueller Zustand (2002)

4 Was ist das Kulturforum?

Das Kulturforum ist keine moderne Museumsinsel, sondern Teil des Tiergartenviertels, das sich nach 1828 vor dem Potsdamer / Leipziger Tor als Vorortstadt entwickelt hatte. Die Herauslösung des Kulturforums aus dem Tiergartenviertel begann Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, als um den Kristallisationsort Philharmonie aus politischen Erwägungen die Standortentscheidungen für die wichtigen Museumsbauten (Galerie des 20. Jahrhunderts, Gemäldegalerie) und die Staatsbibliothek getroffen wurden.

Planung und Realisierung dieser Kulturbauten wurden verstanden als deutliches Signal für die Einheit der Stadt. Deshalb lag das Kulturelle Zentrum von “West-Berlin” im Grenzbereich nahe dem historischen Zentrum der Stadt.

Die städtebauliche Ausformung bezog sich dabei auf die noch gesamtstädtische Verkehrsplanung der 50er Jahre mit ihren Autobahn-Tangenten.

Wie groß ist das Kulturforum ?

Gesamtareal (ca. 23,0 ha); die Museumsinsel ist im Vergleich 11,0 ha groß

5 Platzvergleich

Um die Größenverhältnisse des Kulturforums (ca. 23 ha) abschätzen zu können, sind zum Vergleich einige bekannte Berliner Plätze und zusätzlich die Akropolis und das Fo- rum Romanum im gleichen Maßstab dargestellt.

Forum Friedericeanum (ca. 3,0 ha) Leipziger Platz (ca. 2,4 ha)

Museumsinsel (mit knapp 11 ha nur halb so groß, wie das Kulturforum)

Mit Akropolis (Zeit des Perikles) - Athen Mit Forum Romanum (frühes Kaiserreich) 6 Wem gehört das Kulturforum?

Die heutige großflächige Eigentumsverteilung ist Ergebnis der Umstrukturierungen des Tiergartenviertels nach 1933, der späteren Kriegszerstörungen und der Nachkriegspla- nungen.

Die vorherigen Besitzverhältnisse sind in diesem Bereich vollständig aufgelöst und für die verkehrliche Neuordnung nach dem 2. Weltkrieg und die neuen kulturellen Nutzungen neu geordnet worden. Weite Teile verblieben im Eigentum des Landes Berlin. Als 1965 die Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Museen übernahm, erhielt sie große Grund- stücksflächen als Eigentum. Die Kirchengemeinde behielt ihren Besitz, wobei für die Pla- nungen in den 80er Jahren Umlegungen erfolgten, die zu den nicht erschlossenen Grundstücken inmitten des Landesbesitz führte.

Aktuelle Eigentumssituation

7 Historische Entwicklung

Die wichtigsten Entwicklungsschritte, die das heutige Kulturforum als Teil des „Tiergar- tenviertels“ durchlaufen hat, sind untenstehend zusammengefasst. Hierzu wird in einer Zusammenstellung von Plänen die schrittweise Herauslösung und Umwandlung des Or- tes verdeutlicht. Die komplexe Geschichte des Kulturforums wird im Anhang in einer tabellarischen Chro- nologie dargestellt.

1790 – 1930 - Das „Tiergartenviertel“ hatte sich seit 1790 zu einem bevorzugten Wohn- gebiet Berliner Bürger entwickelt, zunächst als Sommerfrische, ab 1828 als geplanter Wohnort. Zwischen 1833 und 1840 wurde der Große Tiergarten von Peter Joseph Lenné umgestaltet. Die Kanalisierung des Landwehrgrabens von 1845-1850 und der verstärkt einsetzende Straßenbau verwandelten das südlich gelegene Gebiet grundlegend. Die allmähliche Bebauung führte zu einer kleinteiligen Parzellenteilung. Die bauliche Ver- dichtung um die Matthäuskirche wurde vorrangig durch 2- bis 4-geschossige Stadt- bzw. Mietsvillen erzielt. Aus dieser Zeit sind noch die Matthäuskirche (1844), die Parey-Villa und das Palais Gontard erhalten. Entlang der Tiergartenstraße dominierte die einzeln stehende Villa, die von großzügigen Park- und Gartenanlagen im Stil des Historismus umgeben war. Prägte bis zum 1. Weltkrieg die herrschaftliche Wohnnutzung das Tiergartenviertel, so wandelte sich der östliche Teil in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts durch Neubauten anspruchsvoller Verwaltungsbauten und Botschaften. Bereits um 1888 hatte die chinesische Gesandtschaft ihren Standort an der Von-der-Heydt-Straße. Es folgten bis 1914 Spanien, Italien und Schweden. Im Jahr 1930 waren bereits 30 Botschaften hier ansässig. Auch die Wohnnutzung blieb durch die Lage am Tiergarten und die Nähe zum Stadtzentrum attraktiv.

1933 – 1944 - Die von Hitler gegründete und mit umfassender Planungskompetenz ausgestattete Generalbauinspektion unter Leitung von Albert Speer beschloss 1937 die Neugestaltung der Reichshauptstadt mit der Funktionserweiterung des Bereiches westlich der Bendlerstraße für diplomatische Vertretungen. Aus dem Gesand- tenviertel wurde das Diplomatenviertel, durch Neubauten verfestigt und erweitert.

Im Bereich des heutigen Kulturforums begannen 1938 u.a. die Abrisse von Botschaften (Italien) und für die geplante Nord-Süd-Achse der Speer- schen Reichshauptstadtplanung. Die Achse sollte durch dicht bebaute Stadtviertel in Tier- garten und Schöneberg geschlagen werden und die Verwandlung Berlins in die Welthauptstadt Germania einleiten. Es wurde mit dem Bau des Hauses des Frem- denverkehrs am Runden Platz begonnen. Doch durch die 1943 einsetzende Bombardierung wur- den die Häuser des Tiergartenviertels weitge- hend zerstört. Die St. Matthäus Kirche und zahl- reiche andere Gebäude waren nur noch als Rui- ne erhalten. Das begonnene Haus des Frem- Nord-Süd-Achse im Schwarzplan von 1940 denverkehrs stand noch. 8 1945 – 1963 - Nach dem 2. Weltkrieg begann man mit dem Abräumen der Ruinen im Tiergartenviertel. 1956-60 wurde die Matthäuskirche (durch Bestrebungen der Gemeinde zusammen mit der Denkmalpflege) wieder aufgebaut. 1957/58 fand in West-Berlin der Wettbewerb Hauptstadt Berlin statt. In der Auslobung wurde der westliche Teil des Tiergartenviertels weiterhin als Diplomatenviertel, der östli- che für kulturelle Einrichtungen vorgesehen. Sämtliche Projekte gingen von einer völligen Neuordnung des Tiergartenviertels ohne Rücksicht auf den vorhandenen Stadtgrundriss und noch vorhandene Gebäude aus. Die Idee des Architekten Hans Scharoun, ein "geistiges Band der Kultur" von der Muse- umsinsel in Richtung Westen zu entwickeln, wurde mit dem 2. Preis ausgezeichnet. Bis heute steht dieser Plan stellvertretend für das Leitbild der "Stadtlandschaft".

1959 fiel die Entscheidung, die von Hans Scharoun am Standort an der Bundesal- lee/Schaperstr. entworfene Philharmonie auf dem Bereich zwischen Matthäi-Kirch- Str. und Victoriastr. (auf ehem. ca. 30 Par- zellen) zu bauen (ohne Wettbewerb und ohne Konzept). 1962 wurde Mies van der Rohe mit dem Bau der Galerie für das 20. Jahrhundert in der Nähe zur Philharmonie direkt beauftragt. Dies waren die ersten Bausteine des heutigen Kulturforums.

1964 - 1990 - Das Kulturforum entsteht. Es blieb nach Errichtung der hervorragenden Solitärbauten (Philharmonie, Neue Nationalgalerie, Staatsbibliothek, Museumsbauten etc.) im Sinne des von Scharoun 1964 gewonnenen städtebaulichen Ideenwettbewerbs unvollendet. In unterschiedlichen Wettbewerbsverfahren wurden anschließend jeweils zeitgerechte städtebauliche Lösungen gesucht, die jedoch teilweise nur unvollständig in den städte- baulichen Kontext integriert bzw. gar nicht realisiert wurden. Hierzu zählen insbesondere das Kunstgewerbemuseum von Gutbrod 1972 - 1985 (unzu- reichende funktionale Integration), Piazzetta-Gestaltung 1984 (baukünstlerischer Wett- bewerb der Stiftung Preußischer Kulturbesitz) und der Senatsbeschluss zum Bau der Kolonnaden von Hans Hollein (1986 nach einem weiteren Wettbewerb).

1991 - 1995 - Der Wettbewerb zum Potsdamer und Leipziger Platz klammert die Weiter- entwicklung des Kulturforums ausdrücklich aus, der 1. Preis von Hilmer & Sattler sieht zumindest ein Gelenkbau vor. Mit dem Fall der Mauer und der Realisierung der Bebau- ung am Potsdamer und Leipziger Platz haben sich die Funktionen und Verknüpfungen des Kulturforums mit dem städtischen Umfeld vollkommen verändert. Der Senat hatte daher mit Senatsbeschluss vom 23. Mai 1995 (Nr. 5902/95) beschlossen, auf einen Bau- wettbewerb für das Senatsgästehaus und komplementäre Bauten zu verzichten, um zu- nächst die Bebauung und tatsächliche Nutzung des Potsdamer Platzes abzuwarten. Erst auf dieser Grundlage sollte ein Gesamtkonzept entwickelt werden.

1996 - 1999 - Erste inhaltlich-städtebauliche Auseinandersetzungen im Rahmen der Ar- beit am „Planwerk Innenstadt“ führten zur Institutionalisierung der Planungswerkstatt „Kulturforum“ mit den Anliegern am Kulturforum und am Potsdamer Platz. Als Ergebnis des Planungsprozesses zum Planwerk Innenstadt steht die Favorisierung eines grünen Freiraums (Senatsbeschluss zum Planwerk Innenstadt vom 19. Mai 1999)und ergänzen- de Bebauungsvorschläge (Torhaus an der Philharmonie) sind im Zuge des kooperativen Planverfahrens zum Planwerk Innenstadt nicht weiter verfolgt worden. 9 Auf Basis der in der Werkstatt erarbeiteten Planungsüberlegungen und der Erkenntnisse aus den Entwürfen zum Planwerk Innenstadt wurde Anfang 1998 ein landschaftsplaneri- scher Wettbewerb mit städtebaulichem Anteil durchgeführt (Valentien + Valentien / Hilmer & Sattler). Das Ergebnis dieses Wettbewerbes ist für den Freiflächenbereich am 10. März 1998 vom Senat bestätigt worden, so dass aus Anlass der Eröffnung der Gemäldegalerie im Sommer 1998 erste Maßnahmen zur Realisierung der Planung durchgeführt werden konnten.

Nach Freimachung der Platzfläche (durch Senatsbeschluss am 20.01.1998) wurde das Wettbewerbsergebnis in Teilbereichen ausgeführt:

- Die Platzfläche wurde teilweise angelegt. - Nach Abschluss des Umbaus der Potsdamer Straße wurden die Freiflächen vor der Staatsbibliothek entsprechend dem Wettbewerbsergebnis neu geordnet. - Der Grünstreifen zwischen dem Staatlichen Institut für Musikforschung und der Ent- lastungsstraße wurde neu gestaltet.

Zur Lösung der anhängigen Grundstücksfrage hat der Senat am 28.04.1998 beschlos- sen, dass mit dem privaten Eigentümer und der Ev. Kirche seitens der Senatsverwaltung für Finanzen Verhandlungen über Grundstückstausch oder -kauf für die betreffenden Grundstücke (964 qm vom priv. Investor und 655 qm für die Kirche, s. Lageplan) aufzu- nehmen seien. Diese konnten nicht zum Abschluss gebracht werden, da der private Grundstückseigentümer zur Zeit nicht bereit ist, sein Grundstück an das Land Berlin zu veräußern.

Derzeitiger Zustand (2004)

Die rote Markierung in diesem und den folgenden Plänen umfasst das heutige Kulturforum. 10 Plansynopse: Die Entwicklung vor dem 2. Weltkrieg: um 1880 Villenvorort Tiergartenviertel

1910 Straube-Plan; allmäliche Verdichtung

1936 Zustand vor dem Umbau durch Speer und die Generalbau- inspektion mit überlagertem Plan für die Nord-Süd-Achse Von 1942

11 Plansynopse: Entwicklung in der Nachkriegszeit

1955 Das zerstörte und von Rui- nen beräumte Viertel mit dem Haus des Fremden- verkehrs. Ansonsten ist der Stadt- grundriss noch intakt.

1963 Das Grund- stück für die Stabi wird vor- bereitet. Der Durchbruch für die Entlas- tungsstraße und die neue Potsdamer Str. entstehen. Ebenso der Durchbruch der Sigismundstr.

1978 Mit dem Bau der heutigen Neuen Natio- nalgalerie (auf der Matthäi- kirchstr.) und der Stabi (auf der alten Potsdamer Str.) sind die wichtigsten Monumente des Kulturfo- rums fertigge- stellt.

12 Schwarzpläne:

1933

1941

1953

13 1989

2001

2003

2003

14 Planungen seit 1958:

Hauptstadt Wettbewerb 1958 (2. Preis: Scharoun)

Auschnitt aus obigem Plan

späteres Kulturforum: Vorschlag von Scharoun für kulturelle Einrichtungen um die St.Matthäus Kirche inmitten eines Diplomatenviertels mit einer neuen Straßen- führung durch das Tiergartenviertel.

15 Das „Kulturband“ 1962/63

Wettbewerb 1963 / 64 zur Staatsbibliothek mit geplantem Gästehaus dazwischen liegt neuer U-Bahnhof

Legende

1. Tiergarten 2. Philharmonie 3. Geplanter Kammermusiksaal 4. Standort der gepl. Museen 5. St. Matthäus Kirche 6. Gästehaus 7. Ausstellungsgebäude der Kunst des 20. Jahrhunderts 8. Staatsbibliothek 9. Westtangente 10. Landwehrkanal 16 Städtebauliche Untersuchung Landwehrkanal/Tiergartenviertel auf der Grundlage des städtebaulicher Ideenwettbewerb Tiergartenviertel 1973 3. Planungsphase: Weiterentwicklung der Baustruktur, 2. Grobkonzept 1976 mit einer neuen Ver- kehrstrasse durch das Tiergartenviertel

„Internationales Gutachterverfahren Kulturforum“ 1983 / 84; Prämierte Arbeit von Hans Hollein

17 Konzept für die räumliche Ordnung im Zentralen Bereich von Berlin (West) Stand Oktober 1986 mit Eintragung des über- arbeiteten Konzeptes von Hollein

18 Städtebaulicher Wettbewerb Potsdamer / Leipziger Platz 1991 Hilmer & Sattler

19 Die Konzeption des Planwerks Innenstadt von 1996 - 99: Das Planwerk konzentrierte sich nicht auf einzelne Baukörper, sondern analysierte die stadträumliche Situation. Hierbei spielten insbesondere die Stadtkante am Potsdamer Platz sowie die funktionalen und städtebaulichen Wechselwirkungen zwischen den bei- den Bereichen eine maßgebliche Rolle. Zielvorstellung war eine größere, landschaftsar- chitektonisch gestaltete Fläche in der Mitte des Kulturforums.

Planwerk Innenstadt; Stand der Planungswerkstätten 1997/98

20 Freiraumwettbewerb 1998 Valentien + Valentien mit Hilmer & Sattler auf Grundlage der Ergebnisse aus den Planungswerkstätten zum Kulturforum

Das Konzept verzichtet auf jegliche Bebauung östlich der St. Matthäus-Kirche.

Planwerk Innenstadt laut Senatsbeschluss vom 18.5.1999

21 Planungswerkstatt Kulturforum: Venetzung Kultur und Unterhaltung (1999)

22 Derzeitige Planungsüberlegungen Aufgrund der gestalterisch noch nicht überzeugenden Situation auf dem Kulturform sieht sich der Senat gefordert, den bisherigen städtebaulichen Ansatz zu überprüfen und ge- mäß dem Ergebnis des unten ausgeführten weiteren Planungsverfahrens weiter zu ent- wickeln oder zu modifizieren. Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat hierzu am 12. Dezember 2002 beschlossen: „Der Senat wird aufgefordert, auf Grundlage der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses und des städtebaulichen Leitbildes von Hans Scharoun ein Konzept zur Weiterent- wicklung des Kulturforums vorzulegen. Dabei sind die durch die Vereinigung der Stadt und die Entwicklung des Potsdamer und Leipziger Platzes neu entstandenen stadt- räumlichen Beziehungen und künftigen Aufgaben des Ortes zu berücksichtigen. Die am Ort betroffenen Einrichtungen und Institutionen sind durch Interessenbekundungen einzubeziehen. In dem Konzept sind mögliche landeshaushaltswirksame Belastungen darzustellen.“

Der Senat hat begonnen, für das Kulturforum im Dialog mit den Anliegern und dem Bezirk Bausteine für ein Entwicklungskonzept zu erarbeiten. Dies soll zu einer Verbesserung des öffentlichen Raumes, insbesondere zwischen der neuen Potsdamer Straße und der Neu- en Nationalgalerie und der Gemäldegalerie, beitragen. Nur attraktive öffentliche Räume werden dazu führen, dass die Besucherströme nicht länger an der Entlastungsstraße ab- reißen. Um dies sicherzustellen, erscheinen auch bauliche Ergänzungen sinnvoll.

Gegenstand dieser Neuordnung soll nach ersten Interessenbekundungen der Anrainer u.a. sein (die Vorschläge im Einzelnen sind in der umseitigen Karte dargestellt): - Betonung der Eingangssituation des Kulturforums vom Potsdamer Platz im Bereich Entlastungsstraße / Potsdamer Straße durch ergänzende Bebauungen; - Neugestaltung der Piazzetta, ggf. mit Abriss der Rampe; - Verbesserung der östlichen Eingangssituation zur Philharmonie - Verbesserung der Fernwirkung (Erkennbarkeit) der Museen von der neuen Potsda- mer Straße; - Erweiterungsoptionen für das Kupferstichkabinett und die Nationalgalerie sowie Ein- ordnung einer Kunstbibliothek (Sammlung Marzona) südlich der Staatsbibliothek; - Neuordnung und Reduzierung des ruhenden PKW-Verkehrs; - Neuordnung und Verbesserung der Busparkmöglichkeiten - Reduzierung der Karajanstraße und der Scharounstraße. - Belebung des Platzes durch einen kleinen, niedrig dimensionierten Bau für Gastro- nomie - Durchwegung der Neuen Staatsbibliothek

Zur Umsetzung wird ein diskursiver Planungsprozess für das Kulturforum mit den Anlie- gern, dem Bezirk, den Senatsverwaltungen und der Fachöffentlichkeit in Gang gesetzt. Hierfür sind eindeutige Zuständigkeiten zu klären, um ein realisierungsbezogenes Vorge- hen zu ermöglichen.

23 Gespräche wurden geführt mit:

Prof. Dr. Lehmann (SPK) Prof. Dr. Kocka und Frau Dr. Simon Herrn Prof. Schuster (SMPK) (WZB) Frau Dr. Schönberger (SMPK) Herrn Jefcoat und Frau Schneider- Herrn Prof. Ohnesorg (Philharmonie) Kempf (StaBi) Stiftungsverband der Philharmonie Herrn Dr. Albrecht (debis) Herr Pfarrer Neubert (ev. Kirche)

Zusammenstellung der Gesprächsergebnisse mit den Anrainern (Januar 2003)

24 Städtebauliches Konzept Aus der Analyse der vorhandenen Defizite und der Auswertung der bisherigen Planungen und der Ergebnisse der Gespräche mit den Anrainern wurde der städtebauliche Konzept- plan 2004 erarbeitet, in den verschiedene Elemente aus Fachgesprächen mit Architekten eingeflossen sind.

Konzeptplan (2004) Senatsfassung

25 Konzeptplan (2004) erster Vorentwurf Stand 26.1.2004)

Konzeptplan (2004) zweiter Vorentwurf Stand 12.3.2004)

26 Grundstücksvergabe / Eigentümerverhältnisse / Finanzierung

Das Land Berlin als Träger der Bauleitplanung und als Grundstückseigner von Teilflächen im Gebiet muss sorgfältig abwägen, welche Gundstücke für welche Nutzung privatisiert werden sollen. Wie vergleichsweise die Museumsinsel ist auch der innere Bereich des Kulturforums ein ungeeigneter Standort für hochrentable Nutzungen. Angesichts der gesamtstädtischen und nationalen Bedeutung des Kulturforums muss eine Aktivierung von Bodenwerten an hierfür geeigneter Stelle Teil eines der Bedeutung seiner Einrichtungen angemessenen städtebaulichen Entwicklungskonzepts sein. Bei der Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass die SPK Neubauten für weitere Samm- lungen im inneren Bereich des Kulturforums einordnen möchte. Vordringlich für die SPK ist außerdem der Umbau der Piazzetta (Abriss der Rampe und Neugestaltung des Plat- zes). Die hierfür notwendigen Mittel müssen durch die Veräußerung potenzieller Bau- grundstücke an Dritte erwirtschaftet werden. Auch diese Baukörper müssen Teil der städtebaulichen Weiterentwicklung werden. Dem kommt zugute, dass die Potenziale auf- grund der Eigentumssituation im Kulturforum zu etwa zwei Dritteln der Stiftung Preussi- scher Kulturbesitz zufließen. Eine überschlägige Zusammenstellung ergibt nutzbares Bauland von etwa 31.000 m2, wobei davon etwa 23.000 m2 für kulturelle Eigennutzungen vorbehalten sind. Darauf sind ca. 54.000 m2 BGF für kulturelle Erweiterungen entwickelbar. Auf den verbleibenden Po- tenzialen sind immerhin 30.000 m2 BGF für private Nutzungen baubar. Daraus ergeben sich verwertbare Baupotenziale, die auf den aktuellen Bodenrichtwert bezogen 12 Mio € für das Land Berlin sowie 25 Mio € für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz erbringen könnten.

Mögliche Baupotenziale (2004)

27 Chronologie Kulturforum

Ab 1685 Ansiedlung französischer Hugenotten (Refugiés) 18. Jhdt. erste Sommerhäuser entlang der Tiergartenstraße (ab 1790) ca. 1840 Tiergartenviertel in der Grundstruktur errichtet 1844 –46 Bau der St. Matthäus-Kirche (Stüler) 1888 erste Botschaft (China) im Tiergartenviertel Nach dem ersten Weltkrieg Umstrukturierung zum Diplomatenviertel 1937 Beschluss zur Neugestaltung der Reichshauptstadt durch Speer, u.a. Nord-Süd-Achse 1938 Baubeginn neue Italienische u. japanische Botschaft ab 1938 Abriss von Wohnhäusern für die Nord-Süd-Achse, auch des Gemeindehauses der St. Matthäus-Kirche an der Sigismund- straße 1938 Baubeginn Haus des Fremdenverkehrs am zukünftigen „Run- den Platz“ ab 1940 Organisation des Mordes an Psychatrie-Patienten und anderen kranken und pflegebedürftigen Menschen in der Tiergartenstr. 4 (sog. Aktion T 4) 1942 Einstellung der Bauarbeiten am Haus des Fremdenverkehrs 1943 – 45 Bombardierung und weitgehende Zerstörung der Gebäude des Tiergartenviertels Nach Ende des 2. Weltkriegs Aufräumarbeiten im Tiergartenviertel 1946 Kollektivplan u.a. mit Hans Scharoun 1956 – 60 Wiederaufbau der St. Matthäus Kirche 1956 Wettbewerb Konzerthaus des Berliner Philharmonischen Or- chesters, Standort Bundesallee (Joachimsthalsches Gymnasi- um), 1. Preis Hans Scharoun 1957/58 Hauptstadtwettbewerb, Entwicklung von Tangenten rund um die Historische Mitte, 2. Preis Hans Scharoun mit Wils Ebert, Tiergartenviertel als Diplomaten- und Kulturviertel 1959 Entscheidung des West-Berliner Senats zur Verlegung der Philharmonie an den Kemperplatz, um die Gesamtberliner Bedeutung zu betonen; Erste städtebauliche Überlegungen Scharouns zur Ergänzung durch andere Kulturbauten und Wohnbebauung 1960 – 63 (15.9.60 –15.10.63) Bau der Philharmonie (ohne städtebauliches Gesamtkonzept); gärtnerische Gestaltung des Umfeldes:Hermann Mattern 1961 (13. 8.) Mauerbau, Bau der „Entlastungsstraße“ durch den Tiergarten als Verlängerung der Victoriastr., Randlage des Gebietes an innerstädtischer Grenze 1960/61 Fortentwicklung des Gedankens des Kulturbandes, u.a., da viele Flächen im öffentlichen Eigentum 28 1962 Direktauftrag an Mies van der Rohe zum Bau der städtischen Galerie des 20. Jahrhunderts (ohne städtebauliches Gesamt- konzept) 1963 – 68 Bau der Galerie des 20. Jahrhunderts 1963 Auslobung des Realisierungswettbewerbs (mit 11 Teilneh- mern) zum Bau der Neuen Staatsbibliothek (Stabi) mit städte- baulichem Ideenteil, Vorgaben: Westtangente, Verlegung Potsdamer Straße, Entwurf für die Nationalgalerie; Weiteres Programm: Gästehaus, Museen 1964 Stabi: 1. Preis Hans Scharoun mit dem bekannten Konzept (2. Preis: Rolf Gutbrod) 1964 Abriss der Ruine des Hauses des Fremdenverkehrs 1965 (9.6.) Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übernimmt die Galerie des 20. Jahrhunderts als „Neue Nationalgalerie“ 1965/66 Offener Wettbewerb für die Staatlichen Museen (Gemäldega- lerie, Skulpturenabteilung, Kunstgewerbemuseum, Kupfer- stichkabinett und Kunstbibliothek); nach Überarbeitung Auftrag an Rolf Gutbrod 1967 Baubeginn Staatsbibliothek, Fertigstellung 1976 1968 Vorentwurf für einen Kammermusiksaal: Direktauftrag an Hans Scharoun 1969 Planungsbeginn Musikinstrumentenmuseum / SIM, ebenfalls Direktauftrag an Hans Scharoun 1971 Tod Hermann Matterns, Weiterführung der Landschaftsarchi- tektur durch Günter Nagel 1972 teilweise Weiterführung der Bauten durch Edgar Wisniewski nach demTod Hans Scharouns am 25.11. (Bürogemeinschaft) z.B. SIM, Kammermusiksaal 1972/73 Offener Städtebaulicher Ideenwettbewerb Landwehrkanal / Tiergartenviertel, zur Konkretisierung des „City-Bandes“ 1976/77 Städtebaulicher Rahmenplan FPB für das südliche Tiergarten- viertel unter Einbeziehung des Kulturforums mit dem Vor- schlag zur Aufhebung der Tiergartenstr. 1978 - 85 Bau des Kunstgewerbemuseums durch Rolf Gutbrod 1979 – 82 Bau des Musikinstrumentenmuseums durch Edgar Wisniewski 1979/80 Gutachterverfahren Wissenschaftszentrum Berlin, Auftrag an James Stirling im Rahmen der IBA, fertig: 1985 1980 Rahmenkonzept Wisniewski / Nagel mit weiteren Bauvor- schlägen im Kulturforum ( audiovisuelles Zentrum) 1981 IBA – Hearing „Innenstadt als Wohnort“, u.a. auch Kulturforum 1981 Wettbewerb Wohnbebauung Hitzigallee, 1. Preis Ackermann (Bau 1984-85) 1983 / 84 Internationales Gutachterverfahren „Kulturforum“

29 1984 Sieger Hans Hollein 1984 Neuer FNP, Verzicht auf Westtangente 1984 Wettbewerb Oberflächengestaltung Piazzetta, Sieger Heinz Mack 1984 – 87 Bau des Kammermusiksaals durch Edgar Wisniewski 1986 Aufstellung B-Plan II –126 zur Umsetzung des Holleinkon- zeptes, Grundstückstausch Ev. Kirche/ SPK/Senat (Die Kirche erhält Areal östlich der St. Matthäus-Kirche) 1985/86 Kritische Diskussion um Gutbrod-Konzept für die Museen, neuer Wettbewerb: zwei 2. Preise (Hilmer & Sattler; Schür- mann) 1987 Auftrag an Hilmer & Sattler zur Fortführung der Museumsbauten von Gutbrod und Neubau der Gemäldegalerie 1989 Fall der Mauer 1989/90 Einstellung des B-Plans II –126, Verzicht auf Hollein 1991 Städtebaulicher Wettbewerb Potsdamer/Leipziger Platz (Kul- turforum war ausgeklammert), 1.Preis: Hilmer & Sattler (mit I- deen für Gelenk zum Kulturforum) 1992 Gutachten ProStadt, Entwicklungsmöglichkeiten Kulturforum 1994 Vorbereitung eines Gutachtenverfahrens mit dem Ziel, die EKD im Kulturforum unterzubringen; Abbruch, da Ev. Kirche sich für einen anderen Standort entschied 1995 Senatsbeschluss Drs 12/5700, Planungsmoratorium im Kul- turforum 1996 Aufnahme der Arbeiten zum Planwerk Innenstadt, darin neues Leitbild zum Kulturforum (ein erster Entwurf liegt vor) 1996/97 Werkstätten zum Planwerk Kulturforum 1997/98 landschaftsplanerischer Realisierungswettbewerb mit städte- baulichem Anteil Kulturforum 27./28.2.1998 erster Preis: Valentien + Valentien und Hilmer & Sattler 11.6.1998 Fertigstellung der Platzgestaltung im Realisierungsbereich (mit Ausnahme des privaten Grundstücks) 12.6.1998 Eröffnung der Gemäldegalerie 18.5.1999 Beschluss Planwerk Innenstadt 1999 – 2002 weitere Diskussionen im Abgeordnetenhaus und in der Öffent- lichkeit : 1.7.1999 Aghs Beschluss, alle notwendigen Schritte zur Vollendung des Kulturforums einzuleiten 13.12.2000 Aghs Beschluss, ein Konzept zur Weiterentwicklung des Kul- turforums zu entwickeln

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