Bruckner Symphony 1 Vienna Version 1891
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PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 1 Edition Günter Profil Hänssler BRUCKNER SYMPHONY 1 VIENNA VERSION 1891 PHILHARMONIE FESTIVA GERD SCHALLER PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 2 ANTON BRUCKNER (1824 –1896) SYMPHONY 1 – VIENNA VERSION 1891 DEUTSCH Änderungswut und Uraufführungstaumel Musik von einer fast kammermusikalischen Symphonie ja 1865-1866 komponiert und 1891 sollten die Eingriffe nun tiefer gehen: Passage zu mächtigstem Fortissimo auf- am 9. Mai 1868 im Linzer Redoutensaal Vor allem war er mit der bisherigen Instru- Sie ist eine meiner schwierigsten und besten. schwingt, das schlägt mich gänzlich in den dann selbst dirigiert. Damals stand er aller- mentation nicht mehr zufrieden. (Anton Bruckner) Bann! Dann ist da natürlich auch noch die dings noch am Anfang seiner Komponisten- zukunftsweisende Harmonik und Tiefgrün- karriere, während er 1891 in Österreich und Bevor wir da nun auf die Details eingehen, Anton Bruckners erste Symphonie und die digkeit gerade seines Spätwerks. Und dann darüber hinaus bereits als anerkannte möchte ich erstmal ganz allgemein fragen: Frage nach der richtigen Fassung. Ein Ge- die geistliche Dimension seiner Musik, die Persönlichkeit des Musiklebens galt. Und Welche seiner Symphonien änderte Bruckner spräch mit dem Dirigenten und Bruckner- schwebenden Bläserpassagen, die wilden es hatte ja übrigens auch lange genug eigentlich mal nicht? Es gab ja im Laufe der Spezialisten Gerd Schaller. Streicherfiguren, überhaupt die geniale gedauert, bis man seine Größe erkannte; Musikgeschichte nicht so viele Komponisten, Instrumentation, sein wunderbarer Um- nicht in allen Kreisen und in dem Ausmaß, die derart enthusiastisch immer wieder Herr Schaller, Sie haben bereits alle Sympho- gang mit Stimmen... – Also, genaugenom- wie er es sich vielleicht gewünscht hätte, neue Fassungen ihrer Werke lieferten und nien Anton Bruckners mindestens einmal auf men gibt es da eigentlich nichts, was mir aber dennoch schaffte er es, sogar in Wien uraufführten... CD aufgenommen, gelten inzwischen inter- nicht gefällt! eine gewisse Reputation als Komponist zu Nein, in der Tat: Anton Bruckner scheint national als einer der bedeutendsten Bruck- erlangen. Ja – und nun sollte also seine er- wirklich ein Paradebeispiel dieser beson- ner-Dirigenten, bekamen für Ihre Bruckner- Okay – das nenne ich mal ein enthusias- ste Symphonie wiederaufgeführt werden: deren Komponistenspezies zu sein. Aber es Einspielungen hymnische Kritiken und Preise tisches Plädoyer! Auf dieser CD haben Sie Da sah er sich geradezu zwangsläufig ver- gibt eben auch Symphonien von ihm, die nicht nur in ganz Europa, sondern selbst in nun entsprechend auch schon zum zweiten pflichtet, sich das Stück noch einmal genau scheinbar wie in einem Wurf entstanden den USA. Und trotzdem können Sie offenbar Mal Bruckners erste Symphonie eingespielt. vorzunehmen und sicherzustellen, dass es sind, wie beispielsweise die Sechste oder die nicht so recht von ihm lassen, spielen seine Von der man nachlesen kann, dass sie am in allen Belangen seinem nunmehr weiter- Siebente. Auch die Fünfte liegt nur in einer Werke immer wieder in Konzerten – vor 13. Dezember 1891 im Wiener Musikvereins- entwickelten Anspruch an sich selbst ent- Fassung vor, obgleich es wohl einst eine allem auch im Rahmen Ihres eigenen saal von den dortigen Philharmonikern mit sprach. Selbstverständlich nahm er also an Urfassung gab. Hingegen wurde die Vierte, Festivals Ebracher Musiksommer – nehmen Hans Richter am Pult uraufgeführt wurde – der Partitur nochmals Veränderungen vor. die sogenannte Romantische, zwischen weitere Symphonie-Versionen und auch und zwar zum zweiten Mal; die erste Urauf- Oder, wie er stets zu sagen pflegte: Verbes- 1874 und 1888 vier Mal geändert. Von der andere Werke von ihm auf. Was fasziniert führung hatte bereits 23 Jahre früher statt- serungen. Bruckner wäre nicht Bruckner, Zweiten gibt es im Wesentlichen nur zwei Sie so an Anton Bruckners Musik? gefunden. Wie geht das, eine zweite Urauf- wenn er einfach nur die Noten aus Linz Versionen, aber die Dritte war wohl ein Vor allem diese perfekte Mischung aus In- führung...? herausgeholt hätte! symphonisches Sorgenkind, denn mit ihr tellektualität und Emotionalität. Das finde Ja, zugegeben: Das ist ein wenig eigenartig! beschäftigte sich Bruckner fast ein ganzes ich in dieser Ausprägung bei keinem an- Aber wenn man ein bisschen was über Aber er hatte ja schon 1877 und 1884 einige Leben lang und schuf zwischen 1873 und deren Komponisten. Und dann diese unge- Bruckner und seine Biografie weiß, wird Kleinigkeiten revidiert – was war da jetzt 1891 mindestens fünf Fassungen! heuren Klangsteigerungen: Wenn sich die es verständlich: Bruckner hat diese erste schon wieder zu tun? 2 3 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 4 ANTON BRUCKNER (1824 –1896) SYMPHONY 1 – VIENNA VERSION 1891 Sozusagen die Änderungsrekordhalterin... zeigt sich dieser Zweifelnde, der da oft Wiener Philharmoniker: Das traf ihn hart, dann erst nachgedacht – und anschließend Ja, genau. Die Achte dagegen wäre vermut- beschrieben wird. das waren auch solche Anlässe. Aber ist das solange am Ergebnis herumgeschraubt, lich so geblieben wie ihr Schöpfer sie 1887 Nein, Bruckner komponierte nie unsicher – nicht auch verständlich?! Da steht ein bis es ihm auch rational passte? ursprünglich angedacht hatte – wäre da ganz im Gegenteil! Und auch die Sichtweise Komponist am Beginn seiner Karriere Nein, das ging sicher von Anfang an Hand nicht der Dirigent Herrmann Levi gewesen, mit den Selbstzweifeln ist mir zu un- und wird mehrmals vom renommiertesten in Hand. Bruckners Symphonien sind wohl- der absolut nichts mit dem Werk anfangen differenziert und trifft so nicht zu: Man Orchester des Landes abgelehnt. Das kann durchdacht; ihnen liegt ein Plan zugrunde. konnte. Das war sicherlich einer der größ- muss sich schon genauer anschauen, unter nicht ohne Folgen bleiben! Später in seinem Sie sind zwar konstruiert, aber auch tief ten Rückschläge in Bruckners Leben und er welchen Umständen er Revisionen an sei- Leben, als gefeierter Tondichter, ging er über empfunden, sein Komponieren ist zwar suchte dann bei diesem Werk teils sogar nen Symphonien vornahm. Und von wegen die Meinung der Herren Philharmoniker logisch, aber dennoch nicht ohne weiteres mit der vermeintlichen Hilfe seiner Schüler Unsicherheit: Ist es nicht auch das Merk- dann schon leichter hinweg. Aber Anlässe vorhersehbar. Im Endeffekt gehen bei ihm nach der idealen Form; weitere Erschei- mal eines Genies, mit dem vorhandenen hin oder her; eines muss sowieso klar sein: Intellekt und Gefühl eine geniale Paarung nungsformen waren in den nächsten drei Material so virtuos umzugehen und dabei Bruckner hätte nie eine Komposition ver- ein. Allerdings war er wohl ein Komponist, Jahren die Folge. immer wieder neue, in sich stimmige öffentlicht, von der er selbst nicht über- der sozusagen das Papier brauchte, der Meisterwerke zu schaffen? Zudem sah sich zeugt war. Zumindest in dem Moment, in die Noten vor sich sehen musste, um die Aber von der Neunten gibt es nur eine Bruckner als legitimer Nachfolger Beet- dem er sie herausgab. perfekte Form eines Stücks, einer Passage Fassung... hovens. Wenn das kein Ausdruck von Selbst- zu finden. Das ist richtig, – aber sie wurde ja auch bewusstsein ist! Seine Zweifel am eigenen Und die Änderungen? nicht vollendet; Bruckner lebte also schlicht Werk waren also nicht prinzipiell vorhan- Ich glaube, das war Ausdruck seines Per- Wie war das nun bei der ersten Symphonie, nicht lange genug, um daran noch etwas den, sondern wurden meist durch einen fektionismus: Er strebte nach der absolut die Sie ja hier in der – wie Bruckner das ändern zu können. Ob er das tatsächlich konkreten Anlass hervorgerufen. perfekten Lösung. Und an diesem Ideal- nannte: verbesserten – Fassung von 1891 getan hätte, ist aber ohnehin rein speku- bild feilte er mit Akribie. Dabei arbeitete er eingespielt haben? lativ und meiner Meinung nach irrelevant, Zum Beispiel? übrigens oft sehr langsam und nahm sich Auch die erste Symphonie unterzog Bruck- da dieses Werk einfach genial ist, wie es ist. Zum Beispiel die erwähnte Ablehnung der eben auch einzelne Passagen und ganze ner einer gründlichen Revision. Bei deren Achten durch Herrmann Levi. Nebenbei Sätze immer wieder vor, um die optimale Umarbeitung liegt nun allerdings ein sehr Warum änderte Bruckner aber so viel: Lag es bemerkt: Hier sieht man, wie vorsichtig Gestalt zu formen. Wer selbst einmal spezieller Fall vor, denn diese sogenannte daran, dass er tatsächlich so ein unsicherer, Dirigenten mit ihren grundsätzlichen Ur- kreativ tätig war, kann das vielleicht am Verbesserung erfolgte lange Zeit nach der von Selbstzweifeln geplagter Komponist war, teilen sein sollten! Bei der Vierten hörte ehesten nachvollziehen. Uraufführung. Als Bruckner am 9. Mai 1868 wie immer wieder behauptet wurde? Seine Bruckner ebenfalls bisweilen auf die Mei- in Linz zum ersten Mal als symphonischer Symphonien erscheinen uns heute ja wie aus nung anderer. Dann die mehrmalige Ab- Heißt das, er hat anfangs einfach mal Komponist an die Öffentlichkeit trat, dachte einem Guss, und nirgendwo in seinem Werk lehnung der Zweiten und Dritten durch die fröhlich-emotional draufloskomponiert, und er sicherlich nicht, dass er sich diese Erste 4 5 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 6 ANTON BRUCKNER (1824 –1896) SYMPHONY 1 – VIENNA VERSION 1891 am Ende seines Lebens noch einmal vor- Und wie waren die Reaktionen der Öffent- Und die Rezensionen