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Edition Günter Profil Hänssler

BRUCKNER SYMPHONY 1 VIENNA VERSION 1891

PHILHARMONIE FESTIVA GERD SCHALLER

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ANTON BRUCKNER (1824 –1896) SYMPHONY 1 – VIENNA VERSION 1891

DEUTSCH Änderungswut und Uraufführungstaumel Musik von einer fast kammermusikalischen Symphonie ja 1865-1866 komponiert und 1891 sollten die Eingriffe nun tiefer gehen: Passage zu mächtigstem Fortissimo auf- am 9. Mai 1868 im Linzer Redoutensaal Vor allem war er mit der bisherigen Instru- Sie ist eine meiner schwierigsten und besten. schwingt, das schlägt mich gänzlich in den dann selbst dirigiert. Damals stand er aller- mentation nicht mehr zufrieden. () Bann! Dann ist da natürlich auch noch die dings noch am Anfang seiner Komponisten- zukunftsweisende Harmonik und Tiefgrün- karriere, während er 1891 in Österreich und Bevor wir da nun auf die Details eingehen, Anton Bruckners erste Symphonie und die digkeit gerade seines Spätwerks. Und dann darüber hinaus bereits als anerkannte möchte ich erstmal ganz allgemein fragen: Frage nach der richtigen Fassung. Ein Ge- die geistliche Dimension seiner Musik, die Persönlichkeit des Musiklebens galt. Und Welche seiner Symphonien änderte Bruckner spräch mit dem Dirigenten und Bruckner- schwebenden Bläserpassagen, die wilden es hatte ja übrigens auch lange genug eigentlich mal nicht? Es gab ja im Laufe der Spezialisten Gerd Schaller. Streicherfiguren, überhaupt die geniale gedauert, bis man seine Größe erkannte; Musikgeschichte nicht so viele Komponisten, Instrumentation, sein wunderbarer Um- nicht in allen Kreisen und in dem Ausmaß, die derart enthusiastisch immer wieder Herr Schaller, Sie haben bereits alle Sympho- gang mit Stimmen... – Also, genaugenom- wie er es sich vielleicht gewünscht hätte, neue Fassungen ihrer Werke lieferten und nien Anton Bruckners mindestens einmal auf men gibt es da eigentlich nichts, was mir aber dennoch schaffte er es, sogar in Wien uraufführten... CD aufgenommen, gelten inzwischen inter- nicht gefällt! eine gewisse Reputation als Komponist zu Nein, in der Tat: Anton Bruckner scheint national als einer der bedeutendsten Bruck- erlangen. Ja – und nun sollte also seine er- wirklich ein Paradebeispiel dieser beson- ner-Dirigenten, bekamen für Ihre Bruckner- Okay – das nenne ich mal ein enthusias- ste Symphonie wiederaufgeführt werden: deren Komponistenspezies zu sein. Aber es Einspielungen hymnische Kritiken und Preise tisches Plädoyer! Auf dieser CD haben Sie Da sah er sich geradezu zwangsläufig ver- gibt eben auch Symphonien von ihm, die nicht nur in ganz Europa, sondern selbst in nun entsprechend auch schon zum zweiten pflichtet, sich das Stück noch einmal genau scheinbar wie in einem Wurf entstanden den USA. Und trotzdem können Sie offenbar Mal Bruckners erste Symphonie eingespielt. vorzunehmen und sicherzustellen, dass es sind, wie beispielsweise die Sechste oder die nicht so recht von ihm lassen, spielen seine Von der man nachlesen kann, dass sie am in allen Belangen seinem nunmehr weiter- Siebente. Auch die Fünfte liegt nur in einer Werke immer wieder in Konzerten – vor 13. Dezember 1891 im Wiener Musikvereins- entwickelten Anspruch an sich selbst ent- Fassung vor, obgleich es wohl einst eine allem auch im Rahmen Ihres eigenen saal von den dortigen Philharmonikern mit sprach. Selbstverständlich nahm er also an Urfassung gab. Hingegen wurde die Vierte, Festivals Ebracher Musiksommer – nehmen Hans Richter am Pult uraufgeführt wurde – der Partitur nochmals Veränderungen vor. die sogenannte Romantische, zwischen weitere Symphonie-Versionen und auch und zwar zum zweiten Mal; die erste Urauf- Oder, wie er stets zu sagen pflegte: Verbes- 1874 und 1888 vier Mal geändert. Von der andere Werke von ihm auf. Was fasziniert führung hatte bereits 23 Jahre früher statt- serungen. Bruckner wäre nicht Bruckner, Zweiten gibt es im Wesentlichen nur zwei Sie so an Anton Bruckners Musik? gefunden. Wie geht das, eine zweite Urauf- wenn er einfach nur die Noten aus Linz Versionen, aber die Dritte war wohl ein Vor allem diese perfekte Mischung aus In- führung...? herausgeholt hätte! symphonisches Sorgenkind, denn mit ihr tellektualität und Emotionalität. Das finde Ja, zugegeben: Das ist ein wenig eigenartig! beschäftigte sich Bruckner fast ein ganzes ich in dieser Ausprägung bei keinem an- Aber wenn man ein bisschen was über Aber er hatte ja schon 1877 und 1884 einige Leben lang und schuf zwischen 1873 und deren Komponisten. Und dann diese unge- Bruckner und seine Biografie weiß, wird Kleinigkeiten revidiert – was war da jetzt 1891 mindestens fünf Fassungen! heuren Klangsteigerungen: Wenn sich die es verständlich: Bruckner hat diese erste schon wieder zu tun?

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Sozusagen die Änderungsrekordhalterin... zeigt sich dieser Zweifelnde, der da oft Wiener Philharmoniker: Das traf ihn hart, dann erst nachgedacht – und anschließend Ja, genau. Die Achte dagegen wäre vermut- beschrieben wird. das waren auch solche Anlässe. Aber ist das solange am Ergebnis herumgeschraubt, lich so geblieben wie ihr Schöpfer sie 1887 Nein, Bruckner komponierte nie unsicher – nicht auch verständlich?! Da steht ein bis es ihm auch rational passte? ursprünglich angedacht hatte – wäre da ganz im Gegenteil! Und auch die Sichtweise Komponist am Beginn seiner Karriere Nein, das ging sicher von Anfang an Hand nicht der Dirigent Herrmann Levi gewesen, mit den Selbstzweifeln ist mir zu un- und wird mehrmals vom renommiertesten in Hand. Bruckners Symphonien sind wohl- der absolut nichts mit dem Werk anfangen differenziert und trifft so nicht zu: Man Orchester des Landes abgelehnt. Das kann durchdacht; ihnen liegt ein Plan zugrunde. konnte. Das war sicherlich einer der größ- muss sich schon genauer anschauen, unter nicht ohne Folgen bleiben! Später in seinem Sie sind zwar konstruiert, aber auch tief ten Rückschläge in Bruckners Leben und er welchen Umständen er Revisionen an sei- Leben, als gefeierter Tondichter, ging er über empfunden, sein Komponieren ist zwar suchte dann bei diesem Werk teils sogar nen Symphonien vornahm. Und von wegen die Meinung der Herren Philharmoniker logisch, aber dennoch nicht ohne weiteres mit der vermeintlichen Hilfe seiner Schüler Unsicherheit: Ist es nicht auch das Merk- dann schon leichter hinweg. Aber Anlässe vorhersehbar. Im Endeffekt gehen bei ihm nach der idealen Form; weitere Erschei- mal eines Genies, mit dem vorhandenen hin oder her; eines muss sowieso klar sein: Intellekt und Gefühl eine geniale Paarung nungsformen waren in den nächsten drei Material so virtuos umzugehen und dabei Bruckner hätte nie eine Komposition ver- ein. Allerdings war er wohl ein Komponist, Jahren die Folge. immer wieder neue, in sich stimmige öffentlicht, von der er selbst nicht über- der sozusagen das Papier brauchte, der Meisterwerke zu schaffen? Zudem sah sich zeugt war. Zumindest in dem Moment, in die Noten vor sich sehen musste, um die Aber von der Neunten gibt es nur eine Bruckner als legitimer Nachfolger Beet- dem er sie herausgab. perfekte Form eines Stücks, einer Passage Fassung... hovens. Wenn das kein Ausdruck von Selbst- zu finden. Das ist richtig, – aber sie wurde ja auch bewusstsein ist! Seine Zweifel am eigenen Und die Änderungen? nicht vollendet; Bruckner lebte also schlicht Werk waren also nicht prinzipiell vorhan- Ich glaube, das war Ausdruck seines Per- Wie war das nun bei der ersten Symphonie, nicht lange genug, um daran noch etwas den, sondern wurden meist durch einen fektionismus: Er strebte nach der absolut die Sie ja hier in der – wie Bruckner das ändern zu können. Ob er das tatsächlich konkreten Anlass hervorgerufen. perfekten Lösung. Und an diesem Ideal- nannte: verbesserten – Fassung von 1891 getan hätte, ist aber ohnehin rein speku- bild feilte er mit Akribie. Dabei arbeitete er eingespielt haben? lativ und meiner Meinung nach irrelevant, Zum Beispiel? übrigens oft sehr langsam und nahm sich Auch die erste Symphonie unterzog Bruck- da dieses Werk einfach genial ist, wie es ist. Zum Beispiel die erwähnte Ablehnung der eben auch einzelne Passagen und ganze ner einer gründlichen Revision. Bei deren Achten durch Herrmann Levi. Nebenbei Sätze immer wieder vor, um die optimale Umarbeitung liegt nun allerdings ein sehr Warum änderte Bruckner aber so viel: Lag es bemerkt: Hier sieht man, wie vorsichtig Gestalt zu formen. Wer selbst einmal spezieller Fall vor, denn diese sogenannte daran, dass er tatsächlich so ein unsicherer, Dirigenten mit ihren grundsätzlichen Ur- kreativ tätig war, kann das vielleicht am Verbesserung erfolgte lange Zeit nach der von Selbstzweifeln geplagter Komponist war, teilen sein sollten! Bei der Vierten hörte ehesten nachvollziehen. Uraufführung. Als Bruckner am 9. Mai 1868 wie immer wieder behauptet wurde? Seine Bruckner ebenfalls bisweilen auf die Mei- in Linz zum ersten Mal als symphonischer Symphonien erscheinen uns heute ja wie aus nung anderer. Dann die mehrmalige Ab- Heißt das, er hat anfangs einfach mal Komponist an die Öffentlichkeit trat, dachte einem Guss, und nirgendwo in seinem Werk lehnung der Zweiten und Dritten durch die fröhlich-emotional draufloskomponiert, und er sicherlich nicht, dass er sich diese Erste 4 5 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 6

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am Ende seines Lebens noch einmal vor- Und wie waren die Reaktionen der Öffent- Und die Rezensionen dieser Aufführung? Was meint er da mit der Partei? nehmen würde. Interessanterweise ge- lichkeit – auf die ursprüngliche und auf die Auch die fielen sehr unterschiedlich aus. Damit waren sicher die treuen Anhänger schah das aber einmal vollkommen aus revidierte Fassung? Theodor Helm lobte das Stück in der Bruckners gemeint, die glaubten, durch freien Stücken und ohne jegliche äußere Bereits bei der Linzer Erstaufführung 1868 Deutschen Zeitung sehr: ,An glänzender lautstarken Jubel dem Werk und seinem Einflussnahme, ohne jeden Anlass. Ganz im war die Meinung der Presse – und wahr- Ausgestaltung seiner Eingebungen, die alle Schöpfer auf die Beine helfen zu müssen. Gegenteil: Der Dirigent Hans Richter, der scheinlich auch die des Publikums – unent- aus tiefer Innerlichkeit geflossen sind, war das Werk im Wiener Musikvereinssaal dann schlossen gewesen. Das Uraufführungskon- schon sein erster Wurf reich, den er das Und wem hat Bruckner diese Symphonie im Dezember 1891 aufführte, bat Bruckner zert war schlecht besucht, wurde aber im- ‚kecke Beserl’ genannt hat‘. Aber Max gewidmet? im Vorfeld, doch ja nicht zu viel zu ändern; merhin von zwei lokalen Kritikern bespro- Kalbeck in der Wiener Montags-Revue war Die erste Fassung trug gar keine Widmung. es sei alles gut so, wie es sei! Doch Bruckner chen. Die attestierten Bruckner damals nicht so begeistert: ,In A. Bruckners erster Die zweite dann widmete er der Wiener missachtete den wohlgemeinten Rat und einerseits ,große Begabung‘, andererseits [...] ist alles Inspiration und beinahe nichts Universität, die ihm am 7. November 1891 entschied, dass die Symphonie einer Umar- warfen sie ihm eine gewisse ,Effekt- Arbeit. Wie hübsch beginnt das Werk, und die Ehrendoktorwürde verliehen hatte. beitung bedurfte, die dann auch in den hascherei‘ vor. Überregional erschien nur wie garstig endet es!‘ – Interessant ist Jahren 1889 bis 1891 erfolgte. Das Resultat eine Notiz Eduard Hanslicks in der Wiener vielleicht auch noch, dass sogar Hugo Wolf, Nun werden heute ja regelmäßig noch beide war die sogenannte Wiener Fassung. Neuen Freien Presse. Bei der Wiederauffüh- der Bruckner ansonsten sehr gewogen war, Fassungen der Symphonie aufgeführt, obwohl Nach der Aussage seines Biografen August rung 1891 in Wien waren die Meinungen bezüglich der Ersten ziemlich ratlos schien: Bruckner doch diese verbesserte Version gelie- Göllerich soll Bruckner dazu gesagt haben: dann erneut gespalten. Wie schon häufiger ,Am vergangenen Sonntag wurde Bruckners fert hat. Was bei seinen anderen Symphonien ja ,Besser kann i’s Beserl nimmer instrumen- bei Bruckners Symphonien hatten die 1. Symphonie bei den Philharmonikern allerdings ganz ähnlich ist. Warum, wie kommt das? tier’n‘. Über die Proben mit den Philhar- Philharmoniker auch diesmal ihre Schwierig- gespielt. Das Werk hatte, dank der vortreff- Naja, man hat schon lange Zeit die Wiener monikern berichtet Göllerich: ,Man stand keiten mit dem Werk und schwankten mit lich organisierten Partei – rasenden Erfolg. Fassung bevorzugt – sah man in dieser einer der damals schwierigsten Partituren ihrer Meinung hin und her. In einem Brief Bis auf das Scherzo und einiges aus dem Lesart doch den letztgültigen Willen des gegenüber und die Musiker waren anfangs an Siegfried Ochs schrieb Bruckner, das ersten Satz verstand ich gar nichts. Es soll Komponisten. Diese Version erschien auch davon wenig erbaut, ja manche Stellen Orchester habe das Stück anfangs als Werk aber kolossal sein. In Gottes Namen; 1893 im Druck. Die Linzer Fassung dagegen erklärten sie als hellen Wahnsinn. Aber von eines Wahnsinnigen erklärt, dann als Spektakel war jedenfalls genug. Ob das erlebte erst 1934 in Aachen ihre Wiederauf- Probe zu Probe spielten sie sich in den phänomenal. Und er gab auch zu, dass die erlesene Wiener Publikum wirklich etwas führung und wurde 1935 in der Bruckner- polyphonen Wunderbau mehr hinein, bis Symphonie beim ersten Hören schwer zu mit Bruckners Erster anfangen konnte, Gesamtausgabe von Robert Haas veröffent- sie ihn zuletzt als geniale Schöpfung er- verstehen sei, aber doch bedeutenden wissen wir nicht. Jedenfalls wurde dank licht. Und dann hat sich das Blatt gewen- kannten‘. Eindruck mache. der vortrefflich organisierten Partei kräftig det: Während früher, wie gesagt, vor allem applaudiert.‘ die Wiener Fassung gespielt wurde, ist heute zumeist die Linzer Fassung zu hören.

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Und welche ist Ihnen lieber? sächlich in Bezug auf die Bedeutung der Woher rührt dieser Name: Regentenbau? Sie haben die CD im größten dieser Räume, Ich habe da keine Präferenz, sondern sehe Symphonie an sich. Bruckners Erste ist Von Prinzregent Luitpold, der den Bau 1911 dem Max-Littmann-Saal eingespielt. Wie die Schönheit und Eigenständigkeit einer eben nicht nur ein keckes Beserl, sondern aufgrund kräftig gestiegener Gästezahlen sieht der aus? jeden Fassung – auch in Bezug auf die Erste: vielmehr ein großartiges, für die damalige in der Kurstadt in Auftrag gegeben hatte – Sehr opulent! Die Wände sind ganz und Während die Linzer Urform den ungezähm- Zeit geradezu avantgardistisches Werk. übrigens im zarten Alter von 90 Jahren. gar mit Kirschbaumholz verkleidet und mit ten Komponisten zeigt, glänzt die Wiener Hätte Bruckner nur diese eine Symphonie Selber erlebte er die Fertigstellung dann Intarsien aus Ebenholz verziert. Es gibt eine Fassung unter anderem durch die Ausge- geschrieben, hätte er sich damit schon auch gar nicht mehr, da er im Dezember sehr prächtig wirkende Kassettendecke und reiftheit der Instrumentation. Und vor allem unsterblich gemacht! 1912 starb. Kronleuchter, und hinten auf dem Balkon wird eines deutlich: Hier verbindet sich sieht man noch die Königsloge. Alles also der jugendliche mit dem reifen Bruckner. Diese Aufnahme unterscheidet sich nicht nur Nahmen damals öffentliche Bauprojekte sehr edel, sehr feierlich. Dadurch erhält das Werk eine ganz beson- hinsichtlich der Fassung, sondern auch noch also auch schon Jahre und Jahrzehnte in dere, aparte Note. in einem anderen Punkt von Ihrer früheren: Anspruch...? Und wie ist die Akustik in diesem Saal? Im Aufnahmeort. Bei der Linzer Fassung war Nein, nicht mal: Der Regentenbau war Ganz außergewöhnlich ist der warme, Bruckner bezeichnete seine erste Symphonie das die Abteikirche Ebrach. Diesmal fand schon 1913 fertig, nach nur 21 Monaten seidene Klang, den der Saal besitzt und der bisweilen als keckes Beserl – auf Hoch- die Aufnahme im Max-Littmann-Saal im Bauzeit! Eingeweiht wurde er dann von gerade für die Interpretation romantischer deutsch: kecken Besen. Was ist da so keck – Regentenbau von Bad Kissingen statt. Luitpolds Sohn, dem frischgekrönten König Werke perfekt ist. Immer wieder wird was hat die Symphonie mit einem Frauen- Warum diese neue Spielstätte? Ludwig III. betont, dass dieser Max-Littmann-Saal zu zimmer zu tun, was Beserl im öster- Ich wollte die Symphonie einfach in zwei den besten Konzertsälen der Welt gehört – reichischen Dialekt ja bedeutet, und inwie- verschiedenen akustischen Versionen vor- Prinzregent Luitpold war ja ein Mann er- und das zu Recht! fern findet sich das in der Musik tatsächlich? stellen. Die kompositorischen Unterschiede lesenen Geschmacks, und der schlug sich Ich denke, man sollte diese verniedlichende der beiden Fassungen sind ja doch nicht so sicher auch im Regentenbau nieder: Wie hat Woher kommt das? Formulierung nicht unbedingt überbewer- groß – die Änderungen betreffen in erster man sich dieses Bauwerk genau vorzustel- Sicherlich spielen dabei seine Proportionen ten und schon gar nicht in der Symphonie Linie die Instrumentation –, dass man das len? eine Rolle. Dieser Saal ist fast 40 Meter jenes kecke Beserl oder jenen kecken Besen Stück in der jeweils anderen nicht wiederer- Der Münchner Architekt Max Littmann hat lang, aber auch 16 Meter hoch. Das Verhält- suchen und finden wollen. Bruckners kennen würde, und insofern war es mir hier wirklich ein wunderschönes Gesamten- nis zwischen Länge, Breite und und Höhe ist saloppe Bemerkung kann durchaus doppel- wichtig, der Aufnahme noch diesen wei- semble geschaffen. Das verbindet einerseits ideal – so hat man eben im 19. Jahrhundert deutig gemeint sein – als Anspielung auf teren Aspekt hinzuzufügen; den akusti- die Kuranlagen mit dem historischen Stadt- viele hervorragende Konzertsäle gebaut. ein keckes Frauenzimmer oder auch auf die schen. zentrum, andererseits wirkt es aber auch Dazu kommt aber auch die Innenaus- Originalität des Werkes. Wie auch immer: für sich genommen sehr harmonisch. stattung: Die prächtige Wand- und Decken- Derartige Spurensuchen sind relativ neben- vertäfelung aus Kirschbaumholz verleiht 8 9 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 10

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dem Saal eben einen ebenso prächtigen d-Moll-Symphonie, also die sogenannte ich natürlich auch im Laufe der letzten kann, bekommt man ganz neue Einblicke in Klang. Außerdem wirkt so ein historischer Nullte, die Studiensymphonie und eben jetzt Jahre schon aufgenommen, denn ich be- die ja ziemlich vielschichtige Komponisten- Saal äußerst inspirierend auf die Musikerin- die Erste in der Wiener Fassung. schäftige mich ja schon seit längerer Zeit persönlichkeit Bruckners. Man hört die Un- nen und Musiker. Da kommen moderne mit Bruckner. Die restlichen sollten also bis terschiede vielleicht nicht bei jedem Stück Konzertsäle heute oft nicht mehr mit. Nun kann man auf Ihrer Website lesen, all 2024 gut zu schaffen sein, wenn alles nach beim allerersten Hören; bei anderen aller- diese Bruckner-Aufnahmen seien Teil von Plan läuft. dings schon. Aber wenn man sich die CDs Inwiefern eignet diese Akustik sich besonders BRUCKNER2024. Was ist das, was hat es mehrfach anhört, kann man dann schon für Bruckners Werke? damit auf sich? Und was steht neben den Symphonien noch nachvollziehen, was Bruckner da geändert Weil der Saal die Musik einerseits gut BRUCKNER2024 habe ich ein ziemlich groß- alles auf diesem Plan? hat, und ein Stück weit auch, warum er das durchhörbar macht, und andererseits einen angelegtes Projekt genannt, im Rahmen Einige oratorische Werke, etwa die großen getan hat. Und das sagt ja auch etwas über runden, aber auch präsenten Gesamtklang dessen ich die wesentlichen Werke Anton Messen Bruckners, diverse Psalmen und das ihn als Menschen aus. Am Ende bleibt es entstehen lässt. Bruckners in ihren wichtigsten Fassungen Te Deum, und dann die Orgelwerke. Die sind dann natürlich immer Geschmacksache, bis zum 200. Geburtstag des Komponisten aber auch bereits erschienen; die habe ich welche Fassung man vorzieht; aber mög- Sie haben ja in diesem Saal mit Ihrer Phil- im Jahr 2024 sämtlich mit meiner Phil- auf der Orgel in der Abteikirche Ebrach licherweise ist man ja am einen Tag auch harmonie Festiva schon zahlreiche Konzerte harmonie Festiva aufführen und auf CD eingespielt, die sich stilistisch und auch mal in der Stimmung für die keckere, am im Rahmen Ihres Festivals Ebracher Musik- einspielen möchte. zeitlich hervorragend dafür eignet. Und anderen Tag für die ruhigere. sommer gespielt, aber vor allem auch weiter werden wir mal sehen... mehrere CDs eingespielt. Welche? Oho – das sind aber eine ganze Menge, oder? Die Deadline ist dann also der 200. Geburts- Gleich die erste Aufnahme war ein Opern- Ja, das sind insgesamt an die 20 Sympho- Um nun aber mal Tacheles zu reden: Hat tag Bruckners am 4. September 2024? Großprojekt: die Ersteinspielung der Oper nie-Fassungen – je nachdem, welche man der gemeine Genuss-Hörer denn eigentlich Ja, genau. Bis zu diesem Tag soll die Ge- Merlin von Carl Goldmark, die dann auch zählt; bei manchen seiner Revisionen hat einen Mehrwert davon, sich verschiedene samteinspielung komplett sein. gleich einen ECHO-Klassik-Musikpreis er- Bruckner nämlich tatsächlich nur ein paar Versionen einer Symphonie anzuhören, oder hielt. Aber auch Goldmarks erste Sym- Kleinigkeiten geändert und da würde es ist das nur ein hyperintellektuelles Elitending Und was machen Sie dann, wenn Sie selbst phonie, Ländliche Hochzeit genannt, und die sich für die Hörer nicht lohnen, wenn ich für abgehobene Bruckner-Spezialisten? mit den unbekanntesten Fassungen der Aufnahmen der Unvollendeten und der diese Fassungen einspielen würde, weil Nein, ich glaube, das ist vielleicht sogar Symphonien und den noch nie eingespielten Großen C-Dur-Symphonie von Schubert ent- man die Unterschiede beispielsweise zur gerade für die Genuss-Hörer interessant. Psalmen durch sind? standen dort. Ebenso Johann Ritter von nächsten Fassung ein Jahr später beim Denn wenn man sich die verschiedenen Oh, es gibt noch so viel hervorragende Herbecks Große Messe. Und natürlich diver- Hören gar nicht wahrnimmt. Trotzdem Fassungen – noch dazu immer von den Musik, die ich mal aufführen möchte, zum se Bruckner-CDs: Dessen Vierte in der bleiben noch genug spielenswerte Versio- gleichen Interpreten gespielt – nebeneinan- ersten oder zum wiederholten Mal, und so sogenannten Volksfest-Fassung, die frühe nen übrig. Aber einen Teil der Stücke habe der anhören und unmittelbar vergleichen viel Repertoire, das seiner Wiederent- 10 11 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 12

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deckung und -aufführung harrt: Da habe Er gilt als einer der bedeutendsten Bruckner- Repertoire, das Musik vom Barock bis in die in der Philharmonie Festiva nichts festgefah- ich keine Bange, dass mir die Arbeit aus- Interpreten der Gegenwart: Gerd Schaller ist – Gegenwart umfasst. Außerdem ist der ren ist, sondern Raum für neue Erfahrungen geht! nach einem Dirigierstudium und Stationen Dirigent künstlerischer Leiter des Ebracher und Experimente da ist. Daraus entsteht auch an verschiedenen deutschen Staatstheatern – Musiksommers, eines 1990 von ihm gegrün- bei den Musikern das Gefühl, hier etwas Das Interview wurde geführt von Andrea freischaffender Dirigent und wird immer wie- deten Festivals, dem in den letzten Jahren vor Neues, Gemeinsames zu gestalten, was jedes Braun, die als freie Autorin, Übersetzerin der von zahlreichen bekannten Klangkörpern, allem dank Schallers fundierter Bruckner- Projekt dieses Klangkörpers zu einem beson- und Journalistin für diverse Fach- und Konzert- und Opernhäusern im In- und Aus- Interpretationen in der dafür idealen Akustik deren Erlebnis macht. Einerseits möchte Gerd Publikumszeitschriften, für mehrere ARD- land als Gastdirigent eingeladen. Daneben der Ebracher Abteikirche und des Bad Kissin- Schaller dabei mit diesem besonderen Or- Hörfunksender und den Deutschlandfunk, gründete er 2008 die Philharmonie Festiva, ger Regentenbaus auch international immer chester durch die Ausbildung einer eigenen aber auch für zahlreiche Musiker und Kon- ein Symphonieorchester, mit dem er seither mehr Aufmerksamkeit zuteil wurde. musikalischen Handschrift gängiges sympho- zertveranstalter tätig ist. Daneben betreibt seine eigenen anspruchsvollen Projekte ver- nisches Repertoire neu entdecken, anderer- sie eine Unternehmensberatung für Kultur- folgt. Im Zentrum von Schallers Wirken steht Die Philharmonie Festiva ist ein Symphonieor- seits möchte er mit der Philharmonie Festiva veranstalter und Musiker, sowie SONUS, seit Jahren insbesondere die Musik Anton chester, bestehend aus ausgewählten, heraus- aber gerade auch selten gespielte oder verges- eine international arbeitende Konzertagen- Bruckners, von deren Kombination aus tief- ragenden Musikern deutscher Spitzenklang- sene Werke zur Aufführung bringen. So reali- tur für Alte Musik. ster Emotionalität und höchster Komplexität körper, das 2008 von Gerd Schaller ins Leben sierte er mit dem Orchester beispielsweise der Dirigent bereits von frühester Jugend an gerufen wurde. Dabei war es seine Absicht, Konzerte und CD-Einspielungen der Oper *** fasziniert war. Aus dieser Faszination resul- auf lange Sicht einen Klangkörper der Spitzen- Merlin von Carl Goldmark, der Großen Messe tiert auch sein groß-angelegtes Projekt Bruck- klasse aufzubauen und zu entwickeln, um von Johann Ritter von Herbeck oder des ner2024, mit dem Ziel, bis zum 200. Geburts- beim ebenfalls von ihm gegründeten Festival Requiems von Franz von Suppé; allesamt Wer- tag Bruckners 2024 dessen wesentliche Wer- Ebracher Musiksommer seine eigenen an- ke, die im Mainstream-Konzertbetrieb kaum ke in einer persönlichen Sichtweise auf CD spruchsvollen Projekte zu verfolgen; durchaus eine Chance hätten. Ein besonderes Anliegen aufzunehmen. Daneben begeistert sich der auch mit etwas elitärem Anspruch. Dabei war ist Schaller aber auch sein von Publikum und Dirigent mit seinem ausgeprägten Wissens- es für den Dirigenten, aber auch für die Musi- Fachpresse vielgepriesener Bruckner-Zyklus, in drang und seinem stetigen Interesse am Neu- ker von Beginn an sowohl Anreiz, als auch dem er mit der Philharmonie Festiva sämt- en und Unbekannten besonders für die Wie- Herausforderung, einen gemeinsamen Klang liche Fassungen der Bruckner’schen Sympho- derentdeckung vergessener Werke und Rari- zu entwickeln: Eine spannende Aufgabe, weil nien im Konzert spielt und auf CD aufnimmt. täten des Repertoires, machte sich aber auch die Instrumentalisten aus ihren verschiedenen Daneben arbeitet die Philharmonie Festiva in der Oper einen hervorragenden Namen. Im Heimatorchestern ganz unterschiedliche Klan- immer wieder auch mit dem Bayerischen Konzertbereich erarbeitete sich Schaller im gerfahrungen mitbringen; aber gleichzeitig Rundfunk - Studio Franken zusammen, der Laufe seiner Karriere ebenfalls ein enormes auch ein höchst reizvolles Unternehmen, weil viele ihrer Konzerte mitschneidet.

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ENGLISH Obsessive revision and premiere nerves overwhelming fortissimo, it simply takes acknowledged in Austria and beyond as an and premiere new versions of their works... possession of me! Then there is the ground- important figure in musical life. And it had You’re right: Anton Bruckner really does It is one of my most difficult and best. breaking harmony and profundity of his taken long enough, after all, for people to seem to be the classic example of this parti- (Anton Bruckner) late work in particular. And then the spiri- recognize his greatness; not in all circles, cular species of composer. But there still are tual dimension of his music, the soaring either, nor to the extent that he might have symphonies of his that were apparently Anton Bruckner’s First Symphony and the wind passages, the wild string figures, all wished, but all the same he had managed conceived as an integral whole, such as the question of the right version. A conver- the brilliant instrumentation, his amazing to gain a certain reputation as a composer, Sixth or the Seventh. The Fifth is another sation with conductor and Bruckner feel for the different voices... – So, to sum even in Vienna. Yes – and now his First Sym- that only survives in a single version, specialist Gerd Schaller. up, there is actually nothing that I do not phony was to be revived, and he felt himself although there must have been an earlier like! absolutely obliged to sit down in front of Urfassung. On the other hand the Fourth, Herr Schaller, you have recorded all Anton the piece once again and satisfy himself the “Romantic”, was changed four times Bruckner’s symphonies for CD at least once, Okay – I do call that enthusiastic advocacy! that it was in all respects able to meet the between 1874 and 1888. There are basically are now regarded internationally as one of On this CD, consequently, you have recorded now much increased demands that he had only two versions of the Second, but the the leading conductors of Bruckner, and you Bruckner’s First Symphony for the second imposed upon himself. As a matter of Third was obviously a symphony “with special have received glowing reviews and prizes for time. A symphony that, we learn, was pre- course, he made further changes to the needs”, because Bruckner was working on it your Bruckner recordings throughout Europe miered on December 13, 1891, with Hans score. Or, as he would always say: Improve- practically all his life and he produced at least and even in theUSA. And yet you clearly find Richter the Vienna Philharmonic ments. Bruckner wouldn’t be Bruckner if he five versions between 1873 and 1891! him irresistible, because you keep playing his in the hall of the city’s Musikverein – pre- had just dusted off the music from Linz! works in concerts – especially at your own miered for the second time, that is, because The record holder for alterations, then... Ebracher Musiksommer festival – and recor- the first premiere had taken place 23 years But he had already made minor revisions Yes, quite. The Eighth on the other hand ding more versions of his symphonies and earlier. How can you have a second premiere in 1877 and 1884 – what else was needed? would probably have stayed as its creator other works by him. What is it that so of a work...? His changes of 1891 were to be much more had planned it in 1887 – had it not been for fascinates you about Anton Bruckner’s Yes, I take your point: it is a bit unusual! But radical: in particular, he was no longer satis- conductor Herrmann Levi, who could not music? when you know a bit about Bruckner and fied with his original orchestration. come to terms with the work at all. That Above all, this perfect blend of intellect and the course of his life, it makes sense. Bruck- was one of the greatest disappointments emotion. It is something that I cannot find ner wrote this first symphony of his in Before we go into details, I should just like to of Bruckner’s life, making him enlist his in this form in the work of any other com- 1865–1866 and conducted it himself in the ask a general question: Which of his sym- students in a search for the ideal form poser. And then these incredible walls Redoutensaal in Linz on May 9, 1868. At that phonies did Bruckner not revise? There have of this work; the consequence was a of sound, when the music climbs from a time he was just setting out upon his not been many composers in the course of succession of different manifestations in passage almost of chamber intimacy to an composing career, whereas by 1891 he was music history who were so keen to produce the next three years. 16 17 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 18

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But there is only one version of the Ninth... I do not know what is! His misgivings about And the alterations? How was that then with the First Symphony, That is true – but then it was never his own work were not present from the I think that was an expression of his perfec- which you have recorded here in the – finished; Bruckner simply did not live long start, but prompted for the most part by tionism: he was striving for the absolutely as Bruckner described it: improved – version enough to have the chance of changing specific circumstances. perfect solution. And he diligently honed of 1891? anything in it. Whether he would have done this ideal form. He would often work very This is another symphony that Bruckner so is a matter of mere speculation and in Such as? slowly, going through individual passages subjected to a thorough revision. It was a my view irrelevant, because the work is Such as Hermann Levi’s refusal to conduct and whole movements over and over again, special case among his works, however, simply brilliant as it is. the Eighth, as I have mentioned. By the way: seeking to shape the true image. Those who because this “improvement” was made long this shows how careful conductors have to have worked in the creative sphere them- after the premiere. When Bruckner made Why did Bruckner change so much, though? be with their considered opinions! In the selves will not find it difficult to understand his first public appearance as a symphonist Was it because he actually was insecure, case of the Fourth, again, Bruckner was that. in Linz on May 9, 1868, he surely did not plagued as a composer by self-doubt, as is swayed by the views of others. Then there imagine he would return to this “First” at constantly asserted? We now perceive his was the repeated rejection of the Second Does that mean he set out on his composing the end of his life. It is interesting to note symphonies as if they could have been com- and Third by the Vienna Philharmonic: he path happy and carefree, and then paused that for once he did this entirely of his own posed in no other way, and nowhere in his took that badly, and that too was a case of for thought – and finally kept tinkering with accord and without any outside influence, work is there a trace of this doubter of outside influence. But is that so hard to the product until he could make rational without any occasion to change it. Quite whom we are so often told. understand?! Here is a composer at the sense of it? the contrary: the conductor Hans Richter, No, Bruckner was never uncertain when start of his career and he is repeatedly No, the two strands were surely intertwined who presented the work in the hall of composing – just the reverse! And I find the turned down by the most famous orchestra from the start. Bruckner’s symphonies are the Vienna Musikverein in December 1891, image of self-doubt too vague and inappro- in the land. That is bound to have an effect well-thought-out; there is an underlying asked Bruckner beforehand not to change priate: we always have to look and see what on him! Later in life, when he was a cele- plan to them. They may be constructed, but too much; it was all fine as it was! But prompted him to revise his symphonies. brated symphonist, he found it easier to rise they are deeply felt too; the process of their Bruckner disregarded the well-meant And if we are talking about uncertainty: above the judgement of the Philharmonic composition is logical, but not inherently advice and decided that the symphony Is it not the mark of a true genius that the gentlemen. But whatever the circum- predictable. Ultimately it is the case that needed re-working, a task he undertook artist can work with the existing material stances, one thing must surely be clear: intellect and feeling are brilliantly com- between 1889 and 1891. The resulting work with such virtuosity and constantly create Bruckner would only ever have published a bined in his creative process. All the same, was dubbed the Viennese version. Accor- new masterpieces with their own inner composition that he himself believed in. At he was evidently a composer who needed ding to his biographer August Göllerich, coherence? After all, Bruckner saw himself least, at the moment when he released it paper, so to speak, who had to see the notes Bruckner commented: “Better than this I as a legitimate successor to Beethoven: if for publication. in front of him, in order to find the perfect can never orchestrate the wench.” Göllerich that is not an expression of self-confidence, form for a piece, for a passage. reports of the rehearsals with the Phil- 18 19 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 20

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harmonic: “They were facing one of the first hearing, but still made a notable know. It certainly received hearty applause, Edition by Robert Haas. And then the tide most difficult scores then known and at impression. thanks to the admirably organized Party.” turned. If the Vienna version had prevailed first the musicians were not at all happy, before, today we usually hear the Linz dismissing some passages as sheer mad- And the reviews of this later performance? What does he mean by his Party? version. ness. But from one rehearsal to the next These too were very varied. Theodor Helm That must refer to the loyal followers of they played themselves into this magic praised the piece highly in the Deutsche Anton Bruckner – his “fan club” – who And which do you prefer? castle of polyphony and in the end they Zeitung: “The brilliant realization of his believed that their fervent applause was I have no particular preference, seeing the acknowledged it as a brilliant creation.” inspirations, all of which flowed from deep needed for the work and its creator to beauty and inner consistency of each and inner feeling, were already abundant in his succeed. every version – as I do in respect of the First: And how did the public react – whether to first essay, which he dubbed his ‘cheeky whereas the Linz original shows the com- the original version or to the revision? wench’.” But Max Kalbeck was not so ent- And to whom did Bruckner dedicate this poser untamed, the Viennese version When the symphony was first performed in husiastic in the Vienna Montags-Revue: “In symphony? stands out for the maturity of its orchestra- Linz in 1868, the critics – and probably A. Bruckner’s First [...] all is inspiration The first version had no dedication. He tion. And one thing above all is clear: this the audience too – were undecided. The and next to nothing is application. How dedicated the second to the University of is where the youthful and the mature premiere was poorly attended, but got beautifully the work begins, and how Vienna, which awarded him an honorary Bruckner come together. That gives the two reviews in the local press, crediting horribly it ends!” – It may also be of interest doctorate on November 7, 1891. work a quite special, distinctive aura. Bruckner with “great talent” while accusing that even Hugo Wolf, who was otherwise him of a “striving after effect”. The only very well disposed towards Bruckner, These days both versions of the symphony Bruckner liked to call his first symphony a comment to get wider coverage was a piece seemed somewhat nonplussed in the case are regularly performed, even though keckes Beserl – Austrian dialect for a “saucy by Eduard Hanslick in the Vienna Neue Freie of the First: “Last Sunday, Bruckner’s 1st Bruckner gave us this improved version. Not maid” or “cheeky wench”. What is so cheeky Presse. The 1891 revival in Vienna again Symphony was performed by the Phil- that the situation is any different with with about it – what gives the symphony its saw opinions divided. As so often with harmonic. The work enjoyed, thanks to the his other symphonies. Why is this, how does female associations, and how much of Bruckner’s symphonies, the Philharmonic admirably organized Party – tumultuous it come about? that is actually found in the music? had their difficulties with the work and success. Apart from the Scherzo and parts Well, for a long time the Vienna version was I think it is important not to place too much were in two minds about it. In a letter to of the first movement, I was completely at a preferred – being viewed as the composer’s weight on this jocular definition and one Siegfried Ochs, Bruckner reported that the loss. It is said to be colossal however. In ultimate intention. This is the version that would look in vain for such a “saucy maid” orchestra had originally seen the piece as God’s Name; there was in any case more was published in 1893. The Linz version, on or “cheeky wench” in the symphony itself. the work of a madman, but eventually than enough commotion. Whether the the other hand, was not revived till long Bruckner’s humorous remark may indeed praised it as phenomenal. He admitted that select Viennese audience can really make after his death, in 1934 in Aachen, and was be ambiguous – as an allusion to an imper- the symphony was hard to understand at anything of Bruckner’s First, we do not published in the 1935 Bruckner Complete tinent female or to the originality of the 20 21 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 22

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work. Whatever the case, such searches for commissioned the building in 1911 – in see the royal box. All very noble, very the same time offers a rounded and well- meaning are relatively unimportant in response to increased visitor numbers in stately. projected overall sound. comparison with the meaning of the sym- the spa town – at the tender age of 90. phony itself. Bruckner’s First is not just a He did not live to see the work completed, And what are the acoustics like in this hall? You have played many concerts in this hall “cheeky wench”, it is a great achievement, a dying in December 1912. The hall’s warm, silky sound is quite with your Philharmonie Festiva in successive work that was positively ahead of its time. exceptional and ideally suited to the inter- years of your Ebrach Summer Music Festival, Had Bruckner written just this one sym- Did public buildings take years and years to pretation of Romantic works. It is constantly and recorded many CDs there. Which? phony, he would have rendered himself build even then...? asserted that this Max Littmann Hall is one The very first recording was a major opera- immortal! No, not at all: The Regentenbau was of the best concert halls in the world – and tic project: the premiere recording of the finished in 1913, after only 21 months! It so it is! opera Merlin by Carl Goldmark, which went This recording is not only of a different was formally opened by Luitpold’s son, on to win an ECHO-Klassik award. Then version from your earlier one, the venue is the newly crowned King Ludwig III. What is the reason for that? Goldmark’s First Symphony, his “Rustic different too. You recorded the Linz version in The hall’s proportions must play a large Wedding”, was recorded there, and so were Ebrach Abbey. This time the recording Prince Regent Luitpold was a man of refined part. This hall is almost 40 metres long and Schubert’s “Unfinished” and his Great C sessions were held at Bad Kissingen, in the taste, as can surely be seen in the Regenten- at the same time, 16 metres high. The major Symphony. As was Johann Ritter von Max Littmann Hall of the Regentenbau. Why bau. How should its architecture be under- relationship between length, breadth and Herbeck’s Grand Mass. And of course this new location? stood? height is ideal – that was how so many various Bruckner CDs: his Fourth in the I simply wanted to present the symphony in The Munich architect Max Littmann created great 19th-century concert halls were built. “Volksfest” (people’s festival) version, the two different acoustics. The compositional a wonderful suite of rooms here, which Then there is the interior decoration: the early D minor Symphony “No. 0”, the Study differences between the two versions are links the spa facilities with the historic city splendid cherrywood panelling of the walls Symphony and now the First in the really not so great – most of the changes centre while possessing an inner harmony and ceiling give the hall an equally splendid Viennese version. principally affect the orchestration – that of its own. sound. Apart from that, a historic space like one would fail to recognize the form of one this is hugely inspiring for the musicians. Now as we can read on your website, all piece in the other, and so I was concerned to You recorded the CD in the largest of these Modern concert venues often fail to offer these Bruckner recordings are part of add another facet to this new recording, rooms, the Max Littmann Hall. What is it that quality. BRUCKNER2024. What is this venture, the acoustic aspect. like? how big is it? Very opulent! The walls are fully panelled in To what extent is this acoustic particularly I have given the name BRUCKNER2024 to a Where does the name come from: Regenten- cherrywood, inlaid with ebony. There is a suitable for Bruckner’s works? fairly comprehensive project, in the scope of bau? splendid coffered ceiling and chandeliers, Because the hall brings out the music’s which I plan to perform all Anton Bruckner’s From the Prince Regent, Luitpold, who and on the balcony at the back you can still individual voices, on the one hand, and at symphonies in their most important ver- 22 23 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 24

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sions with my Philharmonie Festiva and To come to the point: Does the ordinary recording should be available in its entirety. He is regarded as one of the most impor- record them for CD in the years running up listener for pleasure actually get extra value tant Bruckner interpreters of our time: to the composer’s bicentenary in 2024. out of hearing different versions of a And what are you going to do when you Gerd Schaller is now – after completing a symphony, or is that a mere hyper-intellec- have got through even the most obscure degree in conducting and working with Wow – that’s quite a lot of music, isn’t it? tual exercise for the benefit of an elite of versions of the symphonies and the as yet various German opera companies – a Yes, in all there are some 20 versions of Bruckner specialists? unrecorded Psalms? freelance conductor constantly sought out symphonies – depending how you count No, I would say it could be specially attrac- Oh, there is so much excellent music that I for guest appearances with notable them; in some of his revisions, Bruckner did tive to the pleasure listener. Because when should like to perform, for the first time or orchestras at concert halls and opera nothing but make a few minor changes and you listen to the different versions – played yet again, and so much repertoire awaiting houses at home and abroad. Along the way then it would not help the listener if I recor- by the same exponents, at that – side by rediscovery and a modern premiere. I have he founded the Philharmonie Festiva in ded those versions, because you would not side, so to speak, and can compare them no worries about running out of work! 2008, a symphony orchestra with which he notice the difference from the next version directly, then you get totally new insights has since pursued his own ambitious made a year later. Even so, there are enough into the really quite complex personality of The interview was conducted by Andrea projects. Schaller’s activities have centred playable versions left. But I have already Anton Bruckner. We may not hear the Braun, who is a freelance author, translator for some years now on the music of Anton recorded a part of his oeuvre in the past differences in every piece the very first time and journalist for various specialist and Bruckner, with its combination of profound few years, having applied myself to we hear them; but with some of them, we general-audience periodicals, for several emotionalism and extreme complexity that Bruckner for quite some years now. The are sure to. But when you listen to the CDs ARD radio stations and Deutschlandfunk, has fascinated the conductor since his rest should be quite feasible by 2024, if repeatedly, you really can appreciate what and also for numerous musicians and im- earliest youth. It is this fascination that everything goes according to plan. changes Bruckner made and, to some presarios. She also runs a consultancy has prompted his large-scale project extent, why he made them. And that also for arts presenters and musicians, along Bruckner2024, with the goal of capturing on And what else is in the timetable apart from says something about him as a person. At with SONUS, an international-scale concert CD his own personal take on the com- the symphonies? the end of the day it is always a matter of agency for Early Music. poser’s essential works by the time of the Some oratorical works, such as Bruckner’s taste what version you prefer; but maybe Bruckner bicentenary in 2024. Meanwhile, large Masses, various Psalms and the Te you are in the mood one day for the *** the conductor slakes his insistent thirst for Deum, and then the organ works. They have cheekier lass, another day for the quieter knowledge and satisfies his constant already been released, however; I recorded one. interest in the new and the unknown by them on the organ of Ebrach Abbey, which rediscovering and reviving forgotten works is eminently suited for them stylistically So the deadline is Bruckner’s 200th birthday and rarities of the concert repertoire, while and is contemporary with them. And after on September 4, 2024? also making a name for himself in the field that, we shall see... Yes, that’s right. On that day, the complete of opera. In the concert hall, Schaller has 24 25 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 26

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built up a vast repertoire in the course of nothing in the Philharmonie Festiva is fixed his career, ranging from Baroque music to and unalterable, and everything is tested contemporary compositions. The conductor against new discoveries and new experi- is also the artistic director of the Ebracher ments. This has given the musicians the Musiksommer, a summer festival at Ebrach feeling of creating something new and so- Abbey that was founded by him in 1990 mething held in common, making each pro- and has attracted increasing attention ever ject of this orchestral ensemble into a uni- since in Germany and around the world thanks que experience. For his own part, Gerd to Schaller’s well-judged readings of Bruckner Schaller works with this special orchestra to in the ideal acoustics of the Abbey church and evolve a distinctive musical signature and the Regentenbau in Bad Kissingen. thereby discover familiar symphonic reper- toire anew, at the same time leading the The Philharmonie Festiva is a symphony Philharmonie Festiva in the revival of sel- orchestra consisting of selected top-ranking dom played or long forgotten works. Accor- musicians from the best German or- dingly, he and the orchestra have played chestras, which has flourished in the hands concerts and made CD recordings of Carl of Gerd Schaller since its foundation in Goldmark’s opera Merlin, the Great Mass by 2008. It was his long-term intention to Johann Ritter von Herbeck and Franz von build up a body of musicians of the highest Suppé’s Requiem: all works that stood little calibre and develop it further, setting the or no chance on the mainstream concert bar still higher, in order to pursue his own circuit. One particular commitment in Schaller’s ambitious projects at the Ebrach Summer musical life is his Bruckner cycle lauded by Music Festival he founded himself. Both for audiences and critics alike, in which he directs the conductor and for the musicians, it was the Philharmonie Festiva in all the many a stimulus and a challenge to develop a versions of the Bruckner symphonies both in sound of their own: an exacting task, since concert and on CD. In addition, the Philharmo- the instrumentalists brought their own nie Festiva works regularly with the Franconian sound worlds with them from their various studio of Bavarian Radio (BR), which records home orchestras; but at the same time, an many of its concerts. utterly fascinating enterprise, because Translation: Janet and Michael Berridge, Berlin 26 27 PH19084.Booklet.Schaller.qxp_Booklet 05.11.19 13:06 Seite 28

Live-Aufnahme / Live-Recording: 26th May 2019, Regentenbau (Max-Littmann Saal) Bad Kissingen Koproduktion / Coproduction: Bayerischer Rundfunk – Studio Franken, Dr. Ursula Adamski-Störmer Aufnahme / Recording: ambitus Musikproduktion Tonmeister, Mastering / Director of Recording, Mastering: Lutz Wildner Interview: Andrea Braun Übersetzung / Translation: J & M Berridge Foto / Photo: Mile Cindric Grafik / Graphic Arts: Birgit Fauseweh

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Profil Edition Günter Hänssler Ꭿ 2020 Profil Medien GmbH D-73765 Neuhausen, www.haensslerprofil.de ൿ 2019 Bayerischer Rundfunk – Studio Franken

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