Sechsstreifiger Ausbau der A 2 Ruhrgebiet – Berlin
Dokumentation 2000
Ausbau der A 2 zwischen dem Autobahnkreuz Kamen (A 2/A 1) und dem Autobahndreieck Werder (A 2/A 10)
Dokumentation 2000 im Auftrag
der Bundesrepublik Deutschland
des Landes Nordrhein-Westfalen
des Landes Niedersachsen
des Landes Sachsen-Anhalt
des Landes Brandenburg Inhalt
Zum Geleit
Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ...... Seite 4
Historie
Zur Baugeschichte der A 2 ...... Seite 6
Neubeginn
Nach 10 Jahren Arbeit am Ziel ...... Seite 16 Verkehrsprojekte Deutsche Einheit ...... Seite 18 EXPO 2000 in Hannover ...... Seite 20
Die A 2 in Nordrhein-Westfalen (NRW)
Zum Geleit
Minister für Wirtschaft u. Mittelstand, Technologie u. Verkehr . . Seite 28
Maßnahmen
Gezieltes Projektmanagement ...... Seite 30 Historische Brückenbauwerke ...... Seite 32 1. Abschnitt: AK Kamen – AK Bielefeld ...... Seite 34 2. Abschnitt: AK Bielefeld – Landesgrenze NRW/NI ...... Seite 39 Talbrücke Exter ...... Seite 42
Die A 2 in Niedersachsen (NI)
Zum Geleit
Niedersächsischer Minister für Technologie u. Verkehr ...... Seite 48
Maßnahmen
Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur ...... Seite 50 Gestaltungskonzept für Ingenieurbauwerke ...... Seite 52 1. Abschnitt: Landesgrenze NRW/NI – AK Hannover-Ost ...... Seite 54 2. Abschnitt: AK Hannover-Ost – Landesgrenze NI/ST ...... Seite 58 2 Inhalt
Die A 2 in Sachsen-Anhalt (ST)
Zum Geleit
Minister für Wohnungswesen, Städtebau u. Verkehr ...... Seite 68
Maßnahmen
Leistungsfähige Fernstraße für die Zukunft ...... Seite 70 1. Abschnitt: Landesgrenze NI/ST – Burg-Ost ...... Seite 72 Brücke über den Elbe-Abstiegskanal ...... Seite 75 Elbebrücke Hohenwarthe ...... Seite 77 2. Abschnitt: Burg-Ost – Landesgrenze ST/BB ...... Seite 79
Die A 2 in Brandenburg (BB)
Zum Geleit
Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg ...... Seite 88
Maßnahmen
Abschnitt: Landesgrenze ST/BB–AD Werder ...... Seite 90 Am Dreieck Werder endet die A 2 ...... Seite 92
Umwelt
Hoher Stellenwert für die Ökologie ...... Seite 97
Ausblick
Mobilität: Bedürfnis – Notwendigkeit – Verantwortung ...... Seite 102
Impressum
3 Zum Geleit
traßen verbinden. Wo kann dies deutli- sondere wenn die Grenzen nach Osteu- Scher gemacht werden als an der Bun- ropa künftig weiter geöffnet werden. desautobahn A 2, die sich nach der Wie- dervereinigung Deutschlands fast über Der rasche Ausbau dieser Strecke vom Nacht zur wichtigsten Ost-West-Achse im Kamener Kreuz in Nordrhein-Westfalen bis norddeutschen Raum entwickelt hat. Zwi- zum Berliner Ring in Brandenburg ist da- schen 58.000 und 88.000 Fahrzeuge pro her eines der wichtigsten verkehrspoliti- Tag benutzen heute diese Magistrale zwi- schen Ziele der Bundesregierung. Recht- schen dem Industriegebiet Rhein–Ruhr zeitig vor Eröffnung der EXPO 2000 ist und den neuen Bundesländern sowie der mit der Fertigstellung des 6-streifigen Bundeshauptstadt Berlin. Und weitere Ausbaus fast auf ganzer Länge dieses ehr- Steigerungsraten sind zu erwarten, insbe- geizige Ziel erreicht und damit die Vor- 4 Zum Geleit
aussetzung für die Bewältigung des heuti- gung ökologischer Belange wurde großer gen und künftigen Verkehrsaufkommens Wert gelegt. Einerseits durch Wahl einer gegeben. an die jeweilige Situation angepasste Ver- breiterung und anderseits durch die Kom- Eine der längsten – und leider zeitweise pensation nicht vermeidbarer Eingriffe auch unfallträchtigsten – Baustellen durch umfangreiche Ausgleichs- und Er- Deutschlands gehört damit der Vergan- satzmaßnahmen. genheit an. Insgesamt 407 km lang ist die Gesamtstrecke, die vier Bundesländer Dies alles wurde in erstaunlich kurzer Zeit durchquert und wegen der hohen Dring- mit den schwierigen Bedingungen des lichkeit von Hannover bis Berlin als Ver- ständig aufrecht zu erhaltenden Verkehrs kehrsprojekt Deutsche Einheit Nr.11 ein- geschafft. Mein Dank gilt daher allen, die gestuft ist. Rund 4,85 Mrd. DM hat der an der Realisierung dieser hervorragen- Bund in den Ausbau der A 2 investiert und den Ingenieurleistung bei den Verwaltun- damit auch finanziell die besondere Be- gen, Ingenieurbüros und Baufirmen mit- deutung dieser Strecke dokumentiert. gewirkt haben, aber auch bei allen ande- ren Beteiligten, insbesondere den über Wesentliche Verbesserungen gegenüber längere Zeit staugeplagten Autofahrern dem alten Zustand konnten mit dem Aus- und den vom Ausbau betroffenen Anwoh- bau erzielt werden. 1933 unter eher mili- nern. Den Benutzern der ausgebauten tärstrategischen Gesichtspunkten begon- Strecke wünsche ich allzeit gute und un- nen, stellt sich heute die A 2 als moderne fallfreie Fahrt. und leistungsfähige Fernverkehrsverbin- dung dar. Für den Verkehr stehen nun je- weils 3 Fahrstreifen mit Standstreifen für jede Fahrtrichtung zur Verfügung, was angesichts von fast 20 % Schwerverkehrs- anteil die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs wesentlich verbessern wird. Aber auch für die Anwohner konnte an vielen Stellen die Situation verbessert werden, indem die Lärmbelastung durch aktive und passive Schutzmaßnahmen Reinhard Klimmt entsprechend den heutigen Anforderun- Bundesminister für Verkehr, gen gesenkt wurde. Auf die Berücksichti- Bau- und Wohnungswesen
5 70 Jahre Autobahnbau in Deutschland Historie Zur Baugeschichte der A 2
chon in den 20er Jahren des vorigen Eine genauere Ausarbeitung dieser Pla- SJahrhunderts waren erste verkehrs- nungsüberlegungen übernahm die am planerische und ingenieurmäßige Überle- 18. 08. 1933 eingerichtete „Gesellschaft gungen für ein deutsches Autobahnnetz zur Vorbereitung der Reichsautobahnen angestellt worden. Der Verein „HaFraBa“ e.V. (GEZUVOR)“. Sie war in 11 Sektionen unter Vorsitz des hannoverschen Prof. gegliedert und deckte das zum gleichen Dr.-Ing. Robert Otzen hatte nach der Zeitpunkt von der Reichsregierung be- Planungsidee einer Nur-Kraftfahr-Straße schlossene Grundnetz von 6.000 km zur Verbindung der Hansestädte mit Autobahnen ab. Die Vorentwürfe („Vorpro- Frankfurt und Basel auch ein Netz von jekte“) der Autobahn Ruhrgebiet–Berlin Kraftfahrbahnen für ganz Deutschland wurden von den Sektionen Rhein–Ruhr und darüber hinaus entwickelt. mit Sitz in Düsseldorf, Hannover–Kassel Planung der Reichsautobahn – Untersektion Hannover mit Sitz in Han- 1935. Dieses enthielt auch schon eine nord- nover und Mitteldeutschland mit Sitz in Originalkarte: deutsche Ost-West-Verbindung vom Merseburg ab September 1933 bearbeitet Niedersächs. Landes- amt f. Straßenbau Ruhrgebiet nach Berlin. und bis Ende 1934 fertiggestellt.
6 Historie
Zur gewählten Linienführung heißt es in den Arbeitsberichten der Sektionen bzw. in den Erläuterungsberichten der Vorpro- jekte u. a.:
„Die West-Ost-Linie Ruhrbezirk–Hanno- ver–Berlin wurde an den Nordrand des jetzigen rheinisch-westfälischen Industrie- gebietes gelegt. Mehrere Gründe – das Ergebnis eingehender Untersuchungen – waren dafür maßgebend. Es waren zu- nächst siedlungstechnische Gegebenhei- ten und topographische Schwierigkeiten. Es war dann der Wunsch, die gefährlich- sten Bergsenkungsgebiete zu vermeiden. Es war vor allem aber die Absicht, für den West-Ost-Verkehr die Duisburg-Oberhau- sener Industriezone, den Hollandverkehr und das Gebiet zwischen Emscher und Hannovers bedingte Ausbuchtung der Arbeiten im Ab- schnitt Hannover– Lippe zu erfassen, das jetzt im Aufbau Linie nach Norden möglichst abzuschwä- Braunschweig. begriffen ist, weil der Kohlenabbau nach chen. Die Abwägung aller in Betracht Foto: „Die Straße“, 1935 Norden wandert.“ kommenden Umstände zwingt aber zu einer nördlichen Umgehung von Han- „Von der großen Ost-West-Strecke Berlin– nover. Hannover–Ruhrgebiet fiel das Teilstück etwa von Braunschweig bis Bielefeld in Im Norden der Stadt liegt zunächst der das Arbeitsgebiet der Untersektion Han- Flugplatz, einer der bedeutendsten Kno- nover. Eingehender Überlegungen be- tenpunkte im deutschen Flugnetz. Der Be- durfte die Entscheidung auf die Frage, ob bauungsplan weist nördlich der Stadt bei- die Autobahn nördlich oder südlich von derseits des Nordhafens das zukünftige Hannover vorbei zu führen sei. Bei Be- Industriegelände auf. Im nördlichen Stadt- trachtung der Gesamtstrecke Berlin–Ruhr- teil liegt ferner der Eilgüterbahnhof, wes- gebiet liegt es nahe, sich für eine südliche halb die Reichsbahndirektion Hannover Umgehung von Hannover zu entschließen, größten Wert darauf legt, dass die Auto- um die durch die geographische Lage bahn am nördlichen Stadtrand entlang geführt wird. Schon jetzt liegt die Anfrage eines industriellen Unternehmens aus dem Westen vor, das Gelände mit günsti- ger Lage zu Hafen, Eisenbahn und Kraft- wagenbahn sucht! Diese Möglichkeiten ergeben sich zusammen nur im Norden der Stadt. Aber auch hinsichtlich der Be- bauung liegen die Verhältnisse im Norden wesentlich günstiger als im Süden. Die Bodenverhältnisse – im Norden Sand, im Süden hochwertiger Lehmboden – spre- chen gleichfalls zu Gunsten der Nordlinie. Schließlich beeinflussten noch die Ver- Brücke über den kehrsbeziehungen zwischen Bremen und Rhein-Herne-Kanal an der AS Ober- Braunschweig die Entscheidungen zu Gun- hausen. sten der Nordlinie. Foto: „Die Straße“, 1939
7 Historie
Erdbaustelle mit Blick auf Magdeburg. Foto: „Die Straße“, 1935
Von beiden Städten wird größter Wert auf wicklungsmöglichkeiten, das obendrein eine möglichst gradlinige Verbindung ge- bereits durch eine der bedeutendsten legt, die bei einer die Stadt Hannover süd- Schnellzuglinien aufgeschlossen ist. lich tangierenden Ost-West-Linie um min- Auch die mittlere Linie führt durch destens 12 km verlängert werden würde. schwach besiedelte Gebiete und weist zwi- Aus allen diesen Gründen kommt für die schen Brandenburg und Berlin infolge Ost-West-Linie nur eine nördliche Umge- großer Moore und zahlreicher Seen erheb- hung von Hannover in Frage.“ liche Bauschwierigkeiten auf. Zwischen Genthin und Berlin lehnt sie sich ziemlich „Bei der Führung zwischen Hannover und eng der Eisenbahn an. Berlin war die Entscheidung zu treffen Die südliche Linie hingegen führt westlich zwischen drei Hauptlinien, von denen die der Elbe durch dicht besiedelte Gebiete, nördlichste etwa der Eisenbahnlinie über sie berührt die Industrie- und Wirtschafts- Stendal folgt und in die nördliche städte Peine und Braunschweig. Eine ge- „Tangente“ des Ringes um Berlin einmün- ringe Ausbeulung nach Süden, die übri- det. Die mittlere führt etwa über Genthin gens die zweimalige Kreuzung des Mittel- und Brandenburg in gerader Richtung auf landkanals im Bereich der Elbe erspart, den Kern Berlins zu; die südliche läuft ermöglicht auch noch eine Berührung nördlich von Braunschweig und Magde- Magdeburgs ohne merkliche Wegverlänge- burg vorbei und findet ihre natürliche rung. Östlich der Elbe werden noch die Verlängerung in der südlichen „Tangente“ Städte Burg und Brandenburg befruchtet des Berliner Ringes. Die nördliche Linie ist und vor den Toren Berlins Potsdam ange- zwar die kürzeste Verbindung von Hanno- laufen. Nach Osten stellt diese Linie die Torbauwerk vor ver nach Stettin und Königsberg, sie kürzeste Verbindung nach Breslau und dem Branden- burger Dreieck. durchfährt aber nur schwach besiedeltes nach einer über Frankfurt a. d. Oder wohl Foto: „Die Straße“, 1937 Land mit verhältnismäßig geringen Ent- später zu erwartenden Verbindung nach Warschau her. … Nördlich Magdeburgs war die Kreuzung mit der Elbe und der günstigste Anstieg zum östlichen hohen Ufer für die Lage der Linie maßgebend. … Östlich der Elbe tritt die Linie in die durch den Sand bestimmte Landschaft der Mark Brandenburg. Der wichtigste Gesichts- punkt für die Linienführung war hier die Meidung von Brüchen und Mooren bzw. das Aufsuchen ihrer schmalsten Stellen beim Kreuzen.“ 8 Historie
Der schnelle Erfolg des Reichs- autobahnbaus war insbesondere dadurch begründet, dass an vie- len Stellen gleichzeitig entworfen und gebaut wurde. So arbeiteten an der Autobahn Ruhrgebiet– Berlin die „Oberste Bauleitung Reichsautobahnen“ (OBR) Hanno- ver – gegr. am 01. 02. 1934 – mit 8 sog. Streckenbauleitungen – später Bauabteilungen genannt – zwischen dem Berliner Ring und Gütersloh auf 350 km Länge und die OBR Essen – eingerichtet am 01. 11. 1933 – mit 4 Bauabtei- lungen westlich von Gütersloh bis Düsseldorf auf 150 km Länge. Auf der Basis der von der GEZU- VOR erstellten Vorprojekte begannen umgehend die Entwurfsarbeiten – unterstützt durch Messtrupps im Gelände, „um eine Linie aufzufinden, die technisch die günstigste war und die sich zugleich möglichst voll- kommen in die Felder und Wiesen der nie- breiten Mittelstreifen getrennten Rich- Arbeiter an der Reichsautobahn dersächsischen Flachlandschaft einfügte, tungsfahrbahnen bestanden jeweils aus beim Brückenbau. ohne dass der Eindruck entstehen konnte, einem inneren Betonleitstreifen von Foto: „Die Straße“, 1935 dass hier mit rauher Hand durch harte 0,40 m, 2 Fahrstreifen von 7,50 m, geometrische Linien landschaftliche Reize einem äußeren Betonleitstreifen von zerstört wurden“. So schreibt Reichsbahn- 1,00 m und dem Außengrünbankett oberrat Konrad Zilcken, Leiter der OBR von 1,00 m Breite. Hannover, in einem Aufsatz 1935; und Zwischen Düsseldorf und dem Kamener weiter heißt es: „Nachdem in den ersten Kreuz wurden Schwarzdecken auf Setz- 7 Wochen (seit Gründung der OBR) für packlage gebaut, ostwärts bis zum Berli- fünf untereinander nicht im Zusammen- ner Ring Betondecken in 20 cm Dicke auf hang stehende Teilabschnitte von 31 km einer unterschiedlich dicken Frostschutz- Länge die Linie abgesteckt und vermes- schicht. sen, die Lage- und Höhenpläne im Maß- Die gesamte Autobahn wurde mit Aus- stab 1: 2000 entworfen und gedruckt, nahme des Abschnitts Bielefeld–Bad die landespolizeilichen Prüfungen (Plan- Nenndorf als „Flachlandstrecke“ angese- feststellung) in 5 Terminen vorschrifts- hen, bei der hohe Anforderungen an die mäßig erledigt und die Erdarbeiten für Entwurfsgrundlagen erfüllt werden konn- 2,5 Mio. m3 Bodenbewegung in 10 Bau- ten. Unter Annahme einer sog. Berech- losen vergeben worden waren, konnte nungsgeschwindigkeit von V = 160 km/h am 21. 03. 1934 der erste Spatenstich wurde ein Mindestradius von 2.000 m für auf 3 Baustellen zwischen Hannover und die Krümmungen und eine max. Längs- Helmstedt vorgenommen werden.“ neigung von 2,5 % durchweg eingehalten, Der Querschnitt hatte die zu Beginn des Kuppen bzw. Wannenausrundungen er- Autobahnbaus übliche Kronenbreite von hielten Mindestradien von 16.500 m bzw. 24 m. Die beiden durch einen 4,20 m 5.000 m.
9 Historie
Eröffnung des ersten Teilstücks der Reichsauto- bahn Berlin– Hannover am 5. April 1936. Foto: „Drei Jahre Arbeit an den Straßen Adolf Hitlers“ 1936
Die Arbeiten gingen mit über 600 Be- schäftigten der OBR Hannover und bis zu 1300 Arbeitern der Baufirmen zügig vor- an, so dass am 05. 04. 1936 die Verkehrs- freigabe von 32 km Strecke zwischen Lehrte und BS-West erfolgen konnte. Da- mit war die erste Autobahnteilstrecke in Norddeutschland in Betrieb.
Am Vortage des Abschlusses der Olympi- schen Spiele 1936 in Berlin wurden am 17. 08. 1936 folgende Teilstrecken für den Verkehr freigegeben: – von Hannover-Ost bis Lehrte 10 km, – von Braunschweig-Ost bis Helmstedt 43 km, – von Werder (Berliner Ring) bis Schermen bei Burg 85 km.
Elbebrücke Hohenwarthe: während der Bau- arbeiten (oben); die Strombrücke nach Fertigstel- lung (rechts). Fotos (2): „Vier Jahre Arbeit an den Straßen Adolf Hitlers“,1936 bzw. 1937 10 Historie
Mit der Verkehrsfreigabe des Abschnitts Zwischenzeitlich waren von der OBR Es- Helmstedt–Schermen b. Burg am 10. 01. sen die Abschnitte Düsseldorf bis Reck- 1937 war nach einer Bauzeit von knapp linghausen am 17. 12. 1937 und Reck- drei Jahren die Gesamtstrecke von Hanno- linghausen bis Gütersloh am 12. 11. 1938 ver bis zum Berliner Ring mit einer Länge fertiggestellt worden. von 225 km betriebsbereit. 230 Brücken waren gebaut, darunter die 1172 m lange Es war vorgesehen, dass ebenfalls am Elbebrücke bei Hohenwarthe nördlich von 12. 11. 1938 auch der Abschnitt von Magdeburg. Gütersloh bis zur AS Bielefeld, der von der OBR Hannover gebaut worden war, für Danach konnte sich die OBR Hannover den Verkehr freigegeben werden sollte. verstärkt der sog. Weststrecke zwischen Die Freigabe konnte aber nur bis zur Hannover-Ost und Gütersloh widmen, AS Brackwede erfolgen, denn einige Tage dem topografisch schwierigsten, inge- vor dem Eröffnungstermin traten in dem nieurmäßig und gestalterisch aber reiz- tiefen Bergeinschnitt des Teutoburger Wal- vollsten Abschnitt der gesamten Auto- des zwischen den Anschlussstellen Brack- bahn. Bei der Querung von Wesergebirge wede und Bielefeld starke Böschungsrut- und Teutoburger Wald waren im Hinblick schungen auf, so dass die Fahrbahnen auf Trassierung, Erdbau und Brückenbau verschüttet wurden. Erst nach Räumung alle Beteiligten stark gefordert, eine tech- der Fels- und Erdmassen und Böschungs- nisch einwandfreie, kostengünstige und sicherungsarbeiten war ab 15. 12. 1938 mit dem Landschaftsbild verträgliche die Weiterfahrt bis zur AS Bielefeld und Lösung zu schaffen. Das ist ihnen ge- gleichzeitig auch bis Herford/Bad Salz- lungen. uflen möglich.
„Autobahnidyll“ in westfälischer Landschaft bei Henrichenburg. Foto: „Die Straße“, 1939
11 Historie
Arensburgbrücke, Spargewölbe fer- tiggestellt 1938. Foto: Wilh. Fricke
Am Vortage, dem 14. 12. 1938, war Die Freigabe erfolgte ohne besondere Ein- das Teilstück Bad Nenndorf–Hannover- weihungsfeier: einbahnig und nur für den Ost dem Verkehr übergeben worden. Un- „Dienstverkehr“. Mit Hilfe des Einsatzes ter großen organisatorischen und perso- von Kriegsgefangenen und polnischen nellen Anstrengungen – zahlreiche Ein- Fremdarbeitern gelang es schließlich, am berufungen zur Wehrmacht und Organi- 14. 11. 1940 die letztgenannte Strecke sation Todt hatten Verwaltung und bis auf 3 km einbahnige Führung im Be- Baufirmen geschwächt – gelang es, bis reich des Weserübergangs – es war nur zum 23. Sept. 1939 die letzte Lücke in die südliche Brücke vorhanden – zweibah- der Autobahn zwischen Bad Nenndorf nig auch für den öffentlichen Verkehr frei- und Herford/Bad Salzuflen zu schließen. zugeben. 12 Historie
Gleichzeitig mit dem Bau der Autobahn wurden auch Raststätten und Parkplätze sowie Tankstellen für die Autobahnbenut- zer geschaffen.
Raststätten an den Reichsauto- Rastplatz im bahnen März Allertal (rechts). 1939 (unten). Foto: „Fünf Jahre Foto: „Raststätten Arbeit an den Straßen an den Reichsauto- Adolf Hitlers“, 1938 bahnen“, 1939
13 Historie
Rasthof Magdeburger Börde kurz vor Eröffnung. Foto: „Raststätten an den Reichs- autobahnen“
Neben einer großen Zahl meist kleinerer herein bekannt waren“. Umfangreiche Parkplätze in landschaftlich reizvoller Analysen und Prognosen der Forderun- Lage waren bis 1939 die Rasthöfe Rhy- gen, die von den verschiedenen Verkehrs- nern und Magdeburger Börde in Betrieb, beteiligten an die Betriebsanlagen der später kam die Raststätte Helmstedt Reichsautobahn gestellt wurden, führten Tankstelle hinzu. Die „Schwierigkeit bei der Planung zur Standortwahl von Tankstellen und Hannover nach einem Entwurf dieser Rastanlagen bestand darin“, so Rastanlagen. Neun Tankstellen wurden von Prof. March, schreibt Bruno Wehner in der Schriften- zwischen Kamen und Berlin gebaut. Berlin. reihe der „Straße“, „dass die hier zu er- Einige von ihnen sind heute von Denk- Foto: „Reichsautobahn- Tankanlagen“, 1942 wartenden Bedürfnisse nicht von vorn- malwert.
14 Historie
Originalansicht der Talbrücke Exter (unten). Foto: Landschaftsver- band Westfalen-Lippe, LWL
Originalansicht der Talbrücke Arensburg. Foto: „Der Brückenbau der Reichsautobahnen“, 1942
Auch beim Brückenbau entstanden durch enge Zusammenarbeit zwischen Ingenieu- ren und Architekten Bauwerke von hohem technischen Wert und gelungener archi- tektonischer Gestalt. Als Beispiele seien die steinernen Großbrücken im Weserge- birge genannt. Ihre landschaftsprägende Erscheinung zu bewahren, war das Be- streben der Ingenieure beim sechsstreifi- gen Ausbau der Autobahn.
15 Verkehrsgerechter Ausbau der A 2 Neubeginn Nach rund 10 Jahren Arbeit war das anspruchsvolle Ziel erreicht
ie A 2 bildet in ihrer Gesamtheit – aus- schen Hannover und Berlin. Dieses an- Dgehend vom Oberhausener Kreuz – spruchsvolle Ziel war zehn Jahre nach die traditionelle Achse Ruhrgebiet–Berlin dem Fall der innerdeutschen Grenzen er- und ist seit ihrer Anlage (überwiegend in reicht. Mit der offiziellen Verkehrsfreigabe den 30er Jahren) die wichtigste und ver- des Abschnitts zwischen den Anschluss- kehrsreichste West-Ost-Verbindung. stellen Marienborn/Helmstedt-Ost und Bedeutende Wirtschaftszentren wie Biele- Eilsleben am 9. November 1999 und ei- feld, Hannover, Braunschweig und Magde- nes ca. 4 km langen Reststücks bei Ziesar burg liegen im unmittelbaren Einzugsbe- in Brandenburg wenige Wochen später reich. Als kürzeste Straßenverbindung war die A 2 zwischen Hannover und Ber- zwischen dem Westteil Berlins und dem lin durchgängig sechsstreifig befahrbar. Bundesgebiet war die A 2/A 10 zu Zeiten der deutschen Teilung die Transitstrecke Mit vereinten Kräften mit der höchsten Verkehrsdichte. Nach der Öffnung der innerdeutschen Grenzen Die Gesamtmaßnahme zum sechsstrei- avancierte die Autobahn in kürzester Zeit figen Ausbau der A 2 zwischen dem von der meistbefahrenen Transitstrecke Ruhrgebiet und Berlin über eine Länge zu einer der meistbefahrenen Autobahnen von 467 km beinhaltet zum einen Ab- in Deutschland überhaupt. So wurden be- schnitte, die außerhalb der VDE realisiert reits 1993 in manchen Abschnitten mehr wurden und noch werden (die gesamte als 60.000 Fahrzeuge in 24 Stunden ge- Strecke in Nordrhein-Westfalen [ca. zählt bei einem Lkw-Anteil von ca. 25 %. 189 km] sowie in Niedersachsen das Die Prognosen für das Jahr 2010 liegen – 69,4 km lange Teilstück westlich des je nach Abschnitt – zwischen 70.000 und AK Hannover-Ost). 120.000 Kfz/24 h. Ab diesem wichtigen Autobahnkreuz (A 2/A 7) beginnt das Verkehrsprojekt Die Dimensionierung der alten Trasse mit Deutsche Einheit Nr. 11, das unter Ein- einem Querschnitt von 24 m Kronenbreite beziehung der A 10 Berliner Ring (Ost- (vierstreifig ohne Standstreifen), vielfach und Südring) nach knapp 330 km am fehlende „Einfädelungsspuren“ an An- AD Schwanebeck im Nordosten Berlins schlussstellen sowie der generell schlech- endet. Der Anteil der A 2 geht bis zum te Zustand der Fahrbahndecken und vie- AD Werder (A 2/A 10) und hat eine Länge ler Brückenbauwerke erwiesen sich als von 208,4 km. Davon lag der Ausbau von völlig ungeeignet für eine zügige, weitge- 85,3 km in Verantwortung der Straßen- hend störungsfreie und sichere Abwick- baubehörden von Niedersachsen. Ab der lung solcher Verkehrsmengen. Landesgrenze NI/ST in östliche Richtung wurden 97,9 km in Sachsen-Anhalt und Die „EXPO 2000“ in Hannover und der in- Brandenburg unter der Zuständigkeit der zwischen erfolgte Umzug von Parlament DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenpla- und Regierung nach Berlin waren zusätzli- nungs- und -bau GmbH) sechsstreifig aus- che herausragende Gründe, den Ausbau gebaut. Die Realisierung der verbleiben- der A 2 zu einer leistungsfähigen Fern- den 25,2 km in Sachsen-Anhalt wiederum straße als „Vordringlichen Bedarf“ im Bun- lag in den Händen der Straßenbauverwal- desverkehrswegeplan ’92 auszuweisen tung Sachsen-Anhalt. und den Streckenabschnitt Hannover–Ber- lin in den Katalog der Verkehrsprojekte Rechtssicherheit Deutsche Einheit (VDE) aufzunehmen. Die beiden Großereignisse mit internationaler Um die Verkehrsinfrastruktur in den Ausstrahlung bildeten gewissermaßen die neuen Bundesländern möglichst schnell Ziellinie für die termingerechte Fertigstel- verbessern zu können, hat die Bundesre- lung der sechsstreifigen Erweiterung zwi- gierung im Dezember 1991 das so ge- 16 Neubeginn
nannte Verkehrswegeplanungsbeschleu- Aufgabenstellung nigungsgesetz beschlossen. Mit diesem Gesetz sind die notwendigen rechtlichen Der Ausbau der A 2 orientierte sich Rahmenbedingungen geschaffen worden, grundsätzlich an der vorhandenen Trasse. um Verfahrensabläufe zu straffen und die Dabei war (und ist) die wesentliche Aufga- planungsrechtlichen Vorgehensweisen zu benstellung für alle an der Realisierung vereinfachen. Die wesentlichen Merkmale der Gesamtmaßnahme beteiligten Partner des vereinfachten Planungsrechts, das identisch: auch beim Ausbau der A 2 zur Anwen- • Erweiterung der Autobahn von vier auf dung kam, sind: sechs Fahrstreifen plus Standstreifen – Fristenverkürzungen für einzelne Pla- mit einem Regelquerschitt (RQ) von nungsschritte und Verwaltungsabläufe, 37,5 m bzw. 35,5 m Kronenbreite. – sofortige Vollziehbarkeit von Plangeneh- • Ausbau und Instandsetzung bzw. Ab- migung bzw. Planfeststellungsbeschluss, bruch und Neubau aller Brückenbau- – Möglichkeit der vorläufigen Besitzein- werke. weisung, • Verkehrsgerechter Ausbau der Auto- – alleinige Zuständigkeit des Bundesver- bahnkreuze und -dreiecke sowie der waltungsgerichts. Anschlussstellen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit im Plan- • Kompensation der Eingriffe in Natur feststellungsverfahren und damit die und Landschaft durch entsprechende Möglichkeit, dort Einwände und Bedenken Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. vorzutragen, wurde auch in diesen be- • Generelle Erhöhung der Verkehrssicher- schleunigten Verfahren in vollem Umfang heit und Reduzierung der Lärmbela- gewahrt. stungen.
17 Zukuftsweisend für ein vereintes Europa Neubeginn Verkehrsprojekte Deutsche Einheit
ber vier Jahrzehnte lang hatten die po- de Verkehrswegeplanung in der Bundesre- Ülitischen Verhältnisse in Europa den publik Deutschland nach 1990. Die heute kontinuierlichen Aus- und Weiterbau von an vielen Stellen erkennbaren Zeichen leistungsfähigen Fernstraßen in West-Ost- einer sich stetig verbessernden Infra- Richtung verhindert. Dies führte zu einem struktur in den neuen Bundesländern sind außerordentlichen Defizit der Verkehrs- die Ergebnisse einer an diesen Vorgaben infrastruktur in den neuen Bundeslän- orientierten Planung, die kurz nach Voll- dern. Quasi über Nacht ist nach der politi- endung der Deutschen Einheit eingesetzt schen Wende das Verkehrsaufkommen hat und seitdem konsequent umgesetzt sprunghaft angestiegen, und Autobahnen, wurde. Bundes- und Landesstraßen im Vorkriegs- zustand mussten Verkehrsströme – insbe- Bereits im April 1991 hat die Bundesregie- sondere in West-Ost- und Ost-West-Rich- rung die 17 Verkehrsprojekte Deutsche tung – aufnehmen, für die sie nicht aus- Einheit (VDE) beschlossen, um mit dem gelegt waren. Die Folge: kilometerlange zügigen Aufbau einer leistungsfähigen Staus und erhöhtes Unfallrisiko, unzumut- Verkehrsinfrastruktur die wirtschaftliche bare Schadstoff- und Lärmbelastungen, Entwicklung in den fünf neuen Bundeslän- schlechte Erreichbarkeit, lange Transport- dern zu fördern und das Zusammenwach- zeiten. sen der alten und neuen Bundesländer zu beschleunigen. Ein ebenso weitsichtiges Die Bedürfnisse einer mobilen Gesell- wie mutiges Unterfangen, das hinsichtlich schaft, die Anforderungen eines moder- Komplexität und Dimension ohne Beispiel nen Industriestaates und die Tatsache ist: neun Schienen- und sieben Fernstra- einer geografischen Mittellage des verein- ßenprojekte sowie ein Wasserstraßenpro- ten Deutschlands in einem größer gewor- jekt mit einem Gesamtvolumen von rund denen Europa bilden die strategischen 70 Milliarden DM. Vorgaben für eine in die Zukunft weisen-
Übersicht der VDE – Straße
VDE Nr. 10: A 20 Lübeck–Stettin 323,2 km vierstreifiger Neubau in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg VDE Nr. 11: A 2 Hannover–Berlin/A 10 Berliner Ring 328,6 km sechsstreifiger Ausbau in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg VDE Nr. 12: A 9 Berlin–Nürnberg 370,7 km sechsstreifiger Ausbau in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Bayern VDE Nr. 13: A 38 Göttingen–Halle/A 143 Westumfahrung Halle 204,1 km vierstreifiger Neubau in Hessen, Thüringen und Sachsen-Anhalt VDE Nr. 14: A 14 Magdeburg–Halle 101,7 km vierstreifiger Neubau in Sachsen-Anhalt VDE Nr. 15: A 44 Kassel–Eisenach/A 4 Eisenach–Görlitz 448,4 km vier- bzw. sechsstreifiger Ausbau und vierstreifiger Neubau in Hessen, Thüringen und Sachsen VDE Nr. 16: A 71Erfurt–Schweinfurt/A 73 Suhl–Lichtenfels 222,6 km vierstreifiger Neubau in Thüringen und Bayern
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Die A 2 bei Marien- born im November 1989 nach der Grenzöffnung. Foto: A. Klaffehn, Polizei Helmstedt