Aus- und Neubau der A 4 zwischen dem AD Dresden-Nord und der Bundesgrenze Deutschland/Polen
Dokumentation aus Anlaß der Verkehrsfreigabe im März 1999
Aus- und Neubau der A 4 zwischen dem AD Dresden-Nord und der Bundesgrenze Deutschland/Polen
Dokumentation aus Anlaß der Verkehrsfreigabe im März 1999
DEGES
Inhalt
Zum Geleit
Bundesminister für Verkehr ...... Seite 4 Ministerpräsident des Freistaates Sachsen ...... Seite 6
Historie
Es begann vor 70 Jahren ...... Seite 8 Provisorium mit Getreidespeicher ...... Seite 10
Neubeginn
Verkehrsprojekte Deutsche Einheit ...... Seite 13 Aus- bzw. Neubau von 95,8 km ...... Seite 14
Baumaßnahmen
AD Dresden-Nord–AS Bautzen-Ost ...... Seite 15 Spreetalbrücke ...... Seite 19 AS Bautzen-Ost–AS Weißenberg ...... Seite 20 AS Weißenberg–AS Görlitz/B 115 ...... Seite 22 Tunnel Königshainer Berge ...... Seite 26 AS Görlitz/B 115–Bundesgrenze D/PL ...... Seite 29 Neißebrücke ...... Seite 30
Umwelt
Hoher Stellenwert für die Ökologie ...... Seite 32
Infrastruktur
Unverzichtbare West-Ost-Achse ...... Seite 34 Aufschwung für Ostsachsen ...... Seite 35
Impressum
3 Zum Geleit
ie A 4 Aachen–Köln–Eisenach–Erfurt– de das Projekt zwischen Dresden und DChemnitz–Dresden–Bautzen–Görlitz Görlitz nie vollendet. Als die Bauarbeiten verlaüft von der westlichen Bundesgrenze im Jahre 1940 eingestellt wurden, war zu den Niederlanden bis zur östlichen gerade Weißenberg erreicht. Den weiteren Bundesgrenze zur Republik Polen. Die A 4 Verlauf bis Görlitz konnte man nur an- ist damit eine der fünf großen West-Ost- hand vereinzelt in der Landschaft stehen- Autobahnen in der Bundesrepublik der Brückenfragmente aus jener Zeit er- Deutschland und die wichtigste Verkehrs- ahnen. achse im Freistaat Sachsen. Sie verbindet die Wirtschaftsstandorte in Thüringen und Nach der Wiedervereinigung Deutsch- Sachsen mit den Industriezentren an lands und der Öffnung der Grenzen zu Rhein/Ruhr bzw. Rhein/Main im Westen Osteuropa wurde angesichts des rapide und den polnischen Ballungsgebieten im ansteigenden Verkehrsaufkommens sehr Osten. Planung und Bau der Autobahn ge- schnell deutlich, daß die Autobahn so zü- hen zurück in die 30er Jahre, jedoch wur- gig wie möglich ausgebaut werden muß,
4 Zum Geleit um den aktuellen und zukünftigen Anfor- Neben anderen herausragenden Inge- derungen gerecht werden zu können. nieurbauwerken möchte ich den Tunnel Deshalb wurde der Aus- und Neubau der „Königshainer Berge“ hervorheben. Dieser A 4, Eisenach–Görlitz, im Zusammenhang derzeit längste Autobahntunnel Deutsch- mit dem Neubau der A 44, Kassel–Eise- lands wurde im Interesse einer möglichst nach, in den Katalog der 17 Verkehrspro- umweltschonenden und landschaftsver- jekte Deutsche Einheit und als „Vordringli- träglichen Trassenführung gebaut und cher Bedarf“ in den Bundesverkehrswege- macht in beispielhafter Weise deutlich, plan 1992 aufgenommen. welch hohen Stellenwert die Aspekte der Ökologie im modernen Straßenbau in Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- Deutschland einnehmen. und Wohnungswesen, die Straßenbauver- waltung des Landes Sachsen und die Mein Dank gilt allen, die bei der Realisie- DEGES, Deutsche Einheit Fernstraßenpla- rung der Aus- und Neubaumaßnahmen nungs- und -bau GmbH, haben unter gro- für den Abschnitt der A 4 zwischen Dres- ßem Einsatz und mit vereinten Kräften den und Görlitz mitgewirkt haben. Ich dafür gesorgt, daß nunmehr rund 96 Kilo- wünsche allen Benutzern dieser neuen meter der A 4 zwischen dem Autobahn- Autobahn allzeit gute und unfallfreie dreieck Dresden und der Bundesgrenze Fahrt. Deutschland/Polen durchgängig für den Verkehr freigegeben werden können. Mit der Schließung der beinahe 60 Jahre be- stehenden Lücke zwischen Weißenberg und Görlitz kann die A 4 jetzt ihrer Funk- tion als große europäische Magistrale ge- recht werden.
Franz Müntefering
Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
5 Zum Geleit
ie Bundesautobahn DA 4 ist eine bedeu- tende Ost-West-Straßen- verbindung in Deutsch- land und die wichtigste Verkehrsader Sachsens. Mit der Freigabe des Tunnels durch die Kö- nigshainer Berge, des bisher größten deut- schen Autobahntun- nels, hat die A 4 ihr öst- liches Ziel an der deutsch-polnischen Grenze bei Görlitz er- reicht. Ab Dresden kann der Verkehr nun- mehr auf knapp 100 km Länge über eine neue, leistungs- fähige Fernstraße fließen. Damit ist in sein, daß die noch unvollständige A 4 bei Sachsen dreieinhalb Jahre nach der denk- Bautzen seit den 60er Jahren als Funda- würdigen Freigabe der Autobahn A 72 ment für ein Notlager mit 60 Hallen dien- Hof–Zwickau im Oktober 1995 ein weite- te – nirgendwo sonst auf der Welt ist rer Schritt getan, um Deutschland und die wahrscheinlich jemals eine Autobahn in westlichen und östlichen Länder Europas dieser Form genutzt worden. näher zusammenzuführen. Heute stehen weniger solche Rückblicke Kaum jemand wird sich noch daran erin- in die Geschichte dieser Verkehrsachse im nern, daß das Kleinkopfpflaster auf der Vordergrund als die großartigen Leistun- Strecke zwischen Dresden und Bautzen in gen, die Baufachleute aus Wirtschaft und der Nachkriegszeit für eine geradezu Verwaltung seit 1990 erbracht haben. unfaßbare Geschwindigkeitsbegrenzung Denn kaum, daß die heruntergekomme- von bis zu 20 Stundenkilometern auf ei- nen Straßen instand gesetzt waren, ent- ner Autobahn sorgte. Manchem wird da- stand als Ergebnis eines beispielhaften gegen im Gedächtnis haften geblieben Gemeinschaftswerkes mit der Republik
6 Zum Geleit
Polen die neue Grenzbrücke über die am Moritzburger Teich- und Hügelland, Neiße. Sie symbolisiert wie kaum ein an- weiter durch die Lausitz mit Blick nach deres Bauwerk die gemeinsame europä- Süden auf das charakteristische Bergland ische Zukunft unserer beiden Länder. Und und das Zittauer Gebirge, quer zu den es waren gleichzeitig die ersten drei Kilo- vielen naturbelassenen Gewässern wie meter Autobahn-Neubau in den neuen Spree, Löbauer Wasser, Schwarzer und Bundesländern, die am 14. Juli 1994 für Weißer Schöps, bis hin zur Neiße. Eine den Verkehr freigegeben wurden. Seitdem Vielzahl von historischen Sehenswürdig- sind zwischen Dresden und Görlitz weite- keiten lockt gleichermaßen zur Rast oder re 24 Kilometer Autobahn neu gebaut und gar zu einem längeren Aufenthalt. 70 Kilometer grundhaft erneuert worden. Die Bundesregierung hat für diese rund Allen, die bei der Planung und beim Bau 100 Kilometer insgesamt mehr als eine mitgearbeitet haben, danke ich herzlich. Milliarde Mark investiert. Dies gilt besonders dem Bundesministe- rium für Verkehr, Bau- und Wohnungswe- Mit dem fortschreitenden Aus- und Neu- sen für die fachliche Begleitung des Pro- bau der A 4 verbessert sich nicht nur die jektes. Verkehrsinfrastruktur unseres Landes. Auch die wirtschaftliche Entwicklung in Den Autofahrern, die auf dieser länder- Sachsen, vor allem in der strukturschwa- verbindenden Straße durch Sachsen rei- chen ostsächsischen Region, erhält durch sen, wünsche ich eine allzeit gute und diese Trasse neue Impulse. vor allem unfallfreie Fahrt.
Die neue Aufgabe ermöglicht den Reisen- den darüber hinaus einen Blick in die ein- zigartigen Landschaften zwischen der Landeshauptstadt und der „Perle“ an der Neiße: Aufsteigend aus dem Tal der Elbe geht es durch die Dresdner Heide vorbei Kurt Biedenkopf
7 Historie Autobahnbau in Deutschland – zur Geschichte der A 4 Es begann vor 70 Jahren
chon in den frühen 20er Jahren wurden Propagandazwecke („Straßen des Füh- Sangesichts des zunehmenden Kraft- rers“) auszuschlachten. Die Umsetzung fahrzeugverkehrs in mehreren europä- der ehrgeizigen Autobahnpläne lag fortan ischen Staaten Pläne für die Anlage von in Händen des „Generalbauinspektors für leistungsfähigen „Nur-Autostraßen“ ent- das deutsche Straßenwesen (GI)“, Dr.-Ing. wickelt. In Deutschland war es der 1926 Fritz Todt. gegründete „Verein zur Vorbereitung einer Autostraße Hamburg–Frankfurt a. M.– Der „Tag des ersten Spatenstichs an der Basel (HaFraBa)“, der die ersten Planungen Reichsautobahn“ fand am 23. September für ein Netz solcher „Nur-Autostraßen“ 1933 bei Frankfurt statt, und die Fertig- konkretisierte. Herausragende Persönlich- stellung dieses ersten Autobahnabschnitts keiten waren der Vorsitzende des Vereins, in Deutschland wurde am 15. Mai 1935 Robert Otzen, und der Geschäftsführer, mit großem propagandistischem Beiwerk Willy Hof. Otzen war es übrigens auch, abgenommen. 1938 waren bereits 3000 der den Begriff „Autobahn“ für Nur-Auto- Autobahnkilometer in Betrieb. In den straßen ab 1929 populär machte. Kriegsjahren wurde der Autobahnbau – bis auf wenige Ausnahmen – nicht fortge- Es dauerte noch bis 1932, ehe das erste setzt. Bei Kriegsende gab es 3860 km 20 km lange Stück Autobahn mit ver- Reichsautobahn – weite Strecken davon kehrstechnischer Nutzung in Deutschland stark beschädigt und nicht befahrbar. zwischen Köln und Bonn eröffnet werden konnte. Ein Jahr später kam mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten Von den Anfängen allerdings schon das Aus für die deut- schen Autobahnpioniere. Aus „HaFraBa“ bis in die Kriegsjahre wurde 1933 „GeZuVor“ (Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen). Die Auch die heutige A 4 geht zurück auf die schon weit fortgeschrittenen Planungen frühen Überlegungen des „HaFraBa“-Ver- der „HaFraBa“ für ein Autobahnnetz in eins. Die gedanklichen Pioniere des Auto- Deutschland wurden kurzerhand über- bahnbaus in Deutschland hatten sich nommen, nicht ohne sie nach Kräften für schon Ende der 20er Jahre mit der Idee
Mit einer Schmalspur- bahn wurde damals das Material zur Baustelle gebracht (hier am Autobahn- dreieck Dresden).
8 Historie
Aufwendige Schalung für die Bogenkon- struktion der historischen Spreetalbrücke. einer Nur-Autostraße von Kassel über Erfurt und Leipzig nach Dresden und dar- über hinaus bis Breslau beschäftigt. Unter der Ägide der „GeZuVor“ erhielt die Rea- lisierung des Abschnitts Eisenach–Dres- den als eine der wichtigsten Grundnetz- strecken höchste Priorität.
Nach der faktischen Auflösung der „GeZuVor“ Ende 1935 wurden deren Auf- gaben von regionalen „Obersten Baulei- tungen der Reichsautobahnen (OBRen)“ übernommen. Die Aufgabe der für Sach- sen zuständigen OBR Dresden bestand zunächst darin, die noch von der „GeZuVor“ ausgearbeiteten Pläne für die „Strecke 83 Dresden–Chemnitz–Meerane“ in die Tat umzusetzen. Am 21. März 1934 erfolgte der feierliche 1. Spatenstich an der AS Dresden-Altstadt. Von hier aus wurde der Bau sukzessive in Richtung Westen vorangetrieben.
In Thüringen wurde – ausgehend vom Doch die hochgesteckten Bauziele konn- Hermsdorfer Kreuz, das im Zuge der A 9 ten nicht verwirklicht werden. Zwar wur- schon 1935 fertiggestellt worden war – den im westlichen Bereich der A 4 die im Mai 1936 der Streckenabschnitt bis Arbeiten nach Kriegsausbruch zunächst Jena-Göschwitz in Angriff genommen. noch fortgesetzt, so daß 1941 die AS Ei- senach-West, wenn auch weitgehend nur Inzwischen wurde geprüft, inwieweit mit einer Richtungsfahrbahn, erreicht war. auch in der Oberlausitz mit dem Bau der (Die Fertigstellung der zweiten Richtungs- Reichsautobahnen begonnen werden fahrbahn erfolgte hier in den Jahren könnte, da gerade in Ostsachsen zu die- 1968–1973.) sem Zeitpunkt die Arbeitslosigkeit beson- ders hoch war. Ergebnis der Verhandlun- Im Sommer 1942 wurde der Autobahnbau gen: im Herbst 1935 wurde auch der Ab- in Deutschland dann generell eingestellt. schnitt Dresden–Bautzen zum sofortigen Ausnahme: die Teilstrecke Eisenach–Bad Bau freigegeben. Hersfeld, die im Sommer 1943 einbahnig Von nun an wurde unter Einsatz Tausen- für den Verkehr freigegeben wurde. Ab der von Arbeitskräften mit Hochdruck an diesem Zeitpunkt war – mit vielen Proviso- zahlreichen Teilstücken der Autobahn rien – eine durchgängige Befahrbarkeit der gearbeitet. Strecke Bad Hersfeld–Dresden gegeben.
9 Historie Autobahnabschnitt Dresden–Görlitz Provisorium mit Getreidespeicher
1936–1945 Arbeiten 1940 ein Autobahntorso übrig- Auch hier verhinderte der Ausbruch des blieb. Nach dem Baubeginn im September 2. Weltkrieges die Fertigstellung des Pro- 1936 konnte die A 4 abschnittsweise wie jektes, so daß mit der Einstellung der folgt freigegeben werden:
AS Dresden-Nord–AS Ottendorf-Okrilla 10,3 km 04. 12. 1938 AS Ottendorf-Okrilla–AS Uhyst 27,2 km 01. 07. 1940 AS Uhyst–AS Bautzen-West 14,2 km 03. 10. 1938 AS Bautzen-West–AS Bautzen-Ost Spreetalbrücke 01. 07. 1940
AS Bautzen-Ost–AS Weißenberg 18,3 km 01. 07. 1940
Die Befahrbarkeit der Autobahn zwischen Insgesamt fehlten im Ausbau zwischen Dresden und Weißenberg war somit im Dresden–Weißenberg 16 km der 2. Rich- Juli 1940, wenn auch zum Teil nur einbah- tungsfahrbahn. nig, gegeben. Am 19. April 1945 wurde durch die Deut- Östlich von Weißenberg hat man noch sche Wehrmacht die Spreetalbrücke zwi- 1939/1940 mit den Bauarbeiten begon- schen Bautzen-West und Bautzen-Ost ge- nen, die jedoch kurz darauf eingestellt sprengt, so daß nach dem Krieg nur die wurden. Die Maßnahmen bezogen sich Abschnitte zwischen Dresden und der vor allem auf den Brückenbau (z. B. für AS Bautzen-West sowie Bautzen-Ost bis die geplanten Anschlußstellen Weißenberg Weißenberg nutzbar waren. und Nieder Seifersdorf). Zwischen Nieder Seifersdorf und dem heutigen Tunnel 1945–1989 durch die Königshainer Berge waren Am 15. Juli 1959 konnte die Richtungs- jedoch auch Erdbauarbeiten im Gange fahrbahn Dresden–Bautzen zwischen (z. B. ist südlich Oberwald die damals frei- Großröhrsdorf und Röderbrunn nach ent- geschlagene Trasse mit ersten Erdbau- sprechender Komplettierung auf 5,4 km maßnahmen heute noch gut erkennbar). in Betrieb genommen werden.
„Baudenkmal“ aus den 30er Jahren: eine Brücke auf freiem Feld bei Nieder Seifersdorf.
10 Historie
Getreide- speicher auf der Autobahn.
Aufgrund der Unterbrechung der Auto- bahn zwischen Bautzen-Ost und Bautzen- West war die Attraktivität der Nutzung des Abschnittes Bautzen-Ost–Weißenberg ebenfalls eingeschränkt. Dies führte im Jahre 1965 zur Entscheidung der Regie- rung der ehemaligen DDR, diesen Ab- schnitt als Straße zu entwidmen und ihn für die Einlagerung einer sogenannten Ge- treidestaatsreserve vorzusehen. So ent- Die einzige erwähnenswerte größere Bau- standen ab 1966 auf diesem Autobahnab- maßnahme war der Neubau der Spreetal- schnitt 66 aneinandergereihte Getreidela- brücke, Richtungsfahrbahn Dresden– gerhallen. Die insgesamt 16 Kilometer der Bautzen (1973 bis 1977). Diese wurde er- A 4 zwischen Bautzen-Ost und Weißen- forderlich, um die in Bautzen-Teichnitz berg wurden zudem eingezäunt und wa- produzierten Betonplatten direkt über die ren damit für die Öffentlichkeit nicht Autobahn zum Aufbau des Wohngebietes mehr zugänglich. Bautzen-Gesundbrunnen zu transportie- ren. Die Stadt war schon damals nicht in Im Zeitraum 1945–1989 verschlechterte der Lage, diesen Verkehr aufzunehmen. sich der Zustand der Autobahn Dresden– Damit war der Abschnitt zwischen Baut- Bautzen sukzessive. Bedingt durch man- zen-West und Bautzen-Ost ab dem Jahre gelhaften Konstruktionsaufbau, die Zu- 1977 nutzbar. nahme der Verkehrslasten und die man- gelnde Instandhaltung (bis 1990 fand in Weitere Defizite der Autobahnanlage zwi- keinem Abschnitt der Gesamtstrecke zwi- schen Dresden und Bautzen war die pro- schen Dresden und Bautzen eine grund- visorische Anbindung der Südseite der legende Sanierung statt) befand sich die AS Ohorn mit Direktanbindung der Orts- Autobahn in den 80er Jahren über weite straße an die Autobahn. Anfang der 70er Teile in einem katastrophalen Zustand. Jahre gab es hier mehrfache Bemühungen, Die Folge war, daß große Abschnitte mit diesen Zustand zu ändern. Allerdings wur- Geschwindigkeitsbeschränkungen bis auf de das Vorhaben wegen der wirtschaftli- 20 km/h ausgeschildert werden mußten. chen Schwäche der DDR nie beendet.
11 Historie
Mehr Ruine als Brücke: das Kreuzungs- bauwerk A 4/A 13 am AD Dresden- Nord im Jahre 1991.
Eine „Streckenbesonderheit“ war die noch vor 1945 begon- nene, jedoch nicht fertiggestell- te Überführung im Bereich der Luchsenburg. Hier stand ein Brückenrohbau ohne die erfor- derlichen Straßenrampen. Statt dessen gab es einen niveauglei- chen Überweg über die Auto- bahn für Fußgänger und Rad- fahrer. Da das Bauwerk jahrelang unge- Aufbaues und der Wasserdurchlässigkeit schützt der Witterung ausgesetzt war, Schäden im Fahrbahnbereich, die es erfor- wurde es Ende der 80er Jahre zu einer derlich machten, die Geschwindigkeit teil- Gefährdung für den durchfahrenden Auto- weise bis auf 20 km/h herabzusetzen. bahnverkehr, so daß man sich im Jahre Unter der Kleinpflasterdecke war eine 1991 entschied, die Bauruine aus Sicher- Sauberkeitsschicht von ca. 10 cm Kies auf heitsgründen ersatzlos abzubrechen. einer Magerbetontragschicht. Bedingt durch die Gefälleverhältnisse, durch das Ein Problemschwerpunkt der Strecken- Eindringen von mit Tausalz vermischtem unterhaltung war der Pflasterbereich zwi- Oberflächenwasser kam es zur Korrosion schen Prischwitz und Bautzen. Dieser des Unterbetons und damit teilweise zu zeigte vor allem wegen des konstruktiven Tragfähigkeitsschäden, die sich in Verwer- fungen an der Fahrbahn- oberfläche darstellten.
Im Jahre 1989 war es somit fast nicht mehr möglich, die in der DDR zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zwischen Dresden und Bautzen zu fahren. Das heißt, aufgrund des Fahr- bahnzustandes war eine fast durchgängige Ge- schwindigkeitsbeschrän- kung angeordnet. Infolge des schlechten Zu- Katastropha- standes der Autobahn wich ler Zustand der Verkehr auf die parallel der Fahrbahn in den 80er verlaufende B 6 Dresden– Jahren. Bischofswerda–Bautzen aus.
12 Bessere Infrastruktur für die neuen Bundesländer Verkehrsprojekte Deutsche Einheit Neubeginn
ber vier Jahrzehnte hatten die politi- jekt mit einem Gesamtvolumen von rund Üschen Verhältnisse in Europa den kon- 70 Milliarden DM. Damit machen die VDE tinuierlichen Aus- und Weiterbau von lei- einen entscheidenden Teil der Verkehrsin- stungsfähigen Fernstraßen in West-Ost- vestitionen in den neuen Bundesländern Richtung verhindert. Dies führte zu einem aus. außerordentlichen Defizit der Verkehrsin- frastruktur in den neuen Bundesländern. Quasi über Nacht ist nach der politischen DEGES – Wende das Verkehrsaufkommen sprung- haft angestiegen, und Autobahnen, Bun- Projektmanagement des- und Landstraßen im Vorkriegszu- für den Autobahnbau stand mußten Verkehrsströme – insbeson- dere in West-Ost- und Ost-West-Richtung – aufnehmen, für die sie nicht ausgelegt Aus der Erkenntnis heraus, daß auf der waren. Die Folge: kilometerlange Staus administrativen Seite zusätzliche Kapa- und erhöhtes Unfallrisiko, unzumutbare zitäten geschaffen werden müssen, um Schadstoff- und Lärmbelastungen, die neuen Bundesländer bei der Realisie- schlechte Erreichbarkeit, lange Trans- rung der sieben Fernstraßenprojekte zu portzeiten. unterstützen, wurde am 7. Oktober 1991 in Berlin die DEGES, Deutsche Einheit Die Bedürfnisse einer mobilen Gesell- Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, schaft, die Anforderungen eines moder- gegründet. Eine Gesellschaft auf Zeit, nen Industriestaates und die Tatsache die zu 50 Prozent dem Bund und zu je einer geografischen Mittellage des verein- 10 Prozent den fünf neuen Bundesländern ten Deutschlands in einem größer gewor- gehört. Rund 1200 Kilometer Aus- und denen Europa bilden die strategischen Neubau von Autobahnen (das sind 60 % Vorgaben für eine in die Zukunft weisen- der Gesamtstrecke der VDE – Straße von de Verkehrswegeplanung in der Bundesre- 2000 km) wurden der DEGES übertragen. publik Deutschland nach 1990. Die heute an vielen Stellen erkennbaren Zeichen Gemäß den Dienstleistungsverträgen mit einer sich stetig verbessernden Infrastruk- den fünf neuen Bundesländern ist es Auf- tur in den neuen Bundesländern sind die gabe der DEGES, die ihr übertragenen Ergebnisse einer an diesen Vorgaben Fernstraßenprojekte nach Abstimmung orientierten Planung, die kurz nach Voll- mit den obersten Landesstraßenbau- endung der Deutschen Einheit eingesetzt behörden im Namen und im Auftrag des hat und seitdem konsequent umgesetzt jeweiligen Landes zu planen sowie die wird. mit dem Neubau (770 km) bzw. Ausbau (426 km) zusammenhängenden Verträge Bereits im April 1991 hat die Bundesregie- für Bau und Grunderwerb im Namen und rung die 17 Verkehrsprojekte Deutsche auf Rechnung der Bundesrepublik Einheit (VDE) beschlossen, um mit dem Deutschland abzuschließen und abzu- zügigen Aufbau einer leistungsfähigen wickeln. Verkehrsinfrastruktur die wirtschaftliche Entwicklung in den fünf neuen Bundeslän- Im vorliegenden Streckenabschnitt der dern zu fördern und das Zusammenwach- A 4 zwischen dem AD Dresden und der sen der alten und neuen Bundesländer zu Bundesgrenze zu Polen lag in der Verant- beschleunigen. Ein ebenso weitsichtiges wortung der DEGES der Neubau des wie mutiges Unterfangen, das hinsichtlich 23,6 km langen Teilstücks zwischen der Komplexität und Dimension ohne Beispiel AS Weißenberg und der AS Görlitz (B 115) ist: neun Schienen- und sieben Fernstra- mit dem Tunnel durch die Königshainer ßenprojekte sowie ein Wasserstraßenpro- Berge.
13 Neubeginn Sofortmaßnahmen an der A 4 Aus- bzw. Neubau von 95,8 km
b 1990, also unmittelbar nach der der Neubaustrecke AS Weißenberg – ABeseitigung der innerdeutschen Gren- AS Görlitz/B 115 (23,6 km) der DEGES ze und noch vor der Festschreibung der zu übertragen. Die Realisierung der VDE – Straße im Bundesverkehrswegeplan Abschnitte AD Dresden–AS Weißenberg ’92, setzte die Sächsische Straßenbauver- (69 km) und AS Görlitz/B115–Bundes- waltung eine Reihe von Maßnahmen in grenze (3,2 km) verblieb in der Zuständig- Gang, um die Verkehrssituation im Zuge keit der Sächsischen Straßenbauverwal- der A 4 in Ostsachsen zu verbessern. Die tung. vielfach nicht mehr gewährleistete Ver- kehrssicherheit mußte umgehend wieder- Wirtschaftliche, ökologische und ver- hergestellt, die Autobahn den heutigen kehrliche Belange bestimmten den Hand- Standards entsprechend ausgebaut und lungsrahmen bei der Umsetzung der Aus- grunderneuert werden. baumaßnahmen und stellten Ingenieure und Bauleute vor manche Herausforde- Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen rung: wurden in den Jahren 1991–1994 zwi- schen Dresden und Bautzen zur Herstel- – Möglichst bestandsnaher Ausbau der lung eines verkehrssicheren Zustandes Trasse, um den Grunderwerb und den wirksam. Insgesamt wurden 59 km Eingriff in Natur und Landschaft zu mi- Richtungsfahrbahn mit Asphalt über- nimieren. baut. – Aufweitung des Querschnitts von bisher Gleichzeitig wurde der Abschnitt zwi- 24 m auf 29 m Kronenbreite (je Rich- schen Bautzen und Weißenberg bis zum tungsfahrbahn 2 Fahrstreifen plus Jahre 1993 provisorisch auf einer Rich- Standstreifen). tungsfahrbahn im Gegenverkehr herge- richtet. Diese Maßnahme beinhaltete – Notwendige Anpassung an das neue auch den Abbruch der 66 Getreidelager- Streckenprofil und Verbesserung der hallen aus den 60er Jahren. Linienführung mit dem Ziel einer Ent- wurfsgeschwindigkeit von 120 km/h. Als besonders dringlich erwies sich auch Erhebliche Erdmassenbewegungen wa- die „Entschärfung“ der Situation an dem ren erforderlich, um Kuppen und Wan- im Stadtgebiet von Görlitz an der B 6 nenradien zu vergrößern und die z. T. gelegenen Grenzübergang zu Polen. extremen Steigungen auszugleichen. Insbesondere in den Wintermonaten führte das um ein Vielfaches angewach- – Durch die Aufweitung der Querschnitte sene Verkehrsaufkommen zu unerträg- mußten alle Autobahnbrücken und lichen Belastungen für die Anwohner. Überführungsbauwerke erneuert wer- Deshalb wurden die Planungen für den den. Neubau der A 4 zwischen der B 115 und der Bundesgrenze inklusive eines lei- – Bei den Ausbauabschnitten bestand die stungsfähigen Straßenüberganges zwi- Forderung, für beide Richtungen mög- schen Deutschland und Polen außerhalb lichst je 2 Fahrstreifen verfügbar zu hal- des Stadtgebietes von Görlitz vorrangig ten. Dies war in der Regel beim Umbau bearbeitet. der 1. Richtungsfahrbahn nicht möglich, da vor allem in den Brückenbereichen Nachdem der Aus- bzw. Neubau der der Querschnitt für die Aufnahme des A 4 als Projekt Nr. 15 in den Katalog der vierstreifigen Verkehrs nicht ausreichte. Verkehrsprojekte Deutsche Einheit (VDE) aufgenommen worden war, wurde die Übereinkunft getroffen, Planung und Bau
14 1. Abschnitt (55,5 km): AD Dresden-Nord–AS Bautzen-Ost
eben den bisher genannten Gründen Organisation sind es nicht zuletzt die für das Jahr N Baumaßnahme 2010 prognostizierten Verkehrsmengen, und Bauablauf die eine Grundsanierung und den Ausbau der Fernstraße in Ostsachsen unbedingt Das Vorhaben wurde mit 8 Planfeststel- erforderlich machen. Nach diesen Pro- lungsverfahren rechtlich gesichert. Die gnosen liegen die Verkehrsbelastungen Vergabe der Bauleistungen erfolgte fach- dann bei ca. 48.000 Kfz/24 h zwischen bezogen in kleineren Baulosen. Dieses AD Dresden-Nord und AS Hermsdorf und Verfahren ermöglichte auch kleinen und bei ca. 38.000 Kfz/24 h im Abschnitt zwi- mittleren Unternehmen die Teilnahme am schen AS Hermsdorf und AS Bautzen-Ost. Wettbewerb und sicherte so zahlreiche Arbeitsplätze im regionalen Baugewerbe. Im Zuge des Ausbaus der 55,5 Autobahn- kilometer mußten 62 Autobahnbrücken Mit den Arbeiten im 1. Bauabschnitt wur- und 15 Überführungsbauwerke abgebro- de im Jahre 1994 mit einer Richtungsfahr- chen und neu gebaut werden. An drei bahn auf der Strecke zwischen Burkau Steigungsstrecken wurden über eine Ge- und Uhyst begonnen. Es folgte der Aus- samtlänge von 6.000 m Zusatzfahrstrei- bau des Abschnittes Burkau–Pulsnitz, an- fen angelegt. Außerdem wurden fünf Bau- schließend Uhyst–Bautzen, danach werke beseitigt und durch Ersatzwege die AD Dresden-Nord–Hermsdorf und Herms- Netzverknüpfung wieder hergestellt. dorf–Pulsnitz. Bereits in den Jahren 1994/95 mußte aus verkehrstechnischen Die Befestigung der Fahrbahn erfolgte in Gründen die Anschlußstelle Hermsdorf einer Gesamtdicke von 90 cm. Der Ober- aus- und umgebaut werden. Weitere Prio- bau wurde in Asphaltbauweise herge- ritäten wurden wegen der fehlenden stellt, die Asphaltstärke liegt bei 30 cm, Brückenhälften in Prischwitz und an der der Frostschutz beträgt 60 cm. Spreetalbrücke in Bautzen gesetzt. Auf- grund des frühen Baubeginns konnte der Abschnitt Dresden–Bautzen im August 1998 in Betrieb genommen werden.
Rasten und Erholen am Rande der Autobahn: die neue PWC-Anlage Grünberg.
15 Baumaßnahme