Thema: Hass in sozialen Netzwerken PARTEIEN AUSZEICHNUNG Firmen müssen Strafbares löschen Extreme Gruppierungen sollen keine Der Bundestags-Wissenschaftspreis SEITE 1-3 Staatsgelder mehr bekommen SEITE 4 geht an Jelena von Achenbach SEITE 13

Berlin, Montag 22. Mai 2017 www.das-parlament.de 67. Jahrgang | Nr. 21-22 | Preis 1 € | A 5544

KOPF DER WOCHE Ministerin unter Druck Nun eben mit der Keule Ursula von der Leyen „In schwerer See“, so würde man in der Marinesprache die Lage der Ver- teidigungsministerin beschreiben. In den vergan- RECHT Die Hasstiraden im Internet sollen wirksamer bekämpft werden. Kein simples Unterfangen genen Wochen hatte der Fall des rechtsex- tremen Bundeswehr- un ist der Bundesregie- offiziers Franco A. mit rung also der Geduldsfa- dem Doppelleben ei- den gerissen. Weil im In- nes Asylbewerbers ternet wüste Hassbot- und das Krisenma- schaften bis hin zu Mord- nagement von Ursula drohungen immer mehr von der Leyen (CDU) Num sich griffen und die Plattformbetreiber auch den ihrer gesetzlichen Pflicht kaum nachka- erreicht. Zweimal de- men, gemeldete rechtswidrige Inhalte zu © picture-alliance/dpa battierte der Verteidi- löschen, setzen Regierung und Koalitions- gungsausschuss und fraktionen auf die Gesetzeskeule. Sie trägt dann das Plenum über Fehlverhalten. Von der Ley- den Namen „Entwurf eines Gesetzes zur en musste zurückrudern: Ihr sei es „nie um einen Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in Generalverdacht“ gegen die Truppe gegangen. sozialen Netzwerken“ oder kurz Netzwerk- Anfangs hatte sie der Bundeswehr ein „Führungs- durchsetzungsgesetz (18/12356) und wur- und Haltungsproblem“ unterstellt, was Entsetzen de vergangenen Freitag erstmals im Bun- bei vielen Soldaten auslöste. Dann kündigte sie destag beraten. Bereits Ende 2015 hatte noch mehr Entdeckungen aus dem rechten Dun- sich das Bundesjustizministerium mit Ver- kelfeld an. Schließlich leitete die Ministerin Durch- tretern der Internetwirtschaft zusammen- suchungen („Säuberungen“) in Kasernen nach gesetzt, um die Probleme anzugehen, doch Wehrmachtsutensilien ein. (Seite 9) kru T eine Selbstverpflichtung zeigte insbesonde- re bei Twitter und Facebook wenig Wir- kung (siehe auch Hintergrund auf Seite 3). ZAHL DER WOCHE Der Gesetzentwurf ist aber alles andere als einvernehmlich. Die Opposition kritisierte die geplanten Regelungen sowie, dass auf- 227 grund der späten Vorlage nur wenig Zeit für eine ausgiebige Beratung bleibe. Redner rechtsextreme Verdachtsfälle gab es in der Koalitionsfraktionen sagten zu, die ver- der Bundeswehr im vergangenen Jahr nach bleibende Beratungszeit bis zum Ende der Erkenntnissen des Militärischen Abschirm- Legislaturperiode für Nachbesserungen zu Auch fragwürdige und rechtswidrige Botschaften lassen sich leicht im Schutz der Anonymität des Internets unter die Leute bringen. © picture-alliance/dpa/Collage: Stephan Roters dienstes (MAD). Derartige Vorfälle sind seit nutzen. Jahren rückläufig: So gab es 2010 noch 585 Fälle. In diesem Jahr registrierte der MAD Wüste Beschimpfungen Bundesjustizmi- den überantwortet. Regierung und Koaliti- sondern viele neue Probleme schaffe. „Wir Zusammensetzung die Initiative ergriffen bislang 104 rechtsextreme Verdachtsfälle. nister Heiko Maas (SPD) wies darauf hin, onsfraktionen warf sie vor, den Gesetzent- müssen die großen Anbieter hart in die hätten, das Gesetz sogar „weiter zu ver- EDITORIAL welch üble Beschimpfungen und Bedro- wurf „mit heißer Nadel gestrickt“ und „auf Pflicht nehmen“, stimmte Notz der Inten- schärfen“. Ihre Fraktion sei offen für Ver- hungen im Netz um sich greifen und fol- den letzten Metern der Wahlperiode einge- tion des Gesetzes zu, „aber wir dürfen sie besserungen des Gesetzentwurfs im Sinne ZITAT DER WOCHE gerte: „Hasskriminalität beschädigt unser bracht“ zu haben. Unter Verweis auf ein eben nicht in die Richterrolle drängen“. seiner Kritiker, sagte sie. So könne sie sich Aufräumen Zusammenleben, unsere Debattenkultur Bündnis von Organisationen, das sich be- Zu der Kritik daran, dass die Löschent- die Einschaltung einer pluralistisch organi- und letztlich auch die Meinungsfreiheit.“ reits gegen den Gesetzentwurf gebildet hat, scheidung in die Hände der Plattformbe- sierten Kontrolle nach dem Vorbild der »Das Schlimmste Derartige Äußerungen seien „kein Aus- rief sie die Koalition dazu treiber gelegt werden soll, Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) beim im Netz druck der Meinungsfreiheit, sondern sind auf, sich „auf eine breite merkte Elisabeth Winkel- Film vorstellen, um die Rechtsmäßigkeit ist der Verdacht im Gegenteil Angriffe auf die Meinungs- Diskussion einzulassen“ meier-Becker (CDU) an, von Einträgen zu klären. Ihr Fraktionskol- VON JÖRG BIALLAS freiheit“. Damit sollten „Andersdenkende und in der nächsten Legisla- »Der jetzt Facebook lösche auch jetzt lege Stefan Heck (CDU) betonte: „Gründ- gegen ganze eingeschüchtert und mundtot gemacht turperiode Zeit für die Erar- eingebrachte Einträge. Als Beispiele lichkeit geht vor Schnelligkeit“. Ziel sei „Soziale Netzwerke“ – kein anderer Begriff werden“. Auch online sei nicht erlaubt, was beitung eines besseren Ge- nannte sie den Eintrag ei- aber ein Abschluss bis zur Sommerpause. aus der Medienwelt ist dermaßen deplatziert. Berufsgruppen.« offline verboten ist. Das Gesetz soll die setzentwurfes zu nehmen. Gesetzentwurf nes früheren Radiomode- Johannes Fechner (SPD) erklärte: „Wenn Denn das, was uns auf Facebook, Twitter, You- Plattformbetreiber zum Aufbau eines wirk- Wie alle Redner prangerte wird neue rators, der sich kritisch zur Unternehmen Milliardengewinne machen tube und Co. erreicht, ist oft alles andere als Martin Schulz, SPD-Kanzlerkandidat, zum samen Beschwerdemanagements und zur auch Konstantin von Notz katholischen Kirche geäu- können, können wir ihnen auch zumuten, sozial. Die Netzwerke werden missbraucht, um Vorgehen von Verteidigungsministerin Ursula kurzfristigen Löschung gemeldeter strafba- (Grüne) an, dass im Netz Probleme ßert habe, und die ganze dass sie eine juristische Abteilung aufbau- zu beleidigen, zu hetzen und zu verleumden; von der Leyen (CDU) im Fall des terrorverdäch- rer Inhalte verpflichten. Bei Verstößen dro- „täglich viele Menschen im schaffen.« Seite eines Islam-Kritikers. en“, um Inhalte selbst auf ihre Rechtmä- es finden sich pornografische und terroristi- tigen Bundeswehr-Oberleutnants Franco A. hen erhebliche Bußgelder (siehe auch Bei- Land unerträglich beleidigt, Im Übrigen ändere das ge- ßigkeit zu überprüfen. Fechner versicherte, sche Inhalte jeder Couleur. trag unten). bedroht und verleumdet“ Petra Sitte (Linke) plante Gesetz nichts an die SPD-Fraktion habe eine ganze Reihe All das dürfte nicht sein. Verantwortlich für Petra Sitte (Linke) kritisierte das bisherige würden. „Solche krassen der materiellen Rechtsla- der Kritikpunkte in der Öffentlichkeit saubere Netzwerke sind deren Betreiber. Die Verhalten von „Facebook, Twitter und Co.“ Rechtsverletzungen“ seien, ge. Schon jetzt sei „klar, schon aufgenommen und werde sie im räumen die Probleme ein, haben aber bisher IN DIESER WOCHE scharf. „Aber der jetzt eingebrachte Gesetz- „hunderttausendfach ausgesprochen, ge- dass die Meinungsfreiheit Grenzen hat“. weiteren Gesetzgebungsverfahren berück- nicht effektiv gegensteuern können. Wohl entwurf wird neue Probleme schaffen“, postet und geteilt auch eine gravierende Schon jetzt seien Plattformen mitverant- sichtigen. Der Kritik an der späten Vorlage auch, weil erst allmählich deutlich wird, dass INNENPOLITIK sagte sie voraus. Und zwar deshalb, weil er Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie, wortlich, so wie auch beispielsweise Zei- des Gesetzentwurfs hielt Fechner entgegen, gesetzwidrige Posts nicht mit einem automati- Verbraucher Bundesregierung legt Bericht „die Durchsetzung am Ende doch wieder- wenn sie folgenlos bleiben“. Notz warf tungen verpflichtet seien, Leserbriefe vor die Grünen hätten auch erst im April 2017 sierten Verfahren zu erkennen und entfernen für 2016 vor Seite 5 um in Hände legt, in die sie nicht gehö- Maas vor, er komme „in der letzten Kurve Veröffentlichung rechtlich zu prüfen. Sie einen zudem unspezifischen Antrag zur sind. Handarbeit ist also gefragt. Und die kos- ren“. Denn die Plattformen selbst bekämen der Legislatur mit einem wüsten Gesetz verwies darauf, dass im Bundesrat Landes- Bekämpfung von Strafrechtsverstößen im tet Geld. Immerhin hat Facebook inzwischen EUROPA UND DIE WELT die rechtliche Einordnung von Beschwer- um die Ecke“, das nicht die Probleme löse, regierungen unterschiedlichster politischer Netz eingebracht. Peter Stützle T angekündigt, tausende Mitarbeiter im Be- Frankreich Bundestag debattiert über schwerde-Management einzustellen. Macrons Ideen zur EU-Finanzpolitik Seite 7 Die Initiative von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zum „Gesetz zur besseren Rechts- WIRTSCHAFT UND FINANZEN durchsetzung in sozialen Netzwerken“ ist also Sozialer Wohnungsbau Opposition will nur folgerichtig. Mit Zensur oder einer Be- Zusatzmaßnahmen für Mieter Seite 10 Das »Netzwerkdurchsetzungsgesetz« schneidung der Meinungsfreiheit, wie Kritiker ENTWURF Die Zielrichtung ist klar, der Regelungsinhalt komplex. Und die Zeit zur Beratung ist knapp behaupten, hat das nichts zu tun. Denn das KEHRSEITE Prinzip, dass Betreiber publizistischer Angebo- Stipendiaten Die US-Austauschschüler in Gesetz, das dazu dient, ein an- Eingebracht haben den Gesetzentwurf die te, egal ob digital oder gedruckt, rechtlich für treffen sich zum Berlin-Tag Seite 14 deres Gesetz durchzusetzen, ist Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD. Inhalte verantwortlich sind, ist nichts Neues. eher ungewöhnlich. Genau das Der Gesetzestext ist identisch mit einem Jede Redaktion kann zur Rechenschaft gezo- aber ist das sogenannte Netzwerk- zuvor vom Bundesjustizministerium vor- gen werden, wenn ein Text gegen Gesetze ver- MIT DER BEILAGE Edurchsetzungsgesetz (NetzDG). Durchzu- bereiteten und vom Kabinett beschlosse- stößt. Das gilt auch für Leserbriefe und -kom- setzen gilt es die Verpflichtung nach dem nen Gesetzentwurf, zu dem zunächst der mentare, also externe Inhalte, die nicht aus der Telemediengesetz, bekannt gewordene Bundesrat Stellung nehmen muss. Durch Feder redaktioneller Autoren stammen. strafbare Inhalte auf Internet-Plattformen den parallel eingebrachten Fraktionsent- Die publizistische Pflege ist mühsam und eine umgehend zu löschen. wurf können die Bundestagsausschüsse so- Aufgabe für Profis. Das ist in der Euphorie Adressaten sind Facebook, Twitter und fort mit der Beratung beginnen, das spart über die neuen Netzwerke, die angeblich un- Youtube, gewinnorientierte Konzerne, die Zeit. Voraussichtlich wird es in der vorletz- gefilterter, schneller und realistischer informie- hierzulande als „soziale Netzwerke“ be- ten Juniwoche eine Anhörung geben, in ren, lange Zeit übersehen worden. Gewiss, die- zeichnet werden. Da besonders üble Ein- der Woche darauf könnte die Schlussab- se Netzwerke haben die Kommunikation ver- träge auf ihren Plattformen oft besonders stimmung anstehen. Der Bundesrat könnte ändert. Sie haben Menschen eine Stimme ge- viele Klicks und damit Werbeeinnahmen dann am 7. Juli die Gesetzgebung abschlie- geben, die sonst zum Schweigen verurteilt ge- bringen, haben sie wenig Interesse, diese ßen. Rufen die Länder den Vermittlungs- wesen wären. Damit wurden auch politische zu entfernen. Künftig sollen auch „Fake News“ rasch gelöscht werden. © picture-alliance/Bildagentur-online ausschuss an, könnte eine Bundestags-Son- Entwicklungen beeinflusst. Im Guten, etwa Mit dem neuen Gesetz sollen die Platt- dersitzung kurz vor der Bundestagswahl beim Widerstand gegen autokratische Struktu- formbetreiber nun verpflichtet werden, ein nötig werden. Ohne Einigung müsste der ren. Aber auch im Schlechten, wie beim Wahl- wirksames und transparentes Verfahren für werden. Vierteljährlich müssen die Betrei- nicht im Inland begangen wird.“ Zur Klä- nächste Bundestag von vorn beginnen – kampf mit Lügen und Halbwahrheiten. Das Parlament den Umgang mit Beschwerden vorzuhal- ber einen Bericht über ihren Umgang mit rung, ob ein nicht gelöschter Inhalt rechts- zur Freude von Facebook und Co. pst T Für jedermann nutzbare Netzwerke sind aus Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH ten, das für Nutzer leicht erkennbar, un- Beschwerden veröffentlichen, auch auf der widrig ist, muss das für die Durchführung der Medienwelt nicht mehr wegzudenken. 60268 Frankfurt am Main mittelbar erreichbar und ständig verfügbar eigenen Homepage. zuständige Bundesamt für Justiz eine ge- Auch wenn es nicht gelingen wird, ihren Miss- ist. Für Verstöße gegen diese Bestimmungen richtliche Entscheidung herbeiführen. Für brauch gänzlich zu verhindern, kann eine breit 12221 Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müs- sieht der Gesetzentwurf Bußgelder von bis den Umgang mit den deutschen Behörden angelegte öffentliche Debatte zu mehr Sorg- sen in der Regel innerhalb von 24 Stunden zu 50 Millionen Euro vor. Ausdrücklich und Gerichten müssen die Plattformbetrei- falt im Umgang mit diesen Plattformen anre- Weiterführende Links zu den nach Eingang der Beschwerde entfernt oder heißt es: „Die Ordnungswidrigkeit kann ber einen inländischen Zustellungsbevoll- Themen dieser Seite finden gen. Besonders bei der jüngeren Generation 4 194560 401004 gesperrt sowie zu Beweiszwecken gesichert auch dann geahndet werden, wenn sie mächtigten benennen. Sie in unserem E-Paper ist es dafür höchste Zeit. 2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

Frau Schön, Justizminister Heiko Euro. Das sind saftige Beträge. GASTKOMMENTARE Maas (SPD) will gegen Hasskommenta- Bußgelder soll es nicht geben, wenn ein re, Drohungen und absichtliche Falsch- Betreiber einen Beitrag nicht innerhalb der HILFT SELBSTKONTROLLE BEI NETZWERKEN? meldungen („Fake News“) im Internet Frist entfernt hat. Sie sollen nur verhängt vorgehen. Welche Dimension hat das werden, wenn ein Unternehmen sich Thema inzwischen? grundsätzlich weigert, die im Gesetz gefor- Die Hetze im Internet hat tatsächlich oder »Das sind derten Strukturen zu schaffen – wenn es al- zumindest gefühlt zugenommen. Zwar gab so keinen vorladungsfähigen Ansprech- Flankierend regeln es immer schon extremes Gedankengut, partner in Deutschland installiert und kei- aber durch die sozialen Netzwerke werden ne Beschwerdestelle einrichtet, die das rüher war es vor allem die Korruption, die ei- Meinungen heute schneller verbreitet. Prüfverfahren einleitet. Facebook und Co. PRO ne Gesellschaft und einen Staat zersetzen Menschen, die radikale Meinungen vertre- muss klar sein, dass uns die Einhaltung konnte. Heute kommen der Hass im Netz, ten, treffen leichter auf andere Menschen dieser Vorgaben wichtig ist. Deshalb die Fdie Pöbeleien gegen alles und jeden sowie mit ähnlichen Ansichten – und leben dann sensible hohen Bußgelder. die vielen Falschnachrichten dazu. Das kann nie- irgendwann in ihrer eigenen Filterblase. mand hinnehmen, dem dieses Land und diese Ge- Vor allem bleiben Drohungen oder belei- Allein Facebook hat 30 Millionen sellschaft am Herzen liegen. digende Äußerungen oft einfach im Netz Nutzer in Deutschland. Haben Plattfor- Auch kann niemand akzeptieren, dass multinatio- stehen. Das müssen wir als wehrhafte De- men mit solchen Dimensionen überhaupt nale Internetunternehmen, die ohnehin schon den mokratie in den Griff bekommen. die Ressourcen, um die Flut an Beiträgen Alltag der Menschen in vielen Bereichen bestim- zu überprüfen? men und kontrollieren, sich dem Kampf gegen die- Betreiber sozialer Netzwerke sind Fragen« Sie müssen ja nicht proaktiv jeden neuen ses gefährliche Phänomen weitgehend entziehen. laut Telemediengesetz schon jetzt ver- Eintrag prüfen, sondern nur die gemelde- Das hat nichts mit der Aufforderung zur Zensur zu pflichtet, rechtswidrige Inhalte zu entfer- ten. Wobei das natürlich auch sehr viele tun. Aber die Grenzen zwischen Meinungsfreiheit nen. Warum braucht es ein neues Gesetz? NADINE SCHÖN Die CDU-Abge- sein werden. Aber darunter wird es viele und Demokratiefeindlichkeit sind im Netz immer Weil es in der Praxis nicht funktioniert und geben, die ganz offensichtlich nicht straf- öfter fließend. Das muss nicht so sein, wenn Kon- die Opfer von Hasskommentaren selten zu ordnete fordert Nachbesserungen rechtlich relevant sind und weitere, die zerne wie Facebook ihre eigenen Standards ein- ihrem Recht kommen. Versuche, das ganz klar gegen Gesetze verstoßen. Span- hielten. In denen steht glasklar, dass Botschaften, durchzusetzen, verlaufen meistens im San- am »Facebook-Gesetz«. Die nend ist der Graubereich dazwischen. Hier

© Krohnfoto die Menschen wegen ihrer Rasse, Religion oder de, weil es sehr mühsam ist, überhaupt ei- wird die Prüfung sicher länger dauern. Hagen Strauß, sexuellen Orientierung angreifen, sofort entfernt nen Ansprechpartner bei internationalen Meinungsfreiheit dürfe keinesfalls »Saarbrücker Zeitung«. werden. Nur zu. Und zwar ohne Wenn und Aber. Großkonzernen wie Facebook und Twitter Menschen, die ihre Persönlichkeits- Falls nötig, mit hohem personellen Aufwand. Auch zu finden. Mit dem Gesetz wollen wir der ausgehöhlt werden rechte verletzt sehen, sollen sich künftig im Internet gilt überdies das Strafrecht. bisherigen Regelung mehr Geltung ver- direkt an die Netzwerke wenden und he- Das Ungezügelte ist das Kernproblem. Dem muss schaffen. Die Betreiber sollen Strukturen rausfinden können, von wem ein Kom- der Staat etwas entgegensetzen, weil er sich nicht schaffen, die es ermöglichen, strafbare In- mentar stammt. Ist das nicht das Ende auf die Versprechungen der Unternehmen verlas- halte schneller zu entfernen. Tun sie es der Anonymität im Internet? sen kann. Facebook & Co sind keine gemeinnützi- nicht, drohen Bußgelder. Das ist definitiv eine Gefahr. Deshalb wol- gen Vereine, auch wenn sie gerne so tun. Deswe- len wir als Digitalpolitiker der Unionsfrak- gen hat der Gesetzgeber gar keine andere Wahl, Haben Sie persönlich schon schlechte tion im Gesetz unbedingt einen Richter- als die Selbstkontrolle flankierend zu regeln, wohl Erfahrungen mit Beleidigungen oder gar vorbehalt verankern. Wir müssen verhin- wissend um die Probleme, die damit verbunden Drohungen im Internet gemacht? dern, dass jeder X-Beliebige sich an Face- sein können. Ob nun technischer Natur oder durch Auf meiner Facebook-Seite gibt es immer book wenden und verlangen kann: Gib das Entstehen digitaler Grauzonen. Niemand will mal wieder Posts, die gegen meine Neti- mir mal die Daten von Nadine Schön. das Netz autoritär beschränken. Aber gar nichts zu quette verstoßen. Gravierende oder sogar tun, wäre verwerflich. Weil man die Konzerne da- strafrechtlich relevante Äußerungen waren Mal ehrlich: Hilft es im Kampf gegen mit aus ihrer Eigenverantwortung entlassen wür- bisher nicht dabei. Meistens weise ich die Hass und Hetze im Internet, wenn ein de – und ein stückweit auch die Nutzer. Personen darauf hin, nur selten entferne einzelnes Land Regeln vorgibt? Wäre es ich Kommentare. Man muss auch immer nicht sinnvoller, wenn die Europäische genau unterscheiden: Was ist wirklich straf- Union hier Maßnahmen ergreift? bar und was entspricht nur nicht dem gu- Zum einen werden die Betreiber sozialer Rückzug vom Recht ten Umgangston? Diese Frage berührt ei- Netzwerke mit dem Gesetz verpflichtet, in nen sehr sensiblen Punkt. Deutschland aktiv zu werden, egal aus wel- elten war die Redewendung vom Bock, der chem Land ein Kommentar stammt. Zum CONTRA zum Gärtner gemacht wird, treffender: Bun- Kritiker des Gesetzes warnen davor, anderen aber haben Sie Recht: Es wäre tat- desjustizminister Heiko Maas (SPD) möchte dass private Unternehmen darüber ent- sächlich sinnvoller, die Probleme europä- Ssoziale Netzwerke wie Facebook verpflichten, scheiden sollen, wo die Grenze zwischen isch zu lösen. Wir sind dazu auch bereits „offensichtlich rechtswidrige Inhalte“ zu löschen Meinungsfreiheit und Strafbarkeit ver- im Gespräch mit unseren Kollegen in Eu- oder zu sperren. Ansonsten droht eine Geldstrafe läuft. Wie wollen Sie verhindern, dass ei- ropäischen Parlament. Noch haben wir al- von bis zu 50 Millionen Euro. Dabei zielt das „Ge- ne Form von Zensur etabliert wird? lerdings Probleme mit dem nationalen Ge- setz zur Rechtsdurchsetzung“ genannte Vorhaben Ich kann den Vorwurf, dass wir den priva- setz. auf eine Selbstverpflichtung dieser Plattformen. Sie ten Unternehmen die Entscheidung über- sollen innerhalb einer eng bemessenden Frist gegen tragen, was Wahrheit oder Lüge ist, durch- Welche? Tatbestände wie Verleumdung oder Volksverhet- aus nachvollziehen. Zu regeln, wer was Wir müssen es bei der EU noch notifizie- zung vorgehen. Die Datenkonzerne, dessen Ge- wann prüfen und gegebenenfalls löschen ren, um einen möglichen Verstoß gegen schäftsmodell aus der unbedingten Reichweitener- muss, kommt tatsächlich einer Gratwande- europäische Regeln auszuschließen. Die höhung besteht, sollen also auf Fake News und Ha- rung gleich. Klar ist: Wir wollen die Mei- diesbezügliche Stillhaltefrist endet Ende te Speech verzichten, auf den reichweitefördernden nungsfreiheit schützen und nicht aushöh- Juni. National müssen wir unter anderem Krawall – wenn er denn strafbar ist. len, schon deshalb müssen wir sehr vor- noch sehr genau festlegen, für wen das Ge- Von einer Rechtsdurchsetzung kann hier allerdings sichtig sein. Es ist ungünstig, dass das Jus- setz eigentlich gilt. Derzeit ist unklar, wer nicht die Rede sein, jedenfalls dann nicht, wenn tizministerium das Gesetz erst jetzt, so davon alles erfasst wird. Natürlich geht es ©Privat Christian Schlüter, sie als die vornehmste Aufgabe eines Rechtsstaats kurz vor der Sommerpause, vorgelegt hat. um die Branchengrößen wie Facebook, »Berliner Zeitung«, verstanden wird. Stattdessen avancieren Internet- Uns bleibt damit nicht viel Zeit für die par- Twitter und Youtube. Messengerdienste wie »Berliner Kurier« firmen zu quasi-staatlichen Zensuragenturen. Sie lamentarische Beratung. Wir müssen den Whatsapp sollten wir aber ausdrücklich werden in vorauseilendem Gehorsam schon beim Entwurf trotzdem gut prüfen und gegebe- ausschließen. Die private Kommunikation leisesten Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines In- nenfalls nachbessern. Sorgfalt geht vor darf auf keinen Fall betroffen sein. halts eingreifen – allein der hohen Geldstrafen Schnelligkeit. wegen. Dabei müssen sie Sachverhalte bewerten, © nadineschoen.de zu deren Überprüfung Gerichte oft längere Prozes- Was ist besonders strittig? Das Gespräch führten Claus-Peter se über mehrere Instanzen benötigen. Das Gesetz Eine zentrale Frage ist: Wer definiert, ob Kosfeld und Johanna Metz. T möchte uns solche Umstände ersparen. Und er- ein Inhalt strafbar ist oder nicht? Sie beant- nicht, sondern eine vom Staat kontrollierte Es muss auf jeden Fall machbare Fristen weist sich damit als Rechtsrückzugsgesetz: Priva- wortet der bisherige Entwurf nur ungenü- und von den Unternehmen finanzierte In- geben. Bei eindeutigen Fällen von Volks- Nadine Schön (CDU) sitzt seit 2009 im te, nur ihrem Gewinn verpflichtete Firmen werden gend. Die Unionsfraktion hat bereits An- stanz, die alle Sachverhalte nach klaren verhetzung oder Rufmord haben die Be- Bundestag und ist als stellvertretende gleichermaßen zu Fahndern und Richtern. fang des Jahres in einem Positionspapier Kriterien prüft. troffenen ein berechtigtes Interesse, ent- Fraktionsvorsitzende zuständig für die Hier, im Privaten, muss das Prinzip der Gewalten- vorgeschlagen, ein Gremium zur Selbst- sprechende Einträge schnell aus dem Netz Bereiche „Familie, Senioren, Frauen teilung selbstverständlich nicht mehr gelten. Und kontrolle zu schaffen, eine Art „regulierte Nach den bisherigen Plänen sollen entfernen zu lassen. Klar ist aber auch, dass und Jugend“ sowie „Digitale Agenda“. der Rechtsstaat, dessen Pflege die Pflicht des Jus- Selbstregulierung“. Solche Gremien gibt es die Betreiber offensichtlich rechtswidrige Grenzfälle einer längeren Prüfung bedür- tizministers doch wäre, hat sich in diesem unheim- bereits, etwa im Bereich des Jugendschut- Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach fen. Wir müssen unbedingt verhindern, lichen Privatisierungsfuror einfach aufgegeben. zes – denken Sie an die Freiwillige Selbst- Eingang der Beschwerde entfernen, weni- dass die Unternehmen aus Angst vor Buß- kontrolle der Filmwirtschaft (FSK). Über- ger offensichtlich strafbare Inhalte inner- geldern Einträge voreilig löschen. tragen auf die Internetplattformen würde halb von sieben Tagen. Ist eine gründli- Weiterführende Links zu den Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. das bedeuten, dass nicht die Plattformbe- che Prüfung in dieser Zeit überhaupt Im Entwurf ist die Rede von Bußgel- Kontakt: [email protected] Themen dieser Seite finden treiber entscheiden, was geht und was möglich? dern in Höhe von bis zu 50 Millionen Sie in unserem E-Paper

PARLAMENTARISCHES PROFIL

Herausgeber Deutscher Bundestag Fotos Abonnement Der Nord-Grüne: Konstantin von Notz Platz der Republik 1, 11011 Berlin Stephan Roters Jahresabonnement 25,80 €; für Schüler, Studenten und Auszubildende (Nachweis erforderlich) 13,80 € (im Ausland zuzüglich Versandkosten) Mit der ständigen Beilage Alle Preise inkl. 7% MwSt. as ganze Verfahren ist unmöglich“, empört sich Konstan- liche Dokument wegen angeblicher „Kinderpornografie“. Es entspann Der 46-jährige Konstantin von Notz tritt im Bundestag gerne im feinem Redaktionsschluss Aus Politik und Zeitgeschichte Kündigung jeweils drei Wochen vor 19. Mai 2017 tin von Notz, Vize und netzpolitischer Sprecher der Grü- sich eine heftige Debatte über Zensur im Netz. Erst dadurch stellte Fa- Anzug und Krawatte auf, er bemüht sich trotz scharfer Reden um feine ISSN 0479-611 x Ablauf des Berechnungszeitraums. (verantwortlich: Bundeszentrale Ein kostenloses Probeabonnement nen-Fraktion. Erst „auf der letzten Kurve der Legislaturpe- cebook das Foto wieder online. „Die Zensurdebatte zeigt uns, wie sen- Manieren, sein Haar ist gegelt. Die Bundestagskarriere des promovier- für politische Bildung) für vier Ausgaben kann bei unserer riode“ wolle Justizminister Heiko Maas (SPD) noch schnell sibel das Thema ist“, sagt von Notz. „Dieses Problem wird es oft ge- ten Juristen und Anwalts aus dem holsteinischen Mölln mit Schwer- Vertriebsabteilung angefordert Dsein Netzwerkdurchsetzungsgesetz durchpauken – wo es doch um den ben, wenn im Netz gelöscht wird. Der Gesetzentwurf von Maas wird punkten Internet und Bürgerrechten begann 2009. Vor vier Jahren wur- Druck und Layout werden. Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH „sensiblen Bereich“ der Meinungsfreiheit gehe und man entsprechend leider einer notwendigen Differenzierung nicht gerecht.“ de er stellvertretender Fraktionsvorsitzender für den Riesenbereich In- Anschrift der Redaktion Kurhessenstraße 4–6 Namentlich gekennzeichnete Artikel Zeit für Debatten brauche. Dazu mit „mysteriösen Veränderungen“ im Vor allem, weil es um Grundrechte geht:Was ist Meinungsfreiheit, was nen, Justiz und Gesellschaftspolitik. Als Obmann im NSA-Untersu- (außer Beilage) 64546 Mörfelden-Walldorf stellen nicht unbedingt die Meinung Platz der Republik 1, 11011 Berlin der Redaktion dar. Für unverlangte Gesetzestext nach einem Referentenentwurf. Von Notz: „Angesichts Persönlichkeitsverletzung, was Volksverhetzung bei grenzwertigen Äu- chungsausschuss wurde von Notz zum bundesweit bekannten Gesicht, Telefon (030)2 27-30515 Einsendungen wird keine Haftung der dringlichen Probleme von Hatespeech und Fakenews hätte das The- wenngleich immer im Schatten vom Alt-68er Hans-Christian Ströbele. Telefax (030)2 27-36524 übernommen. Nachdruck nur mit Internet: Leserservice/Abonnement Genehmigung der Redaktion. ma schon lange auf der Gesetzesagenda der Regierung stehen müssen...... Von Notz´ bundespolitischer Aufstieg drohte aber zuletzt zu stocken, als http://www.das-parlament.de Frankfurter Societäts-Medien GmbH Für Unterrichtszwecke können Kopien Stattdessen hat sich Maas allzu lange damit begnügt zu sagen: ,Wir der grüne Nord-Star Robert Habeck Spitzenkandidat der Grünen für die E-Mail: c/o InTime Media Services GmbH in Klassenstärke angefertigt werden. müssen mit Facebook reden.´“ »Angesichts der dringlichen Bundestagswahl 2017 werden wollte und dann von Notz vom sicheren redaktion.das-parlament@ Postfach 1363 bundestag.de 82034 Deisenhofen Für den Grünen aus Schleswig-Holstein sind inflationäre Hassbekun- Probleme von Hatespeech Platz 2 der Landesliste Schleswig-Holstein verdrängt hätte. Doch der Telefon (089) 8 5853-832 dungen und Falschmeldungen im Netz in Zeiten von Facebook,Youtube Kieler Umweltminister scheiterte Anfang 2017 knapp in einer Urabstim- Telefax (089) 8 5853-62832 hätte das Thema schon E-Mail: fs-medien@ und Twitter zum Problem geworden. Allerdings müsse das Instrumenta- lange auf der Gesetzes- mung gegen Cem Özdemir und so wurde von Notz im Februar erneut Chefredakteur intime-media-services.de rium zur Bekämpfung rechtswidriger Inhalte auch rechtsstaatlich sein. auf Platz 2 gewählt. „Ich bin sehr froh darüber“, sagt von Notz. „Was Jörg Biallas (jbi) agenda stehen müssen.« Notz: „Wir brauchen konsequenten Persönlichkeitsschutz. Es darf sich ich im Bundestag mache, tue ich sehr gerne.“ Das sagt er auch zu Spe- © DBT/Achim Melde eben keine Zensurmaschine entwickeln.“ Wegen der Gefahren von kulationen („eine große Ehre“), er könne in eine von den Grünen mit- Verantwortliche Redakteure Anzeigenverkauf, Rechtsstreitigkeiten und hoher Strafandrohungen im Maas-Gesetz – getragene Bundesregierung einziehen. Claudia Heine (che) Anzeigenverwaltung, „Das Parlament“ bis zu 50 Millionen Euro – würden Internetfirmen künftig „in dubio pro ßerungen? „Oft sind Firmen überfordert, das zu entscheiden. Das Konstantin von Notz gilt als Realo in seiner Partei, der nicht ewig in der Alexander Heinrich (ahe), stellv. CvD Disposition ist Mitglied der Claus Peter Kosfeld (pk) Frankfurter Societäts-Medien GmbH Informationsgesellschaft Löschung“ handeln, wenn das Gesetz so komme. Dies werde einer frei- muss aber sorgfältig geklärt werden. Da kommen wir bei kniffligen Opposition sein will. Unter Rot-Rot-Grün oder eher Schwarz-Grün-Gelb? Hans Krump (kru), CvD c/o InTime Media Services GmbH zur Feststellung en Gesellschaft, in der Diskussion und kritische Stimmen heute viel Fällen an einer gerichtlichen Klärung nicht vorbei.“ Dies klammere das Dazu äußert er sich nicht, auch weil beides „sehr komplizierte“ Koali- Hans-Jürgen Leersch (hle) Postfach 1363 der Verbreitung von Johanna Metz (joh) 82034 Deisenhofen Werbeträgern e. V. (IVW) über Netzwerke im Internet liefen, nicht gerecht, meint von Notz. Gesetz aus, wo vor allem auf „offensichtlich rechtswidrige Inhalte“ tionen wären. Das Grünen-Tief in Umfragen besorgt ihn nicht: „Vier Kristina Pezzei (pez) Telefon (089) 8 5853-832 Wie diffizil die vielen Grenzfälle sein können, zeigt Konstantin von abgestellt werde. Für von Notz bringt deshalb Minister Maas wegen Monate bis zur Wahl sind eine lange Zeit. Da kann sich viel ändern, sie- Sören Christian Reimer (scr) Telefax (089) 8 5853-62832 Für die Herstellung der Wochenzeitung Helmut Stoltenberg (sto) E-Mail: fs-medien-anzeigen@ „Das Parlament“ wird ausschließlich Notz am berühmten Foto des „Napalm-Mädchens“ von 1972 aus Viet- des „sehr späten Zeitpunkts“ der Lesungen den Erfolg des Gesetzes he der Hype um Martin Schulz.“ Mountainbikefahren und Pilzesammeln Alexander Weinlein (aw) intime-media-services.de Recycling-Papier verwendet. nam. Weil das Mädchen nackt war, löschte Facebook das zeitgeschicht- selbst in Gefahr. sind Hobbys des verheirateten Vaters mit kleinem Kind. Hans Krump T Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 THEMA DER WOCHE 3

Die sozialen Netzwerke im Internet verheißen interessante Informationen, Kontakte und Freundschaft. Aber längst treten auch die Schattenseiten hervor: Fälle von Mobbing, Beleidigungen und Drohungen machen vielen Nutzern Angst. © picture-alliance/dpa Das große Versprechen SOZIALE NETZWERKE Hassbotschaften im Internet nehmen rapide zu. Das Vorgehen dagegen birgt rechtsstaatliche Risiken

em Hass hat das Internet sowie terroristische, kinderpornografische Untätigkeit unterstellt. Nun wird dem Mi- Nackt im Netz Allerdings löscht Facebook gestaltet, dass fraglich ist, ob es überhaupt haben der Regierung populär. Bei einer eine ganz neue Dimensi- und pornografische Inhalte. Wenn ein nister eher eine Überreaktion vorgeworfen. legale Inhalte bekanntlich jetzt schon, ins- je zu Bußgeldern gegen Netzwerke kom- Umfrage im April hielten 70 Prozent der on eröffnet. Seine Reich- Netzwerk auf ein funktionierendes Be- Rund 30 Organisationen, vom Chaos besondere wenn es um Nacktheit geht. Da- men wird. Schließlich muss in jedem Ein- Befragten das Gesetz für sinnvoll, nur weite ist größer als früher, schwerdemanagement verzichtet, kann Computer Club bis zum Deutschen An- bei werden manchmal auch ganz uneroti- zelfall, auf den sich das Bundesamt für Jus- 21 Prozent zweifelten daran. Inzwischen die Verbreitung fällt künftig das Bundesamt für Justiz Geldbu- waltverein, tragen inzwischen eine „Dekla- sche Inhalte entfernt, etwa ein Video zum tiz berufen will, zunächst das Amtsgericht zeigt sich aber, dass es ein strategischer leichter und er bleibt ßen bis zu 50 Millionen Euro verhängen. ration für Meinungsfreiheit“, in der das ge- Thema Brustkrebs. Und es gehört zu den Bonn entscheiden, ob der Inhalt wirklich Fehler von Maas war, den Gesetzentwurf Ddauerhaft auffindbar – denn das Netz ver- Es geht hier aber nicht um einzelne falsch plante Gesetz kritisiert wird. Der grund- Seltsamkeiten dieser Debatte, dass die Fa- rechtswidrig war. Es müsste also Dutzende erst so spät einzubringen. Zwei Entwick- gisst nicht. Doch wenn es um das Löschen eingeschätzte Postings, sätzlichste Einwand lautet, cebook-Richtlinien auch Gerichtsverfahren geben, lungen könnten nun dazu führen, dass es strafbarer Inhalte von ihren Plattformen sondern um ein systemati- hier wälze der Staat Aufga- bei Hassbotschaften eigent- bevor auch nur ein Bußgeld nicht mehr gelingt, die Novelle noch in geht, engagieren sich Soziale Netzwerke sches Versagen. Dies hat ben auf Private ab, die Kon- lich strenger sind als das verhängt werden kann. dieser Wahlperiode ins Gesetzblatt zu be- wie Facebook bisher viel zu wenig. Beim die Koalition inzwischen Die Facebook- trolle des Rechts werde pri- deutsche Recht. So müss- Fanatische kommen: Da ist zum einen die europäi- Streit der Meinungen propagiert Facebook in der Begründung des Ge- Richtlinien vatisiert. Statt Facebook ten Botschaften, die Men- Hassprediger Fanatische Hassprediger sche Ebene. Wenn ein Mitgliedstaat neue lieber das Prinzip der „Counter-Speech“. setzentwurfs noch einmal sollten nur Gerichte über schen „aufgrund von Rasse, Der Berliner Richter Ulf Bu- technische Vorschriften für Waren oder Nutzer sollen Hasskommentaren wider- ausdrücklich klargestellt. bei Hassbot- die Strafbarkeit von Inhal- Ethnizität, nationaler Her- können ermeyer, zugleich Vorsitzen- Dienste der Informationsgesellschaft ein- sprechen, statt nach der Polizei zu rufen. Die Anforderungen sollen schaften sind ten entscheiden. kunft“ angreifen, sofort ständig der der Gesellschaft für führt, muss er dies der EU-Kommission Wenn es um Straftaten wie Beleidigung, für alle Plattformen gelten, Allerdings sind die sozialen entfernt werden. Soweit Freiheitsrechte, hält den und den anderen EU-Staaten notifizieren Verleumdung oder gar Morddrohungen die in Deutschland mehr strenger als Netzwerke schon seit 2007 geht das deutsche Straf- neue Gesetzentwurf sogar für (mitteilen). Diese haben dann drei Monate geht, kann das aber nicht genügen. als zwei Millionen Mitglie- das deutsche verpflichtet, rechtswidrige recht nicht. Sprüche nicht zupackend genug, Zeit, um den Gesetzentwurf zu prüfen. In Ein neues Gesetz, um gegen Hassbotschaf- der haben. Sie betreffen Inhalte „unverzüglich“ zu Trotz der strengen eigenen weil er sich ganz auf das dieser Stillhaltefrist kann das Gesetz nicht ten vorzugehen, wollte Bundesjustizminis- damit zumindest Face- Recht. entfernen, sobald sie davon Richtlinien hat Facebook posten. Löschen von Inhalten im beschlossen werden. Der Entwurf zum ter Heiko Maas (SPD) zunächst vermeiden. book, Youtube und Twitter. Kenntnis erlangt haben. bisher aber eher eine Poli- Internet konzentriere statt NetzDG wurde Ende März notifiziert, die Der Minister setzte auf Selbstverpflichtun- Ausgenommen sind laut Das ist so im Telemedien- tik des Laissez Faire betrie- die Strafverfolgung zu ver- Frist endet Ende Juni, kurz vor der letzten gen. Im Herbst 2015 richtete er eine mit In- Begründung des jüngsten Koalitionsent- gesetz geregelt. Das NetzDG definiert nur, ben. Es scheint ökonomisch interessanter bessern. Selbst wenn es gelänge, dass ein- regulären Sitzungswoche im Bundestag. ternetfirmen und zivilgesellschaftlichen wurfs Dienste der Individualkommunikati- was „unverzüglich“ bedeutet. Und die dro- zu sein, dem Hass der Massen ein Zuhause deutig strafbare Hassbotschaften stets bin- Verbänden besetzte Task Force ein. Tatsäch- on, also E-Mail-Provider wie GMX und hende Geldbuße soll sicherstellen, dass die zu geben, als Konflikten aus dem Weg zu nen Zeitnot Wenn Bedenken im Hinblick auf lich versprachen die Konzerne alsbald: Messaging-Dienste wie WhatsApp. Auch Unternehmen ihrer Pflicht auch nachkom- gehen. Es spricht deshalb wenig dafür, dass 24 Stunden gelöscht werden, wäre das den Binnenmarkt geäußert werden, verlän- „Die Mehrzahl der gemeldeten Inhalte Plattformen mit einer thematischen Ein- men. Facebook seine ökonomischen Präferen- nicht ausreichend. „Ein einziger Tag ist auf gert sich die Frist um einen Monat. Irland werden in weniger als 24 Stunden geprüft grenzung, also zum Beispiel berufliche Bedeutender ist die Sorge, das NetzDG zen nach Inkrafttreten des NetzDG plötz- Facebook und Twitter eine halbe Ewigkeit; (wo Facebook seinen europäischen Sitz und, falls erforderlich, entfernt.“ Für Maas Netzwerke wie Xing, sowie journalistisch- könne zum „Overblocking“ führen, weil lich ändert. in der sogenannten Timeline erscheinen hat) könnte zum Beispiel einwenden, dass war dieses Versprechen aber eher peinlich, redaktionelle Angebote wie spiegel.de (in- die Netzwerke Beschwerden künftig unge- Ein Bußgeld von 50 Millionen Euro ist für ohnehin fast nur Posts, die in den letzten Deutschland hier Anforderungen für iri- denn die praktischen Erfahrungen waren klusive Kommentarspalten) müssen die prüft durchwinken. So würden dann auch einen Konzern wie Facebook, der allein im Minuten bis Stunden eingestellt wurden“, sche Unternehmen aufstellt. Beim Europäi- andere. Wer bei Facebook hetzerische In- spezifischen Anforderungen des Gesetzes legale Inhalte gelöscht, um sicherzustellen, vierten Quartal 2016 unglaubliche 3,7 Mil- sagt Buermeyer. Außerdem könnten fanati- schen Gerichtshof käme Irland damit zwar halte meldete, bekam auch weiterhin meist nicht erfüllen. dass das Netzwerk kein Bußgeld bezahlen liarden Dollar verdient hat, auch keine ein- sche Hassprediger ständig neue verletzende kaum durch, aber wegen der Fristverlänge- nur dir dürre Mitteilung: „Wir haben den muss. Künftig könne daher das Motto gel- schüchternde Summe. Und ein derartiges und einschüchternde Botschaften posten. rung wäre zumindest eine Sondersitzung von dir wegen Hassbotschaften oder -sym- Große Bedenken Doch seit Maas diesen ten „Im Zweifel gegen die Meinungsfrei- Bußgeld wird ja auch nur bei systemischen Nur wirksame strafrechtliche Sanktionen des Bundestags im Herbst erforderlich. bolen gemeldeten Beitrag geprüft und fest- Gesetzentwurf vorlegte, hat sich die öffent- heit“. Die kurzen Fristen von maximal sie- Mängeln verhängt, nicht bei Meinungsun- könnten die Hetzer davon abhalten, meint Störpotenzial birgt auch noch der deutsche gestellt, dass er nicht gegen unsere Ge- liche Diskussion spürbar verändert. Ihm ben Tagen seien auch völlig unzureichend, terschieden zu einzelnen Postings. der Strafrichter. Föderalismus. Die Länder müssen im Bun- meinschaftsstandards verstößt.“ wird nun nicht mehr Halbherzigkeit und um schwierige Abwägungen zu treffen. Das Verfahren ist sogar so kompliziert aus- Trotz der vielstimmigen Kritik ist das Vor- desrat zwar nicht zustimmen, aber wenn sie das Gesetz in den Vermittlungsaus- Beschwerden prüfen Die Kehrtwende be- schuss verweisen, dürfte es in dieser Wahl- reitete der Minister vor, indem er die Orga- periode wohl auch nicht mehr zustande nisation jugendschutz.net damit beauftrag- kommen. Möglicher Hebel könnte hier der te, die Versprechen der Netzwerke zu über- Einwand sein, dass Presse- und Rundfunk- prüfen. 540 Mal meldeten Testpersonen recht eigentlich Ländersache sind. Statt ei- daraufhin Fälle von Volksverhetzung oder nes Bundesgesetzes wäre daher ein Staats- den Gebrauch von Hakenkreuzen. Youtube vertrag der Länder die richtige Form für reagierte in 90 Prozent der Fälle, Facebook den geplanten Inhalt. Die Bundesregierung in nur 39 Prozent und Twitter lag mit ei- und die Koalition stützt ihre Gesetzentwür- nem Prozent abgeschlagen am Ende. fe dagegen auf die Bundeskompetenz für Als die Ergebnisse dieses Monitorings im das „Recht der Wirtschaft“. Darauf war bis- März 2017 veröffentlicht wurden, stellte her auch schon das Telemediengesetz ge- Maas parallel den Entwurf seines „Gesetzes stützt, das im NetzDG ja nur konkretisiert zur besseren Rechtsdurchsetzung in sozia- wird. Auch eine Klage in Karlsruhe hätte len Netzwerken“ (NetzDG) vor. Dieser Ge- wohl keinen Erfolg, doch ein Verweis in setzentwurf fordert von den Netzwerken den Vermittlungsausschuss würde einfach ein konsequentes Beschwerdemanagement. zu viel Zeit kosten. Christian Rath T Offensichtlich rechtswidrige Inhalte sollen binnen 24 Stunden gelöscht werden, sons- Der Autor ist freier tige rechtswidrige Inhalte binnen sieben rechtspolitischer Korrespondent. Tagen. Auch alle Kopien eines rechtswidri- gen Postings müssen beseitigt werden. Dieses Beschwerdemanagement soll aller- dings nicht für alle rechtswidrigen Inhalte gelten, sondern nur für Hassdelikte wie Be- Weiterführende Links zu den leidigung und Volksverhetzung, strafbare Themen dieser Seite finden Falschinformationen wie Verleumdungen Sie in unserem E-Paper 4 INNENPOLITIK Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

Was hilft gegen AUS PLENUM UND AUSSCHÜSSEN Arbeitsstress? Kinderrechte werden gestärkt ARBEIT Der Bundestag hat vergangene Wo- che zwei Anträge der Opposition abge- GESUNDHEIT Mit der Einrichtung eines zen- regelt werden Aufklärungs-, Dokumentations- lehnt, mit dem diese den Arbeitsstress von tralen Registers für Samenspender sollen Kin- und Meldepflichten. So können künftig Perso- Beschäftigten eindämmen wollten. Nach der aus künstlicher Befruchtung künftig Aus- nen, die meinen, durch eine Samenspende ge- den Vorstellungen der Linken (18/8724) kunft über ihre Abstammung erhalten können. zeugt zu sein, auch eine solche Auskunft bean- sollte unter anderem die gesetzliche Wo- Das beschloss der Bundestag in der vergange- tragen. Zugleich wird durch eine Ergänzung im chenhöchstarbeitszeit von 48 auf 40 Stun- nen Woche mit den Stimmen von Union und Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die gerichtli- den gesenkt werden. Die Bundesregierung SPD. Der in den Ausschussberatungen noch che Feststellung der rechtlichen Vaterschaft sollte darüber hinaus eine Anti-Stress-Ver- leicht veränderte Gesetzentwurf (18/11291; des Samenspenders ausgeschlossen. So soll ordnung erlassen, anhand derer Arbeitge- 18/12422) sieht einen Auskunftsanspruch für verhindert werden, dass an Samenspender im ber und Beschäftigte Ursachen für psy- jene Personen ab 16 Jahren vor, die durch eine Sorge-, Unterhalts- und Erbrecht Ansprüche chische Belastungen benennen und Gegen- Samenspende und künstliche Befruchtung ge- gestellt werden. maßnahmen ergreifen können. zeugt worden sind. Das bundesweite Samen- Linke und Grüne werteten die Reform als rich- Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen for- spenderregister wird beim Deutschen Institut tigen, aber zu kleinen Schritt und enthielten derte in ihrem Antrag (18/8241), Beschäf- für Medizinische Dokumentation und Informa- sich. So profitierten Altfälle nicht, ebenso blie- tigten mehr Zeitsouveränität zu ermögli- tion (DIMDI) eingerichtet. Dort sollen für eine ben die privaten sogenannten Becherspenden chen. Dazu sollte unter anderem ein Voll- Zeitspanne von 110 Jahren Angaben über die außen vor und solche, die aus dem Ausland zeit-Korridor mit Wahlarbeitszeiten im Samenspender und Empfängerinnen einer Sa- kämen. Das Gesetz könne nur der Einstieg sein Teilzeit- und Befristungsgesetz gehören. Im menspende gespeichert werden. Im Detail ge- in eine Reform des Kindschaftsrechts. pk T Bereich von 30 bis 40 Stunden pro Woche sollten Arbeitnehmer dadurch ihren Ar- beitszeitumfang nach oben oder unten an- passen können. Michael Gerdes (SPD) betonte, auch seine Vertretungsbefugnis für Ehepartner Fraktion sei vom Sinn einer Anti-Stress-Ver- ordnung überzeugt. Gerade kleinere Betrie- RECHTIDer Bundestag hat vergangene Wo- der Länder wurde im Rechtsausschuss aller- be bräuchten aber externe Hilfen, um den che mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen dings noch deutlich geändert. Anders als der Gesundheitsschutz für ihre Beschäftigten eine Reform des Betreuungsrechts beschlos- Bundesrat wollen die Abgeordneten des Bun- organisieren zu können, so Gerdes. sen. Der Gesetzentwurf des Bundesrates destages keine automatische Vertretungsvoll- Jutta Krellmann (Die Linke) verwies da- (18/10485; 18/12427) sieht vor, dass in Fällen, macht des Partners auch in finanziellen Ange- rauf, dass sich die Zahl der Krankheitstage in denen jemand etwa aufgrund eines Schlag- legenheiten, die mit den medizinischen zusam- aufgrund psychischer Erkrankungen seit anfalls nicht selbst über medizinische Maß- menhängen. Abgeordnete der Koalitionsfrak- 1997 verdreifacht habe. Aber die Koalition nahmen jenseits der unmittelbaren Notfallver- tionen argumentierten, damit solle die Gefahr zwinge den Beschäftigten mit immer neu- sorgung entscheiden kann, eine Vertretungs- eines möglichen Missbrauchs der automati- en Ausnahmen im Arbeitszeitgesetz immer befugnis des Ehepartners oder eingetragenen schen Vollmacht verringert werden. mehr Flexibilität auf, kritisierte sie. Lebenspartners angenommen wird, sofern die- An den Gesetzentwurf angefügt wurde eine Uwe Lagowsky (CDU) warf der Opposition se zusammenleben und keine ausdrückliche Erhöhung der Vergütung für Betreuer. Diese sei vor, den aktuellen Diskurs um einen zeit- Erklärung dem entgegensteht. seit zwölf Jahren nicht mehr angehoben wor- gemäßen Arbeitsschutz zu ignorieren. Hier Der Bundesrat begründete dies auch damit, den, was eine qualifizierte Betreuung gefähr- sei Deutschland jedoch sehr gut aufgestellt dass die meisten Eheleute davon ausgingen de, hieß es. Grüne und Linke sehen im Gesetz und habe unter anderem die Arbeitsstät- und erwarteten, dass sie diese Befugnis hätten noch zu große Missbrauchsmöglichkeiten tenverordnung konkretisiert. und nicht wüssten, dass darüber das Betreu- durch nicht wohlgesinnte Partner. Beide Frak- Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die ungsgericht entscheiden müsse. Der Entwurf tionen enthielten sich der Stimme. pst T Grünen) attestierte der Koalition: „Sie ha- ben sich untätig durch die Legislatur ge- mogelt.“ Den Vorschlag der Linken nach einer Wochenhöchstarbeitszeit von 40 Stunden lehnte sie ab. Wichtiger sei die Hinterbliebene bekommen Geld Mitsprache der Beschäftigten. „Wenn die Arbeitszeit beweglicher wird, sind die Men- RECHTIIWenn ein Mensch durch das Ver- digung in Geld für das zugefügte seelische schen weniger gestresst“, sagte sie. che T schulden eines anderen ums Leben kommt, Leid gegen den für die Tötung Verantwortli- sollen nahestehende Personen künftig vom chen“ vor. Durch die Formulierung vom “be- Verursacher ein Hinterbliebenengeld verlangen sonderen persönlichen Näheverhältnis“ soll si- Eine Geldkassette mit NPD-Loge bei einer Veranstaltung im Jahr 2010. Mit Grundgesetzänderungen soll verhindert werden, dass auch können. Dies sieht ein Gesetzentwurf chergestellt werden, dass nicht ausschließlich künftig staatliche Mittel in der Kasse der rechtsextremen Partei landen. © picture-alliance/ZB / Martin Schutt (18/11397) der Koalitionsfraktionen vor, den engste Verwandte oder Verpartnerte Anspruch KURZ NOTIERT der Bundestag vergangene Woche einstimmig auf das Hinterbliebenengeld erheben können, verabschiedet hat. sondern auch andere Personen, denen der To- Reihenfolge der Vornamen Bisher können Hinterbliebene nur dann desfall besonderes seelisches Leid bringt. kann neu bestimmt werden Schmerzensgeld vom Verursacher des Todes ei- Einen wortgleichen Gesetzentwurf (18/11615), nes Angehörigen verlangen, wenn sich eine der Bundesregierung erklärte der Bundestag Bürger sollen künftig die Reihenfolge ih- gesundheitliche Beeinträchtigung als Folge nach seiner Zustimmung zur Vorlage der Koali- rer Vornamen durch eine Erklärung vor des Todesfalls, ein sogenannter Schockscha- tionsfraktionen für hinfällig. dem Standesamt neu bestimmen kön- den, medizinisch nachweisen lässt. Das nun Der Bundesrat hatte einige Einwendungen er- nen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Geldhahn zu verabschiedete Gesetz sieht dagegen „im Fall hoben, die den Bundestag aber nicht über- Bundesregierung „zur Änderung perso- der fremdverursachten Tötung für Hinterblie- zeugten. Der Gesetzentwurf passierte schließ- nenstandsrechtlicher Vorschriften“ (18/ bene, die zu dem Getöteten in einem besonde- lich ohne Änderungen und mit Zustimmung al- 11612) vor, den der Bundestag vergange- PARTEIEN Bei festgestellter Verfassungsfeindlichkeit ren persönlichen Näheverhältnis standen, ei- ler Fraktionen die Fachausschüsse und auch ne Woche bei Enthaltung der Grünen in nen Anspruch auf eine angemessene Entschä- das Plenum. pst T modifizierter Fassung (18/12124) an- soll es künftig keine Staatsmittel mehr geben nahm. Wie die Regierung in der Vorlage ausführt, wollen zunehmend Bürger ihren im Alltag gebräuchlichen Vornamen in n der Ablehnung der NDP als ver- ordnung oder den Bestand der Bundesre- Jahren überprüfen zu lassen, ob sie immer Reisedokumente und andere behördliche fassungsfeindlicher Partei sind sich publik Deutschland gerichtete Zielsetzung noch verfassungswidrig sind“. Auch schaffe Unterlagen übernehmen. Dies könne pro- im Bundestag alle Fraktionen einig. zukünftig alleinige Tatbestandsvorausset- man keine „Lex NPD“, da das Gesetz für Koalition ist uneins blematisch sein, „wenn dieser Vorname Weniger Einigkeit herrscht dagegen zung für einen Ausschluss politischer Par- alle Parteien gelte, die sich gegen die Ver- FAMILIE Bundestag streitet über mehr Schutz für Kinder nicht der erste in ihrem Geburtseintrag in Fragen der Bekämpfung der teien von der staatlichen Parteienfinanzie- fassung wenden. Es handele sich allerdings angegebene Vorname ist“. sto T rechtsextremistischen Partei. Das rung sein“, heißt es in der Koalitionsvorla- nur um „einen Baustein im Engagement Die Bundesregierung will den Schutz von Änderungen sieht das Gesetz auch bei der Iwurde auch am Freitag bei der ersten Le- ge weiter. Über einen solchen Ausschluss gegen Extremisten in unserer Gesellschaft“. Kindern und Jugendlichen und deren Zusammenarbeit der Kinder- und Jugend- sung je eines Gesetzentwurfs der Koaliti- entscheiden soll den Gesetzentwürfen zu- Auch weiterhin müsse man sich mit allen Rechte stärken. Über den von Familienmi- hilfe mit dem Gesundheitswesen vor. So E-Government-Gesetz onsfraktionen (18/12357) und des Bun- folge das Bundesverfassungsgericht. Möglichkeiten „gegen die Feinde der De- nisterin Manuela Schwesig (SPD) vorgeleg- sollen die Befugnisse von Ärzten, Hebam- wird geändert desrates (18/12100) zur Änderung des Niedersachsens Innenminister Boris Pisto- mokratie“ einsetzen. ten Entwurf eines Kinder- und Jugendstär- men und anderen Berufsgeheimnisträgern Grundgesetzes sowie je eines entsprechen- rius (SPD), dessen Land die Gesetzesinitia- Britta Haßelmann (Grüne) unterstrich, kungsgesetzes (18/12330) beriet der Bun- bei der Weitergabe von Daten eindeutiger Die Behörden der unmittelbaren Bundes- den Begleitgesetzes (18/12358, 18/12101) tive im Bundesrat eingebracht hatte, nann- dass es auch ihr um gemeinsames Eintre- destag am vergangenen Donnerstag in ers- formuliert werden. Zudem sollen Ärzte bei verwaltung sollen die „zur Erfüllung ih- deutlich. Ziel der Vorlagen ist es, verfas- te es im Bundestag „unerträglich“, dass ei- ten „für unsere liberale Demokratie“ gehe. ter Lesung. Bei den Oppositionsfraktionen Entscheidungen der Jugendämter einbezo- rer öffentlich-rechtlichen Aufgaben erho- sungsfeindliche Parteien von der Parteien- ne Partei, die „unser Staatssystem ablehnt, Was die Koalition vorgelegt habe, sei aber Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen gen werden. Der dritte Schwerpunkt des benen unbearbeiteten Daten“ veröffent- finanzierung und steuerlichen Begünsti- von diesem auch noch Unterstützung er- „nicht durchdacht“. Mit dem „Vorschlag, stieß der Gesetzentwurf, der vor allem Än- Gesetzes betrifft eine wirkungsvollere Auf- lichen“, sofern dem keine Ausnahmetat- gungen auszuschließen und so auch der hält“. Und das nicht zu knapp: 14,5 Millio- bei Parteispenden für verfassungsfeindliche derungen am Achten Sozialgesetzbuch sicht von Heimen, Schutzlücken in Jugend- bestände entgegenstehen. Einen ent- NDP den staatlichen Geld- nen Euro habe die NPD in Parteien die Steuerbegünstigung wegfallen (SGB VIII) vorsieht auf Ablehnung. Aber clubs und Jugendfreizeitheimen. Zudem sprechenden Gesetzentwurf der Bundes- hahn zuzudrehen. den vergangenen zehn Jah- zu lassen“, begebe man sich in schwieriges auch die Unions-Fraktion beurteilte das sollen Kinder und Jugendliche einen un- regierung „zur Änderung des E-Govern- Am 17. Januar hatte das ren an Parteienfinanzie- Fahrwasser, da solche Sanktionen auch die Gesetzesvorhaben kritisch. eingeschränkten Beratungsanspruch erhal- ment-Gesetzes“ (18/11614) verabschie- Bundesverfassungsgericht »Es darf nicht rung erhalten, ärgerte sich Grundrechte der Unterstützer solcher Par- Nach dem Willen der Bundesregierung soll ten und eine Ombudsstelle als in der Kin- dete der Bundestag vergangene Woche den Antrag des Bundesrates sein, dass Ulla Jelpke (Linke) – staat- teien erfassten. Hier liege ein großes verfas- über die Perspektiven von Kindern in Pfle- der- und Jugendhilfe eingerichtet werden. in modifizierter Fassung (18/12406). Ein zurückgewiesen, die Verfas- liche Mittel, mit denen sungsrechtliches Problem. Ein „unsauberes gefamilien schneller und transparenter ent- Nach Ansicht von Norbert Müller (Linke) Rechtsanspruch auf Bereitstellung von sungswidrig der NPD fest- Steuergeld „neofaschistische Struktu- Vorgehen, das wohl nachher wieder ge- schieden werden. So soll unter anderem ist der Gesetzentwurf untauglich. So werde Daten wird damit nicht begründet. sto T zustellen und die Partei zu rassistische ren in Deutschland hand- richtlich scheitert, nützt am Ende doch nur den Familiengerichten die Möglichkeit ge- das Jugendwohnen, das Jugendlichen das verbieten. Zugleich stellte lungsfähig“ gemacht wür- diesen Verfassungsfeinden von der NPD“, geben werden, darüber zu entscheiden, preiswerte Wohnen während der Ausbil- das Gericht in dem Urteil Hetze den. Damit müsse Schluss warnte Haßelmann. Dies dürfe nicht pas- dass ein Kind auf Dauer in der Pflegefami- dung ermöglicht, von der Regierung zu- Keine Aufnahme sozialer (Az. 2 BvB 1/13) fest, „dass finanziert.« sein. Es dürfe nicht sein, sieren. Auch dürfe man das Vorhaben nicht lie verbleibt. Dadurch soll verhindert wer- rückgefahren. Zudem würde die offene Grundrechte ins Grundgesetz die Ziele der NPD und das „dass Antisemitismus und „in aller Eile noch kurz durch den Bundes- den, dass Pflegekinder zu ihren leiblichen Kinder- und Jugendarbeit durch zu hohe Verhalten ihrer Anhänger Ulla Jelpke (Linke) rassistische Hetze von Steu- tag“ bringen. „Hier gilt Sorgfalt vor Eltern zurückgeschickt werden, von denen Meldeauflagen „erwürgt“. Die Linke werde Mit Koalitionsmehrheit hat der Bundes- gegen die Menschenwürde ergeldern finanziert wer- Schnellschuss“, mahnte sie. Eine Verfas- sie misshandelt wurden, führte die Parla- es auch nicht mittragen, dass durch eine tag vergangene Woche einen Antrag der und den Kern des Demo- den“, fügte Jelpke hinzu sungsänderung wie diese „darf nicht über- mentarische Staatssekretärin Caren Marks Öffnungsklausel für die Bundesländer im Fraktion Die Linke zur „Aufnahme sozia- kratieprinzips verstoßen und dass sie Ele- und äußerte die Hoffnung, „diesen Gesetz- eilt beraten werden“. Helmut Stoltenberg T (SPD) aus. Gesetz niedrigere Standards im Kinder- ler Grundrechte in das Grundgesetz“ mente der Wesensverwandtschaft mit dem entwurf noch vor der Sommerpause über und Jugendhilferecht für unbegleitete min- (18/10860) abgelehnt. Die Fraktion be- historischen Nationalsozialismus aufwei- die Bühne“ zu bringen. derjährige Flüchtlinge ermöglicht werden. gründete ihren Vorstoß damit, dass sen“, wie die Koalitionsfraktionen und der Helmut Brandt (CDU) betonte, niemand > KOMPAKT Auch bei den Grünen stieß die Öffnungs- „wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bundesrat in ihren Vorlagen unisono refe- verstehe, „dass wir mit Steuermitteln als klausel auf Ablehnung. Diese sei „völlig in- Rechte“ in Deutschland „weniger Be- rieren. Zudem sei die Programmatik der verfassungsfeindlich identifizierte Partei- Ende der staatlichen Finanzierung diskutabel“, sagte Katja Dörner (Grüne). achtung und eine geringere Sicherung NPD auf die Beseitigung der freiheitlichen en“ unterstützen. Dabei seien die vorgese- Linke und Grüne forderten übereinstim- als bürgerliche und politische Rechte“ demokratischen Grundordnung gerichtet. henen Voraussetzungen für einen Aus- > Ausschluss Verfassungsfeindliche Par- mend, das SGB VIII so zu reformieren, dass fänden. Grund dafür sei „die größten- Im Ergebnis, konstatieren sowohl die bei- schluss von der Parteienfinanzierung ähn- teien sollen nach Gesetzentwürfen der auch Kinder und Jugendliche mit Behinde- teils fehlende Verankerung dieser Rechte den Bundestagsfraktionen als auch die lich hoch wie bei einem Parteienverbot. Koalition und des Bundesrates künftig rung vollständig in die Kinder- und Ju- in der deutschen Verfassung“. Überwie- Länderkammer, sei die NPD „wegen ihres Der Eingriff in die Chancengleichheit sei von der staatlichen Finanzierung ausge- gendhilfe überführt werden. Die Grünen sen wurde ein Gesetzentwurf der Grü- eigenen politischen Misserfolges und der bei Parteien „gerechtfertigt und geboten“, schlossen werden. sprechen sich in einem Antrag (18/12374) nen „zur Gewährleistung der Wahrneh- derzeit geringen politischen Einflussmög- die die Demokratie abschaffen wollen. Al- zudem die Ausweitung der Leistungen für mung sozialer Rechte von Menschen oh- lichkeiten“ nicht verboten worden. lerdings könne man „durch den Geldent- > Entscheidung Über den Ausschluss junge Volljährige, die nicht in ihrer Her- ne Aufenthaltsstatus“ (18/6278). sto T Allerdings hat, wie auch die Koalition her- zug extremistisches Gedankengut nicht entscheiden soll den Vorlagen zufolge kunftsfamilie aufwachsen, bis zum 23. Le- vorhebt, das Gericht in dem Urteil zugleich ausmerzen“, sagte er: „Eine Streichung von das Bundesverfassungsgericht. bensjahr aus. darauf hingewiesen, dass es dem „verfas- Geldern kann leider weder Dummheit Während in der Debatte kein Redner der sungsändernden Gesetzgeber“ freistehe, noch eine menschenverachtende Ideologie > Überprüfung Betroffene Parteien sol- SPD-Fraktion das Wort ergriff, kündigte neben dem Parteiverbot weitere, abgestufte verhindern“. len nach Ablauf mehrerer Jahres bean- Marcus Weinberg (CDU) an, dass die Uni- Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Partei- Eva Högl (SPD) nannte die vorgelegten tragen können, den Ausschluss vom Bun- onsfraktion Nachbesserungen am Gesetz-

en mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung Grundgesetzänderungen „ausgewogen und desverfassungsgericht wieder aufzuhe- © picture-alliance/dpa entwurf fordert. Vor allem die Regelungen Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden zu schaffen. In diesem Sinne solle eine „ge- zwingend“. Dabei sollten die betroffenen ben zu lassen. Der Schutz für Kinder und Jugendliche soll bei den Pflegefamilien müssten überprüft Sie in unserem E-Paper gen die freiheitliche demokratische Grund- Parteien die Chance erhalten, „nach vier erhöht werden. werden. Alexander Weinlein T Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 INNENPOLITIK 5

Rezept gegen die Spaltung

SOZIALES Der Bundestag hat vergangene Woche einen Antrag (18/9190; 18/12166) der Fraktion Die Linke für eine „soziale Offensive für alle“ abgelehnt. Diese sei nö- tig, um die Integrationspolitik zu einem Erfolg zu machen, so die Argumentation der Antragsteller. Konkret forderten sie, ein 25-Milliarden-Sofortprogramm. Die Mittel sollten unter anderem für gemeinnützigen und barrierefreien Wohnungsbau, für dis- kriminierungsfreie Bildung und für öffent- liche und inklusive Beschäftigungsmaß- nahmen genutzt werden. Zur Finanzierung sei „ein Abschied vom Dogma der ‚schwar- zen Null‘ erforderlich“ und Vermögende müssten stärker in die Pflicht genommen werden, heißt es in dem Antrag. Daniela Kolbe (SPD) warf der Linken eine einseitig negative Sichtweise vor: „Wir kön- nen stolz sein auf das, was wir bei der Inte- grationspolitik geschafft haben.“ Mark Helfrich (CDU) sagte, die „sozialverblen- deten“ Vorstellungen der Linken hätten mit der Realität in Deutschland nichts zu tun. Wolfgang Strengmann-Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) lobte den Ansatz des An- trags, nannte den Inhalt aufgrund seines „bunten Sammelsuriums“ aber „hochgra- dig problematisch“. Sevim Dagdelen (Die Linke) betonte dagegen die Bedeutung von sozialen Investitionen für den sozialen Frieden. Denn: „Wir leben in einem sozial gespaltenen Land“, sagte sie. che T

Die sogenannten Roaminggebühren fallen ab dem 15. Juni 2017 in der Europäischen Union weg. So kann das Urlaubsvergnügen nicht durch nachträglich hohe Handykosten getrübt werden. © picture-alliance/Westend61 Karlsruhe soll es richten

RECHT Die Grünen wollen eine Abstim- mung des Bundestages über die Einfüh- Aufgeklärt und abgezockt rung der „Ehe für alle“ nun gerichtlich er- zwingen. In der vergangenen Woche stellte die Fraktion einen entsprechenden Antrag VERBRAUCHERSCHUTZ Wenn Bürger über Missstände klagen, sind praktikable Lösungen gefragt beim Bundesverfassungsgericht. Darin ver- langt sie von den Richtern, den Rechtsaus- schuss des Bundestages dazu zu verpflich- n Wahljahren wirkt die Verbrau- ging es auch um die heikle Grundsatzfrage, hin, dass viele drängende Fragen beant- konzernen, in der Wohnungswirtschaft, bei preisbremse wirke zum Teil sogar mietstei- ten, über drei Gesetzentwürfe zur Einfüh- cherpolitik noch bedeutsamer, als ob Verbraucher informiert oder schon be- wortet worden seien. Das Ziel sei, die Ver- Banken oder Versicherungen übervorteilt. gernd. rung der „Ehe für alle“ zeitnah abzustim- sie es ohnehin schon ist. Denn die vormundet werden, ob Lebensmittelam- braucher zu stärken und in die Lage zu ver- So würden Bürgern sinnlose und überteu- Elvira Drobinski-Weiß (SPD) erinnerte an men, so dass der Bundestag spätestens in Wähler schauen nicht immer nur peln anmaßend oder praktisch sind. setzen, eigene Entscheidungen zu treffen. erte Versicherungen aufgeschwatzt, wie et- die Zweiteilung des Verbraucherschutzes seiner letzten Sitzungswoche Ende Juni auf das große Ganze, sondern rich- So würden Bürger darin unterstützt, auf wa Restschuldversicherungen bei Krediten. und machte Defizite im CSU-geführten Be- endgültig darüber abstimmen muss. ten ihre feinen Antennen auf die Mieterschutz Bundesjustizminister Heiko Augenhöhe mit den Unternehmen zu Auch Karin Binder (Linke) monierte, dass reich Ernährung und Landwirtschaft aus. Hintergrund ist der Umstand, dass der Iganz nahe liegenden Fragen aus, die jeden Maas (SPD), der mit seinem Doppelressort kommen. Verbote seien aber das letzte Mit- große Konzerne noch eher geschützt als im Auf dem Lebensmittelmarkt sei noch lange Rechtsausschuss entsprechende Gesetzent- angehen: Warum schießen die Mietpreise auch für den Verbraucherschutz zuständig tel. Mit fortschreitender Digitalisierung Sinne der Verbraucher effektiv kontrolliert nicht so viel Transparenz erreicht wie bei- würfe der Fraktion Die Linke (18/8), der wie der Spargel in Beelitz? Warum müssen ist, zog ein positives Fazit zum Ende der könnten neue Akzente gesetzt werden, füg- würden. Der Abgasskandal bei Volkswagen spielsweise auf dem Kapitalmarkt. Nötig Grünen (18/5098) und des Bundesrates die Dispozinsen der Banken zweistellig Legislatur. Passend zu den bald beginnen- te Heil hinzu und nannte einige Beispiele. habe deutlich gemacht, dass der Verbrau- sei hier ein Qualitätswettbewerb. Bei Fällen (18/6665) inzwischen 28 Mal vertagt hatte sein, wo es doch sonst auch keine Zinsen den Sommerferien erinnerte er daran, dass Wünschenswert wäre es etwa, die Allgemei- cherschutz dringend gestärkt werden müs- von Lebensmittelbetrug fehle auch noch und so eine endgültige Befassung des Par- gibt? Wieso stoppt nie- die Roaminggebühren für nen Geschäftsbedingungen (AGB) von Fir- se. Statt dessen bemühe sich die Politik um immer die Grundlage dafür, öffentlich lamentes nicht zustande kommt. In der Be- mand den Wahnsinn mit das Telefonieren und Sur- men maschinenlesbar und damit für Ver- die Automobilindustrie, während die Kun- „Ross und Reiter zu nennen und die Män- gründung des Antrags werfen die Grünen sinnlosen Versicherungen »Wir haben fen in fremden Mobilfunk- braucher leichter zugänglich zu machen. den auf den Kosten sitzen blieben und die gel abzustellen“, monierte die SPD-Abge- dem Ausschuss vor, die Vorlagen „rechts- und anderen Formen mo- netzen in Europa abge- Gut wäre es auch, wenn Nutzer von Inter- Gesellschaft unter den Umweltproblemen ordnete. Gitta Connemann (CDU) hielt missbräuchlich im Ausschuss begraben“ zu derner Abzocke? Weshalb als eine Art schafft werden, damit habe netdiensten ihre Datenschutzwünsche for- leide. Auch die Dispozinsen der Banken dagegen: „Essen und Trinken sind so sicher wollen. Die Koalitionsfraktionen begrün- ist mein Diesel nicht so die „Abzocke“ absehbar ein mulieren und auf einer Plattform hinterle- seien weiter skandalös hoch und die Miet- wie nie zuvor.“ Claus Peter Kosfeld T deten die Verschiebungen dagegen mit sauber, wie VW behauptet? Frühwarn- Ende. Maas verwies auch gen könnten. Denkbar wäre zudem, dass dem noch vorhandenen Diskussionsbedarf Mitten in der digitalen Re- system die auf Erfolge beim Mieter- registrierte Kunden der Bahn oder von innerhalb der Koalition. volution stellen sich auch schutz durch das Besteller- Fluglinien automatisch Entschädigungen > STICHWORT Dem Antrag vorausgegangen war eine De- ganz neue Fragen, nicht Marktwächter prinzip für Makler und die bekämen, wenn Züge oder Flüge Verspä- batte des Bundestages am vergangenen minder bedeutsam, nicht geschaffen.« Mietpreisbremse, die frei- tung hätten oder ausfielen. Heil hielt SPD Die Verbraucherpolitik in der digitalen Welt Mittwoch, als sich das Plenum mit zwei weniger konkret. Kann ich Heiko Maas (SPD), lich noch verbessert werden und Grünen vor, an „Verbote, Ampeln und Berichten des Rechtsausschusses (18/2227; dem Online-Banking wirk- Verbraucherschutzminister könnte, indem Vermieter Kontrolle“ zu glauben, während die Union > Internet Die Digitalisierung birgt unzweifelhaft – auch wirt- 18/12340) nach Paragraf 62 Absatz 2 der lich vertrauen? Wie verläss- verpflichtet würden, die „die Chancen der Digitalisierung für inno- schaftliche – Vorteile, sie stellt den Verbraucherschutz jedoch Geschäftsordnung des Bundestages befass- lich sind die vielen Ge- Vormiete offenzulegen. vative und moderne Verbraucherpolitik“ auch vor Herausforderungen. te. Dieser regelt, dass sich der Bundestag sundheits-Apps? Wer kann auf meine Da- Zudem hätten alle Bürger das Recht auf ein sehe. unter bestimmten Umständen mit einge- ten zugreifen und warum? Der Verbrau- Girokonto und seien besser vor der Ver- > Privatsphäre Durch Big Data, Tracking, Profiling und das In- brachten Vorlagen befassen muss, diese cherschutz hangelt sich quer durch den braucherfalle Dispokredit geschützt. Auch Versicherungen Nicole Maisch (Grüne) ternet der Dinge kann ein Spannungsverhältnis mit der Privat- können aber anschließend nicht abge- Schrebergarten und gilt als Gradmesser für der sogenannte graue Kapitalmarkt sei nun reagierte hämisch und sprach von einer sphäre und dem Recht der informationellen Selbstbestimmung stimmt werden. In der Debatte zeigten sich alltagstaugliche Politik. Und so waren die im Sinne der Kleinanleger stärker reguliert. „putzigen Ideensammlung“. Ansonsten se- entstehen. die inzwischen gut bekannten Argumenta- Abgeordneten vergangene Woche in der Mit dem digitalen Frühwarnsytem „Markt- he es im Verbraucherschutz „ziemlich trü- tionslinien: Grüne und Linke warfen der Aussprache über den Verbraucherpoliti- wächter“ könnten Missstände leichter er- be“ aus. Zwar gebe es durchaus Fortschritte > Kontrolle Ziel ist es daher, Verbrauchern die Kontrolle über ih- Koalition Verschleppung vor, die SPD be- schen Bericht der Bundesregierung 2016 kannt werden. Insgesamt seien in dieser etwa durch die „Marktwächter“ oder das re Daten zu geben. tonte, die „Ehe für alle“ zu wollen und die (18/9495) alle bemüht, rhetorisch in die Legislaturperiode erhebliche Fortschritte Kleinanlegerschutzgesetz, in anderen Berei- Union verwies auf den weiteren Beratungs- Niederungen des gemeinen Bürgers vorzu- erreicht worden, sagte der SPD-Politiker. chen falle die Bilanz aber „dünn und düs- Quelle: Verbraucherpolitischer Bericht 2016 T bedarf und erklärte: „Wir sind an dem The- © dpa dringen und deren Nöte zu erahnen. Dabei Auch Mechthild Heil (CDU) wies darauf ter“ aus. Verbraucher würden von Internet- ma dran.“ Claudia Heine T

Langsamer Pendelschlag in der Länderkammer BUNDESRAT Die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und dem Saarland haben die Mehrheitsverhältnisse nicht gekippt Landtagswahlen gelten gemeinhin auch als Vier-Fünftel-Mehrheit im Bundestag kei- maika-Koalition“ in Kiel über 41 mitbe- Stimmungstests für die Lage im Bund; zu- neswegs auch im Bundesrat den Ton an: stimmen könnte. Bei einer rot-gelb-grünen mal in einem Jahr, in dem die Wähler wie Mit der CSU-Alleinregierung in Bayern so- „Ampel“ in Kiel wären es für die SPD 46 in diesem Herbst auch über den Bundestag wie den CDU/SPD- beziehungsweise SPD/ und für die Union 37 Stimmen. Den Grü- neu befinden. In drei Bundesländern sind CDU-Koalitionen in Sachsen, Mecklen- nen bliebe in beiden Konstellation Einfluss die Landesparlamente in den zurückliegen- burg-Vorpommern und dem Saarland kön- auf 43 Stimmen, während sich der der FDP den neun Wochen neu gewählt worden: nen Union und SPD derzeit nur über ins- auf 18 vergrößern würde. Lediglich für Die am 26. März im CDU/SPD-geführten Saar- gesamt 16 Bundesratsstimmen verfügen, Linke bliebe also die Zahl der von ihr be- land, gefolgt am 7. Mai von Schleswig-Hol- ohne sich mit weiteren Koalitionspartnern einflussbaren Stimmen im Bundesrat un- stein, wo bislang SPD und Grüne mit dem abstimmen zu müssen. verändert. Südschleswigschen Wählerverband (SSW) regieren, und am 14. Mai in Nordrhein- Enthaltung heißt »Nein« Dagegen saßen Schwarz-Rot ohne Mehrheit Unverän- Westfalen mit seiner Koalition von SPD die Grünen bislang in allen anderen Län- dert werden auch künftig die Länder, in de- und Grünen. dern außer Brandenburg mit am Kabinetts- nen die Union allein oder nur mit der SPD Bei allen drei Wahlen konnten Christde- tisch und konnten dort insgesamt 49 Lan- regiert, im Bundesrat nicht über die Mehr- mokraten und Liberale Gewinne verbu- destimmen blockieren, da sich die Landes- heit von 35 oder mehr Stimmen verfügen, chen – ebenso wie die jeweils erstmals an- regierungen im Bundesrat bei Uneinigkeit unabhängig vom Ausgang der Regierungs- getretene AfD, die sowohl in Saarbrücken der Koalitionspartner der Stimme enthal- bildungen in NRW und Schleswig-Hol- als auch in Kiel und Düsseldorf in den ten – was faktisch ein „Nein“ bedeutet. Die stein. Selbst wenn künftig in Düsseldorf Landtag einzog. Sozialdemokraten und insgesamt 69 Stimmen im Bundesrat verge- Linke kann via Brandenburg mit der rot- 13 Landeskoalitionen beteiligt, über 52. und Kiel Christ- und Sozialdemokraten ge- Niedersachsen, Bayern und Hessen an – Grüne mussten dagegen bei jeder Wahl ben wurden – drei an der Saar, vier an der roten Regierung sowie den rot-rot-grün ge- An diesen Kräfteverhältnissen hat die Saar- meinsam am Kabinettstisch säßen, kämen bei denen es insgesamt um fast ein Viertel Einbußen hinnehmen, was für Die Linke Küste und sechs an Rhein und Ruhr. Der führten Ländern Berlin und Thüringen land-Wahl nichts geändert, da dort wie bis- sie in der Länderkammer lediglich auf ins- aller Bundesratsstimmen geht, nämlich um nur im Saarland galt, wo sie aber weiter die Bundesrat, in dem die 16 Landesregierun- über insgesamt zwölf Bundesratsstimmen her eine Große Koalition weiterregiert. Sit- gesamt 26 Stimmen, bei denen keine ande- 17. Dann werden die Karten wieder neu drittstärkste Fraktion stellt, während sie im gen vertreten sind, spricht bei der Gesetz- mitbestimmen. Die bislang nur in Rhein- zen die Sozialdemokraten indes künftig so- ren Koalitionäre mitreden könnten. Um gemischt. Helmut Stoltenberg T Norden und in NRW trotz Zugewinnen gebung ein gewichtiges Wort mit. Schließ- land-Pfalz mitregierende FDP hatte wie der wohl in Nordrhein-Westfalen als auch – zustimmungspflichtige Gesetze durch den den Sprung ins Landesparlament verpasste lich muss jedes Bundesgesetz die Länder- SSW in Kiel bisher auf je vier Stimmen Ein- wie sich vergangene Woche abzeichnete – Bundesrat bringen zu können, bedarf es (siehe Grafiken). kammer passieren und ein Gutteil davon fluss. Die Union konnte demgegenüber in Schleswig-Holstein auf den Oppositi- somit weiterhin der Stimmen von Ländern Die Wahlen in den drei Ländern haben bedarf seiner ausdrücklichen Zustimmung mit ihren CDU-Regierungsbeteiligungen in onsbänken, blieben ihnen noch 42 Bun- mit Regierungsbeteiligung der Grünen. auch über den Tag der Bundestagswahl am – wozu mindestens die absolute Mehrheit Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen- desratsstimmen, während die Union bei Daran wird sich auch bei der Bundestags- Weiterführende Links zu den 24. September hinaus Einfluss auf die Bun- von 35 Stimmen erforderlich ist. Anhalt über insgesamt 31 Bundesratsstim- einer schwarz-gelben Regierung in Düssel- wahl im Herbst nichts ändern. Danach ste- Themen dieser Seite finden despolitik, zumal dabei zusammen 13 der Dabei gibt die Große Koalition mit ihrer men mitverfügen und die SPD, bislang an dorf und einer schwarz-gelb-grünen „Ja- hen turnusgemäß 2018 Landtagswahlen in Sie in unserem E-Paper 6 INNENPOLITIK Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

AUS PLENUM UND AUSSCHÜSSEN Schärfere Regeln zu Ausreisepflicht

INNERES I Der Bundestag hat das Maßnah- mit dem Ziel, sich an „irregulären Kampfhand- Albtraum menpaket der Bundesregierung „zur besseren lungen“ zu beteiligen, verhindert werden. Zu Durchsetzung der Ausreisepflicht“ gebilligt. den sonstigen Maßnahmen gehört eine Rege- Gegen die Stimmen der Opposition sowie lung, nach der die Länder für Asylsuchende oh- zweier SPD-Abgeordneter verabschiedete das ne Bleibeperspektive die Verpflichtung verlän- Parlament vergangene Woche den entspre- gern können, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu chenden Gesetzentwurf (18/11546) in modifi- wohnen. Der Innenausschuss hatte die Regie- zierter Fassung (18/12415). Danach sollen aus- rungsvorlage noch durch einen Änderungsan- Einbruch reisepflichtige Ausländer besser überwacht so- trag der Koalition erweitert, mit dem unter an- wie leichter in Abschiebehaft genommen wer- derem „die missbräuchliche Vaterschaftsaner- den können, wenn von ihnen „eine erhebliche kennung zum Zweck der Erlangung eines Auf- RECHT Mit einer Strafverschärfung will Gefahr für Leib und Leben Dritter“ oder die in- enthaltstitels verhindert werden“ soll. nere Sicherheit ausgeht. So können sie zum Der Parlamentarische Innen-Staatssekretär Ole die Koalition die vielen Wohnungsein- Tragen einer elektronischen Fußfessel ver- Schröder (CDU) appellierte in der Debatte an pflichtet werden. Ferner kann Abschiebehaft die Länder, „alles für die konsequente Durch- brüche eindämmen. Linke und Grüne gegen solche Ausländer auch dann verhängt setzung von Ausreisepflichten zu tun“. Er ver- werden, wenn die Abschiebung nicht inner- wies zugleich darauf, dass Gefährder in Ab- halten das für Wahlkampfgetöse halb der nächsten drei Monate möglich sein schiebungshaft künftig „entsprechend ihrer wird. Zudem wird die Höchstdauer des Ausrei- Gefährlichkeit auch in Justizvollzugsanstalten segewahrsams auf zehn Tage verlängert. untergebracht werden können“. Täuschen Ausländer über ihre Identität oder Ulla Jelpke (Linke) bewertete die Vorlage als verweigern ihre Mitwirkung bei der Rückfüh- „Sammelsurium flüchtlingsfeindlicher Schwei- rung, soll ihr Aufenthalt auf den Bezirk einer nereien“. Sie gab zu bedenken, dass die Ein- einzelnen Ausländerbehörde beschränkt wer- stufung als Gefährder „nach Gutdünken der den. Auch muss ihnen der Widerruf einer Dul- Polizei“ erfolge“, und sprach von einer „Prä- dung auch dann nicht angekündigt werden, ventivhaft“, bei der gegen die Betroffenen wenn sie bereits ein Jahr lang geduldet in nichts Gerichtsverwertbares vorliege. Volker Deutschland gelebt haben. Darüber hinaus Beck (Grüne) warnte die Koalition, sie könne kann das Bundesamt für Migration und Flücht- „Menschen doch nicht beliebig ihre Freiheit linge zur Feststellung der Identität und Staats- nehmen, weil Sie denken, dass sie vielleicht angehörigkeit von Asylsuchenden ohne gültige mal was machen könnten“. Ausweispapiere künftig unter bestimmten Vo- Burkhard Lischka (SPD) erinnerte dagegen an raussetzungen die Herausgabe von Mobiltele- den Fall des Attentäters vom Berliner Breit- fonen und anderen Datenträgern verlangen scheidplatz, Anis Amri, und betonte, ein Ge- und diese auswerten. Des Weiteren dürfen fährder, der abgeschoben werden soll, „gehört ausländische Reisepapiere auch von Deut- in Abschiebehaft“. Stephan Mayer (CSU) sah schen mit einer weiteren Staatsangehörigkeit in dem Gesetz eine „sehr wichtige Etappe auf einbehalten werden, wenn Gründe zur Pas- dem Weg, ausreisepflichtige Migranten schnel- sentziehung vorliegen. Damit sollen Ausreisen ler und konsequenter abzuschieben“. sto T

Amnestie für illegalen Waffenbesitz

INNERES II Eine Amnestie für illegalen Waf- setz eine EU-Verordnung umgesetzt, die neue fenbesitz sieht ein Gesetzentwurf der Bundes- Standards für die Unbrauchbarmachung von regierung zur Änderung des Waffengesetzes Schusswaffen sowie die Einzelprüfung deakti- (18/11239) vor, den der Bundestag vergange- vierter Schusswaffen vorschreibt. Diese Vorga- ne Woche in der vom Innenausschuss geänder- ben sind laut Vorlage bereits verbindliches ten Fassung mit den Stimmen der Koalitions- Recht, doch bedürfe es „noch der flanierenden mehrheit sowie der Fraktion Die Linke ange- und klarstellenden Umsetzung dieses EU- Einbrüche in Wohnungen oder Häuser verursachen oft nicht nur materiellen Schaden, sie können bei den Bewohnern auch zu Angststörungen führen. © picture-alliance/dpa nommen hat. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grü- Rechtsaktes in das deutsche Waffenrecht“. nen votierte gegen die Vorlage. Ferner sollen unter anderem die Anforderun- Danach soll es eine auf ein Jahr befristete gen an die Aufbewahrung von Schusswaffen ür die meisten Menschen ist es warnte: „Wenn es der Politik nicht gelingt, und die Hemmschwelle der Täter sinke. nenminister stellt, leben die Menschen si- Strafverzichtsregelung für den unerlaubten Be- „von Verweisen auf überholte technische Nor- der totale Albtraum: Einbrecher den Menschen mehr Sicherheit zu geben, Nach Ansicht von Volker Ullrich (CDU) ist cherer.“ sitz von Waffen und Munition geben, um so men bereinigt“ und „das Sicherheitsniveau in der eigenen Wohnung. Ob ist das Vertrauen in den Rechtstaat massiv die Reform des Strafrechts „schon aus Hans-Christian Ströbele (Grüne) forderte, die Zahl illegal zirkulierender Waffen zu verrin- angehoben und an aktuelle technische Stan- am Tage, wenn vielleicht nie- gefährdet.“ Deshalb müsse gegen Einbre- Gründen des Opferschutzes“ geboten. der Staat sollte dabei helfen, Einbrüche zu gern. Die Regelung sieht Straffreiheit für den dards angepasst“ werden. mand zuhause ist oder in der cher energischer vorgegangen werden. So „Wer einen Wohnungseinbruch begeht, vermeiden statt Symbolpolitik zu betrei- illegalen Erwerb und Besitz von Waffen und Anträge der Grünen mit den Titeln „Mehr Si- Nacht, wenn die Bewohner etwa durch verbesserte Prävention, sagte raubt den Menschen die Freiheit auf unge- ben. Schutzmaßnahmen in der eigenen Munition vor, wenn diese innerhalb eines Jah- cherheit durch weniger Waffen“ (18/11417) Fschlafen – das Gefühl, in der eigenen Woh- Maas mit Verweis auf die Kreditanstalt für störte Privatsphäre.“ Ullrich begrüßte, dass Wohnung seien möglich, kosteten aber res nach Inkrafttreten des Gesetzes einer zu- und „Abgabe von anschlagfähigen Ausgangs- nung nicht mehr sicher zu sein, werden Wiederaufbau (KfW), die Finanzierungs- Einbruchdiebstahl in den Katalog der Ver- Geld, was Geringverdiener nicht zur Verfü- ständigen Behörde oder Polizeidienststelle stoffen beschränken“ (18/7654) lehnte das viele Betroffene nicht mehr los. Die psy- hilfen zum besseren Einbruchschutz in kehrsdatenabfragen aufgenommen werden gung hätten. überlassen werden. Zugleich wird mit dem Ge- Parlament mit Koalitionsmehrheit ab. sto T chischen Folgen der Wohnungseinbrüche Wohnungen zur Verfügung stelle. soll. sind meist schlimmer als entwendete Wert- Vor dem Hintergrund, dass 2016 nur Keinen Unterschied dürfe es dabei ma- Sichere Schlösser Der Grünen-Abgeord- gegenstände oder angerichtete Verwüstun- 17 Prozent der Wohnungseinbrüche aufge- chen, ob der Einbruch von einem Einzel- nete sprach sich für gesetzgeberisches Han- gen. Mehr als 150.000 Wohnungseinbrü- klärt worden seien, müsse durch „mehr nen oder einer Bande ausgeführt wurde. deln derart aus, dass beispielsweise Mieter, che gab es 2016 in Deutschland. Ein leich- Personal bei der Polizei und bessere Instru- Der Unionsabgeordnete ging außerdem die ein sicherndes Stangenschloss an ihrer Streit um Abruf von Passbildern ter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, mente“ die Aufklärungsquote massiv er- auf die „unterschiedliche Betroffenheit von Wohnungstür anbringen, bei Auszug nicht aber immer noch anderthalb Mal so viele höht werden, forderte der Minister und be- Einbruchsdiebstählen in den einzelnen mehr verpflichtet werden können, dieses INNERES III Die Online-Ausweisfunktion des Auf Kritik der Opposition stößt unter anderem wie vor zehn Jahren. gründete so auch die zu schaffende Mög- Ländern ein“. Aus den Zahlen gehe deut- auszubauen. Außerdem sollten seinen Vor- elektronischen Personalausweises soll nach „die Erweiterung der Befugnisse von Polizei Die Bundesregierung reagiert nun mit ei- lichkeit der Funkzellenabfrage. Schließlich lich hervor: „Dort, wo die Union den In- stellungen nach Vermieter verpflichtet wer- dem Willen des Bundestages leichter anwend- und Geheimdiensten, denen künftig erlaubt ner Strafverschärfung. Mindestens ein Jahr müsse aber auch der Strafrahmen angeho- den, neue Wohnungen mit einem ausrei- bar werden. Einen entsprechenden Gesetzent- wird“, wie Ulla Jelpke (Linke) zu Protokoll gab, sollen die Einbrecher ins Gefängnis gehen ben werden. „Der Staat muss Einbrechern chenden Sicherheitssystem auszustatten. wurf der Bundesregierung (18/11279) verab- „sich ohne jeden Anlass im automatisierten – egal ob sie die Straftat einzeln oder in ei- klarmachen: Wer in eine Privatwohnung > STICHWORT Eine Erhöhung des Strafmaßes lehnte Strö- schiedete das Parlament vergangene Woche Verfahren“ bei den Meldebehörden die Pass- ner Bande organisiert begehen. Für Justiz- einbricht, begeht ein Verbrechen, für das bele ab. Schon einmal sei die Mindeststrafe gegen die Stimmen der Opposition in der Aus- bilder aller Bürger zu besorgen, wofür sie bis- minister Heiko Maas (SPD) und die Koali- ihn eine Freiheitsstrafe von mindestens ei- Änderung des Strafgesetzbuches für Wohnungseinbrüche von drei auf sechs schussfassung (18/12417). Danach soll die so- lang „wenigstens noch eine Dringlichkeit tion ist das ein richtiger Schritt und Teil nem Jahr erwartet.“ Monate erhöht worden – ohne jedes Er- genannte eID-Funktion zum elektronischen nachweisen“ müssten. Für Jelpke ist dies eine des benötigten „klugen Mix“ aus mehr Prä- > Rechtslage Das Strafgesetzbuch sieht gebnis allerdings. Identitätsnachweis künftig bei jedem Ausweis „regelrechte Sauerei“. Konstantin von Notz vention, höherer Aufklärung und eben här- Mehr Polizeistreifen Einbrecher, insbe- derzeit für Wohnungseinbruch eine Frei- Eva Högl (SPD) kritisiert die „viel zu nied- automatisch und dauerhaft eingeschaltet wer- (Grüne) beklagte einen „unverhohlenen Ein- teren Strafen, wie Maas am vergangenen sondere wenn sie in Banden unterwegs heitsstrafe von sechs Monaten bis zu rige Aufklärungsquote“. Hier seien vor al- den. Dies soll die eID-Funktion schneller ver- stieg in eine bundesweite biometrische Bildda- Freitag in der Debatte zur Einbringung sei- sind, ließen sich nicht mit Strafverschär- zehn Jahren vor, in minder schweren Fäl- lem die Länder gefordert. Eine große Be- breiten und dadurch einen Anreiz für Behör- tenbank aller Bundesbürger“. Nach Ansicht nes Gesetzentwurfes (18/12359) sagte. fungen abschrecken, befand hingegen len von drei Monaten bis zu fünf Jahren. deutung habe aber auch das Thema Eigen- den und Unternehmen schaffen, mehr Anwen- von Ole Schröder (CDU), Parlamentarischer In- Die Opposition bewertet das anders. Linke Tempel. Angesichts der geringen Aufklä- sicherung. Die Koalition habe 50 Millio- dungen bereitzustellen. nen-Staatssekretär, dient die Regelung zum und Grüne sehen die geplanten Maßnah- rungsquote fühlten sich die Einbrecher si- > Reform Künftig soll bei Wohnungsein- nen Euro für das KfW-Programm zur Verfü- Der im Jahr 2010 eingeführte Ausweis besitzt Lichtbildabruf aus den Pass- und Personalaus- men lediglich dem Wahlkampf geschuldet. cher. Hier müsse angesetzt werden. Aller- bruch ein minder schwerer Fall nicht gung gestellt und so die Bürger unterstützt, die eID-Funktion, die es sowohl den Ausweis- weisregistern dagegen der öffentlichen Sicher- Frank Tempel (Die Linke) sagte, statt wirk- dings seien dafür oft aufwendige Ermitt- mehr möglich sein sowie die Mindest- damit sie sich selber besser sichern kön- inhabern als auch Behörden und Unternehmen heit. Mahmut Özdemir (SPD) verwies darauf, liche Probleme zu benennen und anzuge- lungen nötig. „Der Personalabbau bei der strafe ein Jahr betragen. nen. Noch nicht geschafft habe man eine laut Begründung erlaubt, „die jeweilige Ge- dass die Sicherheitsbehörden schon bisher ei- hen, wie etwa die Altersarmut oder die um Polizei hat aber negative Spuren hinterlas- Überarbeitung der Landesbauordnungen, genseite sicher zu identifizieren“. Die Nutzung nen Lichtbildabruf beantragen konnten. Bei 24 Prozent unter Westniveau liegenden sen“, sagte der Linken-Abgeordnete. So ge- > Datennutzung Durch die Funkzellen- damit diese Schutzmaßnahmen als Vor- der eID-Funktion sei jedoch bislang nicht der Anfragen außerhalb der behördlichen Öff- Löhne im Osten, wollten Union und SPD, be es auch immer weniger Präventivstrei- abfrage soll die Fahndung nach Einbre- schrift eingefügt werden, räumte die SPD- Normalfall und bleibe hinter den Erwartungen nungszeiten habe das Foto automatisch abge- dass das Thema Sicherheit den Wahlkampf fen, die zur Nachtzeit unterwegs sind. Fol- chern, insbesondere Einbrecherbanden, Abgeordnete ein. Das werde nun in der zurück. „Bei zwei Drittel der rund 51 Millionen rufen werden können. Dieser „Zwischen- bestimme. „Deshalb schüren Sie Ängste, ge davon sei, dass sich das Unsicherheits- erleichtert werden. kommenden Legislaturperiode angegan- ausgegebenen Ausweise ist die eID-Funktion schritt, der sicherheitsrelevante Verzögerungen ähnlich wie es die AfD tut.“ Maas hingegen gefühl in der Bevölkerung weiter erhöhe gen, kündigte Högl an. Götz Hausding T deaktiviert“, heißt es in der Vorlage. verursachen kann“, entfalle nun. sto T

Der »heiße Draht« leidet an Unterkühlung PETITIONEN Die Eingaben an den Petitionsausschuss sind rückläufig. Eine Expertenanhörung soll die Gründe beleuchten Die Zahl der Eingaben an den Petitions- schussvorsitzende Kersten Steinke (Die Schiefner (SPD) vermochte in der gesunke- desregierung von Jahr zu Jahr zufriedener ausschuss ist auch im Jahr 2016 zurückge- Linke) sagte, sie glaube nicht, dass die ge- nen Zahl der Eingaben keinen Ausdruck ei- sind“. Der Petitionsausschuss, bemerkte gangen. 11.236 Petitionen erreichten den sunkene Zahl an Petitionen damit zu tun ner steigenden Zufriedenheit erkennen. Vietz, „ist und bleibt der heiße Draht zwi- Ausschuss – 1.901 weniger als 2015. Mehr hat, „dass die Menschen zufriedener sind“. „Das ist ein Trugschluss“, urteilte er. Die schen Bürgern und Parlament“. Jede Petiti- als verdoppelt hat sich hingegen die Zahl Nicht zuletzt um den Gründen für den Bürger wollten ihre Anliegen „direkter und on, so betonte er, werde gleich behandelt. derjenigen, die sich auf der Petitionsplatt- Rückgang auf die Spur zu kommen, werde schneller“ anbringen. „Den Klickaktivisten Vietz nannte den Petitionsausschuss ein form des Ausschusses registriert haben, um der Petitionsausschuss am 29. Mai 2017 ei- dürfen wir das Feld nicht überlassen“, for- gutes Beispiel dafür, wie man über Frakti- Petitionen mitzudiskutieren oder zu unter- ne öffentliche Expertenanhörung veranstal- derte er mit Blick auf die wachsende Zahl onsgrenzen hinweg konstruktiv „im Sinne stützen. Für den erneuten Rückgang der ten, kündigte sie an. an privaten Petitionsplattformen. Der SPD- der Bevölkerung“ zusammenarbeite. Petitionen machen die Fraktionen unter- Auch wenn der Petitionsausschuss nach Abgeordnete erinnerte daran, dass die letz- Corinna Rüffer (Grüne) teilte diese Ein- schiedliche Gründe geltend, wie sich im wie vor in der Bevölkerung einen hohen te große Reform des Petitionsrechts vor schätzung nicht. Viel zu oft sei „nach dem Verlauf der Debatte über den Tätigkeitsbe- Stellenwert habe, sagte Steinke weiter, liege zwölf Jahren unter einer SPD-geführten Koalitionsvertrag und nicht nach der Sache richt des Ausschusses für 2016 (18/12000) es am Ausschuss selbst, das Vertrauen der Bundesregierung stattgefunden habe. „Ei- entschieden worden“, kritisierte sie. Der in der vergangenen Woche zeigte. Die Aus- Bevölkerung nicht zu enttäuschen. Mehr nigen hier im Haus fehlt der Wille und der Rückgang der Petitionen ist ihrer Ansicht Öffentlichkeit und Transparenz seien ge- Mut, wieder eine große Reform auf den nicht nach nicht damit zu erklären, „dass eignet, um dieses Vertrauen zu stärken, sag- Weg zu bringen“, kritisierte Schiefner. die Menschen so froh und glücklich sind Kersten Steinke (Die Linke, rechts) mit einer Petentin im Sitzungssaal © DBT/Achim Melde te die Ausschussvorsitzende und sprach Aus Sicht von Michael Vietz (CDU) hängt in diesem Land“. sich dafür aus, sich „von der starren An- der Rückgang der Zahl an Petitionen hin- Vielmehr habe es auch damit zu tun, „dass zahl von 50.000 Unterstützern in vier Wo- gegen auch damit zusammen, „dass die die Leute nicht mehr damit rechnen, dass Linke) forderte, das für öffentliche Sitzun- besser wäre es aus ihrer Sicht, sämtliche Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden chen, die für eine öffentliche Beratung der- Menschen in unserem Land dank der gu- dieses Parlament sich ernsthaft mit ihren gen erforderliche Quorum von 50.000 Un- Sitzungen des Ausschusses öffentlich statt- Sie in unserem E-Paper zeit erforderlich ist, zu lösen“. Auch Udo ten Arbeit des Bundestages und der Bun- Nöten beschäftigt“. Kerstin Kassner (Die terstützern deutlich zu verringern. Noch finden zu lassen. hauT Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 EUROPA UND DIE WELT 7

KURZ NOTIERT

EU-Lateinamerika-Stiftung wird international Die EU-Lateinamerika/Karibik-Stiftung (EU-LAK-Stiftung) soll in eine internationa- le Organisation umgewandelt werden. Die Gründung als Stiftung deutschen Rechts 2011 habe lediglich einer beschleunigten Arbeitsaufnahme gedient, heißt es in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11507) „zu dem Übereinkommen vom 25. Oktober 2016 zur Errichtung der Inter- nationalen EU-LAK-Stiftung“, dem der Bundestag vergangene Woche zugestimmt und damit die Voraussetzung zur Ratifika- tion von deutscher Seite geschaffen hat.

Menschenrechtsverletzungen von Unternehmen

Die Fraktion Die Linke will Menschen- rechtsverletzungen von Unternehmen ver- bindlich sanktionieren. Das fordert sie in einem Antrag (18/12366), der vergangene Woche in die Ausschüsse überweisen wur- de. Die Bundesregierung solle den soge- nannten Treaty-Prozess des Menschen- rechtsrates der Vereinten Nationen aktiv unterstützen und bei der nächsten Tagung der UN-Arbeitsgruppe vom 23. bis 27. Ok- tober 2017 „eine produktive Rolle zuguns- ten eines verbindlichen Vertragswerks“ spielen. Unter anderem sollten die Unter- zeichnerstaaten zusagen, ansässige Unter- nehmen auf die Einhaltung der Menschen- rechte zu verpflichten. ahe/joh T Emmanuel Macrons erste Auslandsreise als Präsident führte ihn nach Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach er: „Ich werde ein offener, direkter und konstruktiver Partner sein.“ © picture-alliance/abaca

Streit um Jemen-Politik NAHOST Die Fraktion Bündnis 90/Die Der Hoffnungsträger Grünen ist mit ihrer Forderung nach einem „radikalen Kurswechsel“ in der Jemenpolitik und nach einem Rüstungsexportstopp in die FRANKREICH Präsident Macron will die Euro-Zone stärken – zur Freude von SPD und Opposition Region gescheitert. Das Land werde seit zwei Jahren von einem blutigen ursprünglich in- nerjemenitischen Krieg zermürbt, der von it einem klar pro-eu- ab. „Ich bin nicht für die Vergemeinschaf- Fraktionsvorsitzende der Grünen, Cem Öz- Eurozonen-Budget für gemeinsame Investi- und unsere öffentlichen Finanzen besser einer Koalition vornehmlich arabischer ropäischen Pro- tung der vergangenen Schulden. Das führt demir, forderte die Bundesregierung auf, tionen ebenfalls einen „sinnvollen Fort- kontrollieren“, heißt es in seinem Pro- Staaten unter Führung Saudi-Arabiens und gramm hat Emma- zu einer Politik der Verantwortungslosig- Macrons ausgestreckte Hand anzunehmen, schritt“. Allerdings zog er in Zweifel, dass gramm. auf der anderen Seite Iran befeuert werde, nuel Macron die keit“, versicherte der Präsident in Berlin. da Solidarität „das Gebot der Stunde“ sein dies mit der Bundesregierung zu machen Die EU-Spitzen sind trotz der Erleichte- heißt es in einem Antrag (18/12121), den französischen Präsi- Seine Projekte will er mit einem stark auf müsse. Der Unionsfraktion warf er vor, die sei. Wer Finanzhilfen wolle, müsse sicher rung über Macrons Sieg gegen die Rechts- die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und dentschaftswahlen Europa zugeschnittenen Kabinett umset- Vorschläge des 39-Jährigen voreilig abzu- „kürzen, liberalisieren und privatisieren“. populistin Marine Le Pen auch nicht be- SPD vergangenen Donnerstag gegen das Vo- gewonnen.M Entsprechend hoch sind die Er- zen, das er am Mittwoch vorstellte. Die lehnen. Zwar müsse man nicht jede Initia- Diese Politik habe aber schon in Südeuro- reit, dem einstigen Wirtschaftsminister Ge- tum der Opposition ablehnten. wartungen der EU in den sozialliberalen Wirtschafts- und Finanzpolitik vertraute tive übernehmen, betonte Özdemir, es pa „verheerende Auswirkungen“ gehabt, schenke zu machen. „Die Franzosen geben Omid Nouripour (Grüne) sprach in der De- Staatschef. „Europa braucht Ihre Energie, Macron Ex-Landwirtschaftsminister Bruno sollte aber unbedingt gemeinsame Überle- warnte er. Dem neuen Präsidenten warf Ul- zu viel Geld aus und sie geben Geld an der batte von der „größten humanitären Kata- Ihre Vorstellungskraft, Ihren Mut“, sagte Le Maire an, den er zusammen mit Haus- gungen geben, „wie wir mehr in Europas rich vor, für eine Politik der Kürzung und falschen Stelle aus“, kritisierte EU-Kom- strophe unserer Zeit“ und warf der Koalition EU-Ratspräsident Donald haltsminister Gérald Dar- Zukunft investieren kön- Finanzmarktderegulierung missionspräsident Jean-Claude Juncker „verblendeten Zynismus“ vor, wenn sie mit Tusk bei seinem ersten manin aus dem konservati- nen“. Aus seiner Sicht zu stehen. Unter seiner schon am Tag nach der Stichwahl. Die „legitimen saudischen Sicherheitsinteressen“ Abendessen mit dem neu- ven Lager abwarb. Der flie- braucht die EU „dringend Führung drohten viele Staatsausgaben liegen in Frankreich bei argumentiere. Das Mindeste was die Bundes- en Präsidenten im Elysée- »Nehmen ßend deutsch sprechende einen Zukunftsfonds für »Der Franzosen weiter in Armut knapp 57 Prozent der Wirtschaftsleistung regierung tun könne, sei ein Stopp von Rüs- Palast. Sie die Le Maire kündigte in seiner nachhaltige Investitionen – Reformwille und Perspektivlosigkeit ge- und damit rund zehn Prozentpunkte über tungsexporten in die Region. Sevim Dagde- Doch umgekehrt setzt auch ersten Rede gleich einen nicht nur für die Länder trieben zu werden. dem EU-Durchschnitt. len (Linke) sprach von einem „Massaker“ Macron große Hoffnungen ausgestreckte Besuch bei „seinem der Eurozone, sondern für kann nicht Hans-Peter Friedrich (CSU) der „islamischen Kopf-ab-Dikatur“ Saudi- in die Europäische Union, Hand von Freund“, Finanzminister die gesamte EU“. durch Geld von wertete die Wahl Macrons Weniger Ausgaben Die EU hatte Ex-Präsi- Arabien. „Der saudische König und Diktator wie er bei seinem Antritts- Wolfgang Schäuble (CDU), Auch Joachim Poß (SPD) zwar als „gute Nachricht dent Hollande zweimal eine Gnadenfrist Salman ist kein Fall für üppige diplomati- besuch vergangene Woche Präsident an. Dabei solle es um einen appellierte an die Union, außen ersetzt für Europa in einer düste- von zwei Jahren eingeräumt, um das Haus- sche Bankette, wie es Merkel mit Salman in Berlin deutlich machte. Macron an!« „konkreten Impuls“ für die Pläne Macrons nicht werden.« ren Zeit“ und versicherte: haltsdefizit auf drei Prozent der Wirt- übt, sondern ein Fall für den Internationa- Er will mehr Investitionen mehr Integration in der Eu- sofort vom Tisch zu wi- „Wir werden ihm zur Seite schaftsleistung zurückzuführen. Macron len Gerichtshof.“ in Europa, von denen er Cem Özdemir (Grüne) rozone gehen. „Nichts schen. Wenn als erstes ge- Hans-Peter Friedrich (CSU) stehen.“ Zugleich stellte er will den Grenzwert nun schon dieses Jahr Niels Annen (SPD) wies die Vorwürfe zu- sich neuen Schwung auch wirklich Großes entsteht in fragt werde, was Macron aber klar, dass Frankreich erreichen, indem er die öffentlichen Ausga- rück: „Wenn das die neue Radikalität der für die lahmende Wirt- Europa ohne die Freund- Deutschland koste, könne seine Probleme zuerst allei- ben um 60 Milliarden Euro verringert. Un- Grünen ist, dann sitzen im Auswärtigen Amt schaft seines Landes erhofft. „Wir müssen schaft mit Deutschland.“ man darüber nur den Kopf schütteln. „Wir ne lösen müsse und der dafür notwendige ter anderem will er 120.000 Stellen im öf- nur Extremisten.“ Deutschland sei unter an- neues, frisches Geld einbringen“, verlangte brauchen eine stärkere politische Einbet- Reformwille nicht „durch Geld von außen“ fentlichen Dienst streichen und bei der Ar- derem mit 125 Millionen Euro an humani- Macron. Der Investitionsplan Junckers, der Kein voreiliges Nein Im Bundestag nah- tung der Wirtschafts- und Währungsunion, ersetzt werden könne. „Der deutsch-fran- beitslosenversicherung sparen. tärer Hilfe drittgrößter Geber für den Jemen. auf Initiative seines Vorgängers François men viele Abgeordnete die Signale aus Pa- einen eigenen Euro-Haushalt, der uns Zu- zösische Motor für Europa kann nur funk- Ob er für seine Reformvorhaben über- Johann Wadephul (CDU) bezeichnet die Hollandes zustande kam, geht ihm nicht ris dankbar auf. In einer auf Verlangen von kunftsinvestitionen ermöglicht, parlamen- tionieren, wenn Frankreich selber ökono- haupt eine parlamentarische Mehrheit fin- saudischen Luftangriffe als „schlimm“ und weit genug. Mittelfristig strebt er eine stär- Bündnis 90/Die Grünen anberaumten Ak- tarisch kontrolliert ist und durch einen Eu- misch wieder stärker wird“, erklärte Fried- det, wird allerdings erst nach französischen „unverhältnismäßig“. Die Bundesregierung kere Integration der Euro-Zone an mit ei- tuellen Stunde unterstützen am vergange- rominister geführt wird“, stellte Poß klar. rich. Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni klar habe diese Angriffe jedoch verurteilt und nem gemeinsamen Haushalt, einem eige- nen Donnerstag zahlreiche Redner Ma- Dies sei aus politischen und ökonomi- Dass Macron zuerst seine Hausaufgaben sein. Christine Longin/joh T sich eindeutig hinter die UN-Vermittlungs- nen Parlament und einem Euro-Finanzmi- crons Pläne für eine Reform der Eurozone schen Grünen „unumgänglich für die wei- erledigen muss, hat er im Wahlkampf im- bemühungen gestellt. „Wir sind an dieser nister an. Gemeinsame Staatsanleihen, die und lobten den neuen Chef im Élysée-Pa- tere Perspektive Europas“. mer wieder versichert. „Wir müssen (...) Die Autorin ist freie Stelle auf keinem Auge blind.“ ahe T so genannten Eurobonds, lehnt er jedoch last als „leidenschaftlichen Europäer“. Der Alexander Ulrich (Die Linke) nannte ein die Wirtschaft wieder in Schwung bringen Korrespondentin in Paris.

Anzeige Gegen die Straflosigkeit Scharfer Ton um Trennschärfen DAS WILL ICH RECHT Forderung nach Sondertribunal in Nahost gescheitert MENSCHENRECHTE Bericht zur Lage in Deutschland stößt im Ausschuss auf geteiltes Echo ONLINE LESEN! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist Keine Mehrheit fanden die Grünen zu- Der Bericht über die Entwicklung der Men- Ein Vertreter der Unionsfraktion kritisierte, rechtliche Standards bei der Behandlung Jetzt auch als E-Paper. mit ihrer Forderung nach einer juristischen dem mit ihrem Antrag zu einer Stärkung schenrechtssituation in Deutschland (18/ dass das Institut mit dem Bericht und des- von Migranten einzuhalten. Aufarbeitung der „schweren Verbrechen ge- der internationalen rechtlichen Zusam- 10615) und der Jahresbericht 2015 des Deut- sen Schwerpunktsetzung politische Bewer- Ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Mehr Information. gen die Menschlichkeit“ durch staatliche menarbeit und Förderung der Rechtsstaat- schen Instituts für Menschenrechte (DIMR) tungen vornehme, die dem gesetzlichen Grünen betonte, dass für Migranten auch Mehr Themen. und nichtstaatliche Akteure in Gebieten lichkeit in anderen Ländern (18/9675) (18/10616) werden von den Fraktionen Auftrag nicht entsprechen würden: So wer- ohne Recht auf Zuwanderung die Men- Syriens und des Iraks gescheitert. Die Frak- sowie mit einem Gesetzentwurf zu einer kontrovers beurteilt. In einem Gespräch des be das Institut im Bericht ohne die gebote- schenrechte zu gelten hätten. Die „einseitige Mehr Hintergrund. tionen von CDU/CSU und SPD stimmten Änderung des Bundesverfassungsgerichts- Ausschusses für ne „Trennschär- Darstellung“ der Union schade dem Kampf vergangenen Donnerstag gegen einen ent- gesetz (18/8277). Menschenrechte fe“ für eine für die Menschenrechte. Wenn es um diese Mehr Köpfe. sprechenden Antrag (18/10031), die Frakti- Im Antrag hatte die Fraktion unter ande- mit Vertretern »Zweck der Berichts- „menschen- hierzulande besser bestellt sei als etwa in Mehr Parlament. on Die Linke enthielt sich. rem für eine stärkere Einbeziehung der des Instituts ging pflicht ist die kon- rechtskonforme Nordkorea, dann heiße das noch lange Die Grünen hatten argumentiert, dass we- Länder bei der Gewinnung von Fachleuten es vergangene Asyl- und Migra- nicht, „sich auf die faule Haut zu legen“ und der Syrien noch der Irak Vertragsstaaten für internationale Rechtsstaatsmissionen Woche vor allem tinuierliche Selbst- tionspolitik“. sich nicht etwa anzuhören, was das DIMR des Römischen Statuts seien. Somit könne sowie für eine erleichterte Freistellung von um den Schwer- kontrolle staatlichen Asylpolitik sei und „was andere Länder uns ins Stammbuch Handelns.« sich der Internationale Strafgerichtshof Richtern, Staatsanwälten und anderen Ex- punkt des Be- ein zentrales schreiben“. Direkt (IStGH) nur mit der dortigen Situation be- perten für solche Einsätze geworben. Mit richts zu Flucht Beate Rudolf, Deutsches Aufgabenfeld für Eine Vertreterin der Fraktion Die Linke zum E-Paper Institut für Menschenrechte fassen, wenn der Sicherheitsrat der Verein- dem Gesetzentwurf wollten die Abgeord- und Migration © DIMR/S. Pietschmann ein Menschen- merkte an, dass es im Europarat regelmäßig ten Nationen ihm den Fall zur Bearbeitung neten wiederum die Möglichkeit schaffen, im Berichtszeit- rechtsinstitut, Kritik an der Bundesrepublik gebe – zum www.das-parlament.de überweise. Eine entsprechende – auch von Parlamentsbeschlüsse über Auslandseinsät- raum von An- Migration aber „Racial Profiling“ durch Sicherheitsbehör- [email protected] Deutschland unterstützte – Resolution sei ze der Bundeswehr auf ihre Verfassungsmä- fang 2015 bis Mitte 2016. DIMR-Direktorin sei kein Menschenrecht. Inwieweit den oder etwa zu rassistischen Übergriffen jedoch im Mai 2014 an dem Veto von ßigkeit zu überprüfen. Die Abgeordneten Beate Rudolf hob hervor, dass Deutschland Deutschland ein Einwanderungsland sei auf Flüchtlingsunterkünfte. Der „hervorra- Russland und China im Sicherheitsrat ge- begründeten dies mit einem „grundlegen- vor größten menschenrechtlichen Heraus- oder sein solle, könne politisch debattiert gende“ Bericht des DIMR beleuchte insbe- scheitert. Die Grünen hatten die Bundesre- den Problem des Rechtsschutzsystems im forderung gestanden habe und auf „bewun- werden, diese Frage sollte aber nicht als sondere die Lage verletzlicher Gruppen wie gierung aufgefordert, sich „innerhalb der Bereich der Auslandseinsätze der Bundes- dernswerte Weise“ gehandelt habe, um Men- „politisch Gewolltes“ oder Forderung Teil unbegleitete Minderjährige unter den Vereinten Nationen und auf allen diplo- wehr“, das beim Zustimmungsbeschluss schen Schutz zu gewähren. Rudolf begrüßte, des Menschenrechtsberichts sein. Flüchtlingen. ahe T matischen Ebenen“ erneut für eine solche des Bundestages zum Syrieneinsatz erneut dass es seit 2015 eine gesetzliche Grundlage Ein Vertreter der SPD-Fraktion sprach hinge- Überweisung einzusetzen oder, falls das zutage getreten sei. In der Debatte darüber für Rechtsstellung und Aufgaben DIMR ge- gen von einer „hervorragenden Arbeit“ des nicht gelingen sollte, „alternativ die Ein- sei bezweifelt worden, dass dieser Einsatz be: Zweck der damit eingeführten jährlichen Instituts. Es sei im Sinne des Prinzips der richtung eines Sondertribunals zur straf- mit dem Grundgesetz vereinbar ist, doch Berichtspflicht zur Menschenrechtslage in Selbstkritik politischen Handelns „richtig, rechtlichen Aufarbeitung der Völkerrechts- gebe es derzeit „keinen klaren Weg, um Deutschland sei die „kontinuierliche Selbst- dass das DIMR selbst entscheidet, worüber Weiterführende Links zu den verbrechen in Syrien und im Irak einzufor- derartige Rechtsfragen dem Bundesverfas- kontrolle staatlichen Handelns“ und somit es berichtet“. Im Übrigen seien unabhängig Themen dieser Seite finden dern“. sungsgericht vorzulegen“. ahe/pst T ein „Gebot der Rechtsstaatlichkeit“. von der politischen Bewertung menschen- Sie in unserem E-Paper 8 EUROPA UND DIE WELT Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

Weniger Soldaten bei KFOR-Mission

KOSOVO Die Bundeswehr soll sich weiter- hin an der internationalen Sicherheitsprä- senz im Kosovo (KFOR) beteiligen, ihren Personaleinsatz aber erneut reduzieren. Vorgesehen ist nunmehr die Entsendung von bis zu 800 Bundeswehrsoldaten, heißt es in einem Antrag Bundesregierung (18/ 12298), der vergangene Woche in die Aus- schüsse überwiesen wurde. Das sind 550 Soldaten weniger als im letzten Mandats- zeitraum. Die Lage im Kosovo sei überwiegend ruhig und stabil, allerdings verbleibe nach wie vor ein Konflikt- und Eskalationspotenzial, insbesondere im Norden. Die kosovari- schen Sicherheitskräfte seien zunehmend besser in der Lage, mit sicherheitsrelevan- ten Situationen umzugehen. „So werden Großdemonstrationen von der kosovari- schen Polizei professionell begleitet und gewaltsame Ausschreitungen mit polizeili- chen Mitteln eingedämmt.“ Zu den Aufga- ben der Bundeswehr gehören laut Antrag neben der Unterstützung der „Entwicklung eines stabilen, demokratischen, multieth- nischen und friedlichen Kosovo“ die Un- terstützung des Aufbaus der Kosovo Securi- ty Force beziehungsweise der Kosovo Ar- med Forces (KAF) „und anderer Akteure im Rahmen der Sicherheitssektorreform (SSR) unter Vorbereitung der weiteren Ein- bindung in euro-atlantische Strukturen“. Die Kosten für die einsatzbedingten Zusatz- ausgaben der Bundeswehr beziffert die Bun- Näherinnen in einer Textilfabrik in Bangladesh. Das von Entwicklungsminister Gerd Müller initiierte „Textilbündnis“ soll deren Arbeitsbedingungen verbessern, doch Grüne und Linke sehen darin ein stumpfes Schwert, da die desregierung für weitere zwölf Monate auf Teilnahme für die Unternehmen freiwillig ist. Sie fordern gesetzliche, verbindliche Vorgaben. © picture-alliance/ZUMAPRESS.com insgesamt rund 41,9 Millionen Euro. ahe T

Abschreckung am Horn von Verlorener Zauber Afrika

SOMALIA Die Bundeswehr beteiligt sich ENTWICKLUNG Opposition attestiert CSU-Minister Müller schlechte Bilanz. Kritik auch von der SPD weiterhin an der EU-Mission „Atalanta“ vor der Küste Somalias. Hauptaufgabe bleibe die Verhinderung und Abschreckung von Pi- ls Gerd Müller (CSU) im gierung (12/12300, siehe „Stichwort“). habe Deutschland 8.000 Lehrer ausgebil- glanzmagazinen seitenlang über fairen her nicht mehr durchgeführt werden. Doch raterieangriffen am Horn von Afrika, heißt Januar 2014 zum ersten „Aber nach fast vier Jahren ist Ihr Zauber det, die heute Flüchtlingskinder in den La- Handel auszulassen“, es aber bei „Lippen- es gab auch Lob: Rebmann bescheinigte es im Antrag (18/11621) der Bundesregie- Mal als Bundesminister vorbei.“ Er nannte Müller einen „Schein- gern rund um Syrien unterrichteten. Und bekenntnissen“ belassen zu haben. dem Minister, dass dieser die Entwicklungs- rung, der vergangene Woche in namentli- für Entwicklung und wirt- riesen“, der gut über Politik reden könne, in Afrika und Indien seien 14 Innovations- Kritische Stimmen kamen auch von Seiten politik wieder in den Fokus der Öffentlich- cher Abstimmung angenommen wurde: 461 schaftliche Zusammenar- aber nicht in der Lage sei, sie zu machen. zentren entstanden, in denen Kleinbauern der SPD. Stefan Rebmann monierte, dass keit gerückt habe. Die Vorsitzende des Ent- Abgeordnete stimmten dafür, 71 dagegen, es beit eine Regierungserklä- Niema Movassat (Die Linke) lobte Müllers lernten, nachhaltig zu produzieren und Müller bei den EPA-Verhandlungen nicht wicklungsausschusses, Dagmar Wöhrl gab 32 Enthaltungen. Einsatzgebiet von rungA im Bundestag abgab, rieb sich der Redenschreiber, der „oft den richtigen Ton“ mehr zu erwirtschaften. Müller will aber auf die Verankerung entwicklungspoliti- (CSU), begrüßte, dass Müller die Privatwirt- „Atalanta“ sind laut Antrag die somalischen entwicklungspolitische Sprecher der Grü- treffe – nur dass der Minister am Ende eine noch mehr: Es müsse mehr in Bildung in- scher Fördermaßnahmen gepocht habe. schaft, gerade in Bezug auf Afrika, mit ins Küstengebiete sowie Meeresgebiete vor der nen, Uwe Kekeritz, verwundert die Augen: „komplett gegenteilige Politik“ betreibe. vestiert werden – am besten 25 Prozent des Außerdem sei Entwicklungspolitik auf Boot geholt und die Unternehmen stärker Küste Somalias und der Nachbarländer. Die „Spricht da jetzt ein Grüner?“, fragte er, Beide waren sich einig in ihrem Urteil: Vier Entwicklungsetats –, mehr in den Klima- „nachhaltige Strategien und eine verlässli- in die Verantwortung genommen habe. Für bis zu 600 entsendeten Bundeswehrsoldaten nachdem der CSU-Mann Jahre Müller – vier ver- schutz und die Stärkung von Frauen. Und che Finanzierung“ angewiesen – mit den Sibylle Pfeiffer (CDU) sind die Ergebnisse dürften außerdem gegen logistische Einrich- mit Verve von der Bedeu- schenkte Jahre für die Ent- er bekräftige seine Forderung: „Wir müssen drei, stetig anwachsenden Sonderinitiativen von vier Jahren Müller das, „was ich mir tungen der Piraten am Strand vorgehen. tung des Klimaschutzes für wicklungspolitik. die Globalisierung gerechter gestalten.“ des Ministeriums seien aber andere Berei- unter nachhaltiger, weitsichtiger, voraus- Dagmar Freitag (SPD) warnte, dass Somalia die nachhaltige Entwick- »Sie haben Dabei hatte der Ressortchef che in „erhebliche Schwierigkeiten“ gera- schauender und effizienter Entwicklungs- wegen anhaltend schwerer Dürre eine Kata- lung gesprochen hatte, von hoffnungsvoll zuvor die aus seiner Sicht »Tödlicher Handel« Die Opposition ließ ten. Eine Reihe von Projekten könnten seit- politik vorstelle“. Johanna Metz T strophe bevorstehe: Die Hälfte der Bevölke- den Grenzen des Marktes, großen Erfolge seiner trotzdem kein gutes Haar am CSU-Minis- rung sei auf humanitäre Hilfe angewiesen, einem neuen Wachstums- mit viel Amtszeit reihenweise auf- ter. Die ODA-Quote sei schön gerechnet, knapp drei Millionen Menschen auf die begriff, der Notwendigkeit grüner gelistet: „Deutschland hat monierte auch die SPD, weil die Bundesre- > STICHWORT Verteilung von Nahrungsmitteln. „Atalanta“ ökologischer und sozialer den Stellenwert der Ent- gierung darauf die Kosten für die Unter- sorge dafür, dass Hilfsgüter geliefert werden Standards für Unterneh- Rhetorik wicklungspolitik zuletzt bringung der Flüchtlinge in Deutschland 15. Entwicklungspolitischer Bericht der Bundesregierung können. Inge Höger (Die Linke) sprach von men. Noch Monate danach begonnen.« neu definiert und entschei- angerechnet habe. Zudem habe sich Mül- einer „völlig falschen Prioritätensetzung“: erntete der neue Ressort- dend aufgewertet“, erklärte ler „in tausenden Projekten und Sonderini- > Maßnahmen und Ziele Der von Entwicklungsminister Gerd Militär helfe nicht gegen Hunger. Erklärtes chef oft mehr Applaus von Uwe Kekeritz (Grüne) er. So habe es 2016 erst- tiativen verloren“, kritisierte Heike Hänsel Müller (CSU, Foto) im April vorgestellte Bericht (18/12300) Ziel der Mission sei der Schutz des Welter- den Oppositionsbänken als mals das international pro- (Linke), aber nichts an den „ungerechten zeigt alle vier Jahre die entwicklungspolitische Arbeit der Bun- nährungsprogramms aber gleichzeitig stün- aus den eigenen Reihen, pagierte Ziel, 0,7 Prozent Strukturen“ im Welthandel geändert. Das desregierung auf und schlägt Lösungen zur Bewältigung der de nicht genug Geld bereit, um Hunger zu wenn er die Handelspolitik des Westens des Bruttonationaleinkommens für Ent- von ihm initiierte Bündnis für nachhaltige globalen Herausforderungen vor. bekämpfen. Johann Wadephul (CDU) ar- anprangerte und forderte, die Globalisie- wicklung aufzuwenden (ODA-Quote), er- Textilien sei ein „freiwilliges Mitmachpro- gumentierte, dass es kein Gegensatz sei, ei- rung gerecht zu gestalten. reicht. In der laufenden Wahlperiode sei gramm für Unternehmen“, befand sie. > Bilanz Die Ergebnisse der deutschen Entwicklungszusammen- nerseits für humanitäre Hilfe am Horn von Doch inzwischen ist die Euphorie verflo- der Etat des Ressorts um stolze 35 Prozent Und die Partnerschaftsabkommen der EU arbeit in den vergangenen vier Jahren bewertet der Bericht in- Afrika und anderseits für die Sicherung der gen. „Herr Müller, Sie haben hoffnungsvoll gestiegen, 12 Milliarden Euro seien seit mit den afrikanischen Staaten (EPAs) habe gesamt positiv. Mit dem Bündnis für nachhaltige Textilien hät- Handelswege der westlichen Welt einzutre- mit viel grüner Rhetorik begonnen“, kon- 2014 in Kriegs- und Krisengebiete geflos- Müller mitgetragen, obwohl klar sei: „Wer ten sich die sozialen und ökologischen Bedingungen in den ten. Omid Nouripour (Grüne) nannte den statierte Kekeritz am Donnerstag vergange- sen, um dort das Überleben zu sichern, die Armut in Afrika beenden will, muss Produktionsländern verbessert. Mehr als eine Million Flücht- Einsatz mit Blick auf die Piraterie „ziemlich ner Woche in der Debatte zum 15. Ent- Kinder in die Schule zu schicken und Er- diesen tödlichen Handel stoppen.“ Uwe lingskinder könnten mit deutscher Hilfe zur Schule gehen. erfolgreich“, bezeichnete aber das „Landele- © picture-alliance/Sophia Kembowski/dpapa wicklungspolitischen Bericht der Bundesre- wachsene in Jobs zu bringen. In der Türkei Kekeritz warf Müller vor, sich „in Hoch- ment“ als „militärisches Abenteuer“. ahe T

Besuchen verboten Schlüsselregion Sahara BUNDESWEHR Opposition drängt auf Abzug vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik MALI Bundeswehr bildet weiterhin Soldaten im Kampf gegen Terroristen aus Die Oppositionsfraktionen drängen auf ei- CDU/CSU und SPD wurde der Antrag zur Jordanien – zur Stationierung der Torna- Die Bundeswehr beteiligt sich ein weiteres Ansatz: Durch Hilfen beim Aufbau rechts- Jürgen Hardt (CDU) warb für die Mission, nen sofortigen Abzug der Bundeswehr vom Weiterberatung in die Ausschüsse überwie- do-Flugzeuge zu prüfen, die im Rahmen Jahr im Rahmen der EU-geführten Ausbil- staatlicher und demokratischer Strukturen die darauf ziele, durch Ausbildung und Be- türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik. sen. Die Opposition hatte ursprünglich ge- des Kampfes gegen den Islamischen Staat dungsmission EUTM Mali. 500 Abgeordnete und zur Bekämpfung von Hunger und Ar- ratung eine „Schlüsselregion in Afrika“ zu Wiederholt hatten türkische Behörden fordert, sofort abzustimmen. für Luftaufklärung sorgen. stimmten am Donnerstag für einen entspre- mut. Elementare Voraussetzung für diese Hil- befrieden. „Wir führen diesen Einsatz vor Bundestagabgeordneten dort den Besuch Claudia Roth (Grüne) nannte den Zustand Dietmar Bartsch (Die Linke) betonte, dass chenden Antrag der Bundesregierung fe sei aber die Durchsetzung des staatlichen allem auch deshalb durch, weil wir eine verweigert, zuletzt mit der Begründung, „absolut inakzeptabel“, der Abzug sei es hier um das „Selbstverständnis unseres (18/11628, 18/12205), 64 votierten dage- Gewaltmonopols im ganzen Land – und ge- echte Chance sehen, dass durch unsere Hil- Deutschland ge- überfällig. Es sei Parlaments“ gehe. Es sei absurd, dass Au- gen, es gab eine nau dafür leiste fe die Entwicklung besser wird.“ Eingebet- währe türki- unerträglich, ßenminister Sigmar Gabriel (SPD) seinen Enthaltung. Da- EUTM Mali einen tet sei EUTM Mali in eine „Palette von zivi- schen Offizieren wenn die Regie- US-Amtskollegen Rex Tillerson um Ver- mit können wei- Beitrag, argumen- len Maßnahmen“ – diplomatisch, entwick- Asyl, die am »Wir stehen für das rung in Ankara mittlung gebeten habe. „Das ist hilfs- und terhin bis zu 300 »Der Einsatz hat tierte Bulmahn. lungspolitisch, aber zum Beispiel auch Putsch in der Grundrecht auf Asyl die Incirlik-De- konzeptionslose Außenpolitik.“ Die Türkei Bundeswehrsol- Mali weder sicherer Christine Buch- durch die Unterstützung für die Bewah- Türkei im ver- und lassen uns nicht batte mit der entwickle sich in Richtung einer islamisti- daten entsendet noch stabiler oder holz (Die Linke) rung des identitätsstiftenden Kulturerbes gangenen Jahre von der türkischen Entscheidung schen Diktatur, sagte Bartsch. „Ziehen Sie werden, zu de- demokratischer forderte den Ab- des Landes in Timbuktu. beteiligt gewe- Regierung erpressen.« verknüpft, türki- nicht nur die Bundeswehr von dort ab, ren Aufgaben gemacht.« zug der Bundes- Frithjof Schmidt (Grüne) nannte den Ein- sen seien. „Die schen Militärs in stoppen Sie vor allen Dingen alle Waffen- vor allem die Be- wehr: Die euro- satz „richtig und notwendig“, warf der Rolf Mützenich (SPD) Christine Buchholz (Linke)

Bundeswehr ist © DBT/Achim Melde Deutschland lieferungen.“ ratung des mali- © DBT/Achim Melde päische Militär- Bundesregierung aber vor, ein geschöntes eine Parla- Asyl zu gewäh- Rolf Mützenich (SPD) sagte: „Wir stehen schen Verteidi- mission hätte Bild zu liefern: „Die Lage in Mali ist nicht mentsarmee ren. Roth forder- für das Grundrecht auf Asyl und lassen uns gungsministeri- Mali „weder si- gut.“ Die humanitäre Situation sei drama- und die parlamentarische Kontrolle muss te zudem ein Stopp für Rüstungsexporte in nicht von der türkischen Regierung erpres- ums und die Ausbildung malischer Sicher- cherer noch stabiler oder demokratischer ge- tisch, die UN-Hilfsprogramme chronisch zu jedem Zeitpunkt möglich sein“, heißt es die Türkei. „Außerdem dürfen wir uns sen.“ Mützenich warnte aber vor einem heitskräfte und solcher der G5-Sahel-Staaten macht“. Die Wurzeln der Konflikte seien unterfinanziert, der Norden des Landes sei in einem gemeinsamen Antrag von Linken nicht durch ein Flüchtlingsabkommen ab- überstürzten Vorgehen. Die Formulierung (Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso, Dürre und Armut, auf der anderen Seite ein weitgehend außerhalb staatlicher Kontrol- und Grünen (18/12372), über den die Ab- hängig machen, mit dem wir unsere asyl- „Es reicht“ sei für ihn kein außenpoliti- Tschad) gehören. konfliktbeladener Rohstoffreichtum und die le. Die Bundesregierung müsse diese Pro- geordneten vergangenen Donnerstag de- politische Verantwortung auslagern wol- sches Argument. Es gelte eben auch hier Edelgard Bulmahn (SPD) erinnerte daran, Kontrolle der Handelswege durch die Saha- bleme dringend auf EU-Ebene thematisie- battierten: Mit Votum der Fraktionen von len.“ auszuloten, was vielleicht möglich sei. Es dass das Land nach einem Militärputsch, der ra. Diese Probleme könnten nicht militä- ren, „sonst schlittern wir in Mali in eine Roderich Kiesewetter (CDU) gab zu be- sei deshalb richtig, die Frage des Besuchs- Rebellion der Tuareg und dem Vormarsch is- risch gelöst werden. Buchholz kritisierte, kaum zu kontrollierende Krise“. Schmidt denken, dass es nicht tragbar sei, wenn rechts im Nato-Rat zu diskutieren. Das Be- lamistischer Banden 2012 vor dem Abgrund dass die EU mit zweierlei Maß messe: So kritisierte zudem, dass die Regierung das die Türkei, „die Südostflanke der Nato“ suchsrecht dürfe selbstverständlich kein stand. Nur das „entschlossene militärische werde das Land als sicher genug eingestuft, Mandat migrationspolitisch begründe: sich zunehmend Iran und Russland annä- „Gnadenakt“ des türkischen Präsidenten Eingreifen Frankreichs“ habe damals Schlim- um Mali „ein Rückführungsabkommen für „Wir setzen die Bundeswehr nicht zur ver- here „und wir durch einen überzogen ein- Erdogan sein, nötig sei eine grundsätzliche meres verhindert. Deutschland unterstütze Flüchtlinge aufzuzwingen“, jetzt wiederum besserten Migrationssteuerung in Afrika Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden seitigen Abzug einen Beitrag dazu leisten“. Übereinstimmung zwischen Ankara und Mali heute nicht nur militärisch, sondern werde die Unsicherheit angeführt als Be- ein“, sagte Schmidt. Wer so rede, untergra- Sie in unserem E-Paper Zudem seien zuvor Alternativen – etwa Berlin. ahe T mit einem „ganzheitlichen und kohärenten“ gründung für den Militäreinsatz. be die Legitimität des Einsatzes. ahe T Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 IM BLICKPUNKT 9

Der Fall der Oberleutnants Franco A. unter eine Art Generalverdacht gestellt zu hat eine öffentliche Debatte über Rechts- sein. extremismus in der Bundeswehr ausge- löst. Nach Ihren Worten übt die Truppe Verteidigungsministerin von der Ley- eine starke Anziehungskraft auf Rechts- en will jetzt verstärkt gegen Rechtsextre- extremisten aus. Heißt das umgekehrt, mismus in der Truppe vorgehen. Die Ka- dass in der Bundeswehr überproportio- »Eine Frage der Ehre« sernen wurden durchsucht, die Kasernen- nal mehr Rechtsextremisten anzutreffen namen sollen überprüft werden, der Tra- sind als in der Gesellschaft? ditionserlass und die Prinzipien der In- Nein. Es gibt dazu zwar keine belastbaren BUNDESWEHR Wehrbeauftragter warnt vor Generalverdacht gegenüber Soldaten neren Führung überarbeitet werden. Ist empirischen Studien, aber ich gehe davon das Zwangsaktionismus oder ange- aus, dass der Anteil von Rechtsextremisten bracht? eher sogar niedriger ist als in der ganzen Man kann das alles machen. Aber man Gesellschaft. Die Bewerber durchlaufen ja muss den Soldaten dann deutlich erklären, ein Einstellungsverfahren, zukünftig wer- dass damit kein generelles Misstrauensvo- den sie auch gleich zu Anfang einer Sicher- tum verbunden ist. Nicht ganz leicht. Ne- heitsüberprüfung durch den Militärischen ben das Bild von in Abschirmdienst (MAD) unterzogen. Trotz- Wehrmachtsuniform, das jetzt an der Bun- dem gibt es natürlich keine 100-prozentige deswehr-Universität in Hamburg abge- Garantie dafür, dass jeder Rechtsextremist hängt wurde, hätte einfach ein kleiner ein- erkannt und von vorneherein aussortiert ordnender Text gehört. Auch in meinem wird. Deshalb muss auch im alltäglichen Büro hängt ein Bild von einem Soldaten in Dienst auf solche Tendenzen geachtet wer- Wehrmachtsuniform – es zeigt den Kopf den. Und wenn sich da ein Soldat als des militärischen Widerstandes gegen Hit- Rechtsextremist entpuppt, dann kann es ler, Henning von Tresckow... nur eine Konsequenz geben – er muss ent- lassen werden. Wer die demokratische ... unverdächtig und Teil der Traditi- Ordnung bekämpft, hat bei den Verteidi- onspflege in der Bundeswehr . gern der Freiheit nichts zu suchen! Ja, aber ich habe trotzdem neben das Bild ein kleines Schild mit einer Erklärung zu Im Fall Franco A. hat aber genau seiner Person gehängt, um jedes Missver- dies ja nicht funktioniert. Drückt die ständnis auszuschließen. Bundeswehr bei der Einstellung von Sol- daten wegen ihres Nachwuchsmangels Als Beleg für eine verfehlte Traditi- eventuell zu oft ein Auge zu? onspflege wird von Kritikern immer wie- Die Bundeswehr hat im Moment sicherlich der die Benennung von Bundeswehrka- ein Nachwuchsproblem, aber hinsichtlich sernen angeführt. des Themas Rechtsextremismus sehe ich da Viele Kasernen trugen lange Zeit die Na- aktuell keinen Trend. Natürlich weiß man men von Soldaten der Wehrmacht, darun- in der Bundeswehr seit 60 Jahren, dass ter auch glühende Nationalsozialisten. Da- man aufpassen muss, weil Rechtsextremis- zu gab es entsprechende „Traditionsräu- ten Uniformen, Waffen, Hierarchien be- me“. Darüber hat es dann nach und nach sonders attraktiv finden. Deshalb bleibt öffentliche, klärende Diskussionen, auch Wachsamkeit geboten. Ich zitiere an dieser in der Truppe selbst, gegeben. Die Grün- Stelle gerne den Heeresinspekteur, Gene- dung der Bundeswehr war ja von Anfang ralleutnant Jörg Vollmer, der gesagt hat: an mit der politischen Entscheidung ver- „Verschweigen, Weghören, Wegschauen ist knüpft, dass die neuen deutschen Streit- falsch verstandene Kameradschaft, Eingrei- kräfte eben keine Wiederbelebung der fen und Verhindern eine Frage der Ehre.“ Wehrmacht sein sollten. Deshalb gibt es Im Fall Franco A. fehlte das frühzeitige Ein- die Prinzipien der Inneren Führung, und greifen. als „Staatsbürger in Uniform“ stehen den Soldaten alle staatsbürgerlichen Rechte zu. Verteidigungsministerin Ursula von Sie sind Teil unserer Demokratie. Bundes- der Leyen (CDU) hat auch in anderen tag und Bundeswehr sind im demokrati- Zusammenhängen eine mangelnde Feh- schen Deutschland auf besondere Weise, lerkultur in der Truppe angemahnt. Müs- zum Beispiel auch durch das Amt des sen die Soldaten denn befürchten Nach- Wehrbeauftragten, miteinander verbun- teile zu erleiden, wenn sie Dinge mel- den. Deshalb sprechen wir von einer „Par- den, die aus dem Ruder laufen? lamentsarmee“. Der lange Abschied von Ich hoffe und glaube, dass viel Zivilcourage Wehrmachtstraditionen müsste jetzt eher in der Truppe ist. Und wenn es doch Nach- in die Schlussphase eingetreten sein. Es teile gibt, dann können und sollten sich gibt noch etwas mehr als eine Handvoll die Soldaten an den Wehrbeauftragten Kasernen, deren Namen revisionsbedürftig wenden. Tatsächlich beziehen sich die Ein- sein dürften. Gleichzeitig hat sich die Bun- gaben der Soldaten aber fast durchweg auf deswehr in ihrer 60-jährigen Geschichte andere Probleme als Rechtsextremismus. längst eigene Traditionen aufgebaut – auch mit herausragenden soldatischen Einzelta- Bei Aussetzung der Wehrpflicht ist ten in den Einsätzen. Und mit einer bei- davor gewarnt worden, dass damit ein spielhaften Kooperation in der Nato und Kernstück der demokratischen Kontrolle mit den europäischen Partnern. Da wird es verloren gehen könnte. Teilen Sie diese nicht schwer sein, heute auch einen Na- Befürchtung hinsichtlich der aktuellen mensbezug zu dieser jüngeren Geschichte Diskussion? des 20. und 21. Jahrhunderts herzustellen. Nein, da sehe ich keinen Zusammenhang. In den meisten Fällen von Rechtsextremis- Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages. © picture-alliance/Rainer Jensen/dpa Das Interview führte mus, sexuellen Übergriffen oder Schleifer- Alexander Weinlein. T methoden, über die wir im Augenblick dis- kutieren, haben wir es mit Soldaten zu tun, in der Soldatengewerkschaft oder in Partei- trale. Ist das Problem nicht so groß wie Ministerium mitgeteilt und veröffentlichen sunken. Bei der Durchsuchung sämtlicher Hans-Peter Bartels, geboren 1961, zog die schon länger in der Bundeswehr die- en oder Kommunalparlamenten. Die Bun- die derzeitige Diskussion nahelegt oder diese, zuletzt: 63. Diese Zahlen sind in den 400 Bundeswehrliegenschaften in den letz- 1998 erstmals für die SPD als Direkt- nen und bereits vor Aussetzung der Wehr- deswehr ist kein Staat im Staate, sondern ist es vernachlässigt worden? vergangenen Jahren nicht signifikant ge- ten Tagen wurden insgesamt 41 Funde von kandidat des Wahlkreises Kiel in den pflicht zur Truppe gekommen sind – auch eine Armee der Demokratie. Rechtsextremismus ist ein Dauerthema in stiegen. Die darüber hinaus vom MAD be- möglichen Wehrmachtsdevotionalien ge- Bundestag ein. Bis zu seiner Wahl zum Franco A.. Deutschland hat heute die de- den Jahresberichten, aber heute gewiss arbeiteten Verdachtsfälle sind nach Ausset- meldet – was ich bei 250.000 Menschen in Wehrbeauftragten im Dezember 2014 mokratischste Armee seiner Geschichte. In den Berichten des Wehrbeauftrag- nicht das Zentralproblem unserer Bundes- zung der Wehrpflicht und der erneuten der Bundeswehr nicht so extrem besorgnis- war er Mitglied des Verteidigungs- Die Soldaten sind gut in die Gesellschaft ten spielte das Thema Rechtsextremismus wehr. Wir bekommen die Zahlen über ge- Verkleinerung der Bundeswehr nach den erregend finde. Was die Truppe im Mo- ausschusses, den er ab Januar 2014 eingebunden, sei es in Sportvereinen, sei es zwar immer eine Rolle, aber keine zen- meldete rechtsextremistische Vorfälle vom Zahlen des Ministeriums sogar deutlich ge- ment belastet, ist das verbreitete Gefühl, auch als Vorsitzender leitete.

Wahlkampftöne überlagern Debatte über Rechtsextremismus in der Truppe VERTEIDIGUNG Die Opposition und die SPD werfen CDU-Ministern Ursula von der Leyen und Thomas de Maizière Versagen im Fall des Bundeswehroffiziers Franco A. vor Applaus von links ist für Ursula von der Ist der Fall Franco A., der mit mindestens schriften von Soldaten. Das Problem sei ten gegeben, rechtsextreme Umtriebe in im Amt, habe aber die guten Fähigkeiten Von der Leyen will im Fall Franco A. „hart Leyen (CDU) selten. Soldatinnen und Sol- zwei Komplizen offenbar Anschläge plante von der Ministerin kleingeredet worden. der Truppe zu untersuchen, etwa anhand etwa beim Zentrum und Beirat Innere Füh- aufklären“ und „konsequent nachsteuern“, daten schwörten einen Eid, Recht und Frei- und sich parallel als syrischer Flüchtling Allerdings sollte sich auch die SPD nicht der Berichte des Wehrbeauftragten des rung nicht genutzt. „Das Reinhören in die sollte es strukturelle Probleme geben. Dass heit des deutschen Volkes zu verteidigen, ausgab und vom Bundesamt für Migration so „aufplustern“. Ihr damaliger Verteidi- Bundestages. Mathias Edwin Höschel Bundeswehr wurde von Ihnen ignoriert“, der MAD 2014 nicht über die rechtsextrem Extremisten träten Recht und Freiheit mit und Flüchtlinge (BAMF) sogar einen gungsminister Peter Struck habe Untersu- (CDU) entgegnete, die Zahl der Verdachts- warf Arnold der Ministerin vor. Gute Füh- durchsetzte Masterarbeit von Franco A. an den Füßen. „Deshalb haben Rechtsextre- Schutzstatus erhielt, ein Einzelfall oder chungen zu dem Thema blockiert. Buch- fälle sei rückläufig. Und nur ein Bruchteil rung beginne an der Spitze. „Deshalb sind der französischen Militär-Universität Saint- misten nichts in der Bundeswehr verlo- nicht? Darüber gingen die Ansichten weit holz warf der Bundeswehr und dem Militä- davon bestätige sich. Florian Hahn (CSU) Sie kein Vorbild für die Soldaten“, rief Ar- Cyr unterrichtet worden sei, bezeichnete ren“, sagte die Verteidigungsministerin in auseinander. Nein, sagte die Verteidigungs- rischen Abschirmdienst (MAD) „Totalver- sprach von „einzelnen schwarzen Schafen“. nold von der Leyen zu. Sein Fraktionskol- sie als „klares Versäumnis“. der vergangenen Woche in einer Aktuellen expertin der Linken, Christine Buchholz. sagen“ vor. So weit wollte die Ministerin nicht gehen. lege Lars Klingbeil ergänzte, manchmal ha- Die Verteidigungsministerin hatte zudem Stunde des Bundestages. Die Feststellung Ein „relevanter Teil“ der Bundeswehr habe Die verteidigungspolitische Sprecherin der Sie wandte sich zwar gegen be man den Eindruck, von alle Kasernen auf Wehrmachtsdevotiona- konnten alle Fraktionen unterstützen. An- ein Problem mit dem Rechtsextremismus, Grünen-Fraktion, Agnieszka Brugger, be- einen Pauschalverdacht. der Leyen sei erst seit zwei lien durchsuchen lassen. 41 Fundstücke sonsten hatte die CDU-Politikerin, die seit meinte Buchholz und bezog sich auf Zu- tonte, es habe immer wieder Gelegenhei- Aber nur von Einzelfällen »Weil uns der Wochen im Amt. Klingbeil wurden in den rund 400 Standorten gefun- gut zwei Wochen mit dem Fall des rechts- zu sprechen, wäre „grund- vermisste zudem eine öf- den. Sie sollen laut Florian Hahn aber we- extremen Offiziers Franco A. alle Hände falsch“. gute Ruf der fentliche Entschuldigung niger schwerwiegend gewesen sein als die voll zu tun hat, aber einen schweren Stand. Der Grünen-Fraktionsvor- der Ministerin für ihre Funde im elsässischen Illkirch, wo Franco sitzende Anton Hofreiter Truppe am „Pauschalkritik“, es gebe A. stationiert war. »Generalverdacht« Die Linksfraktion nannte es „schleierhaft“, Herzen liegt, ein „Haltungsproblem“ Von der Leyen will nun dafür werben, das hatte die Aktuelle Stunde mit der Über- dass die Pläne und das und Führungsschwäche auf Traditionsverständnis der Bundeswehr stär- schrift „Aufklärung möglicher rechtsextre- Doppelleben von Franco müssen wir unterschiedlichen Ebenen. ker an der eigenen Historie auszurichten. mer Strukturen in der Bundeswehr“ bean- A. so lange unbemerkt aufkären.« Von der Leyen würdigte im Der geltende Traditionserlass von 1982 soll tragt. Neue Fakten brachte die Debatte blieben. „Es schauten zu Ursula von der Leyen (CDU, Bundestag allerdings den überprüft werden. Die Bundeswehr habe nicht zu Tage. Sie lieferte aber einen Vorge- viele in entscheidenden Verteidigungsministerin „hervorragenden Dienst“, eine über 60-jährige erfolgreiche Geschich- schmack auf den Wahlkampf. Dass Linke Momenten weg“, beklagte den Tausende Soldaten täg- te als Armee der Demokratie, der deut- und Grüne die Verteidigungsministerin kri- Hofreiter. Für diesen lich tun. schen Einheit und als Parlamentsarmee, tisieren, war erwartbar. Aber auch der Ko- „Skandal“ trage die Ministerin die Verant- Mehrere Redner der Unions-Fraktion nah- die für Frieden in der Welt kämpfe. Auch alitionspartner SPD nahm von der Leyen wortung. Hofreiter verwies darauf, dass die men von der Leyen in Schutz. Der verteidi- als Helfer bei Flutkatastrophen seien die schwer unter Beschuss. Kurz vor der Debat- Union seit zwölf Jahren das Verteidigungs- gungspolitischer Sprecher Henning Otte Soldaten im Einsatz. „Wir können aus die- te hatte SPD-Kanzlerkandidat Martin ministerium führe. „Sie und ihre Partei (CDU) warf Linken und Grünen vor, die ser Geschichte so viel schöpfen. Darauf Schulz ihr vorgeworfen, die Soldaten unter stellen ein Sicherheitsrisiko dar“, sagte Bundeswehr in Misskredit zu bringen. Die sollten wir uns besinnen“, sagte von der Generalverdacht zu stellen und für einen Hofreiter. Kritik des SPD-Kanzlerkandidaten Schulz Leyen. Stefan Uhlmann T Imageverlust der Truppe verantwortlich zu Der verteidigungspolitische Sprecher der wertete Otte als Panikreaktion nach der sein. Schulz traf sich öffentlichkeitswirk- SPD-Fraktion, Rainer Arnold, machte für Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. sam mit dem Vorsitzenden des Deutschen die Vorfälle von der Leyen „persönlich“ „Die Union steht mit ihrer Verteidigungs- Bundeswehrverbandes, André Wüstner, verantwortlich. Das gelte ebenfalls für In- ministerin fest an der Seite der Soldaten“, während die Ministerin erneut dem Vertei- nenminister Thomas de Maizière (CDU), sagte Otte. Die Bundeswehr sei ein Garant Weiterführende Links zu den digungsausschuss Rede und Antwort ste- Bekenntnis gegen Rechtsextremismus: Plakat im Gebäude des Jägerbataillons 291 in in dessen Zuständigkeit das BAMF falle. für die Sicherheit und die Union die Partei Themen dieser Seite finden hen musste. der Kaserne der deutsch-französischen Brigade in Illkirch. © picture-alliance/dpa Die Ministerin sei seit dreieinhalb Jahren der innere, äußere und sozialen Sicherheit. Sie in unserem E-Paper 10 WIRTSCHAFT UND FINANZEN Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

Schutz für Schweinswale NATUR Nutzen des Biotopverbundes umstritten Die geplante Novellierung des Bundesna- den könnte. Heß befürchtet zudem, dass turschutzgesetzes stößt in einem zentralen fachfremde Interessen beim Zuschnitt von Punkt auf Kritik mehrerer Experten. Bei ei- Schutzgebieten den Blick auf den Natur- ner Sachverständigenanhörung im Um- schutz verstellen könnten. weltausschuss unter Leitung der Ausschuss- Vor der Anhörung hatten Umweltverbände Privat oder vorsitzenden Bärbel Höhn (Grüne) wurde bereits Alarm geschlagen und vor einem in der vergangenen Woche besonders eine „Ausverkauf von Nord- und Ostsee“ ge- Regelung skeptisch gesehen, wonach das warnt. Der Naturschutzbund Deutschland Bundesumweltministerium bei Maßnah- (NABU) startete unter dem Motto „SOS men zum Meeresschutz Einvernehmen mit fürs Meer“ eine Petition an die Abgeordne- vier weiteren Ressorts herstellen muss. Be- ten des Bundestages. fürchtet wird, dass die Ministerien für Wirt- Der geplante Biotopverbund fand Zustim- Staat? schaft, Verkehr, Agrar und Forschung mit mung und Kritik unter den Experten. Jessel der Regelung, die deutlich über ein Beteili- verwies darauf, dass das Zehn-Prozent-Ziel gungsrecht hinausgeht, ein schon seit 2002 vorgese- WOHNEN Regierung attackiert Versäum- Vetorecht erhalten. hen, aber noch nicht län- Aus dem derübergreifend erreicht nisse der Länder. Opposition fordert Biotopverbund Das Bun- sei. Die Umsetzungsfrist deskabinett hatte die No- Einvernehmen bis 2027 nannte sie ange- mehr Flächenanteile für Sozialwohnun- velle (18/11939) am 8. Feb- messen. Die kommunalen ruar beschlossen. Sie soll von vier Spitzenverbände begrüß- gen bei Neubauten unter anderem den Schutz Ministerien ten in ihrer Stellungnah- der Natur in Nord- und me, dass der Zeithorizont Ostsee stärken. Gefährdete könnte eine im Kabinettsbeschluss ge- Arten wie Schweinswal, Ke- Art Vetorecht genüber dem Referenten- gelrobbe, Seehund, Sternro- entwurf des Umweltminis- chen oder Islandmuschel werden. teriums um zwei Jahre ver- sollen innerhalb der deut- schoben wurde. Torsten schen ausschließlichen Mertins vom Deutschen Wirtschaftszone bis zu 200 Seemeilen per Landkreistag bezeichnete aber die Frist als Rechtsverordnung unter Schutz gestellt politisch willkürlich und die Umsetzung werden können. Ein weiterer wichtiger als schwierig. Punkt der Novelle ist der Aufbau eines Detlef Stöhr (Arbeitsgemeinschaft der bundesweiten Biotopverbundes an Land Waldbesitzerverbände) äußerte sich ähn- bis Ende 2027, der zehn Prozent eines Lan- lich. Es sei wenig erforscht, ob der Biotop- des umfassen soll. Zudem sollen Höhlen verbund etwas bringe. Nach Verbandsanga- und Stollen als geschützte Biotope gelten. ben sind 30 Prozent der Bundesrepublik Die Präsidentin des Bundesamtes für Na- mit Wald bedeckt, davon sind 48 Prozent turschutz, Beate Jessel, nannte die Einver- in privatem Besitz. BfN-Präsidentin Jessel nehmensregel unüblich. Die Arbeit ihrer hielt dem entgegen, der Biotopverbund sei Behörde würde so nicht einfacher. Rechts- zur dauerhaften Sicherung wildlebender anwältin Franziska Heß sprach von der Ge- Populationen, die Anpassung von Arten an fahr eines Präzedenzfalles, der auch bei an- den Klimawandel und den Erhalt vernetz- deren Gesetzesvorhaben Anwendung fin- ter Lebensräume essentiell. stu T

Die Metropolen wachsen STADTENTWICKLUNG Großstädte werden attraktiver

Dass gebaut wird, finden alle Fraktionen gut, doch damit enden auch die Gemeinsamkeiten. Über das Wer, Was und Wo wird weiter gestritten. © picture-alliance/Jan Haas Das Leben in Städten wird für viele Deut- Kritik kam von der Opposition. So sagte sche immer attraktiver, die Metropolen Caren Lay für die Linke, sie hätte sich mehr wachsen daher weiter. Darauf muss der Selbstkritik der Regierung im Bericht ge- on der Aussicht auf „graue geliefert werde, reiche noch nicht aus, um bauen nur 25.000“, sagte er, und fügte in terstützt, Beschränkungen im Mietrecht Städtebau reagieren. Darin waren sich die wünscht. In vielen Städten sei der soziale Wohntürme“ bis hin zu die aus der Bindung fallenden Wohnungen Anspielung auf eine Aussage von Bundes- flankierten die Maßnahmen. „Wir müssen Fraktionen des Deutschen Bundestages in Zusammenhalt gefährdet, für viele Men- Luxuslofts, vom Szenario zu kompensieren, sagte er. Das liege zum bauministerin Barabara Hendricks (SPD) alle drei Wege gemeinsam im Blick ha- der Debatte zum Stadtentwicklungsbericht schen sei bezahlbarer Wohnraum keine staatlich vorgeschriebener Teil auch daran, dass frühere Prognosen hinzu: „Wir haben die Trendwende nicht ben“, sagte die Abgeordnete Sylvia Jörrißen der Bundesregierung (18/11975) am ver- Selbstverständlichkeit mehr. Zwar werde Bebauung bis zum rendite- zum Bedarf an Sozialwohnungen in Städten geschafft.“ Die Grünen plädieren seit län- (CDU). Für ihre Fraktion ist mehr Bautä- gangenen Freitag einig. gebaut, aber nur zehn Prozent der Neu- gierigen Investor – der falsch gewesen seien. Außerdem machte er gerem für die Wiedereinführung der 1989 tigkeit nach wie vor das Mittel der Wahl. In ihrer Rede sagte die parlamentarische bauten seien für den Durchschnittsverdie- ZankapfelV Wohnungsbau dient seit jeher die Länder mitverantwortlich für die Mise- abgeschafften Wohngemeinnützigkeit und „Bauen, bauen, bauen“, fasst Jörrißen die Staatssekretärin im Bundesumweltministe- ner erschwinglich. Indem die Bundesregie- als Projektionsfläche für die politischen re: Sie hätten in der Vergangenheit Bundes- ein Sofortprogramm mit steuerlichen An- Vorstellungen zusammen. Die Politiker set- rium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), zwi- rung Flächen zu Höchstpreisen verkaufe, Grundsätze von Bundesregierung und Op- mittel gar nicht für den vorgesehenen reizen. Damit einher geht die Forderung zen dabei auf Sickereffekte: Ziehen Men- schen 2010 und 2015 seien drei Millionen treibe sie die Preise selbst mit in die Höhe. position. Einigkeit herrscht dabei über die Zweck des Sozialwohnungsbaus eingesetzt, nach einer stärkeren Rolle des Bundes, für schen in neue Wohnungen, werden ande- Menschen in Städte gezogen. Diese sollten Der Grünen-Abgeordnete Christian Kühn mangelhafte Ausgangssituation und die sondern das Geld anderweitig ausgegeben. die die Regierung „kämpfen“ solle. ren – häufig günstigere – frei. Die Hürden auch weiterhin attraktive Lebensorte für mahnte, in Sachen Stadtentwicklung müs- Dringlichkeit, zu handeln: Bezahlbarer „In manchen Bundesländern ist noch keine Mächtiger Staat oder freie Bahn für Privat- für den Erwerb von Eigentum sollen nach Menschen aller Schichten sein, daher müs- se man zu einem „menschlichen Maß“ Wohnraum ist in Deutschlands Ballungs- einzige Sozialwohnung gebaut worden“, er- investoren – für die Fraktionen entschei- den Vorstellung der Union zudem so ge- se es „mehr bezahlbaren Wohnraum“ als kommen. Wenn es etwa um die Belastung räumen Mangelware geworden. Prognosen klärte er. Dies sei ein „Schlag ins Gesicht“ den sich an dieser Frage Geister. Für die senkt werden, dass diese im internationa- bisher geben (siehe auch mit Stickoxiden und Fein- zufolge werden in dem kommenden Jah- von Menschen, die sich auch mit normalen CDU/CSU-Fraktion nämlich bildet das len Vergleich niedrige Quote in Deutsch- Artikel links). Dass in die- staub gehe, dürfe nicht das ren bundesweit insgesamt mehr als eine Gehältern kaum mehr eine Wohnung in staatliche Engagement beim Sozialwoh- land steigt – schließlich sei ein Eigenheim ser Legislatur Mittel für die Maß von VW und anderer Million Wohnungen benötigt, „ein großer Ballungsräumen leisten könnten. Gleichzei- nungsbau lediglich einen der Wege hin zu die beste Altersvorsorge. Städteförderung in Höhe Die Linke Konzerne gelten. Gehe es Teil davon im bezahlbaren Segment“. Nur tig sperrten sich die Länder dagegen, dass mehr bezahlbarem Wohnraum. Mit dem von 3,4 Milliarden Euro wünscht sich um die Mietpreise, dürften wie sich die Situation entspannen könnte, der Bund wieder mehr Verantwortung über- Wohngeld würden einzelne Bedürftige un- Bodenpolitik Auch die SPD fasst das The- bereit gestellt würden, be- nicht die Interessen von daran scheiden sich die Geister. nimmt. „Das verstehe ich nicht“, sagte Pro- ma Wohnraumförderung breiter, als nur weise, dass die Regierung mehr Selbst- Spekulanten dominieren. Anlass für einen Schlagabtausch lieferte am nold. Die Bundesregierung sei ihrer Ver- auf Sozialwohnungen zu blicken. Dabei die Anforderungen erkannt kritik der Re- Die Explosion der Mieten Donnerstag die Antwort der Bundesregie- pflichtung insoweit nachgekommen, als sie > STICHWORT denkt sie indes eher an einen stärkeren habe. etwa in Berlin „zerreißt die rung (18/11403) auf eine Große Anfrage die Zuwendungen für die Jahre 2017 und Einfluss der Politik grundsätzlich: Der Ab- gierung im Be- Stadtgesellschaft“, es müsse der Fraktion Die Linke (18/8855) zum 2018 verdreifacht habe. Sozialwohnungsbau geordnete Michael Groß (SPD) etwa for- Nahverkehr Für die CDU/ richt. Es fehle endlich eine funktionieren- Stand des sozialen Wohnungsbaus. Sozial- Die Linken-Abgeordnete Caren Lay warf derte, Gemeinden bei einer vorausschauen- CSU-Fraktion sagte Artur de Mietpreisbremse her. wohnungen galten einst als eines der maß- der Bundesregierung gleichwohl vor, zu > Zuständigkeit Für den Bau von Sozial- den Bodenpolitik zu unterstützen. „Wir Auernhammer, man habe Wohnraum. geblichen Mittel, um in Städten Wohnraum wenig für den Bau neuer Sozialwohnungen wohnungen sind die Länder verantwort- brauchen mehr kommunale Wohnungsun- für die Stadtentwicklung Entschließung Der Stadt- für alle Einkommensschichten zur Verfü- zu tun. „Der Rückgang der Sozialwohnun- lich. Sie erhalten dafür vom Bund Zu- ternehmen“, sagte er. Mit diesen Vorstel- viel Geld aufgewendet, das entwicklungsbericht wurde gung zu stellen. Allerdings kam der Bau gen ist mitverantwortlich für die Mietpreis- schüsse. Von gut 500 Millionen Euro lungen liegt Groß gar nicht so weit von „gut angelegt“. sei Angesichts des stetigen zur Beratung in den zuständigen Ausschuss dieser Wohnungen in den vergangenen Jah- explosion in deutschen Städten“, sagte sie. jährlich hat der diese Mittel für 2017 und den Grünen entfernt, die ebenfalls Neu- Zustroms in die Städte und den damit ein- überwiesen. Ein Entschließungsantrag von ren nahezu zum Erliegen – um jetzt ange- Es dürfe nicht sein, dass solche Objekte 2018 auf je 1,5 Mrd. Euro aufgestockt. gründungen von gemeinwohlorientierten hergehenden steigenden Flächenbedarf Union und SPD (18/12395), in dem die sichts der regional unterschiedlich ausge- künftig noch dem freien Markt zugeführt Unternehmensformen begünstigen wollen. müsse man auf das Ansteigen der Immobi- Fraktionen fordern, die Bundesmittel für prägten Wohnungsnot wiederbelebt zu würden. „Einmal Sozialwohnung, immer > Verantwortung Im Gegenzug sollen Doch auch solche Firmen werden Bauland lienpreise „kritisch schauen“ und etwa in die Städtebauförderung auf dem bisheri- werden. Jahr für Jahr fallen zugleich tau- Sozialwohnung, das muss künftig gelten.“ sich die Länder verpflichten, die Mittel brauchen, sie werden mit Baunebenkosten den öffentlichen Nahverkehr investieren. gen Niveau festzuschreiben, wurde mit den sende Wohnungen aus der Bindung, Ver- Lay forderte als weitergehende Maßnahme zweckgebunden auszugeben. Bislang konfrontiert, mit ausgedünnten Planungs- Für die SPD betonte Sören Bartol, der Stimmen von Schwarz-Rot gegen die der mieter müssen sich dann nicht mehr an be- 30 Prozent Flächenanteil für Sozialwoh- verwendeten sie die Gelder auch für an- behörden und sich widersprechenden Äm- Stadtentwicklungsbericht zeige, wie „viel- Linken bei Enthaltung der Grünen ange- stimmte Mietpreisgrenzen halten. nungen an jedem Neubauprojekt. Auch dere Projekte tern. Nicht zuletzt müssen sie mit Bund, seitig, flexibel und zielführend“ die Stadt- nommen. Gegen die Opposition abgelehnt Für die Bundesregierung äußerte sich Christian Kühn von der Grünen-Fraktion Ländern und Kommunen als zuständigen entwicklungspolitik der Großen Koalition wurde ein Entschließungsantrag der Grü- Staatssekretär Florian Pronold (SPD) kri- erklärte, mehr Engagement von der Bun- > Zukunft Die Förderung des Bundes läuft Ebenen umgehen: Das Thema Wohnen sei. Die Verdreifachung der Mittel für den nen (18/12396). Darin forderten sie die tisch zu den bisher erzielten Steigerungsra- desregierung zu erwarten. „Wir verlieren zum Ende des Jahrzehnts aus. dürfte als politischer Zankapfel ein Dauer- sozialen Wohnungsbau sei der große Er- Schaffung einer Million zusätzlicher dauer- ten beim sozialen Wohnungsbau. Was jetzt 50.000 Sozialwohnungen pro Jahr und brenner bleiben. Kristina Pezzei T folg dieser Legislatur´, sagte Bartol. haft günstiger Wohnungen. suk T

Hochwasserschutz soll effektiver und schneller umgesetzt werden UMWELT Regierungsentwurf passiert mit Koalitionsmehrheit den Bundestag. Opposition kritisiert mangelnde Hochwasservorsorge Schäden nach Hochwassern gehen in die regierung dafür mit dem Hochwasser- serentstehungsgebietes“ eingeführt. Da- Es sei aber ein „guter Kompromiss“ erzielt entsprechende Wasseraufnahme gewähr- Milliarden – das zeigte sich in Deutschland schutzgesetz II (18/10879, 18/12404) pla- durch soll es möglich sein, in diesen Ge- worden, sagte Träger. leistet werden. Auch müssten die Lasten – zuletzt etwa beim Sommerhochwasser nungsrechtliche Werkzeuge an die Hand bieten Wasserversickerungs- und Wasser- Ulrich Petzold (CDU) sagte, dass der ur- betroffen seien vor allem die Bürger – ge- 2013 oder nach den verheerenden Regen- geben. Der Entwurf passierte vergangene rückhaltemöglichkeiten zu verbessern. Um sprüngliche Regierungsentwurf die zugrun- rechter verteilt werden, sagte Hahn. fällen und Überschwemmungen in Süd- Woche mit Stimmen der Koalition den die Errichtung von Hochwasserschutzanla- deliegende EU-Richtlinie „sehr restriktiv“ Peter Meiwald (Bündnis 90/Die Grünen) deutschland im vergangenen Jahr, bei de- Bundestag nach zweiter und dritter Lesung gen zu erleichtern, wird im WHG zudem ausgelegt habe. Entsprechend habe es Bera- begründete die Ablehnung seiner Fraktion. nen zudem mehrere Menschen starben. Es in geänderter Fassung. Die Linken enthiel- ein Vorkaufsrecht der Länder für bestimm- tungsbedarf gegeben, um die „sehr hoch“ So ließe sich bei Bauleitplänen im Innen- gebe keinen „absoluten Schutz“ vor Hoch- ten sich, die Grünen stimmten dagegen. te hochwasserschutzrelevante Grundstücke angesetzten Auflagen für die Bürger, etwa bereich, gerade wenn es um Infrastruktur- wassern, stellte Bundesumweltministerin Ziel des Gesetzes ist es, Planungs- und Ge- eingeführt. Der Rechtsweg gegen Hochwas- beim Wohnungsbau, zu reduzieren. Hoch- vorhaben gehe, das Hochwasserrisiko wei- Barbara Hendricks (SPD) vergangenen nehmigungsverfahren zu erleichtern und serschutzmaßnahmen wird verkürzt. wasserschutz dürfe das Bauen nicht teurer terhin im Abwägungsprozess „wegwägen“. Donnerstag im Bundestag klar. Es müsse zu beschleunigen. Der Schwerpunkt der Mit ihrem Änderungsantrag haben die Ko- als notwendig machen. Auch bei den Heiz- Diese Privilegierung der Infrastruktur hätte

daher darum gehen, Schäden zu verhin- Änderungen betrifft das Wasserhaushalts- alitionsfraktionen unter anderem das Vor- ©dpa ölverbrauchsanlagen sei eine „Anpassung gestrichen werden müssen. Auch bei den dern oder mindestens zu minimieren. gesetz (WHG). Weitere Änderungen sind kaufsrecht eingeschränkt. Zudem konkreti- Elbhochwasser in Pirna 2013 an die Lebenswirklichkeit“ gelungen, sagte Ausnahmen für Heizölverbrauchsanlagen Ländern und Kommunen will die Bundes- im Baugesetzbuch, im Bundesnaturschutz- sierten sie Vorgaben zum Bauen in „Risiko- der Christdemokrat. könnten die Grünen nicht mitgehen. gesetz und in der Verwaltungsgerichtsord- gebieten“, um faktische Bauverbote auszu- Gegenstand der Debatte war zudem das nung vorgesehen. Im WHG sieht der Ge- schließen. Hinzugekommen sind zudem und dem vorgelegten Gesetzentwurf viel Mehr Raum für Flüsse André Hahn (Die Bundesprogramm „Blaues Band“ der Bun- setzentwurf Änderungen vor, die unter an- Ausnahmen für das Verbot, neue Heizöl- erreicht worden, sagte Carsten Träger Linke) kritisierte, dass das Ziel der Hoch- desregierung. Eine Entschließung der Koali- derem die Berücksichtigung von hochwas- verbrauchsanlagen in Überschwemmungs- (SPD). Der Sozialdemokrat verwies vor wasservorsorge in dem Gesetzentwurf ver- tion zu der Unterrichtung (18/11099, serschutzbezogenen Aspekten in bauleit- gebieten zu errichten. dem Hintergrund des längeren parlamen- fehlt werde. So müsse dafür gesorgt wer- 18/11225 Nr. 5, 18/12204) wurde mit Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden planerischen Abwägungen stärken sollen. In den vergangenen Jahren sei mit dem tarischen Verfahrens auf die schwierigen den, dass die Flüsse mehr Raum bekämen. Stimmen von CDU/CSU und SPD verab- Sie in unserem E-Paper Zudem wird die Kategorie des „Hochwas- Nationalen Hochwasserschutzprogramm Verhandlungen mit dem Koalitionspartner. Dazu müsse bei der Bodennutzung die schiedet. Die Opposition enthielt sich. scr T Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 WIRTSCHAFT UND FINANZEN 11

KURZ NOTIERT

Bundesprogramm für Schulessen abgelehnt Kinder und Jugendliche in Kindertages- stätten, allgemeinbildenden Schulen so- wie Horteinrichtungen und in der Tages- pflege mit Ganztagsangebot werden nicht kostenlos mit Essen versorgt wer- den. Der Bundestag lehnte am Donners- tag mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Linken zur Einrich- tung eines Bundesprogramms zur Kita- und Schulverpflegung (18/8611, 18/12178) ab. Die Fraktion hatte ver- langt, für eine beitragsfreie, altersge- rechte, abwechslungsreiche und anspre- chende Essensversorgung zu sorgen. Für jedes Kind und jeden Jugendlichen war eine Pauschale von 4,50 Euro pro Ver- pflegungstag gefordert worden. eis T

Steuerabkommen mit Panama über Schiffe und Flugzeuge

Der Bundestag hat zwei Steuerabkom- men mit Panama und Mazedonien zuge- stimmt. Am Donnerstag stimmte das Par- lament dem Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. November 2016 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Panama zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen betreffend den Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen im in- ternationalen Verkehr (18/11878) zu. Für Gehandelt wird an der Börse wie hier in Frankfurt am Main blitzschnell. Manche Marktteilnehmer sollen dabei das Finanzamt ausgetrickst haben. © picture-alliance/Ulrich Baumgarten den Entwurf stimmten die Koalitions- fraktionen CDU/CSU und SPD, während die Linke den Entwurf ablehnte und die Grünen sich enthielten. Dem Abnkom- men mit Mazedonien (18/11869´, 18/ 12398) wurde bei Enthaltung der Oppo- sition zugestimmt. hle T Blick auf die Gier Wirtschaftsschätzungen werden überprüft CUM/EX-AUSSCHUSS Opposition sieht Finanzminister in der Verantwortung für die Steuertricksereien Die Erstellung gesamtwirtschaftlicher Vorausschätzungen der Bundesregierung soll in Zukunft von einer unabhängigen er Abschlussbericht des seitig geschrieben“, Fakten verwässert wor- Schick hob aus dem 172 Seiten umfassen- Unions-Obmann Christian Hirte (CDU) dene Organisationsversagen im Geschäfts- Einrichtung überprüft werden. Dies be- Cum/Ex-Ausschusses des den und zentrale Fakten nicht enthalten den Sondervotum seiner Fraktion unter an- erklärte zu den Vorwürfen, die Ausschuss- bereich des Bundesfinanzministeriums schloss der Bundestag am Donnerstag Bundestages wird erst in seien. Dem habe man etwas entgegenhal- derem folgende Punkte hervor: In dem Be- arbeit habe verdeutlicht, dass Cum/Ex-Ge- deutlich gemacht. Schick ist sich sicher, mit den Stimmen der Koalitionsfraktio- der zweiten Junihälfte ten müssen. Pitterle erklärte, die Koalition richt werde der Schaden künstlich kleinge- schäfte schon immer rechtswidrig gewesen dass das Thema noch längst nicht abge- nen bei Enthaltung der Opposition auf veröffentlicht, aber be- habe sich alle Mühe gegeben, den Entwurf rechnet, die Rolle der Whistleblower werde seien. Die Koalition habe den Ausschuss schlossen ist. Da man sich bei Cum/Ex in Empfehlung des Wirtschaftsausschusses reits im Vorfeld sind die des Abschlussberichtes „in ihrem Sinne zu nicht genug gewürdigt, Cum/Cum sei au- nicht für erforderlich gehalten, trotzdem Bereich der organisierten Kriminalität be- (18/11257, 18/12425). Das Gesetz be- Dunterschiedlichen Sichtweisen der Koaliti- entschärfen“. Mit dem Sondervotum solle ßen vor gelassen worden, das „eklatante hätten beide Seiten über viele Monate bei wege, hoffe er, „dass irgendwann mal die trifft die regelmäßig erstellten Jahrespro- ons- und Oppositionsparteien in aller das eklatante Versagen des Staates nachge- Versagen“ der Finanzaufsichtsbehörde Ba- der Beweisaufnahme im Konsens zusam- Handschellen klicken“. jektionen sowie die Frühjahrs- und Deutlichkeit zutage getreten. Grüne und wiesen werden. Fin werde nicht thematisiert, und die Frage mengearbeitet. Zum Schluss habe die Op- Pitterle hob hervor, dass das Thema Cum/ Herbstprojektionen. Diese Vorausschät- Linke stimmen der Bewertung der Aus- der politischen Verantwortung werde of- position aber das erfolgreiche Vorgehen im Ex einer breiten Öffentlichkeit als eine zungen sind Grundlage der Haushalts- schussarbeit durch die Mehrheit von CDU/ Scharfe Waffe Der Aus- fengelassen. Schick sprach Konsens aufgekündigt. Über unterschiedli- Form von Wirtschaftskriminalität bewusst und Finanzplanung. Mit dem Gesetz soll CSU und SPD nicht zu und legten Anfang schussvorsitzende Hans-Ul- von einem „Nichtangriffs- che Auffassungen, zum Beispiel bei der feworden sei. Gleichzeitig plädierte er für das Bundesministerium für Wirtschaft Mai Sondervoten vor. Darin werfen sie den rich Krüger (SPD) sagte pakt“ zwischen Union und Schadenshöhe, könne man diskutieren. die Einsetzung eines weiteren Untersu- und Energie ermächtigt werden, in einer Regierungsparteien vor, die aus der Sicht dieser Zeitung, er hätte sich »Die Koalition SPD, mit dem deren jewei- Scharf zurückzuweisen seien aber Angriffe chungsausschusses, der nicht nur den Fort- Rechtsverordnung die unabhängige Ein- der Opposition jeweils für die massiven gewünscht, dass die Voten gab sich alle lige Finanzminister ge- gegen den Vorsitzenden und das Sekretari- gang in der Verarbeitung von Cum/Ex be- richtung zu benennen, falls erforderlich Steuerbetrügereien verantwortlichen Minis- der Opposition im Rah- schützt werden sollten. at des Ausschusses. leuchten, sondern auch die Aufklärung zu ihre Zusammensetzung zu regeln und ter in Schutz zu nehmen und sparen auch men einer einvernehmli- Mühe, den Be- „Die Koalitionsfraktionen den ebenfalls steuerschädlichen Cum/ Einzelheiten des Überprüfungsverfah- nicht mit Kritik an der Arbeit des im Febru- chen und gemeinsamen richt in ihrem wollten den Untersu- Konsens negiert SPD-Obmann Andreas Cum-Geschäften zu seinem Schwerpunkt rens festzulegen. pez T ar vergangenen Jahres eingesetzten 4. Un- Diskussion behandelt wor- chungsauftrag nie erfüllen Schwarz warf der Opposition vor, den im machen solle. Außerdem schlug er eine tersuchungsausschusses. Die Obleute der den wären, wie es auch Sinne zu und haben entsprechend Ausschuss nach der Beweisaufnahme er- Reihe von Schritten vor, um großangeleg- Unionsparteien und der Sozialdemokraten dem sachlichen Klima des entschärfen.« agiert“, heißt es im Sonder- zielten Konsens aus wahltaktischen Grün- ten Steuerbetrug künftig zu vermeiden. Lebensmittelretter sollen wiesen die Vorwürfe zurück. Ausschusses über weite votum der Grünen. den zu negieren und die Mitwirkung an nicht mehr bestraft werden Strecken entsprochen hät- Richard Pitterle (Linke) Pitterle erklärte in seinem der gemeinsamen Darlegung der Untersu- 70 Zeugen vernommen Der auf Initiative chlussdebatte Am Donnerstag beschloss te. Ein Untersuchungsaus- Fazit, der Ausschuss habe chungsergebnisse aus fadenscheinigen der Opposition eingesetzte Ausschuss un- Die Linksfraktion fordert die Entkrimina- der Ausschuss die einzelnen Teile des Be- schuss sei die schärfste „eindrucksvoll bewiesen“, Gründen abgebrochen zu haben. Für die tersucht die bei Aktiengeschäften um den lisierung von sogenannten Lebensmit- richts. Das Gremium trifft sich am 19. Juni Waffe der Opposition, aber weder Wunsch- dass sich das Bundesfinanzministerium Kritik an der Arbeit des Ausschusses, des Dividendenstichtag jahrelang angewendete telrettern. Ein entsprechender Antrag zu seiner letzten Sitzung, und am 22. Juni konzert noch Wahlkampfinstrument, und über Jahre nicht um die Cum/Ex-Proble- Vorsitzenden und des Sekretariats gebe es Praxis, sich eine einmal abgeführte Kapital- (18/12364) wurde am vergangenen wird der Bericht im Plenum des Bundes- müsse sich an die ermittelten Ergebnisse matik kümmerte, Eingaben dazu nicht ver- keine sachliche Berechtigung. Zudem rela- ertragssteuer mehrfach erstatten zu lassen. Donnerstag vom Deutschen Bundestag tags präsentiert. Doch bereits gut eine Wo- halten. Diese belegten ein absolut verwerf- standen wurden und Reaktionen schließ- tivierten die Sondervoten der Opposition Er soll unter anderem klären, ob von Sei- an die Ausschüsse überwiesen. Die Ab- che vor der Beschlussfassung waren die liches Missbrauchsverhalten diverser Fi- lich zu spät und mit zunächst falscher die Verantwortung der Cum/Ex-Akteure. ten des Bundes rechtzeitig geeignete Ge- geordneten stört, dass Menschen, die Obleute von Grünen und Linken, Gerhard nanzmarktakteure bis hin zum Verdacht Schwerpunktsetzung erfolgten. Dass man Dennoch wertet die Opposition die Arbeit genmaßnahmen ergriffen wurden und wer sich vom Handel entsorgte genießbare Schick und Richard Pitterle, an die Öffent- strafbaren Handelns. Der Ausschuss habe nach wie vor nicht bereit sei, Versäumnisse des Ausschusses als Erfolg: Schick sagte, er gegebenenfalls jeweils die Verantwortung Lebensmittel aneignen, wegen Dieb- lichkeit getreten und hatten jeweils eigene nach dem Votum der beiden großen Partei- zu erkennen, „demonstriert ein Ausmaß an habe Licht in den größten Finanzskandal in diesem Zusammenhang trug. Bis heute stahls und Hausfriedensbruchs ange- Sondervoten ihrer Fraktionen vorgestellt. en aber nicht festgestellt, dass ein Fehlver- Ignoranz, welches vor dem Hintergrund der Bundesrepublik gebracht, die hem- tagte der Untersuchungsausschuss 45 Mal, klagt und zu hohen Geldstrafen verur- Schick sagte, dass die Feststellungs- und Be- halten von Regierung und Bundesbehör- des entstandenen Milliardenschadens gera- mungslose Gier großer Teile der Finanz- fasste über 200 Beweisbeschlüsse und hör- teilt werden können. eis T wertungsteile des Abschlussberichts „ein- den vorliegt. dezu sträflich ist“. branche aufgedeckt und das damit verbun- te 70 Zeugen. Michael Wojtek T

Anzeige Kopplung droht Abkopplung Gesetz gegen ENERGIE Bedenken von allen Seiten gegen geplante Netzentgeltstruktur Geldwäsche Rechte im Vergleich: AfD & FPÖ „Nicht auf tönernen Füßen, sondern auf tem Maße nicht mehr vor Ort verbraucht, die Möglichkeit schaffen will, wäre für ihn FINANZEN Der Bundestag hat am Don- gar keinen Füßen“ stehen die Vorstellun- sondern doch über die vorgelagerten Netze „ein Weg, der deutlich über das Ziel hinaus nerstag weitere Maßnahmen im Kampf ge- Interdisziplinäre Antisemitismusforschung AfD & FPÖ gen der Bundesregierung zur Entlastung in den Markt gebracht werde. schösse“. gen die Geldwäsche (18/11555, 18/11928, Interdisciplinary Studies on Antisemitism l 7 Antisemitismus, völkischer Nationalismus von Haushalten und Industrie bei den Wie alle Experten, so hob auch Rolle auf Stefan Kapferer vom Bundesverband der 18/12405) beschlossen. Drei Änderungs- Stromnetz-Kosten. So sah es der Sachver- die deutlich unterschiedlichen Strompreise Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), anträge der Fraktion Die Linke wurden ab- und Geschlechterbilder ständige Adi Golbach von „KWK kommt“. in Deutschlands Regionen ab – abhängig unterstrich, das Prinzip der vermiedenen gelehnt. Für den Gesetzentwurf der Regie- Stephan Grigat [Hrsg.] Herausgegeben von Dr. Stephan Grigat Bitte „von einem Schnellschuss absehen“, nicht zuletzt vom jeweiligen Ausbau-Um- Netzentgelte habe für „steuerbare dezen- rung stimmten die Koalitionsfraktionen, AfD & FPÖ 2017, 205 S., brosch., 28,– € riet Carsten Rolle vom Bundesverband der fang der Erneuerbaren Energien. Ein bun- trale Einspeisung weiterhin seine Berechti- während sich Linke und Grüne enthielten. ISBN 978-3-8487-3805-2 Deutschen Industrie (BDI). desweites gleiches Netzentgelt, für das die gung“ – wobei es insbesondere um Anla- Zu den Neuregelungen gehört, dass die Antisemitismus, völkischer Nationalismus und Geschlechterbilder eISBN 978-3-8452-8103-2 Kritik und Skepsis bestimmten die Tonlage Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf gen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) geldwäscherechtlich Verpflichteten strenge- bei einer Experten-Anhörung zum Entwurf geht. Er schlug aber die Abschaffung für re Vorgaben beachten müssen, etwa bei (Interdisziplinäre Antisemitismusforschung/ eines Gesetzes zur Modernisierung der „volatil einspeisende Photovoltaik- und grenzüberschreitenden Korrespondenzbe- Interdisciplinary Studies on Antisemitism, Bd. 7) Netzentgeltstruktur (18/11528) im Aus- Windenergieanlagen“ gleich zum nächsten ziehungen. Außerdem wird eine Zentral- nomos-shop.de/28904 schuss für Wirtschaft und Energie, die vom Jahreswechsel vor. stelle für Finanztransaktionsuntersuchun- Vorsitzenden Peter Ramsauer (CSU) und Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion gen bei der Generalzolldirektion eingerich- Nomos dem stellvertretenden Vorsitzenden Klaus GmbH sprach sich mit den Worten von tet. Die Zentralstelle soll geldwäscherecht- Barthel (SPD) geleitet wurde. Hans-Jürgen Brick „gegen eine Vereinheitli- liche Meldungen entgegennehmen, analy- chung der Netzentgelte im Übertragungs- sieren und bei einem Verdacht auf Geldwä- Der Band diskutiert Politik und Ideologie der „Alternative für Deutschland“ Preisunterschiede Ein Kernpunkt ist die netz“ aus – und warnte vor „negativen Fol- sche oder Terrorismusfinanzierung an die (AfD) und der „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ) vor dem Hintergrund Vergütung, die dezentrale Energieprodu- gen für die Volkswirtschaft“. Einer „gering- zuständigen Stellen weiterleiten. Alle wirt- der Flüchtlings- und Islamdebatte in Deutschland und Österreich – insbe- zenten bekommen, weil die Einspeisung fügigen Entlastung“ der Kunden im Nor- schaftlich Berechtigten sollen in einem sondere hinsichtlich Antisemitismus, Israel, muslimischer Einwanderung, ihres Stroms in regionale Netze weniger den und Osten stünde eine „massive Belas- elektronischen Transparenzregister erfasst Vergangenheitspolitik, völkischen Positionen und Geschlechterrollen. aufwendig sei als bei Großkraftwerken, de- tung“ der Industrie im Westen und Süden werden. hle T ren Energie zunächst durch vorgelagerte gegenüber. Netze mit höherer Spannung geleitet wird. „Kritisch“ sah auch Michael Wübbels vom Nomos Die Bundesregierung sieht vor, dass diese Verband kommunaler Unternehmen eLibrary Unser Wissenschaftsprogramm ist auch online verfügbar: www.nomos-elibrary.de Zahlungen aus solchen „vermiedenen (VKU), dass vermiedene Netzentgelte auch Netzentgelten“ schrittweise auslaufen sol- für KWK-Anlagen auslaufen sollen. Dann Portofreie Buch-Bestellungen unter www.nomos-shop.de len. Denn der Anstieg der dezentralen Er- drohe, dass sie nicht mehr wirtschaftlich Alle Preise inkl. Mehrwertsteuer Weiterführende Links zu den zeugung habe zunehmende Netzkosten © picture-alliance/dpa seien und zu einem beträchtlichen Teil wo- Themen dieser Seite finden verursacht, weil deren Strom in vermehr- Stromnetze werden immer teurer. möglich stillgelegt würden.ri. fla T Sie in unserem E-Paper 12 WIRTSCHAFT UND FINANZEN Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

erivate, Zertifikate, Optio- nen, Genussscheine, Wandelanleihen, ge- Vorstoß bei LPG-Autogas schlossene Schiffsfonds, ENERGIE Sachverständige wollen Steuerermäßigung ETC, ETF und zuletzt noch Bonitätsanleihen Die von der Bundesregierung geplante schadstoffen vor allem im innerstädti- Dund Differenzkontrakte: Die Phantasie der Monster am Verlängerung der Energiesteuerermäßi- schen Bereich leisten. Dieser Forderung Finanzwelt ist kaum noch zu überbieten. gung von Erdgaskraftstoff ist von Seiten der Fraktion die Linke schloss sich der 3,2 Millionen Finanzprodukte registrierte der Wirtschaft begrüßt worden. So erklär- Mineralölwirtschaftsverband in der An- die Bundesanstalt für Finanzdienstleis- te der Sachverständige Peter Meyer von hörung an: „Die kurzfristige Beendigung tungsaufsicht (BaFin) im vergangenen Jahr. der Initiative „Zukunft Erdgas“ in einer der steuerlichen Förderung für LPG läuft Alle Produkte haben eine Gemeinsamkeit: Anhörung des Finanzausschusses in der den gemeinsamen Bemühungen von Po- Sparer und Anleger sollen dafür Geld aus- letzten Woche, gerade im Nutzfahrzeug- litik, Wirtschaft und Verbrauchern zuwi- geben. Und sie investieren auch kräftig, Kapitalmarkt bereich, der für ein Drittel der Schad- der, die Treibhausgasemissionen im Ver- weil in Zeiten von Nullzinsen nach angeb- stoffemissionen im Verkehrssektor ver- kehr zu senken.“ Professor Thomas Hein- lich attraktiven Anlageformen gesucht antwortlich sei, könne Erdgas als Kraft- ze (Hochschule für Technik und Wirt- wird. Oft genug geht das Investment je- FINANZEN Anleger in Niedrigzinsphase in Gefahr stoff zu einer „unmittelbaren, spürbaren schaft des Saarlandes) sagte, durch den doch schief, und die Sparer sehen ihr Geld Entlastung führen“. Durch Einsatz inno- Einsatz von Flüssiggas seien 15 bis 20 nie wieder. Die Linksfraktion will den Ver- vativer Technologien wie „Power-to-Gas“ Prozent Kohlendioxid einsparbar. Es gebe treibern von hochgefährlichen und unse- entwickle sich Erdgas auch immer stärker keine Probleme mit Stickoxiden (NOX) riösen Finanzprodukten das Geschäft un- zu einem „Partner der Energiewende“. bei der Verwendung von LPG. LPG sei ein möglich machen und verlangt die Einfüh- Eigentlich wären die Steuerbegünstigun- umweltfreundlicher Kraftstoff. Andreas rung eines „Finanz-TÜV“, der jedes neue gen für komprimiertes und verflüssigtes Stücke (Flüssiggas-Verband) erklärte, mit Finanzprodukt zu überprüfen hätte, ehe es Erdgas sowie für Flüssiggas Ende des Jah- LPG werde ein Kraftstoff verteuert, der den Sparern angeboten werden darf. res 2018 ausgelaufen. Mit dem Entwurf Probleme lösen könne. eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Grundsätzlich anders argumentierte Pro- Geld nachschießen Dass in der Finanz- Energiesteuer- und des Stromsteuergeset- fessor Andreas Löschel (Münster). Die welt vieles im Argen liegt, machte die letzte zes (18/11493, 18/11927) will die Bun- ökonomische Theorie kenne eine recht Pressekonferenz der BaFin deutlich. Dort desregierung aber die Steuerbegünstigung einfache Regel für kosteneffiziente Klima- erläuterte die Aufsichtsbehörde das von ihr für Compressed Natural Gas (CNG) und politik, um die Klimaschutzziele zu errei- verhängte Verbot, sogenannte Differenz- Liquefied Natural Gas (LNG) bis Ende chen. Das seien ein umfangreicher Emissi- kontrakte (Contracts for Difference – CFD) 2026 verlängern (ab 2024 ist eine sukzes- onshandel oder eine umfassende Kohlen- an Privatanleger zu verkaufen. Bei diesen sive Absenkung vorgesehen). Die Frakti- dioxid-Abgabe auf alle fossilen Energieträ- Geschäften wird auf die Entwicklung von on Die Linke fordert in einem Ände- ger. Für eine einheitliche Kohlendioxid- Wertpapieren, Währungen oder Rohstoffen rungsantrag, die Steuerbegünstigung von Bepreisung votierten auch Sarah Rieseberg spekuliert. Geht die Spekulation daneben, Autogas (LPG) zu erhalten. LPG könne (Aepo consult) und das Forum Ökolo- ist der Anleger nicht nur sein Geld los, son- einen Beitrag zur Verringerung von Luft- gisch-Soziale Marktwirtschaft. hle T dern hat sogar noch Nachschusspflichten. Diese Nachschusspflichten hätten einige Privatanleger in den Ruin getrieben, war von der BaFin zu hören. Bei vierstelligem Kapitaleinsatz (zum Beispiel 1.000 Euro) soll es zu sechsstelligen Nachschusspflich- Abkommen mit Ecuador ten (zum Beispiel 100.000 Euro) gekom- HANDEL Bundestag billigt Beitritt zu EU-Übereinkommen men sein. Abhilfe verspricht sich die Linksfraktion in Der angestrebte Beitritt Ecuadors zum pekte weiter genau zu beobachten. „Wir ihrem Antrag (18/9709) von der Einfüh- Handelsabkommen zwischen der EU und werden uns dafür einsetzen, dass dieses rung des Finanz-TÜV. Damit soll für alle ihren Mitgliedsländern einerseits und den Abkommen als Grundlage für Lern-, Verän- Finanzprodukte eine europaweite obligato- Staaten Kolumbien sowie Peru andererseits derungs- und Neugestaltungsprozesse rische Zulassungsprüfung eingeführt wer- bleibt zwischen den Fraktionen der Regie- dient.“ Die Zustimmung seiner Fraktion den. Der Finanz-TÜV soll über Zulassung rungsparteien und denen der Opposition begründete er auch mit dergegenwärtigen oder Nichtzulassung einer Anlage entschei- umstritten. Der Bundestag hat am Don- wirtschaftspolitischen Situation Ecuadors. den und dabei die Zulassung entlang „ge- nerstag einen Gesetzentwurf zu dem Bei- Es sollten keine ungewollten Außengren- sellschaftlicher/volkswirtschaftlicher sowie trittsprotokoll vom 11. November 2016 zen in der Region entstehen. Für die CDU/ verbraucherschutzrelevanter Kriterien prü- zum Handelsübereinkommen vom 26. Ju- CSU-Fraktion erklärte der Abgeordnete An- fen“, verlangt die Fraktion. Der Finanz- ni 2012 betreffend des Beitritts Ecuadors dreas Lämmel, mit dem Handelsüberein- TÜV solle bei der Europäischen Behörde (18/11556) angenommen - mit den Stim- kommen sollten mögliche Wettbewerbs- für Wertpapieraufsicht angesiedelt werden. men der CDU/CSU- sowie der SPD-Frakti- nachteile für deutsche und europäische Nur von diesem Finanz-TÜV genehmigte Gespenster am Kapitalmarkt sind nichts Neues, wie diese Karikatur aus dem 19. Jahrundert demonstriert. © picture-alliance/akg-images on, während sich die Abgeordneten der Unternehmen beim Marktzugang in der Produkte dürften gehandelt werden. Grünen und der Linken enthielten. Der Republik Ecuador gegenüber anderen In- Rechtsanwalt Peter Mattil, dessen Kanzlei Bundestag folgte damit einer Beschluss- dustrieländern verhindert werden. „Es ist geschädigte Anleger vertritt, befürwortete gern müssen, „die unbeherrschbar oder ten. Die Deutsche Kreditwirtschaft sprach so Lars Gatschke von der Verbraucherzen- empfehlung des Wirtschaftsausschusses davon auszugehen, dass davon die breit in einer Anhörung des Bundestags-Finanz- willkürlich erscheinen und an Privatanle- sich ebenfalls gegen die Einführung eines trale. (18/12410). aufgestellte deutsche Wirtschaft proftieren ausschusses in der letzten Woche den Fi- ger verkauft werden“. Im Zuge der Finanz- generellen Finanz-TÜV aus. Es bestehe ein Für Privatanleger geeignete Produkte Wie die Bundesregierung erläuterte, han- wird.“ nanz-TÜV ausdrücklich. „Wenn ein Anla- krise hätten 50.000 Deutsche ihre in Leh- dichtes Regulierungsgeflecht. Für Informa- glaubt die Stiftung Warentest auf dem delt es sich bei dem Handelsabkommen Uwe Kekeritz von der Fraktion Bündnis geprodukt einmal im Markt ist, verbreitet man-Zertifikaten steckenden Sparguthaben tionstransparenz sei durch eine Vielzahl schnell wachsenden Markt der an den Bör- um ein gemischtes Abkommen, so dass 90/Die Grünen bezeichnete bereits das Ab- es sich so schnell, dass die Aufsichtsbehör- verloren. „Ein Produktverbot wäre zu spät neuer Bestimmungen gesorgt. Dadurch sen handelbaren Exchange Traded Funds die Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten kommen mit Kolumbien und Peru als Feh- de gegen eine Lawine ankämpfen muss“, gekommen“, so Mattil. Auch die in jüngs- würden Anleger in die Lage versetzt, auch (ETF) gefunden zu haben. Die Stiftung erforderlich ist. Im Wirtschaftsausschuss ler und an den Interessen transnationaler sagte der Anwalt, nach dessen Ansicht sich ter Zeit beliebt gewordenen ETF-Produkte neue Produkte beurteilen zu können. Un- empfiehlt in ihren Schriften ETF-Fonds, hatte zuvor der Parlamentarische Staatsse- Konzerne ausgerichtet. Inzwischen seien „Monster am Markt“ entwickelt hätten. Er (Exchange Traded Fund) hätten „sowohl terstützung bekamen die Institute zudem die einen weltweiten Aktienindex nachbil- kretär im Bundeswirtschaftsministerium auch in Bezug auf Ecuador Fakten geschaf- erinnerte an die sogenannten Bonitätsan- einer Prüfung hinsichtlich der Verbraucher- von der BaFin. Ein Finanz-TÜV würde auch den und somit rund 1.600 Aktien enthal- Uwe Beckmeyer (SPD) für die Bundesre- fen, so dass die Fraktion ihrem Protest leihen. Vor dem Einschreiten der BaFin sei- verträglichkeit als auch der Stabilität des nach einen hohen bürokratischen Auf- ten. Auch ETFs mit Rentenpapieren (Anlei- gierung auf ergänzende Informationen des durch eine Enthaltung Ausdruck verleihe. en bereits Anleihen mit einem Volumen Finanzsystems bedurft“. wand mit sich bringen und enorme Kapa- hen) auf Euro-Basis werden empfohlen. Ministeriums zu Entwicklungen bei der Die Linken-Abgeordnete Heike Hänsel von sechs Milliarden Euro abgesetzt wor- Banken und Investmentverbände lehnten zitäten binden. Da sich ETFs nur an einem Index orientie- Einfuhr von Steinkohle und Palmöl sowie warf der EU vor, Ecuador erpresst zu ha- den. Diese Bonitätsanleihen seien nur eine die Einführung eines Finanz-TÜV dagegen Professor Rudolf Hickel (Universität Bre- ren und nicht aktiv gemanagt werden, sind zu Auswirkungen des Handelsüberein- ben. Das Land sei in eine Lage gebracht von unzähligen Zertifikate-Arten, „die ver- strikt ab. Der Fondsverband BVI warnte vor men) und die Verbraucherzentrale Bundes- die Gebühren recht niedrig. „Auch in die- kommens auf den Milchpulvermarkt hin- worden, in der ihm gar nichts anderes üb- boten gehören“. Bereits bei Erfindung die- einer „Doppelregulierung“. Ein nennens- verband unterstützten die Forderung nach sen Zeiten sollte man Geld anlegen und gewiesen. rig geblieben sei, als dem Abkommen bei- ses Segments hätte ein Finanz-TÜV eine Er- werter Mehrwert für Kleinanleger und die einem Finanz-TÜV. „Es gibt Produkte, die sparen“, empfahl Finanztest-Chefredakteur Der SPD-Abgeordnete Klaus Barthel beton- zutreten. Dieses politische Vorgehen lehne laubnis für diejenigen Zertifikate verwei- Finanzmarktstabilität sei nicht zu erwar- für ein Lieschen Müller ungeeignet sind“, Heinz Landwehr. Hans-Jürgen Leersch T te die Notwendigkeit, Nachhaltigkeits-As- die Fraktion ab. pez T

Nerzhalter mit Geld für die schönen Dinge sitzt locker Strom vom eigenen Dach letzter Frist HAUPTSTADTKULTUR Vertrag mit Berlin stößt im Haushaltsausschuss auf positives Echo SOLAR Bundesregierung forciert Ausbau von Anlagen LANDWIRTSCHAFT Der Bundestag hat am Ein Anflug von Neid war bei der einen Im Bereich Kultur erhält Berlin pro Jahr Die Bundesregierung will Mietern die di- der Solaranlage und dem Fotovoltaik-Zu- Donnerstag für gesetzliche Mindestanfor- oder dem anderen Abgeordneten durchaus 27,5 Millionen Euro mehr. Davon gehen rekte Stromnutzung von der hauseigenen bau insgesamt abhängen und voraussicht- derungen in der Pelztierhaltung sowie für zu spüren, als es im Haushaltsausschuss in an die Berliner Philharmoniker 7,5 und an Fotovoltaikanlage ermöglichen und damit lich zwischen 3,8 Cent und 2,2 Cent pro ein Verbot der Schlachtung trächtiger Tiere der vergangenen Woche um den frisch un- die Opernstiftung zehn Millionen. den Ausbau solcher Dachanlagen fördern. Kilowattstunde liegen - zusätzlich zu dem gestimmt. Mit der Mehrheit von CDU/ terschriebenen Hauptstadtvertrag zwischen Beide Seiten seien sich von vornherein ei- Einen dazu vorgelegten Gesetzentwurf Erlös aus dem Stromverkauf an Mieter. CSU, SPD und Linken bei Ablehnung der dem Bund und dem Land Berlin ging – nig gewesen, den Hauptstadtkulturfonds (18/12355) hat der Bundestag am Don- Der Zuschlag soll über die Umlage nach Grünen nahm der Bundestag einen ent- und sie und er an den heimischen Beritt aufzustocken, mit dem die freie Szene un- nerstag zur weiteren Beratung an den fe- dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sprechenden Gesetzentwurf der Koalitions- dachte. Der Kontrakt fällt mit Überweisun- terstützt wird. Die Summe steige um derführenden Ausschuss für Wirtschaft finanziert werden. Überschüssiger Strom fraktionen (18/12085) an. Ziel der Vorlage gen an die Hauptstadt-Kassenwarte mit ins- 50 Prozent auf 15 Millionen Euro. Der und Energie überwiesen. „Mieterstrom fließt ins Netz und wird ebenfalls nach ist es, die zukünftige Pelztierhaltung zwar gesamt durchschnittlich 200 Millionen Bund übernehme auch Kosten beim Be- kann Impulse für einen weiteren Zubau dem EEG vergütet. nicht grundsätzlich auszuschließen, aber Euro in jedem der nächsten zehn Jahre trieb des Humboldtforums, die eigentlich von Solaranlagen setzen und Mieter und Einer vom Ministerium beauftragten Stu- eine an den Bedürfnissen der Pelztiere und deutlich üppiger aus als das Ende 2017 von Berlin im Rahmen der Beteiligung an Vermieter konkret an der Energiewende die zufolge könnten bis zu 3,8 Millionen zugleich an den wirtschaftlichen Notwen- auslaufende Übereinkommen. der Stiftung Preußischer Kulturbesitz getra- beteiligen“, heißt es in dem Entwurf. Ver- Wohnungen bundesweit von der Neurege- digkeiten ausgerichtete Haltung in Dieses Mal ging es im Ausschuss nur um gen werden müssten. mieter sollen demnach einen Zuschuss be- lung profitieren. Die Regelung beschränkt Deutschland nicht mehr zu ermöglichen. eine Information durch Kulturstaatsminis- kommen, wenn sie Solarstrom ohne Nut- sich auf Wohngebäude, mindestens 40 Für bestehende Nerzhaltungen soll die terin Monika Grütters (CDU) und den Par- Haus für die Berlinale? Im Rahmen der zung des Netzes direkt an Letztverbraucher Prozent des Objekts müssen zu Wohnzwe- nach bisheriger Rechtslage erteilte Erlaub- lamentarischen Staatssekretär im Finanz- vereinbarten Tauschgeschäfte bei Gebäu- in dem betroffenen Wohngebäude liefern cken benutzt werden. Gleichzeitig sollen nis mit Inkrafttreten des Gesetzentwurfs in ministerium, Jens Spahn (CDU). Die Frak- den und Grundstücken geht mit dem und die Mieter diesen Strom verbrauchen. Mieter weiterhin frei wählen kommen,

eine vorläufige Erlaubnis umgewandelt tion Die Linke hatte darum gebeten. Doch © picture-alliance/dpa Komplex des Martin-Gropius-Baus auch Gefördert werden soll eine installierte von wem sie Strom beziehen. Mieter- werden. Diese werde ungültig, wenn nicht richtig ernst wird die Auseinandersetzung Hier zahlt künftig der Bund der damit verbundene Parkplatz in den Be- Leistung von 500 Megawatt pro Jahr. Die stromvertrag und Mietvertrag sollen etwa innerhalb von fünf Jahren nach Verkün- mit der Vereinbarung wohl erst im neu zu- sitz des Bundes über. „Nicht ganz abwegig“ Höhe des Zuschlags soll dem Bundeswirt- getrennt voneinander abgeschlossen wer- dung des Gesetzes eine Erlaubnis beantragt sammengesetzten Haushaltsausschuss sei die Überlegung, ob darauf einmal ein schaftsministerium zufolge von der Größe den. Darüber hinaus sind eine Preisober- wird. Des Weiteren soll mit dem Entwurf nach der Bundestagswahl im September: 60 Millionen Euro jährlich schrittweise auf Filmhaus gebaut werden könne, das unter grenze für den Strom sowie Vorgaben an verboten werden, Säugetiere im letzten Der Vertrag muss sich im 2018-er Haushalt 120 Millionen Euro jeweils 2023 bis 2027, anderem die Berlinale beherbergen könne, die Vertragslaufzeiten vorgesehen. Drittel der Trächtigkeit zu schlachten. Da- abbilden. Spahn versicherte, das Abkom- rechnete Spahn vor. Diese „ziemlich große meinte Grütters. Das müsse aber natürlich Verbände begrüßten im Vorfeld die Initia- von ausgenommen sind Schafe und Zie- men stehe unter dem Vorbehalt, dass der finanzielle Leistung“ erbringe der Bund „möglich und finanzierbar“ sein. tive grundsätzlich, mahnten allerdings gen. Tötungen, die aufgrund von Tierseu- Bundestag den Vereinbarungen auch zu- pauschal. Neben Haus und Grundstück Gropius-Bau Nachbesserungen an. So regte der Deut- chenbekämpfungsmaßnahmen oder Not- stimmt. Doch aus keiner Ecke war erkenn- Spahn zeigte sich zufrieden darüber, dass geht auch die Akademie der Künste am Pa- sche Mieterbund an, Projekte in zusam- schlachtungen erforderlich sind, wären bar, es könne etwas anderes als das Abni- teilweise schon länger konträr erörterte riser Platz an den Bund über. Dies sei sinn- menhängenden Wohnquartieren zu prü- weiterhin möglich. Darüber hinaus soll cken dabei herauskommen. Grundstücksfragen nun geklärt seien. Die voll, weil der Bund auch beide Einrichtun- fen. Der Wohnungswirtschaftsverband das nationale Fettverfütterungsverbot auf- nötigen Wertermittlungen für den großen gen betreibe, sagte Grütters. Der Bund GdW wies auf mögliche Fallstricke für gehoben werden. Zur Begründung heißt es, Echo rundum positiv Schließlich fiel das Komplex des Hauses der Statistik am Ale- übernimmt auch das Grundstück des Jüdi- Wohnungsunternehmen in Bezug auf die mit der Verfütterung von tierischen Fetten Echo auf den Hauptstadtvertrag bei der Sit- xanderplatz würden jetzt anlaufen. Der schen Museums an der Lindenstraße, ein- Besteuerung hin. Die gewerbesteuerbefreite an Wiederkäuer sei kein erhöhtes BSE-Risi- zung unter der Leitung der Vorsitzenden Vereinbarung zufolge muss Berlin das schließlich des Libeskind-Baus – zudem Vermietungstätigkeit müsse erhalten blei- ko zu erwarten.. eis T Gesine Lötzsch (Die Linke) rundum posi- Haus der Statistik dem Bund abkaufen. das Haus der Kulturen der Welt an der ben. Der Verband kommunaler Unterneh- tiv aus. Da brauchte Spahn erst gar nicht Grütters erläuterte, dass die Kulturhoheit John-Foster-Dulles-Allee. Berlin erhält im men wiederum sprach sich für eine grund- zu unterstreichen, dass der Bund per zwar bei den Ländern liege, der Bund aber Gegenzug vom Bund das „Dragoner-Areal“. sätzliche Überarbeitung des Entgeltsystems Grundgesetz zu einem Ausgleich der Berli- laut Verfassung Verantwortung trage für die Der umstrittene Kaufvertrag mit einem pri- aus, um eine „faire Lastenverteilung sicher- ner Hauptstadtkosten verpflichtet sei. Und Repräsentation der Hauptstadt. Nachdem vaten Investor wurde rückabgewickelt. Der zustellen“. Das Mieterstromgesetz dürfe zu- ja: Herausgekommen sei ein guter Kom- die Schwerpunkte bisher bei Museen und Bund gibt seine Flächen auf dem Flugha- dem nicht dazu führen, dass Unternehmen promiss und ein ausgewogenes Gesamt- Gedenkstätten gelegen hätten, sei jetzt „ein fen Tegel an Berlin ab und erhält dafür das der Wohnungswirtschaft gegenüber denen Weiterführende Links zu den

Themen dieser Seite finden konzept. „Beträchtlich“ sei die Aufsto- Akzent in der Musik“ gesetzt worden – bei Grundstück der Schinkelschen Bauakade- © picture-alliance/dpa aus der Energieversorgerbranche bevorzugt Sie in unserem E-Paper ckung der Sicherheitsleistungen von jetzt acht Orchestern und drei Opernhäusern. mie. Franz Ludwig Averdunk T Immer mehr Strom wird dezentral erzeugt. werden. Kristina Pezzei T Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 KULTUR UND BILDUNG 13

KURZ NOTIERT

Dieter Borchmeyer:

Was ist deutsch? Die Suche einer Nation nach sich selbst

Rowohlt Verlag, Berlin 2017; 1.056 S., 39,95 €

In seinem großen Standardwerk versucht Dieter Borchmeyer, Professor ermeritus für Neuere deutsche Literatur und Theaterwis- senschaft an der Universität Heidelberg, ei- ne Antwort auf die Frage „Was ist deutsch?“ Tatsächlich gelingt es ihm, das ehrgeizige Vorhaben zur deutschen Kultur- geschichte auf über tausend Seiten über- zeugend abzuhandeln. Mehr noch: Borch- meyer hat „ein einziges Manifest gegen den Nationalismus“ vorgelegt; denn „die Wesensbestimmung des Deutschen seit dem 18. Jahrhundert“ ziele nun einmal „auf dessen Übernationalität“. Das Opus magnum ist gespickt mit Mei- nungen zum „Deutschsein“, die von Hegel, Kant und Fichte über Goethe und Schiller zu Heine und Richard Wagner, Nietzsche und Bloch, Thomas Mann und anderen Geistesgrößen reichen. Auf dieser Grundla- ge beschreibt Borchmeyer den abstrakten deutschen Nationalcharakter in seinem je- weiligen historischen Kontext. Dabei blen- det der Autor die Gewaltgeschichte nicht aus: So attestiert er den Deutschen, im „Dritten Reich“ die humanistische und kul- turelle Traditionen Deutschlands verraten zu haben. In ihrem Versagen hätten sie al- ler Welt vor Augen geführt, dass sie nicht stark genug waren, um sich der Barbarei zu widersetzen. Als Zeitzeugen zitiert er Gott- Bundestagpräsident verleiht Jelena von Achenbach den Wissenschaftspreis 2017 des Bundestages. © Deutscher Bundestag/Achim Melde fried Benn: In seiner Nachzeichnung einer Festsitzung der Deutschen Akademie in An- wesenheit von Goebbels beklagte dieser verbittert den moralischen Verfall des Adels und des Bildungsbürgertums: Als der Pro- pagandaminister zu seinen „üblen völki- schen Pöbeleien“ ansetzte, habe sich kei- ner gerührt, „die großen Dirigenten, die Pour-le-mérite-Träger der Friedensklasse, Frage der Legitimation die internationalen Gelehrten, der ehrbare Kaufmann – alle klatschen“. Heute sei es die Pflicht der Deutschen, sich WISSENSCHAFTSPREIS Gießener Europa- und Verfassungsrechtlerin für Dissertation ausgezeichnet zu ihrer europäischen und globalen Verant- wortung zu bekennen. Als Land „in der Mitte von Europens Völkern“ (Schiller) kön- ie Gießener Europa- und hen. Er ist mit 10.000 Euro dotiert und hätten die weitgehende Unterstützung der Legitimationsleistungen die Organe der verdränge die Parlamente an die Ränder. ne Deutschland der Geografie – aus der Verfassungsrechtlerin Je- würdigt hervorragende wissenschaftliche Wähler genossen. 1983 hätten Union, SPD Europäischen Union konkret vermitteln. Zweitens mache die Pflicht, die Gesetzge- sich im Guten wie im Bösen seine ge- lena von Achenbach ist Arbeiten, die zu einem vertieften Verständ- und FDP 94 Prozent der Wählerstimmen Informelle Abläufe wie etwa die sogenann- bung in öffentlichen Verfahren zu beraten, schichtliche Rolle herausgebildet hat – mit dem Wissenschafts- nis parlamentarischer Praxis beitragen. auf sich vereinigt: „Aus heutiger Sicht eine ten Trilog-Verhandlungen förderten zwar diese schwerfällig, sodass in der Praxis häu- nicht entkommen. manu T preis 2017 der Bundesta- Lammert begrüßte besonders die damalige paradiesische Zeit“, sagte Schüttemeyer. die Effektivität der Entscheidungsfindung, fig in informellen Strukturen verhandelt ges ausgezeichnet wor- Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, „oh- Heute vertrauten dem Bundestag nur noch doch lauerten hier auch Gefahren der Ent- werde, um Kompromisse zu ermöglichen. Dden. Bundestagspräsident Norbert Lam- ne die es diesen Preis nicht gäbe“. 50 Prozent. Abgeordneten-, Politiker- und parlamentarisierung. Das Europäische Par- Das Parlament werde zum „Gesetzge- Heinrich mert (CDU) verlieh der Juniorprofessorin Der Bundestagspräsident Parteien-Bashing versprä- lament könne ein höheres Maß an demo- bungsautomaten“ der Regierung, die Effi- Geiselberger (Hg.): den Preis in der vergangenen Woche für ih- ging auf das Spannungsver- chen Applaus und guten kratischer Legitimierung vermitteln als der zienz erhalte Vorrang vor demokratischer re 2014 veröffentlichte Dissertation „De- hältnis von Wissenschaft Umsatz in den Medien. Rat, der aber nicht verzichtbar sei. Eine Legitimation. Drittens bemängelte sie die Die große mokratische Gesetzgebung in der Europäi- und Politik ein und sagte, »Bleiben Sie Bundestag und Abgeordne- Stärkung des Parlaments würde nach An- individualistische Deutung des Parlaments. Regression schen Union. Theorie und Praxis der dua- es sei nicht sicher, dass wis- te, Parteien und Fraktionen sicht der Autorin der demokratischen Legi- Aus ihrer Sicht hat die Abgeordneten- len Legitimationsstruktur europäischer Ho- senschaftliche Erkenntnisse am Thema müssten Anstrengungen timation zugutekommen, sagte die Lauda- gleichheit ein geringeres Gewicht als das heitsgewalt“. im politischen Prozess ih- dran und unternehmen, den Bürgern torin. parlamentarische Kontrollgebot. Diese Ent- Die aus renommierten Staatsrechtslehrern, ren Niederschlag finden. Es die parlamentarische Arbeit „Bleiben Sie am Thema dran und nah am wicklungen gefährdeten die Leistungsfä- Suhrkamp, Historikern und Politikwissenschaftlern gebe Indizien dafür, dass nah am nahezubringen. Sie wün- Parlament!“, rief Norbert Lammert der higkeit der Parlamente. Volker Müller T Berlin 2017; zusammengesetzte siebenköpfige Jury die inflationäre Begeiste- Parlament.« sche sich, sagte die Jury- Preisträgerin aufmunternd zu. Jelena von 320 S., 18 € wählte die Dissertation aus einem Bewer- rung für wissenschaftliche Vorsitzende, dass die Bereit- Achenbach ergriff die Gelegenheit, um in Bundestagpräsident berfeld von 60 eingereichten Publikatio- Gutachten in der Politik Norbert Lammert schaft wächst, sich nicht ihren Dankesworten drei Thesen zur Recht- Jelena von Was läuft eigentlich schief in dieser Welt, nen aus, weil es Jelena von Achenbach „in den erkennbaren Zweck von „alternativen Fakten“ sprechung des Bundesverfassungsgerichts Achenbach: dass die Orbans, Erdogans, Farages und überzeugender Weise“ gelungen sei, das or- verfolge, Entscheidungen blenden zu lassen. Dafür zu verkünden, insbesondere zum Urteil Trumps mit ihren historisch überholt erhoff- dentliche Gesetzgebungsverfahren der Eu- zu verschleppen. seien Kenntnisse und Er- von 2014 zum Informationsrecht der Bun- Demokratische ten Ideen Erfolge feiern können? Das ist im ropäischen Union darzustellen und demo- Die Vorsitzende der Jury des Wissenschafts- kenntnisse notwendig, dafür „bedarf es der destagsabgeordneten über Rüstungsexpor- Gesetzgebung in Grunde die Kernfrage des Sammelbandes kratietheoretisch sowie interdisziplinär preises, die Politikwissenschaftlerin Suzan- Wissenschaft“. te. Das Gericht habe ein Verfassungsprin- der Europäischen „Die große Regression“. Das Buch er- aufzuarbeiten. ne S. Schüttemeyer von der Martin-Luther- Mit der Dissertation der Preisträgerin setzte zip der Handlungsfähigkeit der Regierung Union scheint in 14 Sprachen und will vom Titel Der Wissenschaftspreis wurde vom Deut- Universität Halle-Wittenberg, blickte in die sich die Juraprofessorin Pascale Cancik von konstituiert, obwohl Artikel 20 des Grund- her eine „internationale“ Debatte abbil- schen Bundestag 1989 aus Anlass seines 1980er Jahre zurück. Damals hätten noch der Universität Osnabrück, ebenfalls Jury- gesetzes die Exekutive ausschließlich als Springer, den, die aber faktisch vor allem eine inter- 40-jährigen Bestehens eingeführt und wird zwei Drittel der Bundesbürger dem Bun- mitglied, auseinander. Jelena von Achen- parlamentarisch rückgebundene Staatsge- Heidelberg 2014; nationale Debatte linker Intellektueller ist. seit 1997 im zweijährlichen Turnus verlie- destag vertraut, die etablierten Parteien bach sei der Frage nachgegangen, welche walt wolle. Die exekutive Handlungslogik 522 S., 94,99 € Dabei ist es Herausgeber Heinrich Geisel- berger gelungen, ein beeindruckendes Ta- bleau Beitragender – von Slavoj Zizek und dem jüngst verstorbenen Zygmunt Bau- mann über Eva Illouz und Bruno Latour bis zu Wolfgang Streeck und Oliver Nachtwey – aufzufahren. Ausnahmen für So unterschiedlich die Autoren, so unter- Zu viel am falschen Ort Kreativ, aber arm schiedlich sind die Beiträge und Ansätze. BERUFSBILDUNG Linke und Grüne fordern Rechtsanspruch KULTUR Grüne fordern soziale Absicherung von Künstlern Wissenschaft Doch – grob verkürzt – schreiben alle Mit- wirkenden um einen Glaubenssatz herum: Ein gemischtes Resümee zogen die Redner Rainer Spiering (SPD) sagte: „Wir treten Nach dem Willen von Bündnis 90/Die liche Kulturschaffende in die Rentenversi- RECHT Bildungseinrichtungen sollen zu- Der Kapitalismus – in Form des „Neolibera- aller Fraktionen wie auch Bildungsministe- auf der Stelle.“ Auf der einen Seite gebe es Grünen soll der Bund bei der Kulturförde- cherung mit einer Garantierente einbezo- künftig bis zu 15 Prozent eines urheber- lismus“ – war, ist und bleibt die Geißel der rin Johanna Wanka (CDU) in der Debatte ein Fachkräfteproblem, das dem Standort rung verbindliche Vorgaben zur Einhaltung gen werden. rechtlich geschützten Werkes vervielfälti- Menschheit. Deregulierung, Globalisierung über den Berufsbildungsbericht 2017 schade. Auf der anderen Seite würden viele sozialer Mindeststandards machen. Zudem Prinzipielle Unterstützung für die Forde- gen, verbreiten und öffentlich zugänglich und Abbau des Wohlfahrtstaates haben (18/11969) zur Situation auf dem Ausbil- junge Menschen nicht dahin gebracht wer- fordert die Fraktion Änderungen bei der rungen der Grünen kam von der Linksfrak- machen dürfen. Dies sieht der Entwurf demnach die Solidarität innerhalb der Ge- dungsmarkt in der vergangenen Woche. den, wo sie mit ordentlicher Arbeit ordent- Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversi- tion. Die Vergabe öffentlicher Gelder müs- für ein Urheberrechts-Wissenschaftsgesell- sellschaften zerschossen und die Demokra- Wanka lobte die Entwicklung auf dem Aus- lich Geld verdienen können. Die Ausbil- cherung, um freiberufliche Künstler sozial se an die Einhaltung sozialer Mindeststan- schafts-Gesetzes der Bundesregierung tie entkernt. Und die (vermeintlich) Linke bildungsmarkt: „Für 100 junge Menschen, dungsquote habe vor 30 oder 40 Jahren besser abzusichern. Den entsprechenden dards gekoppelt werden, sagte die kultur- (18/12329) vor, das der Bundestag am war dabei Komplize – mal in Form kulturell die im Moment einen Ausbildungsplatz bei großen Industrieunternehmen zwi- Antrag der Grünen (18/12373) debattierte politische Sprecherin Sigrid Hupach. Zu- Donnerstag in erster Lesung beriet und in abgehobener Linker mit mangelndem Ver- suchen“, gebe es 104 Ausbildungsplatzan- schen 5,5 und sieben Prozent gelegen. der Bundestag am vergangenen Donners- gleich forderte sie den Ausbau der Künst- die Ausschüsse überwies. Mit dem Gesetz ständnis für die Belange „einfacher Men- gebote. Aber sie räumte auch ein: „In den Heute könne man froh sein, wenn sie bei tag und überwies ihn zur weiteren Bera- lersozialkasse eine Erhöhung des Bundes- sollen unterschiedliche Erlaubnistatbestän- schen“, mal in Form von Sozialdemokra- neuen Bundesländern und in Bayern gibt VW bei drei Prozent liege, sagte Spiering. tung in die Ausschüsse. zuschusses. de zugunsten von Unterricht und Wissen- ten, die wie Blair eigentlich Neoliberale es zu wenig Jugendliche für die vorhande- Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) kriti- Die Arbeitsbedingungen von Kulturschaf- Sympathie für das Anliegen der Grünen schaft zusammengefasst werden. waren. Ideale Bedingungen also für chauvi- nen Ausbildungsplätze. In den großen sierte, dass der Übergangsbereich schon im fenden, so führte die kulturpolitische Spre- äußerte auch der Vorsitzende des Kultur- Der Gesetzesentwurf sieht zudem vor, dass nistische, reaktionäre und nationalistische Städten in Nordrhein-Westfalen gibt es vie- Jahr 2013 mit 258.000 jungen Menschen cherin der Grünen, Ulle Schauws, an, seien ausschusses, Siegmund Ehrmann (SPD). Er ein Urheber zu Ausgleich für die unentgelt- Kräfte, um bei den Abgehängten abzuräu- le suchende Jugendliche.“ Das müsse der viel zu groß gewesen sei. Heute gebe es so- meistens schlecht. Sie litten unter einer verwies allerdings darauf, dass viele der an- liche Nutzung im Bereich der Bildungs- men. Aber aus dem Aschehäufchen des Staat lösen, Marktmechanismen würden gar 300.000 Neuzugänge in diesem „Maß- mangelnden sozialen Absicherung, seien gesprochenen Probleme nur in Zusam- und Wissenschaftsschranke grundsätzlich Neoliberalismus, so die Hoffnung einiger dieses Problem nicht regeln, sagte Wanka. nahmendschungel“. In ihrem Antrag durch Altersarmut bedroht und ihre Ein- menarbeit mit den Ländern gelöst werden eine angemessene Vergütung erhält. Diese Autoren, könnte die „echte“ Linke als sozi- Auch sprach sie das sogenannte „Mat- (18/12361) bezeichnen die Grünen die Bi- künfte lägen teilweise sogar unter dem können. Er plädierte dafür, den kooperati- soll ausschließlich pauschal über die Ver- al gerechter Phoenix mit einer inklusiven, chingproblem“ an. Gemeint ist: Auszubil- lanz von Bildungsministerin Wanka „er- Existenzminimum. „Die Bundesregierung ven Föderalismus in der Kulturpolitik aus- wertungsgesellschaften erfolgen. Gleichzei- internationalistischen Gegenerzählung auf- dende finden kein passendes Ausbildungs- nüchternd“ und monieren, dass es noch hat es versäumt, endlich Lösungsvorschlä- zubauen. Ehrmann machte keinen Hehl tig soll festgelegt werden, dass Verträge zur erstehen. In der Gesamtheit liest sich das angebot, Unternehmen nicht den geeigne- immer keine Ausbildungsgarantie gebe. ge zu machen“, kritisierte Schauws. Freibe- daraus, dass dies mit der Union im Koaliti- Umgehung der Bildungs- und Wissen- zwar etwas redundant, in ihrer Pointiertheit ten Lehrling. Nach Ansicht von Uda Heller (CDU) füh- rufliche Kreative müssten sich freiwillig ge- onsvertrag nicht möglich gewesen sei. schaftsschranke unzulässig und unwirksam sind die meisten Beiträge aber mit Genuss Kritisch beurteilte Rosemarie Hein (Linke) ren sinkende Schulabgängerzahlen und die gen Arbeitslosigkeit versichern können. Die CDU-Abgeordnete Ute Bertram erteilte sind. pst T zu lesen und regen zur entschiedenen Zu- die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. unausgewogene Studien- und Berufsorien- Die bisherige Sonderregelung für kurzbe- den Forderungen der Grünen eine Absage. stimmung oder heftigen Widerreden an. Dieser habe sich nicht „zum Besseren be- tierung an Gymnasien in Richtung akade- fristete Beschäftigte laufe „oft völlig ins Ein „enges Korsett von Kriterien zur Kultur- Dass in einem dezidiert progressiven Werk wegt“. Die Zahl der Unternehmen, die aus- mischer Studiengänge dazu, dass viele Leere“. Zudem müsse der Mindestbeitrag förderung“ schade der Kultur und ihrer allerdings zwölf Männer und nur drei Frau- bilden, sei weiter gesunken. Hein forderte Schüler die guten Einkommens- und Kar- zur Krankenversicherung für Selbstständige Entfaltungsmöglichkeiten. Kultur sei nicht en die Welt von links erklären dürfen, ist al- einen einklagbaren Rechtsanspruch auf ei- riereperspektiven, die ihnen das duale Aus- auf das Niveau der sonst freiwillig Versi- nach einem Raster quantifizierbar, nach Weiterführende Links zu den lerdings befremdlich. scr T nen Ausbildungsplatz und eine verlässliche bildungssystem biete, nicht richtig ein- cherten gesenkt werden, sagte Schauws. dem Fördergelder gerechter verteilt werden Themen dieser Seite finden Ausbildungsfinanzierung. schätzen können. Annette Rollmann T Ebenso wollen die Grünen, dass freiberuf- könnten. Alexander Weinlein T Sie in unserem E-Paper 14 KEHRSEITE Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

AUFGEKEHRT ORTSTERMIN: US-STIPENDIATEN IN BERLIN PERSONALIA >Max Amling † Rettung im Bundestagsabgeordneter 1972-1990, SPD Weltall Am 7. April starb Max Amling im Alter von 82 Jahren. Der Installateur und Gewerk- ir müssen weg. Spätestens schaftssekretär aus Augsburg trat 1952 der in 100 Jahren, meint der SPD bei, stand viele Jahre an der Spitze des Astrophysiker Stephan dortigen Ortsvereins und war von 1966 bis WHawking, müsse sich die 1972 Mitglied des Augsburger Stadtrats. Im Menschheit andere Himmelskörper aus- Bundestag arbeitete Amling zuletzt im Ver- suchen. Denn auf dem blauen Planeten kehrsausschuss mit. wird es dann richtig ungemütlich. Klima- wandel, Asteriodeneinschläge, Epidemien >Franz Heinrich Krey † und Bevölkerungswachstum machen uns Bundestagsabgeordneter 1976-1994, das Leben endgültig zur Hölle. Hawking CDU sieht offenbar eine sich dramatisch be- Franz Heinrich Krey starb am 10. Mai im Al- schleunigende Fehlentwicklung: Denn ter von 87 Jahren. Der Journalist aus Ber- noch im Herbst 2016 meinte er, erst in gisch Gladbach trat 1952 der CDU bei und 1.000 Jahren müssten die Menschen ins war von 1975 bis 1991 Vorsitzender des Weltall exilieren. Zu vermuten ist, dass Rheinisch-Bergischen Kreises. In seiner Hei- das britische Genie schon in diesem matstadt war er lange Jahre Ratsherr und Herbst verkündet, wir haben nur noch amtierte von 1984 bis 1989 als Bürgermeis- ganze 10 Jahre Zeit bis zum endgültigen ter. Krey wirkte stets im Innenausschuss Abflug. mit. Was er nicht sagt: Es können unmöglich alle weg von hier. Das wird logistisch >Werner Broll nicht zu wuppen sein bei den vielen Mil- Bundestagsabgeordneter 1976-1987, liarden Erdbewohnern. Das Gros wird mit CDU all den schrecklichen Endzeitdingen auf Werner Broll vollendet am 22. Mai sein unserem derzeitigen Planeten „leben“ 85. Lebensjahr. Der Oberstudienrat aus Ol- müssen, womöglich bis zum Untergang. denburg war von 1970 bis 1987 Vorsitzen- Den Weg ins All antreten können wohl der des dortigen CDU-Kreisverbands und nur wenige tausende, vielleicht zehntau- von 1968 bis 1977 Ratsherr in Oldenburg. sende Auserwählte dieser Erde. Wohl die Broll engagierte sich im Bundestag im In- mit richtig viel Knete. So wie Bill Gates nenausschuss. oder Warren Buffett, Donald Trump eher nicht. >Eva-Maria Kors Aber wird es auf dem fremden Planeten Bundestagsabgeordnete 1990-2002, auch wirklich angenehmer sein als auf CDU der Erde? Asteroiden können auch da ein- Eva-Maria Kors wird am 22. Mai 75 Jahre stürzen, und ein Klimawandel wird auch alt. Die Redakteurin aus Vechta schloss sich unbedingt nicht zu befürchten sein, wenn 1969 der CDU an, war von 1979 bis 1984 es in der Ferne womöglich gar kein Klima sowie von 2004 bis 2009 Vorsitzende des gibt. Vielleicht sollte man es also doch dortigen Stadtverbands und gehörte dem lieber auf der Erde noch ein bisschen aus- Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vor den amerikanischen Austauschgästen © Deutscher Bundestag/Achim Melde Landesvorstand im Oldenburger Land an. halten. So fünf Milliarden Jahre, wenn Von 1981 bis 1990 engagierte sie sich als sich die Sonne zum roten Riesenstern auf- Ratsfrau in Vechta. Im Bundestag wirkte bläht und alles Irdische verschlingt. Spä- Kors überwiegend im Familienausschuss testens dann aber müssen wir uns wirk- Sauerkraut und kleine Dörfer mit. lich vom Acker machen. Hans Krump T >Rupert Scholz Mika (17) hat dazugelernt: „Sauerkraut kannte ich nicht.“ „Und Auftakt im Bundestag, wo sie mitbekommen, wie Justizminister kannt, dass der Jugendaustausch „eines der wichtigsten Instru- Bundestagsabgeordneter 1990-2002, VOR 50 JAHREN... dass es im Restaurant so lange dauert“, steuert Natalie (17) bei: Heiko Maas (SPD) geplante Gesetzesverschärfungen zur Ein- mente für die Weiterentwicklung und Pflege der deutsch-ameri- CDU „Bei uns kommt sofort die Bedienung und fragt, ob wir fertig dämmung der Wohnungseinbrüche vorstellt. kanischen Beziehungen“ sei. Rupert Scholz vollendet am 23. Mai sein sind.“ Über das Landschaftsbild hat Henry (18) gestaunt: „So Was die Stipendiaten an Deutschland interessiert, spiegeln PPP sei zwar „eines der teuersten“, aber „gleichzeitig eines der 80. Lebensjahr. Der promovierte Jurist und Ein Schuss wird viele kleine Dörfer.“ Für ihn gehen neun Monate in einer Gast- dann Fragen an Parlamentarier wider: Ob sich das Land verän- wirkungsvollsten Programme“ des Bundestags, streicht Lam- Rechtsprofessor trat 1983 der CDU bei. Von familie und mit Schulbesuch im Landkreis Eichsfeld zu Ende. dern müsse, um die Kultur der Flüchtlinge zu akzeptieren? Wa- mert heraus. Immer mal wieder – wie jetzt nach den US-Wah- 1981 bis 1988 amtierte er als Berliner Sena- zum Fanal Die beiden Frauen verabschieden sich bald von Aachen. rum es katholische und evangelische Feiertage gibt, aber keine len – müssten zwischen Deutschland und den USA „die be- tor für Justiz und Bundesangelegenheiten Sie gehören zu 350 Stipendiaten, die – verteilt auf alle Ecken anderer Religionen? Was tut die Regierung gegen Cyber-Atta- währten Beziehungen neu sortiert“ werden. PPP werde da sowie von Mai 1988 bis April 1989 als Bun- 2.6.1967 Schah-Besuch in Westberlin der Republik – in deutsches Leben eintauchten. Teilgenommen cken? Wie soll Europa mit Russland umgehen? Neugier, die „nicht weniger wichtig, sondern noch wichtiger“. desverteidigungsminister in Bonn. Im Deut- Gegen Hochschulreform, Vietnamkrieg haben sie am Parlamentarischen Patenschafts-Programm den Wert des Austauschprogramms deutlich macht. 14 Bundes- Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU) trägt im Ältestenrat des schen Bundestag engagierte sich Scholz, oder Apartheidregime Südafrikas: Die (PPP). So firmiert der beiderseitige Jugendaustausch, den der tagsabgeordnete halten fraktionsübergreifend PPP am Leben. Deutschen Bundestags der Verantwortung für das PPP-Pro- von 1994 bis 1998 als stellvertretender Vor- Proteste von Studenten in Westberlin Bundestag und der US-Kongress 1983 vereinbart hatten. Anlass Was wohl nicht immer ganz einfach ist. Jedenfalls spricht Bun- gramm. Er ruft die „Gastkinder“ dazu auf, sich bei ihren Kon- sitzender seiner Fraktion, im Rechtsaus- waren lange friedlich verlaufen. Bis zum war damals der 300. Jahrestag der ersten deutschen Einwande- destagspräsident Norbert Lammert (CDU) von „gelegentlichen gress-Abgeordneten für die Weiterführung einzusetzen. Gerade schuss, an dessen Spitze er von 1998 bis 2. Juni 1967. Bei einer Demonstration rung nach Amerika. Schwächeanfällen auf amerikanischer Seite“. Die US-Botschaf- erst war er mit einer Delegation in Sachen PPP durch die USA 2002 stand, sowie im Wahlprüfungsaus- gegen den Schah von Persien wurde der Jetzt sind die Mikas Natalies und Henrys zum Höhepunkt ihres ter in Deutschland hätten bei Amtsantritt kaum über PPP Be- gereist und hatte immerhin „den guten Eindruck, dass das Pro- schuss. Student Benno Ohnesorg von einem Deutschland-Jahrs zum Berlin-Tag in die Hauptstadt gereist. scheid gewusst. Aber bei ihrem Abschied habe noch jeder aner- gramm weitergeht“. Franz Ludwig Averdunk T Polizisten erschossen. Der Schuss gilt als >Hans-Peter Repnik Fanal für die junge Bundesrepublik. Bundestagsabgeordneter 1980-2005, CDU Am 27. Mai wird Hans-Peter Repnik 70 Jah- LESERPOST re alt. Der Rechtsanwalt aus Radolfzell war von 1991 bis 2001 Vorsitzender des CDU- Zur Ausgabe 19-20 vom 8. Mai 2017, dungen wegen unserer Vergangenheit weniger werden noch ARD, ZDF, WDR Bezirksverbands Südbaden und gehörte von »Glückliches Ende in Sicht« auf Seite 6: und der Gesamttendenz des heutigen etc. eingeschaltet. Jüngere schauen sich Jenninger zum 1992 bis 2002 dem CDU-Bundesvorstand Egal wann das Dokumentationszen- Zeitgeistes ist zu befürchten, dass uns heute stattdessen Bewegtbilder oder Fil- an. Von 1989 bis 1994 amtierte er als Parla- trum zu Flucht und Vertreibung nun ge- im Deutschlandhaus dann beigebracht me fast ausschließlich über Streaming- 85. Geburtstag mentarischer Staatssekretär beim Bundes- nau fertig wird – zu befürchten ist wohl wird, an allem – auch am Unrecht der Dienste wie Netflix, über Youtube usw. minister für wirtschaftliche Zusammenar- insgesamt ein ziemliches Trauerspiel. Vertreibung – seien letztlich die Deut- an. Deshalb gibt es mit jedem Tag auch Am 10. Juni voll- beit. Der stellvertretende Vorsitzende der Hier werden letztlich 700 Jahre Ge- schen selbst schuld. Auf so etwas könn- weniger Legitimation für die GEZ-Abzo- endet der frühere CDU/CSU-Fraktion von 1994 bis 1998 wirk- schichte Ostdeutschlands museal ver- te ich jedenfalls verzichten. cke, die zuletzt zur allgemeinen Steuer Bundestagspräsi- te im Ausschuss für wirtschaftliche Zusam- packt und im Deutschlandhaus abgewi- umgewandelt wurde, egal ob jemand ei- dent Philipp Jen- menarbeit, im Finanz- sowie zuletzt im Wirt- ckelt – im „Kontext der nationalsozia- Martin Wieland, nen Fernseher hat oder nicht. Irgend- ninger (CDU) sein schaftsausschuss mit. listischen Expansions- und Vernich- Dresden wann kommt das hoffentlich auch bei 85. Lebensjahr. © picture-alliance/dpa tungspolitik“, wie es im Stiftungsgesetz den Verfassungsrichtern in Karlsruhe an, Der promovierte Schah Reza Mohammed Pahlavi und >Oscar Schneider Kaiserin Farah Diba am 27. Mai 1967 so markant heißt. Das ursprüngliche Zur Ausgabe 19-20 vom 8. Mai 2017, die offenbar nur vor dem Fernseher zu Jurist war zunächst © picture-alliance/dpa bei einem Empfang in Schloss Brühl Konzept von Erika Steinbach und Peter »Unter Druck« auf Seite 7: sitzen scheinen und leider bis heute in in der Wehrbe- Bundestagsabgeordneter 1969-1994, Glotz mit dem „Zentrum gegen Vertrei- Das eigentliche Problem des öffentlich- penetranter Weise das überkommene öf- reichsverwaltung CSU bungen“ ist ja beerdigt, seit der Staat rechtlichen Fernsehens ist doch, dass es fentlich-rechtliche System schützen. tätig und wechsel- Oscar Schneider vollendet am 3. Juni sein Bereits am 27. Mai war Schah Moham- das ganze Projekt übernommen hat. immer weniger Menschen sehen wollen. Heinz Kremp, te danach ins Bundesverteidigungsministeri- 90. Lebensjahr. Der promovierte Jurist und med Reza Pahlavi mit seiner Frau Farah Angesichts der täglichen Schuldbekun- Je jünger jemand hierzulande ist, desto Würzburg um. 1964 bis 1969 arbeitete er als persönli- Regierungsdirektor trat 1953 der CSU bei, in Köln/Bonn gelandet. Neun Tage be- cher Referent der Bundesminister Heinrich stand von 1977 bis 1991 an der Spitze des reiste das bei der Boulevard-Presse be- Krone (CDU) und Franz-Josef Strauß (CSU). Bezirksverbands Nürnberg-Fürth und gehör- liebte Paar auf Einladung von Bundes- 1969 wurde Jenninger in den Bundestag ge- te von 1957 bis 1991 dem CSU-Landesvor- präsident Heinrich Lübke das Land – be- SEITENBLICKE wählt und rückte vier Jahre später zum Parla- stand an. Von 1956 bis 1969 war er Stadtrat gleitet von ihnen wohlgesonnenen Poli- mentarischen Geschäftsführer der Unions- in Nürnberg. Schneider war von 1982 bis tikern und Protesten. Dass das Schah-Re- Fraktion auf. 1982 berief ihn 1989 Bundesbauminister und stand von gime Gegner verfolgte, folterte und er- zum Staatsminister im Kanzleramt. 1984, 1972 bis 1982 an der Spitze des Bundes- mordete, war vielen bewusst. Schon nach dem Rücktritt Rainer Barzels, wurde Jen- tags-Ausschusses für Raumordnung, Bau- beim Empfang in Berlin am 2. Juni rie- ninger Bundestagspräsident. In seine Amtszeit wesen und Städtebau. fen Demonstranten vor dem Schöneber- fiel der Beschluss zum Neubau des Plenar- ger Rathaus „Schah, Mörder“. Anhänger saals. Nach seiner missverständlich aufgefass- des Diktators schlugen auf sie mit Latten ten Rede zum 50. Jahrestag der Pogromnacht >Johannes Ganz ein. Später eskalieren die Proteste weiter: am 10. November 1988, deren Inhalt inzwi- Bundestagsabgeordneter 1980-1994, Tausende Menschen versammelten sich schen weitgehend als rehabilitiert gilt, trat er CDU am Abend vor der Deutschen Oper, wo zurück. 1990 verließ Jenninger den Bundestag Am 5. Juni wird Johannes Ganz 85 Jahre der Schah und Lübke Mozarts „Zauber- und war bis 1997 Botschafter in Wien sowie alt. Der Oberstudiendirektor aus St. Wendel flöte“ hörten. Erneut gingen Anhänger beim Heiligen Stuhl. bmh T schloss sich 1960 der CDU an und gehörte des Schahs gegen die Demonstranten von 1977 bis 1985 dem Landesvorstand vor. Unterstützt von der Berliner Polizei. Saar an. Von 1964 bis 1974 war er Stadtrat Der Schuss auf den 26-jährigen, unbe- in St. Wendel und von 1975 bis 1980 saar- waffneten Ohnesorg markiert für viele ländischer Landtagsabgeordneter. Im Bun- Historiker eine Zäsur. In vielen gesell- destag arbeitete Ganz stets im Verteidi- schaftlichen Bereichen kamen Bürgerbe- Haben Sie Anregungen, Fragen oder gungsausschuss mit. bmh T wegungen auf. Die Studentenrevolte er- Kritik? hielt Zulauf und radikalisierte sich. Und Schreiben Sie uns: schließlich entstand die linksterroristi- sche RAF, die die Bundesrepublik ein Das Parlament BUNDESTAG LIVE Jahrzehnt in Atem halten sollte. Platz der Republik 1 Benjamin Stahl T 11011 Berlin Topthemen vom 30.5. – 2.6.2017 [email protected] Finanzreform (Do), Digitale Agenda (Fr) Leserbriefe geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion Phoenix überträgt live ab 9 Uhr behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen. Auf www.bundestag.de: Weiterführende Links zu den Die nächste Ausgabe von „Das Die aktuelle Tagesordnung sowie die Themen dieser Seite finden Debatten im Livestream Sie in unserem E-Paper Parlament“ erscheint am 6. Juni DEBATTENDOKUMENTATION Bericht des Petitionsausschusses / 233. Sitzung des 18. Deutschen Bundestages am 17. Mai 2017

Kersten Steinke, DIE LINKE: in Italien bereits als Flüchtling an- anderem öffentlich behandelt: die erkannt war, lehnte das Bundes- Erhaltung des eigenständigen Be- amt für Migration und Flüchtlinge rufsbildes der Gesundheits- und Der Petitionsausschuss sollte ihren Asylantrag zunächst ab und Kinderkrankenpflege im neuen forderte sie auf, nach Italien zu- Pflegeberufsgesetz – mit über 160 rückzukehren. Dies hätte die be- 000 Unterstützerinnen und Unter- kein Nebenschauplatz sein reits erzielten therapeutischen Er- stützern –, die Sicherstellung der folge jedoch völlig zunichtege- Versorgung aller therapieresisten- macht. Auch eine Selbstmordge- ten Menschen mit Epilepsien mit weise auf den Prüfstand zu stellen, die Bundesregierung in den letz- fährdung konnte hier nicht ausge- neuen Medikamenten, die Verhin- haben sich die Mitglieder des Peti- ten Jahren rapide abgenommen schlossen werden. Mitglieder des derung der Umsetzung der Tabak- tionsausschusses dazu entschlos- haben. Waren es zu Beginn der Petitionsausschusses führten des- richtlinienverordnung, die Siche- sen, am 29. Mai eine öffentliche Wahlperiode im Jahr 2013 noch halb ein Gespräch mit Vertretern rung der freien Wahl des Geburts- Anhörung von Fachexperten 50, so gab es im Jahr 2016 nur des Bundesministeriums des In- ortes sowie die Neuordnung des durchzuführen. Ich lade Sie hier- noch 21 Berücksichtigungs- und nern, mit dem Ergebnis, dass Vergütungssystems in der Geburts- mit alle herzlich dazu ein. Erwägungsbeschlüsse. Auch hier schließlich ein Weg gefunden wur- hilfe. – Auch wenn diese Petitio- Hier ein paar Fakten zum Jah- ermuntere ich den neuen Aus- de, der Petentin ein nen viele Tausend resüberblick. Ein Drittel der Einga- schuss, mutiger und konsequenter Bleiberecht in Unterschriften hat- ben ging auf elektronischem Weg zu sein. Denn unser Auftraggeber Deutschland zu er- Gerade, wenn es ten, bleibt es dabei: ein. Auf der Petitionsplattform des sind die Petentinnen und Peten- möglichen. um die Mo- Jede Petition wird Ausschusses im Internet meldeten ten und nicht die Regierung. Dieses Beispiel difizierung von ernst genommen sich 175 000 neue Nutzerinnen Ein paar weitere Zahlen. Wie sollte Ansporn für und sorgfältig ge- © DBT/Achim Melde Gesetzen geht, Kersten Steinke (*1958) und Nutzer an. Somit hat unsere auch in den vergangenen Jahren uns sein, auch wei- ist oft ein langer prüft, egal, ob sie Landesliste Thüringen Plattform mittlerweile über 2 Mil- betrafen circa 20 Prozent aller Ein- terhin mit großem Atem nötig. von einer oder von lionen registrierte Nutzerinnen gaben das Bundesministerium für Engagement ge- vielen Personen eit Gründung der Bundesre- und Nutzer. 633 Petitionen wur- Arbeit und Soziales. Hier betreffen meinsam, über die unterschrieben publik ist das Petitionsrecht den auf der Plattform veröffent- viele Angelegenheiten das tägliche Fraktionsgrenzen wurde, egal, ob sie Sim Grundgesetz verankert. licht. Das sind 249 Petitionen Leben. So wurden unter anderem hinaus, konstruktiv zum Wohl der von allgemeinem Interesse ist Dieses Recht zu nutzen, ist für vie- mehr als im Vorjahr. Dazu gab es die Hinzuverdienstgrenze für Ar- Petentinnen und Petenten zusam- oder ein ganz persönliches Anlie- le Bürgerinnen und Bürger oft- 20 000 Diskussionsbeiträge und beitslose, verschiedenste Renten- menzuarbeiten. gen betrifft, und egal, ob sie im mals die letzte Instanz. Dieses 222 000 elektronische Mitzeich- fragen, die Anerkennung von Be- Die vielen kleinen, persönlichen Internet veröffentlicht wird oder Recht bietet oft auch die einzige nungen. Wir sehen also, der Petiti- rufskrankheiten oder die schwieri- Anliegen aus dem täglichen Leben nicht. Jede Petentin und jeder Pe- Möglichkeit, eine Beschwerde prü- onsausschuss hat in der Bevölke- ge Situation von Menschen mit stehen zwar nicht so sehr im Fo- tent bekommt im Unterschied zu fen zu lassen, eine Rechtsauskunft rung nach wie vor einen hohen Behinderung thematisiert. kus der Öffentlichkeit, bilden aber privaten Petitionsplattformen eine zu erhalten und Probleme mit Stellenwert. Aber es liegt an uns, Auf dem zweiten Platz folgt das mit rund 75 Prozent der Eingaben Antwort und einen begründeten Verwaltungsbehörden zu lösen. dieses Vertrauen, das die Bevölke- Bundesministerium des Innern das Kerngeschäft der Ausschussar- Beschluss. Außerdem können Bürgerinnen rung in uns hat, nicht zu enttäu- mit 1 627 Eingaben. Schwerpunk- beit. Auch wenn nicht jeder Petent und Bürger mit Bitten zur Gesetz- schen und durch unsere tägliche te waren hier das Kriegsgefange- Im Rahmen der parlamentari- ein positives Ergebnis erwarten gebung am politischen Leben teil- Arbeit immer wieder aufs Neue zu nen- und Heimkehrrecht, das schen Prüfung führten Ausschuss- kann, versucht der Ausschuss, da- haben und zur Gestaltung unserer rechtfertigen. Wahlrecht sowie das Melde- und mitglieder 21 Berichterstatterge- durch zu helfen, dass er den Bür- Gesellschaft beitragen. Die Initia- Die öffentliche Beratung von Personenstandswesen. Ein Drittel spräche durch, in denen im direk- gerinnen und Bürgern die staatli- tive liegt aber immer bei den Bür- Petitionen im Ausschuss ist eine dieser Zuschriften gingen zum ten Gespräch mit Vertreterinnen chen Entscheidungen erläutert gerinnen und Bürgern. Deshalb Form, um über die Arbeit des Aus- Aufenthalts- und Asylrecht ein. und Vertretern der Ministerien ver- und sie nachvollziehbar macht. muss das Recht, eine Bitte oder schusses öffentlich zu berichten, Auch wenn die Zahl der entspre- sucht wurde, schwierige Einzelfäl- Allerdings sind unserer Arbeit Beschwerde einzureichen, noch Entscheidungen nachvollziehbar chenden Petitionen gegenüber le zu klären. Hierbei ging es bei- auch Grenzen gesetzt; denn der bekannter und noch transparenter zu machen und die Petentinnen dem Vorjahr um circa 300 rück- spielsweise um Visaangelegenhei- Bundestag kann die Regierung gemacht werden. und Petenten in die läufig war, so waren die Fälle doch ten, das Aufenthaltsrecht, Behin- zwar ersuchen, dem Anliegen ei- Petitionen sind für Entscheidungsfin- nicht weniger tragisch. Doch auf- dertenwerkstätten oder die Vergü- ner Petition zu entsprechen – zu uns Abgeordnete Ein Mehr an dung noch besser grund des deutschen Asylrechts tung medizinischer Leistungen. In einem Handeln zwingen kann er wie Ideenboxen; Transparenz und einzubeziehen. Des- sowie der Dublin II- und der Dub- einem Fall wurde zusätzlich auch sie leider nicht. denn viele Petitio- Öffentlichkeit halb empfehle ich lin III-Verordnung wurden die Akteneinsicht genommen. – Dies Gerade, wenn es um die Modifi- nen zeigen uns auf, der eigenen dem neuen Aus- meisten Petitionen leider abge- alles geschah unter Ausschluss der zierung von Gesetzen geht, ist oft was bei einem neu- Arbeit würde schuss, sich von der lehnt. Öffentlichkeit. Anders ist es bei ei- ein langer Atem nötig. Umso en Gesetz in der wohltuend sein. starren Anzahl von Ich möchte jedoch von einem nem Ortstermin, der in der Öf- mehr freut mich die Mitteilung Praxis nicht funk- 50 000 Unterschrif- besonders ergreifenden und posi- fentlichkeit stattfindet, wie zum tioniert oder wo ten in vier Wochen, tiven Fall berichten. Es ging um ei- Beispiel der Ortstermin in der Ge- Einrichtungen und die für eine öffentli- ne Bleiberechtsregelung für eine meinde Karlsburg in Vorpom- Fortsetzung auf nächster Seite Verwaltungen des Bundes fehler- che Beratung laut Verfahrensricht- Jugendliche aus Somalia. Im Alter mern. haft arbeiten. linie erforderlich sind, zu lösen, von 14 Jahren vor dem Terror ge- Im Berichtsjahr führte der Aus- Der Petitionsausschuss war im um noch mehr öffentliche Bera- flohen, ihr Vater ermordet, die schuss zwei öffentliche Sitzungen Dies ist eine gekürzte Version der Debatte. Jahr 2016 wieder Anlaufpunkt für tungen durchführen zu können. Überfahrt nach Italien als Zeugin durch. Die Petentinnen und Pe- Das Plenarprotokoll und die vorliegenden viele Bürgerinnen und Bürger. 11 Hohe Zustimmung bei den Be- mehrerer Todesfälle an Bord nur tenten können hier ihr Anliegen Drucksachen sind im Volltext im Internet 236 Petitionen wurden neu einge- schlüssen, meist einstimmige Be- knapp überlebt, wurde sie in ei- dem Ausschuss und den Regie- abrufbar unter: reicht. Das sind weniger als in den schlüsse unseres Ausschusses sig- nem Flüchtlingscamp Opfer meh- rungsvertretern persönlich vortra- http://dip21.bundestag.de/dip21.web/bt Jahren zuvor. Die Ursachen dazu nalisieren der Bundesregierung, rerer sexueller Übergriffe und soll- gen. Eine Liveübertragung im Par- sind vielfältig. Ich denke aber dass wir der Auffassung sind, te schließlich zur Prostitution ge- lamentsfernsehen und die Einstel- Der Deutsche Bundestag stellt online die Übertragungen des nicht, dass die Menschen zufriede- zwingend Abhilfe zu schaffen, wo zwungen werden. Sie floh davor lung in die Mediathek des Bun- Parlamentfernsehens als Live-Video- und ner geworden sind. Um den Ursa- Gesetzesänderungen notwendig nach Deutschland. Hier erhielt sie destages stellen zudem mehr Öf- Audio-Übertragung zur Verfügung. chen auf den Grund zu gehen und sind. Doch leider ist festzustellen, erstmalig notwendige psychologi- fentlichkeit her. www.bundestag.de/live/tv/index.html unsere Arbeits- und Herangehens- dass die Zahl der hohen Voten an sche Unterstützung. Da sie jedoch Folgende Themen wurden unter 2 DEBATTENDOKUMENTATION Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

der Bundesregierung, dass einem die Betroffenen eine zusätzliche fi- gen, die 18. Wahlperiode geht zu kommenden Koalition auf den über den Bürgerinnen und Bür- Anliegen, zu dem der Ausschuss nanzielle Belastung. Seit dem 1. Ende. Es sei mir deshalb auch ein Weg mitgeben, dass – ich zitiere gern würden wohltuend für Abge- im Jahr 2014 ein hohes Votum an Januar 2017 ist gesetzlich geregelt, persönliches Wort als Ausschuss- aus dem Koalitionsvertrag – „le- ordnete und für die Petenten sein. die Bundesregierung gerichtet hat- dass eine Versicherungspflicht für vorsitzende gestattet. Zum einen bendige Demokratie und Bürger- Abschließend möchte ich alle te, vollständig entsprochen wurde. Waisenrentner mit Beitragsfreiheit möchte ich mich ganz herzlich bei beteiligung“ auch mit Leben er- Bürgerinnen und Bürger ermuti- Es handelt sich dabei um Kinder, bis zu den Altersgrenzen für die allen Ausschussmitgliedern, bei füllt werden müssen. gen: Nutzen Sie Ihr Petitionsrecht! die ein Elternteil verloren haben Familienversicherung besteht. Ich den Mitarbeiterinnen und Mitar- Der Petitionsausschuss – so ver- Es ist Ihr Recht! Lassen Sie sich da- und als Halbwaisenrentner aus denke, das ist ein Erfolg. beitern des Ausschussdienstes, den sichern alle Abgeordneten unseres bei von George Orwell leiten, der der Krankenversicherung des ver- Diese guten Nachrichten sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Ausschusses – sollte in einer De- sagte: Freiheit ist das Recht, ande- bliebenen Elternteils ausgegliedert uns Mitglieder bestärken, beharr- tern der Fraktionen und der Abge- mokratie und in der Politik kein ren zu sagen, was sie nicht hören werden. Sie mussten von ihrer lich und mit Nachdruck an der ordneten für die sachliche, kon- Nebenschauplatz sein. Ich denke, wollen. Rente selbst Beiträge an die Kran- Lösung der Probleme der Peten- struktive und gute Zusammenar- ein Mehr an Transparenz und Öf- kenkasse entrichten. Neben ihrem tinnen und Petenten zu arbeiten. beit bedanken. fentlichkeit der eigenen Arbeit schweren Schicksal war dies für Liebe Kolleginnen und Kolle- Zum anderen möchte ich der und ein Mehr an Vertrauen gegen- (Beifall im ganzen Hause)

Udo Schiefner, SPD: oft: Genau auf den Punkt ge- men auf den Weg zu bringen, um bracht! Warum haben wir das das Petitionsrecht zu modernisie- nicht längst schon so geregelt oder ren. Einer der wichtigsten so gesehen? Unsere Aufgabe ist es Sinkende Petitionszahlen wer- deshalb, die Hinweise der Bürge- den in Gesprächen hier und da so- rinnen und Bürger ernst zu neh- gar als Ausdruck großer Bürgerzu- Ausschüsse dieses Parlaments men, unvoreingenommen zu prü- friedenheit interpretiert. Ich finde, fen und aufzunehmen. Dabei soll- das ist ein Trugschluss, meine Da- ten wir als Politiker unsere eige- men und Herren. Im digitalen in diesem Ausschuss zu sein, und gorithmen abhängig. Petitionen nen Scheren im Kopf weglassen. Zeitalter wollen die Bürgerinnen ich habe noch keine Minute be- machen auch keine Ochsentour Anders als in den Fachausschüssen und Bürger ihre Anliegen direkter reut, diese Arbeit aufgenommen durch Parteiinstanzen. Was macht sollte sich meiner Meinung nach und schneller anbringen. Ich den- zu haben. Ich möchte jetzt, drei Petitionen aus? Einfache Anliegen unsere Arbeit nicht am klassischen ke, wir dürfen dieses Feld nicht Jahre später, aus voller Überzeu- der Menschen kommen direkt im Rollenverständnis von Koalition den Klickaktivisten überlassen. Sie gung wiederholen und bekräfti- Parlament an, landen beim Petiti- und Opposition orientieren. schmücken sich zwar mit dem La- gen, dass die Arbeit mir gezeigt onsausschuss und schließlich auf Unserer Aufgabe im Petitions- bel „Petitionen“, aber sie können hat: Der Petitionsausschuss bleibt unserem Schreibtisch. ausschuss werden wir gerecht, nur erregen; etwas verändern kön- für mich einer der wichtigsten Wir nehmen jede Petition ernst. wenn wir jedes Mal ganz genau nen nur wir hier in diesem Parla- Ausschüsse dieses Parlaments, Petitionen sind nicht wirkungslos. hinschauen und einzig die Sorgen ment. wenn er auch oftmals fern von Wir erfahren von Nebenwirkun- und Nöte der Petentinnen und Pe- Das ist die Aufgabe, liebe Kolle- Fernsehkameras und Mikrofonen gen der Gesetze, die wir verab- tenten in den Mittelpunkt stellen. ginnen und Kollegen. tagt. schieden. Wir erfahren, wo die Der Petitionsausschuss ist das Ich danke den Mitarbeiterinnen © DBT/Achim Melde Udo Schiefner (*1959) Aber warum eigentlich? Was ist Umsetzungen politischer Ent- zentrale Instrument echter Bürger- und Mitarbeitern des Petitionsre- Landesliste Nordrhein-Westfalen so besonders am Petitionsaus- scheidungen nicht rundlaufen, wo beteiligung auf Bundesebene. Un- ferates für ihre Arbeit und Ihnen schuss? nachgebessert werden muss. Dazu ser Petitionsrecht ist erfolgreich, hier im Saal für Ihre Aufmerksam- n meiner ersten Rede im Deut- Petitionen an den Deutschen brauchen wir die Informationen und das muss auch so bleiben. keit. schen Bundestag 2014 durfte Bundestag brauchen keinen „Dau- der Menschen. Sie sind der Grad- Die letzte große Reform des Petiti- Iich bereits zum Tätigkeitsbe- men hoch“ wie in sozialen Netz- messer für unser Tun. onsrechts fand jedoch vor zwölf richt des Petitionsausschusses werken, sie müssen nicht in klei- Die Masse der Petitionen ist Jahren unter SPD-Führung statt. sprechen. Ich habe damals als nen Filterblasen an die Oberfläche sehr konkret und durch klare und Einigen hier im Haus fehlt meiner neuer Abgeordneter gesagt: Es war blubbern. Echte Petitionen sind gute Argumente unterlegt. Wenn Meinung nach seitdem der Wille (Beifall bei der SPD sowie bei Abge- mir ein Herzenswunsch, Mitglied nicht von undurchschaubaren Al- ich Petitionen lese, denke ich mir und der Mut, wieder große Refor- ordneten der CDU/CSU)

Birgit Wöllert, DIE LINKE: fahrlässig und körperschädigend Gesetzentwurf zur Fortführung verhalten hat, sondern auch die der HIV-Stiftung im Gesund- Politik hinsichtlich ihrer Auf- heitsausschuss beraten wird – Sorgen und Nöte der Bürger sicht versagt hat. Genau darum darüber nachzudenken, auch et- geht es. Für die Betroffenen, die was für die Betroffenen, die mit mit dem HI-Virus infiziert wor- dem HC-Virus infiziert wurden, sollten im Mittelpunkt stehen den sind, wurde eine Lösung ge- zu tun. funden, indem man über eine Ich denke, das wäre in dieser Stiftung Entschädigungen auf Legislatur noch ein Punkt, der Nöte der Petentinnen und Pe- aufzubauen. den Weg gebracht hat; aber für zeigt, dass sich Petitionen loh- tenten sollten im Mittelpunkt Es geht mir um eine Gruppe die Gruppe der Menschen, die nen, der zeigt, dass es sich lohnt, unserer Arbeit stehen – unab- von Menschen, die wirklich gro- mit dem Hepatitis-C-Virus infi- dranzubleiben, dass man in jede hängig von der Fraktionszugehö- ße Sorgen und Nöte hat. Es geht ziert worden sind, gibt es bis Fraktion gehen kann und dass rigkeit. Ich finde, da hat er völlig um eine Petition der Deutschen heute keine Lösung. Obwohl sie sich dann etwas bewegen kann. recht. Das sollten wir unterstrei- Hämophiliegesellschaft, die genauso betroffen waren und bis Damit könnten wir unserer chen. Deshalb habe ich mich Menschen vertritt, die die Bluter- heute sind, wird ihre Forderung Demokratie vor den Wahlen entschieden, heute am Beispiel krankheit haben. Sie wurden in nicht erfüllt. noch einen Schub geben. Wir einer Petition zu erläutern, dass den 70er- und 80er-Jahren mit Das haben wir über alle Frak- könnten die Leute dann auffor- das möglich ist, die Regierung Präparaten versorgt, die mit Vi- tionen hinweg so gesehen. Des- dern: Bringt euch ein! Es lohnt dem aber trotzdem nicht unbe- ren verseucht waren, und zwar wegen haben wir gemeinsam ei- sich. dingt folgt. Damit komme ich mit HIV oder dem Hepatitis- ne Berichterstattung formuliert. auf das zurück, was unsere Vor- C-Virus. In vielen Bereichen Ich möchte hier und heute noch © DBT/Achim Melde Birgit Wöllert (*1950) sitzende gesagt hat: Wir können kannte man das noch nicht; aber einmal an die Bundesregierung Landesliste Brandenburg die Regierung auffordern; ob sie zumindest ab Anfang der 80er- und insbesondere das Bundesge- der Aufforderung folgt, bleibt Jahre war es möglich, durch Ver- sundheitsministerium appellie- ch kann nahtlos an die Aus- aber dahingestellt. Vielleicht fahren diese Viren abzutöten. In ren, der Aufforderung der Kolle- führungen meines Kollegen schaffen wir es heute, mit dem einem Untersuchungsausschuss ginnen und Kollegen des Petiti- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Ianknüpfen, der hier sagte, Ansprechen eines solchen The- wurde geklärt, dass sich hier onsausschusses zu folgen und Abgeordneten der SPD und des einzig und allein die Sorgen und mas, den notwendigen Druck nicht nur die Pharmaindustrie zeitnah – vielleicht, wenn der BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 DEBATTENDOKUMENTATION 3

Michael Vietz, CDU/CSU: Nationalismus und Chauvinismus konnten, beispielsweise beim sind auf dem Vormarsch. Die Meister-BAföG. In einer Petition Identifikation der Bevölkerung wurde die gesetzliche Anerken- Wir sind Resonanzboden und mit unserem Staatswesen, seine nung von Berufspraktika als Lehr- Akzeptanz, ist die wirksamste Waf- veranstaltungen im Sinne des – fe gegen diese Verirrungen. Der schwieriges Wort – Aufstiegsfort- Reparaturbetrieb gleichermaßen Petitionsausschuss ist hier ein bildungsförderungsgesetzes gefor- wichtiger Baustein unserer frei- dert. Damit wurde eine Lücke heitlichen Demokratie. deutlich, die bestand, aber so Die einen schieben es auf ver- ein gutes Beispiel dafür, wie man Wenn Sie mich fragen, welche nicht gewollt war. Am 26. Februar meintliche Konkurrenzangebote über Fraktionsgrenzen hinweg Petitionen mir aus den letzten letzten Jahres wurde daher ein im Netz, andere darauf, dass Peti- konstruktiv im Sinne unserer Be- Jahren in Erinnerung geblieben Kompromissvorschlag zur Novel- tionen zu wenig bekannt seien, völkerung zusammenarbeitet, bei sind, dann kommen schon einige lierung des Meister-BAföG be- obwohl Hunderttausende im Jahr allen vorhandenen politischen zusammen. Aber nur zwei Beispie- schlossen. Seit dem 1. August eine solche unterschreiben. Das Unterschieden, die auch wir nicht le. 2016 können nun die Auszubil- mag alles zum Teil eine Ursache wegdiskutieren können. Ein herz- Das erste: die Sommerzeit, ein denden an Fachschulen in ganz sein. Lieber Kollege Schiefner, liches Dankeschön daher an alle Dauerbrenner. Viele Menschen Deutschland BAföG für die gesam- auch wenn ich dir ungern wider- Kolleginnen und Kollegen für die- empfinden die Zeitumstellung als te Zeit der Ausbildung beziehen. spreche, muss ich sagen: Für mich ses gute Miteinander, das – gerade große Belastung, der kein bis bes- Praktische Hilfe, direkte Hilfe besteht tatsächlich kein Zweifel mittwochs in der Früh – nicht im- tenfalls ein sehr geringer Nutzen durch den Petitionsausschuss! daran, dass dies zu einem großen mer selbstverständlich ist. gegenübersteht. Manche nervt es, Hier zeigt sich: Durch unseren Teil schlichtweg daran liegt, dass Vielen Dank auch an unsere manche haben damit echte ge- beharrlichen Einsatz konnte eine © DBT/Achim Melde Michael Vietz (*1968) die Menschen in unserem Land Ausschussvorsitzende Kersten sundheitliche Probleme. Halb- Gesetzeslücke sinnvoll geschlossen Landesliste Niedersachsen dank der guten Arbeit von uns al- Steinke für ihre ruhige und sachli- jährlich, pünktlich nach der jewei- werden. Das Meister-BAföG – ich len, des Deutschen Bundestages che Leitung der Sitzungen; aber ligen Umstellung, erreichen den erwähnte es – ist ein positives Bei- edermann hat das Recht, sich und der Bundesregierung, von vor allem und im Besonderen ei- Bundestag daher zahlreiche Peti- spiel für die Arbeit des Petitions- einzeln oder in Gemeinschaft Jahr zu Jahr zufriedener sind. nen herzlichen Dank an die Mitar- tionen, die auf eine Abschaffung ausschusses. Wir betreiben Finet- Jmit anderen schriftlich mit Bit- Vielleicht ist es ein Problem, beiterinnen und Mitarbeiter des drängen. Leider können wir hier uning. ten oder Beschwerden an die zu- dass wir mehr Wert auf Bitten und Ausschussdienstes, die uns mit ho- nicht direkt einwirken. Die Kom- Im Ausschuss erfahren wir täg- ständigen Stellen und an die Beschwerden und weniger Wert her Kompetenz zuarbeiten, mit ei- petenz für die Zeit liegt in Europa, lich die Sicht der Menschen auf Volksvertretung zu wenden. auf Lob legen. ner Geduld, um die sie der sprich- weswegen wir diese Petitionen zur die Ergebnisse der großen Politik, Artikel 17 des Grundgesetzes Der Petitionsausschuss ist und wörtliche Engel beneiden kann. Unterstützung entsprechender Ini- ihre Erfahrungen mit unseren Be- klingt so selbstverständlich, so ba- bleibt der heiße Draht zwischen Wir alle nehmen die Anliegen tiativen regelmäßig und einver- schlüssen. Wir sind Resonanzbo- nal. Das ist er aber nicht. In vielen Bürgern und Parlament. Hier wird unserer Mitbürger ernst. Das ge- nehmlich an unsere Kollegen des den und Reparaturbetrieb glei- Staaten existiert kein solches jede Petition sorgfältig geprüft, re- bietet der Respekt vor unserem Europäischen Parlaments weiter- chermaßen. Wir erfahren auch Grundrecht, sich bei staatlichen cherchiert und abgewogen. Ab- Volk, unserem Souverän. Das ist geben. Auch die eine oder andere und gerade über unseren Wahl- Stellen Gehör verschaffen zu kön- schließend wird dann demokra- das Fundament unserer freiheit- Fraktion hat sich unter diesem kreis hinaus, was die Menschen in nen, und es gibt auch keine in der tisch eine Entscheidung gefällt. lich-demokratischen Grundord- Eindruck des Themas angenom- unserem Land bewegt, was sie be- Verfassung verankerte Pflicht des Deshalb hat der Begriff „Petition“ nung. Dieser gegenseitige Respekt men, hat Position bezogen und rührt, belastet und umtreibt. Parlaments, einen Ausschuss zur auch solch einen guten Ruf. Hier ist ein nicht zu unterschätzender die Regierung aufgefordert, auf Meine Damen und Herren, lie- Behandlung dieser Anliegen ein- im Bundestag ist es gleich – auch Faktor für die Stabilität unseres Ebene der Europäischen Union be Kolleginnen und Kollegen, Pe- zurichten. Das sollten wir uns im- das haben wir schon gehört –, ob Landes. Er erhält und mehrt die Einfluss zu nehmen – Ziel: die gel- titionen sind Berufung, und dieser mer vor Augen führen, wenn wir eine Petition von einem Einzel- Akzeptanz der Politik in der Be- tende Zeitumstellung abzuschaf- Berufung folgen wir alle von Her- einmal im Jahr als Parlament auf nen, von 10 000 oder von mehr völkerung. Was es bedeutet und fen. Hier diente der Petitionsaus- zen – gestern, heute und morgen. die Arbeit unseres Petitionsaus- Menschen eingereicht wird. Wir wohin es führt, wenn sich Men- schuss, wir alle, als steter Tropfen schusses blicken. befassen uns mit jeder, und wir schen nicht ernst genommen füh- und als Inspiration. Wir kümmern uns in erster Li- prüfen jedes Anliegen. len, erleben wir gerade bei einigen Daneben gibt es viele Petitio- (Beifall bei der CDU/CSU und der nie um die alltäglichen Sorgen Der Petitionsausschuss ist auch unserer Nachbarn: Populismus, nen, wo wir direkt einwirken SPD) und Nöte, um die Anliegen und Anregungen der Bürgerinnen und Bürger. Wir machen Politik im Kleinen, Politik für den Einzelnen. Auch wenn wir nicht die großen Gesetzentwürfe beraten, befassen wir uns doch ganz konkret mit den Lebensumständen unserer Be- völkerung, mit ihrer Sicht auf die Dinge. Wie wir alle aus unserer täglichen Arbeit wissen, haben die Menschen in unserem Land tat- sächlich keine Berührungsängste hinsichtlich ihrer Abgeordneten oder Institutionen. Sie wenden sich ausgiebig an ihre Wahlkreis- vertreter, an die Ministerien oder an den Deutschen Bundestag. 11 236 Eingaben wurden allein im letzten Jahr an uns gerichtet – zum Teil von Einzelpersonen, in vielen Fällen von mehreren unter- stützt, mal von wenigen Hundert, mal von Zigtausenden. 12 317 Eingaben wurden 2016 durch den Ausschuss abschließend behan- delt, 743 davon in Einzelberatung des Ausschusses. Zurzeit – das wurde schon ge- sagt – erleben wir einen leichten Mitglieder des Petitionsausschusses absolvieren auch Ortstermine, um sich mit den Eingaben der Bürger auseinanderzusetzen. Bei dem hier zu sehen- Rückgang der Zahl der Petitionen. den Termin in Karlsburg (Mecklenburg-Vorpommern) ging es um Probleme mit dem Bahnübergang. © Deutscher Bundestag/Marco Urban 4 DEBATTENDOKUMENTATION Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

Corinna Rüffer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: tativ für andere, die wir bekom- den, sie liegt auf Halde. Nun men –: Es kommt der Petent zu uns und ... ist sehr, sehr selten, dass eine fragt wieder und immer wieder: Der Petitionsausschuss Petition an den Bundestag über- Was macht denn der Petitionsaus- haupt das Quorum von 50.000 schuss mit unserer Petition? Wa- UnterzeichnerInnen erreicht. ... rum haben wir sie überhaupt ein- muss attraktiver werden Die Folge: Die Ausschussmitglie- gereicht? – Dieser Umgang mit Pe- der müssen sich mit BürgerInnen titionen schürt den Frust und nicht unterhalten. Und nun wird stärkt nicht das Vertrauen in dieses ran haben, Menschen im Einzel- hatten gestern eine Pressekonfe- ausgerechnet eine Petition ge- Parlament in Gänze. fall zur Seite zu stehen und Lösun- renz, und du hast dort etwas Gu- blockt Das müsste für uns eine Heraus- gen zu finden, wenn Not da ist. tes gesagt, nämlich dass du der – „nicht veröffentlicht“ ist ge- forderung sein. Wir alle wissen Hinter vielen Petitionen stehen ei- Meinung bist, dass nicht nur der meint –, doch, dass in diesem Land ganz ne große Not und Existenzfragen. Koalitionsvertrag darüber ent- die so vorbereitet war, dass sie viel Verdruss herrscht. Herr Vietz, Wir versuchen, uns dessen anzu- scheiden sollte, was wir tun und gute Chancen hat- ich muss Ihnen sa- nehmen, und wir tun wirklich un- wie wir im Petitionsausschuss ent- te, dieses Quorum gen: 2015 gab es 13 ser Bestes. scheiden. Ich frage dich: Warum zu knacken. Im- 000 Petitionen. Das Der Petitionsausschuss ist aber tut ihr das dann nicht? Warum merhin hatte eine Das Petitions- war so wenig wie – das muss man durchaus auch entscheidet ihr so häufig nach La- ähnliche Petition wesen ist männ- seit 30 Jahren nicht sagen – aus meiner Sicht noch im- ge des Koalitionsvertrages und auf der Plattform lich. Bestimmte mehr. 2016 wurden mer viel zu sehr ein Kummerkas- nicht nach der Sache und danach, Change.org Gruppen sind noch knapp 11 000 ten, und er wird auch so wahrge- was eigentlich geboten wäre? Ich – hören Sie ein- Petitionen einge- © DBT/Achim Melde einfach unterre- Corinna Rüffer (*1975) nommen. weiß, wie weh euch, der Sozialde- mal zu – präsentiert. reicht. Und das liegt Landesliste Rheinland-Pfalz Jedes Jahr, wenn dieser Jahresbe- mokratie, das tut, aber ich finde, über 126 000 nicht daran, dass richt ansteht, rufen Journalisten ihr könntet hier einfach auch ein- UnterzeichnerIn- die Menschen in uch Ihnen da oben: Herz- an. Sie interessieren sich dann mal ein bisschen mutiger sein und nen. Zufall, dass diesem Land so froh lich willkommen! Es ha- auch einmal für den Petitionsaus- solltet euch der großen Union der Bundestag die jetzt nicht on- und glücklich sind. Aben ja schon einige gesagt: schuss und stellen immer nur nicht ständig unterordnen. Wenn line stellt? Oder Unwillen, mit Vielmehr hat es auch damit zu Das ist der letzte Jahresbericht in ganz wenige Fragen, und zwar je- der Schulz im September noch ei- den Menschen da draußen in tun – die Welt ist kompliziert –, dieser Legislaturperiode, der hier des Jahr die gleichen. Dazu gehört ne Chance haben soll, dann wäre Kontakt zu kommen? dass die Menschen nicht mehr da- debattiert wird. Einmal im Jahr die Frage: Sind Sie hier nicht ei- das vielleicht einmal ein Anfang. Wenn es das ist, was vom Petiti- mit rechnen, dass sich dieses Par- steht der Petitionsausschuss im gentlich der Kummerkasten? – Ei- Herr Baumann, Ihnen ist es im- onsausschuss bei den Menschen lament mit ihren Nöten ernsthaft Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. ne zweite Frage ist: Warum sind mer ganz wichtig – ich nehme Ih- ankommt, dann haben wir ein beschäftigt. Das ist eine Gelegenheit, Resümee Sie eigentlich im Petitionsaus- nen das wirklich ab; Sie sind echt Problem. Dann müssen wir tat- Das aber ist unsere Aufgabe, zu ziehen, ein Stück weit zurück- schuss gelandet? Da will doch ei- ein Aufrechter –, dass Sie den Peti- sächlich daran arbeiten, dass wir und das ist vor allen Dingen die zublicken und zu schauen: Was ist gentlich keiner rein. tionsausschuss verteidigen und ge- besser werden, dass die Bürgerin- Aufgabe des Petitionsausschusses. in den letzten Jahren passiert? Was Ich kann für mich und alle mei- genüber den privaten Plattformen nen und Bürger das Gefühl gewin- Herr Baumann, in einem Punkt haben wir gelernt? Und: Was soll- ne Kollegen im Petitionsausschuss positiv darstellen. Sie finden dabei nen, dass wir Interesse an ihnen sind wir uns wieder einig: Wir bei- ten wir alle gemein- sagen, dass wir uns immer eine Abgrenzung. Gestern haben, dass wir Lust auf ihre Ide- de halten doch den Petitionsaus- sam vielleicht dazu- bewusst dafür ent- haben Sie gesagt: Die privaten en haben und darauf, mit ihnen schuss für die Perle der Demokra- lernen? schieden haben. Plattformen – Change.org, open- in Kontakt zu treten. tie. Ich sage: potenziell. Ich halte Meine Vorredner Wir Wir sind Leute, die Petition usw. – sind eigentlich nur Ich möchte noch ein Beispiel diesen Ausschuss wie alle, die hier und Vorrednerinnen brauchen mehr Kärrnerarbeit ma- Mogelpackungen. Sie geben nur nennen: die TTIP-Petition. Dabei geredet haben, für ungemein haben schon einiges öffentliche chen, sich für Men- etwas vor, was sie nicht halten geht es darum, dass Deutschland wichtig. Aber ich finde, wir dürfen gesagt. Sie haben Beratungen. Wir schen interessieren können. das Freihandelsabkommen zwi- ihn nicht verkümmern lassen. gelobt und viel Po- brauchen mehr und versuchen, wie Sie sagen auch immer: Wir sind schen den USA auf der einen Seite Die letzte große Reform wurde sitives gesagt. Einem Barrierefreiheit. gesagt, Lösungen das Original. Nur wir geben die und der Europäischen Union auf vor zwölf Jahren durchgeführt; Lob möchte ich für schwierige Le- Garantie, dass tatsächlich an die- der anderen Seite ablehnen soll. Udo Schiefner hat das schon ge- mich auf jeden Fall benslagen zu fin- sen Petitionen gearbeitet wird und 68 000 Menschen haben dazu ei- sagt. Es ist an der Zeit, dass wir anschließen, näm- den. am Ende eine politische Entschei- ne Petition unterzeichnet. Es ist uns weiterentwickeln. Wir müssen lich dem Lob an den Ausschuss- Trotzdem muss man, glaube dung steht. dann zu einer öffentlichen Aus- gucken, wie wir das Herz dieses dienst, der wirklich unermüdlich ich, auch einmal ein bisschen Es wäre ja schön, wenn das so schusssitzung gekommen. Wissen Parlamentes, den Petitionsaus- Tausende von Akten mit Akribie selbstkritisch sein und die Frage wäre und wenn die Petenten das Sie noch, wann das war? Im Okto- schuss, attraktiver machen. behandelt. Davor muss man den stellen, ob wir nicht auch selber wirklich auch so wahrnehmen ber 2014. Das ist schon eine Weile Wir brauchen mehr Transpa- Hut ziehen. Ich glaube, man sollte Ursache dafür sind, dass dieser Pe- würden. Ich will jetzt einmal aus her, das war faktisch am Anfang renz. Wir brauchen mehr öffentli- allen Petentinnen und Petenten titionsausschuss so etwas wie ein einer typischen Mail vorlesen, die der Legislatur. Was ist seitdem pas- che Beratungen. Wir brauchen auch noch einmal mit auf den Schattendasein fristet, was die Auf- uns erreicht hat – es ist nur eine siert? Nichts! Wir haben über die- mehr Barrierefreiheit. Das Petiti- Weg geben, dass die Abgeordneten merksamkeit anbelangt. Das gilt einzige Mail, aber sie ist repräsen- se Petition noch nicht entschie- onswesen in Deutschland ist nicht die Einzigen sind, die hier auch für die Aufmerksamkeit hier männlich. Bestimmte Gruppen arbeiten, sondern auch die Mitar- im Parlament: Was wissen denn sind einfach unterrepräsentiert. beiterinnen und Mitarbeiter, die diejenigen, die nicht im Petitions- Das darf nicht sein, weil die Grup- Großartiges geleistet haben. ausschuss sind, über die Arbeit in pen, an die ich gerade denke, oft Aber auch ganz viele von uns unserem Ausschuss? Wann sind die größten Sorgen in diesem hier, von den Abgeordneten, ha- denn einmal Petitionen Gegen- Land haben. Sie finden sich aber ben sich wirklich reingehängt. Ei- stand von Debatten hier im Deut- in den Akten, die wir jeden Tag genlob stinkt; deswegen greife ich schen Bundestag? Welche Rolle behandeln, nicht wieder. Wenn einmal zwei Namen heraus, näm- spielen sie denn eigentlich? wir gegen Verdruss vorgehen wol- lich auf der einen Seite Frau Herr Vietz, wir sagen dann: Wir len, dann müssen wir uns weiter- Stamm-Fibich und auf der ande- wissen, wo den Leuten der Schuh entwickeln. ren Seite Frau Weiss von der Uni- drückt. – Aber ich will, dass alle Ich sage ganz deutlich: Diese on, die sich dadurch auszeichnen, Menschen, die hier auf diesen Demokratie ist angegriffen. Der dass sie Berichterstattergespräche blauen Sesseln sitzen, wissen, wo Petitionsausschuss muss seinen beantragt, in diesen wirklich ganz den Menschen der Schuh drückt, Beitrag dazu leisten, dass sich das klug nachgefragt und ganz vielen weil wir der Gesetzgeber sind, und endlich wieder ändert. Leuten im Einzelfall geholfen ha- wir sollten das wissen. Wir sind ja ben. für die Menschen da – und nicht Ich glaube, es zeichnet den Peti- umgekehrt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abge- tionsausschuss aus, dass darin Herr Schiefner, lieber Udo, jetzt Auch Onlineplattformen rufen zu Petitionen auf, haben aber in der Regel Leute sitzen, die ein Interesse da- spreche ich dich einmal an. Wir nichts mit dem Bundestag zu tun. © dpa ordneten der SPD) Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 DEBATTENDOKUMENTATION 5

Martin Stamm-Fibich, SPD: tun müssen: Wir haben es sehr Möglichkeit, sich mit seinem An- ernst genommen, und wir haben liegen direkt an das Parlament zu gesehen, wo die Missstände lie- wenden, und sie zeigen übrigens Politisches Stimmungsbarometer gen. Darauf, liebe Kolleginnen auch, dass es zu dem Petitionsver- und Kollegen, bin ich stolz. Da- fahren beim Deutschen Bundestag rauf weise ich auch in jeder Rede weder eine ernstzunehmende und der Anwalt der Bürger hin, und Ihr Lob hat sehr gutge- noch eine effektive Alternative tan, Kollegin Rüffer. Ich weiß, dass gibt. es schwierig ist, auf diesen Aus- Für solche Erfolge gibt es jedoch gemerkt: Es ist das einzige Gesetz Sozialdemokraten wollen ein soli- schuss hinzuweisen, aber ich tue eine wesentliche Bedingung: Wir dieser Legislatur im Gesundheits- darisches Gesundheitssystem. Ge- es immer wieder, und im Gesund- müssen fraktionsübergreifend für bereich, das nicht im Koalitions- sundheit darf nicht vom Einkom- heitsbereich können wir oft da- alle Petentinnen und Petenten zu- vertrag vereinbart war. men abhängen. Alle Patientinnen rauf verweisen, dass wir aus dem sammenarbeiten. Koalitionsverträ- Den Ausschlag gab eine Petition und Patienten müssen davon aus- Ausschuss heraus die Gesetzge- ge können dabei nicht der alleini- beim Deutschen Bundestag zum gehen können, dass sie durch ihre bung geändert oder entsprechend ge Maßstab sein. Thema Inkontinenzversorgung. In Krankenkasse ordentlich versorgt veranlasst haben. Für die Zukunft wünsche ich dieser Petition wurde auf massive werden. Wir haben mit diesem Gesetz mir deshalb, dass wir noch stärker Missstände in der Versorgung mit Also erarbeiteten wir entspre- Transparenz geschaffen. Wir wol- die jeweilige Sachfrage in den Mit- aufsaugenden Hilfsmitteln hinge- chende Positionspapiere, die das len zukünftig Klarheit darüber, telpunkt unserer Arbeit stellen. wiesen. Ein Großteil der Kranken- Gesundheitsministerium aufgriff. was die Menschen zuzahlen müs- Apropos Zukunft: Wir von der kassen arbeitet bei der Versorgung Der Petitionsausschuss beschloss sen. SPD wollen, dass der Petitionsaus- mit Inkontinenzprodukten inzwi- dann einstimmig, die Petition an Diese Erfolgsgeschichte ist schuss seine Funktion als Anwalt © DBT/Achim Melde Martina Stamm-Fibich (*1965) schen mit Pauschalen. Diese Pau- die Bundesregierung bzw. das Ge- wahrlich nicht die einzige. Frau aller Bürgerinnen und Bürger und Landesliste Bayern schalen reichen bei weitem nicht sundheitsministerium zur Erwä- Steinke, Sie haben darauf hinge- als Instrument der direktdemokra- aus, um die Versicherten mit ver- gung zu überweisen und sie dem wiesen. Wir sind bei den Epilep- tischen Teilhabe noch besser erfül- er Petitionsausschuss ist nünftigen Produkten zu versor- Patientenbeauftragten der Bundes- siemedikamenten und vor allem len kann. Dazu müssen wir eben- für mich das politische gen. Patientinnen und Patienten regierung zuzuleiten. bei der Verordnungs- und Erstat- diese Teilhabe erleichtern, die DStimmungsbarometer berichteten davon, dass sie nur ei- Das Ministerium reagierte sehr tungsfähigkeit von Cannabis als Handlungsmöglichkeiten des Peti- und der Anwalt der Bürgerinnen ne knapp bemessene Menge ein- schnell auf einen entsprechenden Medizin – das ist ein sehr wichti- tionsausschusses ausweiten und und Bürger. Das ist aber nicht al- fachster Produkte als Sachleistung Beschluss des Bundestages, und ges Thema – weitergekommen. Da mehr Öffentlichkeit herstellen. les. ihrer Krankenkasse angeboten be- zwar mit der Mitteilung, dass dazu haben wir zusammen – das ist der Ich finde, es ist an der Zeit, et- Dazu eine Erfolgsgeschichte aus kommen hätten, und die gewohn- ein Gesetzentwurf in Arbeit ist: Union sicherlich nicht sehr leicht- was Neues zu wagen und das Peti- diesem Jahr, die diese einzigartige te Qualität und Menge sollten sie der Entwurf zum Heil- und Hilfs- gefallen – den richtigen Weg ge- tionswesen weiter strukturell zu Möglichkeit der direkten politi- künftig nur gegen eine private Zu- mittelgesetz. Das Gesetz haben funden und das richtige Gesetz ge- stärken. schen Teilhabe auf Bundesebene zahlung erhalten können. Wegen wir am 16. Februar 2017 beschlos- macht. deutlich macht. Es ist die beein- solcher inakzeptablen Verhältnisse sen. Diese Geschichten sind beispiel- druckende Geschichte einer Petiti- haben wir das Heil- und Hilfsmit- Ich finde, das ist eine Erfolgsge- haft. Petitionen bieten jedem (Beifall bei der SPD sowie bei Abge- on, die schließlich zur Verabschie- telgesetz auf den Weg gebracht. schichte, die wir selten erleben. Menschen unabhängig vom Alter ordneten der CDU/CSU, der LINKEN dung eines Gesetzes führte. Wohl- Wir Sozialdemokratinnen und Aber auch wenn wir da noch viel oder der Staatsangehörigkeit die und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kerstin Kassner, DIE LINKE: ich darin, dass wir im Petitions- Ministerium sozusagen zu den Ak- ausschuss öffentlich debattieren, ten gelegt. Mir ist der Fall eines also alle Ausschusssitzungen öf- Handwerksmeisters bekannt, der Wir müssen Menschen Mut fentlich machen. Nun fragt viel- dann einfach aufgegeben hat, ob- leicht jemand: Steht dem nicht wohl er in seiner Situation sehr der Datenschutz entgegen? Viel- wohl Hilfe und Unterstützung ge- machen, sich an uns zu wenden leicht wird auch gesagt, es sei braucht hätte. Deswegen sollten nicht lohnenswert, über jede Peti- wir uns auch dieser Petitionen un- tion öffentlich zu diskutieren. Al- bedingt annehmen. Anliegen umzusetzen bzw. Lö- leginnen und Kollegen, ich nehme ternativ gibt es die Möglichkeit, Ich komme zur dritten Möglich- sungsvorschläge zu finden. an, dass alle Anwesenden wissen, das Quorum deutlich zu senken. keit. Liebe Kolleginnen und Kolle- Nun haben wir festgestellt, dass dass wir jede Woche über die Peti- Nicht die Unterstützung durch 50 gen, wir haben an vielen Stellen im Jahr 2016 weniger Petitionen tionen hier im Hohen Haus bera- 000 Bürgerinnen und Bürger soll- gemerkt, wie wichtig uns die Frage eingegangen sind als in den Jah- ten. Da gibt es Drucksachen und te dann die zwingende Hürde ist, ob wir uns wirklich zum An- ren davor. Im Jahr 2005 gab es Sammellisten, und über die stim- sein, sondern wir sollten die Zahl walt der Bürgerinnen und Bürger über 22 000 Sorgen und Proble- men wir dann ab. Was sich dahin- deutlich verringern, damit mehr – und nicht zum Anwalt der Mi- me, die an uns herangetragen wur- ter verbirgt, wird noch nicht ein- Petitionen öffentlich und für die nisterien oder der nachgeordneten den. Woran lag das? Ich bin der mal jedem Kollegen hier im Haus Bürgerinnen und Bürger nachvoll- Ämter – machen, vor die wir uns Meinung, dass es nicht daran liegt, bewusst sein, geschweige denn ziehbar diskutiert werden können. schützend stellen müssen. Wir dass die Bürgerinnen und Bürger den Bürgerinnen und Bürgern, die Die zweite Möglichkeit, tatsäch- sind für die Bürgerinnen und Bür- keine Probleme mehr haben. uns vielleicht am Fernseher bei lich viel zu verändern, besteht in ger da, und das muss auch deut- Nein, in über 11 000 Petitionen der Arbeit zusehen. Deshalb frage der Art der Erledigung der Petitio- lich werden. © DBT/Achim Melde Kerstin Kassner (*1958) gibt es viele Sorgen und Probleme, ich: Warum sollten wir hier in die- nen. Wer genau in den Bericht Wir haben am 29. Mai die Mög- Landesliste Mecklenburg-Vorpommern derer wir uns annehmen müssen. sem Hohen Haus nicht öfter ein- schaut, wird feststellen, dass nur lichkeit, mit einer gemeinsamen Ich denke aber, dass wir es in mal Petitionen exemplarisch dis- etwas mehr als 6 Prozent der Peti- Beratung neue Intentionen für un- er Petitionsausschuss ist Bezug auf die Art und Weise, wie kutieren? Das haben wir in der tionen so beschieden wurden, sere Arbeit zu setzen. Das sollten der Ausschuss des Deut- wir die Aufgaben erfüllen, in der vergangenen Legislaturperiode ein dass die Wünsche der Petenten be- wir angehen; wir sollten das nut- Dschen Bundestages, der Hand haben, die Arbeit noch wei- einziges Mal gemacht. Erinnern dacht wurden. Leider wurden über zen. Ich freue mich auf die Debat- am dichtesten an den Sorgen und ter zu qualifizieren und damit den Sie sich noch? Es ging um die Ab- 35 Prozent der Petitionen nicht te und möchte mich für die gute Problemen der Bürgerinnen und Bürgerinnen und Bürgern auch schaffung der Sanktionen. 90 000 im Sinne der Petenten beschieden. Zusammenarbeit bei allen bedan- Bürger dran ist. Umgekehrt ist er Mut zu machen, die Hürden zu Menschen hatten diese Petition Das hat vielfältige Ursachen. Was ken, ganz besonders aber bei un- auch der Ausschuss, wo sich die nehmen, sich an uns zu wenden. unterstützt. An der Sache haben mir aber überhaupt nicht gefällt, serem Ausschusssekretariat. Bürgerinnen und Bürger am un- Dazu will ich einmal drei Mög- wir leider nichts ändern können. ist, dass über 33 Prozent der Peti- kompliziertesten einbringen und lichkeiten exemplarisch benen- – Also da sollten wir uns an die ei- tionen – also etwa jede dritte – die Thematik, die dort beraten nen. gene Nase fassen und konsequen- dem Parlament gar nicht vorgelegt wird, mitgestalten können. Wir al- Die erste Möglichkeit besteht ter werden. werden. Sie werden, sobald sie (Beifall bei der LINKEN, der SPD und le machen die Arbeit dort mit viel darin, dass wir die Transparenz Eine weitere Möglichkeit zur eingegangen sind, mit einer Stel- dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie Engagement und versuchen, ihre unserer Arbeit erhöhen. Liebe Kol- Verbesserung der Transparenz sehe lungnahme aus dem betroffenen bei Abgeordneten der CDU/CSU) 6 DEBATTENDOKUMENTATION Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

Iris Eberl, CDU/CSU: wicklung für sehr bedenklich. hin man schaut: Löwenzähne und Nun komme ich zu meinem blühende Rapsfelder, gelb, gelb letzten, ganz persönlichen Punkt. und noch einmal gelb. Das Land- Petitionen bei Onlineportalen Lieber Herr Baumann, lieber Gün- schaftsbild schreit geradezu nach ter, als letzte Rednerin der CDU/ einer anderen Farbe, was doch CSU-Fraktion will ich mein Wort auch wieder für eine Vereinheitli- erreichen das Parlament nicht an dich richten. Du wirst als Vor- chung der vielen und damit nicht sitzender unserer Arbeitsgruppe aussagekräftigen Autofarben sprä- bald deinen Platz räumen. Fast 15 che. Aber aus Sicherheitsgründen Kinder unter acht Jahre müssen ren tauchen immer mehr Online- Jahre hast du unsere Arbeitsgrup- müsste es eben die Komplemen- mit ihrem Fahrrad auf dem Geh- portale für Kampagnen auf, die pe mit Kompetenz, Umsicht und tärfarbe von gelb sein: blau. En- weg fahren; das ist die Vorschrift. auch Petitionen namentlich er- Begeisterung durch die unter- zianblau oder vielleicht himmel- Ein Petent forderte, dass sie dort wähnen. Für Nichtjuristen ist das schiedlichsten Höhen und Tiefen blau, nein, CSU-blau müsste es auch von ihren Eltern per Fahrrad verwirrend. Diese alternativen Pe- unserer Ansichten ge- sein. CSU-blau begleitet werden dürfen. Ansons- titionsplattformen mögen Peten- führt – humorvoll, sollten wir alle ten könnten die Eltern ihrer Auf- ten dazu verleiten, dort ihre Peti- geradlinig, streitlustig umlackieren, die sichtspflicht nicht angemessen tionen einzureichen, wie wir heu- in der Sache und im- So verliert roten und die nachkommen. Der Ausschuss bat te schon mehrfach gehört haben. mer ausgleichend. das Petitions- grünen Autos, lie- das Verkehrsministerium um Stel- Diese Petenten halten ein solches Eine Petition will recht seine ber Günter. Ich lungnahme. Die Antwort lautete: Vorgehen vielleicht für effektiver, ich gerne ansprechen. ehrwürdige Rolle hoffe, du kannst Die Anregung des Petenten wird als sich mit ihrem Anliegen direkt Sie lag lange vor mei- eines meinem Vor- bei der nächsten Änderung der an den Bundestag zu wenden. ner Zeit; vielleicht schlag einiges ab- © DBT/Achim Melde Grundrechts. Iris Eberl (*1958) Straßenverkehrs-Ordnung sofort Kein Wunder – ich zitiere sinnge- kann ich dir damit ei- gewinnen. Leider Landesliste Bayern umgesetzt. – Seit Dezember 2016 mäß aus den betreffenden Inter- ne kleine Freude be- können wir ihn ist dem Anliegen des Petenten ent- netseiten –: Wir wenden uns mit reiten. Wie man mir im Detail mit mir anche Tage sind besser, sprochen. So ist Alexander Dob- Onlineappellen direkt an die Ver- erzählte, hast du unerschrocken am Pult nicht länger beraten; manche schlechter. rindt, ein Mann mit einem Herz antwortlichen in Parlamenten, Re- gegen eine einheitliche Farbge- denn meine Redezeit ist jetzt zu MMein Mittwoch in Ber- für Kinder. gierungen und Konzernen etc. Wir bung für alle deutschen Autos ge- Ende. Es wäre auch nutzlos; denn lin ist selten sehr gut; denn die Sit- Diese Petition ist ein wunderba- schmieden Bündnisse, tragen un- kämpft. die Petition ist schon lange abge- zung des Petitionsausschusses be- res Beispiel dafür, wofür das Petiti- seren Protest auf die Straße etc., Zitronengelb sollten sie werden, schlossen. ginnt schon um 8 Uhr in der onsrecht steht. Jedoch sind die mit großen Demonstrationen etc. nach dem Willen des Petenten. Lieber Günter, ich wünsche dir Früh. Sorgen der Petenten selten so klar – Das klingt beeindruckend und Seine Begründung war: Mit ein- alles Gute in einem langen und Heute Morgen wäre ich fast zu zu beschreiben, vor allem dann demonstriert Macht. Aber Petitio- heitlich gelber Farbe würden Un- glücklichen Ruhestand. Herzli- spät gekommen. Meine Zahnbürs- nicht, wenn sie das Sozialrecht nen, die dort landen, erreichen fälle vermieden, das Landschafts- chen Dank für alles, für deinen te hat noch Winterzeit. Web 4.0 und Einzelfälle betreffen. Gerade den Bundestag nie. Sie versinken bild würde verbessert, und vor al- Einsatz und ganz persönlich für hat sie noch nicht erreicht. Gegen deshalb ist das Petitionsrecht als eher im Nirgendwo des Internets, lem würden Ost und West besser deine Geduld mit mir als Newco- meine händischen Bemühungen, ein im Grundgesetz verankertes vor allem dann, wenn sie nicht zusammenwachsen. merin. sie auf Sommerzeit umzustellen, Recht für jedermann so wichtig. zum Meinungsbild des Plattform- Ost und West sind bereits zu- hat sie sich bisher erfolgreich zur Der Petitionsausschuss ist eben betreibers passen. So verliert das sammengewachsen. Wer etwas an- Wehr gesetzt. Ich schließe mich kein altmodischer Kummerkasten. Petitionsrecht seine ehrwürdige deres behauptet, der lügt. Was die (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei damit nun endgültig der mehr- Jeder soll seinen Kummer bis auf Rolle eines Grundrechts und wird beiden anderen Gründe betrifft: Abgeordneten der SPD und der heitlichen Meinung an. Mehr als die höchsten Spitzen des Elfen- von nicht greifbaren Scheinrech- Das geht in Bayern derzeit gar LINKEN und der Abg. Corinna Rüffer 70 Prozent der Bevölkerung wol- beinturmes tragen können. Nie- ten ersetzt. Ich halte diese Ent- nicht. Die Landschaft ist gelb; wo- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) len die Zeitumstellung abschaffen. mand interessiert sich für die Sor- Ein Viertel der Bevölkerung leidet gen eines Max Kummermann. gerade durch das Vordrehen der Niemand würde seine Petition Markus Paschke, SPD: Uhren unter gesundheitlichen zeichnen. Der Petent Max Kum- und psychischen Problemen. Al- mermann weiß, dass er mit sei- lein in dieser Legislaturperiode er- nem Anliegen auf das Gehör des Wir merken, was die Menschen reichten uns 758 Petitionen zur Petitionsausschusses angewiesen Abschaffung der Zeitumstellung. ist. So liegt seine Petition fein säu- Im März 2017 beschloss der Petiti- berlich neben vielen anderen, bewegt und beschäftigt onsausschuss in mitberatender zum Teil gewichtigeren – weil von Funktion – Kollege Hunderten oder Vietz hat dies schon von Tausenden Ausschuss bin; das geht, glaube 000 Petitionen eingereicht wur- erwähnt –, den An- Zeichnern unter- ich, vielen von uns so. In den den, deutlich weniger als in den trag auf Abschaf- Der einzelne stützt – Petitionen meisten Fällen stehen soziale Fra- Jahren davor. Nach meiner Auffas- fung der Zeitum- Bürger und wird vom Peti- gen oder Fragen der Gerechtigkeit sung ist ein Grund dafür auch die stellung an die EU ist auf die tionsausschuss ge- im Mittelpunkt. Das ist nicht im- zunehmende Anzahl diverser pri- weiterzuleiten. Of- Möglichkeit wissenhaft behan- mer alles objektiv, sondern wird vater Plattformen; ich habe nicht fen bleibt nun für einer Petition delt, oft auch mit auch subjektiv betrachtet. Nichts- den Eindruck, dass eine übermä- mich die Frage, auf angewiesen. vielen Emotionen destoweniger haben die Petenten ßige Zufriedenheit mit unserer Ar- wessen Kosten man und immer mit und Petentinnen ein Recht, dass beit der Grund dafür ist, dass es sich bei der Ab- dem Wunsch, zu wir uns einigermaßen objektiv da- weniger Petitionen gibt. Diese pri- schaffung einigen helfen. Ich danke mit beschäftigen. vaten Petitionsplattformen stellen wird, ob die Erwachsenen auf eine meinen Kolleginnen und Kollegen Der Petitionsausschuss ist nach aus meiner Sicht aber ein Problem Stunde Zechen in lauen Sommer- sowie vor allem den Mitarbeiterin- meiner Ansicht ganz wichtig für dar. Sie erwecken nämlich häufig © DBT/Achim Melde abenden verzichten werden und nen und Mitarbeitern des Aus- Markus Paschke (*1963) die Demokratie in Deutschland; den Eindruck, dass die Petitionen, die letzte Stunde vielleicht im schusses an dieser Stelle ausdrück- Landesliste Niedersachsen denn er ist ein Element direkter die dort eingereicht oder einge- Dunkeln weiter feiern oder ob für lich. Bürgerbeteiligung, ein Element, stellt werden, uns Politiker auch die Kleinsten im Lande der Besuch Das Petitionswesen des Bundes- ein anderes Gremium des das leider viel zu oft übergangen erreichen; das tun sie aber nicht. von Krippen, Kindergärten und tages war ursprünglich vielleicht Bundestages ist in der tägli- und über das wenig berichtet Die Beteiligung samt Unterschrift, Schulen im Winter quasi mitten in nicht unbedingt als Instrument für Kchen Arbeit so nah an den wird. Wir sollten versuchen, dieses die man dort leistet, verschwindet der Nacht beginnt. Ich befürchte, Verbände und Organisationen ge- Menschen dran wie der Petitions- Element stärker in die Öffentlich- in den meisten Fällen im Nirwana dass es wieder einmal zu einer Ei- dacht; diesen stehen andere Wege ausschuss. Wir merken sofort, was keit zu bringen und darzustellen, des Internets und landet nicht auf nigung auf Kosten der Schwäche- offen, um ihre Interessen durchzu- die Menschen bewegt und be- dass es Beteiligungsmöglichkeiten unseren Schreibtischen. Ich be- ren kommt. setzen. Aber der einzelne Bürger schäftigt. Das ist etwas, was mir gibt. fürchte, dass damit eine steigende Da lobe ich mir doch die Um- ist auf die Möglichkeit einer Petiti- immer ganz wichtig war und wa- Es wurde gerade gesagt, dass im Unzufriedenheit der Menschen sicht unseres Verkehrsministers. on angewiesen. In den letzten Jah- rum ich auch sehr gern in diesem vergangenen Jahr etwas über 11 einhergeht;Fortsetzung denn wenn auf nächster sich schon Seite Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 DEBATTENDOKUMENTATION 7

jemand beteiligt, dann möchte er Aus meinem Wahlkreis sind Pe- gebnis war, dass die Frau eine gesprochen haben, Kollegin Rüf- ragende Arbeit machen, und auch in irgendeiner Weise eine titionen gekommen, die das gan- fünfwöchige medizinische Reha fer – von den Regierungsparteien ebenso bei den Mitarbeitern der Rückmeldung bekommen und ze Spektrum des Lebens darstel- bewilligt bekommen hat. Diese gestaltet wird, sondern auch von Abgeordneten, die genauso stark nicht das Gefühl haben, dass sich len: von Schwierigkeiten mit dem Frau hat sich daraufhin beim Aus- der Opposition; wenn man Op- eingebunden und beschäftigt nichts rührt. Das ist ein Problem, Telefonanschluss über Ärger mit schuss bedankt und geschrieben: position um der Opposition wil- sind. dem wir uns stellen müssen. Behörden bis hin zu Visaproble- Dieses Mal habe ich Hilfe ge- len macht, ist das nicht klug. Ich Auf der anderen Seite stelle ich men ausländischer Familienmit- braucht. Es ist schön, zu erleben, wünsche mir einen Ausschuss, der (Beifall bei der SPD sowie bei Abge- aber fest, dass viele Menschen ein glieder. Wir konnten zahlreichen dass man diese auch bekommt. – parteiübergreifend stark im Sinne ordneten der CDU/CSU und der hohes Vertrauen in die Hand- Petenten helfen, nicht allen, aber Das sind Situationen, in denen der Bürger zusammenarbeitet und LINKEN) lungsfähigkeit des Petitionsaus- doch ganz vielen. ich mir sage: Es lohnt sich, zu ar- sich keine Selbstbeschränkung schusses haben. Für mich ist ne- Was mich besonders beein- beiten und Politik zu machen. Es auferlegt. Der Mensch muss im ben meinen Bürgersprechstunden druckt hat, war die Reaktion einer macht Spaß, wenn man den Men- Mittelpunkt stehen; das muss un- und den vielen anderen Gesprä- Petentin. Sie hat um Unterstüt- schen helfen kann. ser Ziel sein. Dies ist eine gekürzte Version der De- chen mit den Bürgern im Wahl- zung bei der Bewilligung einer Re- Für die Zukunft wünsche ich Ich möchte mich zum Schluss – batte. Es sprachen außerdem noch kreis die Petition ein wichtiges In- hamaßnahme gebeten. Der Aus- mir einen selbstbewussten Petiti- ich sehe, meine Redezeit ist abge- die Abgeordneten Stefan Schwartze strument, um auf Gesetzeslücken schuss hat das Bundesversiche- onsausschuss, einen Petitionsaus- laufen – noch kurz bei den Mitar- (SPD) und Günter Baumann (CDU/ und Ungerechtigkeiten hinzuwei- rungsamt um aufsichtsrechtliche schuss mit weniger politischem beitern vom Ausschussdienst be- CSU). sen. Prüfung des Falls gebeten. Das Er- Kalkül, der nicht nur – wie Sie an- danken, die wirklich ganz hervor-

15. Entwicklungspolitischer Bericht / 234. Sitzung des 18. Deutschen Bundestages am 18. Mai 2017

Dr. Gerd Müller, CSU, Bundesminister für wirtschaftliche Legislaturperiode geleistet haben. Wir zeigen, wie es geht. Wir re- Zusammenarbeit und Entwicklung: Dabei freue ich mich besonders, den nicht nur. Die 14 Innovati- dass der Stellenwert unserer Aufga- onszentren in Afrika und Indien be heute ein anderer ist. zeigen, wie wir die Nahrungsmit- Es ist möglich, die Globalisierung Das zeigt sich nicht nur am Auf- telproduktion steigern können. wuchs im Haushalt. Unsere The- Wir investieren in nachhaltige gerecht zu gestalten men sind auch Schwerpunkt der Klima- und Umweltkonzepte. Ich internationalen Agenda. Denken habe vergangene Woche in China Sie an den G 7- und an den mit dem chinesischen Handelsmi- G 20-Gipfel. Mein Dank gilt hier nister ein gemeinsames Zentrum Die Digitalisierung ist auch in Daran sehen Sie: Die Bundesre- besonders unserer Kanzlerin. Sie für nachhaltige Entwicklung auf Afrika angekommen. Wir sind ver- gierung hat den Stellenwert der handelt national und gestaltet glo- den Weg gebracht. Mit Indien wer- netzt. Die Globalisierung, Han- Entwicklungspolitik neu definiert bal. den wir demnächst hier in delswege und Wertschöpfungsket- und sie entscheidend aufgewertet. Ihr Herz schlägt auch für Afrika. Deutschland Verträge unterzeich- ten machen die Welt zum globa- Dafür gilt mein ganz besonderer Ebenso erhalte ich große Unter- nen, um die Solarpartnerschaft len Dorf. Dank unserer Bundeskanzlerin stützung vom Finanzminister. weiter voranzubringen. Die Politik – nicht nur die Ent- und Ihnen, liebe Kolleginnen und Wolfgang Schäuble setzt jetzt ge- Mit Projekten in Höhe von 1,5 wicklungspolitik – muss sich än- Kollegen – und zwar aller Fraktio- meinsam mit dem BMZ mit der Millionen Euro liegt unser dern und hat sich geändert. Das nen. Die einen wollen noch viel Initiative „Compact with Africa“ Schwerpunkt in Afrika. Der Mar- ist zentral: Wir haben reagiert und mehr – dazu gehöre ich auch –, einen ganz neuen Akzent. Unser shallplan zeigt die Herausforde- uns neu aufgestellt. die anderen bremsen ein Stück Marshallplan-Konzept findet nicht rung, aber auch die Lösungswege. Entwicklungspolitik ist heute weit. Aber auch hier werden wir in nur hier Unterstützung, sondern Wir stärken Frauen. Wir stärken nicht mehr Randthema. Das mö- der neuen Legislaturperiode zu- auch bei der Afrikanischen Union, die Bildung und sind bei der Bil- © DBT/Achim Melde Gerd Müller (*1955) gen Sie auf den Tribünen viel- sätzliche Akzente setzen müssen. im Europäischen Parlament in dung größter bilateraler Geber. Bundesminister leicht noch anders sehen, weil der In dieser Legislaturperiode ist Brüssel, wo es in dieser Woche Mein Ziel ist, 25 Prozent des Etats Entwicklungsminister auf der Re- der Etat des BMZ um 35 Prozent Thema ist, und in den einzelnen für Bildung bereitzustellen. Bil- chön, dass wir beginnen gierungsbank ganz hinten im Eck gestiegen. Während der Kanzler- Ressorts. Wichtig ist mir: Wir be- dung, Bildung, Bildung ist die Vo- können. Ich glaube, wir be- „drangeklebt“ ist. schaft von Angela Merkel hat sich schreiben nicht nur Probleme und raussetzung für Entwicklung. Skommen für die Wartezeit Aber das werden wir in der neu- der absolute Ansatz verdoppelt. Herausforderungen, wir haben Lö- Wir sind erfolgreich im wichti- einen Zuschlag von 30 Minuten. en Legislaturperiode ändern, lie- Das 0,7 Prozent-Ziel ist erstmals sungen. gen Feld der Gesundheit. Ebola ist Liebe Kolleginnen und Kolle- ber Volker Kauder. Die Entwick- erreicht. Es gilt natürlich, das auch Ich möchte Ihnen das kurz an- in diesen Tagen wieder aufgetre- gen, Föderalismus ist wichtig, aber lungspolitik gehört in die Mitte, für die Zukunft zu halten, auch deuten: ten. Wir bauen Strukturen zur Hil- jetzt geht es um die Zukunftsauf- ins Zentrum – auch im Kabinett. wenn die Aufwendungen für Wir bekämpfen das Kriegs- und fe in Westafrika. Unser Beitrag – gaben und Herausforderungen Sie fragen natürlich zu Recht: Flüchtlinge einmal weniger wer- Flüchtlingselend. In den vergange- den Kolleginnen und Kollegen da- dieses Planeten. Alle vier Jahre legt Was passiert? Gibt es Erfolge? – Ja, den. nen vier Jahren haben wir 12 Mil- für vielen Dank – bei GAVI und die Bundesregierung ihren Bericht ich kann Ihnen sagen: Wir haben Aber ich sage auch: Für Europa liarden Euro in den Krisengebie- GFATM wurde wesentlich erhöht. zur Entwicklungspolitik vor. Ich mit dem Klimavertrag von Paris – die Europäische Union, unsere ten der Welt – vor Ort – investiert. Wir schaffen neue Strukturen, kann Ihnen und auch denen, die im Jahre 2015 weltweit den Freunde –, aber auch für die USA Damit haben wir Überleben gesi- was mir ganz besonders wichtig draußen zuschauen, sagen: Es ist Durchbruch erzielt. Mit der Agen- sollte klar sein: Wer das 2,0 Pro- chert und Kindern – allein in und ist. Mit öffentlicher Entwicklungs- eines der spannendsten Doku- da 2030 haben wir einen Zu- zent-Ziel bei den Militärausgaben um Syrien herum waren es 1 Mil- zusammenarbeit lösen wir die mente. Es lohnt sich, diesen zu le- kunftsvertrag, mit dem wir die anstrebt, muss erst einmal das 0,7 lion Kinder – Schulbesuch und Probleme und die Herausforde- sen. globale Entwicklung in den Gren- Prozent-Ziel bei der Entwicklungs- Ausbildung ermöglicht. In der rungen der Welt nicht. Wir brau- Die Welt hat sich in diesen vier zen unseres Planeten gestalten hilfe umsetzen. Türkei wurden 8 000 Lehrerinnen chen dazu mehr Privatinvestitio- Jahren dramatisch entwickelt: können. Es gibt kein Erkenntnis- Mehr Panzer schaffen nicht und Lehrer ausgebildet, um in den nen. Dazu brauchen wir aber auch Kriege in der Ukraine, in Syrien, problem, sondern es gibt jetzt ein mehr Frieden. Flüchtlingscamps zu unterrichten. ein neues Instrumentarium zur Ri- im Jemen, die Hungerkrise – bis Umsetzungsproblem. Es geht da- Dafür müssen sich auch ein- Wir haben Beschäftigung geschaf- sikoabsicherung für Privatinvesti- heute aktuell am Horn von Afrika rum, diese Vorgaben in nationale bringen: die Chinesen, die Russen, fen. Das Programm „Cash for tionen in Afrika und in Indien, –, die Bevölkerungsentwicklung. Politik umzusetzen. die arabische Welt und alle ande- Work“ erleichtert eine Rückkehr. insbesondere für mittelständische Jede Woche kommt eine Stadt wie Diesen Paradigmenwechsel hin ren. Es ist nicht hinnehmbar, dass Auch den Wiederaufbau haben Betriebe. Berlin, jedes Jahr ein Land wie zu einer gemeinsamen Zukunfts- acht Länder auf der Welt 90 Pro- wir eingeleitet, meine Damen und Wir brauchen aber auch fairen Deutschland mit 80 Millionen zu- politik gestaltet Deutschland. Fe- zent des Hilfsvolumens zur Verfü- Herren. Handel. Meine Damen und Her- sätzlich auf den Planeten. Zwi- derführend gehen wir voraus. Zwi- gung stellen und die anderen weg- Eine Welt ohne Hunger ist mög- ren, nur mit der Verankerung von schenzeitlich gibt es 65 Millionen schenzeitlich sind wir unter den sehen. lich. Das ist keine Vision. Hunger Flüchtlinge, davon rund 90 Pro- 195 Nationen weltweit der zweit- Wir können stolz darauf sein, ist Mord, weil wir eine Welt ohne zent in den Entwicklungsländern. größte Geber nach den USA. was wir alle gemeinsam in dieser Hunger schaffen können. Fortsetzung auf nächster Seite 8 DEBATTENDOKUMENTATION Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

ökologisch-sozialen Standards in 90 Prozent des Einkommens und zu uns kommen und sich dann ser Länder. ger, Katastrophen, Elend, Not und weltweiten Lieferketten, wie wir Vermögens besitzen – 10 Prozent, das holen, was ihnen zusteht. Ein afrikanischer Bischof sagte Kriege lösen schon jetzt gewaltige dies mit unserem Textilbündnis das sind Sie und wir alle – und 20 Jeder von Ihnen muss und kann mir vor kurzem: Afrika ist nicht Wanderungsbewegungen auch in zeigen, einer Blaupause, schaffen Prozent der Weltbevölkerung – mitwirken. Wenn Sie sich heute arm. Ihr habt es arm gelassen. – Richtung Europa aus. Deshalb wir langfristig Gerechtigkeit und das sind wir in den Industrielän- früh die Haare gewaschen haben, Das müssen wir ändern. sind wir verpflichtet, auf ein Le- Chancenausgleich. dern – 80 Prozent der Ressourcen dann ist in dem Shampoo Palmöl Globalisierung gerecht gestal- ben in Würde für alle hinzuarbei- Standards müssen Standard für unser Leben, für unseren Kon- aus Indonesien enthalten. Sie ha- ten, das ist möglich. Es bedarf nur ten. Wir sind verpflichtet, den Pla- werden. Die Widerstände sind sum und für unseren Wohlstand ben sich Kleidung angezogen, die des Willens, des Mutes und der neten Erde, die Schöpfung, für die noch enorm, auch national. Aber verbrauchen, dann haben wir ein Näherinnen in Bangladesch für ei- Verantwortung zur Umsetzung. kommenden Generationen zu er- ich sage klar: Die weltweiten weltweites Gerechtigkeits- und nen Hungerlohn angefertigt ha- Ein Weiter-so bei Konsum, Wachs- halten. Das ist eine große Aufgabe, Märkte brauchen Regeln. Ein Verteilungsproblem. Glauben Sie ben. Sie haben Kaffee getrunken, tum und Ressourcenverbrauch eine lohnende Aufgabe für uns al- Markt ohne Regeln führt zu Aus- nicht, dass wir unseren Wohlstand für den Kinder in Westafrika die weltweit hätte verheerende Folgen. le. beutung von Mensch und Natur. auf Dauer auf dem Rücken Afrikas Kaffeebohnen für einen Hunger- Die Klimaveränderung hätte Globalisierung schafft Chancen, und der Entwicklungsländer auf- lohn, einen Sklavenlohn geerntet verheerende Folgen: Klimaverän- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Ab- aber auch Verlierer. Wenn heute rechterhalten können, ohne dass haben. Wir erfreuen uns unseres derung und Erderwärmung sind geordneten der SPD und des Abg. 10 Prozent der Weltbevölkerung die Menschen aus diesen Ländern Wohlstands auf dem Rücken die- in Ostafrika angekommen. Hun- Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])

Heike Hänsel, DIE LINKE: Wir haben schon vor einem stoppt werden. Jahr davor gewarnt, dass sich sol- Ich habe es bereits erwähnt: che Katastrophen abzeichnen. Auf dem Kirchentag in der nächs- Ankündigungen werden Auch die Kriege tragen dazu bei. ten Woche wird es wieder viele Im Jemen hungern 7 Millionen wohlfeile Reden geben: für Ent- Menschen, weil es einen brutalen wicklung, die Bekämpfung von nicht mit Leben gefüllt Krieg Saudi-Arabiens gegen den Fluchtursachen, den Stopp von Jemen und eine brutale Seeblo- Rüstungsexporten und fairen ckade gibt, die seit zwei Jahren Handel. Aber hier, wo Sie die Ent- shallplan für Afrika mit millio- durchzusetzen, um globale Kon- die Hilfslieferungen blockiert. scheidungen treffen, machen Sie nenschweren Sonderinitiativen zerne sanktionieren zu können. Das ist kriminell, was dort pas- nichts. Das reicht vielen Entwick- aufgelegt. Das ist kein Ersatz für Aber was macht die Bundesre- siert. lungsorganisationen und Frie- die Erneuerung, für die Verände- gierung? Sie boykottiert diese Ini- Und was macht die Bundesre- densorganisationen. Deswegen rung und Ausgestaltung gerechter tiative. Das ist ein Armutszeugnis gierung? Sie hat die Waffenliefe- rufen sie auf, nächste Woche, am Handelsstrukturen. Wenn wir für Sie, Herr Müller. Wir fordern, rungen nach Saudi-Arabien er- 27. Mai, zum Brandenburger Tor endlich eine gerechte Handelspo- dass endlich solche Initiativen bei höht, und die Bundeskanzlerin zu kommen. Um 15 Uhr wird es litik hätten, dann bräuchten wir den Vereinten Nationen unter- verspricht auch noch der saudi- dort eine Friedenskundgebung keine Millionen für Entwick- stützt werden. arabischen Armee Fortbildungs- gegen Armut, Ausgrenzung und lungsprojekte. Hier ist auch die Drittens: eine Welt ohne Hun- maßnahmen und Training hier Krieg geben. Diese Organisatio- SPD, muss ich sagen, mitverant- ger. Sie haben es erwähnt: die bei uns. Das ist eine zynische Po- nen fordern endlich die Politik wortlich. Denn auch Sigmar Ga- größte humanitäre Katastrophe litik, und Sie sind mitverantwort- ein, die Sie hier immer nur ver- briel hat den Freihandel – CETA, seit Bestehen der Vereinten Natio- lich, wenn dort Menschen ster- sprechen. Ich kann nur alle einla- © DBT/Achim Melde Heike Hänsel (*1966) TTIP – massiv vorangetrieben. Da nen in Ostafrika. Die Welthunger- ben, wenn Sie nichts gegen die den, nächste Woche dort hinzu- Landesliste Baden-Württemberg gab es keine Richtungsänderung. hilfe hat gestern wieder kritisiert, Seeblockade Saudi-Arabiens ma- kommen. – Sie sind mit Ihrer Po- Deswegen: Wer Fluchtursachen dass die Hilfe viel zu spät kam, chen und stattdessen noch Waf- litik gescheitert, Herr Müller! err Müller, Sie haben hier und Armut in den afrikanischen und zwar auch von der Bundesre- fen dorthin liefern. Wir wollen, wahrscheinlich schon für Ländern bekämpfen will, muss gierung. dass diese Waffenlieferungen ge- (Beifall bei der LINKEN) Hden Evangelischen Kir- diesen tödlichen Freihandel stop- chentag nächste Woche geübt. pen. Sie sind ein Minister mit guten Zweitens. Sie fordern men- Stefan Rebmann, SPD: Losungen und Sprüchen. Da kön- schenwürdige Arbeitsbedingun- nen viele klatschen. gen in den Unternehmen und ge- Aber leider füllen Sie diese rechte Entlohnung unter dem In den Maßnahmen Sprüche nicht mit Eindruck der Kata- Leben. Sie haben strophen in der sich in diesen vier Textilindustrie in viel zu unkonkret Jahren in Tausen- Wer Armut in Südostasien. Rich- den Projekten und Afrika be- tig so! Aber was ist vielen Sonderini- kämpfen will, am Ende dabei he- – auch für die Erstellung dieses nern. Danach ist dann das Textil- tiativen verloren. muss diesen rausgekommen? Berichtes – danken. bündnis entstanden. Und es folgte Sie sind aber die tödlichen Frei- Wir haben ein Wir debattieren ja über die Fra- auch eine öffentliche Debatte in ungerechten Struk- handel stoppen. unverbindliches ge: Was hat uns in den vergange- Deutschland über die Fragen: Wer turen, die Sie hier Textilbündnis, ei- nen Jahren hier bewegt? Der Herr zahlt denn eigentlich für unseren kritisieren, nicht nen unverbindli- Minister hat ja schon auf das eine Konsum? Und was bedeutet das angegangen. Das chen nationalen oder andere hingewiesen. Ich erin- denn eigentlich? Des Weiteren er- ist überfällig. Aktionsplan für die Wirtschaft nere an die Ebolakrise und in dem innere ich an den Nationalen Ak- Erstens: die Handelspolitik der und ein freiwilliges Mitmachpro- Zusammenhang auch an das tionsplan Wirtschaft und Men- Europäischen Union. Jetzt, am gramm für die Unternehmen. Ja, Stichwort „Gesundheit“. Das wird schenrechte, bei dem es um men- Ende Ihrer Amtszeit, sprechen Sie wo leben Sie denn eigentlich? ja auf dem G 7- und dem schenrechtliche Sorgfaltspflichten von fairem Handel. Was haben Wir brauchen gesetzliche Rege- G 20-Gipfel eine große Rolle spie- in Unternehmen geht, sowie an Sie denn vier Jahre lang gemacht? lungen, damit Unternehmen so- len. Mir ist schon wichtig, noch den Streit, den wir insbesondere © DBT/Achim Melde Die EU hat die Freihandelsab- ziale und ökologische Standards Stefan Rebmann (*1962) einmal zu sagen, dass wir hier im mit dem Finanzministerium bzw. kommen mit Afrika vorangetrie- einhalten. Landesliste Baden-Württemberg Parlament über alle Fraktionen mit Herrn Fuchtel hatten. Außer- ben. Ein Veto von Ihnen, und wir Das ist kein freiwilliges Mit- hinweg vehement dafür gekämpft dem erinnere ich an die Debatte hätten diese Freihandelspolitik machprogramm. ch will zu Beginn meiner Rede haben, dass mehr finanzielle Mit- um die Handelsverträge. stoppen und wirklich fairen Han- Es gibt auch gute Initiativen bei den zahlreichen Mitarbeiterin- tel in den Gesundheitsbereich ge- Ja, wir haben hier im Parlament del ausgestalten können. den Vereinten Nationen. Eine Inen und Mitarbeitern, den steckt werden bzw. dass der zentral über die Flucht- und Wan- Sie haben da nichts gemacht. ganz wichtige Initiative ist die so- Kolleginnen und Kollegen im GFATM deutlich aufgestockt wird. derungsbewegungen debattiert. Die Bilanz ist gleich null. genannte Treaty Initiative, die Bundesministerium für wirtschaft- Ich will auch noch einmal an Wir alle haben – das ist auch ein Sie sprechen davon. Aber statt sich darum bemüht, ein weltwei- liche Zusammenarbeit und Ent- das Unglück in Bangladesch – Punkt, bei dem ich auf das Parla- zu handeln, haben Sie einen Mar- tes Unternehmensstrafrecht wicklung, für die geleistete Arbeit Stichwort „Rana Plaza“ – erin- ment stolz bin – dafür gesorgt, Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 DEBATTENDOKUMENTATION 9

dass der Entwicklungsetat deut- Entwicklungspolitik ist – neben für erhebliche Schwierigkeiten ge- in den globalen Lieferketten ein- mir aber in den Maßnahmen viel lich angestiegen ist. Herr Minis- all den Aufgaben, die wir haben – sorgt. Das ging so weit, dass eine gefordert werden. Es gibt mir zu unkonkret. ter, Sie haben mit der Art und auch Friedenspolitik, Zukunfts- ganze Reihe von Projekten nicht dann aber zu denken, dass Sie Als Fußballer sage ich: Eine or- Weise, wie Sie Projekte angehen politik und globale Strukturpoli- mehr durchgeführt werden konn- Handelsabkommen mit Afrika dentliche Mannschaftleistung, und diese auch öffentlich anspre- tik. Entwicklungspolitik braucht te. Ich finde, das war ein großer unterzeichnet haben, die keiner- aber der Kapitän rennt leider viel chen, mit dafür gesorgt, dass Ent- nachhaltige Strategien. Wir brau- Fehler. Das müssen wir ändern. lei wirksame Fördermaßnahmen zu oft ins Abseits und erzielt wicklungspolitik in der Öffent- chen Zeit. Entwicklungspolitik Wir müssen die Sonderinitiativen bzw. entwicklungspolitische mehr Lattentreffer als Tore. Ein lichkeit einen ganz anderen Fo- braucht vor allen Dingen auch ei- auf ein erträgliches Maß zurück- Maßnahmen beinhalten, und weiteres Problem ist, dass er ei- kus bekommen hat. ne verlässliche Finanzierung. führen, damit wir wieder mehr dass Sie gleichzeitig bei der Vor- nen Mitspieler aus dem Schwarz- Ich finde, das ist positiv. Man Damit bin ich mitten drin im Geld für unsere eigentlichen stellung des Marshallplans diese wald hat, der gerne Messi wäre, darf das auch nicht kritisieren. Thema Sonderinitiativen. Mit den Kernaufgaben geben können. Entwicklungspartnerschaften mit aber leider nur über die techni- Ich sage aber auch: Entwick- Sonderinitiativen – das kritisiere Noch einen weiteren Punkt will Afrika wieder kritisieren. Das gibt schen Möglichkeiten eines Berti lungspolitik ist weit mehr als nur ich auch nicht – wurde ja viel er- ich ansprechen. Ich finde es gut, in Gänze keinen Sinn. Vogts verfügt. Öffentlichkeitsarbeit. Entwick- reicht. Aber: Mit dem stetigen An- wenn bei jeder Gelegenheit – Sie Abschließend – weil meine Zeit lungspolitik darf sich nicht da- wachsen der Sonderinitiativen haben es hier ja wieder gemacht, abläuft – möchte ich sagen: Die- rauf reduzieren lassen, nur haben wir in vielen anderen Be- Herr Minister – soziale, men- ser entwicklungspolitische Be- Flucht- und Wanderungsbewe- reichen – insbesondere bei den schenrechtliche und ökologische richt enthält eine gute Analyse gungen zu bekämpfen. Ich finde, Durchführungsorganisationen – Standards bzw. Mindeststandards und eine gute Beschreibung, ist (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Uwe Kekeritz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: neu noch innovativ. Ihr Marshall- in diese Richtung schon längst ge- plan hat nichts mit Marshall zu arbeitet. Sie sollten sich nicht vor- tun. Sie sollten ihn eher Washing- gaukeln lassen, dass das eine neue Die Ansätze sind weder ton Consensus II nennen. Das Erfindung ist. würde aber keiner verstehen. Des- Private Investitionen werden na- halb nennen wir ihn besser Mül- türlich auch von uns gefordert. Sie neu noch innovativ ler-Plan. Dieser wird aber von der müssen allerdings bestimmte Kri- DIHK, dem Afrika-Verein der terien erfüllen, die in Deutschland deutschen Wirtschaft, der Zivilge- selbstverständlich sind. Die Rah- über einzelne Projekte, garnieren eines ressortübergreifenden Kon- sellschaft und der Wissenschaft menbedingungen für die Investi- dies mit unwichtigen geografi- zepts für Politikkohärenz. Wir rundweg abgelehnt. Um nur einen tionen werden von den SDGs defi- schen Fakten und erklären den Le- müssen jedoch heute feststellen, Kritikpunkt dieses Plans zu nen- niert. Lesen Sie doch einfach ein- serinnen und Lesern, dass alles dass wir uns von der Kohärenz im- nen: Der Plan er- mal den Grünen- wunderbar ist und dass vor allen mer weiter entfernen, anstatt dass weckt falsche Vor- antrag zum Thema Dingen alles völlig neu ist. Sie ha- wir uns ihr annähern. stellungen. Das „Globale Investitio- ben sich auf den rund 200 Seiten Der Bericht fordert mehr Trans- musste die Kanzle- Sie haben nen gestalten“. Da- des Berichts gerade einmal auf ei- parenz, eine Beendigung der Lie- rin schmerzhaft er- Entwicklungs- rin steht viel, wie ner halben Seite des DAC Peer Re- ferbindung und eine stärkere Kon- fahren, als sie im politik immer in man es richtig views angenommen. Sie wissen, zentration der ODA-Mittel auf die Niger den Präsiden- erster Linie macht. welche Bedeutung dieser Review ärmsten Länder, auf fragile Staa- ten besuchte, der als PR-Arbeit Ihre Konzepte, hat. Er ist für uns die entwick- ten. Aber Sie haben zugunsten der von Ihrem Mar- verstanden. von der Afrika-Stra- lungspolitische Richtlinie. Sie soll- Middle Income Countries umge- shallplan gehört tegie über die Zu- © DBT/Achim Melde Uwe Kekeritz (*1953) ten ihn einmal lesen; denn dort schichtet. Das ist kein Erfolg. hatte. Der Präsident kunftscharta bis Landesliste Bayern steht viel Interessantes für Ihre Ar- Des Weiteren wollten Sie den sagte tatsächlich: zum Marshallplan beit. Welthunger mit grünen Zentren Wie wäre es denn mit 1 Milliarde? – das ist eine Kritik, die Sie sich err Minister Müller, Sie Dieser Bericht fordert zum Bei- bekämpfen. Sie behaupten, die Die könne er gut gebrauchen. – wirklich zu Herzen nehmen soll- haben Ihren Bericht zu- spiel eine verstärkte internationale textile Lieferkette durch Ihr Textil- Die Kanzlerin hat dann 17 Millio- ten –, wurden nicht im Kabinett Herst der Presse und einen Arbeitsteilung und eine Reduzie- bündnis auf ein nie dagewesenes nen Euro zugesagt. abgestimmt. Aber das macht ei- Tag später dem Parlament vorge- rung auf wenige Partnerländer. Niveau zu verbessern. Es geht aber Die Förderung der Privatwirt- nem PR-Strategen natürlich nichts legt. Jetzt könnte man sagen: Was Auch Sie sagen ständig: Das Gieß- noch toller: Die deutsche Entwick- schaft ist nun wirklich nicht Ihre aus. Hauptsache, man kommt kommt er da mit solchen Lappa- kannenprinzip muss weg. – Tat- lungszusammenarbeit wollen Sie Erfindung, sondern ist schon im- groß in die Medien. Herr Müller, lien? Was soll denn das Ganze? – sächlich hat sich die Anzahl der durch Ihren Marshallplan vom mer Bestandteil der wirtschaftli- Sie sind nicht teamfähig. Aber, Herr Minister, Regieren und Partnerländer erhöht, genauso wie Kopf auf die Füße stellen. Herr chen Zusammenarbeit gewesen. Ihre Einmannshow hat inzwi- der Umgang mit dem Parlament die Anzahl der Themen, die Sie in Minister, als guter Katholik sollten Das sollten auch Sie von der schen weitreichende Folgen; denn haben sehr viel mit Stilfragen zu den einzelnen Ländern aufgreifen. Sie bitte schön die Kirche im Dorf SPD sich einmal zu Herzen neh- die Gelder – Kollege Rebmann hat tun. Ihr Prinzip „Das Parlament Der Bericht fordert das Erstellen lassen. Ihre Ansätze sind weder men. Ihre damalige Ministerin hat darauf hingewiesen –, die Sie me- kann sich ja über die Presse recht- dial wirksam in Ihre Sonderinitia- zeitig informieren“ ist völlig dane- tiven pumpen, fehlen an anderer ben. Stelle schmerzhaft. Mit solchen Kapriolen, Herr Die GIZ, aber auch viele NGOs Müller, belegen Sie, dass Sie das leiden unter der Umlenkung die- Prinzip „Good Governance“ nicht ser Mittel. Gut funktionierende wirklich ernst nehmen. Während Projekte müssen eingestampft Sie in der ganzen Welt von Land werden. Sie opfern gute Projekte zu Land fahren und gute Regie- Ihren medialen Zielen. Sorry, Herr rungsführung einfordern, ignorie- Müller, da haben Sie etwas in der ren Sie zu Hause die Rechte des Entwicklungspolitik völlig falsch Parlaments. Ich halte das für un- verstanden. Die geht nämlich an- glaubwürdig. ders. Sie haben Entwicklungspolitik Auch mit Ihren Äußerungen zur immer in erster Linie als PR-Arbeit Handelspolitik haben Sie landauf, verstanden; der Kollege Rebmann landab richtig Furore gemacht. hat bereits darauf hingewiesen. Aber wo waren Sie denn, als diese Das belegt auch Ihr Bericht. Was Handelsverträge in Brüssel unter- Sie in diesem Bericht präsentieren, schrieben wurden? Ich habe es hat oftmals märchenhafte Züge. ganz vergessen: Sie waren am Ver- Anstatt eine ehrliche Bilanz nach professionellen Standards vorzule- Proteste gegen Ceta und Co. im Frühjahr 2017 in Frankreich: Auch in der Debatte zur Entwicklungspolitik spielte gen, schreiben Sie im Plauderton der Freihandel eine wichtige Rolle. © picture alliance / CITYPRESS 24 Fortsetzung auf nächster Seite 10 DEBATTENDOKUMENTATION Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

handlungstisch. Da hat die Kolle- nen. Dann haben die afrikani- cherheitsrat eingebracht? Sie hät- Afrika, auch wenn dafür skandalö- ler entdeckt, und wir wissen auch, gin Hänsel völlig recht. schen Länder keine Chance mehr. ten zum Beispiel eindeutig gegen se Verträge mit Diktatoren not- was dahintersteckt. Nach fast vier Wie wollen Sie den Menschen Damit zerstören Sie den größten Rüstungsexporte Stellung nehmen wendig werden. Jahren ist Ihr Zauber vorbei. – im Land erklären, warum Sie sich und wichtigsten Sektor in diesen müssen. Wann haben Sie jemals Wir diskutieren heute einen Herr Präsident, ich komme zum in Ihren Hochglanzbroschüren Ländern, nämlich die Landwirt- gegen Waffenlieferungen, zum wirklich mageren Bericht, eine Schluss. – Sie haben sehr hoff- seitenweise über fairen Handel schaft. Beispiel nach Saudi-Arabien, ge- magere Bilanz. Wie mager diese nungsvoll mit viel grüner Rhetorik auslassen, um dann in Ihrem eige- Damit fördern Sie – das müssen stimmt? Bilanz ist, können Sie unserem begonnen. Sie hatten am Anfang nen Verantwortungsbereich nichts Sie wissen, Herr Minister – wis- Sie hätten den Umwelt- und Entschließungsantrag entnehmen. auch die grüne Unterstützung. Am zu machen? Auch Ihrem Haus ist sentlich den Fluchtdruck von Mil- Menschenrechtsschutz bei Investi- Dort haben wir allerdings nur die wenigsten wurden Sie von Ihrer schon längst klar, dass diese Ver- lionen von Menschen. Ein Stopp tionen entlang der Lieferkette ge- wichtigsten Kritikpunkte aufge- Fraktion unterstützt. träge für Afrika schädlich sind. Ich der EPAs wäre effektive Fluchtur- setzlich verankern müssen. Sie ha- führt. Jetzt stellen wir fest, dass die meine nicht nur, aber auch Milch- sachenbekämpfung, die Ihnen an- ben das nicht einmal versucht. Mein Blick geht jetzt zur Regie- letzten vier Jahre entwicklungspo- pulver, Hähnchenteile, eingedoste geblich so wichtig ist. Wenn Ihnen Über Strukturpolitik reden, aber rungsbank. Herr Minister, das er- litisch leider verloren sind. Man Tomaten und, und, und. Das alles aber wirklich daran gelegen ist, nichts machen, ist Ihre Stärke. Da- innert mich irgendwie an Jim muss sagen: Diese Zeit haben wir sind Produkte, die die afrikani- hätten Sie als deutscher federfüh- mit zeigen Sie auch, dass Ihre ver- Knopf und Lukas den Lokomotiv- nicht mehr. schen Länder selbst herstellen render Minister in Brüssel Verbes- meintlichen Fluchtursachenbe- führer. Sie wissen, beide haben Es gilt, zu handeln, nicht nur zu können, es sei denn, sie werden serungen einbringen müssen und kämpfungsmaßnahmen nur ein lange gebraucht, bis sie das Pro- reden. durch Handelsverträge, die Sie können. Lippenbekenntnis sind. Deutsch- blem mit dem Scheinriesen erfasst mitverantworten, genötigt, ihre Wie haben Sie sich überhaupt land und die EU verlagern lieber haben. Ihre Zeit ist abgelaufen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE Grenzen für diese Produkte zu öff- im Kabinett oder im Bundessi- die europäischen Grenzen nach Wir haben den Scheinriesen Mül- GRÜNEN)

Dagmar G. Wöhrl, CDU/CSU: dass der Minister gleich am An- werden musste. fang dieser Legislaturperiode das Wir sind den richtigen Weg ge- Thema „Flucht und Vertreibung“ gangen. Das wird vor allem daran Die Herausforderungen sind in den Mittelpunkt seiner Arbeit deutlich, dass inzwischen 1,5 Mil- gestellt hat. Andere waren noch liarden Menschen in fragilen Staa- weit davon entfernt. Wir haben ten leben. Diese Menschen haben nicht kleiner geworden hier von Anfang an den richtigen fast keine Gesundheitsversorgung. Akzent gesetzt. Die Kinder können nicht zur Wir haben innovative Instru- Schule gehen; sie sind von Bil- die Tagesordnungspunkte interna- von Afrika auf Nahrungsmittelhil- mente wie Cash for dung weitgehend tionaler Zusammenkünfte be- fe angewiesen sind. Uns droht, Work genutzt. Wir abgeschnitten. Die- stimmt, etwa bei Treffen der G 20. dass allein durch den Klimawan- haben Sonderini- se Menschen haben Die Entwicklungspolitik steht im del bis 2050 über 200 Millionen tiativen wie „EINE- Man keine Perspektive Mittelpunkt des Geschehens bei Menschen auf der Flucht sein wer- WELT ohne Hun- hat das für sich und auch internationalen Verhandlungen. den. ger“ gestartet, die Gefühl, im keine Perspektive Wir haben gelernt, dass die He- Diese Zuspitzung der Krisen in sehr erfolgreich Modus einer für ihre Kinder. Sie rausforderungen leider nicht klei- einer ganz neuen Dimension hat sind. Es gibt inzwi- Dauerkrise haben täglich Angst ner geworden sind, sondern viel uns gezwungen, schnelle Reaktio- schen über 14 In- zu sein. vor Übergriffen. Sie größer. Man hat das Gefühl, im nen zu zeigen, zum Beispiel mit novationszentren fragen nicht nach Modus einer Dauerkrise zu sein: der Versorgung der Flüchtlinge auf der Welt, Ten- Ideologien. Sie wol- Die Flüchtlingszahlen sind von rund um Syrien und mit der Stabi- denz steigend. Wir len Hilfe von der in- damals 43,7 Millionen auf 65 Mil- lisierung der Gemeinden in den haben auch erkannt, dass die Zu- ternationalen Gemeinschaft, und © DBT/Achim Melde Dagmar G. Wöhrl (*1954) lionen gestiegen. Ein El Niño hat Nachbarländern rund um Syrien. sammenarbeit zwischen Entwick- sie wollen auch Hilfe von uns. Wahlkreis Nürnberg-Nord in Äthiopien die stärkste Dürreka- Wir haben durch unsere Politik, lungspolitik und Sicherheitspoli- Als ich angefangen habe, mich tastrophe seit 50 Jahren hervorge- durch unser Engagement vor Ort tik im Rahmen eines vernetzten im Deutschen Bundestag mit der ch weiß nicht, lieber Uwe Ke- rufen. Die Hungerkrise als Folge verhindert, dass ganze Regionen Ansatzes wichtig ist und die Tren- Entwicklungspolitik zu beschäfti- keritz, wer dir das aufgeschrie- von Konflikt und Gewalt steigt so dort in Brand geraten sind, und nung, die über viele Jahre hinweg gen – ich war vorher im Bereich Iben hat. an, dass 50 Millionen Menschen haben hier langfristig die richtigen aus ideologischen Gründen voll- der Wirtschaftspolitik tätig –, habe Vielleicht solltest du dein Rede- allein im Osten und im Süden Prioritäten gesetzt. Es war richtig, zogen worden ist, aufgehoben ich gemerkt, dass starke rote Lini- manuskript in der Zukunft vorher richtig durchlesen. Das bist nicht du; so redest du normalerweise auch nicht. Bleib identisch, wenn du hier sprichst. Ich habe dich jetzt zwei Legislaturperioden im Ausschuss erlebt und muss feststellen: Der andere Uwe Kekeritz ist mir viel lieber. Liebe Kolleginnen und Kolle- gen, meine erste entwicklungspo- litische Rede im Bundestag hielt ich 2010 in einer Haushaltsdebat- te. Thema damals waren die Aus- wirkungen der internationalen Fi- nanzkrise auf die Entwicklungs- länder. Die Weltbank hatte gerade veröffentlicht, dass die Zahl der ärmsten Menschen der Welt bei 64 Millionen liegt, dass es 43,7 Mil- lionen Flüchtlinge gibt und 49 000 Opfer von gewaltsamen Kon- flikten. Damals wurden die Ent- wicklungspolitiker noch als eine Art Exoten mit der Ethik von Gut- menschen betrachtet. Heute ist es so, dass die Entwicklungspolitik Eine extreme Dürre bedroht Somalias Bevölkerung. Hilfsorganisationen verteilen Wasser und Lebensmittel. © picture alliance / AA Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017 DEBATTENDOKUMENTATION 11

en gezogen worden sind, wenn es man nicht die Ergebnisse erzielt, wichtig. Wir können nicht sagen: haben uns gekabbelt, aber hatten Das werde ich auch weiterhin tun, um die Zusammenarbeit mit der die man erzielen wollte. Wir müs- Ihr, die Entwicklungsländer, seid immer auch Respekt vor der Mei- in der einen oder anderen Funkti- Privatwirtschaft ging. Ich bin froh, sen uns auf wichtige Themen kon- die Nehmerländer, und wir sind nung des anderen und haben das on. Der Entwicklungszusammen- dass wir erkannt haben, dass wir zentrieren. Eines dieser wichtigen die Besserwisser. – Das ist falsch. immer auch ausgedrückt. Ich arbeit werde ich auf jeden Fall er- allein mit öffentlichen Mitteln un- Themen ist Bildung; das hat der Ich bin froh, dass das erkannt möchte mich bei meinen Kolle- halten bleiben. sere Ziele nicht erreichen können. Minister vorhin zu Recht ange- worden ist. ginnen und Kollegen ganz herz- Ein Dank geht zum Schluss an Wir können die Ziele der Agenda sprochen. Deswegen ist es wichtig, Wir sprechen von Partnerschaft lich für die Zusammenarbeit be- die vielen fleißigen Helfer. Das 2030 nicht nur mit Steuermitteln dass wir Deutsche versuchen, un- auf Augenhöhe, aber wir fordern danken. Diese Streitkultur wird darf ich zum Schluss, Herr Präsi- erreichen; wir sere Kompetenzen, auch ein. Wir geben den Entwick- mir fehlen; das ist ganz klar. Ich dent, vielleicht noch sagen. brauchen dazu die die wir haben, in lungsländern nicht nur Geld, son- bin damals vor 23 Jahren als – Das muss ich noch sagen. Privatwirtschaft. Mit dem Gieß- anderen Ländern zu dern sagen ihnen auch, dass sie Ei- Quereinsteigerin in die Politik ge- Ja, aber das gestehen Sie mir Deswegen ist es kannenprinzip implementieren, geninitiativen entwickeln müssen, kommen. Das war zu einer Zeit, heute zu. – Ich möchte Dank sa- richtig, dass sich hat man nicht wie die duale Aus- dass sie auch Eigenverantwortung als viele Kollegen noch gedacht gen an die vielen Saaldiener, die der Minister dieser die Ergebnisse bildung. In diesem zeigen müssen, dass sie ihre Auf- haben, die Frauen wären am bes- uns immer sehr, sehr nett und Sache mit seinem erzielt, die man Bereich sind wir gut, gaben machen müssen; ansonsten ten im Familienausschuss und im freundlich betreuen, an die Steno- Marshallplan mit erzielen wollte. da sind wir Welt- können sie von uns in der Zu- Gesundheitsausschuss aufgeho- grafen und an die Mitarbeiter des Afrika angenom- meister. Deswegen kunft keine Hilfe mehr erwarten. ben. Ich war damals als erste Frau Wissenschaftlichen Dienstes, also men hat und die fördern wir Berufs- Viele von Ihnen wissen, dass ich im Wirtschaftsausschuss ein Exot. an die vielen Fleißigen, die hinter Privatwirtschaft bildungszentren nicht mehr für den Deutschen Vielleicht noch ein Satz zum den Kulissen tätig sind und die mit ins Boot geholt hat. überall auf der Welt, wo es mög- Bundestag kandidieren werde. Ich Schluss: Der Gerichtshof meiner man im Fernsehen oft nicht sieht. Er hat die Privatwirtschaft aber lich ist, um jungen Menschen, die nehme an, dass dies nach 23 Jah- politischen Verantwortung war – Das stimmt, aber leider nicht nicht nur mit ins Boot geholt, er in ihren Ländern hoffnungslos ren meine letzte Rede sein wird. immer mein persönliches Gewis- hier. – Ein Dankeschön auch an nimmt sie in der Zukunft auch sind und keine Perspektiven ha- Ich habe nicht gezählt, wie viele sen, wie es auch das Grundgesetz meine Wählerinnen und Wähler, mit in die Verantwortung. ben, die Möglichkeit zu geben, Reden ich im Deutschen Bundes- vorschreibt. Ich sage immer: Eine dass ich hier sein durfte! Wir konzentrieren uns auf viele dort einen Job zu finden. tag gehalten habe, nicht in Bonn Partei mag Orientierung sein – das neue Felder. Ich bin froh, dass wir es in den und auch nicht hier in Berlin. ist vielleicht mein letzter Satz –, Wir haben erkannt: Mit dem letzten vier Jahren geschafft ha- Aber ich habe eines erlebt: Wir aber sie kann das eigene Gewissen (Beifall bei der CDU/CSU und der Gießkannenprinzip, das die Ent- ben, von dem Gedanken wegzu- hatten immer eine sehr faire nicht ersetzen. Das möchte ich SPD sowie bei Abgeordneten der wicklungspolitik über viele Jahr- kommen, dass die Entwicklungs- Streitkultur. Dafür möchte ich hier noch einmal sagen. Ich hatte LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE zehnte hinweg geprägt hat, hat länder Nehmerländer sind. Das ist mich ganz herzlich bedanken. Wir immer Freude daran, zu gestalten. GRÜNEN)

Niema Movassat, DIE LINKE: portwirtschaft. So sprechen Sie schen Politik. Sie sagen, Sie woll- vordergründig davon, dass die In- ten eine Welt ohne Hunger. vestitionsbedingungen in den Gleichzeitig fördern Sie aber mit Die Entwicklungspolitik Ländern des Südens verbessert Entwicklungsgeldern die Verbrei- werden sollen. Aber was bedeutet tung von Monokulturen, Pestizi- das? Das bedeutet am Ende doch den, chemischen Düngemitteln war nicht nachhaltig wieder, dass die Entwicklungslän- und patentiertem Saatgut. Ihre der, die eine solide Umwelt- und Entwicklungspolitik, Herr Müller, Sozialgesetzgebung spielt den Türöff- Erstens. Sie bekämpfen Flücht- peinlich. haben, die also ihre ner für Unterneh- linge, nicht die Fluchtursachen. Zum zweiten Punkt Ihrer prakti- Umwelt schützen men wie Bayer- Die GIZ, die Durchführungsorga- schen Politik. Sie haben einen so- und die Rechte der Sie haben einen Monsanto und nisation der deutschen Entwick- genannten Marshallplan vorge- Arbeiter verankert sogenannten BASF. Damit zer- lungspolitik, arbeitet im Sicher- stellt. Er ist aber eine reine Mogel- haben, diese Regeln Marshallplan vor- stören Sie die Exis- heitsbereich in Ihrem Auftrag mit packung. Der historische Mar- abbauen sollen. In gestellt. Er ist tenz von Klein- Diktaturen wie dem Sudan und shallplan brachte nach heutigen dieser Logik be- aber eine reine bauern und ma- Äthiopien zusammen. Ihr Motto Verhältnissen umgerechnet die kommt das Land In- Mogelpackung. chen sie abhängig lautet: Hauptsache, es flüchtet nie- Summe von 130 Milliarden Dol- vestitionen, das die von Agrarkonzer- mand mehr nach Deutschland. lar auf. Ihr Marshallplan umfasst 0 niedrigsten Stan- nen. Sie schaffen Hätten Sie doch nur wirklich et- Dollar. Beim Thema Geld verwei- dards hat, und ein damit Hunger. Wir was gegen die Fluchtursachen ge- sen Sie in Ihrem Plan nur Wettbewerb nach unten entsteht. brauchen eine Entwicklungspoli- tan, zum Beispiel, indem Sie in schwammig auf die deutsche Wirt- So bekämpft man keine Armut. So tik, die Kleinbauern unterstützt © DBT/Achim Melde Niema Novassat (*1984) der Bundesregierung laut und klar schaft. Aber eigentlich passt dieser kann Entwicklungspolitik nicht und nicht die Profite der Agrar- Landesliste Nordrhein-Westfalen Ihre Stimme gegen die neolibera- Verweis; denn Ihr Plan zielt auf funktionieren. konzerne vermehrt. len und entwicklungsfeindlichen die Interessen der deutschen Ex- Zum dritten Punkt Ihrer prakti- Viertes Beispiel für „große Wor- err Müller, eines muss ich EU-Freihandelsabkommen mit te und nichts dahinter“ ist das Ihnen tatsächlich lassen: Afrika erhoben hätten oder indem Textilbündnis. Wo ist denn am HSie haben wirklich einen Sie endlich die Steuerflucht deut- Ende Ihrer Amtszeit der verspro- sehr guten Redenschreiber. Er hat scher Konzerne aus den Ländern chene „Grüne Knopf“ für fair und dafür gesorgt, dass Sie in dieser Le- des Südens eingedämmt hätten! nachhaltig produzierte Textilien? gislaturperiode oft den richtigen Gerade Letzteres ist wichtig, Sie sind vor der Textillobby ein- Ton getroffen haben. Da sagten weil man im Kampf gegen Flucht- geknickt. Jedes Unternehmen darf Sie dann Dinge, die wir Linken ursachen natürlich auch Geldmit- jetzt machen, was es freiwillig ma- auch sagen, zum Beispiel, dass der tel braucht. Das internationale chen möchte. Das ist ein schlech- reiche Teil der Welt nicht auf Kos- Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonatio- ter Witz. Herr Müller, Ihre Bilanz ten der Armen leben darf. naleinkommens für die Entwick- haben Sie mit dem wohlklingen- Aber das Problem ist: Sie haben lungszusammenarbeit auszuge- den Titel „Entwicklungspolitik als in den letzten vier Jahren eine ben, haben Sie nun offiziell er- Zukunfts- und Friedenspolitik“ komplett gegenteilige Politik be- reicht. Aber wir alle wissen, dass versehen – mal wieder schöne trieben. diese 0,7 Prozent auf einem Trick Worte. Der passende Titel für die Ihre Entwicklungspolitik war beruhen: Sie haben die Kosten für Bilanz wäre aber „Entwicklungs- eben nicht nachhaltig. Statt schö- die Unterbringung der Flüchtlinge politik als Phrasendrescherei und ner Worte hätten wir Linke uns hier in Deutschland mit einge- Außenwirtschaftsförderung“. gute Taten gewünscht. rechnet. Davon haben die Men- Schauen wir uns die realen Er- schen im globalen Süden genau 0 Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) Ende April 2017 bei der gebnisse Ihrer Politik an. Prozent. Diese Zahlenspiele sind Eröffnung der Konferenz „EINEWELT ohne Hunger ist möglich“ © dpa Beifall bei der LINKEN) 12 DEBATTENDOKUMENTATION Das Parlament - Nr. 21-22 - 22. Mai 2017

Gabi Weber, SPD: und verantwortungsvolle Rüs- Anliegen. tungspolitik mit ein. Ja, aber wenn es Ihnen damit Diesen Satz in dem Bericht ernst ist, Herr Minister, so wie Sie Die Agenda 2030 mit kann jeder von uns, denke ich, es im Januar im Ausschuss vorge- voll unterschreiben. Ihn umzuset- tragen haben, dann sollten Sie die zen, Herr Müller, heißt dann aber jetzt vorliegenden EPAs nicht mit- Leben füllen auch, dass das BMZ und alle betei- beschließen, sondern Hand in ligten Ressorts sich diesen bei ih- Hand mit uns ablehnen. ren Entscheidungen zu eigen ma- Im Übrigen bin ich der Mei- tigkeit großer Krisen geprägt – „Entwicklungschancen fördern, chen müssen. nung, dass wir uns bei der ODA- Kriege, Flucht, Ebola und Hunger Fluchtursachen mindern und Frie- Frieden, Sicherheit und nach- Quote nichts vormachen sollten. –, und alle haben Auswirkungen den sichern“, so stellt der Bericht haltige Entwicklung sind nur in Die 0,7 Prozent erreichen wir nur auf unsere Entwicklungsarbeit. Es klar, dass Entwicklungspolitik ge- einem vernetzten Ansatz erreich- dadurch, dass die Kosten für die geht jetzt darum, mit welcher Po- rade die strukturellen Ursachen bar. Die neuen Leitlinien der Bun- Geflüchteten bei uns angerechnet litik wir die 2015 beschlossenen von Fragilität und Flucht wie das desregierung zu Krisenvorbeugung werden. Das ist OECD-konform. 17 Ziele für nachhaltige Entwick- Versagen staatlicher Institutionen, und Friedensförderung wie auch Wenn man das aber abzieht, dann lung erreichen wollen, in der Welt, Armut, Ungleichheit, Perspektiv- das Weißbuch tragen dem Rech- sind wir bei 0,52 Prozent. Ja, das aber auch bei uns zu Hause. losigkeit und Klimawandel nur nung. Nur, Herr Minister: Der ist eine gewaltige Steigerung in In meiner nun bald vierjährigen mittel- und langfristig mindern Marshallplan für oder mit Afrika den letzten drei Jahren; aber wir Doppelrolle als Entwicklungs- kann. Das ist das Kerngeschäft von folgt dem Gebot dieser engen Ab- müssen aufpassen, dass wir das und Verteidigungspolitikerin Entwicklungspolitik und nicht stimmung nicht. Sie haben ihn al- Ziel von 0,7 Prozent im Blick be- stand für mich das Thema Sicher- überhastete Feuerwehreinsätze leine gemacht und dann im Kabi- halten. Noch ein Hinweis: Die © DBT/Achim Melde Gabi Weber (*1955) heit oft im Fokus. Dabei ist Sicher- und Sonderinitiativen. nett vorgelegt. Das ist keine Ab- multilateralen ODA-Mittel sind Landesliste Rheinland-Pfalz heit aber mehr als nur militärisch- Es freut mich, dass die Rolle von stimmung im Sinne vernetzter, zugunsten der bilateralen Zusam- polizeiliche Sicherheit. Soziale Si- Frauen bei der Friedenssicherung vernünftiger Arbeit, die wir drin- menarbeit massiv verringert wor- ür alle, die ihn noch nicht cherheit, gerechte Verteilung von und der Entwicklung in dem Be- gend brauchen. Noch etwas, weil den. Das bringt uns aber nicht gesehen haben: Das ist der Ressourcen, Ernährungssicherheit richt gewürdigt wird. Frauen sind ich gerade beim Thema Afrika bin. weiter. Wir müssen mit starken Fentwicklungspolitische Be- und die vor- und nachsorgende starke Akteure, aber leider oft auch Im Bericht wird verkündet: Partnern weltweit multilateral zu- richt. Für alle diejenigen, die auf Friedensarbeit sind die zweite Sei- Opfer. Beides muss berücksichtigt Der Einsatz auf EU-Ebene für ei- sammenarbeiten. Das muss unser den Tribünen sitzen: Den kann te derselben Medaille. werden. Die Umsetzung der UN- ne entwicklungsfreundliche Aus- Ziel sein, um die Agenda 2030 mit man sich auch beschaffen. Unser Ziel ist eine umfassende Resolution 1325 durch unseren gestaltung aller EU-Handels- und Leben zu erfüllen. Die Bundesregierung legt mit menschliche Sicherheit, die die zweiten Nationalen Aktionsplan ist Investitionsabkommen mit Ent- diesem Bericht Rechenschaft über Grundlage für ein menschenwür- damit auf einem guten Weg. wicklungs- und gegenüber Dritt- (Beifall bei der SPD sowie der Abg. die Arbeit der letzten vier Jahre ab. diges Leben bildet und damit zu- Eine friedensorientierte Politik ländern im Sinne der Agenda Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS Diese Zeit war von der Gleichzei- gleich Konflikten vorbeugt. schließt auch eine zurückhaltende 2030 ist ein zentrales deutsches 90/DIE GRÜNEN])

Sibylle Pfeiffer, CDU/CDSU: bildung der jungen Frauen und litätsnah sein, muss gewissen Anfor- Mädchen. Wir brauchen die Frauen derungen genügen, muss sich daran in Arbeit. Dieser Prozess ist langwie- orientieren, welche Notwendigkei- Entwicklungspolitik braucht rig, und dafür brauchen wir Geduld. ten bestehen und wie man die Auf- Das ist es auch, was wir in der Ent- gaben vor Ort mit unseren Partnern wicklungspolitik überhaupt brau- erledigen kann. Das ist das, was wir Frohsinn, Mut und Zuversicht chen: einen langen Atem, viel Ge- in Zukunft viel mehr brauchen: duld und viel Mut. nicht sagen, wie es besser geht, son- Wir werden als Nächstes vor der dern die Länder mitnehmen, vor al- litischen Bericht, den wir heute hier das Gefühl, dass wir immer sugge- großen Herausforderung der Ener- len Dingen nicht nur an ihre Eigen- diskutieren, betrachte, dann ist das, rieren, wenn wir erst einmal genug gieversorgung in den sich entwi- verantwortung appellieren, sondern was wir jetzt nach vier Jahren Minis- Geld hätten, wäre alles in Ordnung. ckelnden Ländern stehen. Das wird sie auch massiv einfordern – auch ter Müller vorlegen, das, was ich mir Für uns sind 0,7 Prozent das Man- eines der Hauptprobleme sein: Wie mit Druck –, Unterstützung nur un- unter nachhaltiger, weitsichtiger, vo- tra. bekommen wir die industrielle Ent- ter gewissen Voraussetzungen leis- rausschauender und effizienter Ent- Haben wir erst einmal 0,7 Pro- wicklung in den Ländern, vor Ort, ten, zum Beispiel unter der Voraus- wicklungspolitik vorstelle. zent erreicht, dann ist die ganze hin, ohne dass wir Industrialisie- setzung, dass die Länder auch ihre Ich möchte gar nicht daran den- Welt in Ordnung. Wir suggerieren rungsmechanismen in Gang setzen, eigenen Gelder, ihre eigenen Res- ken, was vorher geleistet worden ist, auch, Deutschland könne die Welt wie wir sie hatten, aber heute zum sourcen, ihre eigenen materiellen also bitte. retten. Glück nicht mehr haben? Wir brau- Fähigkeiten, ihre eigenen geistigen Es ist offensichtlich doch eine Wir sind ein ganz, ganz kleiner chen dort andere Mechanismen, um Fähigkeiten einsetzen. Wir brauchen Kunst, weil es wegweisend war, wie Teil in dem großen Rad der interna- eine Entwicklung mit einer anderen dabei den Einsatz der Länder, sonst weise, klug und weitsichtig als Erstes tionalen Gemeinschaft. Da müssen Form der Energieversorgung hinzu- können wir nicht gemeinsam reüs- © DBT/Achim Melde Sibylle Pfeiffer (*1951) die Sonderinitiativen in Gang ge- wir uns effektiv einbringen und effi- kriegen. sieren. Wahlkreis Lahn-Dill setzt worden sind – „EINEWELT oh- zient arbeiten. Da werden wir drin- Das Thema Klima. Der Klima- Was der Entwicklungspolitiker ne Hunger“, „Stabilität und Ent- gend gebraucht, unsere Ideen und wandel ist in den Ländern, in denen der Zukunft braucht, sind immer n meinem Wahlkampfflyer aus wicklung in Nordafrika und Nah- Strategien, unsere Kenntnisse von wir tätig sind, eigentlich das große noch ein langer Atem und Geduld, dem Jahr 2002 stand sinnge- ost“, „Fluchtursachen bekämpfen“ den Strukturen vor Ort, den Ge- Thema überhaupt. Es geht hier um aber vor allen Dingen Frohsinn, Imäß: Ich möchte gerne Entwick- –, lange bevor sich die Probleme sundheitssystemen, den Bildungs- eine weltweite, internationale Auf- Mut und Zuversicht. Das wünsche lungspolitik machen, weil ich hel- überhaupt erst stellten. Es ist auch systemen und Ähnlichem. Da sind gabe, eine Aufgabe der internationa- ich, liebe Kollegen, all jenen, die fen möchte, die Lebensumstände weitsichtig, klug und weise, ein Tex- wir gefragt. Wenn wir es schaffen, len Gemeinschaft. Dem müssen wir sich auch in Zukunft mit Entwick- der Menschen vor Ort zu verbessern, tilbündnis mit Empathie und Enga- da unsere Arbeit sinnvoll zu ma- uns stellen, da müssen wir mitma- lungspolitik befassen. damit sie ihre Heimat nicht verlas- gement voranzubringen. Das hat chen, dann haben wir schon sehr chen, und wir werden es auch hin- sen müssen. – Man kann sagen: unser Minister in den Medien, in viel geleistet. kriegen, wenn wir uns ordentlich „Das war weitsichtig, vorausschau- der Öffentlichkeit, in der Gesell- Gestatten Sie mir einen kurzen einsetzen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei end“, vielleicht auch: „Warst du eine schaft vorgestellt, und das war es, Ausblick auf die Herausforderungen Ich glaube, es ist richtig und gut, Abgeordneten der SPD) Hexe? Was hast du damals gese- was uns fehlte. der Zukunft. Was sind die großen dass wir die Entwicklungspolitik aus hen?“. Keine Ahnung, aber seit 2002 Jawohl, wir gehören in die Mitte Themen? Ein großes Thema ist das der Ecke herausgeholt haben, in der habe ich drei Entwicklungsminister der Politik. Wir sind ein Teil der gu- Wachstum der Weltbevölkerung. das Weltverbesserertum und auch In der Debatte sprachen zudem die erlebt – eine Entwicklungsministe- ten Außenpolitik, die Deutschland Wie können wir dem begegnen? der Altruismus überhandnahmen. Abgeordneten Christoph Strässer rin, zwei Entwicklungsminister –, an sich macht. Aber machen wir uns Der Minister hat es schon gesagt: Wir sind in der Realität angekom- (SPD) und Jürgen Klimke (CDU/CSU). und wenn ich den entwicklungspo- nichts vor, liebe Freunde: Ich habe hauptsächlich mit Bildung und Aus- men. Entwicklungspolitik muss rea- Informationen in Leichter Sprache Ausgabe Nr. 66 Beilage für:

leicht Beleidigungen im Internet erklärt! Ein neues Gesetz soll sie verhindern

Thema im Bundes-Tag In sozialen Netzwerken kann man sich anmelden. Letzte Woche haben die Politiker vom Bundes-Tag über einen Dann kann man sich mit anderen Gesetz-Vorschlag gesprochen. Menschen unterhalten. Oder man kann Dabei ging es um folgendes Thema: Kommentare schreiben. Man will Beleidigungen und ähnliche Kommentare sind kurze Texte. Dinge in sozialen Netzwerken Jeder kann sie lesen. verhindern. Darin schreibt man beispielsweise Im folgenden Text steht mehr dazu. seine Meinung. Zum Beispiel: - zu einem Bild Was sind soziale Netzwerke? - zu einem Video - zu etwas, Soziale Netzwerke das jemand geschrieben hat sind bestimmte Seiten im Internet.

Zum Beispiel: Strafbare Kommentare - Facebook Ab und zu gibt es in sozialen Das spricht man ungefähr so aus: Netzwerken sehr böse Kommentare. Fäis-Buck. Menschen werden beleidigt. - Youtube Oder sie werden bedroht. Das spricht man ungefähr so aus: Ju-Tjub. Leuten wird gesagt, sie sollen Verbrechen begehen. - Twitter Oder über andere Menschen werden - Instagram Lügen erzählt. Beleidigungen im Internet • Ein neues Gesetz soll sie verhindern

Viele dieser Taten sind Darum sind manche Menschen der in Deutschland strafbar. Meinung:

„Strafbar“ bedeutet: In den letzten Jahren gibt es Sie sind durch ein Gesetz verboten. immer mehr strafbare Kommentare Man wird vielleicht im Internet. von einem Richter bestraft, Und man kann kaum etwas dagegen wenn man sie macht. machen. Man darf zum Beispiel nicht einfach jemanden beleidigen. Darum muss es neue Gesetze geben. Oder Lügen über ihn erzählen. Gesetze, mit denen man strafbare Dabei ist es ganz egal, ob man diese Kommentare besser verhindern kann. Dinge im echten Leben macht. Oder ob man sie im Internet macht. Gesetz-Vorschlag

2 Dinge sind an sozialen Netzwerken Einen Vorschlag für so ein Gesetz aber besonders: haben vor ein paar Monaten Politiker von der Bundes-Regierung gemacht. 1) Viele strafbare Kommentare Es gibt dort viel mehr Beleidigungen, In dem Gesetz-Vorschlag stehen neue Drohungen und Lügen als im echten Regeln für soziale Netzwerke. Leben. Am wichtigsten ist folgende Regel: Ein Grund dafür ist vielleicht: Soziale Netzwerke sollen strafbare Kommentare in Zukunft Im Internet schauen sich die Menschen nicht in die Augen. schnell löschen. Sie sitzen nur zu Hause an ihrem Computer. Wie soll das Löschen Da ist es einfacher, funktionieren? einen bösen Kommentar über jemanden zu schreiben. Das Löschen von strafbaren Kommentaren soll so funktionieren: Denn man muss ja keine Angst vor der Person haben. 1) Soziale Netzwerke müssen besondere Mitarbeiter haben.

2) Falscher Name 2) Bei diesen Mitarbeitern kann man sich beschweren. Bei sozialen Netzwerken muss man sich oft mit einem Namen anmelden. Und zwar über Kommentare, die man für strafbar hält. Aber: Meistens kann man auch einen falschen Namen nennen. 3) Die Mitarbeiter überprüfen dann: Und auch sonst muss man Verstößt der Kommentar wirklich nichts über sich verraten. gegen ein Gesetz? Das bedeutet: 4) Vielleicht entscheiden sie: Ja, der Kommentar ist strafbar. Oft weiß niemand, Dann müssen sie ihn löschen. wer einen strafbaren Kommentar geschrieben hat. Das müssen sie in einer bestimmten Dann kann man die Person auch Zeit machen. nicht bestrafen. Und zwar in 1 bis 7 Tagen. 5) Soziale Netzwerke müssen sich um Darum müsste die Beschwerde bei die Beschwerden kümmern. bösen Kommentaren eigentlich so funktionieren: Sonst müssen sie vielleicht eine Strafe zahlen. 1) Jemand findet einen Kommentar, den er für strafbar hält.

Meinung zum Gesetz-Vorschlag 2) Deswegen geht er zur Polizei.

Der Gesetz-Vorschlag wurde vor etwa Dort erzählt er von dem Kommentar. 2 Monaten veröffentlicht. Und er zeigt den Schreiber an. Seitdem haben sehr viele Menschen 3) Die Sache wird dann von einem ihre Meinung dazu gesagt. Richter bearbeitet. Viele Menschen finden den Gesetz-Vorschlag nämlich schlecht. Der entscheidet: - Ob die Nachricht gegen ein Dafür gibt es verschiedene Gründe: Gesetz verstößt. - Ob sie gelöscht werden muss. - Ob der Schreiber eine Strafe 1) Neues Gesetz unnötig bekommt. Manche Menschen finden: Wir brauchen kein neues Gesetz. Wenn der Kommentar gelöscht werden muss, sagt der Richter das Es gibt ja schon Gesetze gegen dem sozialen Netzwerk. Beleidigungen und solche Dinge. 4) Und das soziale Netzwerk löscht Und diese Gesetze gelten nicht nur dann den Kommentar. im echten Leben. Sie gelten natürlich auch im Internet. Man muss sie also nur benutzen. 3) Meinungs-Freiheit Das heißt: Menschen, die strafbare Kommentare schreiben, Viele Menschen finden auch: muss man auch wirklich bestrafen. Der Gesetz-Vorschlag ist schlecht für die Meinungs-Freiheit in Deutschland. 2) Richter müssen entscheiden Meinungs-Freiheit bedeutet: Im Gesetz-Vorschlag steht: Man darf sagen, was man möchte. Mitarbeiter von sozialen Netzwerken Und zwar, solange man damit nicht müssen entscheiden, gegen ein Gesetz verstößt. ob ein Kommentar gegen ein Gesetz verstößt. Die Meinungs-Freiheit gilt auch im Internet. Manche Menschen finden aber: Das dürfen die Mitarbeiter Manche Menschen haben nun von sozialen Netzwerken gar nicht. vor folgender Sache Angst: Denn: In Deutschland sind dafür Im Gesetz-Vorschlag steht ja: Richter zuständig. Soziale Netzwerke müssen strafbare Nur sie dürfen entscheiden, Kommentare selbst löschen. ob jemand gegen ein Gesetz verstoßen hat. Wenn sie das nicht richtig machen, Und ob er bestraft werden soll. müssen sie vielleicht eine Strafe zahlen. Beleidigungen im Internet • Ein neues Gesetz soll sie verhindern

Vielleicht löschen die sozialen Manche Menschen fi nden: Netzwerke darum alle Kommentare, Der Gesetz-Vorschlag verstößt gegen über die sich jemand beschwert. diese beiden Regeln.

Ganz egal, ob sie wirklich gegen ein Darum darf es das Gesetz leicht Gesetz verstoßen oder nicht. gar nicht geben. So wollen die sozialen Netzwerke Denn: Kein Gesetz darf gegen das sichergehen, dass sie keine Strafe Grund-Gesetz verstoßen. erklärt! bezahlen müssen.

Was passiert jetzt? Dann könnte zum Beispiel Folgendes Über den Gesetz-Vorschlag gibt es passieren: also sehr unterschiedliche Meinungen. Jemand liest im Internet einen Letzte Woche haben die Politiker vom Kommentar, der ihm nicht gefällt. Bundes-Tag zum ersten Mal darüber Der Kommentar verstößt nicht gegen gesprochen. ein Gesetz. Sie werden aber noch mehrmals Aber die Person beschwert sich darüber reden. trotzdem beim sozialen Netzwerk. Das soziale Netzwerk löscht dann den Vielleicht werden auch noch einmal Kommentar. Dinge an dem Vorschlag geändert. Das ist dann fast so Dann stimmen die Politiker vom wie ein Sprech-Verbot Bundes-Tag darüber ab. für den Kommentar-Schreiber. Wenn die meisten von Und das, obwohl er gar nichts ihnen zustimmen, Verbotenes gesagt hat. wird aus dem Vorschlag ein Gesetz. Manche Menschen hören dann vielleicht auch ganz auf, ihre Meinung im Internet zu schreiben. Weitere Informationen Weil sie denken, in Leichter Sprache gibt es unter: dass sie sowieso gelöscht wird. www.bundestag.de/leichte_sprache Das heißt: Es gibt weniger Meinungs-Freiheit. Impressum

Passt der Gesetz-Vorschlag Dieser Text wurde Nachrichten zum Grund-Gesetz? in Leichte Sprache Werk übersetzt vom: In Deutschland gibt es www.nachrichtenwerk.de ein Grund-Gesetz. Ratgeber Leichte Sprache: http://tny.de/PEYPP Darin stehen die wichtigsten Regeln Die Bilder sind von: Titelbild: © picture alliance / Jochen Eckel. Außerdem von Picto-Selector. für Deutschland. Genauer: © Sclera (www.sclera.be), © Paxtoncrafts Charitable Trust (www.straight-street.com), © Sergio Palao (www.palao.es) im Namen der Regierung von Aragon (www.arasaac.org), © Pic- togenda (www.pictogenda.nl), © Pictofrance (www.pictofrance.fr), © UN OCHA (www.unocha. Im Grund-Gesetz steht auch: org) oder © Ich und Ko (www.ukpukvve.nl). Die Picto-Selector-Bilder unterliegen der Creative Commons Lizenz (www.creativecommons.org). Einige der Bilder haben wir verändert. Die Urhe- 1) In Deutschland gibt es ber der Bilder übernehmen keine Haftung für die Art der Nutzung. Meinungs-Freiheit. Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“ 21-22/2017 2) Richter entscheiden, Die nächste Ausgabe erscheint am 6. Juni 2017. ob eine Tat strafb ar ist.