UID Jg. 9 1955 Nr. 69/70, Union in Deutschland
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Sonderbeilage: 'Dertriebene und •f'lüdytiinge Union in Deutschland Informations-Dienst der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union Deutschlands Verlag und Vertrieb: Bonn, Argelanderstraße 173. Redaktion: Bonn, Pressehaus IV, Zimmer 48 (Tel. 2 14 08), Görresstraße Nr. 69/70 Bonn, den 8. September 1955 IX. Jahrg. Ergebnis der Viermächtepolitik nach Kriegsende. Unnütz zu betonen, daß Moskau als Vorbereitung für Genf eine Wiedervereinigung, soll sie eine reale Basis haben, deshalb nur erfolgen Westmächte und Bundesrepublik einig im Ziel kann zwischen diesen Beteiligten, dies- mal natürlich bei Mitspracherecht der Die Spannung, mit der die deutsche innerhalb Europas wiederholt das Pro- deutschen Regierung, die von deutscher Öffentlichkeit den Besuch des Bundes- blem der Sicherheit angeschnitten ha- Bevölkerung in freier Wahl gewählt kanzlers in Moskau verfolgt, ist ver- ben, dürfte es also nicht nur im Inter- wurde. andlich. Verbinden sich doch mit die- esse der Westmächte, sondern auch im So gesehen, gewinnt das Moskauer ser Reise die Herzenswünsche aller sowjetischen Interesse liegen, wenn die Gespräch besondere Bedeutung für die Deutschen nach staatlicher Einheit und Koppelung dieser beiden Fragen aner- bevorstehende Genfer Außenminister- Rückkehr der noch zurückgehaltenen kannt wird. Daß eine solche Koppelung konferenz. Wie nie zuvor seit Bestehen Angehörigen. natürlich nicht unter dem Vorzeichen der Bundesrepublik zählt die deutsche Wie kaum sonst bei einer internatio- einer Wiedervereinigung durch Neutra- Karte im Spiel der Mächte als Trumpf. nalen Konferenz geht es in Moskau lisierung Deutschlands gesehen werden Ihn richtig auszuspielen, wird die Staats- nicht nur um politische Fragen, son- kann, ist oft genug betont worden und kunst Dr. Adenauers sein müssen, wenn dern um zutiefst menschliche Anliegen. dürfte wohl in den Moskauer Gesprä- er im Gespräch mit den Spitzen der Zwar hat die Sowjetunion in ihren No- chen kaum mehr als nur im theoreti- sowjetischen Regierung den schmalen ten die Normalisierung der Beziehun- schen Sinne angesprochen werden. Pfad zwischen politisch-diplomatischen gen Bonn—Moskau in den Vordergrund Die Teilung Deutschlands ist keine Er- Möglichkeiten und unverrückbaren poli- gerückt und die Behandlung der beiden findung deutscher Politik, sondern das tischen Tatsachen abtastet. andern Themen mehr als Möglichkeit zur Diskussion nicht ausgeschlossen, doch ist auf deutscher Seite kein Zwei- Breite Basis in der Bundesrepublik fel darüber gelassen worden, daß alle drei Probleme in einem engen Zusam- Innenpolitisch ist trotz unveränder- Man wird nach verschiedenen Äuße- menhang stehen. licher Meinungsverschiedenheiten in den rungen von oppositioneller Seite schließ- In der Beurteilung der Chancen des Fragen der westlichen Vertragspolitik in lich annehmen dürfen, daß Überein- Moskauer Treffens hat mit wenigen den letzten Wochen doch eine erfreu- stimmung auch an der Auffassung be- Ausnahmen sowohl in der Presse als liche Übereinstimmung in der Beurtei- steht, daß die Verantwortung für die auch in der Bevölkerung selbst ein ab- lung der westlichen Anliegen der be- Wiedervereiningung Deutschland in er- wartender und nüchterner Realismus vorstehenden Moskaureise zu erken- ster Reihe bei den vier Großmächten vorgeherrscht. Die westlichen Mächte nen. liegt; diese Feststellung führt logischer- >aben zu diesem Realismus beigetra- Bundesregierung, Bundestagsmehr- weise zu der Auffassung, daß die Mos- n, indem sie in offiziellen Erklärun- heit und Opposition betrachten nicht kauer Gespräche des Bundeskanzlers gen die Übereinstimmung der Auffas- nur gemeinsam die Wiedervereinigung hinsichtlich der Frage der Wiederver- sungen in der Frage der deutschen Wie- Deutschlands in Frieden und Freiheit einigung nur Vorbereitung für die be- dervereinigung sowohl unter den West- als das vornehmste Ziel jeder deutschen vorstehenden Viermächte-Beratungen mächten selbst als auch zwischen den Politik, sie stimmen auch überein in der in Genf sein können. Westmächten und der Bundesregierung Ablehnung einer „Koexistenz" auf der Wir denken nicht daran, etwas zu erhärtet haben. Der Rahmen, in dem Grundlage der Spaltung Deutschlands". verniedlichen oder die Differenzen zu sich Vereinbarungen mit den Sowjets Ausdrücklich hat die Opposition festge- verharmlosen, die zwischen der Bun- abspielen können, ist also insofern stellt, sie teile die Auffassung des Bun- desregierung und Bundestagsmehrheit schon jetzt gegeben, als die Normalisie- deskanzlers, „daß ein europäisches auf der einen und der Opposition auf rung der Beziehungen nur denkbar ist Sicherheitssystem, das die Beibehaltung der anderen Seite nun einmal bestehen. bei gleichzeitigem Entgegenkommen in der Teilung Deutschlands vorsehen Sie wurzeln im letzten in der Verschie- der Frage der Wiedervereinigung. Da würde, für das deutsche Volk unan- denheit der Auffassungen über die so- die Sowjets im Zusammenhang mit der nehmbar wäre". Es ist deshalb nur lo- genannte Vertragspolitik, die Bundes- künftigen Orientierung Deutschlands gisch, wenn weiter erklärt wurde, die regierung und Bundestagsmehrheit als Verhandlungen über diplomatische, den einzigen Weg betrachteten und be- wirtschaftliche und kulturelle Bezie- trachten, der zu einer Wiedervereini- hungen zwischen der Sowjetunion und gung Deutschlands in Frieden und CDU-Parteitag erst Ende November der Bundesrepublik dürften „zu keiner Freiheit führen kann. Wir wollen in Der Sechste Bundesparteitag der Christ- direkten oder indirekten Anerkennung diesem Zusammenhang nicht neuer- des gegenwärtigen Zustandes eines ge- lich-Demokratischen Union Deutschlands dings versuchen, die Opposition von der teilten Deutschlands führen". Richtigkeit des eingeschlagenen Weges findet nicht, wie vorgesehen, vom 6.—9. Gemeinsamkeit der Auffassungen be- zu überzeugen. Wir teilen aber (ohne Oktober, sondern vom 21.—24. November steht ferner — wir möchten sagen: wiederum die Schuldfrage aufzurollen) in Baden-Baden statt. Diese Entschei- selbstverständlich — bezüglich einer das Bedauern, dem Herr Ollenhauer dung wurde notwendig, um eine ein- unverzüglichen Freilassung und Heim- gestern Ausdruck gegeben hat — das kehr aller gefangenen Soldaten und Bedauern darüber, „daß in dieser wandfreie Vorbereitung des Parteitages internierten Zivilisten, die noch im Schicksalsstunde des deutschen Volkes zu ermöglichen. sowjetischen Machtbereich zurückgehal- über die mit der Moskauer Besprechung ten werden. verbundenen Pläne nicht eine Verstän- Robert Schuman: sein. Wir müssen Europa retten, innerlich festigen, nicht nur in seinem Das vernünftige Wagnis Europa eigenen Interesse, sondern auch im Interesse der übrigen Menschheit. Ein Ohne Europa ke ine Koexistenz einiges Europa bildet, wie Professor Über den Tag hinaus behält die 'in Gundlach kürzlich geschrieben hat, den imstande sind, das schmerzvoll Erlebte Brückenkopf der Koexistenz einem höheren Sinne sehr aktuelle aus unserem Gedächtnis auszumerzen, Rede Bedeutung, die Robert Schuman, zwischen Ost und West. Ohne so soll es doch nur insofern auf uns ein solches, auf geistigen Werten auf- der große und leidenschaftliche Euro- wirken, als dadurch der Entschluß ge- päer, Präsident der Europäischen Be- gebautes Europa, das sich nicht nur stärkt und der Wille wachgehalten wird, militärisch, sondern auch kulturell und wegung, im Rahmen der St.-Ulrichs- nie mehr, weder für uns selber noch für Festwoche in Augsburg in einem Vor- seelisch zusammenschließt, wird die die kommenden Generationen, so etwas Koexistenz für uns alle ein Fallstrick trag behandelt hat. Wir geben einige wieder Wirklichkeit werden zu lassen. sein. der tragenden Gedanken einer Rede Europa, das seit der christlichen Ära wieder: Dieses Europa ist in zwei Dutzend eine neue, humanere Welt geschaffen Staaten zerstückelt, die sich in lähmen- Was wir in zwei Weltkriegen über- hat, Europa, das neue Kontinente ent- standen haben, hat bei uns zur Besin- dem Mißtrauen gegenseitig erschöpfen deckte und organisierte, nicht immer aus und zur Ohnmacht verurteilen. Und das nung mehr beigetragen, als irgendwelche lauteren Beweggründen, aber doch in Friedenspropaganda. Heute sind wir in gerade in dem Moment, wo alles auf Erfüllung einer großen Mission im Plane Zusammenschluß der Kräfte, auf Pla- allen Ländern im Westen und, so hoffen der Vorsehung, Europa endlich, das wir, auch im Osten, bei Siegern und nung und Arbeitseinteilung drängt durch seine wissenschaftlichen Errun- Wenn die politischen Grenzen in Eurom Besiegten, bei den Stärksten wie bei den genschaften, seine technischen Erfin- Schwächsten, weit genug, um endlich nicht aufgelockert werden, wenn kein dungen dem Fortschritt Ungeahntes freierer Austausch von Rohstoffen p einzusehen und es offen auszusprechen: offenbart hat, — soll dieses Europa auf r0 So darf es nicht weitergehen! Früher dukten, Arbeitskräften zugelassen'wird einmal auf seine noble Vorzugsstellung wenn sich unsere Völker geistig nicht erschien der Krieg als ein Mittel zur verzichten, sie an andere abgeben, die Selbsterhaltung. Heute kann nur der naher kommen, ist Europa dem Siech- wahrscheinlich weniger vorbereitet sind tum und allmählichen Niedergang ge- Friede uns retten vor dem Untergang. auf eine so verantwortungsvolle Rolle? Entspannung ist ein Losungswort ge- weiht, und um so rascher, als andere Die Welt, auch die sogenannte neue ihre Macht ins Ungemessene steigern worden, und wir hören es gerne, wir Welt in Amerika und erst recht die machen mit, sofern und solange auch neueste in Asien und Afrika, braucht Wenn wir uns weiter