Heft 2 April 1997

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Heft 2 April 1997 VIERTELJAHRSHEFTE FÜR Zeitgeschichte Im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte München herausgegeben von KARL DIETRICH BRACHER HANS-PETER SCHWARZ HORST MÖLLER in Verbindung mit Theodor Eschenburg, Rudolf v. Albertini, Dietrich Geyer, Hans Mommsen, Arnulf Baring und Gerhard A. Ritter Redaktion: Norbert Frei, Udo Wengst, Jürgen Zarusky Chefredakteur: Hans Woller Stellvertreter: Andreas Wirsching Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstr. 46b, 80636 München, Tel.126880, Fax 12317 27 45. Jahrgang Heft 2 April 1997 INHALTSVERZEICHNIS AUFSÄTZE Frank Zschaler Die vergessene Währungsreform. Vorgeschichte, Durchführung und Ergebnisse der Geldumstellung in der SBZ 1948 191 Karl Christian Führer Anspruch und Realität. Das Scheitern der national­ sozialistischen Wohnungsbaupolitik 1933-1945 . 225 Gerhard Keiderling Scheinpluralismus und Blockparteien. Die KPD und die Gründung der Parteien in Berlin 1945 .... 257 DISKUSSION Yehuda Bauer Anmerkungen zum „Auschwitz-Bericht" von Rudolf Vrba 297 II Inhaltsverzeichnis DOKUMENTATION Yeshayahu A.Jelinek/ Ben Gurion und Adenauer im Waldorf Astoria. Rainer A. Blasius Gesprächsaufzeichnungen vom israelisch-deutschen Gipfeltreffen in New York am 14. März 1960 .... 309 NOTIZ Mikroverfilmte ausländische Archivalien in der Bayerischen Staatsbibliothek (Freddy Litten) .... 345 ABSTRACTS 349 MITARBEITER DIESES HEFTES 351 Verlag und Anzeigenverwaltung: R. Oldenbourg Verlag GmbH, Rosenheimer Straße 145, 81671 München. Für den Inhalt verantwortlich: Horst Möller; für den Anzeigenteil: Suzan Hahnemann. Erscheinungsweise: Vierteljährlich. Bezugspreis incl. gesetzlicher MWSt 1997: Jahresabonnement Inland DM 92,40 (DM 78,- + DM 14,40 Versandspesen); Österreich öS 693,- (569,- + 124,- Versandspesen); Schweiz und übriges Aus­ land DM/sFr 94,80 (78- + 16,80 Versandspesen). Studentenabonnement (nur Inland) DM 74,40 (60,- + 14,40 Versandspesen); Einzelheft DM 26,-, öS 190,-, sFR 26,- + Versandspesen. Bezieher der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte sind berechtigt, die der Zeit­ schrift angeschlossene Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (2 Bände im Jahr) im Abonne­ ment zum Vorzugspreis von DM 52,- zuzüglich Versandkosten zu beziehen. Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Fotokopien für den per­ sönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als Ein­ zelkopien hergestellt werden. Jede darüber hinausgehende Vervielfältigung bedarf der Genehmigung des Verlages und verpflichtet zur Gebührenzahlung. Satz und Druck: Appl, Senefelderstraße 3-11, 86650 Wemding Ein Teil dieser Auflage enthält folgende Beilage: R. Oldenbourg Verlag, München • Institut für Zeitge­ schichte - Gesamtverzeichnis FRANK ZSCHALER DIE VERGESSENE WÄHRUNGSREFORM Vorgeschichte, Durchführung und Ergebnisse der Geldumstellung in der SBZ 1948 1. Einleitung Während die Währungsreform in den Westzonen seit Jahrzehnten Gegenstand wis­ senschaftlicher, politischer und journalistischer Meinungsäußerungen ist1, hat ihr ost­ deutsches Pendant kaum größere Aufmerksamkeit gefunden. Dafür mag es zwei Gründe gegeben haben: Erstens unterlagen alle Daten über die beiden Geldumstel­ lungen in der SBZ im Juni und Juli 1948 bis 1989/90 ebenso strikter Geheimhaltung wie alle Aktenbestände zur Finanz-, Geld- und Währungspolitik Ostdeutschlands2. Zweitens war das Interesse an diesem Thema gering, gehörte die DM(Ost) doch zu den schwachen Währungen des Ostblocks, die als reine Binnenwährungen internatio­ nal keine Rolle spielten. Außerdem war die ostdeutsche Währungs- und Finanzpoli­ tik schon frühzeitig in der allgemeinen Wirtschaftspolitik aufgegangen3. 1 Vgl. dazu u.a. Eckhard Wandel, Die Entstehung der Bank deutscher Länder und die deutsche Währungsreform 1948. Die Rekonstruktion des westdeutschen Geld- und Währungssystems 1945-1949 unter Berücksichtigung der amerikanischen Besatzungspolitik, Frankfurt a.M. 1980; Albrecht Ritschi, Die Währungsreform von 1948 und der Wiederaufstieg der deutschen Industrie, in: VfZ 33(1985), S. 136-165; Rainer Klump, Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutsch­ land. Zur Kritik neuerer wirtschaftshistorischer Interpretationen aus ordnungspolitischer Sicht, Stuttgart 1985; Wolfram Fischer (Hrsg.), Währungsreform und soziale Marktwirtschaft. Erfahrun­ gen und Perspektiven nach 40 Jahren, Berlin 1989. 2 Einen zusammenhängenden Quellenbestand „Währungsreform" gibt es in den heute zugänglichen ostdeutschen Archiven leider nicht. Vielmehr befinden sich relevante Akten im Bundesarchiv, Ab­ teilungen Potsdam (künftig: BAP), Bestand Ministerium der Finanzen, normaler und Verschluß­ sachenteil (künftig: DN-1 und DN-l-VS), Deutsche Notenbank (künftig: DN-6), Deutsche Wirt­ schaftskommission (künftig: C-15), Präsidium des Ministerrates (künftig: C-20), sowie in der Stif­ tung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (künftig: SAPMO-BA). Quellen zur Vorgeschichte der ostdeutschen Währungsreform befinden sich auch im Sächsischen Staatsarchiv zu Leipzig (künftig: SäStAL), Bestände Sächsische Landesbank und Privatbank Meyer & Co. 3 Daher findet die ostdeutsche Währungsreform in neueren westdeutschen Veröffentlichungen nur marginales Interesse. Vgl. z.B. Hans Roeper, Geschichte der D-Mark, Frankfurt a.M. 1968, S.28f.; Wandel, Die Entstehung der Bank deutscher Länder, S. 131 f. In den fünfziger Jahren wurde dieser Frage wegen der zeitlichen Nähe der Ereignisse und der größeren Informationsdichte mehr VfL 45 (1997) © Oldenbourg 1997 192 Frank Zschaler Nach dem Ende der SED-Herrschaft und dem Zusammenbruch des am sowjeti­ schen Modell orientierten Ordnungs- und Wirtschaftssystems der DDR muß sich die wirtschafts- und finanzhistorische Forschung diesem Problemkreis jedoch zu­ wenden. Heute sind nicht nur alle relevanten Aktenbestände der ostdeutschen Archi­ ve für die Forschung zugänglich, die Bewertung der Stellung von Währung und öf­ fentlichen Finanzen innerhalb des zentralistischen Wirtschaftssystems ist darüber hinaus unerläßlich, um Funktionsweise, Defizite und Scheitern dieses Gesellschafts­ modells zu erklären. Eine Untersuchung über die ostdeutsche Währungsreform sollte daher von folgen­ den Fragestellungen ausgehen: 1. Vor dem Hintergrund der unstrittig positiven Be­ deutung der westdeutschen Währungsreform für den wirtschaftlichen Erfolg der Bundesrepublik muß untersucht werden, ob schon in der ostdeutschen Währungsre­ form und damit im ersten Stadium der Geld- und Währungspolitik der SBZ/DDR Ursachen für das spätere Scheitern des Systems gesehen werden können. 2. Da die Geldumstellung im Westen mit dem Übergang zur sozialen Marktwirtschaft ver­ knüpft war, muß gefragt werden, ob auch die DM(Ost) bereits mit einem System­ wechsel verbunden war. Anders ausgedrückt geht es um eine Bewertung der Ereig­ nisse von Juni/Juli 1948 im Zusammenhang mit dem Transformationsprozeß der ost­ deutschen Gesellschaft. 3. Im Hinblick auf die Währungsreform selbst muß der An­ teil von russischer Besatzungsmacht auf der einen und ostdeutschen Fachleuten und Politikern auf der anderen Seite an Vorbereitung und Durchführung des Geldum- tauschs und an den geld- und währungspolitischen Normensetzungen ermittelt wer­ den. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß diese Frage nicht leicht zu klären ist, weil die sowjetischen Akten leider und wohl auf längere Zeit unzugänglich sind4. 4. Schließlich ist die Vorgeschichte der Währungsumstellung zu erforschen. Dabei ist für den Zeitraum von 1945 bis 1948 zu fragen, ob es in der SBZ und den Westzo­ nen gemeinsame oder unterschiedliche Konzepte über die Zukunft der deutschen Währung und eventuell sogar Kontakte ost- und westdeutscher Finanzwissenschaft­ ler und Finanzpolitiker gab, die an einer gesamtdeutschen Währungsreform interes­ siert waren. 2. Die deutsche Währung am Ende des Zweiten Weltkrieges Die Reichsfinanzverwaltung unter Reichsfinanzminister Lutz von Schwerin-Krosigk und Reichsbankpräsident und Wirtschaftsminister Walther Funk hatte es verstanden, die Lage der öffentlichen Finanzen und der Währung lange Zeit zu verschleiern. Zwar erschloß sich der Ernst der geld- und währungspolitischen Situation Volkswir- Aufmerksamkeit geschenkt. Vgl. z.B. Gerhard Abeken, Das Geld- und Bankenwesen in der So­ wjetischen Besatzungszone und im Sowjetsektor Berlins von 1945 bis 1954, Bonn 1955. 4 Russische Quellenbestände konnten zum Zeitpunkt der Abfassung des Manuskriptes noch nicht eingesehen werden. Die vergessene Währungsreform 193 ten, Finanzwissenschaftlern und Mitarbeitern der Reichsfinanzverwaltung, für den sog. Normalbürger aber war die Knappheit der Güter eher wahrnehmbar als die Notlage der öffentlichen Finanzen5. Das wichtigste finanzpolitische Instrument zur Finanzierung des Zweiten Welt­ krieges war das System der „geräuschlosen Kriegsfinanzierung", durch welches die Banken und Sparkassen, die Reichsbank und die Versicherungen die wichtigsten Kreditgeber für das Reich wurden. Es brachte die privaten Konteninhaber, also etwa die Sparer und Geldanleger, unwissentlich in ein Gläubigerverhältnis zum Reich. 82,8 Prozent aller Reichsschuldtitel wurden auf diese Art „untergebracht", 51,3 Prozent bei Banken, Sparkassen und Genossenschaften; 25,1 Prozent bei der Reichsbank und 6,4 Prozent bei den Versicherungen. Allerdings konnte diese Kon­ struktion nur solange funktionieren, wie Anreize zur privaten Geldanlage bei den Banken bestanden und gleichzeitig kaum private Nachfrage nach Krediten existierte. Das erforderte entsprechende Regulierungsmaßnahmen6. Da versäumt worden war, die
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