MAGISTERARBEIT

Titel der Magisterarbeit:

„Um Sachfragen ist es nie gegangen, es ging immer um Personenfragen!“

ORF versus Österreichische Politik Medienpolitik und medienpolitisches Verständnis an der Schwelle von Konkordanz zur Konfliktdemokratie. Von der „Wenderegierung“ zum ORF Gesetz 2001

Verfasser:

Stefan Langmann, Bakk. phil.

Zur Erlangung des akademischen Grades: Magister der Philosophie (Mag. phil.)

Wien; 2013

Studienkennzahl lt. Studienblatt A 066/841 Studienrichtung lt. Studienblatt Publizistik und Kommunikationswissenschaft Betreuerin / Betreuer Ao. Univ. Prof. Dr. Fritz Hausjell Stefan Langmann 0104885 Danksagung

...Andrea und Anton, dafür dass es euch in meinem Leben gibt. ...meinen Eltern für mehr, als mir ein Studium zu ermöglichen. ...meinem Bruder Georg.

Immer bläda, immer dreister, schmians da um dei Mei an Kleister. Und weilst du ned de Wahrheit kennst, ham ses einfach Honig gnennt. Und ham da damit dei Mei vabiggt. Mit ernana Politik. (Hans Söllner: Durch eia Politik)

2 Stefan Langmann 0104885

Inhaltsverzeichnis

ABKÜRZUNGEN ...... 7 1. EINLEITUNG ...... 8 1.1. WARUM JENE THEMATIK? WARUM DIESER ZEITRAUM? ...... 9 1.2. ERKENNTNISGEGENSTAND ...... 10 1.3. FRAGESTELLUNG UND METHODIK...... 11 1.3.1. FRAGESTELLUNGEN ...... 11 1.3.2. METHODIK ...... 12 1.3.3. AKTEURSINTERVIEWS ...... 12 1.3.4. STRUKTURIERUNG DER ARBEIT...... 13 2. MEDIENPOLITIK ...... 14 2.1. BEGRIFFSBESTIMMUNG ...... 14 2.2. AKTEURE DER MEDIENPOLITIK ...... 15 2.3. MEDIENPOLITISCHE INTERESSENSUMSETZUNGEN ...... 16 2.4. MEDIENPOLITISCHE REGULIERUNGSANSÄTZE...... 16 2.4.1. INTERESSENSZENTRIERTE ANSÄTZE...... 17 2.4.2. INSTITUTIONENZENTRIERTE ANSÄTZE...... 17 2.4.3. IDEENZENTRIERTE ANSÄTZE ...... 17 2.5. HISTORISCHE ASPEKTE MEDIENPOLITISCHER REGULIERUNG ...... 18 2.5.1. DIE PRESSE ...... 18 2.5.2. ELEKTRONISCHE MASSENMEDIEN...... 18 2.6. MERITORISCHE GÜTER UND RUNDFUNKFINANZIERUNG...... 20 2.7. FINANZIERUNG AUS GEBÜHREN UND WERBUNG...... 20 2.8. KLEINSTAATLICHE MEDIENPOLITIK ...... 21 2.8.1. MERKMALE KLEINSTAATLICHER MEDIENPOLITIK ...... 21 2.8.2. KORPORATISMUS ALS STÖRFAKTOR KLEINSTAATLICHER MEDIENPOLITIK...... 23 2.8.3. ENTWICKLUNGSSZENARIEN KLEINSTAATLICHER MEDIENPOLITIK...... 23 2.8.3.1. SZENARIO „MARKT“ ...... 24 2.8.3.2. SZENARIO „KULTUR“...... 24 2.8.3.3. SZENARIO „NEUE HEGEMONIE“ ...... 24 2.8.3.4. SZENARIO „SINGULÄRE ANBINDUNG“ ...... 24 2.8.3.5. SZENARIO „GESTREUTE ABHÄNGIGKEIT“...... 24 2.8.4. MEDIENSYSTEME IM POLITISCHEN UMFELD ...... 25 2.9. AUSBLICK ...... 25 3. HISTORISCHE ENTWICKLUNG ELEKTRONISCHER MEDIEN - VON RAVAG BIS ORF ...... 28 3.1. RUNDFUNK IN DER ZWISCHENKRIEGSZEIT...... 28 3.2. RUNDFUNK IM ZWEITEN WELTKRIEG...... 28 3.3. DIE ENTSTEHUNG DES ÖSTERREICHISCHEN RUNDFUNKS IN DER 2. REPUBLIK...... 29 3.4. VOM RUNDFUNKVOLKSBEGEHREN ZUM ORF GESETZ 2001...... 29 3.4.1. GRUNDLAGEN ZU AUFSICHTSRAT UND GENERALINTENDANT DES ORF...... 30 3.4.2. KURATORIUMSSITZE DURCH DAS ORF-GESETZ 1966 ...... 31 3.4.3. DER AUFSICHTSRAT/DAS KURATORIUM...... 31 3.4.4. ORF-GEBÜHREN IM RUNDFUNKGESETZ VON 1966 ...... 32 3.4.5. DAS RUNDFUNKGESETZ VON 1974...... 32 3.4.6. HÖRER- UND SEHERVERTRETUNG ...... 33

3 Stefan Langmann 0104885

3.4.7. DAS REDAKTEURSSTATUT IM ORF GESETZ...... 34 3.5. GESETZESÄNDERUNGEN UND DAS ORF-GESETZ 2001...... 35 3.5.1. ORF GESETZESNOVELLEN BIS 2001 ...... 35 3.5.2. DAS ORF GESETZ 2001 ...... 36 3.5.2.1. ORF ALS STIFTUNG „SUI GENERIS“...... 36 3.5.2.2. DER GENERALINTENDANT WIRD GENERALDIREKTOR ...... 37 3.5.2.3. DER STIFTUNGSRAT ...... 37 3.5.2.4. DER ORF PUBLIKUMSRAT ...... 37 3.5.2.5. DER PROGRAMMAUFTRAG ...... 38 3.6. ZUSAMMENFASSUNG RUNDFUNKENTWICKLUNG ...... 39 4. POLITIK UND MEDIEN –MEDIENPOLITIK IN ÖSTERREICH...... 41 4.1. EXKURS: POLITIK IN ÖSTERREICH/ DEMOKRATIE ÖSTERREICHISCHER PRÄGUNG .. 41 4.1.1. KONKORDANZ ...... 42 4.1.2. DEKRETISMUS ...... 43 4.1.3. PATERNALISMUS ...... 44 4.1.4. PARTEIBINDUNG/ORGANISATIONSGRAD ...... 44 4.1.5. TRENNLINIEN/„CLEAVAGES“ ...... 45 4.1.6. SYMBOLISCHE POLITIK ...... 46 4.1.7. DER MEDIENAUFTRITTE ÖSTERREICHISCHER POLITIK...... 46 4.1.8. VOM KONSENS ZUM KONFLIKT- DER WANDEL IM POLITISCHEN SYSTEM ...... 48 4.2. ÖSTERREICHISCHE MEDIENPOLITIK ...... 50 4.2.1. MEDIENPOLITIK AUF DEM ÖSTERREICHISCHE ZEITUNGSMARKT...... 51 4.2.2. DER ÖSTERREICHISCHE RUNDFUNKMARKT – SPIELPLATZ DER POLITIK?...... 52 4.2.3. MEDIENPOLITIK IM RÜCKBLICK: „JEDEM DIE MEDIENLANDSCHAFT DIE ER VERDIENT?1“ ...... 53 4.3. MEDIENPOLITISCHE AGENDEN BIS ZUM ORF-GESETZT 2001 ...... 54 4.3.1. MEDIEN-ALBANIEN...... 54 4.3.2. DAS LENTIA URTEIL...... 55 4.3.3. PRIVATFERNSEHGESETZ SCHEITERT ...... 56 4.3.4. ÖSTERREICHISCHE POLITIK ALS HEMMSCHUH MEDIENPOLITISCHER ENTWICKLUNG? ...... 56 4.3.5. MONOPOLIST ZUM SCHEIN /MONOPOLIST ALS SPIELMACHER ...... 56 4.3.6. DER SPIELMACHER...... 57 4.3.7. BRAINDRAIN INS AUSLAND?!...... 59 4.3.8. MEDIENPOLITISCHER FÖDERALISMUS ...... 59 4.3.8.1. NEUN LÄNDER – NEUN GEBÜHRENSCHEMEN ...... 60 4.3.8.2. DIE LANDESSTUDIOS...... 61 4.3.9. ÖSTERREICH AN DER SCHWELLE ZUM DUALISMUS ...... 63 4.4. DIE WENDE – DER WEG ZUM ORF GESETZ 2001...... 64 4.4.1. GEMEINSAME BASIS – MEDIENPOLITISCHER KONSENS...... 65 4.4.2. AG, DUALISMUS UND MEDIENBEHÖRDE...... 65 4.4.3. DAS ENDE DES „ROTFUNKS“...... 67 4.4.4. EXKURS: INTERVENTIONEN IM RADIO...... 68 4.4.5. DRUCK AUF ÖFFENTLICH-RECHTLICHEN RUNDFUNK STEIGT ...... 69 4.4.6. INTERVENTIONEN INS NETZ – JOURNALISTEN IN DIE ZELLE ...... 70 4.4.7. WIDERSTAND DER INFORMATIONS-REDAKTEURE ...... 73 4.4.8. VIELE VORSCHLÄGE, ABER STILSTAND BEI DER SCHAFFUNG DES ORFG-2001.... 75 4.4.9. VON PAUKENSCHLÄGEN, 4 WEISEN UND 4 NEUEN GESETZEN– DAS JAHR 2001... 76 4.4.10. RUNDFUNKREGULIERUNG IN ÖSTERREICH – ENTWICKLUNG DER KOMMAUSTRIA 78 4.5. ÖSTERREICHISCHE MEDIENPOLITIK NACH DER WENDE – INTERPRETATIONEN ...... 79

4 Stefan Langmann 0104885

4.5.1. BELEBUNG DER MARKTSITUATION?...... 79 4.5.2. INTERPRETATIONEN EINES GESETZES – ORFG-2001...... 80 4.5.2.1. STIFTUNG UND STIFTUNGSRAT...... 80 4.5.2.2. GENERALDIREKTOR ...... 84 4.6. EXKURS: ORF GENERALINTENDANTEN/GENERALDIREKTOREN ...... 86 4.6.1. GERD BACHER ...... 86 4.6.2. GERHARD ZEILER...... 87 4.6.2.1. ERFOLG MIT QUOTE ...... 88 4.6.2.2. POLITIK IN ZEILERS ORF ...... 88 4.6.3. GERHARD WEIS...... 89 4.6.3.1. WEIS UND DIE EUROTEAM AFFÄRE ...... 91 4.6.3.2. DRUCK AUF WEIS UNTER SCHWARZ/BLAU ...... 91 4.6.3.3. JEDES SCHRIFTERL´ EIN GIFTERL´...... 94 4.6.3.4. DAS ENDE DER ÄRA WEIS...... 95 4.6.4. MONIKA LINDNER ...... 96 4.6.4.1. DIE INITIATIVE SOS ORF UNTER MONIKA LINDNER...... 97 4.6.4.2. DIE ABWAHL LINDNERS...... 98 4.6.5. DER PUBLIKUMSRAT ...... 99 4.6.6. DER AUFTRAG/DIE 4 WEISEN UND KEINE REFUNDIERUNG ...... 100 5. MEDIALE POLITIKVERMITTLUNG...... 105 5.1. ASPEKTE DER MEDIALEN POLITIKVERMITTLUNG – DREI PHASEN MODELL ...... 105 5.1.1. DIE PARTEI- UND PRINTORIENTIERTE PHASE: ...... 105 5.1.2. DIE TV-ZENTRIERTE PHASE:...... 106 5.1.3. DIE MULTIMEDIALE EVOLUTIONSPHASE...... 107 5.2. MEDIENNUTZUNG IN ÖSTERREICH ...... 108 5.2.1. FERNSEHEN UND PRINT ...... 108 5.2.2. INTERNET ...... 110 5.3. „POLITISCHE KOMMUNIKATIONSKULTUR“...... 112 5.3.1. JOURNALISTISCHES ROLLENVERSTÄNDNIS...... 114 5.3.2. POLITISCHES ROLLENVERSTÄNDNIS...... 114 5.3.3. WANDEL IN POLITIK UND JOURNALISMUS...... 114 5.4. KONFLIKTPOTENTIAL ZWISCHEN POLITIK UND MEDIEN?? ...... 115 5.4.1. KONFLIKTPOTENTIAL DURCH ROLLENVERSTÄNDNIS ...... 115 5.4.2. POLITISCHE INSZENIERUNG UND „KRITISCHER JOURNALISMUS“ ...... 116 5.4.3. DIE POLITISCHE KOMMUNIKATIONSKULTUR ÖSTERREICHS NACH PFETSCH...... 120 5.4.4. PERSONALISIERUNG IN DEN MEDIEN ...... 120 5.4.5. MANGELNDE DISTANZ - NAH-VERHÄLTNIS ZWISCHEN POLITIK UND JOURNALISTEN 122 5.4.6. KONFLIKTLINIE – KOMPETENZ UND IDEOLOGISCHE DIFFERENZEN ...... 124 5.4.7. KONFLIKTE ZWISCHEN MEDIEN/POLITIK ALS GEFAHR FÜR DEMOKRATIE?...... 125 5.5. MEDIOKRATIE ...... 126 5.6. POSITIVE ASPEKTE DER MEDIALEN POLITIKDARSTELLUNG ...... 128 5.6.1. ZUSAMMENFASSUNG POLITIK UND MEDIEN...... 129 6. BEANTWORTUNG DER FORSCHUNGSFRAGEN ...... 131 6.1. WIE WIRD MEDIENPOLITIK IN ÖSTERREICH PRAKTIZIERT?...... 131 6.1.1. IDEEN- INTERESSEN UND INSTITUTIONENZENTRIERTE ANSÄTZE...... 133 6.1.2. PERSPEKTIVEN KLEINSTAATLICHER MEDIENPOLITIK ...... 133 6.2. WER PRAKTIZIERT MEDIENPOLITIK IN ÖSTERREICH?...... 134 6.3. MEDIENPOLITIK UNTER FPÖ/ÖVP...... 135 6.4. POLITIK VERSUS JOURNALISMUS ...... 136 5 Stefan Langmann 0104885

6.5. FAZIT UND AUSBLICK...... 139 7. QUELLENVERZEICHNIS ...... 143 7.1. LITERATURLISTE ...... 143 7.2. LITERATUR AUS DATENBANKEN ...... 146 7.3. LITERATUR AUS DEM INTERNET ...... 149 8. ANHANG ...... 152 8.1. INTERVIEW MIT JOHANNES FISCHER...... 152 8.2. INTERVIEW MIT FRITZ WENDL ...... 156 8.3. INTERVIEW ING. PETER WESTENTHALER ...... 161 8.4. INTERVIEW MIT ANDREAS KHOL...... 169 8.5. INTERVIEW GERHARD WEIS ...... 174 8.6. ZUSAMMENFASSUNG DER ARBEIT...... 183 8.7. LEBENSLAUF ...... 184

6 Stefan Langmann 0104885

Abkürzungen AG Aktien Gesellschaft APA Austria Presse Agentur BBC British Broadcasting Corporation BGBl Bundesgesetzblatt BMVIT Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie BZÖ Bündnis Zukunft Österreich EFS Europäischer Sozialfond FPÖ Freiheitliche Partei Österreich GI Generalintendant GIS Gebühren Info Service NGO Non-Governmantal Organisation NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei OLG Oberlandesgericht ORF Österreichischer Rundfunk Fernsehen ORFG Österreichisches Rundfunkgesetz OTS Original Text Service ÖVP Österreichische Volkspartei RAVAG Radio Verkehrs Aktien Gesellschaft SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreichs USA United States of America VfGH Verfassungsgerichtshof VÖZ Verband Österreichischer Zeitungen ZiB Zeit im Bild

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1. Einleitung Die Erfindung des Fernsehens stellt gewiss einen Meilensein in der Geschichte der Menschheit dar. Es vermochte gerade auf dem Kommunikationssektor, die Verbreitung von Nachrichten enorm zu beschleunigen. Es waren die bewegten Bilder in jenem „magischen Kasten“, die eine beispiellose Euphorie auslösten. Diese Erfolgsgeschichte sollte auch in den 50´er Jahren des 20 Jahrhunderts in Österreich Einzug halten – mit der Gründung der RAWAG die in weiterer Folge zum ORF werden sollte wurde bereits früher der Grundstein gelegt. Schließlich bekamen auch die Österreicher ihr eigenes Fernsehen. Von Seiten der Politik schlug dem Medium teilweise Misstrauen entgegen: „Aus dem Büdlradio wird eh nix, deshalb lass ma des den Roten" - "In des Kastl schaut eh kaner eini.“

Diese Aussage von Kanzler Julius Raab vermag heute nur noch für Schmunzeln zu sorgen, zeigt aber wie sehr Einstellungen sich ändern können (vgl. Kronberger „Schwarze Irrtümer einst und jetzt.“ Der Standard 20110421, 42). Bald versammelten „Straßenfeger“ die Menschen in Massen vor den Fernsehgeräten. Die neuen Anwendungsbereiche der Darstellung, machten das Medium hoch geschätzt bei jung und alt. Schließlich erkannte man auch seitens der Politik die Möglichkeiten, welche dieses Medium zuließ und drängt bald aus dem „Fernsehkastl“ in die Stuben. Schon zu Frühzeiten des neuen Mediums gab es Verbindungen zur Politik. Sei es aus Gründen der Eigentümerschaft oder wegen der Frequenzregulierung – Fernsehen und Politik fanden sich stets nahe beieinander – die Aussage Raabs untermauert dieses Selbstverständnis.1

Mit zunehmender Entwicklung der Fernsehberichterstattung erkannte die Politik das enorme Potential jenes Mediums – um gewählt zu werden musste man präsent sein. Das degradierte Journalisten2 in Österreich bald zu „Medienknechten“ der Politik – Proporz brachte den Rundfunk bald an den Rand einer Krise. Harsche Kritiken von Seiten der Seher, der Kulturschaffenden und der Wissenschaft gipfelten schließlich im Rundfunkvolksbegehren. Erstmals begann man sich mit der Thematik Politik und Medien auseinander zu setzen – Reformen und Gesetzesänderungen folgten. Die Politik des Landes versuchte jedoch weiterhin, ihre Interessen mit und durch den ORF – dieser befand sich lange in Monopolstellung - zu verwirklichen.

Hier setzt mein Interesse an - der Einfluss der Politik auf den ORF als öffentlich-rechtlicher Sender. Die Entwicklungen in der Zweiten Republik trugen zu Entstehung einer komplexen Mediensituation bei, die eine Gemengelage aus Politik und Medien ergab – bemerkenswert für einen Kleinstaat wie Österreich. Da mich österreichische Politik auch studienbedingt interessierte, war die ursprünglich Zielsetzung dieser Arbeit politische Interventionen auf den ORF nachzuweisen. Dies gestaltete sich, durch mehrere Faktoren bedingt als schwierig.3 In der nun vorliegenden Neukonzeption sollen Interventionen nicht

1 Schwarze Welle (Radio), roter Schirm (TV) war eine geflügelte Bezeichnung für die Einflussverhältnisse der Politik auf die entstehenden Medienlandschaft Österreichs. 2 Die in dieser Arbeit verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich, wenn nicht ausdrücklich durch Namen festgelegt auf beide Geschlechter. 3 Dieses Unterfangen ließ mich unter Zeitdruck und aufgrund mangelnder Präzision scheitern – die Umstellung der Studienpläne verhinderte eine Fertigstellung – diesen Umständen sind auch die zeitlichen Abstände zwischen 8 Stefan Langmann 0104885 völlig unberücksichtigt bleiben – wenn auch nicht zentral. Im Fokus liegt nun die Medienpolitik und das Verständnis von Medienpolitik österreichischer Partein, sowie deren medienpolitisches Handeln - mit besonderem Augenmerk auf der „Wenderegierung“ im Jahr 2000.

1.1. Warum jene Thematik? Warum dieser Zeitraum? Bei ersten Recherchen fand ich heraus, dass es zu jenem Gebiet verhältnismäßig wenig Arbeiten gibt. Als in unmittelbarer Nachbarschaft befindlich, könnten die Arbeit von Elke Salomon und Kirsten Tisch beschrieben werden. Salomon befasst sich mit dem medienpolitischen Verständnis der FPÖ im Zuge der Regierungsverantwortung – allerdings erhob Salomon ihre Daten aus der Analyse von Literatur und Positionspapieren jener Partei. Tisch setzte sich mit Interventionen und ORF auseinander und forscht, „warum Politiker ins Fernsehen wollen“. Elisabeth Osberger beschäftig sich in ihrer Arbeit mit der Medienpolitik der ÖVP – jedoch vor deren Koalition mit der FPÖ im Jahr 2000. Anita Staudachers „Geh ´sama per du“ geht der „Verhaberung“ zwischen Politkern und Journalisten auf den Grund – allerdings nur auf dem Printsektor. Diese überschaubare Zahl an Arbeiten lässt genügend Aspekte frei, die noch nicht, beziehungsweise nicht intensiv beforscht wurden.

Die österreichische Politik hat wie Eingang erwähnt, immer schon Einfluss auf den ORF ausgeübt. Das politische System Österreichs, geprägt durch Konkordanz und Konsens spiegelt sich auch in Institutionen wie dem ORF wieder. 1999/2000 kam es – durch Wahlen und die folgende schwarz/blaue Regierung – zum Bruch. Die neue Art des Regierens wurde auch im ORF evident. Die Regierungspartein legten ein „akzentuiert anderes Verständnis“ von Medienpolitik an den Tag und stellten dies, zum Teil auch in aller Öffentlichkeit zur Schau. Im Zuge dieser Medienpolitik kam es schließlich zum ORF-Gesetz 2001. Mein Ziel ist es, diese Entwicklungen nachzuzeichnen und Besonderheiten hervorzuheben. Die von den Regierungspartein getätigten Interventionen, die ursprünglich im Zentrum der Fragestellung standen, fallen dennoch nicht weg. Gerade durch sie, kann das Bild vom Medienverständnis jener Akteure eindrucksvoll vervollständigt werden. Um die medienpolitische Situation in Österreich in ihrem Ursprung zu verstehen, sind sowohl auf dem Gebiet der Politik, als auch auf dem Medienbereich Rückblicke in die Geschichte essentiell - so kann die Genese der „Verbandelung“ zwischen den beiden gesellschaftlichen Akteuren nachvollzogen werden. Die medienpolitischen Einstellungen der Partein, in Bezug auf die historische Entwicklung soll nur schlaglichtartig erhoben werden – eine Gesamtbetrachtung der medienpolitischen Einstellungen von SPÖ/ÖVP/FPÖ von „Anbeginn des ORF“ bis ins Jahr 2000, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Vielmehr sollen österreichische Charakteristika aufgezeigt und die schwarz/blaue Medienpolitik genauer betrachtet werden.

„Von den Wünschen der Politik, eine eigene „entpolitisierte“ Fernsehstation zu besitzen.“

den Interviews von Journalisten und Politikern geschuldet. Informationsgehalt und Aussagekraft für diese Arbeit sind dadurch aber nicht beeinträchtigt. 9 Stefan Langmann 0104885

1.2. Erkenntnisgegenstand Als Erkenntnisgegenstand dieser Arbeit, kann die österreichische Medienpolitik vom Jahr 2000 – dem Antritt der schwarz/blauen Regierung - bis zum in Kraft treten des ORF Gesetzes 2001 - welches die österreichische Medienlandschaft nachhaltig veränderte (Stichwort: weg vom „Medien-Albanien“ Europas) – bestimmt werden.

Dazu ist es nötig, den Begriff „Medienpolitik“ zu definieren und im österreichischen Kontext zu betrachten. Da sich Politik und Medien über die Jahre hinweg veränderten, gilt es auch diesen Veränderungen Beachtung zu schenken. Sowohl auf Ebene der Politik, als auch auf der journalistischen Ebene wandelten sich die Begebenheiten und Arbeitsweisen. Das reicht von Änderungen der politischen Kommunikation, bis zur Anpassung journalistischer Praktiken an die Terminpläne der Politik. Kurz: „Wie nutzt Politiker Medien und umgekehrt.“ Es sollen natürlich auch die Versuche den ORF zu „entpolitisieren“ und die Wahrnehmung dieser Versuche, auf Seiten der Politik und des Journalismus Gegenstand der Betrachtungen sein. Ich halte es dabei für essentiell, die Geschichte von Politik und Medien dieses Landes zu berücksichtigen. Hier finden wir Entwicklungen, die gerade auf dem Mediensektor bis in die Gegenwart nachwirken. Mit deren Hilfe können auch die Geschehnisse in jenem Zeitraum - 2000- 2002 - schlüssiger erklärt werden.

Das Datenmaterial für jene Arbeit entstammt zu einem überwiegenden Teil aus Literaturanalyse. Um tagesaktuelle Ergebnisse zu Vorfällen der Jahre 1999ff. zu erhalten wurde in den „Presse- Datenbanken“: .) APA-defacto und .) Wiso-Praxis recherchiert. Dabei stellt Wiso-Praxis das kostenfreie Pendant zur Suchmaschine der APA dar, das für Studenten der Universität Wien zugänglich ist. Die ursprünglich aus APA-defacto bezogenen Artikel wurden, soweit dies möglich war, in Wiso Praxis nachrecherchiert. Aus diesem Grund finden sich im Literaturverzeichnis nahezu nur Artikel mit Wiso-Praxis Ursprung. Zitiert werden Ergebnisse der beiden Suchmaschinen wie folgt: (vgl. Autor, Titel, Name des Blattes, JahrMonatTag, Seite) z.b.: (vgl. Fidler, „Interventionen beim ORF“, Der Standard 20130101, 25). Um persönliche Meinungen einzuholen und das Wissen involvierter Personen zu Nutzen wurde eine Reihe von Akteursbefragungen durchgeführt. Diese bezogen sich auf führende Mitarbeiter des ORF und Vertreter jener Partein, die im Jahr 2000 als Regierung antraten – dazu sollte noch ein Vertreter der SPÖ.4 kommen Mein Wunsch auch führende Politikwissenschafter/Meinungsforscher als Experten hinzuzuziehen scheiterte an deren Absage.

4 Sowohl in Teilen der Literatur als auch in diversen Zeitungsartikeln findet sich der Begriff „Rotfunk“ für den ORF. Ich wollte durch das hinzuziehen eines SPÖ-Medienpolitikers gleichsam Raum für Stellungnahme und gegf. Entkräftung dieser „Anschuldigungen“ geben. 10 Stefan Langmann 0104885

1.3. Fragestellung und Methodik 1.3.1. Fragestellungen Ich möchte mit dieser Arbeit, einen Blick in die Medienpolitik „österreichischer Prägung“ werfen. Da Medienpolitik als weites Feld verstanden werden kann, ziehe ich es vor, mich auf den Bereich Rundfunk einzuschränken. Medienpolitik stellt in diesem Sinn und im Kontext dieser Arbeit, in erster Linie Rundfunkpolitik dar. Da die wirkmächtigsten Entscheidungen der „Wenderegierung“ den Bereich Rundfunk und somit den ORF betreffen, fallen großflächige Betrachtungen in Bezug auf die andere Medienbereiche (Zeitung/Radio/Internet) weg – völlig ausgeschlossen werden sie natürlich nicht. Allein der Tatsache geschuldet, dass der ORF auch Radio und Internetdienste zu Verfügung stellt – und damit die österreichische Medienlandschaft beeinflusst – müssen jene Bereiche zumindest kurz beleuchtet werden. Den theoretischen Grundlagen geschuldet, gilt es natürlich auch zu erheben, was unter „Medienpolitik“ zu verstehen ist. Die Rolle Österreichs auf dem Mediensektor entspricht – auch wenn manche Stimmen im Land dies nicht für möglich halten – einem Kleinstaat. Die zentralen Fragestellungen sind daher:

Was ist Medienpolitik und welche Ausprägungen und Perspektiven gibt es für Kleinstaaten wie Österreich? Wie wird österreichische Medienpolitik/Rundfunkpolitik praktiziert? Unter welchen Einflüssen hat sie sich entwickelt und welche politischen Entscheidungen waren dafür bestimmend? Wer waren die maßgeblichen Akteure von österreichischer Medienpolitik und wie wird Medienpolitik verstanden - beinhaltet dies auch die Einflussnahme auf den ORF? Welche Rolle spielt das Verhältnis zwischen Journalismus und Politik in Bezug auf die Ausgestaltung von Medienpolitik?

Im Speziellen möchte ich diese Fragen in Bezug auf den Regierungswechsel im Jahren 2000 betrachten. Hier vollzog sich ein Wandel von einer SPÖ/ÖVP Koalition zu einer ÖVP/FPÖ- und später ÖVP/BZÖ-Regierung. Hier wurden entscheidende Grundsteine bezüglich österreichischer Medienpolitik gelegt. Das betrifft sowohl Änderungen der Gesetzeslage (ORFG-2001), als auch Änderungen in den Personalstrukturen des ORF.

In der Annahme, die Politik überbeanspruche den ORF, gibt es Lösungsansätze oder Voraussetzungen, zu einer Verbesserung der Lage – oder sind die Ereignisse die wir im, von dieser Arbeite beleuchteten Zeitraum festmachen können, bloß einer missverstandenen Medienpolitik geschuldet? Wurden Themen bezüglich „Beeinflussung“ künstlich hochgespielt oder sieht die Politik im ORF ein sprichwörtliches „Wunschkonzert“?

Ein Blick auf die Situation der Journalisten innerhalb des Senders wird daher, allein aufgrund der zentralen Fragestellung zum Verhältnis Journalismus/Politik in Österreich nötig. Inwiefern standen sie unter Druck, den Wünschen und Vorhaben von Seiten der Politik kommend, zum Durchbruch zu

11 Stefan Langmann 0104885 verhelfen? Konnten sie sich der Umklammerung durch die Politik entziehen oder wurden sie zu „Rädern“ in jenem System?

1.3.2. Methodik Methodisch ist diese Arbeit, wie bereits Im Punkt Erkenntnisgegenstand festgehalten – zweigeteilt. Sie setzt sich aus Ergebnissen einer Sekundäranalyse – hierzu wurde Literaturrecherche und Recherche in Online-Datenbanken vollzogen – und Akteursbefragungen zusammen. Dabei handelt es sich um qualitative Interviews die mit verschiedenen Vertretern aus Politik und Medien geführt wurden. Die Interviews waren wenig strukturiert und wurden lediglich mit der gleichen Einstiegsfrage für Politiker und einer anderen für Journalisten eröffnet – die weiteren Fragen wurden der Thematik und dem Interviewverlauf angepasst.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass sich in meinen Fragestellungen einige Themenbereiche befinden, die einen Blick hinter die Kulissen des ORF/der Politik bedürfen. Ob Informationen aus jenem abgeschirmten Bereich auch publik gemacht werden, bleibt fraglich. Auch wenn die zu erforschenden Ereignisse zum Zeitpunkt der Recherche bereits mehr als ein Jahrzehnt zurück lagen ist nicht gewährleistet, dass beteiligte Akteure über Themenbereich sprechen wollen, die ihnen damals selbst, zum Teil heftige Kritik einbrachte. Ich kann daher weder Anspruch auf Erfolg noch auf ausreichend Beleuchtung des Themas garantieren. Ein weiterer, zu berücksichtigender Faktor ist die Zeitungsrecherche. Eingedenk der Situation auf dem österreichischen Zeitungsmarkt ist festzustellen, dass nur eine eingeschränkte Zahl an Tageszeitungen und Magazinen sich auch aktiv mit Medienpolitik auseinandersetzen und Kommunikations- /Medienbereiche in ihrem Portfolio anbieten. Kritischen Auseinandersetzung mit Medien und Personalpolitik findet hierzulande am ehesten in Wochenmagazinen statt. Die dort tätigen Journalisten werden oftmals pauschal dem politisch „linken Spektrum“ Österreichs zugeordnet. Kritik zu deren Berichterstattung findet so gut wie nicht statt. Ebenso wenig, wie kritische Inhalte zur österreichischen Medienpolitik Eingang in österreichische „Massenblätter“ finden.

1.3.3. Akteursinterviews Bei der weiteren Recherche sollte mir die Befragung von Journalisten, Politikern und Meinungsforschern hinweise liefern. Da die ORF Inforedaktion immer wieder in Probleme mit der Politik geraten war, suchte ich Personen aus jenem Kreis, für Interviewtermine zu gewinnen. Bezüglich der Politik wollte ich ehemalige Pressesprecher oder Mitglieder des ORF Kuratoriums/Stiftungsrates erreichen. Da bezüglich Meinungsforschung Professor Fritz Plasser und Professor Peter Filzmaier, sowie Professor Peter Ulram führend auf dem Gebiet politische Kommunikation tätig sind, zog ich auch sie für Interviews in Erwägung. Leider scheiterten die Interviews mit den Meinungsforschern an deren Zeit und Termin Problemen. Von Seiten der damals aktuellen Politik konnte ich Prof. Dr. Andreas Khol von der ÖVP und Ing. Peter Westenthaler gewinnen. Beide stellen im Zusammenhang mit der ORF-Reform wichtige Akteure dar, die aufgrund ihres manchmal „eigenwilligen“ Auftreten gegenüber dem ORF und markigen Sprüchen gegenüber Journalisten für Aufsehen sorgten. Dr. Josef Cap – ehemaliger Kurator des ORF und Vertreter der SPÖ lehnte ein Interview ab. Er wolle sein Handeln und sich selbst nicht kommentieren. Dies teilte mir Dr. August Reschreiter – Mediensprecher der SPÖ – und

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Interviewvertretung Caps mit. Reschreiter selbst, sah sich für den in Betracht gezogenen Abschnitt österreichischer Medienpolitik nicht kompetent genug. Von Seiten des ORF konnten Interviews mit dem damaligen ORF-Informations-Chefredakteur Johannes Fischer, sowie mit Redakteursvertreter Fritz Wendl durchgeführt werden. Als damaliger „Kopf“ des ORF konnte ich auch den ehemaligen Generalintendanten Gerhard Weis für eine Gespräch gewinnen – Weis war als erster Intendant in der Geschichte des ORF vor Ende der Amtszeit auf Drängen der Politik von seinem Amt abgewählt worden. Die Interviews fanden im weitesten Sinn unstrukturiert statt. Lediglich bei Politikern und bei Journalisten wurde jeweils die gleich Eingangsfrage gestellt. In weiterer Folge wurden Fragen zu Interventionen und die persönliche Wahrnehmung von Ereignissen abgefragt. Für Peter Westenthaler beispielsweise seine Einstellung zu mehrmaligen Telefonanrufen und Beschwerden. Andreas Khol wurde nach der Bedeutung des von ihm an Weis gerichteten Beschwerdeschreibens gefragt. Das Interview mit dem Generalintendant i. R. Gerhard Weis fand ganz ohne konkrete Eingangsfrage statt. Zufällig lief auch im Büro von Gerhard Weis jener Ö1 Radiokolleg-Beitrag „Jobprofil Politiker/in“ zu dem sich ein Gespräch über österreichische Politik entwickelte, dass nur zum Teil - weil ohne Bezug zum Thema transkribiert wurde. Bei der Transkribtion der Interviews selbst, wurden die Aussage der verschiedenen Akteure wortwörtlich übernommen. Es erfolgte keine Reinschrift oder Übertragung in Schriftsprache. Ausdrucksformen der Akteure sollten erhalten bleiben um auch deren Gefühlsebene sichtbar zu machen. Streckungen bei der Betonung von Wörtern „jaaa, soo“ usw. sowie besondere Betonung von Einzelnen Wörtern die Verwunderung oder andere Gefühlszustände unterstreichen können wurden in Großbuchstaben transkribiert – „NIE“, NEIN, JA – zur Veranschaulichung.

1.3.4. Strukturierung der Arbeit Die Themengebiete dieser Arbeit soll 4 Unterkapiteln (exklusive Einleitung: 1.ff und Schlussteile: 6.ff) zusammengefasst werden. Der Bereich Medienpolitik macht den Anfang. Es gilt den Begriff zu erläutern und die Bedeutung von Medienpolitik im Lauf der Geschichte zu beschreiben. Danach folgt ein Blick in die Geschichte des ORF. Hier soll eine „Tour ´d Horizont“ von der Entstehung des Rundfunks in Österreich bis zu dessen Charakterisierung mittels „relevanter“ Gesetzestexte durchgeführt werden. Diese soll immer wieder, mit jeweils zum Thema passenden medienpolitischen Aspekten österreichischer Prägung unterfüttert werden. Danach folgt die Auseinandersetzung mit der österreichischen Medienpolitik – ein Überblick zu Bereichen Print und Rundfunk In diesen Bereich ist auch ein Exkurs über genuin österreichische Ausprägungen von Politik vorgesehen. Weiters soll hier Medienpolitik der „Wenderegierung“ beleuchtet werden. Im vierten Teil finden verschieden Aspekte der Beziehung zwischen Medien/Journalismus und Politik Platz. Die Ergebnisse des Interviews werden je nach Themengebiet genutzt und an passenden Stellen eingefügt. Interviewpassagen der von mir geführten Gespräche werden als solche durch (Interview mit Vorname Nachname JJJJMMDD) gekennzeichnet. „S:“ steht in diesem Fall für den Autor dieser Arbeit: Stefan Langmann. „F:“ für Johannes Fischer, „FW:“ für Fritz Wendl, „W:“ für Peter Westenthaler, „K:“ für Andreas Khol und „GW:“ für Gerhard Weis. Alle anderen Interviews stellen Zitate aus der Literaturrecherche dar.

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2. Medienpolitik In den folgenden Abschnitten möchte ich mich mit dem Thema Medienpolitik auseinandersetzen. Hierbei handelt es sich um einen komplexen Bereich innerhalb moderner Gesellschaften, zu dem es vielfältige Zugänge gibt. Verkürzt gesagt, handelt es sich um „Politiken“ zum „Bereich-Medien“ – die englische Sprache bietet in Bezug auf „Politiken“ einen weitaus präziseren Zugang. Dieser soll auch berücksichtigt werden. Doch werfen wir nun einen genaueren Blick in jenen Themenbereich.

2.1. Begriffsbestimmung Wie aus dem Begriff selbst schon hervorgeht, handelt er von Politik und Medien. „Die Beste Medienpolitik sei keine Medienpolitik“ – wendeten kritische Stimmen immer wieder ein – und meinten damit, die Politik/der Staat solle sich tunlichst aus Medienangelegenheiten fernhalten, keine Regelungen treffen oder anders geartete Eingriffe tätigen. Diese Ansicht ist unter anderem dem Vertrauen in die Märkte geschuldet. Diese würden, mittels Angebot und Nachfrage auch die Situation von Medien lenken. Lenkung alleine mag aber zu kurz greifen. Puppis definiert Medienpolitik: „Medienpolitik ist jenes Handeln, das auf die Herstellung und Durchsetzung allgemein verbindlicher Regeln und Entscheidungen über Medienorganisationen und die massenmediale öffentliche Kommunikation abzielt.“ (vgl. Puppis, 2010, 35) die Definition Wilhelms geht etwas mehr in die Tiefe. Er umschreibt Medienpolitik als: „...die geordnete Summe der Maßnahmen die darauf hinzielen, den Massenmedien jenen Raum an Freiheit und Unabhängigkeit vom Staat, von anderen gesellschaftlichen Machtgebilden oder von privaten Monopolen zu sichern, dessen sie bedürfen um ihre publizistischen Funktionen angemessen und ungehindert erfüllen zu können.“ (vgl. Wilhelm 1994, 229). Wilhelm nennt hier weitere wichtige Parameter – etwa jene, die ungehindertes journalistisches Arbeiten ermöglichen sollen. Weiters klingen Forderungen nach Unabhängigkeit von politischen oder ökonomischen Zwängen an – der Gesetzgeber/Regulator hat somit für ein geeignetes Umfeld zu sorgen in dem Medien unabhängig arbeiten können. Dies setzt natürlich auch das Verständnis zu deren Tätigkeiten und deren Rolle im Staatsgefüge voraus – „um ihre publizistischen Funktionen angemessen und ungehindert...“. Medien sind hier also nicht bloße Berichterstatter.

An dieser Stelle interessant zu erwähnen ist, dass in der Scientific Community nicht völlige Einigkeit über den Begriff Medienpolitik besteht. Hier wird in einigen Zirkeln für den Begriff „Kommunikationspolitik“ plädiert. Grund dafür – im Begriff Kommunikation wird nach Meinung jener Forscher das Zusammenwachsen zwischen Rundfunk und Telekommunikation, das in der Gegenwart immer stärker sichtbar wird, besser umfasst (vgl. Puppis 2010, 33).

Unabhängig von Medien- oder Kommunikationspolitikbegriffen, ist als zentrales Thema die Ordnung der Mediensystem zu erkennen die in den Definitionen spürbar wird – diese kann auf verschiedene Wegen geschehen. Ich werde dies später noch anführen.

„Kommunikationspolitik“ deckt in diesem Verständnis natürlich einen größeren Bereich ab – zum Beispiel die Individual- und Massenkommunikation - als das Medienpolitik zu leisten im Stande ist.

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Daher kann Medienpolitik, der „Kommunikationspolitik“ untergeordnet verstanden werden (vgl. Puppis 2010, 33)

Die von mir erforschten Bereiche der Kommunikation/Politik werden vom Begriff Medienpolitik vollständig abgedeckt – daher ist die Berücksichtigung des Feldes der „Kommunikationspolitik“ nicht zwingend notwendig. Auch bei dem von Medienpolitik umfassten Bereich der Massenmedien, gedenke ich Einschnitte zu machen. Mein Primäres Interesse zielt auf die medienpolitische Entwicklung von Fernsehen in Österreich ab. Der Print- und Radiosektor kommen nur am Rand vor. Gänzlich weggelassen, können sie freilich nicht werden, da die Situation von Print- als auch Radioangeboten an manchen Stellen enge Verknüpfungen mit der österreichischen Politik-/Fernsehlandschaft aufweist.

Die Eingangs erwähnte Präzisierung des Begriff im Englischen bezieht sich auf die in jenem Sprachraum gebräuchliche Dreiteilung des Politikbegriffs. Bekanntlich setzt sich, was wir im Deutschen als „Politik“ bezeichnen aus Polity, Politics und Policy zusammen (vgl. Berg- Schlosser/Stammen 1995, 33ff.). Diese Trennung in Politikfelder ermöglicht eine genauer Aufgabenzuweisung. Was wir als Medienpolitik verallgemeinern, erfährt als „media-polity“, „media- politics“ und „media-policy“ eine Auffächerung, deren Arbeitsbereiche und Leistungen genauer dargestellte werden können.

Im medialen Zusammenhang leitet Puppis daher für „polity“ strukturelle und institutionelle Bedingungen von Medienpolitik, für „politics“ Akteure und ihre Einflussnahme auf den Prozess der Herstellung und Durchsetzung von Medienpolitik und für „policy“ medienpolitische Regelungen und Entscheidungen ab (vgl. Puppis 2010, 36)

Auf die Struktur dieser Arbeit umgelegt bedeutet das, dass die historisch entstandenen Bedingungen für ORF/Politik in Österreich unter dem Begriff „media-polity“, die Partein und andere handelnde Personen unter „media-politics“ und die Medienregelungen und Gesetze unter „media-polity“ subsummierbar sind.

2.2. Akteure der Medienpolitik Ungleich dem Begriff selbst hat nicht nur die Politik ein Interesse an Medien. Auch andere gesellschaftliche Akteure haben Einfluss auf den Bereich Medienpolitik. Jarren/Donges unterteilen hier zur Vorbestimmung in individuelle und kollektive Akteure. Also einzelne Personen oder ganze Personengruppen wie Verbände, Partein, Unternehmen, Behörden (wobei die Stärke deren Organisationsgrad keine Rolle spielt) (vgl. Jarren/Donges 2006, 56). Weiters kann in drei Untergruppen unterschieden werden:

1. Kollektive Akteure der Interessensartikulation 2. Kollektive Akteure der Interessensaggregation 3.Kollektive Akteure der Interessensdurchsetzung

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Erstere greifen Themen auf und versuchen sie auf die öffentliche Agenda zu setzten (Verbände/NGOs) Zweitere greifen bereits formulierte Interessen auf und versuchen sie mit eigenen Positionen abzustimmen und ins politisch-administrative System zu bringen Dritte versuchen allgemein verbindliche Entscheidungen zu fällen, und setzen Interessen um und durch. Zum Beispiel (Regierungen/Parlamente) in Form von Gesetzen. (vgl. Puppis 2010, 41).

Da medienpolitische Entscheidungen in letzter Konsequenz von Regierungen und Parlamenten getroffen und umgesetzt werden, versuchen die anderen gesellschaftlichen Akteure (etwa: Unternehmen, Vertreter anderer Medien, politische Partein, staatliche Akteure, zivilgesellschaftliche Akteure) auf die Entscheidungen der „Interessensdurchsetzer“ Einfluss zu nehmen (vgl. Puppis 2010, 42)

2.3. Medienpolitische Interessensumsetzungen Die genannt Akteure der Medienpolitik (Regierungen/Parlamente) sind angehalten – beziehungsweise liegt es in ihrem Interesse medienpolitische Policies (Regelungen/Entscheidungen) umzusetzen. Hier kann wiederum in drei Arten der Policy-Umsetzung unterschieden werden:

1. Distributive Policy – bezeichnet zum Beispiel eine konsensuale Verteilung von Leistungen 2. Redistributive Policy – Umverteilung von Leistungen ( z.B.: Förderungen aus öffentlichen Mitteln) 3. Regulative Policy – Vorschriften zur Verhaltensbeeinflussung (Schaffen von Regelwerk) (vgl. Puppis 2010, 45ff.).

Wie Puppis zum oben genannten Abschnitt festhält, finden auf dem medienpolitischen Sektor vermehrt regulative Policies Verwendung. Welche Ausprägung die österreichische Medienpolitik kennzeichnet wird später an verschiedenen Beispielen zu erläutern sein (Presseförderung, Gebührenfinanzierung, Schaffung von Gesetzen usw.)

Es wurde nun abgegrenzt, welche medienpolitischen Akteure auftreten und letzten Endes Einfluss auf die Ausgestaltung von Medienpolitik haben. Warum aber wurde Medienpolitik - und das Ordnen/Regulieren von Medien an sich - notwendig? Hier finden sich eine Reihe von Ansätzen zu denen ich im nun folgenden Abschnitt einen kurzen Überblick geben möchte.

2.4. Medienpolitische Regulierungsansätze Da Medien von und für Öffentlichkeit bestehen, wirken sich medienpolitische Eingriffe auch auf diese Öffentlichkeit aus. Die Regulatoren - meist Behörden die von Parlamenten und Regierungen geschaffen werden - sind ebenso Teil dieser Öffentlichkeit. Ich möchte mich im folgenden Abschnitt mit medienpolitischen Eingriffen/Regulierungsmaßnahmen auseinandersetzen. Im Blickfeld sollen staatliche Regulierungsansätze und deren Entwicklung liegen, da der Rundfunk in Europa seit seiner Entstehung staatlich organisiert ist.

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Regulierung erfolgt nicht um ihrer selbst Willen, sondern aufgrund bestimmter Interessen. Puppis nennt neben dem Interessenbasierten Regulierungsansatz noch den Institutionen- und den Ideenbasierten Ansatz (vgl. Puppis 2010, 51ff)

2.4.1. Interessenszentrierte Ansätze Jene Ansätze fragen, welche Interessen hinter der Entstehung der verschiedenen Regulierungen liegen. Sie betrachten Regulierung als Instrument mittels dessen Hilfe Interessen umgesetzt werden können. Bei der Frage nach den jeweiligen Interessen kann, so Puppis eine Trennlinie zwischen „normativen“ und „positiven“ Ansätzen gezogen werden (vlg. Puppis 2010, 52) Während normative - interessenszentrierte Ansätze von öffentlichen Interessen - die zu Regulierungen führen – ausgehen, werden positive Ansätze dahingehende gedeutet, dass Regulierung vor allem im Interesse privater Gruppen läge (vgl. ebd.) Wenn also ein Staat, eine Regierung einen Versorgungsauftrag für Rundfunk ins Gesetz schreibt, so geschieht dies primär im Sinn öffentlicher Interessen. Das Ermöglichen von dualem Rundfunk, mag auf den ersten Blick auch im Interesse der Öffentlichkeit liegen, Nutznießer jener Entwicklung sind allerdings besagte private Gruppen, die an der Veranstaltung von Rundfunk hauptsächlich monetäre Interessen haben.

2.4.2. Institutionenzentrierte Ansätze Institutionenzentrierte Ansätze gehen bei der Deutung von Regulierung über die Annahme hinaus, diese würden bloß die Summe einzelner Interessen wiederspiegeln. Vielmehr berücksichtigen sie auch institutionelle Strukturen , Prozesse und Arrangements und holen so das Innenleben von Regulierungsbehörden mit in die Betrachtung. Weil Institutionen historisch gewachsen oder auf bestimmte Art von der Politik abhängig sind – oder diese Institutionen mitunter eigene Absichten verfolgen um ihr Fortbestehen zu sichern – beeinflussen sie die Regulierungsprozesse mehr oder weniger stark (vlg. Puppis 2010, 53 ff). Der Verband der Zeitungsverleger war lange gegen die Einführung von dualem Rundfunk in Österreich. Grund dafür war die Befürchtung, weitere Konkurrenten am Werbemarkt würden die Situation zum eigenen Nachteil entwickeln. Ebenso bezog der ORF(die Leitung des Unternehmens) selbst immer wieder kritisch zum dualen System Stellung. Grund hierfür waren ebenso monetäre Interessen und die Befürchtung, der ORF würde einen Teil seines Aufgabenbereichs verlieren.

2.4.3. Ideenzentrierte Ansätze Ideenzentrierte Ansätze stellen die dritte Variante der Regulierungstheorien dar. Hier stehen Ideen oder Ideologie hinter den Versuchen Regulierungen zu erklären. Mit Hilfe ideenzentrierter Ansätze lassen sich unterschiedliche Regulierungstraditionen erklären. Puppis führt hier als Beispiel die unterschiedlichen Traditionen der Regulierung von Rundfunk in den USA und Europa an. Während auf dem einen Kontinent der Rundfunk dem Markt überlassen wurde – fanden auf dem anderen staatliche Eingriffe zur Institutionalisierung jenes Sektors statt. Abhängig von den jeweils etablierten Denkschulen und historischen ideengeschichtlichen Entwicklungen (vgl. Puppis 2010, 55). Die medienpolitischen Einstellungen politischer Partein sind normalerweise auch entlang ideenzentrierter/weltanschaulicher Ansätze ausgerichtet.

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2.5. Historische Aspekte medienpolitischer Regulierung 2.5.1. Die Presse Die eben erwähnten ideenzentrierten Ansätze sind oft eng mit historischen Entwicklungen verbunden. Dies kann von Staat zu Staat variieren und ist einer Reihe kultureller und gesellschaftlicher Ausprägungen unterworfen. Historisch betrachtet stellten Zeitungen die ersten massenmedialen Produkte dar. Sie unterlagen zu ihrer Entstehung keiner besonderen Regulierung – da es sich zumeist um die bloße Zusammenstellung von mehr oder weniger „kuriosen Nachrichten“ aus verschiedenen Teilen Europas und der Welt handelte. Ihre Verbreitung war jedoch eng an das Postwesen gebunden. Mit zunehmender Wichtigkeit des Informationsflusses erkannten auch Staat und Kirche jenes Potential. Regulierungsmaßnahmen wie Zensur oder das Verbot missliebiger Druckschriften waren die Antwort. Bald erging der Ruf nach Pressefreiheit. Diese konnte aber erst durch Revolutionen in Frankreich und den USA etabliert werden (vgl. Humphreys 1996, 18). Natürlich dauerte es noch eine Weile, bis sich das Thema Pressefreiheit in weiten Teilen Europas etabliert hatte. Sieht man von kartellrechtlichen Eingriffen ab, so ist der Zeitungsmarkt heute verhältnismäßig frei von Regulierungen. Zensur und andere Einschränkungen sind längst abgeschafft. Jeder Bürger könnte eine Zeitung herausgeben ohne vorher Lizenzen o.ä. erwerben zu müssen. Es gilt lediglich, die strafrechtlich relevanten Rahmenbedingungen zu erfüllt.

2.5.2. Elektronische Massenmedien Bei elektronischen Medien verlief diese Entwicklung anders. Von Beginn an unterlagen sie – im europäischen Raum - strenger Regulierung. Das betrifft sowohl Radio als auch Fernsehen. Wie Humphreys festhält wurden Regulierungen durch staatliche Autoritäten auf jenem Gebiet von Beginn an als legitim erachtet (vgl. Humphreys 1996, 112). Er nennt dafür drei Aspekte unter welchen Regulierung legitimiert wurde. 1. technische Aspekte 2. ökonomische/monopolistische Aspekte 3. politische Aspekte

1. technische Aspekte der Regulierung Bereits Radio ,das als Vorgänger des Fernsehen gilt benötigte andere technische Komponenten zur Verbreitung, als das bei Printprodukten der Fall war. Zwar gab es auch in Europa zu Beginn der Entwicklung private Radioanbieter, aber staatliche Monopole nahmen bald überhand. Radio hat sich gewisser Maßen aus der Telephon– und Telegraphentechnik entwickelt – diese war durch Post- Telephon- und Telegraphenanbieter in staatlicher Hand. Darüber hinaus besaß und verwaltete der Staat den „Äther“(vgl. Humphreys 1996, 112). Die Lage in den Vereinigten Staaten war aufgrund der liberalen Regelungen bald chaotisch. Die europäischen Post- und Telegraphieanbieter nahmen dies zu Anlass, strenge Regeln einzuführen. (vgl. Humphreys 1996, 112). Der entscheidende Aspekt zu jener Zeit sollte aber schlicht und einfach das Fehlen technischer Hilfsmittel darstellen. Die Betreiber konnten lediglich eine bestimmte Anzahl an Frequenzen für Radio und später Fernsehen zu Verfügung stellen (vgl. ebd.)

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2. ökonomische/monopolitische Aspekte der Regulierung Der ökonomische Aspekt von Regulierung hing mit der Monopolstellung der staatlichen Anbieter zusammen. Nachdem diese sich etabliert hatten, war es den Regierungen daran gelegen, dass die Rundfunkversorgung auch in entlegenen Gegenden gewährleistet wurde. Privatanbieter, oder Anbieter mit starker ökonomischer Ausrichtung hätten nach eben diesen Gesichtspunkten gehandelt und womöglich nur dicht besiedelte Gebiete mit Rundfunk versorgt. So aber wurde von staatlicher Seite aus versucht, einem „Versorgungsauftrag“ nachzukommen. Die Monopolstellung staatlicher Medien wurde so zementiert. Anders als auf dem Pressesektor gab es keinen Markt der vom Wettbewerb getrieben wurde. Ungleich dem Zeitungsmarkt, auf dem Konsumenten aus einem weiten Pool an Produkten wählen konnten – war das beim Rundfunk nicht möglich. Daher mussten Angebot und Qualität in irgendeiner Form gewährleistet werden – staatliche Regulierung sollte dies sichern (vgl. Humphreys 1996, 113). Diese staatliche Monopolstellung wirkte sich auch auf die Programmgestaltung aus. zu Beginn wurden Inhalte gesendet, welche die Regulatoren, als für die Öffentlichkeit passend befanden. Erst um 1960 herum begann sich diesbezüglich eine Umstellung abzuzeichnen – mehr journalistische Gestaltungsmöglichkeit war die Folge (vgl. Humphreys 1996, 113). Etwas später kam dies auch in Österreich an. Hier manifestierte sich die Entwicklung in Rundfunkvolksbegehren und Redakteursstatut – doch dazu später. Eingriffe auf den monopolisierten Rundfunk gab es auch bezüglich Werbung. Hier erkannten die Regulatoren rasch, wie gut sich Rundfunk zu Werbezwecken eignen würde. Oftmals unter Druck der Zeitungsmacher wurden Regelungen für Werbung im staatlichen Rundfunk eingeführt (vgl. Humphreys 1996, 114). Auch diese Entwicklung findet ihre Parallelen in Österreich. Abkommen zwischen VÖZ und ORF bezüglich Werbezeiten und Werbeeinnahmen bezeugen dies.

3. politische Aspekte der Regulierung Als dritten Aspekt zur Regulierung von Rundfunk nennt Humphreys den politischen Aspekt. Jener wird später für die Themensetzung dieser Arbeit am relevantesten werden. Rundfunk war von Beginn an im Stande, sehr effektiv für öffentliche Aufmerksamkeit zu sorgen. Meinungsmache via Rundfunk war einfach – auch für politische Themen. Das fiel nicht nur den Politiker an den Regulierungsstellen auf, sondern auch jenen kritischen gesellschaftlichen Eliten, die Missbrauch des Mediums – wie es die Nationalsozialisten vorgezeigt hatten – befürchteten (vgl. Humphreys 1996, 114). Diese historische Erfahrung ließ die zuständigen Regierungen und Behörden zu dem Schluss kommen, dass Rundfunk frei von politischem Einfluss zu sein habe. Politische Unabhängigkeit wurde ein fundamentales Ideal der öffentlichen Rundfunkanstalten – politische Berichterstattung sollte ausgewogen sein und viele politische Standpunkte abdecken (vgl. Humphreys 1996, 115). Trotz der hehren Ziele bezüglich Unabhängigkeit verlief die Entwicklung anders. Humphreys konstatiert dem europäischen Rundfunkwesen eine „questionable closeness to the political power holders“ (vgl. Humphreys 1996, 115). In der Tat fällt es vielen Staaten nicht leicht, ihre öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter frei von politischem Einfluss zu halten – ich werde in diesem Zusammenhang später noch genauer auf die Situation in Österreich eingehen. Jarren/Donges weisen ebenfalls auf staatlichen Einfluss hin. In demokratischen Systemen ist es dem Staat und seinen Institutionen jedoch nicht erlaubt, bestimmte Kommunikationsaufgaben zu

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übernehmen – hier etabliertet sich die Pressefreiheit als Richtwert – die später auf alle Kommunikationsträger Anwendung fand (vgl. Jarren/Donges 2007, 402). So ist öffentlicher Rundfunk in Erfüllung seiner Kernfunktionen staatsfrei, aber dennoch der Politik verpflichtet – die Autoren führen das auf bestimmte Leitideen in der Institutionalisierungsphase der Rundfunkanstalten zurück. Rundfunk daher politiknah aber staatsfern zu gestalten bedurfte einigem an Regelwerk (vgl. Jarren/Donges 2007, 403).

Neben eben genannten Aspekten der Regulierung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk möchte ich nun weitere Punkte von medienpolitischer Relevanz anführen, jene – in besonderer Berücksichtigung kleiner Märkte wie Österreich, aber auch solche die Medienpolitik generell charakterisieren. In weiterer Folge müssen diese Steuerungsmechanismen auch auf die Situation in Österreich angepasst werden.

2.6. Meritorische Güter und Rundfunkfinanzierung In den von Humphreys festgehaltenen Aspekten findet sich auch jener der Ökonomie. Hier greift der Staat regulierend ein, weil sonst landesweite Versorgung möglicherweise nicht gewährleistet werden kann. Diese Versorgung bezieht sich nun nicht alleine auf den flächenübergreifenden Signalempfang, sonder ebenso auf die Inhalte. Puppis führt hierzu den ökonomischen Begriff der meritorischen Güter ins Treffen. Dabei handelt es sich um Güter, bei denen die Konsumentenpräferenzen verzerrt sind. Sie werden nicht in dem Ausmaß nachgefragt als das erwünscht wäre (vgl. Puppis 2010, 78ff.). Das betrifft auch manche Medieninhalte, die ohne Zweifel wichtig, aber nicht unbedingt quotenbringend sind. Politikberichterstattung, Kultursendungen o.ä. können hierzu gerechnet werden. Die geringe Nachfrage nach jenen Gütern führt zu Unterproduktion. Dem entgegenzuwirken ist somit eine weiteres Aufgabenfeld der Regulierung. Die Betrauung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanbieter mit der Erfüllung dieser Aufgaben ist zumeist in deren Programmaufträgen festgehalten.

Die Bereitstellung jener Dienste ist kostspielig, aber wenig gewinnbringend – daher wurden diese Aufgaben von gewinnorientierten Rundfunkanbietern größtenteils gemieden. Um die Aufgaben dennoch finanzieren zu können müssen Regelungen getroffen werden. Dies natürlich auch im Hinblick auf die Produktion der meritorische Güter. Da Konsumenten den Nutzen, oder die Qualität nicht erkennen und weil sie nicht vom Konsum ausgeschlossen werden können5 ist ihre Zahlungsbereitschaft für Rundfunk oftmals gering (vgl. Puppis 2010, 79). Mittlerweile entstanden durch die europaweite Digitalisierung des Rundfunks – und der Codierung des Empfangssignals öffentlich-rechtlicher Anstalten auch Möglichkeiten Nutzer, die nicht zur Zahlung der Gebühren bereits sind auszuschließen.

2.7. Finanzierung aus Gebühren und Werbung Finanzierung aus Werbeeinnahmen und oder Nutzungsgebühren wurden bald etabliert. Dabei kam es in Europa zu Bildung gemischter Systeme. Solche die rein öffentlich-rechtlichen Charakter aufweisen,

5 Mittlerweile besteht die Möglichkeit des Ausschlusses nicht zahlender Fernsehnutzer sehr wohl. Durch die im EU-Raum ausgelösten Digitalisierungstrends benötigen Konsumenten kostenpflichtige Zugangshardware um öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können. 20 Stefan Langmann 0104885 solche die ein duales Systeme erlaubten (mittlerweile stellen sie den Regelfall dar) und solche die nur über ein kommerzielles Rundfunkwesen verfügten (vgl. Humphreys 1996, 124ff.). Öffentliche rechtlicher Rundfunk, der sich nur aus Gebühren finanziert grenzt sich klar vom Werbemarkt ab. Sender die auch auf Finanzierung aus Werbemitteln zugreifen tun dies nicht. Dennoch sind beide nicht auf Gewinn ausgerichtet, was sie von den Konkurrenten der rein kommerziellen Sender unterscheidet (vgl. Humphreys 1996, 125). Dies mag in den Anfängen des Fernsehens keine Rolle gespielt haben. Durch steigenden Kosten und somit Bedarf nach mehr finanziellen Mittel ab den 70´er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, kamen die öffentlich- rechtlichen Sender allerdings in eine Zwickmühle. Sollten sie die Gebühren entlang der Inflationsanpassung erhöhen – was als Steuererhöhung von den Nutzern nicht akzeptiert worden wäre, oder auf verstärkte Einnahmen aus der Werbewirtschaft setzen (vgl. Humphreys 1996, 126). Diese sollte sich als „nutzerschonende“ Lösung erweisen. Darüber hinaus mussten sich in Ländern mit Rundfunkmonopolen die Gestalter nicht dem Diktat der Werbewirtschaft unterwerfen, da es mehr Nachfrage nach Rundfunkwerbung gab, als Möglichkeit diese zu senden (Anmerkung: auch heute noch ist Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärker geregelt als bei Privatbetreibern). Für Humphreys brachte Werbung im öffentlich-rechtlichem Rundfunk ein weiteres Plus: „Je unabhängiger Rundfunk von Gebühren wurde, umso unabhängiger wurde man dort vom politischen Druck – da Gebühren ja von Seiten der Politik bestimmt wurden (vgl. Humphreys 1996, 126). Obgleich für Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk strenge Regeln vorherrschen, sind Fragen zu Werbefinanzierung immer wieder Streitthema zwischen Vertretern öffentlich-rechtlicher Sender und kommerzieller Anbieter. Dabei spielt die Größe des Marktes auf dem die Konkurrenz stattfindet eine wesentliche Rolle.

2.8. Kleinstaatliche Medienpolitik Die Größe eines Landes ist ebenfalls ein entscheidender Faktor bei der Bewertung des Mediensystems. Jene Größe wirkt sich auch auf die Ausformung der dort gepflegten Medienpolitik aus. Zeitungen und Rundfunk etablierten sich in großen und kleinen Staaten – der Arbeitsablauf und die technischen Voraussetzungen waren die selben. Dennoch können Medien in kleinen Staaten anders bewertet werden, als jene ihrer großen Nachbarn. Ich möchte in weiterer Folge einige wichtige Aspekte von kleinstaatlicher Medienpolitik darstellen. Ich bin der Ansicht, dass sich medientechnische sowie medienpolitische Charakteristika zu jenem Themenbereich benennen lassen, mit deren Hilfe die Mediensituation in Österreich zum Teil erklärt werden kann. Ich ziehe es vor, die Merkmale großstaatlicher Mediensysteme in diesem Zusammenhang nicht zu vergleichen – da sie für die spätere Analyse der lokalen Begebenheiten nicht dienlich sind. In weiterer Folge sollen Parallelen zur österreichischen Mediensituation gezogen werden.

2.8.1. Merkmale kleinstaatlicher Medienpolitik Wie eben erwähnt, funktionierte Rundfunk von Beginn an in großen und kleinen Staaten gleich. Es bedarf der selben Infrastruktur, Druckerpressen und Sendeanlagen. Bei näherer Betrachtung finden sich jedoch Unterschiede, die im Detail liegen. So machen sich ökonomische Aspekte, beispielsweise rasch bemerkbar. Produkte wie Zeitungen werden in der Herstellung immer billiger, je mehr davon gedruckt und verkauft wird. Verfügt ein Land aber nicht über einen großen Markt, ist der Preis für die Herstellung von Printprodukten teuer.

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Noch eklatanter wird es beim Betrieb von Rundfunk. Die Herstellung eines Beitrags kostet, von variierenden Personalkosten einmal abgesehen, europaweit nahezu das Gleiche. Da die Rundfunkbetreiber in kleinen Länder aber weniger Erträge aus Gebühren lukrieren können, oder aufgrund kleinerer Werbemärkte weniger Werbeeinnahmen erhalten, geraten sie im Vergleich zu größeren Märkten rasch ins Hintertreffen. Aber nicht nur auf dem Werbemarkt haben Kleinstaaten Nachteile. Trappel führt für den europäischen Markt 4 Hauptmerkmale für kleinstaatliche Medienpolitik an.

Abhängigkeit: Kleinstaaten sind zumeist von größeren Staaten und den dort stattfindenden Entwicklungen betroffen. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien sind federführend in Europa. Medienpolitische Entscheidungen die hier getroffen werden, wirken sich auch in deren kleinen Nachbarstaaten aus (vgl. Trappel 1991, 250ff). Als eindrucksvolles Beispiel kann hier die Liberalisierung des Rundfunksektors genannt werden (vgl. Puppis 2010, 102). Weil Rundfunkwellen nicht vor Grenzen halt machen, waren Kleinstaaten geradezu gezwungen Rundfunkliberalisierungen zuzulassen. Einstrahlende Sender halten sich nicht an Regulierungen – inländischen bleibt keine Wahl - so entsteht rasch ein Marktnachteil, der die Regulatoren in Zugzwang bringt (vgl. ebd.). Trappel räumt aber ein, dass dies nicht zwingend der Fall sein muss. Sprachbarrieren stellen eine nahezu unüberwindbare Grenze dar, die auch von Mediendiensten nicht überschritten werden können (vgl. Trappel 1991, 250). So wie sie sich schlecht gegen Import „fremder Güter“ wehren können, ist auch die Situation beim Export von Medienprodukten. Hier haben kleine Länder oftmals das Nachsehen gegen Großstaaten.

Ressourcenknappheit: Je kleiner eine Staat, umso weniger Ressourcen kann er mobilisieren. Das trifft auch auf den Mediensektor zu. Mangel an Fachkräften, Mangel an Know-how und Kapital schlagen sich als „produktionsseitige Mängel nieder (vgl. Puppis 2010, 102). Trappel unterteil hier in politische und ökonomische Ressourcenknappheit. Erstere beschreibt ebenso den Mangel an Fachkräften und die schlechtere Position in internationalen Gremien (hier geht es vor allem um Durchsetzungskraft). Zweitere hat produktionshemmende Auswirkungen.

Geringe Marktgröße: Hier finden wir die in der Einleitung zum Thema erwähnten Gesichtspunkte wieder. Kleinstaaten haben wenige Absatzmärkte für ihre Medienprodukte. Massenmedien dagegen, gewinnen erst durch große Märkte entscheidend an Unabhängigkeit. Gesteht man Massenmedien auch eine Kontrollfunktion zu, so kann diese nur dann wahrgenommen werden, wenn sie unabhängig wirtschaften können. Trappel verortet dies in vielen Kleinstaaten nicht. Die Politik hätte hier oftmals zuviel Einfluss sowohl politische Partein als auch die Regierungen – besonders was elektronische Medien betrifft (vgl.. Trappel 1991, 252). Besonders schwierig stellt sich geringe Marktgröße in Kombination mit mehrsprachigem Publikum dar. Länder wie die Schweiz oder Belgien haben mitunter schon Verständigungsschwierigkeiten im eigenen Markt (vgl. Puppis 2010, 102).

Verletzlichkeit: Meint die ebenso bereits erwähnte Unaufhaltsamkeit von Sendungen die aus Nachbarländern, über die Grenzen hinweg in Kleinstaaten schwappen. Der Empfang kann in demokratischen Systemen nicht verhindert werden. (vgl. ebd.). Dies beschränkt sich natürlich nur auf all jene Sender, zu deren Empfang kein Entschlüsselungssystem nötig ist. Durch die Digitalisierung

22 Stefan Langmann 0104885 der Fernsehprogramme könnte dem gegenwärtig leichter entgegengewirkt werden als noch in den 90´er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass nur solche Anbieter an Verschlüsselungen interessiert sein können, die Gebühren einheben. Privatanbieter sind aufgrund ihrer Werbefinanzierung auf Publikum/potentielle Konsumenten angewiesen. Beschränkungen jeder Art sollten ihnen daher eher zuwider laufen, als deren Zustimmung hervorzurufen.

2.8.2. Korporatismus als Störfaktor kleinstaatlicher Medienpolitik Ein weiterer Aspekt, der die medienpolitische Lage in Kleinstaaten schwächt ist der Korporatismus. Diese Ausformung der politischen Übereinkunft schafft einerseits Ruhe und Stabilität – sorgt in weiterer Folge auch für die Einbindung vieler gesellschaftlich relevanter Akteure in Entscheidungsprozesse – verfügt aber auch über hemmende Wirkung. Trappel sieht dieses, nicht autoritäre System als medienpolitisches Fundament in Kleinstaaten. Tragendes Element ist zumeist der mit öffentlichem Auftrag versehene Rundfunk und die privat organisierte Presse (vgl. Trappel 1991, 253). Eine Änderung dieses Systems, etwa durch Privatisierungen und Kommerzialisierungen bringen es leicht ins wanken. Entscheidungen werden dann nicht mehr durch sozialpartnerschaftliche Verhandlung, sondern durch private Lobbyarbeit erzeugt. Dies lässt Medien mitunter zum Instrument der kommerziellen Logik verkommen (vgl. ebd.). In einem solcherart beeinflussten System – in Kombination mit den unter dem Aspekt Verletzlichkeit erwähnten Punkten – ist bald die Paralysierung der Medienpolitik zu beobachten. Dies sei so Trappel, an der Vollzugsschwäche der Mediengesetzgebung zu erkennen – sie besteht zwar auf dem Papier, in der Realität wird sie jedoch nicht vollzogen. „Medienpolitik wird zum Objekt der Interessensvertretung, deren relative Stärke den Kurs bestimmt“ (Trappel 1991, 253).

Mit der Weiterentwicklung der politischen Systeme erfuhr auch der Korporatismus einen Rückgang in den Demokratien Europas. Dies war vor allem im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts spürbar6. Dadurch wurden Entwicklungen in Gang gesetzt, die Demokratien in manchen Kleinstaaten, wie eben genannt beeinflussten und die medienpolitische Situation zusehends verschlechterten.

2.8.3. Entwicklungsszenarien kleinstaatlicher Medienpolitik Welche Möglichkeiten bestehen nun für Kleinstaaten um ihre Medienlandschaft zu positionieren und weiter zu entwickeln – vor allem mit Rücksicht auf die Lage der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, die wir europaweit vorfinden. Wird öffentlich-rechtlicher Rundfunk künftig nicht mehr finanzierbar oder bleibt er als gar als „Randerscheinung“ bestehen. Wie könnten mögliche Szenarien aussehen? Sieht man die vier Hauptströmungen europäischer Medientransformation - nach Maier/Schanne/Bondfadelli sind dies: Internationalisierung, Kommerzialisierung, Privatisierung und multimediale Konzentration als relevant an - so ergeben sich laut Trappel fünf mögliche Szenarien:

6 Änderungen im politischen System wurden ab dem Anfang der 1980´er Jahre spürbar. Sieh dazu auch: Ulram 2006, 522ff. 23 Stefan Langmann 0104885

2.8.3.1.Szenario „Markt“ Hier werden Medien als Waren begriffen. Im Sinne des freien Warenverkehrs in der EU sollen sie daher mit allen Anderen auf dem Markt konkurrieren – gleichsam das Ende öffentlich-rechtlicher Anbieter. Als Unterstützung jedoch sollte, zumindest was Rundfunk betrifft – die Ausstrahlung eines Senders im gesamten, ihn betreffenden Sprachraum möglich gemacht werden. Nationale Beschränkungen verlieren in diesem Szenario völlig an Einfluss (vgl. Trappel 1991, 260ff).

2.8.3.2.Szenario „Kultur“ Massenmedien gelten als zu schützendes Kulturgut, das Identität stiftet und als staatstragend und erhaltend gesehen wird. Der Staat selbst sorgt in diesem Szenario für die Entkoppelung der Medien aus dem Markt – dafür sind von den Medien bestimmte Aufgaben zu erfüllen, um den gestellten Ansprüchen gerecht zu werden – dies betrifft Medien unabhängig von der Eigentümerschaft. Für die Regulierung heißt dies auch den Einfluss ausländischer Medien bis zu einem gewissen Grad zu beschränken. Leistungsanforderungen deren Erfüllung verpflichtend ist sind hier erforderlich. Eine Behörde die ständig über die Vergabe von Lizenzen wacht ist notwendig. (vgl. Trappel 1991, 262ff.)

2.8.3.3.Szenario „Neue Hegemonie“ Der Begriff Hegemonie greift genau genommen etwas zu weit, dennoch hat dieses Szenario mit Vormachtstellung oder Know-how zu tun. Im konkreten könnten europäische Kleinstaaten Medienpolitik im Ausland gestalten – sozusagen „Entwicklungshilfe in den Kleinstaaten Osteuropas. Als Träger jener Tätigkeiten und gleichsam Hauptinvestor könnte hier der Staat auftreten. Profitieren könnten somit beide, wobei für die europäischen Kleinstaaten auch ökonomische Vorteile bei Produktion und Vertrieb bestünden (vgl. Trappel 1991, 263ff).

2.8.3.4.Szenario „Singuläre Anbindung“ Kleinstaaten hätten nur dann eine medienpolitische Überlebenschance, wenn sie Anbindung an einen großen, gleichsprachigen Partner suchen würden. Dieser Ansatz fordert natürlich auch die Aufgabe eines Teil an eigener Souveränität in medienpolitischen Belangen. Bindende Abkommen zwischen den Partnern könnten mögliche Nachteile des „Juniorpartners“ verhindern. Der Vorteil liege so Trappel, in der Offenlegung ohnehin bestehender Strukturen zwischen großen und kleinen gleichsprachigen Ländern (vgl. Trappel 1991, 264ff).

2.8.3.5.Szenario „gestreute Abhängigkeit“ Das fünfte Szenario ist dem vierten ähnlich, „streut“ die Zusammenarbeit allerdings auf so viele europäische Staaten wie nur möglich – hier können Synergien für alle Beteiligten erzielt werden. Aber es muss auch die Bereitschaft bestehen, mit anderssprachigen Ländern zusammen zu arbeiten (vgl. Trappel 1991, 265ff).

Die Szenarien bieten Wege, kleinstaatlicher Medienpolitik auch in Zukunft Perspektiven zu geben. Es ist jedoch anzuzweifeln, ob Kleinstaaten in einem vom Markt dominierten Raum wie der Europäischen Union ihre Interessen durchsetzten können. Diese betrifft weniger die nötigen Allianzen

24 Stefan Langmann 0104885 und Abstimmungsergebnisse, sondern die Weiterentwicklung auf dem Mediensektor. Seit langem privatisierte Zeitungsmärkte haben vermutlich weniger Schwierigkeiten im Markt zu konkurrieren. Doch richten wir den Fokus auf die öffentlichen Rundfunkanbieter. Wie oben erwähnt gibt es zahlreiche Probleme bezüglich Kompetenzverteilung in den Staaten selbst. Solange diese Thematik nicht geklärt ist, scheint es unrealistisch über eine akkordierte Medienpolitik der europäischen Kleinstaaten zu sprechen – vor allem was öffentlich-rechtliche Rundfunkanbieter betrifft. Hier zeigen uns diverse bereits erwähnte Beispiele, die Politiknähe/Abhängigkeit der Branche. Entscheidende Änderungen sie daher, allein aus machtpolitischen Gesichtspunkten schwer vorstellbar.

2.8.4. Mediensysteme im politischen Umfeld Neben der Klassifizierung von Medien in Kleinstaaten können noch andere Charakterisierungen vorgenommen werden. Ich möchte in weiterer Folge kurz auf den von Hallin und Mancini ersonnenen Ansatz für Medien in verschiedenen politischen Umfeldern eingehen. Das zum Vergleich von Medien in verschiedenen politischen Systemen etablierte Modell unterteilt Mediensysteme in drei Kategorien. In werde diese Kategorien nun anführen, da kein Vergleich zu anderen Mediensystemen gezogen werden soll, setzte ich mich nur mit den für Österreich charakteristischen Ausprägungen auseinander.

1. Mediterranes – bzw. polarisiert pluralistisches Modell 2. Nord – und mitteleuropäisches bzw. demokratisch korporatistisches Modell 3. Nordatlantisch – bzw. liberales Modell

Hallin und Mancini reihen Österreich in die 2. Kategorie. Die Nord – und mitteleuropäischen Mediensysteme zeichnen sich auf verschiedenen Ebenen wie folgt aus: Zeitungsindustrie: hohe Zeitungsauflage, frühe Entwicklung der Massenpresse Politischer Parallelismus: hoher politischer Parallelismus; historisch bedeutende Parteipresse aber zunehmende Kommerzialisierung; Meinungsjournalismus; externer Pluralismus; öffentlich-rechtlicher Rundfunk; „politics in broadcasting system“ mit journalistischer Autonomie. Professionalisierung: hohe Professionalisierung ; institutionalisierte Selbstkontrolle. Rolle des Staats in Bezug auf Medien: starker Staatsinterventionismus, aber mit Schutz der Pressefreiheit; Presseförderung; starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk. (vlg. Hallin/Mancini 2004, 67 zit. nach Seethaler/Melischek 2006, 338)

2.9. Ausblick Medienpolitik in Kleinstaaten kann als sehr differenziertes Feld betrachtet werden. Für Trappel bleibt es, aufgrund mangelnder Koordination und falscher Verteilung von Kompetenzen Stückwerk. Politischer Einfluss auf Entscheidungen ist vorherrschend. In anderen Bereichen fehlen Entscheidungen oftmals ganz – das trifft dann ein, wenn es notwendig wäre auf geänderte Situationen auf dem Mediensektor zu reagieren. Fehlen wirksame Ansätze weiterhin, so könnten Kleinstaaten mittel- oder langfristig vor allem ökonomische aber auch qualitative Probleme bekommen. Besonders das Aufrechterhalten einer eigenen Programmlinie wird schwieriger – dass betrifft lediglich solche Kleinstaaten nicht, die über exklusive Sprachen verfügen. Ihnen droht wenig Gefahr von

25 Stefan Langmann 0104885 angrenzenden Nachbarn, während Staaten im Nahbereich eines gleichsprachigen großen Nachbarn durchaus auf Identitätserhalt achten müssen (vgl. Puppis 2010, 102). Jarren und Donges dagegen sehen alle Akteure im Feld gefordert. Für sie ist Medienpolitik nicht gleichbedeutend mit staatlichem Einfluss –vielmehr wird Ordnung durch verschiedene institutionelle Konstellationen und Rahmenbedingungen bestimmt, die verschiedene Akteure mit einbinden (vgl. Jarren/Donges 2007, 406). Aus dem von ihnen vertretenen „Governance-Ansatz“ heißt Ordnung durch Medienpolitik somit, die institutionalisierten Regelstrukturen so zu ordnen, dass Medienvielfalt und –Wettbewerb möglich wird. Diese Ordnung beruht nicht auf einem zentralen Akteur, sondern auf Basis der bereits bestehenden institutionellen Ordnung aus Beobachtungs-, Beeinflussungs- und Verhandlungsstrukturen. Politische Akteure sind somit nicht hilflos ausgeliefert, sondern können diese Strukturen nutzen und verändern. Schließlich bedarf es des staatlichen „Drohpotentials“ um die Vielfalt und Ordnung auf dem Mediensektor zu gewährleisten (vgl. Jarren/Donges 2007, 407).

Ob nun als Gefahr oder Chance, die Medienlandschaft stand nicht stil – im Gegenteil die Branche entwickelte sich rasch weiter. Sowohl auf dem Print-, als auch auf dem Rundfunksektor gab es laufend Erneuerungen die den Markt beeinflussten. Hinzu kamen verstärkte Kooperationen und die Bildung von Medienimperien – das forderte Regulatoren zum erneuten Handeln– schließlich bot sich eine weitaus komplexere Situation, als wir sie zu Beginn des Rundfunks vorfanden. Medienwissenschafter erwähnten immer wieder Regierungen und Politik als Störfaktoren oder Hindernisse bei der Umsetzung von Medienpolitik, wie eben durch Jarren/Donges gezeigt, gibt es auch positivere Zugänge zu jenem Thema. An theoretischen Grundlagen scheint es – ein Blick in die wissenschaftlichen Diskurse zeigt dies – nicht zu mangeln. Wie ist es nun aber um die österreichische Medienpolitik bestellt?

Im folgenden Teil werde ich versuchen, die Situation der österreichischen Medienpolitik zu analysieren. Die im vorausgegangenen Kapitel behandelten medienpolitischen Aspekte sollen mir dabei als Leitlinien dienen – der Schwerpunkt liegt auf öffentlichem Rundfunk, andere Medienbereiche werden nicht, oder nur am Rande berücksichtigt wenn Verbindungen hergestellt werden müssen, beziehungsweise um die spezifische Sachverhalte zu illustrieren.

Die medienpolitische Lage Österreichs ist nicht einfach zu erklären. Wir finden eine Gemengelage aus verschiedenen Faktoren vor, deren Ursprünge sich teilweise mehrere Jahrzehnte zuvor festmachen lassen. Daher empfiehlt es sich, einen Blick in die österreichische „Mediengeschichte“ zu werfen. Im nun folgenden Teil werde ich versuchen, die entscheidenden historischen Entwicklungen des Rundfunks – sowie gesetzliche Grundlagen, die jene Entwicklungen unterstrichen - zu benennen7.

Nach dieser tour d´ Horizont der Rundfunkgeschichte soll ein Überblick zur aktuellen österreichischen Medienpolitik gegeben werden. Es ist den Verbindungen zwischen Politik und Rundfunk geschuldet, dass viele historische Ereignisse in der Geschichte des Österreichischen Rundfunks auch mit

7 Da die Entwicklung des Rundfunks im politischen System Österreichs stattfand, ist eine Loslösung von politischen Aspekten nicht möglich. Daher findet sich die historische Darstellung an manchen Stellen durch Hinweise auf medienpolitische Entscheide der jeweiligen Epoche unterbrochen oder erweitert. 26 Stefan Langmann 0104885 politischen Ereignissen einhergehen – schließlich ist die Politik weiterhin maßgeblich an der Gestaltung von Medienpolitik beteiligt. Ich habe aus diesem Grund entschieden die Passagen aus den Gesetzen bereits im nun folgenden historischen Aufriss anzuführen – dadurch entfallen sie im Abschnitt „österreichische Medienpolitik“.

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3. Historische Entwicklung elektronischer Medien - von RAVAG bis ORF 3.1. Rundfunk in der Zwischenkriegszeit Die Geschichte des Rundfunks in Österreich ist eine junge Geschichte. Doch von Beginn an ist ihr eingeschrieben, dass stets auch die Politik darin eine Rolle spielte. Mit der Gründung der Radio Verkehrs Aktiengesellschaft kurz RAVAG am 30. 09.1924, hielt erstmals auch der Rundfunk Einzug in Österreich. Am 1. 10 1924 wurde der Sendebetrieb aufgenommen (vgl. Ergert, 50 Jahre Rundfunk in Österreich, Band 1, 1974 http://austria-forum.org/af/AEIOU/RAVAG ). Die politischen Verhältnisse zur dieser Zeit waren, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, welcher gleichbedeutend mit dem Untergang des österreichischen Kaiserreichs war, äußerst instabil. Die heftigen politischen Kontroversen jener Zwischenkriegszeit, die Teilung der noch jungen Nation in politische Lager und die allgemeinen Zweifel in die Beständigkeit der Nation als winziger Rest eines Großreichs, sollten noch Jahrzehnte später, Mentalität und Politik prägen - wenn auch auf latente Art und Weise. Dies betraf auch die damals neuen Medien. Das Radio war maßgeblich in die politischen Geschehnisse involviert. Als Beispiel möchte ich in diesem Zusammenhang nur auf die Unruhen im Zuge des Juliputsches und die Ermordung Kanzler Dollfuss´ erinnern. Im Zuge des Aufstands, drangen damals Putschisten in die Räumlichkeiten der RAVAG ein und nutzten das Radio zur Versendung von Falschnachrichten, was wiederum zu Auseinandersetzungen in verschiedenen Teilen Österreichs führen sollte. Dies gilt als erster staatlicher Umsturzversuch mit Hilfe modernern Kommunikationsmittel (vgl. Schafranek 2007, S. 177ff.).

3.2. Rundfunk im Zweiten Weltkrieg Für die darauf folgende Zeit des Nationalsozialismus war der Missbrauch des Rundfunks zu Propaganda- und „Fehlinformationszwecken“ unerlässlich. Die systeminhärente völlige Instrumentalisierung, betraf alle Medienzweige und lies weder freie Entwicklung, noch Spuren von journalistischer Unabhängigkeiten zu. Die Medien waren ausschließlich im Griff der nationalsozialistischen Herrscher. Durchaus nicht bloß ein Vorkommen jener schrecklichen Zeit, sondern geradezu ein verallgemeinbarer Wert in sämtlichen autoritären Systemen - die Kontrolle sämtlicher Kommunikationskanäle im Land.

Diese festgefahrene Situation aufzubrechen und „Freie Medien“ zu etablieren, sollte Aufgabe der alliierten Befreier Österreichs sein. Das hierbei auch die Interessen der jeweiligen Kriegspartei in die Gestaltung von Zeitungen und Radiosendungen mit einflossen ist verständlich, befanden sich Sowjets und US-Amerikaner doch längst am Beginn der nächsten Auseinandersetzung (Hier handelte es sich bereits um die Vorstufe des Kalten Krieges und es galt soviel wie möglich an Einfluss in der Welt zu erlangen). Schließlich sollte aber auch diese Epoche in der Geschichte Österreichs ein Ende finden. Die neu erstandene Republik wurde unter Auflagen in die Freiheit entlassen, Regierung und Kontrolle wurden zurück in österreichische Hand gegeben.

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Der Aufbruch in diese neue Zeiten sollte auch von einem neuen Medium begleitet werden, es war unter anderem die Geburtsstunde des österreichischen Fernsehens.

3.3. Die Entstehung des Österreichischen Rundfunks in der 2. Republik Die von Oskar Czeija gegründete RAVAG, welche von den Nationalsozialisten geführt worden war, fiel nach dem Krieg als deutsches Eigentum in österreichische Verwaltung, mit sowjetischer Kontrolle (vgl. Rathkolb 2005, 248). Diese Einteilung wurde nach dem Abzug der Alliierten seitens der ÖVP- SPÖ Regierung nicht fortgeführt. Man etablierte ein zentralistisches Modell, das aber Landesstudios vorsah (vgl. Rathkolb 2005, 249). Dies geschah nach längeren, politisch motivierten Auseinandersetzungen, an deren Ende die Gründung „Der Österreichischen Rundfunk Gesellschaft m. b H“ stand (vgl. Rathkolb 2005, 249). Somit war eine Organisation geschaffen, in deren Zuständigkeitsbereich auch die Television lag. Es sollte nicht gerade zu Gunsten der Gesellschaft und der von ihr erwarteten Unabhängigkeit geraten, dass die Regierungen jenes Unternehmen als „ihren Besitz“ wahrnahmen. Sämtliche relevante Entscheidungen wurden mittels Proporz gelöst – ein dem Korporatismus eingeschriebener, „konfliktarmer“ Weg der Entscheidungsfindung - Gremien und Räte zu gleichen Teilen besetzt, und somit unabhängiges journalistisches Arbeit von Grund auf zunichte gemacht. Das ging soweit, dass der Einfluss der Partein auf das Informationsprogramm deutlich hör- und sichtbar wurden (vgl. Magenschab 1973, 145ff. zit. nach Langebucher 2007, 62). Eine Vielzahl der Meldungen musste zuerst zwischen SPÖ und ÖVP abgesprochen werden – für alle anderen Akteure der Politik war kein Platz vorgesehen (vgl. ebd.).

3.4. Vom Rundfunkvolksbegehren zum ORF Gesetz 2001 Das oben erwähnte Spiel des Proporzsystems im Rundfunk wurde so lange getrieben, bis sich gegen jene lähmenden Missstände Widerstand zu formieren begann. Dieser Widerstand ging von den Zeitungsherausgeber aus. Obgleich sie zum Konkurrenzmedium „Print“ zu zählen waren, machten sie sich für ein parteifreies, unabhängiges Fernsehen stark. (Eine Forderung, die im Laufe der Jahre geradezu gebetsmühlenartig immer wieder in der österreichischen Öffentlichkeit auftreten sollte). Bald sollten sich 52 Zeitungen und Zeitschriften zusammenfinden, die allesamt für eine Änderung im bestehenden Rundfunksystem eintraten. Völlig selbstlosen Handeln hinter dem Betreiben der Zeitungsmacher zu vermuten wäre vermutlich naiv. Vielmehr ging es ihnen bei ihrer Unterstützungsaktion auch darum, den immer populärer werdenden Rundfunk in Bezug auf Werbeeinnahmen beschränken zu können (vgl. Steinmaurer 2002, 32). Ein Wunsch der auch später immer wieder zum Ausdruck gebracht werden sollte.

Diese Aktion mündete 1964 in ein Volksbegehren, das mehr als 800.000 Österreicher unterzeichneten und auf welches bis heute immer wieder hingewiesen wird, will man Forderungen, bezüglich Änderungen im Rundfunksystem stellen. Jene zivile Opposition gegen das Proporzsystem der Regierungsparteien war zu jener Zeit ungewöhnlich und hinterließ bleibenden Eindruck in der Politiklandschaft (vgl. Rathkolb 2005, 252). Auf dieses monumentale Ereignis folgten maßgebliche Änderungen im Österreichischen Rundfunk.

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3.4.1. Grundlagen zu Aufsichtsrat und Generalintendant des ORF Mit der Einführung Gerd Bachers als ORF Intendant kam „frischer Wind“ ins Unternehmen. Bacher konnte, mit dem Ergebnis des Volksbegehrens im Rücken, freier agieren. Weiters wurde 1966 ein neues Rundfunkgesetz beschlossen, welches am 01.01. 1967 in Kraft treten sollte. Darin befanden sich wichtige Punkte, bezüglich der Unabhängigkeit der Rundfunk Gesellschaft, die von 1967 an ORF genannt werden sollte. Jene Unabhängigkeit vom Einfluss der Politik ist beispielsweise in § 2 des Rundfunkgesetzes festgeschrieben, hier ist auch von der Objektivität der Berichterstattung zu lesen.

Danach wurde die Gestaltung des Aufsichtsrates neu definiert. Nicht mehr nur die Regierung, sollte Aufsichtsratmitglieder bestimmen, sondern auch andere gesellschaftliche Akteure, wie Religionsvertreter und Vertreter der Kunst und Kultur waren dazu berufen – ebenfalls ein der Konkordanzdemokratie geschuldetes Faktum. In Paragraph 8 Absatz 3 ist die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder festgehalten. wörtlich hieß es dort: ,,§ 8. (3) Die Mitglieder des Aufsichtsrates sind an keine Weisungen gebunden; sie haben ausschließlich die sich aus Gesetz, Gesellschaftsvertrag und Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat ergebenden Pflichten zu erfüllen und die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu beachten. Sie üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus.“ (vgl. BGBl. 1966/195).

In der Person des Generalintendanten bekam der ORF eine Leiterposition, die durch den Aufsichtsrat gewählt wurde. Ein weiterer Blick in genanntes Bundesgesetzblatt zeigt, dass auch der Generalintendant verhältnismäßig unabhängig, „schalten und walten“ konnte. Zumindest war das so vorgesehen. Dass dies nicht immer so umgesetzt wurde wie auf Papier festgeschrieben, lehrt ein Blick in die Geschichte des ORF. Das ein Generalintendant allerdings auch entscheidend gegen Interventionen jeder Art hilfreich sein kann zeigt eine Aussage Johannes Fischers aus dem, mit ihm geführten Gespräch: F: „...die wichtigste Figur ist der Generaldirektor. Der Generaldirektor ist der Garant für Unabhängigkeit. Die Frau Lindner war der Garant für nicht Unabhängigkeit, der Wrabetz ist der Garant für Unabhängigkeit. Muss ich ganz ehrlich sagen. Darunter sind die Direktoren, die eher Managementaufgaben haben. Also, wenn der Generaldirektor nicht das Image der Unabhängigkeit hat oder Unabhängigkeit zulässt kann der Direktor auch relativ wenig tun.“ (Interview mit Johannes Fischer vom 20090626)

Die Leitung des ORF sollte künftig nicht mehr nur von Seite, der jeweils im Amt befindlichen Regierung bestimmt werden - zu jenem Zeitpunk eine Novität, flüsterte man doch über die Besetzungspolitik im ORF stets: ,,Dort sitze ein Roter, ein Schwarzer und einer, der deren Arbeit verrichte.“ Ob diese geflügelten Worte wirklich zutreffen sei dahingestellt. An einem Essay des ehemaligen ORF Journalisten Helmut Brandstätter, zeigt sich aber, dass in jedem Sprichwort mitunter auch ein Quäntchen Wahrheit stecken kann (vgl. Brandstätter 1998, 97ff.). Zentrale Person sollte von nun an der unabhängige Intendant sein. Laut Paragraph 9 des Rundfunkgesetzes im Wortlaut: „§ 9. (1) Der vom Aufsichtsrat zu Bestellende Geschäftsführer trägt die Bezeichnung Generalintendant. Er ist außer an die sich aus Gesetz und Gesellschaftsvertrag ergebenden Pflichten beziehungsweise Beschlüsse der Gesellschafterversammlung und des Aufsichtsrates an keinerlei Weisungen und Aufträge Dritter gebunden.“ (vgl. BGBl. 1966/195)

Politisches Engagement jeder Art, war während der Ausübung des Amtes des Generalintendanten ebenso per Gesetz untersagt. Dies lautet im Bundesgesetz wie folgt:

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„§ 12 d) der gemäß § 8 Abs. 6 lit. a vom Aufsichtsrat zu bestellende Geschäftsführer, der die Bezeichnung Generalintendant führt, darf in den letzten fünf Jahren vor seiner Bestellung kein Mandat im Nationalrat oder Bundesrat, in einem oder Gemeinderat ausgeübt haben und darf in diesem Zeitraum weder der Bundesregierung noch einer Landesregierung, noch einem Gemeindevorstand (Stadtrat, Stadtsenat) angehört haben, noch als Bürgermeister oder als hauptamtlich Angestellter einer politischen Partei tätig gewesen sein;“ (vgl. ebd.).

Dies galt auch für alle anderen Intendanten im Rundfunk, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Diese Ausformung des Gesetzes stellte im Großen und Ganzen einen, strikt definierter Bereich, in dem Rundfunk und Fernsehen von nun an ablaufen sollte dar. Von ihrer Bedeutung her weiter gefasst, gleichsam als Zeichen an all die unzufriedenen Bürger, die ihren Unmut über die politischen Steuerungsversuche und Mauscheleien im Rundfunk, durch ihre Teilnahme am Volksbegehren kund getan hatten.

3.4.2. Kuratoriumssitze durch das ORF-Gesetz 1966 Im bereits oben erwähnten Aufsichtsrat des ORF, der auch als Kuratorium bezeichnet wurde und heute in Form des Stiftungsrates existiert, gewannen die Bundesländer mehr Einfluss. Im laut Bundesgesetz aus 20 Mitgliedern zusammengesetzten Aufsichtsrat, saßen 9 Personen in Vertretung der Bundesländer, 5 Personen in Vertretung der anerkannten Religionen, der Wissenschaft, der Kunst sowie eine Vertretung für Bildung und Sport. Weiters noch 6 Personen, welche nach Stärkeverhältnis im Nationalrat zusammengesetzt, die Parteien vertreten sollten. Zu diesen 20 kommen allerdings noch 2 Personen als Vertreter des ORF-Betriebsrates dazu - somit hat der Aufsichtrat insgesamt 22 Mitglieder. Im Vergleich zur Proporzbesetzung ein klares Zeichen in Richtung mehr Demokratie.

3.4.3. Der Aufsichtsrat/das Kuratorium Doch werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Aufgabenbereiche des ORF Aufsichtsrates. Hier finden wir die „Machtzentrale“ des ORF vor. Aufgabe des Aufsichtsrates ist beispielsweise die Wahl oder Abberufung des Generalintendanten, sowie der anderen Intendanten und Direktoren. Weiters agiert der Aufsichtsrat richtungsweisend bezüglich Technik, Sendeausbau, Gebühren sowie Personalfragen (vgl. BGBl. 1966/195, §8, Abs. 5ff.).

Hier laufen gleichsam alle Stränge zusammen. Deswegen wurde bewusst darauf Wert gelegt, den Aufsichtrat nur der Gesellschaft und deren Gesetzmäßigkeiten, jedoch von keinen Kräften von außerhalb - abhängig zu machen. Er sollte gegenüber niemand anderem Rechenschaft ablegen müssen. Dieses Gesetz sicherte somit die Unabhängigkeit des österreichischen Rundfunks ab. Das Unternehmen sollte so in eine parteienfreie Zukunft starten, an deren Spitze fortan nicht die Parteien, sondern der Intendant des ORF stehen sollte. Er verfügt über umfangreiche Kompetenzen zur Leitung des Senders. Ihm ist die Bestimmung seiner Vertreter in den Ländern - der Landesintendanten unterstellt - ebenso der anderen Direktoren und Intendanten in der Zentrale in Wien. Unterstütz vom Aufsichtsrat (ebenso weisungsfrei) führte man von nun an das Unternehmen. Dabei gilt hervorzuheben, dass, laut Rundfunkgesetz, bei der Bestellung der Dienstposten innerhalb des Senders, die Kompetenz bezüglich des zu besetzenden 31 Stefan Langmann 0104885

Aufgabenbereichs an erster Stelle stehen sollte. Selbiges galt für Beförderungen, welche nur auf Grund fachlicher Leistung durchgeführt werden sollten (vgl. BGBl. 1966/195 §13 Abs. 1ff).

Unabhängig von der späteren Umsetzung in die Praxis, das Gesetz selbst, war es ein klarer Hinweis auf Parteienfreiheit und Unabhängigkeit der Gesellschaft. Zumindest lässt es diese Interpretation zu. Das Kuratorium, welches ebenfalls parteifrei sein sollte, war es natürlich auch nach dem Gesetz nicht. Die Mitglieder trafen sich in sogenannten „Freundeskreisen“. Diese repräsentierten im Grunde nichts anderes als Gruppen, die sich aus den jeweiligen parteinzugehörigen Mitgliedern zusammensetzten und dort ihre Agenden besprachen und abstimmten.

An dieser Stelle soll also auf die „Differenzen zwischen Gesetzestext und Rechtssprechung hingewiesen werden. Allein in Österreich gibt es eine Vielzahl von Gesetzen, die dem Wille zur Änderung geschuldet Missständen beseitigen sollen. Sie werden oft ( auch unter gesellschaftlichem Druck) als Reaktion auf akute Missstände beschlossen. Nun mag Anlassgesetzgebung durchaus ihre Meriten haben, werden die rasch erdachten Bestimmungen aber nicht verfolgt, sind sie – sprichwörtlich – „das Papier nicht wert auf welchem sie gedruckt sind.“8

3.4.4. ORF-Gebühren im Rundfunkgesetz von 1966 Ein weiterer Punkt der im Zuge der Gesetzesänderung beschlossen wurde – und bis heute mitunter kontrovers diskutiert wird - die Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Gesellschaft sollte die Bürger mit Rundfunk und Fernsehen versorgen, als Gegenleistung aber sollte von nun an jeder Teilnehmer einen bestimmten Betrag für den Empfang der Programme bezahlen. Mit der Einhebung der Gebühren wurden die Bundesländer betraut. In ihrem Kompetenzbereich lag es auch, wer von den Empfängern gebührenbefreit sein sollte. Weiters besaßen sie das Recht, einen bestimmten Teil der Gebühren einzubehalten. Das hat sich bis in die Gegenwart nicht verändert und sorgt auf politischer Ebene immer wieder für Diskussionen zwischen Bund- und Ländervertretern. Ich werde später im Abschnitte über österreichische Medienpolitik noch einmal auf die Gebührenthematik und die damit verbundenen Kritikpunkte eingehen.

3.4.5. Das Rundfunkgesetz von 1974 Die Entwicklung des ORF in Richtung eines aufstrebenden Rundfunkanbieters wurde durch das Volksbegehren und die Etablierung des ORF-Gesetzes gestärkt. Eckpunkte wie das Redakteursstatut taten ihr übriges zur Positionierung des ORF als ernstzunehmender Spieler unter den öffentlich- rechtlichen Anbietern Europas. Die Entwicklungen im ORF standen nicht still und so kam es wenige Jahre später zu einer erneuten Gesetzesreform. Diese manifestierte sich schlussendlich im Rundfunkgesetz von 1974.

Anstoß zu Reformen bezüglich des Rundfunkgesetzes gab es bereits im Februar 1973. Hierbei handelte es sich um eine Regierungsvorlage, welche auf eine Gesetzesänderung abzielte (vgl. Twaroch 1977, 7ff). 1971 wurden dem Rundfunkgesetz von 1966 Bestimmungen betreffs Entgegnungsrecht

8 Siehe: Abschnitt 3.1.2 Dekretismus in dieser Arbeit 32 Stefan Langmann 0104885 hinzugefügt. Dies behandelte vornehmlich Situationen, in denen Richtigstellungen, von zuvor gesendeten, objektiv unrichtigen Tatsachenbehauptungen zu tätigen waren (vgl. Twaroch 1977, 7).

In Folge kam es zu Bildung einer parlamentarischen Kommission, deren Aufgabe es sein sollte, diese Sachverhalte zu prüfen. Ein damals vom ORF als europäische Novität gepriesenes Redakteurstatut zur Erhöhung der Objektivität, sowie Änderungen bezüglich der Gesellschaftsordnung und eine Hörer- und Sehervertretung standen zur Debatte (vgl. Twaroch 1977, 8ff). Die Ergebnisse der Beratungen wurden am 6. November 1973 dem Parlament zur Weiterbehandlung übergeben. Schließlich wurde das Bundesgesetz verkündet und trat mit 15.10.1974 in Kraft.

So wurde der ORF auch auf dem Papier zum offiziellen „öffentlich-rechtlichen Sender“ erklärt. Der ORF wurde zu einer Stiftung öffentlichen Rechts (einer Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit) – das machte ihn gleichsam zum öffentlichen Eigentum. Die davor von der ÖVP beschlossenen Reformen hatten den ORF in eine GmbH, deren Eigentümer zu 99% der Bund war verwandelt (vgl. Steinmaurer 2002, 33). Damit war auch das Rundfunkmonopol für jenes Unternehmen „zementiert“. Ich wähle bewusst jenen Ausdruck, da es 19 Jahre lang „bestehen sollte“ und erst im Jahr 1993 Privatrundfunk ermöglicht wurde.

Der erste terrestrische Privatfernsehsender sollte erst 2003 starten – im europäischen Vergleich durchaus eine „Spätzündung“ –ich werden bei der Behandlung österreichischer Medienpolitik noch einmal darauf zurückkommen. Eine Novität stellte jenes Gesetz dennoch dar – Neben dem Redakteursstatut und der Einführung der Hörer und Sehervertretung lässt es eine besondere Lesart zu: Eine Stiftung „öffentlichen Rechts“ ist nur der Öffentlichkeit verpflichtet und kein „Staatsfunk“ – erneut politische Unabhängigkeit in Gesetzesform. Allerdings besitzen Stiftungen öffentlichen Rechts in der Regel keine Vermögen – das heißt sie sind von Budgetierungen und Zuweisungen abhängig. Diese werden in der Regel von Parlamenten beschlossen – daher müssen sie meist Rechenschaft über ihre Gebarungen vor eben diesen Parlamenten ablegen. (vgl. k.A. Stiftungen des öffentlichen Rechts http://de.wikipedia.org/wiki/Stiftung#Die_wirtschaftlichen_Verh.C3.A4ltnisse)

3.4.6. Hörer- und Sehervertretung Besagtes Bundesverfassungsgesetz enthielt über die Stiftungsthematik hinaus, weitere wesentliche Punkte. Am 18.10 1974 wurde seitens der Bundesregierung eine Vorlage zur Abänderung jenes Rundfunkgesetztes eingebracht. Hierbei handelte es sich um Vorgänge und Kompetenzen bezüglich der Bestellung der Hörer- und Sehervertretung (vgl. Twaroch 1977, 13ff). Diese war zur verbesserten Kommunikation mit den Hörern und Sehern des ORF eingerichtet worden und besaß unter anderem die Aufgabe, sich mit Beschwerden und Einwänden seitens des ORF Publikums auseinander zu setzen.

Ein Querschnitt durch die verschiedenen Bevölkerungsgruppen ergab die Zusammensetzung jener Einrichtung. Kritisch betrachtet war das, de facto natürlich nie der Fall, da es bei beschränkter Anzahl der Mitglieder innerhalb der Hörer- und Sehervertretung nahezu unmöglich ist, die vielfältigen

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Mitglieder einer Gesellschaft auch nur annähernd zu vertreten. Dem Korporatismus geschuldet, konnten solche Konstruktionen aber in Gesetze verwandelt werden.

Doch werfen wir einmal einen Blick in den Gesetzestext selbst. Hier finden sich unter Aufgaben der Hörer- und Sehervertretung folgende Punkte: „ §16. (1) Der Hörer –und Sehervertretung obliegt 1.die Erstattung von Empfehlungen hinsichtlich der Programmgestaltung und von Vorschlägen für den technischen Ausbau; 2. die Bestellung von sechs Mitgliedern des Kuratoriums (§ 7 Abs.1 Z.4), wobei jedenfalls ein Mitglied aus den Bereichen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften, der Wissenschaft, der Volksbildung, der Kunst und des Sports zu bestellen ist; 3. die Erstellung von Vorschlägen für die Ernennung von vier Mitgliedern der Kommission; 4. Anrufung der Kommission; 5. die Genehmigung von Beschlüssen des Kuratoriums, mit denen die Höhe des Programmentgeltes (Rundfunkentgelt, Fernsehrundfunkentgelt) festgelegt wird. „ (vgl. BGBl. 1974/397).

Es war des Weiteren möglich, Fragen und Auskunftsanforderungen zu allen, rundfunkbetreffenden Themen an Intendant und Direktoren zu richten, welche diese in einem bestimmten Zeitraum beantworten mussten. Ebenso konnten Meinungsumfragen von Seiten der Hörer- und Sehervertretung in Auftrag gegeben werden (vgl. Twaroch 1977, 53ff). Die Hörer und Sehervertretung bestand von 1974, bis zur Änderung des ORF-Gesetzes im Jahr 2001. Das installierte Nachfolgegremium an ihrer Stelle, sollte später der Publikumsrat des ORF werden (vgl. k.A. „Die Hörer – und Sehervertretung“ http://publikumsrat.orf.at/geschichte.html).

Die mit Sicherheit entscheidendste Entwicklung innerhalb der 1974 begonnenen Reform, war aber das Redakteursstatut des ORF. Es wurde bereits zuvor erwähnt, dass der Sender sich damit auf europäischer Ebene durchaus als Vorreiter betrachten konnte. Auf der Medienforschungshomepage des ORF findet sich sogar ein Eintrag, in dem von einer weltweiten Einzigartigkeit, des besagten Statuts die Rede ist (vgl. k.A. „Die- österreichischer Rundfunkchronik“ Abschnitt 1973 http://mediaresearch.orf.at/chronik.htm). Was war es nun, aber so besonders an diesem Statut? Ein erneuter Blick ins BGBl. soll Klarheit bringen.

3.4.7. Das Redakteursstatut im ORF Gesetz In §18 des Rundfunkgesetzes findet sich erstmals das Redakteursstatut. Es dient der Absicherung bestimmter Grundsätze, welche für journalistische Mitarbeiter des ORF gelten. Es ist im Besonderen ein Übereinkommen zwischen dem Österreichischen Rundfunk und einer gewählten Vertretung der Journalisten, welche im ORF beschäftigt sind (vgl. Twaroch 1977, 57). Darüber hinaus enthält das Redakteursstatut diverse Punkte zu Wahlmodalitäten der Journalistenvertreter und andere organisatorische Bestimmungen.

Der Grundstein zum Redakteurstatut war bereits 1971 gelegt worden. Hier wurde, als Reaktion auf das Rundfunkvolksbegehren der Versuch gestartete, Richtlinien über die Stärkung der Objektivität in der Nachrichtenberichterstattung zu etablieren. Das Ergebnis war das Informationsstatut von 1971 (vgl.

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Steinmaurer 2002, 33). Zwei Jahre später mündete diese Richtlinie in besagtes Redakteursstatut – das erste seiner Art in Europa - Mitte der Siebziger Jahre eine Novität auf dem Rundfunksektor. Allerdings stellt dieses Gesetz eigentlich nur den Überbau zu einem anderen Gesetz dar. Man könnte es auch als Absicherung der Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der journalistischen Mitarbeiter des ORF bezeichnen, wodurch deren Arbeit erst richtig gegen äußere und innere Einflüsse geschützt werden sollte. Ein Mehr an Aussagekraft findet sich bereits im vorhergegangenen Paragraph 17, des Rundfunkgesetzes von 1974. Hier ist die Unabhängigkeit der Journalisten festgehalten:

„§ 17. (1) Der Österreichische Rundfunk hat die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter sowie die Freiheit der journalistischen Berufsausübung aller journalistischen Mitarbeiter bei Besorgung aller ihnen übertragenen Aufgaben im Rahmen der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu beachten. Die journalistischen Mitarbeiter dürfen in Ausübung ihrer Tätigkeit insbesondere nicht verhalten werden, etwas abzufassen oder zu verantworten, was der Freiheit der journalistischen Berufsausübung widerspricht. Aus einer gerechtfertigten Weigerung darf ihnen kein Nachteil erwachsen.“ (vgl. BGBl. 1974/397)

Unter diesen Paragraphen fallen alle Mitarbeiter des ORF, welche entweder in Hörfunk oder Fernsehen gestalterisch mitwirken. Dies gilt auch für alle freien Mitarbeiter (vgl. ebd. Absatz 2 und 3). Mit diesem Paragraph wurde der Status der ORF Journalisten untermauert, diese in ihrer unabhängigen Arbeit auch gesetzlich unterstützt und somit ein maßgeblicher Beitrag zur Entwicklung unabhängiger Medien – auch über die Grenzen Österreichs hinaus geleistet. Die BBC in Großbritannien führte bereits vor dem ORF einen Katalog für redaktionelle Richtlinien ein, der auch auf der Homepage des Senders abrufbar ist.9 In der Tat sollte diese Entwicklung den ORF in eine besonderer Position bringen, die auch im heutigen Diskurs zur Lage der öffentlich-rechtlichen Sender Europas immer wieder positiv erwähnt wird. Das solch entscheidenden Schritte auch ein gewisses Maß an politischem Willen voraussetzen, sollte nicht unerwähnt bleiben. Schließlich erschuf der ORF sich und die ihn bestimmenden Gesetze ja nicht selbst. Ich würde durchaus soweit gehen, jene damaligen Errungenschaften auf dem Mediensektor, durchaus auch als Resultat der stabilen politischen Lage, der Konsensdemokratie zuzuweisen. Wie weit der Wandel des politischen Systems – Konfliktdemokratie ab 2000 – hier entscheidend mitwirkt bleibt offen, soll aber im Politikteil dieser Arbeit noch einmal aufgenommen werden.

3.5. Gesetzesänderungen und das ORF-Gesetz 2001 3.5.1. ORF Gesetzesnovellen bis 2001 Die Entwicklung der Rundfunkgesetze war seit dem Rundfunkvolksbegehren, und den daraus resultierenden Umbrüchen beträchtlich fortgeschritten. Ein Blick ins Österreichische Rundfunkrecht zeigt weitere Änderungen und Novellierungen auf, die allein bis ins Jahr 1985 getätigt wurden. So kam es 1974, 1975, 1981, 1982 sowie 1984 zu Rundfunkgesetzesnovellen (vgl. Twaroch/Buchner 1985, 3).

9 Siehe: k.A. Appendix F: Extracts from the BBC Editorial Guidelines. http://www.bbc.co.uk/bbctrust/assets/files/pdf/review_report_research/impartiality_21century/f_editorial_guidelines_extracts.t xt The full text of the BBC Editorial Guidelines is available at www.bbc.co.uk/guidelines/editorialguidelines/

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Nach In Kraft treten des Rundfunkgesetzes von 1974 kam es in regelmäßigen Abständen zu Novellierungen. So wird dem Rechnungshof im Jahr 1981 die Prüfungskompetenz für den ORF zugestanden – 1982 kommen arbeitsrechtliche Änderungen für freie Mitarbeiter hinzu. Mit dem 1.1.1985 trat des Mediengesetzt von 1984 in Kraft. Hier wurden vor allem Änderungen wie die Möglichkeit zur Werbung an Samstagen und Sonntagen eingeräumt. Das ORF Gesetzt von 1984 stellt im Grund die Basis für viele weitere relevante Novellierungen und Anpassungen dar. Bei Reformen wird dies bereits beim Blick ins Gesetz ersichtlich. Hier finden sich immer wieder Verweise auf die vorhergegangen Gesetzte. Eine tiefer greifende Auseinandersetzung oder Nennung des Gesetztes von 1984 entfällt aus Platzgründen.10 Das hier Angeführte BGBl. 1993 - es kam es aufgrund von Beschlüssen der EU- Kommission zustande, und wurde 1999 auch in Österreich umgesetzt behandelt die Kennzeichnungen von Sendungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen.

3.5.2. Das ORF Gesetz 2001 Weitere wichtige Entwicklungen stellten die Liberalisierung auf dem Radiomark im Jahr 1993 und das ORF-Gesetz von 2001 dar – ab diesem Zeitpunkt bekam der ORF erstmals in seiner Geschichte Konkurrenz von privaten Rundfunkanbietern. Daher ziehe ich es vor einige Jahre zu überspringen und mich dem ORF-Gesetz von 2001 zuzuwenden – schließlich ist es Kernthema dieser Arbeit und entstand unter der schwarz/blauen Regierung. Oben erwähnte Mutmaßungen – Änderung der politischen Streitkultur = Wiederhall in Gesetzen – kann hier am besten überprüft werden.

An der Unabhängigkeit der Mitarbeiter sollte sich ob der Vielzahl an Novellierungen im Wesentlichen nichts ändern. Mit dem Rundfunkgesetz von 2001, welches am 1. Jänner 2002 in Kraft treten sollte, wurde die Hörer- und Sehervertretung zu Grabe getragen und erstand als Publikumsrat des ORF wieder – mehr dazu später.

3.5.2.1. ORF als Stiftung „sui generis“ Entscheidende Änderungen betrafen auch die Organisationsform des Unternehmens selbst. Der ORF war im Bundesgesetzblatt von 1974 noch, als ein wörtlich: „eigener Wirtschaftskörper als Einrichtung des Bundes“ installiert worden (vgl. BGBl., 1974/397, §1 (1)). Dies implizierte zwar auch Eigenständigkeit des Rundfunksenders, brachte ihn aber als Einrichtung des Bundes wiederum in die unmittelbare Nähe der Politik. 2001 wurde er in eine Stiftung „sui generis“, mit eigener Rechtspersönlichkeit verwandelt (vgl. k.A. „Zentrale Neuerungen im ORF-Gesetz, BGBl. I Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 83/2001” http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=1581). Somit sollte der ORF quasi freigestellt werden. Als Stiftungsbegünstigter wurde die Allgemeinheit bestimmt. Der Stiftungszweck war die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrages (vgl. ebd.).

10 essentiell für diese Arbeit ist die Medienpolitik die zum ORF-Gesetz von 2001 führte – und jenes ORF Gesetz selbst. 36 Stefan Langmann 0104885

Dies konnte durchaus als Zeichen der Erneuerung und zusätzliche Abgrenzung von politischem Einfluss interpretiert werden. De facto sollten die politischen Kräfte Österreichs weiterhin miteingebunden sein. Aber nicht nur die Rechtspersönlichkeit des ORF wurde geändert, sonder auch die Organe betreffend, gleichen sich die Gesetzestexte ab 2001 nicht mehr. Bereits weiter vorne im Text, wurde von der Neuetablierung des ORF Publikumsrats gesprochen, der die Hörer- und Sehervertretung ablöste (vgl. Abschnitt 2.4.6)

3.5.2.2. Der Generalintendant wird Generaldirektor Ebenso findet sich im ORF Gesetz von 2001 auch kein Generalintendant mehr, stattdessen wird dieser ab ORF-Gesetz 2001, Generaldirektor genannt. Ab in Kraft treten des Bundesgesetzes, am 01.01. 2002 wurde jener, nun mit einfacher Mehrheit für fünf Jahre bestellt (vgl. BGBl. 2001/83, §22 ff). Verglichen mit dem Rundfunkgesetz von 1974 wurde jener mit zwei Drittel Mehrheit auf 4 Jahre gewählt (vgl.BGBl.1974/397, §9 (1)).

3.5.2.3. Der Stiftungsrat Das ehemals als Kuratorium des ORF bezeichnete Gremium stellt die Schaltstelle des Österreichischen Rundfunk dar. Der Stiftungsrat ist unter anderem zuständig für: Die Überwachung der Geschäftsführung; die Bestellung und Abberufung des Generaldirektors; die Festlegung der Zahl der Direktoren sowie der Geschäftsverteilung gemäß § 24 Abs. 2; die Vertretung des Österreichischen Rundfunks gegenüber dem Generaldirektor, insbesondere die Geltendmachung von Haftungsansprüchen; die Bestellung und Abberufung der Direktoren und Landesdirektoren auf Vorschlag des Generaldirektors; die Genehmigung der langfristigen Pläne für Programm, Technik und Finanzen und von Stellenplänen;... (vgl. BGBl. 2001/83 §21ff.)

Parteinahme ist dem Stiftungsrat per Gesetzt verboten – die Tätigkeit im Stiftungsrat ist auf 4 Jahre limitiert. Er setzt sich, wie das Vorgängergremium, das Kuratorium wie folgt zusammen: 6 Stiftungsräte werden von der Bundesregierung anhand des Stärkeverhältnisses der im Parlament befindlichen Parteien ernannt. 9 Stiftungsräte repräsentieren die Bundesländer und werden von jenen ernannt. 9 weitere Stiftungsräte werden von der Regierung entsandt. 6 durch den Publikumsrat ernannt und 5 durch den Zentralbetriebsrat des ORF (vgl. ebd.).

3.5.2.4. Der ORF Publikumsrat Die im Gesetz von 1974 etablierte Hörer- und Sehervertretung des ORF wurde 2001 vom sogenannten Publikumsrat abgelöst. Er besteht aus 35 Mitgliedern deren Amtszeit des auf 4 Jahre limitiert ist. Die Kriterien für die Mitglieder des Publikumsrates sind ähnlich streng wie für die Stiftungsratsmitglieder – dies wird in §28 des ORF-G 2001 festgehalten. Nähe zur Politik ist per Gesetzt ausgeschlossen. Das Gremium versteht sich auch wie die Hörer- und Sehervertretung als Mittler zwischen dem Publikum und der Geschäftsführung des ORF. Im Gesetz wird dies „zur Wahrung der Interessen der Hörer und Seher genannt. 29 der Mitglieder des Publikumsrates werden aus den verschiedenen Vertretungskörperschaften der Republik gewählt – den verschiedenen Kammern und dergleichen. 6 Mitglieder werden von den Gebührenzahlern selbst gewählt. Diese Kandidaten werden in der Regel medial vorgestellt. Die Wahl erfolgt via Telefon, Fax oder Internet (vgl. BGBl. 2001/83 §28ff.).

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Im Wesentlichen obliegt es dem Publikumsrat Empfehlungen hinsichtlich Programmgestaltung und Senderschemen abzugeben. Weiters werden eine bestimmt Anzahl an Teilnehmern aus dem Publikumsrat für den Stiftungsrat nominiert. In §30 Z2 finden wir dazu folgende Darstellung: mit der Relevanz des Publikumsrates verhält es sich ähnlich, wie mit jener seiner Vorgängerorganisation – ich habe dies bereits bei der Bearbeitung unter 3.4.6 kurz festgehalten. Weitere Abhandlungen dazu werden später im Abschnitt zu spezifisch österreichischer Medienpolitik erfolgen.

3.5.2.5. Der Programmauftrag Speziell bei der Ausgestaltung des Programmauftrages ist eine Erweiterung zu bemerken. Das liegt unter Anderem auch an der geänderten politischen Situation, die im Laufe der Zeit immer mehr in Richtung Europagedanke und verstärkte Integration dieser Belange abzielte. Davon findet sich im ORF-Gesetz von 1974 natürlich noch nichts. Der Auftrag zu informieren findet sich in allen ORF- Gesetzen. Besonderen Wert auf Qualität der Sendungen zu legen findet sich im Programmauftrag allerdings in § 4 Absatz 3. Hier wird der Anspruch und die Qualität der Programme festgeschrieben (vgl. BGBl. 2001/83, §4 (3)).

Im folgenden möchte ich eine gesamte Passage aus dem ORF Gesetz von 2001 anführen die ebenfalls aus dem §4, Programmauftrag stammt, und wie ich finde zentrale Elemente enthält, welche ich später in Bezug auf politische Interventionen mit der Realsituation vergleichen möchte.

„(4) Insbesondere Sendungen in den Bereichen Information, Kultur und Wissenschaft haben sich durch hohe Qualität auszuzeichnen. Der Österreichische Rundfunk hat ferner bei der Herstellung und Sendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen auf die kulturelle Eigenart, die Geschichte und die politische und kulturelle Eigenständigkeit Österreichs sowie auf den föderalistischen Aufbau der Republik besonders Bedacht zu nehmen.

(5) Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen weiters für eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeiten der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen; die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen; eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität zu sorgen.

(6) Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es politische oder wirtschaftliche Lobbys.

(7) Die Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks sind den Zielen des Programmauftrags verpflichtet und haben an dessen Erfüllung aktiv mitzuwirken.“ (vgl. BGBl. 2001/83, §4 Abs. 4-7).

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Der in §4 festgeschriebene Programmauftrag ist den Anforderungen und Entwicklungen im EU-Raum geschuldet. Um die Finanzierung durch Gebühren rechtfertigen zu können, müssen die Aufgaben/der Auftrag eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieters festgehalten und überprüft werden. Die hier festgehaltenen Passagen aus den Gesetzestexten wirken meist unverfänglich und neutral. Begriffe wie Objektivität und Unabhängigkeit von politischem Einfluss vermitteln den Wunsch nach eben diesen Kriterien. Erst dessen Umsetzung macht die Qualität eines Gesetzes bewertbar oder gibt Auskunft über gängige Praktiken in einem Land. Ich möchte mich an späterer Stelle – im Abschnitt zur österreichischen Medienpolitik des Jahres 2000/2001 als die oben angeführten Texte entstanden - mit der Umsetzung dieses Gesetzes in die Wirklichkeit befassen und auf mögliche Lesarten hinweisen.

3.6. Zusammenfassung Rundfunkentwicklung Die Entstehung des Rundfunkwesens in Österreich fiel in eine denkbar schlechte Periode der österreichischen Geschichte. Als die RAVAG 1924 gegründet wurde, haderte die junge Republik mit zahllosen Herausforderungen. In dieses Umfeld hinein wurde der Rundfunk „geboren“. Eine technische Novität, die sich erst Jahrzehnte später mit riesigem Erfolg durchsetzen sollte. Zu Beginn kann Rundfunk als ein Elitenprojekt gesehen werden - Radios waren nicht der primäre Wunsch der hungernden Massen. Diese Eliten sollten auch die Ersten sein die, den Rundfunk missbrauchten - Falschmeldungen und Propaganda in der Zwischenkriegszeit und völlige Instrumentalisierung in der Zeit des Nationalsozialismus. Nach der Befreiung Österreichs, finden wir erneut eine „denkbar schlechte Periode“ vor. Die Supervisionspolitik der Alliierten zielte darauf ab eine freies, vor allem politisch emanzipiertes Medien- und Rundfunkssystem zu schaffen. Aber es fehlte letzten Endes an Konsequenz – in der Bundesrepublik Deutschland war dies erfolgreicher abgelaufen (vgl. Langenbucher 2007, 61). Wie Rathkolb einwendet gelang es allerdings auch in Deutschland nicht völlig den Rundfunk vom politischen Einfluss frei zu spielen – heftige Kontroversen um Intendanten-Postenbesetzungen nach dem Jahr 2000 beweisen dies (vgl. Rathkolb 2003).

Hierzulande legten die Parteien ihre Hand über jenen Institutionen. Proporz regierte im ORF. Jenem „Österreichspezifikum“ – immer wieder fielen Reformen bloßer „Personalpolitik“ zum Opfer - ist allerdings auch langanhaltender sozialer Friede geschuldet. Andererseits verhinderte er jedoch die Ausbildung einer „demokratische Streitkultur“. Umso wichtiger waren Entwicklungen wie das Rundfunkvolksbegehren und die Schaffung umfangreicher Absicherungen bezüglich demokratischer Prinzipien und Unabhängigkeit. Bei der Einführung des Redakteursstatuts war Österreich mit an der Spitze der freien, unabhängigen Nationen der Welt. Das Gesetzestexte allein noch kein Garant für Unabhängigkeit sind, wird in dieser Arbeit noch mehrmals und anhand von Beispielen belegt werden. Mehr Einfluss der Bundesländer im Stiftungsrat heißt noch nicht weniger politischer Einfluss. Gerade von Seiten der Länder bestand Interesse an Plätzen im Zentrum des ORF. Auch heute noch zählt die Rolle der Bundesländer/Länderstudios zu umstrittenen Themen – dies ist unter anderen medienpolitischen Gesichtspunkten noch zu behandeln.

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Ebenso kritisch kann die vielfache Novellierung des ORF Gesetzes beurteilt werden. Novellierung muss nicht zwingend auch mit Verbesserung verbunden werden. Nicht die Zahl der Gesetze ist ausschlaggebend, sondern deren Qualität. Darüber hinaus kann immer auch die Genese einer Novelle über deren Zweck Aufschluss geben. Geht es um sachdienliche Interessen, wie etwa die Anpassung eines Gesetzes an sich wandelnde medientechnische Bedingungen oder handelt es sich um den Versuch einer Regierung, die Gesetzeslage an persönliche Bedürfnisse und Interessen anzupassen und die Reformen der Vorgängerregierung so gut wie möglich rückgängig zu machen und zu „verwischen“.

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4. Politik und Medien –Medienpolitik in Österreich Nach diesem Überblick zur Geschichte und den rechtlichen Grundlagen des ORF sowie ersten medienpolitischen Entscheidungen, möchte ich mich nun mit dem Verhältnis oder der Einbindung der Politik in und um die österreichische Medienlandschaft 11auseinandersetzen – den politischen/medienpolitischen Seiten von Rundfunk in Österreich – sowie mit der Mediensituation des Landes.

Bevor ich mich aber mit verschiedenen medienpolitischen Aspekten auseinandersetzen werde, möchte ich einen Abschnitt zu spezifisch österreichischen Ausprägungen des politischen Systems einfügen. Diese sollen einen Überblick zu, im politischen System Österreichs ausgeübten Praktiken geben. Einige davon beeinflussen nachweislich die medienpolitischen Entscheidungen, welche der österreichischen Mediensituation ihren speziellen Charakter gaben. Da ich die Ausprägung österreichischer Politik für sehr relevant halte, möchte ich nun einen Exkurs einfügen.

4.1. EXKURS: Politik in Österreich/ Demokratie österreichischer Prägung Das Thema öffentlich-rechtlicher Rundfunk kann in seiner Gesamtheit nicht einfach von der Politik in Österreich losgelöst werden, dies sollte bis zu jenem Punkt klar geworden sein. Fernsehen wurde im Laufe der Jahre auch bei den Parteien in Österreich immer beliebter. Man erkannte die Möglichkeit, in kürzester Zeit eine große Zahl potentieller Wähler, erreichen zu können. Darüber hinaus werden die Gremien des ORF, von der Politik beschickt. Regierungen haben Mitspracherechte, der öffentlich-rechtliche Auftrag wurde vom Gesetzgeber definiert, der Sender muss seine Gebarungen jährlich im Parlament offen legen. Von den Freundeskreisen (den politischen Treffpunkten der „unpolitischen“ Kuratoriums und Stiftungsratsmitglieder) war ebenso die Rede - All das sind Punkte die auf Involvierung von Politik im ORF hinweisen – Medienpolitik wird, neben verschieden anderen gesellschaftlichen Akteuren auch von Regierungen und politischen Partein entscheidend mitgestaltet und beeinflusst – da die Politik die Medienlandschaft beeinflusst, werden auch die Eigenheiten und Merkmale der Politik, in der Art der Medienpolitik sichtbar. Es ist nun weniger Ziel, direkte medienpolitische Verbindungen zu klären - vielmehr liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung bzw. den Eigenheiten österreichischer Politik/Verwaltung – es sei an dieser Stelle hingewiesen, dass nicht alle Faktoren die ich erwähnen werden, auch Einfluss auf den ORF und die Thematik dieser Arbeit haben. Dennoch finden sich entscheidende Ausprägungen im politischen Systems Österreichs, mit deren Hilfe sich Handlungsweisen und Prozesse der Entscheidungsfindung erklären lassen – die Qualität jener Entscheidungsfindung wird auch in medienpolitischen Entscheidungen erkennbar. Ich habe in dieser Arbeit bereits mehrfach auf die Ausprägungen von Konkordanzdemokratie hingewiesen. Diese und andere entscheidende Merkmale von Demokratie österreichischer Prägung sollen nun im Fokus der Betrachtung liegen.

11 Dem Themenspektrum jener Arbeit geschuldet werde ich mich bezüglich der Termini Medienlandschaft und Medienpolitik primär mit den Bereichen Rundfunk/Fernsehen auseinandersetzen. Andere Bereiche der Medienlandschaft/Medienpolitik wie Zeitungswesen oder Radio werden nur am Rande – wenn thematische Zusammenhänge herstellbar sind – Behandlung finden. 41 Stefan Langmann 0104885

Gewisse Denk- und Handlungsmuster bestehen bereits seit der Zwischenkriegszeit12. Hier entstand nach dem Ersten Weltkriegs und zerfall eines Riesenreich wie es die Habsburg- Monarchie darstellte, die Republik Österreich. Jene Republik deren Bürger in überwiegender Mehrheit, den neuen Staat für nicht sonderlich geglückt oder lebensfähig hielten. Nach dem Versuch die Staatsform in einen autoritären Ständestaat zu wandeln, Bürgerkrieg und erneuten Wirren, endeten diese Entwicklungen im Anschluss an Deutschland und dem Zweiten Weltkrieg.

4.1.1. Konkordanz Nach dessen Ende folgte eine zehnjährige Besatzungszeit durch alliierte Truppen. Diese übten starken Einfluss auf die Medienlandschaft aus – man versuchte Österreich auf „westlichen“ Kurs zu bringen – dies geschah aber gleichsam unter den Vorzeichen des beginnenden Kalten Kriegs (vgl. Rathkolb 2003).

Es kam gewisser Maßen zur Neuauflage des Demokratiemodells österreichischer Machart. Die Beziehung zwischen den beiden größten Parteien, der SPÖ und der ÖVP sollte aber keinesfalls friktionsfrei ablaufen. Erst genannte vertrat die Arbeiterschaft, die zweite das bürgerliche Lager. Die Gräben welche in der Zwischenkriegszeit durch erbitterte Gegnerschaft der Vorläufer beider Parteien und deren paramilitärischer Verbände aufgerissen worden waren, schienen unüberbrückbar. In Anbetracht der fortdauernden Besatzungszeit durch die Alliierten versuchte man allerdings, (Anmerkung: wenn auch, nur zur Beruhigung der externen Beobachter) jene Gegensätze und trennende Elemente in den Hintergrund zu rücken, und so sachlich wie möglich zusammenzuarbeiten. Dies gebar unter Ausblendung der Vergangenheit einen Politikstil, welcher als typisch österreichisch bezeichnet werden kann. Hierbei handelte es sich um Muster, welche in der Gegenwart zunehmend in Auflösung begriffen sind.13 Das führte ebenfalls wieder zu einer Anpassung des Politikstils. Auch dieser sollte, im weitesten Sinn, seinen Einfluss auf den ORF haben. Doch dazu später. Das politische System Österreichs zeichnete sich vorerst durch ein Verhaltensmuster aus, welches als Konkordanz bezeichnet wird.

Dieses politische Konzept – es ist nicht zwingend als negativ zu bewerten - prägte das politische Geschehen stark. Es spiegelte sich vor allem in der Zusammenarbeit der großen Parteien, innerhalb der großen Koalition wieder, und umfasste weiter die Einbindung der Sozialpartnerschaft in die Beschlüsse der Regierung, sowie eine enge Zusammenarbeit, auch auf Länder- und Gemeindeebene (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 502).

12 Hier geht es primär um die Genese der politischen Strukturen und Denkweisen in Österreich. Weder hat die Situation im ORF 2001 mit den Februarkämpfen 1934 zu tun, noch können diese Geschichtsabschnitte direkt in Verbindung gesetzt werden. Um die politischen Strukturen der Republik zu verstehen ist jedoch ein Blick in die nähere Vergangenheit unerlässlich. 13 Gemeint ist hier, der im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts stattgefundene Wandel im politischen System Österreichs (Partei und Wählerstrukturen - ebenso wurde ein Wandel von der Konkordanz zur Konfliktdemokratie erkennbar). Für eingehende Erläuterungen sei auf die Texte von Ulram 2006 sowie Plasser/Ulram 2006 hingewiesen. 42 Stefan Langmann 0104885

Wie Gehrlich und Pfefferl festhalten, handelt es sich um ein - auf die Partner abgestimmtes - akkordiertes System der Entscheidungsfindung. Alle im Prozess wesentlichen Gruppen, durften ausführlich Stellung nehmen bevor Entscheidungen getroffen wurden (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 503). Ein auf lange Verhandlungen und zuvorkommende Kompromisse ausgelegtes System war die Folge dieser österreichischen Politikform (damit lassen sich auch die stets lange dauernden Verhandlungen über die Nachbesetzung der ORF Spitzenposten erklären – siehe auch: Fidler 1999). Einem geflügelten Wort zufolge, kannte man dabei den Kompromiss schon, bevor man sich über den Konflikt im Klaren war (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 503). Da die offene Auseinandersetzung über Streitfragen der Politik so weitgehend ausgeblendet wurde, bedurfte es einer gewissen Schein-, beziehungsweise symbolischen Politik, um sich die Loyalität der Parteigänger zu sichern (Vgl. ebd. 503).

Diese Gangart sollte sich mit der zunehmenden Etablierung des Fernsehens noch verstärken. Da es von immer mehr Menschen als Hauptinformationsquelle - speziell politische Inhalte14 betreffend - genutzt wurde, erkannte auch die Politik die Wichtigkeit gelungener Auftritte in jenem Medium. Fernsehauftritte wurden langsam zur Show stilisiert. Politiker machten Versprechungen und Zugeständnisse - polterten gegen politische Gegner, während sie realpolitisch gänzlich andere Ansichten vertraten (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 503). Konkordanzpolitische Entscheidungen betrafen natürlich alle Politikfelder – auch die Besetzungspolitik im ORF (vgl. Fidler/Merkle 1999, 113ff.).

4.1.2. Dekretismus Als ein weiteres Beispiel österreichischer politischer Kultur nennen Gehrlich und Pfefferl den Dekretismus. Tritt ein beliebiges politisches Problem zu Tage, so wird dieses gerne, mittels der Schaffung eines neuen Gesetzes gelöst. Sobald also ein Auftrag an die Verwaltung erteilt wurde, gilt die Sache als gelöst (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 503). Das führt zu einer großen Zahl an Gesetzen – jedes davon soll irgendein Probleme lösen. Komplexe bürokratische Prozesse, die schlimmstenfalls sogar selbst in Gesetze münden die wiederum niemand überwacht, oder sich für deren Einhaltung auch nur im Geringsten zuständig fühlt, lösen Problem jedoch nicht besonders effizient. Bestenfalls werden Symptome von Problemen bekämpft. Bis an die Ursachen dringen solche Aktionen aber nie. Dies zeigt sich mitunter bei ORF-internen Problemen. Oftmals schon sollte dessen Unabhängigkeit gesichert, verstärkt oder festgeschrieben werden. Zahlreiche Novellen des Rundfunkgesetzes zeugen vom politischen Willen. Die betreffenden Abschnitte in den Gesetzen lesen sich verständlich und sprechen eine klare Sprache – siehe Abschnitt 2.ff. dieser Arbeit.

Ähnlich der Gesetzesflut, innerhalb der es, volumenbedingt natürlich immer wieder zu Widersprüchen kommt, gibt es in Österreich auch ein ebenso voluminöses bürokratisches System, mit ebensolchen spezifischen Eigenarten.

14 Politische Inhalte waren neben Auftritten von Politikern speziell via Parteipresse kommuniziert worden. Parteizeitungen – die Sprachrohre der Politik – sollten ebenso dem bereits erwähnten Wandel der Parteinlandschaft zum Opfer fallen. Vergleiche dazu: Plasser 2006, 525ff. 43 Stefan Langmann 0104885

Von rechtlichen Denk- und Verhaltensweisen geprägt, wurden die davon ausgehenden Verwaltungshandlungen zumeist in rechtlichen Formen programmiert, gesteuert und determiniert (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 503). Besondere Aktenorientierung und Verschriftlichung im Zuge der Verwaltungshandlungen, war das Markenzeichen der zahlreichen Juristen innerhalb des Staatsapparats. Dies spiegelt sich auch im komplexen System der Bürokratie wieder (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 503). Ein System bedient somit das andere. Ein Mehr an Gesetzen ruft auch ein Mehr an Bürokratie hervor. Das diese Bürokratie oftmals besser im Verhindern, als im Gestalten und Ausführen innovativer Reformen war, führen Gehrlich und Pfefferl auf jene Praxis zurück, die sie „therapeutischen Nihilismus“ nennen (vgl. Johnston 1972 zit. nach Gehrlich/Pfefferl 2006, 504). Dieser bedingt wiederum daher, dass bedeutende Amtsträger in Österreich oftmals der Meinung sind, politische Konflikte würden sich von selbst lösen, wenn keine zielgerichteten Interventionen stattfänden (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 504). Nach dem Motto: „Die Sache wird sich, nach erster Aufregung schon beruhigen.

4.1.3. Paternalismus Beim Auftreten gegenüber dem Bürger schlüpfen Politik und Bürokratie stets in eine paternalistische Rolle (vgl. ebd. 504). Eingreifen und Regeln von Problemen, findet strukturell von oben herab statt, einem gewissen „Übervater“ gleich, der sich um seine Kinder und Familie sorgt. Als für dieses Wirken prototypisch, nennen Gehrlich und Pfefferl das Amt des Bezirkshauptmannes (vgl. ebd. 504). Die Bezirkshauptmänner per se, haben natürlich keinen Einfluss auf die TV-Thematik dieser Arbeit. Formen des Paternalismus finden sich immer wieder dann, wenn von höchster Stelle in Belange des ORF eingegriffen, und dieser von oben herab zurechtgewiesen wird. Sei es aufgrund vermeintlicher Verfehlungen des Programmauftrags, oder die Politik äußert den Wunsch sich an Budgetierungsmaßnahmen zu beteiligen. Ebenso dann, wenn Landesstudios von „Landesvätern“ – also solche werden Landeshauptmänner mitunter bezeichnet – beherrscht werden.

4.1.4. Parteibindung/Organisationsgrad Erfolgreiches Handeln innerhalb eines politischen Systems, oder die Umsetzung bestimmter Entscheidungen sind nur dann durchführbar, wenn diese anerkannt werden. Es benötigt die Unterstützung der Bürger. Genau diese Unterstützung erreichte man in Österreich, durch einen hohen Organisationsgrad, sprich ein Großteil der Wahlberechtigten war in irgendeiner Form an eine Partei gebunden. Es gab zahlreiche Parteiorganisationen, von Jugendverbänden bis zu parteispezifischen Autofahrer- oder Wandervereinigungen. Die Bürger sahen sich gleichsam einer Partei zugehörig und identifizierten sich in irgendeiner Form mit ihr. So erwähnt Peter A. Ulram eine Fessel GfK Erhebung, der zufolge sich, noch bis in die 1980 Jahre 60 % der Österreicher mit einer Partei identifizierten (vgl. Ulram, 2006, 514). Im Vergleich dazu war die Identifikation 1969 mit 75 % noch um einiges höher (vgl. ebd. 514). So lange diese engen Bindungen bestanden15, konnten die Parteien auf nahezu uneingeschränkten Rückhalt bei ihren Anhängern zählen. Diese wurde auf der Medienseite noch von Parteizeitungen

15 Betroffen waren hier besonders SPÖ und ÖVP 44 Stefan Langmann 0104885 unterstützt. Diese verschwanden aber mit stetigem Rückgang der Parteibindung vom Markt. Sie schafften es nicht, mit dem Wandel der Politiklandschaft Schritt zu halten.

4.1.5. Trennlinien/„Cleavages“ Trennlinie Konfession Neben dem Organisationsgrad und der hohen Identifikation mit der jeweiligen Partei, spaltete sich die österreichische Parteienlandschaft entlang von sogenannten „Cleavages“. Hierbei handelt es sich um soziale Bereiche an denen sich die Wählerschaft der verschiedenen Parteien zuordnen lässt. Auch dieses Phänomen war im Zeitraum zwischen 1955 bis circa 1975 stärker ausgeprägt als dies gegenwärtig der Fall ist. Die Spaltlinien verliefen so beispielsweise entlang einer „konfessionellen Achse“, also kirchennahe, katholische Kreise, versus kirchenfernen, laizistischen Kreisen (vgl. Plasser/Ulram 2006, 550).

Trennlinie Wohlfahrtsstaat Als Zweite gesellschaftliche Spaltlinie kann die Wohlfahrtsstaatsthematik genannt werden. Hier trafen grob umschrieben, sozialstaatlich orientierte, auf marktwirtschaftlich ausgerichtete Interessensgruppen.

Trennlinie deutschnational vs. österreichnational Als schwächste Spaltlinie nennen die Autoren schließlich Differenzen bezüglich deutschnationaler versus österreichnationaler Achse (vgl. ebd. 550). Jene geistigen Trennlinien hatten ihre stärkste Wirkung in der Nachkriegszeit. Hier prägten sie mit den anderen bereits erwähnten Faktoren das typisch österreichisch Politikverständnis. Bis zum Beginn der 1980´er Jahre, sollten sie aber, bedingt durch sozialen und strukturellen Wandel der Gesellschaft, deutlich an Schärfe verlieren. Ganz verlöschten sie allerdings nie, traten eher in den Hintergrund und finden sich heute bei kleinen Gruppen von Parteihardlinern wieder.

Trennlinie Parteigeschichte Diese tritt auf, wenn es um neue Konzepte oder die Suche nach ursprünglichen Werten und Linien der Parteien geht - meist dann, wenn Wahlen verloren werden und es darum geht, sich neu zu formieren. Man versucht sich der Wurzeln, Ursprünglichkeiten und einstigen Leitlinien zu erinnern, und bald tauchen wieder, jene zuerst genannten Spaltlinien auf. Selbiges kann auch für die etwas weiter entfernte, Vorgeschichte der österreichischen Parteien bemerkt werden. Ich meine hier im speziellen die Geschehnisse in der Zwischenkriegszeit in Österreich, als die Vorgängerorganisationen der beiden Großparteien ÖVP und SPÖ, beide bewaffnete Vorfeldorganisationen aufgestellt hatten. Der Umgangston in der Politik war um einiges rauer als gegenwärtig. Diese feindlichen Verhältnisse und eine Reihe unglücklicher politischer Verkettungen, plus die damalige Situation der neu geschaffenen Republik, die im Gros der Bevölkerung keine Anerkennung fand, führten zu enormen Spannungen innerhalb der Republik. Die Friktionen zwischen den beiden bewaffneten Vorfeldorganisationen führten schließlich im Februar 1934 zum kurzen aber heftigen Bürgerkrieg. Die genaue Anzahl der Toten ist bis heute unklar und variiert nach „Gesinnung“ (vgl. Ucakar 2006, 137). Das damals ausgesprochene Verbot der Sozialdemokratie und die weiteren Entwicklungen um Ständestaat und Kanzler Engelbert Dollfuss blieben lange Zankäpfel. (vgl. ebd.)

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Wie auch immer jene Zusammenhänge bewertet werden, es steht fest, dass sie für die Sozialdemokratie Österreichs eine schwere Zäsur darstellen. Es liegt mir allerdings fern, Wertungen diesbezüglich zu treffen. Der Blick in die Vergangenheit soll aber, typisch österreichische Charakteristiken aufzeigen, deren Bestehen auch heute noch Einfluss auf die Politik hat. Wenn auch nur in geringem Ausmaß, so existieren geistige Trennlinien zum Teil noch immer, und werden vermutlich auch in Zukunft noch Spuren in der politischen Kultur Österreichs hinterlassen.

4.1.6. Symbolische Politik Gehrlich und Pfefferl sehen in ihrer Analyse, die0 Ereignisse der Zwischenkriegszeit (siehe auch Abschnitt Trennlinien), wiederum als Grund für die zuerst erwähnte Praxis symbolischer Politik: diese etablierte sich aus dem einfachen Grund - um jene in der Vergangenheit aufgerissenen Gräben zu schließen (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 506). Offene Vergangenheitspolitik müsste sich daher vielmehr an Vergangenheitsbewältigung orientieren. Diese versucht nämlich bevorzugt, Sachverhalte unter verschiedensten sozialen Gesichtspunkten zu erheben und aufzuarbeiten, als lediglich Werkzeuge herzustellen welche, unter Berücksichtigung aktueller politischen Zielsetzungen, nur das politische Agieren unterstützen und es so den politischen Akteuren vereinfachen, mit jenen historischen Themengebieten umgehen zu können (vgl. Manoschek/Geldmacher 2006, 577). All dies könnte den Anschein erwecken, die österreichische Politik wäre ein wirres Spiel, dass über lange Sicht, durch Lagermentalität, Klientelismus und symbolische Politik zu keinem, vernünftigen Ergebnisse gelangt ist.

Dem kann - glücklicher Weise - widersprochen werden. Innerhalb der Gremien und im Konkordanzsystem konnte parteiübergreifend gearbeitet werden. Hier wurde mit Sicherheit realistisch gedacht und diskutiert. Natürlich achtete man darauf die Interessen der zu vertretenden Klientel umzusetzen – dies stellt allerdings keineswegs spezifisch österreichisches Vorgehen dar. Das bestimmte Entwicklungen dadurch allerdings gehemmt wurden soll nicht vorenthalten werden. Dies machte sich auch im Bereich österreichischer Medienpolitik bemerkbar. Und es gilt im Zusammenhang mit Berichterstattung und Journalismus in Österreich immer auch zu bedenken, dass jene Berufsgruppen zum Teil auch in ebenso „verschachtelten“ und an die Lebensgewohnheiten im Land angepassten Kategorien denkt und wirkt, wie das die Politiker tun.

4.1.7. Der Medienauftritte österreichischer Politik Des Kerns der beschriebenen Thematik wird man dort gewahr, wenn man einen Blick dorthin wirft, wo das Politische öffentlich wird. Gemeint sind zum Beispiel öffentliche Auftritte von Politikern - im besonderen Fernsehauftritte. Hier boten sich oft kuriose Bilder. Während man innerhalb konkordanzdemokratischer Einrichtungen vermutlich zuvor noch abgeklärt miteinander diskutiert hatte, änderte sich alles, sobald die Scheinwerfer der Fernsehstudios angingen. Das Du-Wort ließen die Funktionäre weg, plötzlich waren sie wieder per „Sie“. Bald überschüttete man sich gegenseitig mit Spott und beschimpfte sich, bis das Scheinwerferlicht wieder erlosch und man wieder freundschaftlich gestimmt, von dannen zog (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 507). So kommt es vor, dass Politiker die sich im Parlament harte Wortgefechte liefern, abseits dieses Schauplatzes mitunter langjährige gute Freunde sind.

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Das zeigt die Vielschichtigkeit des österreichischen politischen Systems und in Folge die Auswirkungen, die solches Verhalten auch auf den ORF uns seine Strukturen hat.

Auch bei Fernsehübertragungen aus dem Parlament kann dieses Phänomen beobachtet werden. Man grenzt sich scharf vom politischen Gegner ab und spart nicht mit Kritik. Das dient allein zur Positionierung der jeweiligen Partei im System. Es gilt schließlich den Wähler bei der Stange zu halten, oder Zuseher als potentielle Wähler zu gewinnen. Es handelt sich also wieder um eine Form von Scheinpolitik, die mit der realen Politiksituation nur bedingt zu tun hat. Populistische Politik kann so besser inszeniert werden. Beste Beispiele dafür, sind Abstimmungen zu EU-Verträgen. Bereits Wochen zuvor kann man mittels Medien kritische, bis ablehnende Stimmen hören. Mit dem Resultat, dass sich bei den Abstimmungen selbst, nur äußerst wenig Stimmen, gegen den zuvor verteufelten Abstimmungspunkt finden. Gehrlich und Pfefferl führen diese Doppelbödigkeit der politischen Kultur auf historische Ereignisse zurück. Eine gespaltene, offizielle und inoffizielle Politik, zeichnet im Normalfall undemokratische Systeme aus. Zwar kann Österreich keineswegs als solche betrachtet werden, allerdings verfügt es im historischen Kontext gesehen noch nicht lange über eine funktionierende demokratische Praxis, was wiederum jene Erscheinungen zu erklären vermag (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 507).

Als ein weiterer Faktor, welcher das Bild der Politik in Österreich mitbestimmt, können die Medien genannt werden. Gehrlich und Pfefferl betrachten die Lage hierbei anhand eines systemtheoretischen Zugangs. Sowohl Politik als auch Medien, Publikum, Wirtschaft und Bürokratie stellen darin eigenständige Systeme dar. (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 508). Systeme die nach ihren eigenen Interessen handeln und auf ihr eigenes Wohl bedacht sind. Das System Medien bekam dabei im Laufe der Zeit immer mehr Bedeutung, weil vor allem elektronische Kommunikationsnetzwerke die Welt sprichwörtliche verkleinerten. Ebenso fand sich das System Wirtschaft, durch eine gewisse Internationalisierung auf immer größeren Märkten. Die Europäische Union verstärkte diese Tendenzen noch um einiges (vgl. ebd. 507). Speziell das System österreichische Politik bemerkte diese Veränderungen stärker als die anderen Systeme.

Die EU hat Kompetenzen in vielen Bereichen, was die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit des Systems Politik, deutlich schwächt. Eine Verbindung zwischen den Systemen Wirtschaft und Medien ist insofern gegeben, da beide auf Vergrößerungen der Reichweiten und der Gewinne ausgerichtet sind. Diese Erfolge schlagen sich bei den elektronischen Medien in der Quote nieder. Für andere Medien zählt die Auflage der verkauften Exemplare. Es gilt also alles zu tun, um diese Faktoren möglichst hoch zu halten. Dies führt nicht immer zu einem „Mehr an Qualität“. Speziell die Dienste öffentlich-rechtlicher Sender, wie beispielsweise jene des ORF werden, dieser Logik folgend, häufig in Frage gestellt. Doch dazu später.

Quote lässt sich bekanntlich nicht mit allen Nachrichten machen. Also müssen die Medienverantwortlichen darauf achten, ihre Sendungen „attraktiv“ zu gestalten. Dies geschieht anhand von kommunikationswissenschaftlichen Nachrichtenfaktoren. Dies sind nach Östgaard: Einfachheit, Identifikation und Sensationalismus (vgl. Burkhard 2002, 279ff.). Heute bestehen noch weiter ausdifferenzierte Parameter bezüglich Nachrichtenwerten. Ich möchte allerdings gar nicht konkreter

47 Stefan Langmann 0104885 auf diese Thema eingehen. Vielmehr soll die dahinter steckende Logik veranschaulichen, dass die Erhöhung von Auflage und Quote nur unter bestimmten Umständen möglich ist. Diese spiegeln sich auch in den Nachrichtenfaktoren wieder, und wurden so auch für die Präsentation und Verbreitung von Politik in den Medien entscheidend.

4.1.8. Vom Konsens zum Konflikt- der Wandel im politischen System Der letzte Abschnitt der „Österreichspezifika“ bezieht sich auf den Systemwandel im Demokratiemodell. Es handelt sich hier um jene Änderung, die im Zusammenhang mit dieser Arbeit den aktuellsten Stellenwert einnimmt (die Punkte 3.1.1-3.1.7 lassen sich historisch bereits mehrere Jahrzehnte rückdatieren). Besonders mit dem Machtantritt der schwarz/blauen Regierung im Jahr 2000 fand eine Zäsur im politischen System Österreichs statt. Dies wird später noch Behandlung finden. Ökonomisch orientierten Systemen wohnt das Streben inne, immer größere Erfolge einzufahren, seien es nun Auflagezahlen oder Quoten. Während die Politik versuchte sich so gut wie möglich in den Medien zu präsentieren, reagierten die Medien zusehend kritisch auf diese inszenatorischen Bestrebungen. Auf dem System Politik lastet stetiger Druck, der geradezu Erfolg verlangt. Diesen bezieht man wiederum, aus der Wirkung der Präsenz in den Medien. Dies ging so weit, dass Politiker heute „telegen“ sein müssen um bei Publikum positive Effekte auszulösen (viele Politiker aus der Mitte des 20. Jahrhunderts hätte heute daher keine realistischen Chancen beim Wähler). Schließlich zählen nur die Minuten oder Seiten, welche man – positiv - für seine Agenden füllen konnte. Es könnte gelten: „Aus dem Medien aus dem Sinn“ (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 508).

Die Internationalisierung bedingt durch EU und Globalisierungstendenzen wirkt sich auch auf die Bürokratie Österreichs aus. Auf diesem Sektor ist immer häufiger der Ruf nach Effizienzsteigerung und Kommerzialisierung zu vernehmen. „Mehr privat weniger Staat“, prägte den Wunsch nach einer Reduktion des sozialstaatlichen Modells, dass in Österreich lange Zeit dominierte (vgl. Gehrlich/Pfeffer 2006, 508). Dieses Modell sorgte über weite Strecken für ein relativ konfliktfreies Zusammenspielen der verschiedene gesellschaftlichen Gruppierungen Österreichs. Die Umbrüche die mit Europäischer Union und Globalisierung einhergingen, spiegelten sich auch im politischen System wieder. Hier gilt das Jahr 2000 als Markstein. Mit der Formierung der schwarz/blauen Regierung endet die bisher dominierende Konkordanz und es beginnt sich ein, zunehmend direkterer oder aggressiverer Stil der Politik zu etablieren (vgl. ebd.). Für den politischen Beobachter bot sich nun regelmäßig ein Bild des Konfliktes und der Zwietracht. Reformen der Verwaltung und des Verfassungswesens kamen aus diesem Grund nicht zustande. Weder die Regierung noch die Parteien in der Opposition waren zu nötigen Zugeständnissen an den Verhandlungspartner bereit, schoben die Schuld aber stets dem jeweils anderen in die Schuhe. Die von ÖVP/FPÖ ausgerufene dringende Reformierung des Systems sollte möglichst rasch vor sich gehen. „Speed wins“ wurde diese Vorgehensweise etwa von ÖVP Klubchef Andreas Kohl genannt, „speed kills“ nannten es die Gegner jener Praxis: „...habe "speed wins" gesagt, das klingt weniger martialisch. Es hat in Österreich einen Reformstau gegeben, den die ÖVP immer bekämpfen wollte. Mit der SPÖ ist das nicht gelungen, nun versuchen wir es mit der FPÖ. Die Österreicher haben damit kein Problem, denn sie wollen Lösungen. (vgl. k.A. “Ich reg mich nicht mehr auf” profil 20001016, 38)

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Gesetzesvorhaben wurden so rasch wie möglich durchs Parlament „gepeitscht“. Um langwierige Begutachtungsphasen zu umgehen brachte man Gesetze als Initiativanträge ein. Oppositionspartein oder Sozialpartner wurden zu keiner Zeit dieser Praxis involviert. Umbesetzungen in öffentlichen Institutionen sicherten deren Zustimmung zu Reformvorschlägen der Regierung (vgl. Müller/Fallend 2004, 823). Das beschleunigte zwar den Prozess der „Gesetzwerdung“, schuf aber eine Reihe von Gesetzen, die vom VfGH geprüft und umgehend wieder aufgehoben wurde, was nicht für die Qualität von rasch geschaffenen Gesetzen spricht (vgl. Schaden 2006, 221ff.) Bisherige Verhaltensmuster der Konkordanz wurden, wie Gehrlich und Pfefferl feststellen, selbst dann negiert, wenn es um zutiefst nationale Interessen ging (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 509). Auch die anderen Subsysteme waren von den Änderungen betroffen. Auf dem Sektor der Bürokratie verdrängten Effizienzüberlegungen den traditionellen Etatismus (vgl. Gehrlich/Pfefferl 2006, 510). Der ebenfalls traditionelle Paternalismus der Bevölkerung gegenüber, musste einer Service-Haltung Platz machen.

Die spiegelte sich auch im Verhalten der Menschen wieder. Wo früher der „Amtsschimmel galoppierte“ und die „Obrigkeit zu ehren war“, erwartet sich die Bevölkerung heute ein, der Privatwirtschaft angeglichenes Service vom Staat (vgl. ebd. 510). Diese Umstände führten, so die Autoren, in der Bevölkerung einerseits zu mehr Ärgernissen und gesteigerter Bereitschaft andere Parteien zu wählen, andererseits auch zu einem Plus an zivilgesellschaftlichen Aktivitäten (ebd. 510). Die bisher als eher festgefahrene politische Lage Österreichs, welche sich seit der Nachkriegszeit nur langsam von Stammwählerschaft, hohem Organisationsgrad und Lagermentalität lösen konnte, erfuhr durch jene Regierungsbildung ihren wahrscheinlich schwerwiegendsten Bruch, auch was das politische System betrifft. Am Rande ist noch hinzuzufügen das die im Jahr 2000 neu formierte Mitterechts- Regierung der ÖVP mit der FPÖ in Europa – zum Teil weltweit - für Aufsehen sorgte. Die restlichen EU-Staaten, reagierte kurzfristig mit Sanktionen gegen jene Regierung. In Österreich wurde diese Tendenz – zum Teil medial unterfüttert - als „Sanktionen gegen Gesamtösterreich“ ausgerufen.

Die Beendigung der Sanktionen durch eine EU-Weisenkommission ließ das Land wieder zur Tagespolitik zurückkehren – seitens der Opposition wurde dieses Ereignis als „Rückkehr zur Innenpolitik“ bezeichnet. Diese wurde, im zuerst genannten stärker auf Konflikt angelehnten Stil weitergeführt. Durch das Zerbrechen des kleineren Koalitionspartners FPÖ wurde die Neuauflage der umstrittenen Regierung durch ÖVP/BZÖ weitergeführt. Erneute Proteste blieben aus. Zur Zeit – 2013 - befindet sich Österreich wieder unter einer Koalitionsregierung zwischen SPÖ/ÖVP. Wenn es auch – speziell durch Lobbyarbeit von Gewerkschaften und Kammern - korporatistische Tendenzen gibt, so ist eine Rückkehr zur politischen Gangart der 1980´er und 1990´er Jahre auszuschließen.

EXKURS Politik in Österreich/ Demokratie österreichischer Prägung: ENDE

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4.2. Österreichische Medienpolitik Wirft ein unbedarfter Mensch einen Blick in die gesetzlichen Grundlagen des ORF16, so vermitteln ihm diese Unabhängigkeit. Begriffe wie „allein der Allgemeinheit verpflichtet“ wirken gewählt – es wird Wert auf „Politikferne“ gelegt. Dennoch wäre es illusorisch zu meinen, es könnte irgendwo auf der Welt genuin „politisch unabhängige“ Medien geben. Die verschiedenen Aufgaben die sich in Gesellschaften stellen, verlangen nach einer Vernetzung der einzelnen Teilnehmer oder Teilsysteme17 - allein daraus können bereits Abhängigkeiten abgeleitet werden. Da sich Institutionen wie öffentlich-rechtliche Rundfunkstationen nicht aus sich selbst erschaffen können, benötigen sie ein Umfeld, welches deren Etablierung gewährleistet. Das passiert wiederum innerhalb der Staatsgefüge und wird somit – neben verschiedenen sozialen und ökonomischen Aspekten - auch zur Aufgabe der Politik. Sie ist in modernen Demokratien ein maßgeblicher Akteur bei der Schaffung von Rahmenbedingung, in denen sich Medien entwickeln und verbreiten können. Je nach Herangehensweise der Akteure entstehen so Mediensysteme mit unterschiedlicher Ausprägung – ich habe dies bereits im Abschnitt Medienpolitik erwähnt (siehe: 2.8.4 Mediensysteme im politischen Umfeld) Neben der Entwicklung/Steuerung von Medienpolitik und Vertretung diverser Interessen der Allgemeinheit, sorgt sich die Politik in der Regel auch um den Machterhalt. Schließlich ist die Ausübung von Macht essentiell mit politischer Gestaltung und Lenkung verbunden. Machterhalt in Demokratien steht vor allem mit dem Wählerwillen in Verbindung.

Um die Gunst der Wählerschaft zu erhalten ist es unerlässlich, diese über Konzepte und Tätigkeiten zu informieren. In der Antike geschah dies in der Agora. Hier konnten die Bürger ihre Stimme geltend machen und sich über ihre Vertreter informieren – die eingeschränkte Zahl an „Bürgern“ (nicht jeder Grieche galt auch als Bürger) machte diese Treffen an einem Ort möglich. In heutigen Demokratien ist es unmöglich alle Wahlberechtigten an einem Platz zusammenzufassen. Information und Willensbildung wechselte daher in „virtuelle“ Bereiche. Information kann über diverse Medien abgerufen werden. „Kein wichtiges Gesetz , das die Bevölkerung wirklich bewegt, wird direkt von der Regierung oder ihren Beamten der Bevölkerung mitgeteilt...das politische Handeln von Regierung und Parlament existiert für die Öffentlichkeit nur durch die Vermittlung der Massenmedien“ (vgl. Kepplinger 1983, 57)

Umgekehrt übernehmen auch Politiker Positionen im Journalismus - sie schreiben beispielsweise Kolumnen. Kurz, es herrscht eine gewisse Personalfluktuation zwischen jene Branchen (vgl. ebd. 54). Politik die ihre Informationen gut über Medien verbreitet, hat so die Möglichkeit viele Wähler zu erreichen und in letzter Konsequenz ihre Macht zu erhalten oder Macht zu gewinnen. Auf diesem Weg entstehen zwangsläufig Berührungspunkte zwischen Politik und Medien.

16 wie sie zum Teil in Abschnitt 2 dieser Arbeit zitiert wurden. 17 In der Systemtheorie, wie sie beispielsweise von Niklas Luhmann, Habermas oder Parsons vertreten wird, finden sich mehrere Ansätze zu Erklärungsversuchen bezüglich Verhältnis zwischen Medien und Politik. Dort werden beide als Teilsysteme von Gesellschaft – die sich verkürzt dargestellt aus einer ganzen Reihe verschiedener Teilsysteme zusammensetzt – begriffen. Aufgrund der Komplexität jener Theorie – und weil ich der Ansicht bin, sie würde bei der Beleuchtung meiner Fragen zu weit greifen und so den Rahmen diese Arbeit sprengen, verzichte ich auf Ansätze aus der Systemtheorie.

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Auch Rundfunkorganisationen haben Interessen, die wiederum Berührungspunkte mit der Politik schaffen.

Ich habe mich zu Beginn dieser Arbeit mit der Frage nach der Erscheinungsform und den Akteuren von Medienpolitik auseinandergesetzt. Die Ausprägungen und Perspektive von medienpolitischen Aspekten in Kleinstaaten wurde dargestellt. Österreich ist so ein Kleinstaat auf den, viele Kriterien die bereits genannt wurden zutreffen. Wir finden Abhängigkeiten zu großen Nachbarn, Ressourcenknappheit und ein politisches System, das lange vom Korporatismus geprägt wurde.

Ich möchte mich in den folgenden Kapiteln den verschiedenen Aspekten von „Medienpolitik in Österreich“ widmen – werde mich im Besonderen auf die Sparte Rundfunk konzentrieren, und hier die medienpolitischen Ereignisse um das Jahr 2000 herum beschreiben. Zuerst ein kurzer Blick auf die österreichische Medienlandschaft.

4.2.1. Medienpolitik auf dem österreichische Zeitungsmarkt Eine der bemerkenswertesten Ausprägungen findet sich auf dem Pressesektor. Österreich verfügt über eine sehr hohe Pressekonzentration. Dies ist mitunter einer fehlgeschlagenen Medienregulierungspolitik geschuldet. Plasser nennt das Zeitungssterben, fehlgeschlagenen Versuche aus Parteizeitungen unabhängige Tageszeitungen zu machen, Marktzugänge durch Neugründungen und schließlich Investitionen ausländischer Medienunternehmen in österreichische Tageszeitungen, als Gründe für diese Entwicklung (vgl. Plasser 2006, 526). Die Umwandlung der Parteizeitungen schlug fehl – gegenwärtig gibt es nur noch eine Parteizeitung in Österreich (Neues Volksblatt). Die von der SPÖ gehaltene Mehrheit an der „Neuen Kärntner Zeitung“ wurden im Jahr 2010 verkauft.

Ausländische Medienunternehmen gewannen zusehends Gewicht, aber auch heimische Unternehmen schufen Medienkonglomerate. Die in den 1970 Jahren begonnene Erfolgsgeschichte der Blätter „Kurier“ und „Kronenzeitung“ verdrängte andere Zeitungen vom Markt. Daran vermochte auch die 1975 eingeführte Bundespresseförderung18 nichts zu ändern. Ursprünglich sollten damit die, in ihrer Existenz bedrohten Parteizeitungen gerettet werden (vgl. Plasser 2006 und Steinmaurer 2002). Dieser Versuch darf als Fehlschlag betrachtet werden.

Bezeichnend für österreichische Medienpolitik in diesem Zusammenhang ist, die Tatsache dass gerade der Sektor Print jener war, den die österreichische Politik am aktivsten zu gestalten versuchte. Langenbucher befindet die Ausformung der Presseförderung wie sie auch gegenwärtig noch praktiziert wird, als höchst problematisch – es mangle an wissenschaftlicher Erfolgskontrolle und sei zweifelhaft, wie die Presseförderung der Konzentration auf dem österreichischen Markt entgegengewirkt habe (vgl. Langebucher 2007, 66). Gegen Kritik verschiedener Experten, macht die Presseförderung keinen Gebrauch vom Kartellrecht. Das lässt jene Förderung als staatlichen Einfluss auf den Journalismus im Land erscheinen – eine durchaus schlechte Optik (vgl. ebd.).

18 Anmerkung: dabei handelt es sich im nach dem „Gießkannenprinzip“ vergebene staatliche finanzielle Förderungen für Printprodukte. 51 Stefan Langmann 0104885

Das diese medienpolitische Entscheidung kein optimales Regulierungswerkzeug darstellt, zeigt sich bei der Betrachtung der Marktsituation. Die angesprochene Pressekonzentration, sowohl bei Tageszeitungen, als auch auf dem Magazinsektor ist enorm. Bereits 1991 hielt der Mediaprint- Konzern 58% der Druckauflage an Tageszeitungen (vgl. Steinmaurer 2002, 19). Die sich in alle Richtungen erstreckende Konzentration auf dem Pressesektor hat mitunter zu Folge, dass in manchen Bundesländern geradezu Medienmonopole entstanden. Weitere Folgen sind Einschränkung des publizistischen Qualitäts- und Innovationswettbewerbs, vergrößerte Einflussmöglichkeiten von Eigentümern und Anteileignern, bis zur möglichen Ausblendung von Gegenmeinungen (vgl. Plasser 2006, 528). Mit 15 Tageszeitungen stellt sich Österreich im Eu-Vergleich als Markt geringer Vielfalt dar. Wirtschaftlich erfolgreich sind nur wenige Titel. Dominiert wird der Markt von der „Kronen Zeitung“ die im Verhältnis Auflage/Einwohner zu einer der „größten Zeitungen der Welt“ zu zählen ist. Obgleich manch fragwürdiger Konstruktionen auf dem österreichischen Zeitungsmarkt gilt die österreichische Verlegerszene durchaus als streitbar. Als besonderer Konkurrent (zum Teil aber auch als Verbündeter) wurde der ORF gesehen. Dessen Werbeeinnahmen waren dem VÖZ immer wieder ein Dorn im Auge. Vermutlich konnte sich Gerhard Weis aus jenen Gründen einen Seitenhieb auf den Bereich Print nicht verbieten: GW: „die zweite Entwicklung ist, dass die Zeitungen die ganze Zeit gsagt haben, WIR sind der privatwirtschaftliche Sektor, und der ORF ist ein staatliches Organ mit der Befugnis Steuern einzuheben und der immer die Fernsehgebühren und Radiogebühren als Steuern bezeichnet. Und dadurch unterscheiden wir uns und darauf sind wir stolz auf den Unterschied, etc. Und wos passiert jetzt? Ah, vor drei Monaten hat der neue Präsident der Zeitungsherausgeber gsogt, sie brauchen jetzt dringend vom Staat Unterstützung, und wünschen sich 50 Millionen Euro pro Jahr Zeitungsförderung. Wos is des jetzt?“ S: „Jetzt geht’s auf einmal nicht mehr?“ „Das ist ein Paradigmenwechsel! Bis jetzt waren sie immer stolz darauf, dass sie der privatwirtschaftlich organisierte Sektor sind, und wir sind, der ORF sind die staatlich subventionierten.“ S: „Gut Presseförderung in Österreich ist ja auch wieder ein eigenes Thema, das ist ja auch...“ GW: „Die Presseförderung die will ich da gar ned in Rechnung stellen. Weil Die Presseförderung ist, wenn mans genau nimmt immer schon eine ziemlich korruptive Angelegenheit. Des wor jo a ned füh.” S: „Na gings da ned in erster Linie darum, die Parteizeitungen am Leben zu erhalten? GW: „Es ging darum, die Parteizeitungen am Leben zu erhalten, und wie dann nix g´nutzt hat und die Parteizeitungen trotzdem eingegangen san, dann ham halt jene Zeitungen, bei denen man sich Liebkind machen wollte, die man auf seine Seite bringen wollte, also das war die Presse, des war die Kronen Zeitung, dies am wenigsten braucht.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Auch hier mag der geneigte Leser Verbindungen zur Politik zu erkennen, oder das Angehen der Politik hinter der Presseförderung zu vermuten. Mögen jene Tätigkeiten auch nicht die Absichten verfolgen, die Gerhard Weis der Politik unterstellt, so zeigt sich doch recht anschaulich. Das die Politik nicht nur ein Interesse am ORF zu haben schien. Nach diesem kurzen Streifzug durch das österreichische Zeitungswesen nun aber wieder zurück in den Rundfunk.

4.2.2. Der österreichische Rundfunkmarkt – Spielplatz der Politik? Ich ziehe es vor, den österreichischen Rundfunkmarkt an dieser Stelle nur sehr schemenhaft darzustellen. Ein Gesamtbild soll erst anhand späterer Betrachtungen in Verbindung mit der österreichischen Politik entstehen. Verglichen mit dem Zeitungssektor stellt sich der Bereich Rundfunk in Österreich, im Beobachtungszeitraum dieser Arbeit noch karger dar. Der ORF betreibt Fernsehen und Radios. Zwei

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Fernsehprogramme, 9 Bundesländerradios sowie österreichweit die Sender Ö1,Ö3 und FM4. Privatradio. Privatfernsehen wurde erst im Jahr 2003 ermöglicht. Der Radiosektor im Jahr 1993 novelliert. Privatradio konnte dennoch erst später veranstaltet werden – ich werde diese Thema später noch einmal aufgreifen. Wie bereits aus der Geschichte des Rundfunks ersichtlich, handelt es sich bei den Hauptakteuren der österreichischen Medienpolitik um Partein und Interessensverbände. Sie alle beeinflussten stets die Entscheidungen auf der medienpolitischen Agenda. Mitunter wird der ORF als persönliches Eigentum betrachtet. Gerhard Weis, Generalintendant i.R stellt dies so dar: GW: „Bei uns wors immer so, dass der ORF den Partein gehört hat, ja wem sonst. Das haben ja auch manche Politiker mit schöner Offenheit gesagt. Wem gehört der ORF? Na den Partein, wem sonst? Also das ist einer der Urtragödien rund um den ORF, aber guat.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

In letzter Konsequenz ist die österreichische Bundesregierung für die Beschlussfassung und Umsetzung verantwortlich. Sie „bestimmt“ im weitesten Sinn über den, im Grunde unabhängigen ORF. Hier kann auch ein Gutteil der medienpolitischen Bemühungen lokalisiert werden. Andere Bereich liegen im Vergleich dagegen, nahezu brach.

4.2.3. Medienpolitik im Rückblick: „Jedem die Medienlandschaft die er verdient?1“ Die Gestalt österreichischer Medienpolitik ist sowohl eng mit der historischen Entwicklung der Republik, als auch der Politik des Landes verbunden. Ich habe bereits im Abschnitt zur Entstehung des Rundfunks in Österreich darauf hingewiesen. Proporz und Rundfunkvolksbegehren waren zentrale Themen in der Geschichte des ORF. Erst das von 832.353 Österreichern unterzeichnete Volksbegehren konnte bedingt Abhilfe schaffen. Als Randnotiz österreichischer Medienpolitik sei hier darauf verwiesen, dass nicht die konservativen Kräfte der ÖVP die Reform des Rundfunks und das Volksbegehren boykottierten, sondern die „linke SPÖ“. Im Nachhinein sollte die Reform der SPÖ und ihrem als „Medienkanzler in die Geschichte eingegangenen Vorsitzenden, Bruno Kreisky mehr nützen als der ÖVP selbst (vgl. Langebucher 2007, 63). Der damalige Generalintendant Gerd Bacher bemängelte stets, dass die Unabhängigkeit des ORF lediglich auf gesetzlichem Zwang beruhe und nicht auf dem demokratischen Konsens aller gesellschaftlichen Institutionen (Bacher 1971, 9 zit. nach Langenbucher 2007, 63). Umso bemerkenswerter sind Schöpfungen wie das Redakteursstatut oder das Durchringen zu einem ORF, der zumindest dem Gesetzt nach, öffentliches Eigentum darstellt. Dennoch verortet Langenbucher den Einfluss der Partein. Während in den deutschen Bundesländern viele Gesetze aus der Nachkriegszeit noch immer Gültigkeit haben, tendieren die österreichischen Regierungen zu kontinuierlichen Reformen – was auch als Machtbeweis gegenüber dem Rundfunk gedeutet werden kann (vgl. Langenbucher 2002, 64).

Ob nun GmbH im Bundeseigentum oder Stiftung öffentlichen Rechts, der Beeinflussung durch Partein und Interessensgruppen entkam der ORF nicht. Ähnlich lässt sich der Wille zu Reformen charakterisieren. Medienpolitik hierzulande vollzieht sich bei völligem Desinteresse der

53 Stefan Langmann 0104885 entscheidenden Akteure an ihrer öffentlichen Debatte, ihrer gesamtgesellschaftlicher Kontextualisierung, oder ihrer systematischen Folgenabschätzung (vgl. Langenbucher 2007, 69). Die ORF-Gesetzgebung wurde im Laufe der Jahre, wie oben angeführt an die verschiedenen neuen Anforderungen und Techniken angepasst, aber umwälzenden Entscheidungen blieben aus und wurden wenn, dann reaktiv durchgeführt. Die Lage des ORF aber blieb in den folgenden Jahren stabil. Ohne äußere Zwänge, wie später etwas auf Druck der EU geschah wenig.

Langenbucher führt hierzu ein Zitat von Otto B. Roegele ins Treffen, welches im Stande ist die, zugegeben polemische Umschreibung etwas zu relativieren: „Wo immer Gesellschaften ihr Zusammenleben einer bestimmten Ordnung unterwerfen, erweist sich auch die Kommunikation über öffentliche Anliegen als regulierungsbedürftig, wird also Kommunikationspolitik betrieben. Die Art dieser Kommunikationspolitik steht in einer gesetzmäßigen Beziehung zu Struktur des jeweiligen Herrschaftssystems, sie entwickelt und verändert sich mit dieser. „ (vgl. Roegele 1972, 13 zit. nach Langenbucher 2007, 59).

Diese Sichtweise, auf die österreichischen Medienpolitik angewandt ließe einige Vorgänge verständlicher erscheinen. Durch die Prägung des politischen Systems des Landes wird auch die Medienpolitik und somit die Regulierung auf dem Mediensektor mitbestimmt. So können Konfliktvermeidung und Konsens, nicht nur unter dem Aspekt der Harmonie im Staatsgefüge, sonder auch unter dem Gesichtspunkt von Stilstand und mangelndem Reformgeist verstanden werden. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungspartein SPÖ und ÖVP die über weiten Strecken die Diskussion über Medien dominierten wirkten lähmend auf das Gesamtsystem. Größere Änderungen – auch im Bereich des ORF - fanden zumeist dann statt, wenn Partein in Alleinregierung „am Ruder waren“. Zuerst die ÖVP und 1974 unter der Alleinregierung Kreisky (vgl. Steinmaurer 2002, 33). Die föderalen Strukturen Österreichs – hier ist ebenso über weite Strecken der Handschrift der Großpartein erkennbar – förderten ebenso spezifische Ausprägung der Medienpolitik Österreichs. Zynisch ausgedrückt: „Jedes Land bekommt in diesem Zusammenhang die Medien die es verdient.“

4.3. Medienpolitische Agenden bis zum ORF-Gesetzt 2001 Im nun folgenden Abschnitt soll ein Bild der österreichischen Medienlandschaft bis zum Regierungswechsel im Jahr 2000 nachgezeichnet werden. Welche wesentlichen Charakterisierungen können für die Republik, den ORF und die österreichische Medienpolitik getroffen werden?

4.3.1. Medien-Albanien Dass der eben getätigter Ausspruch „Jedes Land bekommt die Medien die es verdient“ natürlich nicht auf alle Bereiche der Medienpolitik zutrifft, zeigt das Thema Mobilfunk. Der Telekommunikationssektor in Österreich beispielsweise, kann sich mit vielen hochentwickelten Ländern der Welt messen. Freilich wird dies auch durch die Kleinräumigkeit des Landes begünstigt. Auf dem Rundfunksektor vermochte das Land, der sonst gern von der Politik gepriesenen Vorreiterrolle jedoch nicht gerecht zu werden. Im Hinblick auf die Liberalisierung des Rundfunksystems ließ dies, die österreichische Medienlandschaft, von der qualitativen Linie abgesehen, ziemlich ins Hintertreffen geraten. Kritische Stimmen bezeichneten die Alpenrepublik bald

54 Stefan Langmann 0104885 als „Medien-Albanien“. Beide Länder waren sich lange Zeit, zumindest auf jenem Sektor frappierend ähnlich. In Bezug auf Liberalisierung des Medienmarktes aber, fand sich Österreich im europäischen Ranking sogar noch hinter Albanien, am Ende der Liste. Albanien vermochte bereits einige Jahre früher, den Rundfunkmarkt für Privatanbieter zu öffnen (vgl. Fidler/Merkle 1999, 13). Der Weg zu jener Öffnung des Medienmarktes, kann durchaus als steiniger bezeichnet werden. Entscheidungen wurde oftmals auf die „lange Bank“ geschoben oder schlicht und einfach ignoriert. Gäbe es die Lentia 2000 Wohngenossenschaft nicht, würde der ORF vermutlich noch immer seine Monopolstellung verteidigen. Natürlich ist dies, eine überspitze Form der Darstellung – die Länge des Verfahrens spricht allerdings für diese zynische Sichtweise (vgl. Fidler/Merkle 1999, 22).

4.3.2. Das Lentia Urteil Die Lentia 2000 Wohngenossenschaft betrieb eine Wohnanlage in Linz – für die Bewohner sollte Kabelzugang eingerichtet werden. Über den Empfang von Kabelfernsehen hinaus bestand der Wunsch, selbst Programm zu gestalten um Informationen aus dem unmittelbaren Umfeld der Bewohner, so zu verbreiten. Dies war aufgrund des ORF-Monopols und der geltenden Gesetzgebung nicht möglich. Die Ablehnung jenes Ansuchens mündete in einer Klage. Diese wurde 1983 eingebracht – durchlief den Instanzenzug und endete 1993 – 10 Jahre später beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der Gerichtshof entschied gegen die Republik. Das Rundfunkmonopol wiederspräche dem §10 EMRK – „Recht auf freie Meinungsäußerung“. Mit an der Klage hatten sich auch Jörg Haider, die „Arbeitsgemeinschaft offenes Radio“ sowie zwei weitere Privatradios beteiligt (vgl. stm, rp „Der Anfang vom Ende“ Wirtschaftsblatt 20081124, 23).

Doch Papier ist sprichwörtlich „geduldig“ und so bedeutet der Beschluss eines Gerichtshofs im fernen Straßburg noch lange keine Beschleunigung der nötigen Vorgänge. Es sollte bei den Privatradios zwar etwas kürzer, beim Privatfernsehen aber bis ins Jahr 2003 dauern bis der erste terrestrische Privatsender empfangen werden konnte. Nun ist es nicht so, dass sich in Österreich niemand mit der Idee eines dualen Mediensystems hätte anfreunden können – vielmehr gab es immer wieder Ver- und Behinderungen verschiedener medienpolitischer Akteure. Noch vor den Ereignissen um die Lentia 2000 gab es Diskussionen in Richtung dualem System. Das Ergebnis jener Gespräche: „Der österreichische Werbemarkt wäre zu klein – Rundfunk möge doch eine von öffentlicher Hand wahrgenommene Aufgabe bleiben“ (vgl. Fidler/Merkle, 22).

Die Zeitungsverleger – zusammengefasst im VÖZ stellen einen weiteren Faktor auf dem Weg zur Liberalisierung des Rundfunkmarktes dar. Zwischen dem VÖZ und dem ORF wurden beispielsweise Stillhalteabkommen geschlossen, welche die Etablierung von Privatanbietern hintan halten sollten. Die Vertretung des VÖZ warnte vor der Zerschlagung des ORF wie er in manchen Parteigremien diskutiert wurde, und verwies auf negative Auswirkungen auf den österreichischen Zeitungsmarkt - sollten sich Liberalisierungen in der Medienlandschaft durchsetzen (vgl. Fidler/Merkle 1999,44ff). Von Seiten der Regierungspartein (von 1987-2000 gab es immer Koalitionsregierungen zwischen SPÖ und ÖVP) kam sehr wenig Input bezüglich medienpolitischer Veränderungen. Natürlich bestand das Bewusstsein, die Gesetzeslage bezüglich des Lentia Urteils anzupassen, davor waren wegweisende politische Entscheidungen jedoch Mangelware.

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Durch Einbindung vieler, für relevant befundene gesellschaftliche Akteure wurde Stillstand immer wieder prolongiert. Forderungen an den ORF, sich für die Einführung von Privatfernsehen bereit zu machen gab es dennoch. Nicht umsonst nannte der steirischen ORF-Landesintendant Kurt Bermann bei einer Medienenquete der ÖVP diese Praxis „elektronische Tierquälerei“ – „...ein Unternehmen 10 Jahre lang zu einer vernünftigen Vorausreaktion zu verführen und dann den sich anbahnenden Orgasmus immer wieder hinauszuzögern oder abzubrechen.“(vgl. Bergmann 1997, 24).

4.3.3. Privatfernsehgesetz scheitert So ging man im Jahr 1998 erneut daran, ein Privatfernsehgesetzt zu schaffen, den ORF zu reformieren und die seit langem wenig zufriedenstellende Lage der Presseförderung neu zu diskutieren. Als Ergebnis blieb nach zahlreichen Einwänden und Querschüssen, nur der Beschluss für ein Privatradiogesetz (vgl. Fidler/Merkle 1999,24ff). Erst nach weiteren Querelen und dem Amtsantritt der schwarz/blauen Regierung im Jahr 2000, konnten sich politische Kräfte dahingehend bündeln, trotz Widerstand der Opposition eine Medienpaket zu schnüren. Dieses sollte schließlich Privatrundfunk ermöglichen.

4.3.4. Österreichische Politik als Hemmschuh medienpolitischer Entwicklung? Aus den angeführten Beobachtungen folgernd, schien es dem politischen Paradigma des Landes geschuldet, dass auf dem Mediensektor einfach keine Bewegung einkehren wollte. Seitens der Großen Koalition zeigt man sich unwillig/unfähig Änderungen durchzusetzen. Die Unfähigkeit beruhte vermutlich auch darauf, dass jedes mal eine Vielzahl an Interessensvertretern miteinbezogen wurde – oder sich wie gewohnt in die Prozesse einschalteten und Stellungnahmen abgaben. Das bringt im Einigungsfall zwar die Zustimmung einer breiten Basis – oder das Übereinkommen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner dieser Gruppen. In Konfliktsituationen führt das Modell jedoch schnell zu Handlungsunfähigkeit. Und es schien alles andere als Übereinkommen zu geben.

Die Dauer bei der Liberalisierung des Fernsehmarktes ist somit nicht allein dem „Parteienhickhack“ geschuldet. Zwischen den späten 1980´er Jahren und dem Jahr 2001 wechselten die Standpunkte der entscheidenden Beteiligten mehrmals. 1986 wurde dem ORF eine Ausweitung der Werbezeiten zugestanden – Privatfernsehen war kein Thema. Sehr zum Missfallen der Zeitungsverleger: „der ORF zerstöre den Werbemarkt im Land. „Denn während anderswo ganze Branchen in Zeitungen werben würden, sei dies hierzulande aufgrund niedriger Preise bereits im ORF möglich“, so der Vorwurf (vgl. Fidler/Merkle 1999, 48ff). Während sich die Zeitungsmacher, wie oben genannt noch für den Schutz des ORF stark machten, kippte deren Position und sie forderten die Teilprivatisierung des Senders – obwohl der Grossteil der Zeitungsmacher, bis auf die Gebrüder Fellner und Hans Dichand von der „Kronenzeitung“ Privatfernsehen grundsätzlich skeptisch gegenüber stand (vgl. ebd. 50ff.).

4.3.5. Monopolist zum Schein /Monopolist als Spielmacher Während diese Diskussionen weiter geführt wurden, war Privatfernsehen für viele Österreicher bereits Realität geworden. In Deutschland hatte man andere Zugänge zum dualen Fernsehmarkt gefunden. Die dort veranstalteten Programme waren für österreichische Haushalte via Kabel oder Satellit leicht zu empfangen. Kein Grund jedoch, für die österreichischen Gesetzgeber/Regierungen gegenzusteuern.

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Der ORF trat weiterhin als Monopolist auf. Da sowohl Privatanbieter als auch die öffentlich- rechtlichen deutschen Kanäle die Österreicher vom Empfang nicht ausschlossen, boomten hierzulande bald Satelliten- und Kabelanlagen. Speziell die Privatsender erfreuten sich zusehender Beliebtheit. Bald waren Programme wie RTL oder SAT1 fix in das TV-Nutzungsverhalten vieler Österreicher integriert (vgl. Langenbucher 2007, 64ff.)

Wie Langenbucher weiter festhält, hatte diese Entwicklung sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Situation der österreichischen Medienlandschaft. Einerseits ersparte man sich hierzulande einige der fragwürdigen Blüten, welche die Medienkultur in jener Zeit hervorbrachte, andererseits blieben andere „Fehlentwicklungen“ nicht aus. Der ORF beispielsweise, sah sich gezwungen der wachsenden Konkurrenz Paroli zu bieten. Selbstkommerzialisierung kann hier als Schlagwort genannt werden. Der ORF versuchte so, Marktanteile und Reichweiten zu halten. Das änderte das Auftreten des öffentlich-rechtlichen Senders beträchtlich – verhinderte aber auch die Entwicklung einer eigenen Programmindustrie, deren Innovationen oder zumindest Arbeitsplätze nützlich hätten sein können (vgl. Langenbucher 2007, 65).

4.3.6. Der Spielmacher Das Auftreten des ORF als Monopolist schaffte, neben der beschriebenen Situation und dem Einzug der deutschen Privatsender in die österreichischen Wohnzimmer eine Änderungen in der Medienlandschaft und der Sehergewohnheiten der Österreicher. Plötzliche standen eine Vielzahl anderer Sendern zur Verfügung. Eines aber blieb unverändert. Der ORF behielt das Monopol auf Nachrichten und politische Inhalte. Mit politischen Inhalten sind vor allem politische Nachrichten gemeint. Das Land ist aufgrund seiner Kleinräumigkeit nicht von jener Relevanz, als das sich die ausländischen Privatsender auch nur annähernd um innerösterreichische Belange gekümmert hätten. Also blieb den Partein weiterhin nur der ORF als landesweiter Übermittler ihrer Botschaften und Betreiber eines politischen Diskussionsforums. Johannes Fischer charakterisierte diese Funktion des ORF, sogar zur „Nothilfe für die Politik“: F: „…Ist untrennbar verbunden und Sie brauchen sich nur irgendwelche Emergency Fälle in der Politik oder sonst irgendwo vorstellen, da ist der ORF immer das zentrale Medium um das sich immer alles abwickelt. Sie könne in dem Land keine Kampagne für irgendetwas, für bessere Schulen, oder für bessere Ausbildung oder für bessere Universität machen, wenn nicht der ORF hier eine führende Rolle in der Meinungsbildung hat. Das geht anders gar nicht. (Interview mit Johannes Fischer 20090626).

Ein so einflussreicher „Retter“ kann aber auch „zerstören“, wenn er zu spät kommt, oder ganz andere Ziele verfolgt als das die Politik im Sinn hat – zumindest sahen das die befragten Politiker so. Peter Westenthaler – lange auch für die Medienarbeit in der FPÖ zuständig mutmaßte über „an den ORF verlorene“ Prozentpunkte bei Wahlen: S: „Weil Sie gesagt haben ZiB1. Dort positiv vorzukommen, ist überlebenswichtig? Oder anders gefragt: Kann man vom ORF zerstört werden?“ W: „Absolut! Also wenn dich der ORF boykottiert – und das ist uns einige male passiert...ich stelle eine These auf – eine kühne die niemals wiederlegt werden kann, aber auch nicht bewiesen werden kann, und zwar: Hätte die FPÖ in den 90´er Jahren ähnliche mediale Unterstützung gehabt, wie damals die Regierungspartein – und ned den Gegenwind, wär sie stärkste Partei geworden – haushoch, 35-40%. Also uns hat damals der ORF mit Sicherheit an die 10% an Wählerstimmen gekostet. Weil einfach immer nur negativ berichtet worden ist, oder gar

57 Stefan Langmann 0104885 nicht. Weil nur skandalisiert worden ist, wo dann auch gar kein Skandal, war im Nachhinein, wie sich dann herausgestellt hat. War ein Blödsinn, dass man nur auf den Haider hingehaut hat – das hat uns zum Teil wieder genutzt, weil als Paria....aber unterm Strich hats natürlich geschadet. Da hat der ORF seine Macht daher beinhart ausgespielt und uns unter Anführungszeichen „so klein gehalten“, dass wir nicht stärkste Partei geworden sind. Wir sind zweitstärkste geworden 1999, das war schon, trotz dem medialen Widerstandes den wir gehabt haben, das war eine Sensation die keiner geglaubt hat, dass wir die ÖVP überholen. Aber mit einer halbwegs Unterstützung, ich sag jetzt gar nicht – mit einer fairen Berichterstattung, die ähnlich sich orientiert hätte, wie an den beiden Großpartein wären wir weit über die 30% gekommen. Ich schätze so 7- 10 %...sag ich jetzt völlig ungeschützt, aber aus der Erfahrung von damals heraus, trau ich mir das zu sagen.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

ÖVP-Klubobmann Andreas Khol rechnete nicht in Pozenten, ermöglichte es aber einen Blick hinter die Kulisse der „partei- und weisungsfreien“ ORF-Besetzungspolitik zu machen: S: „Wie wichtig ist der Einfluss einer Partei auf den ORF. Herr Westenthaler hat zum Beispiel gemeint, oder war der Meinung: „ der ORF hat uns 7 bis 10% der Stimmen gekostet bei einer Wahl.“ K: „Der ORF ist spielentscheidend.“ S: „Schon?“ K: „JA, der ORF ist absolut spielentscheidend. Wie wir die Lindner und den Mück verloren haben, haben wird die Wahl verloren...2006. Das wor ganz klar.“ S: „Also das heißt dass?“ K: „Na Sie brauchen sich ja nur den ORF jetzt anzuschaun. Wobei, das interessante ist, dass ja zwor die Sozialdemokraten dort die bestimmende Kraft sind. Also die Nachrichtenpolitik von Grünen gemacht wird. Und also das grün-linke Übergewicht in der Themenauswahl, in der Expertenauswahl... in der Gestaltung von Beiträgen...in meinungsbildenden Journalen ist so eklatant, also ich kann das ja wirklich als Beobachter... seh ich da ganz genau. Ich weiß ja ganz genau wo sind Themen die der SPÖ nützen, die den Grünen nützen, wo sind Themen die der ÖVP schaden...so werden die Journale gemacht.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Dieser Einblick macht die Entwicklungen, die ich im folgenden Abschnitt skizzieren werden etwas verständlicher. Das Ringen und Drängen um Einfluss auf den österreichischen Rundfunk wird so – im übertragenen Sinn – zur „Seinsfrage“ der Partein. Die eingeschränkten Möglichkeiten der Medienlandschaft erzwangen diese Situation zum Teil selbst. Allein die Hoffnungen die auf den ORF projiziert werden scheinen völlig übertrieben. Gerhard Weis bewertet dies bei einem Rückblick wie folgt: GW: „Schaun Sie, der springende Punkt ist, und ich glaube so kann man beginnen, dass noch alle Regierungen geglaubt haben, sich brauchen den ORF um die nächsten Wahlen zu gewinnen. ALLE – durch die Bank. Und daher haben Sie alles getan, um den ORF unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie habens mit den unterschiedlichsten Methoden versucht. Aber stets mit dem gleichen Misserfolg. Es hat nämlich nie funktioniert. Des hot schon bei Kreisky so angfangen, der hat auch geglaubt, wenn er den ORF total nach seinen Vorstellungen formt und besetzt – personell besetzt, dann hat er das ewige Leben in der Politik. Ein Musterbeispiel dafür ist der Klima, wos hot der ned ois gmocht. Und hat die Wahlen verloren. Und beim Schüssel ist es ja nicht anders. Der Schüssel ist angetreten und das ist verbürgt, das weiß ich aus vielen Gesprächen. Er ist angetreten mit der Absicht, den ORF so personell zu gestalten, dass ihm zugearbeitet wird und dass ihm nicht in den Rücken gefallen wird. Das war seine Überzeugung. Er hot g´sogt, ich brauch gar nicht antreten, wenn mich die im ORF fertig machen. Daher werd ich dort dafür sorgen, dass Leute an der Spitze sitzen, Leute an den Entscheidungsstellen sitzen, die mit der Politik, die ich verfolge konkordant sind, wo ich keine Schwierigkeiten zu erwarten habe. Genau des ist ja passiert. Denn das System Mück, ich weiß ned ob sie den Mück gekannt haben.“ S: „Ja ich hab darüber gelesen – so lange ist es ja noch nicht her.“ GW: „So lange ist es ja nicht her, genau. Das System Mück...ja wozu hats geführt? Dass die Zeit im Bild plötzlich Zuschauer verloren hat, weil die ganze Spannung da draußen war. Weil dort nur mehr noch eine Linie abgebildet wurde, nämlich die Schüssel-Linie. Und in der weiteren Konsequenz hats dazu geführt, dass der Schüssel auch die Wahl mit Bomben und Granaten verloren hat. Obwohl er alles getan hat, um den ORF auf seine Seite zu bringen.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

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Dieser Einschätzung Weis´, dürfte ein Großteil der österreichischen Medienpolitik geschuldet sein. Die geringe Marktgröße könnte ebenso Einfluss haben, wie der Mangel an Konkurrenz, mittels der politische Inhalte transportier werden hätten können. Es gab sie schlichtweg nie. Die Parteipresse ging nach missglückten Rettungsversuchen, sang- und klanglos unter. Jene Köpfe die theoretisch auf dem Privatsektor in Österreich hätten Änderungen vollziehen können, suchten ihr Glück im Ausland. Wobei einzuräumen ist, dass Privatfernsehen von einzelnen Personen allein – schon aufgrund des finanziellen Aufwands – nur äußerst schwer „aus der Taufe“ gehoben hätte werden können. Der Umstand, dass sich Politik und andere Proponenten der Medienlandschaft ohnehin nicht genötigt sahen, Privatrundfunk zu etablieren, trug sein Übriges zur Lage bei.

4.3.7. Braindrain ins Ausland?! Innovative Köpfe aus Österreich zieht es daher immer wieder ins Ausland (vgl. Langenbucher 2007, 65.) Dass Österreicher dabei überaus erfolgreich sind, kann als Treppenwitz der lokalen Medienpolitik aufgefasst werden. Und in der Tat gibt es ein Reihe von Personen die es bis an die Spitze deutscher Medienunternehmen geschafft haben. Helmut Thoma etwa, war kurze Zeit Chefjurist des ORF als er zu RTL nach Deutschland wechselte. Dort diente auch der ehemalige Kronenzeitungs-Geschäftsführer Hans Mahr als Informationsdirektor – dieser sprach sich immer wieder – vermutlich nicht ohne Hintergedanken - für die Schaffung von privater Konkurrenz für den ORF aus (vgl. Mahr 1997, 8-11). Selbst Gerd Bacher – Langzeitintendant und „Reformator der ersten Stunde“, beriet den deutschen Kanzler in Medienfragen. Mit Gerhard Zeiler – er sollte später Generalintendant des ORF werden, finden wir einen weiteren Österreicher an der Spitze von RTL. Der ORF Journalist Helmut Brandstätter übernahm die Leitung des deutschen Infokanals „n-tv“ – um nur die bekanntesten Charaktere jener Zunft zu nennen (vgl. Fidler/Merkle 1999, 54ff.). Das es sich bei jenen Personen um geeignete Kandidaten für die Schaffung einer österreichischen Konkurrenz zum ORF gehandelt hätte, darf getrost vermutete werden – schließlich vermochten sie es, Großkonzerne erfolgreich zu führen. Da hierzulande aber aufgrund mangelnder Entscheidungsfindung dualer Rundfunk erst „verspätet“ etabliert werden konnte, bleibt die Frage nach deren Nutzen für die heimischen Medienlandschaft lediglich Spekulation – und somit, ohne Nutzen für diese Arbeit.

4.3.8. Medienpolitischer Föderalismus Dass Rundfunk und dessen Herstellung zu den teuersten Elementen auf dem Mediensektor zählt, bedarf keiner ausschweifenden Erklärung. Ein hoher Grad an Technologisierung – kostenintensive Aufnahme- und Sendetechnik, sowie teure Korrespondentennetzwerke sind nur einige, in diesem Zusammenhang nennbare Faktoren. Die Gebührenfinanzierung öffentlich-rechtlicher Sender wurde in dieser Arbeit bereits mehrfach aufgegriffen. Wie eine überwiegender Teil der europäischen Sender öffentlich-rechtlicher Prägung, finanziert sich auch der ORF zum Teil über Gebühren (vgl. auch Humphreys 1996 122ff.) – seit 1999 dürfen diese auch von der ORF-Tochterfirma GIS selbst eingehoben werden. Medienpolitisch durchaus opportun, fände wir nicht auch hier das eine oder andere Österreichspezifikum.

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4.3.8.1.Neun Länder – Neun Gebührenschemen Seit der Etablierung der Gebührenfinanzierung betraute man die Länder mit der Festlegung jener Gebühren – und legte somit einen entscheidenden Steuerungsmechanismus in die Hände der Landespolitik. Langenbucher weist in diesem Zusammenhang, auf die medienpolitische Wichtigkeit eines einheitlichen Gebührenschemas hin, wie das etwas in der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist (vgl. Langenbucher 2007, 60). Hierzulande kommt es, durch das Hinzufügen der sogenannten „Landesabgabe“ zu völlig unterschiedlichen Gebührenhöhen quer durch Österreich – „der Föderalismus lässt grüßen.“ Mit den Entgelten aus der Landesabgabe erschließt sich den Ländern eine Finanzierungsquelle, ohne Länderbudgets anrühren zu müssen. Dem ORF beschert dies aber die missliche Lage, nie die Menge an Gebühren zu erhalten, die in den Augen der Gebührenzahler, von ihnen selbst entrichtet werden (vgl. Langenbucher 2007, 60). Das schafft mitunter wenig Verständnis für die Belange des ORF, wenn dieser etwa behauptet, in Finanzierungsnotstand zu geraten. Die Gebührenzahler haben gleichzeitig das Gefühl, ohnehin über die Massen „besteuert“ zu werden. Außerdem werden auf diese Weise, Abhängigkeiten vom politischen System fortgeschrieben. Obgleich der ORF relativ autonom über die Höhe seiner Gebühren bestimmen kann, wird damit auch eine „versteckte“ Steuer miteingezogen, auf welche die Politik nur schwer zu verzichten bereit sein wird. Vermutlich wollte daher Andreas Khol von Interpretationen, wie der eben genannten nichts wissen: S: „...es heißt ja immer wieder, unterschiedliche Gebühren in Österreich.“ K: „ Ja, weil der Landeskulturschilling unterschiedlich ist...“ S: „Glauben Sie, dass das ein Unterschiede wäre, wenn der ORF die gesamt bekommt, die Gebühren? Weil Weis auch gesagt hat, es geht soviel daneben an den eingehobenen Gebühren.“ K: „Das ist alles Larifari! Das Land kann diesen Kulturschilling einheben wann immer es will. Und ich bin überzeugt, dass wenn ein Land sagt, ich mach mir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk selber, und mach ein Stück Tirol, und habe dafür von jedem Tiroler zwei Euro im Monat ein, oder drei, dass das die Leute ohne weiters zahlen würden. Ohne jede Schwierigkeit.“ S: „Weil man ja trotzdem gern Nachrichten aus seiner unmittelbaren Umgebung sieht.“ K: „Ja und weil diese Landestudios haben ja eine hohe, das Regionalprogramm Ö2 ist sehr, also 45% Hörer, das ist also sehr geschätzt...und dafür zahlen die Leute schon.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Erwartungsgemäß sah Gerhard Weis diesen Sachverhalt als ehemaliger Leiter des ORF gänzlich anders. Vom „läppischen Kulturschilling“ konnte keine Rede sein. GW: „Nein das macht sehr viel aus, das macht sogar sehr viel aus. Schaun Sie, der ORF bekommt, vom dem was ein Gebührenzahler zahlt, ich weiß ned wieviels jetzt genau san, etwas über 60 Euro. Dann kriegt a bissl was der Bund und dann die Länder. Mit ihren Zuschlägen und Aufschlägen. Das führt ja auch dazu, dass die in den Bundesländern unterschiedlich hohe Gebühren haben. In einigen Bundesländern wird das GESAMT Kulturbudget des Landes aus diesen Zuschlägen zur ORF Gebühr finanziert.“ S: „ Dann geht’s um Millionen, weil Kultur in der Regel sehr viel kostet. „ GW: „Da geht’s um sehr viel Geld. Da geht’s um 9-10 Millionen pro Land, bei den größeren Ländern. Würde dieses Geld dem ORF zur Verfügung stehen, na selbstverständlich wär er dann auch scho´ wieder ausm Wossa.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Diese Ansichten divergieren merklich. Zwar unterließ ich weitere Recherchen zu Kostenaufstellungen und Preisen für ORF-Produktionen, um präzise Einschätzungen tätigen zu können, dennoch vertrete ich die Ansicht, dass zweistellige Millionenbeträge (so die Angaben Weis stimmen und der

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Durchschnitt der 9 Bundesländer Überschlagen wird) alles andere als „Larifari“ darstellen. Im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrags könnte diese Geld durchaus genutzt werden. Andererseits stellt sich dann die Frage, wer künftig für die Finanzierung von Kunst und Kultur in den Ländern aufkommen würde? Im Grunde scheint der ORF, trotz immer wiederkehrenden Diskussionen zum Thema, mit der Aufteilung der Gebühren haushalten gelernt zu haben – auch wenn das die Anstalt immer wieder an den Rand der Krise brachte und bringt. Im Jahr 1999 wurde als weitere Unterstützung die Refundierung der Gebühren, gebührenbefreiter Nutzer beschlossen. Eine Übereinkunft von drei Parlamentspartein. Im Grund eine Konsenslösung aus Solidarität der Politik mit dem ORF. Nach Antritt der schwarz/blauen Regierung wurde die Refundierung zu Gunsten des Budgets wieder gestrichen. Immerhin handelte es sich damals um die erkleckliche Summe von 600 Millionen Schilling. Das Verhältnis zwischen dem amtierenden Generalintendanten Weis und Kanzler Schüssel verschlechterte sich daraufhin merklich (vgl. Zöchling, „Die Hard“ profil 20001204, 44). Ein weiteres Thema, welches mit den ORF Gebühren einhergeht, ist die Definition des öffentlich- rechtliche Auftrags. Gebühren dürfen laut Eu-Kommissionsbeschluss nur jene Rundfunkanbieter einheben, deren Auftrag klar definiert ist – nach dem Motto: „Wenn ich nicht weiß was es ist, darf ich dafür auch nichts verlangen“ Ich habe diese Formulierung bewusst etwas überspitz angelegt – es wäre nicht österreichische Medienpolitik, wenn sich nicht auch hier Stolpersteine verstecken würden – doch dazu später.

4.3.8.2.Die Landesstudios Die eben im Gebührenkontext erwähnten neun Bundesländer Österreichs bergen eine weiter medienpolitische Herausforderung für den öffentlich-rechtlichen ORF – die Landesstudios. Einerseits sind diese Einrichtungen dem Anspruch geschuldet, das Bundesgebiet ausreichend mit lokalen Nachrichten zu versorgen und Sendeteams im Bedarfsfall rasch in den jeweiligen Regionen am Ort des Geschehens zu haben. Andererseits tragen sie auch besonders zur oft proklamierten Identitätsstiftung bei – liefern sie doch Information aus dem unmittelbaren Einflussgebiet/Interessensgebiet der Menschen. Dies wurde ja eben von Andreas Khol bestätig. Die Etablierung der Landesstudios geht mit der Schaffung des ORF einher. Ist also auch im historischen Kontext zu betrachten. Das heißt, wie viele öffentliche Einrichtungen in der Republik wurden auch die Landesstudios unter Gesichtspunkten geschaffen, die „ihrer Zeit“ entsprachen. Diese Strukturen blieben, erst einmal etabliert, auch auf Wunsch der Politik erhalten. Grundlegende Reformierungsversuche fanden nicht, oder nur selten statt – ein Merkmal österreichischer Politik/Medienpolitik. Der ehemalige Generalintendant Gerhard Weis erinnert sich zurück: GW: „Österreich ist also eine kleiner Markt und hat einen riesengroßen Rundfunk. Aber, so war doch damals die Devise, wir sind eine Kulturnation. Die Schweizer habe ihre Uhrenproduktion, die Norweger die Fischerei und wir haben die Kultur. Und um die Kultur zu verbreiten braucht man halt entsprechende Medien, den ORF. Des wor die Idee.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

Das ORF Gesetz verpflichtet im Zuge des „Versorgungsauftrags“ die Landesstudios zur Bereitstellung von regionalen Hörfunkprogrammen (vgl. auch ORF Gesetz 2001 §3ff.). Natürlich steuern die Landestudios auch Fernsehbeiträge bei und übernehmen diverse Aufgaben bezüglich Produktion und Verbreitung. Da sich auch der ORF, der stetigen technischen Entwicklung nicht verschließen kann,

61 Stefan Langmann 0104885 gilt es bei Sende- und Herstellungstechnik immer auf neuestem Stand zu bleiben. Dies ist mitunter mit großem finanziellem Aufwand verbunden. ORF Redakteur Johannes Fischer beschreibt die Problematik wie folgt: F: „...wir haben ja in einem Land das zu klein ist, also das so klein ist wie Bayern noch neun Landesstudios, die natürlich nie irgendjemand, irgendwann einmal aufgeben wird. Trotzdem ist es ein Wahnsinn. Finanztechnisch und einnahmentechnisch sind neun Landesstudios verrückt...die bringen uns a la longue um, finanziell, also das Unternehmen. Nur das ist der Politik völlig wurscht. Die will, dass der Landeshauptmann sein Landesstudio hat. Insofern regiert die Politik natürlich massiv in den ORF hinein, gleichzeitig, und das ist jetzt mein Vorwurf an die Politik...“ (Interview mit Johannes Fischer 20090626).

Auch ORF Generalintendant Gerhard Weis nannte den Faktor Landestudios immer wieder als entscheidend, wenn es um den Erhalt des öffentlichen Auftrags ging, die hohen Kosten des ORF bemängelt wurden und es Vorschläge gab den ORF zu privatisieren oder generell den Markt für Privatanbieter zu öffnen. Im Gespräch schien seine Meinung mit jener Johannes Fischers über weite Strecken kongruent: GW: „Schaun Sie, der ORF ist als ein, für dieses kleine Land viel zu großes Unternehmen gegründet worden, das ist Faktum. Weil 2 Vollfernsehprogramme und 13 Radioprogramme, und neun Landesstudios, das hat ja kaner. Wenn Sie nehmen Bayern, erheblich größer als Österreich hat ein Fernsehprogramm. Am ersten Fernsehprogramm haben Sie einen Anteil von 20%. Und dann habens vier oder fünf Radioprogramme, AUS! WDR! 19 Millionen Einwohner, ganz genau das Selbe. Enorm viel Gelder lukriert aus den Gebühren, weil halt Deutschland zehnmal so groß ist wie Österreich. Daher steht auch dort viel mehr Geld zur Verfügung.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

Weis sprach stets– ebenso wie Fischer die „Wichtigkeit“ der Landestudios für Landespolitiker an. Weiters ging Weis hier auf einen wichtigen Gesichtspunkt kleinstaatlicher Medienpolitik ein. Fernsehproduktion kostet das Selbe in großen, wie in kleinen Staaten – allein durch das Gebührenaufkommen können sie in ersteren bedeutend einfacher finanziert werden. Andreas Kohl stritt die Wichtigkeit der Länderanstalten für die Politik ebenfalls nicht ab, sprach sich aber für einen differenzierten Blick aus: S: „Stichwort Landesstudios...Landeshauptmannfunk? K: „Völlig unterschiedlich. In Vorarlberg, Tirol überhaupt nicht. In Wien, Niederösterreich sehr stark. Das ist völlig unterschiedlich, das kommt völlig auf die Landestradition drauf an. Also diese Länderstudios sind ja sozusagen das Druckmittel jedes Generaldirektors gegen die ÖVP. Nur ich glaube, das...es ist ausgedrückt. Also ich bin fest davon überzeugt, dass...in the long run, wir mit einem stark auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag eingeschränkten ORF leben werden.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Jenem Personenkreis wird oftmals eine „sehr inniges“ Verhältnis zu den Landesstudios nachgesagt. Peter Westenthaler zur Roller der Landeshauptmänner: W: „Die Macht war ja in den Ländern. Das heißt die Landeshauptmänner – und Haider war ja damals einer, waren sozusagen die Fürsten im ORF.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Natürlich profitieren Landespolitiker aber auch von den Anstalten und setzen sich daher immer wieder für sie ein, wie auch ORF Redakteursvertreter Fritz Wendl diagnostizierte:

FW: „Wenn ich spiele, neun mal pro Tag, also in neun verschiedenen Bundesländern, eine regionale Fernsehinformation für 20 Minuten, dann ist das unglaublich teuer. Und dann muss man fragen, will sich das eine Gesellschaft leisten oder nicht? Ich sage es bringt viel, weil das unterscheidet von anderen. Regionalradio ist jetzt deutlich billiger, aber neun mal 20 Minuten Fernsehen machen ist eben teuer, so das ist es. Und ich kann fragen, in einem kleinen Land, muss ich das haben? Und so muss man die Diskussion führen. Ich glaube nicht, dass das 62 Stefan Langmann 0104885 jetzt etwas ist was bei der Politik auf Widerspruch stoßen wird, weil da zum Beispiel die Landespolitiker quer durch die Parteien die dann ihren Bundespolitikern sehr genau erklären werden, warum die das unbedingt wollen.“(Interview mit Fritz Wendl 20090706)

Da die österreichischen Medienlandschaft vom Monopol des ORF dominiert wurde, stellte dieser auch auf Landeseben die einzige Möglichkeit dar, politische Inhalte über Fernsehen oder Radio zu kommunizieren. Dass dies mitunter seltsam Blüten trieb, darf in Anbetracht der restlichen Mediensituation Österreichs nicht weiter verwundern. So gab es bisweilen sogar Berichte über „doppelte Spatenstiche“. Die Eröffnung eines Hotels in Niederösterreich – auf Intervention der Landespolitik soll hier der Spatenstich wiederholt worden sein, nachdem beim „ersten Versuch“ kein Kamerateam des „zuständigen“ Landesstudios anwesend war (vgl. fpd „WESTENTHALER: Weitere unfassbare ORF-Manipulationen“ APA: OTS0065 5 II 0288 NFC004 Di, 20.Mai 1997). Die Zahl der Interventionen in den Landesstudios ist ebenso wenig erhoben, wie jene beim ORF am Küniglberg selbst. Dennoch drangen immer wieder Ereignisse, wie diese ans Tageslicht. Im Fokus der Kritiker lag auch jener Beitrag, den der damalige Kärntner Landesintendant Gerhard Draxler am 5 Oktober 2001 auf Sendung gehen ließ. Hier handelte es sich um einen Bericht zu Jörg Haiders New York Besuch. Der Beitrag war vom Pressesprecher des Landeshauptmanns gestaltet worden und wurde kommentarlos übernommen (vgl. Kaltenbrunner 2006, 122). Draxler wurde unter Monika Lindner später Informationsdirektor des ORF. Auch eine Erhebung des Falter ergab das mehrmalige Auftauchen von Landespolitikern in den Nachrichtensendungen der Landesstudios im Lauf einer Woche (vgl. John/Weissenberger „Die Sendung mit dem Haider“ Falter 20010801, 14). Eine gängige Praxis, die wie zuvor erwähnt, scheinbar mit der dünn gesäten Medienlandschaft Österreichs zusammen hing. Hier blieb der ORF stets wichtige Plattform zur Verbreitung von Nachrichten. Auch die Etablierung privater Anbieter änderte diese Situation nicht. Im Gegenteil, vor Einführung des Privatfernsehens wies Generalintendant Weis mehrfach auf die möglichen Änderungen hin. Hier in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau: F.R..: Auch Österreichs Politiker müssten ein Interesse haben, sich das Forum ORF zu erhalten, vor allem die Landespolitiker. Denn mit Blick auf Deutschland können sie sich leicht ausrechnen, dass sie im kommerziellen Fernsehen nicht mehr vorkommen werden. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch? Weis: Diese Frage entzieht sich einer logischen Beantwortung. Das Irrationale scheint bei uns Tradition zu haben. In Österreich ist schon vieles zerstört worden, was gut gelaufen ist, weil man halt Lust an der Veränderung hatte und irgendwelche Überlegungen eine Rolle gespielt haben, die nie das Tageslicht erblickt haben. (vgl. k.A. „Das Irrationale hat bei uns Tradition“ Frankfurter Rundschau 20010521, 13)

4.3.9. Österreich an der Schwelle zum Dualismus Österreichische Medienpolitik blieb, bis auf die Absicherung des Status quo des ORF, lange untätig. Selbstverständlich beinhalteten Parteiprogramme auch medienpolitische Ansätze, aber Diskussionen zum Aufbrechen der Medienlandschaft fanden, aufgrund der zahlreichen Interessensvertreter nur selten einen gemeinsamen Nenner. Bald verliefen sie im Sand – „es gab ja den ORF, der die gestellten Aufgaben ohnehin erfüllte“. Medienpolitik blieb also bestenfalls reaktiv (vgl. Steinmaurer 2002, 50). Es bedurfte, wie bereits erwähnt stets auch des Drucks von außen – in jenem Fall des Gerichtshofs für Menschenrechte - um „frischen Wind“ in die verfahrene Situation zu bringen. Oder verschiedener rechtlicher Ungereimtheiten – die zu Anpassungen und Reformierungen der jeweiligen Gesetze zwangen (vgl. Steinmaurer 2002,50ff.).

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Es erfolgte also immer nur soviel Anpassung seitens des Gesetzgebers und der handelnden medienpolitischen Akteure, dass dem Gesetz genüge getan, entscheidender Spielraum für Medienmacher aber dennoch nicht gegeben war. Reaktives Handeln wie von Steinmaurer beschrieben. Nur so ist die Zeitspanne vom Lentia Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Straßburg 1993 bis zum schlussendlichen Start von ATV im Jahr 2003 zu erklären. Zwar gab es zuvor bereits Starts von anderen Kabelfernsehkanälen, aber hier fand erstmals ein flächendeckender Sender zu seinem Publikum.

Erklärungsansätze für diesen latenten Widerstand gibt es zahlreiche. Die Sorge der österreichischen Zeitungsmacher, die, obgleich ihrer eigenen medienpolitisch besorgniserregenden Marktsituation um Anteile auf dem Werbemarkt fürchteten. Stilhalteabkommen zwischen VÖZ und ORF Ende der 1990´er Jahre seien hier erneut als Beispiel genannt. Die Schuld allein den Zeitungsmachern zuzuschieben, würde aber zu kurz greifen. Auch im ORF selbst vertrat man den Standpunkt, lieber weiterhin als Monopolist existieren zu wollen. Ich führe das allerdings nicht auf die Eigensinnigkeit der Leitung des Senders zurück. Gerhard Weis beschrieb die Lage so. GW: „...um das jetzt alles zu finanzieren hat man die duale Finanzierung eingeführt, dass heißt die Hälfte der notwendigen Mittel kam aus der Werbung, des hot man damals gesogt, Das hat die Politik bis in die 80´er Jahre immer wieder wiederholt: „Holts auch euer Geld am Markt, und die andere Hälfte kriegts ihr über Gebühren. Das ging so lange gut, als wir mehr oder weniger alleine am Markt waren. Sobald die Privaten aufgetreten sind und gesagt haben, bitte wir sind ja auf den Markt angewiesen, und da kommt der ORF, macht uns Konkurrenz, beschneidet uns unserer Einkommensmöglichkeiten, sobald das passierte, kamen wir in die Schwierigkeiten.“(Interview mit Gerhard Weis 20130617).

Aus diesem Grund mag sich die ORF-Führung auch vehement gegen die Etablierung des dualen Rundfunks in Österreich gesperrt haben. Schlicht, um nicht eine Schritt von den erreichten Positionen zurückweichen zu müssen, oder in Sparzwang zu geraten. Auf dem Werbemarkt bedeutete Privatrundfunk stärkere Konkurrenz für alle. Hätte man die über Jahre geschaffenen Strukturen weiterführen wollen, ohne Gebühren zu erhöhen oder auf Werbegelder zu verzichten, hätte es vermutlich Unterstützung der öffentlichen Hand bedurft. Diese wurde von der damaligen Politik nicht wahrgenommen, oder als nicht relevant erachtet. Vielmehr schien sie, den möglichst uneingeschränkte Zugang zu jenem Medium als essentiell zu erachten. Hier gilt es zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer auf die Bedeutung der Medien für die Politik einzugehen. Öffentlicher Rundfunk in Demokratien legt Wert auf Unabhängigkeit und Politikferne – das ist auch in Österreich der Fall. Die ORF Gesetze spiegeln im Grund diese Anforderungen wider. Dies ist auch aus dem ORFG-2001 abzulesen – die Politik wurde erneut verbannt – dem Sender zum Zweck der Qualitätssicherungen ein Programmauftrag ins Gesetz geschrieben. Ob dies reicht darf – beim weiteren Betrachten der medienpolitischen Lage Österreichs - bezweifelt werden.

4.4. Die Wende – der Weg zum ORF Gesetz 2001 Durch die Verzögerungen bei der Schaffung adäquater Rahmenbedingungen für dualen Rundfunk in Österreich waren Entwicklungen auf jenem Medienmarkt nahezu vollständig gehemmt. Die große Koalition hatte es seit dem EUGH Urteil 1993 nicht zu Wege gebracht, einen gangbaren Kompromiss für den Bereich Rundfunk auf die Beine zu stellen. Bedarf gab es durchaus – allein die Gesetzeslage war dürftig.

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Die im Herbst abgehaltene Nationalratswahl sollte diesen Umstand nachträglich ändern. Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ scheiterten am Willen der SPÖ auf die Forderungen der ÖVP einzugehen. Analysten der österreichischen Politik vermuten jedoch, dass die ÖVP nur den Anschein von Koalitionsverhandlungen hatte wecken wollen. Es wurde die Aufgabe des von der SPÖ gehaltenen Finanzministeriums sowie die Unterschriften aller, an der Verhandlung teilnehmenden SPÖ Politiker gefordert. Dabei war die SPÖ nach der Wahl an erster Stelle gelandet – die ÖVP nach einer historischen Niederlage auf Rang drei hinter der FPÖ (vgl. Fallend 2006, 4ff.). Müller charakterisiert die Lage wie folgt: „ ...the ÖVP had demanded nothing less, than full surrender by the SPÖ.”(vgl. Müller 2004, 346 zit. nach Fallend 2006, 5). Was folgte war die Regierungsbildung zwischen ÖVP und FPÖ – die Thematik um die politische Ausrichtung jener Partei die bei den Wahlen auf Rang 2. gelandet war, löste zum Teil heftige Kontroversen aus. Auch medienpolitisch begann die „Wenderegierung“ ihre Spuren zu hinterlassen – wie in den folgenden Kapiteln nun gezeigen wird.

4.4.1. Gemeinsame Basis – Medienpolitischer Konsens Unabhängig von der aufgebrachten Öffentlichkeit, bestand zwischen den beiden Koalitionspartein eine Gemeinsamkeit, die sich auf die Medienlandschaft Österreichs auswirken sollte. Weder ÖVP noch FPÖ standen einem monopolistischen ORF wohlwollend gegenüber. Die Position der ÖVP hatte sich, da bereits mehrfach in Regierungsverantwortung mit der SPÖ verbunden – etwas abgeschwächt. Man vertrat aber durchaus Modelle die eine Liberalisierung und Veräußerung des ORF – zu Diskussion stand die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft – beinhalteten (vgl. Fidler/Merkle 1999, 148ff.). Diese Position war Fidlers Recherche zufolge, allerdings auch schon von der SPÖ vertreten worden und schien je nach Einstellung der jeweils anderen Koalitionspartei zu wechseln (vgl. ebd.). Als erste Aktion in Richtung Medienkonsens, kann die Umbesetzung der Mitglieder des ORF Kuratoriums gewertet werden. Noch im Jänner 2000, vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen gab es Versprechen der Partein, nicht in die bestehende Aufstellung der Kuratoren einzugreifen. Deren Verweildauer am Küniglberg wäre – dem Gesetz folgend – noch bis in Jahr 2002 festgelegt gewesen. Scheinbar nahm man jene Versprechen nach Amtsantritt der Regierung nicht mehr so ernst. Es sollte kein ganzes Monat verstreichen, dass aus 4 roten und 5 schwarzen, 6 schwarze und 3 blaue Regierungskuratoren wurden (vgl. Fidler 2004, 202). Hier schien zwischen schwarz/blau also durchaus Einigkeit zu herrschen. Andere Übereinkünfte galt es noch zu verhandeln.

4.4.2. AG, Dualismus und Medienbehörde Bei einer von der steirischen ÖVP abgehaltenen Medienpolitik Enquete im Jahr 1997 sprach sich der damalige Mediensprecher Wilhelm Molterer für die Umwandlung des ORF in eine AG und der jeweils 50:50 Eigentümerschaft von Bund und Ländern aus (vgl. Molterer 1997, 13). Auch Hans Mahr, ehemaliger Kopf der „Krone“, Geschäftsführung und Chefredakteur bei RTL in Köln, sprach sie bei jener Enquete für eine Privatisierung eines ORF Kanals aus (vgl. Mahr 1997, 10ff.) In der FPÖ kursierten seit den späten 1980´er Jahren sehr liberale medienpolitische Tendenzen. Deregulierung des Rundfunks war das erklärte Ziel. Jörg Haider, der Parteischef und damalige Führerfigur der FPÖ war schließlich an der Beschwerde beim EUGH in Straßburg beteiligt gewesen.

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Dazu hatte die FPÖ im Jahr 1989 ein „Volksbegehren zur Sicherung der Rundfunkfreiheit“ lanciert, in dem sie sich für Deregulierung und Zerschlagung des ORF-Monopols stark machte (vgl. Murschetz 1996, 61). Wie weit Haiders Verständnis für freie Medien entwickelt war, unterstreicht sein Vorgehen bei der Einstellung des zweisprachigen „Radio DWA“ in Kärnten im Jahr 2002. Nach einer vermeintlichen Lösung im Kärntner Ortstafelstreit – die Lösung schien Haider jedoch nicht zu passen, machte er sich für die Einstellung des slowenischsprachigen Radios stark. Dieses lief als Minderheitenprogramm, dass der ORF im Zuge seines Sendungsauftrags zu gewähren hat (vgl. Loigge, „Wünschen kann er sich alles“ Kleine Zeitung 20020222 und Ritterband, „Ein Radio verstummt“ NZZ 20020809, 5). Es scheint, die sonst so vehement vertretene Linie für Medienvielfalt dürfte dort aufgehört haben, wo sich mit Radioprogramm auch monetärer Erfolg verbuchen lässt – „Radio DWA“ war keine „Cashcow“und vertrat zum Teil Einstellungen, die dem kärntner Landeshauptmann vermutlich missfielen. Die in jener Zeit, im Vergleich zu SPÖ/ÖVP vertretene sehr liberale Position ist auch aus dem Verständnis einer langjährigen Oppositionspartein zu verstehen. Hier galt es stets Kritik am „Status Quo“ zu üben – in jenem Fall am medienpolitische Stillstand der Republik zwischen 1990 und 1999.

Im Zug der Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP und der darauf folgenden Übernahme von Regierungsverantwortung konnten „extrem liberale“ Positionen natürlich nicht umgesetzt werden. Das medienpolitische Positionspapier der FPÖ im Jahr 2000 beinhaltete allerdings die Einführung des dualen Rundfunksystems, die Schaffung einer Medienanstalt, die für alle Belange moderner Kommunikation Zuständigkeit aufweist, sowie die Reform des ORF (vgl. Salomon 2001, 47). Diese Position schien auch innerhalb der ÖVP an Unterstützern gewonnen zu haben. Bei der oben genannten Enquete 1997 wurde sie vom steirischen Klubobmann Schützenhöfer ebenfalls gefordert (vgl. Schützenhöfer 1997, 29). Im Oktober 1999 forderte Wilhelm Molterer erneut die Einführung von digitalem Rundfunk und die Schaffung einer Medienbehörde (vgl. k.A. „Molterer Kritik an SP- Medienpolitik. Neues Volksblatt 19991007,37). Die von der FPÖ vertretene Reformierung des ORF war angedacht, dessen öffentlich-rechtlichen Auftrag zu sichern. Dies sollte vor allem durch Einsparungen und Reduktionen angepeilt werden. Eine Herabstufung der Werbezeit auf 50% sollte privaten Mitbewerbern mehr finanziellen Spielraum ermöglichen. Damit der ORF mit dem Minus an Einnahmen sein Auslangen fände, waren weitere Reduktionen bei Technik und Personal geplant (vgl. Freiheitliche Medienpolitik 2000 Freiheitliches Positionspapier für die Regierungsverhandlungen zit. nach Salomon 2001, 47ff.). Auf dieser Basis fanden FPÖ und ÖVP verhältnismäßig leichter zueinander, als das die ÖVP mit der Sozialdemokratie zu Wege gebracht hätte. Allein weil wie bereits erwähnt, die Medienpolitik der rot/schwarzen Regierungen des vergangen Jahrzehnts aus medienpolitischer Sicht lediglich Stilstand zu prolongieren vermochte. Nun waren die liberalen Positionen näher aneinander als zuvor. Schüssel – obgleich an 3. Stelle bei den Wahlen gelandet – witterte die Möglichkeit endlich Kanzler zu werden. Als „Primus der Republik“ war Gestaltung auch aus medienpolitischer Sicht leichter, als dies als „Juniorpartner“ der SPÖ gewesen wäre. Die Freiheitlichen ihrerseits gingen verhältnismäßig unbedarft an die sich nun bietende Chance – Regierungsverantwortung zu übernehmen – heran.

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4.4.3. Das Ende des „Rotfunks“ ORFG-2001 trat mit 1.1.2002 in Kraft, wurde also im Sommer 2001 beschlossen! Die schwarz/blaue Regierung trat gewissermaßen an, das bestehende System von jahrelangem Proporz und Versteinerung aufzubrechen und zu reformieren – jener Anspruch sollte auch vor dem öffentlich- rechtlichen ORF nicht zurückgenommen werden. Gerfried Sperl mutmaßte in „weiser Vorahnung“ Ende Jänner 2000 im Standard: „Aber glaubt irgendjemand, dass eine schwarz/blaue Regierung ein Mehrheitswahlrecht einführen würde? Den Proporz in allen seinen schädlichen Aspekten beenden möchte? Fähig ist, das Sozialversicherungswesen radikal zu reformieren? Oder gar eine erwachsene Medienpolitik zu starten? Ein Proporzende würden sie es nennen, wenn SPÖ-Manager durch freiheitliche oder blau angehauchte Figuren ersetzt würden. Eine neue Medienpolitik würde rhetorisch durch das Land ziehen, wenn im ORF FPÖ-Leute das Sagen hätten.“ (vgl. Sperl, „Die Pleite eines Systems“ Der Standard 20000124, 28) Er sollte Recht behalten. Peter Westenthaler, Freiheitlicher Klubchef meldete sich noch vor Ende der schwarz/blauen Koalitionsverhandlungen zu Wort. Er forderte eine „tabulose Diskussion“ zu medienpolitischen Themen und stellte die Möglichkeit der Privatisierung eines der ORF-Kanäle in den Raum (vgl. k.A. „FP will ORF Teilprivatisieren“ Wirtschaftsblatt 20000127, A2). Auch die Vermietung eines der Kanäle an Privatanbieter wurde erwogen – unterm Strich stand jedoch eines fest, schwarz/blau hatte sich auf die Einführung von Privatrundfunk in Österreich geeinigt. Im Hinblick auf die spätere Entwicklung mutet ein weiteres Anliegen der beiden Partein skurril an: „Der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF solle gestärkt werden, gedacht wurde an den Ausbau von Information, Bildung, Wissenschaft, Technologie und Kunst im Programm. Vor allem die österreichischen Kunst- und Kulturschaffenden sollten dabei berücksichtigt werden. Sogar von einer Willenserklärung zur Stärkung der „Objektivität“ und „Unabhängigkeit“ war die Rede (vgl. Illetschko, „Der ORF soll gezwickt werden.“ Frankfurter Rundschau 20000203, 13). Dies betraf auch den Sender Ö3, für den von Peter Westenthaler, ein verstärktes Abspielen von „Autropop“ gefordert wurden – um die österreichische Identität zu stärken. Weniger englische, mehr deutsche Texte also (vgl. k.A. red. „Nicht so dumm und käuflich“ Der Standard 20000225, 21). Vertreter der österreichischen Popmusikszene wehrten sich prompt gegen diese unerwünschte Vereinnahmung (vgl. ebd.). Nach Abschluss der Regierungsverhandlungen am 1. Februar 2000 zeigte sich rasch, was Teile der Regierung unter Objektivität und Unabhängigkeit verstanden. FPÖ-Klubchef Westenthaler begann verstärkt Kritik und Druck auf den ORF auszuüben. Aus seiner Richtung kamen laufend Vorschläge zur Absetzung und Gestaltung von verschiedenen Sendungen. (vgl. Knecht/Schmid „Kampfzone ORF“ profil 20000529, 40). Vermutlich wurden viele politische Interventionen bis zum Antritt der Regierung im Jahr 2000 gar nicht erst thematisiert. Johannes Fischer, zu jener Zeit Chefredakteur bei der ZiB fand, nach seinem Abgang aus jener Abteilung folgende Erklärung: „Ich bin jetzt 30 Jahre in diesem Geschäft, und Interventionen hat es immer und überall gegeben. Man muss aber wissen, wie man damit umgeht. Sie werden einwenden, Interventionen seien etwas Schlechtes, ich sage: Interventionen sind im Prinzip, wenn sie fair und offen kommen, nichts anderes als politisches Lobbying. Interventionen werden dann unangenehm, wenn auf ein öffentlich-rechtliches Unternehmen wie den ORF auch über andere Stellen Druck ausgeübt wird, eine bestimmte Geschichte nicht und eine andere schon zu machen. Das ist unangenehm, es erfordert Kraftaufwand, das abzuwehren.“ (vgl. Knecht, „Kampfzone/Interview: "Niederbügeln, unmöglich machen" profil 20000529, 42)

Westenthaler schaffte es jedoch rasch, das Thema aufs Tapet zu bringen. Intendant Gerhard Weis bot seiner Mannschaft Rückendeckung. „Man müsse zuerst ihn aus dem Weg räumen um andere aus dem Weg räumen zu können“, so Weis in Richtung Westenthaler (vgl. ebd.). Von einer drastischen

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Verschärfung des politischen Stils berichtete auch ORF Redakteur Johannes Fischer. Er bemängelte vor allem die aggressive Sprache der FPÖ und deren Kampfansagen an den ORF. Fischer gestand als Profi allerdings ein, dass Partein eine gewisse Lobbyarbeit betreiben müssten – es komme eben immer auch auf die Form an. Das Peter Westenthaler nicht immer jener Form entsprach räumt auch sein Koalitionskollege Andreas Khol ein: K: „Was der Westenthaler g´macht hat ist eine andere, der Westenthaler hat viele Dinge sehr geschickt gemacht...und viele Dinge sehr ungeschickt. Auch sein Ende zeigt ja, also diese Geschichte, dass er diesen Prozess...und die Bedrohungen. Er war ein unglaublich talentierter Mensch, hat tolle Reden gehalten...war bestens vorbereitet hat frei gesprochen...also ich hab da viel von ihm...an ihm schätzen gelernt. Aber er war in seinen Reaktionen gegenüber Journalisten maßlos.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

In der Tat hielt sich Westenthaler nicht zurück, was seinen Umgang mit Journalisten und ORF- Mitarbeitern anging. Beispiele dazu werden im folgenden Abschnitt immer wieder genannt werden. Gerhard Weis bestätigt die getätigte Aussage Khols, sah sie als direkt betroffener aber aus einem andern Blickwinkel: GW: „Nein er hat das nicht bringen können. Es gibt schon...der Westenthaler hat sich ja aufgeführt wie ein Berserker, wie ein Rumpelstilzchen. Da hob ich dem Khol übrigens auch gesagt, warum er den Westenthaler so freie Hand lässt, bei diesen ganz und gar unglaublichen Attacken, die er geritten hat – da haben wir noch geredet miteinander. „Er ist SOO begabt, der ist ja sooo begabt, und er ist noch soo jung und er muss noch lernen, jetzt schießt er halt ein bisschen noch, da und dort übers Ziel, aber das ist doch nicht so schlimm“. Also...Widerlich!“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

4.4.4. Exkurs: Interventionen im Radio Als klarer Angriff wurde der Versuch zweier Stiftungsräte des ORF gewertet, welche eine Anfrage stellten, die Objektivität einer Radiosendung – „Journal Panorama“ auf Ö1 - zu prüfen. Der Bereich Radio liegt zwar nicht im Hauptaugenmerk dieser Arbeit, dennoch ist dieser medienpolitische Schachzug bezeichnend für das Handeln der schwarz/blauen Regierung und findet daher Eingang in die hier berücksichtigte Thematik. Bei der „Journal Panorama“ Reihe auf Ö1 handelt es sich um eine mehrfach preisgekröntes Radiofeature, das sich in der Regel kritisch mit verschiedenen gesellschaftlichen Themen auseinandersetzt. Jene kritische Berichterstattung schien der Anlass für eine politische motivierte Aktion zu sein, die Gerhard Weis noch lebhaft in Erinnerung war: S: „Ja. Aber wissen Sie, also mir gehts so, mich hats gewundert,– zum Beispiel beim Radio, dass ist jetzt meine Meinung, egal ob das jetzt Linkswichser, oder Khol hats die Nicaragua-Fraktion genannt. Ich denke dass da kritische Berichterstattung als solche nicht erkannt wird.“ GW: „Nein, sie wird nicht gewünscht. Sie wird nicht gewünscht, sondern bekämpft. Ich kann mich gut erinnern, eine der ersten Aktionen im Stiftungsrat war, dass man dort verlangt hat, dass Journal in Ö1 mehr Themen bring aus der neoliberalen Szene, und dass wir überhaupt Menschen zu Wort kommen lassen, die den Neoliberalismus verkörpern. Ich hab damals ganz unschuldig gefragt : „Na wer ist des?“ Weil es gab sie ja wirklich nicht, weil neoliberal war so eine grause Vorstellung in den Köpfen mancher, aber das hot sich jo ned materialisiert. Jetzt wissma wos es ist. Und es ist der glänzend....in die Hosn gangen. Aber das hat man damals ganz kräftig von uns verlangt, das wir den Neoliberalismus fördern sollen.“

Die Kuratoren Georg Pammer und Klaus Pekarek waren der Ansicht, die Ausgewogenheit der Berichterstattung wäre nicht gegeben. Zwar verurteilte Intendant Weis diesen Zug des Kuratoriums nicht, bemängelte aber den „üblen Beigeschmack, der durch diverse Äußerungen um die Causa herum, entstanden war“. Laut Weis habe der ORF alle Österreicher zu bedienen und könne sich nicht nach

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Verhältnissen im Parlament richten – weiters bemängelte er die zunehmende Intoleranz gegenüber „anderen Meinungen“ die seit der Regierungsbildung spürbar wurde (vgl. Knecht „Das ist ja verrückt“, profil 20000703, 54). Seitens der Redakteursvertretung wurde die Anschuldigung als Versuch der Einschüchterung klassifiziert. Es zähle nicht zur Aufgabe der Kuratoren, Objektivitätskriterien von einzelnen Sendungen in Frage zu stellen. Weiters gäbe es dafür vom Rundfunkgesetz vorgesehene Wege und Abläufe, deren Einhaltung essentiell wäre. Man könne die Objektivität einer Sendereihe zu einem Thema nicht an einer einzig Sendung festmachen, ohne die dazugehörigen anderen, zu berücksichtigen. (vgl. Falter Bruck, „Sogenannte Objektivität“ 20000628, 6). ÖVP Klubchef und ORF Kurator Andreas Khol fand einen anderen Zugang zum Thema: „Ich halte diesen Antrag für absolut richtig. Es wurde behauptet, dass diese Sendeleiste nur jene Probleme aufgreife, die aus der Sicht der "Nicaragua-Fraktion" wichtig sind: Entwicklungshilfe, Rassismus, emanzipatorisch-feministische Fragen, Haider-Bashing und Widerstand gegen die Regierung. Das sind alles wichtige Fragen, aber daneben muss es auch andere Dinge geben.“ (vgl. John/Weissenberger „Wahrheit, Tochter der Zeit“ Falter 20001011, 8).

Mit Blick zurück formulierte Andreas Khol seine Aussage noch etwas konkreter: K: „Naja, die Journal Panorama war ja ganz klar, und wurde mir auch Recht gegeben. Die Journal Panorama warn ja sehr gut, ich mein ich bin ein begeisterter Ö1 Hörer...bin ein mündiger Mensch und weiß was, weswegen und so weiter, welche Themen da gewählt werden und Gender und Nachhaltigkeit was immer...Das ist mir alles kloar...ich horch das gern...und der Anlassfall war eben eine unglaublich gehässige Berichterstattung über die CSU. Wo sie die CSU als kryptofaschistisch dargestellt wurde...und hat dann die absolute Mehrheit gemacht und (lacht) da hab ich eben die Beschwerde gemacht. Aber die Themenwahl der...der Sendungen bei Panorama, wenn man sich nur die Themen anschaut, sieht man ganz kloar, das ist die grün-linke Agenda.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Hierauf wurden zwei unabhängige Gutachten erstellt, die den Themenvielfalt prüfen sollten. Ein Gutachten durch das Institut für Publizistik in Wien unter Prof. Thomas A. Bauer und das Salzburger Research Center unter Prof. Dr. Peter A. Bruck (vgl. Treiber 2007, 315). Beide Studien konnten keine signifikante Überschneidung von Themen, oder Einseitigkeit der Berichterstattung feststellen. Was blieb, war ein schaler Nachgeschmack versuchter politischer Einflussnahme gegenüber kritischem Journalismus. Exkurs: Interventionen im Radio: Ende

4.4.5. Druck auf öffentlich-rechtlichen Rundfunk steigt Der Einfluss der Partein schien über breite Kanäle – etwa die Androhung die Gebührenhoheit des ORF abzuändern – oder über Interventionen bis hinab zum „einfachen Redakteur“ - statt zu finden. Generalintendant Weis etwa äußerte sich besorgt über den Vorschlag der Regierung eine Medienbehörde zu installieren, die auch über die Gebühren des ORF befinden sollte. „Dies wäre das Ende der Unabhängigkeit des ORF“, bestätigte Weis in einem Interview (vgl. Knecht „Kampfzone ORF/Interview – Das ist sehr alarmierend“ profil 20000529, 40). Immer wieder wurden, in wenig verhaltener Art „Köpfe“ von ORF Redakteuren gefordert. Aber auch „höhere Posten“ schienen nicht gefeit. Programmintendantin Kathrin Zechner oder Informationsintendant Hannes Leopoldseder waren nur zwei der leitenden ORF-Mitarbeiter, deren Absetzung zum Teil öffentlich diskutiert wurde.

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Kritik an der Medienpolitik der neuen Regierungskoalition kam auch aus anderen Ecken. Im Zuge der Wiener Medientage kritisierte Verlagschef Hans-Jörgen Manstein die nicht existente Medienpolitik von schwarz/blau. Ihm mangelte es an Vorgehen gegen das „österreichische Medienoligopol“ aus ORF, Dichand und Fellner Gruppe (vgl. Washietl, „Rolle und Abhängigkeit des ORF machen Sorgen. Verlagschef Manstein fürchtet medialen Zentralfriedhof“ WirtschaftsBlatt, 20001005, Nr. 1227, S. A3). An der Situation der Pressekonzentration konnte weder in der Anfangsphase der schwarz/blauen Regierung etwas geändert werden, noch fanden relevante Anpassungen bei deren Neuauflage im Jahr 2003 statt – die Problematik um Presseförderung und Pressekonzentration besteht weiter.

4.4.6. Interventionen ins Netz – Journalisten in die Zelle In Verbindung mit dem ORF wurde allerdings weiterhin heftiger Druck ausgeübt. FPÖ Klubchef und ORF-Kurator Westenthaler habe, so wurde es kolportiert immer wieder zum Telefonhörer gegriffen um seinen Missmut über diverse Sendungsinhalte persönlich zum Ausdruck zu bringen. Von Innenminister Strasser kam, auf das Thema angesprochen der Vorschlag, jeden Interventionsversuch in einer Liste im Internet publik zu machen (vgl. John/Klenk „Ab ins Internet“ Falter 20000816, 10). Mindestens eine Intervention Westenthalers hätte gar nicht erst auf die Liste gesetzt werden müssen – sie geschah „coram publico“. Westenthaler rief während der „Betrifft“ Sendung am Sonntag den 05.11.2000 an und wurde prompt in die Diskussion eingeschaltet – ein Eingriff in die Diskussionsfreiheit und mehr als problematisch, wenn man von nun an, über Abwesende nicht mehr diskutieren könne, meinte Armin Thurnher (vgl. Thurnher, „Das Ingenieurswesen“ Falter 20001108, 5). Bereits am nächsten Tag veröffentlichte der ORF eine Meldung über die APA:“ Zu Vorwürfen die sich auf die telefonische Stellungnahme von FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler in "Betrifft" am Sonntag, dem 5. November 2000, um 21.55 Uhr in ORF 2 beziehen, stellt der ORF Folgendes fest: Auf Grund der Zusammensetzung der Diskussionsrunde war klar, dass einer der Diskussionsschwerpunkte die jüngsten Entwicklungen in der FPÖ sein würden. Ganz bewusst wurde von Seiten der Redaktion auf eine Einladung von FPÖ-Parteivertretern verzichtet, die Thematik sollte von Journalisten und Politologen diskutiert werden. Der Sendungsverantwortliche und Moderator Johannes Fischer hat im Sinne der Fairness und des im Rundfunkgesetz verankerten Prinzips der Objektivität und Ausgewogenheit bereits vor Beginn der Sendung Folgendes festgelegt: Sollte ein offizieller Vertreter der FPÖ zu einzelnen Kritikpunkten Stellung beziehen wollen, muss das während der Sendung in einem kurzen Statement möglich sein. Klubobmann Peter Westenthaler wurde dann auch während der Sendung live in die Diskussion zugeschaltet und konnte im Rahmen eines 40- Sekunden-Statements seine Stellungnahme abgeben. Es versteht sich von selbst, dass Moderator Johannes Fischer genauso den Vertreter oder die Vertreterin einer anderen Partei, die Gegenstand einer ähnlichen Diskussion ist, zu Wort hätte kommen lassen. Von einer Intervention, wie sie in diversen Aussendungen unterstellt wird, kann daher keine Rede sein. (vgl. ORF/APA ORF-Stellungnahme zur gestrigen Sendung "Betrifft" OTS0190 5 II 0210 GOK006 Mo, 06.Nov 2000)

Leiter der Sendung Johannes Fischer gestand im Jahr 2001, dass jenes Konzept der Sendung – es bestand die Möglichkeit sich per Fax, Mail oder Telefon an der Diskussion zu beteiligen - gescheitert sei. Als Grund nannte Fischer die mangelnde Diskussionskultur in Österreich. Die Sendung war mehrmals in heftige Kritik geraten, weil Faxe von Politiker verlesen wurden, oder Zweifel an der Einladungspolitik bestanden (vgl. Weissenberger/Weisensteiner „Weis soll bleiben“ Falter 20010711, 14).

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Peter Westenthaler sah diesen Vorfall anders, seiner Ansicht nach habe es sich um eine Versehen gehandelt – Fischer habe ihn unvorbereitet in die Sendung durchgestellt. S: „Gut Sie haben auch in einer Sendung angerufen, bei dieser „Betriff“-Sendung. W: „Ja, das war auch lustig, das war der Fischer, der Johannes, mit dem Sie gesprochen haben. Das war eine irrsinnige Aufregung, danach, das war für mich genauso überraschend wie für alle. Das war eine Sendung, da ist es um uns gegangen – und wir sind nicht am Tisch gesessen – völlig absurd, das gäbe es auch heute nicht mehr.“ S: „Aber das war doch so ausgelegt, dass das unter Journalisten und Politologen hätte diskutiert werden sollen.“ W: „Ja, aber es ist da so über uns hergezogen worden, und ich hab dem Fischer im Vorfeld schon gesagt: „Bei der Konstellation – die Sendung war an einem Sonntag und ich glaub ich hab mit dem Fischer am Freitag telefoniert – bei der Konstellation Herr Fischer, ist es völlig klar, dass es hier zu einer Überschreitung, oder zu einem Bruch des ORF-Gesetzes kommen wird. Weil dort niemand die Position der FPÖ beziehen wird. Ned der Moderator, weil kann er nicht. Da sind nur Hasser, die gegen uns diskutieren.“ Und da hat er gesagt, na gut, wenn Sie der Meinung sind, schaun´ Sie sich’s an, Sie können ja anrufen. Sie können Sachen klarstellen – was ja auch korrekt ist...das hat er mir angeboten. ... Na gut hab ich gesagt, das werd ich machen. Das lustig war ja, muss man heute so sagen, dass der Fischer leider die Nerven verloren hat und gesehn dass ich recht gehabt hab...und ich ruf halt während der Sendung an und sag Fischer das geht so ned. Ich weiß ned was da der ausschlaggebende Punkt war – müsste es mir noch mal anschaun. Irgend ein Punkt war ganz brutal und dann hab ich zum Hörer gegriffen und hab angerufen. Und ich red mit dem Fischer zwei Sätze und der Fischer sagt: „Wir machen das ganz einfach, wartens an Moment“, druckt auf einen Knopf und ich sag noch Hallo? Und hör mich auf einmal selber im Fernsehen! Und der schaltet mich völlig unvermittelt in die Sendung und ich hab nicht einmal g´wußt, dass ich live auf Sendung bin. Und dann sagt mir der Moderator ...ja wir begrüßen jetzt den Herrn Westenthaler, der hat angerufen – bitte Herr Westenthaler. Der hat auch nicht gewusst was ich jetzt sagen wird. Und das ich das jetzt ausnütz und eine Suada los lass...“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Doch zurück zu den Interventionen. In einem anderen Fall soll Westenthaler 22 mal an einem Tag zum Hörer gegriffen haben. Es ging, Berichten zu Folge um die Affäre Kleindienst. Josef Kleindienst, ehemaliger Polizeigewerkschafter hatte für die FPÖ Daten aus Polizeikarteien besorgt und weitergegeben – so dessen eigene Aussage. Vor allem regierungskritische Journalisten, Oppositionspolitiker aber auch Künstler und Kulturschaffende wurden immer wieder von FPÖ- Politkern angefragt – Dokumente und Akten über jene Personen weitergegeben (siehe dazu: Klenk, „Spitzelaffäre für Anfänger“ Falter 20001129, 8). „Wir brauchen keinen Aufdeckungsjournalismus – wir haben Polizei und Justiz“, vermeldete der damalig Justizminister und Haider-Intimus Dieter Böhmdorfer. Umgehend führte der Justizminister eine Gesetz eine, dass das Zitieren aus Akten der Polizei/Justiz o.ä mit Haftstrafen bedrohte. Dies hätte investigatives Arbeiten, das mitunter auf Akten und Gerichtsprotokolle angewiesen ist, im Keim erstickt. Dabei ging es laut Beschluss lediglich um den Schutz „der berechtigten Interessen Dritter“. Später wurde dies abgeändert und sollte nur mehr Journalisten verfolgen, die „nicht ordnungsgemäß berichten“ – die Definition von „ordnungsgemäß blieb aus (vgl. Klenk, 2001, 25). In wiefern die Weitergabe und Einsicht der Akten und Protokolle die berechtigten Interessen der Opfer der Affäre Kleindienst verletzte, wurde nicht bekannt. Josef Kleindienst war schließlich kein Journalist. Westenthaler, der sich grundsätzlich zu den Beschwerden via Telefon bekennt, widersprach im Interview der kolportierten Zahl der Anrufe. W: „...also das war nicht die Affäre Kleindienst, das war die Spitzelaffäre. 22 Mal...NIE im Leben. Es mag Tage gegeben haben, wo ich fokussiert, zwei drei mal angerufen habe, dann hats Wochen gegeben da hab ich gar nicht angerufen...und dann wieder 2-3 mal in der Woche. Aber niemals 17-20 mal. Da müsst ich so einen Schädl haben, weil ich hab ja andere Medien auch noch. Es gibt ja auch Printmedien, es gib ja auch andere Tätigkeiten,

71 Stefan Langmann 0104885 also das ist maßlos übertrieben. Was für mich spricht in dieser Diskussion ist, dass die Listen nie veröffentlich worden sind. Na Warum? Man hätte es ja veröffentlichen können.“ (Interview mit Peter Westenthaler vom 20130522) Westenthaler erwähnte immer wieder, nicht an die Existenz der Anrufliste zu glauben. Er selbst habe mit Redakteur Elmar Oberhauser gesprochen und ihn mehrmals aufgefordert, die Liste zu veröffentlichen oder ihm diese zumindest zu zeigen – dies sei nie geschehen – daraus schloss Westenthaler, es handle sich lediglich um leere Drohungen. Intendant Weis stellte dies anders dar. Auf die Frage ob er gedenke eine Interventionsliste zu veröffentlichen: Weis: Nein, auf solche Sachen darf man nicht allzu wehleidig reagieren. Eine Veröffentlichung macht man dann, wenn man in ärgster Bedrängnis ist und mit der Sache nicht mehr fertig wird. Glauben Sie mir, wir werden damit ganz gut fertig.(vlg. Toth, „Der ORF und die Spitzelaffäre/Interview“ Format 20001009, 32)

Veröffentlich wurden die Listen in der Tat nicht, ich werde mich im folgenden Unterabschnitt noch kurz damit auseinandersetzen. Im selben Interview meinte Weis übrigens zur Frage wie oft Westenthaler angerufen hätte:, „er zähle nicht mit – immer wieder“,. Genaue Daten ließen sich somit nicht erheben. Aus diesem Grund plädiere ich für die wenig wissenschaftliche Annahme, die „Wahrheit befände sich irgendwo dazwischen“. Es mag also keine 22 Anrufe gegeben haben, aber es darf angenommen werden, dass Politiker wie Peter Westenthaler, so es sich um ein „dringendes Anliegen“ handelte – mehr als „zwei/drei mal pro Tag“ zum Hörer griffen um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Das dies neben Anrufen in Sendungen (siehe :voriges Kapitel) auch bis in die Privatsphäre des damaligen Generalintendanten reichte , überraschte dann doch, und zeigt von besonderer „Beharrlichkeit“ des damaligen FPÖ-Politikers: GW: „Er hat doch alle gelöchert. Westenthaler war sich ja nicht zu blöd, hier bei mir privat anzurufen, nach einer Zeit im Bild wenn im irgendwas nicht taugt hot. Manchmal noch während der Zeit im Bild, wenn ihm irgendwas nicht getaugt hat. Also er hat sich wirklich wie ein Berserker aufgeführt. Das hat er ja manchmal in der Sendung selber gemacht.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Im Jahr 2000 ging Weis damit allerdings noch nicht an die Öffentlichkeit – hier mag der zeitliche Abstand und der Verlust des Amtes des Generalintendanten hilfreich gewirkt haben. Das es sich bei den Interventionen um eine komplexe Angelegenheit handelte verdeutlicht folgender Interviewausschnitt aus dem Jahr 2001: Format: Wie oft finden unzulässige Interventionen statt? Weis: Das passiert immer wieder. Jeder versucht, seinem Standpunkt zum Durchbruch zu verhelfen, und muss zur Kenntnis nehmen, dass das mit unseren Regulativen nicht vereinbar ist. Format: Herr Westenthaler behauptet, nur zulässige Interventionen durchzuführen. Sehen Sie das auch so? Weis: Ich bin überzeugt davon, dass alle seine Interventionen aus seiner Sicht zulässig sind. Aus unserer Sicht ist es vielleicht nicht immer so. Format: Wie lange ist die Liste der unzulässigen Interventionen? Weis: Ich führe nicht Buch, ich habe keine Stricherlliste. Das ist eine Dauerauseinandersetzung, nicht nur mit dem Herrn Westenthaler. Wir haben mit anderen Petenten auch zu tun. Format: Aber Herr Westenthaler ist wohl Ihr Hauptklient? Weis: Er ist einer der Klienten, der da nicht unflott unterwegs ist. Aber es gibt andere auch. (vgl. vlg. Toth, „Der ORF und die Spitzelaffäre/Interview“ Format 20001009, 32) Neben der Art, wie sich schwarz/blaue Regierungsmitglieder im ORF beschwerten zeigte sich Generalintendant Weis rückblickend auch über Kanzler Schüssel selbst verwundert. Schüssel tätigte keine Versuche, Westenthaler oder andere Intervenienten zur Mäßigung anzuhalten.

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GW: „Wissen Sie, das war schon alles sehr, sehr seltsam. Dass das der Schüssel, alles so akzeptiert und toleriert hat, das war für mich auch eine Seltsamkeit. „Der Schweigekanzler“! Der hat des ois über sich ergehen lassen. Sich zum Herrn Haider gesetzt in seinen Porsche. Hat mit sonnigem Gesicht, sich herumkutschieren lassen. Aber er hat in keiner Weise da irgendwo maßregelnd eingegriffen. Er hat das alles ned nur akzeptiert, sondern befördert (klopft auf den Tisch) und des wor des Schlimme.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Weis lastete Kanzler Schüssel die Untätigkeit bezügliche seiner „wild gewordenen Gefolgschaft“ schwer an. Das Schüssel dies aus reinem Kalkül zugelassen haben mag wird Gerhard Weis zu einen späteren Zeitpunkt des Interviews erläutern.

4.4.7. Widerstand der Informations-Redakteure Zu Veröffentlichungen im Internet – Strassers Vorschlag (siehe Abschnitt 4.4.6)- kam es freilich nie, aber es brachte schließlich die ORF-Redakteure auf den Plan. „Wir kommen vor lauter Anrufen nicht mehr zum Arbeiten. Es gibt Anrufe beim Redakteur, beim Chef vom Dienst, beim Informationsintendanten und bei Generalintendanten“, klagte Redakteursvertreterin Danielle Spera gegenüber der Presse (vgl. red. „Interventionen und Datenklau im ORF“ Der Standard 20001009, 7) Westenthaler wies diese Anschuldigungen stets von sich, während die Journalisten des ORF von einem „Bombardement“ und „einer unerträglicher Situation“ sprachen. Am 09.10.2000 stimmte der ORF-Info Redakteursrat einstimmig einer Resolution zu, mit der die Interventionen an die Öffentlichkeit gebracht wurden (vgl. Rauscher, „Wut im ORF: Es hagelt Interventionen“ Der Standard 20001010, 1). Druck kam, so die Redakteure von beiden Regierungspartein. Kanzler Schüssel indes meinte, es könne keine Rede von zusätzlichem Druck sein – er verwies Kritiker darauf, sich doch lieber zu Interventionen seines Vorgängers oder dessen Sekretären zu erkundigen (vlg. fid/APA „Antreten beim ORF-General“ Der Standard 20001012, 23). Dies deckt sich mit der Aussage Weis´. Ein indirekter Hinweis nach dem Motto: „Wenn es vor uns praktiziert wurde, warum sollen gerade wir diese Praxis einstellen.“ Die Redakteure thematisierten im Grunde nur, die sich häufenden Interventionen. Die oben erwähnte Liste wurde nicht veröffentlicht. Redakteurssprecher Wendl rechtfertigt dies so: FW: „Ich muss eines dazu sagen, eines der besten Rezepte, die wir als Personalvertretung gehabt habe war, wenn sich gewisse Interventionen und Begehrlichkeiten, mal kumuliert haben, und da gibt es viele, viele Akten, das man das veröffentlicht. Das hat dazu geführt, dass das auf längere Zeit einmal abgestellt war. Also, aber auch das lebt davon, dass Betroffene kommen, und das sagen, damit man damit operieren kann. Weil der Hauptgrund, warum wir nie sie zu Gänze veröffentlicht haben war, dass wir gesagt haben, wie repräsentative das ist wissen wir nicht. In Wirklichkeit haben wir eine Hitparade der Deppen, weil ein Politiker, der das intelligent macht, setzt sich vermutlich, mit irgendjemand, mit dem er eine Gesprächsbasis hat zusammen und wenn der das dann weiterträgt, dass können wir dann nicht einmal mehr überprüfen.“ (vgl. Interview mit Fritz Wendl 20090607). Die bloße Nennung der Liste beziehungsweise das an die Öffentlichkeit gehen, brachte aber einen gewissen Erfolg gegenüber Intervenienten. Auch wenn es zu jenem Thema stets verschiedene Auffassungen zu gab und alle immer nur „berechtigte Kritik“ anbringen wollten.

Relativierend sind zum Teil auch die Reaktion von Generalintendant Gerhard Weis. Seiner Ansicht nach gehörten Begehrlichkeiten der Politik, wie sie Westenthaler betrieb zum Tagesgeschäft des ORF und seiner Journalisten (vgl. Schmid „Weis für differenzierte Umgang mit dem Begriff Intervention“ Wiener Zeitung 20001012, 15ebd.). Weis plädierte für einen differenzierten Umgang mit dem Begriff" Intervention": Es sei ein Menschenrecht, sich zu beschweren und seinem Ärger Luft zu machen.

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Jeden, der den ORF auf einen Fehler aufmerksam mache, gleich als Intervenient abzustempeln, sei unfair (vgl. ebd.). Anders sehe es mit versuchten Einflussnahmen auf die Redaktion aus. Diesen nachzugeben wäre natürlich ein Problem - sei aber noch nie geschehen (vgl. ebd.) Diese von Journalisten zum Teil als „mangelnde Unterstützung“ wahrgenommene Vorgehensweise von Seite des Generalintendanten, schien schlichtweg dessen Art geschuldet, Probleme intern zu regeln und nicht medial breitzutreten zu wollen. Weis hatte sein halbes Leben für den ORF gearbeitet und schien dabei eine Menge an politischen Begehrlichkeiten erlebt zu haben – so schnell wie seine Mitarbeiter brachte ihn nichts aus der Ruhe. Dies lässt sich auch an den Ereignissen um Begehrlichkeiten von Kurator Andreas Khol zeigen – ich möchte später noch darauf zu sprechen kommen. Hier divergieren nämlich die von Weis getätigten Aussagen und jene, in der Presse kolportierten Meldungen. Denen zu Folge habe Weis Andreas Kohl gewisser Maßen in Schutz genommen, als dieser eine 2 Seiten langes Fax mit detaillierten Vorwürfen bezüglich Berichterstattung an die ORF- Redaktion sandte. Was die Redaktion als unberechtigte Einmischung klassifizierte, tat Weis vorerst als berechtigte Kritik ab. Später behauptete er, er habe das Fax selbst angefordert. FPÖ-Kurator Westenthaler tobte indes, ob der Veröffentlichung jenes Dokuments. Er vermutete die „dubiose Figur“ Hannes Leopoldseder – seines Zeichens Informationsintendant, hinter der Veröffentlichung (vgl. Stuiber, „ORF: Auf Hinweis Änderung“ Format 20001016, 44) Bezüglich dem Einfluss der Politik sollte auch der Generalintendant seine Meinung noch ändern – wenn er dies auch nicht öffentlich im Stil Westenthalers publik machte.

Johannes Fischers erinnerte sich hörbar genervt an jene Zeit. Seine Aussage geht eher mit erster Vermutung d´accord (wenig Unterstützung durch Weis): F: „...und unterm Gerhard Weis hab ich mit dem Herrn Westenthaler jeden Tag zu tun gehabt. Und habe im jeden Tag sagen müssen, bitte hau dich über die Häuser“... (Interview mit Johannes Fischer 20090626) Indes wandte sich Westenthaler weiter gegen den ORF. Mit dem neuen Gesetz werde man den ORF- Journalisten „die Parteilichkeit schon austreiben – linke und linksextreme Redakteure werde man künftig zu verhindern wissen“ (fid/APA „Antreten beim ORF-General“ Der Standard 20001012, 23). Klubchef und Kuratoriumskollege Andreas Khol eilte ihm zu Hilfe: „Westenthaler sei erst kürzlich Klubchef. Den Instinkt anzugreifen, wenn man „scharf angegangen“ wird müsse man als Klubchef abbauen – ihm selbst gelinge das auch nicht immer“, so Khol (k.A. “Ich reg mich nicht mehr auf” profil 20001016, 38).

Wie recht Klubchef Khol mit dieser Aussage doch hatte. Nach einer Pressekonferenz gemeinsam mit Peter Westenthaler wurde er – scheinbar dachten beide Politiker, die Aufnahmetechnik wäre bereits ausgeschalten – mit folgender Aussage auf Band verewigt: „Jetzt wird's Zeit, mit dem ORF einmal Tacheles zu reden“, meinte Khol. Darauf Westenthaler: „Der Weis kann sich seine 600 Millionen Gebührenrefundierung in die Haare schmieren.“ (vgl. Stuiber „ORF: Auf Hinweis Änderung“ Format 20001016, 44)

Möglicherweise hatte Kohl bei der im Profil getätigten Aussage schon eine Vorahnung, von dem was kommen würde? Die Aussage bezüglich Gebührenrefundierung schien den Generalintendant schwer irritiert zu haben – dies erwähnte er auch im Interview, dass ich mit ihm für diese Arbeit führte. Weis,

74 Stefan Langmann 0104885 dem der Ruf eines geschickten Taktikers vorauseilte, war auch als ein Generalintendant bekannt, der mit „allen Partein könne“. Die Art aber, wie die schwarz/blaue Koalition mit ihm und „seinem ORF“ umging schien Weis auch persönlich überrascht und tief betroffen zu haben.

Die Pläne für das ORF-Gesetz 2001 waren zu diesem Zeitpunkt schon deutlich fortgeschritten und Teile des Gesetzes zur Begutachtung übergegangen. „Krampuspaket“ nannte SPÖ Klubchef Cap das Paket mit kritischer Anspielung. Die SPÖ sprach sich vor allem gegen die einfache Wahl und Abwahl des Generalintendanten aus. Ein Punkt, der zu Koalitionszeiten mit der ÖVP selbst mehrfach gefordert worden war – auch das ist Medienpolitik! Die Resolution der Informations-Redakteure schien unter dessen Wirkung zu zeigen. „Es sei danach deutlich ruhiger geworden – und die Verweigerung der Diskussion (die FPÖ war in einer ZiB3 präsent) habe sich entspannt“, vermeldete Daniella Spera (vgl. Fidler, „Küniglberg: Ruhe vor der Sondersitzung“ Der Standard 20001016, 13). Dies mag nicht allein der Resolution zu verdanken gewesen sein, sondern auch dem Wirken des Generaldirektors an gegenüberliegender Stelle – Interventionen müssen sich ja nicht zwangsläufig nur auf den ORF beziehen, sondern können auch einmal bei Politikern eingebracht werden.

4.4.8. Viele Vorschläge, aber Stilstand bei der Schaffung des ORFG-2001 Im Herbst des Jahres 2000 gab es keine entscheidenden Fortschritte um das ORF Gesetz. Konflikte um die Weitergabe von ORF-internen Daten aus dem Redaktionssystem an Partein dominierte die Diskussion. Das neue Gesetz hingegen sollte im Frühjahr gemeinsam mit einem Privatfernsehgesetz fertig gestellt werden. Vorschläge zur Privatisierung von ORF1 und die Abschaffung der im Jahr 1999 beschlossenen Gebührenrefundierung sorgten für Verstimmung zwischen Küniglberg und der Regierung. Intendant Weis meldete sich mehrmals kritisch zu Wort und befürchtete sowohl den Verlust von bis zu 600 Millionen Schilling jährlich, als auch Einschränkungen auf dem Werbemarkt. Dies wurde vor allem durch künftiges Eingreifen der neu zu schaffenden Kommunikationsbehörde KommAustria befürchtet (vgl. k.A. „Adieu Albanien, grüß Gott Kakanien“ profil 20001106, 54). Generalintendant Weis kam zusehendes unter Druck. Immer wieder geäußerte Privatisierungsvorschläge schienen ihm nicht zu behagen. Sowohl Westenthaler als auch Jörg Haider galten als Vertreter jenes Vorhabens. Aus dem Ausland meldeten sich weitere „besorgte Österreicher“ zum Thema. Der stellvertretende RTL Chef und früherer „Krone“ Geschäftsführer Hans Mahr meinte, die Privatisierung von ORF1 würde dem Sender helfen. Mediale Unterstützung erhielt er von seinen früheren Chef und „Krone“ Herausgeber Hans Dichand (vgl. Zöchling, "Die Hard" profil 20001204, 44). Dichand war ebenso an der Teilnahme an einer privaten Senderschiene des ORF interessiert. Styria Verlagsdirektor Horst Pirker meinte gar, der ORF wäre Gerhard Weis entglitten, dieser wäre nicht mehr „Herr über den Sender“ (vgl. ebd.). Wolfgang Fellner – seines Zeichens Zeitungsherausgeber unterstützte Zerschlagungsbestrebungen ebenso, wie der ehemalige ORF Journalist und nunmehrige n- tv Geschäftsführer Helmut Brandstätter. „Da der ORF wie eine Privater agiere würde eine Aufteilung keine Rolle spielen – vielmehr würde es für „Die Luft zum Atmen“ in der österreichischen Medienlandschaft sorgen“, so Brandstätter (vgl. Fidler, „Alles Walzer“ werben&verkaufen 20001215, 134). „Ohne ORF 1 kann die öffentlich-rechtliche Anstalt schwerlich die Hauptnachrichtensendung "Zeit im Bild 1" um 19.30 Uhr auf zwei Kanäle durchschalten. Diese Sendung ist, das mit Abstand

75 Stefan Langmann 0104885 stärkste Instrument, um politische Inhalte an die Untertanen zwischen Donau und Drau durchzugeben.“ Darauf hat auch ORF General Weis bei seinen Kontakten zur ORF-Reform mehr als dezent hingewiesen. Er versichert: "Das Argument hab' ich mehrfach gebraucht; ob es gehört wurde, weiß ich nicht (vgl. Fidler, „Alles Walzer“ werben&verkaufen 20001215, 134). Wider erwarten schien irgendjemand Weis zugehört zu haben. ÖVP-Medienstaatssekretär Franz Morak meldete sich knapp vor Jahresende zu Wort und erklärte die Privatisierungsgelüste so mancher Experten als „vom Tisch“. „Mit dem neuen Gesetz für Privatradios wolle man deren Bestand sichern, die geplante Medienbehörde solle der rasanten weltweiten Entwicklung auf dem Mediensektor Rechnung tragen und einen politikfernen Zugang schaffen. Der öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF dürfe aber nicht außer Acht gelassen werden“, so Moraks Stellungnahme (vgl. k.A. „Privatisierung vom Tisch“ Neue Vorarlberger Tageszeitung 20001210, 4).

Was blieb – die sich zu Wort meldenden Personen stellten im Grund das „Who is Who“ der österreichischen Medienprominenz dar- waren Gerüchte über etwaige Nachfolger Weis´. Vielen der oben genannten wurde Interesse und Kompetenz zur Führung des ORF nachgesagt. Gerhard Weis selbst rechnete damit, vor Ende der Amtszeit gestürzt zu werden (vgl Zöchling "Die Hard" profil 20001204, 44).

Das Medienjahr 2000 ging – nach teilweise heftigen Turbolenzen zu Ende. Bezüglich ORF verordnete sich die Regierung eine „Nachdenkpause“. A la longue blieb die Lage jedoch gespannt. Besonders die FPÖ ging weiter – zum Teil medienwirksam gegen den ORF vor. Im Vergleich zum Printsektor kam der ORF und seine Mitarbeiter allerdings noch „glimpflich“ davon. Dort wurde mit einer Flut von Klagen versucht, missliebige Kommentare hintan zu halten (vgl. Schmid „Das war das Medienjahr 2000“ Wiener Zeitung 20001227, 15).

4.4.9. Von Paukenschlägen, 4 Weisen und 4 neuen Gesetzen– das Jahr 2001 Die Nachdenkpause, die ob der Zerwürfnisse zwischen Regierung und Generalintendant, sowie den intervenierenden Politikern und den Redakteuren des ORF zu Stande gekommen war, hielt nicht lange. Zu Jahresbeginn gab es erste Vermutungen über die Form des in diesem Jahr zum Beschluss freigegebenen ORFG-2001. Zur Unterstützung bei der Formulierung des öffentlichen Auftrages war von der Regierung ein Weisenrat eingesetzt worden. Dieser bestand aus Heinrich Keller, Gerd Bacher, Fritz Csoklich und Alfred Payrleitner. Jene Konkretisierung des öffentlich-rechtlicher Auftrags wurde auch auf Forderung der EU hin notwendig – dies wurde bereits in einem vorhergehenden Abschnitt behandelt. Bereits im März sprach Peter Westenthaler von einem Paukenschlag. „Das Gesetz werden eine Reform, die das Land noch nicht gesehen habe“, so Westenthaler (vgl. Dutzler „Sie wünschen, wir spielen“ Format 20010312, 22). Völlig unrecht sollte Westenthaler damit nicht haben. Weg von der Quotenorientierung eines Gerhard Zeiler, würde der ORF sich nun bald wieder auf seine „rot-weis-rote-Kernkompetenz“ besinnen, so der Mann der FPÖ. Der Weg dorthin war wie folgt ausgesteckt. Der Generalintendant sollte künftig mehr Macht erhalten – das Kuratorium konnte ihn bereits mit einfacher Mehrheit ernennen. Der Generalintendant würde über eine Weisungsrecht verfügen. Die Einschränkungen die Kreisky im Zwist gegen seinen Rivalen Gerd Bacher eingeführt hatte, würden weitgehend aufgehoben. Die Umformung in eine AG erhielt

76 Stefan Langmann 0104885 eine Abfuhr, ebenso die Hörer- und Sehervertretung. In Zukunft würde eine Gremium mit der schlichten Bezeichnung „Publikumsrat“ deren Tätigkeiten übernehmen (vgl. Dutzler, „Sie wünschen, wir spielen“ Format 20010312, 22). ÖVP Staatssekretär und Chefverhandler Morak sprach bei er Präsentation von der Wichtigkeit eines „starken und selbstbewussten ORF“. Sein Gegenüber von der anderen Fraktion – FPÖ Clubchef Westenthaler - nannte keinen geringern Anspruch als die „völlig Entpolitisierung“ als Ziel der Bemühungen (vlg. ebd.). Wer der erste Spieler der weiterhin größten „Medienorgel“ der Landes sein sollte blieb vorerst offen. Die Gerüchteküche brodelte zu Beginn des Jahres äußerst heftig. Selbst der gegen Ende des Vorjahres noch missmutige „Noch-Intendant“ Gerhard Weis schien wieder im Rennen. Zumindest aus Sicht der FPÖ. Westenthaler selbst war es, der Weis in diesem Zusammenhang aufs Tapet brachte: „Er hat sicher einen Startvorteil“, formulierte es der FPÖ-Mann knapp. Die Vermutung liegt nahe, dass Weis aufgrund seiner Kooperation – er galt stets als gewiefter Taktiker, der um seine Anstalt auf Kurs halten zu können - das eine oder andere Begehren der Politik in Bezug auf Personalwünsche erfüllt hatte (vgl. Dutzler, „Sie wünschen, wir spielen“ Format 20010312, 22). Zur Jahresmitte sprach sich auch ORF-Mann Johannes Fischer für den Verbleib von Weis aus (vgl. Weissenberger/Weisensteiner „Weis soll bleiben“ Falter 20010711, 14). Nach der Intendantenspekulation ging es im neuen Gesetz auch um Werbung. Ein kontroverses Thema. Ziel der Regierung sollte es sein, den ORF bezüglich seiner Stellung auf dem Werbemarkt zu bremsen oder zurückzunehmen. Die Anstalt sollte künftig fähig sein, mit weniger Werbezeiten ihr Auslangen zu finden. Eine Forderung die der VÖZ lange vorgebracht hatte. Ein zurückschrauben der ORF-Werbezeiten sollte künftig anderen, privaten Anbietern Raum geben. Indes arbeiteten die 4 Weisen an der Formulierung des öffentlichen Auftrags, ohne welche der ORF künftig den Anspruch auf Gebühren verlieren würde. Obgleich die Weisen immer wieder Forderungen stellten und Kritik übten – „eine Verluderung des ORF-Programms“, sah Heinrich Keller, „selbstmörderisch nannte Gerd Bacher die Programmstrategien von Zeiler und Weis (vgl. k.A. „Verludert und verhabert“ Der Standard 20010601, 38) – schien auch ihnen der „Große Wurf“ nicht zu glücken. Oder aber man wollte gar keine großen Würfe machen?!

Schließlich fanden sich wieder schwammige Formulierungen im Gesetzestext. Es müsse im Hauptabendprogramm „in der Regel“ anspruchsvolles Programm „zur Wahl“ stehen, hieß es da. Aber wie Harald Fidler einräumt: „In der Regel bedeute nicht immer und zur Wahl stehen heißt dass auf dem anderen Programm ruhig „weniger hochwertiges“ laufen darf“ (vgl. Fidler 2004, 227ff.).

Nach weiterem zum Teil kontrovers geführten Diskussionen zwischen Regierung und Opposition sowie verschiedenen Proponenten der österreichischen Medienlandschaft wurden ORF- und Privatfernsehgesetzt am 1.Juli 2001, durch Regierungsmehrheit beschlossen. – das aus für „Medien- Albanien“.

Im selben Jahr endete auch die Laufbahn von Generalintendant Gerhard Weis. Seine Amtszeit hätte laut Gesetz bis Ende 2002 gedauert, durch die Schaffung des ORFG-2001 konnte er aber vom Stiftungsrat abgewählt werden. Neben dem Schwerpunkt TV wurde im Jahr 2001 auch das

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Privatradiogesetz beschlossen – zum zweiten mal in kurzer Zeit. Bereits Im Jahr 2000 wurde ein Gesetz zur Regelungen der Privatradios etabliert. Der Verfassungsgerichtshof ortete damals aber einen Fehler bei der Konstruktion der Privatrundfunkbehörde und erklärte diese als verfassungswidrig (Stichwort: „speed kills“). Damit die bereits angemeldeten Radiobetreiber nicht plötzlich, über Nacht ihre Lizenzen wieder verloren, musste eine Übergangslösung gefunden werden. Die Lizenzen wurde um ein halbes Jahr verlängert, bis das neue Privatradiogesetzt wieder für Rechtssicherheit sorgte (vgl. Steinmaurer 2002, 42ff.).

Ebenfalls im Jahr 2001 wurde die gesetzliche Grundlage für eine Regulierungsbehörde KommAustria geschaffen. Zuvor bestand die Regulierungsbehörde aus einer Kommission zu 17 Mitgliedern, die das Rundfunkgesetz überwachte – ihr Sitz war im Bundeskanzleramt. Weiters wurden 3 Mitglieder des Kuratoriums des ORF mit der Aufgabe betraut, die Geschäftsgebarungen des ORF zu prüfen. Das Kuratorium selbst und der Posten des Generalintendanten vervollständigten jene 4 Organe, denen lange Zeit die Leitungs- und Kontrollfunktionen für den ORF zukamen (vgl. Steinmaurer 2002, 34).

4.4.10. Rundfunkregulierung in Österreich – Entwicklung der KommAustria Die oben beschriebene Lage änderte sich mit der Schaffung der KommAustria und dem dafür beschlossenen Gesetz. In der KommAustria wurden bestehenden Behörden wie die Telekom Kontrollkommission und neue wie die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH – RTR zusammengefasst. Bereits vor Schaffung der Behörde gab es Befürchtungen seitens der ORF Leitung, die neue Behörde würde in die Regelung der Seit 1999 beim ORF befindlichen GIS (Gebühren Info Service) eingreifen – der ORF so seine Gebührenhoheit verlieren. Generalintendant Weis lies diese Befürchtung bereits im September 2000 nach einer Anspielung des Medienstaatssekretärs Morak in einem Profil-Interview anklingen (vgl. Knecht „Kampfzone ORF/Interview – Das ist sehr alarmierend“ profil 20000529, 40). Doch soweit sollte es nicht kommen. Die Medienbehörde erhielt andere Aufgaben, als dem ORF in Gebührenangelegenheiten dreinzureden. Die Schaffung selbst ist der Politik überlassen. So wehrt sich die SPÖ gegen eine „Metternichbehörde“. Mediensprecher der SPÖ, Josef Cap vermutete, dass mit Hilfe jener Behörde wiederum nur dem ORF „am Zeug geflickt werden soll“ – also erneut Einfluss der Regierungspartein am ORF (vgl. Fidler 2004, 299). Der ehemalige kaufmännische Direktor und Vertraute des Kanzlers Schüssel, Peter Radel wäre als Leiter der Behörde vorgesehen gewesen – daher konnte die schwarz/blaue Koalition nicht mit der Unterstützung der SPÖ im Parlament rechnen (vgl. ebd.) Es gelang somit nicht, eine weisungsfreie Behörde zu schaffen, weil auf parlamentarischer Ebene keine verfassungsgebende Zweidrittelmehrheit geschaffen werden konnte. Wie Steinmaurer festhält, wurde der Behörde in Hinblick auf ihre Möglichkeiten der Überwachung und Sanktionierung von Wettbewerbsfragen Einschränkungen auferlegt (vgl. Steinmaurer 2002, 62). Das für die KommAustria zuständige Bundesministerium BKA/BMVIT verfügte – in dem für diese Arbeit relevanten Zeitraum – ein Weisungsrecht für die Regulierungsbehörde. Steinmaurer räumt allerdings auch ein, dass jenes Weisungsrecht bis 2002 nicht in Anspruch genommen wurde. Dies könnte aber auch darauf hin deuten, dass – dem Wunsch des Gesetzgebers, nach einer finanzielle und vom politischen Tagesgeschehen unabhängige Behörde geschuldet - das BKA/BMVIT sein Weisungsrecht nur äußerst behutsam einsetzte (vgl. Steinmaurer 2002, 62). Als beratendes Element für die KommAustria fungiert

78 Stefan Langmann 0104885 der sogenannte „Rundfunkbeirat“. Als Berufungsinstanz gegen Entscheide der KommAustria kann der Bundeskommunikationssenat angerufen werden – dieser hat gleichzeitig Rechtsaufsicht über den ORF (vgl. Kaltenbrunner 2006, 124). Der Bundeskommunikationssenat ist in diesem Behördenreigen die einzig „genuin unabhängige Behörde“ die sich in erster Instanz damit auseinandersetzt, wenn der ORF den öffentlich-rechtlichen Auftrag verletzt (vgl. Fidler 2004, 299ff.). Der BKS ist eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag, gemäß Art. 133 Z4 B-VG. Er besteht aus 3 Richtern (auf Vorschlag der Präsidenten des Obersten Gerichtshofs und des OLG-Wien). Hinzu kommen zwei juristischer Experten, die von der Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Ernennung vorgeschlagen werden (Vgl. Traimer, 2010,172).

4.5. Österreichische Medienpolitik nach der Wende – Interpretationen 4.5.1. Belebung der Marktsituation? Die eben beschriebenen Bereiche geben einen – wenn auch nur schlaglichtartigen - Überblick zur Lage der österreichischen Medienpolitik, mit dem Schwerpunkt öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Es zeigt sich deutlich, dass die medienpolitische Entwicklung, durch die Koalition von FPÖ/ÖVP Beschleunigung erfuhr – es konnte ein Reihe von längst fälligen Reformen gestartet werden. Die Ermöglichung von Privatrundfunk war, allen Unkenrufen zum Trotz wichtig. Ein Land wie Österreich, mitten in Europa gelegen, kann und darf sich medialer Entwicklung nicht einfach entziehen. Das hier allerdings keine Medienrevolution losbricht schien absehbar. Viele Faktoren – ich habe einige bereits im Abschnitt Medienpolitik in Kleinstaaten erwähnt – beeinflussen die österreichische Medienlandschaft. Konkurrenz erwuchs dem ORF bestenfalls auf dem Werbemarkt. Hier von Besserungen zu sprechen wäre vermessen. Das hing nur bedingt mit dem Einbruch des Werbemarktes in jener Zeit zusammen. Dazu gibt’s aber jetzt zwei Entwicklungen, die auch bemerkenswert sind. Entwicklung Nummer eins: in der schwarz/blauen Regierung wurden ja die Werbemöglichkeiten des ORF mit dem damals beschlossenem Reformgesetz dramatisch reduziert. Und der Slogan hat geheißen: „Die Privaten brauchen Luft zum Atmen!“, der wird Ihnen immer wieder unterkommen. Wos is passiert? 300 Millionen Euro – muss ma sich auf der Zunge zergehen lossen – 300 Millionen Euro, fließen seither in die Kassen der in Österreich tätigen deutschen Privatsender, die für Österreich aber überhaupt nix leisten. (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

Die Betreiber von Privatfernsehen selbst – erlangten erst nach Jahren Relevanz – und auch hier handelt es sich eher um die Erfüllung populärkultureller Wünsche (Übertragung bestimmter Sportereignisse) oder die Programmierung von Unterhaltungsformaten von zum Teil zweifelhafter Qualität. Bereits vor der Etablierung des Gesetzes mutmaßte Armin Thurnher über dessen Umsetzung. „Ihm sei, seit der Einführung von Privatradios keine journalistische Tat bekannt, welche das Spektrum der österreichische Öffentlichkeit bereichert hätte.“ (vgl. Thurnher, „Auf dem Bauernmarkt“ Falter 20010606, 5) In der Tat vermochten und vermögen es die Privatanbieter bis heute (2013) nicht, Relevanz in gesellschaftlich wichtigen Bereichen wie Politik oder Nachrichtenvermittlung zu erreichen. Dieser Tendenz könnte sich vermutlich verbessern – sein einiger Zeit bieten auch die Privatfernsehmacher

79 Stefan Langmann 0104885 politische Diskussionen und Informationssendungen an.19 Thurnher räumt auf Grund der Geographie, den kommerziell orientierten Privatanbietern bestenfalls die Möglichkeit ein, Österreich als „Wurmfortsatz des deutschen Marktes“ zu betrachten (vgl. ebd.). In der Tat schalten deutsche Anbieter – die sich auch hierzulande großer Beliebtheit erfreuen - bereits Österreich-Werbefenster in ihren Programmen. Die umgekehrte Möglichkeit, österreichisches Programm, oder den ORF mittels Satellitentechnik auch den anderen deutschsprachigen Ländern zugänglich zu machen scheiterte an Entwicklungen, die bereits in den in den 1990´er Jahren stattgefunden hatten. GW: ... „diese Situation war schon in den 90´er Jahren gegeben und hat dann dazu geführt, dass die ORF Programme, die bis dahin im deutschen Kabelnetz verbreitet wurden, plötzlich nicht mehr verbreitet werden durften. Weil sich eben die deutschen Privaten aufgeregt haben und gesagt haben, wir zahlen die volle Länge und die Österreicher spielen das vor uns, unser Publikum sieht des und schaut dann nimmer bei uns zu. Und uns entgehen Werbeeinnahmen. Entweder die Österreicher hören mit dieser Praxis auf, oder aber wir tragen dafür Sorge, dass sie diese Filme nicht mehr bekommen. Das wäre ja ganz leicht zu machen gewesen, weil der ORF ja bei den großen Filmhändlern einen Bruchteil an Rechten bezahlt hat, was die Deutschen bezahlt haben. Das sind die sogenannten Rossi Punkte um die es da gegangen ist. Wenn Sie wollen eine erpresserischer Situation, aber ich habs gar ned so empfunden. Sondern ich hab schon empfunden, dass das recht und billig ist, was die wollen. So haben wir darauf verzichtet, dass die österreichischen Programme weiter über Kabel verteilt werden. Seither werden die österreichischen Programme nur im terrestrischen Empfang, bis etwas südlich von München empfangen. Als Ausweg hat man dann das ORF International g´mocht. Aber in dem san wieder nur österreichische Eigenproduktionen drin und wieder nicht die Blockbuster, die den Deutschen Konkurrenz machen. (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

Was blieb war also „Österreich International“ und die Beteiligung des ORF an 3sat. Weiteres Engagement in Bezug auf Internationalisierung oder „Europäisierung“ wurden unter schwarz/blau nicht angedacht. Die Ideen lagen eher bei Österreichkanal und deutschsprachiges Liedgut in Ö3 – wie ich bereits in einem vorhergegangenen Abschnitt festhielt. Wenig verwunderlich bei einer Regierung, die unmittelbar nach Amtsantritt das Gros der europäischen Staatengemeinschaft gegen sich vereint sah.

4.5.2. Interpretationen eines Gesetzes – ORFG-2001 Abgesehen von der Möglichkeit für den Betrieb privater Medien entstand 2001 auch eine neues ORF- Gesetz – Dieses wurde im Abschnitt zur historischen Entwicklung elektronischer Medien bereits schematisch dargestellt. Wie kann der Gesetzestext nun aber interpretiert werden, beziehungsweise wie wird er in der Realität umgesetzt? Ich möchte dies anhand einiger ausgewählter Punkte darstellen.

4.5.2.1.Stiftung und Stiftungsrat Besonders wirkmächtig erscheint die neue Geschäftsform. Der ORF wird mit dem ORFG-2001 eine Stiftung „sui generis“ – eine Stiftung des öffentlichen- Rechts. Der ORF gehört somit „sich selbst“. Nicht einer Partei, nicht dem Staat, sondern sich selbst. Im Prinzip ein sehr starkes Zeichen in Richtung Politikferne und Unabhängigkeit. Den ORF als Stiftung aufzustellen, gilt auch unter Experten als kluge Entscheidung. Allerdings tritt hier eine entscheidende Komponente auf. Während in ähnlich gearteten Gremien die Stiftungsräte oder Vorstände in Aktiengesellschaften im weitesten Sinn die Interessen des Unternehmens vertreten,

19 Besonders im Zuge politischer Ereignisse wie landes- oder bundesweiter Wahlen kommt es zu forcierte Berichterstattung. Die Einschaltquoten/Relevanz jener Sendungen wurden aber auf Grund der Tatsache, dass sie nicht im für diese Arbeit relevanten Zeitraum liegen, nicht analysiert. 80 Stefan Langmann 0104885 scheint dies am Beispiel des ORF nie in vollem Umfang funktioniert zu haben. Daran konnten auch Namensänderungen bezüglich Ämtern und Gremien nichts ändern. Wenn dies auch dem innigen Wunsch nach Veränderung geschuldet sein mag. Redakteursvertreter Wendl fand dazu treffende Worte: FW: „Das brauchen Sie nur mit ganz normalen Großbetrieben vergleichen. Das wäre unvorstellbar, dass ein Aufsichtsrat, einer großen AG, über die Produkte des Unternehmens bei dem er Aufsichtsrat ist, schlecht redet. Da bekommt er eine Klage wegen dem Aktiengesetz und so weiter, die sich gewaschen hat. ORF Stiftungsräte haben nicht das geringste Problem, ununterbrochen zu erzählen, was ihnen alles nicht passt. Bis zu den Fragen, das ihnen völlig fremd ist, dass das wegen dem Aktiengesetz so organisiert ist, und es eigentlich so etwas wie Vertraulichkeiten gibt, was die Sitzungen des Aufsichtsrates betrifft. Bitte, sie hatten aber das haben sie jetzt ohnehin aufgegeben, war dann zu sagen, Medienjournalisten dürfen nicht vor der Tür stehen. Aber da gibt’s ja die große Diskussion, da werden wir ja noch sehen wie sich das ändern wird, in einer neuen Zusammensetzung, das dann vielleicht die Länder sagen, wir wollen auch wen drin haben.“ (Interview mit Fritz Wend 20090706)

Im ORF Stiftungsrat hat ein Vorgehen „gegen“ die Interessen des ORF keine Konsequenzen. Scheinbar überwiegen Parteiinteressen gegenüber jenen des Unternehmens. Und das obwohl dem Gesetz eine eigene Politikerklausel hinzugefügt wurde, die sicher stellen soll, dass keine Personen aus Bundes- oder Landespolitik im Stiftungsrat mitentscheiden (vgl. ORFG-2001 §20a Z3ff.) Auch der ehemalige Kurator Peter Westenthaler stimmt rückblickend dem Vorwurf der Politisierung des Stiftungsrates zu: W: „... Ich sags so wies ist. Es war ein Schritt, ein Schritt in die richtige Richtung, dass wir gesagt haben: keine aktiven Politiker im Stiftungsrat. Das war richtig und wichtig und ist bis heute unbestritten ein wichtiger Schritt. Aber es war selbstverständlich zu wenig. Bis heute ist diese Gremium ein politisches und wird von politischen Satelliten besetzt. Die aber, ehrlicher Weise – wenn’s drauf ankommt aber auch einmal nicht politisch im Mainstream abstimmten – das hat man ja bei Lindner gesehn. Da hätte ja Wrabetz ja gar nicht passieren dürfen.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522). Kritischer bewertet Andreas Kohl die Schaffung des damaligen ORF-Gesetzes: K: „Der ORF ist eine „REFORM“ die VÖLLIG daneben gegangen ist. Also wenn ich das rückblickend beurteile, muss ich sagen, dass alle Absichten die ich zum Beispiel hatte nicht verwirklicht worden sind. Mir ist die BBC als Vorbild vor Augen geschwebt...davon ist nur übrig geblieben, das es eine Stiftung ist. Das der ORF eine Stiftung ist. Alles andere, die Entpolitisierung ist nicht geglückt. Und zwar hat weder die FPÖ noch irgend eine andere Partei – ich schließe meine eigene Partei nicht aus – eine echte Stiftungskonstruktion wirklich vertreten, sondern man hat ganz einfach...eben zwischengelagerte Personen sozusagen eben in die Gremien geschickt, aber im Hintergrund haben immer die Partein...noch das Sagen gehabt.“ (Interview mit Andreas Kohl 20130529).

Die BBC nannte auch Fritz Wendl als Vorbild, er wird später noch zu Wort kommen. Der Ansatz bestand also durchaus auch unter engagierten Politikerin in Österreich. Die Umsetzung dagegen gestaltet sich , wie auch Westenthaler einräumte anders. Die Stiftungsräte treffen sich in sogenannten „Freundeskreisen“, Gruppierungen, die wiederum entlang von Parteien ausgerichtet sind und bereiten sich dort auf die anstehenden Beschlussfassungen vor (vgl. Wolf „ORF-Reform: Lasst das Los entscheiden“ „Der Standard“ 20130504, 35). Parteiferne ist somit nur auf dem Papier gegeben. Selbst Gerhard Weis meinte über das Abstimmungsverhalten des Stiftungsrates: ...die große Mehrheit der künftigen Stiftungsräte wird nach wie vor von Parteipolitikern bestellt. Ich nehme nicht an, dass sie Personen nominieren, die ihnen fern stehen. Sie werden fragen gehen müssen, bevor sie etwas entscheiden. Wen werden die Parteien schon entsenden? Den Hausmeister aus ihrem Wohnhaus wohl nicht, sondern jemanden, der ihre Interessen einbringt. (vgl. Lackner/Zöchling “Ungeheure Brutalität” profil 20010625, 24). 12 Jahre nach der Schaffung des ORF Gesetzes konkretisiert Weise seine Ansichten im Gespräch:

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GW: „Also das ist ja das Wesen der letzten Rundfunkreform gewesen. Do hots g´hassn´ und des, daran kiefle ich bis heute, der ORF ist entparteipolitisiert und gestärkt. Des haben die Herren Molterer, Schüssel, Khol getrommelt bis zum Überdruss. Und des ist natürlich nicht wahr, und es war auch NIE so beabsichtigt. Es wor immer des Gegenteil wohr. Und die Entparteipolitisierung, um jetzt einmal bei der zu bleiben, hat in der Form stattgefunden, dass man halt Parteifunktionäre aus dem Kuratorium herausgenommen hat, und den Stiftungsrat besetzt hat mit welcher Wirkung? In den Stiftungsrat sind dann gekommen die V-Leute, Vertrauensleute der Politiker und damit ist die Sache nur no schlimmer worden. Weil die Politiker, dir durt gsessn san, worn schon auch selbst verantwortlich für ihr Tun und Lassen und sie hatten auch selbst eine Entscheidungsbefugnis. Die V- Leute haben das nicht.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Nicht unwesentlich scheint mir in diesem Zusammenhang auch, die Ausweitung des Einflusses jenes Gremiums zu sein. Der Stiftungsrat ist, was die Wahl des Generaldirektors betrifft nicht mehr auf eine 2/3 Mehrheit angewiesen. Die Kandidaten können von jenem Gremium bereits mit einfacher Mehrheit ernannt werden. Für die Abberufung ist weiterhin eine 2/3 Mehrheit des Stiftungsrates nötig. Einfache Mehrheiten erfordern weniger Konsens und Verhandlungen zu einer Entscheidung, als dies bei 2/3 Mehrheiten der Fall ist. Die Beschleunigung der Entscheidungsfindung, weniger Leerlauf und rasche Übergänge von einem Generaldirektor zum nächsten, könnten aber als positive Aspekte hervorgehoben werden – in der Tat gab es oftmals mehrmonatige Verhandlungen um Postenbesetzungen und Personalentscheidungen (vgl. Fidler/Merkle 1999 123ff.). Unterm Strich sollte aber dennoch die Qualität der Kandidaten im Vordergrund stehen. Wenn wir nun aber die Vorgeschichte des ORF berücksichtigten und ihn als Ort politischen Einflusses anerkennen, so können „Erleichterungen“ bei Entscheidungsfindungsprozessen auch als Möglichkeit interpretiert werden, politischen Willen einfacher umzusetzen. Regierungsnahe Stiftungsräte finden sich allein auf Grund der Besetzungsverhältnisse rasch in der „Mehrheit“. Einfachere Entscheidung benötigt weniger Zugeständnisse an Mitentscheidende – somit lassen sich Lösungen auch im Konfliktfall eher entscheiden – Parteipolitik wird so fortgeschrieben. Die Dauer der Amtszeit, sowohl von Generaldirektor, als auch der Mitglieder des Stiftungsrates wurde mit dem ORF Gesetz von 2001 verlängert. Das gibt einerseits die Möglichkeit, langfristigere Projekte zu betreuen und sich eingehender mit verschiedenen Aspekten der jeweiligen Aufgabe auseinander zu setzen. Andererseits können verlängerte Amtszeiten ebenso als Fortschreibung des Einflusses einer Regierung, oder einer Einflussgruppe gedeutet werden. Sprichwörtlich: „Länger im Amt bedeutet auch länger an den Hebeln der Macht“. Dieser Sichtweise folgend entspricht das neue ORF Gesetzt von 2001 deutlicher einem konfliktorientierten Politikstil. Kaltenbrunner zieht ähnliche Schlüsse. Das ORF Gesetz von 2001 berücksichtigt formal und inhaltlich die (jeweilige) Regierung (vgl. Kaltenbrunner 2006, 123). Wer immer sich auf dem politischen Parkett Österreichs künftig durchsetzen kann – durch die von der schwarz/blauen Koalition geschaffenen Gesetzmäßigkeiten, findet jede Regierung eine System vor, dass sie verhältnismäßig einfach „umfärben“ kann. Ob unter dem „gleiche Chancen für alle“ Prinzip auch auf medienpolitischer Ebene ein Regelwerk im Sinne von Entpolitisierung verstanden werden kann, darf bezweifelt werden.

Das der Stiftungsrat dennoch nicht immer entlang von Partein entscheidet zeigte die Wahl des aktuellen Direktors Alexander Wrabetz. Er wurde gegen eine schwarz/blaue/orange „Übermacht“, als SPÖ-naher Kandidat vom Stiftungsrat ernannt. Fritz Wendl interpretiert den „Vorfall“ so:

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FW.:„...die unterschiedlichsten Mehrheiten, die sie sich da im Kuratorium also jetzt Stiftungsrat gebastelt haben. Ganz erstaunlich wie oft dann ganz anderer Geschäftsführer gewählt wurden. Als aufgrund des Bastelns der Mehrheit zu erwarten war. Allein das, sollte eigentlich den Politikern klar machen, das diese Konstruktion eine ist, die ihnen nicht einmal nützt. Nach allen Konstruktionen von schwarz/blau hätte sich das nie ausgehen können. Ich meine, dass es ganz besondere politische Mondfenster waren, die diese Mehrheit möglich gemacht haben ist klar...“ (vgl. Interview mit Fritz Wendl 20090706). Peter Westenthaler, der sich im Gespräch auch selbst für das zu Stande kommen der „Regenbogenkoalition“ im Stiftungsrat verantwortlich fühlt: W „...na ja selbstverständlich und damals wars halt so und ist heute noch so, weil Sie am Anfang gesagt haben, wir haben die meisten Kuratoren gehabt. Es war schon so, die Regierung bestellt ja neun Kuratoren, heute Stiftungsräte und die natürlich verpflichtet sind, jenem der sie bestellt – logisch, aber die am Ende nicht immer alle einheitlich abgestimmt haben. Und die alle keine Parteileute gewesen sind. Also wir haben da Leute hineingesendet, vom Universitätsprofessoren bis zum...ja was weiß ich, wenn ich überleg, wer da aller drin war, Anwälte/Rechtsanwälte Richter Universitätsprofessoren, das waren keine Parteisoldaten die da gesessen sind. Das war dann nicht einfach, damals bei der Übergangsphase von Lindner zu Wrabetz die zu motivieren, den Wrabetz zu wählen. Da gabs einige die das nicht wollten, geb ich auch zu offen...“ (vgl. Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Bemerkenswert an der Aussage Westenthalers ist die erste Passage. Während er anfangs einräumt die Stiftungsräte wären „natürlich“ ihren Bestellern verpflichtet, scheinen sie, wenn einmal auf Kurs, nur schwer wieder umzustimmen zu sein – wie die Passage bei der Wahl von Alexander Wrabetz verdeutlicht.

Obgleich dieser „Anflüge von Objektivität“ bleibt die Zusammensetzung des Stiftungsrates mangelhaft. ORF-Journalist Armin Wolf plädiert in einem kürzlich erschienenen Zeitungsartikel für ein „Citizen Assembly“, also eine Bürgerversammlung die durch das Los erkoren, gemeinsam an einem vorgegebenen Auftrag feilt und diesen – wie der Stiftungsrat überwachen (vgl. Wolf „ORF- Reform: Lasst das Los entscheiden“ „Der Standard“ 20130504, 35). Fritz Wendl hatte seine berechtigten Zweifel und bezog diese auch auf die Kleinräumigkeit des Landes, welche in Kombination mit Medienkompetenz rasch an „seine Grenzen“ stoßen könnte. Vielmehr nahm er bei der möglichen Zusammensetzung des Stiftungsrates lieber Anleihe in Großbritannien: FW: „Na es wäre naiv zu glauben, sie finden nur wirkliche unabhängige Leute aus Wirtschaft und Medien, die keine politischen Zugehörigkeiten haben, und keine wirtschaftlichen Interessen, da bleibt ihnen kein Kompetenter so ohne weiteres über. Aber unser Ansatz war immer der, zu sagen, es muss so sein, das die Leute, die ich in einem solchen Aufsichtsgremium habe, so was wie persönliche Reputation zu verlieren haben. Sich keinen Fraktionsbeschlüssen unterwerfen, die nicht abstimmen für alle Freundeskreismitglieder, das heißt wirklich so, die bräuchten nicht einmal dabeisitzen, der Rest. Das kann natürlich nicht ernsthaft sein bei einem Unternehmen mit Milliardenumsatz im Jahr. Da nehmen Sie das immer wieder zitierte Beispiel der BBC. Dort gibt’s ein Board of Governors, da sitzen, die werden auch über die Regierung ernannt, ein paar alte Lordrichter und so weiter. Die haben auch ihre politische Haltungen, aber den können sie nicht einfach sagen, ich trage dir auf, du machst das und das. Und der macht das dann.“ (vgl. Interview mit Fritz Wendl 2009000706). Ing. Peter Westenthaler sieht ebenfalls Reformbedarf. Bei seinen Ausführungen finden sich, wie eben bei Wendl Ansätze aus der Privatwirtschaft: W: „...trotzdem geb ich zu, in Wahrheit muss der Stiftungsrat völlig reformiert werden. Weg so wie er jetzt ist! Es muss ein völlig unpolitisch, unabhängiger Aufsichtsrat geschaffen werden – und auch ein kleiner kompakter wie in jedem Wirtschaftsunternehmen. Der selbst mit dem Unternehmen gar nichts zu tun hat, als dass er die Bücher

83 Stefan Langmann 0104885 und die Wirtschaft des Unternehmens prüft. Da müssen Fachexperten drinnen sein, Wirtschaftstreuhänder, alles was es in dem Land gibt, an Kapazitäten, an Aufgeboten in einer Größe von 8-10 Leute maximal. Und die sollten alle weitestgehend unabhängig sein.“ S: „Ist das in einem kleinen Land wie Österreich...überhaupt möglich, diese Köpfe zu finden?“ W: „ ich weiß dass das in einem Land wie Österreich sehr schwer ist. Auch die Kriterien zu finden...mag nicht immer gelingen, aber ich glaube, dass des noch immer besser ist, als das Politgeschiebe alle 5 Jahre zwischen den gerade regierenden Partein...die sich auspackeln wer da drinnen ist...das ist ja überhaupt sinnlos.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522)

Auch Andreas Khol von der ÖVP stieß ins selbe Horn. Er sieht wie Wendl die Lösung in der Schaffung einer Stiftung nach dem Vorbild der BBC – allein die Möglichkeit dies auch umzusetzen schien sich nie ergeben zu haben: K: „ Es war keine Entpolitisierung...es war keine Entpolitisierung...“ S: „Weil ja die Stiftungsräte weiterhin..“ K: „hab ich ja gesagt. Ich hab das so konzipiert gehabt als Stiftung mit angesehene Persönlichkeiten des öffentlichen Leben. Für mich ist vorgeschwebt, das ÖIAG-Modell. Wo man Aufsichtsräte einmal nominiert und die haben ein Selbsterneuerungsrecht. Und da kommen dann, kommen da angesehene, kompetente Persönlichkeiten und die steuern den ORF. Das ist nicht gelungen.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Die hehren Ziele der österreichischen Politik, die hier immer wieder die BBC als Vorzeigemodell für gelungene Rundfunkreformen „missbraucht“, scheitert im Grunde immer wieder am österreichischen Verständnis von Demokratie. Im Vergleich zu den alten, lange gewachsenen Strukturen der Demokratie des Vereinigten Königreichs, befindet sich das demokratische System Österreichs bestenfalls in „pubertären Gefilden“. Im Hinblick auf die englischen Verhältnisse konstatierte Gerhard Weis: GW: „Wobei man ja sagen muss, die Frage, wer kontrolliert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist so alt, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk selbst. Die Frage ist in England gut beantwortet worden, weil es dort eine Tradition gibt, die halt eine Zurückhaltung der Parteipolitiker in all diesen Belangen vorsieht. Also ein britischer Gentleman tut das nicht, dass er eingreift ins operative Geschäft. Eingreift, mit politischen Argumenten um politische Interessen durchzusetzen. Und daher funktionierts dort. Bis auf den Tag. Und die wenigen Male, wo auch dort Schwierigkeiten entstanden sind, wurden ja in der Weise gelöst, dass man halt dann die Leut zum Rückzug gedrängt hat. Was sie auch gemacht haben – das hats bei uns nie geben.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

4.5.2.2. Generaldirektor Die Rolle des Generaldirektors, vormals Generalintendant änderte sich bis auf die Verlängerung der Amtszeit nicht wesentlich. Dennoch kann auch hier zwischen den Kandidaten differenziert werden - deren Einstellung und Auftreten gegenüber Konkurrenten oder neuen Betätigungsfeldern des ORF variieren. Ebenso bezüglich deren Verständnis zur Ausrichtung des öffentlich-rechtlichen Auftretens des ORF. Während Gerd Bacher stets versuchte die Unabhängigkeit des ORF zu erhalten und sich bezüglich Einschränkungen seiner Befugnisse mit dem damaligen Kanzler Kreisky zerwarf, prägte Gerhard Zeiler die Kommerzialisierung des ORF. Scheinbar sein Weg, um über Quoten an möglichst viel Kapital aus Werbung zu gelangen und so den Standplatz des ORF abzusichern. Weis´ Widerstand gegen Privatrundfunk im Land und die partielle Weiterführung des Kurses seines Vorgängers, zeugen ebenso vom Wunsch den ORF als unabhängige Anstalt zu führen. Weis äußerste massive Bedenken gegen die Beschlüsse der schwarz/blauen Regierung, die Gebührenrefundierung zu streichen und dem ORF Werbebeschränkungen aufzuerlegen. Wie das Amt des Generaldirektors ausgeübt wird, obliegt je nach Widerstand durch Partein - und in letzter Konsequenz des Stiftungsrates – dem Direktor selbst.

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Dass dieses Amt dennoch zum Spielball der Machtverhältnisse tauglich ist, stellt folgender Ausschnitt eines Interviews der Frankfurter Rundschau mit Generalintendant Gerhard Weis dar: F.R.: Der ORF soll keinen Generalintendanten, sondern künftig einen Generaldirektor haben. Welche Struktur steckt hinter der neuen Bezeichnung? Weis: Lassen Sie mich von einer kleinen Begegnung berichten: Mir hielt vor kurzem ein Journalist vor, ich sei gegenüber der Regierung zu widerborstig und hätte deshalb keine Chance, weiterhin an der Spitze des ORF zu stehen. Meine Antwort war: Von Bundeskanzler Schüssel wird es ja nicht abhängen, es werden die Stiftungsräte sein und die sind ja, wie man im Gesetz lesen kann, unabhängig. Darauf lachte der Kollege und sagte: "Seins doch net so naiv, bevor es zur entscheidenden Sitzung kommt, wird es ein Abendessen beim Herrn Bundeskanzler geben." Das sind die Befürchtungen, die man als gelernter Österreicher durchaus haben darf. Unabhängigkeit ist so eine Sache.“ (vgl. k.A. "Das Irrationale hat bei uns Tradition" Frankfurter Rundschau 20010521, 13)

Derartige Aussagen einer leitenden Person, des öffentlich-rechtlichen ORF bedürfen in diesem Zusammenhang wohl keiner weiteren Kommentierung. Den Generalintendanten/Generaldirektor jedoch zu einem bloßen Spielball der Politik zu degradieren ginge zu weit. Besonders unter inhaltlichen Aspekten vermag diese Position einiges zu bewirken und freies journalistisches Arbeiten zu erleichtern oder zu erschweren. So kann ein Generalintendant/Generaldirektor als Bollwerk gegen Begehrlichkeiten von außen schützen. F: „Also, wenn der Generaldirektor nicht das Image der Unabhängigkeit hat oder Unabhängigkeit zulässt kann der Direktor auch relativ wenig tun. Das haben wir bei der Lindner gesehen. Umgekehrt, wenn der Informationsdirektor so stark ist wie der Elmar Oberhauser, dann ist das auch noch mal ein Korrektiv. Damit haben wir zwei Betonwälle jetzt eingezogen, ich bin Hauptabteilungsleiter und ich habe glaub ich keinen einzigen Interventionsanruf gehabt.“ (Interview mit Johannes Fischer vom 20090626) Diese Form des Schutzes ist vor allem für „unbekannte“ Journalisten im Hintergrund wichtig. Ein News-Anchorman wie Armin Wolf genießt allein durch seine Bekanntheit verhältnismäßig guten Schutz. Andere Redaktionsmitarbeiter können umbesetzt oder gar ihres Jobs verlustig werden, ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz nimmt. Funktioniert das von Fischer beschriebene System nicht, haben es Politiker einfacher die Journalisten unter Druck zu setzen. Der durch seine zahlreichen Interventionsanrufe im ORF zu zweifelhafter Berühmtheit gelangte ehemalige FPÖ Politiker Peter Westenthaler, war ein Paradebeispiel für das Nichtfunktionieren dieses Systems. Besonders während der Regierungszeit der schwarz/blauen Koalition. In diesem Zusammenhang kommt erneut Johannes Fischer zu Wort: F: „Unter der Lindner und unterm Gerhard Weis hab ich mit dem Herrn Westenthaler jeden Tag zu tun gehabt. Und habe im jeden Tag sagen müssen, bitte hau dich über die Häuser. Jetzt kommt das gar nicht mehr her. Also, es kommt nicht zu mir und von mir würde es sowieso nirgendwo hinkommen. Wenn es bei mir ankäme ist da die Betonplatte. Aber im Moment haben wir die Betonplatte oben.20 Was ja der Politik auch ein gewisser Dorn im Auge ist“ (Interview mit Johannes Fischer vom 20090626) Das diese Schutzfunktion auch vom Intendant Gerhard Weis so wahrgenommen wurde spricht im Grunde für ihn. Weis wurde mehrmals vorgeworfen er stünde nicht ausreichend hinter seinem Personal. In einem Interview mit dem „profil“ stellt er dies differenziert dar. Die Frage nach der „Brutalität“ des schwarz/blauen Medienpolitik beantwortet er wie folgt: „profil: Worin besteht die Brutalität?

20 Anmerkung: Fischer meinte den amtierenden Generaldirektor Alexander Wrabetz. 85 Stefan Langmann 0104885

Weis: In den permanenten Drohgebärden, wobei ich die persönlichen Angriffe gegen mich gelassen hinnehme. Aber dass man journalistischen Mitarbeitern damit droht, ihre Verträge an die Öffentlichkeit zu bringen, das halte ich für ein starkes Stück. Ich bedaure, dass ich meine Leute nicht besser schützen kann. Man könnte gerichtlich vorgehen, wenn sich nicht alles in einem Graubereich abspielen würde.“ (vgl. Lackner/Zöchling “Ungeheure Brutalität” profil 20010625, 24).

4.6. Exkurs: ORF Generalintendanten/Generaldirektoren Der hier eingeschobene Exkurs soll als kurzer Überblick, zu den „leitenden Köpfen“ im ORF dienen. Darunter fanden sich immer wieder Personen, die aufgrund ihrer Eigenarten oder ihrer Charismas spuren in der Medienlandschaft Österreichs hinterließen. Für den in jener Arbeit beobachteten Zeitraum, von der politischen Wende 1999/2000 bis zur Schaffung des ORF Gesetzes 2001 und der vorzeitigen Abwahl Gerhard Weis wäre im Grunde nur Weis selbst relevant. Da ihm jedoch stets die Weiterführung des „Zeiler Kurses“ vorgeworden wurde, finden auch Gerhard Zeiler und die Weis Nachfolgerin Monika Lindner (erste Frau an der Spitze des ORF) Eingang in jenen Abschnitt. Was wäre ein Blick in die Geschichte der ORF Generalintendanten ohne „den Tiger“ zu erwähnen – gleichsam „außer Konkurrenz“ starte ich die Abhandlung mit Gerd Bacher.

4.6.1. Gerd Bacher Der wahrscheinlich bekannteste ORF Generalintendant aller Zeiten war Gerd Bacher. Er war von 1967-1975 sowie von 1978-1986 und schließlich von 1990-1994, drei mal an oberster Stelle im ORF (vgl. k.A. „Der „Tiger“ Gerd Bacher wird 80“. http://wien.orf.at/stories/71022/ 20051118 ) Nach dem Wahlprinzip der Generalintendanten jedoch insgesamt 5 mal, da dieser laut ORF-Gesetz alle vier Jahre vom Kuratorium/Stiftungsrat wiedergewählt wurde. Erst ab dem ORF-Gesetz 2001, sollte das Amt des Generaldirektors auf 5 Jahre gewählt werden (vgl. BGBl 2001/32). Das den Generalintendant bestimmende Kuratorium/später Stiftungsrat, sollte zuerst 3 und ab dem Jahr 2001, für 4 Jahre zusammentreten, also immer ein Jahr weniger als der Leiter selbst (vgl. BGBl. 1974/397). Der „Tiger“, wie Bacher stets bezeichnet wurde, stellt so etwas wie den „Überintendant“ des ORF dar. Zum Teil auf Grund seiner mehrmaligen Wahl zum Generalintendant des ORF, zu Teil sicher auch wegen seines bestimmten Auftretens für die Anliegen des Senders. Ebenso wegen der durchaus markigen Sprüche die er Gegnern entgegenbrachte. Von Gerd Bacher stammt die Aussage, er würde in seiner Position auf der „größten Medienorgel“ Österreichs spielen. Bacher gilt heute als hochangesehen und meldet sich bei Schwierigkeiten und Angriffen der Politik auf den ORF oder bei aktuellen Diskussionen zum finanziellen Weiterbestehen des Senders immer wieder - durchaus kritisch Wort (vgl. 4.6.6 in dieser Arbeit sowie: Fidler 2005, 81ff.). Bachers Ansehen beruhte großteils auch darauf, dass er nach dem Rundfunkvolksbegehren von 1964 und den damit verbundenen Umstrukturierungen, der erste Generalintendant nach dem damals eingeführten Intendanturprinzip wurde. Weiters setzte er sich bereits damals für eine unabhängige Berichterstattung ein. Auch wenn ihm das nicht vollends gelingen sollte, vermochte er doch, die Effektivität und Reichweite des ORF deutlich zu erweitern. Er zerwarf sich mit „Medienkanzler“ Kreisky als dieser in den 70´er Jahren den Einfluss des Generalintendanten durch die Stärkung der Gremien im ORF zu bremsen versuchte. Zuletzt hatte Bacher als Mitglied im „Weisenrat“ an einer neuen Ausformulierung des ORF-Auftrags mitgearbeitet – der Vorschlag fiel jedoch den Änderungswünschen der schwarz/blauen Koalition zum Opfer. Bacher gilt aufgrund der von ihm

86 Stefan Langmann 0104885 vertretenen Positionen auch als der „Gottseibeiuns“ der Privatisierungs- und Werbezeitbefürworter im ORF. Bacher zu Werbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen: „Ich halte Werbung für das banalste aller Medien. Sie ist der Hauptgrund für die Trivialisierung. Heute ist sie so dominant, dass viele Sender nur noch für die Zwischenräume zwischen der produzieren und das dann „Programm“ nennen. (vgl. Fidler 2005, 83).

Werbung sei die „Selbstmordphilosophie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, so Bacher. Wenn die Gelder aus den Gebühren auch zur Gänze beim ORF ankämen, so wäre Werbung nicht nötig. Gerhard Weis relativierte die Aussagen Bachers GW: „Ja, aber das waren verbale Erklärungen von ihm, die aber nie so ernst gemeint waren. Denen nie die Taten gefolgt sind, damit hat er halt den „Gescheiten beruhigen wollen. Er hat sich ja auch als elitärer Mensch gesehn...des wors. Geschehn is nie wos...in der Hinsicht. Immer hatten wir eine Mischung aus massentauglich und elitär.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Einer jener späteren Generalintendanten die unter Gerd Bacher beim ORF „dienten“ war Gerhard Zeiler. Bacher, als Verteidiger des öffentlich-rechtlichen Auftrags sah Zeiler ambivalent. Zumal auch, weil er für ihn seinen Platz geräumte hatte. „Ich habe mich in Zeiler getäuscht, aber er hat mich nicht getäuscht. Das ist ein erstklassiger Mann, aber ich wusste nicht, wie sehr er kommerzielles Fernsehen im Auge hatte“, sollte Bacher später über seien Nachfolger sagen (vgl. Fidler 2005, 84).

4.6.2. Gerhard Zeiler Nach Gerd Bachers letzter Periode als Generalintendant übernahm Gerhard Zeiler dessen Amt. Zeiler gilt aufgrund seiner Vorgeschichte als Geschäftsführer der deutschen Kabelfernsehkanäle „tele5“ und „RTL“ als der Generalintendanten schlechthin, der die Kommerzialisierung des ORF vorantrieb. In diesem Zusammenhang wurde er immer wieder Ziel heftiger Kritik. Zeiler, der im Laufe seiner beruflichen Karriere - wie viele andere ORF Entscheidungsträger auch - in der Politik tätig war, fungierte sowohl als Pressesprecher von Fred Sinowatz, als auch vom späteren Bundeskanzler Franz Vranitzky (vgl. k.A. Gerhard Zeiler http://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Zeiler). Diese häufig anzutreffende Praxis der Besetzungspolitik des ORF, ergibt mitunter eine schiefe Optik. Zeiler galt stets als „Mann der SPÖ“. Eine derartige Positionierung in der Öffentlichkeit reicht völlig, um mit Reformvorhaben zu scheitern – auch wenn diese der Linie des Koalitionspartners entsprechen. So verwehrte die ÖVP Zeiler die Unterstützung als er sich dafür stark machte, einen ORF-Kanal zu privatisieren – ein Vorhaben das die ÖVP in den späten 1990´er Jahren mehrfach vehement gefordert hatte (vgl. Fidler/Merkle 1999, 148 und ÖVP 1997). Zeilers Hauptaugenmerk schien die Positionierung des ORF als möglichst gewinnbringendes Unternehmen zu sein – „politische Begehrlichkeiten an ihn selbst oder den ORF würden ihn nerven“, gab er einst zu verstehen (vgl. Fidler/Merkle 1999, 113). Nichtsdestotrotz, abstellen oder verhindern konnte auch er sie nicht.

Der „SPÖ-nahe“ Zeile konnte, nach Amtsantritt auch noch auf die Unterstützung des ÖVP- Freundeskreises zählen (vgl. Stanzl/Silber, „Der Kampf um den Küniglberg“ profil 19980202, 40). Dies ist nicht selten, da innerhalb des ORF Kuratoriums/Stiftungsrates, die politischen Parteien, welche diese Freundeskreise bilden, immer wieder auch für Gegenkandidaten stimmen, wenn sie darin interessenspolitische Vorteile erkennen.

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4.6.2.1.Erfolg mit Quote Hier dürften Gerhard Zeilers spätere Probleme ihren Ausgang gefunden haben. Der in Bezug auf Quotensteigerung, durch seine Jobs bei „tele5“ und „RTL“ hochmotivierte Zeiler, versuchte die Bilanz des ORF auf ähnliche Art zu verbessern. Zeiler schaffte für den Zeitraum vom 6. März 1995 bis 5. März 1996 48,6 % Tagesmarktanteil für den ORF und lieferte so das beste Ergebnis seit 1991 (vgl. k.A. 15. März 1996 ORF-General Zeiler präsentiert Bilanz http://mediaresearch.orf.at/chronik.htm Abschnitt 1996). Noch vor Gerhard Zeilers Antritt lag diese Quote in der Nähe der 44-%-Marke (vgl. Fidler/Merkle 1999, 130). Sein Ziel den ORF unternehmenstechnisch zu formen und Gewinnmaximierung zu betreiben wurde nicht von allen Parteien goutiert. Speziell die Art und Weise dies zu erreichen, war stets umstritten. So setzte er bei der Sportschiene des ORF in erster Linie auf die Forcierung der Fußballübertragungen. Die Platzierung von US-Produktionen im österreichischen Fernsehen betreffend, konnte er mit 5.009 Stunden im Jahr, Bachers Stundenzahl nahezu verdoppeln. Dieser hatte es lediglich auf 2.584 Stunden gebracht (vgl. Fidler/Merkle 1999, 132). Was den Anteil an gesendeten Hollywoodproduktionen betrifft, schaffte er es sogar, den Privatkonkurrenten RTL zu überhohlen (vgl. ebd.). Gerd Bacher, der seinerzeit den Weg für Gerhard Zeiler freimachte zeigte sich später enttäuscht über dessen Vorgehen. Er habe nicht gewusst wie sehr jener „erstklassige Mann“ die Kommerzionalisierung des Senders im Auge hatte. Keiner habe, so Bacher die öffentlich-rechtliche Abrüstung mehr betrieben als Zeiler.“ (vgl. Fidler 2005, 84ff.) „Abrüstung“ meint hier zumeist die in der Unterhaltungsschiene des ORF eingeführten Programme. Zwar ist es auch eine der Aufgaben des ORF, zu unterhalten, diese Unterhaltung sollte aber, wie in den ORF-Gesetze festhalten, von hoher Qualität sein. Die Minderung jener Qualität wurde Zeiler oftmals vorgeworfen. Dass er dabei andere Vorstellungen zu vertreten schien – die seiner Tätigkeit bei RTL geschuldet waren, ließ sich klar an seinem Handeln feststellen. Unter seiner Leitung hielt das erste Talk-Format „Vera“ Einzug in den ORF. Was zuerst vom bürgerlichen Freundeskreis, also von ÖVP mit dem Abschaffen bedroht worden war, sollte später sogar genützt werden (vgl. ebd. 135). Neben Wilhelm Molterer war auch Kanzler Wolfgang Schüssel in der Talk-Sendung zu Gast. Dort durfte er sich als Sportsmann, Familienvater und Bergsteiger präsentieren, während der damalige Koalitionspartner, die FPÖ, in jenen Machtkämpfe verstrickt war, die zwei Wochen später zur Spaltung der Partei führten (vgl. Wolf 2006, 51ff.). Ein Paradebeispiel österreichischer Medienpolitik beziehungsweise ein Beispiel angewandtem Politainments.

Wie sehr sich ein öffentlich-rechtlicher Sender, bei solchen Entwicklungen beteiligen muss, lässt sich diskutieren. Schließlich gäbe und gibt es auch andere Formen der Unterhaltung, die dem Auftrag „eher“ entsprechen – letzen Endes aber bleibt alles eine Frage der Auslegung – oder eine Form der österreichischen Kompromissfindung.

4.6.2.2.Politik in Zeilers ORF Im Vergleich mit den Ereignissen um die zuvor erwähnte Privatisierung des ORF, mutete die Aktion der ÖVP zur Evaluierung ihrer Benachteiligung – ebenfalls unter Intendanz Zeiler geradezu komödiantisch an. In der ÖVP Zentrale wurde eine Abteilung eingerichtet, welche Ungleichmäßigkeiten des „Rotfunks“ aufzeigen sollte. Dort sollen Listen geführt worden sein, welche festhielten, wie viele Sekunden Sendezeit Kanzler Klima in einem ORF-Medium in Anspruch nahm,

88 Stefan Langmann 0104885 und wie Vizekanzler Schüssel dagegen benachteiligt wurde (vgl. Stanzl/Silber „Der Kampf um den Küniglberg“. profil 19980202, 40). Das auch unter Zeiler immer wieder interveniert wurde, zeigt jenes Beispiel, vom „doppelten Spatenstich (siehe auch: 4.3.8.2 in dieser Arbeit) Obgleich diese Praxis sehr zu hinterfragen ist, und vermutlich keiner Prüfung standhalten würde, haben solche Ereignisse im österreichischen Kontext weit weniger Gewicht, als zu vermuten wäre. Wahlen werden nicht mit der Eröffnung von Golfhotels gewonnen. Vielmehr zeigt es den Einfluss der Politik auf die Landesstudios des ORF. Das die hier geplante Privatisierung mit 50:50 Eigentümerschaft von Bund und Land für weniger politischer Einflussnahem gesorgt hätte, darf getrost bezweifelt werden. Die Versuche der Privatisierung dürften ein Grund dafür gewesen sein, dass Zeiler die Gunst der ÖVP im Kuratorium verlor – aus parteipolitischen Gründen. (vgl. Fidler/Merkle 1999, 113). Obgleich zahlreicher politischer Angriffe wurde gegen Ende der Amtszeit, Gerhard Zeilers erneute Kandidatur als Generalintendant kolportiert (vgl. Stanzl /Silber „Der Kampf um den Küniglberg“. profil 19980202, 40). Doch Zeiler schien im politischen Hickhack die Nerven verloren zu haben. Bereits 1998 wechselt er erneut, diesmal in die Geschäftsführung von „RTL Television“.

4.6.3. Gerhard Weis Auf Gerhard Zeiler folgte dessen ehemaliger Hörfunkintendant Gerhard Weis. Der 1938 geborene Weis schaffte es in seiner Karriere bis an die Spitze des ORF - und war als Generalintendant des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wohl einer der mächtigsten Manager des Landes. Weis begann bei der "Wiener Zeitung" und wechselte nach einigen Zwischenstationen 1967 zum ORF, wo er als Innenpolitik-Redakteur begann. Der Ex-ORF-Chef, bekennendes CV-Mitglied und Vater von vier Kindern, übernahm 1993 die Intendanz des Landesstudios Wien und wurde ein Jahr später Hörfunkintendant (vgl Votzi/Wöber „ORF politisch eingefärbt“ News 20040722, 60). Als Generalintendant profitierte er mit Sicherheit von seinen beiden Vorgängern, da einerseits Bacher stets um ein gewisses „Freispielen“ von politischen Einflüssen bemüht war. Andererseits übernahm Weis von Gerhard Zeiler einen marktwirtschaftlichen, auf Konkurrenz mit den Privatanbietern getrimmten ORF. Schon vor der Wahl, die von politischen Ränkespielen begleitet wurde, gab es Gerüchte. So äußerte sich die ehemalige ORF-Mitarbeiterin und später in die ÖVP-Politik gewechselte Ursula Stenzel in den Salzburger Nachrichten:

Der ORF wäre von Journalisten durchsetzt die, ihre persönlichen Meinungen, in die Berichterstattung einfließen lassen würden, was zu ihrer Zeit, so Stenzel, unmöglich gewesen wäre. Weiters versicherte die EU- Parlamentarierin, die ÖVP würde für den Kandidaten Peter Radel stimmen, hätte aber auch mit Gerhard Weis einen weiteren ÖVP-nahen Mann am Start. ÖVP und FPÖ würden nur den öffentlich-rechtlichen Charakter des ORF wieder herstellen wollen, und planen gewissermaßen ein Wende am Küniglberg (vgl. k.A. „Stenzel bestätigt Schwarz-Blaue Koalition im ORF“ OÖN 19980523).

Diese Aussage zeigt eindrucksvoll, wie die österreichische Politik den ORF sieht. Es zeugt schon von gewissem Selbstvertrauen, wenn in der Politik das Gefühl besteht, einen laut Gesetzestext unabhängigen Sender in die persönliche Obhut nehmen zu müssen, um dort für objektive Berichterstattung zu sorgen. Den entscheidenden Vorteil seiner Wahl sah Weis in seiner anfänglichen Chancenlosigkeit. Radel war der zu erwartenden Kandidat. Mit Weis rechnete niemand, ein zweifelhafter „Vorteil“ wie sich später zeigen sollte.

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S: „der (Radel) wurde ja als Schüssel Intimus bezeichnet, oder als von Schüssel bevorzugte Person kolportiert.“ GW: „Richtig, richtig. Aber zur allgemeinen Verblüffung hab dann bei der Abstimmung ich die Mehrheit gehabt, das war auch dank einiger Dissidenten, ÖVP Dissidenten, die nicht dass gemacht haben, was der Schüssel wollte, nämlich den Radel wählen, sondern die mich gewählt haben. Und auf einmal war ich Generalintendant. Weil das so überraschend kam, und niemand damit gerechnet hat, musste ich aber vorher auch keine Wahlkapitulationen eingehen. Die hot noch jeder mochen müassn. Jeder der General werden wollte, hat vorher in Intimgesprächen mit den Fraktionsführern der politischen Partein zu reden gehabt, die gesagt haben was sie wollen und wos sie ned wollen und wer was werden muss, und wer weg g´hört. Des war aber bei mir ned, weil kanner glaubt hot, dass ich do überhaupt je zum Zug kommen werden. Auf einmal war ich Generalintendant und hatte keine Wahlkapitulationen gemacht. In der weiteren Folge habe ich dann ein Team präsentiert, dass ich wirklich mir als Wunschteam ausgesucht habe, do stehts es da das Wunschteam –(Anmerkung: deutet auf eine Gustav Peichl Karikatur in seinem Büro „Weis und sein Wunschteam“). Ich hatte sechs Landesintendanten neu zu bestellen und kein Landeshauptmann hat jenen Landesintendanten bekommen, den er sich gewünscht hat, aber jeder hat einen gekriegt, der ihm zumutbar war.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Weis konnte zwar sein Wunschteam einsetzen, brachte sich dadurch aber gleichzeitig das Missfallen der Politik ein. Dies sollte sich unter schwarz/blau nicht „optimal“ für ihn auswirken. Ganz gleich wie Gerhard Weis Ausrichtungen des Senders, auch im Zusammenhang mit der Debatte um den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF, später bewertet werden sollte, verbessern konnte er die Situation vorerst nicht. Schon ein Jahr nach seinem Antritt begann der Marktanteil des ORF wieder zu bröckeln (vgl. Fidler/Merkle 1999, 160). Dass das mitunter dem Kampfkurs des Vorgängers geschuldet war, zeigt sich auch bei einem Blick in die Statistik. Seit 1998 ging es, von einigen Ausreißern abgesehen, kontinuierlich nach unten (vgl. AGTT/GfK Teletest TV-Tagereichweite 1991- 2012-Erwachsene ab 12 Jahren http://mediaresearch.orf.at/c_fernsehen/console/console.htm?y=1&z=1). Dennoch schien Weis Dinge welche sein Vorgänger mittels Quotenrennen zu lösen im Stande war, eher auf dem politischem Weg zu lösen. Die Digitalisierungswelle setzte er in Gang. Wie Fidler und Merkle feststellten, wurde er dabei von SPÖ und ÖVP unterstützt, auch wenn beide noch mehr Zeit veranschlagten, um die gestellten Forderungen des Intendanten in die Tat umzusetzen (vgl. Fidler/Merkle 1999, 160ff.). Mit der Einführung und Umsetzung des Privatfernsehgesetzes sollte dieser Intendant nichts mehr zu tun haben. Dennoch fielen einige besondere Aspekte in seine Laufzeit. So fand die erste Reality-TV- Show, namens „Taxi Orange“ im Jahr 2000 im ORF statt. Das Format löste von Anfang an heftige Reaktionen aus - wieder in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag . Im Jahr 2001 wurde die Fernsehshow noch einmal wiederholt. Danach wegen mangelndem Zuschauerinteresse „ad acta“ gelegt (vgl. k.A. „Geschichte des Fernsehens in Österreich“ - Von Gerhard Weis zu Monika Lindner“ http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Fernsehens_in_%C3%96sterreich).

Peter Plaikner warf ihm in der Tiroler Tageszeitung vor, sich ökonomische Narrenfreiheit, durch die Herstellung politischen Wohlwollens zu sichern, was auf die bloße Erhaltung des Status quo hinausliefe. (vgl. Plaikner, „Die staatstragende Spaßmaschine“ Tiroler Tageszeitung" 20001202). In der Tat betätigt sich Weis wie zuvor auch Zeiler geschäftstüchtig. Die Ausführung des öffentlich- rechtlichen Auftrags ließ er sich im Jahr 1999 umgerechnet 7,25 Milliarden Schilling kosten. Wie weit er diesen definierte, blieb sein Geheimnis (vgl. Fidler/Merkle 1999, 165).

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4.6.3.1.Weis und die Euroteam Affäre Ein weiteres Geheimnis werden auch jene acht Sekunden Sendezeit bleiben, welche im Zuge der Affäre Euroteam aus einem, für die ORF ZiB vorgesehenen Beitrag verschwunden waren. Dabei handelte es sich um den Auftrag, welcher seitens des damaligen Bundeskanzlers, Victor Klima, vergeben wurde. Dieser gab den Start einer Regierungsoffensive in Auftrag, welche an die 6.000 Lehrstellen schaffen sollte. Ohne den Auftrag je auszuschreiben übernahm die Firma/Gruppe Euroteam unter der Führung von Lukas Stuhlpfarrer die Aufgabe. (vgl. apa/red “Die Causa Euroteam” http://www.news.at/articles/0345/10/68751_s1/ causa-euroteam-der-skandal-1997-99 20031108). Die mit Millionen vom Bund und der EU geförderte Initiative entpuppte sich als Flop und brachte nichts. Wofür der Generalintendant natürlich nicht verantwortlich zu machen war. Vielmehr wurden aus genanntem Bericht für die ZiB jene acht Sekunden geschnitten, in denen der Name eines weiteren Involvierten bei Euroteam gefallen wäre. „Jan Klima“ - der Sohn des Kanzlers. Dieser war als Rechnungsprüfer bei Euroteam eingetragen - dort wo im Fernsehen sein Name fallen sollte, wurde nichts berichtet. Interventionen welche zur Kürzung des Beitrages geführt hätten, wurden vermutet.

Generalintendant Weis hielt es für "Geschmacksache", ob die umstrittenen acht Sekunden ausgestrahlt worden wären, obwohl es zur Erklärung der "Euroteam" Affäre beigetragen hätte -hätte man erfahren, dass der Kanzlersohn und der Kanzlersekretär zwar nur als Karteileichen dabei waren, jedoch von den Drahtziehern des Vereins als Türöffner benutzt wurden, um an die Subventionen heranzukommen (vgl. Zankel, „Sie wünschen, wir spielen" Neue Vorarlberger Tageszeitung" 28.07.19990728, 2). Jahre später wurden sämtliche, an der Affäre Beteiligte, vom Vorwurf des Betruges gegen Bund und Europäische Union freigesprochen. Die schiefe Optik blieb jedoch. Peter Westenthaler nahm die Affäre zum Ausgang, seine Art der Interventionen ins „rechte Licht zu rücken: W: „...das sind Interventionen die legal sind. Illegale Interventionen sind – die hat es auch gegeben aber nicht von mir. Die hat es gegeben. Die sind ja auch an die Oberfläche gekommen, zum Beispiel von einem Herrn Kalina, der ZiB Beiträge über den Victor Klima selber geschnitten hat, das ist halt..“ S: „Die Euroteam Geschichte.“ W: „Richtig, sie sind sehr gut informiert. Das sind halt Dinge wo ich sag, das hätte ich mir nie getraut, weil ich gewusst habe, wenn ich das gemacht hätte, hätten´s mich sofort hinausghängt. Es hat mich nie einer rausgehängt, weil ich immer recht gehabt hab mit meinen Interventionen – nie Unrecht – ich hab nur Fairness für die FPÖ verlangt. Die Roten haben beinhart manipuliert und beim Klima Redesequenzen herausgeschnitten – also haben wirklich in die Sendung hinein interveniert. Das wär mir nie eingefallen – hätte ich nie gemacht.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Vom Freispruch war damals noch keine Rede. So bleibt die Aussage Weis´, er würde in dem Fall Kürzungen vorziehen, anstatt Namen zu nennen und diese danach zu dementieren in Bezug auf kritische Berichterstattung fragwürdig (vgl. Cijan „Eine zulässige Intervention“ Kurier 24.7.19990724, 31).

4.6.3.2.Druck auf Weis unter schwarz/blau Weis appellierte im Zuge der danach folgenden Wahlkampfauseinandersetzung an die Parteien, die Unabhängigkeit der ORF-Journalisten nicht in Frage zu stellen. "Es sei kein Drama, wenn jemand

91 Stefan Langmann 0104885 beim ORF anrufe, um sich etwas zu wünschen. Dramatisch wäre es nur dann, wenn ungerechtfertigten Wünschen Folge geleistet werden würde (vgl. ebd.). Das sich Weis einige Zeit später mit einer ganzen Reihe mehr oder weniger gerechtfertigter „Wünsche“ auseinandersetzen musste, mochte er bei jener Aussage vielleicht schon vermutet haben. Die Meinung „Interventionen gehörten zum Tagesgeschäft der Journalisten und man müsse diesbezüglich genau differenzieren“, blieb Weis unbenommen. Bei späteren Interventionen erwirkte er vermutlich auch dadurch, öffentlich nicht immer den Anschein er würde voll hinter „seiner Mannschaft“ stehen. Dennoch war er sich der negativen Auswirkungen mancher Begehrlichkeiten der Politik durchaus bewusst. Nach der Nationalratswahl 1999, wurde auch der Kampf im und um den Küniglberg härter. Die Schaffung eines neuen ORF Gesetzes, sollte den Stiftungsrat deutlich stärken. Gerhard Weis meinte dazu in einem Interview mit der Zeitung Falter, dass in Österreich, auch was Gesetze betrifft, nicht „so heiß gegessen, wie gekocht“ werde (vgl. Thurnher „Eine Frage der Optik“ Falter 20011205, 25). Er sollte nicht Recht behalten. Auch nicht in Bezug auf folgende Frage, die ich zur Gänze aus dem Interview übernehme: Falter: Es wird ja die Idee diskutiert, dass man die Führung nicht so wie jetzt nach Medien, also Fernsehintendant, Hörfunkintendant et cetera strukturiert, sondern nach Inhalten und nach Bereichen. Dann gäbe es etwa einen Informationschef für alle Bereiche. Gerhard Weis: Habe ich auch schon gehört. Das ist sehr praxisfremd. Ich glaube nicht, dass das funktionieren kann. (vgl. ebd.)

Was hier, wie es Weis ausdrückt, als praxisfern bezeichne wird, sollte später zunehmend Probleme innerhalb der ORF Info-Redaktionen schaffen. Probleme die sich im weitesten Sinn im Jahr 2006 in der Initiative SOS-ORF entluden. Und die ORF Journalist Armin Wolf als „zuviel Macht in der Hand einer Person“ bezeichnete. Ich möchte die mit dem neuen Gesetz verbundenen Änderungen aus der Sicht von Johannes Fischer darstellen. Dieser meinte zu der neuen Machtkonzentration, der noch unter GI Weis ans Ruder gekommenen schwarz/blauen Regierung und deren Vorgehen: F: „Also, die größte Zäsur war da 2000. Also, die schwarz/blaue Koalition. Also, ich bin jetzt lang genug im Haus, aber das war die wirklich größte Zäsur, weil es da zum ersten Mal sehr unverblümt, unverschämt eine Regierung gegeben hat, die gesagt hat, ok, und wir nehmen den ORF jetzt in die Hand. Da hat es ja Koalitionen und was weiß ich was gegeben. Kleine Koalition und große Koalition, die haben immer gesagt, ok, wir versuchen mit dem ORF auf irgendeinen Modus vivendi zu kommen. Natürlich wollen wir da, dass wir da ein bisschen mehr vorkommen und dort ein wenig mehr, also da hat es immer Begehrlichkeiten gegeben und so, aber mit denen konnte man immer leben, und das war damals dann wirklich so, also Schüssel und Riess-Passer, war wirklich das erste Mal, dass ich das auch hier im Haus erlebt habe, dass die einfach durchgefahren sind. Also jeder der nicht schwarz und nicht blau war ist entfernt worden, zunächst einmal von seinem Posten, ob es der Stoppacher war, oder die Hopfmüller war, oder ich war oder er...alle...abgeschoben. Durch, sag ich mal, willfährigere Leute ersetzt, und geglaubt sie können den ORF jetzt quasi in Geiselhaft nehmen und sagen , ok was ihr da jetzt an Unabhängigkeit und Redakteursstatut habt ist uns völlig wurscht. Ihr macht jetzt Propaganda für uns“... (Interview mit Johannes Fischer vom 20090626)

Das Klima am Küniglberg verschlechterte sich in dieser Periode deutlich. Die Politik erhielt einerseits über den Stiftungsrat und später über ORF interne Mitarbeiter ein Plus an Einfluss. Hier mag der eine oder andere ORF Redakteur diese Situation etwas stärker betonen. Fakt ist jedoch, dass die schwarz/blaue Koalition den bisher stärksten, vor allem auffälligsten Machtanspruch an den öffentlich-rechtlichen ORF stellte. Die Ansätze der Regierung beispielsweise ORF1 zu privatisieren oder die Refundierung gebührenbefreiter Seher zu streichen, verschlechterten das Klima zwischen Weis und Kanzler Schüssel enorm. Ähnliche „Mediengelüste“ vertrat der kleine Koalitionspartner.

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Dies geschah mit dem ORF-Gesetzt 2001 schlussendlich nicht – dennoch gab es immer wieder medial verbreitete Gerüchte in jene Richtung. Weis selbst sprach sich mehrfach vehement gegen eine Privatisierung des Senders aus – auch das schien sein „politisches Überleben“ in Gefahr zu bringen, zumindest „offiziell“. Schüssel selbst schien aber auch aus gänzlich anderen Gründen keinen „optimalen Draht“ zu Weis zu finden: GW: „Und da komm jetzt auch ich ins Spiel, weil ja, es hat ja zunächst einmal gor ned so dannach ausgschaut, dass er (Schüssel) mi durt weg haum wü´. Ganz im Gegenteil – er wollte einfach von mir hören. Das auch ich der Meinung bin, das er mindestens zwei Perioden im Amt bleiben soll, und das ich dazu beitragen werd. Und ich habe genug Freunde, auch in der Spitzenpolitik, die mir das immer wieder gesagt haben. Die gesagt haben, du der hot eh kann. Geh hin zu ihm und sog ihm, dass du auch der Meinung bist er soll jetzt zwei Perioden lang regieren. Des will er hören. Und ich hab drauf g´sagt, nein das darf ich nicht, da würde ich das Gesetz brechen und es ist auch gegen meine Überzeugung. Man derf des ned, sich der Politik in dieser Weise ausliefern – als Handlanger. Jo hams gesagt, du musst es ja eh ned machen, aber sag es ihm wenigstens. Und ich hab gesagt, na das geht schon gor ned. Tatsache ist, ich war drei mal beim Schüssel eingeladen zu Gesprächen. Des wor jedes Mal sehr angenehm. Da samma g´sessn in der Hofburg, also am Ballhausplatz in seinem Arbeitszimmer, also hinter ihm dieses riesengroße Gemälde – Max Weiler und haben über alles mögliche geredet. Und nach einer Stund bin ich wieder gegangen. Und dann hat er angerufen, jenen Freund, dessen Namen ich jetzt nicht nennen will und hat gesagt, du er wor jetzt do, aber er hat ja schon wieder nichts gesagt. S: Hätte er sich erwartet, dass Sie ihm da aus freien Stücken...Rosen bringen!? GW: Ja, dass ich ihm sag, du ich bin der Meinung, du solltest jetzt mindestens zwei Perioden lang regieren und ich werde alles dazu beitragen. Und das ist dreimal so gegangen. Also das war wirklich abenteuerlich. Und mein Freund hat gsagt, du ich kann dir nicht helfen. Ich kann ned mehr machen als ihm sagen, dass du eh ka Feind von ihm bist. Hab ich gesagt das stimmt, ich bin kein Feind. Ich bin auch kein Zulieferer. Ich kann ihm jetzt nichts versprechen, was zu versprechen ich kein Recht habe. Ich kann ihn nicht andienen eine gute, ihm gefällige Berichterstattung. (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Im Gegensatz zu diesen Anforderungen scheint die immer wieder vorgebrachte Kritik an der Etablierung einer „Reality-Show“: „Taxi Orange“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen geradezu vernachlässigbar. In die Öffentlichkeit transportiert wurde die Auseinandersetzung mit Schüssel natürlich nicht. So blieb die Kritik an eben genannter „Show“ Das Format sei völlig wider dem Programmauftrag, meinten seine Gegner. Daran sollte auch ORF Kurator Andreas Kohls fragwürdige Verteidigung wenig nützen: „Der ORF will damit die 500.000 jungen Seher zurückgewinnen, die er an "Big Brother" verloren hat. Das hat mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk überhaupt nichts zu tun, ist aber eine kaufmännisch schlüssige Strategie. Man muss sich in der Praxis anschauen, wie es gemacht wird. Ich habe ohnehin nie um diese Zeit ORF 1 geschaut, weil dort aus meiner Sicht immer Schund gelaufen ist. (vgl. John/Weissenberger „Wahrheit, Tochter der Zeit“ Falter 20001011, 8)

Andreas Kohl, der Weis gegen den Schüssel Kandidaten Peter Radel unterstützt hatte, galt von Anfang an als Freund des Intendanten: K: die Ursache das zu machen...ich war derjenige der bei der Wahl des Gerhard Weis zum Generalintendanten im Parteivorstand war der Vorschlag Radel...Peter Radel und der Landeshauptmann Pühringer...aber ich war der Wortführer habe aufgezeigt als Klubobmann und habe gesagt: aber bitte der Gerhard Weis ist eine Kandidat, der seine Meriten hat. Also ich war eine Weis, ich wurde dann als Weisfan gehandelt...und ich hatte regelmäßige Gespräche mit dem Gerhard Weis. (Interview mit Andreas Khol 20130529)

Beide schienen durch mehr als deren CV-Mitgliedschaft freundschaftlich verbunden. Dennoch sollte es zwischen den beiden zum Bruch kommen.

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4.6.3.3.Jedes Schrifterl´ ein Gifterl´ Kohl, der darauf Wert legte Interventionen nur beim Generalintendant, also bei Weis selbst deponiert zu haben, sah sich nach einer Veröffentlichung eines Briefes an Weis hintergangen. Angeblich hatte Khol Verfehlungen des ORF gesammelt und diese an Weis geschickt. K: „...ich wurde dann als Weisfan gehandelt...und ich hatte regelmäßige Gespräche mit dem Gerhard Weis. Es war dann eine Zeit, wo also sich diese, aus meiner Sicht klaren Gehässigkeiten gegen die Volkspartei gehäuft haben...und ich hab den Gerhard Weis angerufen und gesagt, du Gerhard, ich hab 30 Punkte...meine Mitarbeiter haben mir 30 Punkte aufgeschrieben: Falschberichterstattung, Einseitigkeit und so weiter. Hat er gesagt, na das gibt’s nicht, na das darf nicht sein...schick ma des! Schick mir ein Fax mit den 30...Sag ich, nein ein Fax schick ich prinzipiell keines... weil man weiß nicht wer des liest, aber ich schick dir einen Brief. Das war ein Fehler. Ich hab im die 30 Punkte geschickt...es waren 22 Punkte die ich ihm geschickt habe...UND das Papier ist dann plötzlich im Format erschienen. Also als Beispiel der Interventionsliste der ÖVP beim ORF...ich war damals Mediensprecher. Ich hab den Gerhard Weis dann zur Rede gestellt. Und er hat gesagt, er hat das Papier nicht weiter gegeben...er hat nur mit den Chefredakteuren geredet. Und er hatte dieses Papier von mir vor sich liegen und es hat jemand gegeben der da verkehrt lesen konnte und diese Punkte aufgeschrieben hat. ABER von dem Moment an war der...war das Tischtuch zwischen uns beiden zerschnitten.(Interview mit Andreas Kohl 20130529). Für Gerhard Weis selbst stellte sich der Vorfall in einem gänzlich anderen Licht dar. Von Verfehlungen sei in dem Schreiben, (dieses konnte nicht nachrecherchierte werden) keine Rede gewesen. Vielmehr habe es sich um eine Liste von weitaus höherer Brisanz gehandelt. S: „Und er sagt, nein er schickt kein Fax, das ist ihm zu technisch und er mag das ned...und er schickt Ihnen diesen Brief, diese Liste mit Begehrlichkeiten oder so wies dargestellt wird sinds ja dann nur Falschberichterstattungen gewesen und Sie müssen dass natürlich dann mit Redakteuren besprechen. Ist logisch, weil wenn Sies allein für sich behalten ändert sich ja gor nix. Und jemand schreibt das dann verkehrt am Tisch sitzend mit und dann kommt dass dann ins Format. Das ist dann schon etwas, wenn Sie das Offert machen: Sag mir was, wenn’s was zu ändern gibt, objektiv, oder wenn was falsch ist könnma dann drüber reden. Sobald Sie aber mit einer zweiten und einer dritten Person in Ihrem Unternehmen da drüber redend und die kolportieren das weiter – in irgendeiner Folge. Dann ist der auf einmal beleidigt...“das Tischtuch war zerschnitten und wir waren geschiedene Leute“. Da hab ich mir dann schon gedacht, pfff also das is mir...“ GW: „Ja da ist was dran. So ist es ungefähr gewesen, nur mit einem Unterschied, er hat mir nie solche Briefe geschickt, mit Beschwerden, sondern er hat mir Listen geschickt. Der muss weg, der muss weg, der muss weg, und der soll wos werden.“ S: Daher also diese Aufregung. Ich dachte es mir schon, wenn das jetzt nur ein Brief ist mit: „Die ÖVP ist nicht dort und dort angetreten, sonder das sehen wir anders“, ist ja das keine Beschwerde in dem Sinn. GW: „Da gings nie um Sachfragen, weil Sachfragen ist ja klar, dass man sich damit auseinandersetzt. Es ging nie um Sachfragen, es ging immer um Personenfragen.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Unter diesen Gesichtspunkten ist der Bruch zwischen Weis und Khol eher verständlich, als durch die bloße Veröffentlichung „legitimer Beschwerden“. Das der Umgang mit Schriftstücken durchaus gefahren bergen kann, zeigt auch der Fall des Zentralbetriebsrats Fiedler21. Gerhard Weis erinnerte sich an dessen „bedenkliches Selbstverständnis“ als Betriebsrat: GW: „Wenn Sie das ein bissl recherchiert haben, dann wird ihnen sicher auch untergekommen sein, die Episode, wo der damalige Zentralbetriebsratsobmann Fiedler.“ S: „Ja sagt mir was.“ GW: „Ein besonders intensiver Parteigänger der ÖVP, ein Fax geschickt hat an den Khol, des aber dann (lacht) als Irrläufer bei ganz anderen Leuten gelandet ist, wo er gesagt hat: „ Lieber Freund hilf“. S: Ja „kümmer dich bitte um die Sache“ hab ich gelesen.

21 Anmerkung: Auch Helmut Brandstätter berichtet in einem Essay über seinen Eintritt in den ORF über einen Betriebsrat, der ihm von Anfang an nahe legte, dass seine (Brandstätters) Karriere von ihm und seiner Partei abhängen würden. Der Name Fiedler wird jedoch nicht genannt. (vgl. Brandstätter 1998, 99). 94 Stefan Langmann 0104885

GW: Ja der wü ned! Den und den tauschen, der wü ned denn und den zu wos mochen. Und der Zentralbetriebsrat, das war ja auch in meinen Augen so eine Absurdität. Der ja eigentlich dazu da ist, die von ihm Vertretenen zu fördern. Der hat ja in Wirklichkeit ganz genau unterschieden zwischen „Bürgern“ wie er sie genannt hat, des worn die Bürgerlichen und des andere waren die „Linkswichser“. Und die mussten ausgerottet werden und die „Bürger“ sollten befördert werden. So hat er sie genannt, also des wor allein schon von der Terminologie her, jo...schon ziemlich beschissen. Und er hat auch mit mir da dauernd drüber verhandelt, wer was werden soll und wer nicht. Und wer weg gehört. Und ich hab das nie gemacht. Ich wollte natürlich auch nicht den offenen Konflikt und hob des daher nie in die Öffentlichkeit tragen, aber ich habs halt nie gemacht.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

Erneut legt Weis seine Praxis dar, Probleme nicht in die Öffentlichkeit zu tragen und lieber deren Lösung innerhalb des Unternehmens zu lösen – ein Unterfangen das ihm, in Anbetracht der heftigen Gegnerschaft, letzten Endes nicht glücken sollte.

4.6.3.4.Das Ende der Ära Weis Die Rolle Weis´ wurde von der Regierung immer mehr in Frage gestellt. Kanzler Schüssel machte sich gemeinsam mit dem niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll bei Vizekanzlerin Riess- Passer für Monika Lindner stark. Weis selbst verschärfte seine Gangart gegen die Regierung – er unterstützte eine Resolution von ORF Redakteuren, die sich gegen politische Einflussnahme der Regierung zu wehren versuchte. Die rief wiederum FPÖ-Mann Westenthaler auf den Plan. Er brachte gegen Weis und dessen kaufmännischen Direktor, Alexander Wrabetz eine Strafanzeige wegen Untreue ein – Streitwert 1 Milliarde Schilling. Weis´ Return: eine Klage wegen übler Nachrede (vgl. Dutzler „Das ist der Atomkrieg“ Format 20010702, 26 und Dutzler „Das ist der Atomkrieg/Interview“ Format 20010702, 29). Peter Westenthaler, damals Mitglied im Stiftungsrat des ORF fügt den Gerüchten um die Abwahl von Generalintendant Weis´ noch eine weitere Komponente hinzu: W: „...weil er eine große Mitschuld trägt, dass er abgewählt wurde.“ S: „Weil er sich so sehr gegen die Privatisierung gewehrt hat?“ W:“ Nein, weil er intrigiert hat. Das sag ich ja ganz offen, ist auch kein Geheimnis. Der Weis hat sich zu sicher gefühlt. Der Weis hat gewusst mit uns will er nicht und kann er nicht. Vor allem die Riess-Passer und mich auch nicht – damals als wir schon in der Regierung waren. Und hat dann über die Bande versucht, mit dem Jörg Haider Freundschaft zu knüpfen und hat alles...das hat er ja sehr oft gemacht. Die Macht war ja in den Ländern. Das heißt die Landeshauptmänner – und Haider war ja damals einer, waren sozusagen die Fürsten im ORF. Und da ist er eines Tages nach Kärnten gefahren ein paar Wochen vor der Wahl, also vor der ORF Wahl und hat dem Haider alles versprochen was es zu versprechen gibt, auf gut Deutsch der ORF gehört dem Jörg Haider jetzt. Er darf dort machen, was er will. Und hat damit geglaubt die FPÖ an Bord zu haben bei seiner Wahl, und da hat er sich aber getäuscht. Das war dann zwar auch der erste wirkliche Konflikt, zwischen Haider und der Regierungsmannschaft in Wien, aber wir haben das erfahren, so was bleibt ja nicht geheim in einer Partei und das tut man einfach nicht. Und dann noch zur Vizekanzlerin zu gehen und bei ihr zu antichambrieren und ihr gleichzeitig zu sagen: „ich brauche ihre Stimme eh nimmer mehr, der Haider wählt mich eh“, da hat er schwere Fehler gemacht. Das ist ja keine Vertrauensbasis. Du kannst ja keinen Wählen, der versucht unsere Partei auseinander zu dividieren.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Es ist also festzuhalten: Ein Generalintendant darf sich auch nicht „zu sicher“ fühlen. Gerhard Weis konnte all dem politischen Hickhack nicht standhalten. Noch dazu wurde er durch ein, im Grunde eigens dafür geschaffenes Gesetz vom Küniglberg „entfernt“ (vgl. SN/APA Monika Lindner: Bitterer Abschied vom Küniglberg http://www.salzburg.com/sn/nachrichten/artikel/2300368.html 20060817). Obgleich er erneut zur Wahl des Generalintendanten kandidierte, bekam eine andere Kandidatin den

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Vorzug und so endete die Ära Weis am 31.12.2001. Weis selbst macht danach keinen Hehl mehr aus den politischen Umständen die zu seiner Abwahl geführt hatten: OÖN: „Sehen Sie sich als politische Leiche?“ Weis: „Dass das ein politischer Ritualmord war, wird kaum jemand bestreiten. Umso mehr bestürzt mich die Aussage des Ministers (Wilhelm) Molterer, der gesagt hat: "Die Entpolitisierung ist im ORF geschehen, und zwar sehr laut und deutlich." (vgl. Mayringer, „ORF-Weis: Mir tut das alles so Leid“ OÖ-Nachrichten 20011231).

4.6.4. Monika Lindner Monika Lindner trat das Amt der Generaldirektorin am 01.01.2002 an. Es kann behauptet werden, dass die zuvor ebenfalls beim ORF beschäftigte, von der freien Mitarbeiterin, zur Landesintendantin von Niederösterreich aufgestiegen Lindner, rückblickend eine der fragwürdigsten Performances in der Rolle der Generaldirektoren lieferte. Dies mag weniger mit dem Auftritt des Senders auf dem Markt und den durch Lindners Wirken lukrierten Einnahmen zusammenhängen. Vielmehr kam die Kritik von innen. Allem Anschein nach, dürfte ihr der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll die Stelle an der Spitze des ORF verschafft haben. Dem widersprach Gerhard Weis. Aus seiner Sicht kam Monika Lindner wie folgt zum Amt der Generaldirektorin: GW: „Die Lindner ist acht Tage vor der Wahl noch angetreten. Ich wollte nämlich überhaupt ned nocheinmal gewählt werden, es hat sich aber keiner gefunden. Ich hab damals alle gefragt, ob nicht sie das machen wollen. Ich hab auch die Lindner gfrogt. NEIN, nein, nein! Ihre Antwort war, dass sie einen Freundeskreis zur Wiederwahl, zu meiner Wiederwahl gegründet hot, und präsentiert hot. Na so hots daun ausgschaut! Freunde der Wiederwahl hat des g´heißn. Und dann war die Abgabe der Bewerbung und nachdem keiner sich beworben hatte, hab ich mich beworben. Und dann, plötzlich acht Tage vor der Wahl kommt sie und sagt, Sie hat sich auch beworben. Sag ich: „Was hat deinen Sinneswandel bewirkt, des hättest ja glei haben können. Ich hab dich ja gefragt ob dus machen willst?“ „Ja jetzt mach ich’s halt.“ Wahr ist, das sie von dem Herrn Fiedler, dem Schüssel präsentiert wurde, als mögliche Gegenkandidatin und der in seiner Not, weil er niemanden g´habt hat, hat dann sie genommen.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Ein gewisses Nahverhältnis zur ÖVP bestand immer. Sie galt auch nach den ersten Jahren immer noch als Favoritin der ÖVP. Das äußerte sich auch darin, dass ihr bereits 2005 von Wilhelm Molterer eine zweite Kandidatur vorgeschlagen wurde (vgl. Linsinger/Zöchling „Poker mit schwarzem Peter“ profil 20060807, 17). Dass es später doch anders kommen sollte, und dies mit einem gewissen Paukenschlag, dürfte besonders für Monika Lindner überraschend gewesen sein. Sah sie sich doch am Küniglberg fest im Sattel sitzend. Leicht hatte sie es trotzdem nicht immer. Der Umgang mit dem neuen ORF-Gesetz hatte es der ÖVP/FPÖ-Regierung zwar möglich gemacht ihren Vorgänger los zu werden, für den ORF selbst gab es jedoch auch gesetzesbedingte Einschnitte. Diese sollten sich im finanziellen Bereich bemerkbar machen. Abseits dieser Faktoren warf ihr Gerhard Weis in Postenfragen Missmanagement vor: GW: „Ich habe das Unternehmen übergeben, mit damals 3 Milliarden Schilling in der Kriegskassa. Also wir habe damals gut gewirtschaftet und wir haben, obwohl man uns die Gebührenabgeltung nicht gegeben hat, trotzdem ein positives Ergebnis ghobt und nicht nur des, wir haben Reserven gehabt. 3 Milliarden Schilling...des wor schon was. Die waren in einem Jahr weg. Die Frau Lindner hat, wenn Sie sich zurückerinnern 1400 freie Mitarbeiter angestellt. EIN VÖLLIGER IRRSINN, weil überall auf der Welt hat man damals ausgelagert, nur sie hat die angestellt, alle. Die Ausrede wor, dass des freie Mitarbeiter sind, die eine Recht auf Anstellung einklagen können. Des stimmt! Es hat das gegeben. Aber das waren insgesamt 35 Leut. Und ich hab noch in meiner Zeit, mit dem Betriebsrat ausgehandelt, dass wir die 35 anstellen und dann is a Ruah. Sie hat aber 1400 angestellt. „ (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

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Ein weiterer Grund für die Verluste waren verstärkte Werbebeschränkungen, welche mit dem ORF- Gesetz 2001 hergestellt wurden. Darum war Monika Lindner bereits 2002 mit roten Zahlen konfrontiert, was die Generaldirektorin allerdings wieder ausbügeln konnte - unter anderem auch durch Gebührenerhöhung – erstmals wieder seit 1998 (vgl. SN/APA Monika Lindner: Bitterer Abschied vom Küniglberg http://www.salzburg.com/sn/nachrichten/artikel/2300368.html 20060817). Weitere Projekte, wie die europaweite Herstellung eines Satellitensignals für ORF 2, gelangen ihr ebenfalls. 2005 wurde unter ihrer Führung die ORF-Sendetechnik ausgegliedert und von einer Raiffeisen-Medienbeteiligungsgesellschaft übernommen. Diese sollte die Bilanz bald wieder zugunsten Lindners gestalten (vgl. ebd.). Wenn auch die Einnahmen stiegen, der Anteil am Fernsehmarkt konnte auch von der ersten Frau im Amt des Generaldirektors nicht gerettet werden. Ob daran wohl die gescheiterte ORF-Reality-Show „Expedition Österreich“ Schuld trug? Monika Lindner setzte fort, was Zeiler einst zur Kommerzialisierung des Programmschemas beitrug. Auch Weis war noch auf dieser Welle geschwommen. Dennoch blieben die Quoten, wie zuerst angesprochen unter den Erwartungen. Ob dies der Grund war erstmals eine „Call-in-Sendung“ im ORF anzubieten, blieb unklar. Jedenfalls wäre es nicht der erste Fehltritt eines Generaldirektors/Generalintendanten gewesen. Die Wogen der Empörung schlugen hoch. „Wieder nicht mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag vereinbar“, lautete die Devise. Selbst der ORF-Publikumsrat diskutierte über die ORF-1-Sendung "Quiz Express" und stellte eine Empfehlung an die Geschäftsführung. Darin forderte der Publikumsrat sie auf klarzulegen, welche Rolle kostenpflichtige „Call-in-Sendungen“ in der Programmstrategie und in der kaufmännischen Strategie des ORF künftig spielen würden und öffentlich zu machen, welche Qualitätskriterien bei „Call-in-Sendungen“ des ORF angewendet werden (vgl. k.A. Plenarsitzung am 7.3.2005 - Publikumsrat verabschiedet Empfehlung zu "Quiz Express" http://publikumsrat.orf.at/plenar/plenum12.html 20050307). Da sich die Situation nicht besserte, stellte der Publikumsrat eine erneute eine Empfehlung an die ORF Führung aus. Darin setzte er sich für die Einstellung des „Quiz-Express“ ein. Die Empfehlung lautete weiter, dass man zwar über die schwierige finanzielle Lage des Senders Bescheid wisse, da Sendungen und Einschaltungen mit Mehrwertnummern, aber auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in der Bundesrepublik Deutschland verboten wären, stelle die momentan Situation im österreichischen Fernsehen einen „Sündenfall“ dar (vgl. k.A. Plenarsitzung am 6.6.2005 - ORF-Publikumsrat wünscht sich Aus für "Quiz Express" http://publikumsrat.orf.at/plenar/plenum14.html 20050606). Diese umstrittene Aktion sollte nicht das einzige Problem in Monika Lindners Laufbahn als Generaldirektorin sein. Natürlich wirken sich Friktionen bezüglich Programmgestaltung nicht so schwerwiegend aus. da Programme können abgeändert, getauscht und neu besetzt werden. Es besteht viel mehr das Risiko, große Mengen an Geld in Eigen- oder Fremdproduktionen zu investieren, und bei Erfolglosigkeit großen finanziellen Schaden zu erleiden.

4.6.4.1.Die Initiative SOS ORF unter Monika Lindner Die Situation wurde allerdings weitaus komplexer. ORF-interne Reiberein und Unstimmigkeiten machten sich breit. Dieses Problem kostete Monika Lindner höchstwahrscheinlich die erneute Kandidatur. Durch an die Umfärbungslogik der schwarz/blauen Regierung angelehnte Personalpolitik, kam es mit der Info-Redaktion des ORF zum Konflikt. Dies brach - nach längerem „Köcheln unter der Oberfläche“ - bei der Verleihung des Robert-Hochner-Preises an den ORF-Journalisten Armin Wolf hervor. Er kritisierte in seiner Rede am 17. Mai 2006 die Führung des ORF und die interne Verteilung

97 Stefan Langmann 0104885 von Kompetenzen, welche, so Wolf, „in manchen Belangen zuviel Macht in die Hände einzelner ORF Mitarbeiter legen würde“ (vgl. Kittner, „Die Rede Lawine“ Kurier 20060519, 3). Wolfs Kritik fand breite Unterstützung der Kollegenschaft und führte in weiterer Folge zu Gründung der Initiative SOS- ORF. Monika Lindner dagegen, sah die Kritik als unangebracht und tat sie als „Selbstinszenierung Wolfs“ ab (vgl. Fidler „ORF-Chefin Lindner rügt Armin Wolf, Revolte der Redakteure“, Der Standard 20060519, 1). Eine der wohl umstrittensten Personen unter Generaldirektorin Lindner war Werner Mück, gegen den sich Wolfs Kritik „zuviel Macht in der Hand einer Person“ wandte. Mück war Chef der Info- Redaktion des ORF. Ihm wurde mehrfach vorgeworfen Themenauswahl zu beeinflussen und zu regierungslastig zu agieren. SPÖ-Chef Gusenbauer meinte in einen Interview im Jahr 2003 etwa: „"In vielen sensiblen Fragen wird die politische Gesinnung des Hauptverantwortlichen Mück sichtbar."(vgl. Lichtenberger, „Gesinnung und Objektivität“ OÖ-Nachrichten 20030826). Mück bestritt dies stets. Und bezeichnete die Vorgänge der Kritik an seinen Person als „Brauchtum und politische Folklore“ (vgl. ebd.).

Im Zuge der Vorwürfe gegen Chefredakteur Werner Mück wurde eine ORF interne Untersuchungsgruppe, der auch Fritz Wendl angehörte, einberufen.22. Die Untersuchung kam nicht zu dem Ergebnis, dass Werner Mück politisch gesteuert gehandelt hätte. Es wurde ihm aber mangelnde Sensibilität im Umgang mit Mitarbeitern und falsch genutzte Kommunikationslinien vorgeworfen. Ungeachtet dessen, machte auch Johannes Fischer, der unter Mück aus dem Report- zur Thema- Redaktion versetzt wurde (vgl. Zöchling, „Der Berg ruft“ http://www.profil.at/articles/0621/560/141641/orf-der-berg 20060527), diesen für einige Fehlentwicklungen verantwortlich. „Als ob der ORF in Geiselhaft genommen worden wäre“, nannte es Fischer. F: „Das hat eine Zeit lang insofern funktioniert, als das einen Nachrichtendirektor, den guten Herren, der das betrieben hat, aus welchen Gründen auch immer, Journalist war er eigentlich kein schlechter, nur sage ich da, hat der ORF auch wieder funktioniert, oder die Kollegen im ORF, da hat es dann einen Aufstand gegeben und mit den bekannten Folgen, dass die Frau Lindner wieder dorthin geschickt wurde, wo sie hingehört, und das Regime sozusagen abgelöst worden ist. Insofern hat der ORF, also der Versuch der Unabhängigkeit im ORF intern wieder funktioniert. SOS ORF und so.“ (Interview mit Johanne Fischer vom 26.07.2009)

Einige Jahre später, als es eine Abwahl Mücks nahe rückte sah sich dieser, wie viele ORF-Redakteure vor ihm, als politisches Opfer. „Gusenbauer selbst habe im versichert, ihn aus dem ORF zu entfernen“, so Mück (vgl. Käfer, „In Konkurrenz zu den Hundstrümmerln“ Die Presse 20060530, 27). Das wiederum wurde von Gusenbauer bestritten. „Er habe keine Aussagen darüber getätigt, wer im ORF arbeitet oder arbeiten soll“, so der damalige SPÖ-Vorsitzende. „Aber er halte Mück für den Totengräber des ORF“, so Gusenbauer weiter (vgl. ebd.).

4.6.4.2.Die Abwahl Lindners Wie auch immer die Situation zu bewerten war, der Aufschrei der ORF Mitarbeiter dürfte in weiterer Folge, bei der Wahl zum Generaldirektor die einzigartige „Regenbogenkoalition“ im Stiftungsrat bewerkstelligt haben, die den SPÖ nahen Kandidaten Alexander Wrabetz zum nächsten

22 Der Bericht dazu ist unter „Schlussbericht der Gruppe zu Evaluierung der geäußerten Vorwürfe“: http://images.derstandard.at/20060728/mueck_bericht.pdf abrufbar 98 Stefan Langmann 0104885

Generaldirektor des ORF machen sollte. Zur Erklärung, die damaligen Mitglieder des BZÖ- Freundeskreises, der sich mit der ÖVP in Koalition befindlichen Partei, stimmten nicht mit ihrem Regierungspartner, sondern mit der SPÖ und den GRÜNEN für Wrabetz (vgl. ebd.). Ein entscheidender Proponent bei der Abwahl Lindners dürfte Peter Westenthaler gewesen sein. Er stellt dies wie folgt dar: W: „...das war damals meine Regie oder mein Schicksal, das den ORF bestimmt hat, dass ich gesagt habe: wir haben jetzt zwei Kandidaten zur Auswahl, wir selbst haben keinen nominiert – aus welchen Gründen auch immer. Und jetzt müssen wir überlegen welcher ist der Bessere. Deswegen hat damals das nicht gestimmt, was man immer gesagt hat das immer koalitionstreu abgestimmt wird, sondern unsere Stiftungsräte haben Wrabetz zu dem gemacht was er ist. Ohne uns gäbe es den Wrabetz heute nicht. Jetzt kann man sagen ob das gut ist oder nicht, ist wieder eine andere Bewertung, aber damals wars halt so.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Westenthalers Stiftungsratskollege Andreas Khol bestätigte dies, ließ gleichzeitig aber auch durchblicken, dass die Zustimmung zum SPÖ-nahen Alexander Wrabetz nicht darauf beruhte, weil die Stiftungsräte meinten den besseren Kandidat gefunden zu haben: K: „...und seitenverkehrt bei der Wahl Wrabetz... hat also Westenthaler entscheidend die Stimmen der BZÖ-nahe stehenden Stiftungsratsmitglieder programmiert, nachdem die Monika Lindner es abgelehnt hat diese Forderungsprogramm zu erfüllen...des worn zehn Punkte. Jede Woche im Report und...so und soviel...also des wor ganz klar, logisch: TOTALER Parteinzugriff. Das hat die Lindern abgelehnt und offensichtlich haben das Andere zugesagt, und damit ist das Stimmverhalten determiniert gewesen. Also ich bilde mir nichts drauf ein, was wir damals beim ORF gemacht haben, da sind wir voll gescheitert.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Monika Lindners Karriere im ORF endete somit nach einer Periode als Generaldirektorin des Unternehmens. Sie wechselte danach, noch im Jahr 2007 als Beraterin zur Medicur- Holding. Also zu genau jener Medienbeteiligungsgesellschaft der Raiffeisen-Gruppe, an die sie 2005 die Sendetechnikabteilung „ausgegliedert“ hatte (vgl. k..A. „Lindern geht zu Raiffeisen“ Die Presse 20070109, 23). Exkurs Ende

4.6.5. Der Publikumsrat Die Rolle des Publikumsrates ist ähnlich einzuschätzen. Im Grund spiegelte bereits die Hörer- und Sehervertretung des ORF den Wunsch nach einem breit aufgestelltem Gremium, dass die österreichischen Hörer und Seher repräsentiert. Die Bestellung erfolgt von den verschiedenen Kammern, den Vertretern der Religionsgemeinschaften und vom Bundeskanzler. Wirkmächtig war weder die Hörer- und Sehervertretung, noch der Publikumsrat. Was bleibt ist die – mittlerweile „wertlose Hingabe“ an die Fiktion von der Repräsentanz aller Österreicher (vgl. Kaltenbrunner 2006, 120). Diese Art der Vertretung entspricht im Grunde einem zutiefst von Konkordanz geprägten politischen System – aber weder Parteibindung noch Organisationsgrad oder Feldorganisationen der Großpartein sind in einer Art existent, die jene Organisation rechtfertigen würde. Dem Übergang zur Konfliktpolitik geschuldet, hätte dieses Gremium theoretisch wegfallen müssen. Weil aber der Publikumsrat zumindest einmal pro Amtsperiode – es werden via Publikumsrat Plätze für den Stiftungsrat bestimmt – wichtig wird, scheint dies nicht geschehen zu ein. Statt dessen wurde auch den Gebührenzahlern die Möglichkeit eingeräumt, per FAX (sic!) über 6 Publikumsräte abzustimmen. An der ersten Faxwahl beteiligten sich nur 72.000 Österreicher – sie wurde daher als Flop der Koalition gewertet – indirekt nützte sie damals dem kleineren Koalitionspartner FPÖ, da

99 Stefan Langmann 0104885 deren Kandidaten in den Stiftungsrat Einzug hielten (vgl. k.A. „ORF-Generaldirektor – Faxwahl-Flop – mit Folgen...“ SN 20011020, 2). Die Möglichkeiten über den Publikumsrat Einfluss auf den ORF auszuüben sind somit nicht völlig abwegig - allerdings nur für die Partein und Verbände. Der Einfluss der dem Publikum selbst dadurch zugestanden wird, geht gegen null. Natürlich wird dies von der Politik anders argumentiert. Bei der historisch ersten Fax-Wahl des Publikumsrates landete Publikumsrätin Mag. Knoll an zweiter Stelle der vom Publikum gewählten Liste. Günter Tolar an erster. Beide wurden zugunsten schwarz/blauer Kandidaten überstimmt. Wenig Respekt vor einem Wahlergebnis, dass noch vor einigen Wochen als „demokratische Innovation“ gepriesen wurde (vgl. Fröschl, „ORF neu“ Falter 20011114, 5).

4.6.6. Der Auftrag/Die 4 Weisen und keine Refundierung Der ORF besetzte als öffentlich-rechtlicher Anbieter lange die Stelle des Rundfunkmonopolisten in Österreich. Das brachte es mit sich, dass er auch die Verpflichtung hatte, das Land so gut wie nur möglich mit Rundfunk zu versorgen. Alle Österreicher sollten die Möglichkeit haben, Programme des ORF zu empfangen. Neben diesem Versorgungsauftrag (Bereitstellung einer bestimmten Anzahl von Radio- und Fernsehprogrammen) wurde dem Sender noch ein sogenannter Programmauftrag hinzugestellt, der in §4 des ORFG-2001 präzisiert wurde. Diese Präzisierung basierte auf einer Richtlinie der EU. Gebühren für Rundfunk sollten so, nur noch jene Rundfunkveranstalter einheben dürfen, die in der Lage waren ihre Sendungsschema recht zu fertigen. Ich habe bereits unter Punkt 3.5.2.5. „Der Programmauftrag“ kurz auf jene Thematik hingewiesen. Im ORFG-2001 sollte dieser Auftrag also noch einmal behandelt werden. Hierzu wurde eine Weisenrat ins Leben gerufen der – bestehend aus honorigen Personen der österreichischen Medienlandschaft – den Auftrag des ORF neu formulieren sollte. Eine an und für sich lobenswerte Idee.

Der ORF war in den Jahren zuvor oftmals ins Ziel der Kritik gerückt. Grund war jene Praxis der Programmgestaltung die sich an kommerziellen deutschen Konkurrenten zu messen schien (siehe auch Abschnitt: Gerhard Zeiler). Mitunter programmierte der ORF Spielfilme zur gleichen Zeit, in der diese auch in deutschen Privatkanälen liefen – hier jedoch ohne Werbeunterbrechung. Ein klarer Vorteil für die Seher – ein Nachteil für Werbewirtschaft und die deutschen Sender, die jene Filme zu einem weitaus höheren Preis einkauften, als das die österreichischen Nachbarn taten.

Abgesehen davon wurden Formate Ziel der Kritik, die als zu kommerziell oder voyeuristisch klassifiziert wurden. Die „Big-Brother“ Nachfolgesendung „Taxi-Orange“ wurde in diesem Zusammenhang bereits genannt. Der ORF sollte also „zum öffentlich-rechtlichen“ Programm zurückfinden“, wie dies seitens der schwarz/blauen Regierung proklamiert wurden. Was aber war öffentlich-rechtliches Programm? Die Weisen Bacher, Payrleitner, Csoklich und Keller sollten dieses Mysterium lüften. Das Ergebnis: „alles blieb besser“. Obgleich die erfahrenen Herren ihre Meinungen hatten einfließen lassen, blieb das Ergebnis dürftig. Dies schien aber nicht deren völligem Versagen geschuldet. Schenkt man den Ausführungen des ehemaligen Generalintendanten Weis glauben, handelte es sich bei den Weisen um eine mehr oder weniger geglückte politische Inszenierung der Ära Schüssel:

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GW: „So und jetzt spielt dann noch eine Rolle der Herr Bacher, der besonders unglücklich agiert hat. Wenn ich nachdenke, was den Bacher so bewogen hat, ich hab ja mit ihm viele Jahrzehnte eng zusammengearbeitet und eigentlich ist das ganz gut gelaufen. Ich war freilich nie einer seiner V-Männer, sonder ich hab immer meinen Job gemacht. Ich hab ihm zweimal gesagt, du ich krieg meine Geld nicht von dir, sondern vom ORF. Daher muss ich für den ORF arbeiten. Ok, der Bacher wollte unbedingt den Radel durchsetzen, war bitter enttäuscht, dass ich es geworden bin und dann hat er, den sogenannten Weisenrat erfunden.“ S: „Ok, das ist von Bacher ausgegangen, ich hab das so als, von der Regierung eingesetzt..“ GW: „Nein, den hat der Bacher erfunden. Und zwar hat der Bacher dem Schüssel eingeredet, am Arlberg in dieser Skihütte, die der ORF dort gemeinsam mit der „Kronenzeitung“ geführt hat. Da mussten wir alle hinaus, weil er dort den Schüssel empfangen hat. Aber es war klar, kurze Zeit später war klar, was dort passiert ist. Da hat er dem Schüssel den Weisenrat eingeredet. Dieser Weisenrat hat sich ja sehr, sehr bald, sehr distanziert von allem. Das wissen Sie?“ S: „Ja das weiß ich, es hat Bacher dann 2005 einmal in einem Interview gesagt, dass ihm das so nicht geglückt ist.“ GW: „Ja aber vorher noch der Herr Csoklich.“ S: „Genau, Csoklich, Keller und...“ GW: „Csoklich, Keller, und Payrleitner. Die haben sich alle distanziert. Ich kann mich noch gut erinnern (lacht), da bin ich g´sessn mit meiner Frau im Konzerthaus und wir haben uns die Resonanzen gegeben, kommt der Kellner mit seiner Trautl Brandstaller und ich sag noch: „Oh ein Weiser.“ Und der ist stehn geblieben zur Salzsäule erstarrt. „Bitte sagen Sie das NIE wieder, ich will von dieser Phase nichts hören!“ Dann hab ich einmal den Csoklich noch gepflanzt. Der hat auch gesagt: „Nein da sind wir hinübergezogen worden über den Tisch, da hat man uns hineingelegt und so...und es wor schon zu spät. Wir haben einfach für den Schüssel abgegeben eine Art Schutzmauer, hinter der er alles anstellen konnte.“(Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Unter diesen Gesichtspunkten ist es wenig verwunderlich, dass die von den Weisen erstellten Ratschläge für den öffentlich-rechtlichen Auftrag bloße Makulatur darstellten. Für Peter Westenthaler hingegen wurde die Latte einfach zu hoch gelegt und zu strenge Kriterien für einen öffentlich- rechtlichen Anbieter gefordert. Zumindest ließ er dies im Gespräch anklingen: W: „Ja es war auch nicht so einfach, da einen Konsens zu finden. Ich sag so, die damalige Gruppe um Bacher wollte ganz was anderes. Also die wollten ja im wesentlichen ein erzkonservatives Programm hineinschreiben, das mit uns ned zu machen war. Wir waren auch für einen öffentlich-rechtlichen Auftrag, aber jetzt ned im Sinne eine so engen Korsetts wie es diese Gruppe wollte. Deren Vorschlag...geistere irgendwo herum, kam ja dann nicht...wurde von Schüssel und der ÖVP entschärft, aber man wollte damals dem ORF ein derart strenges öffentlich-rechtliches Korsett anlegen, aber da habe wir – selbst wir, die wir für diesen öffentlich-rechtlichen sind – auch weiterhin für den Auftrag sind – das hätte den ORF umgebracht.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522)

Westenthaler, der stets für eine Teilprivatisierung des ORF eintrat, hätte einen völlig freien Kommerzsender und auf der anderen Seite, einen streng nach Programmauftrag agierenden „Österreichsender“ präferiert. Die Ausführungen Bachers und seiner Gefolgsmänner schienen zu streng ausgefallen zu sein. Weg von der Kommerzialisierung, weniger Werbung und mehr qualitativ hochwertige Inhalte sollten dem ORF seinen öffentlich-rechtlichen Charakter zurückgeben. „Der gescheite Mensch gehört für mich noch immer zum spannendsten was die Welt zu liefern hat. Wenn 50.000 oder 100.000 Leute zusehen und zugehört haben, bedeutet mir das mehr als das erfolgreichste „Soletti- Programm“.

Ein ORF der öffentlich-rechtlich ist und dabei fast kein Publikum habe sei im lieber als breite Zuschauermassen bei gleichzeitiger Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Auftrags (vgl. Fidler 2005, 82). Das sich solche Ansichten mit jenen von Politikern stoßen, die gern Menschenmassen via Fernsehen zu erreichen gedenken, darf getrost angenommen werden. Mit dem zu erwartenden Ergebnis. Die Formulierungen im Gesetz blieben vage und können so vielfältig interpretiert werden. „In der Regel

101 Stefan Langmann 0104885 anspruchsvolle Inhalte“ die „zur Wahl“ stehen müssen, wurde im Zug dieser Arbeit bereits einmal genannt. Gerhard Weis legt, angesprochen auf die Aussagen Bachers seine Sicht der Dinge dar und relativiert dessen enge Sichtweise: S: „Apropos Präsents, wie sehen Sie das grundsätzlich mit diesem Auftrag? Wir habe ja über diesen Weisenrat gesprochen. Bacher hat ja oft gesagt, ihm ist es lieber, wenn gescheite Leute etwas gescheites reden und er hat nur etwas 50.000 Zuseher, als wenn ein „Solettiprogramm abgezogen wird. Wo ist der Grad, den man entlang wandern muss?“ GW: „Gute Frage. Hörn Sie, ich glaube, solang man dieses duale System hat, das wir haben, dass wir uns also sowohl über Werbung, als auch über Gebühren finanzieren. Wobei jetzt der Gebührenanteil bei den Einnahmen ja relativ hoch ist. Müssen wir wissen dass nicht alle für etwas zahlen, was nur die wenigsten sehen. Das heißt, wir müssen auch massentaugliche Programme anbieten, und können nicht also uns reduzieren auf die hypergescheiten aber reichweitenschwachen Sendungen. Es muss ein Mischung geben zwischen Anspruch und Massentauglichkeit. Ah, und insoweit ist der Bacher manchmal auch in seinem Überschwang über das Ziel geschossen – verbal.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Im Grunde sollte, für alle Österreicher ein bisschen etwas im ORF dabei sein. Das umfasst auch Unterhaltung, darf aber Qualität nicht vermissen lassen. Nicht umsonst sprach sich Gerd Bacher, der wie eben angeführt, enormen Wert auf Qualität legt für ein „Grundrecht auf Fußball und Schifahren“ aus (vgl. Fidler 2005, 86). Eine Anspielung Bachers auf die Anforderung an den Sender, österreichische Identität zu fördern. Der „Auftrag“ bleibt in höchstem Maß umstritten. Das zeigt sich auch in der Ausführung Andreas Khols, der in der schwarz/blauen Koalition an der Schaffung des ORFG-2001 beteiligt war: K: „Das Fernsehprogramm Nummer eins, hat von öffentlichem Auftrag nicht die geringste Spur. Und auch der wunderbar kommerziell hervorragende Ö3, hat auch mit dem öffentlichen Auftrag überhaupt nichts zu tun. Und ich glaube, dass in absehbarer Zukunft, den nächsten 40 Jahren, sicher der ORF auf seine öffentlich-rechtlichen Auftrag, hin gezwungen werden wird. Sicher auch die Konstruktion jetzt ist daneben gegangen.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Die Definition eines solchen Programms ist denkbar schwierig. Alle Interessen unter einen Hut zu bringen ist gelinde gesagt unmöglich. Darüber hinaus, spielten immer auch die Kosten eine entscheidende Rolle. Umso mehr Budget dem ORF zur Verfügung stand und steht, umso mehr kann er leisten. Die Diskussionen zu Auftrag und Qualität sind letzten Endes, immer auch Diskussionen um die Rechtfertigung der Gebührenfinanzierung und den persönlichen Geschmack: K: „Es gibt im Ö1...nicht eine einzige Sendung....im ORF1...die ich anschauen würde....komme nie in die Versuchung dort reinzugehn´...NIE. der ORF2 hat viele gute Sachen. Ich bin auch ein Anhänger des „Musikantenstadls“ und „Mei liabste Weis“ und wie heißt das vom Forchegger...“ins Land einischaun“...das sind alles, da rümpfen manche die Nase...ich halt das alles für legitim, aber ORF1 halte ich für VÖLLIG daneben.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Was Andreas Khol gefällt, darüber mögen andere wie er sagt, die Nase rümpfen – den Vorstellungen Bachers von „wenn gescheite Leute reden“ widersprechen die um Volksmusik und Volkstümlichkeiten zentrierten Sendungen mit großer Wahrscheinlichkeit. Was ist also Auftrag? Und wie viel Geld darf der kosten? Dazu findet sich nichts im ORF Gesetz. Ebenso wenig Passagen zu Aufgaben, die der ORF dezidiert nicht zu erfüllen hat. Andere Aufgaben werden gewisser Maße unreflektiert getätigt, oder weil sie sich einfach über Jahre hinweg etabliert haben. Fritz Wendl nannte in diesem Zusammenhang zwei

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Beispiele, nachdem er das Gebührenaufkommen in Österreich mit jenem Deutschland verglichen hatte: FW: „In einem kleinen Land wie Österreich ist das Gebührenaufkommen entsprechend kleiner. Ich kann das also nicht so einfach vergleichen. Das ist zum Beispiel etwas, wie wird die Absicherung durch den Gesetzgeber erfüllt? Und da muss ich sagen, wo liegen in Wirklichkeit die Kernaufgaben eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Das unterscheidet dann von den Anderen. Und in der Budgetsituation in der wir heute sind, muss man eben sagen, gut ganz wichtig, dass der ORF österreichischen Film spielt, aber der Förderer muss er nicht unbedingt sein. Das ist eigentlich etwas, was sinnvoller Weise das Kulturbudget zahlen sollte. Genauso mit dem RSO. Na selbstverständlich soll man es spielen im Programm, was das RSO aufnimmt und macht, aber das Orchester bezahlen? In jedem anderen zivilisierten Land, zahlt so ein Orchester zum Großteil aus dem Kulturbudget. Also, eben auch Gewichtungen. Und da ist die Frage, wo liegt die öffentliche Verantwortung wofür? Das ist in Wirklichkeit die politische Verantwortung. Diese Debatte kann ich nur führen wenn ich sie offensiv auf den Inhalt hin führe und nicht, wenn ich es darauf hinführe, sind das die, die mir meine Geschäftsführungsstelle in zwei Jahren wieder beschließen.“ (Interview mit Fritz Wendl 20090706)

Es ist also durchaus eine Frage des politischen Willens, was als Auftrag des ORF und was als Auftrag anderer Institutionen interpretiert werden kann. Aus Wendls Aussage lässt sich auch der politische Druck heraushören, der in gewissen Verhandlungspositionen durchaus hinderlich scheint. Es bedürfte also auch hier, des soweit als möglichen Loslösens des ORF aus der politischen Umklammerung. Nur wenn die Entscheidungen auf die genannten Interpretationen des öffentlich-rechtlichen Auftrags hin getroffen werden können, ohne politische Konsequenzen fürchten zu müssen, können sie zielführend umgesetzt werden. Es bedarf also auch politischer Verantwortung und den Willen, Medienpolitik - und nicht nur im Sinne der in dieser Arbeit behandelten Theorien, Politik für die Medien - machen zu wollen. Im öffentlich-rechtliche Auftrag finden sich auch Forderung bezüglich der flächendeckenden Bereitstellung von Fernseh- und Radioempfang. Dabei gibt es ein weiteres österreichisches Phänomen, das im Zusammenhang mit politischer Verantwortung und den finanziellen Gebarungen des ORF diskussionswürdig scheint. Die Gebührenrefundierung wurde, wie bereits erwähnt gestrichen. Obgleich diese 1999 durch Beschluss drei Parlamentspartein beschlossen worden war. Medienanbieter in anderen Bereichen, wie etwas die Telekom Austria erhielten die, durch gebührenbefreite Nutzer entgangenen Entgelte sehr wohl abgegolten. Dem ORF wurde dies jedoch verwehrt. Über Gründe die dazu führten, kann lediglich gemutmaßt werden. Von Budgetsanierung der schwarz/blauen Regierung bis zu persönlichen Unstimmigkeiten sind jedoch verschiedenste Einflussfaktoren denkbar. Für Gerhard Weis stellte diese Vorgehensweise der Politik einen schweren Schlag dar: GW: „Im Jahr 99´ haben SPÖ, ÖVP, FPÖ – diese drei, beschlossen, die Refundierung der Gebühren. Ich hab damals verhandelt und hab ins Treffen geführt, das Beispiel der Post, bei ders ja genauso passiert ist. Die Post hat ja auch Entgänge, dadurch, dass hoit die Mindestrentner und oide Leit, von der Gebühr befreit sind. S: die Sozialtarife und so weiter. GW: Ja genau. Bei der Post gabs noch das zusätzliche Argument, dass sie Telefonzellen auch dort aufstellen müssen, wo sie weit...wo sie überhaupt nicht das Geld verdienen können, aber es sollte auch dort die Möglichkeit bestehen zu kommunizieren. S: A la Versorgungsauftrag des ORF GW: A la Versorgungsauftrag, ganz genau. So und mit diesen Argumenten bin ich auch gut durchgekommen. Daher ist das beschlossen worden. Ein Dreiparteinbeschluss. Und ein Jahr später, nach der Bildung der schwarz/blauen Regierung wurde dieser Beschluss rückgängig gemacht und zwar ohne irgendeinen Ankündigung, ohne irgend eine Begründung. Er wurde einfach rückgängig gemacht. Da hab ich mir schon gedacht, was soll des. Ham die alle einen Klopfer? Und es hat in der Öffentlichkeit keinerlei Aufschrei gegeben, warum? Weil die Zeitungen des dem ORF ja gegönnt haben. Die Zeitungen wollten ja immer schon, dass der ORF in seiner Einkommenssituation etwas reduziert wird. SO aber GLEICHZEITIG haben dann Schüssel,

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Molterer und Khol erklärt, der ORF ist finanziell gestärkt! Und das ist SOWAS von widersinnig, so was von verrückt. Man nimmt ihm....Das ist ja der Neusprech bei Orwell. Stärke ist Schwäche und Schwäche ist Stärke und wenn ich dem ORF das Geld wegnimm.... S: Dann hab ich ihm was Gutes getan. GW: Dann wird er stärker. (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

Weis sah den durch die Streichung der Gebührenrefundierung als persönlichen Angriff auf seine Person und den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF Gleichzeitig sah er sich mit einer Politik konfrontiert, die diese Budgetkürzungen und Einsparungsmaßnahmen – auf der Jagt nach dem damals proklamierten „Nulldefizit“ – als großen Stärkung des ORF und „vollzogene Entpolitisierung“ verkauften. Zerwürfnisse zwischen Politikern und langgedienten Medienmachern wie Gerhard Weis dürfen hier nicht verwundern. An dieser Stelle endet die Auseinandersetzung mit den Themen um ORF und österreichische Medienpolitik. Da der ORF auch als „Ansammlung von Journalisten“ gesehen werden kann, halte ich es für relevant, nun verschiedenen Zugänge zum Bereich der Politikvermittlung, sowie zum Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten zu betrachte. Mögliche Konfliktlinien beginnen sich anhand der bisher festgehaltenen Statements von Politikern und Medienleuten bereits abzuzeichnen. Um weitere Interpretationsmöglichkeiten zur Erklärung spezifisch österreichischer Phänomene zu erhalten soll dieser Bereich nun noch etwas genauer betrachtet werden.

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5. Mediale Politikvermittlung Erfolgreiche Politik ist immer auch ein Produkt erfolgreicher Kommunikation. Nun kann diese wie ich eingangs bereits festgehalten habe, auf vielen verschiedenen Wegen ablaufen. Im Sinne dieser Arbeit, und im Hinblick auf die bisher genannten Aspekte österreichischer Politik, gilt es nun den Fokus auf jene Kommunikationsformen zu richten, die zum Zweck der Übermittlung politischer Inhalte an ein Massenpublikum Verwendung finden. Weder erreichen Politiker ihr TV-Publikums durch das Verteilen von Flugblättern, noch können sie in Diskurs mit ihm treten und Widerworte mit geschickter Argumentation entkräften. Die Logik des Fernsehens ist einer anderen Form der Kommunikation geschuldet – auch hier kann ein historisch bedingter Wandel festgemacht werden. In Verbindung dazu, ist auch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung einem zeitlichen und technologischen Wandel unterworfen, der sich auch im Bereich der politischen Kommunikation/der Politikvermittlung bemerkbar macht. Die Ausgangssituation unterscheidet sich wesentlich von jener, die wir heute vorfinden. Das dieser Wandel, seine Spuren auch im Umgang der Politik mit Journalismus und umgekehrt hinterlassen hat, ist die logische Konsequenz. Im folgenden Abschnitt möchte ich diese Entwicklung am Beispiel Österreich kurz skizzieren. Dem historischen Aufriss folgen theoretische Aspekte aus dem Bereich Politik und Medien. Soweit möglich, sollen immer wieder Bezüge zum Hauptthema dieser Arbeite hergestellt werden und Akteure zu Wort kommen. Den Beginn mach eine Abschnitt zu Vermittlungs- und Mediennutzungsaspekten. Der zu beschreibende Prozess, der Weiterentwicklung der Medienlandschaft und die Anpassung der Politik an die geänderten Bedingungen wird von Blumler/Kavanagh in ein drei Phasenmodell unterteilt (vgl. Blumler/Kavanagh 1999). Diese können auch auf die österreichische Medien und Politikentwicklung angepasst werden.

5.1. Aspekte der medialen Politikvermittlung – drei Phasen Modell 5.1.1. Die partei- und printorientierte Phase: Blumler/Kavanagh sprechen in diesem Zusammenhang von „the golden age of parties“. Im Grunde ist diese Einteilung auch mit jener Zeit ident, die sich durch starke Parteibindung und hohen Organisationsgrad auszeichnete. Ich habe dies im Abschnitt 4.1ff.beschrieben. Es kamen viele Initiativen von der Politik. Die politischen Führer kommunizierten Inhalte eher parteiintern und über die Parteiorgane – weniger über Massenmedien (vgl. Blumler/Kavanagh 1999, 211ff.) In Österreich könnte das Verhältnis zwischen Partein und Medien (Rundfunk) ebenfalls als lose bezeichnet werden. Medien berichteten über Politik mit einem gewissen Respektsabstand. Politische Entscheidungen, deren Folgen, oder Motive, wurden kaum hinterfragt. Ich füge an dieser Stelle hinzu, dass sich meine Beobachtungen vor allem auf die Fernsehberichterstattung konzentrieren. In den Printmedien gab es sehr wohl Kritik an der Tagespolitik sei es in Form von Satire, also Graphiken oder in Form von kritischen Kommentaren. Das Fernsehen hielt sich in diesem Zusammenhang zurück, was nicht wenig verwundert, war es in der unmittelbaren Nachkriegszeit doch zuerst unter alliierter Kontrolle und dann in der Hand der Parteien selbst. Darüber hinaus standen den Parteien ihre Parteizeitungen zur Verfügung. Sie stellen neben dem Radio die Hauptbezugsquelle für politische Information dar. Direkter Einfluss der Politik auf Mitbewerber auf dem Zeitungssektor war nicht nötig – man hatte Sprachrohre. Das Rundfunkvolksbegehren von 1964 wäre vermutlich sonst nicht zu Stande gekommen. Intensive Diskussion zu tagespolitischen Inhalten im Fernsehen war nicht von

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Nöten. Ebenso wenig sahen sich Politiker zu Fernsehauftritten getrieben. Schließlich war das Wählerspektrum überschaubar, die Großparteien durch, ideologische Gräben getrennt und das Wahlverhalten durch den hohen Organisationsgrad vorhersehbar. Vor ein paar Jahrzehnten waren Wahlen eine leichte Sache. Zwischen 80 und 90 % der Wahlberechtigten stimmten für SPÖ oder die ÖVP, komme was wolle. Der Rest wählte die FPÖ oder war Nichtwähler. Deren Mobilisierung und ein paar % Wechselwähler entschieden darüber, wer den Ersten Platz erreichte – heute Beträgt die Stammwählerschaft bestenfalls ein Drittel. (vgl. Filzmaier 2007, 52).

Viel von dem, was Filzmaier anführt war dem politische Organisationsgrad geschuldet. Es gabt nicht besonders viele Gründe, im Revier des politischen Gegners nach Wählern zu suchen. Lediglich in Bezug auf „Ehemalige“ (ehemalige NSDAP Mitglieder), und deren rund 700.000 Stimmen wurde bald nach dem Krieg geworben (vgl. Manoschek/Geldmacher 578-582) – ein Bereich, das eher der Vergangenheitsbewältigung anzurechnen ist. Kurz: „Politiker machten Politik – und die Journalisten des ORF berichteten was ihnen aufgetragen wurde.“ Erst das Rundfunkvolksbegehren und das darauf folgende ORF Gesetz vermochte es, eine gewisse Distanz zwischen Politik und Journalismus zu schaffen. Gleichzeitig leitete der zunehmende Erfolg des Fernsehens die 2.Phase ein.

5.1.2. Die TV-zentrierte Phase: „Die Journalisten mögen sich nun doch etwas mehr Brustumfang zulegen“, soll der damalige Intendant Gerd Bacher seinen Kollegen gesagt haben. In der Tat bewegte sich auch die Fernsehberichterstatter weg von ihrer Rolle als „Hofschranzen der großen Koalition“. Es gab schlicht und einfach mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Spielraum, durch das damals neue ORF-Gesetz. Bachers Macht wurde allerdings auf Initiative von Bundeskanzler Kreisky etwas geschwächt – Die Stärkung der Gremien fand 1974 unter SPÖ Alleinregierung statt (vgl. Steinmaurer 2002, 33). Aus der Theorie Blumlers und Kavanaghs charakterisiert jenes Zeitalter in gewissem Sinn, das Aufbrechen der Parteistrukturen. Die Menschen waren der „Parteipropaganda“ aufgrund der Berichterstattung über Politiker und politische Veranstaltungen nicht mehr so ausgesetzt. Daher konnten auch Menschen erreicht werden, die nicht so leicht über Parteiorganisationen oder enge Bindung zu Parteien, sondern durch Informationen aus dem Fernsehen, Zugang zu Themen fanden (vgl. Blumler/Kavanagh 1999, 212). Dies reduzierte die „Allmacht der Partein“ - auch auf Informationen über Politikein - ein wenig. Plasser/Ulram sehen in diesem Kontext das Rundfunkvolksbegehren auch als einen Bruch zwischen Parteieliten und redaktionellen Eliten (vgl. Plasser/Ulram 2002, 22). Das bedeutet natürlich auch, Änderungen in der Berichterstattung der Journalisten im Rundfunk. Vom reinen Vermittler zu einer kritischeren Auseinandersetzung mit jenen Inhalten. Natürlich hieß das noch lange nicht, dass in Österreich nun die Zeiten des Auftrags- oder Vermittlungsjournalismus beendet gewesen wären. Aber von Seiten der Journalisten wurden nun mehrere Themen hinterfragt und nicht bloß im Wortlaut weitergegeben. Das löste seitens der Politik nicht immer Begeisterungsstürme aus, wollte man dem Rezipienten/Wähler doch ein möglichst fehlerfreies Bild bieten, dass nicht durch mediale Berichterstattung beschmutzt werden sollte. Daher gab es immer wieder Versuche negative Berichte, so man diese in der Entstehung nicht mehr verhindern konnte, mittels Interventionen im ORF selbst, zu verhindern oder Änderungen in den Berichten zu erwirken, bevor diese gesendet werden konnten. Diese Vorgehensweise ist zeitlich ungebunden, soll heißen, sie tritt über die Jahre hinweg immer

106 Stefan Langmann 0104885 wieder auf, wird allerdings zumeist von den betroffenen Journalisten nicht publik gemacht und ist daher schwer nachzuvollziehen.

Die TV-zentrierte Phase ließ nicht nur den Journalismus eine Entwicklung durchlaufen. Auch in der Politik war man lernfähig. Hierzulande wird stets Kanzler Kreisky als jener genannt, der die Wirkung des Mediums erkannte – und den Umgang mit Journalisten generell auf besondere Art pflegte. Handelte es sich anfangs zwar um das politisch vereinnahmte aber dennoch stiefmütterlich betrachtetet „Büdlradio“, wurde Fernsehen bald als wichtiges Medium zum Transport politischer Botschaften entdeckt. Während sich beispielsweise 1961 erst 11 % der Bevölkerung via Fernsehen über das öffentliche Leben informierten, stieg die Zahl jener 1981 auf 55 % und sollte im Jahr 2003 bei 75 % liegen (vgl. Plasser 2006, 531). Spätestens 1970 - der erste Wahlkampf mit zwei Fernsehdiskussionen fand statt23 - war klar dass die Politik sich künftig bessere Pläne für den Umgang mit jenem Medium zurecht legen musste. Das Wegbrechen alter Strukturen – verschwindende Parteipresse und stetige Umstrukturierung - beschleunigte diese Prozesse noch zusätzlich. Übrig blieb der ORF. Redakteur Johannes Fischer bestätigt dies wie folgt: F: „...das ist ein wichtiger Aspekt, also seit die Parteizeitungen weg sind, die haben ja früher Parteizeitungen gehabt. Arbeiterzeitung, Neues Volksblatt und so weiter. Wo sie ihre Meinung darstellen haben können. Die sind dann alle eingegangen, zu recht oder zu unrecht, dass weiß man nicht und im Endeffekt ist der ORF übergeblieben, als Sprachrohr für die Parteipolitik, ja. Heute machen sie ihre Pressekonferenzen und der ORF berichtet brav. Ok, es berichten die anderen Zeitungen auch, insofern ist der ORF für die mediale Präsenz wichtig, aber das Unternehmen selbst war den Parteipolitikern noch nie wichtig. Denen ist wichtig wie oft sie aus dem Kasten schauen. Alles andere ist ihnen ziemlich wurscht.“ (Interview mit Johannes Fischer 20090626)

In etwas mehr als zehn Jahren sanken die Marktanteile der Parteipresse von 36 % im Jahr 1959, auf lediglich 20 % 1970 (vgl. Plasser/Ulram 2004, 41). Im Gegenzug wohnten dafür aber bereits 72 % der Bevölkerung in Haushalten mit TV, so jedenfalls die Situation im Jahr 1971 (vgl. ebd. 41). Allein dieser Anstieg und die Aussage Fischers lassen erahnen wie man sich in der Politik künftig orientierte.

5.1.3. Die multimediale Evolutionsphase Die gegenwärtige Entwicklungsstufe wird im drei Phasen Modell als multimediale Evolutionsphase bezeichnet. Sie entwickelte sich fließend, beginnend mit dem steigenden TV-Angebot, über die Verbreitung des Internet bis hin zu diversen Entwicklungen im Bereich „Social Media“. „Österreich entspricht dem Typus einer hochentwickelten Mediendemokratie, in der politische, soziale und mediale Realitäten nicht nur zunehmend verschmelzen, sonder sich überwiegend als von Massenmedien wie Neuen Medien konstruierte soziale Realitäten darstellen.“(vgl. Plasser 2006, 525).

Blumler und Kavanagh stellen für diese Phase eine Vervielfältigung auf mehreren Ebene fest. Die Medienproduktion erstreckt sich über eine nahezu unüberschaubare Zahl an Kanälen. Nachrichten und andere Inhalte werden rund um die Uhr ausgestrahlt. Rezipienten verfügen über mehrere Empfangsgeräte und einer ganze Reihe von Features und Zubehör. Der Nachrichtenrhythmus erfuhr

23 Der legendäre Auftritt Kreisky gegen Klaus wurde hier ausgestrahlt 107 Stefan Langmann 0104885 eine gewaltige Beschleunigung. Die politische Kommunikation musste sich dieser Logik anpassen. „Man erwartet von Politikern bereits Antworten zu Themen, noch ehe sich diese darüber ausreichend informieren konnten“ (vgl. Blumler/Kavanagh 1999, 213). In dieser Form der Mediendemokratie findet also auch, ein verstärkter Konkurrenzkampf um ein knappes Gut statt – die Aufmerksamkeit der Rezipienten. Was heißt das nun für Österreich? Obgleich der Durchschnittsösterreicher mittlerweile rund ein Viertel des Tages mit der Nutzung der verschiedenen Medienangebot verbringt, ist er nicht in allen Medien im selben Ausmaß für politische Informationen empfänglich. Hier gilt es institutionelle und strukturelle Spezifika zu beachten – schließlich ist, für einen Kleinstaat wie Österreich, das Angebot an politischer Information via Medien nicht in dem Ausmaß verfügbar, wie das für Blumler/Kavanagh in den USA oder dem Vereinigten Königreich der Fall ist. An jener Stelle wo Politik und Politikdarstellung auf Mediensysteme trifft, wird wiederum jenes System schlagend, dass bereits im medienpolitischen Teil jener Arbeit im Unterpunkt Mediensysteme im politischen Umfeld Erwähnung fand – das von Hallin und Mancini beschriebene Modell, welches Österreich zu den nordeuropäisch-demokratisch-korporatistisch dominierten Ländern zählt. Dem entspricht auch das Mediensystem und der Umgang damit. Wie sich in Österreich zeigt, war der Korporatismus lange Zeit der dominierendste Einfluss auf die Medienlandschaft. Politischer Parallelismus ist eine weiter Komponente, die - wenn auch von Experten als rückläufig bezeichnet – spürbare Ausformungen im Medien- und Politiksystem hinterlässt. Verflechtungen zwischen Politik und Journalismus allein auf der thematischen Ebene sind hier evident. Daran änderte auch der Übertritt in eine multimediale Phase vorerst wenig. Doch werfen wir eine weiteren Blick in die österreichische Medienlandschaft.

5.2. Mediennutzung in Österreich Ich möchte mich kurz in die Lage der Politik mit ihrem Vermittlungs- und Kommunikationsbedürfnis versetzen. Um festzulegen auf welches Medium ich mich am besten fokussiere, um meine Klientel zu erreichen, muss ich wissen wie und vor allem wozu die Menschen im Land die jeweiligen Medien nutzen. Je zielgerichteter ich dies bewerkstelligen kann, umso eher darf ich annehmen, dass meine Botschaften auch Gehör finden. In weiterer Folge also nun ein kurzer Überblick zur Mediennutzung in Österreich, unterteilt in Fernsehen/Print und Internet.

5.2.1. Fernsehen und Print Es kann angenommen werden, dass die Politik am stärksten in jenes Medium drängt, dass von der Bevölkerung am meisten genutzt wird – schließlich erreichen die Botschaften hier die meisten Rezipienten. Da alle Partein auf Wählerstimmen angewiesen sind, gilt dies umso mehr. Um mehr Licht in die Sache zu bringen, empfiehlt sich ein Blick in die Bereiche der Reichweiten- und Meinungsforschung. Basierend auf Umfragen ist das Fernsehen ab 1971 wichtigste Informationsquelle der Österreicher (vgl. Plasser/Ulram 2004, 74). Waren es zu jenem Zeitpunkt noch 48% der Bevölkerung, die ihre tagesaktuellen Informationen aus dem TV bezogen, sollten diese Zahlen von 1981 bis 2003 nicht mehr unter die 50% Marke fallen. 1989 gaben sogar 64% der Österreicher das Fernsehen als primäre Informationsquelle an (vgl. Plasser/Ulram 2004, 74). Dies änderte sich auch mit der zunehmenden Etablierung des Internets in Österreich nicht. Im Jahr 2008 sahen fast 2/3 der Österreicher täglich fern

108 Stefan Langmann 0104885 und ein Viertel surft täglich im Internet. Eine Tageszeitung lesen fast drei Viertel der Österreicher (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 22). Auf den ersten Blick geben diese Zahlen noch keinen Aufschluss, welche Produkte von den Österreichern gesehen und gelesen wurden, allerdings zeigt sich, dass die Österreicher besonders über TV und Print erreicht werden können. Umfragen bestätigen, dass das Fernsehen als Hauptbezugsquelle von politischer Information zu betrachten ist. 2003 bezogen etwa 56% der Österreicher Informationen zu politischen Themen aus dem Fernsehen. 20% bevorzugten dazu eine Tageszeitung (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 26). Diese Angaben können auch zur Bewertung und Interpretation des in jener Arbeit abgesteckten Zeitraums verwendet werden. Fernsehen als Hauptquelle politischer Information. In den nachfolgenden Jahren wandte sich das Bild entscheidend. Der ORF stellte mit der Nachrichtensendung Zeit im Bild 19:30 (ZiB 19:30), nicht länger den Hauptanbieter politischer Information. Im Jahr 2008/09 finden wir die „Kronenzeitung“ mit 41% klar vor dem ORF. Die ZiB wurde hier nur mehr von 14,1% der Bevölkerung zur politischen Information genutzt (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 44). Einhergehende mit der Präferenz von Fernsehen und Tageszeitungen, werden diese beiden Mediengattungen auch, als die am glaubwürdigsten genannt – politische Informationen betreffend. 51% nannten im Jahr 2003 das Fernsehen als am glaubwürdigsten und 14% die jeweilige Tageszeitung (vgl. ebd. 26). Wie bereits erwähnt, wurden bei der Umfrage keine Titel oder Sendungen abgefragt. Vergegenwärtigen wir uns aber die Situation auf dem österreichischen Medienmarkt, können wir folgenden Schluss ziehen: Da das Fernsehmonopol in Österreich erst im Jahr 2003 fiel, und die Präferenz für bundesdeutsche Politik als vernachlässigbar zu bezeichnen ist, wird klar wer Hauptversorger bezüglich politischer Information ist – der ORF. Die mittlerweile geschaffenen Privatfernsehanbieter haben, von singulären Ereignissen abgesehen, keinen Einfluss auf die Vormachtstellung des ORF. Auf dem Zeitungsmarkt finden wir zwar etwas mehr Diversität, aber unumstrittene Marktführerin ist die „Kronenzeitung“. Auf die Frage, nach den für österreichische Partein wichtigen Medien meinte Peter Westenthaler: W: „...also aus der Sicht der Politik her, sind in dem Land zwei Medien meinungsbildend. Das ist der ORF und die Kronenzeitung...sonst kein Medium... manche vielleicht auf einem guten Weg...ich sag jetzt auch neue Printmedien wie „Österreich“ im Osten kann man da nennen – also lokal bedingt. Aber flächendeckend/Österreichweit gibt es nur die beiden Medien und das ist der ORF und die „Kronenzeitung“. Die in dem Land auch Meinung machen...die das aber auch wissen.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

ORF-Redakteur Johannes Fischer sah dies ähnlich. Gleichzeitig relativierte er die „Macht“ der Kronenzeitung. Im Bereich Rundfunk führte allerdings kein Weg am ORF vorbei: F: „...Wer ist das führende Medium, erst Antwort „Kronenzeitung“. Wobei auch die Frage was ist ein führendes Medium? Für wen? „Kronenzeitung“ sage ich mal für die Breite Masse. Aber die politischen Veränderungen kommen von anderen Zeitungen, vom “Standard“ vom „Kurier“, von der „Presse“ et cetera. Das ist bei uns auch so. Wir sind das führende Medium, das Leitmedium in dem Land, noch, vielleicht ändert sich das auch einmal, aber daneben gibt’s ja nichts. Audiovisuell gibt’s ja neben uns nichts. Puls4, ATV sind alle marginale Größen. Also, was audiovisuelle Medien anbelangt, ist der ORF das Leitmedium, und daher unverzichtbar für die Politik und auch im politischen Geschehen unverzichtbar. Geht gar nicht anders.“ (Interview mit Johannes Fischer 20090626).

Bemerkenswert ist nicht nur die Situation die wir in Bezug auf die Mediennutzung vorfinden. Abgefragt nach dem generellen Vertrauen in „Institutionen“ bewerten die Österreicher Fernsehen und Printmedien besonders hoch. Während 72% Fernsehen für glaubwürdig erachten – hiermit wird im

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EU-Vergleich Platz 3 nach nordischen Ländern belegt, ist das Vertrauen in Printmedien an erster Stelle in der EU (vgl. Plasser/Lengauer 2010 26ff.). Dieser hohe Wert kann sich nicht nur aus den, im österreichischen Vergleich geringen Lesern der ebenso wenigen Qualitätsblätter zusammensetzen. Hier wird scheinbar, die in intellektuellen Kreisen oft als „Boulevardblatt“ kritisierte „Kronenzeitung“ von ihren Lesern gänzlich anders gesehen und bewertet. Der Stellenwert des öffentlich-rechtlicher Rundfunks, der über Jahre hinweg als Monopolist aufzutreten vermochte, bedingt in diesem Fall wenig Erklärung. Wie glaubhaft Medieninhalte sind, ist jedoch noch nicht allein ausschlaggebend. Natürlich möchte keiner der Rezipienten belogen und betrogen werden, dennoch, neben dem Vertrauen ist auch das Interesse für die verschiedenen Inhalte relevant. Die Österreicher interessieren sich, und diese relativiert die Thematik etwas, nur unterdurchschnittlich für Politik. Im europaweiten Vergleich interessierten sich nur 37% der Bevölkerung für politische Inhalte in den Medien. Dagegen dominierte für mehr als die Hälfte der Österreicher (53%) das Interesse an Nachrichten aus dem Bereich Entertainment & Celebrities – hier liegt das österreichische Ergebnis über dem Durchschnitt der EU- 27 (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 28). Ob Faktoren wie „soziale Erwünschtheit“ die Angaben bei der Befragung beeinflusst haben ist nicht bekannt. Völlig unmöglich ist dies jedoch nicht. So könnten sich in Österreich in Realiter noch weniger Menschen für politische Nachrichten interessieren und noch mehr für Entertainment und Celebrities als die genannten 53%. Was bedeutet das nun aber für die Politik? „Die Politik schätzt die Wirkung des Fernsehens falsch ein!“ – und meint, die Zahl der Auftritte in jenem Medium müssten stets gesteigert werden, um bei potentiellen Sehern, die zum Großteil auch Wähler sind, einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Dies wäre eine Annahme, mit deren Hilfe der „harte Kampf“ um Positionen, Posten und Sendungsminuten im ORF gerechtfertigt werden könnte.

Fernsehen war, ob nun über- oder unterschätz, entscheidend am Wandel der Mediennutzung und in weiterer Folge auch der politischen Präsentation, sowie an der Wahrnehmung von Politik mitbeteiligt. Von der Dominanz durch Radio und Presse, über die Etablierung des Fernsehens und den zunehmenden Rückgang der Parteipresse, hin zu einem System in dem das Fernsehen den Großteil der Informationsleistung für die Bürger bereit hält. Zeitungen konnten im Lauf der Jahre nicht völlig verdrängt werden. Sind sie doch in der Lage, einen anderen Markt zu bedienen. Sie können mehr Hintergrundinformationen zu aktuellen Themen, oder Sparteninteressen bieten. Damit kann auch ein öffentlich-rechtlicher Sender wie der ORF, der an Fernsehlogik gebunden ist, nicht immer konkurrieren. Einzig, wenn es um Einnahmen aus Werbung und das Verhältnis privat/öffentlich-rechtlich geht, ist die Stimmung zwischen Print und Rundfunk nicht immer entspannt, wir finden eine Konkurrenzverhältnis vor. Den Werbemarkt teilen sich Fernsehen und Printmedien gezwungenermaßen. In einem kleinen Land wie Österreich, ein nicht immer einfaches Unterfangen – wie ich in Abschnitt 1.ff bereits dargestellt habe.

5.2.2. Internet Neben Rundfunk und Zeitungsmarkt, spielt zusehends auch das Internet eine Rolle. Seit Mitte der 1990 Jahre ist dies auch in Österreich relevant. Im Jahr 2004 hatten bereits 64% der Österreicher die Möglichkeit am Arbeitsplatz oder zuhause im Netz zu surfen. 46% der Bevölkerung nutzten es zu

110 Stefan Langmann 0104885 diesem Zeitpunkt nahezu täglich. Als Quelle politischer Information wurde es jedoch in dem für dies Arbeit relevanten Zeitraum nicht wirklich genutzt. 2001 suchten erst 9% der Österreicher politische Informationen im Netz. 2003 waren es bereits 14% (vgl. Plasser 2006, 530ff.). Das Wachstum schritt schnell vor sich. Im Jahr 2009 hatten bereits 73% der Bevölkerung Zugang zum World Wide Web – das bedeutet nicht nur Platz neun im europäischen Vergleich, sondern bringt Österreich auch global in die Spitzengruppe – im Vergleich: der weltweite Useranteil liegt bei nur 24% (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 50). Auch die Nutzer, die sich über politische Inhalte informieren stieg an. Es diente sowohl zur politischen Kommunikation, als auch der Inszenierung von Parteiinteressen und Events. An Aktualität und Geschwindigkeit, dem Rundfunk um nichts nachstehend, hat das Internet den Vorteil, dass die Politik selbst die Agenden setzen und Themen gestalten kann. Peter Westenthaler sieht darin auch die Möglichkeit, die „Macht“ des ORF einzuschränken: W: „...Daß insgesamt die Meinungsbildung des ORF abnimmt oder abgenommen hat in den letzten 10/15 Jahren ist auch evident. Aufgrund der neuen Medien – ganz klar. Die jungen Leute, soweit man diesen letzten Analysen und Umfragen auch flogen kann, konsumieren nicht ausschließlich vom ORF – sonder zum überwiegenden Teil aus dem Internet, Twitter, Social-Media ihre Informationen, die dort ungefiltert daherkommen, ohne viel Kommentar, daher wird’s schon so sein, dass die Beeinflussungsmacht des ORF nachgelassen hat. Mit Sicherheit auch spürbar nachgelassen hat.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522)

Die Möglichkeit Informationen „ungefiltert“ zu verbreiten mag ihre Meriten haben, aber auch politisch motivierte Manipulationen, beispielsweise in der Online Enzyklika „Wikipedia“ waren auch in Österreich bereits Thema. Der Vorwurf SPÖ und ÖVP hätten kritische Einträge gelöscht stand im Raum. Beide Parteien wiesen dies stets zurück. Es hätte sich nicht um konzertierte Aktionen, sondern um das Werk einzelnern Funktionäre gehandelt. Diese sei nicht zu verhindern gewesen (vgl. k.A. „Wenn das eigene Licht noch heller strahlt“ http://newsv1.orf.at/070830-16013/ ). Unabhängig davon wie diese Manipulationen nun wirklich zu Stande kamen, zeigt es auf bedenkliche Weise, dass Parteien oder manche Funktionäre scheinbar unfähig sind, sich kritisch mit ihrer Partei, oder deren Geschichte auseinander zusetzen.

Dabei müssen Selbstdarstellung und Schmutzkübelkampagnen wider politischer Gegner der Politik nicht immer zum Vorteil gereichen. Es sei nur auf die in der USA bereits gängige Praxis des „Internet- Lobbying“ hingewiesen. Das dies mitunter bizarre Formen annehmen kann, zeigt der amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Dieser wird in Bezug auf Internetkampagnen am weltweit fortschrittlichsten geführt. Das bezieht sich sowohl auf die Mobilisierung der Anhängerschaft eines Kandidaten, als auch auf das bewusste Beflegeln und Verleumden des politischen Gegners. Neben den Parteien besitzt auch der ORF eine Internetseite. Diese stand zwar im Zuge meiner Arbeit nicht im Blickfeld der Recherche, allerdings möchte ich nicht vorenthalten, dass es um www.orf.at auch immer wieder Kontroversen gibt. Ist sie doch eine der meistbesuchten Homepages Österreichs und deswegen immer wieder der Zeitungskonkurrenz ein Dorn im Auge. Im Jahr 2008 erreichte die Homepage des ORF etwas mehr als 3,6 Millionen Nutzer. Im Vergleich, die meistgesehene Internetseite einer Zeitung – in dem Fall oe24.at – der Pendant von „Österreich“ erreichte mit rund 1,4 Millionen Nutzern nicht einmal halb so viele Menschen. Der Standard und die „Kronenzeitung“ belegen Platz 3 und 4 bezüglich Internetseitennutzung (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 42ff.). Die Thematik – Internetauftritte von Tageszeitungen wäre an sich Stoff für eine eigenständige Arbeit – doch nur so viel: Es gibt, wie erwähnt nur wenige Tageszeitungen in Österreich, die im Stande sind, ihren Internetauftritt kostendeckend zu gestalten - die „free-content-Mentalität“ der Internetnutzer und

111 Stefan Langmann 0104885 andere Schwierigkeiten erleichtern die Situation nicht. Im Gegensatz dazu, schafft es der ORF als gebührenfinanzierter, öffentlich-rechtlicher Anbieter einen sehr erfolgreichen Internetauftritt zu bewerkstelligen. Fritz Wendl wies ebenfalls auf die erfolgreiche Verbindung zwischen den ORF- Programmen und www.orf.at hin: FW: „Da ist zum Beispiel die Koppelung mit www.orf.at , das eine Programmnähe hat, die an klassisch öffentlich- rechtlich..., da ist viel mehr Lesestoff, als bei anderen Onlineangeboten, ist trotzdem so auf Einwohner umgerechnet, so ziemlich das erfolgreichste, was man sehen kann. Aber auch dort muss man schauen, was geschieht rund herum. Je mehr Internet, umso internationaler im Zugriff ist das dann. Ich kann nie negieren, Entwicklungen, ich muss sie nur mit einem halbwegs vernünftigem Bewusstsein machen.“ (Interview mit Fritz Wendl 20090607).

Gegner des Senders berufen sich auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF und vertreten die Ansicht, dass es nicht zu den Kernaufgaben eines Rundfunksenders gehöre, auch im Internet derart präsent zu sein. Anderseits sieht sich der ORF gezwungen am Puls der Zeit zu bleiben und so auch, im immer wichtiger werdenden „Medium-Internet“ zu reüssieren.

5.3. „Politische Kommunikationskultur“ Nicht nur das eben behandelte Mediennutzungsverhalten entscheidet welches Medium zur politischen Kommunikation relevant wird. Die gegenseitige Wahrnehmung von Polit- und Medieneliten, sowie deren Umgang miteinander, entscheidet über die Ausprägung eines Mediensystems. Dieses unterscheidet sich logischer Weise von Land zu Land. Enge Beziehungen zwischen Journalisten und Politikern können sich negativ auf Inhalte auswirken. Parteilichkeit in den Medien ebenso. Politik, die Medien für sich allein beansprucht und mitgestalten möchte, zeugt ebenso wenig von einem liberalen Medienverständnis wie Journalismus, der von Sensationslust getrieben, zu Dramatisierung und Sensationen neigt – Das in einem Land über Jahrzehnte hinweg etablierte System der politischen Kultur und die Tradition der öffentlichen Diskurse ist ebenso im Stande, die Stile redaktioneller Politikvermittlung, sowie die politische Kommunikationspraxis zu prägen. Hier eine wissenschaftliche Kategorisierung zu finden ist, ob der Vielfalt an kulturellen Zugängen und Ausprägungen von Mediensystems denkbar schwierig. Blumler und Gurevitch versuchten die Einführung des Konzepts „Kommunikationskultur“ bereits in den 1970 Jahren (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 54). Kommunikationskultur wird hier in Anlehnung an andere wissenschaftliche Konzepte, als Teil der allgemeinen politischen Kultur gesehen und bezieht sich auf die wechselseitigen Wahrnehmungen, Orientierungen und professionellen Sichtweisen der gesellschaftlichen Akteure in Medien und Politik (vgl. ebd. 55). Die Strukturellen Besonderheiten eines politischen Kommunikationssystems wie Homogenität vs. Heterogenität der Rollenbilder Nähe vs. Distanz in den Beziehungen zwischen Journalisten und Politikern Redaktionelle Autonomie der Medieninstitutionen vs. politischer Steuerung Parallelstrukturen zwischen Medien und politischen Akteuren Diese Punke erhöhen oder vermindern je nach Zutreffen eine bestimmte Rollenkonfiguration und prägen die Kommunikationsorientierung aller beteiligter Akteure. In den Medien wie in der Politik (vgl. Blumler/Gurevitch 1995 zit. nach Plasser/Lengauer 2010, 55). Die Konzeptionen der beiden Forscher förderten zwar die Rezeption der Phänomene, empirischer Erhebungen blieben mangels Ländervergleiche allerdings aus (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 55).

112 Stefan Langmann 0104885

Erst Barbara Pfetsch ermöglichte dies. Das von ihr entwickelte Modell nahm auch Anleihe an den von Hallin und Mancini entwickelten „Modellen von Mediensystemen“ – ich habe diese bereits im Abschnitt 2.8.4 Mediensysteme im politischen Umfeld erwähnt. Die folgende Graphik verdeutlicht die von Pfetsch festgelegten Parameter, anhand derer Ausprägungen von „Kommunikationskultur“ festgelegt werden können.

Selbstbild (Kommunikationsrolle und Normen)

Große Distanz zwischen Geringe Distanz politischen Sprechern zwischen politischer

und Journalisten Sprechern und Journalisten Dominanz der medienorientierte PR-orientierte Medienlogik politische politischer (Aufmerksamkeit als Kommunikationskultur Kommunikationskultur primäres Ziel)

Dominanz der politischen Logik strategische politische (partei)politische (Herrschaft als Kommunikationskultur Kommunikationskultur Output politischen der Kommunikation – Ausrichtung pol. der Öffentlichkeitsarbeit dominantes Ziel) (vgl. Pfetsch 2003, 52) Neben diesem Ansatz, der die verschiedenen Formen der Koexistenz zwischen Vertretern von Medien und Politik veranschaulicht, gibt es weitere Zugänge. Anita Staudacher führt in ihrer Dissertation zum Nahverhältnis zwischen Politikern und Journalisten in Österreich folgende drei verschiedene Klassifizierung von Politikern ein. So gib es unter den Politkern, Medienmaximierer, Medienskeptiker und Medienminimalisten (vgl. Staudacher 1997, 165ff). Jeder dieser persönlichen Ausprägungsformen geht anders mit Medien/Journalisten um. Ziel aller ist es jedoch, eine Botschaft zu kommunizieren – an dieser Stelle könnte dann das Modell Pfetschs angelegt werden. Die Medienmaximalisten versuchen, wie der Name schon impliziert, soviel wie möglich aus der Mediennutzung herauszuholen, sei es aktiv oder passiv. Sie spielen sozusagen ihr eigenes Spiel mit den Journalisten, lassen diesen Mitteilungen zukommen und sind weitgehend an die vorherrschende Medienlogik angepasst. Oft pflegt der Medienmaximalist enge Kontakte zu Journalisten (vgl. Staudacher 1997, 166ff.). Da sich Staudachers Untersuchung auf den Bereich österreichische Innenpolitik beschränkte und im Zug jener Dissertation nicht weiterentwickelt wurde, werde ich die beiden anderen Medienskeptiker und Medienminimalist nicht weiter anführen, nur soviel: beide gehen bezüglich aktiver Mediennutzung weit vorsichtiger/ihrer Bezeichnung entsprechend um. Zum Teil aus Misstrauen, oder aus persönlichen Erfahrungswerten. Allerdings wissen alle drei Typen um die Wichtigkeit von Medienkontakten bescheid (vgl. Staudacher 1997, 167-170).

113 Stefan Langmann 0104885

5.3.1. Journalistisches Rollenverständnis Zur Beschreibung der spezifischen Kommunikationskultur eines Landes zählt auch das Selbstverständnis, das sowohl Journalisten als auch Politikern inne wohnt. So wie jene Proponenten der Gesellschaft ihre Aufgaben sehen, so können sie diese auch wahrnehmen. Umfassende Studien dazu gab es, im für diese Arbeit relevanten Zeitraum nicht – vielmehr wurde immer wieder nur punktuelle Erhebungen in jenem Feld getätigt. Erst im Jahr 2003 wurde eine durch den EFS gestützt und durch den österreichischen Forschungs-Förderungs-Fond durchgeführt. Nach dem top-down Prinzip wurde bei politischen und journalistischen Eliten mit der Befragung begonnen (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 58). Im Kreis der Journalisten zählte es 2003 nach eigener Definition zur Hauptaufgabe, politische Entscheidungen und die dahinter stehenden Prozesse für die Rezipienten transparent zu machen – 66%. An zweiter Stelle nannten 60% die kritische Kontrollfunktion, gefolgt von 43% die es als Hauptaufgabe sahen, komplexe Sachverhalte verständlich zu erklären und die Anteilnahme des Publikums an der Politik zu wecken. Platz 4. belegte „neutrale Informationsvermittlung“ mit 36% (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 62). Im Vergleich zur erneuten Studie im Jahr 2008 nahmen die ersten beiden Parameter prozentuell ab und sanken auf 55% beziehungsweise 49%. Die Erklärung von komplexen Sachverhalten hielt unverändert bei 43% (vgl. ebd.). Die „neutrale Vermittlung“ stieg auf 44% an.

5.3.2. Politisches Rollenverständnis Auf der Gegenseite, in der Politik fanden die Studienautoren ein ebenso spezifisches Bild der Selbstwahrnehmung vor. Für 87% der Politiker war es entscheidend, zu Gestalten, Entscheidungen zu treffen und dabei Führungsstärke an den Tag zu legen. Platz zwei der Selbstwahrnehmung belegten Kommunikation mit der Öffentlichkeit – Überzeugungsarbeit leisten – 57%. An Dritter Stelle Ansprechpartner der Bevölkerung sein, mit 38% und schließlich für Stabilität und Interessensausgleich zu sorgen. Hierfür sprachen sich 28% der befragten Politiker aus (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 58). Auch Pfetsch und Maurer halten hierzu fest, dass abgesehen vom unterschiedlichen Selbstverständnis, die beiden Gruppen oft reziproke Vorstellungen von den professionellen Normen und Werten der jeweils anderen Gruppe hatten (vgl. Pfetsch/Mauerer 2008, 103). Dort wo sich Eigen- und Außenwahrnehmung nicht decken kommt es vermehrt zu Missverständnissen und Konflikten. Weitere Auswertungen der Studie ergaben eine erhebliche Fehlwahrnehmung journalistischer Handlungslogik seitens der Politiker. Die Rolle des interpretierenden und kontrollierenden Journalisten, der in der Wahrnehmung der Journalisten eine wesentliche Rolle spielte, wurde seitens der Politik nicht als eklatant wahrgenommen. Hingegen vertrat man dort die Ansicht, Journalisten würden sich an den flüchtigen Erwartungen und wandelnden Stimmungslagen des Massenpublikums orientieren (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 63). Wichtige Normen des Journalismus werden so von der Politik unterschätz, während Politiker sich durchaus selbst als die sehen, die Informationen weiterleiten und Sachverhalte darstellen.

5.3.3. Wandel in Politik und Journalismus Vermutlich wäre es naiv zu glauben, allein aus ihrer eigenen Wahrnehmung und dem Wahrnehme der Rolle des anderen könnte die Situation zwischen Medien und Politik erklärt werden – auch wenn es

114 Stefan Langmann 0104885 sich dabei um einen sehr aufschlussreichen Zugang handelt. Sowohl das Feld des Journalismus, als auch jenes der Politik – genau genommen befinden sich beide aufgrund der bestehenden Abhängigkeiten auf dem selben Feld - hat sich im Laufe der Jahre entscheidend gewandelt. „Die Journalisten“ oder „Die Politiker“ gab es losgelöst und alleinstehend nie. Beide gesellschaftlichen Akteure sind einem steten Wandel und in den letzen Jahrzehnten – auch durch Weiterentwicklungen der Medien – einer gehörigen Beschleunigung ausgesetzt worden. Andere Komponenten wie Änderungen im politischen System und ökonomische Zwänge trugen das ihre zu Anpassungen in Medienlogik und politischer Präsentation bei. Journalismus heute, geht anders an Themen heran, als dies noch in den 1970 Jahren getan wurde. Die bloßen „Hofschranzen“ aus der Zeit vor dem Rundfunkvolksbegehren wurden mündiger. Das Selbstverständnis der Journalisten als Berichterstatter, die hinter die Kulissen blicken setzte sich zunehmend durch. Auf der anderen Seite setzten ökonomische Zwänge und mit ihnen Beschleunigung und Zeitdruck dem journalistischen Arbeiten enge Grenzen. Ähnliches kann für die Politik festgestellt werden. Hier setzte sich eine professionelle Haltung im Bereitstellen von Medieninhalten durch. Genau vorbereitete Statements, Inszenierungen und Pseudo- Politik, die mehr dem Erregen von Aufmerksamkeit, als dem Übermitteln von Inhalten geschuldet sind dominieren. Mitunter nimmt der Journalismus jene Praktiken dankend an und der „Teufelskreis“, dessen erste Opfer Qualität und Inhalte sind, beginnt sich zu drehen. Ich möchte in weiterer Folge im losen Zusammenhang auf einige Phänomene speziell im österreichischen Kontext eingehen. Kurz, verschiedene theoretische Ansätze aufzeigen – und so vorhanden – Stimmen aus Politik und Journalismus zu Wort kommen lassen.

5.4. Konfliktpotential zwischen Politik und Medien?? 5.4.1. Konfliktpotential durch Rollenverständnis Das politische System Österreichs hat sich in den letzten Jahren rasant gewandelt. Von einer, in Notzeiten nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten Konsensdemokratie, zu einer Konfliktdemokratie. Das zeigen bereits die Alleingänge der Regierungen im österreichischen Parlament bei Gesetzesbeschlüssen, seit den 1970 Jahren. Der Anteil, der Gesetzesbeschlüsse bei denen keine andere Partei hinzugezogen wurde ist von 7 % auf circa 42 % im Jahr 2000 gestiegen (vgl. Müller 2006, 302). Das heißt, dass der Wettbewerb individueller und härter geworden ist - eine grundlegende Änderung im politischen System Österreichs. Geänderte sozialen Strukturen und der teilweise Kompetenzverlust der österreichischen Politik durch Globalisierung und Eingliederung in den politischen Komplex Europäische Union taten ihr Übriges. Auch zwischen Journalismus und Politik verschärfte sich die Lage und das Verhältnis wurde zunehmend konfliktreicher. Journalisten führen das auf die zunehmende Professionalisierung der Politik zurück. Das strategisch geplante News-Management und die Inszenierung von Events sowie kameragerechten Pseudoereignissen. Die Praxis der schwarz/blauen Regierung auf Medien ein Freund/Feind Schema anzuwenden trug ihr Übriges zur Verschärfung des Konfliktpotentials bei (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 67). „Alle die nicht für uns sind, sind gegen uns“ schien angesichts der rechtlichen Rundumschläge speziell der FPÖ, der Leitspruch jener Regierung zu sein. Vorschläge missliebige Journalisten zu bestrafen und so kritische Berichterstattung in letzter Konsequenz sogar zu kriminalisieren, stellten den Höhepunkt jenes „Kampfes wider österreichischer Medien“ dar (vgl. Klenk, 2001 18ff.). Gleichzeitig verschärften ökonomische Tendenzen die Lage des Journalismus und machten ihn,

115 Stefan Langmann 0104885 aufgrund von Quotendruck und Zwang zu Exklusivmeldungen, empfänglich für die „Verlockung“ des simplen Verlautbarungsjournalismus (vlg. Plasser/Lengauer 2010, 67). Das bloße Transportieren von Meldungen entledigt Journalismus zum Teil seiner Daseinsberechtigung in Demokratien. Das die Antwort auf die Frage nach dem journalistischen Selbstverständnis, neben den einschränkenden Faktoren die bereits genannt wurden, immer auch eine persönliche Entscheidung mit einschließt, macht ORF-Redakteur Johannes Fischer klar: F: „Auf der andern Seite gibt es schon in Österreich ein Publikum, dass sich von Journalisten erwartet, dass sie, sei es durch Fragen im Fernsehen, oder sei es durch Recherchen im Profil, oder sonst irgendwo, das sich erwartet, das Journalisten ihre Aufgabe erfüllen, hinter die Kulissen zu schauen. Jetzt sage ich einmal, 70% aller Journalisten tun das nicht. 70% aller Journalisten transportieren die Dinge, transportieren die Meinungen der Politik, Industrie der Partein et cetera. Aber wir haben schon einen erklecklichen %satz an Journalisten, die sich bemühen, ihre Arbeit etwas anders gestalten. Das ist eine Grundsatzfrage, wie sehe ich meine Arbeit als Journalist. Sehe ich meine Arbeit als Journalist, dass ich zu Pressekonferenzen gehe, oder mir Presseaussendungen her nehme und die halt dann möglichst so formulieren, dass sie halt dann in die Zeitung reinpassen, oder sehe ich meine Aufgabe als Journalist, diese Dinge eher zu vergessen und zu schauen, was steckt eigentlich dahinter?“ (Interview mit Johannes Fischer 20090626).

Mit dem journalistischen Selbstverständnis „hinter die Kulissen“ schauen zu wollen, oder Sachverhalte generell kritisch zu hinterfragen, werden Journalisten in Österreich oft als lästig wahrgenommen. Johannes Fischer erklärt sich das so: F: „Österreich ist ja, wie wir wissen ein ziemlich, in der Grundsströmung ziemlich autoritäres Land. Wir sind ein Land, dass tendenziell eher rechts als links ist. Wir sind ein Land in dem das Obrigkeitsdenken ja noch nicht so lange her ist und aus der Tradition heraus, werden Aufmüpfige unter Anführungszeichen, Journalisten als ehre unangenehm empfunden.“ (Interview mit Johannes Fischer 20090626).

5.4.2. Politische Inszenierung und „kritischer Journalismus“ Einer der Journalisten der im Zusammenhang mit kritischen Fragestellungen immer wieder polarisierte ist Armin Wolf. Wolf arbeitet beim ORF und ist bei den Sehern für seine, im österreichischen Vergleich „hart“ ausgeführte Interviewgestaltung bekannt. Johannes Fischer wollte darin kritisches Journalismus erkennen und spekulierte über dessen Erfolg : F: „...es hat an Grund warum der Armin Wolf so berühmt ist, aber gleichzeitig unglaublich polarisiert, das ist ja keine einseitige Berühmtheit, der polarisier ja so, weil er sich eben in den Interviews bemüht hinter die Kulissen zu schauen. Ich habe Journalismus immer so verstanden, ich fürchte, Journalismus wird in den letzten Jahren immer weiter, immer weiter anders verstanden.“ (Interview mit Johannes Fischer 20090626)

Mit dem britischen Fernsehjournalisten Jeremy Paxman kann Wolf freilich nicht verglichen werden. Dieser stellte in einem TV-Interview im Jahr 1997 dem damaligen Innenminister 12 Mal in Folge die selbe Frage, weil er das Gefühl hatte, dieser würde ihm etwas vorenthalten24. Eine Praxis die in Österreich nur schwer Vorstellbar ist. Sei es weil öffentliche Konflikte oder Streitkultur im Zuge der Konkordanzdemokratie nicht besonders ausgeprägt waren, oder weil das politische Establishment Österreichs sich nicht damit auseinandersetzen möchte. Andreas Khol beispielsweise berief sich auf Paxman angesprochen sofort auf seine Grundrechte: „S: „..Sie kennen vielleicht den Jeremy Paxman, der bei der BBC ist,...der einen Politiker 12 mal hintereinander die selbe Frage gestellt hat...“ K: „Jajaja.“

24 vgl. BBC Two – Newsnight, Jeremy Paxman intervies Michael Howard. http://www.bbc.co.uk/programmes/p00r2912 116 Stefan Langmann 0104885

S: „Und der den halt so vorgeführt...weil wenn das der Herr Wolf in Österreich macht dann hieße es, warum zerfleischt der den jetzt...“ K: „Du der kann mir 12 mal die sölbe...es gibt die Freiheit des Journalisten zu fragen was er will...dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen, aber es gibt die Freiheit des Politikers das zu antworten was er will. Und wenn ich 12 mal das gleiche gefragt werde, und ich will keine Antwort geben....dann will ich keine Antwort geben. Das ist sein Grundrecht, und das ist mein Grundrecht.“ (vgl. Interview mit Andreas Khol 20130529).

Peter Westenthaler von der FPÖ sah dies überraschend differenziert: S: „Darf ich sie unterbrechen, es gibt in der BBC einen Journalisten, Jeremy Paxman, der hat einem Minister 12x hintereinander die gleiche Frage gestellt, weil er das Gefühl hatte, er sagt ihm nicht die Wahrheit, dass heißt es wäre ihnen lieber, so eine kritischen Journalisten vor sich zu haben, als..“ W: „Absolut, absolut, es hat ja damals eine Menge von kritischen Journalisten gegeben, die nicht mehr leben oder nicht mehr im Amt sind. Der Robert Hochner war eine Legende. Das waren Leute wo du gemerkt hast – da breitet man sich ganz anders vor. Auf dieses Interview.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Was Peter Westenthaler hier beschreibt, ist vermutliche weniger seiner ausgeglichenen, stoischen Art als Politiker geschuldet, sondern entspricht vielmehr dem Bild eines erfolgreichen österreichischen Oppositionspolitikers, der das Spiel mit den Medien sehr gut versteht – Robert Hochner dagegen, schien weniger Erfurcht vor Westenthaler zu haben – doch das nur am Rande.25 Westenthaler gehörte über Jahre hinweg zu einem der führenden Köpfe in der FPÖ. Einer Partei, die ungleich Khols ÖVP, sowohl die Rolle der Oppositionspartei als auch den Umgang und die Selbstinszenierung mit und in den Medien perfekt beherrschte. Andreas Khol dagegen schien der bloße der Gedanke an die Situation zu ärgern. Der langjährige Klubobmann Jörg Haider verstand es, unabhängig von seinen oftmals heftig kritisierten Ansichten und Botschaften, sich wie kein anderer im Fernsehen zu präsentieren. Westenthaler ging durch die „selbe Schule“. Wo andere Partein sich vor „zu kritischer“ Fernsehjournalisten fürchten – sich gar persönlich angegriffen fühlen, sehen „Medienmaximierer“ wie Westenthaler eine Chance eine „gelungene Show“ abzuliefern. S: „Also nicht von wegen unangenehm, dieses Interview? W: „Nein überhaupt nicht, ganz im Gegenteil, die Herausforderung machts spannend und am Ende das Produkt ist eines, wo den Leuten am Ende nicht langweilig wird, das in Erinnerung bleibt und damit hast du eigentlich schon gewonnen. Also es kommt noch was dazu. Aus der Sicht eines objektiven Zusehers bist du einer Zweierkonfrontation ..oder auch eins zu eins – egal wer mit dem Wolf dort sitzt. Der Wolf ist immer der Mächtigere, der im Vorteil ist, weil der ist der Befrager. Wenn du noch dazu in einer Minderheitenfraktion bist, in Opposition bist, kannst du dort nur gewinnen, du kannst gar nicht verlieren – da musst schon einen richtigen Blödsinn reden. Ich behaupte das wir die meisten Matches dort gewonnen haben. Wir sind die NLP Experten. Ich behaupte NLP hat es noch gar nicht gegeben. NLP ist entstanden aufgrund unserer Diskussion. Ich hab keine Ahnung gehabt was NLP ist die ersten Jahre. Ich hab das immer gelesen, sag einmal, weil das der Haider immer, dann haben wir mal im Internet geschaut – auch das hats damals nur ganz wenig gegeben...bis wir da was gefunden haben Neurolinguistischer Programmierung. Keiner hat jemals einen NLP-Kurs gemacht. Wir haben uns immer zusammengesetzt vor solchen Geschichten – das ist der Unterschied zu heute. Was mich stört, bei vielen Politikern, sind diese unvorbereiteten Auftritte. Jeder glaubt er kanns und in Wahrheit kann er’s ned.“ (vgl. Interview mit Peter Westenthaler 20130522). Interessanter Weise sah der ehemalige ZiB-Reporter Robert Hochner das entscheidend anders als der Politiker Westenthaler:

25 „ Er denkt sicher, das ich zuhause mit Hammer und Sichel esse und würde mich im Standard und im Falter für einen Linksextremisten halten“ – Auf die Frage warum er gerade dem Falter sein letztes Interview geben wolle. (vgl. Thurnher, „Ich habe eine Hoffnung“, Falter 20010620, 19). 117 Stefan Langmann 0104885

„Was mir auffällt: Politiker werden nicht mehr befragt. Man lässt die einfach reden. Die Politiker haben jetzt bemerkt, ein Interview in einer Nachrichtensendung dieses Typs dauert fünf Minuten. Wenn ich diese fünf, sechs Minuten über den Moderator drüberrede, schlicht und einfach keine Frage beantworte, dann stellt sich mir als Moderator die Frage: Kann ich ihn einmal unterbrechen, kann ich ihn zweimal unterbrechen, was ist beim dritten Mal? Meiner Meinung nach begehen die Politiker den Fehler zu glauben, die Zuschauer merken es nicht. Die Zuschauer merkens haargenau. Wir sehen es aus den Anrufprotokollen, wir sehen es aus Gesprächen, die Zuschauer merken: Hier antwortet einer nicht. Wenn dem Redakteur eine Frage einfällt, die keinem Zuschauer einfallen würde, dann funktionierts nicht. Ein Interviewer soll die Fragen stellen, die sich der normale Zuschauer stellt. Tut er das nicht, kommt der Reflex, bitte warum fragt er ihn das nicht? Warum macht er ihn nicht auf Widersprüche aufmerksam? Das Drüberreden über Journalisten und das Pushen der Message, das hat die FPÖ als erste wirklich konsequent gemacht, und jetzt machens fast alle.“ (vgl. Thurnher, „Das ist keine Botschaft“, Falter 20010627, 17).

Politologe Peter Filzmaier kommt im Grunde zu einem ähnlichen Schluss. Er bezeichnet die Fernsehlogik solcher „Streitgespräche“ daher schlichtweg als „pervers“. „Stellen sie sich ein Gespräch mit einem Bekannten vor, bei dem es 60 Minuten nicht darum geht, was er sagt, sondern wie sie die hübsche Dame oder den attraktiven Mann am Nebentisch beeindrucken können“. TV- Interviews mit Politikern funktionieren ähnlich. Sie müsse nicht bei Wolfs und Paxmans ankommen, sondern bei den Sehern vorm Schirm – denn Armin Wolf hat am Wahltag nur eine Stimme (vgl. Filzmaier 2007, 156ff.).

Aus diesem Blickwinkel gesehen relativiert sich die Rolle Armin Wolfs, wie Johannes Fischer sie beschrieb etwas.

Vorgefertigte Botschaften dominieren und es gilt, diese anzubringen. Auftritte im Fernsehen sind für Politiker daher immer wieder willkommen. Zumindest sieht das Peter Westenthaler so und antwortet gleichzeitig, auf den im Raum stehenden Vorwurf, FPÖ-Politiker hätten sich immer wieder Gesprächen mit ORF-Journalisten verweigert: W: „Das beste was dir passieren kann im ORF ist, dass du live bist. Weil dann können sie dich nicht zensieren – dann bist am Wort und kannst sagen was du sagen willst. Wir haben das lange überlegt, aber dann sind wir zur Entscheidung gekommen, von Haider abwärts, dass wir überall hingehen, wo wir eingeladen werden. Wir haben gesagt wir stellen uns, wir sind den anderen überlegen in Diskussionen, wir können das. Das ist unsere Chance etwas positives zu bewirken.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522)

Das es mitunter nicht immer „das Beste ist was einem passieren kann“, sei nur an einem Beispiel gezeigt. Im Zuge der „Affäre Kleindienst“ versuchte Westenthaler mehrfach die Sendung eines Beitrags zu unterbinden. Berichten zufolge, meldete er sich bei einem Redakteur und versicherte jenem, er habe die „Einstellung“ des Beitrags bereits mit dem Generalintendanten besprochen.

„Zwei Tage später, am Dienstag, setzte "Report"-Chefin Gisela Hopfmüller dem blauen Intervenierer eine journalistische Grenze: Sie brachte ein ungekürztes Interview, in dem Westenthaler ihren Fragen beständig auswich, und richtete ihm via Bildschirm aus, dass sie und die Belegschaft auch in Zukunft nicht daran denken, auf seine Interventionen Rücksicht zu nehmen.“(vgl. Toth „der ORF und die Spitzelaffäre“ Format 20001009, 30).

Dies war Westenthaler auch nicht recht – es scheint also doch Momente zu geben, in denen ein Erscheinen „auf Sendung“ nicht immer nur zum Vorteil gereicht. Vermutlich kam aus diesem Grund ein geplantes Interview mit FPÖ-Funktionären- zu jenem Thema, in der ZiB3, die um 0:00 Uhr ausgestrahlt wird, trotz mehrmaligen Versuchen, nicht zu Stande.

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"Bei der Einladungsmechanik dieser Sendung kann es leicht passieren, dass Leute keine Zeit haben", "auch ich schlafe zu dieser Zeit meist schon“, so Peter Westenthaler zu Vorwürfen die FPÖ würde sich verweigern (vgl. Toth „Der ORF und die Spitzelaffäre“ Format 20001009, 30).

Besonders wenn Probleme akut auftreten und Partein nicht genug Zeit haben, sich gut vorzubereiten, scheint die Flucht vor dem Gespräch eine Option zu sein. So mag die Aussage Westenthalers nur dann zutreffen, wenn die Eingeladenen „gebrieft“ werden konnten. Anders besteht durchaus die Gefahr, dass ein Politiker oder Beamte aus der zweiten oder dritten Reihe in Interviews Aussagen trifft, die allen anderen in die Bredouille bringen können – daher lieber taktisch nichts sagen, als ungeplante Statements abzugeben. Der Effekt solcher Inszenierung ist also stets zweischneidig. Er mag sich zwar in „unterhaltsamen“ TV-Streitgesprächen manifestieren, ob „programmierter Konflikt“ auf lange Sicht politische Inhalte und die kritische Auseinandersetzung damit ersetzen kann, darf bezweifelt werden. Doch nicht nur Politiker können von solchen Inszenierungen profitieren. Streit und Konflikt bringen Quote – ungeachtet der Show und der vorbereiteten Inhalte. Überinszenierung und Reduzierung komplexer Themengebiete kann zu einer Reihe negativer Effekte führen – mitunter sogar die Wählerschaft verärgern. Konflikte zwischen Regierungsparteien werden im konsensgewöhnten Österreich schnell als negativ empfunden. Das äußerst sich im Unmut der Menschen, nach dem Motto: „Im Parlament wird nur gestritten und nicht konstruktiv gearbeitet.“ Mitunter nutzen Medien solche Situationen aus, oder schüren sie sogar. Egal in welche Richtung sich das Thema dann weiterentwickelt. Politiker versuchen sich so gut wie möglich zu präsentieren, während Journalisten die Suche nach der besten „Geschichte“ vorantreiben. Diese Art der Vorgehensweise kritisierte Andreas Khol heftig. Transparenz und das zuvor genannte Selbstverständnis der Journalisten „hinter die Kulissen“ schauen zu wollen, sah er bipolar: S: „Hm wie ist das mit dem hinter die Kulissen blicke. Weil ein Redakteur gemeint hat es wird immer schwieriger hinter die Kulissen der Politik zu blicken, wie sehn Sie das?“ K: „Na Gott sei Dank. Na Entschuldige!“ S:“ Im Sinne völliger Transparenz.“ K: „Na Transparenz! Wenn in Österreich zwei Regierungspartner über die Zweckmäßigkeit einer Maßnahme diskutieren, dann ist das Transparent, wenn man das nachvollziehen kann. Wird im Österreichischen Rundfunk und Fernsehen nur als Streit der Koalitionspartein gesehen. Jede Diskussion, jeder Disput. Und davon lebt die Politik – unterschiedlicher Meinung wird sofort als Streit in der Koalition, ODER die Opposition ist komplett dagegen gesehen. Das da eine inhaltlicher Disput stattfindet....Und daher kann ich meinen Leuten immer nur raten, diskutierts nicht öffentlich. Wenn ihr öffentlich diskutierts und das ist legitim, dass man sich unterhaltet, wie schaut des Direktdemokratiepaket aus, wie schaut des aus, wos moch ma, was ist gscheit, wos ist nicht gescheit, wie tun ma´. Wenn das öffentlich macht, wie jetzt, dann ist des Streit, wenn man das hinter den Kulissen macht, ist es nicht transparent..ist es..“ S: „Dann ist es Mauschelei...“ K: „Ist es nicht Mauschelei, aber sie können zumindest nicht berichten, die Koalition streitet.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Das Peter Westenthaler unter Transparenz etwas anderes als Khol verstand wird bei folgender Aussage ersichtlich: W: „Also das glaub ich nicht, dass es schwierig ist hinter die Kulissen zu blicken, weil wir in Wahlkampfzeiten – und das ist ja der Hauptfokus medialer Berichterstattung, wird sich niemand verstecken und sagen, man darf ned hinter die Kulissen schauen. Im Gegenteil, ich kann nur aus unserer Sicht sagen, wir wären damals und auch jetzt froh wenn einer kommt. Ihr könnts gern schauen. Es kann den ganzen Tag die Kamera mitfahren, wenn

119 Stefan Langmann 0104885 dann ein gescheiter Beitrag rauskommt. Das seh ich ned so.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Hier scheinen Tendenzen zur Inszenierung zu überwiegen. Verglichen mit der Aussage Khols – in der die Gefahr von zuviel Transparenz auf den politischen Gestaltungsprozess mitschwang – blendet Westenthaler dies aus. Lediglich seinen Aussage „wenn ein g´scheiter Beitrag rauskommt“ lässt Schlüsse zu. „Gescheit“ ist vermutlich nicht, wenn das Publikum vor dem Fernseher Streit und Unstimmigkeiten vorgeführt bekommt – sondern eher die durchinszenierten Arbeitsabläufe in der Partei Westenthalers.

5.4.3. Die politische Kommunikationskultur Österreichs nach Pfetsch Rückbezogen auf die, in dieser Arbeit bereits angeführte Graphik zum Kommunikationskultur-Modell von Barbara Pfetsch kann die österreichische Politik wie folgt kategorisiert werden. Dies Festlegung auf eines der von Pfetsch beschriebenen Ausprägungen ist nicht völlig „ausschließlich“ möglich. Einerseits werden die Spielregeln der Kommunikationskultur zwischen den Akteuren ausgehandelt, und die Akteursgruppen orientieren sich auch an redaktionellen Aufmerksamkeits- und Selektionsregeln. Das entspräche im Grunde dem Rollenbild einer PR-orientierten Kommunikationskultur (vgl. Pfetsch/Maurer 2008). Als bestes Beispiel dafür, dienen die eben angeführten Aussagen des ehemaligen FPÖ-Politikers Peter Westenthaler. Die Art, als Gast in einer Fernsehsendung seine Agenden anzubringen, spricht für starkes Sendungs- beziehungsweise PR- Denken. Gute Kontakte zu Journalisten sind hier vom Vorteil. Andererseits wird die politische Kommunikationskultur im Beobachtungszeitraum dieser Arbeit – und hier war PR vermutlich nachrangig, vielmehr von einer parteipolitischen Kommunikationskultur geprägt. Diese wird ebenso von engen Verbindungen zwischen Politik und Journalismus bestimmt. Doch hier läuft die institutionelle Machtlogik auf die Einflussnahem der politischen Berichterstattung hinaus. Dies dient, politischen Interessen folgend, lediglich dem Erhalt von Herrschaft und Macht und nicht der PR alleine (vgl. ebd.).

5.4.4. Personalisierung in den Medien Filzmaier spricht in diesem Zusammenhang von einem permanenten Ausloten latenter Emotionen (Filzmaier 2006, 45). Auch Erhard Busek findet eine emotionale Komponente, bei der Bewertung jener Situation - zwischen Politik und Medien. Er nennt es eine „permanente, jedoch sterile Aufgeregtheit“, in welcher der Bürger gehalten wird. Dies führt Busek auch auf Dinge, wie die zunehmende Personalisierung in den Medien zurück (vgl. Busek 1998, 11). Wenn, wie er als Beispiel anführt, die Diskussion über die Pensionsreform jede „abgeklärte Sachlichkeit“ vermissen lässt und diese stattdessen, als Angriff eines Ministers, auf „hilflose alte Menschen“ dargestellt wird - was sogleich mit einer Krise der Regierungskoalition in Verbindung gebracht wird, dann dürfte das mit dem „echten“ Anliegen „wenig“ gemeinsam haben. Während der Rezipient dieser Botschaft, noch über deren Hintergründe sinniert, wird ihm tags darauf verkündet, das Klima innerhalb jener Koalition wäre bestens (vgl. Busek 1998, 11). Buseks Parteikollege Andreas Khol verortet ähnliche Tendenzen in der österreichischen Medienlandschaft. Umgemünzt auf die ORF Nachrichtengestaltung bemängelt er:

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K: „Aber sie müssen vergleichen, das deutsche, die deutsche Berichterstattung, die Schweizer Berichterstattung, die englische Berichterstattung,...es gibt KEIN Fernsehen, dass so personalisiert und Parteipolitik – personalisiert berichtet und Themen Initiativ wahrnimmt wie der ORF. Ich schau mir jeden Abend, die ARD1, die Tageschau an nach unserer ZiB2, ich schau mir an was auf arte, was auf ZDF, was auf den Qualitätssendern gesendet wird...so personalisiert und so klein-klein parteipolitische gestrickt, das fang schon damit an, dass bei jedem Minister immer gesagt wird von welcher Partei er ist. Also das fallt mir natürlich unglaublich auf, das ist in keinem anderen Land der Welt. Das ist nur Österreich.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529)

Betreffs der zunehmende Personalisierung kann differenziert werden. Partein in einer Regierung sehen es lieber, wenn die von ihnen auf die Agenda gesetzten Sachfragen behandelt und transportiert werden, als dass sich die Medien auf einzelne Personen stürzen und diese mit Themen verbinden. Eine Oppositionspartei aber, kann durchaus von Personalisierung profitieren. Westenthaler, einst an der Seite Jörg Haiders in „Fundamentalopposition“ gegen das „politische Establishment“ Österreichs meint dazu: W: „Wir waren damals die interessantest Partei. Es gab ganze Magazine, die, viele Medienbeobachter behaupten News war damals so erfolgreich, weil’s alle 14 Tage den Haider am Titelblatt gehabt haben. „Haider-sells“ hat es damals geheißen – das war so. Der Haider hat die höchsten Einschaltquoten gehabt und immer wo Haider war, waren Leute.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Unabhängig von den Themen vermochte es Haider, sowohl bei der Bevölkerung als auch bei den Journalisten Emotionen zu wecken. Nun sind Emotionen in der Politik durchaus ein erwünschtes Mittel, da sie sowohl Politiker, als auch Wähler an eine Sache binden können. In dem Fall jedoch, so Busek, würde diese Aufgeregtheit eher schaden als nützen. Er vergleicht es mit der Parabel des Rufers, der vor Unheil warnt, dass nicht folgt. Warnt er erneut und es trat dann ein, schenkte ihm keiner mehr Glauben (vgl. Busek 1998, 11). Stimmt Buseks Einschätzung, wäre sie eine probate Erklärung für die zunehmende Politikverdrossenheit und das Desinteresse am demokratischen Prozess26. Der Bürger findet sich nicht mehr zurecht und bekommt viele, dafür aber ständig bis ins Detail durchinszenierte Botschaften. „Mehr Werbung als Information“. Der politische Prozess selbst bleibt undurchsichtig. Andererseits muss die Frage gestellt werden, wie viel dem Durchschnittsbürger, von mitunter sehr komplexen Themen überhaupt vermittelt werden kann? Hier könnten die Journalisten in die Pflicht genommen werden, was die Vermittlung, und Erklärung komplexer Inhalte betrifft. Letzten Endes nicht nur eine Frage der journalistischen Selbstverständnisses, sonder auch eine des ökonomischen Umfelds und der Ausrichtung des Mediums in dem Journalisten tätig sind – ein möglicher Bereich für öffentlich rechtlichen Journalismus. Ob sie bloße Vermittler, Kontrollorgane, oder in gewissem Sinne auch Lehrer für politische Bildung sein wollen und können. Johannes Fischer meinte zur Aufgabe von Journalismus:

F: „...vierte Macht im Staate ist eine Formulierung, der ich so nicht zustimmen würde. Aber im Prinzip hat Journalismus die Aufgabe, erstens einmal Aufklärung zu leisten, zweitens einmal die handelnden Personen im öffentlichen Raum zu kontrollieren, Missstände aufzuzeigen sich um Minderheiten auch zu kümmern und Verantwortung...also Verantwortungsträger an ihre Verantwortung zu erinnern. Das ist glaub ich die Hauptaufgabe des Journalismus.

26 Anmerkung: Politikverdrossenheit und Desinteresse wurden nicht erhoben oder Statistiken berücksichtigt. Es besteht auch hier die Möglichkeit der Verzerrung der Wahrnehmung – unter anderem durch mediale Überinszenierung. 121 Stefan Langmann 0104885

Das hat sich.. tja ziemlich gewandelt, in den letzten Jahrzehnten, warum...müsste man lange nachdenken, und das wird aufgrund der Tatsache, das unser Geschäft immer professionalisierter wird, nämlich sowohl auf der Seite der Politik und der Entscheidungsträger, als auch auf der Seite der Journalisten, wird’s immer schwieriger zwischen Kulissenschieberei auf der politischen Bühne und tatsächlichem Geschehen.. (vgl. Interview mit Johannes Fischer vom 26.06.09)

Ulrich Sarcinelli spricht sich, wie Johannes Fischer, für eine Differenzierung des Begriffs „vierte Macht“ aus. Ihm zufolge geht es bei jenem Konzept nicht rein darum, den bestehenden Gewalten, Exekutive, Legislative und Judikative eine vierte Gewalt hinzuzufügen. Vielmehr stellt er die Medien diesen Gewalten gegenüber. So wird die nötige Distanz zu den anderen ersichtlich und die Autonomie der Medien betont.

5.4.5. Mangelnde Distanz - Nah-Verhältnis zwischen Politik und Journalisten Die beiden Faktoren Distanz und Unabhängigkeit gelten als essentiell bei der Teilnahem am politischen Prozess (vgl. Sarcinelli 1994, 38). Die weitere Interpretation ihrer Rolle (der Medien) kann graduell ausgelegt werden. Sie reicht von reiner Vermittler- bis hin zur parteiergreifender Anwaltsfunktion (vgl. Sarcinelli 1994, 38.). Mangelnde Distanz zwischen Politik und Medien ist nicht allein durch die räumliche Größe Österreichs bedingt. Die hohe Konzentration auf dem Zeitungsmarkt und enge Verflechtung bezüglich Medieneigentümer tragen das ihre dazu bei. K: „Die Journalisten und die Politiker verbindet eine verhängnisvolle Symbiose. Geschickte Politiker halten sich ihre Leibjournalisten wobei das „do ut des“27 völlig klor ist. Du kriegst privilegierte Information, und du berichtest gut über mich. Das geht auf der Basis der Journalisten, das geht aber auch auf der Basis der Eigentümer...das geht also du berichtest gut, ich inseriere...also das geht alles, ich hallte die ganze Szene in Österreich für durch die Bank verkommen. Also der Zusammenhang zwischen öffentlicher Insertion und Meinungsbildung ist in einer Weise dubios wie in keinem anderen Land. Es ist also auch diese Form des Leibhusaren – jeder Offizier in der kaiserlichen Armee hatte eine Leibhusaren, der ihn persönlich bediente. So etwas gibt’s auch im Journalismus. Und da weiß man ganz genau, wer für wen schreibt, und warum er das tut...et cetera. Und die Gegenleistung ist immer eklatant. Die Gegenleistung ist die subtile Form der Bestechung. Das ist also die Exklusivinformation beziehungsweise, die weniger subtile ist die Einladung weiß Gott wo hin. Festival, Schiffsreise...was immer. Das halte ich für, das gibt eigentlich, mir ist das aus keinem anderen Land bekannt, weil Österreich so kleinräumige Verhältnisse hat.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Von Seiten des Journalismus bestätigt ORF-Redakteurssprecher Fritz Wendl die Aussage: FW: „...das ist, zum Beispiel, wie in Österreich in gewissen Medienteilen, viel verbreiteterer als in anderen Ländern, so eine klassische Form der Verhaberung von manchen Journalisten mit manchen Politikern. Wo dann so, bis zum Häppchenweise Geschichten wo hingeben. Da kriegen die Leute dann einmal ein Gschichterl´, was ein anderer nicht kriegt, und dafür schreiben sie dann was. Das ist auch was, was in der Medienlandschaft sehr verbreitet ist. Und überall, wo Politiker sehen, das funktioniert, mit so eigenartigen Formen der Anschmiegsamkeit, bis zu Verteilung von Inseraten gehen die dann. Dann prägt das deren Medienbegriff natürlich mit und den glauben sie dann, können sie wo anders auch anwenden.(Interview mit Fritz Wendl 20090706).

Gerhard Weis war sich der Gefahr des Nahverhältnisses von Journalisten und Politikern durchaus bewusst, und schien dies, schenkt man seinen Folgerungen Glaube, immer wieder warnend von sich

27 Anmerkung: lat.: ich gebe damit du gibst 122 Stefan Langmann 0104885 gegeben zu haben. Auch in Verbindung mit der schwarz/blauen Regierung erinnerte er sich an ein Beispiel: GW: „....und ich hab ja damals immer große Vorträge gehalten, auch vor Journalisten, wo ich gesagt hab, das Unglück des Journalisten beginnt damit, dass sie von den Rängen in die Arena steigen. Also, Journalisten haben ihren Platz auf den Zuschauerrängen und von dort aus sollen sie berichten, sollen beobachten und sollen also ihre Meinungen dann artikulieren. Aber in dem Augenblick, wo sie in die Arena steigen zu den Handelnden und sich mit ihnen Einlassen, is vorbei.“ S: „Man begibt sich sprichwörtlich aufs selbe Niveau.“ GW: „Na sicher, man wird Teil dieser Agitation. Und der Herr Molterer hat sich da auch hervorgetan, der hat dann immer gesagt, wieso ich brave bürgerliche Journalisten, die befreundet seien, mit ÖVP-Menschen, davon abhalte diese Freundschaft auch zu leben. Darauf hab ich gesagt, du ihr könnts mit dem auf der privaten Ebene machen wos woits. Aber auf der beruflichen nicht. Oft genug ist es halt sehr schwer, die private von der beruflichen zu trennen. Daher muss ich schaun, dass an den Schlüsselpositionen im ORF nicht zu viele Personen sitzen, die ein solchen Intimverhältnis haben.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617).

Fritz Wendel mahnt zur Vorsicht bei zu viel Nähe zwischen Journalisten und Politikern.

FW: „Ich bin grundsätzlich skeptisch gegen Journalisten, die ihren Tag damit verbringen, mit verschiedenen Politikern über Recherchezwecke hinaus zu telefonieren. Keine Kontakte wäre natürlich völlig idiotisch, aber das all zu viele Plaudern ist etwas, wo ich sage, hoppla da soll man schon einmal nachdenken.“ (Interview mit Fritz Wendl 20090706

Auch Plasser verortet, nach der Auswertung der hier bereits mehrfach zitierten Befragung österreichischer Spitzenjournalisten eine beeindruckende Dichte in den wechselseitigen Beziehungen zwischen Journalisten und Politikern in Österreich ab (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 72). Eine von Wenzler durchgeführte Studie konnte folgende Merkmale festlegen - die natürlich an die spezifische Kommunikationskultur des jeweiligen Landes angepasst werden müssen: Politiker und Journalisten verfolgen unterschiedliche Ziele und orientieren sich an verschiedenen Normen, sind aber zur Erreichung dieser Ziele und zur Aufrechthaltung der politischen Kommunikation aufeinander angewiesen. Aus dem Zwang zur gegenseitigen Anpassung und der gegenseitigen Abhängigkeit entwickelt sich ein gemeinsames Milieu zwischen Politikern und Journalisten. Die Kontaktintensität ist ziemlich hoch. Die Beziehung zwischen Journalisten und Politikern sind mehrheitlich interdependent. So zeichnen sich in der Regel durch Kooperation aus, bergen aber auch Konfliktpotentiale. (vgl. Wenzler 2007 294ff.). Gegenseitige Abhängigkeit wurde auch von Peter Westenthaler nicht bestritten: W: „Man muss ja eines sehn, um das zu einem positiven Ende zu bringen, man ist ja auch untereinander, voneinander abhängig. Es ist ja nicht so, das der eine nur unbedingt vom anderen was will. Also das ich jetzt will, dass wir fair behandelt werden, oder das der ORF...der ORF braucht uns, hat uns gebraucht damals und wir habe ihn gebraucht – ganz klar. Weil was macht der ORF wenn wir auf einmal sagen, wir gehen nicht mehr hin“. (Interview mit Peter Westenthaler 20130522)

Genau jener Vorwurf stand seitens der ORF-Redakteure nach Regierungsübernahme der schwarz/blauen Koalition aber im Raum. Westenthaler bestritt dies stets – mit Anspielung auf eine Abmachung, der zufolge alle FPÖ-Politiker stets Einladungen in ORF-Diskussionssendungen annehmen würden. Berichte die in großer Zahl das Gegenteil belegen fanden sich bei meiner

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Recherche mehrfach. Somit kann die Beziehung zwischen Journalisten und Politiker auch zum Druckmittel werden –für jede Seite der Beteiligten.

5.4.6. Konfliktlinie – Kompetenz und Ideologische Differenzen Ein Faktor der den Konflikt zwischen Journalisten und Politiker anfeuert, ist die gegenseitige Berufsauffassung – oder besser, Vorurteile über den Beruf des jeweils Anderen und dessen korrekte Ausübung. Journalisten stoßen sich dabei immer wieder an Politiker, die aufgrund ihres Egos besonders feinfühlig reagieren und Journalisten zu belehren versuchen. (vgl. Plasser/Lengauer 2010, 70). Auf Seiten der Politik fanden sich bei jener Befragung verstärkt Bemerkungen bezüglich journalistischer Kompetenz. Politiker beanstandeten immer wieder Situationen, in denen ihnen, vom journalistischen Gegenüber Inkompetenz vermittelt wurde. Das birgt natürlich jede Menge Konfliktpotential. Irreführende Sachverhaltsdarstellung und mangelnde Recherchequalität wurde bemängelt. Verstärkte Nennung fand auch der Vorwurf, der weltanschaulichen- oder sogar parteipolitischen Voreingenommenheit, den Journalisten an den Tag legen würden (vgl. ebd.) Ein Faktor, der auch in den Politikerinterviews genannt wurde. Hier bezogen sich die Politiker natürlich ausschließlich auf Journalisten des öffentlich-rechtlichen ORF. Der von Andreas Khol kolportierte Sager über „Rote Gfrieser“ die einem beim „Aufdrehen des Fernsehers entgegenrinnen“, erlangte weitreichende Bekanntheit und wurde im Zuge dieser Arbeit bereits erwähnt. Ebenso die Klassifizierung der Ö1-Journalredaktion als „Nicaragua-Fraktion“ (eine eindeutige Anspielung auf linke Gesinnung). „Rotfunk“ und „linkslinke–Politjournalisten“ bedarf keiner weiteren Erklärung. Peter Westenthaler stellte die Gesamtsituation des ORF seiner Einschätzung nach, wie folgt dar: W: „Ich würd sagen es gibt sicher 80% der Journalisten die sich redlich bemühen und sachgemäß berichten – kritische Berichterstattung machen. Und dann einen Anteil von 10% 15 % die gezielt Berichterstattung machen und Beiträge politisch einfärben, dort wos nicht gehört.“ S: Abseits von kritischen Fragen, abseits von nachhaken und sag ich mal reinbohren? W: „nicht direkt, so hinterrucks, in einen Nebensatz noch eine Schlenker mitgeben. Solche Sachen sind ja viel wirkungsvoller, als ein grober offensichtlicher Antibericht. Das dürfte halt nicht sein sag ich mal.“(Interview mit Peter Westenthaler 20130522).

Über weite Strecken gab sich Westenthaler sehr zufrieden mit der Leistung der ORF-Journalisten. Andreas Khol dagegen hängte die Kritik mehr an der Ausführung des öffentlich-rechtlichen Auftrages auf. Direkte politische Beeinflussung ergab sich im Gespräch eher zufällig: S: „Ja nun aber rückblickend noch mal, ich hab in der Sache auch mit dem Johannes Fischer gesprochen..“ K: „Mit wem?“ S: „Mit dem Johannes Fischer, der auch ein Proponent war in dieser Sache, der meinte, das es Entpolitisierung ja so nicht geben kann, weil der ORF als öffentlich-rechtlicher ja die Anlaufstelle der...“ K: „Na gut, der Johannes Fischer war doch DER Exponent der Sozialdemokraten dort. Ein kluger Sozialdemokrat, der die Entpolitisierung nie gewollt hat. NIE. Der wollte einen linken Rundfunk.“(Interview mit Andreas Khol 20130529)

Khol unterstellte ORF-Redakteur Johannes Fischer direkt politische Zugehörigkeit. An der Kompetenz Fischers rüttelte er allerdings nicht. Umgekehrt wurden gerade nach dem Jahr 2000 politische Interventionen besonders als Kritik der ideologisch „anderen Seite“ wahrgenommen. Die Möglichkeit,

124 Stefan Langmann 0104885 eine kritische Meinung – im öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingebracht – als solche stehen zu lassen und gegebenenfalls angemessen darauf zu replizieren wurde nicht wahrgenommen. Statt dessen brachen Beschwerdefluten und Interventionen los. Ich habe im Zusammenhang mit dem Widerstand der ORF-Inforedaktion und den Interventionen Peter Westenthalers bereits mehrfach auf dieses Thema Bezug genommen. Es wäre also – ohne hier Zuschreibungen machen zu wollen – beiden Seiten angeraten, sich gegenseitige Kompetenz zuzutrauen und ideologische Differenzen entlang Pfaden abzubauen, die in demokratischen Gesellschaften als bekannt und erprobt gelten sollten. Das dies auch aufgrund der Funktionslogik von Medien, sowie dem professionellen Kommunikationsverständnis der Politik nicht immer funktioniert, zeigen die im Lauf dieser Arbeit gebrachten Beispiele. Der Umgang mit kritischem Journalismus mag in Österreich bereits aufgrund der Bedeutung und des allgemeinen Verständnisses von „Kritik“ zum Scheitern verurteilt sein. Gerhard Weis zur Rolle des Journalismus: GW: „Wissen Sie, ich hab den Journalisten im ORF und ned nur amal, das ist auch nachzulesen. Was guter Journalismus sein soll. Guter Journalismus ist kritischer Journalismus. Kritisch aber im Wortsinn. In Österreich umgangssprachlichen wird kritisch immer übersetzt mit dagegen sein. Kritisch sein heißt scheiden können, unterscheiden können. Unterscheiden können zwischen Lüge und Wahrheit, wichtig und unwichtig. Das san schon einmal die entscheidenden Kriterien. Und das muss man als Journalist anstreben. Wichtig und Unwichtig ist die Frage nach der Relevanz einer Meldung. Es wird einem ja dauernd versucht einem etwas als wichtig einzureden, was in Wirklichkeit völlig unerheblich ist. Und das man hinten und vorne, jetzt sag ich mal angeschwindelt wird, des is ah ned neu. Weil jeder versucht seine Position im bestmöglichen Licht darzustellen.“ (Interview mit Gerhard Weis 20130617)

5.4.7. Konflikte zwischen Medien/Politik als Gefahr für Demokratie? Wie es sich auch im österreichischen Fall zeigte, gab es zwar unter der schwarz/blauen Regierung eine ganze Reihe von Konflikten zwischen Politik und Medien, dennoch löste sich die Situation nach der Abwahl Lindners scheinbar von „selbst“ auf. Berichterstattung seitens der ORF Journalisten war wieder uneingeschränkter möglich. Wie sehr dies allerdings dem Nutzer aufgefallen sein mag, wurde nicht erhoben. Grundsätzlich sollte es also auch Aufgabe des Journalismus sein, durch angemessene Berichterstattung weder zu Politikverdrossenheit noch Unverständnis beizutragen. Wenn sich regieren auf eine mehrere Jahre andauernde Kampagne reduziert, und Journalismus nur mit Sensationsorientiertheit antwortet, verliert Politik jegliche Seriosität. (vgl. Filzmaier 2006, 45). Das eine „Kampagne“ nicht immer nur von der Politik ausgehen muss, erläutert der ehemalige Klubobmann der ÖVP wie folgt: K: „...hat sich der ORF dem Kampagnenjournalismus verschrieben. Das heißt der ORF nimmt von sich aus Themen auf, und spielt sie über drei Tage. Das geht nach einem sehr schönen Schema, das kann man sehr schön nachweisen, das beginnt am Samstag, am Samstag bring die Arbeiterkammer eine Studie, oder Verkehrsclub Österreich, oder Global 2000, oder World...also da kommt eine grüner oder linke Studie, und die wird dann...da gibt der Professor X – auch sorgfältig ausgewählt eine Stellungnahme dazu ab. Nachdem Samstag ist erreicht man niemand von der anderen Seiten, dann wird das Samstag Sonntag gespielt. Am Sonntag ist es in den Zeitungen. Und wenn die Zeitungen drauf eingehen, wird es am Montag vom ORF weitergespielt. Und diese Kampagnethemen kann man übers ganze Jahr verteilt wunderbar ausmachen. Wunderbar ausmachen. „ (vgl. Interview mit Andreas Khol 20130529).

Khol bezieht sich auch hier wieder auf sogenannte “linke Agenden”. Jener Vorwurf scheint sich thematisch, mit dem der „Nicaragua-Fraktion“ zu decken. Ich würde ihn daher ebenfalls in den Bereich „ideologische Differenzen einordnen. Die Nennung hier schien mir aber passend, da sie eine Gegenposition zur politischen Kampagne darstellt.

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In diesem Zusammenhang stellt Filzmaier in Frage, ob Demokratie im fortschreitenden Medienzeitalter überhaupt eine Überlebenschance hat. Das diese Annahme besonders provokant ist, nimmer er dabei gleich selbst vorweg (vgl. ebd. 45). Allerdings erwähnt auch der Politikwissenschaftler Sarcinelli, die sich öffnende Schere, welche zu einer Legitimationsfalle der Politik werden kann (vgl. Sarcinelli 1994, 36). Diese entsteht in Verbindung mit gestörten Kommunikationsbeziehungen innerhalb der Demokratie. Gestützt durch die Feststellung, dass zwischen der Herstellung von Politik im Entscheidungsprozeß und der Politikdarstellung im Vermittlungsprozess, eine immer größer werdende Spaltung entsteht. Zur Legitimationsfalle für die Demokratie wird, dass beispielsweise im Fernsehen, dem Publikum ein unzutreffendes Politikbild vermittelt wird. Dies wiederum, erweckt im Publikum gewisse Ansprüche und Erwartungen von Politik. Die Politik kann diese Erwartungen nicht einlösen, es kommt zum Dilemma, an dessen Ende wieder Verdrossenheit und das Misstrauen gestärkt wurde (vgl. Sarcinelli 1994, 36). Völlig unberechtigt scheinen solche Theorien nicht. Ein Blick in die Geschichte zeigt recht deutlich, dass wenn ein System in eine Richtung strapaziert wird, zumeist missbräuchlich verwendet, kann es leicht Schaden nehmen. Oder was Medien betrifft, einfach an Glaubwürdigkeit verlieren. Ein Beispiel dazu, ist die Fernsehberichterstattung in ehemalig kommunistischen Ländern, wie der DDR oder Polen. Erst vor dem Kollaps, änderte sich diese Situation teilweise – die „Rettung“ kam zu spät. Nun handelt es sich bei den erwähnten Beispielen nicht um Demokratien. Es ist in autoritären Systemen, geradezu strukturell vorgesehen, die Medien zu kontrollieren und in diesem Sinne zu missbrauchen. Missbrauch jedoch, ist ein relativ dehnbarer Begriff und so könnten, verflachende/vereinfachende Kommunikationsstile wie Politainment oder andere Inszenierungen provokant auch als Missbrauch tituliert – schließlich wird damit ein „nicht der Wahrheit entsprechendes“ – bloß dem Machterhalt dienendes Bild transportiert. So könnten sich diese Stile - die zuvor angeführten Bedenken berücksichtigend- durchaus störend auf Demokratien auswirken. Das „falsche“ Zusammenspiel von Medien und Politik birgt also durchaus Gefahren und kann sich schädigend auf Partizipationsprozesse auswirken, auch oder gerade in demokratischen Systemen.

5.5. Mediokratie All die bisher genannten Ausprägungen der Darstellung von Politik und Medien lassen sich, nach Ansicht verschiedener Wissenschafter in zwei Modelle subsumieren. Eines dieser Konzepte zur Beschreibung der Begebenheiten zwischen Medien und Politik, ist jenes der Mediokratie. Diese setzt sich unter anderem aus Phänomenen wie Überinszenierung, Anpassung der Politik an Medienformate und Personalisierung seitens der Medien/Politik zusammen. Dahinter steht die Annahme, das Engagement der Medien würde jenes der Politik verdrängen. Demokratien werden somit mehr von Medienmachern und der vorherrschenden Medienlogik, als von Politikern dominiert. Der Politikwissenschafter Thomas Meyer beschreibt diese Situation der Anpassung wie folgt. „Während in der pluralistischen Parteiendemokratie- ihrem Modell nach zu Gänze und in der Praxis doch in ausschlaggebendem Maße- die Medien die Politik beobachten sollten, damit sich die Staatsbürger eine vernünftige Meinung von ihr bilden können, beobachten in der Mediendemokratie die politischen Akteure das Mediensystem um von ihm zu lernen, was sie und wie sie sich präsentieren müssen, um auf der Medienbühne einen sicheren Platz zu gewinnen.“ (Meyer 2002, 7)

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Das Befolgen der Regeln der Fernsehlogik erleichtert es, so die Annahme, ein Mehr an Zusehern/Wählern zu erreichen. Gepaart mit „Politainment“, also einer an Unterhaltungsformate angelehnte Politik, soll dies noch besser gelingen. Was die Anwendung von Politainment/Infotainment anbelangt scheint es, wie bereits zuvor bezüglich Präsentation im TV, differenzierte Ansichten bei Vertretern der Politik zu geben. Peter Westenthaler zeigte sich im Gespräch, Unterhaltungsformaten weniger abgeneigt als Andreas Khol. W: „Ich find das jetzt witzig, den Versuch es ist zwar trivial, oder banal, den Versuch mit Kochshows und Politikern was zu machen, ned schlecht. Kochshows san im Moment sehr beliebt, Politiker ned – jetzt führ ich das auf eine andere Eben, lass den Spitzenkandidat kochen und a bissl plaudern – ah witzig die Idee. Also es muss mehr investiert werden. Oder was mich zum Beispiel fasziniert ist die Sendung vom Stefan Raab, des „Direkte Demokratie“ der bis jetzt dreimal versucht hat eine Talkshow in einem völlig neuen Format zu finden...der eigentlich keine politischer Talkmaster ist, sondern eine Showtalker, aber der, ich hab das jetzt gesehn und es hat mich wirklich fasziniert. Wo dann auch bewertet wird, angerufen wird und immer gschaut wird, wer ist vorne. Es wird ein Wettbewerbs- ein Showelement eingebaut. Die Chance ist da schon da. Ich glaub das Politik an sich, ned fad ist.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522). dagegen Khol: K:„JA, mein Gott, ich würde das nicht gemacht haben, aber manche tun das eben, weil man muss mit den Wölfen heulen. Das halte ich für nicht so bösartig. Das ist privat, wie die Privaten ihr Geld verdienen ist mir völlig egal. Aber ich halte es, einen gebührenfinanzierten ORF, und die Gebühren sind GEWALTIG, also im Monat 45 Euro ist gewaltig. Die man da zahlt. Da halte ich also den Schund, den man da sieht, das können die Kommerziellen billiger und besser.“ (Interview mit Andreas Khol 20130529).

Khol schien sich weniger an den Formaten selbst zu stoßen, als vielmehr an dessen Verbindung mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag28 Mitschuld ist so Meyer, die Überlagerung von Politik und Medien - die es in jener Intensität nicht immer gab. Legitimierung politischer Entscheidungen vor einem breiten Publikum darzustellen, benötigt gegenwärtig die Massenmedien. Da diese nach einer eigenen Logik selektieren, gilt es sich dieser anzupassen, schließlich will die Politik die größtmögliche Aufmerksamkeit (vgl. Meyer 2002, 7). Die Professionalisierung der Politik resultiere allein daraus, dass Mediensysteme wie Fernsehen, eine geradezu unausweichliche Schlüsselrolle in der Gesellschaft einnahmen. Die Politik dagegen, an der absoluten Kontrolle ihrer Darstellung interessiert war. Daraus leitet Meyer die Entstehung des „Politainment“ ab - weil sich die Politik selbst zu mediatisieren begann (vgl. Meyer 2002, 8). Aufgrund der unterschiedlichen „Produktionszeiten“ in Politik und Medien, ergaben sich Darstellungsprobleme, deren Lösung in der Verkürzung und Vereinfachung der Politikdarstellung lag. Politische Prozesse aber, können nicht einfach mit der Geschwindigkeit medialer Darstellung gleichgesetzt werden (vgl. Meyer 2002, 9ff.). Das Gebotene kann nicht mit dem realen demokratiepolitischen Schaffungsprozessen verglichen werden. Prophylaktisch wird Schein- und Eventpolitik betrieben, während „backstage“ weiterhin Prozesse gewohnten politischen Gesetzmäßigkeiten folgen – und in der Regel auch Zeit brauchen um

28 Anmerkung: Show die im Gespräch erwähnt wurde lief im Privatfernsehen. Die korrekte Bezeichnung der Show ist „Absolute Mehrheit“. 127 Stefan Langmann 0104885 erfolgreich abgeschlossen werden zu können.29 Die „vorgeschobenen Praktiken“ aber folgen eher einer theatralischen Inszenierungslogik. Hier kann Thomas Meyers Ansatz durchaus mit jenem Bauers verglichen werden. Dieser setzt ebenso, das Funktionieren moderner, demokratischer Politik, mit der gelungenen Inszenierung eines Bühnenstückes gleich (vgl. Bauer 1998, 27ff.). Offen bleibt der „Henne/Ei-Frage“ nicht unähnlich, wer der beiden gesellschaftlichen Akteure den Anstoß zu jener Entwicklung gab. Die Politik, die Medien, oder als dritte und nicht unentscheidende Komponente die Rezipienten selbst, die im Grunde immer schon den lauteren, unterhaltsameren Herold bevorzugten und im weitesten Sinn Show- vor Sachinhalt wählten?

5.6. Positive Aspekte der medialen Politikdarstellung Das die medial Entwicklungen, nicht immer nur zu positiven Entwicklungen beitrugen ist verständlich. Die enorme Beschleunigung, bei Transport und Vermittlung von Nachrichten macht dies ersichtlich. Weder können alle medialen Ereignisse verarbeitet und rezipiert werden, noch bleibt Zeit zur Kontrolle oder Richtigstellung. Kritiker bringen mit dieser Beschleunigung und Mediatisierung weiter Teile der Gesellschaft auch eine Reihe negativer Aspekte in Verbindung. Politikverdrossenheit und Scheinpolitik, ausgelöst durch an Medienlogiken angepasste Überinszenierungen, die auch vor Politik nicht halt machen. Unterhaltung für die Massen, gleichsam als Anschlag auf Qualität? In seinem Aufsatz Politainment versus Mediokratie zeigt Andreas Dörner allerdings auch eine andere Seite. Durchsetzung der Massenkultur kann, so Dörner etwas durchaus demokratisches haben. (vgl. Dörner 2002 „Politainment versus Mediokratie “Thesenvortrag Cologne Conference ). Politainment stellt so, nicht nur negative Erscheinungen dar. Dörner trennt allerdings in politische Unterhaltung und unterhaltende Politik. Aus diesen beiden Komponenten setzt sich, Politainment zusammen (vgl. ebd.). Unterhaltende Politik gab es schon immer. Etwas wenn die Politik im Zuge von Wahlkämpfen versuchte, die Menschen zu erreichen. Ersteres wäre, so der Autor mediengemacht, politische Themen zu benutzen, um Sachverhalte in gewisser Weise aufzupeppen. Dies immer mit Blick auf Quote (vgl. ebd.) Mit dem Phänomen Politainment, könne weiters eine nicht unbeträchtliche Orientierungsleistung für den Fernsehnutzer geboten werden. Politischen Eliten stehen zunehmend unter Dauerbeobachtung, da in repräsentativen Demokratien auch das menschliche Bild der Politiker zählt. Selbst wenn sich Politiker auch privat inszenieren, müssen sie sich so die Annahme, entlang von Werten und Lebensführungsmustern orientieren, die durch jene Präsentationen an die Öffentlichkeit gelangen (vgl. ebd.). Lebensführung ist mittlerweile auch für Wähler ausschlaggebend. Die für Dörner wohl wichtigste Annahme ist aber, die Menge an Publikum, welches durch Politainment erreicht werden kann. Es besteht schlichtweg die Chance Menschen zu erreichen, die primär unterhaltungsorientiert sind. So könnten Medienmacher durch Quote und Politiker durch ebensolche Reichweiten profitieren. Eine Symbiose, die wenn es nicht zur völligen „Sinnentleerung“ kommt auch demokratischer Werte vermitteln kann.

29 Anmerkung: Zum Teil bewirkte die Beschleunigung der Gesetzwerdung (Stichwort: speed kills“) der schwarz/blauen Regierung genau das Gegebteil und nahm nach Zurückweisung durch den VfGH erneut Zeit in Anspruch – „mediale Ausschlachtung“ inklusive. 128 Stefan Langmann 0104885

Der bei Unterhaltungsformaten stets im Vordergrund stehende „Feelgood-Faktor“ als emotionale Dimension, könnte etwaiger Politikverdrossenheit entgegenwirken. Jedoch nur, so Dörner, wenn die Politik darauf achtet, nicht zu hohe Erwartungen zu wecken, die bei Nichterfüllung wieder in Frust umschlagen können. Auf diese Art kann Politainment durchaus emotionalisieren und eventuell sogar persönlich zu Engagement motivieren. Als weiteres Beispiel verweist Dörner hier auf die oft verschmähte „Talk-Kultur“. Seiner Ansicht nach war diese maßgeblich mitverantwortlich, dass der Informationsstand zu politische Debatten in der Bevölkerung, heute höher ist, als er dies in der Vergangenheit jemals war (vgl. ebd.).

5.6.1. Zusammenfassung Politik und Medien Der Ansatz Dörners mag in der Tat, mit den bisher angeführten Ansichten zum Thema Politainment auseinanderlaufen. Völlig unrecht hat der deutsche Politikwissenschafter nicht, wenn er meint, gerade heutzutage könne mit Politainment eine Menge Menschen erreicht werden. Natürlich bedarf es dabei einer genauen Abstimmung der Inhalte, um nicht falsche Eindrücke beim Konsumenten und Wähler zu wecken. Mitunter schwieriger durchführbar, als sich das denken lässt. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen das in manchen Bereichen, die Politikvermittlung vor nahezu unüberwindbaren Hindernissen steht. Den Grund dafür sehe ich in der Komplexität mancher politischer Themen. Die heutige Welt, natürlich auch durch Medien zusammengewachsen, lässt sich nicht immer einfach vermitteln. Gesellschaftliche Probleme machen heute nicht mehr einfach an Ländergrenzen halt. Die Europäische Union ist dafür ein gutes Beispiel. Noch nie waren Dinge wie Geldtransfer oder Reisen so einfach. Andererseits ist das Finden eines gemeinsamen Nenners, in Bezug auf Thematiken wie Governance und Integration, oder die globale Wirtschaftssituation komplex wie nie zuvor. Hier können und sollen Medien wie das Fernsehen, durchaus einen Weg der Vermittlung finden. Doch manche Inhalte können und sollten aufgrund ihrer Komplexität nicht vereinfacht werden. Das betrifft natürlich auch die mediale und politische Inszenierung. Das Erreichen der Massen, wird entgegen der Annahme Dörners nicht im geringsten helfen, wenn diese Massen der Interpretation und des Verstehens der transportierten Inhalte nicht mächtig sind. Nur Menschen die gelernt haben hinter die Kulissen zu schauen und größere Zusammenhänge zu erkennen, können Darstellungsformen wie Politainment nutzen und die darin enthaltenen Inhalte herausfiltern und verwerten. Wer den Gesamtzusammenhang nicht lesen kann, wird vermutlich nach Wahlen wieder und wieder Enttäuschungen erleiden, angesichts der Tatsache, dass die gewissermaßen zu Heroen hochstilisierte Politiker, sich dann doch nicht als solche entpuppen und ganz anderen Gesetzmäßigkeiten zu gehorchen haben. Das ändert nämlich in keiner Weise etwas an Problemen wie Politikverdrossenheit und Schwund der Wählerschaft. Die Aufgabe der Medien, und gerade öffentlich-rechtlicher, wie der ORF wäre es, so gut und vielseitig hinter die Kulissen blicken zu lassen, wie nur möglich. Ansonst kann die Demokratie aus lange Sicht sicherlich Schaden nehmen. Oder sie bleibt ein Elitenprojekt, was sie in gewissem Sinne ja lange Zeit war, und erst in den letzten 150-200 Jahren ablegen konnte, als die großen Massen an Menschen daran teilnehmen durften. In diesem Zusammenhang sind sowohl die Macher der Politik, als auch der Medien gefragt. Ob diese, die ökonomischen Vorteile oder Begehrlichkeiten überwinden können die sie oftmals daran hindern, ein Weniger an Inszenierung und Quote und ein Mehr an Objektivität zuzulassen ist fraglich.

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Das ließe den Schluss ableiten, das der, der den ORF im Griff hat, auch den Hauptanteil bezügliche politischer Information in Österreich im Griff hat. Doch so einfach stellt sich die Situation nicht dar. Schließlich gehört der ORF niemandem wirklich. Die Besitzverhältnisse sind gesetzlich geregelt und stellen mehr oder weniger die Allgemeinheit als Eigentümer hin. Dieser ist der ORF auch verpflichtet. Dabei ist, wie im Gesetz vorgeschrieben, Unabhängigkeit von jedweder politischen Partei und Institution gefordert. Und genau hier gab und gibt es immer wieder Probleme. Das schließt zum Beispiel auch die Führung des ORF mit ein. Ich möchte, in der nun folgenden Aufarbeitung bestimmter Geschehnisse, im Zusammenhang mit österreichischer Politik und dem ORF einige markante Punkte zu den Verschiedenen Generalintendanten festhalten.

Die Querellen und Konflikte mit denen seine Vorgängerin scheinbar unlösbare Probleme gehabt hatte, konnte Generaldirektor Wrabetz beilegen. Dies attestierte ihm sowohl der Chef der ORF Magazine Johannes Fischer, als auch der Redakteurssprecher Fritz Wendl. Zuerst die Aussage Wendls aus dem, mit ihm geführten Interview, auf die Frage ob sich die Situation nach der Initiative SOS-ORF etwas geändert hätte: FW: „Na wie ich schon gesagt habe, am Radio und Onlinesektor hat es aus verschiedenen Gründen immer schon funktioniert, aber am Fernsehsektor, das ist der große Vorteil dieser Geschäftsführung.“ (Interview mit Fritz Wendl am 20090706)

Johannes Fischer fiel zu Alexander Wrabetz ähnlich klingendes ein: F: „...ich habe ja die Kollegen hier gemeint, die haben sich erfolgreich dann gewehrt, haben somit ihre Glaubwürdigkeit wieder hergestellt, und jetzt glaube ich, wirft uns keiner vor, dass wir einseitig, oder sonst irgendwas... sondern dass wir möglichst objektiv und möglichst unabhängig berichten. Auch ein Verdienst, des Wrabetz, dem man viel vorwerfen kann, aber das kann man ihm nicht vorwerfen, und da haben sich die Kollegen im Haus schon durchgesetzt.“ (Interview mit Johannes Fischer vom 20090626)

Die Möglichkeit der unreglementierten Berichterstattung wurde unter Alexander Wrabetz wiederhergestellt. Das ist natürlich nur die eine Seite der Medaille, auf der anderen sieht sich Wrabetz mit einer schweren finanziellen Krise des ORF konfrontiert. Diese würde dringend eine Neukonzeptualisierung des ORF und seiner umliegenden Strukturen nötig machen. Weiters müsste in diesem Zusammenhang auch die Politik Lösungen anbieten, sonst ist es diesbezüglich fraglich, wie die Ära Wrabetz später bewertet werden wird.

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6. Beantwortung der Forschungsfragen 6.1. Wie wird Medienpolitik in Österreich praktiziert? Ich möchte zur Beantwortung der eingangs gestellten Forschungs-Fragen noch einmal die Definition von Medienpolitik nach Wilhelm ins Gedächtnis rufen. Demnach ist Medienpolitik:

„...die geordnete Summe der Maßnahmen die darauf hinzielen, den Massenmedien jenen Raum an Freiheit und Unabhängigkeit vom Staat, von anderen gesellschaftlichen Machtgebilden oder von privaten Monopolen zu sichern, dessen sie bedürfen um ihre publizistischen Funktionen angemessen und ungehindert erfüllen zu können.“

Medienpolitik in Österreich entspricht im Grunde jener, wie wir sie in anderen Staaten Mittel- und Nordeuropas vorfinden. Dennoch ist sie hierzulande mit Problemen behaftet. Historisch betrachtet rührt dies auf den Ereignissen der unmittelbaren Nachkriegszeit. Dem physischen und psychischen Wiederaufbau der Republik, unter vorerst alliiertet Kontrolle sind wichtige Entscheidungen geschuldet. Die in jener Arbeite ebenso behandelten Eigenheiten die politischen Systems wurde in jener Zeit entscheidend mitbestimmt. Konkordanz und Proporz waren Stichworte, die sich auch in den medialen Entwicklungen wiederfinden. Der Rundfunk und im Speziellen das Fernsehen hatten hier, das „Pech der späten Geburt“. Die laut Wilhelms Definition geforderten Maßnahmen für Radio und Zeitung bestanden bereits und wurden nicht wesentlich in Frage gestellt. Die Politik hatte in der Parteipresse ihre eigenen Sprachrohre und somit wenig Interesse an der Einschränkung oder gar Zensur anderer Printprodukte. Medienkontrolle wie zuvor im nationalsozialistischen Regime wäre - allein der bloßen Präsenz der Alliierten geschuldet – unmöglich gewesen. Zukunftsweisende medienpolitische Glanzleistungen waren nicht gefragt. Das Medium Fernsehen forderte Medienpolitik erstmals. Mit dem Ergebnis, dass die Partein als Macher und Regulatoren von Medienpolitik auftraten – private Ansätze waren auf Grund des enormen finanziellen und logistischen Aufwandes unmöglich – Medienpolitik entsprach Proporz. Da Partein und Regierung das System „übernahmen“, fanden auch jene Merkmale österreichischer Politik Eingang in die Medienpolitik, die ich in Abschnitt 4.1ff. angeführt habe. Zahlreiche Novellierungen der ORF-Gesetze, politischer Paternalismus der letzen Endes die „Kompetenz der Politik“ entscheiden ließ, anstatt Experten aus Fachgebieten zu hören, sowie ein stetes Auge auf den „politischen Kompagnon“ - um diesen nicht zu „vergrämen“ waren Prämissen der österreichischen Medienpolitik. Der Amtschimmel galoppierte hintendrein. Natürlich ist dieses Bild überzogen – in weiten Bereichen konnte der Rundfunk mitunter ausgezeichnete Arbeit leisten. Die ersten medienpolitischen Schritte, die der Definition Wilhelms entsprechen, geschahen auf Initiative der Zeitungsherausgeber, die das Rundfunkvolksbegehren anstießen. Hier finden wir diesen Personenkreis sowohl als Akteure der Interessensartikulation als auch der Interessensaggregation. Auf dem Gebiet der Medienpolitik finden wir in Österreich im Zeitraum nach dem Rundfunkvolksbegehren eher Akteure der Interessensaggregation (Verstärker bereits formulierter Interessen). Sämtliche medienpolitischen Aspekte wurde bereits rund um Österreich formuliert. Medienpolitische Innovation stellte lediglich das Redakteursstatut des ORF dar. Andere Anpassungen passierten reaktiv.

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Jene Reaktivität ist es auch, welche die österreichische Medienlandschaft prägte. Man versuchte nicht etwa Anstöße zur Belebung des Zeitungsmarktes zu unternehmen, oder die Qualität auf jenem Sektor zu heben. Erst als eine Parteizeitung nach der anderen – wiederum Änderungen im politischen System geschuldet – wegzubrechen begann, brachte die Politik die Presseförderung aufs Tapet – der Versuch einer redistributiven Policy deren Umverteilungswirkung dem Gießkannenprinzip, welches ihr inne wohnt zum Opfer fiel. Bis heute ein umstrittenes und im Großen und Ganzen mangelhaftes Modell, das der Reformierung harrt. Was die Rundfunkpolitik betrifft, kann selbiges attestiert werden. Die Schaffung von mehreren Gesetzen, die Rundfunk in Österreich regeln, konnten diesen - trotz mehrfacher Novellierung - nicht aus der Umklammerung der Partein loslösen. Dies hat mehrere Gründe: Die für Kleinstaaten typischen Klassifizierungen treffen auch auf den österreichischen Markt zu. Die Bundesrepublik Deutschland war, spätestens ab dem Zeitpunkt, als Kabel und Satellitenkanäle auch in Österreich empfangen werden konnte, in der Lage, auf den österreichischen Markt zuzugreifen. Ansätze österreichischen Inhalte in irgendeiner Form zu „retournieren“ scheiterten am Widerstand der deutschen Privatanbieter, die sich durch den öffentlich-rechtlichen, werbefreien ORF bedroht sahen (vgl. auch Interview mit Gerhard Weis 20130617). Dualismus wäre, ob seiner schwierigen Umsetzung – weitere Segmentierung des ohnehin umstrittenen Werbemarktes wären nötig gewesen – ein medienpolitisch entscheidender Schritt gewesen. Dieser kam jedoch zu spät. Gründe dafür gibt es mehrere. 1. Die Starrheit des Parteinsystems dass, da über „Leibfernsehen“ verfügend keine Änderungsbedarf erkennen wollte. 2. Ein Zeitungsmarkt, der sich lange vehement gegen dualen Rundfunk – und somit deutsche Konkurrenz in Österreich weigerte – obgleich die dort vorgefundenen Eigentumsverhältnis genug Anlass zur Sorge sein hätten können. 3. Die Frage nach der Ausrichtung des öffentlich-rechtlicher ORF, der selbst Reformbedarf nötig gehabt hätte, um den Eintritt ins „duale Zeitalter“ zu einem früheren Zeitpunkt, als dies tatsächlich geschah zu meistern. Verantwortungen an dieser Stelle liegt zum Teil auch beim ORF selbst, dessen „Eigenleben“ nicht völlig aus der Diskussion ausgeschlossen werden kann, und im engeren Sinn wieder bei der Politik und somit Punkt 1. 4. Ein nicht auflösbares, verhängnisvolles Verhältnis von österreichischen Journalisten, Medienmachern und Politikern dass ,wenn auch nicht auf den ersten Blick den Dualismus verhinderte, aber durch die Zementierung des Status Quo, den Medienstandort Österreich sehr stark prägte. Und nicht im Stande war oder wollte– die eigenen Interessen berücksichtigend - festgefahrene Strukturen aufzubrechen, zu kontrollieren oder, wie zu Zeiten des Rundfunkvolksbegehrens Änderung herbeizuführen.

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6.1.1. Ideen- Interessen und Institutionenzentrierte Ansätze Unter Berücksichtigung jener Ansätzen zur Erklärung von medienpolitischen Regulierungsmaßnahmen, kann für die österreichische Medienpolitik folgendes festgehalten werden: Ideenzentrierte Regulierungsmaßnahmen: fanden allein aufgrund der Geschichte Eingang in die Mediensituation Österreichs. Demokratischer Werte, Meinungsfreiheit und öffentlich-rechtlicher Rundfunk als Gut der Allgemeinheit mit Versorgungs- und Programmauftrag ausgestattet, sprachen stets eine andere Sprache als Modelle, die den Kräften des Marktes bei der Regulierung „freie Hand“ ließen. Im weitesten Sinne wurde sogar versucht, via Hörer- Sehervertretung das in Österreich vorherrschende Modell des Korporatismus einfließen zu lassen. Interessenzentrierte Regulierungsmaßnamen: können wohl im Versorgungsauftrag und den besonderen Aufträgen im ORF-Gesetzt festgemacht werden. Während in anderen Medienbereichen das öffentliche Interesse nicht annähernd so stark vermittelt wird, wie in den Rundfunkgesetzen. Die Presseförderung dient ungleich weniger öffentlichen Interessen. Bei Rundfunk und Fernsehen stand jedoch der „Public Interest“ Gedanke klar im Vordergrund. Das, wie anhand zahlreicher, in dieser Arbeit angeführter Beispiele auch andere Partikularinteressen Grund für Durchsetzung und hintanhalten von Regulierungsmaßnahmen waren, bleibt unbestritten – In Anbetracht einer lange Zeit fehlenden „Regulierungsbehörde“ wird dies umso evidenter. Institutionenzentrierte Regulierungsmaßnahmen: können aus Ermangelung einer effizienten Regulierungsbehörde, die lange Zeit nicht bestand, nur bei Parlament und Regierung festgemacht werden. Etwaige Unterschiede/Merkmale in der Kommunikation zwischen Regierung (Prinzipal) und Behörde (Agent) können erst mit der Schaffung der KommAustria nachvollzogen werden und fallen so, wenn auch knapp, aus dem Rahmen jener Arbeit.

6.1.2. Perspektiven kleinstaatlicher Medienpolitik Im Abschnitt zur medienpolitischen Theorie habe ich mich auch mit den verschiedenen Aspekten kleinstaatlicher Medienpolitik auseinander gesetzt. Die 4 von Trappel eingeführten Aspekte – Abhängigkeit, Ressourcenknappheit, geringe Marktgröße und Verletzlichkeit treffen auch auf den österreichischen Markt zu. In bezug auf das Abhängigkeitsverhältnis kann ganz klar der deutsche Nachbar genannt werden. Die gemeinsame Sprache und die zeitlich fortgeschrittene Entwicklung des Privatfernsehens setzten auch die österreichischen Medienlandschaft unter Druck und schufen Konkurrenz für den ORF. Der Werbemarkt ist eine weiteres gutes Bespiel, dass neben den Sendungen aus Deutschland, die Verletzlichkeit des österreichischen Marktes vor Augen führt. Lange Zeit hielt man aus eben diesem Grund Privatfernsehen hier für unmöglich. Zu wenig Einnahmen würden sich neben dem, zu Teilen sowohl aus Gebühren als auch Werbung finanziertem ORF lukrieren lassen. Das es gegenwärtig - wenn auch nicht völlig zufriedenstellend – dennoch funktioniert lässt auf den Fortbestand der österreichischen Medienlandschaft hoffen. Auszublenden sind hier natürlich deutsche Beteiligung am österreichischen Printsektor und Österreich–Werbefenster in deutschen Privatkanälen in denen Geld für den österreichischen Markt verschwindet. Über Ressourcenknappheit was Personal betrifft kann nicht wirklich geklagt werden. Zwar fanden eine ganze Reihe Österreicher ihren Platz innerhalb deutscher Medienunternehmer, dies trug aber zu

133 Stefan Langmann 0104885 keinem Mangel in der österreichischen Medienszene bei. Das mitunter immer wieder die selben Köpfe für Posten genannt werden, liegt weniger am Mangel an Personen, sondern eher am politischen System Österreichs. Entscheidenden Personen kommen nicht aus dem „Nichts“ sonder haben zumeist Karrieren in Partein oder anderen Organisationen hinter sich, durch welche sie im politischen System zugeordnet werden können. Entscheidend wird letzten Endes aber, wie die jeweiligen Personen ihre Aufgaben wahrnehmen. Wer im ORF eher an die Interessen seiner ehemalige Arbeitgeber denkt, als an journalistische Grundsätze, beziehungsweise das Wohl des Unternehmens selbst, würde dies vermutlich auch in anderen einflussreichen Positionen tun.

6.2. Wer praktiziert Medienpolitik in Österreich? Die Frage nach dem „Wer“ in der österreichischen Medienpolitik lässt sich aus der eben erstellten Auflistung ableiten. Die Hauptakteure österreichischer Medienpolitik finden sich im Grund im Parlament und auf den Regierungsbänken. Es ist, zumindest was die medienpolitischen Agenden betrifft, Aufgabe der Regierung, Reformen umzusetzen. Da Gegenstimmen in der Medienlandschaft, bis auf die Zeitungsverleger inexistent waren, gab es nur wenige Initiativen, die ernsthafte Lobbyarbeit gegen Regierungsvorhaben hätten betreiben können. Obgleich aus dem ORF kommender Widerstand gegen Vorhaben von Regierungen zu berücksichtigen war, konnte dies Entscheidungen der Regierungen mittel- und langfristig nicht verhindern. Den einzig, bisher relevanten Widerstand stellen somit das Rundfunkvolksbegehren von 1968 und die im Jahr 2006 ins Leben gerufene Initiative SOS-ORF dar. Diese Initiative verweist im weitesten Sinn auf einen weiteren Akteur österreichischer Medienpolitik. Der ORF selbst. Damit ist, vor allem die Person des Generalintendanten/Generaldirektors gemeint. Diese Position erfüllt neben Leitung des Unternehmens und „Schutz“ für die Mitarbeiter auch eine zentrale Rolle in der österreichischen Medienlandschaft. Medienpolitik wurde und wird immer auch aus dem „Chefbüro“ am Küniglberg gemacht. Die Linie des dortigen Generaldirektors, mag bei der Politik noch so umstritten sein, dennoch hat jene Person die Möglichkeit, Medienpolitik mitzugestalten (taktische Verhandlungen zwischen ORF und VÖZ bewiesen das). Das Relativierende an der Sache: Es gilt, die Politiker in gewissem Maß wohl zu stimmen. Dazu dienen die langen Anlaufzeiten bei der Wahl der Kandidaten für das Amt des Generaldirektors. Ebenso die Praxis, jenen Personen „Kapitulationserklärungen“ abzuverlangen. Zugeständnisse an die Wünsche der Politik. Riskiert ein Generalintendant aber zu viel, können seine Tage rascher gezählt sein, als ihm lieb ist – siehe Gerhard Weis. Die Direktoren vom Küniglberg waren mindestens zum gleichen Teil an der Stagnation der österreichischen Medienlage beteiligt wie die große Koalition in den 1980 und 1990´er Jahren. Konzepte und Ideen kamen auch von deren Seite nicht. Als entschuldigend kann gewertet werden, dass die Aufgabe eines Generalintendanten/Generaldirektors nicht darin liegen, die österreichische Medienlandschaft umzugestalten, sondern den ORF nach ökonomischen und medientechnischen Aspekten zu führen. Während die Einen aufgrund guter „Publicity“ dem ORF wohlgesonnen agierten, versuchten die Anderen stets, die „größte Medienorgel des Landes“ auf Kurs zu halten und deren Fortbestehen zu sichern. Das dies aus einem Geben und Nehmen bestand und besteht, muss nach allen hier erwähnten Vorfällen nicht weiter ausgeführt werden. Die Politik hat Druckmöglichkeiten über Besetzungs- und Personalpolitik, der Küniglberg verfügt, aufgrund der einzigartigen Position auf dem österreichischen Medienmarkt über die Möglichkeit via

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Berichterstattung Agenden zu setzen oder nicht zu berichten – So zumindest die vertretene Sichtweise in der österreichischen Politik.

6.3. Medienpolitik unter FPÖ/ÖVP Mit speziellem Fokus auf die im Jahr 2000 formierte Koalitionsregierung lässt sich folgendes feststellen: Medienpolitik wurde weiterhin hauptsächlich von den Regierungspartei diktiert. Wenn auch eine Reihe wichtiger Erneuerungen geschaffen werden konnten, ORFG-2001, Privatfernseh- und Privatradiogesetz , sowie die Schaffung einer Medienregulierungsbehörde, wurde gerade in diesem Schaffungsprozess auf vorher relevante Werte politischer Entscheidungsfindung verzichtet. Unter dem Motte „speed kills“ wurden Gesetze durch die Begutachtungs- und Bewertungsabschnitte gepeitscht, sodass sie lediglich im Konsens der Regierungspartein entstanden.

Abseits der Reformierung fand eher eine Schwächung des ORF und seiner Aufgaben statt. Dies beruhte vor allem darauf, dass „offiziell“ sowohl FPÖ als auch ÖVP ein liberaleres Bild der österreichischen Medienlandschaft vorschwebte. Tendenzen bezüglich Liberalisierung des Marktes fanden sich in beiden Partein. Dennoch, als primäres Ziel schien vielmehr, ein Maximum an Kontrolle auszuüben und sich, vorher nicht gekannten Einfluss und Publizität zu sichern. Weder FPÖ noch ÖVP kann hier aus der Pflicht genommen werden. Unterschiede lassen sich nur anhand der getätigten Interventionen bestimmen. Das Fehlen von kritischer Auseinandersetzung mit dem eigenen Handlungen und Werten, führten zu einem rücksichtslosen Umgang mit kritischen Journalisten und Medien. In Bereichen, in denen eigener Einfluss bestand, wurde dieser oftmals ungeschickt ausgenützt. Personalrochaden und starker Druck auf Redaktionen seien hier genannt. Robert Hochner beschrieb es so: „...Nein, aber auf der zweiten und dritten Ebene, durch Verunsicherung, durch kleine Personalverschiebungen ist schon einiges passiert. Jetzt werden alle behaupten, dass das alles nur im Interesse des Unternehmens, im Interesse lang Strukturen geschehen ist. Aber da ist schon viel passiert. Man hat ein Unternehmen zum Teil unter Kontrolle gekriegt, und zwar durch subtile Änderungen im nichtsichtbaren Bereich.“ (vgl. Thurnher, „Ich habe eine Hoffnung“, Falter 20010620, 19).

In Bereichen wo Personal nicht einfach ausgewechselt werden konnte, wurde mit einer Flut von Klagen gegen „Andersdenkende“ vorgegangen (siehe: Klenk 2001). Entscheidend für dieses unverblümte Vorgehen dürfte auch der Mangel an „parteinahen“ Personen in Führungspositionen des ORF gewesen sein. Die ÖVP, nach Jahren der Koalition mit der SPÖ vom Konsens mit jener Partei befreit, verursachte zumindest was Interventionen betraf, sehr wenig öffentliches Aufsehen. Dies dürfte auch den besser etablierten Kommunikationsstrukturen zu Redakteuren und Entscheidungsträgern geschuldet sein (Anmerkung: selbst Betriebsräte wurden als „Parteigänger“ der ÖVP dargestellt). Das Ziel den ORF mittels des ORFG-2001 zu reformieren schlug fehl – wie die befragten Politiker auch selbst einräumten. Neben der Schaffung eines zum Teil durchaus probaten Gesetzestextes verstieg sich auch die schwarz/blaue Regierung darin, den ORF als Plattform zur Interessensvertretung zu nutzen. Eine grundlegende Umstrukturierung der Anstalt schlug fehl, anstatt dessen suchte man den ORF mit der Streichung der Gebührenrefundierung unter Druck zu setzten und nachhaltig zu schwächen. Essentielle Fragen nach dem Fortbestand des Auftrags suchte man lediglich dadurch zu

135 Stefan Langmann 0104885 decken, ihn unter zu Hilfenahme ehrenwerter, aber zum Teil im Ruhestand befindlicher Medienprominenz, in höchst auslegbarer Form ins Gesetz zu schreiben – den Ausführungen Gerhard Weis zu Folge schien, allerdings kein tieferes Interesse hinter der Formulierung eines „verbesserten Auftrags“ zu stehen. Die Medienpolitik unter schwarz/blau kann daher, aus Sicht einer wirklichen Reformierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens als Fehlschlag bezeichnet werden. Das zeigt sich unter anderem auch daran, dass trotz raschem Wechsel der ORF-Führung – der aus rein politischen Motiven geschah – keine Verbesserung im Sinne öffentlich-rechtlicher Medienpolitik umgesetzt wurde. Das Gegenteil trat ein, und der ORF passte sich erneut kommerzieller Sendungslogik an und geriet nebenbei noch durch nachweisbare Fehlbesetzungen – die allein zum Zweck der politischen Kontrolle geschahen unter unnötigen Druck. Medienpolitik geschah – rein im Hinblick auf den ORF - somit auch unter der Koalition von FPÖ und ÖVP alles unter machtpolitischen Aspekten und nicht im Sinne einer Stärkung oder Reformierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags.

6.4. Politik versus Journalismus Eine Eckpunkt dieser Arbeit war – im Zusammenhang mit jenem Regierungswechsel - auch das Verhältnis zwischen Journalisten und Politikern. Die schwarz/blaue Regierung ging, mit bisher unvergleichlicher Härte gegen den ORF und daher natürlich auch, gegen die dort tätigen Journalisten vor. Ich habe bereits erwähnt, das speziell die FPÖ mit einer Vielzahl von Klagen versuchte, andere Journalisten mundtot zu machen. Derart stark unter Druck gesetzt, wurde offene Kritik für viele so gut wie unmöglich - ohne mit einer Klage zu rechnen.

Nach Gesprächen mit Journalisten, der Rezeption von zahlreichen Büchern und der Recherche in Tageszeitungen komme ich, auch in Hinblick auf Unparteilichkeit zu folgendem Schluss. Ein Großteil jener Stimmen im Journalismus, die am heftigsten Kritik ausübten standen der politischen Opposition nahe oder waren - im politischen Spektrum Österreichs - als links der Mitte, einzuordnen. Es bestand, im Zusammenhang mit der Regierungsbeteiligung der FPÖ allerdings auch ein breiter Konsens über parteipolitische Grenzen hinweg. Dieser stellte sich gegen die immer wiederkehrenden rechten- und zum Teil rechtsextreme Tendenzen innerhalb jener Partei. Schon die Aussage des damalige ÖVP-Klubobmannes Andreas Khol, die ÖVP habe die FPÖ „in den Verfassungsbogen zurückbegleitet“(vgl. Khol 2001, 117) lässt schließen, dass die FPÖ vorher „außerhalb des Verfassungsbogens“ stand. Kritik an einer Partei, die sich in eine solche Position begibt, muss nicht zwingen von Linken kommen, sonder ist das Recht eines jeden Teilnehmers der „im Verfassungsbogen“ verankert ist.

Zum Teil mögen sich die Regierungspartein verstärkter – auch unangebrachter Kritik – ausgesetzt gefühlt haben. Daraus folgernd, im ORF verstärkt „Widerstand der Linken“ zu orten mag einem „differenzierten Verständnis“ von Journalismus und journalistischen Wertvorstellungen geschuldet sein. Nach dem Motto: „Bist du nicht für mich, so bist du gegen mich“. Allein die Umdeutung der „Maßnahmen der EU“ gegen die Regierung veranschaulicht dies. Die Sanktion waren strikt „gegen die Regierung“, welche gemeinsame Sache mit einer, bis dato als nicht für regierungsfähig befundenen Partei - der FPÖ – machte. Nie waren Sanktionen „gegen Österreich“ geplant. Die schwarz/blaue

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Regierung mühte sich jedoch so lange ab, bis sie den „nationalen Schulterschluss“ hergestellt hatte und alle Medien, pauschal von „Sanktionen gegen Österreich“ sprachen – eine zweifelhafte Form im Umgang mit Kritik, aber eine gekonnter PR-Schachzug. Auch der öffentlich-rechtliche ORF, wurde „indirekt“ Opfer dieser Praxis. Der ORF war lange Jahre zuvor von Sozialdemokratie und Volkspartei in Beschlag genommen worden (in Bezug auf Parteinahme und Beeinflussung gilt für keine der Parlamentspartein Österreichs die „Unschuldsvermutung“). Daher gab es auch, zumindest zu Regierungsantritt eine Reihe von Journalisten die - wenn nicht direkt der SPÖ zuzurechnen - zumindest im linken politischen Spektrum angesiedelt waren. Dies stellt meiner Meinung nach, allerdings kein Hindernis in Bezug auf umfassende und objektive Berichterstattung dar. Journalisten sind, wie auch Politiker, Menschen die Gesinnung haben dürfen. F: „Nein, also ich habe genau wie jeder Journalist habe ich eine Gesinnung. Bin kein Gesinnungsloser Idiot, habe nie ein Hehl daraus gemacht, das ich, ich war in Hainburg, habe gegen Zwentendorf gekämpft, habe daraus keine Hehl gemacht, das hat aber oder sollte nie, oder ist nur ganz wenigen, Fällen in die Berichterstattung einfließen. Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Ich kann, und ich erwarte auch von einem ÖVP affinen Journalisten, das er ordentlich berichtet und objektiv berichtet wie von einem Grünen Journalisten. Das erwarte ich einfach. Eines muss man allerdings schon sagen, die Kontrollfunktion die wir Journalisten ausüben sollen und sollten, führt automatisch dazu, das wenn man die Regierenden und Mächtigen und die Entscheidungsträger kontrollieren will, man sich eher als Journalist an die Opposition hält.“ (Interview mit Johannes Fischer 20090626).

Journalismus der solche Ansichten vertrat, machte sich in jenem zunehmend „kontrollierten Klima“ pauschal verdächtig. Naheverhältnisse von Redakteuren zu Partein oder „bemerkenswerte Lebensläufe“ 30wurden schnell zum Ziel der schwarz/blauen Regierung. Das Beispiel von Redakteur Johannes Fischer zeigt weiters, dass Eingriffe und Personalrochaden nicht allein „Privilegien“ der Wenderegierung darstellten. Das dies über Jahre hinweg selbst von Betriebsräten praktiziert wurden, welche die journalistische Kollegenschaft in „Bürger“ und „Linkswichser“ (vgl. Interview mit Gerhard Weis) unterteilten zeichnet ein umso befremdlicheres Bild vom medialen Verständnis vieler Verantwortlicher.

Nach Versetzungen und personellen Änderungen, trat allerdings auch kein „objektiverer“ Journalismus zu Tage – das Gegenteil trat ein (siehe Causa Mück/Armin Wolf Rede) Womit die Regierung selbst Zielscheibe der Kritik wurde – die „Entpolitisierung“ war fehlgeschlagen. Obgleich der, mehrfach von Interviewpartnern erwähnten Netzwerke zwischen Journalisten und Politikern – Informationen für wohlwollende Berichterstattung – schien es die FPÖ über Jahre hinweg nicht zu Wege gebracht zu haben, einen Pool an ihr nahe stehenden Journalisten zu sammeln. Peter Westenthaler selbst erwähnte dies im Gespräch. Es fielen nur die bekannten Namen Seledec und Wehrschütz. Westenthaler sah dies offenbar als Beweis, den ORF nicht beeinflusst zu haben, da ja keine Verbindungspersonen zur Verfügung gestanden wären. Dass er und seinen Partein, allein

30 Johannes Fischer war wegen einem kritischen Interview mit dem damaligen SPÖ Innenminister aus dem ORF entlassen worden. (n.a. Der Standard, Johannes Fischer: Immer Zores mit der Politik, 20070622, http://derstandard.at/2722723). 137 Stefan Langmann 0104885 aufgrund der Unterbesetzung der FPÖ nahen Journalisten im ORF verstärkter Kritik ausgesetzt worden wäre, ist wohl eher dem Bereich „politischer Polemik“ zuzuordnen. Der Umgang und die Einstellung zu Themenvielfalt und Kritik, scheint ein wesentlicher Faktor für die Einschätzung und Wahrnehmung selbiger zu sein. Keiner der an der schwarz/blauen Koalition beteiligten Politiker, bezeichnete den ORF als pauschal linksgerichtet. Es handelte sich stets um Einzelheiten, die Basis jener Meinung waren. Die „Journal Panorama“ Reihe bei Andreas Khol, oder „die „10-15% der ORF Journalisten, die gezielt eingefärbte Berichterstattung machen“ bei Westenthaler (vgl. Interviews mit Khol u. Westenthaler). Sowie einzelne Journalisten deren Vorgeschichte weithin bekannt war. Sie wurden Ziel der Angriffe. Es wäre durchaus denkbar, dass es sich bei jene Journalisten, die immer wieder dem „linken und linksextremen Lager“ zugeordnet wurden um solche handelt, die aufgrund ihrer journalistischen Prinzipien und Berufsauffassung nicht an „Deals“ mit der Politik interessiert oder beteiligte waren. Überprüfbar wurde das für mich allerdings nicht. Menschliches Fehlverhalten seitens der Journalisten des ORF, sowie Interventionen bei Fehlberichterstattung oder falsch interpretierten Statements bedürfen der Kritik und gegebenenfalls auch der Richtigstellung durch Interventionen von außen. Das gehört zum „Geschäft des Journalismus“ und muss in einer Demokratie wie der österreichischen stets möglich sein. Journalismus allein aufgrund seiner Themenauswahl („Khol- Nicaraguafraktion“) zu maßregeln, spricht für ein „eigenwilliges Verständnis“ von Journalismus. Das Unterstützen von, und berichten über Minderheiten bedeutet nicht, vom Staat „verfolgten“ Rechtsextremen ein Podium zu bieten, oder unkritisch mit Großpartein umzugehen. Es heißt auch nicht Parlamentarier von ihrer „besten Seite“ zu zeigen wie etwas Peter Westenthaler dies zu verstehen scheint. „Es kann den ganzen Tag die Kamera mitfahren, wenn dann ein gescheiter Beitrag rauskommt.“ (Interview mit Peter Westenthaler 20130522). Sowohl Partein als auch die Personen in ihnen, haben gemein hin das Rüstzeug und die Netzwerke, die ihnen angemessene Verteidigung und Publizität sichern. Öffentlich-rechtlicher Journalismus sollte es sich daher auch nicht zur Aufgabe machen, PR-Arbeit zu leisten wie dies im Privatfernsehen geschehen kann. Peter Westenthaler sprach hier etwa Politiker-Kochshows und andere Formate an, die jenem Zweck wohl eher gerecht werden. Es zeugt ebenso von einem „eigenwilligen Medienverständnis“, wenn in Abwesenheit von Partein nicht mehr über jene selbst diskutiert werden darf (siehe: 4.4.6 Interventionen ins Netz – Journalisten in die Zelle). Natürlich besteht für Partein stets die Gefahr, in Abwesenheit heftiger Kritik ausgesetzt zu sein. Ausgewogenheit sollte auch bei Diskussionen im Vordergrund liegen. Wenn aber eine Partei immer wieder extreme Positionen vertreten hat, so darf sie sich auch vor „medialem Gegenwind“ nicht beleidigen lassen. Letzten Endes sollte doch der „mündige Rezipient“ entscheiden ob hier seine Partei in den „Schmutz gezogen wird“ oder nicht. Das Abschneiden in einer Diskussion oder einem Interview ist mitunter ohnehin zweitrangig. Dies belegt die Erkenntnis Peter Filzmaiers, als auch die Aussagen Westenthalers zu kritischen Interviews (siehe: 5.4.2 Politische Inszenierung und „kritischer Journalismus“). Zu einem entscheidenden Teil scheinen die Spannungen, die sich letzen Endes in all den öffentlich gemachten Konflikten, Diskussionen und Interventionen – bis hin zu Klagen und Klagedrohungen aber dem beschleunigten Verhältnis zwischen Politik und Journalismus geschuldet. Gut und richtig, wenn Journalisten versuchen hinter die Kulissen zu blicken. Gut und richtig wenn Politiker mit ihren Meinungen und Ansichten offen umgehen Kritik üben und Kritik ertragen. Wenn Journalismus aber nur mehr um des Berichtens Willen berichtet und die Politik sich präsentiert um präsent zu sein läuft das System Gefahr, in permanenter Aufmerksamkeit und Aufgeregtheit zu

138 Stefan Langmann 0104885 versinken (siehe: Kapitel politische Inszenierung und kritischer Journalismus). Bis auf die permanente Stimulierung der Wahrnehmung der Rezipienten bleibt solche eine Medienlandschaft inhalts- und letzten Endes belanglos.

6.5. Fazit und Ausblick Als ich zu Beginn der Arbeit mit meinen Recherchen begann, hatte ich von der Situation Politik und ORF ein eher verschwommenes Bild. Natürlich hatte ich mir zuvor Gedanken gemacht, wie die Politik den ORF für ihre Zwecke nutzen würde. Aussagen wie: „Der ORF ist rot, beziehungsweise schwarz und so weiter...“ bekommt man als „gelernter Österreicher“ ja immer wieder zu Ohren. Auch mit der Initiative SOS-ORF war ich vertraut. Das historisch einige Entwicklungen bezüglich Politik in Österreich als „festgefahren“ zu bezeichnen sind, war mir aus meinem Politikwissenschaftstudium klar. Nicht zuletzt vernahm auch ich via Medien, die Nachrichten von der äußerst schwierigen finanziellen Lage des ORF Anfang des Jahres 2009. Da diese Arbeit den Zeitraum nicht abdeckt, machte ich mir viel mehr Gedanken darüber wie ich Einflussnahme und Interventionen auf den ORF erheben sollte. Also startete ich die defacto- Suchmaschine der APA und war bald überrascht, welche Fülle an Daten und Artikeln allein über die Schlagworte Politik, Intervention und ORF zu finden war. In zahlreichen Presseaussendungen bot sich mir ein „konfliktreiches“ Bild. Eine Partei warf der anderen vor den ORF zu missbrauchen oder ähnliches. Als ich Interviews mit ORF-Journalisten führte merkte ich schnell, dass ein Großteil dessen, was ich für demokratiegefährdende Interventionen hielt, eigentlich nur daraus resultierte, dass ein beliebiger Oppositionspolitiker keinen Übertragungswagen samt Journalistentrupp zu einer, politisch wie historisch als belanglos einzustufenden Pressekonferenz geschickt bekommen hatte. Mir wurde rasch bewusst, dass ich mit der Annahme Interventionen feststellen zu können, völlig scheitern würde. Echt Interventionen zeichnen sich nicht durch lautstarkes Gebrüll aus und werden auch nicht in Presseaussendungen der politischen Gegnerschaft thematisiert und verteufelt: FW:„Aber um ein völlig fiktives Beispiel zu nennen. Wenn wo in einem Landesstudio ein Chefredakteur, ein besonders enger Freund oder sonst wie dem Landeshauptmann verpflichteter ist, und der Landeshauptmann dem Chefredakteur sagt, pass auf, das und das gibt’s, das hätten wir gerne, wenn das jetzt nichts völlig vertrotteltes ist, und der Chefredakteur in einer Redaktionssitzung sagt, das sollten wir machen, dann wird niemand auf die Idee kommen, dass das so gelaufen ist. Vielleicht wären sie sogar ohne den Anruf auch drauf gekommen. Umgekehrt, das ist etwas wo ich immer sage, es ist schon auch eine Frage des jeweiligen eigenen Journalistischen Herangehens und des Charakters, wie enge Kontakte hält man mit wem. (Interview mit Fritz Wendl 20090706)

Sie werden subtil über Netzwerke und, wie schon Anita Staudacher, oder hier Fritz Wendl (im Grund bestätigten mir alle 5 Gesprächspartner jene Praxis) feststellte, durch Verhaberung einflussreicher Journalisten mit ebenso einflussreichen Politikern hergestellt. Befindet man sich außerhalb, also weiß nicht mit an Sicherheit grenzender Bestimmtheit, welcher Journalist welchem Politiker zugetan ist, liegen die Chancen bei Null, deren Machenschaften aufzudecken. An dieser Stelle nehme ich in Anspruch, kein Szene-Insider zu sein. Wenn auch nur ein Bruchteil, des in dieser Arbeit behandelten der „Wahrheit“ entspricht, wäre es an der Zeit die Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich aus der politische Umklammerung zu lösen. Dabei sollte auch die Situation der österreichischen Medienpolitik überdacht werden. Als erstes müsste der Politik allerdings klar werden, dass ein tägliches Erscheinen auf den Bildschirmen der Menschen, kein Garant für gewonnenen

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Wahlen ist – dies scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben. Natürlich ist der Transport politischer Inhalte wichtig für die Abläufe in einer Demokratie und für die Politik selbst. Genuin lebensentscheidend für die Politik ist es allerdings nicht. Dies wird völlig überschätzt und ist zu einem Gutteil auch den etablierten Praktiken der Politikvermittlung geschuldet. Hauptsache es wird berichtet!

Über die Rolle des öffentlich-rechtlichen Senders und dessen Funktionen scheint sich keiner Gedanken zu machen – erst bei wahrgenommener Kritik, oder dem Wunsch nach mehr Medienpräsenz folgen Handlungen. Zielführende Diskussionen über die Bedeutung des ORF und dessen mögliche Zukunftsperspektiven fand nicht statt. Statt dessen lädt eine Kanzler einen Generalintendant zu Tisch, um sich von diesem „politisch beweihräuchern“ zu lassen. Andere versuchen den ORF zu zerschlagen entziehen ihm Gebühren und wollen ihn als einen „Österreichkanal“ weiter vegetieren zu lassen. Entscheidungen zur Streichen von Gebühren sind im Grunde ebenso legitim, wie Beschwerden über Falschberichterstattung oder journalistische Verfehlungen. Ersteres aber völlig unkommentiert zu tun, und dann diese Angriffe und Einschnitte als „Stärkung“ der Anstalt, „Verbesserung“ und „Entpolitisierung“ hinzustellen und über alle Maßen zu loben ist schlichtweg heuchlerisch. Ebenso heuchlerisch und geradezu „verbohrt“ ist es, als Politiker unangebrachte Kritik und kritische Berichterstattung nicht auseinanderhalten zu können. So als gäbe es in Österreich weder politische Skandale noch Verfehlungen der Politik – nur eine Ansammlung „geifernder linkslinker Journalisten“, die obgleich zum Teil international ausgezeichnet, nichts anderes im Sinn führen, als „Regierungen zu stürzen und Skandale zu erfinden“. Dies entspricht meiner, aus der Bewerkstelligung jener Arbeit gewonnenen Sicht der Dinge - Anspruch auf Wahrhaftigkeit stelle ich nicht. Die Stellungnahmen in den von mir geführten Interviews eröffneten mir Perspektiven, die mich zum Teil nur ungläubig den Kopf schütteln ließen. Abgesehen vom Kopfschütteln, das wohl eine angemessener Ausdruck des Erstaunens, aber kein Lösungsansatz für die Zukunft ist – ist die Medienpolitik in Österreich korrigierbar? Die Rolle des ORF als öffentlich-rechtlicher Sender müsste überdacht werden. Soll er weiterhin in gewohnte Größe und mit dem umfangreichen Repertoire dienen, so benötig dies eine angemessene Finanzierung. Eine Reduktion seiner Tätigkeiten und somit ein Verlust an Sehern ist wahrscheinlich der falsche Weg. Massenmedien benötigen eine Massenpublikum, ansonst wird ihre Existenz ad absurdum geführt (vgl. Weis 1998, 106). Die Politik scheint dies nicht zu erkennen. Statt dessen gibt es immer wieder dann Zugeständnisse, wenn auf die Einschränkung der politischen Berichterstattung von Seiten des ORF hingewiesen wird. Dieses „gegenseitige Erpressungsverhältnis“ an dem zum Teil auch die Leitung des ORF mitverantwortlich zeichnet, ist einer Demokratie unwürdig - einem Land wie Österreich geradezu maßgeschneidert. Es spräche, so man wirklich Geld sparen möchte, auch nichts an einer Schrumpfung des ORF und einer Reduktion seiner Aufgaben – auch in den Ländern. Dann sollte aber auch über die Weiterführung der bisher vom ORF erbrachten Leistungen nachgedacht werden. Diese halte ich für essentiell – mögen sie auch aufgrund langer „Nicht-Medienpolitik“ zu Stande gekommen sein. Ich sehe mit Blick in die aktuelle Medienlandschaft Österreichs (Juni 2013) niemand, der dessen Aufgaben auch nur annährend übernehmen könnte. Natürlich, Österreichnachrichten und Politkochshows mögen auch andere zu Wege bringen. Korrespondentennetze und kritische

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Berichterstattung, Kunst und Kultur, abseits von Quoten und Werbung und den Transport österreichischer Identität schafft zur Zeit nur der ORF. Gerade durch den, in diesem Land stark ausgeprägten Föderalismus hat der ORF eine entscheidende Rolle im Transport von Identitäten übernommen – diesen Standpunkt vertrat auch Gerhard Weis im mit ihm geführten Interview. Bezogen auf die Größe und Aufgabenpalette des ORF fasste Fritz Wendl dies treffend zusammen: FW: „es wird sich die Frage stellen, wie weit die Medienpolitik irgendwann einmal begreift, dass es jeden einzelnen Politiker, jeden einzelnen Parlamentarier, sein ureigenstes Interesse sein muss, einen möglichst starken, so unabhängig wie es im Gesetz steht, ORF zu haben, wenn er überhaupt politische Inhalte, die diese Namen verdienen möglichst weit verbreiten will. Weil die Alternative, die man hier sieht, die, die Politik jetzt hat ist der Wohlwollen eines alten Herausgebers31 oder, der Wohlwollen von einem zweiten Medienkonzern, der sich in noch größerer Form gerade bildet, wo dazukommt, der dritte große Medienkonzern in Österreich, ein Magazinsektor, der auch in einer einzigen Hand ist in Wirklichkeit. In einer solchen Medienlandschaft wird vielleicht auch die Politik irgendwann auf die Idee kommen, was es für sie bedeutet, wenn sie über das was sie für Medienpolitik halten, also wer steht mir grad näher, hinausdenken und das ist eine vage Hoffnung, beziehungsweise, man soll es nicht unterschätzen, es gibt natürlich eine nicht unbeträchtliche Breite an Leuten, die sehr wohl verstehen, das ein öffentlich rechtlicher Rundfunk etwas entscheidendes ist und das kann jetzt schon gewisse Fügungen haben. Aus Erfahrung kann man nicht all zu hoffnungsfroh sein, andererseits, wir haben eine Situation, irgendwann schauen sie auch über Grenzen und ich glaube nicht, dass es in Österreich irgendeinen Politiker gibt, der Entwicklungen a la Italien haben möchte, und des Weiteren ist auch allen klar, wie es derzeit einer Medienlandschaft international geht, und das ist nicht wirklich erfreuliche, die nicht einem klassischen Medienbegriff entspricht.“ (Interview mit Fritz Wendl 20090706)

Der Ball liegt also wieder bei der Politik und deren Verständnis für eine offene, demokratische Gesellschaft, in der auch kritischer Journalismus, wie er auch im ORF praktiziert wird, einen Platz haben muss. Es ist scheinbar leichter, die BBC und ihre Richtlinien auf den Lippen zu führen, als Entwicklungen auch wirklich in jene Richtung zu lenken. Vor allem wenn man dadurch mitunter selbst an Einfluss verliert. Entscheidend wäre also eine Entwicklung weg von einer Politik, die Presseaussendung und eigenständigen Journalismus nicht zu unterscheiden vermag. Hoffnung gibt der direkte Vergleich mit dem englischen System. Dort entwickelte sich der Parlamentarismus im 17. Jahrhundert. In Österreich liegen ähnliche Entwicklungen noch keine 100 Jahre zurück. Gut möglich, dass in 200 Jahren Rezipienten jenes Themenbereichs über den bedenklichen Umgang der Politik mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich im 20. und 21. Jahrhundert bloß verwundert den Kopf schütteln können. Zynismus beiseite - eine rasche Änderung der Situation ist nicht zu erwarten – auch im Hinblick darauf, dass erfolgreiche Revolutionen in Österreich selten bottom => up erfolgten. Es liegt somit wirklich viel im Erkennen und Handeln der Politik. Solange Fernesehen dort lediglich als Mittel zum Zweck verstanden wird, bleibt wenig Hoffnung. Schließlich bedürfte es nichts geringerem , als der Änderung der politischen Kultur im Land. Ob sich Politik jemals auch berechtigte Kritik wird anhören können, ohne sofort auf eine Hetzkampagne der Gegnerschaft zu schließen, und sogleich selbst zum Gegenschlag überzugehen, wage ich zu bezweifeln. Aber auch Journalismus ist ein Geschäft geworden, das Neuigkeiten, Sensationen und dergleichen nachjagt. Hier lässt sich auch ein öffentlich-rechtliches Unternehmen wie der ORF nicht immer ausnehmen. Auch hier müssen Einkünfte erwirtschaftet werden und Bilanzen stimmen. Dennoch

31 Hans Dichand, Herausgeber der „Kronenzeitung“ verstarb im Jahr 2010. Der Einfluss seiner „Kronenzeitung“ jedoch ist auf dem österreichischen Medienmarkt immer noch gewichtig. 141 Stefan Langmann 0104885 scheint es einen entscheidenden Unterschied zwischen dem ORF und der Politik in Österreich zu geben. Beide sind, was die Technik betrifft, mittlerweile hoch entwickelt. Der ORF jedoch stellt nicht den Anspruch wiedergewählt zu werden.

142 Stefan Langmann 0104885

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Ucakar, Karl 2006: Verfassung- Geschichte und Prinzipien In: Dachs, Gerlich, Gottweis, Kramer, Lauber, Müller, Tálos (Hg.): Politik in Österreich- Das Handbuch S. 119-138

Ulram, Peter A. 2006: Politische Kultur der Bevölkerung In: Dachs, Gerlich, Gottweis, Kramer, Lauber, Müller, Tálos (Hg.): Politik in Österreich- Das Handbuch S. 512-524

Wendl, Fritz 2009: Der ORF hält viel aus, aber nicht alles. In Kompetenz, Das Magazin für den organisierten Erfolg. Ausgabe 1a/2009, Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes GmbH, 1230 Wien S. 4-5

Wenzler, Michel 2007: Journalisten, Politiker, Öffentlichkeitsarbeiter und Lobbyisten in der Interaktion. In: Gassen, Vera (Hg.) Düsseldorfer Forum Politische Kommunikation. Münster. S. 291-310.

Wilhelm, Bernhard 1994: Medienpolitik. In: Schiwy, Schütz (Hg.) Medienrecht – Stichwörter für die Praxis (3. Auflage) Neuwied, Kriftel, Berlin. S 228-234

Wolf, Armin 1999: Der Sieg ist das Bild. Die Inszenierung von Politik in der Mediengesellschaft: Diplomarbeit. Universität Wien.

Wolf, Armin 2006: Opfer und Täter zugleich. JournalistInnen als Adressaten und Konstrukteure medialer Inszenierung von Politik. In: Filzmaier, Peter/Karmasin, Matthias/Klepp Cornelia 2006: Politik und Medien. Medien und Politik. facultas.wuv Universitätsverlag S. 51-65

7.2. Literatur aus Datenbanken (in alphabetischer Reihung der Blätter+Erscheinungsdatum) Wiso Praxis:

Falter: Bruck, Peter A. „Sogenannte Objektivität“ Rundfunk. Bei den jüngsten ORF-Plänen der Regierung geht es offensichtlich nicht um die im Rundfunkgesetz gemeinte Objektivität, sondern um etwas anderes. Falter 20000628, 6)

John, Gerhard/Klenk, Florian „Ab ins Internet!“ ÖVP Innenminister Ernst Strasser über Cowboys bei der Polizei, die wöchentlichen Demos, Krabbelstuben in Schubhaftzellen, Porschefahren mit Haider und seinen Wunsch, blau-schwarze Interventionen auf die ORF-Homepage zu stellen. Falter, 20000816, 10.

John, Gerald/Weissenberger, Eva „Wahrheit, Tochter der Zeit“ Regierung. ÖVP-Klubobmann Andreas Khol über das Melken der Kühe, die Furcht vor Jörg Haider, die Nicaragua-Fraktion im ORF und Hans-Jörg, seinen Liebling bei "Taxi-Orange". Falter 20001011, 8

146 Stefan Langmann 0104885

Thurnher,Armin „Das Ingenieurswesen“ Seinesgleichen geschieht. Nach dem Wesen der FPÖ sorgt uns das Wesen des Ingenieurs, der im ORF sein Unwesen treibt. Falter 20001108, 5

Klenk, Florian „Spitzelaffäre für Anfänger“ Argumente. Die FPÖ hat das Volk verwirrt. Kein Wunder: Es geht ums politische Überleben. Eine Orientierungshilfe für alle, die nicht mehr durchblicken, aber trotzdem gerne am Stammtisch gewinnen wollen. Falter 20001129, 8

Thurnher, Armin „Auf dem Bauernmarkt“ Seinesgleichen geschieht. Das neue ORF-Gesetz ist durch den Ministerrat. Öffentlichkeit bleibt dabei ein Unthema. Falter 20010606, 5

Thurnher, Armin „Ich habe eine Hoffnung“, Falter 20010620, 19

Thurnher, Armin „Das ist keine Botschaft“, Falter 20010627, 17

Weissenberger, Eva/Weisensteiner, Nina „Weis soll bleiben“ ORF. "Betrifft"- und "Pressestunde"-Chef Johannes Fischer über Peter Westenthalers Interventionen und Peter Pilz' Tagträume, warum "Betrifft" gescheitert ist und was bei ihm am Häusl hängt. Falter 20010711, 14

John, Gerald/Weissenberger, Eva „Die Sendung mit dem Haider“ Falter 20010801, 14

Fröschl, Erich „ORF neu“ Falter 20011114, 5

Thurnher, Armin „Eine Frage der Optik“ Falter 20011205, 25

Frankfurter Rundschau: Illetschko, Peter „Der ORF soll gezwickt werden. Neue Koalition plant Pivat-TV in Österreich“ Frankfurter Rundschau 20000203, 13 k.A. "Das Irrationale hat bei uns Tradition" ORF-Generalintendant Gerhard Weis über die Mediendebatte in Österreich: Realitätsverweigerung der Regierenden. Frankfurter Rundschau 20010521, 13.

Format: Toth, Barbara „Der ORF und die Spitzleaffäre: Hallo, hier Westenthaler!“ Glühende Telefone, Sendungsboykott, Interventionen: Wie ORF-Kurator Peter Westenthaler versuchte, die Berichterstattung über die FP-Spitzelaffäre im ORF auf Linie zu bringen.“ Format 20001009, 30)

Toth, Barbara „Der ORF und die Spitzelaffäre: "Hallo, hier Westenthaler!"/Interview: "Das ist eine Dauerauseinandersetzung" Format 20001009, 32)

Stuiber, Petra „ORF: Auf Hinweis Änderung“ Format 20001016, 44

Dutzler, Klaus „Sie wünschen, wir spielen“ Format 20010312, 22

Dutzler, Klaus „Das ist der Atomkrieg“ Der Kampf um die Vorherrschaft im ORF eskaliert. Die Regierung will Generalintendant Gerhard Weis stürzen, der will offenbar noch einmal kandidieren. Und die ORF-Redakteure steigen auf die Barrikaden. Format 20010702, 26

Dutzler Das ist der Atomkrieg/Interview“: "Der Herr leidet an Realitätsverlust" Peter Westenthaler, FPÖ- Klubobmann, über seine Kriegserklärung an ORF-Generalintendant Gerhard Weis, Interventionen und Elmar Oberhausers Qualitäten. Format 20010702, 29

Die Presse: Käfer, Patricia „In Konkurrenz zu den Hundstrümmerln“ Die Presse 20060530, 27 k..A. „Lindern geht zu Raiffeisen“ Die Presse 20070109, 23

147 Stefan Langmann 0104885

Profil: Stanzl, Norbert/Silber, Christoph „Der Kampf um den Küniglberg: Neue Attacken der FPÖ, Rundumschlag des Betriebsrats“. profil 19980202, 40

Knecht, Doris/Schmid, Ulla „Kampfzone ORF“ ORF. Die schwarz-blaue Regierung will mehr Einfluss. Generalintendant Weis wehrt sich mit allen Mitteln. profil 20000529, 40

Knecht, Doris „Kampfzone ORF/Interview – Das ist sehr alarmierend“ Generalintendant Gerhard Weis fürchtet um die Unabhängigkeit des ORF und droht mit Rücktritt. profil 20000529, 40

Knecht, Doris Kampfzone ORF/Interview: "Niederbügeln, unmöglich machen" Johannes Fischer über seinen Rücktritt als Chef von "ZiB 2" und" ZiB3". profil 20000529, 42

Knecht, Doris „Das ist ja verrückt“ Interview. ORF-Generalintendant Gerhard Weis über die geplante Medienbehörde und den Einmischungsversuch des Kuratoriums., profil 20000703, 54 k.A. “Ich reg mich nicht mehr auf” Interview. ÖVP-Klubobmann Andreas Khol bestreitet Interventionen beim ORF, kritisiert Thomas Prinzhorn und lobt seinen Ziehsohn Peter Westenthaler. profil 20001016, 38

Zöchling, Christa "Die Hard" ORF. Generalintendant Gerhard Weis kämpft um sein Amt. Doch seine potenziellen Nachfolger antichambrieren schon bei den Mächtigen. profil 20001204, 44

Lackner, Herbert/Zöchling, Christa “Ungeheure Brutalität” Interview. ORF-Generalintendant Gerhard Weis über die Pläne der Regierung mit dem ORF, über Interventionen und Zivilcourage und seine Zukunft. profil 20010625, 24

Linsinger, Eva/Zöchling, Christa „Poker mit schwarzem Peter“ profil 20060807, 17

Kleine Zeitung: Loigge, Uschi „Wünschen kann er sich alles“ Jörg Haider will dem slowenischen "Radio dva" den Hahn abdrehen. Die Entscheidung über dessen Zukunft liegt beim ORF-Stiftungsrat Kleine Zeitung 20020222

Kurier: Cijan, Rudolf „Eine zulässige Intervention“ ORF und Politik: Ungereimtheiten in Kärnten/GI Weis zur "ZiB"- Streichung Kurier 19990724, 31

Kittner, Daniela„Die Rede Lawine“ Kurier 20060519, 3

Neue Züricher Zeitung: Ritterband, C. „Ein Radio verstummt“ NZZ 20020809, 5

Neues Volksblatt k.A. „Molterer Kritik an SP- Medienpolitik. Neues Volksblatt 19991007,37

News: Votzi, Josef/Wöber, Fritz „ORF politisch eingefärbt“ News 20040722, 60

Oberösterreichische Nachrichten: k.A. „Stenzel bestätigt Schwarz-Blaue Koalition im ORF“ OÖ-Nachrichen 19980523

Mayringer, Lucian „ORF-Weis: Mir tut das alles so Leid“ OÖ-Nachrichten 20011231).

Lichtenberger, Bernhard „Gesinnung und Objektivität“ OÖ-Nachrichten 20030826

Salzburger Nachrichten: k.A. „ORF-Generaldirektor – Faxwahl-Flop – mit Folgen...“ SN 20011020, 2

148 Stefan Langmann 0104885

Der Standard: Sperl, Gerfried „Die Pleite eines Systems“ Der Standard 20000124, 28 red. „Nicht so dumm und käuflich“ Der Standard 20000225, 21 red. „Interventionen und Datenklau im ORF“ Der Standard 20001009, 7

Rauscher, Hans „Wut im ORF: Es hagelt Interventionen“ Der Standard 20001010, 1

Fidler/APA „Antreten beim ORF-General“ Der Standard 20001012, 23

Fidler, Harald „Küniglberg: Ruhe vor der Sondersitzung“ Der Standard 20001016, 13 k.A. „Adieu Albanien, grüß Gott Kakanien/ORF: Eiszeit am Küniglberg“ profil 20001106, 54 k.A. „Verludert und verhabert“ Der Standard 20010601, 38

Fidler, Harald „ORF-Chefin Lindner rügt Armin Wolf, Revolte der Redakteure“, Der Standard 20060519, 1

Kronberger, Hans „Schwarze Irrtümer einst und jetzt. Was Wirtschaftsminister Mitterlehner mit Kanzler-Legende Julius Raab verbindet.“ Der Standard 20110421, 42)

Wolf, Armin „ORF-Reform: Lasst das Los entscheiden“ Der Standard 20130504, 35

Tiroler Tageszeitung: Plaikner, Peter „Die staatstragende Spaßmaschine“ Tiroler Tageszeitung" 20001202

Vorarlberger Tageszeitung: Zankel, Erwin „Sie wünschen, wir spielen" Neue Vorarlberger Tageszeitung" 19990728, 2 k.A. „Privatisierung vom Tisch“ Neue Vorarlberger Tageszeitung 20001210, 4

Werben&Verkaufen: Fidler, Harald „Alles Walzer“ werben&verkaufen 20001215, 134

Wiener Zeitung Schmid, Manfred „Weis für differenzierte Umgang mit dem Begriff Intervention“ Wiener Zeitung 20001012, 15

Schmid, Manfred „Das war das Medienjahr 2000“ Wiener Zeitung 20001227, 15

Wirtschaftsblatt: k.A. „FP will ORF teilprivatisieren“ Wirtschaftsblatt 20000127, A2

Washietl, Engelbert Rolle und Abhängigkeit des ORF machen Sorgen Verlagschef Manstein fürchtet "medialen Zentralfriedhof" WirtschaftsBlatt, 20001005, Nr. 1227, S. A3 stm, rp „Der Anfang vom Ende“ Fernsehen: Linzer Wohnhausanlage beschwerte sich beim EuGH in Straßburg gegen ORF-Monopol. Wirtschaftsblatt 20081124 23 http://www.profil.at/articles/0621/560/141641/orf-der-berg

7.3. Literatur aus dem Internet In alphabetischer Reihung der Internetseiten:

149 Stefan Langmann 0104885

Ergert, Victor 50 Jahre Rundfunk in Österreich, Band 1, 1974 http://austria-forum.org/af/AEIOU/RAVAG k.A. Appendix F: Extracts from the BBC Editorial Guidelines. http://www.bbc.co.uk/bbctrust/assets/files/pdf/review_report_research/impartiality_21century/f_editorial_guideline s_extracts.txt k.A. „BBC Two – Newsnight, Jeremy Paxman interviews Michael Howard”: http://www.bbc.co.uk/programmes/p00r2912 k.A. „Zentrale Neuerungen im ORF-Gesetz, BGBl. I Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 83/2001” http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=1581 k.A. Gerhard Zeiler Abschnitt „Beruf und Karriere“ , Einstieg in die Politik. http://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Zeiler k.A. „Geschichte des Fernsehens in Österreich“ - Von Gerhard Weis zu Monika Lindner http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Fernsehens_in_%C3%96sterreich k.A. Stiftungen des öffentlichen Rechts http://de.wikipedia.org/wiki/Stiftung#Die_wirtschaftlichen_Verh.C3.A4ltnisse)

Blumler, Jay G./Kavanagh, Dennis 1999 The Third Age of Political Communication. In: Political Communication 16 (3) http://iksz.fsv.cuni.cz/IKSZ-16-version1-pka.PDF

Dörner, Andreas 2002 : Politainment versus Mediokratie. Thesenvortrag, Cologne Conference/Medienforum NRW, 21. Juni 2002. unter www.mediaculture-online.de/ Mittels Suchfunktion abrufbar.

AGTT/GfK Teletest TV-Tagereichweite 1991-2012-Erwachsene ab 12 Jahren ORF-Medienforschung http://mediaresearch.orf.at/c_fernsehen/console/console.htm?y=1&z=1 k.A. „Die- österreichischer Rundfunkchronik“ Abschnitt 1973 http://mediaresearch.orf.at/chronik.htm). Verlinkt via Homepage des ORF: www.orf.at k.A. 15. März 1996 ORF-General Zeiler präsentiert Bilanz http://mediaresearch.orf.at/chronik.htm Abschnitt 1996 apa/red “Die Causa Euroteam” Der große Skandal von 1997-1999. http://www.news.at/articles/0345/10/68751_s1/causa-euroteam-der-skandal-1997-99 20031108 k.A. „Wenn das eigene Licht noch heller strahlt“ http://newsv1.orf.at/070830-16013/ k.A. „Die Hörer – und Sehervertretung“ http://publikumsrat.orf.at/geschichte.html). k.A. „Der „Tiger“ Gerd Bacher wird 80“. http://wien.orf.at/stories/71022/ 20051118

Zöchling, Christa „Der Berg ruft“ http://www.profil.at/articles/0621/560/141641/orf-der-berg 20060527) k.A. Plenarsitzung am 7.3.2005 - Publikumsrat verabschiedet Empfehlung zu "Quiz Express" http://publikumsrat.orf.at/plenar/plenum12.html 20050307 k.A. Plenarsitzung am 6.6.2005 - ORF-Publikumsrat wünscht sich Aus für "Quiz Express" http://publikumsrat.orf.at/plenar/plenum14.html 20050606

SN/APA Monika Lindner: Bitterer Abschied vom Küniglberg http://www.salzburg.com/sn/nachrichten/artikel/2300368.html 20060817.

150 Stefan Langmann 0104885

APA-defacto Folgende Quellen stammen aus der APA-defacto online-Suchmaschine und befinden sich als Kopien im Besitz des Autors: fpd „WESTENTHALER: Weitere unfassbare ORF-Manipulationen“ APA: OTS0065 5 II 0288 NFC004 Di, 20.Mai 1997).

151 Stefan Langmann 0104885

8. Anhang

8.1. Interview mit Johannes Fischer jetzt alle reden und unter der wir jetzt furchtbar leiden und weiß nicht was alles. Das war eigentlich schon vor zwei oder Das Interview mit Johannes Fischer wurde am 26.06.2009 von zweieinhalb Jahren erkennbar für Leute die sich damit 10:30 Uhr bis circa 11:10 Uhr, in dessen Büro im ORF- Zentrum beschäftigt haben, hat aber immerhin ein Jahr gedauert bis auf dem Küniglberg geführt und digital aufgezeichnet. Die überhaupt irgendjemand draufgekommen ist was überhaupt Aufnahme ist im Besitz des Autors, vorliegender Arbeit. gelaufen ist. Heißt mit anderen Worten: kritischer Journalismus, Folgendes Transkript enthält das Interview in vollem Umfang. in dem Fall Wirtschaftsjournalismus, der sich darauf verstanden Als Abkürzungsformen wurde wie folgt: hätte oder der, auf einer gleichen Ebene mit den S: Stefan Langmann F: Johannes Fischer Bankmanagern oder weiß ich was alles gewesen ist, nämlich auch intellektuell, geistlich und inhaltlich, hätte schon vor S: Also, ich habe gedacht, ich frage sie als erstes, was für zweieinhalb Jahren auf diese Krisenentwicklung aufmerksam sie kritischer Journalismus ist, weil sie ja im machen können. Ist aber nicht passiert.. Nein erst vor einem Zusammenhang mit dem Löschnak rausgeflogen sind aus Jahr waren Dinge nicht mehr zu verheimlichen und sind daher dem ORF... ausgebrochen ja? Also, ob das jetzt bei Waffenskandalen, ob F: Ja, ja rausgeflogen und wieder reingegangen und wieder das jetzt bei Beschaffungsakten des Bundesheeres ist, ob das raus und...Tja was ist kritischer Journalismus? Das ist eine gute bei insgesamt großen Aktionen ist, wo immer sehr viel Frage. Was ist Journalismus überhaupt? (lacht) Steuermilliarden verschoben werden. Ja, passiert, Journalisten haben die Aufgabe hinter die Kulissen zu schauen. Und erfüllen S: Ja stimmt. diese Aufgabe immer weniger. F: Weil das Problem ist, dass sich Journalismus, leider Gottes immer mehr verändert. S: Um noch mal zurück zu kommen auf die Probleme mit ihrem Rauswurf haben sie niemand gehabt der sie S: Na ja im politischen Zusammenhang vielleicht? unterstützt hat im Hintergrund, der ihnen sozusagen die F: Journalismus als Kontrollinstanz der Mächtigen, der politisch Wand gemacht hat? Weil ich habe über sie gefunden, dass Verantwortlichen, der Entscheidungsträger in einer sie einer sind, an dem Interventionen abprallen, der sich Gesellschaft, so haben wir also Journalismus immer hinter seine Leute stellt. verstanden. Die verte Macht im Staate ist eine Formulierung, F: Hm... ja also ich habe niemanden gehabt. der ich so nicht zustimmen würde. Aber im Prinzip hat Journalismus die Aufgabe, erstens einmal Aufklärung zu S: Also ist das dann politisch motiviert gewesen, dass leisten, zweitens einmal die hndelnden Personen im quasi jemand sagt, den Fischer brauchen wir nicht? öffentlichen Raum zu kontrollieren, Missstände aufzuzeigen F: Nein, den schmeißen wir raus, ganz schlicht und ergreifend. sich um Minderheiten auch zu kümmern und Weil es halt unangenehm war. In solche Interessenskonflikte Verantwortung...also Verantwortungsträger an ihre gerät man als Journalist immer, wenn man versucht hinter die Verantwortung zu erinnern. Das ist glaub ich die Hauptaufgabe Bühne zu schauen, in diesem Fall war das beim Löschnak und des Journalismus. da war der Beginn dieser sehr restriktiven Asyl- und Das hat sich, tja ziemlich gewandelt, in den letzten Flüchtlingspolitik die wir in Österreich jetzt haben. Jahrzehnten. Warum, da müsste man lange Nachdenken und das wird aufgrund der Tatsache, dass unser Geschäft immer S: Wo sie in gefragt haben ob er schon mal Flüchtling war. professionalisierter wird, nämlich sowohl auf der Seite der F: Na das war einfach der Versuch dem Fernsehpublikum zu Politik und der Entscheidungsträger, als auch auf der Seite der erklären oder darzustellen, na das machen wir ja jetzt auch, Journalisten, wird’s immer schwieriger zwischen was ist ein Flüchtling, um was geht es da eigentlich, wieso Kulissenschieberei auf der politischen Bühne und tatsächlichem setzen wir da Menschenrechte außer Kraft, nur weils halt Geschehen.. damals opportun war dem Herrn Haider irgendwas in die Hand zu geben. Wobei ich sagen muss, in Österreich ist es schon so, S: Ich wollte grade sagen, weil auch Inszenierung Teil dass wir im Gegensatz zu anderen Ländern, das ist jetzt meiner Arbeit ist, inwieweit sind das dann nur mehr ein...doch ein Vorteil der Demokratie, das bei uns niemand gewollte, oder wie soll ich sagen inszenierte Bilder? erschossen wird wenn er zum Beispiel eine Geschichte wie F: Tja das hat es ja immer gegeben, die, da gibt es ja einen einen Waffenskandal a la Noricum aufdeckt. In anderen Länder natürlichen Interessensgegensatz. Auf der einen Seite, gibt es kann man das gar nicht, bei uns wird hoffentlich niemand die politisch verantwortlichen oder handelnden Personen, erschossen, aber im Prinzip immer dort wo die sagen wir mal so, die bestimmte Interessen verfolgen und auf Interessenskollisionen passieren, dass heißt, auf der einen der anderen Seite gibt’s die Journalisten, die versuchen Seite Interessen der Politik, der Wirtschafttreibenden, der müssen, diese, diese Kulissen der politischen Bühne zu Industrie, des militärischen Komplexes, was auch immer und durchschauen, hinter die Bühne zu schauen. Das gelingt immer der Journalisten wenn da Interessenskonflikte passieren, schwerer, weil die, auf Seiten der Politik Verantwortlichen passiert halt dann so was. besser gelernt haben, die Bühne immer besser aufzubauen, und das was dahinter ist, immer besser zu verschleiern. Auf der S: Zieht der Schwächer dann... anderen Seite haben wir, das ist eine Theorie von mir, die recht F: zieht der Schwächere dann die Oarschkorten, fliegt man halt gut stimmt - haben wir einen Journalismus, der sich immer ausse oder so, wird aber in Österreich Gott sei Dank noch nicht mehr versteht als Transportrad, oder als Transportriemen, erschossen. Es gibt andere Länder, wo die Leute erschossen dessen was von der Politik oder von der Gesellschaft oder von werden. der Werbung, oder was weiß ich noch kommt. Und der immer weniger bereit ist hinter das zu schauen, was eigentlich wirklich S: Braucht man doch nur nach Russland schauen passiert. Gebe ihnen ein Beispiel: Das ist das aktuellste beispielsweise. Beispiel überhaupt, die sogenannte Wirtschaftskrise von der wir F: Ja oder nach Afghanistan oder Tibet, Iran oder Kenia.

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Selbstbedienungsladen gesehen, ist das ein Mittel wo ich S: Ich möchte aber noch mal bei einem meine Botschaften hineingebe. Österreichzusammenhang bleiben. Es gibt doch bei der F: Ja das ist ja nix neues. Der ORF ist als öffentlich rechtlicher, BBC diesen Paxman. Der dem Innenminister 12mal die mit dem Land, also im Land die zentrale Anlaufstelle für Politik komplett gleiche Frage gestellt hat. Inwieweit sehn Sie so ersten einmal. Ist das Leitmedium in der Politik, der ORF kann was beim ORF anerkannt oder gewünscht. Es hat ja der immer noch, auch wenn’s ihm jetzt schlecht geht, immer noch Herr Wolf ein paar mal Probleme gehabt, was ich so sehr viel bewirken in der Meinungsbildung, gar keine Frage. gesehen habe, bei Interviews mit kirchlichen Und ist von der Politik immer als Eigentum angesehen worden Würdenträgern. Gibt’s da jetzt eine österreichische und zwar von jeder Politik. Es ist völlig egal welche Regierung Komponente? Man wird zwar nicht erschossen aber ist der und welche Partei, mit Ausnahme der Grünen sage ich einmal. Österreicher da, will der Österreicher so was? Aber alle anderen haben den ORF quasi immer als Eigentum Obrigkeitshörigkeit oder mag keine Konflikte? betrachtet. F: Der Österreicher weiß nicht, ob man den so nennen kann S: Also ist in ihren Augen eine Entpolitisierung überhaupt S: Na ja sehr vereinfacht meine ich. möglich? F: Ein österreichisches Spezifikum, und das hängt unter F: Also, Entpolitisierung kann es ja überhaupt nicht geben, weil anderem auch zum Beispiel mit der Medienlandschaft der ORF ja ein wesentlicher Bestandteil, nicht der Parteipolitik, zusammen, ein österreichisches Spezifikum ist natürlich schon, aber der Politik in dem Land ist. Wenn im ORF eine Geschichte dass die Leute eher weniger konfliktfreudiger sind, als in transportiert wird und dann eine Kampagne von ein paar anderen Nationen, sagen wir mal so, die eine längere Wochen läuft, dann ist diese Geschichte Realität. Daher ist der demokratische Tradition haben, die ein anderes Verständnis ORF wie jede öffentlich rechtliche Anstallt, ARD, ZDF ganz haben von Liberalität. Also, Österreich ist ja, wie wir wissen ein genauso ein zentrales Element der Politik. Nicht der ziemlich, in der Grundsströmung ziemlich autoritäres Land. Wir Parteipolitik. Das die Parteipolitik natürlich ständig versucht das sind ein Land, dass tendenziell eher rechts als links ist. Wir sind zu vereinnahmen und ständig versucht das für sich zu ein Land in dem das Obrigkeitsdenken ja noch nicht so lange gewinnen ist klar. Unsere Aufgabe ist es, das möglichst her ist und aus der Tradition heraus, werden Aufmüpfige unter zurückzudrängen soweit es geht, immer geht’s nicht, aber das Anführungszeichen, Journalisten als ehre unangenehm wir ein Bestandteil der Politik sind ist völlig klar. empfunden, das ich noch jedem so passiert. Auf der andern Seite gibt es schon in Österreich ein Publikum, das sich von S: Also, unmöglich, quasi untrennbar verbunden? Journalisten erwartet, dass sie, sei es durch Fragen im F: Ist untrennbar verbunden und Sie brauchen sich nur Fernsehen, oder sei es durch Recherchen im Profil, oder sonst irgendwelche Emergency Fälle in der Politik oder sonst irgendwo, das sich erwartet, dass Journalisten ihre Aufgabe irgendwo vorstellen, da ist der ORF immer das zentrale Medium erfüllen, hinter die Kulissen zu schauen. Jetzt sage ich einmal, um das sich immer alles abwickelt. Sie könne in dem Land 70% aller Journalisten tun das nicht. 70% aller Journalisten keine Kampagne für irgendetwas, für bessere Schulen, oder für transportieren die Dinge, transportieren die Meinungen der bessere Ausbildung oder für bessere Universität machen, wenn Politik, Industrie der Partein et cetera. Aber wir haben schon nicht der ORF hier eine führende Rolle in der Meinungsbildung einen erklecklichen %satz an Journalisten, die sich bemühen, hat. Das geht anders gar nicht. ihre Arbeit etwas anders gestalten. Das ist eine Grundsatzfrage, wie sehe ich meine Arbeit als Journalist. Sehe S: Weil einfach zu wenig verschieden Medien auf dem ich meine Arbeit als Journalist, dass ich zu Pressekonferenzen Markt gibt, wo das machbar wäre. gehe, oder mir Presseaussendungen her nehme und die halt F: Na ja es gibt die Printmedien, da kann man jetzt sagen, wer dann möglichst so formuliere, dass sie halt dann in die Zeitung ist das führende Medium, erst Antwort Kronenzeitung. Wobei reinpassen, oder sehe ich meine Aufgabe als Journalist, diese auch die Frage was ist ein führendes Medium? Für wen? Dinge eher zu vergessen und zu schauen, was steckt eigentlich „Kronenzeitung“sage ich mal für die Breite Masse. Aber die dahinter. Das ist im Tagesjournalismus nicht so einfach ist im politischen Veränderungen kommen von anderen Zeitungen, Wochenjournalismus einfacher, ist im Magazinjournalismus vom Standard vom Kurier, von der Presse et cetera. Das ist bei einfacher aber ja....Es hat einen Grund gehabt warum der uns auch so. Wir sind das führende Medium, das Leitmedium in Alfred Worm so berühmt war, warum der Elmar Oberhauser so dem Land, noch, vielleicht ändert sich das auch einmal, aber berühmt war es hat an Grund warum der Armin Wolf so daneben gibt’s ja nichts. Audiovisuell gibt’s ja neben uns nichts. berühmt ist, aber gleichzeitig unglaublich polarisiert, das ist ja Puls4, ATV sind alle marginale Größen. Also, was audiovisuelle keine einseitige Berühmtheit, der polarisier ja so, weil er sich Medien anbelangt, ist der ORF das Leitmedium, und daher eben in den Interviews bemüht hinter die Kulissen zu schauen. unverzichtbar für die Politik und auch im politischen Geschehen Ich habe Journalismus immer so verstanden, ich fürchte, unverzichtbar. Geht gar nicht anders. Anders in Deutschland Journalismus wird in den letzten Jahren immer weiter, immer wo wir ZDF ARD, anders in Amerika wo wir ABC, NBC und die weiter anders verstanden. ganzen Affiliates haben, dort schaut das anders aus, aber dort ist das aufgeteilter, also wir haben keine zwei ORF. Wir haben S: Mehr in diese Inszenierungstendenzen, nur einen. Amerikanisierung... F: Kulissenschieberei. Amerikanisierung wäre ich vorsichtig, S: Sie haben gesagt parteinpolitisch, also dass das von der weil in Amerika gibt’s immer noch Zeitungen wie die Politik nicht loslösbar ist, ist klar, aber parteipolitisch was Washington Post oder so, ich hoffe es gibt’s sie noch lange, die könnte man da ändern, ich denke mir zum Beispiel, wenn sich immer bemühen, auch hinter die Kulissen zu schauen. Als die Kuratoren besetzt werden, da wird oft monatelang ihre wirkliche Kontrollfunktion auszuüben, weil sonst brauche gerangelt, um jeden einzelnen Posten. Ich denke mir was ich nicht Journalist sein. Da werd ich PR-Agent oder ist da dran so wichtig`? Was kann ein Kurator machen? Medienberater. Ruft der bei ihnen an und sie müssen nach seiner Pfeife tanzen? Oder ist das nur ein Prestigeprojekt damit man S: Klar. Welches Bild, glauben Sie hat die Österreichische F: Nein, ich mein das war aber schon immer so, der ORF hat Politik vom ORF? Wird das in Österreich als bei den Partein, und das ist ein wichtiger Aspekt, also seit die Parteizeitungen weg sind, die haben ja früher Parteizeitungen

153 Stefan Langmann 0104885 gehabt. Arbeiterzeitung, Neues Volksblatt und so weiter. Wo sie an Unabhängigkeit und Redakteursstatut habt ist uns völlig ihre Meinung darstellen haben können. Die sind dann alle wurscht. Ihr macht jetzt Propaganda für uns. Das hat eine Zeit eingegangen, zu recht oder zu unrecht, dass weiß man nicht lang insofern funktioniert, als das einen Nachrichtendirektor, und im Endeffekt ist der ORF übergeblieben, als Sprachrohr für den guten Herren, der das betrieben hat, aus welchen Gründen die Parteipolitik, ja. Heute machen sie ihre Pressekonferenzen auch immer, Journalist war er eigentlich kein schlechter, nur und der ORF berichtet brav. Ok, es berichten die anderen sage ich da, hat der ORF auch wieder funktioniert, oder die Zeitungen auch, insofern ist der ORF für die mediale Präsenz Kollegen im ORF, da hat es dann einen Aufstand gegeben und wichtig, aber das Unternehmen selbst war den Parteipolitikern mit den bekannten folgen, dass die Frau Lindner wieder dorthin noch nie wichtig. Denen ist wichtig wie oft sie aus dem Kasten geschickt wurde, wo sie hingehört, und das Regime sozusagen schauen. Alles andere ist ihnen ziemlich wurscht. abgelöst worden ist. Insofern hat der ORF, also der Versuch der Unabhängigkeit im ORF intern wieder funktioniert. SOS S: Und dafür kann man diese Leute dann als ORF und so. Ansprechstellen sehn? Ich denk mir dass oft, wenn man sieht welche Verquickungen es da gibt, wenn einer S: Bringt das dann eigentlich was, natürlich hat man, wenn Parteisekretär war und dann ist er Mediensprecher und man da austauscht das Gefühl das nützt was, aber unter noch was beim ORF und war bei der und der Zeitung noch, dem Aspekt nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern ist das, macht das der österreichische Markt, natürlich die Leute merken das ja. Ich denke da an Polen, da hat sucht man da kompetente Leute aus... niemand dem Fernsehen geglaubt, wenn man weiß... F: Ja aber das kommt da dazu, dass das Land so klein ist, dass F: Ja das wird dann ein Thema der Glaubwürdigkeit. Ja stimmt. das Haus so klein ist, das ist hmmm (resignierend). Noch einmal, der ORF steht im Mittelpunkt der Politik und der ORF ist S: Also glauben Sie schätzen da die Politiker, den ORF als politisches Instrumentarium für die Partein wichtig. Er ist im oder Fernsehen generell, die Macht davon falsch ein? Von öffentlichen Eigentum, das ist gar nicht so genau definiert mit der Struktur her, wenn ich im Fernsehen bin macht mich Stiftung und so weiter, und so weiter. Im Grunde genommen ist das zum „Helden“? er im Eigentum seiner Zuseher und Zuseherrinnen, aber er wird F: Ja das glaube ich auch, da haben sie recht Fernsehen wird finanziert auf der einen Seite von Gebühren, über die von den Politikern prinzipiell falsch eingeschätzt, nur ich habe ja Gebührenhöhe wird entschieden in einem Gremium des die Kollegen hier gemeint, die haben sich erfolgreich dann Nationalrates, dass heißt automatisch sitzen dort die Partein gewehrt, haben somit ihre Glaubwürdigkeit wieder hergestellt, drinnen, die über einen Teil der Finanzierung dieses Hauses und jetzt glaube ich, wirft uns keiner vor, dass wir einseitig, oder bestimmen. Er wird mitfinanziert teilweise von den sonst irgendwas. Sondern dass wir möglichst objektiv und Bundesländern, die auch eine ganz wesentliche Funktion möglichst unabhängig berichten. Auch ein Verdienst, des haben, wir haben ja in einem Land das zu klein ist, also das so Wrabetz, dem man viel vorwerfen kann. Aber das kann man klein ist wie Bayern noch neun Landesstudios, die natürlich nie ihm nicht vorwerfen, und da haben sich die Kollegen im Haus, irgendjemand, irgendwann einmal aufgeben wird. Trotzdem ist schon durchgesetzt. Um genau das Glaubwürdigkeitsdefizit, es ein Wahnsinn, finanztechnisch und einnahmentechnisch das Sie grade erwähnt haben zu verhindern. Natürlich, wenn sind neun Landesstudios verrückt. man irgendwann mal draufkommt, der ORF berichtet nur das was die FPÖ will oder was die SPÖ will, und alle anderen sind S: Dort steht das gleiche Equipment wie da. weg, dann sind wir ein Staatsmanipulationsunternehmen. Dann F: Die bringen uns a la longue um, finanziell, also das können wir gleich zusperren. Das haben wir auch so gesehen Unternehmen. Nur das ist der Politik völlig wurscht. Die will, das und haben uns daher gegen diese Art vom Versuch der der Landeshauptmann sein Landesstudio hat. Insofern regiert Vereinnahme gewehrt. die Politik natürlich massiv in den ORF hinein, gleichzeitig, und das ist jetzt mein Vorwurf an die Politik, und das ist jetzt ein S: Tja aber es ist in diesem Zusammenhang auch bekannt, aktueller Vorwurf (Gespräch durch Sekretärin unterbrochen)... dass es so was wie einen Kanzlerbonus gibt, jetzt mal nur von der Medienlogik her... S: Was anderes: Merkt man das, wenn sich in den Gremien F: Das hat ja nichts mit dem zu tun, es geht eher darum in etwas ändert, ist das wie in den Ministerien, so jetzt stehen welche Richtung berichtet wird. Ist dann alles gut was die eine wir ohne Chef da, und da wird dann ausgetauscht, oder Partei macht, oder alles schlecht was die andere Partei macht. hält sich das eher in Grenzen? Wir sind ja dazu angewiesen sozusagen einmal hinter die F: Also, die größte Zäsur war da 2000. Also, die schwarz/blaue Kulissen zu schauen abzuwegen, kritisch zu kontrollieren, was Koalition. Also, ich bin jetzt lang genug im Haus, aber das war passiert da, wenn das dann überhaut nicht mehr passiert die wirklich größte Zäsur, weil da zum ersten mal sehr sonder nur mehr unkritisch. So eine Partei ist wunderbar, aber unverblümt, unverschämt eine Regierung gegeben hat, die das sind nicht nur wir alleine gewesen, da hat es auch andere. gesagt hat, ok, und wir nehmen den ORF jetzt in die Hand. Da Also, mit Bestechung kann man nicht sagen, aber mit hoher hat es ja Koalitionen, und was weiß ich was gegeben. Kleine Medienförderung eine ganze Reihe von Zeitungen gegeben, die Koalition und große Koalition, die haben immer gesagt, ok, wir dann diesen Volltrottel von einem Grasser irgendwie versuchen mit dem ORF auf irgendeinen Modus vivendi zu hochgelobt haben, als besten Finanzminister aller Zeiten. kommen, natürlich wollen wir da, dass wir da ein bisschen mehr Mittlerweile ist ja klar was der ist. Aber wenn Sie sich erinnern, vorkommen und dort ein wenig mehr, also da hat immer wie Medien dann, sei es weil sie viel Förderung kriegen, andere Begehrlichkeiten gegeben und so, aber mit denen konnte man kriegen diese Förderungen nicht, was ganz konkret in der immer Leben, und das war damals dann wirklich so, also schwarz/blauen Koalition passiert ist, oder weil es hier dann Schüssel und Riess-Passer, war wirklich das erste mal, dass Chefredakteure gibt, wie der, die jetzt sagen, bitte ich will da, ich das auch hier im Haus erlebt habe, dass die einfach dass der Herr Grasser da zehn mal vorkommt. Und ich habe durchgefahren sind. Also jeder der nicht schwarz und nicht blau vorne alle Verantwortungsträger entfernt und am besten in den war ist entfernt worden, zunächst einmal von seinem Posten, Keller eingesperrt, dass sich keiner mehr rühren kann, was ob es der Stoppacher war, oder die Hopfmüller war, oder ich auch passiert ist, dann kann ich eine Zeit lang so was machen. war oder er...alle...abgeschoben. Durch sag ich mal, Aber nur eine Zeit lang. Sonst wären wir ja eine Diktatur. Eine willfährigere Leute ersetzt, und geglaubt sie können den ORF Zeit lang, aber es geht nicht auf ewig. Und irgendwann werden jetzt quasi in Geiselhaft nehmen und sagen , ok, was ihr da jetzt diese Leute entzaubert, so wie der Herr Grasser, und

154 Stefan Langmann 0104885 irgendwann werden diese Leute dann abgewählt, Gott sei zur jeweiligen Opposition viel wichtiger, als zu den Dank. Regierenden. Die Regierenden machen ohnehin alles mit der Pressekonferenz. Die Opposition sieht ja auch ihre Aufgabe in S: Eben, das sollte sich dann auch so regulieren, weil es der Kontrolle und insofern gibt’s da eine ganz natürliche nützt ja nichts, wenn man vorgebetet bekommt, das ist die Parallelhaltung zu Opposition, jetzt ohne Parteinzuordnung. beste Jobpolitik aller Zeiten und man hat selber keinen Leider Gottes haben wir in Österreich eine Opposition, zu der Job. niemand anstreifen will, zurecht, ich auch nicht, dass ist ein F: Ja genau. Irgendwann wird das deutlich, was das für ein echtes Problem. Das die einzige Opposition, die wir haben im Blödsinn war. Bund, die Grünen sind. Weil an die FPÖ würde niemand anstreifen wollen. S: Wie sehen Sie die Rolle des Generaldirektors, kann der irgendwas, oder ist der angewiesen, auf..? S: Aber ich meine, wenn einer gesinnungstechnisch in F: Die wichtigste Figur ist der Generaldirektor. Der diese Richtung tendiert, kann ja der sowieso Generaldirektor ist der Garant für Unabhängigkeit. Die Frau beispielsweise keinen Bericht über Flüchtlinge machen, Lindner war der Garant für nicht Unabhängigkeit, der Wrabetz weil wie soll der Mensch die darstellen? Das heißt jetzt ist der Garant für Unabhängigkeit. Muss ich ganz ehrlich sagen. nicht, dass man die immer als die Ärmsten darstellt, aber Darunter sind die Direktoren, die eher Managementaufgaben es kann ja keiner im Journal Panorama einen Bericht haben. Also, wenn der Generaldirektor nicht das Image der machen, in dem er sagt, die kommen alle hierher und Unabhängigkeit hat oder Unabhängigkeit zulässt kann der sollten eigentlich zuhause bleiben. Wissen Sie, was ich Direktor auch relativ wenig tun. meine? Das haben wir bei der Lindner gesehen. Umgekehrt, wenn der F: Ja. Also, wir haben das Problem, in funktionierenden Informationsdirektor so stark ist wie der Elmar Oberhauser, Systemen gibt’s immer eine große Partei in Opposition und eine dann ist das auch noch mal ein Korrektiv. Damit haben wir zwei große Partei, die regiert. Darum haben die auch die Betonwälle jetzt eingezogen, ich bin Hauptabteilungsleiter und entsprechenden Mehrheitswahlrechte, damit das funktioniert. ich habe glaub ich keinen einzigen Interventionsanruf gehabt. Funktioniert bei uns nicht, wir haben immer eine große Koalition im Regelfall, dann haben wir die Grünen in Opposition und die S: Als das geht, wie der Westenthaler damals, das geht FPÖ in Opposition, einmal waren sie dann in der Regierung. An alles über Redakteursebene? die FPÖ streift im Moment niemand an. Gut, und bleiben die F: Nein, jetzt hört es oben auf. Grünen als einzige Oppositionspartei wirklich über. Das ist das, S: Es geht nichts mehr durch? wo ich alle Kollegen immer bitte, selbstverständlich haben wir F: Nein da geht nix mehr durch. Unter der Lindner und unterm die Verpflichtung zu schauen, was kann man gemeinsam von Gerhard Weis hab ich mit dem Herrn Westenthaler jeden Tag der Opposition kriegen, was kann man an Emotionen kriegen et zu tun gehabt. Und habe ihm jeden Tag sagen müssen, bitte cetera et cetera. Weil die, die selbe Aufgabe habe. Zu hau dich über die Häuser. Jetzt kommt das gar nicht mehr her. kontrollieren, hinter die Kulissen zu schauen. Zu kontrollieren, Also, es kommt nicht zu mir und von mir würde es sowieso was wollen uns die erzählen. Weil sie werden in der Politik nirgendwo hinkommen. Wenn es bei mir ankäme ist da die immer die Leute finden, die ihnen etwas erzählen wollen, aber Betonplatte. Aber im Moment haben wir die Betonplatte oben. das was die ihnen erzählen wollen ist entweder überhaupt nicht Was ja der Politik auch ein gewisser Dorn im Auge ist. die Wahrheit, oder nicht die ganze Wahrheit oder schon überhaupt nichts, was mit der Realität zu tun hat. Ihre Aufgabe S: Ja dann habe ich gelesen, es ist Ihnen der Vorwurf der als Journalist wird sein, dahinter zu schauen, warum erzählt mir rot/grün Färbung gemacht worden. In wie weit kann man der das, was steckt dahinter und was ist wirklich der über bestimmte Themen berichten, hm wie soll ich sagen Sachverhalt. Das ist immer das Thema und das selbe müsste hängt das mit einer ideologischen Färbung zusammen? die Opposition auch machen. F: Sichern nicht. S: Also, was ist da dran, ich glaube an einer Aussage von S: Also, nicht das Sie jetzt die Partei vertreten, aber Herrn Westenthaler oder eine FPÖ Aussendung, dass wenn F: Nein, also ich habe genau wie jeder Journalist, habe ich eine was von anderen Partein kommt ist es erwünscht und Gesinnung. Bin kein Gesinnungsloser Idiot, habe nie ein Hehl wenn er anruft ist er sozusagen der Buhmann. Also gibt es daraus gemacht, dass ich, ich war in Hainburg, habe gegen Leute die auf so was ansprechen, also nicht auf die reine Zwentendorf gekämpft, habe daraus keine Hehl gemacht, das Propaganda, aber richtungstechnisch schreiben, hat aber oder sollte nie, oder ist nur ganz wenigen, Fällen in die berichten? Berichterstattung einfließen. Das hat damit überhaupt nichts zu F: Also, der Westenthaler hat in dem Haus immer versucht alle tun. Ich kann, und ich erwarte auch von einem ÖVP-affinen zu indoktrinieren. Es ist ihm halt nie gelungen, dann war er halt Journalisten, das er ordentlich berichtet und objektiv berichtet immer ganz böse. Nein wissen sie, das war ein Missverständnis wie von einem grünen Journalisten. Das erwarte ich einfach. da geht’s nicht um Richtung. Richtung sollen die Partein selber Eines muss man allerdings schon sagen, die Kontrollfunktion transportieren, dazu gibt’s ja die Pressekonferenzen und die die wir Journalisten ausüben sollen und sollten, führt Parteiveranstaltungen, und ihre Reisen, das mein ich nicht, die automatisch dazu, dass wenn man die Regierenden und Richtung sollen sie transportieren wo sie lustig sind, auch im Mächtigen und die Entscheidungsträger kontrollieren will, man ORF in den Zeitungen überall, dazu sind auch Medien da, dass sich eher als Journalist an die Opposition hält. sie diese Richtungsstreite austragen, wie geht das mit der Familienreform, mit dem Asylrecht, dazu sind die da, dass sie S: Ich habe das so gemeint, in diese Richtung gehend. das einfach austragen. Ich hätte jetzt was anderes gemeint. F: Weil die Opposition ist die, die im parlamentarischen Kulissenschieberein, die wir haben, sei es im Bereich der Geschehen diese Aufgabe hat, der Journalist ist derjenige, der Wirtschaft sei es Bereich der Steuer, sei es im Bereich der sie im medialen Bereich hat. Das heißt hier ist eine engere Beschaffungsvorgänge, sei es in welchen Bereich auch immer, Kooperation natürlich angesagt, als eine Kooperation mit den in diesen muss der Journalist schauen. Was passiert jetzt mit Mächtigen. Was jetzt nicht heißt, dass jede Opposition aus dem vielen Geld, das jetzt auf einmal auf dem Markt ist? Wieso hehren Motiven das macht. Aber natürlich, selbstverständlich ist hat jeder Politiker plötzlich Milliarden im Mund, wo wir früher um eine größere Affinität der kritischen Journalisten zu Opposition, Milliönchen gerauft haben. Wie viele Nationalbanken drucken

155 Stefan Langmann 0104885 da jetzt gerade Geld? Wer muss das dann, nachher zurück hinterfragen das ja immer, manchmal eben nicht sehr zahlen? Wieso fördern wir irgendwelche komischen Autos und öffentlichkeitswirksam, aber sie hinterfragen es, sie versuchen andere Sachen nicht? Warum gibt’s plötzlich eine es zumindest. Und schauen hallo, warum ist das so. Also, Verschrottungsprämie für irgendwas, was eigentlich, von der Kontrolle, Kontrolle, je stärker desto besser. Hoffe ich habe ökologischen Seite her, von der Energieseite her ohnehin ihnen damit geholfen, wenn sie keine Fragen mehr haben. schon längst obsolet ist? Warum retten wir Autofirmen und retten andere Sachen nicht? Also das sind die Sachen, wo ich S: Nein, danke für das Gespräch. sage, das sind die Kulissen die von der Politik aufgestellt werden, dahinter muss man schauen, als Journalist. Auch als Oppositionspartei, die Grünen machen das ganz gut, die gibt, das nur ungefähr zehn haben. Da sind wir auch wieder da 8.2. Interview mit Fritz Wendl bei der Definition, dass das arbeitsrechtlich nicht ordentlich definiert ist, weil da steht drin, ab fünf Angestellten ist das so, Das Interview mit Fritz Wendl wurde am 06.07.2009 von 14:00 man entgeht dem, in dem man Leute einfach nicht anstellt, Uhr bis circa 14:45 Uhr, in dessen Büro im Radiokulturhaus in beziehungsweise alles andere machen lässt, als den der Argentinierstrasse in Wien geführt und digital Journalismus. Diese völlig offenen ziemlich abstrusen aufgezeichnet. Die Aufnahme ist im Besitz des Autors, gesetzlichen Bedingungen. vorliegender Arbeit. S: Stefan Langmann und FW: Fritz Wendl S: Das heißt man müsste da, von der Politik ein gewisses Interesse zeigen, also in diese Richtung Änderungswillen S: Ich habe mir gedacht, ich frage Sie als Erstes, was ist zeigen, sag ich einmal. kritischer Journalismus? Oder was macht kritischen FW: Nein, nein, das Problem ist, es gibt in Österreich Journalismus aus? traditionell keine Medienpolitik. Die Medienpolitik erschöpft sich FW: Kritischer Journalismus ist ziemlich einfach definierbar, darin, wie welche Partei, glaubt, wie Einfluss nehmen zu dass ist, die Aufgaben, die Medien haben und auch nach ihren können. Und das ist es. Und dadurch passieren dann auch so Schutzbestimmungen, wie zum Beispiel Journalistengesetze, völlig irrwitzige Dinge wie im ORF Gesetz 01, das jetzt gültig ist, nach wie es so schön heißt, Presseehrenkodex und so weiter das dort, der damalige Staatssekretär Morak hat erklärt, das ist, mit bestem Wissen und Gewissen über Tatsachen zu berichten. um die heimischen Regionalmedien zu fördern, die Beim politisch Journalismus stehen wir da vor einem ganz Werbebeschränkungen beziehungsweise die vom ORF kamen. großen Problem, das wir in der derzeitigen Medienlandschaft Man kann sich’s in den Zahlen ansehen, es ist nicht ein Cent in immer stärker zu spüren haben. Was zum Beispiel den die heimische Regionalwerbung gegangen. Das war schlicht öffentlich rechtlichen Rundfunk unterscheidet von anderen und einfach ein Gesetz zu Nutzen der deutschen Medienbereichen, dass wir einen Medienbegriff bekommen, der Privatfernsehfenster. Das ist keine österreichische immer mehr, für Betreiber zum Handel mit Waren wird. Es ist im Medienpolitik. Das ist Wirtschaftsförderpolitik für:... eben Geschäft bald kein Unterschied zwischen Sockenverkauf und Medien, die verhältnismäßig wenig mit Journalismus zu tun Medienverkauf. Da stellt sich dann die Frage wie weit soziale haben. Also, das sind so die dramatischen Fälle, wo es ganz Schutzmechanismen greifen? Weder sozial.... Presseförderung deutlich wird, dass es keine Medienpolitik in dem Sinne gibt. kennt hier keine Unterschiede. Das ist etwas was in den Das sind Versuche um Einflussnahmen. Und es wird Rahmenbedingungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Medienpolitik gemacht mit, wir sehen es ja, welche Inserate sicherlich ein Problem ist, was hier ein völliges Ungleichgewicht geben Regierungen wo her. Für viel Geld. Und schafft und es scheint aber auch kein wirkliches Interesse der Landesregierungen. Das steht eher so pauschal. Medienpolitik erkennbar, wirklich Medienpolitik zu machen. S: Das heißt wie sehn Sie das in Zukunft? Wir das ein, ein S: Glauben Sie, weil Sie gesagt haben Gesetzte. Ist da das schwerwiegendes Problem für den ORF, in bezug auf ORF Gesetz selber ein Problem oder geht’s einfach nur um Aufrechterhaltung... die Durchführung. FW: Wir werden sehen was jetzt passiert. Die nicht zu FW: Das ORF Gesetz selbst hat durchaus einige Probleme, leugnende ORF Krise, die wir derzeit haben, da wird die einige generelle Probleme Das Kernproblem des ORF Gesetz Medienpolitik vor der Entscheidung stehen, was tun wir. Sie sind, Hauptproblem natürlich die Aufsichtsgremien, müssen ein Gesetz machen schon wegen der EU-Regelungen. Aufsichtsrat. Wenn ich mir anschaue wer die entsendet. Die Wie dieses Gesetz ausschauen wird, wissen sie derzeit selbst Leute sind zum Großteil ihrem Entsender mehr verpflichtet als noch nicht. Kein der Koalitionspartein so wirklich. Da wird jetzt dem Unternehmen, und handeln auch danach. Und da passiert die Frage sein, wie weit wird man im Herbst reagieren, wenn es dann wieder das Problem, das sind jene, die, die absoluten so weiter geht, wenn man sieht wie trist die wirtschaftliche Führungspositionen des Hauses bestellen. Und das hier in sehr Situation ist, in die der ORF, also nicht nur durch diese, aber vielen Fällen nicht nach sachlichen Kriterien entschieden auch durch diese Gesetzeslage, in die der ORF manövriert wurde, und auch entschieden wird, ist kein größeres wurde. Was macht man da jetzt? Das wird eine hochspannende Geheimnis. Das ist sicherlich eines der Probleme des ORF, des Geschichte, da wird’s Parlamentsenquete geben, da wird sich ORF Gesetzes. Der Rest sind die allgemeinen Mediengesetze. schon auch Öffentlichkeit dafür finden. Das zweite ist, es wird Da kommen wir zum Beispiel in Fördererbereiche, wo keinerlei sich die Frage stellen, wie weit die Medienpolitik irgendwann Rücksicht genommen wird auf arbeitsrechtliche Kriterien. Wo einmal begreift, dass es jedem einzelnen Politiker, jedem häufig Leute aus dem Journalistenkollektivvertrag fliegen und einzelnen Parlamentarier, sein ureigenstes Interesse sein die Gewerbe aus dem Gewerbe. Ist dem Gesetzgeber mehr muss, einen möglichst starken, so unabhängig wie es im oder weniger egal. Genauso gibt es keine Verpflichtung zu Gesetz steht, ORF zu haben, wenn er überhaupt politische Redaktionsstatuten. Was entscheidend wäre für eine, ernst zu Inhalte, die diese Namen verdienen möglichst weit verbreiten nehmende Gesamtsituation. Und dort wo wir es haben, im will. Weil die Alternative, die man hier sieht, die, die Politik jetzt Regionalradiogesetz haben sie drin stehen, haben ein hat ist der Wohlwollen eines alten Herausgebers oder, der Redaktionsstatut zu haben. Und das ist völlig egal. Und das Wohlwollen von einem zweiten Medienkonzern, der sich in kann sein, wir mögen einander, aus Ende. Ganz abgesehen noch größerer Form gerade bildet, wo dazukommt, der dritte davon, dass von den 60 Regionalradios, die glaube ich, das es

156 Stefan Langmann 0104885 große Medienkonzern in Österreich, ein Magazinsektor, der auch in einer einzigen Hand ist in Wirklichkeit. S: Man kann das also nicht verallgemeinern und sagen, In einer solchen Medienlandschaft wird vielleicht auch die dass die Österreicher da auf etwas tendieren, das die Politik irgendwann auf die Idee kommen, was es für sie Österreicher... bedeutet, wenn sie über das was sie für Medienpolitik halten, FW: Nein das glaube ich überhaupt nicht. Wenn Sie sich zum also wer steht mir grad näher, hinausdenken und das ist eine Beispiel, na im deutschen Sprachraum, sind die Dinge sowieso vage Hoffnung, beziehungsweise, man soll es nicht gleich, das ist zum Beispiel, in allem worüber man beim unterschätzen, es gibt natürlich eine nicht unbeträchtliche österreichischen Boulevard, die Nase rümpfen kann, ist zum Breite an Leuten, die sehr wohl verstehen, das ein öffentlich Beispiel Qualitätspresse, wenn Sie es vergleichen mit dem rechtlicher Rundfunk etwas entscheidendes ist und das kann englischen Boulevard. Also, es ist so... jetzt schon gewisse Fügungen haben. Aus Erfahrung kann man nicht all zu hoffnungsfroh sein, andererseits, wir haben eine S: Man kann es einfach nicht auf einen Nenner Situation, irgendwann schauen sie auch über Grenzen und ich herunterbrechen, dass man jetzt sagt, das ist so oder so... glaube nicht, dass es in Österreich irgendeinen Politiker gibt, FW: Nein, was Sie in Österreich haben, und das ist natürlich der Entwicklungen a la Italien haben möchte, und des Weiteren sehr unterschiedliches Wirken von ausländischen Medien. Es ist auch allen klar, wie es derzeit einer Medienlandschaft ist natürlich auf dem Fernsehsektor, kommt viel eher deutsches international geht, und das ist nicht wirklich erfreuliche, die nicht Programm herein, als auf dem Zeitungssektor und dem einem klassischen Medienbegriff entspricht. Radiosektor. Die Ö3 Stellung ist eine singuläre, wie Sie es kaum anderswo finden werden. Die Breite der Regionalradios, S: Aber Sie haben gesagt inhaltlich. Na ja man könnte ja auch die Stärke von Ö1, da steht man schon anders da, als wo fast sagen die Politik bekommt die Medien, die sie verdient, anders. Das hier nicht so über eine Leiste zu scheren. Nur das abgesehen von Aufträgen und solchen Sachen. Wie sehen soll Sie nicht entheben darauf zu schauen, das die Leute nur, Sie das jetzt in den Jahren, also die O-Töne werden immer auch der Ö1 Hörer sieht fern. Also, die Prägungen haben die kürzer, die Inszenierungen, die Kulissenschiebereien Leute, und dazu was man nie vergessen darf, wie gehen die mit nehmen zu, was hat das momentan für einen Punkt erreicht neuen Medien um. Da ist zum Beispiel die Koppelung mit in Österreich? www.orf.at , das eine Programmnähe hat, die an klassisch FW: Da muss man ein paar Sachen auseinander halten. Eine öffentlich rechtlich..., da ist viel mehr Lesestoff, als bei anderen ist die, die Vermittlung der Wahrnehmung von Medien, ist eine Onlineangeboten, ist trotzdem so auf Einwohner umgerechnet, die kann ich auch nicht national abgekoppelt sehen. In einem so ziemlich das erfolgreichste, was man sehen kann. Aber auch Land wo die Menschen von 35 Fernsehprogrammen aufwärts dort muss man schauen, was geschieht rund herum. Je mehr empfangen, und wenn sie wollen über Internetradio 10000 Internet, umso internationaler im Zugriff ist das dann. Ich kann empfangen können. Es gibt so etwas wie Hörer, Seher und nie negieren, Entwicklungen, ich muss sie nur mit einem auch Lesergewohnheiten. Die entwickeln sich, je internationaler halbwegs vernünftigem Bewusstsein machen. sie sich entwickeln umso ähnlicher wird einiges und da ist es so, dass die Bedürfnisse, Dinge, knapp, präzise vermittelt zu S: Also heißt nicht per se, dass die dann automatisch bekommen wesentlich vorhandener ist. Man hat nichts davon schlecht sind. zu sagen, ich möchte alles schön, alles besonders differenziert FW: Nein. Und ich muss es mir auch leisten können, im vermitteln, weiß aber, damit erreiche ich einen Großteil der wahrsten Sinne des Wortes, auch ökonomisch, weil eines ist Leute nicht. Man muss halt, wissen für wen macht man das. Es schon klar, Qualität kostet Geld. Wenn ich nicht wohin gehen ist ein Unterschied, ich kann selbstverständlich für ein kann, wenn ich Zeit habe, jemanden wohin zu schicken, das er Programm wie Ö3 Nachrichten machen, die im besten Sinn etwas recherchiert, und das werfe ich manchen Privaten öffentlich rechtlich sind, die im besten Sinn Inhalt vermitteln, überhaupt nicht vor, der nimmt die fertige Geschichte, hört genau in dem Programm und für so und so viele Leute. Das sich’s nicht an und spielt es einfach. Er hat auch niemand, der heißt, dort muss ich mit aller Ausgewogenheit mit aller sich’s anhört, der das machen kann. Das muss allen inhaltlichen Kritik, die wesentlichsten Dinge, so kurz auf den Medienbetreibern, aber auch dem Gesetzgeber schon klar sein, Punkt bringen, das die, die das als Nebenbeiprogramm haben, was so etwas heißt, und das sind, was ich meine unter das transportiert bekommen. Rahmenbedingungen Selbstverständlich, wenn ich jetzt einen Fernsehmagazinbeitrag habe, von 20 Minuten mache, schaut das ganz anders aus, da S: Kann man dann ein Programm machen in dem kann ich mich differenziert ausdrücken, da weiß ich aber, dass Zusammenhang, in das man mehr Geld investiert, also ich ein anderes Publikum habe, eine anderes Publikum kann man ein Programm machen, das mehrere Leute erreiche. Genau das selbe habe ich bei Zeitungen. Da muss ich anspricht, oder muss man eben mehrerer Sparten, mehr auch, und das ist jetzt wieder der Unterschied zu den öffentlich Formate bieten? rechtlichen Medien. Ein Privatmedium, dem es auf den Inhalt FW: Also, ich bin überzeugt die Tendenz zu gar nicht so ankommt, und wenn sie sich anschauen, zum Spartenprogrammen da ist. Beispiel Zeitungen und auch Radioanstalten, private, dort werden die Inhalte schlichtweg verkauft. Sie erkennen oft gar S: Also sollte der ORF... nicht mehr, ist es eine bezahlte Geschichte, die werden dort FW: Nein der ORF muss einmal, als der öffentlich rechtliche, fertig abgegeben und es wird von der Firma dafür bezahlt, dass nationale Anbieter, sowohl am Radio, als auch am Fernseh- als das über den Sender geht. Und das kann auch der Hörer, auch am Onlinesektor, das ist auch der Gesetzesauftrag, voll Seher, Leser nicht erkennen in vielen Fällen. Also, hier ist zum abdecken. Information, Wissenschaft, Kultur, Sport, bis zur Beispiel der Gesetzgeber sehr genau gefordert. Solche Unterhaltung. Das ist die Aufgabe des nationalen Programms, Kenntlichmachungen zu verlangen, wenn ich eine weil wenn das sind immer so Fragen, das machen Private Medienlandschaft ernst nehme und wenn ich Leuten vermittle auch, wenn es der ORF macht. Mach ich das nicht, dann habe um was es geht, dann bin ich davon überzeugt, dass das heute ich den großen Teil der Seher nur mehr bei Privatsendern, die auch noch genauso funktioniert, allerdings immer angepasst an aber den Rest dann auch nicht mehr mitbekommen. Ich die Hör- und Sehergewohnheiten. produziere dann, Beispiel ZiB dann nur mehr für die, die Die Kürze ist noch kein Verlust. Es ist die Frage wer geht damit sowieso soviel Information haben, das sie rundherum nichts wie um. mehr anderes interessiert. Das heißt ich verliere meine

157 Stefan Langmann 0104885 ureigenste Aufgabe. Wenn ich das nicht als Vollprogramm glaubwürdig rüberkommt. Und dass ich deswegen einen ORF habe. brauche, der die Sachen selber recherchiert und eigenständig Zusätzlich aber muss man, die unterschiedlichsten macht und ordentlich, nach den besten journalistischen Informationen, auch für unter Anführungszeichen Minderheiten Kriterien. Ja weil sonst, wenn die Leute nicht das Gefühl haben, liefern. Und, das ist eben die Frage, zu welchen Zeiten mache dass sie beim ORF diese Information kriegen, die sie halt ich das, in welchen Medien mache ich das, wie mache ich das? glauben können, dann können sie die Gratiszeitung, das Das ist das eine. Dann so Spartenprogramme wie TW1 und billigste Boulevardblatt, die Zusendung des lokalen dann noch Sachen in Wiederholung. Machen ja andere wie Wochenblattes genauso nehmen. Den Unterschied muss ich ARD ZDF, die machen das auch. In einem kleinen Land wie jedem offensichtlich machen können. Österreich ist das Gebührenaufkommen entsprechend kleine. Ich kann das also nicht so einfach vergleichen. Das ist zum S: Wenn die Politik den Wunsch hat so gut wie möglich, Beispiel etwas, wie wird die Absicherung durch den oder so oft wie möglich im ORF vorzukommen, glauben sie Gesetzgeber erfüllt? Und da muss ich sagen, wo liegen in überschätzen die Politiker Medien..? Wirklichkeit die Kernaufgaben eines öffentlich rechtlichen FW: Nein. Sie überschätzen Medien überhaupt nicht. Sie gehen Rundfunk? Das unterscheidet dann von den anderen. Und in einfach, in der Regel falsch damit um. Ein nicht unbeträchtlicher der Budgetsituation in der wir heute sind, muss man eben Teil von Politikern agiert nach dem Methode: die Hauptsache sagen, gut ganz wichtig, dass der ORF österreichischen Film ich komme vor. Dann gibt’s etliche die sagen, der ORF der hat spielt, aber der Förderer muss er nicht unbedingt sein. Das ist doch so zu berichten wie wir es tun, der hat uns nicht garstig zu eigentlich etwas, was sinnvoller Weise das Kulturbudget zahlen behandeln. Das ist dann besonders skurril, wenn wir welche sollte. Genauso mit dem RSO. Na selbstverständlich soll man haben, die den Unterschied zu einer Parteipresseaussendung es spielen im Programm, was das RSO aufnimmt und macht, nicht kennen. Das sind die Bandbreiten des politischen aber das Orchester bezahlen? In jedem anderen zivilisierten Zugangs und dann kommt etwas, was das ist, zum Beispiel, wie Land, zahlt so ein Orchester zum Großteil aus dem in Österreich in gewissen Medienteilen, viel verbreiteterer als in Kulturbudget. Also, eben auch Gewichtungen. Und da ist die anderen Ländern, so eine klassische Form der Verhaberung Frage, wo liegt die öffentliche Verantwortung wofür? Das ist in von manchen Journalisten mit manchen Politikern. Wo dann so, Wirklichkeit die politische Verantwortung. Diese Debatte kann bis zu m häppchenweise Geschichten wo hingeben. Da kriegen ich nur führen wenn ich sie offensiv auf den Inhalt hin führe und die Leute dann einmal ein Gschichterl´, was ein anderer nicht nicht wenn ich es darauf hin führe, sind das die, die mir meine kriegt, und dafür schreiben sie dann was. Das ist auch was, Geschäftsführungsstelle in zwei Jahren wieder beschließen. Da was in der Medienlandschaft sehr verbreitet ist. Und überall, wo sind wir wieder beim Anfang, die Frage des Gesetzgebers, wer Politiker sehen, das funktioniert, mit so eigenartigen Formen ist es? Das macht einiges and Handling eher schwierig. der Anschmiegsamkeit, bis zu Verteilung von Inseraten gehen die dann. Dann prägt das deren Medienbegriff natürlich mit und S: Kann das die Politik einsehen, oder ist da der den glauben sie dann, können sie wo anders auch anwenden. österreichische Markt, weil er auf Grund seiner Kleinheit Das macht einiges so schwierig, und ist das, was ich am immer schon Politik im ORF transportiert wurden eben weil Anfang gemeint habe, Das ist in Österreich die klassische man nur im ORF das transportieren konnte? Form, die Politik möchte mit Medien umgehen... FW: Na es gibt schon andere Medien auch, aber der ORF ist das Medium, dass sie am breitesten und zwar mit einer klaren S: Nach ihrem Gutdünken also? gesetzlichen Auflage und Unabhängigkeit verbreiten kann. FW: Na am besten in verhaberter Form. Konfliktfrei und man Wenn ich das einschränke, und das ist auch schon die nächste erzählt dir was, und macht das, und dann versucht dann die Tücke, sobald hier Leute das Gefühl bekommen, hier wird eine Partei, die andere durch die besseren Kontakte zu linken reinregiert, oder so, sinkt das Vertrauen und damit bringe ich und ähnliches. Es gibt zum Teil absurde auswüchse, wenn man den ORF erst recht um. Und das abzuwehren schaffen die weiß wo Sachen, also ist auch leicht nachvollziehbar, oder Journalistinnen und Journalisten durchaus, aber da kommen recherchierbar. Allerdings und das kommt auch dazu, bei den wir auch zu der Geschichte, wenn ich die Leute nicht mehr Entwicklungen, die wir in Medien haben, sind wir wieder bei, habe, die diese Arbeit machen, nämlich durch das Beschränken was erwarte ich von Medien und was, wie warum fördern. der finanziellen Rahmenbedingungen, schädige ich nämlich genau die öffentlich rechtliche Kernaufgabe. Und das wird jetzt S: Also ich habe ja auch den Herrn Fischer interviewt, und eben die Frage der Diskussion der nächsten Wochen, was wird der ist ja rausgeflogen beim ORF weil er den Löschnak mit diesem Gesetz, was passiert da, was wird da sein? interviewt hat, also das ist schon etwas länger her, mein Wenn ich spiele, neun mal pro Tag, also in neun verschiedenen Zeitrum beschränkt sich ja von 1995 bis 2007, aber ist oder Bundesländern, eine regionale Fernsehinformation für 20 war das gefährlich, beim ORF? Minuten, dann ist das unglaublich teuer. Und dann muss man FW: Muss man jetzt wieder durchaus unterschiedlich sehen. fragen, will sich dass eine Gesellschaft leisten oder nicht? Ich Also ich sage mal beim ORF, jenen, die sich auf ihre im Gesetz sage es bringt viel, weil das unterscheidet von anderen. stehenden Rechte berufen haben, ist es meiner Ansicht nach Regionalradio ist jetzt deutlich billiger, aber neun mal 20 besser gegangen als anderen. Nicht bequemer, das mein ich Minuten Fernsehen machen ist eben teuer, so das ist es. Und damit nicht, aber das Rundfunkgesetz ist so, dass wenn man es ich kann fragen, in einem kleinen Land, muss ich das haben? ernst nimmt, und sich darauf beruft, dann kann man da schon Und so muss man die Diskussion führen. Ich glaube nicht, dass etliches machen, aber da muss man sich durchaus einigen, das jetzt etwas ist was bei der Politik auf Widerspruch stoßen also es gibt unterschiedliche Bereiche, das darf man auch nicht wird, weil da zum Beispiel die Landespolitiker quer durch die vergessen. Wie wir im Kollektivvertrag 2003, wo endlich, die Parteien die dann ihren Bundespolitikern sehr genau erklären freien Mitarbeiter, das war auch juristisch allen klar, also die werden, warum die das unbedingt wollen. angestellt haben, ist es so gewesen, die Frage, wie werden die freien Mitarbeiter, also zu welchen Bedingungen stelle ich die S: Das mein ich ja, weil es will ja jeder Landeshauptmann an. Und wenn ich die Frage habe, in welcher Dienstgruppe, sein eigenes Landesstudio haben. was natürlich auch Auswirkungen hat, auf das Einkommen, wird FW: Ja. Und denen muss man aber wieder klar machen, es der angestellt, und vor allem auch wie viele, weil nicht alle zu kommt nicht drauf an, dass sie als Person vorkommen, also 100 % angestellt worden sind, sondern manche nur zu 80 %. das ist die Frage mit den Themen, sondern dass es Wenn ich das dann noch in Bereichen habe, wo der dortige

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Betriebsratsvorsitzende, der Stellvertreter des warum wird das gemacht, wer hat das gemacht, umso offenen Hauptabteilungsleiters eines großen Bereiches ist, und die und je mehr darüber diskutiert wird, umso mehr wird da klar miteinander, das machen, dann ist das nicht dramatisch worum es bei einer Geschichte geht. Da ist es dann egal ob da rückradfördernd für die freien Mitarbeiter, die angestellt werden jemand angerufen hat, weil das dann einfach ganz anders wollen. Das war überhaupt, wo ich von der Information eine gemacht wird. Das liegt dann an der Summe derer, die für zentrale Macht geschaffen habe damals, dass hier die etwas gemeinsam verantwortlich sind. Sobald man es Wehrhaftigkeit mancher Leute nicht besonders war, verstehe jemanden entscheiden und redigieren lässt wird es ich. Umgekehrt muss ich sagen, dass sich etliches sehr fragwürdiger. geändert hat, liegt natürlich auch daran, das etliche Deswegen steht auch im Rundfunkgesetz die Unabhängigkeit Journalistinnen und Journalisten gesagt haben, so geht’s nicht und Eigenverantwortlichkeit jedes einzelnen Journalisten. Und weiter. Der entscheidende Unterschied liegt auch bei der wenn jemand inhaltlich etwas wollte, dass habe ich seit Jahren jetzigen Geschäftsführung, bei allen finanziellen Problemen, immer allen gesagt, dann hätte ich das gerne schriftlich, die dass jeder sagen muss, die Fernsehinformation arbeitet heute Weisung. Mir ist nicht ein einziger Fall bekannt, wo jemand so, wie alle anderen Bereiche auch gearbeitet haben. schriftlich interveniert hätte. Das ist natürlich schon eine Reinzureden versuchen wird immer jemand, aber ohne jegliche Mutfrage. Der Einzelne muss das auch sagen, seinem Chef. Erfolge, auch über den Sender geht das genauso. Das heißt, Und wie gesagt, je schlechter die finanzielle Lage ist von das ernst nehmen des ORF Gesetztes, der Leuten, und der um sie, ist es für mache den Mut zu fordern, für Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit ist, schon wichtig. mich zum Beispiel leicht geredet. Vielleicht hat man den einen oder anderen Versuch da verhindert. Vielleicht schaut das etwas anders aus in kleineren S: Genau, ist es eigentlich ein Unterschied in Wahlzeiten, Einheiten, oder in den Bundesländern. Die journalistische oder bei Regierungswenden, kann man sagen, das alternative ist dort auch keine sehr große. Dann habe ich schon schwarz/blau da am radikalsten vorgegangen ist. Das war Verständnis für manches. ja doch ein Schnitt auch, die wollten ja einen kompletten Ich muss eines dazu sagen, eines der besten Rezepte, die wir neuen ORF? als Personalvertretung gehabt habe war, wenn sich gewisse FW: Na ja, da muss ich dazu sagen, nicht nur schwarz/blau hat Interventionen und Begehrlichkeiten, mal kumuliert haben, und sofort eine andere Geschäftsführung gewollt, das haben schon da gibt es viele, viele Akten, das man das veröffentlicht. Das mehrere an sich gehabt. Auch die Jetzigen haben ja als erstes hat dazu geführt, dass das auf längere Zeit einmal abgestellt die Idee gehabt, man muss die Geschäftsführung austauschen. war. Also, aber auch das lebt davon, dass Betroffene kommen, Was schwarz/blau gemacht hat war, und das war einzigartig, und das sagen, damit man damit operieren kann. Weil der sie haben schlicht und einfach ein Gesetz geändert, um eine Hauptgrund, warum wir nie sie zu Gänze veröffentlicht haben Geschäftsführung einfach los zu werden. Na man kann auch war, dass wir gesagt haben, wie repräsentative das ist, wissen sagen es hat auch Bruno Kreisky das Rundfunkgesetz einmal wir nicht. In Wirklichkeit haben wir eine Hitparade der Deppen, geändert, aber da war schon einiges was sachlich weil ein Politiker, der das intelligent macht, setzt sich argumentierbar war, ob ich jetzt zwei Fernsehdirektoren vermutlich, mit irgendjemand, mit dem er eine Gesprächsbasis brauche oder nicht. Nur was schwarz/blau gemacht hat war das hat zusammen und wenn der das dann weiterträgt, dass einzige, also erstens die Geschäftsführung weg, um eine können wir dann nicht einmal mehr überprüfen. Und da genehmere einzusetzen und zugleich ist der ORF auch noch passieren die Sachen auch so, dass nicht irgendwer auf geschwächt worden nämlich finanziell und das vermutlich um Interventionen die Sachen ins Programm drückt, sondern hat ihn mehr an der Kandare zu halten. Wobei, und das kommt ja schon wieder wer nachgedacht warum ist was wie. Das hängt immer auch dazu, die geringe Lernfähigkeit der diversen immer von allen handelnden Personen auch ab. handelnden Politiker. Die unterschiedlichsten Mehrheiten, die sie sich da im Kuratorium als jetzt Stiftungsrat gebastelt haben. S: Das heißt, das ist jetzt auch nicht das korrekte Ding, Ganz erstaunlich wie oft dann ganz anderer Geschäftsführer aber es ist möglich, dass auf einer normalen Basis auch zu gewählt wurden. Als aufgrund des Bastelns der Mehrheit zu machen, sag ich jetzt mal, als 22 mal am Tag anzurufen? erwarten war. Allein das, sollte eigentlich den Politikern klar FW: Na das ist die dümmste Art. Aber um ein völlig fiktives machen, das diese Konstruktion eine ist, die ihnen nicht einmal Beispiel zu nennen. Wenn wo in einem Landesstudio ein nützt. Chefredakteur, ein besonders enger Freund oder sonst wie Nach allen Konstruktionen von schwarz/blau hätte sich das nie dem Landeshauptmann verpflichteter ist, und der ausgehen können. Ich meine, das es ganz besondere politische Landeshauptmann dem Chefredakteur sagt, pass auf, das und Mondfenster waren, die diese Mehrheit möglich gemacht haben das gibt’s, das hätten wir gerne, wenn das jetzt nichts völlig ist klar. Aber es waren eben, also das gab es vorher auch vertrotteltes ist, und der Chefredakteur in einer schon. Redaktionssitzung sagt, das sollten wir machen, dann wird niemand auf die Idee kommen, dass das so gelaufen ist. S: Also, es ist durchaus nicht so einfach ohne einen Vielleicht wären sie sogar ohne den Anruf auch drauf gewissen Rückhalt? gekommen. Umgekehrt, das ist etwas wo ich immer sage, es ist FW: Nein schauen Sie, es gibt, es ist dann die Frage, wie schon auch eine Frage des jeweiligen eigenen journalistischen gewissen Führungspositionen durch sich die Mehrheit Herangehens und des Charakters, wie enge Kontakte hält man verschafft habenden dann wirken. Da sind die ORF mit wem. Journalisten in der großen Mehrzahl durchaus in der Lage zu Ich bin grundsätzlich skeptisch gegen Journalisten, die ihren sagen hoppla, das tun wir nicht. Tag damit verbringen, mit verschiedenen Politikern über Recherchezwecke hinaus zu telefonieren. Keine Kontakte wäre S: Und politischer Einfluss? natürlich völlig idiotisch, aber das all zu viele Plaudern ist FW: Also, bei Führungspositionen ja, da ist das immer wieder etwas, wo ich sage, hoppla da soll man schon einmal passiert, nur dann ist eben die Frage wie sehr das Einfluss auf nachdenken. den Herren hat oder nicht, ich sage in der Regel geringen.

S: Kann man so was dann überprüfen? S: Es hat ja der Generalintendant auch nicht denn Einfluss FW: Überprüfung besteht in einem Medium wie dem ORF, zu sagen was jetzt im Mittagsjournal kommt. wenn sie Redaktionen haben, die Dinge, die gemacht werden,

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FW: Nein sie können sich nur die Leute aussuchen, die für was dem er Aufsichtsrat ist, schlecht redet. Da bekommt er eine dann, wo sitzen. Und da muss man auch sagen, es ist dem Klage wegen dem Aktiengesetz und so weiter, die sich Radio traditionell selbst in Bacher Zeiten war es nicht so, weil gewaschen hat. ORF Stiftungsräte haben nicht das geringste sie können nicht Leute haben die 24 Stunden aufpassen. Sie Problem, ununterbrochen zu erzählen, was ihnen alles nicht können dort niemand dazusetzen. Ich habe ja 20 Jahre lang passt. Bis zu den Fragen, das ihnen völlig fremd ist, dass das Journale moderiert, und hatte schon einen Chefredakteure, der wegen dem Aktiengesetz so organisiert ist, und es eigentlich so gekommen ist und gefragt hat, was werdet ihr da wieder etwas wie Vertraulichkeiten gibt, was die Sitzungen des sagen? Aufsichtsrates betrifft. Bitte sie hatten aber, das haben sie jetzt Sage ich drauf, am besten ist, Sie drehen das Radio auf, dann ohnehin aufgegeben, war dann zu sagen, Medienjournalisten werden Sie das hören. Weil die nächste Geschichte ist wenn er dürfen nicht vor der Tür stehen. 10 Minuten vorher kommt und das wissen will, sag ich machen Aber da gibt’s ja die große Diskussion, da werden wir ja noch Sie es eben selber. Hätte er nie getan, weil der hat noch nie sehen wie sich das ändern wird, in einer neuen moderiert und so. Aber auch das muss man sich leisten Zusammensetzung, das dann vielleicht die Länder sagen, wir können, das so zu sagen, weil so leicht ist das wieder auch wollen auch wen drin haben. nicht. Aber eben diese 24 Stunden, sie können nicht Leuten sagen, arbeitet hier live und berichtet vom Ministerrat aber ich S: Kann man das System so abändern, dass man so etwas möchte wissen was du da erzählst. verhindern kann, oder glauben sie, ich würde sagen Das schaut beim Fernsehen etwas anders aus. Da sehe ich die Österreich ist doch ein kleines kompaktes Land, wo sich in Sachen in größerem Teil vorher. Ich weiß auch schon den diesen Kreisen relativ wenig Personen finden.. ganzen Tag, habe ich etwas, habe ich etwas von anderen FW: Na es wäre naiv zu glauben, sie finden nur wirkliche Medien. Es stürzen sich Politiker auch mehr darauf, wie bin ich unabhängige Leute aus Wirtschaft und Medien, die keine dort vorgekommen. Als es gibt hier gewisse Unterschiede, aber politischen Zugehörigkeiten haben, und keine wirtschaftlichen man muss in manchen Bereichen eine besondere Sorgfalt und Interessen, da bleibt ihnen kein Kompetenter so ohne weiteres eine besondere Sensibilität an den Tag legen. über. Aber unser Ansatz war immer der, zu sagen, es muss so sein, dass die Leute, die ich in einem solchen S: Glauben Sie, dass das eine Reichweitenfrage auch ist? Aufsichtsgremium habe, so was wie persönliche Reputation zu FW: Nein, nein das ist durchaus wie das, na da gibt’s auch so verlieren haben. Sich keinen Fraktionsbeschlüssen rituelle Dinge wie in der Politik das was wo, registriert wir. Ich unterwerfen, die nicht abstimmen für alle meine, es regen sich genug über Radio auch auf, aber der Freundeskreismitglieder, das heißt wirklich so, die bräuchten Versuch des direkten hinein Regierens passiert nicht überall nicht einmal dabeisitzen, der Rest. Das kann natürlich nicht gleich. Man soll sich das ja auch nicht so vorstellen, dass das ernsthaft sein bei einem Unternehmen mit Milliardenumsatz im Hineinintervenieren der Politik, dass da dauernd wer anruft und Jahr. sagt, warum habt ihr das gemacht und ich möchte da das und Da nehmen Sie das immer wieder zitierte Beispiel der BBC. so. Das spielt es ja nicht. Der Druck der die letzten Dort gibt’s ein Board of Governors, da sitzen, die werden auch Interventionen waren, waren Westenthaler und Co., die der über die Regierung ernannt, ein paar alte Lordrichter und so Meinung waren, jeden Unsinn, den sie da verbreiten, hat ein weiter. Die haben auch ihre politische Haltungen, aber den Team zu ihrer Pressekonferenz zu kommen. Deren können sie nicht einfach sagen, ich trage dir auf, du machst das Medienbegriff war schon: Ich will eine Kamera sehn, damit sie und das. Und der macht das dann. sich wichtig vorkommen. Und wenn sie eine Kamera gesehen Und wir haben ja durchaus auch Bespiele in dem Stiftungsrat, haben, und die ist dann nicht in der Einser ZiB gewesen, die was, zum Bespiel, ein ehemalige Vertreter, des Landes sondern wo anders, haben sie sich aufgeregt, also es war doch Steiermark, der Klingler, der war zugleich Vorsitzender der jemand da, wieso berichtet man da dann nicht. Also das ist Richtervereinigung. Der ist schon allein weil er Vorsitzender der schon eher ein skurriler Medienbegriff zum Teil gewesen. Richtervereinigung war, dem wäre nie eingefallen er setzt sich jetzt in eine Fraktionssitzung, und ich gehe davon aus, das S: Und die haben das dann politisch ausgelegt, dass es Land Steiermark wird sich was gedacht haben, warum sie den dann praktisch heißt, der ORF, der trägt uns da runter? schicken. Die werden gewusst haben, wer er politisch ist. Aber FW: Ja man kann sich’s ja an den teilweise völlig idiotischen der hat halt einiges nicht gemacht. Und da ein paar Leute zu OTS- Aussendungen die kommen, die kommen zum Teil immer finden, das geht schon. Nur die müssen eben nach noch. Es ist ja nicht so, der Redakteursrat reagiert ja auf das Unternehmensinteressen agieren, dass ist eigentlich das auch, wenn’s wirklich was gibt. Na ja, das sind so die an Problem. Der ORF war lange in einer Situation, solange er ein Parteipressediensten geschulten Medienbegriffe. Als das Monopol war sowieso, wo die finanzielle Absicherung so war, braucht man jetzt nicht wirklich ernst nehmen. dass er auch das ausgehalten hat. Und er hat enorm viel ausgehalten über all die Jahre. Aber irgendwann geht’s auf S: Also wird nicht so heiß gegessen, wie... Grund von internationalem Druck nicht mehr. Das wird die FW: Na ja wir hatten natürlich auch schon Zeiten, wo ganz klare Frage sein, wie überzeugend ist da wer, wo? Ich weiß auch da Drohungen gegen Leute ausgesprochen worden sind. Ihr nach all den Gesprächen nichts genaues. Alles Spekulation. werdet schon noch sehen, was wir tun. Wir wissen nicht, ob mit dem Gesetz gleich eine neue Geschäftsführung kommen wird. Also ich glaub wenn die S: Also, es wäre schon eine Möglichkeit über die Leute im Zahlen, wenn rauskommt, dass das Defizit noch höher ist, als Stiftungsrat, wie Sie zuerst gesagt haben durch diese alle glauben, und das absurder weise beschlossene, Nulldefizit Doppelbelastung Parteisekretär/Stiftungsrat eine... für nächstes Jahr sich nicht einstellen wird. Ja was mache ich FW: Da gibt’s eine ganz klare Beschluss vom Redakteursrat, dann? Wenn ich noch ein Jahr warte, ist das Stammkapital und wiederum eine Forderung die letztens, also bis vorige dann entgültig weg. Da wird man dann wohl handeln müssen. Woche der ÖGB- Bundeskongress so übernommen hat, dass Auch als Gesetzgeber. Wie das dann ausschaut, wem da dann das ein ganz ein entscheidendes Kriterium sein wird, mit dem Gehör geschenkt wird? die Öffentlichkeit messen kann wie das funktionieren soll. Das Wir dürfen nicht vergessen, die Medienlandschaft ist, natürlich, brauchen Sie nur mit ganz normalen Großbetrieben der VÖZ Präsident hat andere Bedürfnisse. Und da haben wir vergleichen. Das wäre unvorstellbar, dass ein Aufsichtsrat, dann die spezifisch österreichischen Interessen. Der VÖZ einer großen AG, über die Produkte des Unternehmens bei Präsident ist gerade dabei, die größte Mediengruppe im Lande

160 Stefan Langmann 0104885 zu basteln. Und dessen Interessen, wie die mit dem Privatradio Spiel. Aber da hat natürlich schon, die entsprechende verknüpft sind, was die onlinemäßig wollen, das sind schon Öffentlichkeit dazu beigetragen. Als das dann veröffentlicht war. ganz klare Interessen. Was sich jetzt wer verspricht von welcher Seite, das wird die spannende Geschichte, oder ob sie wirklich einmal, klare medienpolitische Entscheidungen fällen. Auch wie wird die Medienbehörde ausschauen? Wird es eine S: Steigert ja auch die Glaubwürdigkeit in einer gewissen Weisungsfreie, obwohl man eine zwei Drittel-Mehrheit braucht, Weise. Wenn man sieht, dass da kritische Stimmen dass man das ändert. möglich sind, in gewisser Weise. FW: So ist es ja. S: Zum Schluss noch zu dieser Initiative SOS-ORF. Wie weit war das gerechtfertigt? S: Und würden Sie sagen, die Situation hat sich schon FW: Jetzt oder einst? verbessert? FW: Na wie ich schon gesagt habe, am Radio und Onlinesektor S: Einst. hat es aus verschiedenen Gründen immer schon funktioniert, FW: Na selbstverständlich war es gerechtfertigt. Nein das war aber am Fernsehsektor, dass ist der große Vorteil dieser die Situation, die wir in dem schwarz/blauen Kontext hatten. Geschäftsführung. Ich hab dazu, wie das heute ausschaut Das ist zwar für diese Arbeitsgruppen vertraulich, ist aber dann sogar ein Papier, wo ist das jetzt? Ah da... aufgetaucht und jetzt im Internet abrufbar. Wir haben immer S: Ja war dann für mich eigentlich ergiebig genug, besten gesagt, wir halten uns da raus, aber das war dann doch toll, Dank für das Gespräch. das der ORF das geschafft hat, da so eine Arbeitsgruppe ein zu FW: Bitte sehr. setzen. Da war dieses berühmte politische Mondfenster im

8.3. Interview Ing. Peter Westenthaler schon einige Reformen, mit Sicherheit kein großer Wurf – diese Anspruch haben wir ja nie erhoben, aber doch einige, schon Das Interview mit Ing. Westenthaler fand am 22.05.2013 von grundlegende Reformen, die wir gemacht haben und die bis 13:00 bis 14:10 in seinem Büro in Wien statt. Westenthaler ist heite wirken. Aber ich sag jetz einmal, das viel größere zur Zeit Nationalratsabgeordneter des BZÖ (Bündnis Zukunft medienpolitische Werk war eigentlich Privatfernsehen zu Österreich) einer politischen Partei, die aus der Spaltung der organisieren und in Gesetz zu gießen und zu beschließen. Das FPÖ im Jahr 2003 resultierte. Er wird die Politik noch im Jahr war eigentlich für mich das größte politischer Werk dieser 2013 verlassen und daher bei der Nationalratswahl im Herbst Regierung, das medienpolitischer Werk dieser Regierung. Weil 2013 nicht mehr kandidieren. seit uns gibt’s Privatfernsehen und ich behaupte, hätte es S: Stefan Langmann W: Peter Westenthaler. damals nicht schwarz/blau gegeben, würden wir heute noch kein Privatfernsehen haben. S: Herr Ing. Westenthaler, wenn sie zurückdenken an diese Zeit, würden Sie sagen es ist Ihnen gelungen den ORF zu S: Also heute noch „Medienalbanien“ sein. reformieren. Wäre mehr möglich gewesen, ich glaube es W: Ja das war das Zitat...sogar Albanien hat dann schon gab ja in der FPÖ Tendenzen ein intensiveres Privatfernsehen eingeführt...wir waren das allerletzte Land und Reformprogramm zu... da war der Druck dann halt schon sehr hoch. Das war glaub ich W: Also im Rahmen dessen was möglich war, mit einen der größerer Wurf als das ORF-Gesetz. Das war die Grundlage Regierungspartner wie der ÖVP, die über Jahrzehnte lang, das des Privatfernsehens und des Privatradios das wir damals System aufgebaut hat, haben wir schon einige Reformen geschaffen haben – die rechtlichen. durchgesetzt. Aber sicher nicht bei weitem all das, was wir uns vorgenommen haben. Weil es gibt immer was zu verbessern im S: Und der ORF ist ja, aller Wehklagen zum Trotz auch ORF. Unser eigentliches Ziel war ja, eine Teilprivatisierung des nicht zu Grunde gegangen – trotz den Privaten.. ORF durchzuführen, was ja für den ORF sicher das Bessere W: Des ned, aber er ist nahe dran! Wenn man sich die Zahlen gewesen wäre a la longue gesehen. Ich bleibe auch heute noch anschaut muss man schon Sorge haben das des nimma so dabei, es würde dem ORF mehr bringen, einen Sender, weitergeht. Des liegt einerseits an einem eklatanten zumindest einen Sender zu privatisieren und aus einem Sender Führungsversagen der Führungsmannschaft – das zu einen öffentlich-rechtlichen Österreichsender zu machen. Das konstatieren ist. Ob wir da damals immer die richtigen man mit einem Sender das Wirtschaften lernt – etwas Entscheidungen getroffen haben bei Wahlen ist auch zu erwirtschaftet – ned angewiesen ist auf bezweifeln – im Nachhinein ist man immer g´scheiter. Vielleicht Gebührenrefundierungen und....öffentlicher Gebühren. Und mit war die vorige, oder die vorvorige Führung besser als die dem anderen Sender einen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt, jetzige ...aber es gibt enorme Managementfehler im ORF, weil ich schon glaube, das brauchts auch. Aber diese Mischung grade jetz wieder dies Kampagne...des ist Furchtbar... wärs gewesen. Eine Teilprivatisierung wäre sinnvoller gewesen, aber das war mit dem Koalitionspartner nicht machbar – die S: Die Zeitungswerbung meinen Sie? haben das abgeblockt – und daher haben wir uns konzentrieren W: Also ORF Willi, ORF Dieter und ORF Thomas...außer eine müssen darauf, was dann auch geschah. Da waren wir der Selbstbeweihräucherung und sich selbst...Darstellung was das Ideengeber, also wir sind dazugekommen, nach jahrzehntelang bringen soll weiß kein Mensch...aber egal. Und diese rot/schwarz, nach rot/schwarzer Medienpolitik, hier etwas permanente Abhängigkeit von öffentlichen Geldern...ich glaub aufzubrechen. Es ist uns gelungen, dass wir einen dass das, das Hauptproblem ist, des ORF und deswegen ist, wesentlichen Schritt zu Entpolitisierung beigetragen haben, mit lässt die Qualität zu wünschen übrig und man ist auch nicht dem neuen ORF Gesetz. Das heißt wir haben es geschafft zufrieden was Zuseherzahlen anbelangt und die allgemeine tatsächlich die Politiker – deswegen habe ich gesagt wir waren Akzeptanz ...Ja? die Letzten....Andreas Khol und ich – Politiker aus dem Aufsichtsrat wieder rauszubekommen...aus dem Stiftungsrat. S: Wenn Sie sagen, Sie wollten...ich glaub den Einser Eine Abkühlphase auch zu machen in die vier Jahre. Die Kanal mit der Privatisierung, ich sage mal „im Stile Zeilers“ Berühmten – das man 4 Jahre nicht in der Politik sein weitermachen mit Unterhaltungsprogrammen därf...bevor man eine Funktion im ORF übernimmt. Das waren und...dergleichen mehr.

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W: Ja im Wesentlichen, aber offizialisiertes, was eh passiert ist. Gott sei Dank ist das wieder rückläufig geworden. Es ist heute, S: Ja man hat Kommerz.. meiner Meinung nach noch immer nicht so wies sein soll, aber W: Ja man hat Kommerzfernsehen gemacht, eine es ist besser. Es war dieser Boom der Quote. Quote schlägt „RTLisierung“ man hat eins zu eins Sendungsformate alles. abgekupfert... hat das als öffentlich-rechtlich verkauft – konnte es aber nicht erklären. Und plötzlich waren da Angriffsflächen S: „Taxi Orange“ als Stichtwort. da. Der ORF kann ja, kann sich ja glücklich schätzen, das sich W: Ja „Taxi Orange“ war damals so was und einige andere nicht rechtskundige zusammengesetzt haben und es hat immer Formate auch noch. Initiativen gegeben , aber das waren zum Teil eher unterbelichtete Initiativen. Wenn sich aber fundierte S: Sie habe ja gesagt „ Entpolitisierung“. Wie sehen Sie Medienrechtler zusammensetzen in dem Land (tun sie nicht, das dann mit dem Kuratorium/Stiftungsrat...da gibt’s ja weil sich’s keiner mit dem ORF verscherzen will)und hätten weiterhin diese Freundeskreise. Also es gibt die damals das Monopol angegriffen, das Gebührenmonopol – Entpolitisierung im Gesetz, die ist ja gegeben. Defacto auch die Zeiten vorgelegt, was ist öffentlich-rechtlich und was versucht man aber seitens der Politik da Leute nicht, wäre die Gebührenhoheit weg gewesen vom ORF. Hätte hineinzubringen. Und auch um die Wahl keine Chance mehr gehabt, ja. anzusprechen...das muss ja oft gar nicht so zielführend sein. Wenn ich mir die Situation bei der Abwahl Lindners S: Aber es kam ja dann zu den EU-Verfahren... anschau – da haben sie ja gar nichts gehabt davon, eben W: Ja aber passiert ist ja trotzdem nix. Wir wissen jetzt, dass auch weil der Vorwurf bestand schwarz/blau hat das das ein Monopol ist und in Wirklichkeit nicht aufrecht zu Kuratorium eingefärbt. erhalten. Es gibt nur keine Sanktionen und keine W: Ja da ist die Koalition implodiert – da ist es dann ein Roter Konsequenzen – keine rechtlichen ...es passiert ja nix in dem geworden. Ich sags so wies ist. Es war ein Schritt, ein Schritt in Land. die richtige Richtung, dass wir gesagt haben: keine aktiven Politiker im Stiftungsrat. Das war richtig und wichtig und ist bis S: Das heißt ich folge daraus, Sie sind jetzt nicht zufrieden heute unbestritten ein wichtiger Schritt. Aber es war mit dem ins (ORF) Gesetz geschrieben Auftrag. Es war ja selbstverständlich zu wenig. Bis heute ist diese Gremium ein eine Kommission mit Bacher Czoklich... politisches und wird von politischen Satelliten besetzt. Die aber, W: Ja es war auch nicht so einfach, da einen Konsens zu ehrlicher Weise – wenn’s drauf ankommt aber auch einmal finden. Ich sag so, die damalige Gruppe um Bacher wollte ganz nicht politisch im Mainstream abstimmten – das hat man ja bei was anderes. Also die wollten ja im wesentlichen ein Lindner gesehn. Da hätte ja Wrabetz ja gar nicht passieren erzkonservatives Programm hineinschreiben, das mit uns ned dürfen. Das war damals meine Regie oder mein Schicksal, das zu machen war. Wir waren auch für einen öffentlich-rechtlichen den ORF bestimmt hat, dass ich gesagt habe: wir haben jetzt Auftrag, aber jetzt ned im Sinne eine so engen Korsetts wie es zwei Kandidaten zur Auswahl, wir selbst haben keinen diese Gruppe wollte. Deren Vorschlag...geistere irgendwo nominiert – aus welchen Gründen auch immer. Und jetzt herum, kam ja dann nicht...wurde von Schüssel und der ÖVP müssen wir überlegen welcher ist der Bessere. Deswegen hat entschärft, aber man wollte damals dem ORF ein derart damals das nicht gestimmt, was man immer gesagt hat das strenges öffentlich-rechtliches Korsett anlegen, aber da habe immer koalitionstreu abgestimmt wird, sondern unsere wir – selbst wir die wir für diesen öffentlich-rechtlichen sind – Stiftungsräte haben Wrabetz zu dem gemacht was er ist. Ohne auch weiterhin für den Auftrag sind – das hätte den ORF uns gäbe es den Wrabetz heute nicht. Jetzt kann man sagen ob umgebracht. das gut ist oder nicht, ist wieder eine andere Bewertung, aber damals war halt so. S: Wäre es zu Spartenprogramm gekommen? Trotzdem geb ich zu, in Wahrheit muss der Stiftungsrat völlig W: Wenn ich hab..ich bin ein Opernfan, aber wenn ich jetzt hab reformiert werden. Weg so wie er jetzt ist. Es muss ein völlig verpflichtend so und soviel Anteil Oper live bringen muss, oder unpolitisch unabhängiger Aufsichtsrat geschaffen werden – und Anteil Dichterlesungen – ich mein das ist ja alles schön und gut, auch ein kleiner kompakter wie in jedem aber das muss alles in einem Rahmen sein, das ich den Sender Wirtschaftsunternehmen. Der selbst mit dem Unternehmen gar kreative gestalte solange – und jetzt komme ich wieder zu dem nichts zu tun hat, als das er die Bücher und die Wirtschaft des Punkt – solange es keinen privaten Kanal gibt...muss ich ihn so Unternehmens prüft. Da müssen Fachexperten drinnen sein, attraktiv gestalten, dass ich trotzdem mit Werbung noch ein Wirtschaftstreuhänder, alles was es in dem Land gibt, an bissl ein Einkommen hab. Wer wirbt den da...macht den Kapazitäten, an Aufgeboten in einer Größe von 8-10 Leute Werbungen eine...wen ich hab 1000 Zuschauer?! Das ist ja maximal. Und die sollten alle weitestgehend unabhängig sein. heutzutage keine Zahl mehr. S: Ist das in einem kleinen Land wie Österreich...die Köpfe S: Das ist ja auch das um und auf bei Werbekunden, dass zu da auch jemand zuschaut. W: ich weiß dass das in einem Land wie Österreich sehr W: Das wäre gegangen bei einer Teilprivatisierung. Streng schwer ist. Auch die Kriterien zu finden...mag nicht immer getrennt. Einser – Kommerz mit Werbung mit Massenformaten gelingen, aber ich glaube, dass des noch immer besser ist, als Sport – alles eini...und Zweier hätte sein können – nach unserer das Politgeschiebe alle 5 Jahre zwischen den gerade Vorstellung hätte das sein können ein Österreichfernsehen. regierenden Partein...die sich auspackeln war da drinnen Tatsächlich Kultur, Gesellschaft, Bildung...was Österreich ist...das ist ja überhaupt sinnlos. anbelangt bringen. S: Eine naive Frage: Bringt es den überhaupt soviel, wenn S: Sie wollten da auch Politikübertragungen.. man im ORF schalten und walten kann. Wir haben eine W: Durchaus, durchaus...na ja das ist jetzt eh besser als früher relative konzentrierte Medienlandschaft. 51% der Leute – das sich der ORF auch wieder um die Politik bemüht. Aber schauen täglich ORF...Der Zeitungsmarkt...die damals war ja eine Entwicklung im Gange: Brot und Spiele – „Kronenzeitung“– der Markt ist auch sehr konzentriert.... Volksverdummung in Wahrheit, weil es hat ..es haben immer W: Also aus der Sicht der Politik her sind in dem Land zwei mehr inhaltsleere Gameshows diese RTLisierung hat Medien meinungsbildend. Das ist der ORF und die Infoformate verdrängt. Das war diese damalige Entwicklung. Kronenzeitung...sonst kein Medium... manche vielleicht auf

162 Stefan Langmann 0104885 einem guten Weg...ich sag jetzt auch neue Printmedien wie wars. Wir haben einen Report, der ein bissl nebenbei Berichtet, Österreich im Osten kann man da nennen – also lokal bedingt. wir haben die Radiomagazine – immer gleich, das läuft immer Aber flächendeckend/Österreichweit gibt es nur die beiden nach Schema F ab. Noch einmal, nicht unerfolgreich, aber nicht Medien und das ist der ORF und die Kronenzeitung. Die in dem sehr attraktiv. Und die Aufgabe, oder die Chance der Privaten Land auch Meinung machen...die das aber auch wissen. Und wäre, Politik jetzt so darzustellen, das es vielleicht andere jetzt die Antwort auf ihre Frage...na selbstverständlich ist es für Zielgruppen spannender macht. Ich find das jetzt witzig, den politisch Mächtige...und das hat man in der Vergangenheit Versuch es ist zwar trivial, oder banal, den Versuch mit immer wieder gesehen, wichtig, ORF-Zeiten zu bekommen. Kochshows und Politikern was zu machen, ned schlecht. Wenn geht noch positiv – weil so ist es ja. Wenn ich heute eine Kochshows san im Moment sehr beliebt, Politiker ned – jetzt strenge Analyse machen würde mit Experten oder ein paar führ ich das auf eine andere Eben, lass den Spitzenkandidat Studenten, und den ORF einmal ein Jahr lang analysieren – kochen und a bissl plaudern – ah witzig die Idee. Also es muss wer kommt den da so vor politisch? Und vor allem wie kommt mehr investiert werden. Oder was mich zum Beispiel fasziniert er vor, also negativ/positiv. Dann werd ich auf eine ziemlich ist die Sendung vom Stefan Raab, des „Direkte Demokratie“ der starke Schlagseite der Regierungspartein kommen. Und zwar bis jetzt dreimal versucht hat eine Talkshow in einem völlig eindeutig. Ein bissl noch die Grünen. Das wird keine neuen Format zu finden...der eigentlich keine politischer Überraschung sein, das Rot und Schwarz die meisten Talkmaster ist sondern eine Showtalker, aber der, ich hab das Auftrittsplätze haben. Dann kommen schon die Grünen die jetzt gesehn und es hat mich wirklich fasziniert. Wo dann auch halbwegs positiv und nett behandelt werden. Und das alles was bewertet wird, angerufen wird und immer gschaut wird, wer ist rechts ist und BZÖ/FPÖ ist und vielleicht jetzt Team Stronach – vorne. Es wird ein Wettbewerbs- ein Showelement eingebaut. negativ behandelt wird. Und das ist etwas, was Die Chance ist da schon da. Ich glaub dass Politik an sich, ned demokratiepolitisch eine Katastrophe ist. Und das ist massiv fad ist. Das schon der Markt da wäre, aber das viele Formate gefährlich, weil eigentlich sollte der ORF das Sprachrohr der einfach abgenutzt sind. Wenn ich dann eine Pressestunden hab Schwächeren sein. Und in einer Demokratie in einer gesunden am Sonnstag um elf..und Quoten dort hab von 50- 80.000, na ja sollte der ORF nicht nur ausgewogen berichten, sondern auch und das seit Jahren und dem ORF fällt nix besseres ein, und den Schwächeren – auch den politisch Schwächeren – der das geht so weiter, dann ist das eben nicht attraktiv...und das politischen Opposition zumindest die gleichen Plattformen ist so. Da ist der ORF eine „träge Ente“ ein „lame duck“ und die bieten wie den Regierungspartein. Das insgesamt die Privaten wendiger. Meinungsbildung des ORF abnimmt oder abgenommen hat in den letzten 10/15 Jahren ist auch evident. Aufgrund der neuen S: Naja, aber man müsste das mit dem öffentlich- Medien – ganz klar. Die Jungen Leute, soweit man diesen rechtlichen Auftrag abgleichen, aber würde da Politik dann letzten Analysen und Umfragen auch flogen kann, konsumieren nicht zur Show verkommen. Es ist ja jetzt bereits so. Ich nicht ausschließlich vom ORF – sonder überwiegenden Teil aus meine Sie konstatieren das ja. Das ganze (System) ist ja dem Internet, Twitter, Social-Media ihre Informationen die dort von einer Parteindemokratie zu einer Mediendemokratie ungefiltert daherkommen, ohne viel Kommentar, daher wird’s geworden. Sie waren ja bei der FPÖ auch lange für schon so sein, dass die Beeinflussungsmacht des ORF Medienangelegenheiten zuständig. Presseaussendungen nachgelassen hat. Mit Sicherheit auch spürbar nachgelassen und so. Man muss ja Inhalte die Message pushen. Die FPÖ hat. Trotzdem, ich bleib dabei der ORF wird weiterhin...auf hat ja hier auch Vorreiterarbeit geleistet. Man kann das jetzt Jahre hinaus das Leitmedium in diesem Land sein. Im positiv oder negative sehn. Bei der Recherche bin ich auf elektronischen Bereich sowohl Fernsehen als auch Radio, da so Sachen gestoßen: über den Moderator drüberreden, die wird’s niemanden geben der ihm auch nur annähernd das Message pushen. Wasser reichen kann. Was schade ist. Ich halte das auch für W: Na das ist überhaupt keine Frage, dass Wahlen in den schade, dass diese Pflänzlein, ,die wir da gepflanzt haben im elektronischen Medien, im Fernsehen mitentschieden werden, Privatfernsehbereich zwar engagiert unterwegs sind, aber noch nicht allein, aber mitentschieden werden. Wenn ich heute ned mit den durchschlagenden Erfolg. Es gelingen Teilerfolge, keinen Spitzenkandidaten habe, der halbwegs oft in einem sehr profanen Bereich – wen puls4 die Champions- medienkompatibel ist, brauch ich gar nicht antreten. Das ist – League-Rechte bekommt ist das eine Riesenerfolg und hilft den zugespitzt, das ist so. Das sieht man gut in amerikanischen ganzen Sendern ihre Quoten zu erhöhen und Aufmerksamkeit Wahlkämpfen – unser aller Vorbild, wird ja von jeder Partei zu erregen, wenn ATV einmal ein Länderspiel überträgt. Die behauptet. Die spektakulärsten Wahlkämpfe...das sind in Quotenreiser sind halt Sport, Konzerte oder Sonstiges – Live Wahrheit ausschließlich Medienwahlkämpfe. Und dann diese Eventes, aber in Wahrheit hätte da, müsste seit Bestehen Events...aber die macht man im Grunde auch, um sie für die dieser Sender viel mehr passieren müssen und im Schnitt ist da Medien, fürs Fernsehen aufzubereiten – und da gehen wir auch Gesamtquote am Zuschauermarkt noch immer sehr gering. immer mehr hin. Ob das gut oder schlecht ist, kann ich nicht beurteilen, weil es für alle Varianten – ich hab beides erlebt, ich S: Vielleicht, von Landes- oder Bundeswahlen gibt es da ja hab noch den guten alten Zettel- und Straßenwahlkampf immer Informationssendungen, vielleicht weil das auch erlebt...der jetzt eher in den Hintergrund tritt. Und ich hab jetzt nicht so massenattraktiv ist für einen Privaten. Ich meine erlebt die Medialisierung. Und beides hat vor und Nachteile. Für es ist ja nicht unwichtig, wir leben ja in einer Demokratie da die Kleinen hat das auch Vor- und Nachteile. Muss man auch ist ja Information wichtig (Gespräche wegen Anruf sagen. unterbrochen) aber weil es sich nicht so gut verkauft für Private? S: Man kann ja da auch als verhältnismäßig kleine Partei W: Weiß ich nicht, aber Konzepte und Projekte liegen ja vor. punkten, wenn man sich in den Medien gut präsentiert. Die Chance für Private wäre ja, und das wird eh probiert, Politik W: Na eine Chance ist es...für Kleine, wenn sies gut aufziehn einfach anders zu präsentieren als das der ORF kann. Der ORF kann man da viele Leute erreichen – noch immer zu wenig, weil ist da sehr festgefahren die seit Jahren und Jahrzehnten immer Österreich ist immer noch unterbelichtet was Internet gleich sind. Ned unerfolgreich aber immer gleich sind. Und jetzt anbelangt, im Vergleich zu ich hab jetzt gsehn´ was war kommt wieder eine Nationalratswahl und wir haben zum ich das...Estland. 95% sind im Internet und das Internet ist um weiß nicht wie often Mal die selben Formate. Wieder diese kompletten Land keine Gebühren mehr... Da sind wir Zweier Konfrontation, wieder einer Elefantenrunde, wieder die meilenweit weg. Wir sind jetzt bei 55, 60% und zahlen Länge Pressestunde, wieder irgendein Sommergespräch. So, aus das mal Breite...jedes mal surfen.

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jetzt nicht, das man sagt, das ist nicht erfolgreich, weil die S: Wobei man da auch sagen muss, das wir da in Quoten sprechen ja dafür. Wenn ich hab eine ZiB 1 die dauert Österreich was neue Medien betrifft ja auf einer eine viertel Stunde und ist in Wahrheit eine Auflistung im „Probierinsel“ sind, was neue Anbieter betrifft. Stakkato von Bildern und Informationen – völlig alt. Wenn man W: Ja aber wir sind noch weit weg im Vergleich zu...wenn jetzt heute die ZiB1 hernimmt und die von 1975 und nebeneinander am Stephansplatz W-Lan kommt und das gefeiert wird...das ist abspielt – bis aufs HD-Bild kein Unterschied. Inhaltlich genau ja wie..ich weiß nicht, wie wenn wir grad das Auto erfinden. gleich. Einmal hats gegeben Einzelkommentatoren, dann Normalerweise müsste in der ganzen Stadt schon W-Lan wieder doppelte, aber von der Abfolge her ist das immer gleich. sein...oder im ganzen Land. Warum!? Weil sies gar nicht anders machen dürfen. Und daher nicht können. Aber trotzdem hat diese ZiB letztlich jeden Tag S: Wenn wir über diese Politikvermittlung sprechen, man über 1 Mio Zuschauer und macht daher Meinung. Es gibt kein muss sich da natürlich auch gut präsentieren – keine anderes Infoformat, das mehr Zuschauer hat als die ZiB1. Und Frage, aber wo bleibt da die Rolle (ich verbinde das jetzt da können die Privaten hupfen wie sie wollen...und kommen mit dem ORF als kritischer Journalismus – sie können mir nicht einmal mit einem Ländermatch dorthin. Also das spricht gerne widersprechen) ich hab nämlich vor Jahren mal mit auch dafür- Es ist schwer. Was der ORF macht, kann richtig dem Johannes Fischer gesprochen...der meinte es wird für sein, kann falsch sein, aber das der ORF was machen muss ist die Journalisten immer schwieriger hinter die Kulissen zu auch klar. blicken...von der Politik. Wissen Sie, dass man die Inhalte und Show auseinander S: Weil Sie gesagt haben ZiB1. Dort positiv vorzukommen, halten kann. Um es dann den Menschen zu präsentieren. ist überlebenswichtig? Oder anders gefragt: Kann man Weil, und da gibt es auch Umfragen, ein Großteil der vom ORF zerstört werden? Journalisten sieht sich noch als Vermittler, W: Absolut! Also wenn dich der ORF boykottiert – und das ist „Hinterdiekulissenblicker“ und als kritischer uns einige male passiert...ich stelle eine These auf – eine Berichterstatter. kühne die niemals wiederlegt werden kann, aber auch nicht W: also das glaub ich nicht, dass es schwierig ist hinter die bewiesen werden kann, und zwar: Hätte die FPÖ in den 90´er Kulissen zu blicken, weil wir in Wahlkampfzeiten – und das ist Jahren ähnliche mediale Unterstützung gehabt, wie damals die ja der Hauptfokus medialer Berichterstattung, wird sich Regierungspartein – und ned den Gegenwind, wär sie stärkste niemand verstecken und sagen, man darf ned hinter die Partei geworden – haushoch, 35-40%. Also uns hat damals der Kulissen schauen. Im Gegenteil, ich kann nur aus unserer Sicht ORF mit Sicherheit an die 10% an Wählerstimmen gekostet. sagen, wir wären damals und auch jetzt froh wenn einer kommt. Weil einfach immer nur negativ berichtet worden ist, oder gar Ihr könnts gern schauen. Es kann den ganzen Tag die Kamera nicht. Weil nur skandalisiert worden ist, wo dann auch gar kein mitfahren, wenn dann ein gescheiter Beitrag rauskommt. Das Skandal war im Nachhinein, wie sich dann herausgestellt hat. seh ich ned so. Aber auch hier wieder, hat der ORF schon auch War ein Blödsinn das man nur auf den Haider hingehaut hat – ein rechtliches Problem. So lange er öffentlich rechtlich ist, das hat uns zum Teil wieder genutzt, weil als Paria....aber muss er sich ganz streng an das Gesetz halten und ich kann unterm Strich hats natürlich geschadet. Da hat der ORF seine daher keine Showformate, keine Infotainmentformate machen. Macht daher beinhart ausgespielt und uns unter Das passt nicht zusammen. Darf er auch gar nicht. Er muss ja Anführungszeichen so klein gehalten, dass wir nicht stärkste auch aufpassen, er darf nie Meinung und Kommentar mit Partei geworden sind. Bericht vermischen. Das ist die Todsünde jeder ORF- Wir sind zweitstärkste geworden 1999, das war schon, trotz Journalisten. Der Private darf das. Wird auch gemacht. Wenn dem medialen Widerstandes den wir gehabt haben, das war ich mir heute die Nachrichten anschau in ATV, oder das neue, eine Sensation die keiner geglaubt hat, dass wir die ÖVP das guten Abend Österreich in puls4 , das ist ja, wos da bei überholen. Aber mit einer halbwegs Unterstützung, ich sag jetzt einem gemütlichen Kaffeekränzchen beieinander sitzen und nur gar nicht – mit einer fairen Berichterstattung, die ähnlich sich Meinung produzieren – Meinung wiedergeben – fast keine orientiert hätte, wie an den beiden Großpartein wären wir weit Berichte, dann ist das auch der große Unterschied. Da ist der über die 30% gekommen. Ich schätze so 7- 10 %...sag ich jetzt ORF auch nicht wendig genug, daher hat er auch diese starren völlig ungeschützt, aber aus der Erfahrung von damals heraus Strukturen, der ORF kann nicht, es hat einmal gegeben ich trau ich mir das zu sagen. erinnere mich, ein Beispiel, was war den das...Der Victor Klima in Kitzbühel. Victor Klima geht durch Kitzbühel – im Report, vor S: also dann rührt daher der Grund, das sie immer wieder Wahlen. In dem ganzen Beitrag war nicht eine politische versucht haben beim ORF, man sagt zu intervenieren... Message. Es war nur Victor Klima und die Menschen, eine W: Absolut, ich steh auch dazu. Ich hab das immer sehr reine PR-Partie. Das ist durch Sonne und Mond geschossen auseinandergeklaubt. Es gibt ja immer die negative, also ich worden. Nicht nur von den anderen Partein, sondern von allen finde die legale und die illegale Intervention. Legale Intervention Kritikern und Medienrechtlern...das man so was gar nicht ist immer dann wenn man interveniert, wenn etwas falsch machen darf. Ein Privater darf das alles, aber der ORF muss berichtet worden ist, wenn es war richtig zu stellen gibt oder berichten, darf das nicht. wenn man sich benachteiligt gefühlt hat. Wenn ich heute eine S: Hör ich das richtig raus, sie würden das befürworten? Sendung habe, Hohes Haus, die dazu da ist, das Spektrum des W: Ja aber dann nicht öffentlich-rechtlich. Parlaments zu berichten. Uns es gibt ein Hauptthema, sagen S: Das heißt auf einer privaten Ebene Schiene dann zum wir Budget, und ich bringe von jeder Partein den Hauptredner, Beispiel? und von der FPÖ nicht, dann muss ich dort anrufen und sagen, W: Ich glaub der ORF muss eine Grundsatzentscheidung sagts amal habens euch irgendwo...seids wo dagegengrennt?! treffen. Will er so weitermachen wie bisher (wo führt das hin – Der ORF hat den Auftrag – da bezieht man sich wieder aufs ist das ein Erfolgsrezept, ich glaub ned, dass ist ein Rezept der Gesetz, objektiv heißt, bei einer Parlamentssendung, wos um 70´er Jahre - man bedient sich journalistischer Formate, die in eine Debatte geht, muss ich von jeder Partei einen Redner den 70´er Jahren schon gespielt wurden) oder entwickelt man bringen – geht nicht anders. Das sind Interventionen die legal sich weiter. Beides geht nicht, aber der ORF schafft die sind. Illegale Interventionen sind – die hat es auch gegeben Klammer, zu sagen wir schaffen richtiges Infotainment, aber mit aber nicht von mir. Die hat es gegeben. Die sind ja auch an die Bericht vermischt und mit Kommentar, aber es funktioniert Oberfläche gekommen, zum Beispiel von einem Herrn Kalina, nicht. Das heißt die harte Info gibt’s beim ORF aber das heißt

164 Stefan Langmann 0104885 der ZiB Beiträge über den Victor Klima selber geschnitten hat, Partei diskutieren, nur man kann nicht Unwahrheiten verbreiten das ist halt.. – und zwar im Sinne eine objektiven Unwahrheit. Jeder kann im ORF sitzen und seine persönliche Meinung sagen... die bösen S: Die Euroteam Geschichte. Buben, Nazis... was weiß ich. Alles. Was nicht geht ist, dass W: Richtig, sie sind sehr gut informiert. Das sind halt Dinge wo dort unwidersprochen – und wenn ich mir heute die Sendung ich sag, das hätte ich mir nie getraut, weil ich gewusst habe, anschau, dann weiß ich sofort warum ich angerufen hab. Weil wenn ich das gemacht hätte, hätten´s mich sofort irgendein Diskussionsteilnehmer eine objektive Unwahrheit hinausghängt. Es hat mich nie einer rausgehängt, weil ich über die FPÖ verbreitet hat, die man auch widerlegen kann – immer recht gehabt hab mit meinen Interventionen – nie Deswegen hab ich dann zum Hörer gegriffen...das war der Unrecht – ich hab nur Fairness für die FPÖ verlangt. einzige Grund. Die Roten haben beinhart manipuliert und beim Klima Redesequenzen herausgeschnitten – also haben wirklich in die S: Fischer hat später in einem Interview gesagt, diese Sendung hinein interveniert. Das wär mir nie eingefallen – hätte „Betrifft“ Reihe ist gescheitert, und dass im Prinzip alle ich nie gemacht. Partein, immer hätten anrufen können, hätten Mails schreiben können – quasi als neues Konzept. Deswegen S: Gut Sie haben auch in einer Sendung angerufen, bei habe ich es auch nicht ganz verstanden, warum es zu dem dieser Betrifft-Sendung. Aufruhr kam – eben wegen dem Vorwurf, kann man ohne W: Ja, das war auch lustig, das war der Fischer, der Johannes, FPÖ nicht über die FPÖ diskutieren. mit dem Sie gesprochen haben. Das war eine irrsinnige W: Ich kann mich erinnern, mit dem Fischer habe ich herrliche Aufregung, danach, das war für mich genauso überraschend Sträuße ausgefochten – aber auch lustig diskutiert. Er kam wie für alle. Das war eine Sendung, da ist es um uns gegangen dann aber auch in Erklärungsnotstand und kam dann unter – und wir sind nicht am Tisch gesessen – völlig absurd, das Druck und musste das irgendwie rechtfertigen, dass er mich da gäbe es auch heute nicht mehr. hineingeschalten hat. Der Hauptfehler war, in einem aufgeheizten Klima über eine Parlamentspartei zu diskutieren S: Aber das war doch so ausgelegt, dass das unter und sie nicht selber einzuladen. Das hätte man machen Journalisten und Politiologen hätte diskutiert werden müssen, wäre damals zwingen gewesen eigentlich. sollen. W: Ja, aber es ist da so über uns hergezogen worden, und ich S: Es gab aber immer wieder auch den Vorwurf die FPÖ hab dem Fischer im Vorfeld schon gesagt, bei der Konstellation stellt sich bei heiklen Themen nicht – sperrt sich da. Es – die Sendung war an einem Sonntag und ich glaub ich hab mit hieß es wäre für ORF Redakteure oft schwer gewesen FPÖ dem Fischer am Freitag telefoniert – bei der Konstellation Herr Mitglieder zu Diskussionen zu bewegen. Fischer ist es völlig klar, dass es hier zu einer Überschreitung, W: Also nein, bei uns nicht. Wir haben einen Grundsatz gehabt. oder zu einem Bruch des ORF-Gesetzes kommen wird. Weil Und zwar, bei jeder Einlandung gehen wir hin. Es hat einen dort niemand die Position der FPÖ beziehen wird. Ned der einfachen Grund. Weil wir eh damals nie vorgekommen sind. Moderator, weil kann er nicht. Da sind nur Hasser, die gegen Das beste was dir passieren kann im ORF ist, das du live bist. uns diskutieren. Und da hat er gesagt, na gut, wenn sie der Weil dann können sie dich nicht zensieren – dann bist am Wort Meinung sind, schaun´ Sie sich’s an, Sie können ja anrufen. Sie und kannst sagen was du sagen willst. Wir haben das lange können Sachen klarstellen – was ja auch korrekt ist...das hat er überlegt, aber dann sind wir zur Entscheidung gekommen, von mir angeboten. Haider abwärts, dass wir überall hingehen, wo wir eingeladen werden. Wir haben gesagt wir stellen uns, wir sind den anderen S: Ist ja im Nachhinein auch vom ORF so kommuniziert überlegen in Diskussionen, wir können das. Das ist unsere worden. Chance etwas positives zu bewirken. Es gab da ja eine Reihe W: Na gut hab ich gesagt, das werd ich machen. Das lustig war legendärer Diskussionen wos um die FPÖ ging. Haider/Heide ja, muss man heute so sagen, dass der Fischer leider die Schmidt, oder Westenthaler/Haider, wie wir gestritten haben, da Nerven verloren hat und gesehn dass ich recht gehabt waren wir auch beide im Fernsehen. Wir sind hingegangen weil hab...und ich ruf halt während der Sendung an und sag Fischer – den Leuten soll ja auch was geboten werden. das geht so ned. Ich weiß ned was da der ausschlaggebende Punkt war – müsste es mir noch mal anschaun. Irgend ein S: Es ist ja auch oftmals mit den Jobs verbunden. Fischer Punkt war ganz brutal und dann hab ich zum Hörer gegriffen hat ja selbst einmal gesagt, er versteht die Interventionen, und hab angerufen. Und ich red mit dem Fischer zwei Sätze weil das ja auch mit dem jeweiligen Job in der Partei und der Fischer sagt wir machen das ganz einfach, wartens an zusammenhängt – den verschiedenen Jobs geschuldet nur Moment, druckt auf einen Knopf und ich sag noch Hallo? Und eben dann noch Kurator und..und... hör mich auf einmal selber im Fernsehen! Und der schaltet W: Ich war Generalsekretär und da gab’s den Spruch vom mich völlig unvermittelt in die Sendung und ich hab nicht einmal Vorgänger: wenn du als Generalsekretär beliebt bist – machst g´wußt, dass ich live auf Sendung bin. Und dann sagt mir der was falsch. Du bist die Speerspitze und der Vertreter deiner Moderator ...ja wir begrüßen jetzt den Herrn Westenthaler, der Partei bei solchen Diskussionen. Natürlich war ich da hat angerufen – bitte Herr Westenthaler. Der hat auch nicht prononciert in der Position und ich war 6 Jahre lang im Amt. Es gewusst was ich jetzt sagen wird. Und das ich das jetzt ausnütz gab Überschneidungen mit meiner ORF Tätigkeit, das war auch und eine Suada loslass, damals als Generalsekretär, war nicht so ideal, aber ich war ja nicht der einzige, früher sind die eigentlich – liegt auf der Hand – so eine Chance musst nutzen! Generalsekretäre immer im ORF gesessen – der Cap war und Legendär, aber war eigentlich ein Unfall – ich weiss ned ob er andere. absichtlich auf den Knopf gedrückt hat oder? Ich müsste nachschaun – wars die ordentliche Beschäftigung oder so – S: Prof. Khol hat einmal gesagt, als Klubobmann muss irgendein Thema, wo fest auf die FPÖ hinghaut worden ist. Und man den Instinkt, dass man angreift, wenn man scharf bei so einem Thema nicht sensibel sein, würde es heute so angegangen wird abbauen – Sie warn oft mit Kritik aus nicht mehr geben. War ja schon öfter mitm Strache da wird man mehreren Richtungen konfrontiert, war da viel Kalkül eingeladen und es war damals eben nicht. Damals zu meiner dabei, dass man sagt so jetzt hau ich einmal drauf.. größten Verwunderung, und nicht nur das, man kann schon W: na ja als Generalsekretär oder Klubobmann? Leute zusammensetzt, man kann alles machen und über eine S: Egal.

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W: Na bei mir gibt’s da mehrere Phasen die grobe einen Tag später, in der nächsten Sendung anders Generalsekretärsphase und die eher sozialisierter gebracht/richtig gebracht. Oder er hats nicht gemacht und dann Klubobmannsphase. Es findet in der Politik nichts anderes statt geht’s eine Stufe höher, dann holt man sich den – wie Rollen im Film. Die man ned spielt, aber verkörpert. Es Sendungsverantwortlichen und red´mit dem, versucht ihm das gibt einen Parteiobmann, einen Klubobmann und einen klar zu machen und schafft man das auch nicht, dann ist man Generalsekretär... und viele andere. Das war immer unser beim Intendant – das ist eine lange Leitung. Da gibt’s noch den Verständnis und ist es bis heute. Die drei müssen eine Politik Infointendanten und seinen Stellvertreter, der grad im Amt ist tragen, einer Partei, die, sag ich mal nicht in der Regierung ist. und dann den Generalintendant. Also für mich wars so, das der In der Regierung ist es noch schwieriger, weil da hast du die Generalintendant dann zu kontaktieren war, wenn’s wirklich Minister auch dabei. Da haben alle drei eine völlig andere Rolle. einen groben Verstoß gab. Der Generalsekretär ist der exponierteste von alle. Der greift hat immer wieder fest hinein ins Topferl´. Der muss verteidigen S: Sie sagten Sie haben da angerufen uns sich im und angreifen zugleich, der hat immer Dreckarbeit zu machen . Richtigstellung bemüht, glauben Sie, dass da manchmal ums wirklich einmal runterzubrechen. der Ton... Der Parteiobmann selber eigentlich ned. Der soll die Inhalte W: Oh ja, da ist schon gestritten worden, da ist ned nur transportieren, die Themen und Werte. Der soll drüber stehn´. charmant geplaudert worden. Der ist der Kopf und der darf auch nicht diese polarisierende Wirkung haben, die Haider zum Teil gehabt hat – und das war Weil ich hab da glaub ich vom Fritz Wendl gehört...oder von nicht mal gewollt. Und der Klubobmann hat wieder eine andere einem anderen Redakteur im Interview gelesen... Aufgabe – das ganze parlamentarische – Gesetzeswerk usw. W: Mit dem hab ich nicht telefoniert. Nein aber es hat schon das war schon genau aufgeteilt. feste Auseinandersetzungen gegeben...also da ist auch Daher war das natürlich so, dass man einmal vorangegangen aufgelegt worden. Also es ist auch von der anderen Seite schon ist in der Kritik – aber das hat eine jeder gewusst. Wir haben mit mal aufgelegt worden. offenem Visier gekämpft. Jeder hat gewusst wenn er den Westenthaler einlädt kriegt er den Westenthaler. Und wer den S: Nein, nein schon klar, der meinte das der Ton die Musik Haider einlädt kriegt den Haider. So war das halt. macht und beispielsweise bei der es bei der SPÖ zum Schluss immer hieß, na ja das und das, aber es liegt in S: Bei der Kritik. Weis ist medial so dargestellt worden eurer Hand. Weis könnte/würde seine Leute nicht schützen gegen Ihre W: Na ja also von mir gibt es kein einziges Beispiel, wo man mir Angriffe. Wenn die sich ungerecht behandelt gefühlt vorwerfen kann, eine illegale Intervention begangen zu haben. haben. Er meinte man möge sich doch direkt an ihn Gibt’s nicht. Es wurde zwar oft angedroht, Oberhauser, auch wenden – hat er Ihnen das jemals angeboten? vom Weis, auch von der Lindner, wir veröffentlichen jetzt einmal W: Absolut, das kann ich nur unterstreichen. Wir hatte auch die illegalen Interventionen vom Westenthaler...ist nie passiert, anfänglich ein sehr gutes Einvernehmen mit Weis – sachlich weil’s es nicht gibt. Ich behaupte nach wie vor, es gibt von und fair. Er war einer der kommuniziert hat – macht der heutige mir,...wir haben oft gestritten, ich war vielleicht nicht immer (Wrabetz) überhaupt ned – leider. Seine positiven Seiten waren im Recht, geb ich auch zu, aber ich habe niemals eine Sendung er war erreichbar, er hat kommuniziert und er hat selber vieles manipuliert oder den Wunsch gehabt eine Sendung zu in die Hand genommen. Manchmal sogar zu vieles. Er hätte manipulieren. Und das ist ja das perfide, das ich bei den Roten, manchmal vielleicht delegieren können. Aber es stimmt schon, oder zum Teil auch bei den Schwarzen sehe, die zum Teil auch er hat schon...Naja ich seh das mit dem Beschützen – vor was in die Sendungsinhalte hineingehen. Es hat Zeiten gegeben, hätte er schützen sollen? Wir sind ja dort nicht einmarschiert das behaupte ich jetzt auch – weil ich’s weiß – wo der SPÖ und haben gedroht. Zentrale vor Ausstrahlung Berichte vorgelesen werden mussten. Und dann noch gesagt haben – das wollen wir soo S: Na der Vorwurf war, dass sie bis zum untersten und das ein bissl anders. Noch einmal das Beispiel Klima Redakteur alle angerufen haben um sich zu beschweren. kriegens nicht weg. Und das war einmal, eine Geschichte, die W: Naja umgekehrt wars, wir haben immer beim untersten an die Öffentlichkeit gekommen ist – und von solchen gibt’s Redakteur begonnen. jede Menge.

S: Ich dachte es gab die Regelung zuerst bei Weis und S: Die im Endeffekt ja, ich will die SPÖ nicht in Schutz dann... nehmen, aber gar nicht so schlimm gewesen wäre, weil der W: Ja das hat dann Weis gesagt, das stimmt. Logischer Jan Klima ja nur als Karteileiche in der Affäre beteiligt war. Weise...das ist bis heute so, wenn man heute einen Bericht W: Trotzdem, in Sendungen darf man nicht eingreifen. sieht und man nicht zufrieden ist weil etwas ungerecht oder S: Eben ich mein ja es wäre, wenn das auf Sendung falsch ist, dann schaut man einmal, wer hat den gemacht – das gegangen wäre, in einer Woche wär’s wieder vorbei hab ich auch gemacht. Dann hab ich angerufen bei dem gewesen. Redakteur und hab mit ihm einmal gesprochen – hören sie, was W: Es gab aber sicher schlimmere Interventionen. Und die sie da sagen ist falsch. Ich kann das belegen und schick ihnen Perfidie am Telefon zu sagen, macht es wie ihrs wollts, da Unterlagen, oder das ins unfair, das kann man nicht schwingt eine bissl mit – na werds dann schon sehn´ was ist machen...ich würd sie bitten korrigieren sie das, tuns das beim wenn’s ihrs ned so machts. Also bei mir gab’s nie die Drohung nächsten mal verändern. Wie können wir uns einigen, können – weil’s ja gar ned in meiner Macht war...da werds schon wir eine Stellungnahme abgeben – wir sind nicht einmal gefragt schaun wir haun euch ausse. Und in der SPÖ da war das so. worden. Das war ja auch oft so, das Beiträge gebracht worden Die haben Redakteure mit dem Job bedroht. Und die sind, zu denen wir nie gefragt wurden. Das ist ja auch an sich Jobauswahl, wir haben ja nie die Möglichkeit gehabt, es gab ja falsch – das zum Handwerkszeug dazugehört, wenn ich heute keine Freiheitlichen Journalisten im ORF bis auf einen. einen Betrag mache, dann muss ich den Betroffenen fragen, was der dazu zu sagen hat. Dann gab’s zwei Möglichkeiten. S: Den Wehrschütz oder? Das wurde gemacht – das ist auch oft passiert, wir habens W: Na, ich mein eher den Seledec, aber der war nie Journalist, auch manchmal geschafft, dem Redakteur klar zu machen, der war in der Organisation. Der war ja ned wirklich, der hat dass er was falsches gemacht hat. Dann hat der das auch oft eine paar Dokumentationen gemacht. Das ist mir lieber, und ich

166 Stefan Langmann 0104885 kenne auch heute noch Leute, die nimmer an der Front sind, weil die geglaubt haben, damit können sie uns einschüchtern. mit denen ich damals gestritten habe, die sagen, der war hart, Aber das war ned der Fall. der Westenthaler, aber der hat mit offenem Visier gekämpft. S: Also ein gewisses Spiel der Kräfte sozusagen? Und die anderen habs hinterrucks gemacht. Die haben auch W: Na selbstverständlich...ein Muskelspiel. Man muss ja eines angerufen und haben interveniert. Die waren vielleicht netter, sehn, um das zu einem positiven Ende zu bringen, man ist ja freundlicher, offener, die haben auch angerufen, dann hbs auch untereinander, voneinander abhängig. Es ist ja nicht so, aufgelegt und die habe es trotzdem gemacht und dann hat es das der eine nur unbedingt vom anderen was will. Also das ich ihnen Nachteile gebracht. Bei mir, keine einzige meiner jetzt will, dass wir fair behandelt werden, oder das der Interventionen oder sonstigen Aktivitäten im ORF hat ORF...der ORF braucht uns, hat uns gebraucht damals und wir irgendjemand einen Arbeitsplatz gekostet oder einen Nachteil habe ihn gebraucht – ganz klar. Weil was macht der ORF wenn gebracht. Ich hab da eine reines Gewissen. Wenn’s so wir auf einmal sagen, wir gehen nicht mehr hin. Wir waren gewesen ist, tät es mich interessieren! Ich glaub es aber ned. damals die interessantest Partei. Es gab ganze Magazine, die, Weil das ned mein Ziel ist. Ich halte die Journalisten dort ja für viele Medienbeobachter behaupten News war damals so gut. Es gab in meiner Karriere wenig Journalisten, die ich ned erfolgreich, weil’s alle 14 Tage den Haider am Titelblatt gehabt für geeignet gehalten hätte. Ganz wenige. Zwei, drei. Der haben. „Haider-sells“ hat es damals geheißen – das war so. Großteil sind hervorragende Journalisten. Damals haben die Der Haider hat die höchsten Einschaltquoten gehabt und immer das System gegen uns ja perfekt installiert – das war ja so. Es wo Haider war, waren Leute. Das war eine Zeit lang so in den war mit Sicherheit eine Losung, wir müssen schaun´ das die 90´er Jahren, von 92-99 diese Jahre. Und fürn ORF wärs FPÖ nicht zu stark wird. Aber sie haben die Rechnung ohne fürchterlich gewesen, wenn wir dann einmal gesagt hätten, wir den Wirt gemacht. Der Fehler war, sie haben es immer gehen nicht mehr hin. Und das wussten die auch. Und eins überzogen jedes Thema gegen uns überzogen, so lang muss man noch was sagen. Sie haben von uns immer sehrgute ausgereizt haben, bis es den Leuten auf die Nerven gangen is. Geschichten bekommen. Wir haben natürlich als Oppositionsmonopol, das wir waren damals – die Grünen S: Der Gerd Bacher hat einmal gesagt, zum lächerlichsten waren damals unter ferner liefen – wir waren damals die und provinziellsten an österreichischen Medien zählt die wirkliche Opposition. Wir haben da fast täglich Gschichtln´ Praxis von einem Thema nicht mehr herunterzusteigen. bekommen – ned immer nur gute, aber ich denk jetzt auch an Würden sie das unterschreiben? die Nationalbankgeschichte. Ein jeder hätte sich die Finger W: Richtig. Das ist genau was ich grad gesagt hab. abgeschleckt, wenn er solche Gschichten zugesteckt bekommen hätte. Und das haben wir sehr selektiv gemacht. S: Also wegen den Anrufen, das entlarvt sich in gewisser Ned nur der Kronenzeitung, sonder wir haben es auch ORF- Weis selbst, wenn Redakteure gesagt haben. Also das Journalisten – und gar nicht mit dem Anspruch, das wir da jetzt anrufen das hätte er gescheiter machen können. Weil wenn vorkommen wollen, oder das wir das jetzt aufdecken. Sondern diese Listen veröffentlicht werden. Und man sieht der hat Faires Abkommen – wir geben euch das, und ihr dürfts das sagen wir 15 mal angerufen... machen, weil warum müssen das immer alles wir bringen – W: Das stimmt ja auch alles nicht. Die Listen hat es ja nie dann hats ja wieder diesen FPÖ-Touch. Man muss ja gegeben weil’s nicht stimmt. Ich hab nicht annähernd 15 mal Geschichten die man aufdeckt auch einmal über die Bande angerufen. In den besten Zeiten – das warn immer spielen. Das heißt es hat da ein gesundes Verhältnis gegeben Wahlkampfzeiten, weil die Nerven da besonders blank liegen zwischen geben und nehmen – im positiven Sinn...ned im waren das zwei mal in der Woche. monetären Sinn. Und war auch ein bissl der Background wo wir, den wir gehabt haben etwas fordern zu können und ned so S: also 22 mal an einem Tag, in der Affäre Kleindienst ist sehr irgendwem zu drohen und ned auf biegen und Gewalt zu aus der Luft gegriffen? streiten. Das waren die Mächtigen – wir waren Opposition. Die W: Was in der nie...also das war nicht die Affäre Kleindienst, SPÖ – ich möchte ned wisse wie oft die mit dem Zeigefinger das war die Spitzelaffäre. 22 Mal...nie im Leben. Es mag Tage gekommen ist...oh das wird deiner Karriere schaden wenn das gegeben haben wo ich fokussiert, zwei drei mal angerufen aund das passiert. habe, dann hat’s Wochen gegeben da hab ich gar nicht angerufen...und dann wieder 2-3 mal in der Woche. Aber S: Gut ich glaub Sie haben dem Adrowitzer einmal am niemals 17-20 mal. Da müsst ich so einen Schädel haben, weil Rande – zumindest wird’s so kolportiert mit seinem ich hab ja andere Medien auch noch. Es gibt ja auch Gehaltszettel gedroht. Printmedien, es gib ja auch andere Tätigkeiten, also das ist W: Das ich ihn veröffentlichen wollte...jaja, das hab ich noch bei maßlos übertrieben. Was für mich spricht in dieser Diskussion der Lindner gemacht. Naja aber da ist auch nix dabei, in ist, das die Listen nie veröffentlich worden sind. Na Warum? Wahrheit ist der ORF eine quasi Staatsunternehmen...warum Man hätte es ja veröffentlichen können. solln die Leute ned wissen was die verdienen...wobei ich mit dem Adrowitzer immer sehr gut war, ich weiß gar ned ..War das S: Das hat ja auch der Ernst Strasser gefordert. der Adrowitzer? W: Man hätte es ja veröffentlichen können, ich hätte jeden einzelnen Anruf belegen können, und erklären können. Ich hab S: Ich bin mir leider auch nicht ganzsicher, sagen wir da kein Problem gehabt. Ich hab sogar mit dem Oberhauser einem Journalisten. einmal lang diskutiert, wie er das wieder mal angekündigt hat, W: völlige Transparenz, die Leute sollen wissen, was dort als Info Intendant und hab gesagt – ich war per du mit ihm – verdient wird. Weil das sind alles Gebührengelder. geh veröffentlichs – geh morgen raus damit. Erstens einmal zeigt mir – ich war beim ihm im Büro – zeig mir die Liste, hat er S: Man kann eben alles so oder so darstellen. mir nie gezeigt – weil die nicht gegeben hat. Und wenn ihr der W: Ich hab mit der Zeit eigentlich kein Problem. Ich bin wie jetzt Meinung seids es ist eine unfaire Geschichte, dann gerade, wie sie wissen ein bissl im Abgang und versuche, wenn veröffentlichts und ich wird zu jedem Telefonat Stellung man etwas beendet, eine Phase, versucht man auch zu nehmen und es erklären, ihr werdet sehn ihr sitzt am kürzeren schaun, wo gibt Korrekturbedarf. Hat man Korrekturbedarf, gibt Ast. Es ist nie gekommen – und es gab diese Listen nie. Das es jemanden bei dem man sich entschuldigen muss, ist man war so ein Vorwand, so ein bissl mit dem Zeigefinger, passts jemanden auf den Schlips getreten, hat man jemanden auf, wir dokumentieren das und das kommt irgendwann mal – beleidigt, gekränkt. Ich habe, mit denen wo ich glaube es war

167 Stefan Langmann 0104885 so Frieden gemacht und ich hab da mit der damaligen Zeit S: Dann wollte ich Sie noch fragen, was verstehen sie unter überhaupt kein Problem und ich glaub das wir kritischem Journalismus. Wie weit hatten sie mit kritischen damals...vielleicht, vielleicht bei Weis noch am ehesten, weil mit Journalisten Probleme? In diesem Zusammenhang. dem hab ich nie wieder Kontakt gehabt und ich weiß das mir W: Also jeder der mich kennt, weiß eigentlich, die schlimmsten der das sehr übel nimmt, seine Abwahl, aber da muss ich Probleme hatte ich mit unkritischen Journalisten. Also sagen, da hab ich auch keine Gewissensbisse, weil er eine Interviews wo es nicht zur Sache gegangen ist. Meine große Mitschuld trägt, das er abgewählt wurde. Lieblingsinterviews waren, sind und werden immer sein, die mit dem Armin Wolf, weil des für mich einer der besten Journalisten S: Weil er sich so sehr gegen die Privatisierung gewehrt ist, diese Landes, mit dem man trefflich streiten kann, und wos hat? aber auch eine Herausforderung ist. Es ist ja furchtbar, wenn du W: Nein, weil er intrigiert hat. Das sag ich ja ganz offen, ist auch sitzt, vielleicht sogar in einem Liveinterview und die Journalistin kein Geheimnis und in vielen medienpolitischen Abhandlungen rinnt dir so durch die Finger durch. Ich behaupte heute, heute so nachzulesen. Wurden X-Interviews dazu gegeben. Der Weis darf ich dass sagen, weil ich am Ende meiner politischen hat sich zu sicher gefühlt. Der Weis hat gewusst mit uns will er Karriere stehen, aber hätten das damals die Journalisten nicht und kann er nicht. Vor allem die Riess-Passer und mich erkannt, das wir immer dann am besten waren, inhaltlich, wenn auch nicht – damals als wir schon in der Regierung waren. Und der Journalist dagegen gehalten hat, das haben sie aber nicht hat dann über die Bande versucht, mit dem Jörg Haider erkannt, weil sie haben sich selber so gut gefühlt, wenn wir Freundschaft zu knüpfen und hat alles...das hat er ja sehr oft Konfrontationen gehabt haben, in einer ZiB in einer ZiB2 im gemacht. Die Macht war ja in den Ländern. Das heißt die Report, in einer Pressestunde, in der Pressestunde haben sie Landeshauptmänner – und Haider war ja damals einer, waren immer besonders versucht uns zu zerpflücken, das hat uns sozusagen die Fürsten im ORF. Und da ist er eines Tages nach immer genutzt. Und wenn’s danach Umfragen gab war immer Kärnten gefahren ein paar Wochen vor der Wahl, also vor der klar, 80: 20, 70: 30 ...Wenn die dort hingesetzt hätten einen ORF Wahl und hat dem Haider alles versprochen was es zu Journalisten, eine nette Dame, die uns ganz sachlich gefragt versprechen gibt, auf gut Deutsch der ORF gehört dem Jörg hätte und es wäre ganz sachlich, so wie jetzt eines dieser Haider jetzt. Er darf dort machen, was er will. Und hat damit stinklangweiligen Interviews, wie sie in einer ZiB2 geführt geglaubt die FPÖ an Bord zu haben bei seiner Wahl, und da werden, dann wären wir ah ausgeronnen. Da kannst du nicht so hat er sich aber getäuscht. Das war dann zwar auch der erste polarisieren, so anecken...wer macht das jetzt, zwar skurril, wirkliche Konflikt, zwischen Haider und der aber ehrlicher Weise, der Frank Stronach hats übernommen. Regierungsmannschaft in Wien, aber wir haben das erfahren, Der setzt sich in eine ZiB2 und streitet mit dem. Er hat eine so was bleibt ja nicht geheim in einer Partei und das tut man Problem mit der Ausdrucksweise, weil er dieses amerikanische, einfach nicht. Und dann noch zur Vizekanzlerin zu gehen und aber am Ende hat er den Erfolg, weil er die Zuschauer hat, bei Ihr zu antichambrieren und ihr gleichzeitig zu sagen ich auch das meistgesehene Video auf Youtube, zuvor war das der brauche ihre Stimme eh nimmer mehr, der Haider wählt mich Jörg Haider in der ZiB2 und vielleicht auch einmal der Peter eh, da hat er schwere Fehler gemacht. Das ist ja keine Westenthaler in einem Report oder was auch immer. Und der Vertrauensbasis. Du kannst ja keinen Wählen, der versucht macht das jetzt. Und da gibt’s diese 10-12 % denen des taugt, unsere Partei auseinander zu dividieren. die sagen deswegen wähl ich ihn, der stemmt sich dagegen. Das war ein Match, das war Information, das hab ich gern S: Also da wird dann auch drauf geachtet, dass die Linie... gesehen und bin nicht eingeschlafen dabei. Es ist leider so, die W: Na ja selbstverständlich und damals war halt so und ist meisten Leute wollen ned, wenn sie politische Interviews heute noch so, weil sie am Anfang gesagt haben, wir haben die sehen, so Sachdiskussionen. Keine 17.000 Zahlen denen meisten Kuratoren gehabt. Es war schon so, die Regierung keiner folgen kann. bestellt ja neun Kuratoren, heute Stiftungsräte und die natürlich verpflichtet sind, jenem der sie bestellt – logisch, aber die am S: Darf ich Sie unterbrechen, es gibt oder gab in der BBC Ende nicht immer alle einheitlich abgestimmt haben. Und die einen Journalisten, Jeremy Paxman, der hat einem Minister alle keine Parteileute gewesen sind. Also wir haben da Leute 12x hintereinander die gleiche Frage gestellt, weil er das hineingesendet, vom Universitätsprofessoren bis zum...ja was Gefühl hatte, er sagt ihm nicht die Wahrheit, dass heißt es weiß ich, wenn ich überleg, wer da aller drin war, wäre Ihnen lieber, so eine kritischen Journalisten vor sich Anwälte/Rechtsanwälte Richter Universitätsprofessoren, das zu haben, als.. waren keine Parteisoldaten die da gesessen sind. Das war W: Absolut, absolut, es hat ja damals eine Menge von dann nicht einfach, damals bei der Übergangsphase von kritischen Journalisten gegeben, die nicht mehr leben oder nicht Lindner zu Wrabetz die zu motivieren, den Wrabetz zu wählen. mehr im Amt sind. Der Robert Hochner war eine Legende. Das Da gabs einige die das nicht wollten, geb ich auch zu offen... waren Leute wo du gemerkt hast – da breitet man sich ganz anders vor. Auf dieses Interview. S: Nagut und Sie haben sich ja gleichzeitig im Lauf diese Gesprächs dafür ausgesprochen, dass das als S: Also nicht von wegen unangenehm dieses Interview verkleinertes Expertengremium sein sollte. W: Nein überhaupt nicht, ganz im Gegenteil, die W: Das g´hört weg, das gehört weg. Das muss weg, man sollte Herausforderung machts spannend und am Ende das Produkt eine offene, auch was die Bestellung des Generaldirektors ist eines, wo den Leuten am Ende nicht langweilig wird, das in betrifft, man sollte ein Hearing veranstalten, mit Experten, Erinnerung bleibt und damit hast du eigentlich schon meinetwegen, mit den Kandidaten und dann muss dieser gewonnen. Also es kommt noch was dazu. Aus der Sicht eines unpolitische verkleinerte Aufsichtsrat die Bestellung objektiven Zusehers bist du einer Zweierkonfrontation ..oder durchführen, wie in jedem anderen Unternehme auch. Es gibt ja auch eins zu eins – egal wer mit dem Wolf dort sitzt. Der Wolf kein anderes Unternehmen sozusagen, wo die Politik so direkt ist immer der mächtigere, der im Vorteil ist, weil der ist der den Chef bestellt, den Geschäftsführer, wie in dem, das gibt’s ja Befrager. Wenn du noch dazu in einer Minderheitenfraktion bist, nirgends mehr. Das gibt’s ja grade noch bei so in Opposition bist, kannst du dort nur gewinnen, du kannst gar halbstaatlichen...irgendwo war jetzt wieder, hams jetzt wieder nicht verlieren – da musst schon einen richtigen Blödsinn paritätisch, einen Roten einen Schwarzen, und das sollte der reden. Ich behaupte das wir die meisten Matches dort Vergangenheit angehören. Beim ORF wär das leicht machbar. gewonnen haben. Wir sind die NLP Experten. Ich behaupte NLP hat es noch gar nicht gegeben. NLP ist entstanden

168 Stefan Langmann 0104885 aufgrund unserer Diskussion. Ich hab keine Ahnung gehabt S: Abseits von kritischen Fragen, abseits von nachhaken was NLP ist die ersten Jahre. Ich hab das immer gelesen, sag und sag ich mal reinbohren? einmal, weil das der Haider immer, dann haben wir mal im W: Nicht direkt, so hinterrucks, in einen Nebensatz noch eine Internet geschaut – auch das hats damals nur ganz wenig Schlenker mitgeben. Solche Sachen sind ja viel wirkungsvoller, gegeben...bis wir da was gefunden haben Neurolinguistischer als ein grober offensichtlicher Antibericht. Das dürfte halt nicht Programmierung. Keiner hat jemals einen NLP-Kurs gemacht. sein sag ich mal. Wir haben uns immer zusammengesetzt vor solchen Geschichten – das ist der Unterschied zu heute. Was mich stört S: Und da haben Sie dann drauf reagiert? bei vielen Politikern, sind diese unvorbereiteten Auftritte. Jeder W: Ja freilich... glaubt er kanns und in Wahrheit kann er’s ned. Das betrifft alle S: Aber Sie sagten, nicht immer zurecht. – da nenn ich jetzt keinen Namen, alle Spitzen. Die setzen sich W: Noch mal ich bin davon überzeugt, also natürlich ist jeder in ein Interview, auch wenn’s nur 5 oder 7 oder 8 Minuten von sich selber überzeugt, aber wenn ich jetzt scharf dauert und sind völlig unvorbereitet. Setzen sich hin und warten nachdenke, mir fallt nicht ein einziger Interventionsversuch ein drauf, bis sie der Moderator zerrupft. Wir haben fundamentale wo ich mir dachte, so da bin ich jetzt falsch gelegen, da habe Vorbereitung gemacht, auf jedes Live Interview, Pressestunde, ich meine Kompetenz überschritten. Da hab ich mich in was Sommergespräch was auch immer, wir sind da in kleinem Kreis eingemischt, was mich nichts angeht. Ich hab das immer zum zusammengesessen, wie im Marschallstab und haben wohl sein, zum Besten des Berichtes selber wollen. Und in den besprochen, welches Thema wollen wir setzen, wer ist unser meisten Fällen, muss man auch sagen, wurde es auch Gegenüber, die Journalisten analysiert und zwar was hat der korrigiert, ausgebessert, zugegeben. mal über uns gesagt, was war positiv, was negativ, wo können S: Na ja wurde aber auch nirgendwo verzeichnet. wir den in die enge treiben – das ist eine ganz normale W: Ist aber ein Modell, dass man vielleicht anregen könnte. Geschichte. So bereitet man sich auf ein Gespräch vor, aber Vielleicht sollte es ein Interventionsregister geben...wer hindert das kannst du nur machen, wenn du Journalisten hast, die ein den ORF dran? Warum machen sies nicht. Sie kündigens bisschen angriffig sind und kritisch und da sind wir wieder am immer an und tuns nicht. Man könnte sagen, es gibt eine Punkt, das sind die besten Interview gewesen. Die Abteilung für Intervention, das kann der selbe sein wie die Schlechteste waren, wenn wir jemanden gehabt haben, der Rechtsabteilung. Und immer dann wenn eine Intervention irgendwie duckmäuserisch war, oder sich grad versucht hat ein kommt, wird der Zeitpunkt notiert wer hat angerufen, was hat er paar Frage zu erlauben. wolln. Und dann kann der ORF auch so fair sein und das selbst einordnen. Noch einmal, ich behaupte, es gibt berechtigte S: Ich dachte Sie sagen, ich mag es nicht, wenn ich so Interventionen, weil der ORF ist nicht unfehlbar. Und wenn der angegriffen werde, aber wenn Sie sagen, dass ist einer angerufen hat weil berichtet worden ist die FPÖ tritt für das ein gute Form Präsentation.. ist aber anders, und das stimmt objektiv nicht, na dann muss W: Hat immer genutzt. Leider sind gerade 80% der Interviews ich das ändern. Wenn einer anruft und sagt er kommt in dem zum einschlafen und nur 20% gut, und das zeigen ja auch die Bericht nicht vor, sollte aber, weil alle anderen vorkommen und Quoten. Haider hat in Pressestunden 250 – 300.000 Zuseher das dann nicht der Objektivität entspricht, kann man das auch gehabt. Am Sonntag um 11 ob Regen, Sonne, egal. Heute hast notieren. Und da mach ich daneben eine Liste, das sind jetzt maximal 80.000. Der Strache ist der einzige der immer noch ein die illegalen, da ruft einer an, und sagt, derBeitrag gefällt mir bissl interessant ist, aber der kommt auch nur auf 120.000. Die nicht, da muss die SPÖ noch rein und zwar mit dem Sager. Ecken sind schon weg und es ist schon sehr viel Mainstream. Also ich wär sofort dafür, und ich behaupte hätte es das damals Wenn der Stronach das nächste mal in der ZiB2 ist wette ich, schon gegeben, ich hätte überhaupt kein Problem damit dass er 800.000 Zuschauer hat. Diese Medienspiel kann man gehabt, hätten sie alles veröffentlichen können. nicht lernen...das ist sehr viel Praxis...ich hab ja das auch versucht. Und hab zwei Jahre studiert. Lerning by doing ist in S: man kann sich ja dann immer noch rechtfertigen. dem Geschäft sehr viel. Ich würd sagen es gibt sicher 80% der W: Ja..siehst, wär lustig gewesen, wenn ich das damals Journalisten die sich redlich bemühen und sachgemäß angelegt hätte. berichten – kritische Berichterstattung machen und dann einen Anteil von 10% 15 % die gezielt Berichterstattung machen und S: Passt, Herr Westenthaler ich danke fürs Gespräch. Beiträge politisch einfärben, dort wos nicht gehört. W: Ok, wenn wir fertig sind, bitte sehr.

8.4. Interview mit Andreas Khol K: Also erstens muss ich sagen, in der Ära Schüssel haben wir sehr viele gute Sachen gemacht, aber der ORF war ein Das Interview mit Andreas Khol wurde am 29.05.2013 in schlechte Sache. Der ORF ist eine „REFORM“ die VÖLLIG seinem Büro im Seniorenbund in Wien geführt. Dauer des daneben gegangen ist. Also wenn ich das rückblickend Interwiews betrug circa 40 Minuten beurteile, muss ich sagen, dass alle Absichten die ich zum S: Stefan LangmannK: Prof. Dr. Andreas Khol Beispiel hatte nicht verwirklicht worden sind. Mir ist die BBC als Vorbild vor Augen geschwebt...davon ist nur übrig geblieben, S: Wenn Sie zurückdenken ins Jahr 2000/2001 würden Sie das es eine Stiftung ist. Das der ORF eine Stiftung ist. Alles sagen es ist Ihnen gelungen den ORF zu reformieren? Sie andere, die Entpolitisierung ist nicht geglückt. Und zwar hat waren ja lange in einer Koalition mit der SPÖ – gemeinsam. weder die FPÖ noch irgend eine andere Partei – ich schließe Da ist die Medienpolitik teilweise stagniert, muss man meine eigene Partei nicht aus – eine echte sagen bzw. kann man behaupten. Im Zusammenhang mit Stiftungskonstruktion wirklich vertreten, sondern man hat ganz der FPÖ – die ja oft als Antriebsmotor bezeichnet wurde ist einfach...eben zwischengelagerte Personen sozusagen eben in dann etwas weiter gegangen. Beziehungsweise ist es so, die Gremien geschickt, aber im Hintergrund haben immer die dass die ÖVP war ja doch eher auf deren Position. In Bezug Partein...noch das Sagen gehabt. Ich halte heute noch, so wie auf Privatisierung, Novellierung scheint mir die SPÖ da damals es nicht für eine, mit dem Geist und dem Buchstaben doch etwas gebremst zu haben?! der Europäischen Union vertretbare Lage, dass der ORF so konstruiert ist, wie er konstruiert ist. Das Fernsehprogramm

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Nummer eins, hat von öffentlichem Auftrag nicht die geringste stimmt...wie man so zu sagen pflegt...und die andere Seite Spur. Und auch der wunderbar kommerziell hervorragende Ö3, sagt...na ja das ist die Entpolitisierung gewesen...ich halte hat auch mit dem öffentlichen Auftrag überhaupt nichts zu tun. mich jetzt selbst nicht für... Und ich glaube, dass in absehbarer Zukunft, den nächsten 40 K: Es war keine Entpolitisierung...es war keine Jahren, sicher der ORF auf seine öffentlich-rechtlichen Auftrag, Entpolitisierung... ihn gezwungen werden wird. Sicher auch die Konstruktion jetzt S: Weil ja die Stiftungsräte weiterhin.. ist daneben gegangen. K: hab ich ja gesagt. Ich hab das so konzipiert gehabt als Stiftung mit angesehene Persönlichkeiten des öffentlichen S: Sie meinen, dass Seiten der EU... Leben. Für mich ist vorgeschwebt, das ÖIAG-Modell. Wo man K: Ich meine, dass die Mischform, dass man Werbung und Aufsichtsräte einmal nominiert und die haben eine Gebühren zusammen einnimmt, dass das sich nicht halten Selbsterneuerungsrecht. Und da kommen dann kommen da wird. angesehene, kompetente Persönlichkeiten und die steuern den ORF. Das ist nicht gelungen. S: Sie meinen, dass es wie im Jahr 1993, oder in Bezug auf den Auftrag Entscheidungen von der EU geben wird? S: Wie ein Board of governors von der BBC, wo eben so K: Na der ORF verletzt ja laufend das Gesetz. Die honorige Personen drin sitzen, die, wie soll ich sagen die Produktplatzierung allgegenwärtig, da werden für einen Ruf zu verlieren haben, und die dadurch eine Teilorganisationen einer Partei, über eine ganze Woche 5 gewisse Unabhängigkeit gewährleisten können. Minuten Sendungen über einen Reiseveranstalter gemacht...wo K: Ja natürlich....natürlich. der ORF-Journalist mitfohrt mit einer Parteiorganisation. Das ist ja...Das ist ja Alle Larifari. Und die Rechtschutzbehörden, also S: Ja nun aber rückblickend noch mal, ich hab in der Sache die Klagen sind ja jetzt schon unterwegs und ich glaub auch die auch mit dem Johannes Fischer gesprochen.. österreichischen Rechtschutzbehörden werden da schon sehr K: Mit wem? viel verändern. Aber zurück zum Thema, die FPÖ hatte nur ein S: Mit dem Johannes Fischer, der auch ein Proponent war einziges Interesse im ORF: MACHT. Und der Anfang vom Ende in dieser Sache, der meinte, das es Entpolitisierung ja so der Regierung Schüssel 2006 war, dass man die Lindner nicht nicht geben kann, weil der ORF als öffentlich-rechtlicher ja halten konnte. Und da weiße ein jeder, dass es da ein die Anlaufstelle der... Forderungsprogramm der FPÖ gegeben...oder BZÖ gegeben K: Na gut, der Johannes Fischer war doch DER Exponent der hat, sowohl an die Lindner, wie auch an die Sozialdemokraten, Sozialdemokraten dort. Ein kluger Sozialdemokrat, der die über eine gewisse Anzahl von Sendungen und so weiter. Die Entpolitisierung nie gewollt hat. NIE. Der wollte einen linken Lindner hat gesagt, dass kann sie nicht, das geht nicht mit dem Rundfunk. Gesetz, die SPÖ hats zugesagt und es ist Wrabetz gewählt S: Also das auch die andere Seite... worden. Also zu meinen, das die FPÖ der Antriebsmotor war K: So ist es...und das hat er dann auch gekriegt. um die Unabhängigkeit des ORF zu schützen ist ein Irrglaube, S: Wie schaut das aus mit dem Einfluss, wenn man den die FPÖ wollte Macht. Einfluss auf den ORF hat, weil ich mich immer wieder gefragt hab, weil es passieren so riesige S: Also ich sag das jetzt nur so wie es manchmal Personalrochaden... die da kolportier wurden. Wie wichtig kolportiert wird. Ich habe auch mit Herrn Westenthaler ist der Einfluss einer Partei auf den ORF. Herr Westenthaler gesprochen, weil er für die Zeit relevant ist und.. hat zum Beispiel gemeint, oder war der Meinung: „ der ORF K: Also Westenthaler war eine, Westenthaler war die hat uns 7 bis 10% der Stimmen gekostet bei einer Wahl. Schlüsselperson. Bei der Wahl der Monika Lindner und er war K: Der ORF ist spielentscheidend. die Schlüsselperson bei der Wahl des Herrn Wrabetz. Bei der S: Schon? Wahl der Monika Lindner hat er AUSDRÜCKLICH gegen die K: JA, der ORF ist absolut spielentscheidend. Wie wir die Weisung vom Jörg Haider gehandelt. Der Jörg Haider hatte Lindner und den Mück verloren haben, haben wird die Wahl bereits mit Gerhard Weis ein Paktum, das er, also was in verloren...2006. Das wor ganz klar. Kärnten zu passieren hat...das hat der Weis alles zugesagt... S: Damit Weis bleibt? S: Also das heißt? K: Damit Weis bleibt! Und der Westenthaler hat das nicht K: Na Sie brauchen sich ja nur den ORF jetzt anzuschaun. mitgemacht. Punkt. Und Seitenverkehrt bei der Wahl Wrabetz.. Wobei, das interessante ist, dass ja zwor die Sozialdemokraten hat also Westenthaler entscheidend die Stimmen der BZÖ- dort die bestimmende Kraft sind. Also die Nachrichtenpolitik von nahe stehenden Stiftungsratsmitglieder programmiert, nachdem Grünen gemacht wird. Und also das grün-linke Übergewicht in die Monika Lindner es abgelehnt hat diese der Themenauswahl, in der Expertenauswahl... in der Forderungsprogramm zu erfüllen...des worn zehn Punkte. Jede Gestaltung von Beiträgen...in meinungsbildenden Journalen ist Woche i Report und...so und soviel...also des wor ganz klar, so eklatant, also ich kann das ja wirklich als Beobachter... seh logisch: TOTALER Parteinzugriff. Das hat die Lindern ich a ganz genau. Ich weiß ja ganz genau wo sind Themen die abgelehnt und offensichtlich haben das andere zugesagt und der SPÖ nützen, die den Grünen nützen, wo sind Themen die damit ist das Stimmverhalten determiniert gewesen. Also ich der ÖVP schaden...so werden die Journale gemacht. bilde mir nichts drauf ein, was wir damals beim ORF gemacht haben, da sind wir voll gescheitert. S: Im Zusammenhang, wie es damals gefallen ist, mit der Nicaragua-Fraktion, wos da die Beschwerde gab in S: Ok, ich muss sagen ich hab da eine klare Spaltung Richtung Ö1 Journale.. bemerkt. Wenn man in der Literatur schaut – natürlich K: Das war Panorama.. gibt’s Autoren die eine – ich sag jetzt einmal eine SPÖ- S: Ja ich meinte Journal Panorama... Nähe, eine Linkslastigkeit haben – keine Frage...das ein K: Da hab ich eine Beschwerde gemacht, ja. Falter nicht immer für die FPÖ – Für die ÖVP schreibt ist... S: In diesem Zusammenhang ist das für mich K: (lacht)...noch nie für die ÖVP... nachvollziehbar. K: Naja, die Journal Panorama war ja ganz klar, und wurde mir S:...Ist irgendwo logisch. Aber wenn aus dieser Richtung auch Recht gegeben. Die Journal Panorama warn ja sehr gut, sooo stark Kritik kommt. Und ich sag´ Wenn nur die Hälften ich mein ich bin ein begeisterter Ö1 Hörer...bin ein mündiger

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Mensch und weiß was, weswegen und so weiter, welche S: Wobei man ja zu ihren Gunsten sagen muss, dass es Themen da gewählt werden und Gender und Nachhaltigkeit immer wieder geheißen hat, dass Weis meinte, wenn es was immer...Das ist mir alles kloar..ich horch das gern...und der Probleme gibt, möge man sich an ihn persönlich richten Anlassfall war eben eine unglaublich gehässige und nicht bei den Redakteuren anrufen, weil der Herr Berichterstattung über die CSU. Wo sie die CSU als Westenthaler... kryptofaschistisch dargestellt wurde...und hat dann die absolute K: NEIN Das hab ICH ja nie gemacht, das hab ICH ja nie Mehrheit gemacht und (lacht) da hab ich eben die Beschwerde gemacht! Ich hab nie bei Redakteure Ich hab beim GERHARD gemacht. Aber die Themenwahl der...der Sendungen bei Weis angerufen. Und der hat mir gesagt, schick mir die Liste... Panorama, wenn man sich nur die Themen anschaut, sieht und ich war dumm genug, es war eine Dummheit von mir, weil man ganz kloar, das ist die grün-linke Agenda. ich das altwiener...die altwiener, metternichsche Politikweisheit übersehen habe, dass ein Schrifterl´ ein Gifterl´ ist... und hab S: Hm verstehe...ich dachte immer, das ist eventuell dem ihm das schriftlich gegeben und das ist dann, hat dann Füße österreichischen Politikerbild geschuldet...sie kennen bekommen. Und damit war aber dann, das war letztlich auch vielleicht den Jeremy Paxman, der bei der BBC ist, oder der Grund warum ich dann Weis nicht mehr für geeignet war...der einen Politiker 12 mal hintereinander die selbe gehalten habe. Frage gestellt hat... K: Jajaja. S: Wobei es natürlich auch ein schmaler Grad ist, wenn Sie S: Und der den halt so vorgeführt...weil wenn das der Herr sagen: Mediensprecher/Redakteure, da ist irgendwo doch Wolf in Österreich macht dann hieße es, warum zerfleischt eine gewisse Reibungsfläche im täglichen Brot des der den jetzt... jeweiligen anderen, weil als Mediensprecher muss man K: Du der kann mir 12 mal die sölbe...es gibt die Freiheit des natürlich versuchen seine Partein gut darzustellen...oder Journalisten zu fragen was er will...dafür würde ich meine Hand hat auch das Recht auf Richtigstellung. ins Feuer legen, aber es gibt die Freiheit des Politikers das zu K: Es war bei mir ein Grundsatz, dass ich keinen Journalisten antworten was er will. Und wenn ich 12 mal das gleiche gefragt anrufe, ja?! Ich hab den Verantwortlichen, der hat zu mir gesagt werde, und ich will keine Antwort geben....dann will ich keine hat...du schick ma das. Antwort geben. Das ist sein Grundrecht, und das ist mein Grundrecht. S: Wie würden Sie das dann vom Westenthaler, aus der Sicht beurteilen? S: Verstehe....inwiefern ist es mit dem Herrn Weis vor sich K: Was der Westenthaler g´macht hat ist eine andere, der gegangen, weil es gab ja die Anschuldigung, dass es da so Westenthaler hat viele Dinge sehr geschickt gemacht...und starke Interventionen gab, Westenthaler hat mehrmals viele Dinge sehr ungeschickt. Auch sein Ende zeigt ja, also angerufen, und Sie haben ein Fax geschickt...wobei das hat diese Geschichte, dass er diesen Prozess...und die sich ja dann geklärt...Sie haben ja gesagt der Herr Weis hat Bedrohungen. Er war ein unglaublich talentierter Mensch, hat ihnen das angetragen, das zu machen... tolle Reden gehalten...war bestens vorbereitet hat frei K: Die Ursache das zu machen...ich war derjenige der bei der gesprochen...also ich hab da viel von ihm...an ihm schätzen Wahl des Gerhard Weis zum Generalintendanten im gelernt. Aber er war in seinen Reaktionen gegenüber Parteivorstand war der Vorschlag Radel...Peter Radel und der Journalisten maßlos. Landeshauptmann Pühringer...aber ich war der Wortführer S: Also diese Klagsflut, die da losgetreten worden ist, die habe aufgezeigt als Klubobmann und habe gesagt: aber bitte die FPÖ...natürlich ist schon klar, wenn man auf der der Gerhard Weis ist eine Kandidat, der seine Meriten hat. Also anderen Seiten eine ziemliche Suada empfängt, jedes ich war eine Weis, ich wurde dann als Weisfan gehandelt...und mal...Gegnerschaft von linken...oder kritischen ich hatte regelmäßige Gespräche mit dem Gerhard Weis. Es Journalisten sag ich mal...alles zusammen...durch diese war dann eine Zeit, wo also sich diese, aus meiner Sicht klaren Wahl, FPÖ/ÖVP durch diese Koalition, dann ist schon klar, Gehässigkeiten gegen die Volkspartei gehäuft haben...und ich dass man da ein anderes Empfinden hat. Aber Sie haben ja hab den Gerhard Weis angerufen und gesagt, du Gerhard, ich selber mal gesagt, das man als Klubobmann, als hab 30 Punkte...meine Mitarbeiter haben mir 30 Punkte Klubobmann muss man den Instinkt, dass man angreift, aufgeschrieben: Falschberichterstattung, Einseitigkeit und so wenn man scharf angegangen wird – muss man abbauen. weiter. Hat er gesagt, na das gibt’s nicht, na das darf nicht Und das hat Westenthaler offenbar nicht gekonnt. sein...schick ma des! Schick mir ein Fax mit den 30...Sag ich, K: Jaja man darf ned auf alles reagieren... also ich, ich hab nie nein ein Fax schick ich prinzipiell keines... weil man weiß nicht jemanden geklagt. wer des liest, aber ich schick dir einen Brief. Das war ein Fehler. Ich hab im die 30 Punkte geschickt...es waren 22 S: Werfe ich Ihnen auch nicht vor ist mir nur so nebenbei Punkte die ich ihm geschickt habe...UND das Papier ist dann eingefallen. plötzlich im Format erschienen. Also als Beispiel der K: nein ich hab nie jemanden geklagt. Interventionsliste der ÖVP beim ORF...ich war damals Mediensprecher. Ich hab den Gerhard Weis dann zur Rede S: Wie ist das mit dem Druck, wenn jemand anruft...die gestellt. Und er hat gesagt er hat das Papier nicht weiter ORF Redakteure hatten angeblich Listen gegeben...er hat nur mit den Chefredakteuren geredet. Und er geführt...Westenthaler bestreitet, dass es so eine Liste gab, hatte dieses Papier von mir vor sich liegen und es hat jemand weil er selbst mal mit Oberhauser gesprochen hatte und er gegeben der da verkehrt lesen konnte und diese Punkte sagte nein...also er meinte Oberhauser solle die doch aufgeschrieben hat. ABER von dem Moment an war der...war publizieren...der sagte macht er nicht...oder wartet er zu. das Tischtuch zwischen uns beiden zerschnitten. Ein anderer Journalist hat mir gesagt, unter Anführungszeichen haben wir da eine Liste der „nicht so S: Verstehe, Sie werden in den Medien ja auch als Freund Gescheiten“, weil wenn einer g´schickt ist, macht er’s über vom Gerhard Weis dargestellt. eine Redakteur, macht er’s hinten...nicht so über einen K: Ich wor jo...ich war. Aber DAS war eine fundamentaler Anruf, dass sich jemand wehren kann. Ist das nicht Vertrauensverlust und dann hab ich gesagt, ok wir zwei sind bedenklich? Wie wird dass den von der SPÖ gehandhabt geschiedene Leute. worden sein?

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K: Na ja es gibt ja die berühmtem G´schichten mit dem Klima K: Völlig unterschiedlich. In Vorarlberg, Tirol überhaupt nicht. In Sohn und den 8 Worten die gefehlt haben... Wien, Niederösterreich sehr stark. Das ist völlig unterschiedlich, das kommt völlig auf die Landestradition drauf an. Also diese S: Das Euroteam Länderstudios sind ja sozusagen das Druckmittel jedes K: Jaja das Euroteam, also ich kann dazu wenig Auskunft Generaldirektors gegen die ÖVP. Nur ich glaube, das...es ist geben. Ich habe nie in Redaktionen angerufen, ich habe ausgedrückt. Also ich bin fest davon überzeugt, dass...in the manchmal meinen Pressereferenten beim Teletext anrufen long run, wir mit einem stark auf den öffentlich-rechtlichen lassen, wenn im Teletext Botschaften eklatant falsch waren. Ich Auftrag eingeschränkten ORF leben werden und das es da eine habe WENN ich mich geärgert habe, habe ich mit dem Vielzahl von kommerziellen Sender et cetera gibt, die die Verantwortlichen geredet und nicht mit dem Redakteur. Es Rosenheim Cops genauso bringen können oder die Navy CIS, kann kein Journalist von mir behaupten, oder berichten, dass oder wie immer diese Sendungen heißen und das wir uns ich in der damaligen Zeit direkt angerufen hätte, oder ORF2, ohne Werbung und ORF3 – das ist ohne Werbung plus geschumpfen hätte. Ich hab als Seniorenbundobmann, vor Ö1 und Ö2 halten werden. einmal...mit dem Kappacher im Hörfunk, im Journal angehängt, weil ich...und mich auch beschwert beim Generalintendanten, S: Hm es hat ja Gerd Bacher, dem die Werbung immer weil er die Zahlungen für die Informationsarbeit der wieder ein Dorn im Auge war gemeint, das sind ihm 10- Seniorenverbände durch das Sozialministerium als 50.000 Zuseher bei hochwertigen Programm, ich glaube er Parteisubvention qualifiziert hat und ich hab ihm gesagt, das ist hat gesagt, wenn Leute was „gescheites reden“...das ungeheuerlich, das ist ein Werkvertrag für unsere Zeitschriften gefällt ihm am besten, anstatt ein „Solettiprogramm“ zu über anliegen des Sozialministeriums und das ist keine machen, würde natürlich auch Einsparungen für den ORF Parteinsubvention...und der Kappacher hat das bedeuten dann... zurückgenommen...das ist der einzige Fall... wo ich mit einem K: Es gibt im Ö1...nicht eine einzige Sendung....im ORF1...die Journalisten angehängt hab. ich anschauen würde....komme nie in die Versuchung dort reinzugehn´...NIE. der ORF2 hat viele gute Sachen. Ich bin S: Ich muss sagen ich hab zu Ihrer Person auch nichts auch ein Anhänger des „Musikantenstadls“ und „Mei liabste gefunden. Es ist da nichts publik gemacht worden. Wie Weis“ und wie heißt das vom Forchegger...“ins Land gesagt, das Fax haben Sie ja schon erwähnt, dass das zum einischaun“...das sind alles, da rümpfen manche die Nase...ich Bruch geführt hat. Wie sehn Sie das Verhältnis zwischen halt das alles für legitim, aber ORF1 halte ich für VÖLLIG Journalismus und Politik in Österreich? Würden Sie das daneben. dann auch so klassifizieren, dass wie Sies gesagt haben Journalismus links...Politik ..na ja nicht rechts aber... S: Der ORF hat ja auch den Auftrag zu unterhalten, diese K: Die Journalisten und die Politiker verbindet eine Sparte könnte man ja dann so rechtfertigen. verhängnisvolle Symbiose. Geschickte Politiker halten sich ihre K: Ja der Unterhaltungsauftrag ist immer im Zusammenhang Leibjournalisten wobei das „do ut des“ (Anmerkung: lat.: ich mit allem anderen zu sehn und den öffentlich-rechtlichen gebe damit du gibt’s) völlig klor ist. Du kriegst privilegierte Auftrag erfüllt der ORF überhaupt nicht. Der Erste ANSATZ ist Information, und du berichtest gut über mich. Das geht auf der ORF römisch 3...und natürlich der Kultursender, der Basis der Journalisten, das geht aber auch auf der Basis der Kultursender Ö1 ist natürlich schon ein Weltunikum. Absolut Eigentümer...das geht also du berichtest gut, ich inseriere...also exquisit. das geht alles, ich hallte die ganze Szene in Österreich für S: Dem stimm ich zu. durch die Bank verkommen. Also der Zusammenhang zwischen S: Tja was interessiert mich noch. Unabhängiger öffentlicher Insertion und Meinungsbildung ist in einer Weise Journalismus hatten wir schon, mit der Kleinräumigkeit. dubios wie in keinem anderen Land. Es ist also auch diese Glauben sie, könnten das dann die Privaten übernehmen, Form des Leibhusaren – jeder Offizier in der kaiserlichen im Sinne von – natürlich die können dann die Unterhaltung Armee hatte eine Leibhusaren, der ihn persönlich bediente. So spielen, aber die Politikberichterstattung, da hat ja doch etwas gibt’s auch im Journalismus. Und da weiß man ganz der ORF ein gewisses Monopol drauf...da haben ja dann genau, wer für wen schreibt, und warum er das tut...et cetera. auch Private, so Sie entstanden sind...in Deutschland Und die Gegenleistung ist immer eklatant. Die Gegenleistung haben die ja auch keine bessere ist die subtile Form der Bestechung, das ist also die Politikberichterstattung...oder es kochen jetzt die Politiker Exklusivinformation beziehungsweise, die weniger subtile ist die auf puls4. Das ist ja doch ein gewisses Show... Einladung weiß Gott wo hin. Festival, Schiffsreise...was immer. K: JA, mein Gott, ich würde das nicht gemacht haben, aber Das halte ich für, das gibt eigentlich, mir ist das aus keinem manche tun das eben, weil man muss mit den Wölfen heulen. anderen Land bekannt, weil Österreich so kleinräumige Das halte ich für nicht so bösartig. Das ist privat, wie die Verhältnisse hat. Dann gibt’s also...das Refugium Peccatorum Privaten ihr Geld verdienen ist mir völlig egal. Aber ich halte es, (Anmerkung: lat.: Zufluchtsort der Sünder) ist der ORF, also einen gebührenfinanzierten ORF, und die Gebühren sind jeder Journalist, der in den Zeitungen Schwierigkeiten hat, GEWALTIG, also im Monat 45 Euro ist gewaltig. Die man da versucht in den ORF zu kommen, weil er dort vor zahlt. Da halte ich also den Schund, den man da sieht, das Interventionen dieser Art, von Eigentümern sicher ist. Dort sind können die Kommerziellen billiger und besser. die ungeschickten Politiker, die sich dann beim Journalisten selber aufregen. Die geschickten Politiker machen das, in dem S: Das war ja auch zu ihrer Zeit im ORF, mit diesem „Taxi sie an den öffentlich rechtliche Auftrag erinnern. Meiner Orange“, dieser „Big-Brother“...das haben Sie ja damals Meinung nach sind die Politiker, verhalten sich viel zu sehr wie schon als Schund bezeichnet, wo Sie sagten Sie können das Opferlamm, das zur Schlachtbank geführt wird, ich würde ORF1 nicht mehr schaun...weil Sie sagen die Gebühren. Es viel viel öfter Beschwerden nach dem ORF Gesetzt machen §5, heißt ja immer wieder, unterschiedliche Gebühren in RTR und Medien... und so...ganz klor, ganz klor! Wenn man Österreich. sieht was an Produktwerbungen in den Landesstudios passiert, K: Ja weil der Landeskulturschilling unterschiedlich ist... da würde ich...da würd ich anknüpfen. S: Glauben Sie, dass das ein unterschiede wäre, wenn der S: Stichwort Landesstudios...Landeshauptmannfunk? ORF die gesamt bekommt, die Gebühren? Weil Weis auch

172 Stefan Langmann 0104885 gesagt hat, es geht soviel daneben an den eingehobenen Das die Reformkommission zur Bundesverfassung in der Ära Gebühren. Gusenbauer einen Verfassungsentwurf erarbeitet hat, wo diese K: Das ist alles Larifari! Das Land kann diesen Kulturschilling Staatszielbestimmungen alle drinnen waren und wo genau das einheben wann immer es will. Und ich bin überzeugt, dass eins zu eins drinnen war. Und das da der Großteil der wenn ein Land sagt, ich mach mir den öffentlich-rechtlichen Wissenschafter gesagt hat, das sind wichtige Rundfunk selber, und mach ein Stück Tirol, und habe dafür von Interpretationshilfen für die Bundesverfassung und der jedem Tiroler zwei Euro im Monat ein, oder drei, dass das die Verfassungsgerichtshof hat daran Staatszielbestimmungen, das Leute ohne weiters zahlen würden. Ohne jede Schwierigkeit. ist alles unterschlagen worden, es wurde niemand dazu gehört, der dazu etwas sagen hätte können, und wie sie dann am S: Weil man ja trotzdem gern Nachrichten aus seiner Montag gemerkt haben, das die Krone und das Österreich da unmittelbaren Umgebung sieht. nicht wirklich mitmachen, haben sies dann am Montag fallen K: Ja und weil diese Landestudios haben ja eine hohe, das gelassen. Andere Themen sind die Bienen, also man kann das Regionalprogramm Ö2 ist sehr, also 45% Hörer, das ist also so wunderbar, wenn man da mit aufmerksamen Ohren zuhört, sehr geschätzt...und dafür zahlen die Leute schon. ich frag mich schon immer, wenn ich am Samstag schon das Mittagsjournal höre, was bringen sie jetzt? Das ist der S: Wäre natürlich eine andere Aufgabenverteilung. Wie ORF!...Das ist der ORF Neu – Kampagnenjournalismus. Da müsste da dann öffentlich-rechtlicher Journalismus wird nicht mehr von Politik berichtet, da wird Politik gemacht. aussehen. Anders als jetzt, würde der dann auch einer Und das ist das was ich eben vorwerfe, und deswegen glaube Entpolitisierung bedürfen, zieh ich den Schluss, weil Sie ja ich, wird das keine große Zukunft haben. sagten es ist... K: Also für mich ist das schon ein Fanal, wenn bei S: Wenn Sie sagen von Politik berichten, wäre der Politik Betriebsratswahlen 80% eine Partei wählen, dann... wenn ich am liebsten, man würde Themen, die vorgegeben werden weiß, wie politisch im OROF gehandelt wird, und wie auch die weitertransportieren. Natürlich, man hat ja auch Anliegen. Karrieren politisch bestückt werden, derzeit, dann ist das schon Aber es haben sich die Praktiken in der Politik auch eine gewaltige Sache. geändert. K: Aber Sie müssen vergleichen, das deutsche, die deutsche S: Ja wie Sie eingangs gesagt haben, es geht da scheinbar Berichterstattung, die Schweizer Berichterstattung, die um sehr viel, ich meine ich habe mich bei der Recherche englische Berichterstattung,...es gibt KEIN Fernsehen, dass so immer wieder gewundert, was das für eine Renkespiel ist, personalisiert und Parteipolitik – personalisiert berichtet und natürlich wird manches sicher vom Journalismus Themen Initiativ wahrnimmt wie der ORF. Ich schau mir jeden aufgebauscht...Aber es muss so wichtig sein, ob da jetzt Abend, die ARD1, die Tageschau an nach unserer ZiB2, ich ein „Schüsselfreund“ oder ein Cap das sagt, Westenthaler schau mir an was auf arte, was auf ZDF, was auf den das sagt, wer da jetzt zum Zug kommt. Qualitätssendern gesendet wird...so personalisiert und so klein K: Nein das ist schon klar, das Agenda Setting. Wenn Sie also klein parteipolitische gestrickt, das fang schon damit an, dass jetzt zum Beispiel, es hat ja einen beachtlichen Qualitätsschub bei jedem Minister immer gesagt wird von welcher Partei er ist. gegeben, von der Ära Mück, zu den Nachfolgern. Ab der, ab Also das fallt mir natürlich unglaublich auf, das ist in keinen Mück (Anmerkung: auf dem Interviewmitschnitt ist nur „Ab der anderen Land der Welt. Das ist nuur Österreich. Ab Mück zu hören“ Kohl muss aber allein wegen dem Sachzusammenhang die „Abwahl“ oder „Ablöse“ Mücks S: Das bei den anderen über die Regierung als Ganzes gemeint haben, ansonst geht der Sinnzusammenhang verloren, berichtet wird? meinte er doch eingangs, ohne Mück hätte die ÖVP den ORF K: Ja, Umweltminister Söder sagte, Wolfgang Schäuble verloren. Das heißt die Qualität NACH Mück muss sagte...bei uns hasst des Herr Mitterlehner von der ÖVP, Herr nachgelasssen haben und eine „ÖVP-kritisches“ Klima Klug, von der SPÖ, das wird da so immer, wird immer entstanden sein) ist hat sich der ORF dem dazugesagt. Es wird unglaublich klein klein...und es werden Kampagnenjournalismus verschrieben. Das heißt der ORF auch die auslands, die Auslandsberichterstattung ist ja immer nimmt von sich aus Themen auf, und spielt sie über drei Tage. LÄCHERLICH. Da wird von den Nachrichtenredaktionen im Das geht nach einen sehr schönen Schema, das kann man Fernsehen und im Hörfunk so berichtet, als wenn das sehr schön nachweisen, das beginnt am Samstag, am Samstag österreichische Wahlen wären. Und jeder Wahlsieg der Linken bring die Arbeiterkammer eine Studie, oder Verkehrsclub wird hochgespielt, und jede Niederlage der Konservativen Österreich, oder Global 2000, oder World...also da kommt eine wird...es wird dort berichtet als wenn es jetzt österreichische grüne oder linke Studie, und die wird dann...da gibt der Wahlen wären. Professor X – auch sorgfältig ausgewählt eine Stellungnahme dazu ab. Nachdem Samstag ist erreicht man niemand von der S: Obama als Beispiel? anderen Seiten, dann wird das Samstag Sonntag gespielt. Am K: Ja ja. Sonntag ist es in den Zeitungen. Und wenn die Zeitungen drauf eingehen, wird es am Montag vom ORF weitergespielt. Und S: Hm wie ist das mit dem hinter die Kulissen blicke. Weil diese Kampagnethemen kann man übers ganze Jahr verteilt ein Redakteur gemeint hat es wird immer schwieriger wunderbar ausmachen. Wunderbar ausmachen. hinter die Kulissen der Politik zu blicken, wie sehn Sie das? S: Das ist das wozu Bacher einmal meinte, zum K: Na Gott sei Dank. Na Entschuldige! lächerlichsten und provinziellsten am österreichischen S: Im Sinne völliger Transparenz. Medien zählt die Praxis von einem Thema nicht mehr K: Na Transparenz! Wenn in Österreich zwei herunter zu steigen. Regierungspartner über die Zweckmäßigkeit einer Maßnahme K: Ja das ist der Kampagnenjournalismus. Vor zehn Tagen diskutieren, dann ist das Transparent, wenn man das glaub ich war das Thema, von Grünen angeworfen, Tierschutz nachvollziehen kann. Wird im Österreichischen Rundfunk und und Wasserschutz in der Verfassung ist ein Unsinn. Weil das Fernsehen nur als Streit der Koalitionspartein gesehen. Jede nicht klagbar ist...nix. Dann kam der Professor Maier dazu und Diskussion, jeder Disput. Und davon lebt die Politik – hat eine Gutachten, dazu eine Stellungnahme abgegeben. Und unterschiedlicher Meinung wird sofort als Streit in der Koalition, das ganze wurde Samstag, Sonntag jede Stunde wiederholt. ODER die Opposition ist komplett dagegen gesehen. Das da

173 Stefan Langmann 0104885 eine inhaltlicher Disput stattfindet....Und daher kann ich meinen Grünen ist überhaupt nicht geredet worden...Ja? Ok im Leuten immer nur raten, diskutierts nicht . Wenn ihr öffentlich Parlament kann dann geredet werden. diskutierts und das ist legitim, das man sich unterhaltet, wie schaut des Direktdemokratiepaket aus, wie schaut des aus, S: Stickwort, das ist dann wenn es bei wos moch ma, was ist gscheit, wos ist nicht gescheit, wie tun Parlamentsübertragungen heißt, da ist ja nur gestritten ma´. Wenn das öffentlich macht, wie jetzt, dann ist des Streit, worden, da wird überhaupt nicht gearbeitet. wenn man das hinter den Kulissen macht, ist es nicht K: Ja zum Beispiel. transparent..ist es.. S: Dann ist es Mauschelei... S: Gut, das war für mich sehr informativ, lassen wir das so K: Ist es nicht Mauschelei, aber sie können zumindest nicht stehn. berichten, die Koalition streitet. K: Gut, super. S: Also auf das muss die Politik achten. S: Ich bedanke mich fürs Gespräch. K: Die Politik muss sich klar entscheiden, was will sie für ein Image haben. Wenn sie den Streit in die Öffentlichkeit bringt, dann ist es eine streitende Koalition, wenn sie Lösungen in die Öffentlichkeit bringt, dann wird auch kritisiert...Na...mit uns Tun und Lassen und sie hatten auch selbst eine Entscheidungsbefugnis. Die V-Leute haben das nicht. 8.5. Interview Gerhard Weis S: Na klar, die mussten dann Rückfrage halten. Das Interview mit Generalintendant des ORF i. R. Gerhard GW: Die V-Leute können sich dort aufführen, rüpelhaft wie sie Weis wurde am 17.06.2013 auf Einladung Weis bei ihm wollen, es zieht sie ja niemand zur Verantwortung. Höchstens zuhause, in dessen Büro geführt. Das Interview fand in der Zeit derjenige, der sie entsendet sagt dann einmal: „Najo, oiso loss von circa 9:30 Uhr bis 11:00 Uhr statt. Wie im Methodenteil der ein bissl´ locker.“ Aber entscheiden kann der überhaupt nichts. Arbeit bereits erwähnt, ging dem hier transkribierten Interview Der muss ois nochfrogn´. Und damit ist der Stiftungsrat ja ein kurzes Gespräch zu einer eben im Radio gehörten Sendung eigentlich gelähmt. Des wor mit dem Kuratorium noch besser. zuvor. Aus diesem Grund entfiel eine Einstiegsfrage, wie Sie in Wobei man ja sagen muss, die Frage, wer kontrolliert den den anderen Interviews verwendet wurde. öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist so alt, wie der öffentlich- S: Stefan Langmann GW: Gerhard Weis rechtliche Rundfunk selbst. Die Frage ist in England gut beantwortet worden, weil es dort eine Tradition gibt, die halt GW:...die also hier etwas zu geben hätten, gor nicht mehr in die eine Zurückhaltung der Parteipolitiker in all diesen Belangen Politik gehen. Sondern die bleiben halt in der Privatwirtschaft, vorsieht. Also ein britischer Gentleman tut das nicht, dass er weils einfach nicht notwendig ist. eingreift ins operative Geschäft. Eingreift, mit politischen Argumenten um politische Interessen durchzusetzen. Und S: Man setzt sich auch dem öffentlichen Druck nicht so daher funktionierts dort. Bis auf den Tag. Und die wenigen aus. Male, wo auch dort Schwierigkeiten entstanden sind, wurden ja GW: Sie sehn sich da nicht gefordert, interessant...aber gut ist in der Weise gelöst, dass man halt dann die Leut zum Rückzug nicht unser Thema. gedrängt hat. Was sie auch gemacht haben – das hats bei uns S: Nun ja ich setzte mich schon auch auseinander damit. nie geben. Vielleicht betrifft das jetzt Sie nicht persönlich, als ehemaliger Generaldirektor, aber ich hab auch mit S: Wir haben ja die Rücktrittskultur in diesem Sinne nicht... Journalisten gesprochen. Mit dem Johannes Fischer ein GW: Bei uns wors immer so, dass der ORF den Partein gehört Interview gemacht, mit dem Fritz Wendl ein Interview hat, ja wem sonst. Das haben ja auch manche Politiker mit gemacht. War bei Khol und Westenthaler auch, weil die zu schöner Offenheit gesagt. Wem gehört der ORF? Na den dem Thema passen, die beiden Herren. Und mi Partein, wem sonst? Also das ist einer der Urtragödien rund um interessiertes auch mit dem Journalismus. Weil es hat ja den ORF, aber guat. soweit in Österreich, das Verhältnis Journalismus/Politik, vielleicht gibt’s des jetzt nicht so wie beim S: Da sind wir wieder da, was wir Eingangs gesagt haben, Zeitungsjournalismus, wo diese starke „Verhaberung“ das ist eine Demokratietraditionsfrage aber auch – zum stattfindet. Ich denke man versucht beim ORF – versucht Teil. Wie nehm ich des war? Wie nehm ich meine Aufgaben man das beim ORF zu trennen – ein bissl? war als Politiker. Wie seh ich die Organe und Teile der GW: Ich habs immer versucht, aber mit unterschiedlichem Systeme, die sich da bei mir in der Demokratie – die ich da Erfolg. Es sind auch im ORF genügend Leute dann in die Politik brauch. Ich brauch. Wenn ich jetzt keinen dualen Rundfunk gegangen, weil sie eben diese Nähe hatten. Und es hat von Anfang an hab, dann muss ich... genügend Leute gegeben, dies sich dann willig zur Verfügung GW: Stimmt, aber gut gehen wirs systematisch an – was ist ihr gestellt haben, als V-Leute...der Politiker. Also das ist ja das Thema wozu wollen sie was hören? Wesen der letzten Rundfunkreform gewesen. Do hots g´hassn´ und des, daran kiefle ich bis heute, der ORF ist S: Ich hab grundsätzlich – eben diese schwarz/blaue, diese entparteipolitisiert und gestärkt. Des haben die Herren Molterer, Zeit, weil ich davon ausgegangen bin, wenn sich das Schüssel, Khol getrommelt bis zum Überdruss. Und des ist System, das Demokratiesystem ändert, von einer natürlich nicht wahr, und es war auch NIE so beabsichtigt. Es Konkordanzdemokratie, die wir ja hatten, hin zu einer wor immer des Gegenteil wohr. Und die Entparteipolitisierung, Konfliktdemokratie – das was schwarz/blau gemacht hat, um jetzt einmal bei der zu bleiben, hat in der Form Gesetze durchpeitschen – dieses speed wins, speed kills - stattgefunden, dass man halt Parteifunktionäre aus dem kann man sehen wie man möchte. Das sich auch das Kuratorium herausgenommen hat, und den Stiftungsrat besetzt System im Rundfunk ändert, weil die an anders vorgehen hat mit welcher Wirkung? In den Stiftungsrat sind dann einfach. gekommen die V-Leute, Vertrauensleute der Politiker und damit GW: Absolut, absolut ist die Sache nur no schlimmer worden. Weil die Politiker, dir durt gsessn san, worn schon auch selbst verantwortlich für ihr S: vom Sachverständnis auch

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GW: Absolut, ja leider. Na gut wovon soll ich jetzt reden, ich alles dazu beitragen. Und das ist dreimal so gegangen. Also möchte nicht mit allem zitiert sein – ich hab mit dem schon das war wirklich abenteuerlich. Und mein Freund hat g´sagt, du geistig abgeschlossen und ich will mich damit auch nicht mehr ich kann dir nicht helfen. Ich kann ned mehr machen als ihm auseinandersetzen, weil es ist ärgerlich genug gewesen. sagen, dass du eh ka Feind von ihm bist. Hab ich gesagt das stimmt, ich bin kein Feind. Ich bin auch kein Zulieferer. Ich kann S: Sie können mir auch dazu sagen, wenn Sie Sachen nicht ihm jetzt nichts versprechen, was zu versprechen ich kein verwendet haben wollen. Recht habe. Ich kann ihn nicht andienen eine gute, ihm GW: Nein ich sags ihnen schon, ich sags ihnen schon. Schaun gefällige Berichterstattung. Sie, der springende Punkt ist, und ich glaube so kann man beginnen, dass noch alle Regierungen geglaubt haben, sich S: Na aber es ist ja schon allein vom Journalismus her, brauchen den ORF um die nächsten Wahlen zu gewinnen. dieses Selbstverständnis, hochhalten diese Werte. ALLE – durch die Bank. Und daher haben Sie alles getan, um GW: Ja aber das ist jetzt schon wieder Österreich. Meine den ORF unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie habens mit den Freunde, und glauben sie mir, dass waren sehr hochrangige unterschiedlichsten Methoden versucht. Aber stets mit dem aus Wirtschaft und Politik haben gesagt, jo mein Gott du bist, gleichen Misserfolg. Es hat nämlich nie funktioniert. Des hot schau des is hoit so, du muast es jo ned mochen. Geh hin und schon bei Kreisky so ang´fangen, der hat auch geglaubt, wenn sog eams. Da hab ich gesagt so, und das ist jetzt MEIN er den ORF total nach seinen Vorstellungen formt und besetzt – Verständnis von Ehre, dass ich das nicht tue. Dann haben sie personell besetzt, dann hat er das ewige Leben in der Politik. gesagt: „ Na dann werdn wir dir ned helfen können.“ Sag ich: „ Ein Musterbeispiel dafür ist der Klima, wos hot der ned ois Na dann ist es halt so.“ In der Tat hat er bis zum Schluss ja g´mocht. Und hat die Wahlen verloren. Und beim Schüssel ist keinen Gegenkandidaten gehabt. Und die Frau Dr. Monika es ja nicht anders. Der Schüssel ist angetreten und das ist Lindern, dies dann geworden ist, mit der ich Jahrzehnte lang verbürgt, das weiß ich aus vielen Gesprächen. Er ist angetreten enge zusammengearbeitet hab und die eigentlich alles was sie mit der Absicht, den ORF so personell zu gestalten, dass ihm worden ist im ORF, bis dahin wurde, mir zu verdanken hatte, zugearbeitet wird und das ihm nicht in den Rücken gefallen AUCH den Landesintendanten in Niederösterreich, weil der wird. Das war seine Überzeugung. Er hot g´sogt, ich brauch gar Pröll wollte sie nicht. nicht antreten, wenn mich die im ORF fertig machen. Daher wird ich dort dafür sorgen, dass Leute an der Spitze sitzen, S: Ich dachte, dass sie Pröll-gemacht wäre, wie man so Leute an den Entscheidungsstellen sitzen, die mit der Politik, sagt. die ich verfolge konkordant sind, wo ich keine Schwierigkeiten GW: Nein, der Pröll wollte sie nicht, der Pröll wolle damals zu erwarten habe. Genau des ist ja passiert. Denn das System schon den Chefredakteur des Landesstudios und ich hab ihm Mück, ich weiß ned ob sie den Mück gekannt haben. dann g´sagt, schau des is eine Frau und eigentlich ist die, eh ist die überhaupt nicht politisch gegen dich, die macht ihr Geschäft S: Ja ich hab darüber gelesen – so lange ist es ja noch anständig und ordentlich und die ist es dann geworden. Jetzt nicht her. muss ich wieder zurückblenden. Der Zeiler ist ja vorzeitig GW: So lange ist es ja nicht her, genau. Das System Mück...ja gegangen und ich wurde sein Nachfolger und kein Mensch hat wozu hats geführt? Das die Zeit im Bild plötzlich Zuschauer geglaubt, das ich diese Wahl gewinnen werde. Den alle waren verloren hat, weil die ganze Spannung da draußen war. Weil ja auf den Dr. Radel fixiert. Den damaligen kaufmännischen dort nur mehr noch eine Linie abgebildet wurde, nämlich die Direktor. Schüssel-Linie. Und in der weiteren Konsequenz hats dazu geführt, dass der Schüssel auch die Wahl mit Bomben und S: Der wurde ja als Schüssel Intimus bezeichnet, oder als Granaten verloren hat. Obwohl er alles getan hat, um den ORF von Schüssel bevorzugte Person kolportiert. auf seine Seite zu bringen. Und da komm jetzt auch ich ins GW: Richtig, richtig. Aber zur allgemeinen Verpflichtung hab Spiel, weil ja, es hat ja zunächst einmal gor ned so dannach dann bei der Abstimmung ich die Mehrheit gehabt, das war ausgschaut, dass er mi durt weg haum wü´. Ganz im Gegenteil auch dank einiger Dissidenten, ÖVP Dissidenten, die nicht dass – er wollte einfach von mir hören. Das auch ich der Meinung gemacht haben, was der Schüssel wollte, nämlich den Radel bin, das er mindestens zwei Perioden im Amt bleiben soll, und wählen, sondern die mich gewählt haben. Und auf einmal war das ich dazu beitragen werd. Und ich habe genug Freunde, ich Generalintendant. Weil das so überraschend kam, und auch in der Spitzenpolitik, die mir das immer wieder gesagt niemand damit gerechnet hat, musste ich aber vorher auch haben. Die gesagt haben, du der hot eh kann. Geh hin zu ihm keine Wahlkapitulationen eingehen. Die hot noch jeder mochen und sog ihm, dass du auch der Meinung bist er soll jetzt zwei müassn. Jeder der General werden wollte, hat vorher in Perioden lang regieren. Des will er hören. Und ich hab drauf Intimgesprächen mit den Fraktionsführern der politischen g´sagt, nein das darf ich nicht, da würde ich das Gesetz Partein zu reden gehabt, die gesagt haben was sie wollen und brechen und es ist auch gegen meine Überzeugung. Man därf wos sie ned wollen und wer was werden muss, und wer weg des ned, sich der Politik in dieser Weise ausliefern – als g´hört. Des war aber bei mir ned, weil kanner glaubt hot, dass Handlanger. Jo hams gesagt, du musst es ja eh ned machen, ich do überhaupt je zum Zug kommen werden. Auf einmal war aber sag es ihm wenigstens. Und ich hab gesagt, na das geht ich Generalintendant und hatte keine Wahlkapitulationen schon gor ned. Tatsache ist, ich war drei mal beim Schüssel gemacht. In der weiteren Folge habe ich dann ein Team eingeladen zu Gesprächen. Des wor jedes Mal sehr angenehm. präsentiert, dass ich wirklich mir als Wunschteam ausgesucht Da samma gsessn in der Hofburg, also am Ballhausplatz in habe, do stehts es da das Wunschteam –(Anmerkung: deutet seinem Arbeitszimmer, also hinter ihm dieses riesengroße auf eine Karikatur in seinem Büro von Gustav Peichl „Weis und Gemälde – Max Weiler und haben über alles mögliche geredet. sein Wunschteam“). Ich hatte sechs Landesintendanten neu zu Und nach einer Stund bin ich wieder gegangen. Und dann hat bestellen und kein Landeshauptmann hat jenen er angerufen, jenen Freund, dessen Namen ich jetzt nicht Landesintendanten bekommen, den er sich gewünscht hat, nennen will und hat gesagt, du er wor jetzt do, aber er hat ja aber jeder hat einen gekriegt, der ihm zumutbar war. Also in der schon wieder nichts gesagt. Steiermark zum Beispiel war der Kurt Bergmann damals S: Hätte er sich erwartet, dass Sie ihm da aus freien Intendant. Und natürlich hat die Frau Klasnic am liebsten den Stücken...Rosen bringen!? Kurt Bergmann verlängern wollen. Ich hab gesagt, nein das tu GW: Ja, dass ich ihm sag, du ich bin der Meinung, du solltest ich nicht. Der Bergmann kriegt eine neue Aufgabe, der hat dann jetzt mindestens zwei Perioden lang regieren und ich werde kriegt dieses Social...ehm also diesen ganzen Sozialbereich.

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Und in der Steiermark wurde dann der Landesintendant der Person in Ihrem Unternehmen da drüber redend und die ..sehn Sie so schnell vergisst man olles. kolportieren das weiter – in irgendeiner Folge. Dann ist der auf einmal beleidigt...“das Tischtuch war zerschnitten und S: Lässt sich recherchieren ist kein Thema (Anmerkung: auf wir waren geschiedene Leute“. Da hab ich mir dann schon Kurt Bergmann folgte Edgar Sterbenz als Landesintendant im gedacht, pfff also das is mir... ORF-Steiermark) GW: Ja da ist was dran. So ist es ungefähr gewesen, nur mit GW: Ja sicher. Der ihr aber zumutbar war. Und sie hat das einem Unterschied, er hat mir nie solche Briefe geschickt, mit dann auch gefressen und sie haben sich weiterhin gut Beschwerden, sondern er hat mir Listen geschickt. Der muss verständigt. Genauso wors in Kärnten... genauso wors in eh.... weg, der muss weg, der muss weg, und der soll wos werden. also in all den Ländern wo ein Wechsel notwendig war. In Tirol zum Beispiel. Ja, also ich hatte die Gelegenheit dort wirklich S: Daher also diese Aufregung. Ich dachte es mir schon, mein Team durchzusetzen. Und das war eine Ergebnis der wenn das jetzt nur ein Brief ist mit die ÖVP ist nicht dort Tatsache, dass mit mir ja keiner gerechnet hat, und ich daher ja und dort angetreten, sonder das sehen wir anders, ist ja keine Wahlkapitulation eingehen musste. So ist es zu diesem das keine Beschwerde in dem Sinn. Team gekommen. Mit dem hat man sich aber nur GW: Da gings nie um Sachfragen, weil Sachfragen ist ja klar, widerstrebend abgefunden. dass man sich damit auseinandersetzt. Es ging nie um Sachfragen, es ging immer um Personenfragen. Wenn Sie das S: Man kanns ned kontrollieren, logisch. Da kommt einer, ein bissl recherchiert haben, dann wird Ihnen sicher auch der macht unter Anführungsstrichen was er will. untergekommen sein, die Episode, wo der damalige GW. Es begann dann eine Phase die so ärgerlich ist, dass ich Zentralbetriebsratsobmann Fiedler. sie eigentlich am liabsten vergessen möchte. Nämlich eine Phase in der der Herr Khol mit Listen gegeben hat von S: Ja sagt mir was. Menschen, die entfernt werden müssen aus der Information GW: Ein besonders intensiver Parteigänger der ÖVP ein Fax und solche die er dort gerne hätte. Und ich hab im immer geschickt hat an den Khol, des aber dann (lacht) als Irrläufer gesagt, na, des glaub ich ned, dass des geht, außerdem werd bei ganz anderen Leuten gelandet ist, wo er gesagt hat: „ ich mir des anschaun, aber der hat ja nix angestellt, der macht Lieber Freund hilf“. ja seine Arbeit ganz gut. Ja also aber das wünsch ich mir von dir. S: Ja „kümmer dich bitte um die Sache“ hab ich gelesen. GW: Ja der wü ned den und den tauschen, der wü ned denn S: War das, das Thema Leopoldseder, Zechner? und den zu wos mochen. Und der Zentralbetriebsrat, das war ja GW: Nein, nein, nein, das waren Redakteure, Ressortleiter, auch in meinen Augen so eine Absurdität. Der ja eigentlich Chefredakteure. dazu da ist, die von ihm vertretenen zu fördern. Der hat ja in S: Ja versteh schon. Die Info austauschen, Innenpolitik und so Wirklichkeit ganz genau unterschieden zwischen „Bürgern“ wie GW.: Ja, des wars.... ärgerlich war, dass er nachher gesagt hat, er sie genannt hat, des worn die Bürgerlichen und des andere Weis hat mir das zugesagt. Und es ist nicht passiert. Er hat waren die „Linkswichser“. Und die mussten ausgerottet werden mich angelogen, weil er gesagt hat, dass wird jetzt geschehn. und die „Bürger“ sollten befördert werden. So hat er sie Ich hob des nie g´sogt, weil mir das auch ganz und gar gegen genannt, also des wor allein schon von der Terminologie her, jo den Strich gegangen wär, wenn da auf politischen Befehl hin, schon ziemlich beschissen. Und er hat auch mit mir da dauernd Leute abzusageln und durch andere zu ersetzten. Aber da hat drüber verhandelt, wer was werden soll und wer nicht. Und wer man halt erlebt und gesehn, wie Politiker halt so agieren, weg gehört. Und ich hab das nie gemacht. Ich wollte natürlich wenn’s um ihre persönlichen Interessen und ihre persönlichen auch nicht den offenen Konflikt und hob des daher nie in die Vorteile geht. Das war sehr ärgerlich. Öffentlichkeit tragen, aber ich habs halt nie gemacht.

S: Also ich muss sagen, wenn ich Sie an dieser Stelle kurz S: Bringt ja auch nur begrenzt was. unterbrechen darf, ich mein es steht mir nicht zu das zu GW: Tja, und daraufhin hat er dann ein Fax geschickt, dass bewerten, aber mir kommt das über weite Strecken, eben auch an die Öffentlichkeit gelangt ist, „Lieber Andreas hilf“. Da weil ich mit dem Prof. Khol gesprochen habe, vielleicht stehn auch Namen drin, von Leuten die entfernt werden jetzt nicht mir diesen Redakteuren, aber da gab es ja den müssten, und solchen die befördert werden sollten. Diese Fax Fall, der etwas breit getreten wurde mit diesem Fax, wo...er können unschwer recherchieren. hat in seiner Kanzlei Fakten gesammelt oder Fakten sammeln lassen, wo Falschberichterstattung, wo er S: Das erklärt natürlich auch, trägt zum Verständnis verschiedene Richtigstellungen eingeben wollte, und weil insofern bei, weil ich dachte ja es muss etwas anderes er nicht wie Westenthaler einfach bei den Redakteuren drinnen stehen, wenn sich jemand so darüber echauffiert, anrufen wollte hat er gesagt, und weil er Kontakt zu Ihnen wenn das an die Öffentlichkeit geht. Weil wenn ich hatte, war das so eine Basis wo, wie soll ich sagen, Sie berechtigte Beschwerden hab, und jemand druckt das im gesagt haben, na wenn’s etwas gibt, komm doch bitte Format ab, dann mag das vielleicht ned der ideale Weg direkt zu mir, wir können das besprechen. Und er sagt, sein, und ich mag mich auch darüber ärgern, aber es is nein er schickt kein Fax, das ist ihm zu technisch und er jetzt ned so, dass ich sag, das ist das Ende einer mag das ned...und er schickt Ihnen diesen Brief, diese Freundschaft mit einer Person. Wissen Sie was ich mein? Liste mit Begehrlichkeiten oder so wies dargestellt wird GW: Nein das wars nie. Es ging nie um Sachfragen, es ging sinds ja dann nur Falschberichterstattungen gewesen und immer nur um Personenfragen. Weil nämlich auch die Politiker Sie müssen dass natürlich dann mit Redakteuren der Meinung sind, dass die Personen über das Wohl und Weh besprechen. Ist logisch, weil wenn Sies allein für sich entscheiden und die gestalten dann die Sachen. Es ging immer behalten ändert sich ja gor nix. Und jemand schreibt das um V-Leute. V-Leute heißt, zu dem hab ich vertrauen, der dann verkehrt am Tisch sitzend mit und dann kommt das g´hört zu mir, der is angfüttert, frisst mir aus der Hand et cetera. dann ins Format. Das ist dann schon etwas, wenn Sie das Und ich hab ja damals immer große Vorträge gehalten, auch Offert machen: „Sag mir was, wenn’s was zu ändern gibt, vor Journalisten, wo ich gesagt hab, das Unglück des objektiv, oder wenn was falsch ist könnma dann drüber Journalisten beginnt damit, dass sie von den Rängen in die reden.“ Sobald Sie aber mit einer zweiten und einer dritten Arena steigen. Also, Journalisten haben ihren Platz auf den

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Zuschauerrängen und von dort aus sollen sie berichten, sollen haben wir noch geredet miteinander. „Er ist SOO begabt, der ist beobachten und sollen also ihre Meinungen dann artikulieren. ja sooo begabt, und er ist noch soo jung und er muss noch Aber in dem Augenblick, wo sie in die Arena steigen zu den lernen, jetzt schießt er halt ein bisschen noch, da und dort Handelnden und sich mit ihnen Einlassen, is vorbei. übers Ziel, aber das ist doch nicht so schlimm“. Also...Widerlich!

S: Man begibt sich sprichwörtlich aufs selbe Niveau. S: Aha, nein weil dieses Thema mit den Listen, er hat ja GW: Na sicher, man wird Teil dieser Agitation. Und der Herr Stein auf Bein bestritten, dass es so was jemals gegeben Molterer hat sich da auch hervorgetan, der hat dann immer haben könnte, Weil er war beim Oberhauser und hatte das gesagt, wieso ich brave bürgerliche Journalisten, die befreundet lang mit dem Besprochen. „Bitte zeig mir doch diese seien, mit ÖVP-Menschen, davon abhalte diese Freundschaft Liste“... auch zu leben. Darauf hab ich gesagt, du ihr könnts mit dem GW: Wer? auf der privaten Ebene machen wos woits. Aber auf der S: Westenthaler, Westenthaler hat das gemeint. Er hatte beruflichen nicht. Oft genug ist es halt sehr schwer, die private auf jeden Fall einen eigenen Zugang zu dem Thema. von der beruflichen zu trennen. Daher muss ich schaun, dass GW: Geh bitte fragens den Oberhauser selber, den gibt’s ja an den Schlüsselpositionen im ORF nicht zu viele Personen noch und es gibt genug Leute, die das bestätigen können. sitzen, die ein solchen Intimverhältnis haben. S: Na es hat auch Wendl gesagt. S: Das färbt auf die Sendungen ab. GW: Leopoldseder, alle haben das doch gewusst. Er hat doch GW: Na gut, aber das hat man mir sehr zum Vorwurf gemacht. alle gelöchert. Westenthaler war sich ja nicht zu blöd, hier bei Beweist, also in deren Augen, beweist es, dass ich halt auch mir privat anzurufen, nach einer Zeit im Bild wenn im irgendwas kein Gesinnungsfreund bin, sondern eher ein Feind bin. nicht taugt hot. Manchmal noch während der Zeit im Bild, wenn ihm irgendwas nicht getaugt hat. Also er hat sich wirklich wie S: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, ganz schwarz/weiß. ein Berserker aufgeführt. Das hat er ja manchmal in der GW: Das ist genau der Punkt. Politiker können nicht Sendung selber gemacht. unterscheiden zwischen einer sachbezogenen Beziehung und einer Freundschaft und einer Feindschaft. Für sie gibt’s S: Wo er in „Betrifft“ angerufen hat, am Sonntag. entweder den Freund, oder den Feind. Wer nicht mit mir ist, der GW: Wissen Sie, das war schon alles sehr sehr seltsam. Dass ist gegen uns. Das hats sehr schwer gemacht. Sehr sehr das der Schüssel, alles so akzeptiert und toleriert hat, das war schwer gemacht. für mich auch eine Seltsamkeit. „Der Schweigekanzler“. Der hat des ois über sich ergehen lassen. Sich zum Herrn Haider S: Ist logisch, wenn man sich andauernd mit solchen gesetzt in seinen Porsche. Hat mit sonnigem Gesicht, sich Begehrlichkeiten abschlagen muss. Apropos dieser herumkutschieren lassen. Aber er hat in keiner Weise da Begehrlichkeiten, weil Sie gesagt haben V-Leute. Würde irgendwo maßregelnd eingegriffen. Er hat das alles ned nur dass, das Vorgehen - es fällt ja wirklich stark auf, vom akzeptiert, sondern befördert (klopft auf den Tisch) und des wor Herrn Westenthaler erklären, oder von der FPÖ, dass des Schlimme. einfach dies V-Leute gefehlt haben? Wissen Sie, wenn jemand gute Kontakte hat, dann muss er doch nicht so an S: Ist dann noch an die Öffentlichkeit gegangen als das mit die Öffentlichkeit treten, dann muss er das nicht so den Redakteuren war, mit den Inforedakteuren, wo die „hopertatschert“(Anmerkung: ungeschickt) machen, dass gesagt haben, der Druck ist so groß. Er hat gesagt, wo wär er da anruft und es alle mitkriegen. Sondern der sagts den da der Druck anders (Anmerkung profil: vlg. fid/APA einem Redakteur den er kennt . das is ja um keinen Deut „Antreten beim ORF-General“ Der Standard 20001012, 23.) besser – aber es läuft stiller ab für die Öffentlichkeit. – Das ist jetzt in meinen Worten. „Wo gebe es denn da GW: Ja es läuft nicht so öffentlich ab, das stimmt. Sie haben mehr Druck, das ist eine Einbildung“ völlig recht, die Blauen hatten das nicht. Sie hatten einige ganz GW: Jaja. Das war eine wilde und schlimme Zeit. wenige Leute. S: Also ein Machtmensch? Ich würds so charakterisieren. S: Wehrschütz und Sedledec? Der um den Willen, an der Spitze zu bleiben, da sag ich GW: Seledec (Anmerkung: Weis verbesserte meinen jetzt mal, wie man so schön sagt „über Leichen geht“. Versprecher), und den Wehrschütz, den der Bacher ja GW: Ja! Das hat er von haus aus so gemacht. Wissen Sie, was reinreklamiert hat, in die Information, damit die Blauen auch mich so empört ist, dass das in der Öffentlichkeit nicht zu einem vertreten sind. Nur der Wehrschütz hat diese Erwartungen gar Aufschrei geführt hat. Im Jahr 99´ haben SPÖ, ÖVP, FPÖ – nicht so sehr erfüllt, weil er sich für die Außenpolitik interessiert diese drei, beschlossen, die Refundierung der Gebühren. Ich hat und der is innenpolitisch gar nicht so aktiv geworden. hab damals verhandelt und hab ins Treffen geführt, das Beispiel der Post, bei ders ja genauso passiert ist. Die Post hat S: Ich glaub der war ja im Ausland, in ehm... ja auch Entgänge, dadurch, das hoit die Mindestrentner und GW: Na in Serbien und Russland. Wohingegen der Seledec oide Leit, von der Gebühr befreit sind. sehr wohl auch innenpolitisch wirksam wurde. Ah ned sehr, weil S: Die Sozialtarife und so weiter. er Dokumentarrist war und weil dann stattgefunden hat (lacht) GW: Ja genau. Bei der Post gabs noch das zusätzliche eine Ausgrenzung, also die Kollegen, seine Kollegen in der Argument, dass sie Telefonzellen auch dort aufstellen müssen, Information haben ihn eher so behandelt als ob er einen „haut wo sie weit...wo sie überhaupt nicht das Geld verdienen gout“ hätte. können, aber es sollte auch dort die Möglichkeit bestehen zu kommunizieren. S: Also das ist dann eine Person auch nur...die das gewichtet.. S: A la Versorgungsauftrag des ORF GW: Nein er hat das nicht bringen können. Es gibt schon...der GW: A la Versorgungsauftrag, ganz genau. So und mit diesen Westenthaler hat sich ja aufgeführt wie ein Berserker, wie ein Argumenten bin ich auch gut durchgekommen. Daher ist das Rumpelstilzchen. Da hob ich dem Khol übrigens auch gesagt, beschlossen worden. Ein Dreiparteinbeschluss. Und ein Jahr warum er den Westenthaler so freie Hand lässt, bei diesen später, nach der Bildung der schwarz/blauen Regierung wurde ganz und gar unglaublichen Attacken, die er geritten hat – da dieser Beschluss rückgängig gemacht und zwar ohne

177 Stefan Langmann 0104885 irgendeinen Ankündigung, ohne irgend eine Begründung. Er stehn geblieben, zur Salzsäule erstarrt. „Bitte sagen Sie das nie wurde einfach rückgängig gemacht. Da hab ich mir schon wieder, ich will von dieser Phase nichts hören!“ Dann hab ich gedacht, was soll des. Ham die alle einen Klopfer? Und es hat einmal den Csoklich noch gepflanzt. Der hat auch gesagt: „Nein in der Öffentlichkeit keinerlei Aufschrei gegeben, warum? Weil da sind wir hinübergezogen worden über den Tisch, da hat man die Zeitungen des dem ORF ja gegönnt haben. Die Zeitungen uns hineingelegt und so...und es wor schon zu spät. Wir haben wollten ja immer schon, dass der ORF in seiner einfach für den Schüssel abgegeben eine Art Schutzmauer, Einkommenssituation etwas reduziert wird. SO aber hinter der er alles anstellen konnte.“ Es ist ja dann genug GLEICHZEITIG haben dann Schüssel, Molterer und Khol passiert. Wissen Sie, wie ich gegangen bin. Ich musste ja ein erklärt, der ORF ist finanziell gestärkt! Und das ist SOWAS von Jahr vor meiner Zeit gehen. Bin ausbezahlt worden, was viel widersinnig, so was von verrückt. Man nimmt ihm....Das ist ja Geld gekostet hat...des wor erna wurscht. Die Lindner ist acht der Neusprech bei Orwell. Stärke ist Schwäche und Schwäche Tage vor der Wahl noch angetreten. Ich wollte nämlich ist Stärke und wenn ich dem ORF das Geld wegnimm.... überhaupt ned nocheinmal gewählt werden, es hat sich aber keiner gefunden. Ich hab damals alle gefragt, ob nicht sie das S: Dann hab ich ihm was Gutes getan. machen wollen. Ich hab auch die Lindner gfrogt. NEIN, nein, GW: Dann wird er stärker. nein! Ihre Antwort war, dass Sie einen Freundeskreis zur S: Ein „heilender Aderlass sozusagen. Wiederwahl, zu meiner Wiederwahl gegründet hot, und GW: Und genau das Selbe mit der Entparteipolitisierung. Denn präsentiert hot. Na so hots daun ausgschaut! Freunde der geschehen ist ja genau das Gegenteil. SO so ist es Wiederwahl hat des g´heißn. Und dann war die Abgabe der passiert...... Es hat sich niemand dagegen gewehrt Bewerbung und nachdem keiner sich beworben hatte, hab ich eigentlich. Das hat man alles so auf sich kommen lassen, weil mich beworben. Und dann, plötzlich acht Tage vor der Wahl offenbar das ganze Land in dieser schwarz/blauen Koalition in kommt sie und sagt, Sie hat sich auch beworben. Sag ich: „Was Schockstarre geraten ist. Den vergessen Sie nicht, der hat deinen Sinneswandel bewirkt, des hättest ja glei haben Schüssel hat ja gesagt, wenn er, bei der Wahl... können. Ich hab dich ja gefragt ob dus machen willst?“ „Ja jetzt S: Wenn er Dritter wird, dann geht er in Opposition. mach ich’s halt.“ Wahr ist, das sie von dem Herrn Fiedler, dem GW: Dann geht er in Opposition. Statt in Opposition ist er Erster Schüssel präsentiert wurde, als mögliche Gegenkandidatin und geworden. Und hat nachher g´sagt: „No des is halt so!“ der in seiner Not, weil er niemanden g´habt hat, hat dann sie genommen. Ich habe das Unternehmen übergeben, mit damals S: Gut das wird ja auch so interpretiert, dass weil man da 3 Milliarden Schilling in der Kriegskassa. Also wir habe damals von der SPÖ gleichsam die völlige Hingabe, oder Aufgabe gut gewirtschaftet und wir haben, obwohl man uns die gefordert hat. So sagen Politwissenschaftler, da gibt’s die Gebührenabgeltung nicht gegeben hat, trotzdem ein positives Meinung das es Scheinverhandlungen mit der SPÖ waren. Ergebnis g´hobt und nicht nur des, wir haben Reserven gehabt. Wo man auf eine Kapitulation hingearbeitet hat. Die 3 Milliarden Schilling...des wor schon was. Die waren in einem mussten alle unterschreiben und der Gewerkschafter der Jahr weg. Die Frau Lindner hat, wenn Sie sich zurückerinnern SPÖ hat nicht unterschrieben oder wollte nicht. 1400 freie Mitarbeiter angestellt. EIN VÖLLIGER IRRSINN, weil GW: Na natürlich wars so, das ist der formale Vorgang. überall auf der Welt hat man damals ausgelagert, nur sie hat Inhaltliche war so, dass er die ganze Macht haben wollte. Und die angestellt, alle. Die Ausrede wor, das des freie Mitarbeiter des hot er g´mocht. So und jetzt spielt dann noch eine Rolle der sind, die eine Recht auf Anstellung einklagen können. Des Herr Bacher, der besonders unglücklich agiert hat. Wenn ich stimmt! Es hat das gegeben. Aber das waren insgesamt 35 nachdenke, was den Bacher so bewogen hat, ich hab ja mit ihm Leut. Und ich hab noch in meiner Zeit, mit dem Betriebsrat viele Jahrzehnte eng zusammengearbeitet und eigentlich ist ausgehandelt, dass wir die 35 anstellen und dann is a Ruah. das ganz gut gelaufen. Ich war freilich nie einer seiner V- Sie hat aber 1400 angestellt. Männer, sonder ich hab immer meinen Job gemacht. Ich hab ihm zweimal gesagt, du ich krieg meine Geld nicht von dir, S: Nach dem Gießkannenprinzip also. sondern vom ORF. Daher muss ich für den ORF arbeiten. Ok, GW: Und das hat natürlich zu einem schrecklichen Desaster der Bacher wollte unbedingt den Radel durchsetzen, war bitter geführt...und zum totalen Ruin. Tja, dazu kommt noch, dass die enttäuscht, dass ich es geworden bin und dann hat er, den Werbung eingebrochen ist weil auch die Programme nicht mehr sogenannten Weisenrat erfunden. diese Reichweiten ham...der ORF ist ja damals in der Reichweite enorm zurückgegangen. Ich hab immer gehabt um S: Ok das ist von Bacher ausgegangen, ich hab das so als, die 48% Reichweite und hab g´sagt, bitte bis 45% haben wir von der Regierung eingesetzt.. keine Sorgen. Unter 45% wird’s dann schwierig mit der GW: Nein, den hat der Bacher erfunden. Und zwar hat der Werbung, weil die Werbung braucht ja Reichweite. Wir haben Bacher dem Schüssel eingeredet, am Arlberg in dieser immer 48% herum gehabt, 47-48. Plötzlich warens an die 30 Skihütte, die der ORF dort gemeinsam mit der nur mehr. „Kronenzeitung“geführt hat. Da mussten wir alle hinaus, weil er dort den Schüssel empfangen hat. Aber es war klar, kurze Zeit S: War da auch die Vorlage Zeilers vielleicht? später war klar, was dort passiert ist. Da hat er dem Schüssel GW: Nein nein. Zeiler hat im Gegenteil eine Reichweitenpolitik den Weisenrat eingeredet. Dieser Weisenrat hat sich ja sehr gemacht, und zwor übertrieben. sehr bald, sehr distanziert von allem. Das wissen Sie? S: Das mein ich ja. Das die Latte hier hoch, provokant hoch gelegt worden ist, der hatte ja 50, 51% zum Teil. S: Ja das weiß ich, es hat Bacher dann 2005 einmal in GW: Stimmt, stimmt. Und ich hab dann gesagt, na des geht so einem Interview gesagt, dass ihm das so nicht geglückt ist. ah ned, das war ja fast ein bissl ein Zerwürfnis mit dem Zeiler, GW: Ja aber vorher noch der Herr Csoklich. weil ich ihm gesagt hab: „Schau öffentlich-rechtlich bedeutet, dass man eine Minimum an anspruchsvollen Programmen S: Genau, Csoklich, Keller und... haben muss. Und die brauchma.“ Ich hab damals GW: Csoklich, Keller, und Payrleitner. Die haben sich alle wiedereingeführt Opernübertragungen und distanziert. Ich kann mich noch gut erinnern (lacht), da bin ich Theaterübertragungen. Weil die war ja schon alle abgeschafft. gsessn mit meiner Frau im Konzerthaus und wir haben uns die Hab gesagt, ok wir nehmen in Kauf, dass wir an diesem Tag Resonanzen gegeben, kommt der Keller mit seiner Trautl halt geringer Reichweiten haben, aber insgesamt werden wir Brandstaller und ich sag noch: „Oh ein Weiser.“ Und der ist

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über 45% bleiben und das ist geschehen. 51 haben wir nimmer wos...in der Hinsicht. Immer hatten wir eine Mischung aus g´hobt. Aber 48 haben wir g´hobt. Und des reicht ah. massentauglich und elitär.

S: Er hat ja, teilweise Blockbuster in RTL/Pro Sieben S: Das heißt, das ist auch stark aufgebauscht. Dann sind Sat1..ich weiß ned 100% genau zur gleichen Zeit im ORF wahrscheinlich viele Sachen, die da medial kolportiert gespielt, als die im Deutschen Pendant gelaufen sind, nur wurden nicht so ernst zu nehmen. eben ohne Werbeunterbrechung, was eine ziemliche GW: Eh ned. Kampfansage ist an einen privaten Sender, noch dazu am deutschen Markt. Man kauft ja diese Sendungen etwas S: Einfach um die Fahne hochzuhalten und zu zeigen, hier günstiger für Österreich. ist jemand, der sich interessiert für Club2 Diskussionen GW: Ja, nur diese Situation war schon in den 90´er Jahren open end und so weiter. Aber defacto ist das ja nicht mehr gegeben und hat dann dazu geführt, dass die ORF Programme, durchführbar, wenn ich Massenpublikum... Also schon die bis dahin im deutschen Kabelnetz verbreitet worden, durchführbar, aber man muss halt dann genau plötzlich nicht mehr verbreitet werden durften. Weil sich eben programmieren. Insofern ist auch ihre Position die deutschen Privaten aufgeregt haben und gesagt haben, wir verständlich und das Sie sich auf den Schlips getreten zahlen die volle Länge und die Österreicher spielen das vor fühlen wenn jemand kommt und das Geld streicht und uns, unser Publikum sieht des und schaut dann nimmer bei uns dann noch öffentlich sagt: „Der Weis kann sich seine 600 zu. Und uns entgehen Werbeeinnahmen. Entweder die Millionen in die Haar schmieren.“ Wie dieser O-Ton Österreicher hören mit dieser Praxis auf, oder aber wir tragen Mitschnitt...von Khol und Westenthaler. dafür Sorge, dass sie diese Filme nicht mehr bekommen. Das GW: Naja das war eine Mords-Sauerei. Auf der einen Seite wäre ja ganz leicht zu machen gewesen, weil der ORF ja bei haben sie immer, immer gefordert, dass wir hochelitäres den großen Filmhändlern einen Bruchteil an Rechten bezahlt Programm haben, auf der anderen Seite haben Sie die hat, was die Deutschen bezahlt haben. Das sind die Finanzierung einfach verweigert. Das ist aber politisch, das ist sogenannten Rossi Punkte um die es da gegangen ist. Wenn Politikerart. Man forderte etwas in den Tag hinein, ohne sich zu Sie wollen eine erpresserischer Situation, aber ich habs gar ned kümmern, wies auch zu erfüllen ist. so empfunden. Sondern ich hab schon empfunden, dass das recht und billig ist, was die wollen. So haben wir darauf S: Das heißt es müsste auch eine anderes Verständnis für verzichtet, dass die österreichischen Programme weiter über Medienpolitik Einzug halten, damit sich das auf lange Kabel verteilt werden. Seither werden die österreichischen Sicht. Ich weiß es wurde zum Beispiel das RSO Programme nur im terrestrischen Empfang, bis etwas südlich mitfinanziert, die Filmproduktion mitfinanziert. Das ist ja von München empfangen. Als Ausweg hat man dann das ORF jetzt nicht die genuine Aufgabe des ORF. Gut wenn das International g´mocht. Aber in dem san wieder nur RSO gespielt wird, gut wenn Filme gespielt werden, aber es österreichische Eigenproduktionen drin und wieder nicht die geht auch viel Geld verloren, wenn man sich solche Blockbuster, die den Deutschen Konkurrenz machen. Nischen hält. Das wär doch aus der Kultur zu finanzieren. GW: Ja, grundsätzlich ja aber, das ORF-Symphonieorchester S: Das hat dann wieder nicht diese Reichweiten und hat eine lange Tradition und eine lange Geschichte. Die Seherzahlen. Radiosymphonieorchester sind alle gegründet worden in einer GW: Nein nein, gar nicht. Zeit, wo es keine Schallplatten gegeben hat, wo man im Radio S: Gut wie solls, das ist österreichische Identität und so. Live-musik gespielt hat. In der Weiteren Folge dann, haben GW: Wenns mich fragen wär des gar nicht notwendig gewesen, diese Radio-Symphonieorchester auch eine eigene denn wir sind mit dem 3sat auch international präsent. Marktnische für sich entdeckt. Beim ORF Orchester wars die moderner Musik, die ja kein Mensch spielt. Und da hat der ORF S: Apropos Präsents, wie sehen Sie das grundsätzlich mit gesagt, ok und wir machen das jetzt. Und die Produktionen die diesem Auftrag? Wir habe ja über diesen Weisenrat da entstanden sind, die sind ja durchaus beachtlich. Von gesprochen. Bacher hat ja oft gesagt, ihm ist es lieber, Bentaretsky über Schönberg, Lutosławski...es waren wenn gescheite Leute etwas gescheites reden und er hat überwiegend moderne. Die Modernen, und das ist schon eine nur etwas 50.000 Zuseher, als wenn ein „Solettiprogramm Aufgabe, Sie haben recht, es ist eine kulturpolitische Aufgabe in abgezogen wird. Wo ist der Grad, den man entlang aller erster Linie. Aber eine die eben nur der ORF geleistet hat wandern muss? und kein anderer gemacht hat. GW: Gute Frage. Hörn Sie, ich glaube, solang man dieses duale System hat, das wir haben, dass wir uns also sowohl S: Na man hätte es ihm abnehmen können. über Werbung, als auch über Gebühren finanzieren. Wobei jetzt GW: Oder man hätte ihm helfen können bei der Finanzierung. der Gebührenanteil bei den Einnahmen ja relativ hoch ist. Na das hat ja die längste Zeit ja auch funktioniert mit der Müssen wir wissen dass nicht alle für etwas zahlen, was nur die Finanzierung. Schaun Sie, der ORF ist als eine für dieses wenigsten sehen. Das heißt, wir müssen auch massentaugliche kleine Land viel zu großes Unternehmen gegründet worden, Programme anbieten, und können nicht also uns reduzieren auf das ist Faktum. Weil 2 Vollfernsehprogramme und 13 die hypergescheiten aber reichweitenschwachen Sendungen. Radioprogramme, und neun Landesstudios, das hat ja kaner. Es muss ein Mischung geben zwischen Anspruch und Wenn Sie nehmen Bayern, erheblich größer als Österreich hat Massentauglichkeit. Ah, und insoweit ist der Bacher manchmal ein Fernsehprogramm. Am ersten Fernsehprogramm haben Sie auch in seinem Überschwang über das Ziel geschossen – einen Anteil von 20%. Und dann habens vier oder fünf verbal. Radioprogramme, aus! WDR! 19 Millionen Einwohner, ganz genau das selbe. Enorm viel Gelder lukriert aus den Gebühren, S: Er muss ja gewusst haben worum es geht, er war ja weil halt Deutschland zehnmal so groß ist wie Österreich. lange in seinem Amt. Es kann ja nicht so sein, dass der Daher steht auch dort viel mehr Geld zur Verfügung. Österreich Mensch keine Ahnung hat. ist also eine kleiner Markt und hat einen riesengroßen GW: Ja, aber das waren verbale Erklärungen von ihm, die aber Rundfunk. Aber, so war doch damals die Devise, wir sind eine nie so ernst gemeint waren. Denen nie die Tagen gefolgt sind, Kulturnation. Die Schweizer habe ihre Uhrenproduktion, die damit hat er halt den „Gescheiten beruhigen wollen. Er hat sich Norweger die Fischerei und wir haben die Kultur. Und um die ja auch als elitärer Mensch g´sehn...des wors. G´schehn is nie

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Kultur zu verbreiten braucht man halt entsprechende Medien, den ORF. Des wor die Idee. S: Es rinnt ois raus. GW: Und der Rest geht durt hin. Na das ist eine großartige S: Ja aber vordergründig, dahinter geht’s doch um die Leistung der Politik. So deppat muss man erst amal sein. Landesstudios, glaubt man. Das ist eine Entwicklung, die zweite Entwicklung ist, dass die GW: Nein, nein, das war die Idee lassens mich weiterreden. Zeitungen die ganze Zeit g´sagt haben, WIR sind der Und um das jetzt alles zu finanzieren hat man die duale privatwirtschaftliche Sektor, und der ORF ist ein staatliches Finanzierung eingeführt, dass heißt die Hälfte der notwendigen Organ mit der Befugnis Steuern einzuheben und der immer die Mittel kam aus der Werbung, des hot man damals g´sogt, Das Fernsehgebühren und Radiogebühren als Steuern bezeichnet. hat die Politik bis in die 80´er Jahre immer wieder wiederholt: Und dadurch unterscheiden wir uns und darauf sind wir stolz „Holts auch euer Geld am Markt, und die andere Hälfte kriegts auf den Unterschied, etc. Und wos passiert jetzt? Ah, vor drei ihr über Gebühren. Das ging so lange gut, als wir mehr oder Monaten hat der neue Präsident der Zeitungsherausgeber weniger alleine am Markt waren. Sobald die Privaten gsogt, sie brauchen jetzt dringend vom Staat Unterstützung, aufgetreten sind und gesagt haben, bitte wir sind ja auf den und wünschen sich 50 Millionen Euro pro Jahr Markt angewiesen, und da kommt der ORF, macht uns Zeitungsförderung. Wos is des jetzt? Konkurrenz, beschneidet uns unserer . Einkommensmöglichkeiten, sobald das passierte, kamen wir in S: Jetzt geht’s auf einmal nicht mehr die Schwierigkeiten. GW: Das ist ein Paradigmenwechsel! Bis jetzt waren sie immer Landeshauptmannfunk, mein Gott die Uridee war, Österreich ist stolz darauf, dass sie der privatwirtschaftlich organisierte Sektor ein Bundesstaat, der Föderalismus wird groß geschrieben, also sind, und wir sind, der ORF sind die staatlich subventionierten. es soll jedes Land auch die Change haben seinen Föderalismus auszuleben, seine Eigenart auszuleben. Und das S: Gut, Presseförderung in Österreich ist ja auch wieder macht ja tatsächlich Sinn, weil Österreich kulturell überaus ein eigenes Thema, das ist ja auch... reichhaltig aufgesplitet ist. Nehme sie her Salzburg oder Tirol. GW: Die Presseförderung die will ich da gar ned in Rechnung Also in Osttirol gibt’s Täler, wo man in nebeneinanderliegenden stellen. Weil Die Presseförderung ist, wenn mans genau nimmt Tälern Sprachen spricht, die der Andere nicht versteht. Und immer schon eine ziemlich koruptive Angelegenheit. Des wor jo jetzt nehmens erst recht einmal her, einen Vorarlberger und a ned füh. eine Burgenländer. Nehmen sie einen Tiroler und einen Wiener – funktioniert schon ned. Wir sind kulturell überaus reich S: Na gings da ned in erster Linie darum, die ausgestatte und reich diversifiziert und dem sollte der ORF Parteizeitungen am Leben zu erhalten? Rechnung tragen in dem er Heimatgefühl vermittelt, GW: Es ging darum, die Parteizeitungen am Leben zu erhalten, Heimatgefühl pflegt und diesen Föderalismus weitertreibt. Dem und wie dann nix gnutzt hat und die Parteizeitungen trotzdem entspricht ja auch das Europa der Vaterländer, das der Charles eingegangen san, dann ham halt jene Zeitungen, bei denen de Gaulle immer in den Vordergrund gestellt hat. Und auch man sich Liebkind machen wollte, die man auf seine Seite heute sagt die EU, wir wollen ein Europa der Regionen und wir bringen wollte, also das war die Presse, des war die Kronen wollen nicht eine Einheitseuropa, einen Einheitsstaat. Sondern Zeitung, dies am wenigsten braucht. wir wolle eine Europa der Vaterländer. S: Eben, weil des ist ja vom Markt ja... GW: Kleine Zeitung und so weiter, die haben halt dann Göd S: Es ist ja auch leichter sich mit etwas kleinräumigeren zu gkriagt. Aber in Summe vernachlässigbar. Jetzt auf anmal identifizieren, als zu sagen, ich bin Europäer. geht’s, jetzt geht’s in Göd. Jetzt geht’s um 50 Millionen im Jahr. GW: Ja, und wenn man jetzt eine Europa der Vaterländer hat, dann kanns ruhig auch eine Österreich der Bundesländer S: Wenn wir beim Geld sind, mit den Gebühren, die werden geben, die Entsprechung. Das des teuer wird, wissma, aber es ja auch föderal eingehoben, ist es relevant, was die Länder war ja finanzierbar. Es ist nur in dem Augenblick nicht mehr so selber dann auch abschöpfen, würd das, weil ich ja oft mal leicht finanzierbar geworden, wie dann die Zeitungen gesagt gehört hab, dem ORF würd es ja besser gehen, oder es haben, eigentlich ist das unser Geld, das wollen wir haben. Und wäre für den ORF positiver wenn man das erhalten würde die Privaten in Österreich aufgetreten sind und gesagt haben. was einem zusteht. Da wurde mir von einem Politiker Wir wollen auch an diesem Markt mitnaschen. Dazu gibt’s aber gesagt, na das ist Larifari, das ist egal. Ich denk, dass da jetzt zwei Entwicklungen, die auch bemerkenswert sind. Länderbudgets saniert werden, damit. Entwicklung Nummer eins: in der schwarz/blauen Regierung GW: Nein das macht sehr viel aus, das macht sogar sehr viel wurden ja die Werbemöglichkeiten des ORF mit dem damals aus. Schaun Sie, der ORF bekommt, vom dem was ein beschlossenem Reformgesetz dramatisch reduziert. Und der Gebührenzahler zahlt, ich weiß ned wieviels jetzt genau san, Slogan hat geheißen: „Die Privaten brauchen Luft zum Atmen!“, etwas über 60 Euro. Dann kriegt a bissl was der Bund und dann der wird Ihnen immer wieder unterkommen. Wos is passiert? die Länder. Mit ihren Zuschlägen und Aufschlägen. Das führt ja 300 Millionen Euro – muss ma sich auf der Zunge zergehen auch dazu, dass die in den Bundesländern unterschiedlich lossen – 300 Millionen Euro, fließen seither in die Kassen der in hohe Gebühren haben. In einigen Bundesländern wird das Österreich tätigen deutschen Privatsender, die für Österreich GESAMT Kulturbudget des Landes aus diesen Zuschlägen zur aber überhaupt nix leisten, sondern die haben in der Werbung ORF Gebühr finanziert. Österreich-Fenster, Pro7, Sat1, etc. und da verdienen sie dieses Geld. Das sind 300 Millionen Euro, die Österreich S: Dann geht’s um Millionen, weil Kultur in der Regel sehr entgehen. Ein bisschen Nutznießer daran sind jene Zeitungen, viel kostet. die hier als Gebietsvertreter dieser deutschen Sender tätig sind, GW: Da geht’s um sehr viel Geld. Da geht’s um 9-10 Millionen wie zum Beispiel der Kurier. pro Land, bei den größeren Ländern. Würde dieses Geld dem ORF zur Verfügung stehen, na selbstverständlich wär er dann S: Gibt’s ja Zeitungen die deutschen Anteil haben auch scho´ wieder ausm Wossa. GW: Aber das ist so wenig S: Dann könnte man sagen, dafür lässt man an einer S: Natürlich anderen Seite etwas nach, weil’s ja ohnehin noch GW: Von den 300 Millionen Euro bleiben kane 20 in Österreich Gebühren...vielleicht mit Werbung oder so.

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GW: Ja, aber das findet nicht statt. Und es ist aussichtslos, weil Meinung, egal ob das jetzt Linkswichser, oder Khol hats die Länder im Rahmen des Finanzausgleichs, dann an den die Nicaragua-Fraktion genannt. Ich denke dass da Bund herantreten und: „Uns entgehen Gelder, und die musst du kritische Berichterstattung als solche nicht erkannt wird. uns jetzt ersetzen.“ Der Bund sagt: „ Des könnma ned, weil das GW: Nein, sie wird nicht gewünscht. Sie wird nicht gewünscht, Geld hamma ned, also los ma olles wies is.“ Das ist ein Spiel, sondern bekämpft. Ich kann mich gut erinnern, eine der ersten das jetzt seit 30 Jahren so gespielt wird. Aktionen im Stiftungsrat war, das man dort verlangt hat, dass Journal in Ö1 mehr Themen bring aus der neoliberalen Szene, S: Das wird fortgeschrieben. Kann das dem ORF gefährlich und das wir überhaupt Menschen zu Wort kommen lassen, die werden, a la longue? Wie sehn Sie das zukunftstechnisch. den Neoliberalismus verkörpern. Ich hab damals ganz Kann man so was lang finanzieren neun Stationen, also unschuldig gefragt : „Na wer ist des?“ Weil es gab sie ja wirklich diese Landesstudios, sagen wir die Situation jetzt. nicht, weil neoliberal war so eine grause Vorstellung in den GW: Hmm, na ja können tät ma schon. Ob der Wille dazu da Köpfen mancher, aber das hot sich jo ned materialisiert. Jetzt ist, das ist die Frage. In dem Augenblick, wo die Partein das wissma wos es ist. Und es ist der glänzend....in die Hosn Gefühl bekommen, dass ihnen der ORF nicht mehr so wichtig gangen. Aber das hat man damals ganz kräftig von uns ist, in dem Augenblick wird’s gefährlich. Solang die Partein verlangt, das wir den Neoliberalismus fördern sollen. glauben, das ihr Wohl und Weh davon abhängt, das Sie über den ORF sich auch mitteilen können, so lang wird das S: Ja da wird Journalismus nur zum Mikrophonständer und funktionieren. Schaun sie wie funktioniert des. Ein Politiker ist ja Hofschranzen. in aller Regel kein guter Fernsehkonsument. Zur Zeit im Bild ist GW: Ja absolut. So und wenn sie sagen, dass der Khol beklagt, er jo bei irgendeiner Versammlung, in irgendan Wirtshaus, in das es mit ihnen bergab gegangen ist, seit sie den Mück nicht irgendeiner Sitzung. Er selbst sieht ja das nicht, oder kaum je. mehr hatten, dann ist das die beste Bestätigung für das was ich Aber am nächsten Tag komm dann die Milchfrau, oder der ihnen die ganze Zeit zu sagen versuche. Zeitungsverkäufer und sagt: „Jö Herr Doktor, ich hob ihna gestern g´sehn.“ Dann sagt der: „Aha ich bin präsent und ich S: Ja. Ich sehs als Aufgabe, das haben auch die ORF-Leute bin da.“ So funktioniert des. gesagt, es ist die Aufgabe des Journalismus kritisch hinter die Kulissen zu blicken. Und da find ich eben Dinge, die S: Das heißt solang die aus dem Fernsehkastl rausschaun´ sprichwörtlich besser hinter den Kulissen bleiben, die reicht das? manche nicht so angenehm sind. Und wenn’s Menschen GW: Jo, wos do genau passiert....So jetzt gibt’s natürlich in irgendwo auf der Welt jetzt schlechter geht, dann seh ich allen Partein schon professionelle Beobachter, die am nächsten das jetzt, als in einer westlichen Demokratie lebend, als Tag den Politiker informieren in welchem Zusammenhang, in nicht negativ, wenn darüber berichtet wird. Das hat nichts welchem Kontext er gebracht wurde, ob irgendwas kritisches mit einem Wahlverlust zu tun oder nicht. Ich hab da sicher dabei war, und so weiter. Das hat er alles selber ned g´sehn. linke Positionen, aber ich denke, dass müsste man als Das wird ihm alles nur zugetragen. Solang er aber das Gefühl Politiker aushalten können. hat, des ist wichtig für mich, diese Präsenz brauch ich, weil GW: Das sind gor ned linke Positionen, das ist eigentlich sonst bin ich weg vom Fenster, solange wird’s auch den ORF in selbstverständlich in der Demokratie. Wissen Sie, ich hab den einer.... in dieser oder einer anderen Form geben. Journalisten im ORF und ned nur amal, das ist auch nachzulesen. Was guter Journalismus sein soll. Guter S: Weil er das Medium ist, das Politik transportieren kann, Journalismus ist kritischer Journalismus. Kritisch aber im weil das mach ja kein Privater. Wortsinn. In Österreich umgangssprachlichen wird kritisch GW: Ja, eben. Nicht nur das, sondern wer hält den dieses Land immer übersetzt mit dagegen sein. Kritisch sein heißt scheiden noch zsam? Vom Neusiedlersee bis zum Bodensee. Na das ist können, unterscheiden können. Unterscheiden können die Bundesbahn, des wor bisher das Bundesheer...na ja is ah zwischen Lüge und Wahrheit, wichtig und unwichtig. Das san schon nimmer mehr...und das ist der ORF. Weil um 19:30 sitz schon einmal die entscheidenden Kriterien. Und das muss man halt doch die Nation vor dem Bildschirm und erfährt was sich so als Journalist anstreben. Wichtig und Unwichtig ist die Frage tuat in Österreich. Es ist heute schon deutlich weniger, als es nach der Relevanz einer Meldung. Es wird einem ja dauernd vor Jahren war. Zeit im Bild hat auch mehr Zuschauer gehabt. versucht einem etwas als wichtig einzureden, was in Aber sie ist noch immer die Hauptkommunikationsschiene...und Wirklichkeit völlig unerheblich ist. Und das man hinten und dort liegt die Bedeutung für den ORF. So und ob man des so vorne, jetzt sag ich mal angeschwindelt wird, des is ah ned neu. finanzieren kann wies jetzt ist, ob das finanzierbar ist, das ist Weil jeder versucht seine Position im bestmöglichen Licht schwer zu sagen. darzustellen.

S: Naja ist auch für den Schwerpunkt meiner Arbeit jetzt S: Nur hat es sich gewandelt über die letzten Jahrzehnte. nicht so relevant. Ich mein Kreisky hat das sicher auch eine bissl praktiziert, GW: Das hängt von vielen Faktoren ab. aber jetzt, ich mein sie haben ja auch die Beratertätigkeit angesprochen, es wird jede Pressekonferenz zu einem S: Sie haben das ja schon erwähnt, von den Event stilisiert, wo da jetzt die reine Wahrheit auf Anforderungen, die man an den ORF stellt, dass geht ja Österreich losgelassen wird. dann auseinander. Ich hatte mit beiden Politikern, GW: Naja des liegt auch im Zug der Zeit. Der Lobbyismus. Den Westenthaler, als auch Khol waren da ganz konkret der hats ja vor 20 Jahren in der Form nicht gegeben. Was ist eine Ansicht, der ORF wäre spielentscheidend in der Lobbyist? Das ist einer der hauptberuflich die Position eines österreichischen Politik. Westenthaler sprach von 7-10% Auftraggebers zu vertreten hat und durchsetzen die ihm der ORF gekostet hatte. Khol war der Ansicht: soll...hauptberuflich. Diese Lobbyisten, davon gibt es in Brüssel „Nachdem wir Mück verloren haben, gings mit uns angeblich 20.000 und in Washington gibt es noch mehr, da gibt bergab...mich hat es gewundert, dass er das so sagt. es angeblich 100.000. Die nehmen Einfluss auf Politiker, die in GW: Das ist ja die Bestätigung für das was ich Ihnen sage. der Gesetzgebung halt diesen Auftraggebern entsprechen solln. Und jetzt sag ich ihnen ein typisches Beispiel für S: Ja. Aber wissen sie, also mir gehts so, mich hats Lobbyismus. Des wor die Gesetzesgeschichte mit dem gewundert,– zum Beispiel beim Radio, dass ist jetzt meine Biotreibstoff. Das war Lobbyismus. Man ist dann bald

181 Stefan Langmann 0104885 draufgekommen, dass der Biotreibstoff mehr Energie verbraucht, als er einsparen hilft. Das stimmt, aber es hat S: Viel Arbeit viel Zeit. Sag ich einmal. trotzdem eine Bewegung gegeben, das waren die GW: Sie habens deshalb nicht mehr, weil ja auch die Bauernvertreter in der ÖVP, die der ganzen Welt erklärt haben, Zeitungsredaktionen ausgedünnt worden sind. Ich meine Kurier dass Biotreibstoff die Lösung ist, Quatsch. Ein Beispiel für hat einmal 30 Mitarbeiter allein in der Innenpolitik gehabt. Wenn Lobbyismus, meine ich. Und diese Lobbyisten hat es vor 20 ich recht informiert bin, dann sans jetzt noch sechse. Die Jahren nicht gegeben in dem Ausmaß. Das heißt, der können ja selber gar nicht mehr Geschichten nachgehen und Journalistenberuf ist heute wichtiger den je und die recherchieren, sondern die müssen des ja das nehmen, was journalistische Verantwortung ist auch größer den je. Der er man ihnen auftischt. muss jetzt genau unterscheiden können zwischen Lüge und Wahrheit und zwischen wichtig und unwichtig. Und er muss S: Eben und wenn das jemand geschickt macht. alles hinterfragen. Redns mit dem Hugo Portisch. Sein Credo GW: Und daher behaupte ich ja, es sind heute in den heißt: Check, Recheck, Doublecheck. Also wen du als Pressestellen schon mehr Leute beschäftigt, als in den Journalist hinter einer Story her bist, dann musst du sie Zeitungsredaktionen. überprüfen . Aber bei dieser einen Prüfung darfst du es nicht belassen. Dann musst dus noch einmal überprüfen. Und bei S: Also ich würde sagen, das war sehr umfangreich, Herr dieser Prüfung brauchst du eine zweite Quelle, die dir das Weis ich bedanke mich für das Gespräch. bestätigt, das ist der Doublecheck. Und erst dann kannst du GW: Bitteschön. sagen, so jetzt glaube ich zu wissen wie es ist, so ist es und nicht anders.

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8.6. Zusammenfassung der Arbeit In der Arbeit: ORF versus Österreichische Politik Medienpolitik und medienpolitisches Verständnis an der Schwelle von Konkordanz zur Konfliktdemokratie. Von der „Wenderegierung“ zum ORF Gesetz 2001 wird auf das Verhältnis, zwischen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt in Österreich (ORF) und der Parteipolitik eingegangen. Dabei werden theoretische Ansätzen von Medienpolitik – im Besonderen Medienpolitik in Kleinstaaten, sowie Ansätze der politischen Kommunikation berücksichtig. Ein historischer Aufriss, vom Einzug der elektronischen Medien in Österreich, bis zum ORF im Jahr 2001 Legt entscheidende Punkte über die Entwicklungen österreichischer Medienpolitik dar. Das Verhältnis zwischen dem Rundfunk in Österreich und der österreichischen Politik wird nachgezeichnet. Dabei werden auch besondere Charakteristika der Politik in Österreich behandelt. Hier findet sich der permanente Versuch, Einfluss auf Entscheidungen im ORF zu nehmen. Entscheidende Umbrüche in der Beziehung der beiden gesellschaftlichen Akteure werden aufgezeigt, sowie auf theoretische Grundlagen der politischen Kommunikationskultur hingewiesen. Weiters wird das Verhältnis zwischen Journalismus und Politik betrachten und anhand von Konfliktlinien verglichen. Jene Zugänge aus der Theorie werden, soweit möglich, mit Ereignissen aus dem Beobachtungszeitraum der Arbeit verglichen und angereichert. Was das Verhältnis zwischen ORF und der Politik in Österreich betrifft wird dieser Zeitraum vom Regierungsantritt der ÖVP/FPÖ Koalition im Jahr 2000, bis zur Schaffung des ORFG-2001 und dessen in Kraft treten untersucht. In diesem Zeitraum ereigneten sich eine Vielzahl zum Teil „sehr bemerkenswerte“ Ein- und Angriffe auf/in den ORF, welche die Handschrift der schwarz/blauen Regierung in ihrem „akzentuiert anderen“ Verständnis von Medien und Medienpolitik reflektierten. Neben der obligaten Literaturrecherche wurden Interviews mit Politikern wie Ing. Peter Westenthaler und Prof. Andreas Khol geführt. Die beiden waren entscheidend an der Kommunikation der schwarz/blauen Medienpolitik beteiligt. Als Repräsentanten des ORF wurden Gespräche mit dem ehemaligen Chefredakteur der ORF-Info Johannes Fischer, sowie mit Redakteursvertreter Fritz Wendl geführt. Weitere Entscheidende Informationen entstanden aus einem Interview mit dem Generalintendant des ORF i.R. Gerhard Weis. Medienpolitische Aspekte außerhalb dieses Zeitfensters finden ebenso Eingang in die Arbeit, da österreichische Medienpolitik nicht ohne Blick in ihre Genese betrachtet werden kann. Schwerpunk ist das Nahverhältnisses zwischen politischen Partein/Regierungen und den Führungsstrukturen des ORF. Interventionen und Versuche der Vereinnahmung durch Parteien oder Parteifunktionäre in jenem Zeitraum werden anhand von ausgewählten Beispielen erläutert und deren Auswirkungen auf die Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich untersucht. Dabei sollen Grundzüge des „Medienmissverständnisses“ der österreichischen Politik aufgezeigt und deren negativer Einfluss auf kritische Berichterstattung in Österreich nachgewiesen werden. Stets standen Macht und personalpolitische Aspekte vor dem Ansinnen, Medienpolitik/Rundfunkpolitik zu gestalten, die einem freien und demokratischen politischen System, wie wir es in Österreich vorfinden, entsprachen.

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8.7. Lebenslauf Name Stefan Langmann

Geboren am 21. Jänner 1981, in Wien

Staatsbürgerschaft Österreich

Schulbildung Abgeschlossenes Bakkalaureatsstudium „Publizistik und Kommunikationswissenschaften/Politikwissenschaft“ an der Universität Wien 2001-2009 Studium Publizistik und Kommunikationswissenschaft/Politikwissenschaft 1995-2000 Erzbischöfliches Aufbaugymnasium Hollabrunn 1987-1995 Volks- u. Hauptschule Haugsdorf

Berufliche Tätigkeiten 03/2012 bis 03/2013 Leitung Kundendienst „Gastrosystems“ Redl GmbH 2020 Hollabrunn 12/2010 bis 04/2012 Freier Mitarbeiter in der NÖN-Redaktion Hollabrunn 08/2010 bis 02/2012 Reklamationsbearbeitung für Mobilfunkbetreiber, Firma Walter Services GmbH, 2020 Hollabrunn 2010 Praktikum im Archiv des ORF, 1130 Wien 2001-2009 Diverse Nebenjobs als Kraftfahrer und im Botendienst

Sprachenkenntnisse Englisch in Wort und Schrift

Sonstiges Jänner - September 2001 Präsenzdienst in Langenlebarn Erste Hilfe Kurs Führerschein FZ-Klasse B Grundkenntnisse Adobe Photoshop

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