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Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Band 69

Gemeinwohl durch Wettbewerb?

Anne Peters, Thomas Giegerich Wettbewerb von Rechtsordnungen

Armin Hatje, Markus Kotzur Demokratie als Wettbewerbsordnung

Michael Potacs, Jens Kersten Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe

Max-Emanuel Geis, Christian Bumke Universitäten im Wettbewerb

Berichte und Diskussionen auf der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer in Graz vom 7. bis 10. Oktober 2009

De Gruyter 2

Redaktion: Prof. Dr. Christoph Engel (Bonn)

ISBN 978-3-89949-757-1

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2010 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York

Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen

Ü Gedruckt auf säurefreiem Papier

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www.degruyter.com 3

Inhalt

Jahrestagung 2009 ...... 5

Gemeinwohl durch Wettbewerb?

Erster Beratungsgegenstand Wettbewerb von Rechtsordnungen

1. Bericht von Professorin Dr. Anne Peters ...... 7 Leitsätze der Berichterstatterin ...... 54 2. Bericht von Professor Dr. Thomas Giegerich ...... 57 Leitsätze des Berichterstatters ...... 100 3. Aussprache und Schlussworte ...... 106

Zweiter Beratungsgegenstand Demokratie als Wettbewerbsordnung

1. Bericht von Professor Dr. Armin Hatje ...... 135 Leitsätze des Berichterstatters ...... 168 2. Bericht von Professor Dr. Markus Kotzur ...... 173 Leitsätze des Berichterstatters ...... 222 3. Aussprache und Schlussworte ...... 227

Dritter Beratungsgegenstand Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe

1. Bericht von Prof. DDr. Michael Potacs ...... 254 Leitsätze des Berichterstatters ...... 283 2. Bericht von Professor Dr. Jens Kersten ...... 288 Leitsätze des Berichterstatters ...... 335 3. Aussprache und Schlussworte ...... 341 4 Inhalt

Vierter Beratungsgegenstand Universitäten im Wettbewerb

1. Bericht von Professor Dr. Max-Emanuel Geis ...... 364 Leitsätze des Berichterstatters ...... 401 2. Bericht von Professor Dr. Christian Bumke ...... 407 Leitsätze des Berichterstatters ...... 457 3. Aussprache und Schlussworte ...... 462

Verzeichnis der Redner ...... 487

Verzeichnis der Mitglieder der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer ...... 489

Satzung der Vereinigung ...... 623 5

Jahrestagung 2009

Zur 69. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtsleh- rer e.V. trafen sich vom 7. bis 10. Oktober 2009 370 Mitglieder, Gäste und Begleitpersonen an der Karl-Franzens-Universität in Graz, zum zweiten Mal in der Tagungsgeschichte der Vereinigung (nach 1966). Der Eröffnungstag stand ganz im Zeichen der Arbeitskreise und der Mit- gliederversammlung. Im Gesprächskreis „Europäisches Verfassungs- recht“ referierten Thorsten Kingreen und Stefan Huster zum Thema „Gleichheit und Gleichbehandlung in der Europäischen Union“, wäh- rend der Gesprächskreis „Verwaltung“ anhand der Referate von Jens Bogumil (als Gast) und Andreas Janko sich der Zukunft der ehrenamt- lichen Kommunalverwaltung widmete. Zu Beginn der anschließenden Mitgliederversammlung gedachten die Anwesenden der in den zwölf Monaten zuvor verstorbenen Mitglieder Gernot Biehler, Detlef Christoph Göldner, Gerhard Hoffmann, Werner Hoppe, Heinz Schäffer, Ekkehart Stein, Georg-Christoph von Unruh und Michael Wollenschläger, denen die Vereinigung stets ein ehrendes Andenken bewahren wird. Die Vereini- gung konnte im selben Zeitraum 19 neue Mitglieder begrüßen, die sich in Graz in der Mitgliederversammlung vorstellten. Die wissenschaftlichen Plenarveranstaltungen an den beiden Folge- tagen widmeten sich unter der Rahmenfrage „Gemeinwohl durch Wettbewerb?“ vier Teilbereichen, in denen der Wettbewerbsgedanke als analytisches oder praktisches Instrument eine zunehmende Rolle zu spielen scheint. Die acht Referate und die jeweils nachfolgenden Plenar- diskussionen (unter Moderation von Christoph Engel bzw. Michael Holoubek) werden mit diesem Band in einer wie stets umfassenden Do- kumentation der interessierten Öffentlichkeit vorgelegt. Die wissenschaftliche Arbeit war umrahmt von abendlichen Emp- fängen durch den Rektor der Karl-Franzens-Universität und den Bürgermeister der Stadt Graz bzw. durch den Landeshauptmann der Steiermark. Ein festlicher Abschlussabend zwischen 130 Jahre alten Sichtziegelmauern in der nach Maßgabe der Organisatoren eindrucks- voll ausgestalteten Fertigungshalle der Seifenfabrik und ein Ausflug am Samstag in die Hügellandschaft der Südsteirischen Weinstraße beschlos- sen die Jahrestagung. Die allseits sehr dankbar anerkannte großartige Organisation unter Federführung des kooptierten Vorstandsmitglieds Franz Merli und seiner Grazer Kolleginnen und Kollegen Franz Joseph Marko, Magdalena Pöschl, Kerstin Schmalenbach und Stefan Storr und ihrem Mitarbeiterteam haben die Grazer Jahrestagung 2009 zu einem rundum gelungenen Höhepunkt im Tagungsgeschehen werden lassen. Helmuth Schulze-Fielitz 6 Inhalt Wettbewerb von Rechtsordnungen 7

Erster Beratungsgegenstand: Wettbewerb von Rechtsordnungen

1. Bericht von Professorin Dr. Anne Peters, Basel*

Inhalt

Seite Einleitung: Szenen des Wettbewerbs ...... 9 I. Grundsatzkritik: Staat versus Markt ...... 11 1. Ökonomischer Fundamentaleinwand: Verdoppelung des Marktversagens? ...... 11 2. Verfassungsrechtliche Antinomien ...... 12 II. Fragestellung und Grundbegriffe ...... 12 1. Analytische und normative Frage ...... 12 2. Begriffe ...... 13 III. Analytischer Nutzen des Wettbewerbsparadigmas ...... 14 1. Die Ware Recht ...... 15 2. Die Anbieter von Rechtsordnungen und -instituten . . . 15 a) Globalisierung als Ende des staatlichen Rechts- monopols ...... 15 b) Staatliche und nichtstaatliche Anbieter ...... 16 3. Die Nachfrager und ihre Rechtswahl ...... 17 a) Indirekte Rechtswahl durch Abstimmung („voice“) und Abwanderung („exit“) ...... 17 b) Direkte Rechtswahl mittels Kollisionsrecht ...... 19 c) Die Wahl von Produktstandards durch Kauf . . . . . 19 d) „Exit“ durch Wechsel der Nationalität ...... 20 4. Der Wettbewerbskreislauf: Anreiz und Anpassung des Rechtsangebots ...... 21 a) Fehlender Wettbewerbskreislauf bei Rechts„export“ beziehungsweise -rezeption ...... 21

* Ich danke Jörg Paul Müller, Simone Peter und Heiner Schwenke für konstruktive Kritik an Vorversionen dieses Beitrags, Urs Behnisch und Peter Jung für steuer- und gesellschaftsrechtliche Hinweise und Georg Noeldeke für wirtschaftswissenschaft- liche Aufklärung. 8 Anne Peters

b) Kein Vertrag und kein Preis ...... 22 5. Fazit: Rekonstruktion der Rechtsevolution als Wett- bewerb der Rechtsordnungen als sinnvolle Perspektive . 24 IV. Bewertung des Wettbewerbs der Rechtsordnungen ..... 26 1. Freiheitssicherung durch Wettbewerb der Rechts- ordnungen ...... 26 2. Wettbewerb der Rechtsordnungen und Gleichheitssatz . 27 3. Wettbewerb der Rechtsordnungen und Demokratie . . . 28 a) Ausgleich demokratischer Defizite durch den Wettbewerb der Rechtsordnungen? ...... 28 b) Verlust demokratischer Selbstbestimmung durch Wettbewerb der Rechtsordnungen? ...... 29 4. Wettbewerb der Rechtsordnungen und soziales Prinzip . 30 a) Vernachlässigung der Interessen und Präferenzen der Schwachen ...... 31 b) Keine Verteilungsgerechtigkeit ...... 31 c) Die Abwärtsspirale ...... 32 aa) Der Vorwurf ...... 32 bb) Theoretisches Modell und empirische Realität . . 32 5. Wettbewerb der Rechtsordnungen und Gemeinwohl . . . 25 V. Einbettung des Rechtsordnungswettbewerbs in eine Metaordnung ...... 37 1. Kein explizites oder implizites Rechtswettbewerbsgebot . 37 2. Gewährleistung und Kanalisierung des Rechts- wettbewerbs nur als Sekundärziel ...... 38 3. Die wettbewerbskonstitutive Metaordnung ...... 39 4. (Wieder-)Beschränkung der Wahlmodalitäten? ...... 41 5. Identifikation unlauterer Regulierungspraktiken ..... 43 a) „Schädlicher“ Steuerwettbewerb ...... 44 b) Unlautere „regulatorische“ Beihilfen? ...... 46 c) Normatives Dumping? ...... 47 d) Nichtregulierung menschenunwürdiger Produktions- bedingungen ...... 47 6. Elemente der qualitätssichernden Metaordnung ..... 48 a) Regeln der internationalen Kooperation ...... 49 b) Regeln für die punktuelle Intensivierung des Rechts- wettbewerbs ...... 49 c) Zivilgesellschaftliche Regulierung ...... 49 d) Gezielte Rechtsharmonisierung ...... 50 e) Konfliktlösungsregeln ...... 51 VI. Schluss: Wettbewerb und Würde ...... 52 Wettbewerb von Rechtsordnungen 9

Einleitung: Szenen des Wettbewerbs

Im Zeitalter der Globalisierung wird die Konkurrenz zwischen Staa- ten verschärft wahrgenommen. Das World Economic Forum in Davos, das jährliche Treffen der globalen Unternehmensspitzen mit der Politik, veröffentlicht regelmäßig „Global Competitiveness Reports“. Diese Berichte identifizieren als Elemente der nationalen Rechtsordnungen, welche die Geschäftstätigkeit hemmen oder fördern, das Arbeitsrecht, Steuersätze und Steuervorschriften, Außenwährungsvorschriften, die Eigentumsrechte, die richterliche Unabhängigkeit, die Zuverlässigkeit der Polizei und den Schutz von Minderheitenaktionären und stellen eine Rangordnung der Staaten auf.1 Derartige Rankings veranlassen die Staaten, aktiv die Werbetrommel für ihre eigene Rechtsordnung zu rühren.2 Unter der Überschrift „Law

1 Nach dem Bericht für 2009–10 liegt die Schweiz auf Platz 1, Deutschland auf Platz 7 und Österreich auf Platz 17 (WEF, Global Competitiveness Report, 2009–2010, http://www.weforum.org/documents/GCR09/index.html). Auch die Weltbank publiziert regelmäßig „Doing Business“-Berichte, in denen die Rechtsvor- schriften fast aller Staaten der Welt miteinander verglichen werden. Der neueste Be- richt von 2009 präsentiert quantitative Indikatoren für die Wirtschaftsregulierung und den Schutz von Eigentumsrechten in 181 Volkswirtschaften. Der dynamischste Refor- mer des Jahres 2008/09 war Aserbaidschan. Auf der absoluten Skala sind die drei Rechtsordnungen, in denen am besten Geschäfte gemacht werden können, Singapur, Neuseeland, und die USA. Die Schweiz liegt auf Platz 21, Deutschland auf Platz 25, Österreich an 27. Stelle (World Bank, Doing Business 2009, hrsg. von Simeon Djan- kov und Caralee McLiesh, http://www.doingbusiness.org/Documents/FullReport/ 2009/DB_2009_English.pdf). 2 Siehe neben den im folgenden genannten Maßnahmen Deutschlands und Eng- lands auch die französische Lancierung eines Forschungsprojekts zur ökonomischen Attraktivität des Rechts mit Mitteln der Justiz-, Finanz- und Außenministerien unter administrativer Leitung eines Mitglieds des Staatsrates, Bertrand du Marias („l’at- tractivité économique du droit“), seit 2005. http://www.gip-recherche-justice.fr/aed/ presentation_va.htm. Die erste Reihe von Forschungsthemen sind die Robustheit und Methodologie von Indices zur Effizienz des Rechts, Konkursrecht, baurechtliche Haftung, Fusionen, Vertragserfüllung und -durchsetzung sowie öffentliche Aufträge. Beispiele aus dem bundesstaatlichen Wettbewerb der Schweiz: Im Mai 2008 ist die eidgenössische Volksinitiative „Für faire Steuern. Stopp dem Missbrauch beim Steuerwettbewerb“, zustande gekommen, die unter anderem eine weitgehende mate- rielle Steuerharmonisierung fordert (BBl 2008, 4991; siehe die Botschaft dazu in BBl 2009, 1907). Die Credit Suisse Studie 2009 zum Standortwettbewerb bewertet fünf zentrale Standortfaktoren aus den Bereichen Steuerbelastung, Ausbildung der Bevöl- kerung und verkehrstechnische Erreichbarkeit und kommt zum Ergebnis, dass der Wettbewerb um Arbeitplätze und Einwohner in der Schweiz an Intensität gewonnen hat (Swiss Issues Regionen, Standortqualität: Welche Region ist die attraktivste? http://emagazine.creditsuisse.com/app/article/index.cfm?fuseaction=OpenArticle& 10 Anne Peters

Made in Germany“ wirbt eine von der deutschen Bundesnotarkammer im Verein mit anderen Standesvertretungen herausgegebene und mit einem Vorwort der Bundesministerin der Justiz versehene Broschüre für das deutsche Recht mit den Schlagworten „global – effektiv – kos- tengünstig.“3 Das Heft preist die Vorteile der Kodifizierung, lobt das Fehlen des Kreuzverhörs und des Strafschadensersatzes und betont die mit dem deutschen Grundbuch- und Handelsregister geschaffene Rechtssicherheit. Hier wird der traditionelle Wettbewerb zwischen common law und civil law aufgegriffen,4 denn die deutsche Werbeschrift reagierte auf das englische Heft „England and Wales: The Jurisdiction of Choice“, das seinerseits von der Law Society of England and Wales, mit Vorwort des britischen Justizministers, publiziert worden war.5

aoid=266767&lang=DE). Weiche Indikatoren wie die landschaftliche Schönheit und die Qualität der öffentlichen Dienste wurden nicht berücksichtigt, da diese zu schwer messbar seien. Im Ranking 2009 stehen auf den ersten drei Plätzen Zug, Zü- rich und Basel-Stadt (letzterer Kanton rückte in den letzten Jahren dank Steuersen- kungen auf). 3 „Law Made in Germany“, hrsg. von der Bundesnotarkammer, der Bundesrechts- anwaltskammer, dem Deutschen Anwaltverein, Deutschen Notarverein und dem Deutschen Richterbund (http://www.lawmadeingermany.de). Das Ministerium, die Justizorganisationen und die genannten berufsständischen Vereinigungen haben auch ein „Bündnis für das deutsche Recht“ geschlossen und laden „alle Akteure, die mit dem deutschen Recht arbeiten“ ein sich hieran zu beteiligen (vgl. Positionspapier vom 27. Oktober 2008). 4 Dieser wird vielfach auch als Systemwettbewerb bezeichnet, hierzu näher unten Fn. 17. 5 Law Society of England and Wales (Hrsg.), England and Wales: The Jurisdiction of Choice (www. lawsociety.org.uk). Dieses nannte vor allem drei „Verkaufs“-Argumente: Englisch als Sprache der globalen Wirtschaft, London als Finanzmarktzentrale, sowie die Flexibilität und die schnelleren Entwicklungsmöglichkeiten des common law. Die Bedeutung des Spracharguments wird durch die Tatsache unterstrichen, dass die deutsche Broschüre zweisprachig in deutsch und englisch verfasst ist. In der eng- lischen Broschüre heißt es: „English law … is more flexible than many civil law sys- tems, which rely on a more rigid and prescriptive civil code.“ (England and Wales … S. 8 (ohne Jahr)). Tatsächlich wird oft angenommen, dass aufgrund dieser Faktoren das common law besser als das kontinentale Recht der Globalisierung angepasst sei. Gegenwärtig scheinen die relativen Vorteile des civil law, nämlich Rechtssicherheit und Übersichtlichkeit durch Kodifikation mit Erschließung durch Kommentierungen und die damit einhergehenden typischerweise kürzeren Vertragstexte, die von Begriff- bestimmungen und allgemeinen Regeln entlastetet sind, nicht auszureichen, um die Wirtschaft häufiger zur Rechtswahl des kontinentalen Rechts zu motivieren. Faktum ist jedenfalls, dass hier ein Wettbewerb zwischen den beiden Rechts„familien“ und Rechtsstilen um die Rechtsanwender besteht. Wettbewerb von Rechtsordnungen 11

I. Grundsatzkritik: Staat versus Markt

Diese und ähnliche Aktivitäten haben in den Rechtswissenschaften eine Kontroverse ausgelöst.6 Die Grundsatzkritik lautet, dass der Wett- bewerb als Interaktionsstruktur des Marktes, verstanden als Aufeinan- dertreffen von Angebot und Nachfrage, in einem Gegensatz zur Orga- nisationsform Staat stehe. So heißt es in den Rechtswissenschaften: „Den Gedanken des Wettbewerbs auf Staaten anzuwenden, ist völlig verfehlt.“7 Das Ordnungsprinzip „Hoheit“ stehe dem Ordnungsprinzip „Wettbewerb“ diametral entgegen. Recht sei einfach kein wettbewerbs- fähiges Angebot.8 In den Wirtschaftswissenschaften schreibt Werner Sinn, „[n]ichts könnte irreführender sein als die Analogie“ zwischen Staat und Markt.9

1. Ökonomischer Fundamentaleinwand: Verdoppelung des Marktversagens? Der ökonomische Fundamentaleinwand ist, dass der Wettbewerb der Rechtsordnungen eine Verdoppelung des Marktversagens darstelle. Wenn Marktversagen als potentielle Rechtfertigung für staatliches Ein- greifen angesehen wird, müsse der Staat als Verlegenheitslösung her- halten. Wenn aber der Staat selber „vermarktet“ wird, gehe das nicht mehr. Die Einbringung des Markts durch die Hintertür des Wettbewerbs der Rechtsordnungen führe dazu, dass die Missstände, die den Staat zur Intervention veranlasst haben, auf der höheren Ebene des zwischen- staatlichen Wettbewerbs wieder auftauchen, so die Kritik.10

6 Grundlegend E.-M. Kieninger Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Euro- päischen Binnenmarkt, Tübingen 2002; aus öffentlichrechtlicher Perspektive V. Mehde Wettbewerb zwischen Staaten: Die rechtliche Bewältigung zwischenstaatlicher Konkurrenzsituationen im Mehrebenensystem, Baden-Baden 2005. Aus der neuesten Literatur L. Michael Wettbewerb von Rechtsordnungen, DVBl. 17 (2009), 1062–1071; E. V. Towfigh u.a. (Hrsg.), 49. Assistententagung öffentliches Recht: Recht und Markt, Wechselbeziehungen zweier Ordnungen, Baden-Baden 2009. 7 P. Kirchhof Freiheitlicher Wettbewerb und staatliche Autonomie – Solidarität, ORDO 56 (2005), 39–45 (40); „der Anwendungsbereich des Wettbewerbs wird über- schätzt“ (ebd., 39). 8 B. Grzeszick Hoheitskonzept – Wettbewerbskonzept, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 3. Aufl. Heidelberg 2003, 367ff. 9 H. W. Sinn The New Systems Competition, Oxford 2003, 7, Übersetzung der Verf. 10 Sinn Competition (Fn. 9), 6: „Because the state is a stopgap which fills empty market niches and corrects the failure of existing markets, it cannot be expected that the reintroduction of the market by the back door of regulatory competition will lead 12 Anne Peters

Jedoch herrscht unter Ökonomen über die Brauchbarkeit der Theo- rie des Marktversagens als Rechtfertigung staatlicher Aufgabenwahr- nehmung kein Konsens.11 Damit scheint die Frage der Anwendbarkeit des Marktmodus auf den Staat und seine Rechtsordnung nach der öko- nomischen Theorie offen.

2. Verfassungsrechtliche Antinomien Aus verfassungsrechtlicher Sicht können wir holzschnittartig sagen, dass im Spannungsfeld zwischen Gleichheit und Freiheit, den Grund- antinomien gesellschaftlicher Organisation, der Markt und sein Steue- rungsmodus Wettbewerb für die Freiheit und Individualität stehen, der Staat und der Steuerungsmodus des Gesetzes demgegenüber für die Allgemeinheit und damit eher für die Gleichheit.12 Die weiteren Antinomien in der Beschreibung von Staat versus Markt sind bekannt: Spezifische Zwangsbewehrung versus Freiwillig- keit, einseitig-hierarchisches versus vertraglich-horizontales Handeln, Gemeinwohl versus Eigennutz, Übermaßverbot versus Gewinnmaxi- mierung und vor allem Rechtsbindung des Rechtsstaates im Gegensatz zu Wahlfreiheit und Beliebigkeit von Marktanbietern. Diese Gegensatzpaare deuten darauf hin, dass der Staat einer fun- damental vom Markt verschiedenen Funktionslogik folgt, welche einer Anwendung des Wettbewerbsgedankens auf den Staat entgegenstehen könnte. Dennoch zeigen die eingangs genannten Rankings und PR-Maß- nahmen, dass sich Staaten zumindest in einem Wettbewerb wähnen.

II. Fragestellung und Grundbegriffe

1. Analytische und normative Frage Die Divergenz zwischen Praxis und Theorie provoziert zwei Fragen. Die erste Frage ist eine analytische: Hat die Rekonstruktion der hoheit- lichen Tätigkeit der Rechtssetzung und Rechtsreform als wettbewerb- to a reasonable allocation result. Instead, it must be feared that the failures that origi- nally caused the government to take action will now show up again at the higher level of government competition.“ 11 Gegenüber der traditionellen Finanzwissenschaft sind Anhänger des public choice der Ansicht, dass staatliche Eingriffe in den Marktprozess regelmäßig zu einer „Verschlimmbesserung“ führen. 12 R. Stürner Markt und Wettbewerb über alles? Gesellschaft und Recht im Fokus neoliberaler Marktideologie, München 2007, 87. Wettbewerb von Rechtsordnungen 13 liches Angebot einen analytischen Nutzen, auf dem insbesondere dog- matische Erkenntnisse aufbauen können? Die zweite Frage ist eine normative: Darf das Wettbewerbsparadigma eine normative Leitschnur für den Gesetzgeber sein?13

2. Begriffe Bei der Beantwortung dieser beiden Fragen muss Wettbewerb in einem weiten und einem engen Sinne unterschieden werden. Wenn zwei oder mehr Akteure um die Erlangung eines Gutes rivalisieren, handelt es sich um einen Wettbewerb in einem weiten Sinne.14 Parade- beispiel ist der Sport, in dem mehrere Athleten um den Titel konkur- rieren. Die Rivalität politischer Einheiten um eine politische und öko- nomische Vormachtstellung ist, angefangen mit Athen und Sparta, immer schon als ein solcher Wettbewerb im weiten Sinne beschrieben worden, in dem auch ein Wettbewerb der jeweiligen Rechtsordnungen (z.B. Demokratie versus Monarchie) liegt.15 Die neue ökonomische Analyse bezieht sich aber nicht auf solche „zweipoligen“ Verhältnisse, sondern legt einen Markt zugrunde. Hier ist das Verhältnis „dreipolig“, weil Kunden ins Spiel kommen, auf deren Nachfrage ein Anbieter reagiert.16 Dies ist eine fundamental andere Interaktionsstruktur als die „zweipolige.“ Immanent betrachtet, also im („dreipoligen“) Markt-Wettbewerbsparadigma, bemisst sich der

13 Befürwortend z.B. Monopolkommission, Sondergutachten 27 Systemwettbewerb, 2000, 42: „Daraus ergibt sich die Forderung an die nationale Wirtschaftspolitik, als Grundprinzip einen weltweiten freien Handel und einen unbeschränkten Wettbewerb der Standorte anzustreben.“ Kritisch z.B. H. Wiedemann Gesellschaftsrecht, Mün- chen 1980, § 14 II 1 (783): „Das Wettbewerbsprinzip ist kein sachgerechter Maßstab für den Gesetzgeber.“ 14 Siehe nur A. Suchanek Wettbewerb, in: W. Heun u.a. (Hrsg.), Evangelisches Staatslexikon: Neuausgabe, Stuttgart 2006, Sp. 2697ff. (2697). 15 Vgl. Aristoteles Politik, 2. Buch (B), Kritik an den platonischen Gesetzen, 1265b, Stuttgart 1989, 123f. 16 Der ökonomische Begriff des Wettbewerbs ist dreipolig: „Als wirtschaftlicher Wettbewerb ist […] das Streben eines Wirtschaftsubjekts zu verstehen, auf einem gemeinsamen Markt an Stelle eines anderen zum Geschäftsabschluß mit Dritten zu gelangen.“ (W. Hefermehl Wettbewerbsrecht, in: E. von Beckerath/C. Brinkmann (Hrsg.), Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Stuttgart 1962, 49ff. (49) (Her- vorhebung der Verf.). In der Terminologie der Wirtschaftswissenschaften besteht der Wettbewerb auf dem Markt in einem Parallelprozess (zwischen den konkurrierenden Anbietern) und einem Austauschprozess (zwischen den Anbietern und den Nachfra- gern). Diese Unterscheidung geht auf E. Hopmann Wettbewerb als Norm der Wettbe- werbspolitik, ORDO 18 (1967), 77ff. (88ff.) zurück. 14 Anne Peters

„Erfolg“ der Rechtsordnungen17 nicht anhand eines vorgegebenen un- abhängigen Maßstabes, sondern anhand der „Kunden“-präferenzen, die sich ihrerseits auf rechtlich geprägte Güter wie Verkehrsinfrastruk- tur, Schulen, Arbeit, Umweltqualität, Steuerbelastung und ähnliches beziehen. Eine andere Frage ist die externe Bewertung dieses Wettbe- werbsprozesses anhand von Rechtswerten wie Sicherheit, Freiheit und Wohlstand für die Allgemeinheit.

III. Analytischer Nutzen des Wettbewerbsparadigmas

Was ist also der analytische Mehrwert der Anwendung des Wett- bewerbsparadigmas auf Rechtsordnungen? Die Antwort hängt zu- nächst von der Stringenz der Analogie ab, die im Folgenden zu prüfen ist.

17 Unter Rechtsordnung verstehen wir die Gesamtheit aller Rechtssätze und die mit diesen angestrebte Ordnung einer bestimmten menschlichen Gemeinschaft (H. Tilch/F. Arloth (Hrsg.), Deutsches Rechts-Lexikon, Bd. III, München 2001, 3489). Ein mit dem Wettbewerb der Rechtsordnungen verwandtes Konzept sind der Institu- tionenwettbewerb (hierzu z.B. A. Bergh/R. Höijer (Hrsg.), Institutional Competition, Cheltenham 2008), darin insb. P. Bernholz Institutional Competition: International Environment, Levels and Consequences (ebd., 90–112). Der sogenannte „Wettbewerb der Systeme“ bezog sich auf den Wettstreit zwischen Kommunismus und Kapitalis- mus, der unter anderem auch die Rechtsordnungen umfasste (hierzu z.B. H.-J. Wage- ner Hat der Systemwettbewerb die sozialistische Planwirtschaft zu Fall gebracht?, in: F. A. Zimmermann u.a. (Hrsg.), Ordnungspolitische Aspekte der europäischen Integration, Baden-Baden 1996, 101–115). Ein Wettbewerbskreislauf im Sinne einer Reaktion der Rechtssetzer auf Kundenentscheidungen fand erst in der allerletzten Phase statt, nachdem die Perestroijka eine Massenauswanderung aus den kommunis- tischen Ländern ermöglichte, die Bürger so erstmals mit den Füssen abstimmen konnten sowie ihre Stimme in Demonstrationen erheben konnten und schließlich auf diese Weise ihren Machthabern Reformen aufzwangen. Heute wird der Begriff des Systemwettbewerbs teilweise auf das Verhältnis zwischen common law und civil law angewendet, meist jedoch auf den ökonomisch-politischen Vergleich von Staaten. In diesen werden neben den Rechtsordnungen auch das gesamte Regierungssystem, die Wirtschaftsleistung und die Infrastruktur der konkurrierenden Staaten einbezogen. Siehe z.B. U. Becker/W. Schön (Hrsg.), Steuer- und Sozialstaat im europäischen Sys- temwettbewerb, Tübingen 2005; W. Schäfer (Hrsg.), Wirtschaftspolitik im System- wettbewerb, Berlin 2006. Siehe zur „intergovernmental competition“ z.B. A. Breton Competitive Governments, Cambridge 1996; zum „Wettbewerb der Jurisdiktionen“ z.B. W. W. Bratton/J. A. McCahery The New Economics of Jurisdictional Competi- tion: Devolutionary Federalism in a Second-Best World, Georgetown Law Journal 86 (1997), 201–278. Wettbewerb von Rechtsordnungen 15

1. Die Ware Recht Der Gegenstand dieses Wettbewerbs ist die Rechtsordnung. Diese ist das Gut oder die Ware und, vergleichbar mit einem Rohstoff, ein Vor- produkt für die eigentliche Güterproduktion.18 Dieser Rohstoff wird auf dem Rechtsmarkt angeboten.19 Ein Charakteristikum des Produkts „Rechtsordnung“ ist sein hoher Bündelungsgrad. Dieses Bündel lässt sich nur zu einem gewissen Grad aufschnüren, und die Auswahl an Rechtsordnungen für die Milliarden von Bürger-Kunden mit Milliarden verschiedener Präferenzen ist bei 192 staatlichen Rechtsordnungen sehr gering.

2. Die Anbieter von Rechtsordnungen und -instituten a) Globalisierung als Ende des staatlichen Rechtsmonopols Der Wettbewerb setzt eine Vielfalt der Anbieter voraus. Demgegen- über geht die Staatsrechtslehre traditionell davon aus, dass der Staat ein Monopolist ist. Er gilt als die einzige letzte Quelle des Rechts. In tradi- tioneller staatsrechtlicher Perspektive kann nur kraft staatlicher Gestat- tung innerhalb des staatlichen Territoriums auch ausländisches oder privat erzeugtes Recht gelten. Die Globalisierung20 und das globale Regieren haben mit den physi- schen Ausweichmöglichkeiten der Rechtsunterworfenen, dem Trend zur Ausweitung kollisionsrechtlicher Wahlmöglichkeiten und der im- mer weiter verselbständigten Rechtssetzungstätigkeit zwischenstaat- licher und nichtstaatlicher Akteure die traditionelle Monopolstellung des Staates als Anbieter von Recht in Frage gestellt. Die Globalisierung hat also eine neue Lage geschaffen, die als „neuer Systemwettbewerb“ bezeichnet wird.21

18 K. Heine Regulierungswettbewerb im Gesellschaftsrecht, Berlin 2003, 100. Zur Ware Recht auch H. Eidenmüller Recht als Produkt, JZ 64 (2009), 641–652. 19 E. O’Hara/L. E. Ribstein The Law Market, Oxford 2009. Die Marktfähigkeit des Rechts ist nicht a priori dadurch ausgeschlossen, dass der Rahmen des Markts seiner- seits durch (andere) Rechtsregeln konstituiert werden muss. 20 Der kommunikationstechnische Fortschritt, die Verbilligung der Güter- und Per- sonentransporte sowie die Beseitigung rechtlicher Mobilitätshindernisse haben die transnationale Beweglichkeit der Produktionsfaktoren, vor allem des Kapitals, massiv gesteigert. Dies ist zwar kein neues Phänomen, aber in quantitativer Hinsicht so be- deutsam, dass hieraus ein qualitativer Sprung resultierte. 21 Sinn Competition (Fn. 9). 16 Anne Peters b) Staatliche und nichtstaatliche Anbieter In diesem Wettbewerb sind die Anbieter der Ware „Rechtsordnung“ die Nationalstaaten, genauer die Legislativen und die Gerichte. Dane- ben sind es Gliedstaaten in Bundesstaaten, weitere Gebietskörperschaf- ten wie Gemeinden und die internationalen oder supranationalen Or- ganisationen. Staatliche Rechtsordnungen stehen nicht nur untereinander, sondern auch mit „über“- und „unter“-staatlichen Ordnungen im Wettbewerb. So findet zwischen dem europäischen und dem nationalen Recht eines Mitgliedstaates ein vertikaler oder Mehrebenenwettbewerb statt, sofern die Rechtssetzer auf den verschiedenen Ebenen parallele Rechtsset- zungskompetenzen besitzen.22 In begrenztem Umfang sind auch gesellschaftliche Akteure Anbieter von (Teil-)Rechtsordnungen, die in der Geschichte vielfach im Wett- bewerb mit staatlichen Ordnungen standen. Historisch bedeutsam ist die mittelalterliche Konkurrenz zwischen kirchlichem und weltlichem Recht, die eine entscheidende Triebkraft für die Herausbildung freiheitlicher Ordnungen in Europa war.23 Heute existiert ein vielfältiges Angebot nichtstaatlich erzeugter Normenkomplexe, das von indigenem Recht24

22 Für die EU heißt dies, dass ein vertikaler Wettbewerb der Rechtsordnungen nur dann stattfinden kann, wenn die jeweilige Rechtssetzungskompetenz nicht aus- schließlich bei den Mitgliedstaaten verblieben ist oder ausschließlich der Union zuge- teilt wurde. Mehrebenenwettbewerb findet also nur bei geteilter Zuständigkeit oder bei bloßer Ergänzungs- und Koordinationszuständigkeit der EU im Sinne von Art. 2 Abs. 2, 5 und Art. 4–6 AEUV statt. 23 H. Berman The Western Legal Tradition: The Interaction of Revolutionary Inno- vation and Evolutionary Growth, in: Bernholz/Streit/Vaubel (Hrsg.), Political Com- petition, Innovation, and Growth: A Historical Analysis, Berlin 1998, 35ff. (38–9) zum „late eleventh century with the church’s establishment of an external forum, a hie- rarchy of ecclesiastical courts with exclusive jurisdiction in some matters … The plu- ralism of Western law was a source of legal sophistication and of legal growth. It was also a source of freedom.“ Siehe auch R. Vaubel A History of Thought on Institutional Competition, in: Bergh/Höijer, Institutional Competition (Fn. 17), 29–66, 52 mit zahl- reichen Nachweisen; für die Stellung der schweizerischen Landeskirche und Kirchen- gemeinden (und das von diesen geschaffene Recht) als „Tertium“ oder „Zwischen- welt“ F. Hafner/U. Brosi Bischöfliche Personalentscheide und landeskirchliches Recht, Basel 2007, 66. 24 Siehe zum Recht auf Beibehaltung und Weiterentwicklung indigener Rechtssys- teme Art. 34 der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker vom 7. September 2007 (UN-Dok. A/61/L. 67). Zum gegenwärtigen aufgrund perso- naler Anknüpfung anwendbaren Recht in der hinduistischen, islamischen und talmu- dischen Tradition H. P. Glenn Legal Traditions of the World, 3. Aufl. Oxford 2007, 98, 118, 215, 295, 299, 365 mwN. Wettbewerb von Rechtsordnungen 17

über die lex mercatoria zu unternehmerischen Verhaltenskodices reicht. In der Perspektive des Rechtspluralismus sind die hier tätigen gesell- schaftlichen Gruppen unter Umständen originäre Rechtserzeuger.25 Das Wettbewerbsparadigma unterstreicht diese Sichtweise. Denn wenn das Recht eine Ware ist, dann müsste es, wie jedes andere Pro- dukt auch, von Privaten hergestellt und angeboten werden dürfen, und es bestünde kein Grund, die Rechtsproduktion beim Staat zu monopo- lisieren.26

3. Die Nachfrager und ihre Rechtswahl Auf dem Rechtsordnungsmarkt sind die Nachfrager die Rechtsunter- worfenen, und zwar in ihrer Eigenschaft als Wähler, Steuerzahler, Inhaber von Finanz- oder Realkapital, und Konsument. Die sogenannte „regulatory arbitrage“ durch die Rechtsunterworfenen, also die Aus- wahl der von ihnen bevorzugten Rechtsordnung, kann in verschiedenen Modalitäten geschehen. Die grundlegenden sind „voice“ und „exit“, also Abstimmung und Abwanderung,27 daneben existieren weitere Modalitäten. a) Indirekte Rechtswahl durch Abstimmung („voice“) und Abwanderung („exit“) Die „Stimme“ wird in der Demokratie normalerweise in politischen Wahlen abgegeben, daneben in Bürgerprotesten und Lobbytätigkeit erhoben. Die Möglichkeit der Abwanderung bei Unzufriedenheit mit dem geltenden Rechtsregime ist fundamental.28 Bekanntlich machte im Mittelalter „Stadtluft … frei nach Jahr und Tag“.29 Und ein Kernstück

25 G. Teubner „Global Bukowina“: Legal Pluralism in the World Society, in: Teubner (Hrsg.), Global Law Without a State, Ashgate 1997, 3–28; B. de Sousa Santos Toward a New Legal Common Sense, 2. Aufl. London 2002. 26 G. Bachmann Private Ordnung: Grundlagen ziviler Regelsetzung, Tübingen 2006, 50 und 52. In der Konsequenz des Wettbewerbsparadigmas läge es, wenn der Staat Anreize für die Privaten schaffte, um das Gut Recht zu produzieren, indem er Urhe- berschutz verleihen würde oder Rechtsinstitute bereit stellte, welche die nichtstaat- liche Regelsetzung unterstützen. 27 A. O. Hirschman Abwanderung und Widerspruch, Tübingen 1974 (orig. 1970). 28 Siehe zum Menschenrechtscharakter unten Fn. 129. 29 Dieses mittelalterliche Rechtssprichwort kann als historisches Beispiel für einen Wettbewerbskreislauf gelesen werden. Die Stadtgründer benötigten Arbeitskräfte und statuierten deshalb, dass die bisherigen Rechtspflichten der Neubürger gegenüber ihren Grundherrn erlöschen sollten. Die Einwanderer stimmten mit den Füssen für die neuen Freiheiten ab. H. Hattenhauer Europäische Rechtsgeschichte, 4. Aufl. Hei- delberg 2004, 268f. 18 Anne Peters des Augsburger Religionsfriedens von 1555 war das „beneficium emi- grandi“, nach dem Einzelne unter Mitnahme ihres Hab und Gutes in ein Gebiet der Konfession ihrer Wahl auswandern durften.30 Heute sind politische Flüchtlinge sehr deutlich Nachfrager nach einer freien und gerechten Rechtsordnung. Auch Wirtschaftsflüchtlinge stim- men mit den Füssen indirekt gegen ihre heimischen Rechtsordnungen ab, deren Defizite, vom mangelnden Schutz der Eigentumsrechte bis zur Nichtahndnung von Korruption, ein massives Entwicklungshemm- nis darstellen.31 Der Auswahlmodus des „exit“ steht aber nicht allen Rechtsunter- worfenen gleichermaßen zur Verfügung.32 Die sogenannten Mobilitäts- kosten33 sind für das Finanzkapital weitaus am geringsten, das folglich am mobilsten ist. Natürliche Personen bleiben trotz fortschreitender Individualisierung und Angleichung der Lebensstile in verschiedenen

30 Siehe zu dieser „religiösen Freizügigkeit“ als „ein erstes Grundrecht“ M. Heckel Augsburger Religionsfriede, in: R. Herzog u.a. (Hrsg.), Evangelisches Staatlexikon, 3. Aufl. Stuttgart 1987, Bd. I, Sp. 111ff. (112 und 117). 31 Siehe H. de Soto/F. Cheneval (Hrsg.), Realizing Property Rights, Zürich/Bern 2006 zur fehlenden Eigentumsordnung als wichtigem Entwicklungshemmnis; zur ju- ristischen Duldung von Korruption als Entwicklungshemmnis A. K. Jain Corruption: A Review, Journal of Economic Surveys 15 (2001), 71–121. 32 Radikaler noch als die individuelle Abwanderung ist der kollektive Austritt von Bürgern samt Gebiet durch die Sezession von Territorien aus dem bisherigen Staats- verband. Ökonomen interpretieren die Drohung mit Sezession teilweise als einen prinzipiell zulässigen Wahlmodus, der einen Anpassungsdruck auf die Rechtssetzer erzeuge (J. Buchanan/R. Faith Secession and the Limits of Taxation: Toward a Theory of Internal Exit, American Economic Review 77 (1987), 1023–31). In dieselbe Rich- tung geht der Vorschlag der Schaffung funktioneller überlappender Jurisdiktionen, eine Art von Zweckverbänden; hierfür R. Eichenberger Eine fünfte Freiheit für Europa: Stärkung des politischen Wettbewerbs durch „FOCJ“!, Zeitschrift für Wirtschafts- politik 45 (1996), 110–130; B. Frey/R. Eichenberger The New Democratic Federalism for Europe: Functional Overlapping and Competing Jurisdictions, Cheltenham 1999. Jedoch ist die Sezession nach geltendem Völkerrecht grundsätzlich verboten. Das heißt, die „Wahlmodalität“ der Sezession eines Territoriums aus einem Staat ist, ob- wohl dem Wettbewerbsgedanken entsprechend, prinzipiell aus rechtlichen Gründen nicht verfügbar. Anders wird der in der Wettbewerbsperspektive funktional äquiva- lente Austritt eines Staates aus einer internationalen Organisation bewertet. Dieser gilt als legal und legitim und stellt somit eine reale Rechtswahlmodalität dar (siehe für die EU Art. 50 EUV nF). 33 Hierzu gehören die Informationskosten sowie die ideellen und pekuniären Kos- ten für die tatsächliche Durchführung eines Umzugs. Allerdings ist fraglich ob die für natürliche Personen bedeutsamen emotionalen Faktoren wie Heimat und Familie sinnvoll als „Kosten“ quantifiziert und monetarisiert werden können. Wettbewerb von Rechtsordnungen 19

Staaten eher immobil, außer am obersten und unteren Ende der Ein- kommensskala.34 Anders ist dies nur in kleinräumigen Jurisdiktionen. Es ist also kein Zufall, dass Charles Tiebout sein berühmtes Wettbewerbsmodell für US-amerikanische Gemeinden aufstellte,35 und dass der Rechtswettbe- werb in der Schweiz mit ihren teilweise sehr kleinen Kantonen weltweit am intensivsten ist.36 b) Direkte Rechtswahl mittels Kollisionsrecht Der dritte Wahlmodus ist die direkte kollisionsrechtliche Rechts- wahl, die in der Regel keine physische Ortsveränderung erfordert.37 Sie geschieht oft über die prozessrechtliche Schiene mittels Gerichtsstands- oder Schiedsklauseln. Hier ist die Marktanalogie im Begriff des „forum shopping“ präsent.38 c) Die Wahl von Produktstandards durch Kauf Der vierte Nachfragemodus ist der Kauf von Produkten, die den Standards einer ausländischen Rechtsordnung genügen. Wenn ein Käu- fer französischen Rohmilchkäse erwirbt, entscheidet er sich für die französischen Produktionstandards und nimmt seine eigene Gesund-

34 Für die Schweiz L. Feld Braucht die Schweiz eine materielle Steuerharmonisie- rung? economiesuisse 2009, 5, Einzelheiten und Daten ebd., 43–47. In Bezug auf die Erklärungskraft des Wettbewerbsmodells wird eingewendet, dass die relative Immo- bilität der natürlichen Personen unschädlich sei, weil bereits marginale Wanderungs- bewegungen ausreichen um den Wettbewerb der Rechtsordnungen auszulösen. Dies ist jedoch empirisch nicht belegt; siehe Fn. 157 zum schwachen Wettbewerb der Ge- sellschaftsrechtsordnungen in der EU. 35 C. M. Tiebout A Pure Theory of Local Expenditures, The Journal of Political Economy 64 (1956), 416–424. 36 Hierzu empirisch L. Feld Regulatory Competition and Federalism in : Diffusion by Horizontal and Vertical Interaction, CREMA (Center for Research in Eco- nomics, Management and the Arts) Working Paper No. 2006–22. http://www.crema- research.ch/papers/2006–22.pdf. 37 In manchen Rechtsbereichen ist auch für die kollisionsrechtliche Rechtswahl Mobilität erforderlich, etwa wenn das Ortsrecht gilt. Die Eheform richtet sich immer nach Ortsrecht, was zu „Hochzeitstourismus“ führt. Mit der kollisionsrechtlichen Wahl kann nicht, wie mittels Abwanderung, eine Rechtsordnung als ganze, sondern nur einzelne Teile, z.B. das Vertragsrecht, gewählt werden. Dennoch trägt diese Art Wahl zum Wettbewerb der betroffenen Teilrechtsordnungen bei. 38 Vgl. A. Thompson Denning, known as Lord Denning The Atlantic Star, All English Law Reports 3 (1972), 705ff. (709): „This right to come here is not confined to Eng- lishmen. It extends to any friendly foreigner. … You may call this ‚forum shopping‘ if you please, but if the forum is England, it is a good place to shop, both for the quality of the goods and the speed of service.“ 20 Anne Peters heitsgefährdung in Kauf. Er wählt jedenfalls diesen Teil der Rechtsord- nung, die Hygienevorschriften, mit dem Portemonnaie.39 d) „Exit“ durch Wechsel der Nationalität Ein fünfter Nachfragemodus ist der Wechsel der Nationalität. Dieser führt zu einer umfänglichen Anwendbarkeit einer anderen Rechtsord- nung kraft Personalhoheit des naturalisierenden Staates. Für Gesellschaften im Sinne von Art. 48 Abs. 2 EGV ist die Annahme eines neuen Organisationsrechts und damit eines neuen Gesellschafts- statuts,40 etwa durch Neugründung unter einer neuen Rechtsordnung eine Standardhandlung. Diese ist bei Anwendung der Gründungstheo- rie auch ohne physische Verlegung des Hauptverwaltungssitzes mög- lich.41 Anders verhält es sich mit natürlichen Personen. Im Sinne des Wett- bewerbsgedankens haben Ökonomen handelbare Staatsbürgerschaften vorgeschlagen, die beim Wechsel in eine andere Jurisdiktion wieder verkauft werden könnten.42 Dieser Vorschlag erscheint schwer vereinbar mit dem ideellen und dauerhaften Charakter der Staatsangehörigkeit.43 Und doch hat gerade dieser Typ der Rechtsordnungswahl momentan in Osteuropa Konjunktur. Insbesondere die russische Föderation verleiht

39 H. Muir Watts Aspects économiques du droit international privé, Recueil des cours de l’Académie de la Haye 307 (2004), 25–383 (54). Der Käufer übt, wie es im Jargon heisst, seine Konsumentensouveränität aus und gibt seine „consumer-vote“ ab. 40 Zwar ist die Staatszugehörigkeit (Nationalität) einer Gesellschaft theoretisch von ihrem Gründungsstatut unterscheidbar, es überlappen sich jedoch die Kriterien zur Ermittlung beider Rechtskategorien. Beide Fragen werden oft vereinfachend ver- mengt, und praktisch wichtiger ist das Gesellschaftsstatut. 41 EuGH, Rs. C-212/97, Centros Ltd v. Erhvervs-og Selkabsstyrelsen, Slg. 1999, I-1459; Rs. C-208/00, Überseering, Slg. 2002, I-9919; Rs. C-167/01, Inspire Art, Slg. 2003, I-10155; Rs. C-210/06, Cartesio Oktató és Szolgáltató bt, Slg. 2008, I-3468. Vgl. Generalanwalt A. La Pergola in Centros, Rn. 20 bei Fn. 49 unter Verweis auf C. D. Ehlermann zur „competition among rules“. Die neuere Rechtsprechung des EuGH, die in der Regel als Motor des Wettbewerbs der Gesellschaftsrechtsordnungen in der EU angesehen wird, ordnet nicht die Gründungstheorie als einzig vereinbar mit der Niederlassungsfreiheit an. Die Entscheidungen bestimmen lediglich, dass die An- knüpfung des Wegzugsstaates vom Zuzugsstaat der Gesellschaft zu respektieren ist. Die Mitgliedstaaten müssen eine in einem anderen Mitgliedstaat errichtete Gesell- schaft als solche anerkennen, d.h. nach ihrem Gründungsrecht behandeln, auch wenn diese nie eine Tätigkeit in diesem Gründungsstaat entfaltet hatte. 42 G. Tullock Trading Citizenship, Kyklos 50 (1997), 251–252. 43 Nach traditioneller Auffassung begründet die Staatsbürgerschaft eine prinzipiell auf Lebenszeit ausgerichtete Zugehörigkeit zu einer Schicksalsgemeinschaft, der Na- tion. In der Tat kann der nationale Solidarpakt nur funktionieren, wenn nicht ganze Be- völkerungsgruppen (die Reichen oder die Intellektuellen („brain drain“)) auswandern. Wettbewerb von Rechtsordnungen 21 großzügig die russische Staatsangehörigkeit an die Bewohner benach- barter Staaten, und zwar ohne dass diese Wohnsitz in Russland nehmen müssten.44

4. Der Wettbewerbskreislauf: Anreiz und Anpassung des Rechtsangebots Die in den geschilderten fünf Modalitäten ausübbare direkte oder indirekte Wahl der Rechtsordnung durch die Rechtsunterworfenen führt nur dann zu einem eigentlichen Wettbewerb, wenn diese Wahlent- scheidungen45 einen Anpassungsdruck auf die Rechtssetzer ausüben, so dass jene die Rechtsordnung an die Präferenzen anpassen. Wenn das Wettbewerbsparadigma passte, müssten die Rechtsnachfrager einen Preis für die ihnen genehme Rechtsordnung zahlen, und der Rechts- anbieter müsste einen Gewinn machen, wenn er auf die Wünsche der Rechtsnachfrager eingeht. a) Fehlender Wettbewerbskreislauf bei Rechts„export“ beziehungsweise -rezeption Bei der Rezeption ausländischer Rechtsinstitute und -ordnungen, die vielfach als „Maßstabswettbewerb“,46 bezeichnet werden, fehlt dieser

44 In den beiden separatistischen Gebieten Georgiens, in Südossetien und Abcha- sien, reißen sich die Bewohner um die russische Staatsbürgerschaft, die ihnen unter anderem einen Anspruch auf russische Sozialhilfe verschafft und die Teilnahme am EU-Visa-Programm ermöglicht. Siehe Independent International Fact-Finding Com- mission, Bericht vom September 2009, Bd. II, Kapitel 3, Teil 3 „Passportisation“, 147ff., www.ceiig.ch. 45 In diesem Abschnitt behandele ich nur die Anreize, die den Anbietern von Recht durch politische Wahl einer Partei, welche die Legislative beherrscht und mittels der Abwanderungsdrohung (also durch „voice“ und „exit“) gesetzt werden. Auf die Anreize, die durch die anderen Wahlmodalitäten, also Kauf ausländischer Produkte, Sezessionsdrohung oder Aufgabe der Staatsbürgerschaft gesetzt werden, gehe ich nicht näher ein. Der von diesen Präferenzäußerungen ausgehende Anpassungsdruck ist ebenfalls gering. 46 Begriff „yardstick-competition“ von A. Shleifer A Theory of Yardstick Competi- tion, The Rand Journal of Economics 16 (1985), 319ff. Als Ergebnisse eines derartigen Wettbewerbs im weiten Sinne (s.o. Teil II.2.) wäre der Sieg der von den Niederländern bevorzugten Freiheit des Meeres über das englische Modell des mare clausum, die Ver- breitung des süddeutschen Modells der Volkswahl des Bürgermeisters gegenüber dem norddeutschen Modell, der „Export“ von Elementen des englischen Umweltrechts wie das „auditing“, die großflächige Rezeption westlichen Rechts im Transformations- prozess Osteuropas und schließlich der autonome Nachvollzug von EU-Recht durch die Schweiz anzusehen. Siehe zu den Problemen der „Transplantation“ von Rechts- regeln in ein fremdes kulturelles Umfeld G. M. Rehm Rechtstransplantate als Instru- ment der Rechtsreform und -transformation, RabelsZ 72 (2008), 1–42. 22 Anne Peters marktmäßige Mechanismus völlig. Denn die Rezeptionsvorgänge wer- den nicht maßgeblich durch die Nachfrage der Bürger-„Kunden“ in Gang gesetzt. Die Rechtssetzer vergleichen und übernehmen primär aus „kunden“-fernen Gründen.47 Und auf der Seite des „Rechtsexport- eurs“ führt die von dem betreffenden Staat durchaus angestrebte Über- tragung der heimischen Institute nicht dazu, dass aufgrund von „Kun- den“-wünschen die eigene Rechtsordnung verändert würde. Der für den „dreipoligen“ Marktwettbewerb typische Kreislauf in dem Sinne, dass die Anbieter auf die Präferenzen der Kunden reagieren, liegt hier somit nicht vor. Die Etikettierung der Rechtsrezeption als Maßstabs- wettbewerb verundeutlicht mehr als dass sie klärt. b) Kein Vertrag und kein Preis Auch bei Rechtswettbewerb im engeren Sinne liegt eine Besonder- heit darin, dass kein einklagbarer Vertrag über das Produkt Recht ge- schlossen werden darf. Der contrat social ist nicht justiziabel.48 Ferner meinen auch Befürworter des Wettbewerbs des Rechts keinesfalls, dass ein Bürger etwa für seine Baugenehmigung zahlen solle. Als „Preis“ wird vielmehr dreierlei angesehen: Erstens die Wählerstimme, zweitens der Verbleib im Staat und drittens die Zahlung der Steuern. Jedoch sind aus juristischer Perspektive Steuern per definitionem nicht das Entgelt für konkrete Gegenleistungen des Staates. Dement- sprechend richtet sich die Höhe der Steuer nicht nach der kaum mess-

47 Die Bereitschaft zur Rezeption hängt ab von der Vertrautheit mit einer bestimm- ten ausländischen Rechtsordnung dank Auslandsstudium, von finanziellen Anreizen (Ausstattung ganzer osteuropäischer Universitätsbibliotheken durch gewisse west- liche Staaten) und vom Einfluss ausländischer Rechtsberater, der wiederum eine Funktion der politischen Beziehungen zwischen rechtsexportierendem und rezipie- rendem Staat ist. 48 Speziell über die Steuerleistung sind individuelle Vereinbarungen zwischen Staat und Bürger prinzipiell nicht erlaubt. Sie werden aber in einigen Rechtsordnungen, so auch in der Schweiz, de facto in Form der Pauschalbesteuerung von Ausländern prak- tiziert, und zwar speziell als Anreiz für die Wohnsitzwahl vermögender Individuen (siehe für die Zulässigkeit der Pauschalbesteuerung von Ausländern Art. 6 des Bun- desgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemein- den (StHG, SR 642.14) sowie Art. 14 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes- steuer (DBG), SR 642.11). Diese Praxis wird jedoch zunehmend als Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in Frage gestellt. Siehe für die neue Tendenz in Basel- Stadt die Motion Beat Jans und Konsorten betreffend die Abschaffung der Pauschal- besteuerung von Zugewanderten vom 6. Mai 2009 sowie die Annahme der Zürcher Initiative „Schluss mit den Steuerprivilegien für ausländische Millionärinnen und Mil- lionäre (Abschaffung der Pauschalsteuer)“ am 8. Februar 2009 mit der Folge der Streichung von § 13 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Zürich. Wettbewerb von Rechtsordnungen 23 baren staatlichen Leistung an den Einzelnen, sondern primär nach der Leistungsfähigkeit der Steuerzahler.49 Die Einnahme von Steuern und Gebühren (beispielsweise der Ge- sellschaftsregistrierungsgebühr im US-Bundesstaat Delaware50) ebenso wie die Schaffung von Arbeitsplätzen oder die Anziehung qualifizierter Arbeitskräfte sind außerdem nur Mittel zum Zweck der Steigerung der allgemeinen, vor allem wirtschaftlichen Wohlfahrt des Landes. Letztlich stehen also zwar die Rechtsordnungen im Wettbewerb, aber gleichermaßen wird das Recht als Wettbewerbsfaktor im wirtschaftlichen Wettbewerb eingesetzt. Es ist das Oberziel der ökonomischen Prosperi- tät, welches die konkurrierenden Rechtssetzer anstreben, sei es aus ge- meinnützigen Motiven, sei es zur Erhaltung ihrer politischen Machtstel- lung, die von Wählern bei florierender Wirtschaft honoriert wird. Jedoch läuft der im Wettbewerbsparadigma postulierte Zyklus vom Kundenwunsch zur Produktinnovation zurück zum Kunden, also der Wettbewerbskreislauf, in Bezug auf die Rechtsordnungen kaum wirk- lich rund.51 Auf der Anbieterseite müssten die Rechtssetzer genaue Da- ten über die Mobilität und sonstigen Rechtswahlentscheidungen ihrer Kunden haben, diese interpretieren und passende Angebote zur Ver- besserung ihres Rechtsangebots machen.52 In Wirklichkeit können aber die Rechtssetzer, also konkret die poli- tischen Parteien, die Ursachen von Wählerverlust kaum auf konkrete Aspekte des geltenden Rechts zurückführen.53 Der Anpassungsdruck,

49 §3(1)AO. Es gilt das Leistungsfähigkeitsprinzip und nicht das Äquivalenzprinzip (welches die Steuer in eine Gebühr umwandeln würde). Man könnte Steuern allenfalls als „Preis“ für ein ganzes Leistungspaket ansehen, dessen Zusammensetzung und Güte die Rechtsunterworfenen jedoch nicht direkt durch Zurückbehaltung der Steuer beeinflussen können, sondern nur mittelbar durch die genannten Wahlmodalitäten. 50 Der Haushalt von Delaware wird zu einem erheblichen Anteil aus dieser fran- chise tax (30 Del. C, Section 1902(b)(6)) bestritten. 51 Hierzu Kieninger Wettbewerb (Fn. 6), 51–65. 52 Beispielsweise kann im Gesellschaftsrecht der Wettbewerb der Rechtsnormen „nur greifen, wenn sich aus den Standortentscheidungen einzelner Unternehmen iso- lierte Aussagen über die Bewertung einzelner Rechtsregeln ableiten lassen. Die Stand- ortwahl von Gesellschaften erlaubt eine Aussage über die Qualität des Gesellschafts- rechts nur dann, wenn es möglich ist, eine allein am Inhalt des Gesellschaftsrechts orientierte Entscheidung zu treffen und dies von anderen Standortfaktoren zu isolie- ren.“ C. Teichmann Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht, Berlin 2006, 365. 53 Sie haben auch keinen starken Anreiz hierfür, weil das politische Überleben eines in der Gesetzgebung involvierten Akteurs in der Regel nicht von diesen Faktoren ab- hängt. Des Weiteren verringert eine Reihe von Eigenarten der Ware Recht den An- passungsdruck auf die Rechtsordnung als Ganze. Im Privatrecht können zahlreiche Vorschriften abbedungen werden, so dass diesbezüglich kein Bedürfnis nach einer neuen Rechtsordnung besteht. Wegen des Abstraktionsgrads und der Flexibilität von 24 Anne Peters der von Abwanderungsdrohungen der Industrie ausgeht, ist schon deut- lich stärker. Im Gegensatz dazu üben Flüchtlinge kaum einen Anpas- sungsdruck aus, weder auf die defizitäre Rechtsordnung, der sie entflie- hen, noch auf den Zielstaat, der sie möglichst wieder loswerden will. Rechtsreformen werden also kaum eindeutig durch Rechtswahl- entscheidungen der Bürger, sei es durch „voice“, sei es durch „exit“, ausgelöst.54 Am ehesten, aber auch hier nur eingeschränkt, scheint ein Kreislauf im steuerrechtlichen Standortwettbewerb um Investoren zu funktionieren.

5. Fazit: Rekonstruktion der Rechtsevolution als Wettbewerb der Rechtsordnungen als sinnvolle Perspektive Bringt es also einen Erkenntnisgewinn, den Staat als Produzenten, das Recht als Ware und den Bürger als Kunden anzusehen? Nur inso- fern als die „Übersetzungsleistung“ von „hoheitlich“ in „wettbewerb- lich“ ein heuristisches Mittel ist. Die Übersetzungsmethode schärft den Blick für Unterschiede, also dafür, was das Spezifikum des Staates ist und was ihn vom Markt unterscheidet.55 Die Rekonstruktion von Rechtsentwicklung als „Wettbewerb“ eröffnet also eine neue Perspek- tive, die fruchtbar sein kann, aber nur teilweise. So benötigen wir das Wettbewerbsparadigma, wie dargelegt, nicht, um den Mechanismus der Rechtsrezeption besser zu verstehen.56 Dort

Recht besteht praktisch immer Interpretationsspielraum. Hier kann die Anpassung durch die Rechtsprechung erfolgen, und es ist kein Tätigwerden des Gesetzgebers er- forderlich. Das heißt auch, dass an dieser Stelle der Transmissionsriemen der politi- schen Wahl ausfällt. 54 Im Fall der Abwahl einer Rechtsordnung durch die Wahl einer ausländischen Rechtsordnung mittels des IPR ohne physische Mobilität ist der Anreiz für die Rechtssetzer zur Anpassung wohl noch geringer. Der daraus entstehende Nachteil sind geringere Einnahmen der an die Rechtsordnung geknüpften Branchen wie An- wälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, die ihrerseits wiederum Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen. Die eingangs erwähnten Broschüren zu „Law Made in Germany“ u.ä. zeigen zwar, dass die jeweiligen Ministerien gegen den Druck der Be- ratungsbranchen nicht unempfindlich sind. Ob sie mit substantiellen Änderungen der Rechtsordnung reagieren, ist allerdings zweifelhaft. 55 Vor allem entfaltet diese Methode ein kritisches Potential, indem sie die Frage nach der dogmatischen, theoretischen und ethischen Berechtigung oder Nicht-Be- rechtigung dieser Unterschiede provoziert. 56 Schon David Hume stellte (ohne Rekurs auf den „Wettbewerb als Entdeckungs- verfahren“) fest, dass die Rechtsrezeption eine Quelle des Fortschritts sei. Der wech- selseitige Neid würde die Staaten davon abhalten, zu leichtfertig Reformen aus anderen Ländern zu kopieren, würde zur genauesten Prüfung der Sinnhaftigkeit aller intellek- Wettbewerb von Rechtsordnungen 25 wo wir aber sinnvoller rekonstruieren können, haben wir gesehen, dass es im „dreipoligen“ Verhältnis zwischen Rechtsunterworfenen und konkurrierenden Ordnungen ganz unterschiedliche Rechtswahlmecha- nismen gibt. Diese betreffen selten ganze Rechtsordnungen, sondern eher typische Teilrechtsordnungen.57 So steht die kollisionsrechtliche Wahl nicht für Vorschriften des öffentlichen Rechts zur Verfügung. Ferner ist der Steuerrechtswettbewerb58 vor allem ein Standortwettbe- werb, der Wettbewerb im Vertragsrecht ein weitgehend entterritoriali- sierter Wettbewerb und der Wettbewerb im Gesellschaftsrecht59 beides. Schließlich betrifft die im Kauf ausländischer Ware liegende Entschei- dung nur Produktstandards (und diese auch nur nachrangig), so dass es künstlich erscheint, den Vorgang als Rechtswahl zu bezeichnen. Im Ergebnis bringt also die Beschreibung der Rechtsordnungsent- wicklung als „Wettbewerb“ einen gewissen analytischen Nutzen. Wir können sinnvoll davon sprechen, dass es einen Wettbewerb der Rechts- ordnungen gibt. Dieser ist jedoch unvollkommen, insbesondere wegen des durch den schwachen Selektionsdruck und die Selektionsungenau- igkeit vielfach durchbrochenen Wettbewerbskreislaufs. Vor allem kann aus dieser Diagnose unmittelbar keine Handlungs- empfehlung abgeleitet werden.60 Diese hängt von der normativen Be- wertung der Phänomene ab, zu der ich nun gelange.

tuellen Erzeugnisse aus dem Ausland führen und somit eine Verbreitung der qualitativ hochwertigen Institutionen, einschließlich der rechtlichen, bewirken (D. Hume Of the Rise and Progress of the Arts and Science (orig. 1742), in: E. Miller (Hrsg.), David Hume: Essays, Moral, Political and Literary, Indianapolis 1985, 111ff. (119f.) 57 Wegen der primär territorial definierten Jurisdiktion des Staates kann der Rechts- unterworfene eine ganze Rechtsordnung nur durch Niederlassung in einem anderen Staat wählen, also mittels der Wahlmodalität „exit“. 58 Siehe aus der juristischen Literatur zum Steuerwettbewerb R. S. Avi-Yonah Globalisation, Tax Competition and the Fiscal Crisis of the Welfare State, Harvad Law Review 113 (2000), 1573ff.; W. Schön Steuerwettbewerb in Europa, Archiv des schweizerischen Abgabenrechts 71 (2002–3), 337–383; A. Schmehl Nationales Steuer- recht im internationalen Steuerwettbewerb, in: W. Schön/K. E. M. Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, MPI Studies on Intellectual Property, Competition and Tax Law, Berlin u.a. 2009, 99–123. Aus der Fülle der ökonomischen Literatur L. Gerken/J. Märkt/G. Schick Internationaler Steuerwettbewerb, Tübingen 2000; R. Höijer Tax Competition and Tax Cartels, in: Bergh/Höijer (Fn. 17), 129–154. 59 Hierzu Teichmann Gesellschaftsrecht (Fn. 52); K. Heine Regulierungswettbewerb im Gesellschaftsrecht, Berlin 2003; aus der ökonomischen Literatur grundlegend R. Romano The Genius of American Corporate Law, Washington 1993. 60 Jedoch ist die ordnende Beschreibung und Typenbildung eine wichtige Voraus- setzung dieser Bewertung, weil sie die Einsicht ermöglicht, dass unterschiedliche Ar- ten von Wettbewerb unterschiedliche Legitimationsprobleme aufwerfen könnten. 26 Anne Peters

IV. Bewertung des Wettbewerbs der Rechtsordnungen

Die Wettbewerbslesart der Rechtsordnungsevolution erlaubt die Identifikation sowohl negativer als auch positiver Auswirkungen der Phänomene. Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive interessieren in erster Linie solche Vorzüge und Nachteile, die in der Stärkung oder umgekehrt Gefährdung von Rechtsgütern bestehen. Ich werde mich dabei auf fünf Rechtsgüter beschränken: Freiheit, Gleichheit, Demo- kratie, Sozialstaatlichkeit und Gemeinwohl.

1. Freiheitssicherung durch Wettbewerb der Rechtsordnungen Die prinzipielle Rechtfertigung des Wettbewerbs der Rechtsordnun- gen ist das Freiheitsargument. Schon Max Weber hatte behauptet, dass aus der Konkurrenz der neuzeitlichen Staaten um das „freizügige“ Ka- pital der freie nationale Bürgerstand hervorgegangen sei.61 Heute betont vor allem die Public-Choice-Schule, dass die Abwanderungsdrohung die Staaten mit ihren Rechtsordnungen dazu zwinge, „schlank“ zu blei- ben, womit die Freiheit des Bürgers gestärkt werde. Jedoch folgt aus dieser potentiell freiheitssichernden Funktion des zwischenstaatlichen Wettbewerbs keinesfalls die Obsoletheit der klas- sischen, nichtfiskalischen Instrumente zur Machtkontrolle des Staates. Die juristischen Mechanismen der Machtbegrenzung bleiben relevant, weil der Wettbewerb der Staaten und ihrer Rechtsordnungen das Potential zum Machtmissbrauch nicht „wegkonkurrieren“ kann. Der Wettbewerb des Rechts dispensiert also staatliche Instanzen keinesfalls von der Rechts- und Verfassungstreue.62 Diese Einsicht gebietet jedoch nicht zwingend, die klassischen juris- tischen Machtbegrenzungsmechanismen als einzige zuzulassen. Der Wettbewerb des Rechts darf als Komplementärstrategie gelten, solange die Rechtsstaatlichkeit Vorrang behält.

61 M. Weber Wirtschaftsgeschichte: Abriss der universalen Sozial- und Wirtschafts- geschichte, München u.a. 1923, 288f. 62 „Der Umstand, daß die Politik und die Interessengruppen aufgrund einer hohen Mobilität der Individuen möglicherweise ‚etwas weniger‘ in der Lage sind, die hoheit- liche Macht zu mißbrauchen, impliziert selbstverständlich nicht, daß dadurch die Poli- tik gleichfalls ‚etwas weniger‘ an die Prinzipien der Ordnung der Freiheit gebunden sei.“ L. Gerken Der Wettbewerb der Staaten, Tübingen 1999, 56. Wettbewerb von Rechtsordnungen 27

2. Wettbewerb der Rechtsordnungen und Gleichheitssatz Zweitens fordert der Wettbewerb der Rechtsordnungen die gleich- heitsrechtliche Dogmatik heraus.63 Die Konkurrenzsituation könnte den Gesetzgeber, insbesondere den Steuergesetzgeber, dazu verführen, den Gleichbehandlungsgrundsatz zu verletzen, um Arbeitsplätze und Steuerquellen zu erhalten oder zu schaffen.64 Jedoch fordert der Gleichheitssatz keine schematisch-identische Be- handlung. Sachangemessene Differenzierungen sind zulässig. Die Frage ist nun, ob, unter welchen Bedingungen und in welchem Ausmaß neue Lenkungsziele, wie das Bedürfnis nach Attraktion und Pflege von aus- ländischem Kapital als legitime Differenzierungsgründe, anzuerkennen sind.65 Speziell im Steuerrecht könnte – in engen Grenzen – ein zuläs- siger Grund für die steuerliche Ungleichbehandlung von Steuersubjek- ten deren Wettbewerbsempfindlichkeit werden, auch wenn diese Sub- jekte nach bisheriger Systematik als gleich wirtschaftlich leistungsfähig zu bewerten und somit gleich zu besteuern wären.66 Normative Begrün-

63 U. Hufeld Auf Konfliktkurs mit dem Europäischen Steuerrecht: Die Besteuerung der REIT-Aktiengesellschaft und ihrer Anteilseigner, Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht 19 (2008), 209–219 (218), insbesondere für den Steuergesetzgeber. 64 Siehe BGE 133 I 206, E. 10.2. (2007) zur degressiven Einkommenssteuer im Kanton Obwalden: „Dabei betreibt der Kanton auch Steuerpolitik und Steuerwett- bewerb, dem er unausweichlich ausgesetzt ist. Das ist nicht zu beanstanden. … Die Tatsache, dass zwischen den Kantonen Wettbewerb herrscht und unterschiedliche Verhältnisse bestehen, hebt jedoch den verfassungsrechtlichen Individualanspruch auf Gleichbehandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) nicht auf. Es ist Aufgabe des Verfassungsrich- ters, dafür zu sorgen, dass diese Garantie unter dem Titel ‚Steuerwettbewerb‘ oder ‚Wirtschafts- und Standortförderung‘ nicht verletzt wird.“ 65 Grundsätzlich befürwortend Schmehl Nationales Steuerrecht (Fn. 58), 100 und 104; B. Hansjürgens Das Äquivalenzprinzip als zentraler Maßstab für fairen Steuer- wettbewerb. Anmerkungen aus finanzwissenschaftlicher Sicht, in: W. Müller u.a. (Hrsg.), Regeln für den europäischen Systemwettbewerb: Steuern und soziale Siche- rungssysteme, Marburg 2001, 71–88 (81). 66 BVerfGE 116, 164 (192, Rn. 98f. u. 111) (2006) – Standortsicherungsgesetz, Tarif- begrenzung bei gewerblichen Einkünften: Das wirtschaftspolitische Förderungs- und Lenkungsziel der Verbesserung der Position des Wirtschaftsstandorts Deutschland kann jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum eine hinreichende sachliche Begrün- dung für steuerliche Differenzierungen bilden. Siehe auch BVerfGE 110, 274 (299, Rn. 74ff.) (2004) – Ökosteuer: Zu den sachbezogenen Differenzierungen, die der Steuer- gesetzgeber treffen darf, gehört auch die Berücksichtigung der internationalen Wett- bewerbsfähigkeit betroffener Unternehmen. Hier ist unmittelbar der internationale ökonomische Wettbewerb der Unternehmen angesprochen, der jedoch die internatio- nale Standortkonkurrenz mit Mitteln des Steuerrechts hervorruft. Vgl. aus der Lite- ratur Schmehl Nationales Steuerrecht (Fn. 58), 104: Die Notwendigkeit der Aufnahme und teilweisen Abwehr des Wettbewerbs des Rechts könnte neue steuerrechtliche 28 Anne Peters dung solcher Differenzierungen, die in einer geschlossen Staatlichkeit unzulässig wären, ist das Prinzip der offenen Staatlichkeit.67

3. Wettbewerb der Rechtsordnungen und Demokratie Ein Hauptargument der Befürworter des Wettbewerbs der Rechts- ordnungen ist das Demokratieargument. a) Ausgleich demokratischer Defizite durch den Wettbewerb der Rechtsordnungen? In der Public-Choice-Perspektive gilt der Wettbewerb der Rechtsord- nungen als notwendiges Korrektiv der strukturellen Parteilichkeit des innerstaatlichen demokratischen Prozesses, der wegen des Wissens- problems und des Interessengruppeneinflusses68 suboptimale staatliche Rechtsvorschriften erzeuge.69 Gegen diese Rechtfertigung des Wettbewerbs der Rechtsordnungen sind mehrere Einwände zu erheben. Erstens besteht die Gefahr, dass der Rechtswettbewerb, anstelle die Verkrustungen des politischen Pro- zesses aufzubrechen, vielmehr wieder Sonderinteressen bevorzugt.70 Dies liegt nahe, weil gerade diejenigen Akteure, die vor allen anderen „mit den Füssen“ abstimmen können, genau dieselben sind, die auch

Unterscheidungen erlauben, die sich zunehmend vom Status der Person lösen und stattdessen nach Art und Ort der Einkommensbestandteile differenzieren. 67 U. Di Fabio Steuern und Gerechtigkeit, JZ 62 (2007), 749–755 (755). 68 In dieser Perspektive leidet der demokratische Prozess strukturell an einer über- mäßigen Einflussnahme der besser organisierten Gruppen, die durch Lobbyismus vorteilhafte Rechtsvorschriften für ihre Branche herbeiführen können, typischerweise zulasten des Durchschnittsbürgers, vor allem in seiner Rolle als Konsument (M. Olson The Logic of Collective Action: Public Goods and the Theory of Groups, 21. Aufl. Cambridge (Mass.) 2003). Die neue Praxis der Beauftragung privater Anwaltskanz- leien mit der Ausarbeitung von Gesetzesvorlagen, auch in Sachbereichen, in denen Interessenkonflikte offensichtlich sind (Entwurf eines Gesetzes zur Zwangsverwal- tung notleidender Banken) dürfte das Übergewicht unternehmerischer Interessen im Gesetzgebungsverfahren verstärken. 69 Das Korrektiv liegt nach dieser Behauptung erstens, intern, darin, dass Rechts- setzer, die mit der Abwanderungsdrohung von Produktionsfaktoren konfrontiert sind, weniger anfällig für die Erfüllung von Sonderwünschen seien, und zweitens, extern, darin, dass die direkte oder indirekte Rechtswahl mit den Füssen den Bürgern er- laube, schlechtes Recht, insbesondere solches, das Partikularinteressen zulasten der Allgemeinheit befriedigt, außerhalb des demokratischen Prozesses abzuwählen. 70 Kritisch D. Kiwit/S. Voigt Grenzen des institutionellen Wettbewerbs, Jahrbuch für neue politische Ökonomie 17 (1998), 313ff. (334); Gerken Wettbewerb der Staaten (Fn. 62), 39. Wettbewerb von Rechtsordnungen 29 beim Lobbying im Vorteil sind. Eine Meinungsäußerung hat nämlich umso mehr Gewicht, je glaubhafter die Abwanderungsdrohung ist.71 Das vergrößert den Einfluss des Kapitals, insbesondere des Finanzkapi- tals, das viel mobiler ist und dessen Stimme dadurch gewichtiger wird.72 So gesehen, potenziert der Wettbewerb der Rechtsordnungen die Män- gel des demokratischen Prozesses eher als dass er sie ausgleicht. Zweitens ist der Wettbewerb der Rechtsordnungen untrennbar mit dem politischen Wettbewerb verknüpft, weil die Reaktionen der Rechts- setzer zwangsläufig in einem politischen Prozess erfolgen. Die Defizite des politischen Prozesses schlagen also auf den Wettbewerb der Rechtsordnungen durch.73 Deshalb ist das Kompensationsargument teilweise zirkulär. Im Ergebnis ist der Wettbewerb der Rechtsordnungen nicht geeignet, um demokratische Defizite des politischen Wettbewerbs zu kompensie- ren und wirkt somit nicht per se demokratiestärkend. Er riskiert im Ge- genteil sogar, das Demokratieprinzip zu verletzen. Denn im Verfahren des Wettbewerbs herrscht keine demokratische Gleichheit unter den auswählenden Personen. Die „Konsumenten-Bürger“, beziehungsweise ihre Einflussmöglichkeiten, sind extrem ungleich. Diese Ungleichheit der Einflussmöglichkeiten stellt ein demokratisches Problem dar, weil die individuelle Rechtswahl einiger Akteure sich wegen der wesensmä- ßigen Allgemeinheit von Rechtsnormen praktisch immer auf unbetei- ligte Normunterworfene auswirkt. Diese Ungleichheit verletzt jedoch das Demokratieprinzip nur so lange nicht, wie es beim normativen Vorrang der demokratischen und strikt formal egalitären Verfahren bleibt. Der vom Prinzip der unglei- chen Marktmacht beherrschte Wettbewerb der Rechtsordnungen ist somit kein alternatives Verfahren zu demokratischen, allgemeinen und gleichen Wahlen und Abstimmungen. b) Verlust demokratischer Selbstbestimmung durch Wettbewerb der Rechtsordnungen? Kritiker des Wettbewerbsparadigmas argumentieren weitergehend, dass der Wettbewerb der Rechtsordnungen demokratieschädlich sei, weil er die Macht des Parlaments unterminiere.74 Genau genommen

71 Monopolkommission (Fn. 13), 17. 72 Sinn Competition (Fn. 9), 60: „Capital, except possibly for corporate capital trap- ped by divided taxes, will be the big winner of systems competition.“ 73 Monopolkommission (Fn. 13), 19. 74 Speziell in Deutschland scheint dies eine zentrale Erwägung in der Diskussion um den Steuerwettbewerb zu sein (Schön Steuerwettbewerb in Europa (Fn. 58), 352). 30 Anne Peters sind es aber die globalisierungsinduzierten Ausweichmöglichkeiten der Rechtsunterworfenen, die einen „Sachzwang“ bilden. Dadurch, nicht durch die Etikettierung der Phänomene als Wettbewerb, entstehen Steuerungsverluste. Zwar bleibt der demokratische Gesetzgeber frei, andere politische Prioritäten zu setzen. Nichts zwingt ihn dazu, im Wettbewerb die Spit- zenposition anzustreben.75 Jedoch würde eine solche Haltung wegen der damit verbundenen Schmälerung des Handlungsspielraums den Verlust demokratischer Selbstbestimmung verschärfen. Das Abseitsste- hen würde die nationalstaatliche Demokratie in ihrer Outputdimension stärker schwächen als das Eintreten in den Wettbewerb.76 Eine Stär- kung der demokratischen Gestaltungskraft kann vor allem dadurch er- zielt werden, dass der Wettbewerb als politische Herausforderung an- genommen und rechtlich eingebettet wird.

4. Wettbewerb der Rechtsordnungen und soziales Prinzip Neben dem Demokratieproblem besteht das offensichtlichste Span- nungsverhältnis zwischen Wettbewerb und sozialem Prinzip.77 Auf der

75 „Der Primat des Politischen wird durch den Rechtsmarkt … nicht angetastet.“ Eidenmüller Recht als Produkt (Fn. 18), 641–652 (649). 76 Vgl. Monopolkommission (Fn. 13), 46: „Letztlich kann sich – trotz aller protek- tionistischer Bemühungen – eine Volkswirtschaft, die in einem Maße in die Weltwirt- schaft integriert ist wie Deutschland, nicht dem Einfluß des Systemwettbewerbs entzie- hen. Sie kann allenfalls den einsetzenden Wettbewerb verzögern. Besser wäre es, sich nicht gegen den internationalen Wettbewerb abzuschotten, sondern sich rechtzeitig den Herausforderungen zu stellen, um nicht langfristig zurückzufallen.“ (Autoren sind C. C. von Weizsäcker, H. Greiffenberger, W. Haastert, W. Möschel, E. Weber-Braun). Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler sagte zur Eröffnung des Deutschen Juristen- tages 2008, das „zunehmend auch die Rechtssysteme, die staatlichen Rechtsordnungen und Rechtskulturen im weltweiten Wettbewerb“ stünden und fuhr fort: „Alle Erfah- rung lehrt: Diesen Wettbewerb besteht am besten, wer ihn unverzagt annimmt und an ihm wächst.“ (Grußwort von Bundespräsident Horst Köhler anlässlich der Eröffnung des 67. Deutschen Juristentages am 23. September 2008 in Erfurt, 1 (auffindbar über www. Bundespraesident.de)). Ein Wiedergewinn von Handlungsspielraum ist nicht zu- letzt durch Mitwirkung an internationaler Rechtssetzung und Politik zu erwarten. Man kann dies als Paradox bezeichnen: Eine Übertragung von Hoheitsrechten auf inter- nationale Institutionen, beispielsweise eine Wettbewerbsbehörde, könnte sinnvoll sein um diese Hoheitsrechte nicht faktisch an private Wirtschaftsakteure zu verlieren. Siehe mutatis mutandis für das Steuerrecht Schön Steuerwettbewerb in Europa (Fn. 58), 348. 77 Siehe für Normierungen des sozialen Prinzips auf internationaler Ebene den UN- Pakt über wirtschaftliche und soziale Rechte; auf nationaler Ebene Art. 20 Abs. 1 GG; Art. 41 schweizerische BV. Siehe für die EU Art. 3 Abs. 3 EUV nF und Art. 151ff. AEUV. Wettbewerb von Rechtsordnungen 31 einen Seite ist der Wettbewerb der Rechtsordnungen geeignet, indirekt Wohlstand zu generieren, indem die „Güter“ in diesem Wettbewerb, die Rechtsvorschriften, bedarfsgerechtere und bessere Rahmenbedingungen für wirtschaftliche und damit wohlstandsfördernde Aktivitäten werden. a) Vernachlässigung der Interessen und Präferenzen der Schwachen Ein sozialstaatliches Problem ist jedoch, dass auf einem Markt die Präferenzen der marktmächtigeren Gruppen immer besser befriedigt werden als die der schwächeren Gruppen. Diejenigen Güter oder Ak- teure, die gar keine Stimme haben, um ihre Präferenzen zu äußern und zu zahlen, wie die Umwelt, Tiere oder nachfolgende Generationen, werden im reinen Marktmechanismus gar nicht berücksichtigt. b) Keine Verteilungsgerechtigkeit Hinzu kommt, dass der Wettbewerb keine oder wenig soziale Umver- teilung erlaubt. Dies zeigt sich insbesondere im Steuerwettbewerb. Um reichen Steuerzahlern den Anreiz zur Abwanderung in Niedrigsteuer- jurisdiktionen zu nehmen, sind Jurisdiktionen geneigt, die Steuern zu senken, wodurch die Umverteilungsmasse verringert wird. Die auf die Abwanderungsgefahr reagierende Verlagerung von direkten auf indi- rekte Steuern schmälert ebenfalls die Umverteilungsmöglichkeiten.78 Allgemein kann zwar die „unsichtbare Hand“ die Individuen dahin- gehend lenken, dass sie durch Verfolgung ihres Eigennutzes ungewollt das Gemeinwohl fördern.79 Aber dieser Marktmechanismus schafft nur

78 Hierzu auch Text mit Fn. 88. Als normative Gegensteuer gegen die Unterminie- rung der staatlichen Kapazität zur Umverteilung mit Mitteln des Steuerrechts bietet sich die Stärkung der direkten Demokratie auf nationaler Ebene an. Die Erfahrung der Schweiz zeigt, dass Bürger Umverteilung eher akzeptieren, wenn sie dabei mitbe- stimmen konnten. Die prozedurale Fairness stabilisiert die dezentrale Umverteilung (Feld Steuerharmonisierung (Fn. 34), 53). 79 „[E]very individual … generally, indeed, neither intends to promote the public interest, nor knows how much he is promoting it. … [H]e intends only his own gain, and he is in this, … led by an invisible hand to promote an end which was no part of his intention. Nor is it always the worse for the society that it was not part of his intention. By pursuing his own interest he frequently promotes that of the society more effectually than when he really intends to promote it.“ A. Smith An Inquiry into the Wealth of Nations, Buch IV, Kapitel ii, Absatz 9 (hrsg. von R. H. Campbell u.a.), Oxford 1979, 456 (orig. London 1776). „It is not from the benevolence of the butcher, the brewer, or the baker, that we expect our dinner, but from their regard to their own interest. We address ourselves, not to their humanity but to their self-love, and never talk to them of our own necessities but of their advantages.“ (ebd., Buch I, Kap. ii 2 (26f.)). In der klassischen Formulierung durch Adam Smith erhält der Markt seine spezielle Dignität gerade dadurch, dass er Gemeinwohl ohne Gemeinsinn zu erzeugen 32 Anne Peters ausgleichende Gerechtigkeit durch Geben und Nehmen, also justitia compensativa, nicht austeilende Gerechtigkeit, justitia distributiva.80 Darin liegt eine Verletzung des Solidaritätsprinzips, das ein spezifischer Bestandteil der Sozialstaatlichkeit ist. c) Die Abwärtsspirale aa) Der Vorwurf Die gravierendste Bedrohung des sozialen Prinzips scheint in der viel- fach befürchteten Abwärtsspirale zu liegen.81 Das schrittweise Herun- terkonkurrieren könnte etwa bei Umweltstandards, Sozialstandards, und im gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutz stattfinden. Eine Ab- wärtsspirale in punkto Steuern würde langfristig zu einer Erosion der Steuerbasis und zu einem Aushungern des Staates führen. Der Staat würde zum einen in die Verschuldung getrieben, womit zukünftige Ge- nerationen unfair belastet würden, und zum anderen zur Mindererfül- lung und Reduzierung staatlicher Aufgaben, auch im Bereich der Da- seinsvorsorge, gezwungen. Langfristig droht nach Ansicht der Kritiker des Wettbewerbs die Selbstzerstörung des steuerfinanzierten Staates.82 bb) Theoretisches Modell und empirische Realität Der berüchtigte race to the bottom83 ist allerdings unter Öko- nomen weder als theoretisches Modell84 noch als empirische Reali- verspricht. Dies ist der „semantische Coup“ des Liberalismus. Markt und Wettbe- werb bilden ein Substitut für Tugend. Der Markt mit Wettbewerb ist ein institutionel- ler Mechanismus, der Gemeinwohl erzeugt, aber keine Gemeinwohlintention verlangt (F. Nullmeier/T. Pritzlaff Gemeinsinn durch Konkurrenz, in: H. Münkler/H. Bluhm (Hrsg.), Gemeinwohl und Gemeinsinn: Zwischen Normativität und Faktizität, Berlin 2002, 187–215, 188). 80 Papst Benedikt XVI Encyclica Caritas in veritate vom 29. Juni 2009, Rn. 35. 81 Vgl. in Bezug auf das Gesellschaftsrecht BGH Beschl. vom 3. März 2000, JZ 55 (2000), 903, 904 (Vorlagebeschluss im Überseering-Verfahren): „Es ist zu befürchten, dass sich im dergestalt eröffneten ‚Wettbewerb der Rechtsordnungen‘ gerade die Rechtsordnung mit dem schwächsten Schutz dritter Interessen durchsetzen würde (‚race to the bottom‘).“ 82 Kirchhof Freiheitlicher Wettbewerb (Fn. 7), 44. 83 Der Begriff „race to laxity“ wurde 1933 vom US Supreme Court Justice Louis Brandeis in Bezug auf den Wettbewerb der US-Gliedstaaten im Gesellschaftsrecht ge- prägt: „Companies were early formed to provide the charters for corporations in states where the cost was lowest and the laws least restrictive. The states joined in ad- vertising their wares. The race was not one of diligence, but of laxity.“ US Supreme Court, Ligget Co. V. Lee (288 U.S. 517, 558–559 (1933), Fußnoten weggelassen). 84 Hierzu grundlegend R. Revesz Rehabilitating Interstate Competition: Rethinking the Race-to-the Bottom Rationale for Federal Environmental Regulation, NYU Law Wettbewerb von Rechtsordnungen 33 tät85 allgemein anerkannt. Erstens passt die „Race to the bottom“- Hypothese auf einige Rechtsbereiche, etwa das Wettbewerbsrecht,86 gar nicht, weil diese keine linearen Standards setzen und somit nicht klar ist, was der „Boden“ ist. In Rechtsgebieten, in denen ein „Boden“ definierbar ist, ist jedoch keine Abwärtsspirale nachweisbar. So hat im Arbeitsrecht die Verlage- rung von Produktionsstandorten in Billigländer nicht zu einer Absen- kung der Gesundheits- und Unfallverhütungsstandards in den industria- lisierten Staaten geführt. Diese bleiben allein schon dank technischem Fortschritt hoch. Demgegenüber sind im Austauschverhältnis, also in Bezug auf Löhne und Kündigungsschutz, in den Industriestaaten Ero- sionen spürbar. Diese sind aber multifaktoriell begründet und nicht un- bedingt auf außereuropäische Konkurrenz zurückzuführen.87 Im Steuerrecht ist keine allgemeine Absenkung der Steuern und keine gesamthafte Minderung der Steuereinnahmen feststellbar, jedoch

Review 67 (1992), 1210–1254. Revesz zeigt, dass Race to the bottom-Argumente von den existierenden Modellen des inter-jurisdiktionellen Wettbewerbs nicht gedeckt sind. Er zeigt auch, dass selbst wenn eine Abwärtsspirale der Umweltstandards statt- fände, eine Regulierung auf höherer Normstufe (z.B. im Bundesstaat durch Bundes- recht, oder auf völkerrechtlicher Ebene) keine adäquate Antwort gäbe. Staaten, die darum bemüht sind, Unternehmen anzuziehen würden die Standards in anderen Be- reichen absenken. 85 Nach Auffassung der Monopolkommission (Fn. 13), 23 wird das Ausmaß der Abwärtsspirale in der öffentlichen Diskussion überschätzt. Zum Steuerwettbewerb in der Schweiz stellt Lars Feld fest: Dieser „hat jedoch weder zu einer absoluten Kon- vergenz der Durchschnittswerte bei der Einkommenssteuer noch zu einer zu niedri- gen Besteuerung gemessen an einem effizienten Niveau öffentlicher Leistungen geführt. Ein ‚race to the bottom‘ kann für die Schweiz nicht festgestellt werden.“ (Feld Steuerharmonisierung (Fn. 34) 5, auch 20). 86 Im Wettbewerbsrecht gibt es keinen eindeutigen „minimalen“ und „maximalen“ Schutz, weil dessen Bestimmung vom genauen Ziel des jeweiligen Gesetzes abhängt, das wiederum vom zugrunde gelegten Wettbewerbsbegriff und dem wettbewerbs- theoretischen Leitbild bestimmt wird (J. Bätge Wettbewerb der Wettbewerbsordnun- gen?, Baden-Baden 2009, 71). Die Ziele der existierenden nationalen Wettbewerbs- ordnungen sind nur teilweise ökonomisch und selbst in diesem Rahmen sehr vielfältig: Funktionsfähiger oder wirksamer Wettbewerb, Gesamtwohlfahrt, Konsu- mentenwohlfahrt, internationale Wettbewerbsfähigkeit, Schutz kleiner und mittlerer Unternehmen etc. Daneben verfolgen viele Wettbewerbsgesetze weitere politische und soziale Ziele. 87 Vgl. hierzu J.-F. Stöckli Arbeitsrecht zwischen Vertrag und Gesetzgebung, in: H. Siegenthaler (Hrsg.), Wissenschaft und Wohlfahrt, Zürich 1997, 115–135 (insb. 120–133) zur interkantonalen Konkurrenz im Arbeitsrecht der Schweiz der Gründer- jahre. 34 Anne Peters eine gewisse Tendenz zur Verlagerung von direkten Steuern auf indirek- ten Steuern, und vom mobilen Kapital auf den eher immobilen Produk- tionsfaktor Arbeit sowie auf das Grundeigentum.88 Dies kann als Reak- tion auf den Abwanderungsdruck des Kapitals gedeutet werden. Eine neue Untersuchung zum universellen Rechtswettbewerb zeigt, dass dieser drei Typen von Ergebnissen zeitigt.89 In einigen Bereichen hat sich die Regulierung tatsächlich auf einem niedrigen Niveau ein- gependelt. Hauptfall für diesen Verlauf sind Arbeits- und Sicherheits- vorschriften auf Schiffen. Dieses Phänomen der Billigflaggen lässt jedoch kaum Rückschlüsse auf andere Rechtsbereiche zu, weil im Be- reich der Schifffahrt gar kein territorial gebundener Produktions- bzw. Dienstleistungsort existiert und die Besatzungsmitglieder universell mobil sind.90 Ein anderer Verlauf des Rechtswettbewerbs ist die Einigung auf einen höheren gemeinsamen Nenner, der sogenannte „race to the top“. Dies ist international etwa mit dem Montrealprotokoll zum Schutz der Ozonschicht geschehen.91 Der dritte, weitaus häufigste Verlaufstyp des Regulierungswettbewerbs ist die Persistenz von Heterogenität der Standards trotz Wettbewerb. In weiten Regulierungsfeldern ist das der Fall, vom Recht der unlauteren Werbung bis zum Tierschutz. Dies gilt auch regional, wie das Beispiel der Schweiz zeigt. Seit Gründung des schweizerischen Bundesstaates 1848 herrscht in Bezug auf zahlreiche reglementierte Berufe immer

88 Zur Nichtnachweisbarkeit der Abwärtsspirale und zur Verlagerung der Steuer- einnahmen V. Curzon-Price Fiscal Competition and the Optimization of Tax Revenues for Higher Growth, in: Bergh/Höijer (Fn. 17), 155–182. 89 D. D. Murphy The Structure of Regulatory Competition, Oxford 2004. 90 Außerdem sind die Billigflaggen weniger ein Problem der Inhalte oder „Höhe“ der Schutz- und Sicherheitsstandards, sondern der Durchsetzung. Die meisten Billig- flaggenstaaten sind an Verträge der internationalen Maritim-Organisation gebunden, sie setzen sie „nur“ nicht richtig um. Dementsprechend setzen alle Abhilfestrategien bei der Durchsetzung an. Erstens wird ein „genuine link“ zwischen dem Flaggen- staat und dem Schiff gefordert und zweitens wird Schiffen unter bestimmten Flaggen der Zugang zu gewissen Häfen verboten. Eine andere Frage sind auch in diesem Rechtsbereich niedrigere Steuern sowie niedrige Löhne. Hier ist eine Abwärtsspirale zu beobachten, zumal traditionelle Seefahrernationen versuchen, die Rückflaggung mit Steuervergünstigungen speziell für Reeder zu erreichen. Zum ganzen D. König Flags of Convenience, Max Planck Encylopedia of International Law 2009 (www.mpepil.com). 91 Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen vom 16. September 1987, Neufassung in BGBl. 2003 II, 346. Im innerstaatlichen Bereich wird der „California effect“ der Einführung höherer Abgasgrenzwerte in allen US-Bundesstaaten und auf Bundesebene nach kalifornischem Vorbild genannt. Wettbewerb von Rechtsordnungen 35 noch ein Wettbewerbsföderalismus mit Freizügigkeit und gegenseitiger Anerkennung der kantonalen Standards.92 Hier findet kein „race to the bottom“ statt.93 Die Dichte und Art der kantonalen Vorschriften über Diplome, Ausbildungsnachweise und Polizeibewilligungen für die Berufsausübung hängt offenbar stark von anderen Faktoren, etwa dem Einfluss lokaler Interessengruppen und vor allem von regionalen kul- turellen Werten ab.94 Beispielsweise sind Berufe im protestantischen Appenzell Ausserrhoden viel weniger reguliert als im katholischen Ap- penzell Innerrhoden, obwohl Faktorenmobilität zwischen den beiden direkt benachbarten Kantonen und damit Rechtswettbewerb besteht.95 Im Ergebnis ist also im Wettbewerb der Rechtsordnungen nicht per se die Abwärtsspirale angelegt und damit auch nicht per se eine Gefähr- dung sozialer (und ökologischer) Prinzipien.

5. Wettbewerb der Rechtsordnungen und Gemeinwohl Der zentrale Einwand gegen die Zulassung eines Wettbewerbs der Rechtsordnungen ist die Gefahr der Vernachlässigung des Gemein- wohls.96 Denn im Wettbewerb konzentriert sich der Anbieter für sein Produktdesign auf die Bedürfnisse der Kunden und versucht spezifi- sche Kundengruppen zu befriedigen. Aber steht eine nachfrageorientierte Ordnung wirklich einer gemein- wohlorientierten Ordnung entgegen? Es läge kein Widerspruch vor, wenn sich das Gemeinwohl aus der Summe der geäußerten individuel- len Präferenzen ergäbe, wie der Utilitarismus annimmt.97 Jedoch kann

92 Für zahlreiche Berufe im Gesundheits-, Gewerbe-, Dienstleistungs- und juristi- schen Sektor sind die Ausbildungsnachweise nach wie vor kantonal geregelt, oder es existieren ohne spezifisches Ausbildungserfordernis kantonale Bewilligungspflichten. 93 A. De Chambrier Die Verwirklichung des Binnenmarktes bei reglementierten Be- rufen, Grundlagenbericht zur Revision des BGBM (Bundesgesetz über den Binnen- markt) seco – Staatssekretariat für Wirtschaft (2003). 94 L. Feld Regulatory Competition and Federalism in Switzerland (Fn. 36), 24. Die Entwicklung der 1990er Jahre zeigt für die Schweiz auch nicht, dass „mimicking be- haviour“ (also im Bereich des Rechts die Rezeption) eine große Rolle spielt (ebd.). 95 Ebd., 23. 96 Siehe P. Kirchhof (Hrsg.), Gemeinwohl und Wettbewerb, Tübingen 2005. Das Bundesverfassungsgericht erblickt den „Zweck des Staates“ in der „Wahrung des Ge- meinwohls …, in dessen Mitte Freiheit und soziale Gerechtigkeit stehen“ und betont, „daß alle Staatsgewalt … am Wohl aller Bürger ausgerichtet zu sein hat.“ BVerfGE 42, 313, 332 (1976); 44, 125, 141f. (1977). 97 So J. Bentham An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, New York 1948 (orig. 1789). Chap. I, Sec. IV (S. 3): „The interest of the community then is, what? – the sum of the interests of the several members who compose it“. 36 Anne Peters das Ziel, den Willen bzw. die Präferenzen der Kollektivmitglieder in de- mokratischen Entscheidungsverfahren zu repräsentieren und zugleich die Verteilung der individuellen Präferenzen verfälschungsfrei abzu- bilden, nicht verwirklicht werden. Es ist nach dem Arrow-Theorem lo- gisch unmöglich, kollektive Entscheidungsverfahren zu finden, die mi- nimalen Anforderungen an demokratische Verfahren näherungsweise genügen und gleichzeitig widerspruchsfrei sind. Es gibt in diesem Sinne keine „Wohlfahrtsfunktion“.98 Das heißt, die Verfolgung von Gemein- wohlzielen kann sich schon aus logischen Gründen nicht auf die Befrie- digung geäußerter (durch „Zahlungsbereitschaft“ signalisierter) indivi- dueller Präferenzen der „Nachfrager“ beschränken.99 Damit stehen Erwägungen des Gemeinwohls zwischen denen der Effizienz und der Gerechtigkeit. Einerseits gehen sie von tatsächlichen partikularen Präferenzen aus, andererseits lassen sie auch den Vorrang des Gesamtinteresses eines bestimmten Kollektivs zu.100 Genau diese Spannungslage zwischen der individuellen Präferenzsouveränität und dem Kollektivinteresse charakterisiert den Gemeinwohlbegriff. Des- halb kommt es auf die Verfahren zur Auflösung dieser Spannungslage im konkreten Fall an.101 Der reine Wettbewerb ist kein geeignetes Verfahren für diese Auflö- sung. Denn der Wettbewerb schafft lediglich eine vorteilhafte Rechts- ordnung für betroffene marktmächtige Individuen im Licht der von die- sen tatsächlich verfolgten Ziele und Interessen, gleichgültig worin diese bestehen mögen. Das heißt, der Wettbewerb der Rechtsordnungen muss durch andere Steuerungsmechanismen ergänzt und gegebenen- falls korrigiert werden, um eine Rechtsordnung im Sinne des Gemein- wohls zu schaffen.102

98 K. J. Arrow Social Choice and Individual Value, 2. Aufl. New Haven (Conn.) u.a. 1963 (orig. 1951). 99 Gemeinwohlentscheidungen können aber, auch ohne auf das behauptete „Wohl“ einer nicht existenten überindividuellen Wesenheit wie „Allgemeinheit“ oder „Gesell- schaft“ zurückgreifen zu müssen, die Befriedigung vermuteter weitgehend geteilter In- teressen und Bedürfnisse anstreben. Vgl. A. Weale Public Interest, in: E. Craig (Hrsg.), Routledge Encyclopedia of Philosophy, Vol. 7, London u.a. 1998, 832ff. (834) 100 P. Koller Das Konzept des Gemeinwohls. Versuch einer Begriffsexplikation, in: W. Brugger u.a. (Hrsg.), Gemeinwohl in Deutschland, Europa und der Welt, Baden- Baden 2002, 41–70 (50–52). Siehe auch C. Engel Offene Gemeinwohldefinition, Rechtstheorie 32 (2001), 23ff. 101 Anerkannte formale Prinzipien zur Gewährleistung der Produktion fairer Ge- meinwohlentscheidungen sind der Grundsatz der Neutralität, der Selbstlosigkeit und Begrenzung (der Amtsgedanke), die ex ante Festlegung von Kompetenzen und Ver- fahren sowie Kontrolle und Transparenz. 102 Vgl. Grzeszick Hoheitskonzept (Fn. 8), Rn. 17. Wettbewerb von Rechtsordnungen 37

V. Einbettung des Rechtsordnungswettbewerbs in eine Metaordnung

Die Bewertung des Wettbewerbs der Rechtsordnungen anhand von Verfassungsmaßstäben ist gleichermaßen die Leitlinie für die rechts- politische Antwort auf den Wettbewerb der Rechtsordnungen, also Leitschnur für seine normative Einbettung.103

1. Kein explizites oder implizites Rechtswettbewerbsgebot Der Wettbewerb ist kein Selbstzweck.104 Es ist auch keine Rechts- pflicht zur Zulassung oder Förderung des Wettbewerbs der Rechts- ordnungen aus allgemeinen Prinzipien ableitbar. Weder die staatliche Souveränität, noch bundesstaatliche Bestandsgarantien der Länder,105 noch das Subsidiaritätsprinzip,106 noch die europäischen Grundfreihei- ten107 samt Ursprungslandsprinzip, noch die Privatautonomie108 kön-

103 Vgl. Gerken/Märkt/Schick Steuerwettbewerb (Fn. 58), 272. 104 Der Wettbewerb darf nicht den Charakter einer Ersatzreligion annehmen. Vgl. kritisch Stürner Markt und Wettbewerb über alles? (Fn. 12), 88 und 143: Es gebe ge- genwärtig keine Gesamtkonzeption, welche die westliche Zivilisation stärker prägen würde. Sie nehme den Charakter eines geschlossenen Weltbildes und Handlungs- konzeptes an und werde damit zur Ideologie. Die Letztverbindlichkeit marktmäßiger Dezision werde wie ein unabwendbares Schicksal nicht mehr hinterfragt. 105 Siehe Art. 79 Abs. 3 und Art. 29 Abs. 3 Satz 4 GG; Art. 53 schweizerische BV; Art. 4 sec. 3 der US-amerikanischen Verfassung. 106 Siehe jedoch für das Subsidiaritätsprinzip als „Forderung nach einem Maximum an Wettbewerb zwischen den Jurisdiktionen“ W. Kerber Zum Problem einer Wettbe- werbsordnung für den Systemwettbewerb, Jahrbuch für neue politische Ökonomie 17 (1998), 199ff. (207). 107 Hierzu W. Mussler Systemwettbewerb als Integrationsstrategie der Europäischen Union, in: M. E. Streit/M. Wohlgemuth (Hrsg.), Systemwettbewerb als Herausforde- rung an Politik und Theorie, Baden-Baden 1999, 71–102; J. P. Terhechte Wettbewerb der Regulierungen als Integrationsstrategie der Europäischen Union?, in: Scherzberg u.a. (Hrsg.), Dimensionen des Wettbewerbs – Europäische Integration zwischen Eigendynamik und politischer Gestaltung, Tübingen 2009, 74–98. Prägnant I. E. Schwartz Rechtsangleichung und Rechtswettbewerb im Binnenmarkt – Zum europäischen Modell, EuR 42 (2007), 194 (206): Der Wettbewerb der mitgliedstaat- lichen und europäischen Rechtsordnung ist nur eine „tatsächliche, gemeinschafts- rechtlich durch das aus der Grundfreiheit fließende Anerkennungsprinzip ermöglichte Erscheinung, nicht eine Institution oder ein Instrument des Gemeinschaftsrechts.“ 108 Die Privatautonomie rechtfertigt zwar nach kontinentaleuropäischer Auffassung die Wahlfreiheit im internationalen Privatrecht und damit eine der Funktionsbedin- gungen des legislatorischen Wettbewerbs (siehe unten Fn. 122). Diese Rechtfertigung trägt jedoch nur so weit wie keine Drittinteressen berührt werden, was beim Erlass von Normen zwangsläufig der Fall ist. 38 Anne Peters nen als Wettbewerbsgebote aufgefasst werden. Diese Prinzipien sind lediglich Bedingungen der Möglichkeit des Rechtswettbewerbs, aber nicht sein normativer Grund. Die Gebotenheit der normativen Einbet- tung des Wettbewerbs ergibt sich somit nicht aus einer rechtskräftigen Pflicht zum Wettbewerb.

2. Gewährleistung und Kanalisierung des Rechtswettbewerbs nur als Sekundärziel Nur insoweit der Rechtswettbewerb tatsächlich Freiheitsräume si- chert, Defizite des demokratischen Prozesses ausgleicht und Wohlstand schafft, kann er als Legitimationsprinzip zweiter Ordnung angesehen werden, an dem sich die Rechtspolitik ausrichten darf.109 Damit habe ich die eingangs gestellte zweite Kernfrage, ob nämlich die Förderung eines Wettbewerbs der Rechtsordnungen eine normative Leitschnur für den nationalen und übernationalen Gesetzgeber und für andere staat- liche Tätigkeit sein darf, positiv beantwortet. De lege ferenda sollte also die (Meta-)Rechtsordnung110 so ausge- staltet werden, dass der Wettbewerb entfaltet, aber auch gesteuert, kanalisiert und unter Umständen reduziert wird, um dessen positive Auswirkungen auf die genannten Verfassungsprinzipien zu stärken und die negativen einzudämmen. Ziel ist also die Schaffung einer „Wettbe- werbsordnung“ im Sinne Walter Euckens.111 Diese Ordnung benötigt zwei Gruppen von Metaregeln: Erstens solche, die den Wettbewerb der Rechtsordnungen ermöglichen, seine Existenz sichern und ihn gegebenenfalls steigern. Diese Normengruppe kann als wettbewerbskonstitutives Recht bezeichnet werden. Die

109 Selbstverständlich rechtfertigt der Wettbewerb der Rechtsordnungen nicht ohne weiteres neue Rechtsregeln und -instrumente, die ansonsten rechts- oder verfassungs- widrig wären. 110 Der in der deutschsprachigen ökonomischen Literatur eingebürgerte Ausdruck der Metaordnung impliziert nicht, dass diese Rechtsvorschriften schwächer oder nicht positiviert wären, sondern soll lediglich verdeutlichen, dass diese Vorschriften auf einer anderen Ebene liegen als diejenigen Vorschriften, die den Gegenstand des Wettbewerbs bilden. Die bisher rudimentär existierende Metaordnung stammt aus einem Mehrebenen-Normenbestand, nämlich aus dem nationalen IPR, den Staats- verfassungen und aus dem Völkerrecht. Die Besonderheit dieser Normen ist jedoch, dass sie von den Wettbewerbsteilnehmern selbst, den Staaten, gesetzt werden. Es han- delt sich nicht um heteronome Bindungen, wie sie den privaten Markteilnehmern im Güterwettbewerb vom Staat oder von der EU auferlegt werden. 111 W. Eucken Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 6. Aufl. Tübingen 1990 (1952), 245–250. Wettbewerb von Rechtsordnungen 39 zweite Normengruppe besteht aus Regeln, die den schädlichen Auswir- kungen des Wettbewerbs des Rechts so weit wie möglich gegensteuern. Das Regelungsziel dieser Wettbewerbsordnung muss die weitestmög- liche Verhinderung eines „unfairen“ Wettbewerbs der Rechtsordnun- gen sein, wobei die „Unfairness“ sich anhand der national und überna- tional akzeptierten Verfassungsprinzipien bemisst.

3. Die wettbewerbskonstitutive Metaordnung Die wettbewerbskonstitutive Ordnung muss erstens Regeln für den Parallelprozess, also für das Verhältnis der verschiedenen Anbieter von Recht enthalten. Hierzu gehören etwa die Garantien der Vielfalt der Rechtssetzer112 und die Gewähr von Rechtssetzungskompetenzen.113 Zweitens müssen im Austauschverhältnis die bereits im analytischen Teil angesprochenen direkten und indirekten Rechtswahlmodalitäten gewährleistet sein,114 also vor allem demokratische Abstimmungen, Abwanderungsfreiheit, Rechtswahlfreiheit im IPR115 und Warenver- kehrsfreiheit. Im internationalen Recht ist die Personenfreizügigkeit nicht gewährt. Und der Waren- und Dienstleistungsverkehr ist trotz WTO nur teil- weise,116 der Kapitalverkehr noch weniger liberalisiert.117 Somit fehlen

112 Souveränitätsprinzip und bundesstaatliche Bestandesgarantien, siehe oben Fn. 105. 113 Siehe hierzu oben Fn. 22. 114 Siehe hierzu oben Teil III. 115 Man könnte überlegen, ob das IPR weitergehend harmonisiert werden sollte, um eine erleichterte „Mobilität rechtlicher Regelungen“ und damit bessere Bedingun- gen für den Wettbewerb des Rechts zu gewährleisten (C. Kirchner Zur Ökonomik des legislatorischen Wettbewerbs im europäischen Gesellschaftsrecht, FS Immenga, 2004, 607ff. (614–5). Allerdings sind die praktischen Schwierigkeiten der Zentralisie- rung von Kollisionsnormen enorm. Die Einsparungen wären demgegenüber gering, weil die Anwendung ausländischen Rechts relativ billig ist. Der eigentliche Transfer einer Rechtsnorm kostet gar nichts, es müssen nur die Friktionskosten wie der Re- chercheaufwand für die Gerichte, die das fremde Recht auslegen und anwenden müs- sen, in Rechnung gestellt werden. Im Ergebnis dürfte sich also die Harmonisierung des Kollisionsrechts kaum lohnen. 116 GATT und GATS haben im Wesentlichen nur nichttarifäre Barrieren der Mobi- lität beseitigt, andere – wie die Zölle – werden aufgrund von Aushandlungsprozessen schrittweise herabgesetzt. Auch bleiben mobilitätshindernde Maßnahmen zum Schutz nationaler öffentlicher Interessen erlaubt (Art. XX GATT, Art. XIV GATS). 117 Der internationale Kapitalverkehr ist, bis auf den Zahlungsverkehr, nicht frei. Kraft ihrer Souveränität dürfen die Nationalstaaten ihn beschränken (vgl. z.B. den Vorbehalt staatlicher Regulierungsbefugnisse in Art. IV(1) und (3) IWF-Abkommen). 40 Anne Peters zentrale wettbewerbskonstituierende Rechtsbedingungen teilweise auf internationaler Ebene. Innerhalb der EU und der assoziierten Schweiz118 ist eine „Entry-/ exit-Ordnung“ durch die Grundfreiheiten erst gewährt,119 seitdem diese als Beschränkungsverbote aufgefasst werden. Zunächst garantierten die Grundfreiheiten als Diskriminierungsverbote nicht ohne weiteres Mobilität, denn es mussten kumulativ die Standards des Herkunfts- landes und des Ziellandes eingehalten werden. Jedoch stellen die zur Sicherung zwingender Erfordernisse des Allgemeinwohls erlaubten mitgliedstaatlichen Beschränkungen der Grundfreiheiten nach wie vor Mobilitätshindernisse dar, die ihrerseits den Wettbewerb der Rechts- ordnungen behindern.120 Darüber hinaus schaltet die europäische Rechtsharmonisierung den Wettbewerb der Rechtsordnungen aus, so weit sie reicht. Damit ist ein Wettbewerb des Rechts in der EU nur ein „Residuum, die ‚Restmenge‘ dessen, was den Mitgliedstaaten unter Beachtung der grundfreiheitlichen Beschränkungsverbote einerseits und der Rechtsangleichung andererseits an eigenem Regelungsspiel- raum verbleibt.“121 Im Ergebnis liegt in Bezug auf die Bedingungen der Rechtsdiversität und der Faktorenmobilität ein Zielkonflikt vor. Die Diversität der Rechtsordnungen ist die Voraussetzung des Rechtswettbewerbs. Ande- rerseits ist genau diese Diversität ein Mobilitätshindernis, wobei Mobi- lität ihrerseits ebenfalls eine Voraussetzung des Rechtswettbewerbs ist. Es ist unmöglich, gleichzeitig beide Funktionsbedingungen zu optimie-

Nach Art. XXX (d) IWF-Abkommen ist allein der Zahlungsverkehr (nicht die sons- tigen Kapitalflüsse) privilegiert. Auch die WTO sieht keine allgemeine Liberalisierung des Kapitalverkehrs vor, sondern nur des Zahlungsverkehrs (Art. XI GATS). Siehe aus der Literatur M. Ruffert Free Flow of Capital, Max Planck Encylopedia of Inter- national Law 2009 (www.mpepil.com). 118 Die Personenfreizügigkeit ist durch das Abkommen zwischen der Schweize- rischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (SR 0.142.112.681) garantiert. Siehe zur autonomen Übernahme des Ursprungslands- prinzips für technische Vorschriften durch die Schweiz, samt der „Cassis de Dijon“- Ausnahme zum Schutz überwiegender öffentlicher Interessen die Änderung des Bun- desgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) vom 25. Juni 2009, BBl. 2009, 4463 (Einfügung von Art. 16a THG). 119 Hierzu Schwartz Rechtsangleichung und Rechtswettbewerb im Binnenmarkt (Fn. 107). 120 Siehe exemplarisch für die Warenverkehrsfreiheit Art. 36 AEUV (ex-Art. 30 EGV) sowie EuGH, Rs. 120/78, Rewe v. Bundesmonopolverwaltung für Branntwein („Cassis de Dijon“), Slg. 1979, 649. 121 Teichmann Gesellschaftsrecht (Fn. 52), 383. Wettbewerb von Rechtsordnungen 41 ren, volle Rechtsdiversität und ungehemmte Mobilität. Die Verbesse- rung der einen Bedingung muss zwangsläufig in Abstrichen an der an- deren bestehen.

4. (Wieder-)Beschränkung der Wahlmodalitäten? Die zweite Normengruppe zur Steuerung des Rechtswettbewerbs sind rechtliche Schranken gegen unlauteren, exzessiven und sonst schädlichen Wettbewerb der Rechtsordnungen. Ich konzentriere mich auf zwei denkbare Hauptstrategien: Erstens die (Wieder-)Beschränkung der Wahlmodalitäten und zweitens Lauterkeitsregelungen. Die Modalitäten der direkten und indirekten Rechtswahl fließen teilweise aus unabdingbaren Freiheitsverbürgungen. So gilt die kolli- sionsrechtliche Wahlfreiheit, vor allem im Vertragsrecht, in Kontinen- taleuropa als Ausdruck der materiellrechtlichen Privatautonomie und der allgemeinen bürgerlichen Freiheit,122 als völkergewohnheitsrecht- lich geboten123 und neuerdings sogar als notwendige Konsequenz der Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarkts.124 Anders sehen dies die Common law-Tradition125 und die französische Schule der objektiven Vertragsanknüpfung.126 Aus letzterer beider Sicht dürften die kollisionsrechtlichen Wahlmöglichkeiten theoretisch wieder eingeschränkt werden, was allerdings dem aktuellen Trend genau ent- gegen liefe.

122 Dezidiert Institut de droit international, Resolution „L’autonomie de la volonté des parties dans les contrats internationaux entre personnes privés“ vom 31. August 1991, erhältlich über www.idi-iil.org. 123 J. Kropholler Internationales Privatrecht, 6. Aufl. Tübingen 2006, 295–297. 124 Tatsächlich erleichtert die Möglichkeit der einheitlichen Unterstellung unter ein Recht den Unternehmen die Mobilität. Jedoch ist die Rechtswahl einer „Verkaufs- modalität“ im Sinne der Keck-Rechtsprechung vergleichbar. Eine Beschränkung der Rechtswahlfreiheit ist insofern nicht immer auch eine potentielle Beschränkung der Grundfreiheiten (S. Leible Parteiautonomie im IPR – Allgemeines Anknüpfungsprin- zip oder Verlegenheitslösung?, FS Jayme, 2004, 485 (502)). 125 Im common law wurde die Parteifreiheit erst mit der europäischen Vereinheit- lichung des IPR sowohl für die materielle Rechtswahl als auch für die Wahl des Ge- richtsstandes akzeptiert. A. Mill The Confluence of Public and Private International Law, Cambridge 2009, 292–93. 126 Siehe für den Vorrang einer objektiven Anknüpfung des Vertragsrechts grund- legend H. Battifol Subjectivisme et objectivisme dans le droit international privé des contrats, Mélanges J. Maury, Paris 1960, Bd. 1, 39–58. Diese Kontroverse ist durch die „Rom I“ Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parla- ments und des Rates vom 17. Juni 2008 (ABl. L 177/6) weitgehend entschieden (siehe Art. 3 der VO)). 42 Anne Peters

Bei der Rechtswahlmodalität „exit“ müssen die beiden Varianten und ihre Wahrnehmung durch natürliche und juristische Personen unter- schieden werden. Die erste Variante, der Wechsel der Nationalität na- türlicher Personen, also der Austritt von Bürgern aus dem staatlichen Personenverband, darf trotz der Ausrichtung der Staatsangehörigkeit auf Dauerhaftigkeit in einer offenen Gesellschaft nicht kategorisch ver- boten werden.127 „Offenheit“ verlangt jedoch keinesfalls, dass natür- liche Personen ihre Staatsangehörigkeit beliebig austauschen können. Einschränkungen der Wahlmöglichkeit, sowohl von Seiten des entlas- senden Staates als auch von Seiten des naturalisierenden Staates, ins- besondere durch das Erfordernis einer Mindestaufenthaltsdauer und Wohnsitz im neuen Staat, sind zulässig.128 Der „exit“ durch Auswanderung (ohne Wechsel der Staatsangehörig- keit) ist ebenfalls als Grund- oder Menschenrecht garantiert,129 und innerhalb Europas außerdem als europäische Grundfreiheit (Arbeit- nehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit). Ausreiseverbote für natürliche Personen im Stil der früheren DDR sind als Vernichtungen dieses Rechts klare Menschenrechtsverletzungen. Eine andere Frage ist die Zulässigkeit indirekter Einschränkungen des Grundrechts beziehungsweise der Grundfreiheiten, wie sie etwa in der Auferlegung einer Wegzugssteuer liegt.130 Hier müsste zum einen diskutiert werden, ob eine derartige Steuer steuersystemkonform ange- knüpft werden könnte.131 Die verfassungs- und völkerrechtliche Frage

127 Art. 15 Abs. 2 Allgemeine Menschenrechtserklärung vom 10. Dezember 1948: Es darf niemandem „das Recht versagt werden, seine Staatsangehörigkeit zu wech- seln.“ In diesem Sinne auch Art. 8 der Europäischen Konvention über die Staatsan- gehörigkeit vom 6. November 1997, ETS Nr. 166. 128 Auch der Wechsel des Personalstatuts juristischer Personen darf eingeschränkt werden (siehe zu Nationalität und Gesellschaftsstatut von Gesellschaften oben Fn. 40). Die Umwandlung einer Gesellschaft in eine andere Gesellschaftsform, die dem Recht eines zweiten Mitgliedstaates unterliegt, kann von diesem zweiten Staat selbstverständ- lich reguliert werden (vgl. obiter dictum in EuGH, Rs. C-210/06, Cartesio (Fn. 41), Rn. 111f.) 129 Art. 13 Abs. 2 Allgemeine Menschenrechtserklärung; Art. 12 IPBürg; Art. 2 Abs. 2 des Prot. Nr. 4 zur EMRK.; Art. 2 Abs. 1 GG und BVerfGE 6, 32 (36) (1957) – Elfes. 130 Beispiele sind die russische „Diplomsteuer“; die „Bhagwati“-Steuer zur Abgel- tung des „brain drains“ aus Entwicklungsländern sowie die „exit-taxes“ einiger Staa- ten (hierzu W. Schön Steuerstaat und Freizügigkeit, in: Becker/Schön (Fn. 17), 41ff. (46–50) mwN). 131 Hierzu ebd. 60–74. Eine Anknüpfung an die der Auswanderung vorausgehende Infrastrukturnutzung oder den Bezug von Sozialleistungen erscheint nicht steuersys- temkonform, weil sie dem Prinzip der Gegenleistungsfreiheit der Steuer zuwiderliefe. Wettbewerb von Rechtsordnungen 43 ist, unter welchen Voraussetzungen und in welchen Konstellationen die in einer solchen Steuer liegende Grundrechts- oder Grundfreiheitsein- schränkung als Verteidigungsmaßnahme im Wettbewerb der Rechts- ordnungen insbesondere bei den hier viel relevanteren juristischen Personen zum Schutz überwiegender öffentlicher Interessen ausnahms- weise rechtfertigbar wäre.132 Man könnte weitergehend argumentieren, dass der selektive „exit“ von mehr oder minder virtuellen Teilen von Grossunternehmen, um Steuern zu sparen, gar nicht im Schutzbereich der Ausreisefreiheit, Wirtschafts-, Vertrags- oder Niederlassungsfreiheit liegt. Schließlich könnten derartige Konzerngestaltungen eventuell als Grundrechts- be- ziehungsweise Grundfreiheitsmissbrauch qualifiziert werden.133 Diese Strategien sind jedoch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht schwer realisierbar, unabhängig von ihrer ökonomischen Vernunft oder Unvernunft. Der Fokus sollte darauf gerichtet werden, den Anreiz zur Abwahl der Rechtsordnung zu vermindern, und dies bedeutet im Prin- zip, sich dem Wettbewerb der Rechtsordnungen zu stellen.

5. Identifikation unlauterer Regulierungspraktiken Die in praxi bedeutsamste Strategie zur Kanalisierung des Wettbe- werbs der Rechtsordnungen sind die Lauterkeitsregeln. Diese setzen

Eine Auferlegung von Steuern allein in Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit ist völkerrechtlich problematisch und müsste gleichmäßig erfolgen (d.h. nicht nur Emi- granten auferlegt werden). 132 Nach EuGH, Rs. C-9/02, Hughes de Lasteyrie de Sailant, Slg. 2004, I-2409, Rn. 38–54 schränkte die französische Besteuerung noch nicht realisierter Wertsteige- rungen von Wertpapieren allein bei Verlegung des Steuerwohnsitzes ins Ausland die Niederlassungsfreiheit unzulässig ein. Das Ziel der Verhinderung von Steuerflucht kann durch weniger einschneidende Maßnahmen erreicht werden, z.B. durch die Be- steuerung dann, wenn ein Steuerpflichtiger nach einem kurzen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat in seinen Heimatstaat zurückkehrt (Rn. 54). Eine solche Art Wegzugssteuer wäre also mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar. Die dogmatische Strukturverschiedenheit der Grundfreiheiten im Vergleich zum Grundrecht auf Aus- wanderung spielt an dieser Stelle wohl keine Rolle. 133 Siehe aber EuGH, Rs. C-196/04, Cadbury Schweppes v. Commissioners of Ireland Revenue, Urteil vom 12. September 2006 (Grosse Kammer), Rn. 35–38: Die Grün- dung einer Gesellschaft in einem Mitgliedstaat um in den Genuss seiner günstigen (Steuer-)rechtslage zu kommen, ist für sich allein kein Missbrauch der Niederlas- sungsfreiheit. Nach EuGH, Centros (Fn. 41), Rn. 27, stellt es für sich allein keine miss- bräuchliche Ausnutzung des Niederlassungsrechts dar, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates, der eine Gesellschaft gründen möchte, diese in dem Mitglied- staat errichtet, dessen gesellschaftsrechtliche Vorschriften ihm größere Freiheit lassen. 44 Anne Peters eine Vorstellung dessen voraus, welche Wettbewerbshandlungen von Rechtsanbietern unlauter sind. Um dies zu bestimmen, muss man sich über die Schutzgüter klar werden. Aus verfassungsrechtlicher Perspek- tive sind die Schutzgüter die bereits genannten Verfassungsgüter. a) „Schädlicher“ Steuerwettbewerb Unlautere Regulierungspraktiken sind bisher vor allem in Bezug auf den Wettbewerb der Steuervorschriften diskutiert worden.134 Im Rah- men der OECD135 und in der EU136 wurden Ende der 1990er Jahre

134 W. Müller Funktionsfähiger Steuerwettbewerb – zur Notwendigkeit, Ausgestal- tung und Durchsetzung einer internationalen Steuerwettbewerbsordnung, Marburg 2004. Siehe aus der Staatenpraxis zur Abwehr von „unfairem“ Steuerwettbewerb die hierauf gerichteten Klauseln in Doppelbesteuerungsabkommen, z.B. Art. 28 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland – Österreich vom 24. August 2000: „Der Ansässigkeitsstaat ist berechtigt, seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Abwehr von Steuerumgehungen anzuwenden, um missbräuchlichen Gestaltun- gen oder unfairem Steuerwettbewerb zu begegnen.“ 135 Siehe OECD, Harmful Tax Competition: An Emerging Global Issue, Paris OECD 1998. Die OECD unterscheidet zwischen Steueroasen („tax havens“) und (nur) „schädlichen Vorzugssteuersystemen“ („harmful preferential tax regimes“). Steuerre- gime, welche mehrere oder alle der in Fn. 137 genannten Merkmale aufweisen, sind nach Auffassung der OECD schädlich, weil dadurch Finanz- und Realkapitalströme verzerrend umgelenkt werden, weil die Integrität und Fairness der Besteuerungssys- teme untergraben werde (m.E. ein zirkuläres Argument), weil die Steuermoral herab- gesetzt werde, weil die von einigen Staaten gewünschte Progression und Umvertei- lung beeinträchtigt werde, weil eine unerwünschte Verlagerung der Steuerlast auf immobile Steuerfaktoren bewirkt werde, weil der von anderen Staaten gewünschte Besteuerungsmix zwangsweise aufgegeben werden müsse und weil der Verwaltungs- aufwand erhöht werde (OECD 1998, Rn. 23 und 30). Auch seien die Unternehmen und in einem weiteren Sinne auch die unfairen Staaten Trittbrettfahrer bei der Nut- zung öffentlicher Güter, die in den fair besteuernden Staaten geschaffen wurden (ebd., Rn. 24f.). In der Folge wurden im Rahmen des „OECD Project on Harmful Tax Practices“ laufend Fortschrittsberichte veröffentlicht (von 2000, 2001, 2004 und 2006). Siehe auch „Overview of the OECD’s Work on Countering International Tax Evasion“ vom 16. September 2009. 136 Schlussfolgerungen des Rates „Wirtschafts- und Finanzfragen“ vom 1. Dezem- ber 1997 zur Steuerpolitik (ABl. EG 1998/C 2/01f.); Anhang 1: Entschliessung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Mitgliedstaaten vom 1. Dezember 1997 über einen Verhaltenskodex für Unternehmensbesteuerung (ABl. EG 1998, C 2/02ff.). In der Literatur G. Larbig Der EU-Verhaltenskodex zur Unternehmensbe- steuerung: Kodex und OECD-Report im Vergleich, in: W. Müller u.a. (Hrsg.), Regeln für den europäischen Systemwettbewerb: Steuern und soziale Sicherungssysteme, Marburg 2001, 217–233. Siehe ferner Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministe- rium der Finanzen (1999), Reform der Kapitaleinkommensbesteuerung (Gutachten), Bonn 1999, Teil E „unfairer Steuerwettbewerb“, 29–31. Wettbewerb von Rechtsordnungen 45

Maßnahmepakete gegen sogenannten schädlichen Steuerwettbewerb entworfen.137 Bei der rechtlich kaum fassbaren Bestimmung von „schädlichen“ Steuerregimen geht es letztlich um die Festlegung einer Grenze, an wel- cher die legitime Ausübung der Steuersouveränität, die ein Reflex auch kulturell bedingter unterschiedlicher Auffassungen über Besteuerung ist, in ein unlauteres „Wildern“ in fremden Steuergründen umschlägt. Diese Grenze muss anhand diverser Faktoren bestimmt werden, wobei die bisher von der OECD und der EU formulierten Kriterien nur einen ersten Ansatz138 bilden. Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass es unterschiedliche Grade der Schädlichkeit gibt, und dass auch Recht- fertigungsgründe für gewisse steuerliche Maßnahmen in Betracht kom-

137 Der OECD-Bericht und ähnlich der europäische Verhaltenskodex definieren schädliche Vorzugssteuerregime durch vier Schlüsselmerkmale (OECD 1998 (Fn. 135), Rn. 57–84; Zusammenfassung der vier Schlüsselfaktoren in ebd., 27, Kasten II): Erstens niedrigere als die übliche oder gar keine Besteuerung; zweitens Abschirmung der steuerbegünstigenden Aktivitäten vom heimischen Markt; drittens mangelnde Transparenz der Regelungen und viertens kein Austausch effekti- ver Informationen mit ausländischen Steuerbehörden. (Siehe zum letzten Kriterium die ablehnenden Stellungnahmen der Schweiz und Luxemburg im Anhang des OECD-Berichts 1998, 76ff.) Eine Steueroase zeichnet sich laut OECD zusätzlich dadurch aus, dass ihre Rechtsordnung kein Erfordernis einer substantiellen ökonomi- schen Tätigkeit im betreffenden Staat aufstellt (Zusammenfassung der Schlüssel- kriterien für eine Steueroase in OECD 1998, 23, Kasten I). Die OECD nennt weiter folgende (Hilfs-)kriterien für die Feststellung, ob eine Steuerrechtsordnung „schädlich“ ist: Künstliche Definition der Steuerbemessungsgrundlage; Nicht- befolgung internationaler Verrechnungspreissystemprinzipien; Ausnahmen für Ein- kommen aus ausländischen Quellen von der Steuer des Wohnsitzstaates; aushan- delbarer Steuertarif oder -bemessungsgrundlage; das Bankgeheimnis; Zugang zu einem Netz von Steuerabkommen; Regime, die als Steuereinsparvehikel ange- priesen werden (ebd., Rn. 68–79). Der EU-Verhaltenskodex für die Unternehmens- besteuerung von 1997 (Fn. 136) bezeichnet in leicht abweichender Terminologie dieselben Maßnahmen als „schädlich“ wie die OECD (siehe Art. B des Verhaltens- kodex). 138 Kritisch zu beiden Kriterienkatalogen Gerken/Märkt/Schick Steuerwettbewerb (Fn. 58), 200f., die einen Neuansatz mit prozess- und ergebnisbezogenen Kriterien vorschlagen. Verschiedentlich wird auf das staatliche Motiv abgestellt. Unlauter soll eine steuerrechtliche Regelung dann sein, wenn die Erosion der Steuerbasis anderer Staaten nicht nur ein Nebeneffekt, sondern das eigentliche Ziel einer Steuerpolitik ist, wenn also Steuernormen darauf angelegt sind, Investitionen und Ersparnisse aus an- deren Regionen heranzuziehen (OECD 1998 (Fn. 135), Rn. 29; Wissenschaftlicher Beirat (Fn. 136), 29f.; Schön Steuerwettbewerb in Europa (Fn. 58), 345). Die Abgren- zung anhand des Motivs erscheint allerdings kaum praktikabel. 46 Anne Peters men, insbesondere das Bedürfnis des Ausgleichs natürlicher Standort- nachteile.139 b) Unlautere „regulatorische“ Beihilfen? Allgemein gesprochen muss vorrangiges rechtswissenschaftliches und -praktisches Ziel die Erarbeitung eindeutiger Kriterien für die De- finition unlauterer oder schädlicher Regulierungspraktiken sein, weil ansonsten eine Metaordnung des Rechtswettbewerbs nicht operationell wäre. Man könnte daran denken, für die Bestimmung, ob eine Rechts- gestaltung „unlauter“ ist, auf die innerhalb der EU etablierten Merk- male und Fallgruppen unzulässiger, erlaubter und genehmigungsfähiger Beihilfen140 zurückzugreifen.141 Jedoch müsste die Feststellung einer „nackten regulatorischen“ Bei- hilfe auf sehr komplexen politischen Erwägungen beruhen, über die auf internationaler Ebene kein Konsens besteht.142 Die Beihilfeverbote sind

139 Vgl. OECD 1998 (Fn. 135), Rn. 31 und 27; siehe auch Art. 107 Abs. 3 lit. a) AEUV (ex-Art. 87 Abs. 3 lit. a) EGV) für die Genehmigungsfähigkeit von Beihilfen aus diesem Grund. 140 Eine staatliche Beihilfe ist nach Art. 107 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 87 Abs. 1 EGV) verboten, wenn sie bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt, da- durch den Wettbewerb zu verfälschen droht und den Handel zwischen Mitgliedstaa- ten beeinträchtigt. Gewisse Typen von Beihilfen, z.B. an von der Teilung Deutsch- lands benachteiligte Gebiete sind ausnahmsweise erlaubt, und eine dritte Gruppe von Beihilfen ist von der Kommission nach Ermessen genehmigungsfähig (Abs. 3). Siehe für die WTO Art. XVI GATT sowie das WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen vom 15. April 1994 (ABl. 1994 L 336/156). 141 Für diesen Vorschlag Mehde Wettbewerb zwischen Staaten (Fn. 6), 254–256 und 500. Tatsächlich wird in der EU bereits jetzt das Beihilfeverbot des Art. 107 AEUV (ex-Art. 87 EGV) auf präferenzielle Steuern angewendet, wenn diese den „Wettbe- werb“ zu verfälschen drohen (EuGH, Rs C-172/03, Slg. 2005, I-1627, insb. Rn. 27 – Heiser). Siehe auch Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbe- steuerung, ABl. 1998 C 384/3; Bericht der Kommission über die Umsetzung dieser Mitteilung (C (2004) 434 vom 9. Februar 2004) für indirekte Unternehmensbesteue- rung. Unter den offenen Wortlaut der Vorschrift („Wettbewerb“) könnte man prinzi- piell auch den Wettbewerb der Rechtsordnungen subsumieren und damit den Anwen- dungsbereich der Vorschrift erheblich erweitern. 142 Es ist kein operationelles Kriterium erkennbar, anhand dessen bestimmt werden könnte, wann eine Rechtsvorschrift legitimer Ausdruck staatlicher, souveräner Rege- lungshoheit ist und wann sie demgegenüber eine illegitime „nackte regulatorische Subvention“ darstellt, und es wurden bisher noch keine Verfahren für die Prüfung und Messung regulatorischer Beihilfen konzipiert. J. Trachtman International Regulatory Competition, Externalization, and Jurisdiction, Harvard International Law Journal 34 (1993), 47, 50 und 91. Wettbewerb von Rechtsordnungen 47 somit nach Sinn und Zweck nicht auf den Wettbewerb der Rechtsord- nungen anwendbar. c) Normatives Dumping? Hier sind die existierenden Anti-Dumping-Vorschriften der WTO143 gegen die behauptete Unterregulierung gewisser Rechtsbereiche, pole- misch „normatives Dumping“144 oder „Öko- und Sozialdumping“ ge- nannt, nicht einsetzbar. Weil die Diskrepanz von Löhnen, Sozial- oder Umweltstandards eine normale Folge des Marktmechanismus darstellt, ist umstritten ob die Beseitigung dieses Wettbewerbsvorteils der „Bil- ligländer“ geboten oder vielmehr als protektionistische Strategie der Industriestaaten verboten sein sollte. Angesichts dieser Unsicherheit ist bereits das Konzept des normativen Dumpings momentan nicht konsensfähig. Anti-Dumping-Recht ist somit auf den Wettbewerb der Rechtsordnungen nicht anwendbar. d) Nichtregulierung menschenunwürdiger Produktionsbedingungen Das Gegenbeispiel bildet die staatliche Duldung von Zwangsarbeit.145 Hierbei handelt es sich um eine unlautere Praktik im Wettbewerb des Rechts. Sie ist unlauter, weil ein Standortvorteil auf menschenunwürdi- gen Produktionsbedingungen aufbaut. Zwischen dem hinzunehmenden Wettbewerbsvorteil und der klar unlauteren Zwangsarbeit liegt eine breite Grauzone von Arbeitsverhältnissen und -bedingungen, deren „Lauterkeit“ fragwürdig ist. Hier sollte unterschieden werden zwischen Gesundheitsschutz und Unfallverhütung einerseits und Löhnen und Kündigungsschutz andererseits.146 Eine zu laxe Regulierung im ersteren

143 Art. VI GATT sowie das Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens vom 15. April 194 („Anti-Dumping- abkommen“), ABl. 1994 L 336/103, umgesetzt in der EU per VO Nr. 384/96, ABl. 1996, L 56/1. 144 Als Begriff des Außenhandelsrechts bedeutet Dumping, zu Deutsch Preisunter- bietung, die Zulassung des Verkaufs von Gütern im Ausland zu einem niedrigeren Preis als im Herstellungsland. Eine Ware gilt nach der Legaldefinition in Art. 2 des Anti-Dumping-Übereinkommens (Fn. 143) als „gedumpt“, wenn sie „unter ihrem Normalwert auf den Markt eines anderen Landes gebracht“ wird, also wenn „ihr Preis bei der Ausfuhr von einem Land in ein anderes niedriger ist als der vergleichbare Preis der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im norma- len Handelsverkehr“. 145 Verboten nach Art. 4 EMRK; Art. 8 Abs. 3 IPBürg. 146 Die sogenannten Kernarbeitsstandards der Internationalen Arbeitsorganisation scheinen zu stark auf Löhne, Lohngleichheit und institutionelle Rechte wie Koali- tionsfreiheit fokussiert zu sein, um als Maßstab der internationalen Lauterkeit im 48 Anne Peters

Bereich sollte tendenziell als unlautere Regulierungspraktik im Wett- bewerb der Rechtsordnungen um Produktionsstandorte qualifiziert werden.147

6. Elemente der qualitätssichernden Metaordnung Die Metaordnung zur Eindämmung der negativen Wirkungen des Wettbewerbs der Rechtsordnungen müsste mehrere allgemeine Ele- mente beinhalten.148 a) Regeln der internationalen Kooperation Die Metaordnung müsste erstens die internationale Kooperation bei der Bekämpfung unlauterer Praktiken regeln.149 Ein Beispiel aus dem Steuerbereich ist die OECD-Strategie zur Verbesserung von Transpa- renz und Informationsaustausch.150

Wettbewerb der Rechtsordnungen um Produktionsstandorte zu gelten. Vgl. P. Alston Core Labour Standards and the Transformation of the International Labour Rights Regime, EJIL 15 (2004), 457–521. 147 Dabei muss die Grenze zur Unlauterkeit wegen der unterschiedlichen gesell- schaftlichen Ansprüche an Gesundheit und Sicherheit nicht universell identisch sein. Dieser Gradualität trägt der internationale Sozialpakt dadurch Rechnung, dass die Vertragsstaaten nur verpflichtet werden „nach und nach“ die volle Verwirklichung des Rechts auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu erreichen. Siehe Art. 2 Abs. 1 und 2, Art. 7 lit. b) und 12 Abs. 2 lit. b) IPwskR. Klar unlauter werden niedrige Ar- beitsschutz- und Hygienestandards aber dann, wenn sie auch nach lokaler Auffassung Persönlichkeitsrechte der Arbeiter verletzen. 148 Mit der Metaordnung des Wettbewerbs der Rechtsordnungen ist keine Super- ordnung gemeint, in der alle Menschheitsprobleme aufzugreifen wären. Regelungen zum Umwelt- und Klimaschutz, zur Friedenssicherung, Armutsbekämpfung usw. müssen selbstverständlich daneben bestehen. 149 Siehe für eine multilaterale Lösung zur Bekämpfung des unlauteren Steuerwett- bewerbs Avi-Yonah Welfare State (Fn. 58). 150 Siehe hierzu das OECD-Dokument „Overview of the OECD’s Work on Coun- tering International Tax Evasion“ vom 16. September 2009. Zu den notwendigen Verfahrensregeln dieser Kooperation gehört die mittlerweile von allen OECD-Mit- gliedern anerkannte Erteilung von Auskünften auf Verlangen, vgl. Art. 26 OECD- Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen (Model Tax Convention on Income and on Capital) vom 17. Juli 2008 (http://www.oecd.org/dataoecd/43/57/42219418.pdf). Alle OECD-Mitgliedstaaten akzeptieren seit dem kürzlichen Rückzug des schweizerischen, belgischen, luxembur- gischen und österreichischen „Vorbehalts“ zu Art. 26 des genannten OECD-Muster- abkommens das Prinzip der Herausgabe von vorhersehbar relevanter („forseeably relevant“) Information auf Verlangen („on request“), die aus Ordre-Public-Gründen auch verweigert werden darf. Wettbewerb von Rechtsordnungen 49 b) Regeln für die punktuelle Intensivierung des Rechtswettbewerbs Die qualitätssichernde Metaordnung könnte auch punktuell eine Intensivierung des Wettbewerbs anstreben. Dies könnte beispielsweise durch die Verbreiterung der direkten Rechtswahlmöglichkeiten im IPR geschehen. Wenn niedrige Standards von denjenigen, die hierdurch be- nachteiligt werden, abgewählt werden können, wird ein „race to the top“ hervorgerufen. Beispielsweise erlaubt die EG-Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht151 für plurilokale Umweltschäden die Rechtswahl des Opfers.152 Diese verschafft den Geschädigten den Zugriff auf höhere Umweltstandards und ist damit geeignet eine Aufwärtsspirale in Gang zu setzen.153 c) Zivilgesellschaftliche Regulierung Weitergehend müsste die Metaordnung des Rechtswettbewerbs die Dichotomie Staat versus Markt überwinden, beispielsweise durch Anerkennung der Zivilgesellschaft als dritte Kraft.154 Die zivilgesell- schaftlichen Gruppen wirken auf andere Weise als im Modus der Hoheit oder des Wettbewerbs auf die Weiterentwicklung der Rechts- ordnungen ein. Die sogenannte „zivile Regulierung“ resultiert aus einem Zusammenspiel privater, gesellschaftlicher und staatlicher Ak-

151 VO (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“). 152 Art. 7 der VO (Umweltschädigung) lautet: „Auf außervertragliche Schuldver- hältnisse aus einer Umweltschädigung oder einem aus einer solchen Schädigung her- rührenden Personen- oder Sachschaden ist das nach Artikel 4 Absatz 1 geltende Recht anzuwenden, es sei denn, der Geschädigte hat sich dazu entschieden, seinen Anspruch auf das Recht des Staates zu stützen, in dem das schadensbegründende Er- eignis eingetreten ist.“ 153 Siehe für ein Wahlrecht des Geschädigten auch Art. 135 und 138 des schweize- rischen Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht (SR 291) für Ansprüche aus Produkthaftung und bei schädigenden Immissionen. 154 H. Arendt hat bereits vor 50 Jahren mit ihrer Unterscheidung zwischen öffent- licher, privater und der gesellschaftlichen Sphäre den Aufstieg der Zivilgesellschaft vorweggenommen (H. Arendt The Human Condition, Chicago 1958, 35–45). Diese „dritte Sphäre“ ist nach Arendt aus autonomen öffentlichen Domänen (im Plural) zu- sammengesetzt, in der Akteure ihre politischen Ideen und Ziele ausdrücken können. In diesem Modell bildet die öffentliche Sphäre, zu der auch der Staat gehört, nach wie vor den überwölbenden Bereich, in dem alle Mitglieder der Gesellschaft an der Rechtssetzung in den formaldemokratischen Verfahren mitwirken. Daneben kristalli- sieren sich jedoch gesellschaftliche Öffentlichkeiten (im Plural) um gemeinsame Inte- ressen und Werte heraus, und zwar zunehmend transnational. 50 Anne Peters teure.155 Die Förderung und Ordnung der zivilen Regulierung, in der sich die jeweiligen Legitimationsdefizite der beteiligten Gruppen teil- weise ausgleichen, könnte als Beitrag zur Sicherung der Fairness des Wettbewerbs der Rechtsordnungen ausgestaltet werden. d) Gezielte Rechtsharmonisierung In Abwesenheit der zwar behaupteten,156 aber nicht empirisch nach- weisbaren157 „natürlichen“ Rechtskonvergenz durch Wettbewerb muss ein essentieller Bestandteil der Metaordnung des Rechtswettbewerbs die gezielte Rechtsharmonisierung sein.158 Diese sollte sich erstens auf Verfahren beziehen.159 Zweitens ist zur Verhinderung des Absinkens rechtlicher Standards unter das Erträgliche die Mindestharmonisierung

155 A. Peters/T. Förster/L. Koechlin, Towards Non-state Actors as Effective, Legiti- mate, and Accountable Standard Setters in: A. Peters u.a. (Hrsg.), Non-state Actors as Standard Setters, Cambridge 2009, 492–562. 156 Rechtspolitisch wird argumentiert, dass gezielte, förmliche Vereinbarungen oder zentrale Vorgaben zur Rechtsangleichung entbehrlich und die Gefahr überschiessen- der Uniformierung gebannt würde, wenn wir uns auf den Wettbewerb verließen, der spontan und allmählich eine „natürliche“ Konvergenz herbeiführt, die exakt das prä- ferenzentsprechende Maß hätte. Anders als im Fall der gezielten Rechtsangleichung „von oben“ wäre die durch den Wettbewerb erreichte Konvergenz nicht formell fixiert und wäre dementsprechend labil und jederzeit reversibel. Nach dieser Annahme wäre das Ergebnis des Wettbewerbs letztlich seine eigene Aufhebung, weil der Endzustand der Konvergenz die Auswahlfreiheit und damit verbundenen Anreize zur Verbesse- rung des Rechtsangebots zunichte macht. 157 In den Rechtsbereichen, in denen intensiver Wettbewerb herrscht, z.B. im Ver- trags- oder Gesellschaftsrecht, ist keine „natürliche“ Angleichung feststellbar (siehe für das Gesellschaftsrecht in Europa W. W. Bratton/J. A. McCahery/E. P. M. Vermeulen How Does Corporate Mobility Affect Lawmaking? A Comparative Analysis, Ameri- can Journal of Comparative Law 57 (2009) 347–385). Dies verwundert nicht, denn eine Angleichung wäre nur dann zu erwarten, wenn die überwiegende Zahl der Nach- frager dieselben Präferenzen über Regeln hätten. Dies ist nur bei den sogenannten „homogenen“, also neutralen Rechtsvorschriften der Fall (grundlegend hierzu A. Ogus Competition between National Legal Systems: A Contribution of Economic Analysis to Comparative Law, ICLQ 48 (1999), 405ff.; siehe auch Muir Watts Aspects écono- miques (Fn. 39), 79–82). Solche gibt es aber kaum, weil selbst scheinbar neutrale Form- und Verfahrensvorschriften gewisse Interessen und Gruppen schützen, und an- dere eher benachteiligen. 158 Diese ist nicht zwangsläufig eine Bremse oder Ausschaltung des Wettbewerbs der Regelgeber, sondern kann auch umgekehrt dazu beitragen, einen solchen Wettbe- werb zu begründen und einzubetten (Teichmann Gesellschaftsrecht (Fn. 52), 386). 159 Zu den sinnvollerweise uniformen Prozeduren gehören vor allem die Informa- tionsregeln. Eine informierte Entscheidung ist eine wesentliche Voraussetzung für einen funktionierenden Wettbewerb des Rechts, der durch „exit“ ausgelöst wird, da leicht erhältliche Information die Mobilitätskosten senkt (ebd., 385–86). Wettbewerb von Rechtsordnungen 51 materieller Standards anzustreben, insbesondere in den Bereichen Arbeitssicherheits- und Umweltstandards160 sowie Steuerbemessungs- grundlagen.161 Sofern derartige Harmonisierungsvereinbarungen künd- bar sind, behalten die einzelnen Jurisdiktionen ein residuales Kontroll- recht, und damit bleibt ein vertikaler Wettbewerb bestehen. Die anstehende Forschungsaufgabe ist die Identifikation von Variablen, um die optimale Mischung von Rechtswettbewerb und Kooperation zu er- zielen.162 e) Konfliktlösungsregeln Schließlich müsste die Metaordnung zur Qualitätssicherung des Rechtswettbewerbs Konfliktlösungsmechanismen vorsehen. Ein Bei- spiel sind die im EU-Recht vorhandenen, aber bisher noch nie genutz-

160 Siehe für die Beibehaltung bundesweiter Mindeststandards im Immissions- schutzrecht und damit gegen Länderwettbewerb in diesem Rechtsbereich H. Schulze- Fielitz Immissionsschutzrecht als Feld bundesstaatlichen Wettbewerbs? Natur und Recht 24 (2002), 1ff. Siehe für die europäische Ebene in Bezug auf technische Stan- dards Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vollendung des Binnenmarkt- es (Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat), KOM (85) 310 endgültig (1985), Rn. 67–73 zum „neuen Ansatz“ bei der Harmonisierung, der in einer bloßen Mindestharmonisierung der „Grundvoraussetzungen für die Verkehrsfähigkeit eines Produkts“ besteht und durch privat-öffentliche Normungsgremien unter Einbezug der betroffenen „stakeholder“ (z.B. Verbraucher) mit Unterstützung der Kommission realisiert wird. Jenseits der Mindestharmonisierung herrscht ein Wettbewerb der Standards. Siehe für Mindestharmonisierung im Umweltbereich Art. 192–193 AEUV (ex-Art. 175–176 EG). Siehe für ein Harmonisierungsverbot im Unionsrecht Art. 153 Abs. 2 lit. a) AEUV (ex-Art. 137 Abs. 2 EGV). 161 Eine internationale Harmonisierung sollte sich nur auf die Bestimmungen zur Feststellung der Bemessungsgrundlagen beziehen und die Gestaltung des Steuertarifs, also der Höhe und der Progression, dem Wettbewerb überlassen (Gerken/Märkt/ Schick Steuerwettbewerb (Fn. 58), 266). Das neue schweizerische Steuerharmonisie- rungsgesetz, welches lediglich das Steuersubjekt, -objekt sowie sachliche und zeitliche Bemessung regelt und den Steuersatz weiterhin dem kantonalen Wettbewerb über- lässt, könnte insofern ein Vorbild für die internationale Steuerharmonisierung sein. Die Realisierung einer derartigen bundesweiten begrenzten Harmonisierung in der Schweiz hat 15 Jahre gedauert. Die Einigung auf das Gesetz und die Zustimmung der Kantone hierzu kam einer kleinen Sensation gleich. Eine solche Sensation sollte auch auf internationaler Ebene nicht als denkunmöglich abgeschrieben werden. 162 Damit würde eine „regulatorische Ökologie“ entwickelt, die teilweise kompeti- tiv, teilweise symbiotisch wäre. D. Esty/D. Geradin Regulatory Co-opetition, Journal of International Economic Law 3 (2000), 235–255. Die Mischung aus Konkurrenz und Kooperation, die „co-opetition“, existiert nach den Autoren in drei Dimensionen: inter-gouvernmental, intra-gouvernmental und extra-gouvernmental. Siehe zur Kom- bination von Wettbewerb und Koordination auch J. Trachtman The Economic Structure of International Law, Harvard 2008, 62–63. 52 Anne Peters ten speziellen, nichtkontradiktorischen Konfliktlösungsmechanismen für binnenmarktverfälschende nationale Rechtsvorschriften.163

VI. Schluss: Wettbewerb und Würde

Die Bewertung der prinzipiellen Tauglichkeit des Wettbewerbs der Rechtsordnungen, aufgefasst als mögliches Verfahren zur Sicherung von Freiheit und Demokratie und seiner Kanalisierbarkeit durch eine Metaordnung hängt ab vom Staatsbild und vom Bild des demokrati- schen Prozesses, das der Beobachter sich macht.164 Wer den gemein- wohlfördernden Staat ohnehin für einen Mythos hält165 wird die freiheits- und gleichheitsfördernden und solidaritätsermöglichenden Potentiale eines Wettbewerbs der Rechtsordnungen eher hoch bewer- ten und den Wettbewerb als ein sinnvolles Korrektiv gegen übermäßige Abgaben und Regulierungen ansehen. Jedoch stellt der rein soziologi- sche Befund, dass Staat und demokratischer Prozess notwendig von be- stimmten Gruppeninteressen „gefangen“ seien, in einer auch disziplinär bedingten Spannung zur rechtswissenschaftlichen Analyse, die Staat und Demokratie als normative und damit auch zu einem gewissen Grad kontrafaktische Konzepte postuliert. Das Argument der „capture“ hat also nur eine begrenzte Kraft im juristischen Diskurs.166

163 Art. 116 und 117 AEUV (ex-Art. 96 und 97 EGV). Art. 116 AEUV lautet: „Stellt die Kommission fest, dass vorhandene Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungs- vorschriften der Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt verfälschen und dadurch eine Verzerrung hervorrufen, die zu beseitigen ist, so tritt sie mit den betreffenden Mitgliedstaaten in Beratungen ein.“ Für die Anwendung dieser Vorschriften zur Konfliktlösung im Steuerwettbewerb Schön Steuerwettbewerb in Eu- ropa (Fn. 58), 358. 164 Kieninger Wettbewerb (Fn. 6), 73; Mehde Wettbewerb zwischen Staaten (Fn. 6), 296; Feld Steuerharmonisierung (Fn. 34), 42. 165 Vgl. J. M. Buchanan Public Choice: Politics without Romance, Policy 19/Nr. 3 (2003), 13ff. 166 Demgegenüber ist für den Ökonomen die Annahme des benevolenten Staates eben so naiv wie die Annahme, dass der Monopolist seine Monopolstellung auf dem Markt nicht missbrauchen werde (Vaubel Institutional Competition (Fn. 23), 55). Doch auch Juristen rechnen damit, dass Regierende zeitweise oder teilweise eigennüt- zig handeln. Bereits in den Federalist Papers hieß es, dass für Engel gar keine Regie- rung nötig wäre, dass es aber für eine Herrschaft von Menschen über Menschen ent- scheidend auf die Maßnahmen zur Kontrolle der Regierenden ankäme (J. Madison Federalist Paper Nr. 51, in The Federalist Papers, hrsg. von J. Rossiter, New York 1961, 320ff. (322)). Wettbewerb von Rechtsordnungen 53

Verfassungsjuristen erkennen die fundamentale Ambivalenz des Staates an, der einerseits den Krieg aller gegen alle einzudämmen ver- mag, jedoch andererseits als ungezähmter Leviathan unerträgliches Un- recht anrichten kann. Angesichts dieser fundamentalen Ambivalenz soll der Wettbewerb zwischen Staaten und ihren Rechtsordnungen zu einem komplementären und nachrangigen Verfahren zur Gewährleis- tung der fundamentalen Güter, Freiheit, Gleichheit, Demokratie, Soli- darität und Gemeinwohl ausgestaltet werden, indem er sinnvoll norma- tiv eingebettet wird. Ein Grundbaustein dieser Einbettung ist die Gewährleistung unab- dingbarer Rechtsprinzipien. Unabdingbarkeit heißt, dass die dahinter stehenden Güter unabhängig von einer Zahlungsbereitschaft, wie sie sich vor allem in „voice“ oder Nicht-„exit“ manifestiert, zu respektieren sind. Diese Güter müssen unabhängig vom und gänzlich jenseits des Wettbewerbs der Rechtsordnungen als Fixpunkt rechtlich geschützt bleiben. Denn sie haben – mit Kant gesprochen167 – keinen Preis, son- dern eine Würde.

167 I. Kant Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Werkausgabe Bd. VII, hrsg. v. W. Weischedel, Frankfurt a.M. 1977 (orig. 1785), 68: „Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als Äquivalent, gesetzt werden; was dagegen über allen Preis er- haben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.“ 54 Anne Peters

Leitsätze der 1. Berichterstatterin über: Wettbewerb von Rechtsordnungen

Zu II: Fragestellung und Begriffe

1. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht sind eine analytische und eine nor- mative Frage zu stellen: x Hat die Rekonstruktion der hoheitlichen Tätigkeit der Rechtssetzung und Rechtsreform als wettbewerbliches Angebot einen analytischen Nutzen, auf dem insbesondere dogmatische Erkenntnisse aufbauen können? x Darf das Wettbewerbsparadigma eine normative Leitschnur für den Ge- setzgeber sein? 2. Die aktuelle Rekonstruktion der Rechtsentwicklung als Wettbewerb legt einen Markt zugrunde, womit ein dreipoliges Verhältnis zwischen riva- lisierenden Rechtsanbietern und Kunden etabliert wird.

Zu III: Analytischer Nutzen

3. Die unterschiedlichen Rechtswahlmechanismen (Abstimmung, Ab- wanderung, kollisionsrechtliche Rechtswahl, Kauf ausländischer Produkte, Annahme einer neuen Staatsangehörigkeit) erzeugen verschiedene Typen von Wettbewerb der Rechtsordnungen. 4. Bei den meisten Typen fehlt der Zyklus vom Kundenwunsch zur Pro- duktinnovation zurück zum Kunden (Wettbewerbskreislauf) in der Ent- wicklung des Rechts. 5. Die Rekonstruktion von Rechtsevolution als „Wettbewerb“ eröffnet eine neue Perspektive, die fruchtbar sein kann. Wettbewerb von Rechtsordnungen 55

Zu IV: Bewertung des Wettbewerbs der Rechtsordnungen

6. Freiheit: Die klassischen juristischen Mechanismen der Machtbe- grenzung bleiben relevant und vorrangig, weil der Wettbewerb der Staaten und ihrer Rechtsordnungen das Potential zum Machtmissbrauch nicht weg- konkurrieren kann. 7. Gleichbehandlung: Unter gewissen Voraussetzungen sind neue Len- kungsziele wie das Bedürfnis nach der Attraktion und Pflege von ausländi- schem Kapital als legitime Differenzierungsgründe anzuerkennen. Norma- tive Begründung ist das Prinzip der offenen Staatlichkeit. 8. Demokratie: a) Wegen der Verstärkung der Stimme des mobilen Ka- pitals durch seine Abwanderungsdrohung potenziert der Wettbewerb der Rechtsordnungen die Mängel des demokratischen Prozesses eher, als dass er sie ausgleicht. b) Weil der Wettbewerb der Rechtsordnungen untrennbar mit dem poli- tischen Wettbewerb verknüpft ist, schlagen die Defizite des politischen Pro- zesses durch. c) Weil im Wettbewerb keine demokratische Gleichheit unter den aus- wählenden Personen herrscht, muss das demokratische und strikt formal egalitäre demokratische Verfahren normativ vorrangig bleiben. d) Eine Stärkung der demokratischen Gestaltungskraft nationaler Par- lamente kann vor allem dadurch erzielt werden, dass der Wettbewerb der Rechtsordnungen als politische Herausforderung angenommen und recht- lich eingebettet wird. 9. Soziales Prinzip: a) Der Marktmechanismus befriedigt per se die Präferenzen der marktmächtigeren Gruppen besser als die schwächerer Nachfrager, ignoriert die Interessen der zahlungsunfähigen Interessenträger wie Umwelt und nachfolgende Generationen und steht insofern in Span- nung zum sozialen Prinzip. b) Der Marktmechanismus schafft nur ausgleichende Gerechtigkeit, keine austeilende Gerechtigkeit und ist insofern defizitär. c) Im Wettbewerb der Rechtsordnungen ist nicht per se die Abwärtsspi- rale angelegt und damit auch nicht per se eine Gefährdung sozialer (und ökologischer) Prinzipien. 10. Gemeinwohl: Der Gemeinwohlbegriff charakterisiert die Span- nungslage zwischen der individuellen Präferenzsouveränität und dem Kol- lektivinteresse, und der reine Wettbewerb ist kein geeignetes Verfahren für die Auflösung dieser Spannungslage im konkreten Fall. 56 Anne Peters

Zu V: Einbettung des Wettbewerbs der Rechtsordnungen in eine Metaordnung

11. Nur insoweit der Rechtsordnungswettbewerb tatsächlich Freiheits- räume sichert, Defizite des demokratischen Prozesses ausgleicht und Wohl- stand schafft, kann er als Legitimationsprinzip zweiter Ordnung angesehen werden, an dem sich die Rechtspolitik ausrichten darf. 12. Die wettbewerbskonstitutive Ordnung muss Regeln für den Parallel- prozess und für den Austauschprozess enthalten, wobei letztere auf interna- tionaler Ebene vor allem in Ermangelung von Grundfreiheiten vielfach feh- len. 13. Die (Wieder-)Beschränkung der Rechtswahlmodalitäten als recht- liche Schranke gegen exzessiven Rechtswettbewerb ist kaum realisierbar, weil die Modalitäten der direkten und indirekten Rechtswahl teilweise aus Freiheitsverbürgungen fließen. 14. Vorrangiges rechtswissenschaftliches und -praktisches Ziel ist die Erarbeitung eindeutiger Kriterien für die Definition unlauterer oder schäd- licher Regulierungspraktiken, weil ansonsten eine Metaordnung des Rechts- wettbewerbs nicht operationell wäre. 15. Die Förderung und Ordnung der zivilen Regulierung, in der sich die jeweiligen Legitimationsdefizite der beteiligten Gruppen teilweise ausglei- chen, kann als Beitrag zur Sicherung der Fairness des Wettbewerbs der Rechtsordnungen ausgestaltet werden. 16. Ein essentieller Bestandteil der Metaordnung des Rechtswettbewerbs ist die gezielte Rechtsharmonisierung, die den Wettbewerb der Rechtsord- nungen bremsen, aber auch begründen und einbetten kann. 17. Angesichts der fundamentalen Ambivalenz des Staates soll der Wett- bewerb zwischen Staaten und ihren Rechtsordnungen durch sinnvolle nor- mative Einbettung zu einem komplementären und nachrangigen Verfahren zur Gewährleistung der fundamentalen Güter, Freiheit, Gleichheit, Demo- kratie, Solidarität und Gemeinwohl ausgestaltet werden. 18. Unabdingbare, das heißt unabhängig von einer Zahlungsbereitschaft zu respektierende Güter, müssen gänzlich jenseits des Wettbewerbs der Rechtsordnungen rechtlich geschützt bleiben. Wettbewerb von Rechtsordnungen 57

Erster Beratungsgegenstand: Wettbewerb von Rechtsordnungen

2. Bericht von Prof. Dr. Thomas Giegerich, LL.M., Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Inhalt

Seite I. Der Staat als Wettbewerber und Regulator von Wettbewerb 59 II. Wettbewerb als Paradigma in der juristischen Debatte . . . 59 1. Wettbewerb als ökonomisches und allgemeines Paradigma ...... 59 2. Staatskonzeption gegen Wettbewerbsvorstellung . . . . . 61 3. Staatenwettbewerb, Gemeinwohl und überstaatliche Einbindung ...... 62 4. Materieller und ideeller Wettbewerb von Rechts- ordnungen: Exit und Voice ...... 63 III. Evolution von Rechtsordnungen als Ergebnis kulturellen Wettbewerbs ...... 63 1. Konkurrenz und Dialog von Rechtskulturen: Synthesebildung durch Rezeptionen ...... 63 2. Deutschland als Importeur und Exporteur von Recht . . 65 IV. Phänomenologie des Regulierungswettbewerbs ...... 66 1. Empirischer Befund und Interessenlage ...... 66 a) Angebot von und Nachfrage nach normativen Lösungen und zuständige Entscheidungsinstanzen . . 66 b) Wettbewerbsbeschränkungen durch Kooperation und Integration als positive Faktoren ...... 69 c) Wettbewerbsvorteile und -nachteile ...... 69 d) Makrowettbewerb (Systemwettbewerb) und Mikro- wettbewerb (Wettbewerb einzelner Regelungsmodelle) 70 e) Intendierter und faktischer Normenwettbewerb in Abgrenzung zum schlichten Normenkonflikt . . . 72 f) Gezielter Rechtsexport als Erwerbs- und Herrschaftsinstrument ...... 73 2. Regulierungswettbewerb im Mehrebenensystem . . . . . 75 58 Thomas Giegerich

a) Rechtspluralismus und Mehrebenensystem ...... 75 b) Horizontaler Wettbewerb zwischen den Teilrechts- ordnungen ...... 76 c) Vertikaler Wettbewerb im Verhältnis der Teilrechts- ordnungen zur Gesamtrechtsordnung ...... 78 3. Aufwärts- (Überbietungs-) und Abwärts- (Unterbietungs-) Wettlauf: Analyse-, Prognose- und Bewertungsunsicherheit ...... 80 V. Regulierung des Regulierungswettbewerbs durch Meta- rechtsordnungen ...... 81 1. Regelungsbedarf, Regelungsdichte und Regelungsziele . 81 2. Festlegung der Wettbewerbsregeln: Gegenstromprinzip und Vetoposition ...... 82 3. Wettbewerbstransformation durch Verlagerung von Regulierungsaufgaben auf die Metaebene ...... 82 4. Wettbewerbsregeln der Metarechtsordnungen im Überblick ...... 83 a) Völkerrechtliche Regeln für den Regulierungs- wettbewerb der Staaten ...... 83 b) Europarechtliche Regeln für den Regulierungs- wettbewerb der EU-Mitgliedstaaten ...... 85 c) Grundgesetzliche Regeln für den internen und externen Regulierungswettbewerb ...... 88 aa) Konzeption und Grenzen des internen Regulierungswettbewerbs ...... 88 bb) Konzeption und Grenzen des externen Regulierungswettbewerbs ...... 91 VI. Legitimation und Transparenz von Entscheidungen über das Wettbewerbsergebnis ...... 93 1. Schiedsrichterrolle privater Nachfrager und politische Steuerung des materiellen Regulierungswettbewerbs . . . 93 2. Entscheidungsbefugnisse hoheitlicher Nachfrager in Bezug auf den ideellen Regulierungswettbewerb .... 94 a) Parlamentarischer Gesetzgeber: Umfassende Legitimation zur Rezeption – Pflicht zu Rechts- vergleichung und Transparenz? ...... 94 b) Gerichte: Einbeziehung externen Rechts in die Interpretation und Fortbildung des eigenen Rechts . 95 VII. Abschließende Bewertung: Wettbewerb als deskriptives Paradigma ohne normativen Anspruch ...... 98 Wettbewerb von Rechtsordnungen 59

I. Der Staat als Wettbewerber und Regulator von Wettbewerb

Seit jeher stehen Staaten im Wettbewerb miteinander: in materieller Hinsicht um Macht und Wohlstand,1 in ideeller Hinsicht um Ruhm und Ansehen.2 Nach innen fungiert der Staat hingegen als hoheitlicher Re- gulator der wirtschaftlichen und ideellen Wettbewerbe, die er durch sein Recht in gemeinwohlverträgliche Bahnen lenkt. Mit der globalen wirtschaftlichen Verflechtung wächst die Bedeutung der Rechtsordnung als Standortfaktor. Zunehmend mobilere private Wirtschaftssubjekte können in genehmere Regelungen ausweichen und damit die Staaten unter (De-) Regulierungsdruck setzen. Die weltweite Verbreitung von Wissen über andere Rechtsordnungen fördert kritische Vergleiche und konfrontiert nationale Gesetzgeber mit Reformforde- rungen.3 Die Hoheitlichkeit des Staates kann nicht länger dem gesell- schaftlichen Prinzip des Wettbewerbs entgegengesetzt werden,4 sie muss sich ihm stellen.

II. Wettbewerb als Paradigma in der juristischen Debatte

1. Wettbewerb als ökonomisches und allgemeines Paradigma Wenn wirtschaftlicher Wettbewerb dem Gemeinwohl dient5 – könnte das auch für den Regulierungswettbewerb gelten? Die Einführung der Wettbewerbsidee in die juristische Debatte6 liefert einen nicht den law

1 Z.B. beim Ausbau ihres regionalen und globalen politischen Einflusses, bei der Sicherung knapper Rohstoffe für die eigene Wirtschaft, in ihrer Funktion als Wirt- schaftsstandort, bei der Anwerbung der talentiertesten Arbeitskräfte, aber auch bei eigener Teilnahme am wirtschaftlichen Wettbewerb durch Staatsunternehmen. 2 Z.B. als Sport-, Kunst- und Kultur-, Wissenschafts- etc. Standort. 3 Vgl. E.-M. Kieninger Wettbewerb der Rechtsordnungen im Europäischen Binnen- markt, 2002, 62. 4 Vgl. B. Grzeszick Hoheitskonzept – Wettbewerbskonzept, in: HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 78. 5 Vgl. im Einzelnen V. Mehde Wettbewerb zwischen Staaten, 2005, 32ff.; K.M. Meessen Economic Law as an Economic Good, in: ders. (ed.) Economic Law as an Economic Good, 2009, 3 (5); Grzeszick (Fn. 4), Rn. 11ff. 6 In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur wird der Wettbewerb zwischen Staaten seit langem streitig diskutiert (M. Streit Systemwettbewerb im europäischen Integrationsprozeß, FS Mestmäcker, 1996, 521ff.; L. Gerken Der Wettbewerb der Staaten, 1999, 2f.). Die juristische Diskussion ging von Zivilrechtlern aus (N. Reich Competition between Legal Orders, CMLR 29 [1992], 861ff.; M. Dreher Wettbewerb oder Vereinheitlichung der Rechtsordnungen in Europa?, JZ 1999, 105ff.; Kieninger 60 Thomas Giegerich and economics-Theorien7 aus und begründet keinen Primat der Wirt- schaft.8 Aversionen gegen den Wettbewerb von Juristen und Wirt- schafts- und Sozialwissenschaftlern um intellektuellen Einfluss sollten uns nicht abhalten, deren Analysen zu verarbeiten.9 Denn Wettbewerb heißt gegeneinander gerichteter Einsatz einer Mehrheit voneinander unabhängiger Anbieter und/oder Nachfrager um ein wie auch immer geartetes knappes Gut.10 Dieses Konzept wirkt über die Grenzen der Ökonomie als allgemeines Prinzip in andere So- zialbereiche hinein.11 Seit der Antike ist Wettbewerb ein allgemeines Movens zumindest der europäischen Kulturen,12 die auch auf ihrer Su- che nach Gerechtigkeit immer Vergleiche gezogen haben.13

[Fn. 3]), hat aber längst das öffentliche Recht erreicht: C. Engel/M. Morlok (Hrsg.) Öf- fentliches Recht als ein Gegenstand ökonomischer Forschung (1998); M. Wallerath Der ökonomisierte Staat, JZ 2001, 209ff.; M. Bungenberg u.a. (Hrsg.) Recht und Öko- nomik (2004); M. Ruffert Die Globalisierung als Herausforderung an das Öffentliche Recht, 2004, 43f.; Mehde (Fn. 5); A. Musil Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung (2005); K.M. Meessen Wirtschaftsrecht im Wettbewerb der Systeme (2005); ders. (Hrsg.) Economic Law as an Economic Good (2009); ders. Prinzip Wettbewerb, JZ 2009, 697ff.; L. Michael Wettbewerb von Rechtsordnungen, DVBl. 2009, 1062ff.; E. V. Towfigh u.a. (Hrsg.) Recht und Markt (2009). 7 Vgl. mwN Grzeszick (Fn. 4), Rn. 14ff.; C. Kirchner Gemeinwohl aus institutionen- ökonomischer Perspektive, in: G.F. Schuppert/F. Neidhardt (Hrsg.) Gemeinwohl – Auf der Suche nach Substanz, 2002, 157ff. 8 U. Di Fabio Der Verfassungsstaat in der Weltgesellschaft, 2001, 20ff. 9 Vgl. B. Grzeszick Läßt sich eine Verfassung kalkulieren?, JZ 2003, 647ff.; O. Lep- sius Sozialwissenschaften im Verfassungsrecht, JZ 2005, 1ff. 10 Es handelt sich um eine Arbeitsdefinition, denn Konsens über den Inhalt des Wettbewerbsbegriffs besteht nicht (Kieninger [Fn. 3], 8ff.). Vgl. auch Mehde (Fn. 5), 30ff.; Meessen (Fn. 6), JZ 2009, 701; Michael (Fn. 6), 1063. 11 Grzeszick (Fn. 4), Rn. 14ff.; M. Ruffert Die Leistungsfähigkeit der Wirtschafts- verfassung, AöR 134 (2009), 197 (203f.); Meessen (Fn. 6), JZ 2009, 697. Umfassend H. Krüger Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl. 1966, 454ff. 12 Die Herausarbeitung des „agonalen Prinzips“ als Antrieb der kulturellen Ent- wicklung Griechenlands geht auf J. Burckhardts „Griechische Culturgeschichte“ zu- rück und ist später u.a. von J. Huizinga zum anthropologischen Prinzip verallgemei- nert worden (näher C. Hirschi Wettkampf der Nationen, 2005, 258ff.). 13 Schon Aristoteles verglich nicht nur abstrakte Staatsformen, sondern betrachtete ihre konkrete Ausformung in verschiedenen griechischen poleis auf der Suche nach dem „besten“ Staat (Politik [Übersetzung von O. Gigon – dtv, 5. Aufl. Juni 1984]). Auch Montesquieu arbeitete mit vielen Vergleichen (De l’esprit des lois, hgg. von V. Goldschmidt [1979]). Ersetzt man „Wettbewerb“ durch „Kampf“, gelangt man zum Wiener Abschiedsvortrag R. v. Jherings von 1872 (in erweiterter Fassung veröffent- licht unter dem Titel „Der Kampf um’s Recht“ [18. Aufl. 1913, Neudruck 1992]). Wettbewerb von Rechtsordnungen 61

2. Staatskonzeption gegen Wettbewerbsvorstellung Ungeachtet eines durch grenzüberschreitende Faktormobilität14 ver- schärften zwischenstaatlichen Wettbewerbs wird die Einbeziehung des Wettbewerbsparadigmas in die juristische Debatte teilweise abgelehnt,15 weil Wettbewerb als etwas Bedrohliches gilt.16 Mit der Benutzung die- ses Paradigmas verschreibt man sich indessen weder einer neoliberalen Marktideologie, noch stellt man die Sozialstaatlichkeit in Frage.17 Einwände gegen die Anwendung des Wettbewerbsmodells auf das zwischenstaatliche Verhältnis ergeben sich auch aus dem Staats- verständnis. Wer dem souveränen Staat die letztverbindliche Definition und Gewährleistung des Gemeinwohls durch Recht anvertraut,18 will diesen Leviathan nicht im Wettbewerb unterliegen sehen.19 Zwar unter- scheidet sich der grundrechtsgeschützte Wettbewerb Privater von der Konkurrenz regelungsautonomer Hoheitsträger.20 Dem kann man aber durch entsprechende Anpassung des Wettbewerbsgedankens Rech- nung tragen. Prämisse einer Negativbewertung des Regulierungswettbewerbs ist die Positivbewertung staatlicher Regulierung. Wer jedoch die Notwen- digkeit einer Zähmung auch des demokratischen Leviathans betont, wird den Wettbewerb als Element einer „Gewaltenteilung“ gegen über- mäßige oder ungerechte Regulierungen und Abgaben schätzen.21

14 Vor allem Wissen und Ideen, Menschen und Kapital. Rein faktisch stößt jedoch die grenzüberschreitende Mobilität der Menschen auf erhebliche Hindernisse (z.B. Sprachbarrieren und Heimatbindung), während Finanzkapital immer mobiler wird: Monopolkommission, Systemwettbewerb – Sondergutachten Bd. 27 (1998), 20; Kie- ninger (Fn. 3), 58ff. 15 K. Mathis Effizienz statt Gerechtigkeit, 3. Aufl. 2009, 18f. 16 Vgl. Meessen (Fn. 6), JZ 2009, 697 mwN. 17 Kritisch aber R. Stürner Markt und Wettbewerb über alles? (2007); P. Häberle Europäische Verfassungslehre, 5. Aufl. 2008, 250. 18 Vgl. A. Randelzhofer Staatsgewalt und Souveränität, in: HStR II, 3. Aufl. 2004, § 17 Rn. 35ff.; J. Isensee Staat und Verfassung, ebd., § 15 Rn. 83ff.; Grzeszick (Fn. 4), Rn. 2ff. 19 Vgl. etwa P. Kirchhof Mittel staatlichen Handelns, in: HStR V, 3. Aufl. 2007, § 99 Rn. 35ff.; ders. Das Wettbewerbsrecht als Teil einer folgerichtigen und widerspruchs- freien Gesamtrechtsordnung, in: ders. (Hrsg.) Gemeinwohl und Wettbewerb, 2005, 1ff. Differenzierter J. Isensee Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 126 Rn. 330ff. 20 Kirchhof (Fn. 19), § 99 Rn. 35ff. 21 Kieninger (Fn. 3), 72ff.; Mehde (Fn. 5), 78f., 286. 62 Thomas Giegerich

3. Staatenwettbewerb, Gemeinwohl und überstaatliche Einbindung Jede Rechtsordnung offenbart die Gemeinwohlvorstellung der sie tra- genden Gemeinschaft.22 Im Wettbewerb von Rechtsordnungen treten unterschiedliche Gemeinwohlvorstellungen gegeneinander an. Dezen- trale Regulierungsentscheidungen können das Gemeinwohl jedoch nicht gewährleisten, wenn grenzüberschreitende Umwelt- oder Sicherheits- probleme die Lösungskapazität der einzelnen Staaten überfordern. Nicht von ungefähr bilden sich daher überstaatliche Gemeinschaften, die den Binnenwettbewerb durch Rechtsharmonisierung begrenzen oder durch Vergemeinschaftung von Aufgaben transformieren,23 allen voran Euro- parat24 und Europäische Union. Wo sich nationales und übernationales Gemeinwohl verflechten,25 sind kooperativ-internationale oder integra- tiv-supranationale Formen der Gemeinwohlverwirklichung geboten.26

22 G.F. Schuppert Gemeinwohl, das, in: ders./F. Neidhardt (Hrsg.) Gemeinwohl – Auf der Suche nach Substanz, 2002, 19ff.; M. Anderheiden Gemeinwohl in der Repu- blik und Union, 2006, 5ff.; J. Isensee Gemeinwohl im Verfassungsstaat, in: HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 71. Vgl. auch R. Grawert Gemeinwohl: Ein Literaturbericht, Der Staat 43 (2004), 434ff. Zum übernationalen Gemeinwohl C. Calliess Gemeinwohl in der Europäischen Union, in: W. Brugger/S. Kirste/M. Anderheiden (Hrsg.) Gemein- wohl in Deutschland, Europa und der Welt, 2002, 173ff.; S. Oeter Gemeinwohl in der Völkerrechtsgemeinschaft, ebd., 215ff. 23 S.u. IV. 3. 24 Der Europarat hat seine satzungsmäßige Aufgabe, eine engere Verbindung zwi- schen seinen Mitgliedern zum Schutze und zur Förderung der gemeinsamen Ideale und Grundsätze herzustellen (Art. 1 [Sartorius II Nr. 110]) u.a. durch eine Vielzahl von Abkommen zur Rechtsharmonisierung auf zahlreichen Rechtsgebieten zu erfül- len versucht – vgl. W. Hummer/A. Schmid Gesamtdarstellung der (Rechtsharmonisie- rungs-) Konventionen im Schoße des Europarates, in: W. Hummer (Hrsg.) Österreich im Europarat 1956–2006, Tbd. 1, 2008, 283ff., sowie weitere Beiträge ebd., insbeson- dere W. Okresek Rechtsharmonisierung im Bereich des öffentlichen Rechts, 445ff. 25 So ist die Wahrung des Weltfriedens ein für Deutschland völkervertraglich und verfassungsrechtlich relevanter Gemeinwohlbelang (Art. 1 Ziff. 1, Art. 2 Ziff. 4 UN- Charta sowie Satz 1 der Präambel und Art. 24 Abs. 2, 26 GG). Gleiches gilt für den Schutz der Menschenrechte (vgl. nur Art. 1 Ziff. 3, 55 lit. c, 56 UN-Charta, IPbpR, IPwskR und EMRK [Sartorius II Nr. 1, 20, 21 und 130] sowie Art. 1 Abs. 2 GG) und der Umwelt (vgl. nur UN-Rahmenübereinkommen über Klimaveränderungen mit Kyoto-Protokoll [Sartorius II Nr. 440 und 441] sowie Art. 20a GG). Umgekehrt sind Frieden, Menschenrechtsniveau und Umweltschutz in Deutschland Aspekte des europäischen und globalen Gemeinwohls: W. Brugger Einleitung, in: ders./Kirste/ Anderheiden (Fn. 22), 10f.; M. Jachtenfuchs Versuch über das Gemeinwohl in der postnationalen Konstellation, in: Schuppert/Neidhardt (Fn. 22), 369f.; R. Uerpmann Verfassungsrechtliche Gemeinwohlkriterien, ebd., 179 (190f.). 26 Vgl. die Übertragung der Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens auf den UN-Sicherheitsrat (Art. 24 Abs. 1 UN-Charta). Ein einheitliches Auftreten einer Gruppe von Staaten mit ähnlichen Interessen nach außen kann eine Vergemein- Wettbewerb von Rechtsordnungen 63

4. Materieller und ideeller Wettbewerb von Rechtsordnungen: Exit und Voice Der Wettbewerb von Rechtsordnungen hat zwei Komponenten: Neben eine wirtschaftlich-materielle (Wirtschaftsregulierung als Stand- ortfaktor) tritt eine politisch-ideelle (Wettbewerb um das optimale Recht).27 Wettbewerbsdruck wird letzterenfalls weniger durch Exit- Optionen der Wirtschaft als durch Voice-Optionen der Gesellschaft aufgebaut.28 Die Durchsetzung der eigenen Rechtsvorstellungen im ideellen Wettbewerb ist kein rein idealistisches Anliegen, sondern dient auch egoistischen Interessen an Ansehen, kulturellem und politischem Einfluss sowie finanziellen Vorteilen.29

III. Evolution von Rechtsordnungen als Ergebnis kulturellen Wettbewerbs

1. Konkurrenz und Dialog von Rechtskulturen: Synthesebildung durch Rezeptionen Rechtsordnungen sind kulturell-zivilisatorische Errungenschaften.30 Im Darwin-Jahr31 liegt es nicht fern, die Evolution als Grundprinzip auch der Rechtsentwicklung zu identifizieren.32 Mutationen von Rechts- schaftung von nur gemeinsam effektiv wahrzunehmenden Befugnissen nahelegen (vgl. z.B. die Vergemeinschaftung der Außenhandelspolitik durch Art. 133 EGV/ Art. 207 AEUV). 27 Dazu auch Kieninger (Fn. 3), 18ff., 26ff. 28 Exit (Abwanderung) und voice (Widerspruch) bilden die grundlegenden kriti- schen Reaktionen von Organisationsmitgliedern auf eine Abnahme des von der Or- ganisation produzierten Nutzens, während loyalty (Loyalität) als dritte Option ein un- kritisches Festhalten bezeichnet (nach A.O. Hirschman Exit, Voice, and Loyalty: Responses to Decline in Firms, Organizations, and States [1970]; Abwanderung und Widerspruch: Reaktionen auf Leistungsabfall bei Unternehmungen, Organisationen und Staaten [1974]). Näher Mehde (Fn. 5), 42ff. 29 Vgl. etwa D. Grimm Stufen der Rechtsstaatlichkeit, JZ 2009, 596ff. Positive öko- nomische Nebenfolgen ergeben sich, wenn z.B. das deutsche Regelungsmodell durch die EU oder die Völkerrechtsgemeinschaft übernommen wird und hierzulande die kostenträchtige Anpassung an supra- oder internationale Vorgaben entfällt. 30 Vgl. P. Häberle Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, 1982, 28ff.; P. Man- kowski Rechtskultur, JZ 2009, 321ff. 31 1859 ist die 1. Auflage von C. Darwins „The Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life“ erschienen. 32 Evolution gilt als das Entwicklungsprinzip offener Gesellschaften (K.R. Popper Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, 2 Bde., 7. Aufl. 1992). In der Rechtsethnolo- gie, die das Recht als Funktion der Kultur eines Volkes untersucht, ist der aus der Ko- 64 Thomas Giegerich ordnungen erfolgen allerdings nicht mit naturgesetzlicher Unausweich- lichkeit, sondern kraft menschlicher Entscheidungen.33 Sie verlaufen auch weder zwangsläufig „positiv“,34 noch führen sie zu einem die „Artenvielfalt“ gefährdenden Einheitsrecht.35 Motor der Rechtsevolution ist die Rezeption, d.h. die organische Einpassung von außen kommender Rechtsvorstellungen als Ergebnis eines ideellen Wettbewerbs.36 Zwar begrenzt die Traditions- und Kulturgebundenheit einer Rechtsordnung die Rezeption „fremder“ Rechtsvorstellungen,37 doch nicht alles externe Recht ist fremd.38 Im Regulierungswettbewerb treten unterschiedliche Rechtskulturen, Staatsvorstellungen und Menschenbilder in Konkurrenz, aber auch in einen Dialog miteinander.39 Ihre wechselseitige Befruchtung produziert lonialzeit stammende evolutionistische Ansatz umstritten, weil er unausgesprochen von der Überlegenheit der europäischen Rechtskultur ausgehe und die lokale Rechts- wirklichkeit nur ungenügend berücksichtige (F. v. Benda-Beckmann Rechtsethnologie, in: H. Fischer/B. Behr [Hrsg.] Ethnologie, 6. Aufl. 2006, 179 [181, 190]). 33 Zur Lebendigkeit sich entwickelnder Verfassungen vgl. Häberle (Fn. 30), 19ff. Zur EMRK als „living instrument“ nach der st. Rspr. des EGMR vgl. C. Grabenwarter Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 5 Rn. 13f. 34 Rückschritte hin zu weniger Freiheit, Demokratie, Rechts- und Sozialstaatlich- keit sind nicht ausgeschlossen (vgl. die Freiheitseingriffe im Gefolge des 11. 9. 2001: G. Nolte Das Verfassungsrecht vor den Herausforderungen der Globalisierung, VVDStRL 67 [2008], 129 [132ff.]; die Agenda 2010: P. Axer Soziale Gleichheit – Voraussetzung oder Aufgabe der Verfassung?, VVDStRL 68 [2009], 177ff.). 35 Die Annäherung der Lebensformen und Vorstellungswelten infolge der Globali- sierung bringt zwar eine gewisse Annäherung der Rechtsvorstellungen mit sich, doch hat selbst die sechs Jahrzehnte dauernde europäische Integration keine Rechtseinheit innerhalb der EU bewirkt (vgl. Kieninger [Fn. 3], 39ff.). 36 Von der Rezeption des römischen Rechts in weiten Teilen des christlichen Abendlandes bis zur Rezeption europäischer Privatrechtskodifikationen durch außer- europäische Länder im 20. Jh., aber auch zur Rezeption z.B. des französischen Ver- waltungsrechts durch die Türkei und des deutschen Verwaltungsrechts durch Japan. 37 Insoweit treffen die Volksgeist-Vorstellungen Savignys zu (E.-W. Böckenförde Die historische Rechtsschule und das Problem der Geschichtlichkeit des Rechts [1964], in: ders., Recht, Staat, Freiheit, 1991, 9ff.). Noch so erfolgreiche Regelungs- modelle können nicht beliebig in andere Kulturkreise verpflanzt werden, weil ihr Er- folg von sozialen, wirtschaftlichen und mentalen Voraussetzungen abhängt, die sie selbst nicht garantieren können (vgl. ders., Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation [1967], ebd., 92 [112]). 38 Sowohl das EU-Recht als auch das Völkerrecht sind vom deutschen Konsens mitgetragenes Gemeinschaftsrecht im weiteren Sinne und deshalb nicht „fremd“ (H. Krieger Die Herrschaft des Fremden – Zur demokratietheoretischen Kritik des Völkerrechts, AöR 133 [2008], 315ff.). 39 Dialogfördernd sind übernationale Verbände wie European Society of Internatio- nal Law, Europäischer Juristentag, SIPE und auch die VDStRL. Zum „Forum of Fe- Wettbewerb von Rechtsordnungen 65

Synthesen,40 die zu einer gewissen Konvergenz führen, z.B. im Men- schenrechtsbereich.41

2. Deutschland als Importeur und Exporteur von Recht Deutschland hat seit jeher vom Dialog der Rechtskulturen profi- tiert. Nach der Rezeption des römischen Rechts42 hat es wesentliche Elemente seiner freiheitlichen demokratischen Grundordnung impor- tiert.43 Externe Regelungsmodelle sind dabei nie „rein“ übernommen, sondern zu Synthesen mit den nationalen Rechtstraditionen „einge- deutscht“ worden.44 Die deutsche Exporttradition reicht vom Sach- senspiegel und den mittelalterlichen Stadtrechten45 über das BGB46 bis zu verfassungsstaatlichen Elementen des Grundgesetzes.47 derations“ U. Karpen Der deutsche Bundesstaat im Internationalen Vergleich und Wettbewerb, DÖV 2008, 814ff. 40 P. Häberle Wechselwirkungen zwischen deutschen und ausländischen Verfassun- gen, in: HGR I (2004), 313ff. 41 Dreher spricht von einer Rechtsvereinheitlichung von unten im Gegensatz zur Rechtsvereinheitlichung durch Harmonisierungsakte einer übergeordneten Rechts- ordnung ([Fn. 6], 110). Die Konvergenzleistung des Regulierungswettbewerbs darf nicht überschätzt werden (vgl. Kieninger [Fn. 35]). 42 F. Wieacker Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2. Aufl. 1967, 97ff. 43 Die Modelle kamen vor allem aus Frankreich, Großbritannien und den USA: H. Steinberger 200 Jahre amerikanische Bundesverfassung, 1987, 15ff.; ders. American Constitutionalism and German Constitutional Development, in: L. Henkin/A.J. Ro- senthal Constitutionalism and Rights, 1990, 199ff. Schweizerische Anregungen wur- den kaum aufgegriffen: K. Eichenberger Ausländische Einflüsse bei der Entstehung des Grundgesetzes – Einflüsse der Schweiz, in: K. Stern (Hrsg.) 40 Jahre Grund- gesetz, 1990, 71ff. Die eigenständige Verfassungsgerichtsbarkeit hat das GG aus Ös- terreich übernommen (H. Kelsen); zu Unterschieden E.-W. Böckenförde Verfassungs- gerichtsbarkeit, NJW 1999, 9 [13]). Zu äußeren Einflussnahmen auf die deutschen Rezeptionsentscheidungen H. Dreier Kontexte des Grundgesetzes, DVBl. 1999, 667ff.; H. Wilms Ausländische Einwirkungen auf die Entstehung des Grundgesetzes, 1999; Dokumentenband 2003. 44 H. Steinberger Bemerkungen zu einer Synthese des Einflusses ausländischer Ver- fassungsideen auf die Entstehung des Grundgesetzes mit deutschen verfassungsrecht- lichen Traditionen, in: Stern (Fn. 43), 41ff. 45 Wieacker (Fn. 42), 108f.; H. Lück Über den Sachsenspiegel, 2005, 59ff. 46 Wieacker (Fn. 42), 346f., 483ff., 495. Das BGB konkurrierte mit dem älteren französischen Code civil und dem jüngeren Schweizerischen ZGB. 47 In die europäischen Transformationsstaaten (Griechenland, Portugal, Spanien, dann die mittel-, ost- und südosteuropäischen Staaten), aber auch nach Asien und Afrika (insbesondere Südkorea, Namibia und Südafrika) und zuletzt sogar in die Schweiz exportiert wurden insbesondere der Menschenwürdegedanke, die Wesens- gehaltsgarantie, das konstruktive Misstrauensvotum, die starke Verfassungsgerichts- 66 Thomas Giegerich

IV. Phänomenologie des Regulierungswettbewerbs

1. Empirischer Befund und Interessenlage a) Angebot von und Nachfrage nach normativen Lösungen und zuständige Entscheidungsinstanzen In Markttermini ausgedrückt können private Nachfrager nach Regu- lierungsleistungen aus den Modellen mehrerer Anbieter die für sie optimale rechtliche Lösung auswählen – etwa bei der Rechtswahl durch Vertragsparteien,48 der Verlagerung eines Unternehmenssitzes oder Kapitalverschiebungen. Wo staatliches Recht dispositiv oder ergän- zungsbedürftig ist, bieten auch Internationale Organisationen, intergou- vernementale Expertennetzwerke49 und Private normative Lösungen an. Inzwischen verdrängen empfohlene Modellregelungen50 und private Kodifikationen51 staatliches Recht zunehmend aus dem internationalen Handelsverkehr.52 Dies gilt als Anzeichen eines Wandels der Staatlich- keit.53 Jedenfalls müssen Staatsorgane heute die Auswirkungen ihrer barkeit und das dreigestufte Verhältnismäßigkeitsprinzip, letzteres auch in die EU und die EMRK (H.-P. Schneider Das Grundgesetz als Vorbild?, in: ders. [Hrsg.] Das Grundgesetz in interdisziplinärer Betrachtung, 2001, 159ff.; P. Häberle Die Verfas- sungsgerichtsbarkeit auf der heutigen Entwicklungsstufe des Verfassungsstaates, EuGRZ 2004, 117ff.; ders. in: HGR I (2004), 327ff.; O. Koch Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Ge- meinschaften [2003]; U. Battis u.a. [Hrsg.] Das Grundgesetz im internationalen Wir- kungszusammenhang der Verfassungen [1990]; Stern (Fn. 43), 235ff. (mehrere Bei- träge); ders. Ausstrahlungswirkung des Grundgesetzes auf ausländische Verfassungen, in: BMI [Hrsg.], Bewährung und Herausforderung, 1999, 249ff.; M. Kayser/D. Richter Die neue schweizerische Bundesverfassung, ZaöRV 59 [1999], 985 [1029ff.]). 48 Art. 27 EGBGB. Diese wird gewöhnlich mit einer Gerichtsstandsvereinbarung (§ 38 ZPO) gekoppelt. 49 Vgl. z.B. die regulative Zusammenarbeit der Bankenaufsichtsbehörden im Basel Committee on Banking Supervision (Mehde [Fn. 5], 563ff.). 50 Vgl. die Prinzipien für internationale Handelsverträge der UNIDROIT (www.unidroit.org), einer zwischenstaatlichen internationalen Organisation (J. Krop- holler Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 2006, 464f.). 51 Vgl. z.B. die Incoterms zur Regelung der gegenseitigen Rechte und Pflichten in internationalen Handelsverträgen der International Chamber of Commerce als Welt- organisation der Privatwirtschaft (http://www.iccwbo.org/). 52 G.-P. Calliess/H. Hoffmann Effektive Justizdienstleistungen für den globalen Han- del, ZRP 2009, 1 (2). Vgl. auch das aus jahrhundertealten internationalen Handels- prinzipien der Kaufleute gewachsene staatsunabhängige transnationale Einheitsrecht der lex mercatoria, das von der Handelsschiedsgerichtsbarkeit durchgesetzt wird (U. Stein Lex mercatoria: Realität und Theorie [1995]). 53 G.F. Schuppert Was ist und wie misst man Wandel von Staatlichkeit?, Der Staat 47 (2008), 325ff.; P. Genschel/S. Leibfried, Schupperts Staat, ebd., 359ff. Wettbewerb von Rechtsordnungen 67

Rechtsetzungs- und Interpretationsentscheidungen auf den Standort- wettbewerb mit bedenken.54 Legislativen, Exekutiven und Judikativen nutzen das Innovationspo- tential des ideellen Regulierungswettstreits als Nachfrager und speisen es zugleich als Anbieter. Ein Gesetzgeber wird sich von externen staat- lichen oder überstaatlichen Regelungsmodellen inspirieren lassen,55 eine Entscheiderin in Verwaltung und Justiz bei der Interpretation oder Fortbildung ihres eigenen Rechts Präjudizien anderer nationaler oder übernationaler Jurisdiktionen berücksichtigen.56 Deutschland hat auf diesem Wege ein zeitgemäßes Antidiskriminierungsrecht57 und Infor- mationsfreiheitsrecht58 erhalten und eine Diskussion über eine Selbst- verwaltung der Justiz59 und Schulreformen begonnen. In einem dialogischen Optimierungsprozess bilden grenzüberschrei- tende legislative, exekutive und judikative Netzwerke des Gebens und

54 Bei der richterlichen Entscheidung, die AGB-Kontrolle auf Verträge zwischen Unternehmen zu erstrecken, hätten die Folgen für die Position der deutschen Rechts- ordnung im Regulierungswettbewerb (Gefahr ihrer Abwahl in internationalen Verträ- gen) mit bedacht werden müssen (vgl. H. Eidenmüller Recht als Produkt, JZ 2009, 641 [645f.]; J.F. Hochbaum NJW-Editorial Heft 51/2008). Demgegenüber hat der EuGH seine Entscheidung, dass das WTO-Recht innergemeinschaftlich nicht unmittelbar anwendbar sei, auf die anderenfalls nachteiligen Folgen für die EG im Wettbewerb mit ihren wichtigsten Handelspartnern gestützt (Slg. 1999, I-8395 [Rn. 43ff.]). 55 Die Inspiration wird häufig durch ausländische Berater vermittelt: U. Karpen Das Grundgesetz als „Exportartikel“, in: ders. Gesetzgebungslehre – neu evaluiert, 2. Aufl. 2008, 61ff. 56 Die auf F.A. von Hayek zurückgehende Vorstellung vom „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ (vgl. seinen gleichnamigen Kieler Vortrag von 1968) trifft auch für den Regulierungswettbewerb zu (vgl. Meessen [Fn. 6], JZ 2009, 698). Zu Rechtsprechungskonvergenzen F. Merli Rechtsprechungskonkurrenz zwischen natio- nalen Verfassungsgerichten, Europäischem Gerichtshof und Europäischem Gerichts- hof für Menschenrechte, VVDStRL 66 (2007), 392 (403ff.); G. Nolte Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz, Friedenswarte 84 (2009), 93ff. 57 B. Rudolf/M. Mahlmann (Hrsg.) Gleichbehandlungsrecht (2007); W. Däubler/ M. Bertzbach (Hrsg.) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, 2. Aufl. 2008; U. Rust/ J. Falke (Hrsg.) AGG (2007). 58 M. Kloepfer Informationsrecht (2002); ders. (Hrsg.) Die transparente Verwaltung: Zugangsfreiheit zu öffentlichen Informationen (2003); F. Schoch Informationsfrei- heitsgesetz (2009). Vgl. auch Art. 42 EU-Grundrechtecharta (Sartorius II Nr. 146); Konvention des Europarates über den Zugang zu amtlichen Dokumenten v. 18. 6. 2009 (CETS No. 205) – noch nicht in Kraft (http://conventions.coe.int/Treaty/Com- mun/QueVoulezVous.asp?NT=205&CM=8&DF=05/10/2009&CL=GER). 59 H.-J. Papier Zur Selbstverwaltung der Dritten Gewalt, NJW 2002, 2585ff.; ders. Kein radikaler Systemwechsel in der Justiz, ZRP 2009, 125; O. Mallmann Stellung- nahmen des Consultative Council of European Judges [CCJE] zu aktuellen Themen, ZRP 2009, 151 (153). 68 Thomas Giegerich

Nehmens immer neue Synthesen. Dieser Prozess bietet die Chance, die Evolution des Rechts auf allen Ebenen hin zu einer effektiven interna- tional rule of law voranzutreiben,60 d.h. hin zur effektiven rechtlichen Einbindung aller politischen, sozialen und wirtschaftlichen Macht auf der Welt.61 Manche Kläger machen sich den Wettbewerb zwischen Gerichten zunutze: Sie versuchen, die Jurisdiktion einer bestimmten Instanz zu begründen, weil sie sich davon die Anwendung einer vorteilhafteren Rechtsordnung62 oder eine vorteilhaftere Interpretation des anwendba- ren Rechts versprechen.63 Solches Forum Shopping wird auch von Ho- heitsträgern im Völker- und Europarecht praktiziert, wo sich die Zahl der zur Verfügung stehenden Entscheidungsinstanzen vervielfacht hat.64

60 Grundlegend A.-M. Slaughter A New World Order (2004). Speziell zum Koope- rationsverhältnis zwischen dem EuGH und den nationalen Gerichten Art. 234 EGV/ Art. 267 AEUV und BVerfGE 89, 155 (175, 178); S. Oeter Rechtsprechungskonkur- renz zwischen nationalen Verfassungsgerichten, Europäischem Gerichtshof und Eu- ropäischem Gerichtshof für Menschenrechte, VVDStRL 66 (2007), 361ff.; A. Rosas The European Court of Justice in Context, European Journal of Legal Studies Vol. 1 No. 2 (2007), 1ff. Kritisch z.B. K.F. Gärditz Die Legitimation der Justiz zur Völker- rechtsfortbildung, Der Staat 47 (2008), 381ff. 61 Zum Dialog der Gerichte noch u. VI. 2. b). 62 Z.B. Erhebung einer Schadensersatzklage in den USA im Hinblick auf die dort erzielbaren exorbitanten Summen (zu den verfassungsrechtlichen Grenzen ihrer Zu- stellung in Deutschland BVerfGE 91, 335; 108, 238; R.A. Schütze Die Verweigerung der Klagezustellung bei völkerrechtswidriger Usurpierung internationaler Zuständig- keit, RIW 2009, 497ff.; J. Reinhard Sammelklagen von Ausländern in den USA gegen ausländische Beklagte nach dem Alien Tort Claims Act, ebd., 500ff.). Zur wachsen- den Zahl in London gewonnener Beleidigungsprozesse Prominenter gegen kritische Berichte in US-amerikanischen Medien, die in den USA am First Amendment schei- tern würden, R. Balin/L. Handman/E. Reid Libel Tourism and the Duke’s Manser- vant, European Human Rights Law Review 2009, 303ff. Zum Forum Shopping all- gemein H. Schack Internationales Zivilverfahrensrecht, 4. Aufl. 2006, Rn. 220ff. 63 Wehren können sich Beklagte durch die im anglo-amerikanischen Rechtsraum entwickelte anti-suit injunction, mit der ein ebenfalls zuständiges anderes Gericht dem Kläger unter Sanktionsandrohung verbietet, seinen Prozess vor dem gewählten Ge- richt fortzusetzen (C. Schmidt Anti-suit injunctions im Wettbewerb der Rechtssys- teme, RIW 2006, 492ff.). Innerhalb der EU sind anti-suit injunctions durch die EuGVVO (konsolidierte Fassung in Sartorius II Nr. 161) ausgeschlossen (S. Baltha- sar/R. Richers Europäisches Verfahrensrecht und das Ende der anti-suit injunction, RIW 2009, 351ff.). 64 J. Pauwelyn/L.E. Salles Forum Shopping Before International Tribunals, Cornell International Law Journal 42 (2009), 77ff.; O. Dörr The European Court of Justice Getting in the Way, in: T. Giegerich (ed.) A Wiser Century?, 2009, 503ff.; A. Rosas In- ternational Dispute Settlement: EU Practices and Procedures, GYIL 46 (2003), 284 (301f.). Wettbewerb von Rechtsordnungen 69 b) Wettbewerbsbeschränkungen durch Kooperation und Integration als positive Faktoren Dem Wettbewerb entgegen wirken die Kooperation der Konkurren- ten im Kartell und das Monopol. Zwar kann man die freiwillige Ab- stimmung konkurrierender Rechtsordnungen aufeinander als Kartell- absprache deuten und die Übertragung der Regulierungszuständigkeit auf eine übergeordnete Rechtsordnung als Monopolbildung. Im Regu- lierungsbereich sind jedoch – anders als im Wirtschaftsgeschehen – Ko- operation und Integration keine negativ besetzten Begriffe, denn man sieht das Gemeinwohl nach den bis 1945 gemachten Erfahrungen bes- ser in der Rechtsvereinheitlichung als im Regulierungswettbewerb auf- gehoben.65 c) Wettbewerbsvorteile und -nachteile Typische Wettbewerbsvorteile und -nachteile lassen sich auch im Regulierungswettbewerb identifizieren. Die Modellfunktion eines Wirt- schaftsrechts richtet sich nach der Attraktivität des betreffenden Mark- tes für zutrittswillige Unternehmen.66 Allgemein werden die Export- chancen einer Rechtsordnung durch ihre eigene Rezeptionsbereitschaft bedingt, denn bei Abkoppelung von der weltweiten Evolution verliert sie an Vorbildlichkeit.67 Wesentlich ist auch ihre Fähigkeit, innovative Lösungen zuerst auf den Ideenmarkt zu bringen. Die Strahlkraft einer Rechtsordnung wächst schließlich mit ihrer Erschlossenheit und Aus- differenzierung – vorausgesetzt, diese entfaltet sich in einer verständ- lichen Sprache.68 Davon hängt auch die Fähigkeit eines juristischen

65 C. Starck Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht, JZ 1997, 1021 (1025f.). Vgl. die Präambel der UN-Charta. S. zur weiteren Begründung noch u. V. 3. 66 Attraktiv ist insbesondere der US-Markt. Unterwirft das jeweilige Heimatrecht die Unternehmen anderen Reglements, erlegt es ihnen zusätzliche Kosten auf und schwächt ihre Wettbewerbsposition in den USA. Dadurch entsteht indirekter Druck, die Regulierungsstandards des dominanten Marktes zu übernehmen. Vgl. Mehde (Fn. 5), 566ff.: „Märkte machen Recht“. Wenn der Heimatmarkt (z.B. die EU) sei- nerseits für US-Unternehmen attraktiv ist, entsteht ein Anreiz, die wechselseitige An- erkennung der verschiedenen Standards zu vereinbaren. 67 Die Inanspruchnahme eines „exceptionalism“ (vgl. H. Hongju Koh On American Exceptionalism, Stanford Law Review 55 [2003], 1479ff.; L. Viellechner Amerikani- scher Unilateralismus als Verfassungsfrage?, Der Staat 45 [2006], 1ff.) scheint mir ein Grund dafür zu sein, dass das US-Verfassungsrecht an internationalem Einfluss ver- loren hat (vgl. D.P. Kommers Kann das deutsche Verfassungsrechtsdenken Vorbild für die Vereinigten Staaten sein?, Der Staat 37 [1998], 335f.). 68 Vgl. Calliess/Hoffmann (Fn. 52), 3f. Deshalb sind Bemühungen zu begrüßen, deutsches Rechtsdenken in englischer Sprache weltweit zu verbreiten (z.B. durch 70 Thomas Giegerich

Ausbildungssystems ab, künftige ausländische Entscheidungsträger in der eigenen Rechtsordnung zu „akklimatisieren“.69 Ebenso wichtig ist die nationale Juristenausbildung: Nur ein verglei- chend-international geschulter Juristennachwuchs wird seine Rechts- vorstellungen effektiv in den internationalen Wettbewerb einbringen. Dass die deutschen Gerichte internationale und vergleichende Aspekte nur zögernd in ihre Entscheidungen aufnehmen,70 hängt mit Defiziten des hiesigen Ausbildungs- und Prüfungssystems zusammen.71 Die Positionierung von Rechtsordnungen im Dialog der Rechtskulturen und Rechtswissenschaften ist entscheidend für ihre internationale Wirkung.72 Gegenüber der anglo-amerikanischen Konkurrenz liegen Deutschland und das übrige Europa derzeit zurück.73 d) Makrowettbewerb (Systemwettbewerb) und Mikrowettbewerb (Wettbewerb einzelner Regelungsmodelle) Da die planmäßige Sozialgestaltung vor allem durch Recht erfolgt, stellt der Wettbewerb der Rechtsordnungen einen wesentlichen Aspekt des Systemwettbewerbs (institutionellen Wettbewerbs) dar.74 Den Sys- temwettbewerb des Kalten Krieges zwischen Zentralverwaltungswirt- schaft in kommunistischer Diktatur und Marktwirtschaft in freiheit- licher Demokratie75 entschied der Westen für sich.76 Im Wettbewerb

englische Übersetzungen wichtiger BVerfG-Entscheidungen sowie durch das German Law Journal [www.germanlawjournal.com], das zur transnationalen Durchdringung der Rechtskulturen insgesamt beiträgt, vgl. K. Abplanalp/R. Bruckmann Conference Report – The Transnationalization of Legal Cultures, GLJ 10 [2009], 1399ff.). 69 Länder, in denen LL.M.-Programme in englischer Sprache einem weltweiten Pu- blikum angeboten werden, haben gegenüber Deutschland einen Wettbewerbsvorteil. 70 H. Kötz Alte und neue Aufgaben der Rechtsvergleichung, JZ 2002, 257ff.; K.-P. Sommermann Funktionen und Methoden der Grundrechtsvergleichung, in: HGR I (2004), § 16 Rn. 90. 71 Vgl. allgemein die Beiträge zur Transnationalisierung der Juristenausbildung in GLJ Vol. 10 No. 7 (1 July 2009); H. Dedek Recht an der Universität, JZ 2009, 540ff. 72 Vgl. Schneider (Fn. 47), 159ff., zur besonderen Bedeutung der wissenschaftlichen Kommunikation für den Export grundgesetzlicher Lösungsansätze. Es fällt auf, dass an die rechtswissenschaftlichen Fakultäten und Max-Planck-Institute in Deutschland kaum je ein ausländischer Rechtswissenschaftler berufen wird. 73 B. Audit u.a. L’américanisation du droit (2001); J. Drolshammer A Timely Turn to the Lawyer? Globalisierung und die Anglo-Amerikanisierung von Recht und Rechtsberufen (2009). 74 Monopolkommission (Fn. 14); Meessen (Fn. 6), JZ 2009, 703; Mehde (Fn. 5), 71ff. 75 Grzeszick (Fn. 4), Rn. 39. 76 Die westlichen Systemvorstellungen sind inzwischen von der OSZE (jedenfalls theoretisch) übernommen worden (vgl. die Charta von Paris für ein neues Europa Wettbewerb von Rechtsordnungen 71 der EWG als supranationaler Integrationsgemeinschaft mit der EFTA als Freihandelszone hat sich die EWG/EG durchgesetzt.77 Neuerdings tritt ein Systemwettbewerb zwischen dem säkular-liberal-individualisti- schen Staats- und Menschenbild des Westens und autoritär-kollektivis- tischen Staats- und Menschenbildern islamischer und konfuzianischer Spielart in den Vordergrund.78 Im Regelfall finden jedoch keine Makrowettbewerbe zwischen gan- zen Rechtssystemen statt, sondern Mikrowettbewerbe zwischen ein- zelnen Rechtsinstituten und -konzepten. In den wirtschaftsrelevanten Bereichen des Privatrechts ist der materielle Wettbewerb wegen der Exit-Optionen der Unternehmen besonders ausgeprägt.79 Standort- relevant sind aber auch etliche Gebiete des öffentlichen Rechts, u.a. das Steuerrecht.80 Ein ideeller Wettbewerb findet von den Strukturprin- vom 21. 11. 1990, in: T. Schweisfurth/K. Oellers-Frahm [Hrsg.] Dokumente der KSZE [1993], 441ff.). P. Häberle sah dadurch die „Weltstunde des Verfassungsstaates“ angebrochen (Gemeineuropäisches Verfassungsrecht, EuGRZ 1991, 261 [274]). Zum Systemwettbewerb zwischen dem individualistischen US-Modell einer Rechts- und Verfassungsordnung und dem stärker kommunitaristischen europäischen Modell in den Transformationsstaaten in Mittel- und Osteuropa sowie auf dem Gebiet der ehe- maligen Sowjetunion s.u. e). 77 Im Konkurrenzverhältnis zwischen dem Europarat als klassischer internationaler Organisation und der EU als supranationaler Integrationsgemeinschaft hat sich eine geordnete Kooperation im Sinne wechselseitiger Komplementarität eingespielt (Me- morandum of Understanding between the Council of Europe and the European Union vom 11./23. 5. 2007 [http://www.coe.int/t/der/docs/MoU_EN.pdf]). 78 Vgl. S.P. Huntington Kampf der Kulturen, 6. Aufl. 1998. Letztlich konkurriert eine Staats- und Gesellschaftsvorstellung, die auf einer transzendenten unabänder- lichen Wahrheit religiöser oder weltlicher Art beruht, mit einer Staats- und Gesell- schaftsvorstellung, die eine Pluralität von Wahrheitsvorstellungen voraussetzt und sich daher aus einem von diesen unabhängigen Konsens der Herrschaftsunterworfe- nen legitimieren muss (vgl. Grimm [Fn. 29], 597). Anhaltspunkt ist z.B. der interna- tionale Streit um die kulturelle Relativität der Menschenrechte (K. Stern Die Idee der Menschen- und Grundrechte, in: HGR I [2004], § 1 Rn. 79ff.; W. Kälin/J. Künzli Uni- verseller Menschenrechtsschutz, 2. Aufl. 2008, 22ff.). Ein systemübergreifender Dia- log ist nicht ausgeschlossen (vgl. etwa C. Luttermann Islamic Finance: Ein Dialog über Recht, Weltwirtschaft und Religionen, JZ 2009, 706ff.). 79 Dazu zählen etwa das Gesellschafts-, Vertrags- (AGB-) und Insolvenzrecht, aber auch das Recht der (schieds-) gerichtlichen Streitbeilegung (Eidenmüller [Fn. 54], 644ff.). Zum Wettbewerb der Gesetzgeber im Gesellschaftsrecht C. Teichmann Bin- nenmarktkonformes Gesellschaftsrecht, 2006, 330ff. Hinzu kommen sicher noch das individuelle und kollektive Arbeitsrecht sowie das Wettbewerbsrecht (J. Bätge Wett- bewerb der Wettbewerbsordnungen? [2009]). 80 Weiterhin außer dem Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, die Marktzutrittsvoraussetzungen formulieren, z.B. noch das Umwelt- und Sozial- recht als Kostenfaktoren. 72 Thomas Giegerich zipien des Verfassungsrechts81 bis hin zu Detailregelungen des beson- deren Verwaltungsrechts statt.82 Im Wettbewerb öffentlich-rechtlicher Regulierungen kommt die Rechtswahl wegen des Territorialitätsprinzips nicht in Betracht, son- dern nur der erheblich aufwändigere physische Exit durch Verlegung des Wohn- oder Unternehmenssitzes in den Geltungsbereich eines „genehmeren“ öffentlichen Rechts.83 Da ein solcher Exit aber stets auf einem Motivbündel beruht, bleibt die relative Bedeutung des recht- lichen Motivs meist unklar.84 e) Intendierter und faktischer Normenwettbewerb in Abgrenzung zum schlichten Normenkonflikt Wettbewerb meint die intendierte Konkurrenz, d.h. den gezielten Kampf um einen materiellen oder ideellen Vorteil, wie er allenfalls in Teilbereichen des Regulierungswettbewerbs stattfindet. Gerade Phäno- mene der ideellen Konkurrenz sind regelmäßig nicht intentional und bilden daher nur Wettbewerbe im weiteren Sinne. So ist z.B. die For- mulierung eines „neuen“ Grundrechts in einer Landesverfassung nicht unbedingt als Modell für andere gedacht. Andererseits können Rechts- vorschriften, mit denen ein Staat ein neuartiges Problem als erster re- guliert,85 oder Entscheidungen, mit denen ein Gericht eine Rechtsfrage erstmals (neu) beantwortet, darauf angelegt sein, von anderen rezipiert

81 Die diesbezüglich typische starke Traditionsbindung zieht einer Rezeption frem- der Regelungsmodelle freilich Grenzen. 82 Z.B. die Festlegung genehmigungspflichtiger baulicher Anlagen. 83 Im Steuerrecht bestehen Möglichkeiten einer grenzüberschreitenden Verlage- rung der Gewinne und Verluste von Mutter- auf Tochterunternehmen und umgekehrt. Neuerdings kommt es zur kooperativen Rechtsetzung bzw. zu Normabwendungs- absprachen, durch die Private Einfluss auf die Inhalte auch öffentlich-rechtlicher Nor- men erhalten (M. Herdegen Informalisierung und Entparlamentarisierung politischer Entscheidungen als Gefährdungen der Verfassung?, VVDStRL 62 [2003], 7 [16ff.]; G.F. Schuppert Staatswissenschaft [2003], 518ff., 581ff.). 84 Monopolkommission (Fn. 14), 16, 19; Kieninger (Fn. 3), 60f. 85 In den USA hat Massachusetts bei der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare eine Vorreiterrolle übernommen; fünf weitere Staaten sind gefolgt, andere ha- ben sich durch Verfassungsänderungen ausdrücklich dagegen entschieden (zur Lage in Kalifornien vgl. die Entscheidung des California Supreme Court vom 26. 5. 2009 im Fall Strauss v. Horton und V.D. Amar An Analysis of the California Court Ru- ling Upholding Proposition 8 [http://writ.news.findlaw.com/amar/20090601.html]). Auf Bundesebene gilt der restriktive Defense of Marriage Act vom 21. 9. 1996 (Pub. L. 104–199). Wettbewerb von Rechtsordnungen 73 zu werden, um die Evolution des Rechts in die „richtige“ Richtung zu treiben.86 Rechtsnorm-Konkurrenzen, d.h. die gleichzeitige Anwendbarkeit mehrerer unvereinbarer Normen auf denselben Sachverhalt, begrün- den regelmäßig nicht intendierte Konflikte zwischen Herrschafts- ansprüchen. Zu einem echten Wettbewerb im Gegensatz zum gewöhn- lichen Normenkonflikt kommt es dort nur, wenn die Entscheiderin ohne Bindung durch eine Vorrang- oder Kollisionsregel87 frei die eine oder die andere Norm verwenden kann.88 f) Gezielter Rechtsexport als Erwerbs- und Herrschaftsinstrument Neuerdings ist eine gezielte Rechtsexportförderung zu beobach- ten.89 Bereits in die neunziger Jahre datieren Versuche der USA, ihre

86 Vgl. z.B. die EuGH-Entscheidungen im Fall Mangold (Slg. 2005, I-9981 [Rs. C-144/04] – grundrechtliches Verbot der Altersdiskriminierung) und Kadi (Urt. v. 3. 9. 2008 [Rs. C-402/05 P u.a.] – Grundrechtsschutz gegen individualisierte Sanktionen des UN-Sicherheitsrats); die strikte Kontrolle des EGMR über Vorbehalte (T. Giege- rich Treaties, Multilateral, Reservations to, Rn. 31ff., in: R. Wolfrum [ed.] The Max Planck Encyclopedia of Public International Law [2008], online edition [www.mpepil. com]); Supreme Court of Israel, Urt. v. 13. 12. 2006, Public Committee against Torture in Israel v. Government of Israel, Case No. HCJ 769/02 (http://elyon1.court.gov.il/ Files_ENG/02/690/007/a34/02007690.a34.pdf) zu den Grenzen des „targeted killing“ von Terrorverdächtigen. Vgl. aber auch die (mE verfehlten) Versuche des griechischen Areopag und des italienischen Kassationshofs, Ausnahmen vom Völker- rechtsgrundsatz der Staatenimmunität für Kriegsverbrechen während des 2. Welt- kriegs zu konstruieren (T. Giegerich Do Damages Claims Arising from Jus Cogens Violations Override State Immunity from the Jurisdiction of Foreign Courts?, in: C. Tomuschat/J.-M. Thouvenin [eds.] The Fundamental Rules of the International Le- gal Order, 2006, 203 [218ff.]; Deutschland hat deswegen Ende 2008 ein IGH-Verfah- ren gegen Italien eingeleitet: Jurisdictional Immunities of the State [Germany v. Italy]). 87 Einzubeziehen sind hier auch abgeleitete Kollisionsvermeidungsregeln wie die verfassungs-, europa- und völkerrechtskonforme Auslegung und Fortbildung. 88 Wettbewerbselemente bleiben aber im Spiel, wenn unterschiedliche Auffassun- gen über die Reichweite des Vorrangs um Anerkennung ringen: z.B. betr. die Frage eines Geltungs- oder bloßen Anwendungsvorrangs im Verhältnis von Bundesrecht zu Landesverfassungsrecht (U. Sacksofsky Landesverfassungen und Grundgesetz, NVwZ 1993, 235 [238f.]); die Reichweite des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts gegen- über dem nationalen Verfassungsrecht (BVerfGE 73, 339 – Solange II; Art. 23 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG [BVerfG, EuGRZ 2009, 339 – Lissabon]; anders EuGH, Slg. 1970, 1125 Rn. 3 [Rs. 11/70 – Internat. Handelsgesellschaft]; vgl. J. Ilio- poulos-Strangas Der Vorrang des Gemeinschafts-/Unionsrechts gegenüber der Verfas- sung, FS Starck, 2007, 825ff.); die Reichweite der Bindungswirkung von EGMR-Ent- scheidungen (Grabenwarter [Fn. 33], § 16). 89 Seit längerem schon ist Rechtsexport als „Zivilisierungsinstrument“ Teil der Ent- wicklungshilfe, wo er freilich schnell an kulturelle Grenzen stößt. Die weltweit tätige 74 Thomas Giegerich rechtlichen Vorstellungen in die Transformationsstaaten des ehemali- gen Ostblocks zu verpflanzen.90 Seit 2007 wirbt die Law Society für eine Wahl des englischen Rechts in internationalen Verträgen und der Londoner Gerichte oder Schiedsgerichte als Streitbeilegungsforen.91 Ein halbamtliches „Bündnis für das deutsche Recht“92 hat Anfang 2009 eine Gegen-Broschüre unter dem Titel „Law – Made in Germany“ vor- gestellt.93 Tatsächlich hat Deutschland im globalen Wettbewerb der Rechtsordnungen und Justizdienstleistungen in den wirtschaftsnahen Bereichen an Boden verloren94 und darauf auch bereits gesetzgeberisch reagiert.95

Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH als Eigengesellschaft des Bundes (http://www.gtz.de) unterstützt u.a. Reformen in den Entwicklungs- und Transforma- tionsländern hin zu Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Good Governance und steht dabei in Konkurrenz mit entsprechenden Organisationen anderer Staaten. 90 Treibende Kraft war die 1990 als „rule of law project“ ins Leben gerufene Central and East European Legal Initiative der American Bar Association, die später in Cen- tral Europe and Eurasian Legal Initiative umbenannt wurde (Symposium: Creating a Global Rule of Law Culture, Minnesota Journal of International Law 18 [2009], 291ff.). Die Initiative verstand sich als Entwicklungshilfe bei der Neubegründung von Rechtsstaatlichkeit, verfolgte aber auch wirtschaftliche und politische Hintergedan- ken. Vgl. auch Kieninger (Fn. 3), 21; Mankowski (Fn. 30), 329f. 91 England and Wales: The jurisdiction of choice (http://www.lawsociety.org.uk/ documents/downloads/jurisdiction_of_choice_brochure.pdf). Die Initiative wurde von der britischen Regierung begrüßt. 92 Ihm gehören an: Bundesministerium der Justiz, Bundesnotarkammer, Bundes- rechtsanwaltskammer, Deutscher Anwaltsverein, Deutscher Juristinnenbund, Deut- scher Notarverein, Deutscher Richterbund. Der Anstoß kam von V. Triebel Der Kampf ums anwendbare Recht, AnwBl 2008, 305ff. 93 http://www.lawmadeingermany.de. Die Broschüre ist zweisprachig (deutsch/ englisch) abgefasst. 94 Die englische Gesellschaftsform der private limited company (kein Mindestkapi- tal), das Vertragsrecht Englands oder der Schweiz (keine AGB-Kontrolle [prägnant J.F. Hochbaum AGB-Kontrolle: Hemmschuh bei der Verbreitung deutschen Rechts, NJW-Editorial Heft 51/2008]) und außerdeutsche staatliche oder private Streitbeile- gungsforen werden von international tätigen Unternehmen weit häufiger gewählt als deutsche Konkurrenzangebote (Eidenmüller [Fn. 54], 644ff.). 95 Die durch die GmbH-Reform von 2008 eingeführte „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ soll die englische Ltd. zurückdrängen (Eidenmüller [Fn. 54], 645). Die am 1. 1. 2008 in Kraft getretene Reform des deutschen Unternehmenssteu- errechts soll eine im europäischen Vergleich hohe Belastung der inländischen Unter- nehmen abbauen (http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2007/07/ 2007–07–06-unternehmenssteuerreform.html). Zur Festigung der Position der deut- schen Justiz im globalen Wettbewerb führt eine Änderung des § 545 Abs. 1 ZPO, die die fehlerhafte Anwendung ausländischen Rechts zum Revisionsgrund macht (Gesetz vom 17. 12. 2008 [BGBl. I S. 2586]; G. Mäsch NJW-Editorial Heft 40/2009). Wettbewerb von Rechtsordnungen 75

Die Verbreitung des eigenen Rechts verfolgt primär wirtschaftliche Ziele: eine Erleichterung der internationalen Aktivitäten heimischer Unternehmen, neue Geschäftsaussichten für inländische Anwaltskanz- leien und die Förderung der Bereitschaft ausländischer Unternehmen, in einem Land mit vertrauter Rechtsordnung zu investieren.96 Jeder Rechtsexport wirkt aber auch als subtile Form der Einflussnahme auf die Politik und Kultur des Importlandes. Die Rezeption ausländischer Rechtsvorstellungen und eine entsprechende Sozialisation der einhei- mischen Entscheidungsträger fördern die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen zwischen Export- und Importland.

2. Regulierungswettbewerb im Mehrebenensystem a) Rechtspluralismus und Mehrebenensystem Ein Wettbewerb von Rechtsordnungen setzt eine geordnet inter- agierende Mehrzahl von Wettbewerbern im Sinne eines Rechtsplura- lismus voraus, den wir in Mehrebenensystemen wie Bundesstaaten und der EU finden. Ein Mehrebenensystem existiert auch ohne Hierarchie dann, wenn eine Gesamtrechtsordnung mehrere in ihrer Verpflichtungskraft unabhängige Teilrechtsordnungen umfasst. Dies gilt etwa in denjenigen Staaten, die bestimmte Rechtsmaterien reli- giösen oder traditionellen Rechten97 oder gesellschaftlichen Grup-

96 Bundesjustizministerin B. Zypries Ein Rechtssystem mit Qualitätssiegeln, Frank- furter Allgemeine Zeitung Nr. 251 (27. 10. 2008), 10. Weitergehende Vorschläge bei Calliess/Hoffmann (Fn. 52); A. Maurer Justizstandort Deutschland im globalen Wett- bewerb, ZRP 2009, 88ff. Vgl. allgemein U. Battis/J. Kersten Standortmarketing im Bundesstaat (2008). 97 Die Teilrechtsordnungen sind typischerweise für das Ehe-, Ehegüter-, Personen- stands- und Erbrecht zuständig. Historisch galt dies im Millet- (Religionsgemein- schafts-) System des Osmanischen Reiches (dessen Wiedereinführung heute mit Art. 14 EMRK unvereinbar wäre [EGMR, EuGRZ 2003, 206, §§ 117ff. (No. 41340/98 u.a. – Refah Partisi); D. Kugelmann Die streitbare Demokratie nach der EMRK, ebd., 533ff.]). Aktuelle Beispiele finden wir etwa in Indien (M. Rohe Das islamische Recht, 2. Aufl. 2009, 277ff.), Indonesien, Malaysia und Südafrika (Sections 211 und 212 der Verfassung der Republik Südafrika von 1996 [http://www.constitutionalcourt.org.za/ site/theconstitution/engl ish-09.pdf]]). Auch in den sich religiös-kulturell pluralisie- renden westlichen Einwanderungsgesellschaften nehmen rechtspluralistische Phäno- mene zu, z.B. infolge internationalprivatrechtlicher Anknüpfungen an das Heimat- recht der ausländischen Wohnbevölkerung (vgl. z.B. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1, Art. 15 Abs. 1 EGBGB [allgemeine Ehewirkungen, Ehegüterrecht]; Art. 25 Abs. 1 EGBGB [Rechtsnachfolge von Todes wegen]; siehe aber auch Art. 6 EGBGB [Ordre- public-Grenze]); vgl. Rohe 338ff. Zum Rechtspluralismus als Forschungsgebiet der modernen Rechtsethnologie v. Benda-Beckmann (Fn. 32). 76 Thomas Giegerich pen98 zur autonomen Regelung überlassen,99 ebenso aber zwischen Völkerrecht und staatlichem Recht.100 Der Regulierungswettbewerb von der Gemeindeebene über das Lan- des-, Bundes- und Europarecht bis zum Völkerrecht ist in ein vielstufi- ges System eingebettet. In der Ermöglichung eines ergebnisoffenen ho- rizontalen (ebeneninternen) und vertikalen (ebenenübergreifenden) Wettbewerbs liegt eine der vielen Stärken von Mehrebenensystemen.101 b) Horizontaler Wettbewerb zwischen den Teilrechtsordnungen Die Teilrechtsordnungen stehen als Anbieter in einem horizontalen Regulierungswettbewerb und fungieren darin zugleich selbst als Nach- frager. Ein Wettbewerbsverhältnis dieser Art existiert zwischen den Gemeinden,102 den Ländern,103 den EU-Mitgliedstaaten104 und den sou-

98 Z.B. Tarifvertragsparteien (Art. 9 Abs. 3 GG). 99 In Fällen des innerstaatlichen Rechtspluralismus ist die Exit-Option zulasten einer Teilrechtsordnung und zugunsten einer anderen, wenn mit einem Religions- oder Traditionszugehörigkeitswechsel verbunden, nur so schwer auszuüben, dass kein ernstzunehmender Wettbewerb stattfindet. Auch die Einflussnahme der Teilrechts- ordnungen aufeinander hält sich in engen Grenzen, soweit hinter ihnen miteinander unvereinbare religiöse Wahrheitsansprüche oder altehrwürdige Traditionen stehen. 100 Die Verbindlichkeit der Völkerrechtsnormen bleibt von den staatlichen Rechts- ordnungen unberührt und umgekehrt (vgl. Art. 27 der Wiener Konvention über das Recht der Verträge [WKRV; Sartorius II Nr. 320]; BVerfGE 45, 83 [96]). 101 „It is one of the happy incidents of the federal system that a single courageous state may, if its citizens choose, serve as a laboratory; and try novel social and econo- mic experiments without risk to the rest of the country.“ (New State Ice Co. v. Lieb- mann, 285 U.S. 262, 311 [1932] [Brandeis, J., dissenting]). Zum interkantonalen Wettbewerb in der Schweiz und seinen Grenzen Mehde (Fn. 5), 437ff., 548; B. Knapp/ R.J. Schweizer in: B. Ehrenzeller u.a. (Hrsg.) Die Schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, Art. 44 Rn. 15ff. 102 Z.B. durch unterschiedliche Hebesätze bei der Grund- oder Gewerbesteuer (s.u. Fußn. 126); mehr oder weniger gewerbefreundliche Bebauungspläne. 103 Z.B. bei Grundrechtsvorschriften der Landesverfassungen (Art. 142 GG) oder Vorschriften über die Landesverfassungsgerichtsbarkeit (z.B. Landesverfassungs- beschwerde: etwa in Bayern eingeführt, in Schleswig-Holstein dagegen bisher nicht [vgl. J.L. Backmann Verfassungsbeschwerde für Schleswig-Holstein, NordÖR 2009, 229ff.]); im Abgaben- sowie Polizei- und Ordnungsrecht; seit der Föderalismus-Re- form auch im Landesbeamtenrecht (vgl. Art. 125b Abs. 1 GG). 104 Ein solcher Wettbewerb findet außerhalb des Anwendungsbereichs des EU- Rechts (z.B. in Bezug auf die rechtlichen Regelungen über die Staatsangehörigkeit, die Staatsorganisation [in den Grenzen des Art. 6 Abs. 1 EUV/Art. 2 EUV Liss.], die Landesverteidigung [Wehrpflicht- oder Berufsarmee etc.] und das Religionsverfas- sungsrecht [vgl. die Erklärung zum Status der Kirchen und weltanschaulichen Ge- meinschaften im Anhang zur Schlussakte der Amsterdamer Regierungskonferenz vom 2. 10. 1997 (Sartorius II Nr. 147a/11); jetzt Art. 17 AEUV]) sowie innerhalb des- Wettbewerb von Rechtsordnungen 77 veränen Staaten im Völkerrechtsraum.105 Ausdifferenzierte Spezialge- biete des Völkerrechts mit eigenen Streitbeilegungsgremien bieten in Konkurrenz zueinander innovative Lösungsansätze an,106 beeinträchti- gen damit jedoch Kohärenz und Rechtssicherheit in der Völkerrechts- ordnung.107 Private Nachfrager haben die Freiheit, sich für ein Regelungsmodell zu entscheiden, soweit sie dispositive Normen abbedingen oder zwin- genden Normen durch Ausweichen in ein anderes Recht entgehen kön- nen.108 Nachdem der physische Exit von Unternehmen in den Geltungs- bereich einer genehmeren Rechtsordnung leichter geworden ist, haben viele Staaten die Rechtswahlmöglichkeiten in ihren Kollisionsrechten erweitert, um reale Abwanderungen zu verhindern.109 Die physische Exit-Option wird auch von insolventen Verbrauchern ausgeübt, um in Frankreich oder Großbritannien die Restschuldbefreiung schneller zu erreichen als in Deutschland oder Österreich.110 Wer dennoch lebens- müde geworden ist, lässt sich in der Schweiz zum Suizid verhelfen.111 sen dort statt, wo mitgliedstaatliche Regelungsspielräume bestehen (etwa in Bezug auf Einschränkungsmöglichkeiten bei den Grundfreiheiten und Umsetzungsspielräume bei Richtlinien). 105 Ein Wettbewerb findet z.B. in Bezug auf das Ob und Wie einer Verfassungsge- richtsbarkeit statt. 106 Vor allem die regionalen und universellen Menschenrechtsschutzsysteme, das Welthandelsrecht, das Seerecht, das Umweltvölkerrecht und das Völkerstrafrecht. Das EU-Recht als eine vom Völkerrecht emanzipierte Rechtsordnung eigener Art mit völkerrechtlichen und bundesrechtlichen Elementen gehört nicht in diesen Kontext (anders BVerfG, EuGRZ 2009, 339 – Lissabon). 107 M. Koskenniemi/P. Leino Fragmentation of International Law?, Leiden Journal of International Law 15 (2002), 553ff.; A. Zimmermann/R. Hofmann (eds.) Unity and Diversity in International Law (2006); B. Simma Universality of International Law from the Perspective of a Practitioner, EJIL 20 (2009), 265 (269 ff). Der Kern der Pro- blematik liegt weniger im Mangel an gemeinsamen Mindeststandards zwingenden Völkerrechts (Art. 53, 64 WKRV – J.A. Frowein Jus cogens, in: Wolfrum [Fn. 86]) als im Fehlen einer übergeordneten Instanz, die verbindliche Entscheidungen für alle Teilrechtsordnungen treffen könnte (R. Higgins A Babel of Judicial Voices?, ICLQ 55 [2006], 791ff.). 108 Exit-Optionen verkörpern sich insbesondere in den Freizügigkeitsrechten des EGV/AEUV: Art. 18/21, Art. 39ff./45ff., Art. 43ff./49ff., Art. 49ff./56ff., Art. 56ff./63ff. 109 Eidenmüller [Fn. 54], 642ff. 110 M. Amann Auf der Flucht vor dem Gläubiger, Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 167 (22. 7. 2009), 11. Auch für insolvente Unternehmen ist Großbritannien bevor- zugter Fluchtort (Eidenmüller [Fn. 54], 647). 111 Vgl. S. Birkner Assistierter Suizid und aktive Sterbehilfe – Gesetzgeberischer Handlungsbedarf, ZRP 39 (2006), 52ff. 78 Thomas Giegerich c) Vertikaler Wettbewerb im Verhältnis der Teilrechtsordnungen zur Ge- samtrechtsordnung Ein Regulierungswettbewerb findet aber auch im Vertikalverhältnis statt, soweit keine Vorrangregeln eingreifen, und kann in beiden Rich- tungen zu Rezeptionen führen. Zunächst wetteifern die Teilrechtsordnungen untereinander fortlau- fend um Einfluss auf die Evolution der Gesamtrechtsordnung, wobei diese schon aus Gründen allseitiger Akzeptanz regelmäßig Synthesen aus mehreren Modellen in ihr Gesamtsystem einbaut.112 So fungieren die Rechtsordnungen der Länder als Werkstatt auch für das Bundes- recht.113 Nationale Rechtsvorstellungen prägen im Wettbewerb mitein- ander den Inhalt der geschriebenen und ungeschriebenen Regeln des Völkerrechts114 und des Europarechts.115

112 Speziell für die Synthesebildung im Europarecht zieht man das Erklärungs- modell der wertenden Rechtsvergleichung heran, das den Wettbewerbscharakter des Synthesebildungsprozesses deutlich macht (Sommermann [Fn. 70], Rn. 75ff.; F.C. Mayer Die Bedeutung von Rechts- und Verfassungsvergleichung im europäischen Verfassungsverbund, in: C. Calliess [Hrsg.] Verfassungswandel im europäischen Staa- ten- und Verfassungsverbund, 2008, 167 [172ff.]). Für die allgemeinen Rechtsgrund- sätze im Völkerrecht (Art. 38 Abs. 1 Buchst. c IGH-Statut [Sartorius II Nr. 2]) gilt nichts anderes (J. Delbrück in: G. Dahm/J. Delbrück/R. Wolfrum Völkerrecht Bd. I/1, 2. Aufl. 1989, 62ff.). Zum Akzeptanzaspekt S. Neidhardt Nationale Rechtsinstitute als Bausteine europäischen Verwaltungsrechts, 2008, 238. 113 Die Landesverfassungen wirken seit jeher im Wettbewerb miteinander auf das Grundgesetz ein (H. Dreier Grundlagen und Grundzüge staatlichen Verfassungs- rechts: Deutschland, in: A. v. Bogdandy/P. Cruz Villalón/P.M. Huber [Hrsg.] Hand- buch Ius Publicum Europaeum I [2007], § 1 Rn. 82). Auf der Ebene des einfachen Gesetzesrechts gilt dasselbe (z.B. Landespolizeirecht/Bundespolizeirecht). Zu histo- rischen Vorläufern vgl. Starck (Fn. 65), 1021f. 114 Vertragsverhandlungen im Völkerrecht sind der Sache nach Wettbewerbe von Regelungsmodellen. Das noch nicht in Kraft getretene, von Deutschland aber bereits ratifizierte Protokoll Nr. 14 zur EMRK (BGBl. 2006 II, 138) rezipiert aus dem deut- schen Verfassungsprozessrecht die Möglichkeit, offensichtlich begründeten Indivi- dualbeschwerden durch eine Dreierkammer stattgeben zu können und selbst begrün- dete Bagatellbeschwerden nicht in allen Fällen sachlich bescheiden zu müssen (Art. 8 – vgl. § 93 c BVerfGG; Art. 12 – vgl. § 93 a Abs. 2 BVerfGG), geht aber mit der Zulassung von Einzelrichterentscheidungen darüber hinaus (Art. 7). In der internationalen Straf- gerichtsbarkeit haben sich die Verfahrensgrundsätze des common law durchgesetzt (vgl. W. Schomburg Wahrheitsfindung im internationalen Gerichtssaal, VN 2009, 3ff.), hin- sichtlich des Ausschlusses der Todesstrafe europäische Anschauungen (vgl. z.B. Art. 77 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. 7. 1998 [Sartorius II Nr. 35]). Für die Bildung von Völkergewohnheitsrecht und allgemeinen Rechts- grundsätzen (Art. 38 Abs. 1 Buchst. b, c IGH-Statut) gilt Ähnliches. Vgl. z.B. M. Wit- tinger Das Rechtsstaatsprinzip – vom nationalen Verfassungsprinzip zum Rechtsprin- zip der europäischen und der internationalen Gemeinschaft?, JÖR nF 57 (2009), 427ff. Wettbewerb von Rechtsordnungen 79

Ein vertikaler Rechtsexport findet in umgekehrter Richtung statt, wenn die Gesamtrechtsordnung eigene Regelungsmodelle in einen Wettbewerb mit den Teilrechtsordnungen einbringt, die entweder von jenen rezipiert116 oder von ihren Privatrechtssubjekten gewählt werden können (wie die Societas Europaea [SE]).117

115 In der EU hat geschriebenes Primärrecht Vertragsform (Art. 48 EUV/EUV Liss.), geschriebenes Sekundärrecht hingegen Gesetzesform (Art. 249 Abs. 2 und 3 EGV/Art. 288 Abs. 2 und 3 AEUV; Art. 34 Abs. 2 EUV). Im institutionellen Aufbau der EU sind Einflüsse des deutschen föderalen Verfassungsmodells erkennbar: Z.B. ist der Rat ein Abbild des Bundesrates (vgl. Art. 203, 205 Abs. 2 EGV/Art. 16 Abs. 2, 4 EUV Liss. mit Art. 51 Abs. 1 und 2 GG); den Vermittlungsausschuss übernimmt Art. 251 Abs. 4 EGV/Art. 294 Abs. 10 AEUV aus Art. 77 GG. Die Einbeziehung von Generalanwälten in das EuGH-Verfahren (Art. 222 EGV/Art. 252 AEUV) und der Schutz der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Art. 16, Art. 86 Abs. 2 EGV/Art. 14, 106 Abs. 2 AEUV) lassen französischen Einfluss erkennen. Im Verfahren der Sekundärrechtsetzung konkurrieren mitgliedstaatliche Rechtsvorstel- lungen von der Formulierung des Vorschlags der Europäischen Kommission bis zur Entscheidung im Rat und im Europäischen Parlament. Selbst die Richter des EuGH und des EuG können sich davon nicht völlig frei machen (T. von Danwitz Funktions- bedingungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, EuR 2008, 769 [778]). Zu den ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Europarechts vgl. Art. 6 Abs. 2 EUV/Art. 6 Abs. 3 EUV Liss. und Art. 288 Abs. 2 EGV/Art. 340 Abs. 2 AEUV sowie M. Zuleeg Deutsches und europäisches Verwaltungsrecht, VVDStRL 53 (1994), 154 (169ff.); J. Schwarze Europäisches Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2005, XLVIII f., LIII f., CL f.; T. von Danwitz Europäisches Verwaltungsrecht, 2008, 168f., 210ff.; Neidhardt (Fn. 112). 116 Der Parlamentarische Rat hat sich bei der Formulierung der Grundrechte des Grundgesetzes vom Entwurf der nicht rechtsverbindlichen Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. 12. 1948 (Sartorius II Nr. 15 – vgl. M. Nettesheim Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und ihre Rechtsnatur, in: HGR VI/2 [2009], § 173) leiten lassen (Dreier [Fn. 43], 672ff.; T. Rensmann Wertordnung und Verfassung, 2007, 7ff.). Fünf nachkonstitutionelle Landesverfassungen haben über das Homogenitätsgebot aus Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG hinaus die Grund- rechte des Grundgesetzes in Landesverfassungsrecht transformiert und nur teil- weise um einzelne Grundrechtsverbürgungen ergänzt (Art. 2 Abs. 1 VerfBW; Art. 5 Abs. 3 VerfMV; Art. 4 Abs. 1 VerfNRW; Art. 3 Abs. 2 VerfNds; Art. 2a VerfSH [C. Nordmann „Rezipierte“ Grundrechte für Schleswig-Holstein, NordÖR 2009, 97ff.]). 117 Mit der SE macht die EG den grenzüberschreitend agierenden Unternehmen ein Konkurrenzangebot zu den Gesellschaftsformen der mitgliedstaatlichen Rechtsord- nungen (Eidenmüller [Fn. 54], 645). Daneben sind die Gemeinschaftsmarke, das Ge- meinschaftsgeschmacksmuster, die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereini- gung und die Europäische Genossenschaft zu nennen (S. Leible Europäisches Privatrecht am Scheideweg, NJW 2008, 2558 [2561]). Möglicherweise wird die EU zukünftig auch eine optionale europäische Vertragsrechtsordnung zur Verfügung stel- len, die von den Vertragsparteien an Stelle eines der mitgliedstaatlichen Vertragsrechte 80 Thomas Giegerich

3. Aufwärts- (Überbietungs-) und Abwärts- (Unterbietungs-) Wettlauf: Analyse-, Prognose- und Bewertungsunsicherheit Als Optimierungsinstrument taugt der Regulierungswettbewerb, wenn die unsichtbare Hand des Marktes118 die Rechtsentwicklung in eine qua Kosten-Nutzen-Relation gemeinwohlförderliche Richtung lenkt.119 Wegen der Vielzahl von Ursachen für Rechtsfortentwicklungen sind Verlaufsanalysen und -prognosen nur schwer zu treffen.120 Außer- dem kann man über die Bewertung der Ergebnisse eines Abwärts- und eines Aufwärtswettlaufs streiten.121 Die allseits vereinfachte Gründung von Gesellschaften oder Steuersenkungen (Delaware-Effekt)122 fördert das Gemeinwohl durch Ankurbelung der Wirtschaft, schadet ihm aber im Hinblick auf Gläubigerschutz, Staatsverschuldung oder Steuerge- rechtigkeit. Die allseitige Erhöhung der Umweltstandards (Kalifornien- Effekt) schlägt ökologisch positiv, angesichts ihrer Kostenfolgen wirt- schaftlich aber negativ zu Buche.123 Diese Bewertungsunsicherheit herrscht auch im ideellen Wettbewerb, wenn z.B. ein Staat das Grundrechtsniveau absenkt und andere sich an- schließen, um im „Krieg gegen den Terror“ nicht schlechter geschützt dazustehen,124 oder wenn ein Staat gleichgeschlechtliche Lebenspart-

als anwendbares Recht frei gewählt werden kann und für die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit insbesondere kleinerer und mittlerer Unternehmen die notwendige Rechtssicherheit schafft (H. Schulte-Nölke Arbeiten an einem europäischen Vertrags- recht, NJW 2009, 2161 [2163]; Leible aaO, 2561). 118 Vgl. A. Smith An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Viertes Buch, Kapitel 2 (hgg. von R.H. Campbell u.a., Oxford 1976 [Vol. I, 455f., Rn. 9]). 119 Meessen (Fn. 6), JZ 2009, 703. 120 Monopolkommission (Fn. 14), 22f.; Mehde (Fn. 5), 94ff. 121 Vgl. Mehde (Fn. 5), 75ff. 122 Mehde (Fn. 5), 73ff., 325ff. Da das Gesellschaftsrecht von Delaware die gerings- ten Anforderungen an die Inkorporierung von Gesellschaften stellt, werden überpro- portional viele Gesellschaften in den USA nach diesem Recht gegründet. Die Wahr- nehmung der Exit-Option zugunsten von Delaware wird dadurch erleichtert, dass das Gesellschaftsstatut in den USA nach der Gründungstheorie und nicht der Sitztheorie bestimmt wird. 123 Mehde (Fn. 5), 80f., 307f. Die Einführung hoher Abgasstandards für Kraftfahr- zeuge durch Kalifornien haben andere Einzelstaaten und der Bund nachgeahmt. 124 Z.B. hat das BVerfG die „großzügige“ Male-captus-Rspr. u.a. des britischen House of Lords und nicht die strengere des Schweizerischen BG übernommen (BVerfG 109, 13 [28ff.]) und der EGMR dies gebilligt (Entscheidung vom 20. 2. 2007 [No. 35865/03], NVwZ 2008, 761 Rn. 82ff.). Wettbewerb von Rechtsordnungen 81 nerschaften der traditionellen Ehe gleichstellt und andere nachziehen, um ihre „Homophobie“ zu überwinden.125 Angesichts dieser Analyse-, Prognose- und Bewertungsunsicherhei- ten sollte man dem positiven Potential von Rechtsordnungskonkurren- zen unbedingt Raum geben, aber gemeinwohlwidrige Folgen durch Re- gulierungen verhindern.126

V. Regulierung des Regulierungswettbewerbs durch Metarechtsordnungen

1. Regelungsbedarf, Regelungsdichte und Regelungsziele Dass der Wettbewerb der Rechtsordnungen im Interesse positiver Gemeinwohlergebnisse reguliert werden muss, steht außer Streit.127 Regulieren kann ihn nur eine den Wettbewerbern übergeordnete Metarechtsordnung, die auch festlegt, wieviel Regulierungswettbewerb gewagt werden soll. Die metarechtlichen Regeln sind umso dichter, je intensiver sich die konkurrierenden Rechtsordnungen integriert ha- ben. Da sich die Ausgangspositionen der Wettbewerber häufig unter- scheiden, setzt ein fairer – und damit als Ordnungsprinzip legitimer und akzeptabler – Wettbewerb auch die regulative Bemühung um Chan- cengleichheit voraus.128 Schließlich muss die Entscheidung über das Wettbewerbsergebnis von einer dazu legitimierten Instanz umsichtig und transparent getroffen werden.129 Einerseits begrenzt die Metarechtsordnung den Wettbewerb der nachgeordneten Rechtsordnungen durch Vorgaben für die zulässigen Regelungsmodelle. Andererseits fördert sie den materiellen Regulie- rungswettbewerb durch Mobilitätsgarantien (Exit-Optionen) für die

125 In Deutschland würde eine solche Gleichstellung nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. die Ablehnung eines „Abstandsgebots“ durch die Mehrheitsmeinung in BVerfGE 105, 313 [348ff.] sowie im Beschl. v. 7. 7. 2009 [1 BvR 1164/07] – anders etwa A. Uhle Freiheitlicher Verfassungsstaat und kulturelle Identität, 2004, 258f.). 126 Siehe unten V. Aktuelles Beispiel: BVerfG, Beschl. v. 27. 1. 2010 (2 BvR 2185/04 u.a.) – Bundesgesetz erlegt Gemeinden zur Unterbrindung eines übermäßigen Stand- ortwettbewerbs einen Mindesthebesatz bei der Gewerbesteuer auf. 127 In Anlehnung an Hugo Grotius gilt „ubi agon, ibi ius“. Zum (un-) lauteren Wett- bewerb zwischen Staaten näher Mehde (Fn. 5), 607ff.; Meessen (Fn. 6), JZ 2009, 698f. Ein „perfekter Systemwettbewerb“, der das Recht aufheben würde (C. Engel Buchan- zeige, AöR 131 [2006], 322 [324]), ist so realistisch wie eine nur aus Gutmenschen be- stehende Menschheit. 128 Vgl. Grzeszick (Fn. 4), Rn. 23ff. 129 S. dazu näher unten VI. 82 Thomas Giegerich

Rechtsunterworfenen und den ideellen durch Kommunikationsfrei- heiten (Voice-Optionen), die den grenzüberschreitenden Wissens- und Erfahrungsaustausch in Bezug auf Regulierungsmodelle erleichtern. Dem Telos einer Metarechtsordnung entsprechend liegt das Schwerge- wicht jedoch typischerweise auf den wettbewerbsbegrenzenden Regeln.

2. Festlegung der Wettbewerbsregeln: Gegenstromprinzip und Vetoposition Diese Wettbewerbsregeln legt die Metarechtsordnung nicht einseitig, sondern in für Mehrebenensysteme typischer Weise unter Mitwirkung der nachgeordneten Rechtsordnungen fest. Die nationalen Rechte und Entscheidungsträger bestimmen gemeinsam die geschriebenen und ungeschriebenen völker- und europarechtlichen Vorgaben für ihr Kon- kurrenzverhältnis;130 entsprechend prägen die Länder die bundesrecht- lichen Vorgaben mit.131 Das Verhältnis zwischen Metarechtsordnung und nachgeordneten Rechtsordnungen kennzeichnet folglich ein „Ge- genstromprinzip“, in dem beide Ebenen gemeinsam die Evolution des Rechts gestalten. Dies verhindert zwar Oktroi, kann andererseits aber zu Versteinerungen der Wettbewerbsordnung führen, soweit Mitbewer- ber eine Vetoposition innehaben.

3. Wettbewerbstransformation durch Verlagerung von Regulierungsaufgaben auf die Metaebene Fungiert ein Verband in der Vertikalen als Wettbewerbsregulierer und in der Horizontalen zugleich als Wettbewerber, geraten seine beiden Funktionen leicht in Widerstreit:132 Lässt z.B. der Bund durch Deregu- lierung mehr Wettbewerb zwischen den Ländern zu, beeinträchtigt er möglicherweise seine eigene Wettbewerbsposition im Horizontalver-

130 Im Völkerrecht als einer auf Konsens beruhenden Ordnung gilt der Grundsatz, dass Staaten ohne ihre mindestens stillschweigende Zustimmung weder vertraglich noch gewohnheitsrechtlich gebunden werden können (Delbrück [Fn. 112], 34ff.; J. Brunnée Consent, in: Wolfrum [Fn. 86]). Das europäische Primärrecht unterliegt der „Herrschaft der Mitgliedstaaten“ nach Maßgabe des Art. 48 EUV/EUV Liss.; auf die Sekundärrechtsetzung übt der Rat aus Vertretern der Regierungen der Mitglied- staaten (mit-) bestimmenden Einfluss aus (vgl. Art. 203, 251 EGV/Art. 16 Abs. 2 EUV Liss., 294 AEUV). Grundsätzliche Weichenstellungen wie Vertragsänderungen und Vertragsabrundungen nach Art. 308 EGV/Art. 352 AEUV bedürfen in der EU der Zustimmung aller Mitgliedstaaten. 131 Art. 50, 77, 79 Abs. 2 GG. 132 Mehde (Fn. 5), 340f., 548. Wettbewerb von Rechtsordnungen 83 hältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten, weil er nicht mehr einheitlich aufzutreten vermag. Umgekehrt aber schwächt u.U. die Beschränkung des Regulierungswettbewerbs der Länder die Wettbewerbsposition des Bundes etwa in Bezug auf die Gewinnung von Investitionen.133 Deswe- gen kann die Wahrnehmung von Regulierungsaufgaben auf der höhe- ren Ebene dem Gemeinwohl dienen, ihm aber auch abträglich sein. Dementsprechend definiert die gemeinwohlförderlichste Balance zwi- schen mitgliedstaatlichem Regulierungswettbewerb und regulativer Konvergenz den idealen Integrationsdichtegrad etwa der EU – nur dass über diesen kaum Konsens zu erzielen und er zudem veränderlich ist.134 Infolge des Gegenstromprinzips beendet eine Vergemeinschaftung von Regulierungsaufgaben den EU-internen Wettbewerb der nationalen Rechtsordnungen keineswegs, sondern transformiert ihn lediglich: Er setzt sich im Rat und im Europäischen Parlament fort als Wettbewerb um den Einfluss nationaler Rechtsanschauungen auf den Inhalt euro- päischer Rechtsakte. Entsprechende Transformationswirkungen haben Hochzonungen in anderen Mehrebenensystemen. Da auch in der Ko- operation und Integration ein modifiziertes (gewissermaßen zivilisiertes) Wettbewerbselement erhalten bleibt, haben metarechtliche Regeln umso weniger Anlass, den direkten Regulierungswettbewerb zu favorisieren.

4. Wettbewerbsregeln der Metarechtsordnungen im Überblick a) Völkerrechtliche Regeln für den Regulierungswettbewerb der Staaten Das Völkerrecht zieht dem Regulierungswettbewerb der Staaten nur wenige allseits konsentierte prozedurale und materielle Schranken. Verbo- ten sind Rechtsexporte mit Gewalt135 sowie durch Interventionen in den Eigenbereich anderer Staaten.136 Die extraterritoriale Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung ist nur bedingt zulässig.137 Darüber hinaus enthalten

133 Vgl. Mehde (Fn. 5), 172f. 134 U.a. deshalb scheinen mir die sehr detaillierten Vorgaben problematisch, die das BVerfG aus Art. 79 Abs. 3 GG herausgelesen hat (EuGRZ 2009, 339 – Lissabon). 135 Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta. Vgl. auch Art. 43 der Haager Landkriegsordnung vom 18. 10. 1907 (Sartorius II Nr. 46 – Anlage). 136 Vgl. die Grundsätze 2 und 4 der Erklärung der UN-Generalversammlung über völkerrechtliche Grundsätze für freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen Staaten im Sinne der Charta der Vereinten Nationen vom 24. 10. 1970 (Sar- torius II Nr. 4). M. Jamnejad/M. Wood The Principle of Non-intervention, Leiden Journal of International Law 22 (2009), 345ff. 137 Zum „Rechtsimperialismus“ der USA und den Abwehrstrategien dagegen vgl. Mehde (Fn. 5), 558ff. W. Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion im öffentlichen Wirt- schaftsrecht (1994); C. Tietje Begriff, Geschichte und Grundlagen des Internationalen 84 Thomas Giegerich

Völkervertrags- und -gewohnheitsrecht inhaltliche Vorgaben für die Aus- gestaltung der nationalen Rechtsordnungen. So verhindern beispiels- weise menschenrechtliche und umweltvölkerrechtliche Mindeststan- dards einen Unterbietungs-, nicht aber einen Überbietungswettlauf.138 Wettbewerbsfördernde Völkerrechtsregeln im Sinne von Mobilitäts- garantien zugunsten der Rechtsunterworfenen bestehen in Form einer eher halbherzigen Gewährleistung der Freizügigkeit von Personen.139 Wirtschaftliche Verkehrsfreiheiten entsprechend den EG-Grundfreihei- ten kennt die Völkerrechtsordnung nicht.140 Die zahlreichen bilateralen Investitionsschutzabkommen stimulieren die grenzüberschreitende Mobilität von Kapital, belegen aber vor allem den Wettbewerb der Ent- wicklungs- und Schwellenländer um Kapitalimport.141 Dem ideellen Regulierungswettbewerb kommen die menschenrechtlichen Garantien der Kommunikationsfreiheit zugute.142 Das Völkerrecht hat weder „Kartellverbote“ noch „Fusionskontrol- len“ ausgebildet, die den Staaten Harmonisierungsabsprachen oder die Übertragung von Regelungskompetenzen auf supranationale Organisa- tion untersagen.143 Im Gegenteil will es die Relikte des „Naturzustan- des“ im zwischenstaatlichen Wettbewerb durch Einschränkungen staat- licher Souveränitätsfreiräume überwinden. Daher stuft das Völkerrecht die Entwicklung und Durchsetzung gemeinsamer Standards im Wege zwischenstaatlicher Kooperation oder überstaatlicher Integration als

Wirtschaftssystems und Wirtschaftsrechts, in: ders. (Hrsg.) Internationales Wirtschafts- recht, 2009, § 1 Rn. 105ff. 138 Vgl. das z.B. in Art. 53 EMRK, Art. 5 Abs. 2 IPbpR und Art. 5 Abs. 2 IPwskR zum Ausdruck kommende menschenrechtliche Günstigkeitsprinzip (Fn. 25). Im Um- weltvölkerrecht gilt nichts anderes (vgl. z.B. Art. 3 Abs. 1 aE des Kyoto-Protokolls [Sartorius II Nr. 441]). 139 Zwar werden Ausreiserechte gewährleistet, aber grundsätzlich kein Recht auf Einreise in einen fremden Staat: Art. 13 AEMR; Art. 12 IPbpR (gilt nach Art. 2 Abs. 1 IPbpR überdies nur für natürliche Personen [die deutsche Übersetzung ist irre- führend]); Art. 2–4 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK (gilt nach Art. 6 des Protokolls Nr. 4 i.V.m. Art. 34 EMRK auch für juristische Personen). Vgl. auch Art. 26, 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. 7. 1951 i.V.m. Art. 1 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. 1. 1967 (Sartorius II Nr. 28, 28a). 140 Das WTO-Recht garantiert immerhin eine Inländergleichbehandlung und die Beseitigung mengenmäßiger Beschränkungen in Bezug auf den Waren- und Dienst- leistungsverkehr (Art. I, III, XI GATT; Art. II, VI, XVI und XVII GATS). Näher C. Tietje WTO und Recht des Weltwarenhandels, in: ders. (Fn. 137), § 3; F. Weiss Internationaler Dienstleistungshandel, ebd., 215ff. Vgl. auch C. Wurzbacher Welt- handelsrecht als Wettbewerbsordnung des Systemwettbewerbs (2008). 141 A. Reinisch Internationales Investitionsschutzrecht, in: Tietje (Fn. 137), § 8. 142 Art. 10 EMRK; Art. 19 IPbpR. 143 Vgl. Meessen (Fn. 6), JZ 2009, 699. Wettbewerb von Rechtsordnungen 85 positiv ein.144 Eine Gemeinwohlförderung durch Regulierungswettbe- werb beurteilt es hingegen skeptisch und lässt dementsprechend auch kaum Bemühungen um Chancengleichheit der Wettbewerbsteilnehmer erkennen.145 b) Europarechtliche Regeln für den Regulierungswettbewerb der EU-Mitgliedstaaten Das Europarecht enthält detailliertere Regelungen sowohl zur Be- grenzung als auch zur Förderung des Regulierungswettbewerbs zwi- schen den Mitgliedstaaten, die durch den Vorrang des Unionsrechts146 und die obligatorischen Zuständigkeiten des EuGH147 zudem effektiver wirken als die völkerrechtlichen Metaregeln. Die wichtigsten europarechtlichen Grenzen des horizontalen Regu- lierungswettbewerbs ergeben sich aus primärrechtlichen Vorgaben148 und Rechtsangleichungs-Richtlinien.149 Indem die Grundfreiheiten den

144 Vgl. z.B. Art. 1 UN-Charta; Präambel der Allgemeinen Erklärung der Men- schenrechte; Grundsatz 4 der Erklärung über völkerrechtliche Grundsätze für freund- schaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten vom 24. 10. 1970 (Sartorius II Nr. 4); Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaän- derungen vom 9. 5. 1992 (ebd. Nr. 440); Römisches Statut des Internationalen Straf- gerichtshofs vom 17. 7. 1998 (ebd. Nr. 35); Art. 1 der Satzung des Europarats; Präam- bel der EMRK. 145 Zwar beruht das Völkerrecht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten (Art. 2 Ziff. 1 UN-Charta), verkündet das Prinzip der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker (Art. 1 Abs. 2 UN-Charta) und setzt sich den wirt- schaftlichen und sozialen Fortschritt zum Ziel (Art. 55, 56 UN-Charta), doch mindert das tatsächlich bestehende Machtgefälle die Position der kleinen und schwachen Staa- ten, insbesondere der Entwicklungsländer, auch im Regulierungswettbewerb erheb- lich (M. Cosnard Sovereign Equality, in: M. Byers/G. Nolte [Hrsg.] United States Hegemony and the Foundations of International Law, 2003, 117ff.; N. Krisch More equal than the rest?, ebd., 135ff.). Im internationalen Wirtschaftsrecht, insbesondere im Streitbeilegungssystem, gibt es zaghafte Ansätze, die Schwäche der Entwicklungs- länder auszugleichen (Tietje [Fn. 137], Rn. 51ff., 123ff.; ders. [Fn. 140], Rn. 93ff.; F. Weiss WTO-Streitbeilegung, ebd., § 17 Rn. 14, 30, 37, 42, 58 und 78). Allgemein W. Meng Völkerrecht als wirtschaftlicher Ordnungsfaktor und entwicklungspoliti- sches Steuerungsinstrument, in: Das internationale Recht im Nord-Süd-Verhältnis (BDGVR Bd. 41 [2005]), 1ff. 146 EuGH, Slg. 1964, 1251 (1269ff.) (Rs. 6/64 – Costa ./. ENEL). Erklärung zum Vorrang (Nr. 17) im Anhang der Schlussakte der Regierungskonferenz von Lissabon (ABl. EU 2007 Nr. C 306/256). 147 Art. 220ff./Art. 251ff. AEUV, Art. 292 EGV/Art. 344 AEUV. 148 Vgl. z.B. die Grundfreiheiten und das Beihilfenverbot (Mehde [Fn. 5], 237ff.). 149 Kompetenzgrundlagen sind Art. 94, 95 EGV/Art. 114, 115 AEUV. Die Richtlinien entfalten Sperrwirkungen für die nationalen Gesetzgeber (T. Oppermann/C.D. Clas- sen/M. Nettesheim Europarecht, 4. Aufl. 2009, 183). Vgl. Kieninger (Fn. 3), 58, 333ff. 86 Thomas Giegerich

Privaten Exit-Optionen gewährleisten, fördern sie den Wettbewerb in nicht gemeinschaftsrechtlich vorgeprägten Bereichen nationaler Rechtsetzung (z.B. bei den direkten Steuern),150 obwohl ihr Primärziel der Binnenmarkt ist. Wettbewerbsförderlich sind weiterhin alle Mechanismen, welche die Unionskompetenzen eingrenzen151 oder Souveränitätsfreiräume ver- briefen.152 Angeregt wird ein ideeller Regulierungswettbewerb durch die „offene Methode der Koordinierung“. Diese zielt auf die Ermittlung des besten nationalen Regelungsansatzes, dessen Übernahme durch andere Mitgliedstaaten dann nicht verbindlich vorgeschrieben, aber nahegelegt wird.153 Die verstärkte Zusammenarbeit einer Gruppe von Mitgliedstaaten154 eröffnet sogar einen Wettbewerb um die Wettbe- werbsordnung zwischen dem für alle verbindlichen acquis communau- taire und dem stärker integrierten Inter-se-Recht der enger kooperie- renden Mitglieder.155 Ziel der europäischen Integration ist ein immer engerer Zusammen- schluss der europäischen Völker156 mit rechtlichen Mitteln,157 der die Konkurrenz der Mitgliedstaaten durch gemeinsames Handeln überwin- det.158 Zur Förderung des wirtschaftlichen Wettbewerbs der Privaten

150 Das gilt auch in Fällen der Inländerdiskriminierung, in denen die niedrigeren Herkunftslandstandards Anpassungsdruck auf die höheren Standards des Bestim- mungslandes ausüben (Mehde [Fn. 5], 269ff.; Oppermann/Classen/Nettesheim (Fn. 149), 419; J. Gundel Die Inländerdiskriminierung zwischen Verfassungs- und Eu- roparecht, DVBl. 2007, 269ff.). 151 Z.B. die enge Interpretation der Unionskompetenzen und die strikte Handha- bung des Subsidiaritäts- und des Verhältnismäßigkeitsprinzips (Art. 5 EGV/Art. 5 EUV Liss.) etwa zugunsten gegenseitiger Anerkennung unterschiedlicher mitgliedstaatlicher Standards anstelle einer Vollharmonisierung (Oppermann/Classen/ Nettesheim [Fn. 149], 562f.). 152 Z.B. die Möglichkeit nationaler Alleingänge (Art. 95 Abs. 4–10 EGV/Art. 114 Abs. 4–10 AEUV) und zum Erlass strengerer Vorschriften (Art. 176 EGV/Art. 193 AEUV); die Einräumung von Opt-outs (z.B. das Protokoll über die Position des Ver- einigten Königreichs und Irlands und das Protokoll über die Position Dänemarks im Anhang zum Amsterdamer Vertrag in Bezug auf die gemeinsame Visa-, Asyl- und Einwanderungspolitik [Sartorius II Nr. 151/4 und 5]). 153 Oppermann/Classen/Nettesheim (Fn. 149), 190; Mehde (Fn. 5), 345ff. 154 Art. 27a – e, Art. 40a, b, Art. 46a, b, Art. 43–45 EUV/Art. 326ff. AEUV; Art. 11, 11a EGV/Art. 20 EUV Liss. 155 Mehde (Fn. 5), 348f. 156 1. Erwägung der Präambel des E(W)G-Vertrags/Vertrags über die Arbeitsweise der EU. 157 Vgl. W. Hallsteins Konzeption der EWG als Rechtsgemeinschaft (Die Europäi- sche Gemeinschaft, 5. Aufl. 1979, 53). 158 Vgl. die Präambel des EGV/AEUV. Wettbewerb von Rechtsordnungen 87 wird der Regulierungswettbewerb der Mitgliedstaaten beschränkt. Nach enormer Integrationsverdichtung betont man neuerdings wie- der die mitgliedstaatlichen Freiräume und versucht, sie z.B. durch das Subsidiaritätsprinzip abzusichern.159 Diese Wendung dient primär dem Abbau von Legitimitätsdefiziten durch Gewährleistung möglichst bür- gernaher Entscheidungen,160 fördert aber beiläufig auch den Regulie- rungswettbewerb unter den Mitgliedstaaten,161 den das Gemeinschafts- recht in Kauf nimmt. Es finden sich sogar Ansätze zur Sicherung der Chancengleichheit: Der Grundsatz der Gemeinschaftstreue beschränkt das Wettbewerbs- verhalten der Mitgliedstaaten im Verhältnis zueinander und relativiert ihre Machtunterschiede damit teilweise.162 Durch ihr überproportiona- les Stimmgewicht im Rat und Europäischen Parlament erhalten die kleinen Mitgliedstaaten ein erhöhtes Maß an Einfluss auf das Sekundär- recht, in Bezug auf das nur konsensual abänderbare Primärrecht haben sie sogar ein Veto. In die Bildung allgemeiner Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts durch den EuGH gehen alle mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen grundsätzlich gleichwertig ein.163

159 Vgl. den Versuch des Vertrags von Lissabon vom 13. 12. 2007 (ABl. EU 2007 Nr. C 306; konsolidierte Fassungen des EUV und des AEUV [früher EGV] in ABl. EU 2008 Nr. C 115), die Durchsetzung des Subsidiaritätsprinzips durch Änderung des Protokolls (Nr. 30) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (Sartorius II Nr. 151) zu effektivieren sowie die ausdrückliche Er- wähnung der Möglichkeit, durch Vertragsänderung die europäischen Zuständigkeiten zu vermindern (Art. 48 Abs. 2 Satz 2 EUV Liss.). Vgl. auch Art. 6 Abs. 3 EUV und jetzt prägnanter Art. 4 Abs. 2 EUV Liss. (Schutz der nationalen Identität der Mitglied- staaten). Vgl. daneben die zunehmende Bereitschaft des EuGH, mitgliedstaatliche Regelungsspielräume anzuerkennen (Slg. 2004, I-9609, Rn. 31ff. [Rs. C-36/02]; Urt. v. 19. 5. 2009 [Rs. C-171/07 u.a.], Rn. 19, 35, 39ff.). 160 Art. 1 Abs. 2 EUV/EUV Liss. 161 Die nach Art. 253 EGV/Art. 296 AEUV und Ziff. 4 des Protokolls Nr. 30 (Fn. 159) geschuldete Begründung für die Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeit eines Sekundärrechtsakts legt der Sache nach dar, warum dieser dem Gemeinwohl dienlicher ist als weiterer Wettbewerb der mitgliedstaatlichen Regulierungen. 162 Vgl. A. Hatje in: J. Schwarze u.a. (Hrsg.) EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 10 EGV Rn. 58f. Grundlage ist eine erweiternde Anwendung des Art. 10 EGV durch den EuGH. 163 T. Giegerich Europäische Verfassung und deutsche Verfassung im transnationa- len Konstitutionalisierungsprozeß, 2003, 874ff. Den stärker ausdifferenzierten Rechts- ordnungen fällt freilich faktisch ein Übergewicht zu. 88 Thomas Giegerich c) Grundgesetzliche Regeln für den internen und externen Regulierungswettbewerb Das Grundgesetz als regelungsintensivste Wettbewerbsordnung164 determiniert erstens den internen Regulierungswettbewerb der Länder untereinander und mit dem Bund und reguliert zweitens die Beteiligung der deutschen Rechtsordnung am externen Wettbewerb mit anderen Rechtsordnungen. aa) Konzeption und Grenzen des internen Regulierungswettbewerbs Als bundesstaatliche Verfassung ist das Grundgesetz für den Wettbe- werb offen und fördert diesen durch Gewährleistung effektiver Voice- und Exit-Optionen für Grundrechtsträger,165 mäßigt jedoch die Kon- kurrenz der Länder durch Bundestreue- und Solidaritätspflichten.166 Der grundgesetzliche Föderalismus vereint kompetitive und koopera- tiv-solidarische Elemente, ohne eine eindeutige Präferenz erkennen zu lassen.167 Deutschland ist ein Bundesstaat aus Tradition und im Inte- resse der Gewaltenteilung, demokratischen Selbstbestimmung und Bürgernähe, und nicht um des Wettbewerbs willen, der nur ein Beipro- dukt darstellt.168 Zwar sollte die Föderalismusreform durch politische Entflechtung primär Entscheidungsprozesse vereinfachen und sekun- där mehr Wettbewerb ermöglichen, doch hat sie keinen Wettbewerbs- föderalismus etabliert.169 Dazu wäre auch eine Neugliederung des Bun-

164 Mehde (Fn. 5), 358f. 165 Art. 5, 8 und 9 GG sowie Art. 11 GG und Art. 2 Abs. 1 GG – näher T. Giegerich Freizügigkeit, in: R. Grote/T. Marauhn (Hrsg.) EMRK/GG, Kap. 26. 166 Mehde (Fn. 5), 158ff. 167 Siehe im Einzelnen Mehde (Fn. 5), 104ff. Das BVerfG hat zum hier besonders relevanten Finanzausgleich sowohl die finanzielle Eigenverantwortlichkeit der einzel- nen Länder als auch die solidargemeinschaftliche Mitverantwortung der Länder- gesamtheit und des Bundes betont (BVerfGE 101, 158 [221f.]; 116, 327 [380]): Ziel des horizontalen Finanzausgleichs sei „nicht die finanzielle Gleichheit der Länder, sondern die Verwirklichung des bundesstaatlichen Prinzips des Einstehens füreinan- der auch im Verhältnis der Länder untereinander unter gleichzeitiger Wahrung ihrer Eigenstaatlichkeit und finanziellen Selbständigkeit.“ 168 Zur staatstheoretischen Rechtfertigung der Bundesstaatlichkeit M. Jestaedt Bun- desstaat als Verfassungsprinzip, in: HStR II, 3. Aufl. 2004, § 29 Rn. 11f.; B. Grzeszick in: T. Maunz/G. Dürig (Hrsg.) GG-Kommentar, Stand: März 2006, Art. 20 Abschn. IV Rn. 17ff. 169 Gesetz zur Änderung des GG vom 28. 8. 2006 (BGBl. I S. 2034). J. Jekewitz Wettbewerbsföderalismus, FS Bothe, 2008, 1133 (1136). Im Vorfeld der Reform E. Schmidt-Jortzig Herausforderungen für den Föderalismus in Deutschland, DÖV 1998, 746ff. Vgl. auch C. Starck (Hrsg.) Föderalismusreform (2007). Zur Föderalis- musreform in der Schweiz U. Häfelin/W. Haller/H. Keller Schweizerisches Bundes- Wettbewerb von Rechtsordnungen 89 desgebiets in politisch, wirtschaftlich und finanziell konkurrenzfähige Länder erforderlich, die nach Art. 29 GG kaum vorstellbar ist.170 Im Vergleich mit anderen Bundesstaaten fällt die unitarische (d.h. wettbewerbsaverse) Struktur des deutschen auf.171 Die legislative Dominanz des Bundes lässt für einen Regulierungswettbewerb der Länder nur wenig Spielraum, zumal der Bund seine konkurrierenden Kompetenzen in den materiell wettbewerbsrelevanten Bereichen der Sozial- und Wirtschaftspolitik weitgehend ausgeschöpft hat.172 Wo die Länder aber eigene Regelungskompetenzen behalten oder durch die Föderalismusreform zurückerhalten haben,173 stehen sie im Wettbe- werb miteinander. Augenfällig wird dies gegenwärtig bei der Erhebung von Studiengebühren.174 Wettbewerbsfördernd wirken die mehrfach umformulierte Subsidiaritätsschranke für die Ausübung der konkurrie- renden Gesetzgebungskompetenz durch den Bund175 und die neu ein- staatsrecht, 7. Aufl. 2008, Rn. 74 a, 948, 970ff. Die 2003 im Österreich-Konvent be- gonnene Verfassungsreform in Österreich ist bislang nicht abgeschlossen (http://www.konvent.gv.at/K/Willkommen_Portal.shtml). 170 Mehde (Fn. 5), 167ff. Vgl. auch S. Oeter Erprobung der konstitutionellen politi- schen Ökonomie an Einzelfragen – Föderalismus, in: Engel/Morlok (Fn. 6), 131ff.; T. Würtenberger Neugliederung, in: HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 132. 171 K. Hesse Der unitarische Bundesstaat (1962). Die USA und die Schweiz sind deutlich föderaler, während Österreich als noch unitarischer gilt (J. Isensee Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 126 Rn. 4). 172 Mehde (Fn. 5), 203f. Zu erwägen wäre eine Verpflichtung des Bundesgesetz- gebers zur Begründung, warum sein Eingreifen dem Gemeinwohl dienlicher ist als die Fortsetzung des Regulierungswettbewerbs unter den Ländern. Diese könnte an Art. 72 Abs. 2 GG anknüpfen, der aber nur einige der konkurrierenden Bundeskom- petenzen erfasst. Anders als im EU-Recht (Art. 5 Abs. 3 EGV/Art. 5 Abs. 4 EUV Liss.) soll im deutschen Verfassungsrecht das sonst in Frage kommende Verhältnis- mäßigkeitsprinzip im Bund-Länder-Verhältnis nicht gelten (so BVerfGE 81, 310 [338]). Überdies ist der Gesetzgeber nach hM verfassungsrechtlich zu keiner Begründung verpflichtet (J. Masing in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG II, 5. Aufl. 2005, Art. 76 Abs. 1 Rn. 62) – vgl. demgegenüber Art. 253 EGV/Art. 296 AEUV. 173 Bemerkenswert war die 1971 eingeführte (Art. 74a GG) und 2006 weggefallene konkurrierende Bundesgesetzgebung über die Besoldung und Versorgung der Lan- desbeamten und Richter, die einem Überbietungswettlauf der Länder entgegenwirken sollte (Mehde [Fn. 5], 173ff.). Vgl. jetzt Art. 74 Abs. 1 Nr. 27, Abs. 2 GG. 174 BVerfGE 112, 226 (245ff.). Ein Wettbewerb findet auch um die optimale Rege- lung der wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden statt (vgl. T. Dünchheim/ F.-J. Schöne Privat vor Staat? – Die Novellierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in NRW, DVBl. 2009, 146ff.). Den Wettbewerb der Länder um die „beste“ Kommu- nalverfassung im Rahmen der Vorgaben des Art. 28 Abs. 2 GG hat im Wesentlichen die süddeutsche Ratsverfassung gewonnen. 175 Art. 72 Abs. 2, 4 GG. Zur wechselhaften Geschichte des Art. 72 Abs. 2 GG vgl. u.a. Mehde (Fn. 5), 142ff. 90 Thomas Giegerich geführte Abweichungsgesetzgebung der Länder.176 Einen ideellen Wett- bewerb in Verfassungsfragen eröffnet den Ländern ihre Verfassungs- autonomie.177 Diesen kompetenziell möglichen Regulierungswettbewerb schränkt das Grundgesetz aber durch Mechanismen des kooperativen und solida- rischen Föderalismus insbesondere finanzverfassungsrechtlicher Art er- heblich ein.178 Es erlaubt Wettbewerbsbeschränkungen durch Koopera- tion der Länder untereinander („Dritte Ebene“)179 und mit dem Bund.180 Ferner enthält es inhaltliche Vorgaben, die alle Landesgesetzgeber in glei- cher Weise zu berücksichtigen haben, insbesondere die Grundrechte181

176 Art. 72 Abs. 3 GG. S. Oeter Die Änderungen im Bereich der Gesetzgebungs- kompetenzen, in: Starck (Fn. 169), 16f.; V. Haug Die Abweichungsgesetzgebung – ein Kuckucksei der Föderalismusreform?, DÖV 2008, 851ff.; L. Michael Der experimen- telle Bundesstaat, JZ 2006, 884ff. Vgl. auch die Befugnis der Länder zur Ersetzungs- gesetzgebung nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG. 177 BVerfGE 36, 342 (360ff.); 64, 301 (317f.). A. Dittmann Verfassungshoheit der Länder und bundesstaatliche Verfassungshomogenität, in: HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 127; R. Bartlsperger Das Verfassungsrecht der Länder in der gesamtstaatlichen Ver- fassungsordnung, ebd., § 128. 178 Zu den geringen Spielräumen der Länder für eine wettbewerbliche Positionie- rung gegeneinander Mehde (Fn. 5), 212ff. Zur finanzverfassungsrechtlichen Kompo- nente ders. ebd., 176ff.; C. Waldhoff Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: HStR V, 3. Aufl. 2007, § 116 Rn. 57ff., 73ff. Die Föderalismusreform II hat den Ländern keine Steuerautonomie gebracht (BGBl. 2009 I S. 2248); vgl. H. Hofmann Föderalismusreform im Verfassungsstaat, DÖV 2008, 833 (840f.). 179 G. Kisker Kooperation im Bundesstaat (1971); W. Rudolf Kooperation im Bun- desstaat, in: HStR VI, 3. Aufl. 2008, §141. Solche „Kartellabsprachen“ können etwa vorkommen in Gestalt von (rechtlich unverbindlichen) Beschlüssen von Landes- ministerkonferenzen (z.B. Nr. 3 des KMK-Beschlusses vom 10. 11. 1978 idF vom 15. 8. 2002 („Vereinbarung über die Besetzung von Professorinnen- oder Professoren- stellen an Hochschulen“), die für Berufungen eine dreijährige Sperrfrist nach Beru- fung in eine W 3-Professur oder Besoldungserhöhung im Zuge von Bleibeverhand- lungen vorschreibt [näher O. Herrmann Die Berufung von Professorinnen und Professoren, 2007, 89ff.]; KMK-Beschluss vom 6. 3. 2009 gegen „aggressive“ Lehrer- abwerbung), von Staatsverträgen (C. Vedder Intraföderale Staatsverträge [1996]) oder von Musterentwürfen einheitlicher Gesetze (z.B. Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder). Näher Mehde (Fn. 5), 102f. Zu den verfassungsrechtlichen Schranken der Kooperation zwischen den Ländern M. Nettes- heim Wettbewerbsföderalismus und Grundgesetz, FS Badura, 2004, 363 (376ff.). Zum kooperativen Föderalismus in der Schweiz Häfelin/Haller/Keller (Fn. 169), §§ 42, 43. 180 Art. 91 a – d GG: Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit. 181 Art. 1 Abs. 3 GG meint auch die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Recht- sprechung der Länder: S. Oeter Integration und Subsidiarität im deutschen Bundes- staatsrecht, 1998, 426ff. Dass der allgemeine Gleichheitssatz intraföderale Differen- zierungen gestattet (P. Kirchhof Der allgemeine Gleichheitssatz, in: HStR V, 1992, § 124 Rn. 178ff.), fällt daneben kaum ins Gewicht. Wettbewerb von Rechtsordnungen 91 und das Sozialstaatsgebot.182 In erster Linie stehen jedoch politische Grundgegebenheiten in Deutschland einer Ausweitung des intrafödera- len Wettbewerbs entgegen: die Politikverflechtung in der länder- übergreifenden Parteiendemokratie183 und die von der Mehrheit offen- bar gewünschte Beseitigung von Asymmetrien zugunsten einheitlicher oder zumindest gleichwertiger Lebensverhältnisse.184 bb) Konzeption und Grenzen des externen Regulierungswettbewerbs Das Grundgesetz konstituiert einen in die Völkerrechtsgemeinschaft und die EU eingebundenen offenen Verfassungsstaat, der auch das übernationale Gemeinwohl im Auge behält. Deutschland wird aus- drücklich verpflichtet, im Weltgemeininteresse seine Hoheitsrechte (d.h. seine Wettbewerbsposition) zu beschränken185 und bei der Ent- wicklung der supranationalen EU mitzuwirken.186 Die EU soll nach dem Subsidiaritätsprinzip Regulierungskompetenzen insoweit wahr- nehmen, als diese auf nationaler Ebene nicht hinreichend wirksam und auf supranationaler Ebene besser ausgeübt werden können.187 Auch in den zwischenstaatlichen Beziehungen favorisiert das Grundgesetz das Wettbewerbsmodell demnach keineswegs. Auf dieser Grundlage nimmt die deutsche Rechtsordnung am mate- riellen und ideellen Wettbewerb der Rechtsordnungen teil. Sie bietet ihre Regelungsmodelle anderen Staaten zur Rezeption an und nimmt mit allen drei Staatsfunktionen Einfluss auf die Entwicklung der Meta-

182 Art. 20 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG. Das Sozialstaatsgebot verpflich- tet auch die Länder auf Mindeststandards der sozialen Gerechtigkeit – vgl. BVerfGE 112, 226 (245). Eingehend Mehde (Fn. 5), 147ff. 183 Mehde (Fn. 5), 165ff. 184 Während nach der ursprünglichen Fassung des Art. 72 Abs. 2 GG die einheit- lichen Lebensverhältnisse gewahrt werden sollten, ist seit 1994 (nach der Wieder- vereinigung) im Sinne eines Auftrags von der „Herstellung“ gleichwertiger Lebens- verhältnisse die Rede (vgl. Mehde [Fn. 5], 142ff.). Die Neufassung von 2006 hat diese Begrifflichkeit beibehalten, durch Ausklammerung wichtiger Bereiche der konkurrie- renden Bundeskompetenz aus der Subsidiaritätsklausel die Öffnung für mehr intrafö- deralen Wettbewerb aber teilweise wieder zurückgenommen. Vgl. auch S. Kadelbach Autonomie und Bindung der Rechtsetzung in gestuften Rechtsordnungen, VVDStRL 66 (2007), 7 (23f.). 185 Satz 1 der Präambel; Art. 24 Abs. 2 GG (Friedenswahrung); Art. 24 Abs. 3 GG (friedliche Streitbeilegung). 186 Art. 23 Abs. 1 GG. 187 Art. 2 EUV/Art. 3 EUV Liss. und Art. 5 Abs. 2 EGV/Art. 5 Abs. 3 EUV Liss., die durch Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG in Bezug genommen werden. 92 Thomas Giegerich regeln des Völker- und Europarechts.188 Das dem internationalen Aus- tausch verschriebene Grundgesetz befürwortet diesen horizontalen und vertikalen Export und verpflichtet als wertgebundene Ordnung seine Organe, möglichst zur weltweiten Durchsetzung seiner Grundwerte Menschenwürde, Frieden und Gerechtigkeit beizutragen,189 die mit den proklamierten Grundwerten der Weltgemeinschaft im Einklang ste- hen.190 Da der deutsche Staat die Entwicklungen im Völkerrechtsraum nicht beherrschen kann,191 räumt das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber in Anlehnung an seine „Näher beim Grundgesetz“-Recht- sprechung genügend Spielraum ein, um auf Exit-Optionen reagieren zu können.192 Als völker- und europarechtsfreundliche sowie rechtsstaatliche Ver- fassung193 bekräftigt das Grundgesetz die Schranken, die internationa- les und supranationales Recht jedem Rechtsexport ziehen. Es gebietet weiterhin, fremde Rechtsordnungen und -anschauungen bis zur Grenze

188 In erster Linie ist die außenvertretungsberechtigte Exekutive für den Export zu- ständig. Auf EU-Ebene nehmen Regierungsmitglieder im Rat an der Sekundärrecht- setzung und auf Regierungskonferenzen an der Fortentwicklung des Primärrechts teil (Art. 34 EUV, Art. 203 EGV/Art. 16 EUV Liss., Art. 249ff. EGV/Art. 288ff. AEUV; Art. 48 EUV/EUV Liss.). Im Völkerrechtsraum hat die Exekutive Anteil am Wettbe- werb um die Völkerrechtsentwicklung, sei es über die nationale Vertretung in inter- nationalen Organisationen, sei es im nicht institutionalisierten Rahmen zwischenstaat- licher Beziehungen. Vgl. BVerfGE 55, 349 (367f.). Die Auslegung und Anwendung des Völker- und Europarechts durch deutsche Gerichte geht in den europa- und welt- weiten Dialog der Judikativen ein; die deutsche Gesetzgebungspraxis bringt die Auf- fassung des deutschen Staates von gemeinwohlgerechter Regulierung zum Ausdruck. Beide beeinflussen vor allem die Entwicklung von Gewohnheitsrecht und allgemeinen Rechtsgrundsätzen auf völker- und europarechtlicher Ebene (Art. 38 Abs. 1 lit. b, c und d des IGH-Statuts; Art. 6 Abs. 2 EUV/EUV Liss., Art. 288 Abs. 2 EGV/Art. 340 Abs. 2 AEUV). 189 Satz 1 der Präambel, Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 24 Abs. 2 und 3, Art. 26 GG. In Bezug auf die EU wesentlich konkreter Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG. 190 Vgl. die in der UN-Charta 1945 völkervertraglich festgeschriebenen und in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 als gemeinsames Ideal verkündeten und immer wieder bestätigten (zuletzt in der Deklaration der UN-Generalversamm- lung zum 60. Jahrestag der genannten Erklärung [Res. 63/116 vom 10. 12. 2008]) Vor- stellungen von Frieden, Würde, Freiheit, Gleichheit und Grundrechten des Men- schen, Gerechtigkeit sowie sozialem Fortschritt. 191 BVerfGE 66, 39 (56ff.); 68, 1 (107); 77, 170 (231ff.); 95, 39 (46ff.). 192 BVerfGE 92, 26 (41ff.) – Einführung eines Schiffszweitregisters mit abgesenk- tem Arbeitnehmerschutz, um die endgültige Ausflaggung von Schiffen deutscher Ree- dereien zu verhindern. 193 Zur Völkerrechtsfreundlichkeit vgl. u.a. BVerfGE 111, 307 (317ff.); 112, 1 (24ff.). Zur Europarechtsfreundlichkeit BVerfG, EuGRZ 2009, 339 – Lissabon. Wettbewerb von Rechtsordnungen 93 der unabdingbaren Verfassungsgrundsätze zu achten.194 Im Kontext der EU verlangt das Grundgesetz nicht mehr, als dass die deutsche Rechts- ordnung gleichberechtigt mit allen anderen mitgliedstaatlichen Rechts- ordnungen in die (Fort-) Bildung des Primär- und Sekundärrechts einbezogen wird.195 Dem Import außerdeutscher Rechtsvorstellungen setzt das Grund- gesetz ebenfalls nur wenige Grenzen. Auch hier sind zunächst völker- und europarechtliche Vorgaben für den Inhalt des nationalen Rechts einzuhalten. Die weiteren Schranken hängen davon ab, wer die Import- entscheidung trifft.196 In jedem Fall gewahrt werden müssen die – we- gen ihrer Unbestimmtheit flexiblen – verfassungsänderungsfesten Grundsätze.197 Die Identität der deutschen Rechtskultur genießt keinen darüber hinausgehenden Schutz.198 Ein Höchstmaß an Offenheit er- weist das Grundgesetz völker- und europarechtlichen Regelungsansät- zen, die unter deutscher Mitwirkung formuliert worden und nach au- ßen rechtlich verbindlich sind. Jenseits ihrer Verpflichtungswirkungen bieten sich diese im ideellen Wettbewerb zur Rezeption geradezu an.

VI. Legitimation und Transparenz von Entscheidungen über das Wettbewerbsergebnis

1. Schiedsrichterrolle privater Nachfrager und politische Steuerung des materiellen Regulierungswettbewerbs Als Schiedsrichter im materiellen Wettbewerb fungieren private Un- ternehmen, die durch Exit-Optionen Rechtsänderungen in ihrem Sinne erwirken können.199 Dieser erhöhte politische Einfluss von Wirtschafts-

194 BVerfGE 113, 154 (162f.) zum Auslieferungsverkehr. 195 Näher Giegerich (Fn. 163), 874ff. Vgl. die Präambel-Formel vom Deutschen Volk „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa“. 196 S.u. VI. 2. 197 Art. 79 Abs. 3 GG. Vgl. BVerfGE 111, 113 (319). 198 Umfassend Uhle (Fn. 125). 199 Auch ein Exit in Form der Wahl einer anderen Rechtsordnung übt Änderungs- druck auf die abgewählte Rechtsordnung aus (kritisch aber Kieninger [Fn. 3], 31). Diese erleidet einen Prestigeverlust, wenn maßgebliche Wirtschaftskreise sie für un- geeignet erklären, was sich auf ihre Position im ideellen Wettbewerb auswirken kann. Darüber hinaus schwinden der regulative Einfluss des betreffenden Gesetzgebers und der judikative Einfluss der betreffenden Gerichte, weil mit der Abwahl einer Rechts- ordnung i.d.R. auch eine andere Gerichtsbarkeit vereinbart wird. Schließlich verliert die in der abgewählten Rechtsordnung versierte Beratungsbranche Marktanteile an die Experten in der gewählten. 94 Thomas Giegerich macht entgegen dem Prinzip demokratischer Bürgergleichheit kann nur durch Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen auf Meta- rechtsebene abgebaut werden.200 Auf den Gesetzgeber der Metarechts- ordnung hat freilich auch der „Sieger“ des Wettbewerbs Einfluss.201 Dies erschwert die politische Steuerung und gefährdet die Erfüllung der Gemeinwohlverantwortung.202 Abhilfe zu schaffen vermag nur ein Ausgleich der konkurrierenden Egoismen auf metarechtlicher Ebene.203

2. Entscheidungsbefugnisse hoheitlicher Nachfrager in Bezug auf den ideellen Regulierungswettbewerb a) Parlamentarischer Gesetzgeber: Umfassende Legitimation zur Rezeption – Pflicht zu Rechtsvergleichung und Transparenz? Der parlamentarische Gesetzgeber ist im Rahmen der verfassungs- mäßigen Ordnung204 ermächtigt, externe Regelungsmodelle in das

200 Deshalb versucht man derzeit, die transnationalen Konzerne, die reicher und mächtiger sind als viele Staaten, völkerrechtlich zu regulieren (M. Herdegen Interna- tionales Wirtschaftsrecht, 7. Aufl. 2008, § 3 Rn. 62ff.). 201 Teilweise hat er sogar eine Vetoposition: dort, wo das Völkerrecht die Meta- rechtsordnung bildet; im Europarecht dort, wo Harmonisierungen Einstimmigkeit voraussetzen, wie insbesondere im Bereich der Steuern (Art. 93 EGV/Art. 113 AEUV, Art. 95 Abs. 2 EGV/Art. 114 Abs. 2 AEUV; Art. 113, 115 AEUV) – vgl. Mehde (Fn. 5), 274ff. Die Möglichkeit eines Steuerwettbewerbs spielte in Irland eine zentrale Rolle für die Ratifikation des Vertrags von Lissabon (vgl. Abschnitt B des Be- schlusses der im Europäischen Rat vereinigten Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten der EU zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Ver- trages von Lissabon [Anlage I der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 19. 6. 2009]). 202 In der EU wird diese Problematik als „Asymmetrie zwischen positiver und negativer Integration“ diskutiert: T. Kingreen Grundfreiheiten, in: A. v. Bogdandy (Hrsg.) Europäisches Verfassungsrecht, 2003, 631 (647ff.) unter Anknüpfung an F. Scharpf Politische Optionen im vollendeten Binnenmarkt, 1996, 109ff. Vgl. auch E.-W. Böckenförde Welchen Weg geht Europa?, 1997, 23ff. 203 Vgl. z.B. den in der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitneh- mern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen vom 16. 12. 1996 (Sartorius II Nr. 181) verkörperten Kompromiss zwischen Niedrig- und Hochlohnländern in der EU (EuGH, Urt. v. 3. 4. 2008 [Rs. C-346/06 – Rüffert], JZ 2008, 889 m. Anm. U. Becker). 204 Als verfassungsändernder Gesetzgeber im weniger strengen Rahmen des Art. 79 Abs. 3 GG. Wettbewerb von Rechtsordnungen 95 deutsche Recht zu übernehmen,205 soweit dessen Folgerichtigkeit dadurch nicht beeinträchtigt wird.206 Verlangt das Grundgesetz sogar, dass wichtige Gesetzgebungsvorha- ben rechtsvergleichend abgesichert und rezeptorische Anleihen ggf. be- gründet werden?207 Ein sorgfältiger demokratischer Gesetzgeber muss die Vor- und Nachteile externer Regelungsmodelle prüfen und kompa- rative Einflüsse auf seine Legislativakte im Interesse demokratischer Rechenschaft offen legen. Eine Verletzung dieser politischen Obliegen- heiten macht ein Gesetz indessen nur verfassungswidrig, wenn sie zu inhaltlichen Defiziten führt.208 b) Gerichte: Einbeziehung externen Rechts in die Interpretation und Fortbildung des eigenen Rechts Nationale, supranationale und internationale Gerichte sind zur Inter- pretation und Fortbildung ihres Rechts berufen. Uneinigkeit herrscht

205 Eine bewusste Rezeptionsentscheidung des deutschen Gesetzgebers liegt in der sog. überschießenden Umsetzung von EG-Richtlinien, die deren Regelungsmodell über die gemeinschaftsrechtlich geschuldete Anpassung des nationalen Rechts hinaus autonom (d.h. überobligationsmäßig) auf andere Rechtsgebiete erstreckt (F. Burmeis- ter/E. Staebe Grenzen des sog. Gold Plating bei der Umsetzung europäischer Richt- linien in nationales Recht, EuR 44 (2009), 444ff.). Die Schweiz vollzieht angesichts ih- rer engen wirtschaftlichen Verflechtung mit der EG Sekundärrecht in vielen Bereichen „autonom“ nach (Mehde [Fn. 5], 457f.; Häfelin/Haller/Keller [Fn. 169], Rn. 199). Vgl. auch C. Grabenwarter Nationale Grundrechte und Rechte der Europäischen Men- schenrechtskonvention, in: HGR VI/2, 2009, § 169 Rn. 57. 206 BVerfG, Urt. v. 9. 12. 2008 (2 BvL 1/07 u.a.), sub C.II.6. (Rn. 84 der Internet- Fassung). Kritisch zum Topos der Folgerichtigkeit die Anmerkung von O. Lepsius JZ 2009, 260ff. 207 Im deutschen Gesetzgebungsverfahren wird derzeit weder auf Ministerial- noch auf Parlamentsebene systematisch Rechtsvergleichung betrieben (Auskunft des Kol- legen S. Hölscheidt). Zur Vorbereitung größerer Reformvorhaben finden jedoch häufig rechtsvergleichende Untersuchungen statt (Zweigert/Kötz Einführung in die Rechts- vergleichung, 3. Auflage 1996, 15; Sommermann [Fn. 70] Rn. 83ff.). Die Verstärkung des rechtsvergleichenden Input wird teilweise gefordert (J. Ennuschat Wege zu bes- serer Gesetzgebung, DVBl. 2004, 986 [992]; U. Karpen Kurzbeitrag „Zum Stand der Gesetzgebungswissenschaft in Deutschland“, JZ 2008, 135 [136]). In die Gesetz- gebungslehre (vgl. z.B. H. Schneider Gesetzgebung, 3. Aufl. 2002) ist die Rechtsver- gleichung noch nicht angemessen eingegangen (Ansätze aber bei H. Schulze-Fielitz Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, 462, 487). Demgegenüber legt der französische Senat auf rechtsvergleichende Untersuchungen großen Wert (J. Martinez Die Bedeutung der [Verfassung-]Rechtsvergleichung für den europäi- schen Staaten- und Verfassungsverbund, in: Calliess [Fn. 112], 153 [160]). 208 K. Meßerschmidt Gesetzgebungsermessen, 2000, 841ff.; F. Ossenbühl Verfahren der Gesetzgebung, in: HStR V, 3. Aufl. 2007, § 102 Rn. 6ff.; K. Schlaich/S. Korioth Das Bundesverfassungsgericht, 7. Aufl. 2007, Rn. 539ff. 96 Thomas Giegerich

über die genauen Grenzen der judiziellen Rechtsfortbildungskompe- tenz im gewaltenteiligen System,209 zumal sie je nach Gerichtsbarkeit variieren.210 Inwieweit sind Gerichte legitimiert, dabei externes Recht einzubeziehen? Während einige neuere Verfassungen die Rechtsvergleichung als „fünfte“ Auslegungsmethode anerkennen,211 schweigen das Grundge- setz und die meisten anderen.212 Die Bereitschaft der nationalen und eu- ropäischen Gerichte, rechtsvergleichende Einflüsse auf ihre Entschei-

209 Vgl. zuletzt die Kontroverse zwischen Mehrheit und abweichender Meinung im Beschluss des BVerfG vom 15. 1. 2009 (2 BvR 2044/07), JZ 2009, 675ff.; C. Möllers Nachvollzug ohne Maßstabbildung, ebd., 668ff. 210 Die Rechtsfortbildungskompetenz des EuGH wird besonders diskutiert (vgl. Giegerich [Fn. 163], 1051ff.; P. Dobler Legitimation und Grenzen der Rechtsfort- bildung durch den EuGH, in: G.H. Roth/P. Hilpold [Hrsg.] Der EuGH und die Souveränität der Mitgliedstaaten, 2008, 509ff.). Aber auch internationale Gerichte (insbesondere der EGMR) dürfen sich nicht vom Konsens der sie tragenden Staaten entfernen (vgl. H.-J. Cremer Regeln der Konventionsinterpretation, in: R. Grote/ T. Marauhn [Hrsg.] EMRK/GG, 2006, Kap. 4 Rn. 47ff.; Grabenwarter [Fn. 33], §5 Rn.12ff.;D. Grimm Zur Bedeutung nationaler Verfassungen in einem vereinten Europa, in: HGR VI/2, 2009, § 168 Rn. 48f.). Den Einrichtungen der quasi-gericht- lichen Streitbeilegung im Rahmen der WTO wird die Rechtsfortbildung ausdrücklich untersagt und ihre Auslegungskompetenz eng definiert (Art. 3 Abs. 2 der Vereinba- rung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten vom 15. 4. 1994 [Anlage 2 zum WTO-Übereinkommen], abgedruckt in Sartorius II Nr. 515; vgl. auch Art. IX:2 des WTO-Übereinkommens vom 15. 4. 1994, ebd. Nr. 500). Die Interpre- tations- und Fortbildungskompetenz des US Supreme Court ist seit jeher umstritten (E. Chemerinsky Constitutional Law, 3. Aufl. 2006, 15ff.). 211 Vgl. neben Art. 288 Abs. 2 EGV/Art. 340 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 2 EUV/ EUV Liss. insbesondere Section 39 (1) der Verfassung der Republik Südafrika von 1996 (Fn. 97): „When interpreting the Bill of Rights, a court … (b) must consider international law; and may consider foreign law.“ (Zur Praxis U. Bentele Mining for Gold, Georgia Journal of International and Comparative Law 37 [2009], 219ff.) Nach Art. 16 Abs. 2 der portugiesischen Verfassung und nach Art. 10 Abs. 2 der spanischen Verfassung sind die Grundrechtsbestimmungen jeweils im Einklang u.a. mit der nicht rechtsverbindlichen Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auszulegen (A. Kim- mel/C. Kimmel Verfassungen der EU-Mitgliedstaaten, 6. Aufl. 2005, 597, 791). Ebenso Art. 20 Abs. 1 der rumänischen Verfassung von 1991. Grundlegend P. Häberle Grund- rechtsgeltung und Grundrechtsinterpretation im Verfassungsstaat, JZ 1989, 913 (916ff.); ders. (Fn. 17), 252ff.; F. Ossenbühl Grundsätze der Grundrechtsinterpretation, in: HGR I, 2004, § 15 Rn. 31ff.; Sommermann (Fn. 70), Rn. 39f.; Wieser Vergleichen- des Verfassungsrecht, 2005, 33ff. 212 Insbesondere im Bundesverfassungs-Gesetz der Republik Österreich vom 10. 11. 1920 und in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. 4. 1999 finden sich keine ausdrücklichen Bestimmungen. Wettbewerb von Rechtsordnungen 97 dungen offen zu legen, ist unterschiedlich ausgeprägt.213 Eine erbitterte Debatte führen darüber international-aufgeschlossene und national- beschränkte Richter des US Supreme Court.214 In einem Zeitalter in- tensivsten globalen Austauschs auf allen Feldern kann man sich nicht ernsthaft gegen den Erfahrungsschatz der weltweiten Rechtsevolution immunisieren, schon gar nicht in einem offenen Verfassungsstaat.215 Dies muss freilich sorgfältig, umsichtig und transparent geschehen.216 In Europa wird die Einbeziehung externen Rechts in die Argumenta- tion der Gerichte daher selbstverständlich: Vom Völkerrecht über das

213 Sommermann (Fn. 70), Rn. 86f.; Wieser (Fn. 211), 36. Dem italienischen Verfas- sungsgerichtshof arbeiten ausländische Gastwissenschaftler rechtsvergleichend zu (Häberle [Fn. 47], 117). Der EuGH verwertet rechtsvergleichende Erkenntnisse, auch wenn dies in seinen Entscheidungen nur ausnahmsweise deutlich wird (G.C. Rodríguez Iglesias Gedanken zum Entstehen einer Europäischen Rechtsord- nung, NJW 1999, 1 [8]; Sommermann [Fn. 70], Rn. 77). Im Rahmen seiner „autono- men“ Interpretation der EMRK spielt die Rechtsvergleichung auch für den EGMR eine wichtige (ebenfalls in den Entscheidungen nur teilweise belegte) Rolle (L. Wild- haber The Role of Comparative Law in the Case-Law of the European Court of Human Rights, FS Ress, 2005, 1101ff.; Grabenwarter [Fn. 33], § 5 Rn. 11); R. Bern- hardt Betrachtungen zur Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht, FS Starck (Fn. 88), 701 (708f.). 214 Dagegen Printz v. U.S., 521 US 898, 921 note 11 (1997), dafür ebd., 976ff. (Dis- sent von Breyer, J.); dafür Atkins v. Virginia, 536 US 304, 316–7 note 21 (2002), dagegen ebd., 321 (Dissent von Rehnquist, C.J.) und 347f. (Dissent von Scalia, J.); dafür Lawrence v. Texas, 539 US 558, 573, 576f. (2003), dagegen ebd., 598 (Dissent von Scalia, J.). A. Scalia Foreign Legal Authority in the Federal Courts, ASIL Procee- dings 98th Annual Meeting 2004, 305ff.; R. Bader Ginsburg A Decent Respect to the Opinions of [Human]Kind, ASIL Proceedings 99th Annual Meeting 2005, 351ff.; Agora: The United States Constitution and International Law, AJIL 98 (2004), 42ff. (mehrere Beiträge); J.E.K. Murkens Comparative Constitutional Law in the Courts, VRÜ 41 (2008), 32ff. Vgl. Sec. 201 des in den Ausschüssen von Repräsentantenhaus und Senat stecken gebliebenen Entwurfs eines „Constitution Restoration Act of 2005“ (S. 520, H.R. 1070, 109th Congress): „In interpreting and applying the Consti- tution of the United States, a court of the United States may not rely upon any con- stitution, law … judicial decision … of any foreign state or international organization or agency, other than English constitutional and common law up to the time of the adoption of the Constitution of the United States.“ 215 Häberle spricht zu Recht von einer „Internationale des Verfassungsstaates“, die sich auch in der Öffnung der Verfassungsauslegung und -fortbildung nach außen erweisen muss ([Fn. 211], 916). Gegen „introvertierte Verfassungsdiskurse“ auch Sommermann (Fn. 70), Rn. 45. Zurückhaltender A. Tschentscher Dialektische Rechts- vergleichung im öffentlichen Recht, JZ 2007, 807 (812ff.). 216 Mayer (Fn. 112), 170f., 176. Vgl. auch S. Baer, Verfassungsvergleichung und reflexive Methode: Interkulturelle und intersubjektive Kompetenz, ZaöRV 64 (2004), 735ff. 98 Thomas Giegerich

Europarecht bis zum nationalen (Verfassungs-) Recht entfaltet sich die Herrschaft des Rechts über die Politik gerade auch im kritisch-dialogi- schen Wettbewerb der Gerichte.217 Ein judizieller Import externer Rechtsvorstellungen ins einfache Recht ist durch den Gesetzgeber revidierbar und unterliegt deshalb ef- fektiver politisch-demokratischer Kontrolle.218 Anderes gilt für ihren Import in das nationale Verfassungsrecht. Hier sind Zurückhaltung und Umsicht geboten.219 Im Ergebnis reicht die Rezeptionskompetenz der Judikative ebenso weit wie ihre sonstige Interpretations- und Fortbil- dungskompetenz.

VII. Abschließende Bewertung: Wettbewerb als deskriptives Paradigma ohne normativen Anspruch

Wettbewerb ist als deskriptives Paradigma geeignet, das Verhältnis von Rechtsordnungen zu erhellen. Bekannte Phänomene rückt es in ein anderes Licht, das materielle und ideelle Konkurrenzbeziehungen deut- licher hervorhebt und die Regulatoren und ihre wissenschaftlichen Be- gleiter veranlassen sollte, sich in den real stattfindenden Wettstreit be- wusster einzubringen. Einen normativen Gehalt hat das Wettbewerbskonzept als solches hingegen nicht. Keine Metarechtsordnung kennt es als eigenständiges Ordnungsprinzip zur Regelung des Verhältnisses der nachgeordneten Rechtsordnungen. Zwar kann man den Konkurrenzgedanken als Telos verschiedener dezentralisierungsfreundlicher Prinzipien und Regeln

217 Nationale Gerichte können Einfluss auf die Fortentwicklung des Völker- und Europarechts ausüben, indem sie neue Antworten auf völker- und europarechtliche Fragen in kritischer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung internationaler und supranationaler Gerichte entwickeln. Vgl. die engagierte Rspr. des House of Lords zur EMRK: Al-Skeini and others v. Secretary of State for Defence, Urt. v. 13. 6. 2007, [2007] UKHL 26 (zur Bankovic´-Rspr. des EGMR, RJD 2001-XII, 333); R (on the application of Al-Jedda) v. Secr. of State for Defence, Urt. v. 12. 12. 2007, [2007] UKHL 58 (zur Behrami-Rspr. des EGMR, Urt. v. 2. 5. 2007 [No. 71412/01]); EM (Lebanon) v. Secretary of State for the Home Department, Urt. v. 22. 10. 2008, ILM 48 (2009), 30 (Fortentwicklung der Soering-Rspr. des EGMR, EuGRZ 1989, 314). Der Solange-II-Ansatz des BVerfG zum Grundrechtsschutz gegen Hoheitsakte der EG ist in modifizierter Form vom EGMR rezipiert worden (Urt. v. 30. 6. 2005 [No. 45036/98] – Bosphorus). 218 Zweigert/Kötz (Fn. 207), 16ff. 219 Häberle (Fn. 211), 917f. Vgl. auch R. Wahl Verfassungsvergleichung als Kultur- vergleichung, FS Quaritsch, 2000, 163ff. Wettbewerb von Rechtsordnungen 99 ausmachen;220 er ist dort aber nur ein der Legitimitätssicherung, Machtkontrolle und Freiheitsgarantie nachgeordnetes Element. Regu- lative Bemühungen um Chancengleichheit der Wettbewerber sind dem- entsprechend nur schwach erkennbar. Überdies bilden die Paradigmen Kooperation und Integration in allen Metarechtsordnungen deutlicher rechtlich verankerte Kontrapunkte, die mit dem Wettbewerb in einem immer neu auszutarierenden Dreieck konkurrierender Instrumente zur Gemeinwohlverwirklichung stehen. Über deren optimales Verhältnis herrscht kein Konsens. Metarechtsordnungen tendieren zur wettbewerbsbegrenzenden Re- gelungsverdichtung, die jedoch Dezentralisierungsbestrebungen mit ihrer immanenten wettbewerblichen Komponente hervorruft, wie sie im Bundesrecht221 und Europarecht, kaum aber im weiterhin sehr de- zentralen Völkerrecht nachweisbar sind. Keine Metarechtsordnung stuft den Regulierungswettbewerb eindeu- tig als positiv oder negativ ein. Vielmehr wird er als faktisches Ereignis hingenommen und im Gemeinwohlinteresse teils einschränkend, teils fördernd reguliert, je nach Evaluierung seines Optimierungs- und Gefahrenpotentials. Seine materielle Komponente thematisiert einer- seits die Zähmung von Staatsmacht, andererseits die Notwendigkeit politischer Kontrolle von Wirtschaftsmacht. Seine ideelle Komponente generiert Fortschritte in der Rechtsentwicklung durch den Dialog der Rechtskulturen, wirft aber auch Fragen der Gewaltenteilung und demo- kratischen Selbstbestimmung auf. Entscheidungen über das Wettbe- werbsergebnis werden noch nicht durchgängig von hinreichend legiti- mierten Instanzen umsichtig und transparent getroffen. Einen Königsweg zum nationalen, supranationalen und internationa- len Gemeinwohl zeichnet der Regulierungswettbewerb nicht vor, aber immerhin eine der Annäherungsmöglichkeiten, die Entscheidungsträ- ger bei ihrer Rechtsetzung und Rechtsanwendung in kritischer Aufge- schlossenheit einkalkulieren sollten.

220 Z.B. bei souveräner Gleichheit, Föderalismus, Subsidiaritätsprinzip, Freizügig- keitsrechten und Kommunikationsfreiheiten. 221 Vgl. neben der Föderalismusreform in Deutschland und der Schweiz die glied- staatsfreundliche neuere Rechtsprechung des US Supreme Court (Chemerinsky [Fn. 210], 259ff., 317ff.) sowie die Föderalisierungs- oder Regionalisierungsbestre- bungen in anderen Staaten (Spanien, Belgien, Italien, Großbritannien, Frankreich). 100 Thomas Giegerich

Leitsätze des 2. Berichterstatters über: Wettbewerb von Rechtsordnungen

I. Der Staat als Wettbewerber und Regulator von Wettbewerb

1. Staaten stehen nach außen in vielfältigem Wettbewerb miteinander, während sie nach innen den Wettbewerb hoheitlich regulieren. Mobile Wirtschaftsteilnehmer können aber (De-) Regulierungsdruck ausüben, und Wissen über andere Rechtsordnungen konfrontiert nationale Gesetzgeber mit Reformforderungen. Hoheitlichkeit muss sich folglich dem Wettbewerb stellen.

II. Wettbewerb als Paradigma in der juristischen Debatte

2. Wettbewerb ist seit der Antike ein allgemeines Movens zumindest der europäischen Kulturen auch auf ihrer Suche nach Gerechtigkeit. 3. Prämisse einer Negativbewertung des Regulierungswettbewerbs ist die Positivbewertung staatlicher Regulierung. Wer die Notwendigkeit einer Zähmung auch des demokratischen Leviathans betont, schätzt den Wettbe- werb hingegen als Element der „Gewaltenteilung“. 4. Im Wettbewerb von Rechtsordnungen treten unterschiedliche Gemein- wohlvorstellungen gegeneinander an. Im Gemeinwohlinteresse begrenzen überstaatliche Gemeinschaften den Binnenwettbewerb durch Rechtsharmo- nisierung (Kooperation) oder transformieren ihn durch Vergemeinschaftung von Aufgaben (Integration). 5. Der Wettbewerb von Rechtsordnungen hat zwei Komponenten: neben eine wirtschaftlich-materielle (Wirtschaftsregulierung als Standortfaktor) tritt eine politisch-ideelle (Wettbewerb um das optimale Recht). Wett- bewerbsdruck wird bei der ersten durch die Exit-Optionen der Wirtschaft, bei der zweiten durch die Voice-Optionen der Gesellschaft aufgebaut. Wettbewerb von Rechtsordnungen 101

III. Evolution von Rechtsordnungen als Ergebnis kulturellen Wettbewerbs

6. Grundprinzip der Entwicklung von Rechtsordnungen ist die Evolution, ihr Motor die Rezeption, d.h. die organische Einpassung externer (nicht notwendig fremder) Rechtsvorstellungen als Ergebnis eines ideellen Wett- bewerbs. Die wechselseitige Befruchtung unterschiedlicher Rechtskulturen durch Konkurrenz und Dialog produziert Synthesen, die zu einer gewissen Konvergenz führen, ohne die „Artenvielfalt“ zu gefährden.

IV. Phänomenologie des Regulierungswettbewerbs

7. a) Private Nachfrager nach Regulierungsleistungen können zuneh- mend aus den Modellen mehrerer öffentlicher oder privater Anbieter die für sie optimale rechtliche Lösung auswählen. Staatsorgane müssen deshalb die Auswirkungen ihrer Rechtsetzungs- und Auslegungsentscheidungen auf den Standortwettbewerb mit bedenken. b) Legislativen, Exekutiven und Judikativen nutzen das Innovations- potential des Regulierungswettstreits als Nachfrager und speisen es zugleich als Anbieter. In einem dialogischen Optimierungsprozess bilden alle Ho- heitsfunktionen in grenzüberschreitenden Netzwerken immer neue Synthe- sen. Dieser Prozess bietet die Chance, die Evolution des Rechts auf allen Ebenen hin zu einer effektiven international rule of law voranzutreiben. 8. Dem Wettbewerb entgegen wirken die Kooperation im Kartell und das Monopol. Im Regulierungsbereich sind jedoch – anders als im Wirtschafts- geschehen – Kooperation und Integration keine negativ besetzten Begriffe, weil man das Gemeinwohl nach den Erfahrungen bis 1945 besser in der Rechtsvereinheitlichung als im Regulierungswettbewerb aufgehoben sieht. 9. a) Typische Wettbewerbsvorteile oder -nachteile im Regulierungs- wettbewerb sind die Attraktivität eines Marktes für Unternehmen; die Rezeptionsbereitschaft einer Rechtsordnung; ihre Fähigkeit, innovative Lösungen zuerst auf den Ideenmarkt zu bringen; ihre Erschlossenheit und Ausdifferenzierung; die Verständlichkeit ihrer Sprache. b) Ebenso wichtig ist die Fähigkeit eines juristischen Ausbildungssys- tems, künftige ausländische Entscheidungsträger in der eigenen Rechts- ordnung zu „akklimatisieren“ und den nationalen Juristennachwuchs vergleichend-international zu schulen. Deutschland schneidet hier nicht op- timal ab. c) Die Positionierung von Rechtsordnungen im Dialog der Rechtskul- turen und Rechtswissenschaften ist entscheidend für ihre internationale Wirkung. Gegenüber der anglo-amerikanischen Konkurrenz liegen Deutschland und das übrige Europa derzeit zurück. 102 Thomas Giegerich

10. Wettbewerb heißt intendierte Konkurrenz. Phänomene des ideellen Regulierungswettbewerbs sind regelmäßig nicht intentional und bilden da- her nur einen Wettbewerb im weiteren Sinne. 11. Rechtsnorm-Konkurrenzen begründen typischerweise nicht inten- dierte Konflikte zwischen Herrschaftsansprüchen. Zu einem echten Wettbe- werb im Gegensatz zum gewöhnlichen Normenkonflikt führen sie nur, wenn die Entscheiderin ohne Bindung durch eine Vorrang- oder Kollisionsregel die eine oder die andere Norm anwenden kann. 12. Eine gezielte Rechtsexportförderung verfolgt primär wirtschaftliche Ziele, wirkt aber auch als subtile Form der Einflussnahme auf die Politik und Kultur des Importlandes. Deutschland hat im globalen Regulierungs- wettbewerb in den wirtschaftsnahen Bereichen an Boden verloren und da- rauf bereits gesetzgeberisch und propagandistisch reagiert. 13. a) Ein Wettbewerb von Rechtsordnungen setzt eine geordnet intera- gierende Mehrzahl von Wettbewerbern im Sinne eines Rechtspluralismus in einem Mehrebenensystem voraus. b) Der Regulierungswettbewerb ist von der Gemeindeebene über das Landes-, Bundes- und Europarecht bis zum Völkerrecht in ein vielstufiges System eingebettet. In der Ermöglichung eines ergebnisoffenen horizontalen (ebeneninternen) und vertikalen (ebenenübergreifenden) Wettbewerbs liegt eine der vielen Stärken von Mehrebenensystemen. 14. a) Die Teilrechtsordnungen stehen als Anbieter in einem horizonta- len Wettbewerb um Nachfrager nach normativen Lösungen und fungieren darin selbst zugleich als Nachfrager. b) Ein Regulierungswettbewerb findet aber auch im Vertikalverhältnis statt: Die Teilrechtsordnungen wetteifern untereinander fortlaufend um Ein- fluss auf die Evolution der Gesamtrechtsordnung; diese bringt eigene Rege- lungsmodelle in einen Wettbewerb mit den Teilrechtsordnungen ein. 15. Der Regulierungswettbewerb taugt als Optimierungsinstrument, wenn er die Rechtsentwicklung in eine qua Kosten-Nutzen-Relation gemein- wohlförderliche Richtung lenkt. Angesichts von Analyse-, Prognose- und Bewertungsunsicherheiten betr. Abwärts- und Aufwärtswettläufe sollte man dem positiven Potential von Rechtsordnungskonkurrenzen unbedingt Raum geben, aber gemeinwohlwidrige Folgen durch Regulierungen verhindern.

V. Regulierung des Regulierungswettbewerbs durch Metarechtsordnungen

16. a) Der Regulierungswettbewerb muss im Interesse positiver Gemein- wohlergebnisse seinerseits durch eine Metarechtsordnung reguliert werden, die den Wettbewerb der nachgeordneten Rechtsordnungen schwerpunkt- mäßig begrenzt, daneben aber auch fördert. Wettbewerb von Rechtsordnungen 103

b) Da die Ausgangspositionen der Wettbewerber unterschiedlich sind, setzt ein fairer – und damit als Ordnungsprinzip legitimer und akzeptabler – Wettbewerb auch die regulative Bemühung um Chancengleichheit voraus. Schließlich muss die Entscheidung über das Wettbewerbsergebnis von einer dazu legitimierten Instanz umsichtig und transparent getroffen werden. 17. Ihre Wettbewerbsregeln legt die Metarechtsordnung nicht einseitig, sondern unter Mitwirkung der nachgeordneten Rechtsordnungen fest. Die- ses „Gegenstromprinzip“ verhindert zwar Oktroi, kann aber zu Versteine- rungen der Wettbewerbsordnung führen, soweit Mitbewerber eine Vetoposi- tion innehaben. 18. Fungiert ein Verband in der Vertikalen als Wettbewerbsregulierer und in der Horizontalen zugleich als Wettbewerber, geraten seine beiden Funktionen leicht in Widerstreit. Dabei kann die Wahrnehmung der Regu- lierungsaufgabe auf der höheren Ebene dem Gemeinwohl dienen (einheit- liches Auftreten nach außen), ihm aber auch abträglich sein (Beschränkung der Regulierungsangebote nach außen). 19. Eine Vergemeinschaftung von Regulierungsaufgaben beendet den EU-internen Wettbewerb der nationalen Rechtsordnungen nicht, sondern transformiert ihn lediglich: Er setzt sich in den europäischen Rechtsetzungs- organen fort als Wettbewerb um den Einfluss nationaler Rechtsanschauun- gen auf den Inhalt europäischer Rechtsakte. Entsprechend wirken sonstige Hochzonungen. 20. Das Europarecht enthält detailliertere und effektivere Regelungen sowohl zur Begrenzung als auch zur Förderung des Regulierungswett- bewerbs zwischen den Mitgliedstaaten als das Völkerrecht. Nach enormer Integrationsverdichtung betont man neuerdings wieder die mitgliedstaat- lichen Freiräume. Dies dient primär dem Abbau von Legitimitätsdefiziten (Bürgernähe), fördert aber auch den Regulierungswettbewerb unter den Mitgliedstaaten. 21. Das Grundgesetz als regelungsintensivste Wettbewerbsordnung deter- miniert erstens den internen Regulierungswettbewerb der Länder untereinan- der und mit dem Bund und reguliert zweitens die Beteiligung der deutschen Rechtsordnung am externen Wettbewerb mit anderen Rechtsordnungen. 22. a) Der grundgesetzliche Föderalismus vereint kompetitive und kooperativ-solidarische Elemente, ohne eine eindeutige Präferenz erkennen zu lassen. b) Die legislative Dominanz des Bundes lässt für einen Regulierungswett- bewerb der Länder nur wenig Spielraum. Auch diesen schränkt das Grund- gesetz durch Mechanismen des kooperativen und solidarischen Föderalis- mus insbesondere finanzverfassungsrechtlicher Art weiter ein. c) In erster Linie stehen jedoch politische Grundgegebenheiten in Deutschland einer Ausweitung des intraföderalen Wettbewerbs entgegen. 104 Thomas Giegerich

23. a) Das Grundgesetz konstituiert einen in die Völkerrechtsgemein- schaft und die EU eingebundenen offenen Verfassungsstaat. Auch in den zwischenstaatlichen Beziehungen favorisiert es das Wettbewerbsmodell kei- neswegs. b) Als wertgebundene Ordnung verpflichtet das Grundgesetz seine Or- gane, möglichst zur weltweiten Durchsetzung seiner Grundwerte Menschen- würde, Frieden und Gerechtigkeit beizutragen, die mit den immer wieder proklamierten Grundwerten der Weltgemeinschaft im Einklang stehen. c) Dem Import außerdeutscher Rechtsvorstellungen setzt das Grundge- setz nur wenige Grenzen. Ein Höchstmaß an Offenheit erweist es völker- und europarechtlichen Regelungsansätzen, die unter deutscher Mitwirkung formuliert worden sind.

VI. Legitimation und Transparenz von Entscheidungen über das Wettbewerbsergebnis

24. Als Schiedsrichter im materiellen Wettbewerb fungieren private Un- ternehmen mit ihren Exit-Optionen. Ihren Änderungsdruck auf den demo- kratischen Gesetzgeber kann nur eine Harmonisierung der Wettbewerbsbe- dingungen auf Metarechtsebene abbauen, über die freilich auch der „Sieger“ im Wettbewerb mitentscheidet. Dies erschwert die politische Steue- rung des Regulierungswettbewerbs und gefährdet die Erfüllung der Gemein- wohlverantwortung. Zur Abhilfe müssen die Egoismen der Wettbewerber auf metarechtlicher Ebene ausgeglichen werden. 25. Der deutsche parlamentarische Gesetzgeber ist im Rahmen der ver- fassungsmäßigen Ordnung ermächtigt, externe Regelungsmodelle in das deutsche Recht zu übernehmen. Er muss deren Vor- und Nachteile prüfen und komparative Einflüsse auf seine Legislativakte im Interesse demokrati- scher Rechenschaft offen legen. Eine Verletzung dieser politischen Obliegen- heiten macht ein Gesetz aber nur verfassungswidrig, wenn sie zu inhalt- lichen Defiziten führt. 26. Nationale, supranationale und internationale Gerichte sind bei der Interpretation und Fortbildung ihres Rechts legitimiert, externes Recht in sorgfältiger, umsichtiger und transparenter Weise einzubeziehen. Ihre Re- zeptionskompetenz reicht ebenso weit wie ihre sonstige Interpretations- und Fortbildungskompetenz. Wettbewerb von Rechtsordnungen 105

VII. Abschließende Bewertung: Wettbewerb als deskriptives Paradigma ohne normativen Anspruch

27. a) Wettbewerb ist als deskriptives Paradigma geeignet, das Verhält- nis von Rechtsordnungen zu erhellen. Einen normativen Gehalt hat das Wettbewerbskonzept als solches hingegen nicht. Regulative Bemühungen um Chancengleichheit der Wettbewerber sind dementsprechend nur schwach erkennbar. b) Überdies bilden die Paradigmen Kooperation und Integration Kontra- punkte, die mit dem Wettbewerb in einem immer neu auszutarierenden Dreieck konkurrierender Instrumente zur Gemeinwohlverwirklichung ste- hen. Über deren optimales Verhältnis herrscht kein Konsens. c) Metarechtsordnungen tendieren zur wettbewerbsbegrenzenden Rege- lungsverdichtung, die jedoch Dezentralisierungsbestrebungen mit ihrer stets immanenten wettbewerblichen Komponente hervorruft. 28. a) Keine Metarechtsordnung stuft den Regulierungswettbewerb ein- deutig als positiv oder negativ ein. Vielmehr wird er als faktisches Ereignis hingenommen und im Gemeinwohlinteresse teils einschränkend, teils för- dernd reguliert, je nach Evaluierung seines Optimierungs- und Gefahrenpo- tentials. b) Seine materielle Komponente thematisiert einerseits die Zähmung von Staatsmacht, andererseits die Notwendigkeit politischer Kontrolle von Wirtschaftsmacht. Seine ideelle Komponente generiert Fortschritte in der Rechtsentwicklung durch den Dialog der Rechtskulturen, wirft aber auch Fragen der Gewaltenteilung und demokratischen Selbstbestimmung auf. Entscheidungen über das Wettbewerbsergebnis werden nicht durchgängig von hinreichend legitimierten Instanzen in umsichtiger und transparenter Weise getroffen. 29. Einen Königsweg zum nationalen, supranationalen und internatio- nalen Gemeinwohl zeichnet der Regulierungswettbewerb nicht vor, aber im- merhin eine der Annäherungsmöglichkeiten, die Entscheidungsträger bei ihrer Rechtsetzung und Rechtsanwendung in kritischer Aufgeschlossenheit einkalkulieren sollten. 106 Aussprache

3. Aussprache und Schlussworte Wettbewerb von Rechtsordnungen

Engel: Wenn ich die Stichworte richtig gedeutet habe, die Sie mir bei Ihrer Wortmeldung genannt haben, dann haben wir einen großen Block an analytischen Bemerkungen, einen etwas kleineren Block an norma- tiven Beiträgen und schließlich einige Kommentare zur Metarechtsord- nung.

Meessen: Ich meine, dass wir zwei vorzügliche Referate gehört haben, auf deren genaue Lektüre ich mich freue. Das Wettbewerbsparadigma hat von den beiden Referenten eine unterschiedliche Bewertung erhal- ten. Von Herrn Giegerich eher positiv, von Frau Peters – „nachrangig“, jedenfalls ein wenig ungeliebt, wenn ich das so interpretieren darf. Die Bewertung ist nicht entscheidend. Entscheidend ist die Vorfrage, der Realbefund. Darin scheint mir, dass ich Herrn Giegerich näher stehe als Ihnen, Frau Peters. Das kann daher rühren, dass mein Hintergrund wirtschaftsrechtlicher Art ist. Im Wirtschaftsrecht ist der Wettbewerb der Rechtsordnungen – ob man ihn mag oder nicht – eine Realität. Ich nenne nur zwei Beispiele, das eine ist das Beispiel, das wir jetzt vor Au- gen haben: trotz der nun schon über ein Jahr andauernden Finanzkrise hat man sich immer noch nicht auf neue Standards einigen können. Warum nicht? Weil ein Wettbewerb zwischen den Finanzzentren offen gehalten wird. Das zweite Beispiel: es gibt tausende, ja zehntausende von Verträgen zwischen Investoren und Staaten, in denen Fragen der Rechtsordnung ausgehandelt und festgelegt werden, zum Umweltrecht, Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, Steuerrecht. Für die Laufzeit derarti- ger Verträge werden Vereinbarungen getroffen als Voraussetzung, um überhaupt zu investieren. Da findet ein lebhafter Wettbewerb statt, wie gesagt, ob wir ihn mögen oder nicht. Wenn, was in meinen Augen richtig ist, der Wettbewerb als Para- digma auch für den Wettbewerb der Rechtsordnungen taugt, dann meine ich, ist das auch die Vorgabe für eine Metarechtsordnung, der sich ja beide Referenten intensiv zugewandt haben. Wer entscheidet über die Metarechtsordnung? Die Entscheidung, da sie ja einen Wett- bewerb zwischen Staaten regeln soll, kann nur völkerrechtlich getroffen werden. Im Völkerrecht besteht aber – wenn man sich das Modell des Wettbewerb von Rechtsordnungen 107

Kartellrechts vornimmt, das seit 1890 als Hauptnorm ein Vereinba- rungsverbot enthält – eine besondere Schwierigkeit für Staaten darin, untereinander zu vereinbaren, sich selbst den Abschluss von Vereinba- rungen zu verbieten. Insofern sehe ich ein strukturelles Problem für eine Metarechtsordnung, jemals weit zu gelangen. Das schließt natür- lich nicht – und da sind, Frau Peters, Ihre Hinweise sehr wertvoll – den Abschluss punktuell den Wettbewerb beschränkender Vereinbarungen über harmonisiertes Recht, wie sie auch von Herrn Giegerich empfoh- len wurden, aus. Durch innerstaatliches Recht kann man immerhin die eigene Wettbewerbsfähigkeit steigern, durch mehr rechtsvergleichende Transparenz den Wettbewerb der Rechtsordnungen intensivieren und auf diese Weise die Gesetzgebung entideologisieren. Gerade dies schafft ein Stück Freiheit, die Ihnen, Frau Peters, so am Herzen lag.

Häberle: Verehrte Kolleginnen und Kollegen. „Wettbewerb ist etwas für Pferde und nicht für Musiker“. So lautet ein Bonmot des noblen Kom- ponisten Maurice Ravel, vielleicht widerlegt durch viele Wettbewerbe von Musikern und Malern in der Geschichte und Gegenwart nicht nur Italiens. Dieses Zitat ermutigt mich zu einer kulturgeschichtlichen Vor- bemerkung, ehe ich zu zwei präzisen dogmatischen Fragen komme. Wer, dass heißt welche Göttergestalt führt in der Antike als Wegbereiter die andere an: Apollo bzw. Athene oder Mercurius? Dies ist eine Gret- chenfrage unseres Themas. Wir denken auch an das Agonale in der An- tike. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob vielleicht ein Wechselschritt zwi- schen Kunst und Wirtschaft erfolgt. Sie finden einschlägige Bilder auf antiken Medaillen und Vasen. Diese haben mich inspiriert und zwingen zu der Frage, ob wir wirklich den ökonomischen Wettbewerb bzw. den Markt einfach auf alle Lebensbereiche übertragen dürfen. Jetzt zur ersten Frage, zu dem blitzgescheiten Referat von Frau Peters aus Basel. Müssen wir nicht den Begriff „Wettbewerb der Rechtsord- nungen“ differenzieren, je nach dem, ob es sich um verfassungsrecht- liche oder um eher zivil- oder wirtschaftsrechtliche Gebiete handelt – das kulturgeprägte Strafrecht liegt wohl in der Mitte. Wir kennen alle die vielen Rezeptionsprozesse von Verfassungen seit 1989 nach Ost- europa hin und die fast weltweite Ausstrahlung des Grundgesetzes in seinen Texten, seiner Judikatur und seinen Theorien. Darum meine Bitte um ein Differenzierung: denn Verfassungen sind keine „Ware“, sie wurzeln im kulturellen Humus einer Nation, was man vom eher tech- nischen GmbH-Recht nicht unbedingt sagen kann. Hier mag es einen Wettbewerb, sogar einen Kampf um Rechtsordnungen geben. Meine zweite Frage lautet: Es muss erarbeitet werden, wer die – per- sonalen – Rezeptionsmittler sind. Wir sehen eine reiche Skala: von Stif- 108 Aussprache tungen, z.B. der Adenauer- Stiftung, über einzelne Richter, bedeutende Staatsrechtslehrer, die im Auftrag oder allein um die Welt reisen, sowie die erwähnten law firms. Hierzu gab es gute Anregungen im Referat von Herrn Giegerich; ich weiß nicht mehr, ob er folgendes direkt er- wähnt hat: Wir sehen in drei Ländern bzw. ihren Verfassungsgerichten und in den Internationalen Gerichtshöfen, etwa den UN-Tribunalen, eine besondere Möglichkeit und Notwendigkeit zum Dialog, auch Wettstreit der Rechtskulturen; so sitzen in den Verfassungsgerichten in Liechtenstein, Bosnien und im Kosovo ausländische Richter im Gre- mium. Im Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist eine Viel- zahl von Richtern aus ganz unterschiedlichen Rechtskulturen vereinigt, und hier kommt es zu einem fruchtbaren Dialog, vielleicht auch Wett- bewerb in Rechtsfragen, die Richter können von einander lernen; all dies jedoch nicht im Sinne eines „Marktes“.

Pernice: Ich möchte erst mal den Referenten herzlich gratulieren für die vielen Ideen, die sie zu diesem Thema hier vorgetragen haben. Wenn ich mit diesem Thema konfrontiert gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich verzweifelt. Und das führt mich zu dem Paradigma Wettbewerb. Herr Meessen hat es kurz angesprochen. Die Frage ist, ob es passt – wenn man es wirtschaftlich versteht. Aus der Erfahrung von einigen Jahren Praxis im Kartellrecht bei der Europäischen Kommission in Brüssel weiß ich, dass die Metaordnung beim Wettbewerb Vereinbarungen ver- bietet, also Wettbewerbsbeschränkungen, und ebenso den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen sowie Fusionen von Untenehmen zu Monopolen. Das scheint mir bei dem, was man Wettbewerb zwischen Rechtsordnungen nennt, eigentlich völlig anders zu sein. Gibt es ir- gendwas, was dagegen spricht, den Wettbewerb der Rechtsordnung zu beschränken, also zu harmonisieren, Vereinbarungen zu treffen, ja gar marktbeherrschende Stellungen zu begründen? Das Einzige, was mir dazu einfällt und was dann in einer Metarechtsordnung vielleicht zu regeln sein könnte, wäre der Wettbewerb, der sich auf den Einfluss auf andere Rechtsordnungen bezieht, also hinsichtlich des Wettbewerbs als Vorbild für neue Rechtsordnungen, wie Sie das ja auch angesprochen haben, etwa in osteuropäischen Ländern. Wer prägt diese sich formen- den Rechtsordnungen mit seinen Grundideen? Ist es das anglo-ame- rikanische Recht oder das kontinentale, das deutsche oder das franzö- sische Recht? Da gibt es auch Gewinne nachher, die zu machen sind für die nationale Wirtschaft. Das andere, wo ich mir auch vorstellen kann, dass ein Wettbewerb vielleicht wichtig ist – Herr Giegerich hat es auch kurz angesprochen – der Wettbewerb um die Ideen und Modelle, die bestehen oder konstru- Wettbewerb von Rechtsordnungen 109 iert werden etwa bei der Formulierung von Umweltrichtlinien oder an- deren Rechtsakten in der Europäischen Union. Aber ist das wirklich ein Wettbewerb in dem Sinne der bisherigen Wettbewerbsordnung, wie wir sie verstehen? Oder unterlegen Sie einen neuen Begriff, der viel weiter gefasst ist? Sie haben in der Tat am Anfang gesagt, dass wir einen wei- ten Begriff des Wettbewerbs brauchen, so wie Wettbewerb zwischen Sportlern oder zwischen Wissenschaftlern um die besten Ideen. Aber da würde ich sagen, dass es sehr genauer Differenzierungen bedarf. Da- hin geht meine Frage an beide Referenten: Was wären die Grundregeln der Metaordnung für den Wettbewerb der Rechtsordnungen, den Sie meinen oder schaffen wollen, und – ich schließe Herrn Meessen mich an – wer macht diese Ordnung? Recht schönen Dank.

Schoch: Wir haben facettenreiche, informative und – fast möchte man sagen – „gelehrte“ Referate gehört. Die Perspektiven, die beide Refe- renten eingenommen haben, können vielleicht um einen Punkt erwei- tert werden. Herr Giegerich hat davon gesprochen, dass ein Makro- wettbewerb zwischen den Rechtsordnungen eher nicht stattfinde, sondern allenfalls ein Mikrowettbewerb um einzelne Rechtsinstitute; Frau Peters hat sehr stark die Frage der Wahl der Rechtsordnung durch die Rechtsunterworfenen betont. Ich möchte die These in den Raum stellen, dass wir auch einen Wettbewerb (oder besser gesagt: einen Wettstreit) zwischen den Staaten um die Auswahl von Rechtsordnun- gen (genauer: um westliche Rechtsordnungen) haben. Beispiele hierzu – viele von uns kennen diese aus eigener Erfahrung – finden wir vor allem in Osteuropa, aber auch etwa in Ostasien; neuer- dings könnte man Südafrika hinzunehmen, dessen Rechtsordnung stark von England geprägt ist, momentan aber nach Erweiterungen sucht. Die Frage lautet nun, ob der Begriff „Wettbewerb“ für derartige Konkurrenzsituationen passt. Konkrete „Wettbewerbs“situationen habe ich selbst z.B. in Ost- europa beobachten können. Herr Giegerich spricht in seiner These 13a von einer geordneten Interaktion zwischen den Wettbewerbern. Meine Beobachtung ist, dass davon mitunter keine Rede sein kann. Im Gegen- teil, die US-Amerikaner sind z.B. – um es drastisch zu formulieren – in Tallinn (Estland) mit einer Art „Imperialismus“ angetreten. Sie ha- ben den Esten den Bau einer Universität angeboten, falls diese sich vom deutschen Recht abwenden würden; zur Finanzierung stand die ameri- kanische Wirtschaft „Gewehr bei Fuß“. Diese auf Staaten (und nicht nur auf die Rechtsunterworfenen) bezogene Perspektive führt uns auch weg vom Referenzgebiet „Wirtschaftsrecht“, das hier stark dominiert. Es geht um rechtsstaatliche Strukturen, um Kernbereiche des Öffent- 110 Aussprache lichen Rechts, z.B. Verwaltungs(verfahrens)recht und Prozessrecht. Die Referenten möchte ich bitten, auf die Bedingungen dieses „Wettstreits“, wie ich formulieren würde, in ihrem Schlusswort einzugehen. Meine These zur Erfassung des skizzierten Phänomens ist, dass „Großformeln“ nicht ausreichen; Freiheit, Gleichheit, Demokratie, So- lidarität, Gemeinwohl wird man auch den US-Amerikanern schlecht absprechen können. Auf die rechtlichen Elemente unterhalb dieser Ma- kroformeln kommt es an, auf die konkrete Akzentuierung. Meine Be- obachtung aus vielen Gesprächen (auch mit Regierungsvertretern) ist, dass an dieser Stelle genau untersucht wird, wie Rechtssysteme konkret ausgestaltet sind. Dies wirft die Frage auf, was die Qualität einer Rechtsordnung oder einer Teil-Rechtsordnung ausmacht, um auf der zwischenstaatlichen Ebene „exportfähig“ zu sein. Gestatten Sie eine kurze Bemerkung zum Schluss. Zum „Schwur“ kommt es beim Wettbewerb im konkreten Fall. In meiner (neben)rich- terlichen Tätigkeit habe ich etliche Berichterstattungen zum Thema „Ab- fallexport“ gehabt. Das Beispiel nimmt den Blick vom Wirtschaftsrecht etwas weg. Die Eigenrationalität von Wettbewerb und Markt ist eine fun- damental andere als diejenige im hoheitlichen Bereich. Deutsche Abfall- exporte in das europäische Ausland und darüber hinaus (z.B. in den Libanon) hängen unter den Vorzeichen des Marktes davon ab, wo der Abfall am billigsten entsorgt werden kann oder wo es sogar Einrichtun- gen gibt, die für den Abfall zahlen. Das einzige, was den Unternehmer unter Wettbewerbsgesichtspunkten interessiert, sind die mit den jeweili- gen Umweltstandards verknüpften Kosten. Das führt zurück zu der Frage, ob der Wettbewerbsgedanke der richtige Ansatz ist, wenn Sie auf der einen Seite die Eigenrationalität des Marktes nehmen und auf der an- deren Seite das Beispiel der Umweltstandards. In ihrem Sinne handeln Unternehmen rational, wenn sie hiesige Umweltstandards zu umgehen versuchen. Passt in dem erwähnten Beispiel der Wettbewerbsbegriff?

H.-P.Schneider: Ich wollte etwas zum Wettbewerb von Verfassungen sagen – ein Aspekt, der möglicherweise in den Referaten ein wenig zu kurz gekommen ist – und dabei die Skepsis von Frau Peters noch ver- stärken, zugleich aber auch ein wenig „Wasser in den Wein“ von Herrn Giegerich gießen. Erstens: Einen Wettbewerb von Verfassungen gibt es nicht. Und es gibt auch nicht den berühmten Grundgesetzexport, von dem immer die Rede ist. Ich sage das aus fast 40-jähriger Erfahrung mit Verfassungs- beratung im Ausland in über 10 Ländern – angefangen in Spanien 1976 (damals zusammen mit Ingo von Münch; wir haben uns gerade heute morgen darüber ausgetauscht und Erinnerungen gepflegt), und vorläu- Wettbewerb von Rechtsordnungen 111 fig beendet zunächst für den Irak, in Jordanien sowie noch vor kurzem während der letzten beiden Jahre in Libyen. Es wird Sie vielleicht inte- ressieren, dass sogar dort ein Interesse besteht, zu einer vernünftigen Verfassung zu kommen. All diese Erfahrungen sagen mir: Der sog. pu- blic choice-Ansatz trifft auf Verfassungen überhaupt nicht zu. Man muss, wenn man in solchen Ländern beratend tätig wird, nicht als je- mand auftreten, der das Grundgesetz „verkaufen“ will, sondern eher als eine Art „Verbraucherschützer“. Aus meiner Sicht heißt also „beraten“ eher „abraten“ als „zuraten“. Es gilt nämlich, vor allem diejenigen, die man berät, davor zu warnen, sich allzu rasch woanders zu orientieren und fremde Elemente in die eigene Verfassung zu übernehmen. In Süd- afrika habe ich erlebt, dass man dort die traditionellen Strukturen fast völlig vernachlässigen und nur noch westliche Modelle übernehmen wollte. Also: „public choice“ gibt es deshalb nicht, weil es keine freie Wahl gibt. Die Staaten sind immer in ihre Traditionen, in ihre Verfas- sungskultur und in ihren Rechtskreis eingebunden. Es kommt deshalb vor allem darauf an, dass man sie sich in diesem Rahmen auch entwi- ckeln lässt. Zweitens ist das Grundgesetz im Ausland weitestgehend unbekannt. Als wir im arabischen Sprachraum mit unserer Beratungstätigkeit an- fingen, gab es noch nicht einmal eine arabische Übersetzung des Grundgesetzes. Gleichwohl interessiert man sich natürlich für uns – nicht, weil das Grundgesetz so „attraktiv“ ist, sondern weil die Bundes- republik Deutschland als stabile Demokratie gilt und gleichzeitig auch wirtschaftlich erfolgreich ist. Und daher fragt man uns: Wie macht Ihr das eigentlich? Erst wenn man dann antwortet, dass dazu auch eine gute Verfassung gehört, beginnt man, sich auch mit dem Grundgesetz näher zu beschäftigen. Und nun meine letzte, dritte Bemerkung: Es hängt oft von Zufällen ab, ob man mit einem Vorschlag, der sich ans Grundgesetz anlehnt, Er- folg hat. Als Beispiel wiederum Südafrika: Dort konkurrierte ich – wenn Sie so wollen – mit einem kanadischen Kollegen, den man zu den Verfassungsberatungen hinzugezogen hatte, um den Südafrikanern, die zum Teil in „afrikaans“ erzogen sind, sprachlich zur Seite zu stehen und ihnen dabei zu helfen, die richtige englische Diktion in ihrer neuen Ver- fassung zu verwenden. Die kanadische „Charta of Rights and Free- doms“, an der er sich zu orientieren pflegte, enthielt jedoch nur eine Garantie der klassischen Handels- und Gewerbefreiheit. Damit war der ANC jedoch überhaupt nicht einverstanden. Als ich dann sagte: „Wir machen das ganz anders in Deutschland. Nach Artikel 12 des Grund- gesetzes sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen ge- schützt“, war klar, dass man sich für eine Übernahme von Artikel 12 112 Aussprache entscheiden würde. Das war nicht etwa ein Ergebnis höheren Vernunft, sondern eines politischen Prozesses, der hier eher zufällig dazu führte, dass man sich ans Grundgesetz anlehnte. Ähnlich verhielt es sich übri- gens mit dem Bundesrat, der sich in Gestalt des „National Council of Provinces“ ebenfalls in Südafrika wiederfindet. Also noch einmal: „pu- blic choice“ für Verfassungen, das kann man absolut vergessen. Es gibt diesen Wettbewerb von Verfassungen nicht.

Frowein: Nach diesen beiden wirklich außerordentlich eindrucksvollen Referaten ist es vielleicht sinnvoll – und das ist ja in der Diskussion auch schon geschehen – einige konkrete Probleme anzusprechen, wo sich solche Fragen stellen. Ich bin da mit dem letzten Diskussionsbei- trag von Herrn Schneider nicht ganz einverstanden. Ich habe selber an solchen Dingen in erheblichem Umfang mitgewirkt. Spanien, Portugal, Osteuropa und Südafrika sind außerordentlich interessante Beispiele für natürlich immer nur Teil- und begrenzte Exporte deutschen Den- kens. Wenn Sie sich die Grundrechtskataloge in Osteuropa angucken, aber auch den spanischen und portugiesischen: das ist eine Mischung von Grundgesetz, Grundrechten und EMRK., wobei ja die Beziehun- gen zwischen beiden auch sehr stark sind. Ich habe an der letzten Dis- kussion um die südafrikanische Verfassung in Südengland teilgenom- men, wo Herr Dworkin sagte, wenn Sie eine Einschränkungsklausel zu Grundrechten reinschreiben, dann können Sie’s gleich vergessen und Grundrechte weglassen. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass das natürlich eine amerikanische Sicht einer Verfassung aus dem 18. Jahr- hundert ist, dass das aber nicht mehr die europäische Sicht ist. Was reingekommen ist als Einschränkungsklausel ist eine Mischung der EMRK.-Einschränkungen und der deutschen Rechtsprechung. Verfas- sungsgerichtsbarkeit, Institutionen des Verfassungsgerichts und Kom- petenzen außerordentlich stark von der deutschen Situation beeinflusst. Wie es intern funktioniert, ist natürlich eine völlig andere Frage. Dage- gen hinsichtlich der Situation Regierung und vor allem Präsidialsystem ganz starker Export des 58er französischen Verfassungssystems. Auch hier ist das Funktionieren sehr genau anzugucken. Noch eine kleine Be- merkung. In Moskau hat mir jemand gesagt – ich weiß nicht mehr ge- nau, wann es war – ungefähr Mitte der 90er Jahre: Wir haben aufgehört auf die amerikanischen Vorschläge zu hören, weil dort nicht mal das Grundverständnis dafür vorhanden ist, wie eine geschriebene Rechts- ordnung eigentlich funktioniert. Das bisschen, was dort davon noch be- kannt ist, das ist eben kontinental geprägt. Eine zweite Bemerkung: Kann man vom Rechtswettbewerb – und natürlich nur in einem sehr weiten Sinne – in internationalen Gerichten Wettbewerb von Rechtsordnungen 113 sprechen? Da möchte ich einfach daran erinnern an das, was ich selber intensiv erlebt habe, Auslegung von Grundrechten im Rahmen der EMRK., und zwei Punkte nennen: die Ableitung von Verfahrensrech- ten aus Grundrechten war völlig umstritten und wurde von den meisten damals in der Kommission für zunächst unakzeptabel angesehen, hat sich aber durchgesetzt. Genauso die Ableitung von positiven Verpflich- tungen aus Grundrechten, die eben für viele zunächst ein vollkommen unverständlicher Ansatz war.

Schuppert: Ich möchte einige wenige Bemerkungen zum Thema Rechtsexport machen und zwar aus einer akteurspezifischen Perspek- tive. Wer sind denn – so müssen wir uns mit Peter Häberle fragen – die Transferakteure und welche Transferkanäle werden von ihnen benutzt? Beim Zuhören sind mir dazu vier Beispiele eingefallen. Das erste Bei- spiel sind die praktisch ungeheuer wichtigen Rechnungslegungsstan- dards, also die „financial reporting standards“. In diesem Bereich gibt es verschiedene, miteinander konkurrierende Normproduzenten, die in den USA und in London ihren Sitz haben; es sind durchweg nicht- staatliche Akteure, die unter dem Namen „Standard Setting Commit- tees“ firmieren. Zweiter Punkt: ganz wichtige Akteure, die im Rechtsunterricht nie vorkommen, sind die großen Anwaltskanzleien, also Freshfields, Clif- ford Chance, Linklaters, wobei die letztere Kanzlei dadurch bekannt geworden ist, dass sie für unseren immer gut angezogenen Wirtschafts- minister Gesetze entwirft. Diese Großkanzleien machen eine unglaub- liche Zahl von Verträgen, benutzen dabei Musterverträge, die sich wie eine Art Netz über die ganze Welt legen. Das ist – diesen Begriff muss ich jetzt natürlich unterbringen – Governance durch Vertragsgestaltung oder wie dies neuerdings von einem Forschungsteam von Wirtschafts- rechtlern und Gesellschaftsrechtlern an der Humboldt-Universität ge- nannt wird: „contract governance“. Das geht genau in die Richtung, die Herr Schoch schon angesprochen hat, nämlich in die eines Imperialis- mus des amerikanischen Rechtssystems, weil die in den großen Kanz- leien tätigen Anwälte häufig in den USA geschult und in internationalen Vertragstypen denken und zu Hause sind. Dritter Punkt: Rechtsstaatsförderung. Man spricht hier inzwischen von einer „Rule of Law Promotion Industry“, die Hunderte von Millio- nen Dollar unter die Leute bringt. Ganze Kohorten von Rule of Law Promotoren sind da unterwegs, neben denen sich die Mission von Hans-Peter Schneider mit einem überwiegend unbekannten Grundge- setz unterm Arm doch eher bescheiden ausnimmt. Die großen Akteure sind dabei die Weltbank, die Menschenrechtsorganisationen und inte- 114 Aussprache ressanterweise die Sicherheitsleute, weil es inzwischen Bestandteil der amerikanischen Sicherheitsdoktrin ist, dass Rule-of-Law-Promotion den Humus für Terroristen austrocknet. Vierter Punkt: Wettbewerb in Europa. Über den Umweg der EU – wir sind dort offenbar besonders erfolgreich mit dem Export einer am Schönheitsideal des Bauhaus orientierten Grundrechtstheorie und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, während die Angelsachsen – das habe ich von Herrn Ruffert gelernt – viel einflussreicher sind, nämlich mit dem Export ihres Regulierungsstils und ihrer Regulierungskultur, die dann über Brüssel wieder zu uns herabkommt. Was lernen wir daraus? Drei Konsequenzen und Schlußfolgerungen drängen sich auf: Erstens, meine ich, müssen wir diese Akteursperspek- tive ernst nehmen und nach der Legitimität dieser Akteure fragen. Was befugt sie eigentlich dazu, Rechtsexport zu betreiben oder Recht zu setzen, eben nicht-staatliches Recht? Wenn wir hier immer nur mit un- serem nationalen Verfassungsmaßstab unterwegs sind, ist die Lösung dieses Problems nicht so ganz einfach. Zweiter Punkt: Wir können be- obachten, dass dieser Rechtsexport und der Wettbewerb der Rechts- ordnungen vor allem im transnationalen und internationalen Raum stattfindet, was die Frage nach sich zieht, wo dann eine funktionsfähige Metarechtsordnung herkommen soll. Wer soll sie erlassen? Dritter Punkt – und jetzt muss ich wieder ein kleines Hobbyhorse von mir an- sprechen, stellt sich die Frage, die sicherlich im Sinne von Herrn Schul- ze-Fielitz liegt: wer betreibt denn wissenschaftlich diese interessanten Entwicklungen des Wettbewerbs von Rechtsordnungen? Ich glaube, unsere innerstaatlich fixierte Gesetzgebungslehre ist dazu nicht in der Lage. Worüber wir nachdenken müssen, ist die Entwicklung einer Re- gelungswissenschaft, die sich auch solcher Dinge annimmt.

Küpper: Ich möchte mich auch noch mal bei beiden Referenten sehr bedanken für die tollen Vorträge und möchte mich Herrn Häberle und Herrn Schuppert insofern anschließen, als dass ich doch eine stärkere analytische Trennung von zwei Kategorien von Wettbewerb anmahnen oder vorschlagen möchte, nämlich zum einen der Wettbewerb – wenn ich jetzt ausgehe von dem Dreierverhältnis von Frau Peters – der Wett- bewerb um die Unterworfenen, die eben exit-Optionen haben, die voice- Optionen haben, also die Rechtsunterworfenen. Das ist der eine Wett- bewerb. Der andere Wettbewerb ist das, was vor allem hier in der Dis- kussion mehrfach angesprochen wurde, nämlich der Wettbewerb um den Recht setzenden Staat. Da haben sowohl Recht als auch Wettbe- werb zwei ganz unterschiedliche analytische Werte, je nachdem, ob ich mich um den Rechtsunterworfenen bemühe, der ja weggehen kann, Wettbewerb von Rechtsordnungen 115 oder ob ich mich um den Rechtsetzenden bemühe. Sie haben beide in Ihren Vorträgen den Schwerpunkt auf die Analyse des Ersteren gelegt, nämlich den Wettbewerb um die Rechtsunterworfenen. Davon würde ich analytisch sehr viel stärker, als Sie das gemacht haben, den Wettbe- werb um den Regulierer, nämlich den Staat, trennen. Und vielleicht noch eine kleine Hintergrundinformation, weil unser Institut für Ostrecht sehr intensiv beteiligt war an diesen Prozessen, die zu der Broschüre Law made in Germany und Zum Bündnis für das deut- sche Recht geführt haben. Es ist tatsächlich so, dass das Bundesjustiz- ministerium als federführende Institution vor allem den Wettbewerb um die Gesetzgeber vor Augen hatte, nicht so sehr den Wettbewerb um Wirtschaftssubjekte. Auch sie, aber noch sehr viel mehr die Gesetzge- ber – vor allem, aber nicht nur in Osteuropa –, sollen durch entspre- chende Beratungsangebote an das deutsche Recht herangeführt wer- den. Und gerade auch im Wettbewerb mit dem angelsächsischen Recht soll das deutsche Recht verstärkt kenntlich gemacht werden, um den rechtserlassenden Organen vor Ort die Wahl zu ermöglichen, ob das deutsche Modell – vielleicht auch mit Modifikationen – für sie sinnvoll ist. Ein Spezifikum der deutschen und auch der österreichischen Rechtsberatung im Ausland ist, dass man sich stärker als andere Län- der auch um das öffentliche Recht kümmert. Hier hat Deutschland doch eine sehr starke Position im internationalen Bereich und kann je- denfalls in diesem Bereich den angelsächsischen Institutionen durchaus das Wasser reichen.

Rauschning: Wenn wir in Wettbewerb treten, dann stellt sich die Frage, haben wir ein wettbewerbsfähiges Gut? Ich darf mit Nachdruck meine Überzeugung sagen: Die deutsche Rechtsordnung, die deutsche Rechtsmethodik ist ein wettbewerbsfähiges Gut. Wenn Sie in interna- tionalen Organisationen nach einem Mitarbeiter suchen und Sie kön- nen einen deutschen Assessor gewinnen, dann wissen Sie, wen Sie ha- ben und dass er sofort einsatzfähig und verwendungsfähig ist. Es geht um die normative Ordnung und um die Vorhersehbarkeit der Entschei- dung, die in der anglo-amerikanischen Rechtsordnung für mich jeden- falls niemals so ganz sicher war. Wir haben natürlich den Wettbewerbs- nachteil, dass Englisch die Weltsprache ist und man nicht überall Deutsch spricht. Die Verbreitung der deutschen Sprache ist – sagen wir es – sehr beschränkt. In der Naturwissenschaft mag es richtig sein, die Zusammenhänge in Englisch darzustellen. Wahrscheinlich kann man über alles auf Englisch reden. In der Juristerei bleibt es aber so, dass wir auch unseren ausländischen Studenten z.B. in Osteuropa nahebrin- gen müssen: Ihr müsst über eine kontinentale Rechtsprache verfügen. 116 Aussprache

Ihr könnt natürlich Französisch lernen, aber die Franzosen laden Euch nur sehr beschränkt zum Studium ein. Wenn Ihr eine kontinentale Rechtsordnung studieren wollt, dann müsst Ihr die entsprechende Sprache auch schon sprechen. Und wir müssen dafür sorgen, dass diese Rechtsordnung auch verstanden und verbreitet wird. Über die aggressive Ausbreitung des amerikanischen Rechts ist schon gesprochen worden. Ja, in Bosnien haben wir erlebt, wie in eine österreichisch-deutsche Rechtsordnung hinein die Amerikaner ver- sucht haben, ihre amerikanischen bzw. anglo-amerikanischen Rechts- vorstellungen einzubringen. Es wurde dann eine Kommission gebildet, die jetzt versucht, die fremden Einsprengsel zu bestimmen, um ihr Aus- merzen einzuleiten. Die deutsche Rechtsordnung ist aber allein sicher- lich im Wettbewerb nicht schwergewichtig genug. Wir müssen dabei die kontinentale Rechtsordnung betonen, und das kann man vielleicht am zweckmäßigsten über die europäisch-kontinentalen gemeinsamen Kodi- fikationen. Auch die UN-Konvention über den internationalen Waren- kauf ist ja praktisch eine europäisch-normative Ordnung. Die großen amerikanischen Anwaltsfirmen sind verständlicherweise dagegen, dass sie sich ausbreitet, weil sie dann nicht mehr 70 Seiten Vertragsbedin- gungen als Monopolisten verkaufen können, sondern sich dann eben auf das verhältnismäßig einsichtige und überschaubare UN-Kaufrecht stützen müssten. Und insofern würde ich doch gerade zur Verteidigung der kontinentalen Rechtsordnung das Augenmerk mit darauf richten, dass wir uns verstärkt an den kontinental-europäischen Kodifikationen beteiligen, die nun im Text auch in Englisch vorliegen, und wir auf diese Weise unser Rechtsdenken in der Welt geltend machen können.

Lehner: Frau Peters hat den Wettbewerb der Steuerrechtsordnungen angesprochen. Herr Giegerich hat betont, dass Wettbewerb als gegen- einander gerichteter Einsatz von Ressourcen definiert werden könne. Für den Wettbewerb der Steuerrechtsordnungen ist diese Aussage zu ergänzen. Wettbewerb der Steuerrechtsordnungen war Anfang der 90er Jahre eine politische Vorgabe der EG-Kommission. Die EG-Kommission hat diesen Wettbewerb der mitgliedstaatlichen Steuerrechtsordnungen nachhaltig gefordert und favorisiert, um ein gravierendes Defizit des steuerpolitischen Ordnungsrahmens auszugleichen. Dieses Defizit be- steht bis heute darin, dass das Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet der indirekten Steuern Gemeinschaftskompetenzen ausdrücklich vorsieht, auf dem Gebiet der direkten Steuern, insbesondere also auf den Gebie- ten des Einkommen- und des Körperschaftsteuerrechts dagegen nicht. Harmonisierung in diesen wichtigen Bereichen war und ist deshalb nur Wettbewerb von Rechtsordnungen 117 auf der Grundlage der Generalklauseln und nur einstimmig möglich. Wenngleich auf dieser Grundlage einige wichtige Richtlinien auf dem Gebiet der direkten Steuern erlassen werden konnten, waren dies doch nur sehr punktuelle und spezielle Maßnahmen. Eine grundlegende Har- monisierung der mitgliedstaatlichen Körperschaftsteuersysteme war und ist jedenfalls bis heute nicht erreichbar. Die Kommission hatte jedenfalls die Hoffnung, dass ein Steuerwettbewerb unter den Mitglied- staaten zu einer Harmonisierung auf Umwegen führen würde. Diese Hoffnung ist jedoch nicht in Erfüllung gegangen. Das Gegenteil war der Fall. Der Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten, den es noch immer gibt, führte zu Verwerfungen durch Verlagerung von Investitio- nen in steuerlich besonders attraktive Mitgliedstaaten. Die Folge davon war ein steuerpolitischer Zielkonflikt zwischen der angestrebten Mobi- lität der wirtschaftlichen Ressourcen im Binnenmarkt und großer Sorge der Mitgliedstaaten um ihre Steuereinnahmen. Dieser Zielkonflikt ist nicht zuletzt deshalb sehr vielschichtig, weil die mit den neuen Kom- munikationstechnologien verbundene Globalisierung zu einer, vergli- chen mit der weniger mobilen Besteuerungsgrundlage Arbeit, hohen grenzüberschreitenden Mobilität von Kapital geführt hat. Bedeutsam ist weiterhin, dass nicht nur die Staaten, sondern eben auch die Steuer- pflichtigen Akteure dieses Wettbewerbs waren und sind, Akteure, die sich sehr bald mit staatlichen Maßnahmen gegen Steuerflucht und an- dere Steuervermeidungsstrategien konfrontiert sahen, Akteure, die sich aber auch mit großem Erfolg auf die gemeinschaftsrechtlich gewährleis- tete Grundfreiheit berufen konnten. Diese Effekte waren bereits Mitte der 90er Jahre erkennbar und haben die EG-Kommission veranlasst, gegen die Folgen des schädlichen Steuerwettbewerbs vorzugehen. Eine dieser Maßnahmen war ein Code of Conduct, in dem sich die Mitglied- staaten nach intensiven Bemühungen der Kommission verpflichtet ha- ben, ihren Steuerwettbewerb wieder einzuschränken. Die Probleme sind bis heute nicht gelöst, sie sind freilich nicht auf den Binnenmarkt beschränkt, sie sind globaler Natur.

Gröschner: Herr Giegerich hat in These 9b die Juristenausbildung in Deutschland angesprochen. Ich stimme seiner Diagnose suboptimaler Schulung vergleichend-internationaler Kompetenzen zu und möchte sie um einen Befund vergleichend-interdisziplinärer Fähigkeiten ergän- zen. Es gibt auch einen Wettbewerb zwischen Wissenschaftsdisziplinen. Dabei denke ich nicht an den Vergleich von Drittmittelbilanzen, die alles Mögliche messen mögen, die Qualität von Wissenschaft aber nur sehr bedingt. Mir geht es um das Ansehen, die Reputation unserer Wis- senschaft des Rechts in Konkurrenz zu anderen Kultur- und Sozialwis- 118 Aussprache senschaften. Und hier habe ich doch eine gewisse Sorge um die Rechts- wissenschaft im allgemeinen und die Staatsrechtslehre im besonderen. Ich fürchte, dass wir in einen Reputationsrückstand geraten, insbeson- dere durch unsere Konzentration auf das positive Recht und die meines Erachtens maßlos übertriebene Schulung in Kasuistik. Historiker, Phi- losophen und Soziologen haben einfach keinen Sinn für die Konkur- renz von Fallösungen. Deshalb erlaube ich mir auch an dieser Stelle ein nachdrückliches Plädoyer für die Schulung rechtshistorischer, rechts- philosophischer und rechtssoziologischer Kompetenzen. Jeder Lehr- stuhl, der in den Grundlagendisziplinen der Rechtsgeschichte, der Rechtsphilosophie und der Rechtssoziologie nicht wiederbesetzt wird, bedeutet eine erhebliche Schwächung unserer interdisziplinären Wett- bewerbsfähigkeit. Ich korrigiere: eine ganz erhebliche Schwächung.

Pitschas: Ich glaube, im Ausgangspunkt sind wir uns in der Zustimmung einig, wenn wir die These 5 zum Referat von Frau Peters lesen: Die Re- konstruktion von Rechtsevolution – wie immer diese verlaufen mag – als „Wettbewerb“ eröffnet eine neue Perspektive, die fruchtbar sein kann. Ich bin jedenfalls dieser Auffassung, habe aber dann irgendwie noch Nachhilfebedarf. Er ergibt sich aus der These 9 von Frau Peters. In ihr wird Bezug genommen auf die Anwendung des Wettbewerbspara- digmas, wie es im Nationalstaat für Rechtsunterworfene von der Öko- nomik entfaltet worden ist, nämlich als effizienzgeleiteter Versuch, in Rechtsetzung und Rechtsanwendung auf die unsichtbaren Marktkräfte zu vertrauen. Aber wie verhält sich diese Einsicht zum Sozialprinzip im interstaatlichen Wettbewerb? Trifft es zu, wie unter These 9 formuliert wird, dass der Marktmechanismus nur ausgleichende Gerechtigkeit schaffe, aber keine austeilende Gerechtigkeit und insofern defizitär sei? Doch das ist ungenau. Schon wenn wir das Marktprinzip in seiner Wirkung im deutschen Recht, im deutschen Sozialrecht uns ansehen, dann wird man nicht sagen können, dass das Marktgeschehen für aus- gleichende Gerechtigkeit sorgen würde. Mehr noch: Im interstaatlichen Vergleich, also international zeigt uns die Diskussion von der Uruguay- Runde zur Doha-Runde doch sehr deutlich, dass effektiv weder von Ge- rechtigkeit noch von Ausgleich die Rede sein kann. Ich frage mich daher, ob wir für den Wettbewerb von Rechtsordnun- gen den richtigen wettbewerbstheoretischen Ansatz gewählt haben. Im Gegensatz zu Frau Peters will ich das verneinen. Stattdessen bin ich eigentlich der Auffassung, dass auch die These 9c nicht greifen kann. Per se ist im Wettbewerb der Rechtsordnungen – und das machten die voraufgegangenen Berichte über die Einsätze der Kollegen im interna- tionalen Sektor deutlich – ein Herabschneiden der sozialen Dimension Wettbewerb von Rechtsordnungen 119 angelegt. Wir können das quer durch alle genannten Nationalstaaten, in denen ich auch war, verfolgen. Das bedeutet dann, dass wir uns theo- riebezogen fragen müssen, wie weit wir den Rechtsordnungswettbe- werb als Leitprinzip überhaupt in eine – was immer das sein mag – Me- tarechtsordnung einbetten können. Und da ist interessant die These 11 bei Frau Peters, weil darin sehr versteckt formuliert wird, dass es eben doch nicht so weit her ist mit der vorbehaltlosen Anwendung des Wett- bewerbsprinzips, wie man meint. Nur insoweit der Rechtsordnungs- wettbewerb tatsächlich Freiheitsräume sichert, darf er für Metarechts- ordnungen als Legitimationsprinzip zweiter Ordnung angesehen werden. Oder scheidet sogar eine wettbewerbstheoretische Grundle- gung des interstaatlichen Rechtsordnungswettbewerbs wegen verfehlter Anleihen an das je nationale Wettbewerbsverständnis aus?

Engel: Juristen argumentieren immer in normativer Absicht, aber sie argumentieren nicht immer normativ. Ich hatte den Eindruck, dass die Folgenden dezidiert normativ argumentieren wollen.

Scherzberg: Ich möchte die Referenten fragen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen sie den gegenwärtigen internationalen Regulierungs- wettbewerb für materiell legitimiert halten, für legitimiert durch die Erzeugung von Gemeinwohlvorteilen. Zunächst handelt es sich beim Wettbewerb der Rechtsordnungen ja um ein rein faktisches Phänomen. In ihm spiegelt sich zwar auch die zunehmende Freiheitlichkeit der Weltgesellschaft. Man konkurriert um Arbeitsplätze, um Steuerzahler und um Investitionskapital, und diese Konkurrenz ist Ausdruck der Verkehrsfreiheiten und der Rechtswahlfreiheit. Dieser individuelle Frei- heitsbezug kann den Regulierungswettbewerb aber materiell nicht rechtfertigen, denn Freiheit lässt sich naturgemäß auch in einem homo- genen Rechtsraum herstellen. Erzeugt Regulierungswettbewerb also einen darüber hinausreichenden Gemeinwohleffekt, und wenn das nicht der Fall sein sollte, welche Folgerungen ziehen Sie daraus? Nehmen wir Anleihen bei der ökonomischen Theorie. Dort wird herausgearbeitet, dass es sich beim Wettbewerb um ein Entdeckungs- verfahren handelt, das typischerweise einen Wohlfahrtsgewinn dadurch hervorbringt, dass es Probleme oder Bedarfe aufzeigt und Wissen über seine bestmögliche Befriedigung generiert. Allerdings fördert Wett- bewerb ja nicht in jedem Fall neues Wissen und Innovationen. Er kann unter Umständen auch zu Kartellverhalten und zur Monopolbildung führen. Man braucht also eine Metainstanz, den Staat, der ihn reguliert und damit erst funktionsfähig macht, und erst dann ergeben sich die gewünschten wohlfahrtssteigernden Effekte. 120 Aussprache

Überträgt man das auf den internationalen Regulierungswettbewerb, so bedarf es auch insoweit einer Metaordnung, wie sie auch beide Re- ferenten gefordert haben. Diese soll u.a. dazu dienen, einen race to the bottom zu verhindern. Ein solcher race to the bottom findet in der Rechtswirklichkeit tatsächlich statt, das möchte ich im Gegensatz zu Frau Peters betonen – zum Beispiel bei der Frage des Lohnniveaus, aber auch in den Bereichen Steuerrecht, Verbraucherschutz, Arbeitsschutz, Mitbestimmung und im Umweltrecht. Ein race to the bottom findet typischerweise immer dann statt, wenn es erhebliche Lücken gibt in der Durchsetzung der Menschenrechte und in der Schaffung und Durch- setzung einheitlicher Schutzstandards auf den genannten Gebieten, und dann stellt sich natürlich schon die Frage: kann man den Wettbewerb der Rechtsordnungen trotzdem noch mit Gemeinwohleffekten legiti- mieren und dies einfach um die Forderung ergänzen, mehr internatio- nale Standards zu schaffen oder sie besser durchzusetzen – oder müssen wir nicht konstatieren, dass heute, mangels einer funktionierenden Me- taordnung, außerhalb rechtlich strukturierter Räume wie der EU, von einem Gemeinwohlnutzen der Konkurrenz der Rechtsordnungen nicht die Rede sein kann? Und wenn wir das feststellen: wie sollte man dann mit dem Phänomen des Wettbewerbs der Rechtsordnungen umgehen?

Isensee: Ein Begriff gewinnt Profil durch seine Gegenbegriffe. Die Be- griffe, auf die die beiden schönen und subtilen Referate abstellen, sind Regulierung und Wettbewerb. Regulierung vollzieht sich in der Vertika- len zwischen Hoheitsträgern und Wettbewerbern. Solidarität dagegen in der Horizontalen zwischen gleichen Individuen. Diese aber begeg- nen einander nicht als Konkurrenten, sondern als Mitglieder einer übergreifenden Gemeinschaft, in der alle für einen und einer für alle einstehen. Wettbewerb und Solidarität schließen einander aus: dort Staatsdistanz, hier Verbundenheit im staatlichen Verband; dort Staats- abwehr und Staatseingriff, hier Einstandspflicht für die Allgemeinheit und Teilhabe an deren Leistungen. Solidarität kann staatlich organisiert, aber auch spontan erbracht werden. Spontane Solidarität wird legitimiert durch die Grundrechte, so durch die Koalitionsfreiheit wie durch die Freiheit, sich zu Interes- senverbänden zusammenzuschließen. Die Freiheit der politischen Par- teien entbindet den innerorganisatorischen Wettbewerb der Mitglieder um Einfluss auf die Willensbildung; aber sie fordert von ihnen auch ein gewisses Maß an Solidarität nach außen, damit die eigene Partei im Wettbewerb mit den anderen bestehen kann. Der demokratische Staat öffnet sich einerseits dem Wettbewerb der politischen Kräfte um die Ausübung der Staatsgewalt, andererseits gründet er auf der Solidarität Wettbewerb von Rechtsordnungen 121 seiner Bürger, die von den Abgabenpflichten bis zu den staatsbürger- lichen Treupflichten rechtlich wirksam wird. Ethische Energiequelle der staatsbürgerlichen Solidarität ist der Patriotismus. Der Staat bildet so eine Solidargemeinschaft seiner Bürger, die engere Solidargemein- schaften wie die der Sozialversicherung umschließt. Gleichwohl agiert er kraft seiner Souveränität nach außen in gewisser Weise auch als Kon- kurrent zu den anderen Staaten. Die Staatenkonkurrenz aber wird durch Staatensolidarität begrenzt: durch die kontinentale Solidarität der europäischen Union, deren Mitglieder ihren nationalen Eigennutz und ihr Wettbewerbsstreben zurücknehmen zugunsten gemeinsamer Belange, wie die weltumspannende Solidarität der internationalen Ge- meinschaft. Die Themen der Solidarität, welche die Staaten voneinan- der einfordern, reichen bis zum Bankgeheimnis in der Schweiz und bis zum Menschenrechtsniveau in Simbabwe. Die Antinomie zwischen Wettbewerb und Solidarität muss ausge- halten werden und sich immer wieder neu einpendeln. Staatsrechtlich gesehen entspricht das der Spannung zwischen liberaler Distanz und sozialer Nähe. Die Spannung wird von Schopenhauer in seiner Stachel- schwein-Parabel anschaulich gemacht: In der Kälte rücken die Stachel- schweine dicht zusammen, um einander zu wärmen. Doch sie verletz- ten sich gegenseitig mit ihren Stacheln und sind genötigt, wieder auseinanderzugehen. Nun frieren sie erneut, der Frost treibt sie wieder zueinander in schmerzhafte Nähe. Das Pendeln nimmt kein Ende. In der politischen Realität hat der demokratische Gesetzgeber für jeweils bedürfnisgemäße Lösungen der ewigen Antinomie zu sorgen. Gleichwohl lässt sich das Verhältnis von Solidarität und Wettbewerb auf eine verfassungsrechtliche Formel bringen: im Raum grundrecht- licher Freiheit, der Gesellschaft also, herrscht das Prinzip Wettbewerb. Gesetzliche Solidarpflichten bedürfen der Rechtfertigung vor den Frei- heitsrechten. Im Raum der Staatsorganisation, zwischen den Trägern föderaler, kommunaler oder sonst dezentraler Staatsgewalt, herrscht das Prinzip Solidarität. Wettbewerb bildet die Ausnahme, die nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht kommt.

Engel: Dankeschön. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, Ihr Stichwort Solidarität aufzugreifen. Uns fehlen nämlich so etwa 4 Minu- ten. Ich könnte jetzt klammheimlich die Redezeit um 1 Minute verkür- zen, was ich unfair fände, und appelliere deshalb lieber an die noch Kommenden, dass wir es gemeinsam schaffen, diese 4 Minuten einzu- sparen. 122 Aussprache

Lorz: Die beiden Referenten haben uns in wunderbar umfassender Weise sowohl den möglichen sinnvollen Einsatz des Wettbewerbspara- digmas als auch seine Grenzen aufgezeigt. Um bei dem zu bleiben, was Herr Giegerich gesagt hat: es ist mehr ein deskriptives Paradigma als ein normativer Anspruch. Aber da wir uns jetzt in dem Bereich auch der Wortmeldungen befinden, wo normative Ansprüche erhoben wer- den: solche klangen in beiden Referaten insofern etwas an, als die Kategorie der Legitimation immer wieder aufschien. Die grundsätz- liche Frage, die ich stellen möchte, ist die: Ist Legitimation wirklich eine taugliche Kategorie zur Beschreibung oder gar zur Bewertung des- sen, was wir als Wettbewerb der Rechtsordnungen bezeichnen, oder bedeutet der Wettbewerb der Rechtsordnungen primär eine politische Herausforderung? Denn wenn wir fragen – die Ideen dazu sind in den letzten Wortmeldungen beschrieben worden – wie wir uns idealerweise Wettbewerb oder auch die Ausgestaltung der internationalen Solidar- gemeinschaft vorstellen, bleiben wir im Ergebnis doch immer auf die normalen Wege angewiesen, um das zu erreichen. D.h. wir bauen innerstaatlich auf demokratischem Wege bestimmte Entscheidungs- oder Verhandlungspositionen auf und versuchen diese dann auf zwi- schenstaatlichem Wege über Verhandlungsmechanismen durchzuset- zen. Das Gleiche gilt im Bereich der Europäischen Gemeinschaft für die spezifisch gemeinschaftsrechtlichen Wege – egal, ob man diese jetzt Kooperation, Integration, Gemeinschaftsmethode, Harmonisierung oder wie auch immer nennt. Aber wo wir das nicht schaffen, wo also die Politik aufgrund auseinanderlaufender Interessen versagt – das Bei- spiel der internationalen Finanzkrise ist ja schon genannt worden – da findet der Wettbewerb doch einfach statt, egal in welchen Kategorien wir ihn beschreiben. Und die Legitimationsfrage reduziert sich unter diesen Umständen darauf, wie wir die Entscheidungen herbeiführen, mit denen wir auf diesen Wettbewerb reagieren. Aber der Wettbewerb als solcher braucht keine Legitimation. Er fragt auch gar nicht nach Le- gitimation. Deswegen lautet meine These: wir sollten die Beschreibung eines Wettbewerbs als legitim oder illegitim vielleicht durch ein Be- griffspaar wie fair oder unfair ersetzen. Vor allen Dingen aber sollten wir den Wettbewerb als ein legitimationsunabhängiges faktisches Phä- nomen begreifen, das, wie gesagt, Herausforderungen an unsere beste- henden Legitimationswege und Legitimationsketten stellt. Nur: die Wege als solche bleiben die gleichen. Oder jedenfalls haben wir bisher keine wesentlichen Veränderungen auf ihnen erkennen können. Ob sie adäquat sind, ob man sie vielleicht modifizieren muss, um auf die be- sonderen Herausforderungen durch die Globalisierung zu reagieren, das wäre eine andere Frage. Mich würde interessieren, ob ich damit die Wettbewerb von Rechtsordnungen 123

Auffassung der Referenten treffe oder ob sie den Legitimationszusam- menhang anders sehen.

Schmahl: Dass der Wettbewerb der Rechtsordnungen auch Vorteile mit sich bringt, steht wohl außer Frage. Dennoch sehe ich gewisse Pro- bleme darin, mit Frau Peters in ihrer These 11 den Rechtsordnungs- wettbewerb als ein „Legitimationsprinzip zweiter Ordnung“ anzusehen, da dieser Wettbewerb in der Praxis häufig zu Zurechnungslücken und Defiziten in den Verantwortungszusammenhängen führt. Bereits in in- tegrierten regionalen Gemeinschaften wie etwa in der Europäischen Union sind solche Verantwortungsstränge oder Einstandspflichten nur schwer zu entwirren. Auf universeller Ebene sind sie im Grunde gar nicht effektiv zu lokalisieren und zu bändigen. Dies zeigen nicht nur die schon angesprochenen Entwicklungen auf den globalen Finanz- und Wirtschaftsmärkten, sondern dies belegt auch die Zunahme der See- piraterie. Die Piraten nutzen nämlich gerade jene Zurechnungs- und Verantwortungslücken für ihre Zwecke aus, die dadurch entstehen, dass Reeder und Charterer aus Industriestaaten ihre Handelsschiffe aus Gründen der Kostenminimierung unter sog. Billigflaggen fahren lassen und Besatzungsmitglieder aus den verschiedensten Staaten anheuern. Das Ergebnis dieses „Rechtsordnungswettbewerbes“ ist, dass kein Staat sich mehr für die Rettung der Besatzung sowie für die effektive Strafverfolgung der Piraten verantwortlich fühlt. Auch das Völkerrecht wird diesem Dilemma nicht Herr, da es ja notwendigerweise auf die Mitwirkung der Staaten angewiesen ist, die sich einer wirksamen Koor- dinierung ihrer Strafgewalten aber überwiegend versperren.

Engel: Jetzt haben wir zum Schluss zwei Wortmeldungen zu dem Thema Metarechtsordnung.

Grewlich: Den beiden Referenten darf auch ich danken. Die Vorträge erlaubten neue Einblicke in allen drei Bereichen der Regulierungs- Governance: nämlich der Multi-Ebenen-Analyse, der Multi-Akteur- Analyse und der Multi-Instrumental-Analyse. Herr Giegerich, Sie haben mich besonders erfreut damit, dass Sie die Diskussion angestoßen haben über den „Export der deutschen Rechts- ordnung“. Als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland habe ich gerade in sog. Transformationsländern die rechtswissenschaftliche und praktische Beratung der jeweiligen Gastregierungen durch Fachkolle- gen aus Deutschland als Instrument unserer Außenpolitik und Außen- wirtschaftspolitik geschätzt und gefördert. Die deutsche Beratungs- methode wurde heute Vormittag mit der angelsächsischen, insbes. der 124 Aussprache

U.S.-amerikanischen verglichen. Nach meiner Erfahrung verfügen wir über die bessere und sympathischere Beratungs-Methode. Sie stülpt historisch gewachsenen Wirklichkeiten nicht vorgefertigte Konzepte und Einheitsschablonen über, sondern ist getragen vom Respekt für an- dere Kulturen und von einer rechtsvergleichenden Neugier für andere Rechtskreise. Häufig fehlt uns aber eine zielführende und nachhaltige Koordination und – trotz allem persönlichen Engagement – die kriti- sche Masse in unserem Angebot. Nun zur „Regulierung des Regulierungswettbewerbs“: Vom wirt- schaftsvölkerrechtlichen Standpunkt aus gesehen gibt es unterhalb der völkerrechtlichen Ebene Regulierungen mit positiven, marktschaffen- den bzw. markterhaltenden Wirkungen und solche mit negativen, pro- tektionistischen Effekten. In der Tat bringen manche Regulierungen Nullsummenspiele hervor und andere führen zu Positivsummenspie- len. Ein gutes Beispiel für insgesamt positive Effekte ist die Regulie- rungsaktivität, die ihre Grundlage im „General Agreement on Trade in Services“ (GATS) der Welthandelsorganisation (WTO) findet. Mit diesem Instrument intendierten die WTO-Mitgliedstaaten einen han- delsliberalisierenden Deregulierungsschub. Viele WTO-Mitgliedstaaten brachten in der Tat in beachtlichem Umfang sog. „schedules“ ein, mit denen sie sich zu nationalen Deregulierungs- bzw. Umregulierungs- massnahmen, z.B. in der elektronische Kommunikation, auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen und in anderen Dienstleistungsberei- chen, verpflichteten. Im Gegensatz zu manchen Befürchtungen verhiel- ten sich die meisten WTO Mitglieder nicht merkantilistisch. Ganz im Gegenteil: Veranlasst durch die normative Kraft der „Meta-Regulie- rung“ bauten sie Regulierungsschranken ab und öffneten ihre Dienst- leistungsmärkte für den grenzüberschreitenden Wettbewerb. Die dem aufgeklärten Eigeninteresse folgenden Ausgestaltungen der nationalen „schedules“ wurden zu Trumpfkarten im Systemwettbewerb um die wirtschaftlich vorteilhafteste und international attraktivste Rechts- ordnung. In der „Governance der Regulierung“ muss man unterscheiden zwi- schen solchen Regulierungsmaßnahmen, die dem öffentlichen Inte- resse, der staatlichen Sicherheit, der menschlichen Würde oder zum Beispiel dem Jugendschutz dienen, und einer anderen Regulierungs- gruppe, in der die Marktöffnung im Vordergrund steht. Bei letzterer Re- gulierung, die Marktzugänge sichern soll, unterscheiden wir zwischen der sektorspezifischen ex-ante Regulierung und dem Wettbewerbs- recht. Idealerweise würde auf der Zeitschiene die sektorspezifische Re- gulierung kontinuierlich zu Gunsten des Wettbewerbsrechts herunter- gefahren. Die Erfahrung zeigt, dass in der Dienstleistungswirtschaft Wettbewerb von Rechtsordnungen 125 beträchtliche Regulierungsdifferentiale zwischen den WTO-Mitglied- staaten bestehen. In der elektronischen Kommunikation beispielsweise haben manche Staaten ihre Monopole beibehalten. Andere haben die Monopole zerschlagen und sind zu einer Mischung von sektorspezifi- scher Regulierung und allgemeinem Wettbewerbsrecht übergegangen. Wieder andere wollen sich baldmöglichst primär auf das Wettbewerbs- recht verlassen. Ich glaube, hier in unserer Diskussion über den Wett- bewerb der Rechtsordnungen und die Regulierung des Regulierungs- wettbewerbs durch Metarechtsordnungen ist erwähnenswert, dass die WTO über ein (als solches nicht bindendes) aber inhaltlich in eine große Zahl rechtlich bindender „schedules“ übernommenes Meta- Regulierungs-Instrument verfügt, das im Bereich der elektronischen Kommunikation die Regulierungsdifferentiale durch die Annahme von Mindeststandards zumindest erträglich gestaltet. Es handelt sich um das „Reference Paper on Telecommunications“ zum Vierten Protokoll des GATS. Der Hinweis auf dieses „Referenzpapier“ führt mich nun zu meinem letzten Punkt: Herr Meessen, Herr Pernice und andere haben zum europäischen Wettbewerbsrecht gesprochen. Was fehlte, war der Ruf nach einer „internationalen Wettbewerbsordnung“. Dazu gibt es inte- ressante Ansätze: Ich denke an den „München-Kodex“ von Herrn Fik- entscher oder an das Instrument der „positive comity“. Doch sind wir noch weit entfernt von einer effektiven Metarechtsordnung des Wettbe- werbsrechts.

R. Hofmann: Ich möchte auch beginnen mit Dank an die Referentin und an den Referenten für zwei aus meiner Sicht sehr gelungene Vorträge. Ich möchte im Anschluss vor allem an Herrn Frowein noch einmal unterstreichen, dass der Wettbewerb von Rechtsordnungen auf der in- ternationalen Ebene etwas ganz Normales ist, sowohl bei der Schaffung von Verträgen, als auch bei der Auslegung und Anwendung von Verträ- gen, nicht nur im menschenrechtlichen Bereich, also vor allem in Straß- burg; ich denke, auch in Brüssel ist das wahr und vor allem auch bei den Vereinten Nationen. Nur zwei Bereiche möchte ich noch anspre- chen, die hier bisher nicht genannt worden sind, wo der Wettbewerb möglicherweise nicht gut ausgegangen ist. Der eine Bereich ist das Völ- kerstrafrecht. Wenn man sich den Streit in den internationalen Straf- gerichtshöfen um die Ausgestaltung des Strafverfahrens ansieht, näm- lich angelsächsische gegen kontinentaleuropäische Tradition, so ist das Ergebnis aus Sicht der Betroffenen vielleicht nicht sehr positiv gewesen. Dasselbe gilt für den anderen Bereich, die Ausgestaltung der UN-Ver- waltung: Ich denke etwa an die enormen, für deutsche Juristen kaum 126 Aussprache vorstellbaren Rechtsschutzlücken, die es im Kosovo gegenüber der UN-Verwaltung gab; diese sind ein deutliches Resultat der Niederlage – wenn man so will – der kontinentaleuropäischen Rechtsordnung gegen- über dem angelsächsischen Rechtskreis, der dort den UN Möglich- keiten eingeräumt hat, weitreichende Maßnahmen zu erlassen, ohne Rechtsschutz gewähren zu müssen. Schließlich wollte ich ein Beispiel geben, wo ich meine, dass eine Me- taordnung im Entstehen ist, nämlich der Bereich des völkerrechtlichen Investitionsschutzrechtes. Das Investitionsschutzrecht ist klassischer- weise, denke ich, ein Bereich gewesen, der ein gutes Beispiel darstellte für Wettbewerb von Rechtsordnungen: Rechtsordnungen stehen im Wettbewerb, Kapital von Investoren anzuziehen. Es gibt nun heute die- ses berühmte Netz von 2500 bilateralen Investitionsschutzverträgen und zunehmend gerichtliche Auseinandersetzungen um die Auslegung dieser Verträge, die eine Reihe gleichlautender Rechtsbegriffe haben wie etwa fair and equitable treatment. Und jetzt finde ich recht faszinie- rend zu sehen, wie internationale Schiedsgerichte, also nicht etwa staat- liche Gerichte, sondern internationale Schiedsgerichte, herangehen, zu überlegen und zu entscheiden, ob Staaten, die etwa aus Umweltgrün- den regulatorische Maßnahmen getroffen haben, aus arbeitsrechtlichen oder aus sozialrechtlichen Gründen Maßnahmen getroffen habe, die der Investor als einen Verstoß gegen das Abkommen sieht, solche Maß- nahmen rechtfertigen können. Ein weiterer Bereich, in dem das ganz wichtig ist, knüpft an das an, was Herr Schoch erwähnt hat, also das Prinzip des fair trial. In welchem Umfang setzt diese Rechtsordnung, das Investitionsschutzrecht, voraus, dass Staaten bei Maßnahmen ge- gen Investoren bestimmte Mindestanforderungen an due process, fair trial, oder wie immer man das nennen will, einhalten müssen? Also da scheint mir etwas im Entstehen zu sein – deswegen das Fragezeichen in der Formulierung: Ist dieses Rechtsgebiet eine Metaordnung in statu nascendi? – hier scheint sich etwas zu entwickeln, und das bringt mich zum letzten Punkt: die Legitimitätsfrage. Diejenigen, die diese Rechts- ordnung schaffen, sind private Schiedsrichter, und ihre Legitimität oder Legitimation beziehen sie allein aus einem zwischenstaatlichen Vertrag, auf dessen Grundlage dann ein Investor und ein Staat sich auf ein sol- ches Gericht einigen müssen. Ich könnte mir vorstellen, dass das Inves- titionsschutzrecht ein Bereich wäre, den zu untersuchen sich lohnen würde für die Frage, die uns hier beschäftigt hat.

Engel: Jetzt haben wir als allerletzten unseren Nestor, Herrn Zacher. Wettbewerb von Rechtsordnungen 127

Zacher: Ich möchte an den Gesamtzusammenhang erinnern, in dem das Thema steht. Und ich wollte an Augustinus anknüpfen mit seiner Entgegensetzung von Räuberbanden und Staaten und an sein Krite- rium der Unterscheidung: die Gerechtigkeit. Um diesen Gesamtzusam- menhang aufzurufen, könnte man auch an Theodor W. Adornos Satz anknüpfen: Es gibt kein richtiges Leben im falschen. Was meine ich da- mit? Dass das schlimmste Problem, vor dem wir bei dem Wettbewerb von Rechtsordnungen stehen, das ist, dass viel zu viele der Staaten, in denen dieser Wettbewerb stattfindet, keine Staaten sind, sondern Räuberbanden. Ich meine das nicht lustig, sondern ich glaube: Das ist das tiefste Dilemma, vor dem wir bei allem Wettbewerb stehen, wenn Teilrechtsordnungen zu Markte gehen. Gerade dort, wo der Staat keine Widerstandskraft hat und keine Widerstandskraft haben will gegen Un- gerechtigkeit, Unfreiheit und dergleichen, gerade dort kommt der Wett- bewerb zwischen Rechtsordnungen, der ja immer nur ein Wettbewerb zwischen Teilrechtsordnungen ist, besonders zum Blühen: und gerade dort kann er besonders schädlich sein. Wie wir das bändigen, weiß ich nicht. Ich kann nur mit dem Finger auf die Wunde deuten. Lassen Sie mich an Hand meines wissenschaftlichen Lebensthemas, des Sozialen, deutlich machen, wie ich das sehe. „Sozial“ heißt, „mehr Gleichheit“ erstreben. Zu diesem Mehr an Gleichheit gibt es verschie- dene elementare Wege, die einander ergänzen, und von denen ein jeder notwendig ist. Der eine Weg ist: Gleichheit durch Allgemeinheit, All- gemeinheit des Rechts, Allgemeinheit der öffentlichen Güter, gleicher Zugang etwa zur Gesundheit usw. Wir wissen: Allgemeiner Zugang zur Bildung ist die Entscheidendste unter allen diesen Strategien. Aber Allgemeinheit des Rechts, Allgemeinheit der Verwaltung, good gover- nance, gehören ebenso dazu. Ein anderer Weg ist: Allgemeinheit der Freiheit. Wir wissen das von der Sozialen Marktwirtschaft her. Da ist die Allgemeinheit der Freiheit ein wichtiges Element. Wenn die Kräfte der Freiheit nicht ausgeschöpft werden können, wird es keine befrie- dende Sozialordnung geben, sondern allenfalls gleiche Not. Ein dritter Weg ist: Gleichheit durch den Ausgleich von Ungleichheit. Die typi- schen Sozialleistungen stehen für diesen Weg. Nun passiert es sehr oft, dass die Dinge aus dem Gleichgewicht geraten. In Europa, vor allem in Deutschland, ist es üblich, dass wir den Ausgleich von Ungleichheiten für das Allerwichtigste halten und damit Wahlen verlieren und gewin- nen, tüchtige Regierungen sich verschleißen und so weiter, und damit auch das Soziale selbst in Gefahr gerät – um nicht zu sagen: kaputt geht. In den meisten Ländern der Welt dagegen scheitert jenes umfas- sende Projekt von „mehr Gleichheit“, das mit dem Sozialen gemeint ist, an dem Defizit an Gleichheit durch Allgemeinheit, an dem Defizit an 128 Aussprache

Gleichheit des Rechts und der Gleichheit der Verwaltung. Wir müssen, wenn wir das Soziale als Wettbewerbsordnung und Wettbewerbsele- ment denken, wissen: Wenn die Gleichheit durch Allgemeinheit fehlt, dann wird es keine soziale Gerechtigkeit geben. Sie können in ein Land soziale Leistungen hineinschütten. so viel Sie wollen; solange es keine Gleichheit durch Allgemeinheit gibt, keine Gleichheit des Rechts und dergleichen, wird auch die Gleichheit durch den Ausgleich von Un- gleichheiten nur Ungleichheit ergeben. Das ist genau, was wir als Schei- tern von Entwicklungshilfe erleben. Gleichheit durch Allgemeinheit – good governance und alles sonst, was Gleichheit durch Allgemeinheit ausmacht – müsste also eine we- sentliche Voraussetzung sein, wenn man überhaupt den Wettbewerb von Recht in einem Land zulässt. Wie die internationale Gemeinschaft das bewirken könnte, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ohne dies aller Wettbewerb zur Gefahr wird.

Engel: Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt und die Re- ferenten werden von uns an der Unmöglichkeit gemessen, in sieben Mi- nuten darauf angemessen zu reagieren.

Giegerich: Ja, vielen Dank. Es ist mir leider unmöglich, in den zugebil- ligten sieben Minuten auf alle Wortmeldungen einzugehen. Ich kann nur einige Aspekte teils nochmals betonen, teils auch ergänzen. Selbst- verständlich ist es etwas anderes, ob Verfassungen oder technische Regulierungen miteinander im Wettbewerb stehen. Verfassungen sind – das habe ich auch gesagt – viel stärker kultur- und traditionsverwurzelt als technische Regulierungen. Folglich kann man eine technische Regu- lierung aus dem Ausland relativ leicht rezipieren, aber eine ausländi- sche Verfassungsordnung in der Regel nicht. Und deswegen habe ich auch darauf hingewiesen, dass kaum ein externes Regelungsmodell un- verändert übernommen wird, schon gar nicht auf Verfassungsebene. Vielmehr wird es nahezu immer in eine Synthese gebracht mit den eige- nen Traditionen, den eigenen Rechtsvorstellungen, da es sonst unwei- gerlich scheitern muss. Deswegen kann man beispielsweise den Art. 12 GG nicht tel quel nach Südafrika übertragen. Man kann sich aber durchaus fragen, ob er ein Regelungsmodell darstellt, das auf die dor- tigen Verhältnisse passt, vielleicht nach einer gewissen Adaption, viel- leicht auch erst nach Bildung einer Synthese etwa mit einem indischen oder sonstigen weiteren Vorbild. In den Metarechtsordnungen – und darunter habe ich ja vor allem das Völkerrecht verstanden für den Wettbewerb zwischen den souveränen Staaten und das Europarecht für den Wettbewerb zwischen den Mit- Wettbewerb von Rechtsordnungen 129 gliedstaaten der EU – finden wir keine Kartell- und keine Monopolver- bote. Das liegt meines Erachtens daran, dass diese Metarechtsordnun- gen der Kooperation und Integration der Staaten positiver gegenüber stehen als dem Wettbewerb. Sie betrachten den Wettbewerb der Staaten der Sache nach primär als Problemlage und versuchen daher, seine Schärfen abzumildern. Die große Schwierigkeit besteht darin, dass diese Metarechtsordnungen – das wollte ich mit dem Gegenstromprinzip zum Ausdruck bringen – von den Konkurrenten mit bestimmt werden. Das heißt, wir müssen im Völkerrecht einen Konsens herstellen. Denn wenn wir eine völkerrechtliche Regel wollen, die etwa den Steuerwettbewerb zwischen den Staaten beschränkt, dann muss neben der Bundesrepublik Deutschland, die hieran ein großes Interesse hat, eben auch die „Steuer- oase“ dieser Regel zustimmen, damit sie verbindlich werden kann. Im Europarecht sind wir in dieser Hinsicht viel weiter. Dies gilt weniger im Primärrecht, dessen Änderungen nach wie vor der Einstimmigkeitsregel unterliegen. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni dieses Jahres zum Vertrag von Lissabon wissen wir jetzt, dass es bei dieser Einstimmigkeitsregel bleiben muss, weil Art. 79 Abs. 3 GG eine solche (angeblich) verlangt. Aber zumindest im Sekundärrecht sind wir fortschrittlicher, weil dort inzwischen in der Regel Mehrheitsentschei- dungen stattfinden, bei denen es keinen Vetospieler mehr gibt. Die Schaffung einer kontinental-europäischen Rechtsordnung, die als solche in den weltweiten Wettbewerb eintreten kann, ist eine ernst- hafte Überlegung wert. Die Frage ist, wie wir diese bilden können. Ob man die UN-Konventionen als Teil einer solchen Rechtsordnung anse- hen kann, erscheint mir fraglich, denn ihr Geltungsbereich geht ja über Europa weit hinaus. Inwieweit sie vor allem kontinentaleuropäische (d.h. civil law-) Rechtstraditionen kodifizieren, kann ich ohne nähere Untersuchung nicht beurteilen. Im Bereich der EU arbeitet man daran, jedenfalls einen gemeinsamen Referenzrahmen der Privatrechtsord- nungen zu schaffen. Dadurch soll den Mitgliedstaaten aber kein einheit- liches europäisches Privatrecht gewissermaßen von oben aufgezwun- gen werden, sondern eine Rechtsordnung entstehen, die wie jetzt schon die europäische Gesellschaftsform Societas Europaea mit den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen in einen Wettbewerb tritt. Wenn sie sich in diesem Wettbewerb durchsetzt, weil sie gewissermaßen die best practice der europäischen Privatrechtsordnungen kodifiziert, dann wäre ein solcher gemeinsamer Referenzrahmen vielleicht auch in der Lage, in einen kontinentalen Wettbewerb mit anderen, etwa der US- amerikanischen Rechtsordnung, einzutreten. Was den von Herrn Lehner angesprochenen Wettbewerb der Steuer- rechtsordnungen angeht, scheint mir interessant, dass eine der Zusiche- 130 Aussprache rungen des Europäischen Rates vom 19. Juni 2009 im Vorfeld des zwei- ten Referendums in Irland über den Vertrag von Lissabon gerade auch den Steuerwettbewerb betraf. Den Iren wurde zutreffend erklärt, sie dürften auch nach einem Inkrafttreten dieses Vertrages Steuerwett- bewerb betreiben, weil Steuerharmonisierungen in Europa weiterhin nur einstimmig vorgenommen werden können. Dies gilt zwar seit jeher, doch hat man es den Iren zur Beruhigung der Gemüter noch einmal deutlich machen wollen. Denn offenbar legt die irische Bevölkerung Wert auf die Möglichkeit eines Steuerunterbietungswettbewerbs, weil sie sich davon Vorteile verspricht. Herr Gröschner beklagt, dass die Reputation unseres Faches im Wett- bewerb der Wissenschaftsdisziplinen gelitten hat. Auch mir scheint, dass uns manche Nichtjuristen die Rolle der lästigen und zudem teils „irrational“ argumentierenden Bedenkenträger zuschieben möchten, während sie sich selbst als Ideengeber einer rationalen Politikgestaltung gerieren. Vor einem solchen Reputationsverlust bewahren uns nur in- terdisziplinäre Offenheit und rechtsvergleichende Forschung, mit deren Hilfe wir eigene gute und positive Ideen in diesen Wettbewerb einbrin- gen können. Nun zur Frage eines Abwärtswettlaufs. Herr Scherzberg, ein solcher findet vielleicht teilweise statt. Wir sehen ihn momentan eventuell im Bereich des Arbeitslohns auch innerhalb der EU. Allerdings ist dies meines Erachtens ein Übergangsphänomen. Solange wir Lohnunter- schiede insbesondere zwischen den neu beigetretenen Mitgliedstaaten aus Mittel- und Osteuropa und den alten Mitgliedstaaten in West- und inzwischen auch Südeuropa haben, bleiben hier Probleme bestehen. Nach der bisherigen Erfahrung wird sich das Lohnniveau aber allmäh- lich auf der oberen Ebene aneinander angleichen. Früher war auch Ita- lien einmal ein Billiglohnland; das ist es jedoch schon längst nicht mehr. Und dass Lettland ein Billiglohnland bleiben wird, halte ich für prak- tisch ausgeschlossen. Die Europäische Union bemüht sich im Übrigen, hier ausgleichend zu wirken. Wir sehen in der Arbeitnehmer-Entsende- richtlinie einen metarechtlichen Versuch der EG, die nationalen Egois- men auszugleichen. Dabei kann nicht von vorneherein das höchste Lohnniveau europaweit festgeschrieben werden, aber die Mitgliedstaa- ten sind metarechtlich autorisiert, jedenfalls Mindestlohnstandards einzuführen. Solche Kompromisse bilden auch die einzige Methode, wie die Transformationsstaaten ihrerseits den Wettbewerb in Europa aushalten können. Sie werden ja von den westeuropäischen Firmen geradezu überwältigt, die längst auf breiter Front in ihre Märkte einge- strömt sind, und sollen wenigstens den Vorteil niedrigerer Löhne aus- spielen können. Wettbewerb von Rechtsordnungen 131

Ein weiterer Punkt, den Herr Lorz angesprochen hat, ist mir noch ganz wichtig. Die Härten des Regulierungswettbewerbs abzufedern, die von Herrn Isensee eingeforderte Solidarität jedenfalls in einem Min- destmaß zu gewährleisten, ist eine erstrangige politische Herausforde- rung. Wenn die Politik dies nicht schafft, droht der ungebremste Wett- bewerb durchzubrechen. Die Politik ist nachgerade dazu verdammt, diese Problematik zu bewältigen. Denn wenn ihr dies nicht gelingt, stellt sich die Systemfrage. Sollten es die marktwirtschaftlich-demokra- tischen Ordnungen nicht schaffen, die Härten des Regulierungswettbe- werbs weich zu regulieren, insbesondere einen sozialpolitischen race to the bottom abzuwenden, dann besteht die Gefahr, dass sie ihre Legiti- mität einbüßen und Populisten ans Ruder kommen. Daran kann nie- mand ein Interesse haben, und das wissen auch die Politiker, einschließ- lich der Veto-Spieler, sehr gut. Daher bin ich optimistisch (vielleicht utopistisch) genug zu glauben, dass diese politische Aufgabe, wenn- gleich nicht perfekt, so doch jedenfalls leidlich bewältigt werden wird. Noch zwei Anmerkungen zu Rainer Hofmann. Erstens: Wenn im In- vestitionsschutzrecht Schiedsgerichte über die Zulässigkeit staatlicher Umwelt- oder Sozialstandards entscheiden, sind sie dazu durch das be- treffende Investitionsschutzabkommen legitimiert. Es ist Sache der Staa- ten, sich in derartigen Abkommen Regulierungsfreiräume zu sichern. Eine noch nicht befriedigend erfüllte Aufgabe der internationalen Ge- meinschaft besteht darin, Entwicklungsländer in dieser Hinsicht vor Kne- belungen durch Industriestaaten und deren multinationalen Unterneh- men zu schützen. Zweitens: Im Völkerstrafverfahrensrecht hat sich in der Tat das common law durchgesetzt, aber dafür haben wir Kontinentaleu- ropäer es geschafft, beim Strafmaß die Todesstrafe zu verhindern. Inso- weit gleicht sich im Regulierungswettbewerb Manches in gewissem Maße aus: Man verliert an einer Stelle und gewinnt dafür an einer anderen. Herr Zacher hat das ernste Problem des Staatsverfalls angesprochen. Er stellt nicht nur den völkerrechtlich regulierten zwischenstaatlichen Wettbewerb in Frage, sondern die staatsbasierte Völkerrechtsordnung insgesamt. Deshalb bemüht sich die internationale Gemeinschaft nach Kräften, wenngleich mit mäßigem Erfolg, dem Staatsverfall rechtlich und praktisch entgegenzuwirken. Mit dieser Bemerkung möchte ich schließen. Vielen Dank.

Peters: Herr Meessen und auch Herr Lorz haben die Unterscheidung zwischen dem Rechtsbefund und der Bewertung angesprochen. Herr Meessen meinte, der „Rechtsbefund“ sei eigentlich das Wichtige und Herr Lorz hat gesagt, der Wettbewerb finde statt. Den Rechtsbefund können Ökonomen sehr gut in Zusammenarbeit mit Juristen erheben. 132 Aussprache

Die Bewertung aber ist doch der Job der Juristen. Man kann meiner Ansicht nach nicht sagen, dass der Befund das Wichtigere sei. Es ist unsere Aufgabe, die Bewertung vorzunehmen, und zwar anhand recht- licher Maßstäbe. Der Wettbewerb ist kein factum brutum, sondern nur eine von möglichen Beschreibungen der Phänomene. Ob dies eine zutreffende Beschreibung ist, hängt davon ab, wie stringent die Analogie ist. Ich glaube gezeigt zu haben, dass die Analogie an vielen Stellen schief ist, insbesondere, weil der Wettbewerbskreislauf vielfach nicht vorliegt und weil der Selektionsdruck sehr schwach und die Selektionsgenauigkeit sehr gering ist. Herr Häberle und auch Herr Pernice haben auf den Unterschied zwi- schen dem Wettbewerb von Verfassungsordnungen und dem eher wirt- schaftsrechtlichen Wettbewerb hingewiesen. Sicherlich sind gewisse Rechtsgebiete, insbesondere das Verfassungsrecht, kulturell stark ge- prägt. Ich glaube aber, dass die kulturelle Prägung und die Politisierung für jeden Rechtsbereich vorhanden sind, dass also auch das Vertrags- recht, das Steuerrecht, das Gesellschaftsrecht u.s.w. auf kulturellen und politischen Entscheidungen basieren. Hier liegt meiner Ansicht nach nur ein gradueller Unterschied vor. Aber in Bezug auf diese ver- schiedenen Teilrechtsordnungen liegen unterschiedliche Typen von Wettbewerb vor, und deswegen ist ein genaueres Anschauen und ein präziserer, eher typisierender rechtlicher Befund, den Herr Meessen angemahnt hat, wichtig. Herr Pernice hat nach den Grundregeln dieser Metaordnung des Rechtswettbewerbs gefragt. Die beiden Grundbausteine sind erstens die konstitutiven wettbewerbsschaffenden Regeln und zweitens die ge- gensteuernden, wettbewerbsdämmenden und -dämpfenden Regeln. Herr Schoch und viele andere auch, etwa Herr Schneider, Herr Frowein, Herr Schuppert und Herr Grewlich, haben auf die Rechts- rezeption bzw. den Export des Grundgesetzes oder US-amerikanischer Rechtselemente in osteuropäische Staaten, Südeuropa, Südafrika und so weiter hingewiesen. Bei diesem Export des Rechts durch den Westen liegt kein Wettbewerbskreislauf im Sinne des Marktmodells der neuen ökonomischen Analyse vor. Denn es ist nicht so, dass die US-Rechts- ordnung in den USA oder das Grundgesetz in Deutschland angepasst würde an die Wünsche der „Kunden“ in Osteuropa. Die osteuropäi- schen Rezeptoren sind, wie Thomas Giegerich zu Recht gesagt hat, einerseits teilweise die Nachfrager unserer Rechtsmodelle, andererseits aber auch die Anbieter gegenüber ihren Bürger-Kunden. Bei der Aus- wahl von Modellen, die ihnen vorgesetzt werden, orientieren sie sich wenig oder kaum an den Präferenzen ihrer Bürger, sondern hier spielen Wettbewerb von Rechtsordnungen 133 eine Menge Faktoren eine Rolle, wie z.B. Ausbildung in fremden Rechts- ordnungen, auf die vielfach hingewiesen wurde. Diesen Vorgang kann man Wettbewerb nennen, aber ich meine, dass hier der Begriff relativ wenig analytischen Mehrwert bringt im Vergleich zur Bezeichnung, die wir für den Vorgang immer schon hatten, nämlich Rechtsrezeption. Herr Schneider hat auch noch die Pfadabhängigkeit der Rechts- entwicklung oder die „stickiness“ betont. Das ist natürlich ein wett- bewerbshemmender Faktor. Das Recht als Institution ist eingebunden in andere Institutionen wie Moral oder Sitte. Auch innerhalb der Insti- tution Recht kann ein Rechtsetzer nicht an einigen Stellen herum- schrauben, um neue Elemente aufzunehmen, weil das dann das ganze Gefüge durcheinander bringt. Von daher ist der gesamte Prozess sehr träge. Außerdem ist er notgedrungen zwangsläufig mit dem politischen Wettbewerb verknüpft, weil ja die Rechtsetzung im politischen Wettbe- werb geschieht. Der Rechtswettbewerb teilt deswegen auch die Mängel des letzteren. Herr Frowein hat auf Wettbewerb in internationalen Gerichten hin- gewiesen, z.B. bei der Auslegung der EMRK.. Hier meine ich, dass dies nur ein Wettbewerb im weiteren, zweipoligen Sinne ist. Es gibt keinen Kunden, der Präferenzen äußert, die in die Diskussionen der Richter in einem Gericht einfließen. Herr Schuppert, Herr Küpper, Rainer Hofmann und auch Herr Zacher haben auf das sehr interessante Thema der privaten Rechts- anbieter hingewiesen, einerseits in Gestalt von privaten Schiedsgerich- ten, im Investitionsschutzbereich zum Beispiel, andererseits in dem sehr praxisrelevanten Bereich der „accounting standards“, also Rech- nungslegungsstandards. Hier sind auch alle anderen technischen Stan- dards zu nennen. Diese Standards sind allerdings kein hartes Recht, sondern sind soft law, das zum Teil über Vorschriften, z.B. des HGB, ins harte Recht inkorporiert wird. Das ist der Bereich, den ich kurz angesprochen und als „civil regulation“ bezeichnet habe. Im Wettbe- werbs-Paradigma könnte man hier weiter denken, indem man z.B. überlegt, ob man diesen zivilen Regulierern Urheberschutz gewähren sollte von Seiten des Staates für ihre Rechtserfindungen. Aber die ent- scheidende Frage – Herr Schuppert hat sie genannt – ist die Frage der Legitimität. Diese privaten gesellschaftlichen Rechtsetzer sind nicht demokratisch legitimiert im herkömmlichen Sinne. Legitimationssurro- gate sind die Beteiligung der relevanten Gruppen, also der „stake- holder“. Sie haben Partizipationsmöglichkeiten im Sinne von „voice, not vote“. Das heißt sie können sich äußern, haben aber keine formalen Abstimmungsrechte. Daneben müssen Transparenz und sonstige Ver- fahrensrechte gewährleistet werden. Das sind aber nur mangelhafte 134 Aussprache

Surrogate für eine harte, formaldemokratische Legitimation. Das Pro- blem aller partizipativen Regelungen ist: Wer entscheidet, wer die relevanten „stakeholder“ sind, und wer entscheidet, wie viel „stakes“ die „holder“ wirklich in der Angelegenheit halten. Herr Rauschning hat auf die Sprache hingewiesen, einen wichtigen Punkt. Eines der Hauptargumente der englischen Broschüre ist, dass die englische Sprache die Sprache des „business“ ist. Symptomati- scherweise ist die deutsche Broschüre zweisprachig abgefasst, auf deutsch und englisch, weil das Zielpublikum auf deutsch wahrschein- lich nicht erreicht werden könnte. Hier liegt die klassische Konkurrenz zwischen common law und civil law zugrunde. Es wurden folgende Punkte angesprochen. Common law gilt als Recht des „business“, weil es flexibler ist, sich schneller anpassen kann und so weiter. Letztlich geht es darum, ob Richter oder Parlament Rechtsetzer sein sollen. Man kann sagen, dass der Gesetzgeber als Rechtsetzer zwar weniger spezia- lisiert ist als der Richter, aber sozusagen epistemisch viel diversifizierter ist und vielleicht deshalb eine andere Art Kompetenz hat als der Rich- ter, um Recht zu setzen. Das wäre ein anderes, nicht ökonomisches Argument für kontinentales Recht. Herr Lehner hat zum Steuerwettbewerb wertvolle Ergänzungen ge- geben. In Bezug auf Steuerharmonisierung lohnt es sich vielleicht, auf das Beispiel der Schweiz zu schauen. Das Bundessteuerharmonisie- rungsgesetz ist erst seit 1993 in Kraft und auch nur in Bezug auf die Bemessungsgrundlagen harmonisiert. Die Höhe und Progression sind weiterhin den Kantonen überlassen. Hier herrscht sehr intensiver Wett- bewerb. Ein Kanton hat auch degressive Steuern eingeführt. Das wurde vom Bundesgericht allerdings als verfassungswidrig qualifiziert. Jetzt noch ein letztes: Herr Isensee, Herr Zacher und Herr Pitschas haben auf den wichtigen Punkt Solidarität hingewiesen. Ich sehe Soli- darität als Teil des sozialen Prinzips. Ein Problem liegt vor, wenn der Wettbewerb kein besseres Produkt schafft, sondern wenn er nur Grup- pen trennt. Wenn der Wettbewerb also dazu führt, dass die Reichen wegziehen in die Niedrigsteuer-Kantone (wobei im Schweizer Kanton Obwalden seit neuestem tatsächlich einzelfallbezogene „Bauzonen mit hoher Wohnqualität“ vorgesehen werden können), dann ist es sicher- lich keine normativ wünschenswerte Folge.

Engel: Ich möchte die Sitzung schließen mit dem erneuten ganz herz- lichen Dank an die beiden Referenten. Sie haben uns einen ausgespro- chen spannenden Auftakt unserer Tagung beschert. Demokratie als Wettbewerbsordnung 135

Zweiter Beratungsgegenstand: Demokratie als Wettbewerbsordnung

1. Bericht von Professor Dr. Armin Hatje, Hamburg

Inhalt

Seite I. Gemeinwohl durch Demokratie ...... 137 II. Demokratie und Wettbewerb ...... 139 1. Freiheit, Demokratie und Wettbewerb ...... 139 2. Begriff des demokratischen Wettbewerbs ...... 143 3. Funktionen demokratischen Wettbewerbs ...... 145 4. Rechtliche Ordnung demokratischen Wettbewerbs . . . 147 5. Grenzen demokratischen Wettbewerbs ...... 148 III. Das Grundgesetz zwischen Wettbewerb und Konkordanz . 149 1. Gesellschaftliche Arena ...... 149 2. Eingeschränkter Parteienwettbewerb ...... 151 a) Der Ordnungsrahmen des Parteienwettbewerbs . . . 151 b) Fehlende Gemeinwohlorientierung der Parteien? . . 151 c) Uniformität des Angebots durch Kooperation . . . . 152 d) Gefahren eingeschränkter innerparteilicher Demokratie ...... 153 e) Wettbewerbsbeschränkungen durch Partei- finanzierung? ...... 154 f) Aufbau marktbeherrschender Stellungen? ...... 154 3. Wahlarena ...... 155 a) Freiheit der Wahl: Begrenzter Zugang ...... 156 b) Unmittelbarkeit der Wahl: Begrenzte Auswahl . . . . 157 c) Begrenzte Wirkung der Wahl ...... 158 4. Die Regierungsarena im föderalen Verhandlungssystem . 158 5. Reformen ...... 159 a) Systemimmanente Wettbewerbsverstärkung . . . . . 160 b) Wettbewerbsförderung durch Systemergänzung . . . 160 c) Wettbewerbsförderung durch einen Systemwechsel? 161 IV. Die Europäische Union als Konkordanzdemokratie . . . . . 162 1. Ausgangspunkt: die EU als Verhandlungssystem . . . . . 162 136 Armin Hatje

2. Leistungen und Defizite ...... 163 3. Legitimation durch Wettbewerb? ...... 164 4. Grenzen autonomer Legitimation durch politischen Wettbewerb ...... 165 V. Schluss ...... 166 Demokratie als Wettbewerbsordnung 137

I. Gemeinwohl und Demokratie

Während sich die Wirtschaft des Wettbewerbs bedient, um den indi- viduellen Nutzen in ein wohlfahrtsökonomisches Optimum zu verwan- deln, verwirklichen der Staat und seine überstaatlichen Komplementär- organisationen das Gemeinwohl, indem sie ihre Entscheidungen demokratisch an den Willen des Volkes binden. Obwohl sich die Ver- fahren auf den ersten Blick grundlegend unterscheiden, wird bei ge- nauerem Hinsehen deutlich, dass auch die Demokratie auf Wettbewerb angewiesen ist, wenn sie ihr Gemeinwohlversprechen einlösen will. So sind der „Meinungskampf“ und der „Parteienwettbewerb“ begriffliche Indizien eines umfassenden Prinzips, dessen Funktion und Bedeutung für die Demokratie insbesondere der Nationalökonom Joseph Schum- peter in den Mittelpunkt seiner Demokratietheorie gestellt hat. Danach ist Demokratie „… diejenige Ordnung der Institutionen zur Erreichung politischer Entscheidungen, bei welcher einzelne die Entscheidungsbefugnis vermittels eines Konkurrenzkampfes um die Stimmen des Volkes erwer- ben“.1 Das Gemeinwohl erweist sich dabei als ein Nebenprodukt des politischen Wettbewerbs um die Macht, im gleichen Sinne wie „die Pro- duktion eine Nebenerscheinung beim Erzielen von Profiten ist“.2 Jedoch ist der Alltag der Demokratie namentlich in der Bundesrepu- blik Deutschland weniger durch Wettbewerb als durch vielfältige Ko- operationsbeziehungen geprägt. Sie beruhen zum einen auf stillschwei- genden oder ausdrücklichen Arrangements der politischen Kräfte. Viele Lösungen gesellschaftlicher Konflikte werden etwa in Koalitions- zirkeln oder an „Runden Tischen“ ausgehandelt.3 Zum anderen ver-

1 J.A. Schumpeter Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 7. Aufl. 1993, 428 (Deutsche Ausgabe des 1942 in englischer Sprache erschienen Werkes „Capitalism, Socialism and Democracy“). 2 Schumpeter (Fn. 1), 448; zum Verhältnis von wirtschaftlichem Wettbewerb und staatlicher Verantwortung insgesamt P. Kirchhof Das Wettbewerbsrecht als Teil einer folgerichtigen und widerspruchsfreien Gesamtrechtsordnung, in: P. Kirchhof (Hrsg.) Gemeinwohl und Wettbewerb, 2005, 1; s. ferner C. Kirchner Privates Wettbewerbs- recht und Gemeinwohlverwirklichung, ebenda, 45 (69). 3 S. etwa die eingehende Analyse von G. Pöllmann Kooperativer Staat und Parteien- demokratie, 2006, insb. 195ff.; ferner K. von Beyme Die politische Klasse im Parteien- staat, 1993, 185; W. Hennis Die Kehrseite des Parteienstaates, in: W. Hennis (Hrsg.) Auf dem Weg in den Parteienstaat, 1998, 54; eher feuilletonistisch, aber dennoch infor- mativ T. Darnstädt Die Konsensfalle – wie das Grundgesetz Reformen blockiert, 2004, insb. 16ff.; zu den Konkurrenzelementen des Grundgesetzes D. Grimm Politische Par- teien, in: E. Benda/W. Maihofer/H. J. Vogel (Hrsg.) Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl. 1994, § 14 Rn. 6ff.; ausdrücklich spricht M. Morlok, in: H. Dreier (Hrsg.) GG- Kommentar, 2. Aufl. 2006, Art. 21 Rn. 26 von einer „Wettbewerbsdemokratie“. 138 Armin Hatje langt das Regieren in der bundesstaatlichen Ordnung und in der Euro- päischen Union nach kooperativen Entscheidungsverfahren.4 Die Hauptakteure sind die Regierungen. Ihr Entscheidungsmodus ist der Konsens und ihr Verhandlungsstil setzt auf Vertraulichkeit, um Konzes- sionsspielräume wahren zu können.5 So wichtig kooperative Formen demokratischer Herrschaft insbesondere bei zugespitzten Interessen- konflikten sein mögen6, so wenig ist zu übersehen, dass vor allem ihre Intransparenz7 die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung und die Verantwortlichkeit des Parlaments gegenüber dem Wähler erheblich schwächen.8 Zudem bergen Verhandlungssysteme auf staat- licher und überstaatlicher Ebene die Gefahr beträchtlicher Entschei- dungskosten durch lange Verfahren, was ihren Flexibilitäts- und Inno- vationspotentialen natürliche Grenzen setzt.9 Die wachsende Fraktion der Nichtwähler und die messbare Unzufriedenheit mit den Leistungen der Demokratie sind Warnsignale.10 Die kooperativen Verfahren bedür-

4 Zu den kooperativen Zwängen und Traditionen des deutschen Föderalismus grundlegend G. Lehmbruch Parteienwettbewerb im Bundesstaat, 3. Aufl. 2000, insb. 24ff.; zur europäischen Konkordanzdemokratie S. Oeter Föderalismus und Demokra- tie, in: A. v. Bogdandy (Hrsg.) Europäisches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2009, 112; H.-H. Trute Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: W. Hoffman- Riem/E. Schmidt-Aßmann/A. Voßkuhle (Hrsg.) Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 2006, § 6 Rn. 112ff. 5 Lehmbruch (Fn. 4), 26. 6 G. Sartori Demokratietheorie, 1992 (Sonderausgabe 1997), 241, betont, dass die Mehrheitsregel dort nicht anwendbar ist, wo „intensive Minderheiten“ vorhanden sind; siehe auch K. Hesse Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn. 141/142. 7 Dazu etwa kritisch I. Shapiro The State of Democratic Theory, 1998, 22. 8 So unterstreicht Lehmbruch (Fn. 4), 29, dass Verhandlungssysteme mehrheitsdemo- kratische Entscheidungsprozesse ins Leere laufen lassen können, wenn außerparlamen- tarisch erreichte Verhandlungsergebnisse durch die parlamentarische Mehrheit nicht mehr zu revidieren sind. Der sog. Bologna-Prozess ist ein Beispiel aus jüngerer Zeit, das deutlich macht, welche Determinationskraft insbesondere von internationalen Verhand- lungen der Exekutive ausgeht, denen sich nationale Parlamente vor allem dann kaum noch widersetzen können, wenn wirkmächtige autonome Motive (wie z.B. Erhöhung des Akademiker-Outputs oder bessere Ressourcenbewirtschaftung) hinzukommen. 9 Zu den Vor- und Nachteilen abgewogen Lehmbruch (Fn. 4), 24ff. 10 Bei der Bundestagswahl 2009 betrug die Wahlbeteiligung etwa 71 %; auch die Un- zufriedenheit mit den Leistungen der Demokratie in Deutschland ist, wenn auch mit Schwankungen über die Jahre, gewachsen, vgl. etwa die Ergebnisse einer Umfrage der Zeitschrift „Focus“ vom 09.06.09: 54 % der Teilnehmer waren eher unzufrieden bis sehr unzufrieden mit der Demokratie in Deutschland; zur Krise der parlamentari- schen Demokratie im allgemeinen s.a. R. Dahrendorf Die Krisen der Demokratie, 2003, insb. 18, zur Loslösung der politischen Entscheidungsprozesse im globalen Maßstab von den traditionellen Formen demokratischer Legitimation und Kontrolle. Demokratie als Wettbewerbsordnung 139 fen deshalb eines konkurrenziellen Gegengewichts, um den Anforde- rungen an eine gemeinwohlorientierte Politik gerecht werden zu kön- nen.11 Dieser Ausgleich muss im Zentrum der primären Politikgestal- tung ansetzen, im Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland, mithin beim Parlament. Im Folgenden wird – um mit Joseph Schumpeter zu sprechen – in „verzweifelter Kürze“ versucht, die Notwendigkeit eines intensiveren demokratischen Wettbewerbs zu begründen. Mehr Wettbewerb würde nicht nur die Legitimationsleistung des parlamentarischen Regierungs- systems der Bundesrepublik Deutschland verbessern, sondern könnte auch als weiterer Baustein einer demokratischen Ordnung der Europäi- schen Union dienen. Das Ziel ist es, knapp formuliert, eine gemein- wohlfördernde Balance zwischen Konkurrenz und Konkordanz zu er- reichen.

II. Demokratie und Wettbewerb

Zunächst ist zu begründen, weshalb sich das Wettbewerbsparadigma überhaupt auf das Demokratieprinzip übertragen lässt, worin sein funk- tioneller Mehrwert liegt und welche rechtliche Ordnung demokrati- scher Wettbewerb benötigt, wenn er die erhofften Gemeinwohlvorteile erbringen soll.

1. Freiheit, Demokratie und Wettbewerb Wettbewerb ist ein Phänomen jeder freiheitlichen Ordnung. Die umfassende Freiheit des Einzelnen schafft einen Raum, in dem Private neben dem Sport, etwa in der Wirtschaft, in der Kultur, in der Wissen- schaft oder im Diskurs über öffentlichen Angelegenheiten in vielfältige Konkurrenzbeziehungen zueinander treten können.12 Die Idee der Frei-

11 Zur Balance zwischen Konkurrenz und Konkordanz s. etwa Shapiro (Fn. 7), 50ff.; Sartori (Fn. 6), 239; weitergehend formuliert I. Pies Ordnungspolitik der Demo- kratie, 2000, 61: „Konkurrenz ist ein Instrument gesellschaftlicher Kooperation“, wobei darauf abgestellt wird, dass Wettbewerb zwar einerseits Wahlfreiheit sichern soll, andererseits aber bei umfassender Betrachtung dazu dient, in Tauschbeziehungen (Kooperation) einzutreten. 12 S. etwa U. Di Fabio Wettbewerbsprinzip und Verfassung, ZWeR 2007, 266; be- zogen auf den wirtschaftlichen Wettbewerb W. Eucken Grundsätze der Wirtschafts- politik, 5. Aufl. 1975, 275, zum Verhältnis der Vertragsfreiheit zur Konkurrenz: R. Cla- pham Das wettbewerbliche Konzept der Wettbewerbsfreiheit, in: H. Cox/U. Jens/ K. Markert (Hrsg.) Handbuch des Wettbewerbsrechts, 1981, 130 (132f.). 140 Armin Hatje heit, verbunden mit dem Anspruch auf gleiche Freiheit aller, liegt auch dem demokratischen Prinzip zugrunde.13 Sie mündet in die Forderung nach politischer Selbstbestimmung des Einzelnen ein, die im Prinzip der Volkssouveränität ihren wesentlichen Ausdruck gefunden hat.14 Dieses verlangt einen Zurechnungszusammenhang zwischen den im Volk zusammengefassten Individuen und den unterschiedlichen Äuße- rungsformen von Herrschaft.15 Demokratie ist daher in erster Linie ein Legitimationsprinzip. Das Legitimationserfordernis verweist auf zwei Aspekte demokratischer Herrschaft, die untrennbar mit dem Wettbe- werbsgedanken verbunden sind:16 Zum einen sind die mit der Herrschaftsausübung betrauten Organe verpflichtet, sachgerechte Lösungen für politische Probleme zu finden oder, allgemeiner formuliert, dem Gemeinwohl zu dienen.17 Sofern

13 H. Dreier, in: Dreier (Hrsg.) GG-Kommentar, 2. Aufl. 2006, Art. 20 (Demokratie) Rn. 67; M. Kriele Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, VVDStRL 29 (1971), 46 (61) zur Verbindung von Freiheit und Gleichheit im Gedanken demokratischer Herrschaft. 14 Vgl. zu diesem Zusammenhang H. Kelsen Vom Wesen und Wert der Demokratie, 1929 (Nachdruck 1981), 3ff. (insb. 13); zum freiheitlichen Fundament der Demokratie C. Möllers Demokratie – Zumutungen und Versprechungen, 2008, 13. 15 Zu diesem Legitimations- und Verantwortungszusammenhang prägnant Dreier (Fn. 13), Art. 20 Rn. 87; B. Pieroth, in: H.D. Jarass/B. Pieroth (Hrsg.) GG-Kommen- tar, 10. Aufl. 2007, Art. 20 Rn. 9; zur Entwicklung der Volkssouveränität B. Grzeszick, in: T. Maunz/G. Dürig/R. Herzog GG-Kommentar, 55. Auflage 2009, Art. 20 Rn. 33ff. 16 Zur Unterscheidung zwischen Output- und Input-Legitimation grundlegend F. Scharpf Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung, 1975, 21ff.; s.a. A. Waschkuhn Demokratietheorie, 1998, 17; dagegen sieht C.D. Classen Demokrati- sche Legitimation im offenen Rechtsstaat, 2009, 37, in der Output-Legitimation ein Element der Rechtsstaatlichkeit. Zur Offenheit des politischen Prozesses für konkur- rierende Lösungen als Voraussetzung der Gemeinwohlkonkretisierung in modernen Gesellschaften P. Graf Kielsmansegg Gemeinwohl durch politischen Wettbewerb, in: H.H. von Arnim/K.-P. Sommermann (Hrsg.) Gemeinwohlgefährdung und Gemein- wohlsicherung, 2004, 125 (129). Zum Wettbewerb als einem vorrangigen Modus demokratischer Herrschaft BVerfG NJW 2009, 2267 Rn. 250 („Lissabon“); ferner J. Lege Drei Versuche über Demokratie – unter besonderer Berücksichtigung der Idee des Wettbewerbs, JZ 2009, 756; J. Krüper Kommunale Stichwahlen als demokrati- sches Wettbewerbsgebot, DÖV 2009, 758. 17 Zur Gemeinwohlbindung als grundlegender Legitimationskategorie staatlicher Herrschaft J. Isensee Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: HStR III, 1988, § 57 Rn. 2: „Inbegriff aller legitimen Staatsziele“; zur Gemeinwohlbindung des Amtsträgers O. Depenheuer Das öffentliche Amt, HStR II, § 36 Rn. 45; zur Arbeitsteilung zwischen Privaten und Staat bei der Gemeinwohlverwirklichung C.C. von Weizsäcker Zur Gemeinwohlorientierung des Wettbewerbsrechts, in: P. Kir- chof (Hrsg.), Gemeinwohl und Wettbewerb, 2005, 85 (94): „ … in concreto ist der Demokratie als Wettbewerbsordnung 141 man nicht der naturrechtlich geprägten Vorstellung eines substantiell vorgegebenen Gemeinwohls folgt18, sondern sich der liberalen Idee verpflichtet weiß, dass die Wahrheit niemals gewiss und die mensch- liche Erkenntnisfähigkeit begrenzt ist, bleibt der Begriff inhaltlich prin- zipiell offen.19 Jede Entscheidung, die Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nimmt, ist daher lediglich ein Vorschlag, der sich einer kritischen Überprüfung stellen muss, also einem Wettbewerb der poli- tischen Gestaltungsoptionen.20 Zum anderen muss das Entscheidungsergebnis – der Output – ent- weder unmittelbar auf den Willen des Volkes zurückgehen oder Reprä- sentanten zuzurechnen sein, die vom Volk gewählt und ihm gegenüber

Staat für das Gemeinwohl verantwortlich. Aber wir verstehen, dass aufgrund der Struktureigenschaften von Staat und privater Wirtschaft eine Maximierung der Staats- tätigkeit nicht das Gemeinwohl maximiert.“ 18 Dagegen sehr prononciert Schumpeter (Fn. 1), 397ff. 19 Zur prinzipiellen Offenheit des Gemeinwohlbegriffs jenseits seiner generellen Funktion als Leitlinie einer individuelle bzw. partikulare Interessen transzendierenden Ausrichtung staatlicher Tätigkeit, s. etwa D. von der Pfordten Zum Begriff des Gemein- wohls, in: M. Morlok/U. von Alemann/H. Merten (Hrsg.) Gemeinwohl und Parteien, 2008, 22 (26, 30ff.). Freilich ist der Begriff negativ durch die Grundrechte begrenzt und kann positiv etwa durch Staatsziele substantiell angereichert werden. Aber selbst dann bleibt in der Regel ein weiter Konkretisierungsspielraum übrig, der durch Ent- scheidungen, nicht aber durch eine „höhere Erkenntnis“ dessen, was Gemeinwohl sein soll, ausgefüllt werden muss. Einen Versuch, den Gemeinwohlbegriff inhaltlich aufzuladen, unternimmt M. Anderheiden Gemeinwohl in Republik und Union, 2006, insb. 675ff.; s.a. B.J. Hartmann Eigeninteresse und Gemeinwohl bei Wahlen und Ab- stimmungen, AöR 2009 (Bd. 134), 1. 20 S. dazu die dissenting opinion von Richter Oliver Wendell Holmes in Abrams v. United States, 250 U.S. 616 (630) (1919): „Persecution for the expression of opinions seems to me perfectly logical. If you have no doubt of your premises or your power and want a certain result with all your heart you naturally express your wishes in law and sweep away all opposition … But when men have realized that time has upset many fighting faiths, they may come to believe even more than they believe the very foundations of their own conduct that the ultimate good desired is better reached by free trade in ideas … that the best test of truth is the power of the thought to get itself accepted in the competition of the market, and that truth is the only ground upon which their wishes safely can be carried out. That is at any rate the theory of our Constitu- tion (Hervorhebungen vom Verf.).“; zum Wettbewerb der Meinungen als Element de- mokratischer Willensbildung W. von Simson Das demokratische Prinzip im Grundge- setz, VVDStRL 29 (1971), 3 (14); J. Isensee Konkretisierung des Gemeinwohls in der freiheitlichen Demokratie, in: H.H. von Arnim/K.-P. Sommermann (Hrsg.) Gemein- wohl und Gemeinwohlsicherung, 2004, 95 (101f.), weist zu Recht darauf hin, dass nicht jede demokratisch getroffene Entscheidung dem Gemeinwohl entsprechen müsse, also Demokratie als Verfahren und Gemeinwohl als Ergebnis auf verschiede- nen Ebenen angesiedelt seien. 142 Armin Hatje verantwortlich sind.21 Der in Art. 2 der französischen Verfassung nie- dergelegte Grundsatz der Republik „Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk“ verdeutlicht diesen Zusammenhang.22 Die Rückbin- dung der politischen Willensbildung an das Volk – der demokratische Input – wird prozedural durch eine freie öffentliche Meinungsbildung und formalisierte Verfahren wie etwa Volksentscheide und Wahlen sichergestellt. In Verbindung mit dem Mehrheitsprinzip erlauben sie einen Wettbewerb der politischen Kräfte um größtmöglichen Einfluss auf die politischen Entscheidungen.23 Zwar sind der Konsens und damit die Einstimmigkeit mindestens ebenso demokratisch.24 Politischer Wettbewerb setzt auf einer vorgelagerten Stufe sogar einen Konsens über die Geltung der Mehrheitsregel voraus.25 Jedoch verbindet das Mehrheitsprinzip vor allem unter den Bedingungen einer Massen- demokratie in angemessener Weise die Erfordernisse effizienter Ent- scheidungsprozesse mit dem Grundsatz demokratischer Freiheit und

21 Zu den Artikulations- und Verwirklichungsbedingungen des Volkswillens E.W. Bö- ckenförde Demokratische Willensbildung und Repräsentation, HStR III, Rn. 4ff., der insbesondere auf das Erfordernis hierzu geeigneter Verfahren verweist; zur Viel- deutigkeit des „Volkswillens“ als einer Quelle demokratischer Herrschaft siehe etwa Shapiro (Fn. 7), der unterstreicht, dass es in der Demokratietheorie im Kern um die Rationalität menschlichen Handelns geht. Dazu gehört auch die Frage, wie sich das „Gemeinwohl“ im Sinne eines „common good“ durch eine Rückkoppelung an den Willen des Volkes feststellen lässt. In dieser Hinsicht geht etwa Schumpeter (Fn. 1) mit der Fähigkeit des Volkes, überhaupt einen politischen Willen zu bilden, besonders hart ins Gericht (416): „So fällt der typische Bürger auf eine tiefere Stufe der gedank- lichen Leistung, sobald er das politische Gebiet betritt. Er argumentiert und analysiert auf eine Art und Weise, die er innerhalb der Sphäre seiner wirklichen Interessen be- reitwillig als infantil bezeichnen würde“. 22 Übersetzung aus: La Constitution Francaise – Die französische Verfassung, Text- ausgabe des Secrétariat Général de l’Assemblée Nationale/Ministère des Affaires Étrangères; im französischen Orginal heißt es: „Son principe est: gouvernement du peuple, par le peuple et pour le peuple.“ Der Grundsatz ähnelt dem überlieferten Aus- spruch Abraham Lincolns, der einer Rede entstammt, die er im Rahmen der Einwei- hungszeremonie eines Soldatenfriedhofs in Gettysburg am 19. November 1863 gehal- ten hat: „ … that the nation shall, under God, have a new birth of freedom, and that the government of the people, by the people, and for the people, shall not perish from the earth.“, zitiert nach Abraham Lincoln, Gettysburg Address, mit einem Essay von E. Krip- pendorff, 1994, 10; zur Demokratie (auch) als Herrschaft für das Volk K. Hesse Die verfassungsrechtliche Stellung der politischen Parteien, VVDStRL 17 (1959), 11 (19f.). 23 Zwar gilt für den „Meinungswettbewerb“ kein formalisiertes Mehrheitsprinzip, jedoch beruht die Konkurrenz der Meinungen auf der Vorstellung, durch Bildung einer Mehrheitsmeinung die politischen Verhältnisse beeinflussen zu können. Dies macht sich bekanntlich die Demoskopie zunutze. 24 Hesse (Fn. 6), Rn. 141. 25 Grimm (Fn. 3), § 14 Rn. 11. Demokratie als Wettbewerbsordnung 143

Gleichheit.26 Insbesondere erleichtert es die Revision einmal getroffe- ner Entscheidungen.27 Gerade weil die Mehrheit sich irren kann, er- weist sich das Mehrheitsprinzip als Garant eines offenen Wettbewerbs um die bessere Lösung gesellschaftlicher Probleme.

2. Begriff des demokratischen Wettbewerbs Der Wettbewerbsbegriff eignet sich nicht nur als Metapher, sondern auch als eine analytische Kategorie, die es erlaubt, Erkenntnisse der Ökonomie für das bessere Verständnis und die Optimierung politischer Entscheidungsprozesse fruchtbar zu machen. Im Anschluss an Joseph Schumpeter hat insbesondere Anthony Downs in den 1950er Jahren ge- zeigt, welches Potential in einer ökonomischen Analyse der Demokra- tie steckt.28 Dies gilt insbesondere für das Wettbewerbsprinzip und die Frage, welche rechtlichen Vorkehrungen dazu beitragen können, die primär eigennützig handelnden politischen Akteure auf die Verfolgung von Gemeinwohlzielen zu verpflichten.29

26 Zur umstrittenen Frage, ob der Mehrheitsgrundsatz eher der Freiheit oder der Gleichheit dient s. etwa H. Kelsen (Fn. 14), 9; ausführlich zur Rechtfertigung des Mehrheitsprinzips H. Dreier (Fn. 13), Art. 20 Rn. 73ff. 27 Dreier (Fn. 13), Art. 20 Rn. 78. 28 A. Downs An Economic Theory of Democracy, 1957, in deutscher Übersetzung: Ökonomische Theorie der Demokratie, 1968 (im Folgenden wird auf die deutsche Fassung Bezug genommen); aus jüngerer Zeit K. Benoit/M. Laver Party Policy in Mo- dern Democracies, 2006, 35ff. zu „policy positions and theoretical models of political competition“. 29 Zentral ist hierfür das „Eigennutzaxiom“, welches als theoretische Modellvorstel- lung menschlicher Rationalität von dem individuellen Streben nach Optimierung ei- gener Vorteile ausgeht, auch wenn andere dadurch Schaden erleiden, siehe Downs (Fn. 28), 26f. Diese Grundannahme wird heute nicht mehr uneingeschränkt geteilt. Freilich verwendet Downs sie lediglich als theoretische Prämisse und nicht als empi- rische Tatsache. Ihr Wahrheitsgehalt zeigt sich erst dann, wenn sich die Analysen und Vorhersagen aufgrund des Modells in der Wirklichkeit der Demokratie als zutreffende Aussagen erweisen, siehe dazu ders., 33f.; siehe ferner zum Nutzen einer ökonomi- schen Analyse des öffentlichen Rechts und Bezugnahme auf den rational choice-An- satz A. van Aaken „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, 17ff. mit einem ausgewogenen Konzept einer ökonomischen Analyse des Rechts, welches versucht, den begrifflichen und analytischen Apparat der Wirtschaftswissenschaft auf die Be- sonderheiten einer staatlichen bzw. überstaatlichen Normenordnung abzustimmen; s.a. G. Roellecke Was sind uns die Parteien wert?, in: C. Engel/M. Morlok (Hrsg.) Öf- fentliches Recht als Gegenstand ökonomischer Forschung, 1998, 61, zu den analyti- schen Potentialen und Grenzen politischer Ökonomie; zur Bedeutung James Bucha- nans, der als Begründer der konstitutionellen Ökonomie gilt, s. I. Pies, Theoretische Grundlagen demokratischer Wirtschaftspolitik – Der Beitrag James Buchanans, in: I. Pies/M. Leschke (Hrsg.) James Buchanans konstitutionelle Ökonomik, 1996, 1. 144 Armin Hatje

Deshalb stellt sich als nächstes die Frage, was demokratischen Wett- bewerb auszeichnet. Angesichts der unterschiedlichen ökonomischen Wettbewerbskonzepte kann es nur um die Herausarbeitung von be- stimmten Merkmalen gehen, die für eine Konkurrenzsituation typisch sind.30 Danach umschreibt Wettbewerb einen in der Zeit ablaufenden Prozess mit zielgerichteter Aktivität.31 Die Teilnehmer an diesem Prozess treten als Anbieter und als Nachfrager auf Märkten auf. Die Intention der Anbieter ist es, individuelle Vorteile etwa in Form von Gewinnen, Marktanteilen oder Umsatzwerten zu erlangen. In der repräsentativen Demokratie wären dies vor allem die Parteien, die nach politischen Ämtern oder Parlamentsmandaten streben.32 Auch die Nachfrager beabsichtigen eine optimale Verwirklichung ihrer Präferen- zen, die sich etwa auf den Preis, auf die Menge oder eine bestimmte Qualität des Wirtschaftsgutes beziehen. Ihnen entspricht im demokra- tischen Wettbewerb der Wähler, der seine Interessen von den Parteien verwirklicht sehen will.33 Die Parteien können daher ihre Ziele nur er- reichen, wenn sie programmatische und personelle Angebote unter- breiten, in denen sich die politischen Präferenzen einer Wählermehrheit möglichst widerspiegeln. Demokratischer Wettbewerb lässt sich mithin in einer ersten Annäherung als Prozess definieren, in dem die Verwirk- lichung des Gemeinwohls dadurch angestrebt wird, dass verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Politikentwürfen und Personalangeboten um regierungsfähige Mehrheiten kämpfen.34 Dieses Modell ist allerdings noch zu undifferenziert. Denn es gibt, ebenso wie in der Wirtschaft, nicht „den“ demokratischen Wettbewerb schlechthin. Auch in der Ökonomie schafft erst der jeweilige Markt als Forum für den Austausch bestimmter Güter einen Bezugsrahmen für die Konkurrenz als Modus ihrer Verteilung und den Preis als Indikator

30 Diese Schwierigkeit sieht auch Schumpeter (Fn. 1), 430, in aller Deutlichkeit. 31 Siehe etwa G. Aberle Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik, 1992, 13. 32 Demgemäß definiert Schumpeter (Fn. 1), 449f., als Partei: „Eine Partei ist eine Gruppe, deren Mitglieder willens sind, im Konkurrenzkampf um die politische Macht in Übereinstimmung miteinander zu handeln“. Downs (Fn. 28), 289 vergleicht die Par- teien in der Demokratie mit den Unternehmen in einer auf Gewinn abzielenden Wirt- schaft. 33 Downs (Fn. 28), 35: auch der Bürger wählt die Partei, von der er sich persönlich den größten Vorteil erhofft. 34 Damit ist zugleich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem wirtschaftlichen und dem politischen Wettbewerb markiert: Der wirtschaftliche Wettbewerb besteht aus einem Kampf um ökonomische Vorteile im Wege des wirtschaftlichen Tausches, der auf der Basis sicherer Verfügungsrechte vor sich geht. Der politische Wettbewerb ist hingegen ein Kampf um die Macht, diese Verfügungsrechte ändern zu können, s. R. Richter/E. Furubotn Neue Institutionenökonomik, 3. Aufl. 2003, 521f. Demokratie als Wettbewerbsordnung 145 ihrer Knappheit. Deshalb müssen auch für den demokratischen Wett- bewerb gleichsam die Märkte oder, wie die Politikwissenschaft plasti- scher formuliert, die politischen „Arenen“35 bestimmt werden. Sie las- sen sich anhand des Wettbewerbsgegenstandes, der Akteure und ihrer Ziele voneinander abgrenzen. Dies kann indes nur im Rahmen eines konkreten Verfassungssystems geschehen.36 Im dritten und vierten Teil wird darauf zurück zu kommen sein.

3. Funktionen demokratischen Wettbewerbs Der spezifische Nutzen einer wettbewerblichen Ausgestaltung demo- kratischer Legitimationsverfahren wird deutlich, wenn man das Leis- tungsangebot des Wettbewerbsparadigmas mit dem Anforderungsprofil des demokratischen Prinzips vergleicht. Die Funktionen demokrati- scher Konkurrenz umreißen zugleich den Beitrag, den Wettbewerb zur Gemeinwohlkonkretisierung beisteuern kann:37 – Freiheitsfunktion: Erstens setzt funktionierender Wettbewerb Frei- heit voraus. Nur so kann sich eine Vielzahl politischer Angebote ent- wickeln. Ferner trägt er dazu bei, individuelle Freiheitsspielräume zu erhalten, indem er die Wahlfreiheit erhöht und damit die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern, etwa bestimmten Parteien, verringert.38 Zu- gleich unterstützt die politische Freiheit die allgemeine Autonomie, wie umgekehrt die persönliche und wirtschaftliche Souveränität im Sinne einer „Interdependenz der Ordnungen“39 zu den notwendigen Voraus- setzungen politischer Teilhabe gehört.40

35 Der Begriff der Arena wird auf Theodore Lowi zurückgeführt, Lehmbruch (Fn. 4), 19; danach bezeichnet er funktionelle Teilbereiche des jeweiligen Systems, in das die politischen Entscheidungsprozesse eingebettet sind. 36 Deshalb spricht Downs (Fn. 28), 284 ausdrücklich davon, dass es, bedingt durch die Unterschiedlichkeit der politischen Systeme, insbesondere der Verfassungen, eine Vielzahl von ökonomischen Theorien der Demokratie geben kann. 37 Zu den unterschiedlichen Systematisierungsansätzen siehe etwa G. Knieps Wett- bewerbsökonomie, 3. Aufl. 2008, 4; G. Aberle (Fn. 31), 14; H. Cox/H. Hübener, in: H. Cox/U. Jens/K. Markert (Hrsg.) Handbuch des Wettbewerbs, 1981, 4. 38 Aberle (Fn. 31), 13; W. Hennis Aufgabe und Grenzen der Parteien, in: W. Hennis (Hrsg.) Auf dem Weg in den Parteienstaat, 1998, 12, sieht im frei gebildeten politi- schen Willen und in der Konkurrenz unterschiedlicher Ansichten, die sich in Parteien organisieren, eine unabdingbare Voraussetzung einer freiheitlichen Demokratie. 39 Siehe dazu Eucken (Fn. 12), 180ff. 40 Die Notwendigkeit auch einer prinzipiell staatsfreien Persönlichkeits- und Be- rufssphäre als Grundlage einer angstfreien politischen Teilhabe unterstreicht Grimm (Fn. 3), Rn. 11. 146 Armin Hatje

– Innovationsfunktion: Zweitens fördert demokratischer Wettbewerb politische Innovationen.41 Damit trägt er zur Lösung eines Problems bei, mit dem Wirtschaft und Politik – und Wissenschaft – gleichermaßen zu kämpfen haben: die Begrenztheit menschlichen Wissens und die Gren- zen menschlicher Erkenntnis. In der Demokratie gilt deshalb, wie es Hans Kelsen formuliert hat, das Prinzip des politischen Relativismus.42 Keine Instanz kann für sich den alleinigen Besitz der Wahrheit und die einzig richtige Auffassung über das Allgemeinwohl beanspruchen. Die Suche nach einem Vorteil gegenüber dem Konkurrenten veranlasst namentlich die Parteien, über innovative Lösungen gesellschaftlicher Probleme etwa in der Wirtschafts- und Sozialpolitik nachzudenken. De- mokratischer Wettbewerb als „Entdeckungsverfahren“ im Sinne Hayeks lässt die politischen Gestaltungsoptionen sichtbar werden, macht sie zum Gegenstand eines kritischen Diskurses, scheidet evident ungeeig- nete aus und fördert so den Erfolg relativ plausibler Konzepte.43 – Anpassungsfunktion: Drittens erfüllt der Wettbewerb damit eine weitere Forderung jedes politischen Entscheidungssystems: Die Kon- kurrenz um die beste Lösung, den stärksten Einfluss auf die politischen Entscheidungsprozesse und um die Stimmen der Wähler, getragen von der Informations- und Innovationsfunktion des Wettbewerbs, zwingt zu einer schnellen Anpassung an geänderte Verhältnisse.44 – Auslese- oder Verantwortungsfunktion: Viertens geht vom Wettbe- werb in Verbindung mit dem Mehrheitsprinzip eine Selektionswirkung aus, welche die Konkurrenten in Gewinner und Verlierer teilt. Insofern ermöglicht Wettbewerb, was Karl Popper als Kern seines Demokratie- verständnisses formulierte: den unblutigen Wechsel der Regierung.45 Zugleich erhöht demokratischer Wettbewerb die Responsivität der politischen Akteure und der sie tragenden Organisationen. Wer unter

41 Zur Innovationsfunktion des wirtschaftlichen Wettbewerbs Aberle (Fn. 31), 14. 42 Kelsen (Fn. 14), 103; S. Müller-Franken Demokratie als Wettbewerbsordnung, DVBl. 2009, 1072. 43 F.A. von Hayek Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, in: F.A. Hayek (Hrsg.) Freiburger Studien, 1969, 249, weist darauf hin, dass überall dort, wo man sich des Wettbewerbs bedient, dies nur damit gerechtfertigt werden kann, dass wir die wesent- lichen Umstände nicht kennen, die das Handeln der im Wettbewerb stehenden be- stimmen. Zugespitzt formuliert Hayek: „Im Sport oder bei Prüfungen, bei den Verga- ben von Regierungsaufträgen oder der Verleihung von Preisen für Gedichte und nicht zuletzt in der Wissenschaft wäre es offensichtlich sinnlos, einen Wettbewerb zu ver- anstalten, wenn wir im Voraus wüssten, wer der Sieger sein wird“. 44 Dazu Lehmbruch (Fn. 4), 21; zweifelnd zur Effizienz politischen Wettbewerbs Richter/Furubotn (Fn. 34), 522. 45 K. Popper Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd. 1, 6. Aufl. 1986, 174f. (7. Kapitel II. Zweiter Absatz). Demokratie als Wettbewerbsordnung 147

Konkurrenzbedingungen wieder gewählt werden möchte, wird bei sei- nen Entscheidungen durch die erwartete Wählerreaktion beeinflusst.46 Wettbewerb bildet daher die Brücke zwischen dem demokratischen In- put und dem Output eines politischen Entscheidungssystems.

4. Rechtliche Ordnung demokratischen Wettbewerbs Allerdings bedarf demokratischer Wettbewerb, ebenso wie sein öko- nomisches Pendant, einer rechtlichen Ordnung, um seine Funktionen erfüllen zu können. Sie erschöpft sich nicht im Freiheits- und Gleich- heitspostulat als Wettbewerbsvoraussetzung.47 Denn gleiche Freiheit umfasst auch das Recht zur Kooperation. Daher sollte eine rechtliche Ordnung des demokratischen Wettbewerbs auch Vorkehrungen gegen solche Einschränkungen oder Verfälschungen enthalten, die seine Funktionsfähigkeit beeinträchtigen können.48 Indes verfügen weder das Grundgesetz noch die Verfassungsordnung der Europäischen Union über eine etwa dem GWB oder den Art. 101ff. AEUV vergleichbare Ordnung des demokratischen Wettbewerbs. Auch ein entwickeltes Lau- terkeitsrecht sucht man vergeblich.49 Jedoch wird sich bei genauerem Hinsehen zeigen, dass eine Reihe von Vorschriften und Rechtsgrund- sätzen anerkannt sind, die im Lichte des Wettbewerbsprinzips inter- pretiert, eine entsprechende Schranken- und Kontrollfunktion haben. Darüber hinaus ist Wettbewerb auf Transparenz angewiesen.50 Außer-

46 Sartori (Fn. 6), 160f.: „Rückkoppelungstheorie der Demokratie“; insofern kann eine Theorie des demokratischen Wettbewerbs auch einen Beitrag zur Accountability- Debatte leisten, in deren Mittelpunkt insbesondere die Voraussetzungen und Instru- mente einer wirksamen Machtkontrolle stehen, dazu etwa A. Schedler Conzeptualizing Accountabiltiy, in: A. Schedler/L. Diamond/M.F. Plattner (ed.) The Selfrestraining State – Power and Accountability in New Democracies, 1999, 13. 47 Zum Freiheits- und Gleichheitserfordernis in wettbewerblichen Systemen der Wirtschaft s. etwa A. Hatje Wirtschaftsverfassung im Binnenmarkt, in: A. v. Bogdandy (Hrsg.) Europäisches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2009, 801 (812f.). 48 Das Programm eines rechtlich geordneten Wettbewerbs hat Eucken (Fn. 12), 365, wie folgt formuliert: „Den spontanen Kräften der Menschen zur Entfaltung zu verhel- fen und zugleich dafür zu sorgen, dass sie sich nicht gegen das Gesamtinteresse wen- den, ist das Ziel, auf das sich die Politik der Wettbewerbsordnung richtet“. 49 S. zu den relevanten Individual- und Kollektivinteressen A. Beater Unlauterer Wettbewerb, 2002, 5ff. u. 8ff. 50 Für Wirtschaft und Wettbewerb J. Basedow Von der deutschen zur europäischen Wirtschaftsverfassung, 1992, 17f. Anders lässt sich der konstitutive Wissensmangel der Beteiligten nicht beheben, s. dazu M. Streit Theorie der Wirtschaftspolitik, 1991, 82; zur Transparenz als demokratisches Erfordernis s. nur BVerfGE 70, 324 (358); 103, 44 (63); P. Häberle Struktur und Funktion der Öffentlichkeit im demokratischen Staat, in: Politische Bildung 1970, Heft 3, 3. 148 Armin Hatje dem muss sichergestellt sein, dass der demokratische Wettbewerb in politische Entscheidungen einmündet, die eine Mehrheitsauffassung vom Gemeinwohl widerspiegeln. Hierfür stellt das Wahlrecht die ent- scheidenden Weichen.51 Schließlich bedarf jede Wettbewerbsordnung zu ihrer Wirksamkeit einer unabhängigen Kontrolle der Akteure.52 Sie wird vor allem durch die Öffentlichkeit und die Gerichte ausgeübt.

5. Grenzen demokratischen Wettbewerbs Jedoch sind der Entfaltung demokratischen Wettbewerbs in jedem Verfassungssystem Grenzen gesetzt. Demokratie geht deshalb nicht im Wettbewerbsprinzip auf; sie ist mithin nicht nur Wettbewerb. Zum einen wird demokratischer Wettbewerb durch das Rechtsstaatsprinzip begrenzt, wenn etwa seine Ergebnisse die Verfassung verletzen würden, insbesondere die Grundrechte, etwaige Staatszielbestimmungen oder solche Vorschriften, die wie Art. 79 Abs. 3 GG einzelne Verfassungsin- halte für unantastbar erklären. Zum anderen muss das Konkurrenzprin- zip zurücktreten, wenn die Anwendung der Mehrheitsregel die Grund- lagen des Gemeinwesens und die integrative Funktion der Demokratie gefährden oder gar zerstören könnte.53 Dies gilt namentlich für föderale Systeme.54 Unter solchen Voraussetzungen lässt sich demokratische Legitimation nur durch konsensuale Entscheidungsverfahren herstel- len. Jedoch wird der Integrationsgewinn konkordanzdemokratischer Verfahren durch einen Verlust an Effizienz und Transparenz erkauft.55 Deshalb weisen alle demokratischen Ordnungen sowohl Konkurrenz- als auch Konkordanzelemente auf.56 In welchem Verhältnis sie zueinan- der stehen ist einerseits Gegenstand strategischer Entscheidungen der

51 S. nur Grimm (Fn. 3), Rn. 6. 52 M. Morlok Parteienrecht als Wettbewerbsrecht, in: FS Tsatsos, 2003, 408 (444). 53 Sartori (Fn. 6), 241. 54 Zur Verbindung zwischen Föderalismus und Konkordanz s. etwa Oeter (Fn. 4), insb. 112ff.; speziell zur Schweiz die grundlegende Arbeit von D. Moser-Brühl Die schweizerische Staatsleitung im Spannungsfeld von nationaler Konsensfindung, Euro- päisierung und Internationalisierung, 2007, 407ff. 55 S. etwa Lehmbruch (Fn. 4), 26. 56 So hebt Schumpeter (Fn. 1), 430, hervor: „Im Wirtschaftsleben fehlt die Konkur- renz nie völlig, aber sie ist kaum je vollkommen …“; P. Herder-Dorneich Konkurrenz- demokratie – Verhandlungsdemokratie, 1980, 85, unterstreicht, dass Konkurrenz und Konkordanz nicht notwendige Gegensätze darstellen, sondern in einem dynamischen Verhältnis zueinander stehen. Ein Modus kann zeitweise in den anderen umschlagen; A. Lijphart Patterns of Democracy, 1999, 15. u. 16. Kapitel, vertritt die These, dass eine Demokratie mit gedämpftem (Parteien-) Wettbewerb die bessere Gemeinwohl- bilanz aufweise. Demokratie als Wettbewerbsordnung 149 politischen Akteure, andererseits eine Frage der konkreten rechtlichen Ordnung des demokratischen Prozesses.57

III. Das Grundgesetz zwischen Wettbewerb und Konkordanz

Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Funktionen und Gren- zen des Wettbewerbs in der demokratischen Ordnung des Grundgeset- zes, so weisen die meisten politischen Arenen deutliche Einschränkun- gen der Konkurrenz auf. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass die deutsche Verfassung zwar intensiven demokratischen Wettbewerb er- laubt, zugleich aber eine ebenso intensive Kooperation der potentiellen Konkurrenten nicht verbietet. Die festzustellenden Einschränkungen des demokratischen Wettbewerbs sind deshalb, bis auf einzelne Begleit- erscheinungen, nicht verfassungswidrig. Sie signalisieren aber einen verfassungspolitischen Reformbedarf.

1. Gesellschaftliche Arena Der Ausgangspunkt politischer Konkurrenz ist die gesellschaftliche Arena. Auf dem „marketplace of ideas“ werden Vorstellungen vom Ge- meinwohl geprägt, geprüft und auch verworfen.58 Der hier stattfin- dende öffentliche Meinungskampf ist, wie das Bundesverfassungsge- richt schon früh unterstrichen hat, für die Demokratie „schlechthin konstituierend“.59 Denn er verbindet nahtlos die Output-Legitimation mit dem demokratischen Input. Deshalb hat das Gericht in seiner all- seits bekannten Judikatur alles unternommen, um diese Arena gegen staatliche Ingerenzen und private Vermachtung zu schützen.60

57 Lehmbruch (Fn. 4), 14f., zu Konkurrenz und Konkordanz als Ausdruck unter- schiedlicher Handlungslogiken, die einerseits institutionell bedingt sind, also auch rechtlich, andererseits aber strategische Entscheidungen der Akteure darstellen, die unter gewandelten historisch-politischen Verhältnissen geändert werden können. 58 S. dazu die Entscheidung des U.S. Supreme Court Keyeshian v. Board of Re- gents, 385 U.S. 589, 605–606 (1967). Das Konzept wird Oliver Wendell Holmes zu- geschrieben, der den Ausdruck aber, soweit ersichtlich, in dieser Form nie gebraucht hat; s. aber oben (Fn. 20) zu Äußerungen von Holmes, die als Grundlage dieser Idee angesehen werden, s. dazu S. Ingber The marketplace of ideas: a legitimizing myth, Duke Law Journal 1984, 1 (3). 59 Vgl. etwa BVerfGE 7, 198 (208); 62, 230 (247); 71, 206 (219f.), 76, 196 (208f.). 60 Zur Gleichheit der Meinungen s. etwa BVerfGE 61, 1 (7); zum Binnenpluralismus im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vgl. etwa BVerfGE 57, 295 (320ff.); 73, 118 (153, 172f.); 83, 238 (296); 90, 60 (88f.); zum „Außenpluralismus“ des privaten Rundfunk- angebots vgl. etwa BVerfGE 95, 163 (172); zur mittelbaren Drittwirkung zum Schutz 150 Armin Hatje

Der Zugang auf der Nachfragerseite, also gleichsam der Meinungs- konsumenten, ist vor allem dank der elektronischen Medien einfach. Hingegen stehen dem Marktzugang auf Anbieterseite teils erhebliche faktische Hindernisse im Wege. Um sich in den traditionellen Medien Gehör zu verschaffen, bedarf es eines gewissen wirtschaftlichen, politi- schen oder institutionellen Gewichts. Der Meinungswettbewerb wird daher von organisierten Interessen, sprich Verbänden, Vertretern gro- ßer Unternehmen und den politischen Parteien dominiert.61 Ziel ist es, möglichst viel Zustimmung zu erlangen, die mit Hilfe der Demoskopie in politischen Druck oder am Wahltag in Stimmen verwandelt werden kann. Allerdings folgt aus der beschränkten Zahl der Anbieter und ih- ren wechselseitigen Verhaltensarrangements eine gewisse Uniformität des Diskurses. Sie wird in jüngerer Zeit, so auch bei der letzten Bun- destagswahl, durch das Internet als einem Medium mit denkbar niedri- gen Zugangsschwellen für Anbieter und Nachfrager von politischen Meinungsäußerungen aufgelockert.62 Die sich erst in Umrissen ab- zeichnenden Potentiale einer digitalen Öffentlichkeit mit niedrigen Zu- gangsschranken, die auch die Bildung neuartiger Gruppierungen wie etwa „Internetparteien“63 gestattet, fördert prinzipiell den Meinungs- wettbewerb und damit seinen demokratischen Legitimationsbeitrag.64 Hier liegt deshalb nach wie vor eine wichtige „Vitalitätsreserve“ der de- mokratischen Wettbewerbsordnung.

vor Einschränkungen durch Private grundlegend BVerfGE 7, 198; zu den Problemen im Rundfunkmarkt und den Lösungsstrategien s. etwa J. Wieland Vertikale und dia- gonale Konzentration am Rundfunkmarkt, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2007/1, 133. 61 S. dazu etwa W. Schmitt Glaeser Die grundrechtliche Freiheit des Bürgers zur Mitwirkung an der Willensbildung, HStR II, § 31 Rn. 38/39 und Rn. 42; H.-D. Horn Erosion demokratischer Öffentlichkeit?, VVDStRL 68 (2009), 413 (433f.); B. Holzna- gel Erosion demokratischer Öffentlichkeit?, ebenda, 381 (396f.) zu den Veränderun- gen in den Medien unter dem Einfluss von Politik und Kommerzialisierung; zu den Hauptakteuren im öffentlichen Meinungsmarkt S.-C. Lenski Marktregulierung im Meinungsmarkt – Konvergenz der Kommunikation, Konvergenz der Regulierung, Konvergenz der Dogmatik, in: E.V. Towigh/K.U. Schmolke/N. Petersen/S. Lutz- Bachmann/A.-K. Lange/H. Grefrath (Hrsg.) Recht und Markt, 2009, 97 (101). 62 S. dazu etwa das veröffentlichte Gutachten von C. Neuberger Wandel der aktuel- len Öffentlichkeit im Internet, 2004, welches im Auftrag des Büros für Technikfolgen- abschätzung des Deutschen Bundestages erstattet wurde. 63 Dazu insbesondere C. Leggewie Netzwerkparteien? Parteien in der digitalen Öf- fentlichkeit, in: U. von Alemann/S. Marschall (Hrsg.) Parteien in der Mediendemo- kratie, 2002, 173 (182ff.); E. Wiesendahl Mitgliederparteien am Ende? Eine Kritik der Niedergangsdiskussion, 2006, 163ff. 64 Differenzierend Holznagel (Fn. 61), 391ff. Demokratie als Wettbewerbsordnung 151

2. Eingeschränkter Parteienwettbewerb Indes bleibt der gesellschaftliche Diskurs folgenlos, wenn er nicht von den politischen Parteien aufgegriffen wird. Hier konkurrieren die politischen Parteien um die Zustimmung und letztlich die Stimmen der Wähler. a) Der Ordnungsrahmen des Parteienwettbewerbs Ihre Wettbewerbsordnung beruht auf der aus Art. 21 GG abzuleiten- den Gründungs- und Betätigungsfreiheit.65 Sie wird durch den verfas- sungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit sowie die Gebote innerparteilicher Demokratie und finanzieller Transparenz um Vor- kehrungen ergänzt, die einen fairen internen und externen Wettbewerb sicherstellen sollen.66 Die Möglichkeit eines Parteiverbots durch das Bundesverfassungsgericht beschränkt den Zugang auf Parteien, die den Grundkonsens der freiheitlichen Verfassung mittragen. Weitere Determinanten der Parteienkonkurrenz ergeben sich aus dem ein- fachgesetzlichen Parteien- und Wahlrecht. Dennoch bescheinigt eine verbreitete Kritik der Parteienarena gleichsam ein „Marktversagen“. Es ist von „Kartellparteien“67 und ihrer „Machtversessenheit“68 die Rede. b) Fehlende Gemeinwohlorientierung der Parteien? Die Parteien sollen idealtypisch die partikularen Wünsche und Erwartungen der Wähler aggregieren und in politische Entscheidungs- ergebnisse transformieren.69 Deshalb wiegt der Vorwurf mit am schwersten, die Parteien hätten das Allgemeinwohl aus den Augen ver-

65 So formulierte E. Friesenhahn Parlament und Regierung im modernen Staat, VVDStRL 16 (1958), 9 (16): „Zu den wesentlichen politischen Freiheiten gehört der freie Wettbewerb der politischen Parteien.“ 66 M. Morlok, in: Dreier (Fn. 3), Art. 21 Rn. 26, rekonstruiert die Parteiendemokra- tie als eine Wettbewerbsordnung, in der dem Parteienrecht die Funktion eines Wett- bewerbsrechts zukommt; zum Parteienwettbewerb aus der Perspektive der konstitu- tionellen Ökonomie Roellecke (Fn. 29), 73. 67 Grundlegend R.S. Katz/P. Mair Changing Models of Party Organization and Party Democracy – The Emergence of the Cartel Party, Party Politics 1995, 1. 68 Der ehemalige Bundespräsident R. von Weizsäcker 1992 in einem Gespräch mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ v. 26.06.1992, Nr. 27. 69 Zur Aggregationsleistung der Parteien, die einen formulierbaren politischen Wil- len erst hervorbringen müssen, s. grundlegend K. Hesse Die verfassungsrechtliche Stellung der Parteien, VVDStRL 17 (1958), 11 (24f.); H.H. Klein, in: Maunz/Dürig/ Herzog (Fn. 15), Art. 21 Rn. 155. 152 Armin Hatje loren.70 Ihren Vertretern gehe es nur um die nächste Wahl und ihr per- sönliches Schicksal. Insoweit sei daran erinnert, worauf schon Adam Smith 1776 in seinem Werk „Der Wohlstand der Nationen“ hinwies: „Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers oder Bäckers erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen“.71 Sie müssen, so wäre zu ergänzen, allerdings solche Leistungen anbieten, die wir von ihnen erwarten. Deshalb mögen Parteien programmatische oder personelle Schwächen haben. Ihre Protagonisten können ihre Ziele aber nur erreichen, wenn sie die politischen Präferenzen möglichst vieler Wähler bündeln und in ge- meinwohltaugliche Politikentwürfe und überzeugende Personalange- bote umsetzen.72 Eine Gefahr droht erst, wenn sich die persönlichen Ziele insbesondere der Parteieliten von den Entscheidungen der Wähler abzukoppeln drohen. Hierfür ist das Wahlrecht entscheidend. c) Uniformität des Angebots durch Kooperation Allerdings führen schon die Vorwirkungen der Wahl zu partiellen Ein- schränkungen der programmatischen Parteienkonkurrenz. Der prakti- sche Zwang zur Koalitionsbildung im Verhältniswahlsystem veranlasst die Parteien, die politische Konkurrenz auf ein Maß zu begrenzen, das möglichst viele Optionen einer Regierungsbildung nach der Wahl offen hält. Außerdem sind ausdrückliche oder verdeckte Koalitions- absprachen möglich.73 Ein solches Verhalten ist, obwohl eine Wettbe- werbsbeschränkung, kein Rechtsverstoß. Ein Verbot wettbewerbs- beschränkender Vereinbarungen oder abgestimmter Verhaltensweisen, analog § 1 GWB oder Art. 101AEUV, kennt das deutsche Parteienrecht nicht. Das ändert aber nichts an den genannten Einschränkungen des demokratischen Wettbewerbs und ihren Folgen für die Legitimations- leistung des demokratischen Systems. Ohnehin sind die Programme für

70 Dazu prononciert jüngst etwa H.H. von Arnim Volksparteien ohne Volk, 2009, insb. 13ff.; s. aber auch K. von Beyme Gemeinwohl und politische Parteien, in: Mor- lok/von Alemann/Merten (Hrsg.) Gemeinwohl und politische Parteien, 2008, 49; da- gegen J. Ipsen Grundgesetz und politische Parteien, DVBl. 2009, 552 (560f.), mit einer differenzierten und prinzipiell optimistischen Einschätzung der künftigen Entwick- lung der Parteienlandschaft. 71 A. Smith Der Wohlstand der Nationen (Deutsche Übersetzung der vollständigen Ausgabe nach der 5. Aufl. 1789), 9. Aufl. 2001, 17. 72 Eingehend von Beyme (Fn. 70), 49 (55). 73 Nach T. Poguntke Zur empirischen Evidenz der Kartellparteien-These, ZParl 33 (2002), 700, verschwimmt das programmatische Profil allerdings weniger durch Kar- tellbildung als vielmehr durch die abnehmenden Bindungen an spezifische gesellschaft- liche Interessen. Demokratie als Wettbewerbsordnung 153 den Parteienwettbewerb nur von begrenzter Bedeutung. Denn die poli- tischen Optionen lassen sich, wenn überhaupt, nur in Umrissen festle- gen. Hierzu trägt die Komplexität der Aufgaben, aber auch der Zerfall traditioneller Wählermilieus erheblich bei.74 Selbst wenn sich Parteien vor Wahlen auf ein Programm oder einzelne Versprechungen festlegen, hindert sie kein Lauterkeitsrecht des politischen Wettbewerbs daran, nach der Wahl hiervon wieder Abstand zu nehmen. Allenfalls der Mut einzelner Abgeordneter bildet eine Schranke programmatischer Flexi- bilität. Darüber hinaus ist die Politikgestaltung in Koalitionsregierungen sowie den föderalen und supranationalen Verhandlungssystemen ein komplexer Prozess mit offenem Ausgang, in dem öffentliche Vorabfest- legungen meist weder möglich noch nützlich sind. d) Gefahren eingeschränkter innerparteilicher Demokratie Parteienwettbewerb ist daher in erster Linie ein personaler Qualitäts- wettbewerb.75 Für den Gemeinwohlbeitrag der Parteien sind deshalb die internen Ausleseverfahren mindestens ebenso wichtig wie ihre Sachprogramme. Die von Art. 21 GG geforderten demokratischen Strukturen und die einfachgesetzlichen Konkretisierungen verweisen wiederum auch auf eine wettbewerbliche Auswahl.76 Dass es insoweit nicht überall zum Besten steht, wird nicht ernsthaft bestritten. Das Ur- teil des Hamburgischen Verfassungsgerichts aus dem Jahre 1993, wel- ches die Bürgerschaftswahl 1991 wegen schwerer Verstöße gegen den Grundsatz innerparteilicher Demokratie bei der Kandidatenaufstellung in einer großen Volkspartei aufgehoben hat, dürfte nur die Spitze des Eisbergs markieren.77 Hier drohen dem politischen Wettbewerb zumin- dest dann potentielle Qualitätseinbußen, wenn die zweifellos notwendi- gen Verhandlungslösungen durch keine wirksamen konkurrenziellen Verfahren ausbalanciert werden. Welche Kräfte dabei aufeinander tref- fen können, zeigte sich wiederum in Hamburg. Anlässlich der partei- internen Wahl des Spitzenkandidaten einer großen Volkspartei für das Amt des Ersten Bürgermeisters wurden zahlreiche Stimmzettel aus einer versiegelten Urne entwendet. Weder die Stimmzettel noch die Tä- ter konnten gefunden werden.

74 G. Lübbe-Wolff Europäisches und nationales Verfassungsrecht, VVDStRL 60 (2001), 246 (265f.). 75 Hennis (Fn. 38), 10: „Dieses, dass sie ihre Kandidaten über die Parlamentswahlen für die großen politischen Ämter zur Auswahl anbieten, ist, was die Parteien eigent- lich definiert.“ 76 M. Morlok, in: Dreier (Fn.3), Art. 21 Rn. 125 umreißt allerdings nur die Voraus- setzungen einer wettbewerblichen Auswahl. 77 HVerfG, Urteil vom 04.05.1993, DVBl. 1993, 1070 (1071). 154 Armin Hatje e) Wettbewerbsbeschränkungen durch Parteienfinanzierung? Auch die wirtschaftliche Grundsicherung der Parteien durch die staat- liche Parteienfinanzierung bleibt nicht ohne wettbewerbliche Konse- quenzen.78 Sie dient zwar einerseits der Unabhängigkeit der Parteien von einzelnen Spendern oder Spendergruppen sowie der Chancengleichheit solcher Parteien, die wegen ihrer Ausrichtung oder ihrem Klientel kaum auf größere Spenden hoffen können.79 Jedoch schützt sie zugleich die etablierten Partien, die es zudem verstanden haben, sich durch politische Stiftungen, Abgaben der Fraktionsmitglieder und eine europäische Par- teienfinanzierung weitere Finanzierungsquellen zu erschließen, die ihren Fortbestand weitgehend unabhängig vom aktuellen politischen Erfolg sichern.80 Umgekehrt benötigen neue Parteien eine private Anlauffinan- zierung, bevor sie die vom Parteiengesetz verlangten Schwellenwerte übersteigen können, die für eine staatliche Förderung gelten. Die größte Gefahr liegt aber im Anreiz für die Parteien, sich durch einen parteiüber- greifenden Konsens bei der Anpassung der staatlichen Finanzierung an die wachsenden Bedürfnisse gegen öffentliche Kritik zu immunisieren.81 f) Aufbau marktbeherrschender Stellungen? Schließlich wird den etablierten Parteien gleichsam der Aufbau einer marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen, die zu einer Einschrän- kung der Auswahlmöglichkeiten auf Seiten der Nachfrager, also der Wähler führt. Dass die Parteien schon aus funktionellen Gründen in den politischen Arenen eine besondere Stellung haben müssen, wird überwiegend anerkannt.82 Auch wenn die Parteienstaatsdoktrin von

78 S. dazu die vergleichende Untersuchung zu Deutschland, Frankreich, Großbri- tannien und Schweden von M. Koß Staatliche Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 2008, 190f. Dieser spricht im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutsch- land von der staatlichen Parteienfinanzierung als einer Entscheidung „zu einem kon- sensorientierten Parteienwettbewerb“. 79 Dazu etwa BVerfGE 85, 264 (290); zu Grundfragen der Parteienfinanzierung im Spiegel der Judikatur des BVerfG s. S. Korioth Die Rechtsprechung des Bundes- verfassungsgerichts zur Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland, in: G. Manssen (Hrsg.) Die Finanzierung von politischen Parteien in Europa, 2008, 15. 80 Besonders kritisch H.H. von Arnim Das System – Die Machenschaften der Macht, 2001, insb. 106ff.; zudem hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Zuschüsse an Parlamentsfraktionen und parteinahe Stiftungen bei der Bestimmung der relativen Obergrenze nicht zu berücksichtigen sind, BVerfGE 85, 264 (289). 81 Dazu Koß (Fn. 78), 190f. 82 Dazu etwa Hennis (Fn. 38), 11; von Beyme (Fn. 3), 44, konstatiert zwar einen Funktionswandel der Parteien, meint aber, man müsste sie wieder erfinden, wenn es sie noch nicht gäbe. Demokratie als Wettbewerbsordnung 155

Gerhard Leibholz längst überwunden ist83, geht die Bedeutung der Par- teien heute allerdings weit über das Maß hinaus, das der Mitwirkungs- auftrag des Art. 21 GG ursprünglich anstrebte.84 Die Omnipräsenz der Parteien und ihrer Vertreter in Gesellschaft und Staat ist wettbewerblich gesehen ambivalent: einerseits ist der vielfach beklagte „Parteienstaat“ eine Folge des Wettbewerbs der Parteien um den größtmöglichen Ein- fluss auf die Verwaltung, Gerichtsbarkeit und die öffentlich-rechtlichen Medien. Zugleich beruht insbesondere die rechtswidrige Ämterpatro- nage85 auf einem parteiübergreifenden Arrangement, welches durch eine proportionale Verteilung von Einflusspositionen darauf abzielt, die eigene Macht zu befestigen und gegen die Wechselfälle des politi- schen Wettbewerbs zu stabilisieren.86 Umgekehrt versuchen freilich auch gesellschaftliche Gruppen wie etwa Verbände, sich der Dienste von Parteipolitikern zu versichern, die ihnen den Zugang zur Verhand- lungsarena der Regierung verschaffen. Die Situation ähnelt der Wett- bewerbslage in einem Oligopol. Ob ein Oligopol zu mehr oder weniger Wettbewerb führt, hängt unter anderem davon ab, ob ihm eine Nach- fragemacht gegenüber steht, die einen wirksamen Selektionsprozess zwischen den Anbietern in Gange setzen kann.87 Diese „Nachfrage- macht“ sollten an sich die Bürger haben. Ihr wirksamstes Instrument, diese Macht auszuüben, ist das Wahlrecht.

3. Wahlarena Die Wettbewerbsregeln der Wahlarena entscheiden darüber, auf wel- che Weise politische Verantwortung übertragen und wieder entzogen werden kann. Die Entscheidung zwischen Majorz und Proporz ist dem

83 Dazu etwa Grimm (Fn. 3), § 14 Rn. 24–26; differenzierend H.H. Klein, in: Maunz/ Dürig/Herzog (Fn. 15) Art. 21 Rn. 181ff.; H.H. von Arnim/R. Heiny/S. Ittner Politik zwischen Norm und Wirklichkeit, FÖV 35 Discussion Papers, 3. Aufl. 2007, 38. 84 Prägnant W. Hennis Überdehnt und abgekoppelt – an den Grenzen des Parteien- staates, in: W. Hennis (Hrsg.) Auf dem Weg in den Parteienstaat, 1998, 68 (73); diffe- renzierend Klein (Fn. 83), Art. 21 Rn. 152–157. 85 G. Lübbe-Wolff, in: Dreier (Fn.3), Art. 33 Rn. 42; M. Jachmann, in: H. von Man- goldt/F. Klein/C. Starck (Hrsg.) GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 19. 86 Von Beyme (Fn. 3), 58ff. sieht eine „Kolonisierung der Gesellschaft durch den Parteienstaat“; besonders zugespitzt die Kritik bei H.H. von Arnim Der Staat als Beute, 1993; E. K. Scheuch/U. Scheuch Cliquen, Klüngel und Karrieren, 1992, 116, sprechen von einer „Feudalisierung des politischen Systems“; differenzierend J. Ipsen, in: Sachs (Hrsg.) GG-Kommentar, 5. Aufl. 2008, Art. 21 Rn. 14. 87 Zu den im Einzelnen schwierigen Wettbewerbsverhältnissen im Oligopol P.A. Sa- muelson/W.D. Nordhaus Volkswirtschaftslehre, 2005, 269ff.; Knieps (Fn. 37), 133ff. 156 Armin Hatje

Gesetzgeber überlassen.88 Das geltende Wahlrecht ist aufgrund seiner Vor- und Folgewirkungen die eigentliche Schwachstelle der demokrati- schen Wettbewerbsordnung des Grundgesetzes. Die Einschränkungen des Wettbewerbs zeigen sich auf drei Ebenen: durch einen begrenzten Zugang zur Wahlarena, durch eine begrenzte Auswahl zwischen den Kandidaten und durch begrenzte Wahlwirkungen. a) Freiheit der Wahl: Begrenzter Zugang Das Bundeswahlgesetz begrenzt den Kreis derer, die Wahlvorschläge unterbreiten können, auf Parteien und Gruppen von Wahlberechtigten.89 Dies ist mit Blick auf die Aufgaben im Bundesparlament prinzipiell sachgerecht. Ein mittelbares Zugangshindernis ist die 5 %-Klausel. Sie schränkt nicht nur die Erfolgsgleichheit der Stimmabgabe ein, sondern fördert auch ein taktisches Wahlverhalten, das die etablierten Parteien begünstigt. Jenseits von Abspaltungen und Fusionen haben es originäre Neugründungen deshalb schwer, in der Wahlarena Fuß zu fassen.90 Auch auf Seiten der Wähler ist der Zugang zur Wahlarena reguliert. Ob die Eingrenzung auf volljährige deutsche Staatsangehörige tenden- ziell darauf hinwirkt, die politischen Präferenzen der ausgeschlossenen Gruppen zu vernachlässigen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Allerdings stellt sich die Frage, welche Priorität diese Themen bei den Wahlberechtigten haben. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung könnte sich daraus in der praktischen Politik ein Präferenz- gefälle entwickeln, das die jüngere Generation benachteiligt.91

88 Zur Freiheit des Gesetzgebers im Rahmen von Art. 38 Abs. 3 GG s. BVerfGE 6, 84 (90); 34, 81 (100); 95, 335 (349ff.). 89 H. Meyer Demokratische Wahl und Wahlsystem, HStR II, § 37 Rn. 13, spricht von einem „Wettbewerb der Anbieter“; zur Frage der Stellung von „Einzelanbietern“ s. W. Schreiber BWahlG-Kommentar, 8. Aufl. 2009, § 18 Rn. 1: ein einzelner Wahl- berechtiger kann zwar einen Wahlvorschlag „betreiben“ und dabei sich selbst als un- abhängigen Kandidaten vorschlagen, wenn er die erforderliche Zahl von Unterschrif- ten von Wahlberechtigten beibringt. Er ist aber im Sinne des WahlG nicht Träger des Wahlvorschlages. 90 Zur Geschichte der Partei Die Grünen – heute: Bündnis 90/Die Grünen – s. etwa H. Kitschelt The Logisc of Party Formation, 1989, 81ff.; besonders deutlich bei der Par- tei Die Linke/PDS, deren Vorsitzender Oskar Lafontaine früher Vorsitzender der SPD war – auch andere prominente Vertreter der Partei stammen aus der SPD; aus der Per- spektive der ökonomischen Theorie der Politik S. Franke Ir(rationale) Politik? Grund- züge und politische Anwendungen der ökonomischen Theorie der Politik, 1999, 190ff.; s. ferner W. Ismayr, Die politischen Systeme Westeuropas, 3. Aufl. 2003, 39ff. 91 Zu den möglichen Folgen des demographischen Wandels für die Demokratie S. Baer Demografischer Wandel und Generationengerechtigkeit, VVDStRL 68 (2009), 290 (308); zur Diskussion über eine Senkung des Alters für die aktive Wahlberechti- Demokratie als Wettbewerbsordnung 157 b) Unmittelbarkeit der Wahl: Begrenzte Auswahl Gravierender sind aber die Einschränkungen, denen die Vermittlung des Wählerwillens in eine konkrete personelle Zusammensetzung des Bundestages unterliegt. Schon der Begriff der Wahl in Art. 38 GG im- pliziert, dass dem Wähler ein personales Auswahlrecht zusteht. Darü- ber hinaus soll der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl sicher- stellen, dass die Stimmabgabe eine Selektionswirkung hat, die sich in der Auswahl konkreter Personen niederschlägt. Bedingt durch das Mischsystem einer personalisierten Verhältniswahl trifft dies nur für die Direktwahl auf der Wahlkreisebene für die eine Hälfte der Mandate des Bundestages zu.92 Die über die Listenwahl bestimmte andere Hälfte der Mandate lässt hingegen keine Auswahl von Einzelpersonen zu. Die aus Gründen der Unmittelbarkeit starren Listen offerieren ein Personal- tableau, über das allein die Parteien entscheiden, genauer in der Termi- nologie Klaus von Beymes: die Parteieliten.93 Die Listen werden in der Praxis genutzt, um vor allem solchen Kandidaten ein Mandat zu si- chern, die in der direkten Konkurrenz keine Siegeschance haben. Hier- für gibt es legitime Gründe, die im Gedanken der Verhältniswahl wur- zeln, wenn es etwa um Bewerber kleinerer Parteien geht, die einen Wahlkreis gar nicht gewinnen könnten. Dennoch trägt im Ergebnis die Hälfte der Parlamentarier keine unmittelbare persönliche Verantwor- tung gegenüber dem Wähler. Und auch die Direktkandidaten können hoffen, sich durch einen aussichtsreichen Listenplatz gegen ein negati- ves Wählervotum abzusichern.94 Abgeordnete verhalten sich also durchaus rational, wenn ihre Loyalität gegenüber der Partei größer ist als die Responsivität gegenüber dem Wähler. Dies schwächt den An- passungsdruck, der vom demokratischen Wettbewerb auf die politi- schen Akteure ausgeht und damit die Konkurrenz um die bessere Lö- gung s. die Stellungnahmen von D. Niebel, FDP-Generalsekretär und B. Zypries Wahl- recht für Kinder, ZRP 2008, 271; aus dem älteren Schrifttum I. von Münch Kinder- wahlrecht, NJW 1995, 3165. 92 Das Phänomen „sicherer“ Wahlkreise für eine bestimmte Partei ist allerdings nur dann ein Problem, wenn der Wahlkreis bewusst so zugeschnitten wurde, dass Bewer- ber einer bestimmten Partei einen Stimmengewinn oder gar die Stimmenmehrheit er- warten können (sog. Gerrymandering). Hingegen ist die Herausbildung einer Wähler- präferenz für eine bestimmte Partei kein Indiz für eine Wahleinschränkung, insofern zu pauschal von Arnim Volksparteien (Fn. 70), 85ff. 93 von Beyme (Fn. 3), 30, zum Begriff der „politischen Elite“ als einer analytischen Kategorie. 94 Nimmt man den Listeneffekt und die Wirkungen sicherer Wahlkreise zusammen, so wird geschätzt, dass etwa 60–70 % der Kandidaten bereits mit einem Mandat rech- nen können, bevor die Wahl überhaupt stattgefunden hat, s. von Arnim (Fn. 70), 74. 158 Armin Hatje sung im Interesse des Gemeinwohls. Zugleich stärkt die Listenwahl das politische Gewicht der Parteien gegenüber dem Abgeordneten. Da- durch wird auch das freie Mandat als eine Art Notausstieg aus den Zwängen eines koalitionären Kartells weitgehend neutralisiert.95 c) Begrenzte Wirkungen der Wahl Schließlich wird die Selektionswirkung des Wettbewerbs, die ein we- sentliches Element demokratischer Verantwortlichkeit abbildet, durch das Proporzwahlrecht und die Regeln der Regierungsbildung entschei- dend geschwächt. Der von den Mehrheitserfordernissen der Kanzler- wahl (Art. 63 GG) ausgehende faktische Koalitionszwang führt dazu, dass sich die Wirkungen der Parlamentswahl in der Vergabe von Aus- gangspositionen für den Verhandlungsprozess um die Regierungs- mehrheit erschöpfen. Umgekehrt – und dies ist in der Demokratie mindestens ebenso wichtig – kann sich eine Partei trotz erheblicher Stimmenverluste durch eine koalitionäre Verhandlungslösung in der Regierung halten.96 Dem integrativen Potential des Proporzwahlrechts steht daher eine Einschränkung der demokratischen Verantwortlichkeit der Abgeordneten und ihrer Parteien gegenüber. Dieses Defizit begüns- tigt im Zusammenwirken mit den ohnehin vorhandenen Einschränkun- gen des Parteienwettbewerbs die Abkoppelung der Parteien von den Wählerpräferenzen. Die Folgen zeigen sich in der Regierungsarena.

4. Die Regierungsarena im föderalen Verhandlungssystem Die Ausübung der Regierungsbefugnisse vollzieht sich in koalitio- nären, korporativen und föderalen Verhandlungsprozessen.97 Sie sind zwar für eine sachgerechte Lösung vieler Probleme einer komplexen

95 Zur Freiheit des Mandats und insbesondere dem Fraktionszwang Hesse (Fn. 6), Rn. 600; der faktische Druck, der auf Abgeordneten lasten kann, wenn die Partei- disziplin in grundsätzlichen Fragen eingefordert wird, wurde im Fall der gescheiterten Wahl von Andrea Ypsilanti zur hessischen Ministerpräsidentin deutlich. 96 Echte Regierungswechsel sind daher in der bundesrepublikanischen Geschichte selten. Der erste vollständige Machtwechsel fand 1998 von einer Konservativ-libera- len zu einer sozialdemokratisch-grünen Regierungsmehrheit statt. Zuvor konnte sich mindestens eine Partei weiter in der Regierungsverantwortung halten. 97 Anschaulich beschrieben bei Darnstädt (Fn. 3), 13ff.; allerdings scheint die Föde- ralismusreform I mit ihrem Ziel, die Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern klarer aufzuteilen und Vetorechte des Bundesrates abzubauen, die wechselseitigen Blockademöglichkeiten vermindert zu haben, U. Häde Die Föderalismusreform I – Eine Zwischenbilanz, in: H. Gröhe/M. Borchard/R.T. Baus (Hrsg.) Föderalismus- reform in Deutschland, 2009, 35 (38). Demokratie als Wettbewerbsordnung 159

Industriegesellschaft unverzichtbar, entziehen sich aber weitgehend einer wirksamen Kontrolle durch den politischen Wettbewerb. Denn die Möglichkeiten, die auf staatlicher Seite verantwortlichen Akteure in Wahlen zur Rechenschaft zu ziehen, sind wie gesehen begrenzt. Die öf- fentliche Meinung allein kann diese Aufgabe nicht erfüllen. Auch die föderale Ordnung bietet praktisch keinen Ausgleich in Form eines Ergebniswettbewerbs, weil die Bundes- und die Landesarena durch unterschiedliche Kompetenzen voneinander getrennt sind. Allenfalls im (Staats-) Organisationsrecht, namentlich im Wahlrecht und der Ver- waltungsorganisation erscheint ein vertikaler Wettbewerb mit der Bun- desebene möglich. Schließlich hat sich ein wettbewerblicher Föderalis- mus der Länder im Verhältnis untereinander, der den Landesvölkern autonome politische Gestaltungsmöglichkeiten offerieren könnte, in Deutschland nicht durchgesetzt. Von Inseln der Konkurrenz, etwa im Besoldungs-, Ladenschluss- und Gaststättenrecht abgesehen, dominiert das Paradigma der Kooperation.98 Der insgesamt geringe Konkurrenz- druck auf die politischen Akteure birgt die Gefahr, dass die Gemein- wohlleistung des politischen Systems hinter seinen Möglichkeiten zu- rück bleibt.

5. Reformen Deshalb sind Reformen der demokratischen Wettbewerbsordnung der Bundesrepublik Deutschland angezeigt, wobei sich hier auf die Bundesebene konzentriert wird. Es bieten sich verschiedene Reform- optionen an. Sie führen gewiss nicht zur besten Demokratie von allen, würden aber eine Verbesserung gegenüber der bisherigen Situation be- wirken. Dabei ist im Verhältnis des Bürgers zum und der von ihm gewählten Regierung vor allem ein Problem zu lösen, das der

98 Weitere Beispiele bei Häde (Fn. 97), 37; ob die mit der Föderalismusreform I auch angestrebte Entflechtung der Ebenen wirklich erreicht wurde, muss sich in der Praxis freilich noch erweisen, s. etwa zur Effektivität des Schutzes der Gemeinden und Gemeindeverbänden vor bundesgesetzlich übertragenen Aufgaben J. Wieland Art. 84 GG – Klare Verantwortungszuordnung oder neue Vernetzungsstrategien?, Der Landkreis 2008, 184; zum möglichen Paradigmenwechsel in der Föderalismus- konzeption des Grundgesetzes J. Hellermann Vom kooperativen zum Wettbewerbs- föderalismus?, in: G. Dannemann/S. Luft (Hrsg.) Die Zukunft der Stadtstaaten, 2006, 174; zu den Wettbewerbspotentialen der Föderalismusreform im Bereich der Verwaltung s. M. Fehling/S. Arnold Administrative Verflechtungsbeziehungen in der deutschen Rechtsordnung – Neuerungen durch die Föderalismusreform, Die Verwal- tung – Beiheft 8 Strukturen des Europäischen Verwaltungsverbundes, 2009, 53 (63ff.). 160 Armin Hatje

Wirtschaftswissenschaft unter der Bezeichnung „Principal-Agent- Theory“99 seit langem vertraut ist: wie kann sichergestellt werden, dass die Agenten den Interessen des Prinzipals dienen, auch wenn sie über erhebliche Entscheidungsspielräume verfügen? Die Antwort lautet: durch eine entsprechende Ausgestaltung des Anreizsystems. a) Systemimmanente Wettbewerbsverstärkung So könnten durch systemimmanente Modifikationen die Wahlmög- lichkeiten der Bürger erweitert und damit das Abwahlrisiko der einzel- nen Abgeordneten erhöht werden. Hierzu gehört etwa der Vorschlag, die bisher starren Listen durch die Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens einer direkten Kontrolle durch den Wähler zu unterwer- fen. Die jüngste Reform des Hamburgischen Wahlrechts beruht auf die- sem Prinzip.100 Auf der anderen Seite könnte man durch eine Auswei- tung des Kreises der Wahlberechtigten gleichsam die Nachfrageseite stärken. Die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, wie etwa in Ös- terreich101, würde die Parteien zwingen, das Spektrum politischer Ge- staltungsoptionen zu erweitern, die Regierenden veranlassen, stärker auf diese Gruppe einzugehen und jungen Menschen den Anreiz geben, sich für Politik zu interessieren und zu engagieren. Das deutsche Kom- munalwahlrecht bietet hierfür ein Muster.102 Dennoch ist fraglich, ob diese Vorschläge allein aus der „Konkordanzfalle“103 herausführen. Denn sie lassen den Kern des Problems, den Wahlmodus, und die übrigen institutionellen Bedingungen der Gemeinwohlkonkretisierung unberührt. b) Wettbewerbsförderung durch Systemergänzung Deshalb sollte der Vorschlag ernsthaft geprüft werden, zusätzlich das repräsentative System durch mehr direktdemokratische Elemente zu ergänzen. Unsere österreichischen Gastgeber und die Schweizer Kolle-

99 S. zum Grundmodell etwa P.-J. Jost Die Prinzipal-Agententheorie in der Be- triebswirtschaftslehre, 2001, 491ff.; M. Erlei/M. Leschke/D. Sauerland Neue Institu- tionenökonomik, 2. Aufl. 2007, 69ff.; R. Richter/E. Furubotn (Fn. 34), 173ff. 100 Gesetz über die Wahl zur hamburgischen Bürgerschaft, idF vom 22.07.1986, zu- letzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2007, HmbGVBl. 2008, 26. 101 BGBl I 27/2007 u. 28/2007, das passive Wahlalter wurde von 19 auf 18 Jahre herabgesetzt. 102 S. etwa das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz Schleswig-Holstein, http://sh. juris.de/sh/KomWG_SH_1997_rahmen.htm, idF vom 19. 03. 1997 und das Kommu- nalwahlgesetz Mecklenburg-Vorpommern, http://mv.juris.de/mv/KWG_MV_rahmen. htm, idF vom 13.10.2003. 103 So der Titel des Buches von Darnstädt (Fn. 3). Demokratie als Wettbewerbsordnung 161 gen verfügen über einschlägige Erfahrungen auf Bundesebene.104 Insbe- sondere Volksentscheide können eine disziplinierende und korrigie- rende Wirkung auf Verhandlungssysteme ausüben und die Akzeptanz vor allem grundlegender Weichenstellungen verbessern. Die Erfahrun- gen in den deutschen Ländern sprechen jedenfalls nicht gegen diesen Schritt. c) Wettbewerbsförderung durch einen Systemwechsel? Schließlich wird gegenwärtig auch über eine Wettbewerbsförderung durch einen Wechsel vom Verhältnis- zum Mehrheitswahlrecht nach- gedacht.105 Auf Bundesebene reicht hierfür ein einfaches Gesetz. In manchen Ländern wäre allerdings eine Verfassungsänderung notwen- dig.106 Über das Mehrheitswahlrecht wurde in Deutschland in den letz- ten hundert Jahren mehrfach diskutiert.107 Vor allem das Westminster- Modell Großbritanniens diente als Beispiel einer demokratischen Ord- nung, die konsequent dem Wettbewerbsgedanken verpflichtet ist, klare politische Richtungsentscheidungen erlaubt, die persönliche und sach- liche Verantwortung der Regierenden einfordert und gleichzeitig eine kraftvolle Opposition, die Regierung im Wartestand, ermöglicht.108 Der letzte Versuch, in Deutschland ein Mehrheitswahlrecht einzuführen, scheiterte unter der großen Koalition Ende der 60er Jahre.109 Die traditionellen Argumente Pro und Contra sind hinlänglich be- kannt.110 Sie berücksichtigen freilich nicht die veränderten strukturellen

104 Zur schweizerischen Konzeption s. Moser-Brühl (Fn. 54), 482ff.; zu direktdemo- kratischen Verfahren auf Bundesebene in Österreich s. Art. 43 u. 44 Bundesverfas- sungs-Gesetz. 105 Das Mehrheitswahlrecht spielt in der aktuellen Reformdiskussion wieder eine wichtige Rolle, siehe etwa H.H. von Arnim Mehrheitswahl und Partizipation, ZPol (2009), Sonderheft Wahlsystemreform, 183; auch P. Kirchhof befürwortet eine Re- form, die auf die Einführung eines Mehrheitswahlrechts hinausläuft, Süddeutsche Zeitung vom 21.08.2009. 106 Zum Teil ist die Verhältniswahl ausdrücklich geregelt, wie etwa in Baden-Würt- temberg (verbunden mit Persönlichkeitswahl), zum Teil ergibt sich das Verhältnis- wahlsystem implizit aus dem vorgeschriebenen Stimmenquorum, wie in Bremen. 107 Übersicht bei von Arnim Volksparteien (Fn. 70), 155ff. 108 Siehe dazu etwa aus der unmittelbaren Nachkriegszeit F.A. Hermens Mehrheits- wahlrecht oder Verhältniswahlrecht?, 1949, 17ff., der vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen in angelsächsischen Ländern bei Einführung des Verhältniswahlrechts in Deutschland die „Missbildung des politischen Willens“ befürchtete; differenzierend zur Leistungsfähigkeit des Mehrheitswahlrechts Meyer (Fn. 89), Rn. 29. 109 Vgl. dazu den Bericht des Beirats des Bundesinnenministers von 1968. 110 Dazu noch einmal zusammenfassend und weiterführend K. Poier Minderheiten- freundliches Mehrheitswahlrecht, 2001, 68ff. 162 Armin Hatje

Bedingungen politischer Herrschaft im Zeichen der Globalisierung. Die unvermeidliche Dominanz der Exekutiven, die einem abstrakten Ge- meinwohl in komplexen Verhandlungen auf nationaler und internatio- naler Ebene konkrete Gestalt verleihen, muss Rückwirkungen auf die innerstaatlichen Verfahren haben, mit denen diese Macht legitimiert und kontrolliert wird. Ein Mehrheitswahlrecht, das keineswegs min- derheitenfeindlich sein muss111, würde die Legitimationskette vom Bürger über das Parlament zur Regierung im Sinne eines realen Verant- wortungszusammenhanges stärken. Dass es vor allem unter den gegen- wärtigen Bedingungen eines Fünfparteiensystems keine Chance hat, realisiert zu werden, lässt es umso dringlicher erscheinen, die zuvor ge- nannten Veränderungen ernsthaft in Angriff zu nehmen.

IV. Die Europäische Union als Konkordanzdemokratie

Eine stärkere demokratische Verantwortlichkeit im parlamentarischen Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland wäre vor allem auch deshalb wichtig, weil sich die Legitimationsfunktion des Bundes- tages nicht auf die innerstaatliche Politikgestaltung und -kontrolle be- schränkt, sondern sich im Rahmen seiner „Integrationsverantwortung“ auch auf den politischen Prozess im Rahmen der Europäischen Union erstreckt.112

1. Ausgangspunkt: die EU als Verhandlungssystem Während die Wirtschaftspolitik der Union ausdrücklich dem Leitbild einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb folgt, lässt es Art. 6 EUV offen, welche Rolle der Wettbewerb für die demokratische Legitimation europäischer Entscheidungen spielen soll.113 Nach herr- schender Ansicht bezieht die EU ihre demokratische Legitimation in erster Linie aus der demokratischen Verantwortlichkeit der Ratsmitglie- der gegenüber ihren Staatsvölkern sowie ergänzend aus der Beteiligung des von den Unionsbürgern direkt gewählten Europäischen Parlaments an den politischen Entscheidungen.114 Demokratische Konkurrenz um

111 Dazu Poier (Fn. 110), 269ff. 112 Urteil des BVerfG NJW 2009, 2267, insb. Rn. 236, 245. 113 Zur Offenheit des Art. 6 EUV s. A. von Bogdandy Grundprinzipien, in: A. von Bogdandy (Hrsg.) Europäisches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2009, 13 (63). 114 Für die deutsche Diskussion grundlegend BVerfGE 89, 155; zum Konzept s.a. Classen (Fn. 16), 95ff.; aus britischer Sicht G. Smith The Structure of Democracy in the United Kingdom and Problems of Develeopment, in: H. Bauer/P.M. Huber/K.-P. Demokratie als Wettbewerbsordnung 163 den Erwerb der Regierungsbefugnisse mit einer klaren politischen Richtungsentscheidung kann schon deshalb nicht stattfinden, weil die Funktionenteilung zwischen den Organen quer zur dualen Legitima- tionsstruktur verläuft. So verteilt sich die primäre Politikgestaltung auf die Kommission, den Rat und das Parlament mit jeweils unterschied- lichen Rollen.115 Deshalb hat die Wahl der Abgeordneten des EP der- zeit nicht die Funktion, eine Richtungsentscheidung der Unionsbürger für die Politik der EU in den nächsten fünf Jahren herbeizuführen.116 Ihre Wirkung beschränkt sich, sieht man einmal von der Investitur der Kommission ab, auf die politische Zusammensetzung lediglich eines Verhandlungsbeteiligten. Die EU trägt daher insgesamt deutliche Züge einer Konkordanzdemokratie.117

2. Leistungen und Defizite Die Verdienste der Europäischen Union um den Frieden, die wirt- schaftliche Prosperität und die internationale Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten sind weithin anerkannt. Der hohen Output-Legitima- tion steht freilich eine schwache Rückbindung an die Unionsbürger gegenüber. Die vertikal zwischen der EU und den Mitgliedstaaten und horizontal zwischen den Organen vernetzten Entscheidungsprozesse bilden, trotz öffentlicher Zugänglichkeit vieler Dokumente, ein schwer durchdringbares Geflecht, in dem sich politische Verantwortung mehr oder weniger verliert. Ein öffentlicher europäischer Diskurs, der von der Erwartung realer politischer Einflussmöglichkeiten lebt, kann sich unter diesen Voraussetzungen kaum bilden.118 Darüber hinaus sollte die Leistungsfähigkeit des Legitimationsstrangs von den Regierungen im Rat zu den nationalen Parlamenten und ihren jeweiligen Staatsvölkern nicht überschätzt werden, auch wenn er im Vertrag von Lissabon aus-

Sommermann (Hrsg.) Demokratie in Europa, 2005, 69 (74); aus französischer Sicht L. Heuschling Krise der Demokratie und Krise der juristischen Demokratielehre in Frankreich, ebenda, 33 (insb. 51ff.). 115 P.F. Kjaer Three-dimensional Conflict of Laws in Europe, ZERP-Diskussions- papier 2/2009, 1f. 116 Oeter (Fn. 4), 109, konstatiert im Kontext des Verfassungsvertrages, dass das Eu- ropäische Parlament keineswegs eine gleichberechtigte Stellung im Verhältnis zu den übrigen Akteuren, vor allem dem Rat, erreicht hat. 117 So auch Oeter (Fn. 4), 115; dazu bereits R. Hrbek Die EG, ein Konkordanzsys- tem?, GS Sasse, 1981, 87. 118 Möllers (Fn. 14), 92, weist zu Recht darauf hin, dass sichtbare Herrschaft eine Voraussetzung von Verantwortlichkeit ist, die EU aber gleichsam ihre Herrschaft ver- steckt. 164 Armin Hatje drücklich erwähnt ist.119 Namentlich der Deutsche Bundestag ist kaum zu einer Feinsteuerung der europäischen Regierungspolitik in der Lage.120 Zusätzlich eröffnet die teils erforderliche Beteiligung des Bun- desrates innerstaatlich eine weitere Verhandlungsarena, welche die Transparenz europabezogener Entscheidungsprozesse erheblich ein- schränkt. Deshalb bleibt die Rückbindung europäischer Politik an den Willen der Staats- und Unionsbürger eine Herausforderung an ihr de- mokratisches System.121

3. Legitimation durch Wettbewerb? Konzeptionell muss es deshalb darum gehen, die direkte demokrati- sche Legitimation der Europäischen Union durch die Unionsbürger zu verstärken. Neben der Möglichkeit eines Bürgerbegehrens122 und Formen partizipativer Demokratie123 setzt der Vertrag von Lissabon, wie schon seine Vorgänger, auf eine weitere Aufwertung des Europäi- schen Parlaments.124 Die Ausdehnung des Mitentscheidungsverfahrens, welches künftig ordentliches Gesetzgebungsverfahren heißen wird, und die nunmehr ausdrückliche Vorgabe, den Kommissionspräsidenten entsprechend der politischen Mehrheit im Parlament auszuwählen, sind

119 Art. 10 Abs. 2 Uabs. 2 EUV nF; die nationalen Parlamente tragen nach Art. 12 EUV nF ebenfalls „aktiv zur guten Arbeitsweise der Union bei.“; dazu eingehend A.E. Töller Die Rolle der nationalen Parlamente im europäischen Rechtsetzungspro- zess. Probleme und Potentiale des Ländervergleichs, in: S. Kadelbach (Hrsg.) Euro- päische Integration und parlamentarische Demokratie, 2008, 75. 120 Zu den Grenzen parlamentarischer Kontrolle international agierender Exekuti- ven s.a. Oeter (Fn. 4), 104; s.a. J. Neyer Europa als Res Publica – Wider die Dominanz der Exekutiven in der Europäischen Union, Wirtschaftsdienst 2008, 491; F.C. Mayer Europäisierung als Veränderung nationalstaatlicher Institutionen und Governance- struktur – Die Umpolung und Neutralisierung von Hierarchien, in: D. Gosewin- kel/G.F. Schuppert (Hrsg.) Politische Kultur im Wandel von Staatlichkeit, 2007, 121 (133f.). 121 S. dazu M. Nettesheim Demokratisierung der EU und Europäisierung der Demo- kratietheorie, in: H. Bauer/P.M. Huber/K.-P. Sommermann (Hrsg.) Demokratie in Europa, 2005, 143. 122 Art. 11 Abs. 4 EUV. 123 Art. 11 Abs. 1 EUV; s. dazu bereits das Weissbuch der Kommission „Europäi- sches Regieren“, KOM (2001) 428 endg., 13 u. 15ff. 124 Ein klares Plädoyer für die weitere Stärkung des Europäischen Parlaments be- reits Anfang der 1990er Jahre bei W. von Simson/J. Schwarze Europäische Integration und Grundgesetz, 1992, 76; dies schließt ergänzende Legitimationsverfahren nicht aus, so schon J.H. Kaiser Bewahrung und Veränderung demokratischer und rechts- staatlicher Verfassungsstruktur in den internationalen Gemeinschaften, VVDStRL 23 (1966), 1 (Leitsatz III.2.). Demokratie als Wettbewerbsordnung 165 ein deutliches Signal für eine stärkere Parlamentarisierung des euro- päischen Entscheidungssystems.125 Damit sind die Weichen für einen intensiveren politischen Wettbewerb gestellt. Freilich geht es dabei nicht um den klassischen Kampf von Regierung und Opposition um die Macht126 – die Regierungsfunktion wird im föderalen System der Euro- päischen Union weiterhin feingliederig aufgeteilt bleiben. Vielmehr könnte als nächster Schritt etwa ein Initiativrecht des Parlaments im Gesetzgebungsverfahren oder ein formelles Vorschlagsrecht der Mehr- heit für das Amt des Kommissionspräsidenten das exekutive Über- gewicht von Europäischem Rat und Ministerrat ausbalancieren. Dann ließe sich die Grundausrichtung der europäischen Politik, etwa im Be- reich der Wirtschaft, viel eher zum Gegenstand des Europawahlkamp- fes oder öffentlicher Debatten über wichtige Gesetzgebungsvorhaben machen als es heute der Fall ist.127 Dass sich eine europäische Öffent- lichkeit bilden kann, wenn nur diskursfähige Themen auf der Agenda stehen, hat die Debatte um die Liberalisierung von Dienstleistungen im Binnenmarkt gezeigt.

4. Grenzen autonomer Legitimation durch politischen Wettbewerb Indes hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag von Lissabon die weitere demokratische Entwicklung der EU in ein „Demokratiedilemma“ manövriert.128 Danach verlangt das Grundgesetz

125 Art. 17 Abs. 7 EUV nF. 126 Hierüber besteht Einigkeit, dass ein solches Modell nicht tauglich wäre, die Fort- entwicklung der europäischen Demokratie anzuleiten, s. etwa F. Scharpf Legitima- tionskonzepte jenseits des Nationalstaats, MPIfG Working Paper 04/06, November 2004, 18f.; Nettesheim (Fn. 121), 175ff.; zu den konzeptionellen Problemen D. Göler Die europäische Legitimationsfalle. Das Problem der Effizienz und Partizipation im europäischen Mehrebenensystem, ZfP 2009, 3. 127 Zu den besonderen Bedingungen, Funktionen und zur Wirklichkeit europäi- scher Öffentlichkeit eingehend P. Häberle Europäische Verfassungslehre. 3. Aufl. 2005, 163 (170ff.); zu den Zweifeln an einer europäischen Öffentlichkeit D. Grimm Braucht Europa eine Verfassung?, JZ 1995, 44; zur Präsenz des Europäischen Parla- ments in der öffentlichen Meinung O. Niedermayer Das Europäische Parlament in der öffentlichen Meinung – bekannt aber wenig relevant, integration 2009, 231; aus dem älteren Schrifttum A. von Brünneck Die öffentliche Meinung in der EG als Verfas- sungsproblem, EuR 1989, 249. 128 Urteil des BVerfG vom 30.06.2009, NJW 2009, 2267; s. aus der Vielzahl der Kommentare etwa C.D. Classen Legitime Stärkung des Bundestages oder verfas- sungsrechtliches Prokrustesbett? Zum Urteil des BVerfG zum Vertrag von Lissabon, JZ 2009, 881; D. Halberstam/C. Möllers The German Constitutional Court says „Ja zu Deutschland!“, 10 GLJ 2009, 1241; M. Nettesheim Ein Individualrecht auf Staatlich- keit? Die Lissabon-Entscheidung des BVerfG, NJW 2009, 2867; T. Oppermann Den 166 Armin Hatje einerseits eine mit dem Fortgang der Integration schritthaltende demo- kratische Legitimation der EU.129 Jedoch setzt nach Ansicht des Ge- richts die vom Grundgesetz geschützte souveräne Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland einer eigenständigen Demokratisierung der EU absolute Grenzen, die nur durch einen Akt der Verfassungsge- bung überschritten werden können.130 Dies legitimiert die politische Dominanz der Exekutiven in den Räten und zementiert die lediglich abstützende Funktion des Europäischen Parlaments. Ob die angedeu- teten weiteren Schritte einer Parlamentarisierung der EU mit diesen Vorgaben noch vereinbar wären, ist bereits fraglich.131 Demokratischer Wettbewerb in den Grenzen, die das institutionelle Design der Union ohnehin setzt, und den das Gericht in seiner Entscheidung immer wie- der als Merkmal einer funktionierenden Demokratie hervorhebt, bleibt für die EU solange ein unerfüllbarer Traum, bis das deutsche Volk sich eine neue Verfassung132 gibt oder das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung ändert; wobei letzteres anzustreben ist.

V. Schluss

Zu den großen Herausforderungen an die Demokratie unserer Zeit gehört die Frage, wie sich die Gemeinwohlkonkretisierung in den komplexen Verhandlungssystemen auf staatlicher und überstaatlicher

Musterknaben ins Bremserhäuschen! – Bundesverfassungsgericht und Lissabon-Ver- trag, EuZW 2009, 473; E. Pache Das Ende der europäischen Integration? Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag von Lissabon, EuGRZ 2009, 285; C. Schönberger Lisbon in Karlsruhe: Maastricht’s Epigones At Sea, 10 GLJ 2009, 1201; F. Schorkopf The European Union as An Association of Sovereign States: Karlsruhe’s Ruling on the Treaty of Lisbon, 10 GLJ 2009, 1219; J.P. Terhechte Souve- ränität, Dynamik und Integration – making up the rules as we go along? – Anmer- kungen zum Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, EuZW 2009, 724; C. To- muschat The Ruling of the German Constitutional Court on the Treaty of Lisbon, 10 GLJ 2009, 1201; P.-C. Müller-Graff Das Karlsruher Lissabon-Urteil: Bedingungen, Grenzen, Orakel und integrative Optionen, integration 2009, 331. 129 BVerfG NJW 2009, 2267 Rn. 262. 130 BVerfG NJW 2009, 2267 Rn. 233. 131 Oeter (Fn. 4), 73 (94) weist darauf hin, dass mit einer weiteren Verstärkung der Parlamentsrechte die in nuce angelegte gesamteuropäische Volkssouveränität stärker in den Vordergrund tritt. Damit ist nach Oeter nicht zwangsläufig der Übergang in den europäischen Bundesstaat verbunden, der an eine äußere Form in Gestalt der Verfas- sungsgebung gebunden wäre. Vielmehr kann sich danach Volkssouveränität auch im Gehäuse eines völkervertraglich begründeten Staatenverbundes entfalten. 132 BVerfG NJW 2009, 2267 Rn. 228. Demokratie als Wettbewerbsordnung 167

Ebene demokratisch legitimieren und wirksam kontrollieren lässt. Ohne Rückbindung der Verhandlungsbeteiligten an einen funktionie- renden demokratischen Wettbewerb besteht die Gefahr, dass sich par- tikulare Interessen durchsetzen und die Effizienz politischer Entschei- dungsprozesse hinter den sachlichen Erfordernissen zurückbleibt. Damit wäre die Legitimationsleistung eines Systems in Frage gestellt, das sich seinen Platz als unangefochtene Regierungsform erst mühsam erkämpfen musste. Deshalb sollte Demokratie mehr leisten, um ein letztes Mal Joseph A. Schumpeter zu zitieren, als nur „Deppen und Wind- beutel“ von der Macht fernzuhalten.133 Wenn Demokratie ihr Gemein- wohlversprechen einlösen will, kommt sie ohne einen funktionierenden programmatischen und personalen Wettbewerb nicht aus.

133 Schumpeter (Fn. 1), 459. 168 Armin Hatje

Leitsätze des 1. Berichterstatters über: Demokratie als Wettbewerbsordnung

I. Gemeinwohl und Demokratie

1. Während sich die Wirtschaft des Wettbewerbs bedient, um den indivi- duellen Nutzen in ein wohlfahrtsökonomisches Optimum zu verwandeln, verwirklichen der Staat und seine überstaatlichen Komplementärorganisa- tionen das Gemeinwohl, indem sie ihre Entscheidungen demokratisch an den Willen des Volkes binden. Obwohl sich die Verfahren auf den ersten Blick grundlegend unterscheiden, wird bei näherer Betrachtung deutlich, dass auch die Demokratie auf Wettbewerb angewiesen ist, wenn sie ihr Ge- meinwohlversprechen einlösen will. 2. Jedoch ist der Alltag der Demokratie namentlich in der Bundesrepu- blik Deutschland weniger durch Wettbewerb als durch vielfältige Koopera- tionsbeziehungen geprägt. So wichtig kooperative Formen demokratischer Herrschaft insbesondere bei zugespitzten Interessenkonflikten oder in föde- ralen Systemen sein mögen, so wenig ist zu übersehen, dass vor allem ihre Intransparenz die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung und die Verantwortlichkeit des Parlaments gegenüber dem Wähler erheblich schwächen. Zudem bergen kooperative Verhandlungssysteme auf staatlicher und überstaatlicher Ebene die Gefahr beträchtlicher Entscheidungskosten durch lange Verfahren, was ihren Flexibilitäts- und Innovationspotentialen Grenzen setzt. 3. Sie bedürfen deshalb eines konkurrenziellen Gegengewichts, um den Anforderungen an eine gemeinwohlorientierte Politik gerecht werden zu können. Dieser Ausgleich muss im Zentrum der primären Politikgestaltung ansetzen, im Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland, mithin beim Parlament.

II. Demokratie und Wettbewerb

1. Wettbewerb ist ein Phänomen jeder freiheitlichen Ordnung. Die um- fassende Freiheit des Einzelnen schafft einen Raum, in dem Private neben dem Sport, etwa in der Wirtschaft, der Kultur, in der Wissenschaft oder im Demokratie als Wettbewerbsordnung 169

Diskurs über öffentliche Angelegenheiten in vielfältige Konkurrenzbezie- hungen zueinander treten können. 2. Die Idee der Freiheit, verbunden mit dem Anspruch auf gleiche Freiheit aller, liegt auch dem demokratischen Prinzip zugrunde. Sie mündet in die Forderung nach politischer Selbstbestimmung des Einzelnen ein, die im Prinzip der Volkssouveränität ihren wesentlichen Ausdruck gefunden hat. Dieses verlangt einen Zurechnungszusammenhang zwischen den im Volk zusammengefassten Individuen und den unterschiedlichen Äußerungs- formen von Herrschaft. Demokratie ist daher in erster Linie ein Legitima- tionsprinzip. 3. Das Legitimationserfordernis verweist auf zwei Aspekte demokrati- scher Herrschaft, die untrennbar mit dem Wettbewerbsgedanken verbunden sind: Zum einen findet ein Wettbewerb der Gemeinwohlentwürfe statt, der das Ergebnis politischer Entscheidungsprozesse („output“) inhaltlich beeinflussen soll. Zum anderen muss das Entscheidungsergebnis entweder unmittelbar auf den Willen des Volkes zurückgehen oder Repräsentanten zuzurechnen sein, die vom Volk gewählt und ihm gegenüber verantwort- lich sind. Die Rückbindung der politischen Entscheidungen an das Volk („input“) wird prozedural durch eine freie öffentliche Meinung und forma- lisierte Verfahren wie etwa Volksentscheide und Wahlen sichergestellt. In Verbindung mit dem Mehrheitsprinzip bilden sie die Grundlage eines Wett- bewerbs der politischen Kräfte um den Erwerb und die Ausübung politischer Entscheidungsbefugnisse. 4. Demokratischer Wettbewerb lässt sich in einer ersten Annäherung als Prozess definieren, in dem die Verwirklichung des Gemeinwohls dadurch angestrebt wird, dass verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Politikentwürfen und Personalangeboten um regierungsfähige Mehrheiten konkurrieren. Dieser Begriff muss allerdings „arenenspezifisch“ ausdifferen- ziert werden. 5. Der spezifische Nutzen einer wettbewerblichen Ausgestaltung demokra- tischer Legitimationsverfahren wird deutlich, wenn man das Leistungsange- bot des Wettbewerbsparadigmas mit dem Anforderungsprofil des demokrati- schen Prinzips vergleicht. Seine Freiheits-, Innovations-, Anpassungs- sowie die Auslese- und Verantwortungsfunktion umreißen zugleich den Beitrag, den Wettbewerb zur Gemeinwohlkonkretisierung beisteuern kann. 6. Demokratischer Wettbewerb ist auf eine rechtliche Ordnung angewie- sen, wenn er seine Funktionen erfüllen soll. Sie erschöpft sich nicht im Frei- heits- und Gleichheitspostulat als Wettbewerbsvoraussetzung. Denn gleiche Freiheit umfasst auch das Recht zur Kooperation. Daher muss eine recht- liche Ordnung des demokratischen Wettbewerbs auch Vorkehrungen gegen solche Einschränkungen oder Verfälschungen enthalten, die geeignet sind, seine Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen. Darüber hinaus ist Wettbewerb 170 Armin Hatje auf Transparenz angewiesen. Außerdem muss sichergestellt sein, dass der demokratische Wettbewerb in politischen Entscheidungen zum Ausdruck kommt, die eine Mehrheitsauffassung vom Gemeinwohl widerspiegeln. Schließlich bedarf die Einhaltung dieser Wettbewerbsordnung einer wirksa- men Kontrolle durch die Öffentlichkeit und unabhängige Gerichte. 7. Der Entfaltung demokratischen Wettbewerbs sind in jedem Verfas- sungssystem Grenzen gesetzt. Demokratie geht deshalb nicht im Wettbe- werbsprinzip auf, sie ist mithin nicht nur Wettbewerb. 8. Einerseits wird demokratischer Wettbewerb durch das Rechtsstaats- prinzip begrenzt, wenn etwa seine Ergebnisse die Verfassung verletzen wür- den, insbesondere die Grundrechte, Staatszielbestimmungen oder solche Vorschriften, die einzelne Verfassungsinhalte für unantastbar erklärt. Ande- rerseits muss das Konkurrenzprinzip zurücktreten, wenn die Anwendung des Mehrheitsprinzips die integrative Funktion der Verfassung und der De- mokratie gefährden oder gar zerstören könnte. 9. Unter solchen Voraussetzungen lässt sich demokratische Legitimation nur durch konsensuale Entscheidungsverfahren herstellen. Jedoch wird der Integrationsgewinn konkordanzdemokratischer Verfahren durch einen Ver- lust an Effizienz und Transparenz erkauft. Deshalb weisen alle demokrati- schen Ordnungen sowohl Konkurrenz- als auch Konkordanzelemente auf. In welchem Verhältnis sie zueinander stehen, ist Gegenstand strategischer Entscheidungen der politischen Akteure sowie eine Frage der konkreten rechtlichen Ordnung des demokratischen Prozesses.

III. Das Grundgesetz zwischen Wettbewerb und Konkordanz

1. Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Funktionen und Grenzen des Wettbewerbs in der demokratischen Ordnung des Grundgesetzes, so weisen die meisten politischen Arenen deutliche Einschränkungen der Kon- kurrenz auf. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass die deutsche Verfas- sung zwar intensiven demokratischen Wettbewerb erlaubt, zugleich aber eine ebenso intensive Kooperation der potentiellen Konkurrenten nicht ver- bietet. 2. Die festzustellenden Einschränkungen des demokratischen Wettbe- werbs sind deshalb, von einzelnen Begleiterscheinungen abgesehen, nicht verfassungswidrig. Sie signalisieren aber einen verfassungspolitischen Re- formbedarf: – Gesellschaftliche Arena: Der Meinungswettbewerb funktioniert ver- gleichsweise am besten. Während in traditionellen Medien organisierte Interessen, sprich Verbände, Vertreter großer Unternehmen und die politi- schen Parteien dominieren, bildet sich im Internet eine digitale Öffentlich- Demokratie als Wettbewerbsordnung 171 keit mit niedrigen Zugangshürden für Anbieter und Nachfrager. Hier liegt eine wichtige „Vitalitätsreserve“ des demokratischen Wettbewerbs. – Parteienarena: Die Parteienkonkurrenz ist durch die Notwendigkeit der Koalitionsbildung, die finanziellen Wettbewerbsvorteile etablierter Par- teien und durch den Umstand eingeschränkt, dass es diesen Parteien gelun- gen ist, sich in allen gesellschaftlichen Bereichen zu verankern. Dabei han- delt es sich nicht zuletzt um die Folgen des geltenden Wahlrechts, welches im Zusammenwirken mit den Vorschriften über die Kanzlerwahl koopera- tive Tendenzen begünstigt. – Wahlarena: Das einfachgesetzliche Wahlrecht ist die entscheidende Schwachstelle der demokratischen Wettbewerbsordnung. Die Einschrän- kungen des Wettbewerbs zeigen sich auf drei Ebenen: Durch einen begrenz- ten Zugang zur Wahlarena, durch eine begrenzte Auswahl zwischen den Kandidaten und durch begrenzte Wahlwirkungen. Dadurch wird die Ver- antwortlichkeit der Abgeordneten und der sie tragenden Parteien gegenüber dem Wähler erheblich geschwächt. – Regierungsarena: Da die Ausübung der Regierungsbefugnisse in ko- alitionäre, korporative und föderale Verhandlungsprozesse eingebunden ist, birgt der sinkende Konkurrenzdruck die Gefahr, dass die Gemein- wohlleistung des politischen Systems hinter dem Optimum zurück bleibt. Ein Ausgleich durch einen föderalen Wettbewerb findet praktisch nicht statt. 3. Die notwendigen Reformen des demokratischen Systems der Bundes- republik Deutschland sollten sich zunächst auf die demokratische Wettbe- werbsordnung des Bundes konzentrieren. Folgende Optionen kommen in Betracht: – Erweiterung der Wahlmöglichkeiten der Bürger – Erweiterung des Wählerkreises durch Absenkung des Wahlalters – Ergänzung des repräsentativen Systems durch direktdemokratische Elemente insbesondere Volksabstimmungen über grundlegende Fragen – Systemwechsel durch Einführung eines Mehrheitswahlrechts

IV. Die Europäische Union als Konkordanzdemokratie

1. In der Europäischen Union kann demokratische Konkurrenz um den Erwerb der Regierungsbefugnisse schon deshalb nicht stattfinden, weil die Funktionenteilung zwischen den Organen quer zur dualen Legitimations- struktur verläuft. So bildet die Gesetzgebung einen komplexen Verhand- lungsprozess, an dem die Kommission, der Rat und das Parlament mit jeweils unterschiedlichen Rollen teilnehmen. Die EU trägt daher deutliche Züge einer Konkordanzdemokratie. 172 Armin Hatje

2. Die Verdienste der Europäischen Union um den Frieden, die wirt- schaftliche Prosperität und die internationale Handlungsfähigkeit der Mit- gliedstaaten sind weithin anerkannt. Der hohen Output-Legitimation steht freilich eine schwache Rückbindung an die Unionsbürger gegenüber. 3. Die Belastbarkeit des Legitimationsstrangs über den Rat zu den natio- nalen Parlamenten und ihren jeweiligen Staatsvölkern ist begrenzt. Na- mentlich der Deutsche Bundestag ist kaum zu einer Feinsteuerung der eu- ropäischen Regierungspolitik in der Lage. Zusätzlich eröffnet die teils erforderliche Beteiligung des Bundesrates innerstaatlich weitere Verhand- lungsarenen, in denen sich politische Verantwortung zusehends verflüchtigt. 4. Konzeptionell muss es darum gehen, die direkte demokratische Legi- timation der Europäischen Union durch die Unionsbürger zu verstärken. Hierfür kommt, neben dem Bürgerbegehren und partizipativen Formen der Demokratie, nur eine weitere Stärkung der Rechte des Europäischen Parla- ments in Betracht. 5. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag von Lissabon hat die weitere demokratische Entwicklung der EU in ein „demokratisches Dilemma“ manövriert. Es verlangt zwar eine mit dem Fortgang der Integra- tion schritthaltende demokratische Legitimation der Union. Jedoch setzt nach Ansicht des Gerichts die vom Grundgesetz geschützte souveräne Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland einer eigenständigen Demo- kratisierung der EU absolute Grenzen, die nur durch einen Akt neuer Ver- fassungsgebung überschritten werden können. Dies zementiert in der prak- tischen Konsequenz die Dominanz der Exekutiven und die lediglich abstützende Funktion des Europäischen Parlaments. Demokratie als Wettbewerbsordnung 173

Zweiter Beratungsgegenstand: Demokratie als Wettbewerbsordnung

2. Bericht von Professor Dr. Markus Kotzur, LL.M., Leipzig

Inhalt

Seite I. Ein Marktplatz der Ideen: Vermeintliche Selbst- verständlichkeiten und unvermeidliche Perspektivenvielfalt der Demokratietheorie ...... 175 1. Vom Leitbild des Marktes (…) ...... 175 2. (…) zum Beschreibungsmodus und Klärungspotential des Wettbewerbs ...... 177 II. Die Begriffstrias von Wettbewerb, Ordnung und Demokratie in ihren Gemeinwohlbezügen ...... 179 1. Der Wettbewerb als Gemeinwohlverfahren ...... 179 a) Der Wettbewerbsbegriff, begriffliche Vorverständnisse, Konzeptualisierungsansätze ...... 180 b) Gemeinwohlkonkretisierung durch Wettbewerb . . . 183 2. Ordnungsbildung durch Wettbewerb – Ordnungsfunktionen des Wettbewerbs ...... 186 3. Der spezifisch demokratische Wettbewerb ...... 190 a) Wettbewerbsgegenstand, Akteure und Arenen . . . . 190 b) Die maßgeblichen Verfahrens-Parameter: Mehrheits- entscheidung, Chancengleichheit der Akteure, Minderheitenschutz ...... 191 c) Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verfahrensparameter demokratischen Wettbewerbs . 194 III. Entscheiden für die Demokratie: Von der vordemo- kratischen Zugehörigengemeinschaft zum demokratischen Demos – ein Wettbewerb um Zugehörigkeit ...... 196 IV. Entscheiden in der Demokratie: Akteure, Arenen und Verfahren demokratischen Wettbewerbs ...... 199 1. Demokratisches Entscheiden aus der Mitte der Zivil- gesellschaft – Bürger im demokratischen Gestaltungs- wettbewerb, insbesondere das Wahlrecht ...... 199 174 Markus Kotzur

2. Demokratisches Entscheiden vermittelt durch die organisierte Zivilgesellschaft und die intermediären Gewalten – der Parteienwettbewerb ...... 206 3. Demokratisches Entscheiden im Rahmen organisierter bzw. institutionalisierter hoheitlicher Gewalt – das Parlamentsrecht als Wettbewerbsrecht . . . 209 4. Demokratisches Entscheiden im Spiegel der Medien – der Medienwettbewerb und die mediale Vermittlung des demokratischen Wettbewerbs ...... 212 V. Demokratisches Entscheiden im Mehrebenenverbund: Die Ebenendifferenzierungen und -verschränkungen demokratischen Wettbewerbs ...... 214 VI. Demokratisches Entscheiden im Spiegel der Metaebene theoretischer Reflexion: Theorienwettbewerb um den demokratischen Wettbewerb ...... 219 VII. Schlussbetrachtung: Die Wettbewerbsnarrative des demokratischen Verfassungsstaates ...... 220 Demokratie als Wettbewerbsordnung 175

I. Ein Marktplatz der Ideen: Vermeintliche Selbstverständlichkeiten und unvermeidliche Perspektivenvielfalt der Demokratietheorie

1. Vom Leitbild des Marktes (…) Zu vorschnell und vielleicht auch allzu selbstverständlich mag sich der Wettbewerbsgedanke als Paradigma der pluralistischen Demokratie aufdrängen, mag sich die pluralistische Demokratie der Wettbewerbs- metapher zu ihrer Selbstdarstellung bedienen oder das Wettbewerbs- modell als Identitätszuschreibung nutzen.1 Ist nicht der konkurrierende Kampf um politische Rechte aufs engste mit der Genese demokrati- scher Herrschaftsordnungen verbunden? Versöhnt nicht die Hoffnung auf wettbewerbsgeleitete Bestenauslese im politischen System die egalitäre Demokratie mit dem aristokratischen Idealtypus einer am Gemeinwohl orientierten „Herrschaft der Besten“?2 Ist nicht der Wettbewerb das nächstliegende Verfahren, um angesichts der Frag- mentierungen einer offenen Gesellschaft das Gemeinwohl-Rele- vante zu entdecken?3 Sind letztlich also Wettbewerb und Pluralismus

1 Als Klassiker dieses Ansatzes können gelten: J. Schumpeter Kapitalismus, Sozia- lismus, Demokratie, 1946 (englische Erstauflage 1942); A. Downs Economic Theory of Democracy, 1957 (Ökonomische Theorie der Demokratie, in deutscher Überset- zung hrsgg. von R. Wildenmann, 1968); daran anknüpfend J. E. Roemer Political Competition. Theory and Applications, 2001; J. M. Buchanan The Limits of Liberty, 1975; R. A. Posner Law, Pragmatism and Democracy, 2003; zur Differenzierung von Wettbewerb als Modell oder Metapher siehe L. Michael Wettbewerb von Rechtsord- nungen, DVBl. 2009, 1062ff., (1062). 2 M. Weber Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl. 1972, 167ff.; ideengeschichtlich verweist H. Dreier in: ders. (Hrsg.) GG-Kommentar, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 20 (Demokratie) Rn. 16 auf das liberaldemokratische Konzept J. S. Mills, das mit seinem Pluralstimmrecht sowie dem Ausschluss der Ungebildeten und Almosenempfänger stark „geistesaristokratisch“ bzw. „elitistisch“ geprägt sei (J. S. Mill Considerations on Representative Government, 1861); P. Bachrach Die Theorie demokratischer Elitenherrschaft. Eine kritische Analyse, 1967, insbes. 62ff. (82ff.); zu elitendemokra- tischen Traditionen bei J. Schumpeter (Fn. 1), G. Sartori (Parties and Party Systems, 1978) und D. Zolo (Demokratische Fürstenherrschaft. Für eine realistische Theorie der Politik, 1997), siehe G. S. Schaal Vertrauen, Verfassung und Demokratie, 2004, 163. 3 Klassisch F. A. v. Hayek Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, in: ders. Frei- burger Studien, 1969, 249ff.; ders. Recht, Gesetz und Freiheit. Eine Neufassung der liberalen Grundsätze der Gerechtigkeit und der politischen Ökonomik, Abteilung B, Bd. 4 (hrsgg. von V. Vanberg u.a.) 2003, 374: „Der Wettbewerb ist also, ebenso wie das Experimentieren in den Naturwissenschaften, zuallererst ein Entdeckungsverfah- ren. Es kann ihm keine Theorie gerecht werden, die von der Annahme ausgeht, dass die zu entdeckenden Tatsachen bereits bekannt sind.“ F. A. v. Hayek selbst verweist an dieser Stelle auf den Soziologen L. v. Wiese („Die Konkurrenz, vorwiegend in sozio- 176 Markus Kotzur teilsynonyme Begriffe, weil dem Pluralen das Kompetitive stets inne- wohnt? In einem der meist rezipierten Sondervoten des US-Supreme Court hat sich O. W. Holmes 4 zum wirkungsmächtigen Fürsprecher dieser Idee gemacht. Er skizziert die demokratische Öffentlichkeit als einen „Marktplatz der Ideen“, der vom freien Wettstreit der Meinungen lebe und sogar tauglicher „Test für die Wahrheit“ sei. 5 So nachdrücklich das Holmessche Bild die Agora der griechischen Polis zu massendemokra- tischem Leben erwecken will, so wenig wird heute mit der Chiffre vom „Marktplatz“ allein die „gute Ordnung in Freiheit“, geschweige denn ein kompetitiv begründeter Wahrheitsanspruch assoziiert.6 Weil Markt und Wettbewerb oft zur alle Lebensbereiche durchziehenden Welt- formel überhöht sind7, zugleich aber – Stichwort Finanzkrise8 – das

logisch-systematischer Betrachtung, Verhandlungen des 6. deutschen Soziologen- tages, 1929) als einen der „wenigen, die das erkannt haben“. 4 Seinerseits inspiriert von John Stuart Mills Klassiker „On Liberty“ (1859); für eine kritische Analyse J. Gordon John Stuart Mill and the „Marketplace of Ideas“, in: So- cial Theory & Practice 23 (1997), 235ff. 5 Abrams v. United States, 250 U.S. 616 (1919), 630 (Holmes, J., dissenting): „(W)hen men have realized that time has upset many fighting faiths, they may come to believe even more than they believe the very foundations of their own conduct that the ultimate good desired is better reached by free trade in ideas – that the best test of truth is the power of thought to get itself accepted in the competition of the market, and that truth is the only ground upon which their wishes safely can be car- ried out.“ 6 Eine „Verfassungstheorie des Marktes“ fordert P. Häberle Soziale Marktwirtschaft als „Dritter Weg“, ZRP 1993, 383ff.; instruktiv E. V. Towfigh u.a., (Hrsg.) Recht und Markt. Wechselbeziehungen zweier Ordnungen, 2009. In seiner Rede zur Amtsein- führung (zitiert nach SZ vom 21. Januar 2009, 9) betont US-Präsident B. Obama ein instrumentales Marktverständnis: „Genauso wenig müssen wir uns die Frage stellen, ob die Marktkräfte gut oder schlecht sind. Nur sie entwickeln die unvergleichliche Kraft, Wohlstand zu entwickeln und Freiheit zu entfalten.“ 7 Zur Debatte etwa M. Wallerath Der ökonomisierte Staat, JZ 2001, 209ff. Vehe- ment in seiner Kritik an einer „Ökonomisierung allen Denkens“ P. Häberle Europäi- sche Verfassungslehre, 6. Aufl. 2009, 9, 21, 48, 155, 209, 648 et passim, jeweils m. w. Nachweisen. 8 Das Vertrauen in den starken Staat wächst hier gerade, weil der Staat kein Markt- teilnehmer im typischen Sinne ist, sondern auf Marktversagen mit Verstaatlichung reagieren kann. So forderte etwa Bundespräsident H. Köhler in seiner Berliner Rede vom 24. März 2009 einen „starken Staat“, der die notwendige Kraft zur Regulierung der internationalen Finanzmärkte habe, vgl. SZ vom 25. 03. 2009, 3, 4 und 6; vertie- fend H. Schulze-Fielitz in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/A. Voßkuhle (Hrsg.) Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 2006, § 12, Rn. 7. Demokratie als Wettbewerbsordnung 177

Vertrauen in ihre Selbstregulierungskräfte schwindet, irritieren solche Leitbilder.9 Die Irritation bleibt auch dort nicht aus, wo es um den methodisch gesicherten wissenschaftlichen Zugriff auf das Demokratiethema geht. Wer vom positiven Verfassungsrecht her denkt10, sucht im Grundge- setztext vergeblich nach einer expliziten Verknüpfung von Demokratie und Wettbewerb. Für das Primärrecht von EU und EG mit seinen kon- stitutionellen Gehalten gilt dasselbe. Wer einen theoretischen Zugang über die politische Philosophie wählt, muss Politik und Wirtschaft als zwar interdependente, aber getrennte gesellschaftliche Funktionsberei- che begreifen, für die eine gemeinsame Markt- und Wettbewerbslogik keineswegs selbstverständlich ist. Vor demselben Dilemma steht, wer umgekehrt von der Ökonomie her kommend das Recht einer ökono- mischen Analyse unterwirft.11 Aus einem Amalgam ganz unspezifischer Konkurrenzsituationen ein disziplinübergreifendes Wettbewerbspara- digma zu konstruieren, wäre also genauso voreilig, wie den Hobbes- schen „bellum omnium contra omnes“ euphemistisch in einen Wettbe- werb aller mit allen zu übersetzen.

2. (…) zum Beschreibungsmodus und Klärungspotential des Wettbewerbs Damit ist der Wettbewerbsgedanke als Beschreibungsmodus demo- kratischen Entscheidens12 aber noch nicht desavouiert. Im Gegenteil: Er kann eine spezifische Perspektive auf die Rationalität und Legitimität

9 U. Volkmann Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 158ff. Erinnert sei in diesem Zusammenhang auch an die Streichung des Unionsziels „freier Wettbewerb im Binnenmarkt“ auf Drängen Frankreichs unter Präsident N. Sarkozy. Europa müsse „beschützen“, es dürfe nicht „beunruhigen“, dazu M. Kotzur Die so- ziale Marktwirtschaft nach dem Reformvertrag, in: I. Pernice (Hrsg.) Der Vertrag von Lissabon: Reform der EU ohne Verfassung, 2008, 197ff. (197f.); S. Wernicke Der Ver- trag von Lissabon und das Wettbewerbsprinzip – Status quo ante, Neugewichtung oder Unwucht?, in: ebd., 190ff. 10 Eine Übersicht zu den methodischen Ansätzen findet sich bei Ch. Seiler Ausle- gung als Normkonkretisierung, 2000, 20ff., 38ff., 59ff. und öfter. 11 M. Morlok Vom Reiz und vom Nutzen, von den Schwierigkeiten und den Gefah- ren der ökonomischen Theorie für das Öffentliche Recht, in: Ch. Engel/M. Morlok (Hrsg.) Öffentliches Recht als ein Gegenstand ökonomischer Forschung, 1998, 1ff.; M. Leschke Ökonomische Verfassungstheorie und Demokratie, 1993; Ch. Kirchner Ökonomische Theorie des Rechts, 1997; R. Eschenburg Der ökonomische Ansatz zu einer Theorie der Verfassung, 1976. 12 H. Kelsen Vom Wesen und Wert der Demokratie, in: ders., Verteidigung der De- mokratie, 2. Aufl. 1929 (hrsgg. von M. Jestaedt/O. Lepsius, 2006) 153ff. (223ff.) ver- steht die Demokratie selbst als „Form“ und „Methode“ der Entscheidungsfindung. 178 Markus Kotzur diesen Entscheidens für die und in der Demokratie eröffnen. Weil im Vorhinein nicht feststeht, welches die jeweils beste politische Entschei- dung und wer diese zu treffen am besten in der Lage ist, hält der Wett- bewerbsprozess mit seinem Entdeckungspotential Entscheidungsvarian- ten offen. Der auf das Verfahren stärker als auf das Ergebnis gerichtete Blick lohnt aus einem weiteren Grund. In staatenübergreifenden Inte- grationszusammenhängen spielt der prozedurale Aspekt für die Legiti- mationsfragen eine maßgebliche Rolle.13 Wenig weiterführend wäre es indes, den Epitheta der Demokratie14 mit dem Adjektiv „kompetitiv“ ein weiteres hinzuzufügen oder gar eine eigenständige Demokratie- variante zu postulieren.15 Deliberative16, kompetitive und konsensuale Momente, Konkurrenz und Konkordanz wirken komplementär auf demokratische Entscheidungsprozesse ein.17 Das verkennt eine kon- zeptionell geschlossene Theorie der Wettbewerbsdemokratie. Notwen-

13 J. Habermas Faktizität und Geltung, 1992, 404. 14 Für eine „Phänomenologie der Demokratie“ K. Stern Das Staatsrecht der Bun- desrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, 590ff.; Beispiele aus französischer, aber für die Demokratiedebatte verallgemeinerungsfähiger Sicht gibt L. Heuschling Krise der Demokratie und Krise der juristischen Demokratielehren in Frankreich, in: H. Bauer/P. M. Huber/K.-P. Sommermann, Demokratie in Europa, 2005, 33ff. (36), insbes. Fn. 9. 15 Die konfrontativen Zuspitzungen der Liberalismus/Kommunitarismus-Debatte können demokratietheoretisch gewiss fruchtbar gemacht, indes sollte die künstliche Dichotomie zwischen individueller Freiheit und solidarischer Gemeinschaft nicht un- reflektiert übernommen werden. Für radikal individualistische, liberale Positionen stehen etwa D. Gauthier und R. Nozick, für radikal kommunitaristische Gegenpositio- nen C. B. Macpherson und R. Mangabeira Unger, dazu J. W. Chapman/I. Shapiro, Introduction, in: dies. (Hrsg.) Democratic Community. Nomos XXXV, 1993, 1ff. (2). Einen neuen Republikanismus fordern z.B. B. Baber Strong Democracy, 1984, oder P. Pettit Republicanism, 1997. 16 J. Cohen Deliberative Democracy and Democratic Legitimacy, in: A. Hamlin/ P. Pettit (Hrsg.) The Good Polity, 1989, 17ff.; M. Warren Deliberative Democracy, in: A. Carter/G. Stokes (Hrsg.) Democratic Theory Today. Challenges for the 21st Cen- tury, 2002, 173ff.; J. Bohman/W. Rehg (Hrsg.) Deliberative Democracy. Essays on Reason and Politics, 1997; J. S. Fishkin Democracy and Deliberation, 1991; C. R. Sun- stein Democracy and the Problem of Free Speech, 1993, wertet „unsolicited commu- nications“ im freien Ideenwettbewerb ausdrücklich als „central constitutional goal of creating a deliberative democracy“; zur Kritik K.-H. Ladeur „Deliberative Demo- kratie“ und „Dritter Weg“ – eine Sackgasse?, in: Der Staat 41 (2002), 3ff. 17 Zur idealtypischen Unterscheidung von Konkurrenz- und Konkordanzdemokra- tie einerseits, von Mehrheits- und Konsensdemokratie andererseits M. G. Schmidt De- mokratietheorien, 4. Aufl. 2008, 325ff.; Ch. Möllers Demokratie – Zumutungen und Versprechen, 2008, 13, wirbt für ein Konzept der „expressiven Demokratie“, da der Konsens immer implizit bleibe und erst der explizit ausgetragene Konflikt das demo- kratische „Wir“ ermögliche. Demokratie als Wettbewerbsordnung 179 dig ist vielmehr der interdisziplinär wie komparatistisch offene18 Blick auf demokratisches Entscheiden und dessen Gemeinwohlorientierung.

II. Die Begriffstrias von Wettbewerb, Ordnung und Demokratie in ihren Gemeinwohlbezügen

1. Der Wettbewerb als Gemeinwohlverfahren Wer nach Gemeinwohl durch Wettbewerb fragt und die Demokratie zugleich als Wettbewerbsordnung umschreibt, schafft eine assoziative und impliziert eine funktionale Begriffstrias. Wettbewerb ist als spe- zifisch demokratisches Verfahren der Ordnungsbildung gedacht, die ihrerseits im Gemeinwohl ihr Ordnungsideal erkennt.19 Ob – und wenn ja inwieweit – jede Demokratie ihrerseits ein Mindestmaß an Wohl- stand und Entwicklung dank freier Marktwirtschaft zur Voraussetzung hat20, das demokratische Gemeinwohl also von ökonomischem Wohl- ergehen abhängt, ist für diesen funktionalen Zusammenhang gewiss nicht irrelevant.21 Doch sei aus Gründen notwendiger thematischer Be-

18 Die „Demokratie als interdisziplinären Untersuchungsgegenstand“ entfaltet K.-P. Sommermann Demokratiekonzepte im Vergleich, in: H. Bauer/P. M. Huber/ K.-P. Sommermann, Demokratie in Europa, 2005, 191ff. (195ff.); für einen Überblick zum Stand interdisziplinärer Demokratieforschung ferner C. Grewe/H. Ruiz Fabri Droits constitutionnels européens, 1995, 191ff. (385ff.); M. G. Schmidt Demokratie- theorien, 4. Aufl. 2008, 307ff.; empirisch-typologisierend ist die Vorgehensweise bei A. Lijphart Patterns of Democracy. Government Forms and Performance in Thirty- Six Countries, 1999. 19 Zur prägenden Rolle des Ordnungsbegriffs für das politische Denken der Mo- derne H. Barth Die Idee der Ordnung, 1958, 213; daran anknüpfend A. Anter Die Macht der Ordnung. Aspekte einer Grundkategorie des Politischen, 2. Aufl. 2007, 3. Zur Gemeinwohlbedingtheit verfassungsstaatlicher Ordnung P. Graf Kielmannsegg Gemeinwohl durch politischen Wettbewerb, in: H. H. v. Arnim/K.-P. Sommermann (Hrsg.) Gemeinwohlgefährdung und Gemeinwohlsicherung, 2004, 125. Wegen der Gemeinwohlrelevanz darf auch das Spannungsfeld zwischen hoheitlichen und Wett- bewerbsentscheidungen nicht ausgeblendet bleiben, B. Greszick Hoheitskonzept – Wettbewerbskonzept, HStR, Bd. IV, 3. Aufl. 2006, § 78, Rn. 17ff.; P. Kirchhof Freiheitlicher Wettbewerb und staatliche Autonomie – Solidarität, ORDO 56 (2005), 39ff. 20 J. Hirsch Der nationale Wettbewerbsstaat. Staat, Demokratie und Politik im glo- balen Kapitalismus, 1995, 11 et passim. 21 Das gilt schon deshalb, weil in der Tradition H. Hellers die politische Gemein- schaft immer als empirisches Sein, als „menschlich gesellschaftliche Lebensform“ be- griffen werden muss und jede Analyse des Rechts neben einer normativen auch einer „empirisch-kausalen“ Betrachtungsweise bedarf: H. Heller Staatslehre, 1934, 37ff.; dazu A. Dehnhard Dimensionen staatlichen Handelns, 1996, 50ff.; P. Häberle Verfas- 180 Markus Kotzur schränkung strikt zwischen den Wirklichkeitsbedingungen einer funk- tionierenden Demokratie und den Funktionsbedingungen demokra- tischen Entscheidens differenziert. Wie weit die funktionale Verein- nahmung des Wettbewerbs dabei demokratietheoretisch trägt, hängt vor allem vom zugrunde gelegten Wettbewerbskonzept ab. a) Der Wettbewerbsbegriff, begriffliche Vorverständnisse, Konzeptualisierungsansätze Der Wettbewerbsbegriff hat im 19. Jh. rasche Verbreitung in der Sprache des öffentlichen Lebens, vor allem der liberalen Wirtschafts- und Soziallehre gefunden. Mit dieser sozio-politischen Kontextualisie- rung ist indes eine terminologische wie konzeptionelle Verengung verbunden. Wettbewerb bezeichnet ein lebensweltliches Phänomen, ein Prinzip des Lebens schlechthin.22 Er wurde in diesem Sinne von Charles Darwin evolutionsbiologisch als „survival of the fittest“ gefasst.23 Weil von den Initiationsriten archaischer Stammesgesellschaf- ten über das olympische „altius, citius, fortius“ bis hin zu R. v. Jherings „Kampf ums Recht“ (1913)24 und den entgrenzten Märkten des 21. Jh. über zeitliche und räumliche Grenzen hinweg universell beobachtbar, weil zugleich „kulturelles Gen der Menschheit“25 und banales Alltags- verhalten, ist das „Wettbewerben“ für die unterschiedlichsten wissen- schaftlichen Disziplinen26 attraktive Form der Weltbeschreibung, ver- sungslehre als Kulturwissenschaft, 2. Aufl. 1998, 176, 242f., 343f.; allg. H. Eidenmüller Rechtswissenschaft als Realwissenschaft, JZ 1999, 53ff. 22 So K. M. Meessen Economic Law as an Economic Good: Its Rule Function and its Tool Function in the Competition of Systems, in: ders. (Hrsg.) Economic Law as an Economic Good, 2009, 3ff. (5). Eine „competitive collaboration“, die von der Wis- senschaft über die Wirtschaft und Industrie bis hin zum Militär alle Lebensbereiche durchziehe, erkennt J. W. Chapman in: ders. (Hrsg.) The Western University on Trial, 1983, 5f.; siehe auch G. S. Becker Der ökonomische Ansatz zur Erklärung mensch- lichen Verhaltens, 2. Aufl. 1993. 23 Ch. Darwin The Origin of Species, 4. Aufl. 1869; M. Dobinski Darwins schwie- riges Erbe, SZ vom 13. Februar 2008, 4. 24 Desselben Sprachbildes bedient sich, nunmehr global gedacht, B. Zypries Der Kampf ums beste Recht – Globalisierung als Wettbewerb der Rechtsordnungen, in D. Staffelt/P. Struck (Hrsg.) Deutschland in der Globalisierung, 2008, 438ff.; H. Ei- denmüller Kampf um die Ware Recht, FAZ vom 26. März 2009, 8, und ders. Recht als Produkt, JZ 2009, 641ff. 25 Bis hin zur Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsbildung, A. von Scheliha Persönliche Selbstbehauptung und Selbstfindung im Wettbewerb, in: U. Kern (Hrsg.) Wirtschaft und Ethik in theologischer Perspektive, 2002, 179ff. 26 Zu denken ist etwa an die Biologie, die Anthropologie, die Soziologie, die Politi- schen Wissenschaften, die Ökonomie und nicht zuletzt die Jurisprudenz. Demokratie als Wettbewerbsordnung 181 bunden mit der Gefahr vorschneller Welterklärung. Die allgegenwärtige Rede vom Wettbewerb, seine intuitive Selbstverständlichkeit bedingt diffuse (Rationalitäts-)Erwartungen, lässt auf stabile Entscheidungs- muster, Effizienz und Bedürfnisorientierung hoffen, bleibt konzeptio- nell aber zunächst völlig offen.27 Irrig wäre es, mögliche Wettbewerbskonzepte allein ökonomisch zu denken.28 Für den „homo oeconomicus“29 ist das Kompetitive nicht mehr und nicht weniger relevant als für den „homo ludens“, der im spielerischen Wettstreit mit anderen seine Möglichkeiten und Grenzen austestet.30 Auch die Wirtschaftswissenschaften haben das Wettbewer- ben nicht er-, sondern als empirisches Phänomen vorgefunden und zur

27 Vgl. etwa J. Bätge Wettbewerb der Privatrechtsordnungen, 2009, 21. 28 Im Übrigen schüfe auch eine solche Verengung keine konzeptionelle Eindeutig- keit. Auch innerhalb der Ökonomie gibt es kein einheitliches Wettbewerbskonzept, sondern eine Fülle divergierender wettbewerbstheoretischer Ansätze: zu den Leit- bildern der Klassik und der Neoklassik, der Chicago, der Harvard und der Austrian School I. Schmidt Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl. 2005, 1ff.; ders./ A. Schmidt Europäische Wettbewerbspolitik und Beihilfenkontrolle, 2006. Prägende Denker, teils „Klassiker“ der wettbewerbstheoretischen Debatte sind allen voran A. Smith An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Neudruck 1952; sodann F. H. Knight Rist, Uncertainty, and Profit, 1921; J. M. Clark Toward a Concept of Workable Competition, in: American Economic Review 30 (1940), 241ff.; ders. Competition as a Dynamic Process, 1961; K. Borchardt/W. Fikentscher Wettbe- werb, Wettbewerbsbeschränkungen, Marktbeherrschung, 1957; G. J. Stigler Perfect Competition, Historically Contemplated, in: The Journal of Political Economy 65 (1957), 1ff.; F. A. v. Hayek Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, in: ders., Freiburger Studien, 1969, 249ff.; R. A. Posner, The Chicago School of Antitrust Analysis, in: The University of Pennsylvania Law Review 127 (1979), 925ff.; E. Kantzenbach Die Funk- tionsfähigkeit des Wettbewerbs, 2. Aufl. 1967; E. Hoppmann Wirtschaftsordnung und Wettbewerb, 1988; M. Ruffner Neue Wettbewerbstheorie und schweizerisches Kartell- recht. Möglichkeiten und Grenzen einer markt- und institutionentheoretischen Fundierung, 1990; S. Martin Advanced Industrial Economics, 1993; W. Kerber Evo- lutorischer Wettbewerb. Zu den theoretischen und institutionellen Grundlagen der Wettbewerbsordnung, Habilitationsschrift Freiburg 1994. Für eine Übersicht aus rechtswissenschaftlichem Blick B. Greszick Hoheitskonzept – Wettbewerbskonzept, HStR, Bd. IV, 3. Aufl. 2006, § 78, Rn. 9f. 29 A. Dietz Der homo Oeconomicus, 2005; G. Kirchgässner Homo Oeconomicus, 2000; G. S. Becker The Economic Approach to Human Behaviour, 1976; A. Sen Ra- tional Fools, Philosophy and Public Affairs 6 (1977), 328ff. 30 K. Minogue Ideal Communities and the Problem of Moral Identity, in: J. W. Chap- man/I. Shapiro (Hrsg.), Democratic Community. Nomos XXXV, 1993, 41ff. (59): „(…) self-conscious creature whose competition with others allows him to explore his own dispositions and talents.“ Grundlegend für den spieltheoretischen Ansatz I. Ber- lin Four Essays on Liberty, 1969, 130. 182 Markus Kotzur

Beschreibung ihrer Welt genutzt. Mit dieser Weltbeschreibung ist aber bereits ein kultureller Prozess der Konzeptualisierung verbunden. Je nach Beschreibungsmodus werden unterschiedliche Handlungsmög- lichkeiten wahrgenommen und Präferenzen artikuliert.31 Die Nachdrück- lichkeit, mit der die klassisch-liberale Schule der Nationalökonomie seit Adam Smith den Wettbewerb zur Selbstbefreiung aus feudal-merkanti- listischen Fesseln nutzte, hat das ökonomische Beschreibungsmodell früh zum dominanten gemacht.32 Wer sich heute auf den Wettbewerb bezieht, tut dies in der Regel aufgrund eines marktwirtschaftlichen Vor- verständnisses33 und impliziert ökonomische Rationalität. Er deutet ihn als einen marktgebundenen Prozess mit – jedenfalls relativer – selbstregulativer Kraft.34 Er denkt in den Parametern von Angebot und Nachfrage bei grundsätzlicher Güterknappheit, sieht in Produzenten und Verbrauchern die maßgeblichen Akteure, fragt nach Marktstruktu- ren und Marktverhalten, erhofft schließlich ein Marktergebnis, das dank produktiver wie allokativer Effizienz zu Fortschritt und letztlich optimierter Verteilungsgerechtigkeit führt.35 Der (dogmatischen) Jurisprudenz bleibt es unbenommen, sich der ökonomischen Parameter36 zu ihrer eigenen Theoriebildung zu bedie- nen. Unreflektierte Analogien ließen aber nicht nur mögliche empiri-

31 M. Morlok Informalisierung und Entparlamentarisierung politischer Entschei- dungen als Gefährdungen der Verfassung, in: VVDStRL 62 (2003), 37ff. (57). Für die Verwaltungswissenschaft etwa A. Musil Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung, 2005. 32 Eine entwicklungsgeschichtliche Perspektive eröffnet C. W. Neumann Historische Entwicklung und heutiger Stand der Wettbewerbstheorie, 1982. 33 So J. Gordon John Stuart Mill and the „Marketplace of Ideas“, in: Social Theory & Practice 23 (1997), 235ff. (236); allgemein zur Bedeutung des Vorverständnisses für Begriffsbildung und (juristische) Hermeneutik J. Esser Vorverständnis und Methoden- wahl in der Rechtsfindung, 1972; H.-G. Gadamer Wahrheit und Methode, 5. Aufl. 1986, 281ff. 34 Von einer „relativen Freiheit zum Wettbewerb“ geht mit E. Hoppmann Wirt- schaftsordnung und Wettbewerb, 1988, einer der Hauptvertreter der sog. Neoklassik aus. 35 Vgl. F. M. Scherer/D. Ross Industrial Market Structure and Economic Perfor- mance, 3. Aufl. 1990, 5 (Marktstruktur-Marktverhalten-Marktergebnis-Paradigma); dazu G. Aberle Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik, 2. Aufl. 1992, 32; zu möglichen Analogien zwischen Markt und Demokratie P. Häberle Das Analogon Demokratie/Markt als Problem des Verfassungsstaates – Plädoyer für das Staatsziel soziale Marktwirtschaft, in: B. Guggenberger/A. Meier (Hrsg.) Der Souverän auf der Nebenbühne, 1994, 213ff. 36 S. Tontrup Ökonomik in der dogmatischen Jurisprudenz, in: Ch. Engel (Hrsg.) Methodische Zugänge zu einem Recht der Gemeinschaftsgüter, 1998, 41ff. Demokratie als Wettbewerbsordnung 183 sche wie konzeptionelle Defizite des nachbarwissenschaftlich37 Vor- geformten außer Acht. Vor der Erklärung der eigenen Welt durch Rezeption muss die eigenständige Beschreibung dieser Welt, muss das eigene „ordnende Erkennen“ stehen.38 Auch die Rechtswissenschaften nehmen den Wettbewerb untechnisch als einen offenen und zugleich öffentlichen, jedenfalls akteursöffentlichen Prozess wahr, an dem min- destens zwei Akteure beteiligt sind. Sie rivalisieren um ein Ziel, wobei aufgrund der Knappheit der Zielerreichungsmöglichkeiten der höhere Zielerreichungsgrad des einen einen geringeren Zielerreichungsgrad des anderen bedingt.39 So formuliert, umschreibt der Wettbewerb ein ganz allgemein bestehendes soziales, deshalb nie ideales Beziehungs- muster.40 Er ist primär Voraussetzung normativer Regelungen; zu deren Konsequenz wird er erst dann, wenn das Recht das Gestaltungspoten- tial des vorgefunden sozialen Beziehungsmuster zum Zwecke normati- ver Steuerung „aktiviert“. b) Gemeinwohlkonkretisierung durch Wettbewerb Ob mit diesem „Aktivieren“, positiv gedacht, ein Nutzbar-Machen oder, negativ gedacht, ein bändigendes Zurückdrängen verbunden ist,

37 Zum Verständnis von Jurisprudenz und Ökonomie als „Nachbarwissenschaften“ etwa D. Grimm (Hrsg.) Rechtswissenschaft und Nachbarwissenschaften, Bd. 1: So- ziologie, Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Psychologie, Kriminologie, 2. Aufl. 1976. 38 M. Morlok Informalisierung und Entparlamentarisierung politischer Ent- scheidungen als Gefährdungen der Verfassung, in: VVDStRL 62 (2003), 37ff. (55) verweist mit dem treffenden Bild der „juristischen Landkarten“, des „juristischen mapping“ darauf, dass die Jurisprudenz die Welt nach ihren eigenen Maßstäben ver- misst. 39 K. M. Meessen Economic Law as an Economic Good: Its Rule Function and its Tool Function in the Competition of Systems, in: ders. (Hrsg.) Economic Law as an Economic Good, 2009, 3ff. (5); I. Schmidt Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl. 2005, 1. 40 M. Morlok Parteienrecht als Wettbewerbsrecht, in: FS D. Tsatos, 2003, 408ff. (413), unter Verweis auf K. Mannheim Die Deutung der Konkurrenz im Gebiete des Geistigen, in: ders., Wissensoziologie, 2. Aufl. 1970, 566ff. (571). Weil soziale Bezie- hungsmuster nie vollkommen sind, sondern stets defizitär beleiben, wäre auch der „vollkommene Wettbewerb“ eine Illusion. Die Wirtschaftswissenschaften haben da- raus mit dem Konzept des „funktionsfähigen Wettbewerbs“ („workable competition“) die wirklichkeitsbewusste Konsequenz gezogen: J. M. Clark Toward a Concept of Workable Competition, in: American Economic Review 30 (1940), 241ff.; ders. Com- petition as a Dynamic Process, 1961; E. Kantzenbach Die Funktionsfähigkeit des Wett- bewerbs, 1967; ders./H. H. Kallfass Das Konzept des funktionsfähigen Wettbewerbs – workable competition, in: H. Cox/U. Jens/K. Markert (Hrsg.) Handbuch des Wett- bewerbs, 1981, 103ff. 184 Markus Kotzur hängt entscheidend von dem Anleitungsgehalt41 ab, den das Recht auf Grundlage der Verfassung dem Wettbewerb zur Erreichung seines zen- tralen Regelungszwecks zuschreibt: der Konkretisierung von Gemein- wohl.42 Das Gemeinwohl ist Grund und Grenze allen staatlichen Handelns.43 Von ihm her werden die äußeren Verfahrensbestimmungen des Verfassungsstaates materiell angereichert, erfahren sie ihren inne- ren Sinn.44 Mit anderen Worten: Das Recht muss den Wettbewerb vom Gemeinwohl her denken, ihn als Gemeinwohl-Entdeckungsverfahren 45 ausgestalten und ihm aus Gemeinwohlgründen seine Grenzen setzen. Die Basis dafür bildet die, wie gezeigt, lebensweltlich beobachtbare Natur des Wettbewerbs als zukunftsoffener, dynamischer Prozess.46 Weil es ein a priori feststehendes, unveränderbar gewisses Wissen des

41 So die Terminologie bei M. Morlok Informalisierung und Entparlamentarisierung politischer Entscheidungen als Gefährdungen der Verfassung, in: VVDStRL 62 (2003), 37ff. (56). Für diesen Anleitungsgehalt bestimmend ist nicht zuletzt die schlichte Er- kenntnis, dass nutzenmaximierendes Verhalten Einzelner zu Resultaten führen kann, die den Interessen aller widersprechen, vgl. J. C. Joerden Logik im Recht, 2005, 366ff. 42 Aus der Fülle der Gemeinwohlliteratur sei vor allem auf die grundlegenden monografischen Arbeiten hingewiesen: W. Martens Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969; P. Häberle Öffentliches Interesse als juristisches Problem, (1970), 2. Aufl. 2006; R. Uerpmann Das öffentliche Interesse, 1999; M. Anderheiden Gemeinwohl in Repu- blik und Union, 2006. 43 C. H. Link Staatszwecke im Verfassungsstaat – nach 40 Jahren Grundgesetz, VVDStRL 48 (1990), 7ff. (19); M. Sachs Bürgerverantwortung im demokratischen Staat, DVBl. 1995, 873ff. (888); K.-P. Sommermann Staatsziele und Staatszielbestim- mungen, 1997, 199ff.; J. Isensee Die alte Frage nach der Rechtfertigung des Staates, JZ 1999, 265ff. (277) (Freiheit und Wohlfahrt seiner Bürger); G. F. Schuppert Staats- wissenschaft, 2003, 115f. (215). 44 R. Frost Kontexte der Gerechtigkeit, 2. Aufl. 1996, 143ff.; U. Volkmann Leitbild- orientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 158ff. (172); nicht ohne Pathos spricht das BVerfG von einem „Sinnganzen“ der verfassungsmäßigen Rechtsordnung (E 9, 338 (349); 34, 269 (287) – Soraya). 45 Für eine frühe Kennzeichnung des Gesetzgebungs- als Gemeinwohlverfahren P. Häberle Öffentliches Interesse als juristisches Problem, (1970), 2. Aufl. 2006, 251; jetzt auch ders. „Gemeinwohl“ und seine Teil- und Nachbarbergriffe im kulturellen Verfassungsvergleich, in: M. Morlok/U. v. Alemann/H. Merten (Hrsg.) Gemeinwohl und politische Parteien, 2008, 240ff.; in gleichem Sinne H. Schulze-Fielitz Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, 179f.; M. Morlok Informalisierung und Entparlamentarisierung politischer Entscheidungen als Gefährdungen der Verfassung, in: VVDStRL 62 (2003), 37ff. (61) („Parlamentarische Entscheidungen als Gemein- wohlentscheidungen“); einen starken Akzent auf die prozedurale Dimension des Gemeinwohls legt B. J. Hartmann Eigeninteresse und Gemeinwohl bei Wahlen und Abstimmungen, AöR 134 (2009), 1 ff (14). 46 J. Windsperger Wettbewerb als dynamischer Prozess, in: ORDO 37 (1986), 125ff. (126ff.). Demokratie als Wettbewerbsordnung 185

Richtigen nicht geben kann47, begründet gerade die Ungewissheit im Ausgang die Gemeinwohlrelevanz des Wettbewerbs- als Ungewissheits- verfahren.48 Sie lässt Versuch und Irrtum im Sinne Poppers (auch R. Dah- rendorfs) zu. Die beteiligten Akteure gilt es in personeller respektive institutioneller, die Arenen in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hin- sicht abzugrenzen.49 Verfahrensregeln sind festzulegen und Erfolgs- kriterien zu bestimmen. Letztere unterscheiden das Wettbewerben im weiteren vom Wettbewerb im engeren Sinne und machen ihn zu einem in der „Zeit ablaufenden Prozess mit zielgerichteter Aktivität“.50 Instru- mentarien der Erfolgskontrolle können ergänzend hinzutreten. Sehr bewusst sei nicht von „Markt“, sondern von „Wettbewerbsarena“ ge- sprochen, weil der Markt eine Quantifizier- und letztlich auch eine Monetarisierbarkeit all dessen, was marktfähig ist, impliziert. 51 Die Qualität des Gemeinwohls ist aber weder quantitativ festleg- noch in Geldwerten bezifferbar; Markt- und Gemeinwohleffizienz sind nicht deckungsgleich.52 Diese Verschiedenheit wirkt auch bestimmend für die Ordnungsfunktionen des Wettbewerbs.

47 Ch. Engel Offene Gemeinwohldefinitionen, Rechtstheorie 32 (2001), 23 ff.; ferner I. Shapiro The State of Democratic Theory, 2003, 146: „Rather than think of demo- cracy as a mechanism for institutionalizing the general will, we should recognize its claim to our allegiance as the best available system for managing power relations among people who disagree about the nature of the common good, among many other things, but who nonetheless are bound to live together.“. 48 P. Kirchhof Staatliche Verantwortlichkeit und privatwirtschaftliche Freiheit, in: FS W. Schmitt Glaeser, 2003, 3ff. (zum Wettbewerb als Such-, Informations-, Ent- deckungs-, und Lernverfahren); ebenso H.-H. Rupp Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, HStR, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 31 Rn. 42. In der Debatte um nach- haltiges Entscheiden und Generationengerechtigkeit verweist O. Lepsius Nachhaltig- keit und Parlament, in: W. Kahl (Hrsg.) Nachhaltigkeit als Verbundbegriff, 2008, 326ff. (333) darauf, dass weder Politiker noch Wissenschaftler Entscheidungen unter Bedingungen, die erst zukünftig eintreten und daher gar nicht antizipierbar sind, tref- fen können – und vor allem nicht unter dem Deckmantel der Pseudo-Antizipierbar- keit treffen sollten! Rechtsphilosophisch ausgerichtet P. Saladin/C. A. Zwenger Rechte künftiger Generationen, 1988. Die Rawlssche Metapher vom „Schleier des Nicht- wissens“ beschreibt dasselbe Phänomen, ergänzt um den Faktor, dass unabhängig von jeder Antizipierbarkeit Eigeninteressen der Akteure stets Allgemeininteressen verfäl- schen können (J. Rawls A Theory of Justice, 1971, 136f.). 49 Aus ökonomischer Sicht I. Schmidt Relevanter Markt, Marktbeherrschung und Missbrauch in § 22 GWB und Art. 86 EWGV, in: WuW 15 (1965), 453ff.; für eine institutionelle Perspektive B. Weingast The Economic Role of Political Institutions, in: Journal of Law, Economics, and Organization 11 (1995), 1ff.; G. Wegner National- staatliche Institutionen im Wettbewerb, 2004. 50 G. Aberle Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik, 2. Aufl. 1992, 13. 51 Vgl. auch R. E. Lane The Market Experience, 1991. 52 Allgemein H. Eidenmüller Effizienz als Rechtsprinzip, 2. Aufl. 1998. 186 Markus Kotzur

2. Ordnungsbildung durch Wettbewerb – Ordnungsfunktionen des Wettbewerbs Als ordnungsbedingtes wie seinerseits ordnungsbegründendes Ver- fahren kommt dem Wettbewerb zunächst eine Rationalisierungsfunktion zu.53 Er stiftet eine prozedurale, „durch Regelorientierung gewonnene Rationalität“54. Sie begreift den Mensch als „Mängelwesen“55 und be- zieht deshalb mögliche Rationalitätsdefizite der Verfahrensteilnehmer von vornherein ein, geht demokratisch gesprochen also nicht vom Ideal-, sondern Realbürger aus.56 Der Formalismus des Wettbewerbs-

53 Auch die Wirtschaftswissenschaften schreiben dem Wettbewerb eine Fülle von Funktionen bzw. Prozesseigenschaften zu, siehe etwa G. Aberle Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik, 2. Aufl. 1992, 13f.: Anpassung (Angebot wird auf Nachfrage abgestimmt); Entwicklung (kostengünstigere Produktionsverfahren zur Herstellung immer besserer Produkte); Auslese (Selektion zwischen Leistungsfähigen und nicht Leistungsfähigen); Sozialisierung (Preise tendieren zu gesellschaftlich notwendigen Kosten); weiterhin I. Schmidt Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl. 2005, 1ff., 28ff. et passim; R. Olten Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik, 1995; K. Herd- zina Konezpt und Voraussetzungen des funktionsfähigen Wettbewerbs, 1970. Zu den gemeinwohlrelevanten Ordnungsfunktionen des Wettbewerbskonzepts der Jurispru- denz bestehen manche Parallelen, aber kein vollständige Deckungsgleichheit. 54 M. Morlok Informalisierung und Entparlamentarisierung politischer Entschei- dungen als Gefährdungen der Verfassung, in: VVDStRL 62 (2003), 37ff. (40); zur Rationalitätsgewähr durch Meinungswettbewerb mit zahlreichen w. N. M. Kloepfer Öffentliche Meinung, Massenmedien, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 42, Rn. 14; diese Rationalität sei nicht mit „Erkenntnis“ oder „sachlicher Richtigkeit“ verwechselt, so mit Nachdruck J. Lege Drei Versuche über die Demokratie – unter besonderer Be- rücksichtigung der Idee des Wettbewerbs, JZ 2009, 756ff. (762). 55 Zum Begriff, der schon bei Plato, Aristoteles oder Pico della Mirandola im Sinne einer anthropologischen Philosophie angelegt ist, A. Gehlen Der Mensch, 14. Aufl. 2004, 20. 56 Im Blick auf diesen Realbürger findet nicht nur J. Lockes optimistisches, sondern auch Th. Hobbes pessimistisches Menschenbild Bestätigung (zur Menschenbild- problematik allgemein P. Häberle Das Menschenbild im Verfassungsstaat, 4. Aufl. 2008; U. Becker Das „Menschenbild des Grundgesetzes“ in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 1996; E.-W. Böckenförde Das Bild vom Menschen in der Perspektive der heutigen Rechtsordnung, in: ders., Recht, Staat, Freiheit, 1991, 58ff.). Machtbewusstsein und selbstbezogene Einzelinteressen können über altruistische Gemeinwohlorientierung dominieren, die „emotio“ mag die „ratio“ als politisches Handlungsmotiv überlagern. Aber die Partizipationsleistung des potentiell irrenden, ignoranten, uninformierten, partizipationsunwilligen, irrational handelnden, eigen- süchtigen Individuums hat gleiches Gewicht, gründet in gleicher Freiheit wie die des „Idealbürgers“. Nach Ch. Möllers Demokratie – Zumutungen und Versprechen, 2008, 30, stellten zu hohe Erwartungen an die Qualität demokratischer Willensbildung zu- gleich die demokratische Gleichheit in Frage. Demokratie als Wettbewerbsordnung 187 verfahrens rationalisiert, weil er Willkür ausschließt57, und entlastet zu- gleich die Akteure. Er nimmt ihnen, was hier als Entlastungsfunktion charakterisiert sei, die Bürde, vor jeder legitimen Entscheidung perma- nent Letztbegründungsfragen stellen oder überkomplexe Abwägungs- prozesse durchlaufen zu müssen. In engem Wirkungszusammenhang mit der Rationalisierungs- und Entlastungsfunktion des Wettbewerbs steht seine Stabilisierungsfunktion. Dies scheint aufgrund der zukunfts- offenen Dynamik zunächst nicht selbstverständlich. Doch gerade weil er die Unberechenbarkeit in sein Kalkül nimmt und künftiges, auf die je eigene Zielerreichung gerichtetes Verhalten anderer erwarten lässt, macht der Wettbewerb das Handeln der maßgeblichen politischen Akteure berechenbar58 und stiftet so ein Mindestmaß an Vertrauen in das politische System.59 Der Entscheidungswettbewerb überwindet die Schwächen der deliberativen Demokratie, weil er Entscheidung ermög-

57 M. Weber Wirtschaft und Gesellschaft, Studienausgabe 1964, 166: „Formalismus, gefordert von allen an Sicherung persönlicher Lebenschancen gleichviel welcher Art Interessierten – weil sonst Willkür die Folge wäre und der Formalismus die Linie des kleinsten Kraftmaßes ist“. Im formalen Verfahren sind zudem voluntaristische und rationalistische Elemente, die Durchsetzung eigener Interessen und die Ermittlung des „Gemeinwohl-Richtigen“ kombiniert, vgl. B. J. Hartmann Eigeninteresse und Gemeinwohl bei Wahlen und Abstimmungen, AöR 134 (2009), 1ff. (20). Die Rolle des „Formalen“ für die Demokratie betont auch W. v. Simson Das demokratische Prinzip des Grundgesetzes, VVDStRL 29 (1971), 3ff. (9). 58 H. Hotelling Stability in Competition, Economic Journal 39 (1929), 41ff.; P. Sztompka Trust. A Sociological Theory, 1999, 25 „(…) trust is a bet about the future contingent actions of others“; allg. J. Coleman Foundations of Social Theory, 1990; zur Zukunftsoffenheit des Rechts, seiner Innovationskraft und Innovationsverantwor- tung W. Hoffmann-Riem, Innovationsoffenheit und Innovationsverantwortung durch Recht, AöR 131, 2006, 255ff.; vgl. auch E. Hoppmann Wirtschaftsordnung und Wett- bewerb, 1988, 235ff. Für Berechenbarkeit politischen Handelns soll vor allem auch der Parteienwettbewerb sorgen, G. Lehmbruch Parteienwettbewerb im Bundesstaat, 3. Aufl. 2000, 28. 59 Vertrauen selbst ist „Gestaltungsmedium des Politischen“ und „institutioneller Mechanismus des „Auf-Dauer-Stellens“ von politischen und sozialen Ordnungen, siehe G. S. Schaal Vertrauen, Verfassung und Demokratie. Über den Einfluss konsti- tutioneller Prozesse und Prozeduren auf die Genese von Vertrauensbeziehungen in modernen Demokratien, 2004, 17, unter Verweis auf A. Silver „Trust“ in Social and Political Theory, in: G. D. Suttles/M. N. Zald (Hrsg.) The Challenge of Social Con- trol. Citizenship and Institution Building in Modern Society, 1985, 52ff. (58). Unbe- stritten ist die Relevanz von Vertrauen für die Integration moderner Gesellschaften, schon klassisch G. Simmel Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Verge- sellschaftung, in: ders., Gesamtausgabe (hrsgg. von O. Rammstedt) Bd. 11, 1992; in Auseinandersetzung mit den Ansätzen Simmels B. Misztal Trust in Modern Societies. The Search for the Bases of Social Order, 1996. 188 Markus Kotzur licht; er überwindet den Dezisionismus, weil sich aufgrund seiner Re- gularien morgen eine andere Entscheidung durchsetzen kann. Hinzu kommt die Öffentlichkeitsfunktion des Wettbewerbs.60 Im Wett- bewerben werden die Wettbewerbsbeiträge der beteiligten Akteuere mindestens beteiligtenöffentlich und erst dadurch wirkungsmächtig. Das haben Wettbewerb und Öffentlichkeit gemeinsam: Sie zielen auf Wir- kung ab und halten doch, was sie bewirken, dynamisch offen. Nicht die ein für allemal abgeschlossene Willensbildung, die permanente Mög- lichkeit der Revision von Entscheidungen ist ihr Telos.61 Bei aller Revi- sionsoffenheit geht es dem Wettbewerb aber stets um ein in concreto eindeutiges Ergebnis. Er erfüllt so eine Befriedungsfunktion, die erst dort an ihre Grenzen stößt, wo aufgrund der spezifischen Konfliktnatur eine Gesellschaft nicht Gewinner und Verlierer62, sondern statt Mehrheit Konsens will. Ob konsensuale Verhandlungsstrategien indes so wettbe- werbsneutral verlaufen, wie das der Konsens-Begriff suggeriert, steht auf einem anderen Blatt. Auch an runden Tischen sitzen Akteure, die, da an der Durchsetzung interessiert, werbend für ihre Position eintre- ten. Weil dieses Werben immer ein Werben für etwas ist, erfüllt der Wettbewerb eine, gewiss limitierte, Integrationsfunktion. Er lädt als Ver- fahren zur Teilnahme ein, will Partizipation attraktiv machen, zum Er- lernen effizienter Partizipationsstrategien Anstoß geben63, immer auch Mitbewerb sein; der eine Wettbewerbsakteur sucht den anderen nicht nur zu besiegen, will ihn stattdessen häufig für seine eigenen Ziele ge- winnen. Die Wettbewerbs- versteht sich so als werbende Demokratie. Zuletzt sei die Verschränkungsfunktion akzentuiert, die dem Wettbe- werb in politischen Mehrebenensystemen64 zukommt. So unterschied-

60 Von der „Öffentlichkeit als Lebensgesetz der Demokratie“ spricht H.-D. Horn Erosion demokratischer Öffentlichkeit?, in: VVDStRL 68 (2009), 413ff. (418), unter Bezugnahme auf P. Häberle Struktur und Funktion von Öffentlichkeit im demokrati- schen Staat (1970), in: ders. Die Verfassung des Pluralismus. Studien zur Verfassungs- theorie der offenen Gesellschaft, 190, 126. 61 O. Lepsius Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL 68 (2009), 451f. 62 J. Lege Drei Versuche über die Demokratie – unter besonderer Berücksichtigung der Idee des Wettbewerbs, JZ 2009, 756ff. (760f.). 63 U. K. Preuß Die Bedeutung kognitiver und moralischer Lernfähigkeit für die De- mokratie, in: C. Offe (Hrsg.) Demokratisierung der Demokratietheorie, 2003, 259ff.; W. Schmitt Glaeser Partizipation an Verwaltungsentscheidungen, VVDStRL 31 (1973), 179ff. (197ff.), versteht Partizipation als „funktionales Phänomen“. 64 Das vor allem von I. Pernice (etwa Multilevel Constitutionalism and the Treaty of Amsterdam: European Constitution-Making Revisited?, Common Market Law Review 36 (1999), 703ff.) eingeführte Modell des Mehrebenen-Konstitutionalismus hat sich für den europäischen Verfassungsraum weithin durchgesetzt und findet auch mit Blick auf völkerrechtliche Konstitutionalisierungsprozesse Anklang. Es muss Demokratie als Wettbewerbsordnung 189 lich die Entscheidungsinstrumentarien auf national-verfassungsstaatli- cher und europäischer Ebene ausgestaltet sein mögen, das kompetitive Moment ist den Entscheidungsebenen und Regelsystemen ein kleinster gemeinsamer Nenner.65 Und so wie die Ebenen nicht hierarchisch66, sondern als ineinander verschränkte, in ihrer Ausdehnung unterschied- liche Aktionsfelder gedacht sind67, verschränken, ja multiplizieren sich die Wettbewerbsarenen. Die innerstaatliche Dezentralisierung68 und die staatenübergreifende Prä-Föderalisierung wirken einem Multiplikator gleich. Es kommt zu einer arenenspezifischen Ausweitung der Wahl-, Entscheidungs-, oder Beteiligungsrechte, unabhängig davon, ob der aber einer ungewollte Hierarchisierung der Entscheidungsebenen entgegentreten (zur Kritik P. Badura Verfassung und Verfassungsrecht in Europa, AöR 131 (2006), 423ff. (426); P. Häberle VVDStRL 66 (2007), 84; jetzt in ders. Verfassungsvergleichung in europa- und weltbürgerlicher Absicht, 2009, 204f.; allgemein W. L . Weh Vom Stufen- bau zur Relativität. Das Europarecht in der nationalen Rechtsordnung, 1997, etwa 213ff. Treffende Umschreibungen leisten auch (Leit-)Bilder wie „Politikverflechtung“ (F. W. Scharpf/B. Reissert/F. Schnabel Politikverflechtung. Theorie und Empirie des kooperativen Föderalismus in der Bundesrepublik, 1976; später F. W. Scharpf, Die Politikverflechtungs-Falle: Europäische Integration und deutscher Föderalismus im Vergleich, in: Politische Vierteljahresschrift 26 (1985), 323ff.), „Mehrebenenverflech- tung“ (A. Peters Elemente einer Theorie der Verfassung Europas, 2001, 188; ihr fol- gend J. Schwind Zukunftsgestaltende Elemente im deutschen und europäischen Staats- und Verfassungsrecht, 2008, 75), „Mehrebenen-Demokratie“ (U. di Fabio Das Recht offener Staaten. Grundlinien einer Staats- und Rechtstheorie, 1998, 139ff.), „Sympolitie“ (D. Th. Tsatsos The European Sympolity: New Democratic Discourses, 2008) oder „Synarchie“ (D. N. Chryssochoou Europe as a Synarchy: A Study in Or- ganized Co-Sovereignty, JöR 57 (2007), 407ff.). 65 Allg. zu den Verschränkungsaspekten G. Lehmbruch Parteienwettbewerb im Bundesstaat, 3. Aufl. 2000, 27ff.; M. E. Streit Systemwettbewerb im europäischen Integrationsprozess, in: FS E.-J. Mestmäcker, 1996, 512ff.; V. Mehde Wettbewerb zwischen Staaten, 2005; E.-M. Kieninger Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im europäischen Binnenmarkt, 2002; K. M. Meessen Wirtschaftsrecht und Wettbewerb der Systeme, 2005; ders. (Hrsg.) Economic Law as an Economic Good. Its Function and its Tool in the Competition of Systems, 2009; J. Bätge Wettbewerb der Privat- rechtsordnungen, 2009. 66 F. C. Mayer, Kompetenzüberschreitung und Letztentscheidung, 2000, 37; ders. Europa als Rechtsgemeinschaft, in: G. F. Schuppert/I. Pernice/U. Haltern (Hrsg.) Eu- ropawissenschaft, 2005, § 14, 429ff. 67 M. Knauff Der Regelverbund: Recht und Soft Law im Mehrebenensystem, Ha- bilitationsschrift (Manuskriptfassung) 2009, 7. 68 Dass Dezentralisierung von der kommunalen Selbstverwaltung über differen- zierte Formen des Regionalismus bis hin zum Bundesstaat die Demokratie „von unten nach oben stärkt“, ist eine Idee mit langer Tradition: vgl. dazu etwa die Euro- päische Charta der kommunalen Selbstverwaltung vom 15. 10. 1985, BGBl. 1987 II, 66, oder, textlich besonders geglückt, Art. 11 Abs. 4 Bay. Verf.: „Die Selbstverwaltung der Gemeinden dient dem Aufbau der Demokratie von unten nach oben in Bayern.“ 190 Markus Kotzur

Entscheidungsprozess eher als „Government“ oder „Governance“ zu charakterisieren ist.69 Damit sind maßgebliche Aspekte des demokrati- schen Wettbewerbs bereits vorskizziert.

3. Der spezifisch demokratische Wettbewerb a) Wettbewerbsgegenstand, Akteure und Arenen Das knappe Gut, um das es dem demokratischen Wettbewerb geht, ist die politische Durchsetzungs- und Entscheidungsmacht. Wer aber sind seine Akteure, was ihre Arenen? Unterkomplex bleibt die an den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf angelehnte Konzeption von A. Downs, der allein auf den Wettbewerb zwischen zwei Kandida- ten um ein konkretes Amt fokussiert.70 Gleiches gilt, jedenfalls bezogen auf die immer stärker fragmentierte bundesrepublikanische Parteien- landschaft und ihre offene Koalitionsdynamik, für eine bipolare Partei- enwettbewerbskonzeption nach Muster des britischen Westminster- modells.71 Differenzierter geht vor, wer den Vielparteienwettbewerb ins Zentrum rückt, im Wahlkampf eine greifbare Arena festmacht und im Wahl- ebenso wie im Parteienrecht nach den relevanten Verfah- rensregeln sucht.72 Weil aber die Parteien an der politischen Willens- bildung nur mitwirken, erschöpft auch dieses Modell nicht die kom- petitiven Ressourcen einer pluralistischen Demokratie. Wett- bewerbsteilnehmer in einem weiteren Sinne sind hier alle Aktivkräfte der offenen Gesellschaft73, individuell wie korporativ gedacht. Und auch die staatlichen Funktionen (Legislative, Exekutive, Judikative) respektive ihre unsionssrechtlichen Pendants werden in das Entde-

69 Aus der längst nicht mehr überschaubaren Governance-Lit. statt aller G. F. Schup- pert Governance – auf der Suche nach den Konturen eines „anerkannt uneindeutigen Begriffs“, in: ders./M. Zürn (Hrsg.) Governance in einer sich wandelnden Welt, PVS Sonderheft 41/2008, 13ff.; auf die demokratietheoretischen Implikationen verweist A.-M. Slaughter A New World Order, 2004, 9f. 70 Vgl. auch J. E. Roemer Political Competition. Theory and Applications, 2001, 1. 71 G. Lehmbruch Parteienwettbewerb im Bundesstaat, 3. Aufl. 2000, 20 (32). 72 D. Wittmann Parties as Utility Maximizers, in: American Political Science Re- view 67 (1973), 386ff.; K. Shepsle Models of Multi-Party Electoral Competition, 1991; M. Laver/W. B. Hunt Policy and Party Competition, 1992; T. Besley/S. Coate An Eco- nomic Model of Representative Democracy, in: Quarterly Journal of Economics 1997, 85ff. 73 Grundlegend P. Häberle Die offene Gesellschaft der Verfassungsinterpreten (1975/78), in: ders. Verfassung als öffentlicher Prozess, 3. Aufl. 1998, 155ff. (160f.); wohl enger S. Müller-Franken Demokratie als Wettbewerbsordnung, DVBl. 2009, 1072ff. (1073). Demokratie als Wettbewerbsordnung 191 ckungsverfahren eingebunden, weil sie öffentliche Interessen vor- bzw. mitformulieren.74 So vielgestaltig wie die Akteure sind auch die Wettbewerbsarenen. Sie lassen sich schon deshalb nicht in Form eines abschließenden Katalogs beschreiben, weil angesichts unterschiedlicher situativer Kontexte die Akteure immer neue Arenen eröffnen. Mitunter verlaufen sogar die Grenzen zwischen den Arenen und den Akteuren fließend. So wirken die Medien als mitgestaltende Akteure und bilden anderen Akteuren zu- gleich eine Arena kompetitiver Auseinandersetzung. Gleiches lässt sich anhand aller Formen korporativer Zusammenschlüsse beobachten. Zu einer grobmaschigen Typisierung können insbesondere die unter- schiedlichen Funktionsbereiche demokratischer Öffentlichkeit – die Parlamentsöffentlichkeit, die Wahlkampföffentlichkeit, die Parteienöf- fentlichkeit, die Medienöffentlichkeit – herangezogen werden. Wo nicht strikt durch Verfahren reglementiert, bleibt es indes bei mehr oder we- niger diffusen Prozessen des Wettbewerbens im weiteren Sinne. Sie sind deshalb als kompetitives Umfeld verfahrensgeregelten Wettbewerbs im engeren Sinne stets mitzudenken, dürfen diesem aber nicht gleichgesetzt werden. Es sind gerade die Verfahrensparameter, denen der demokrati- sche Wettbewerb seine Rationalität verdankt. Das knappe Gut, um das es ihm geht, ist die politische Durchsetzungs- und Entscheidungsmacht. b) Die maßgeblichen Verfahrens-Parameter: Mehrheitsentscheidung, Chancengleichheit der Akteure, Minderheitenschutz Demokratie ist die Herrschaftsform der Freien und Gleichen.75 Das Doppelparadigma gleicher Freiheit76 gibt dem demokratischen Wett- bewerb die Verfahrensparameter vor. Es verweist zunächst auf das bür- gerdemokratische Prinzip freier politischer Teilhabe, realisiert durch die

74 Nachweise bei P. Häberle Öffentliches Interesse als juristisches Problem (1970), 2. Aufl. 2006; weiterhin A. Caplin/B. Nalebuff Competition among Institutions, Jour- nal of economic Theory 72 (1997), 306ff. 75 Etwa M. Kriele Das demokratische Prinzip des Grundgesetzes, VVDStRL 29 (1971), 46ff. (61ff.); S. Gosepath Gleiche Gerechtigkeit – Grundlage des liberalen Ega- litarismus, 2004, 293 et passim; zur Entwicklungsgeschichte statt aller E. Richter Die Wurzeln der Demokratie, 2008. 76 P. Kirchhof Der allgemeine Gleichheitssatz, in: HStR, Bd. V, 2. Aufl. 2000, § 124, Rn. 158ff.; E.-W. Böckenförde Demokratie als Verfassungsprinzip, in: HStR, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 24, Rn. 41; M. Wild Die Gleichheit der Wahl, 2003, bezeichnet die Wahlrechtsgleichheit als „Fundamentalnorm der egalitären Demokratie“ (11); mit Blick auf die verfassungshistorischen Entwicklungslinien seit der Französischen Revolution O. Jouanjan Zur Geschichte und Aktualität des Gleichheitssatzes in Frankreich, EuGRZ 2002, 314ff. 192 Markus Kotzur

Mehrheitsentscheidung und das Wechselspiel von Minderheit und Mehr- heit77; weiterhin auf das egalitär-demokratische Prinzip der Chancen- gleichheit, nicht nur den Parteien, sondern allen am politischen Prozess Beteiligten (grundrechtlich) verbürgt78; schließlich auf den notwendigen Ausgleich struktureller Ungleichheiten, vorwiegend, aber nicht aus- schließlich durch den Minderheitenschutz. Die Mehrheitsentscheidung hat den Wettbewerb zur Voraussetzung; die Chancengleichheit ist ihre gerechtigkeitsorientierte Funktionsbedingung; der Minderheitenschutz ihr strukturbedingtes Korrektiv.79 Das Mehrheitsprinzip gehört heute zum aquis démocratique80 in Eu- ropa. Es stellt eine Technik dar, um auf individualistischer Basis kollek- tive Entscheidungen zu fällen.81 Doch weit mehr noch: Das Mehrheits- votum bleibt für die Minderheit von heute erträglich, da sie in Zukunft die real gleiche Alternierungschance82 hat, für sich die Mehrheit zu ge-

77 Das Fehlen dieses Wechselspiels auf Unionsebene hatten die Beschwerdeführer im Lissabon-Verfahren nachdrücklich gerügt, siehe BvE 2/08, Rn. 107: „Der Vertrag von Lissabon verletze schließlich das demokratische Prinzip wechselnder Mehr- heiten. Zum demokratischen Prinzip gehöre der Wettbewerb um politische Macht, also das Wechselspiel von Minderheit und Mehrheit. Dieser Wettbewerb finde jedoch auf europäischer Ebene nicht statt. Die europäischen Institutionen seien nicht um die Zentralität des politischen Konflikts geordnet. Die Unerkennbarkeit politischer Kon- fliktlinien führe zu politischer Apathie in Form von Enthaltungen bei den Wahlen zum Europäischen Parlament.“ Ebd. Rn. 210 sieht das BVerfG das demokratische Gefüge gefährdet, wenn „die Bürger nicht mit Mehrheitswillen herrschen können“. Aus der Lit. zum Mehrheitsprinzip grundlegend schon E. Friesenhahn Parlament und Regie- rung im modernen Staat, VVDStRL 16 (1958), 9ff. (16) und öfter; U. Scheuner Das Mehrheitsprinzip in der Demokratie, 1973; W. Heun Das Mehrheitsprinzip in der De- mokratie, 1983; K. Stern Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, 611ff.; Ch. Hillgruber Die Herrschaft der Mehrheit, AöR 127 (2002), 460ff. 78 K. Hesse Die verfassungsrechtliche Stellung der politischen Parteien im modernen Staat, VVDStRL 17 (1959), 11ff. (36ff.) (zum Status der Gleichheit der politischen Par- teien); A. Kißlinger Das Recht auf politische Chancengleichheit, 1998; W. Schulz Ge- währleistung kommunikativer Chancengleichheit als Freiheitsverwirklichung, 1998. 79 K. Strom Minority Government and Majority Rule, 1990. 80 So die treffende Formulierung bei K.-P. Sommermann Demokratiekonzepte im Vergleich, in: H. Bauer/P. M. Huber/K.-P. Sommermann, Demokratie in Europa, 2005, 191ff. (197). G. Lehmbruch Parteienwettbewerb im Bundesstaat, 3. Aufl. 2000, 19, spricht von einer der „wichtigsten Entdeckungen“, die „die Menschheit im euro- päischen Zivilisationsprozess gemacht hat“. 81 I. Shapiro The State of Democratic Theory, 2003, 51. 82 Ebd., 21. In Mehrebensystemen entsteht hier ein drängendes Problem. Je kom- plexer demokratische Entscheidungen ausgestaltet sind, umso geringer erscheint die Alternierungschance. Die politischen Akteure, allen voran die Parteien, sind umso stärker aufgefordert, dem Bürger programmatische Alternativen zu vermitteln. Demokratie als Wettbewerbsordnung 193 winnen.83 Für die durch Wahlakt legitimierte Rechtssetzung des Parla- ments spricht eine (nur) „vorläufige Gerechtigkeits- und Gemeinwohl- vermutung“.84 Jeder Zwang zur Einstimmigkeit leugnet implizit die Möglichkeit der sinnvollen politischen Alternative und verfehlt damit – jedenfalls ein Stück weit – das Wesen des Politischen.85 Das Mehrheits- prinzip kann dabei nicht etwa substantielle Rationalität beanspruchen. Es ermöglicht aber „geregelte Konfliktaustragung“ und qualifiziert als „Friedensregel“86 für den Machtwechsel. Die Funktionslogik friedlichen Machtwechsels setzt zugleich faire Teilhabemöglichkeiten (J. Rawls) der Wettbewerber um Gestaltungsmacht voraus. Im Wahlrecht als streng formale Gleichheit ausgestaltet, im Parteienrecht als Chancengleichheit präsent, darf überdies ein Minimum an materieller Gleichheit nicht aus- geblendet werden. Ohne eine jedenfalls minimal gleiche Verteilung von Lebenschancen wäre chancengleiche politische Teilhabe eine Illusion. Strukturelle Ungleichheiten werden schließlich durch Minderheiten- schutzregeln kompensiert. In Ländern mit einem hohen Minderheiten- anteil – mustergültig hier die Schweiz – findet das konkurrenzdemo- kratische „Regelsystem des Parteienwettbewerbs um zeitlich befristete Machtausübung mit dem Mehrheitsprinzip als fundamentaler Spiel- regel“ durch ein konkordanzdemokratisches „Regelsystem des Verhan- delns“ notwendigen Ausgleich.87 Wo die Minderheit nie die Chance

83 K. Hesse Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995 (Neudruck 1999), Rn. 143. 84 P. Häberle Das Mehrheitsprinzip als Strukturelement der freiheitlich-demokrati- schen Grundordnung, in: ders., Verfassung als öffentlicher Prozess, 3. Aufl. 1998, 565ff.; P. Badura Staatsrecht, 3. Aufl. 2003, 273f.; eine Neigung der Demokratie, „vorrangig die Bedürfnisse des Augenblicks“ zu befriedigen, beklagt A. de Tocqueville Über die Demokratie in Amerika, 1976, (franz. 1835/40), 258. 85 P. Häberle Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, 2. Aufl. 1998, 558ff. 86 J. Lege Drei Versuche über die Demokratie – unter besonderer Berücksichtigung der Idee des Wettbewerbs, JZ 2009, 756ff. (759); G. Lehmbruch Parteienwettbewerb im Bundesstaat, 3. Aufl. 2000, 16; zur Bedeutung des Kompromisses für demokra- tisches Entscheiden R. Thoma Über Wesen und Erscheinungsform der modernen Demokratie, 1948, 21ff. 87 Spezifisch für die Schweiz R. Rhinow Parteienstaatlichkeit – Krisensymptome des demokratischen Verfassungsstaates, VVDStRL 44 (1986), 83ff. (86ff.); für die Schweiz und Österreich G. Lehmbruch Proporzdemokratie. Politisches System und politische Kultur in der Schweiz und Österreich, 1967; allgemein zum Verhältnis von Konkurrenzdemokratie und Konkordanzdemokratie H. Abromeit Interessenvermitt- lung zwischen Konkurrenz und Konkordanz, 1993. Als typische Konkurrenzdemo- kratie gilt Großbritannien, als typische Konkordanzdemokratien qualifiziert werden die Schweiz, Luxemburg, aber auch die Europäische Union, Nachweise und Kritik bei K.-P. Sommermann Demokratiekonzepte im Vergleich, in: H. Bauer/P. M. Huber/ K.-P. Sommermann, Demokratie in Europa, 2005, 191ff. (215). 194 Markus Kotzur hätte, zur Mehrheit zu werden, versagt die reine Mehrheits- als Frie- densregel. Dass Plebiszite gerade den Minderheiten effektivere Partizi- pationschancen ermöglichen, sei nicht verschwiegen.88 Sinnvolle Quo- ren können einer „Diktatur der Minderheiten“ entgegenwirken. c) Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verfahrensparameter demokratischen Wettbewerbs Die eben skizzierten Verfahrensparameter haben in der Verfassung ihre positiv-rechtlichen Grundlagen.89 Allerdings schafft der Grundge- setztext weder begriffliche Kongruenzen noch explizite Verknüpfungen von Demokratie und Wettbewerb. Er setzt mit Art. 79 Abs. 3 GG dem Mehrheitswillen vielmehr unveränderliche Grenzen und entzieht die Verfassungsgrundlagen aus Art. 1 und 20 GG dem demokratischen Wettbewerb. Eine ebendifferenzierte Parallele findet die Ewigkeits- sperre in der Diskussion um veränderungsresistentes Unionsrecht und im völkerrechtlichen ius cogens. Das Grundgesetz lässt in den Leit- normen zur demokratischen Herrschaftsorganisation aber wettbe- werbsrelevante Prä-, Sub- und Kontexte90 erahnen. Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG weist – klassischen Vorbildern der Volkssouveränität folgend – das Volk als Ursprung und Träger aller Staatsgewalt aus, ohne das Legiti- mationssubjekt näher zu spezifizieren.91 So sehr der Demos immer auch Einheit, ein „einig Volk von Brüdern“, sein will und sein muss,

88 Direktdemokratische Entscheidungsmöglichkeiten kennt neben der Schweiz als dem klassischen Repräsentanten der „halbdirekten Demokratie“ in Europa z.B. Polen (Art. 62 der Verfassung, formuliert im systematischen Zusammenhang mit dem Peti- tionsrecht). Für eine Übersicht P. Krause Verfassungsrechtliche Möglichkeiten der un- mittelbaren Demokratie, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 35. 89 Da es angesichts einer Fülle oft gegensätzlicher Demokratiekonzepte die Demo- kratie als solche nicht gibt und sie nur anhand ihrer konkreten Ausgestaltung in der Verfassung respektive den mehrebenenverflochtenen konstitutionellen Teilordnungen normativ konturiert werden kann, bleibt die Analyse konkreter positiver Rechtsord- nungen unabdingbar, K. Hesse Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995 (Neudruck 1999), Rn. 21. 90 P. Häberle Verfassung „im Kontext“, in: D. Thürer u.a. (Hrsg.) Verfassungsrecht der Schweiz, 2001, 17ff. 91 Die Rousseausche Volkssouveränität ist heute in Europa und weit darüber hinaus demokratisches Gemeingut. Die Formulierungen in den Verfassungstexten nuancie- ren freilich: für Österreich Artikel 1 BV-G: „Österreich ist eine demokratische Repu- blik. Ihr Recht geht vom Volk aus“; für Polen Artikel 4 Abs. 1 der Verf.: „Die oberste Gewalt in der Republik Polen steht dem Volk zu.“ Der Gemeingutcharakter findet in vielen Grundwerteartikeln zur Demokratie Bestätigung, siehe wiederum für Öster- reich Artikel 14 Abs. 5 a BV-G: „Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Ge- rechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen sind Grundwerte der Schule (…).“ Demokratie als Wettbewerbsordnung 195 lebt er aus der Vielheit der ihn konstituierenden Bürgerinnen und Bürger. Volks- ist Bürgersouveränität.92 Das „We the people“ der US- Bundesverfassung hat im Jahre 1787 den überkommenen „pluralis maiestatis“ durch einen – im doppelten Wortsinne – „pluralis populi“ abgelöst und impliziert mit weltweiter Ausstrahlungskraft ein immer auch kompetitives Ringen um jenes Wir – um Zugehörigkeit und um Gestaltungsmacht in der Gemeinschaft der Zugehörigen.93 Der Wettbe- werb kann ein, aber nicht der einzige Modus für das tägliche Plebiszit im Sinne E. Renans sein.94 Auch die Wahlen und Abstimmungen, durch die das Volk gem. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG seine Gewalt ausübt, legen ein solches Verständ- nis nahe. Sie leben von einem Wettbewerb um die Mehrheit. Gleiches gilt für die Mitwirkung der Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes nach Art. 21 Abs. 1 S. 1 GG, der seinerseits und abgesichert durch die Gründungsfreiheit in S. 2 ein auf Konkurrenz angelegtes Mehrparteiensystem zur Voraussetzung hat.95 Im Zusammenspiel mit den spezifisch demokratischen Freiheitsrechten – der Meinungs- und Pressefreiheit, der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit – ermög- licht und begrenzt Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG den Wettbewerb um die Mehrheit, denkt ihn als fairen, da chancengleichen Wettbewerb; er mündet in der parlamentarischen Mehrheitsentscheidung gem. Art. 42 Abs. 2. Art. 28 Abs. 1 S. 1 und 23 Abs. 1 S. 1 GG leisten mit ihren Ho- mogenitäts- bzw. Struktursicherungsklauseln die innerbundesstaatliche respektive staatenübergreifende Ebenenverschränkung. Die „in Vielfalt geeinte“ Europäische Union96, deren Arbeitsweise auf der repräsentativen Demokratie beruht (Art. 10 Abs. 1 EUV)97, die

92 So sagt mit großem Recht die Präambel der Verfassung Polens: „das Polnische Volk – alle Staatsbürger der Republik“. 93 P. Kirchhof Der demokratische Rechtsstaat – die Staatsform der Zugehörigen, HStR, Bd. IX, 1997, § 221. 94 E. Renan, Was ist eine Nation? (1882, Neudruck 1996, 34f.): „Das Dasein einer Nation ist – erlauben Sie mir dieses Bild – ein Plebiszit Tag für Tag, wie das Dasein des einzelnen eine dauernde Behauptung des Lebens ist.“ Darauf Bezug nehmend R. Smend Verfassung und Verfassungsrecht (1928), in: ders., Staatsrechtliche Abhand- lungen, 3. Aufl. 1994, 119ff. (136). 95 BVerfGE 2, 1 (3); 5, 85 (140, 199). Allg. zu Vermittlung und Formung des Volks- willens durch Verfahren E.-W. Böckenförde Demokratische Willensbildung und Reprä- sentation, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 34 Rn. 4. 96 Dazu A. v. Bogdandy Die Europäische Union und das Völkerrecht kultureller Vielfalt – Aspekte einer wunderbaren Freundschaft, in: Berichte der Deutschen Ge- sellschaft für Völkerecht 43 (2008), 69ff. (70) mit w. N. in Fn. 4. 97 Fassung Lissabon. In der derzeit geltenden Nizza-Fassung sei verwiesen auf Art. 6 EUV, Art. 11 Abs. 1 EUV, Art. 177 Abs. 2, Art. 181 a UAbs. 2 EGV. Zu den de- 196 Markus Kotzur ihren Bürgerinnen und Bürgern ein Recht auf Teilnahme am demokra- tischen Leben zusagt (Art. 10 Abs. 3 EUV) und die Rolle politischer Parteien auf europäischer Ebene hervorhebt (Art. 10 Abs. 4 EUV), greift all diese kompetitiven Momente auf und erweitert sie um den ihr eigenen „Vielfaltswettbewerb“. Die skizzierten Normensembles de- terminieren, wie sich eine politische Zugehörigengemeinschaft dem Entscheidungswettbewerb stellt; die Frage nach dem „Wer“ der Zuge- hörigkeit erweist sich als problematischer.

III. Entscheiden für die Demokratie: Von der vordemokratischen Zugehörigengemeinschaft zum demokratischen Demos – ein Wettbewerb um Zugehörigkeit

Am Anfang demokratischer Herrschaftsorganisation steht ein Para- doxon.98 Die Bestimmung respektive Selbstfindung des Volkes, des demokratischen Souverän, entspricht nicht der Legitimationslogik demokratischer Verfahren. Es erfolgt keine Abstimmung über die Zugehörigkeit.99 Die Exkludierten sind, qua Selbstdefinition einer Zu- gehörigengemeinschaft100, an der Artikulation der maßgeblichen Aus- mokratiefördernden Revisionen des Verfassungsvertrages, die durch den Reformver- trag von Lissabon weitgehend übernommen wurden, Ch. Calliess Das Demokratie- prinzip im europäischen Staaten- und Verfassungsverbund. Eine Analyse mit Blick auf den Konventsentwurf für einen Europäischen Verfassungsvertrag, 2005, 399ff. (405ff.); R. Streinz Die „Verfassung“ der Europäischen Union nach dem Scheitern des Verfassungsvertrages und dem Vertrag von Lissabon, ZG 23 (2008), 105ff. (120f.). 98 M. Kotzur Die Demokratiedebatte in der deutschen Verfassungslehre, in: H. Bau- er/P. M. Huber/K.-P. Sommermann (Hrsg.) Demokratie in Europa, 2005, 351ff. (360ff.) m. zahlreichen w. N.; aus der Perspektive der Demokratietheorie H. Kelsens siehe M. Jestaedt/O. Lepsius, Der Rechts- und Demokratietheoretiker Hans Kelsen – Eine Einführung, in: dies. (Hrsg.) Hans Kelsen. Verteidigung der Demokratie, 2006, VII ff., XIX 99 I. Jennings The Approach to Self-Government, 1956, 56: „The people cannot decide until somebody decides wo are the people.“ Inklusions- und Exklusionsverhält- nisse sind politischer Gemeinschaftsbildung indes stets inhärent, bis hin zur gefähr- lichen Logik von Freund und Feind; bis hin zum verheerenden Potential von Biopolitik und ethinschen Säuberungen. Nachweise dazu bei H. Keller Kulturelle Vielfalt und Staatsvolk: Gilt es den Begriff des Volkes zu überdenken, in: Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerecht 43 (2008), 39ff., unter Bezug auf M. Wildt Biopolitik, eth- nische Säuberungen und Volkssouveränität: Eine Skizze, in: Mittelweg 36 (2006), 87ff. 100 P. Kirchhof Der demokratische Rechtsstaat – die Staatsform der Zugehörigen, HStR., Bd. IX, 1997, § 221. Inklusion als „Anerkennung und Voraussetzung von Öf- fentlichkeit“ begreift M. Neves Verfassung und Öffentlichkeit zwischen Systemdiffe- renzierung, Inklusion und Anerkennung, Der Staat 47 (2008), 477ff. (499ff.). Demokratie als Wettbewerbsordnung 197 schlusskriterien nicht beteiligt.101 Nun ließe sich dieses Legitimations- dilemma als typische „chicken-and-egg“-Frage102 abtun, der nachzu- gehen sich nicht lohnt, weil es immer ein Apriori mit offener Letzt- begründung geben muss. Doch die Gefahr, das Volk damit zum „mys- tischen Referenzsubjekt“103 zu überhöhen und einen substanzhaften, präexistenten Demos, eine „naturwüchsige kollektive Handlungs- einheit“ zu etablieren, liegt auf der Hand.104 Auch wenn historisch jede Demokratie vordemokratische Wurzeln hat, logisch jeder Demos auf eine vordemokratische, da nicht in demokratischen Verfahren festleg- bare Zugehörigengemeinschaft zurückgeht, ist das Leben der Demo- kratie eine beständig neue Selbstkonstitution ihres Legitimationsträgers. Sie beginnt mit, erschöpft sich aber nicht in der Betätigung der ver- fassunggebenden Gewalt. Im Prozess der Verfassungsgebung wird das Volk zum Demos, weil es sich nun erstmals in demokratischen Verfah- ren artikulieren und materielle Gemeinwohlprinzipien formulieren kann; seine verfassungsgebende Gewalt hat es nicht per se; es gewinnt

101 S. Benhabib Die philosophischen Grundlagen kosmospolitischer Normen, in: dies. Kosmopolitismus und Demokratie. Eine Debatte mit J. Waldron/B. Honig/ W. Kymlicka (hrsgg. von R. Post) 2008, 19ff. (25): „Ein gemeinsames Merkmal aller Normen von Zugehörigkeit, einschließlich – wenn auch nicht nur – der Normen von Bürgerschaft, besteht darin, dass die von der Konsequenz dieser Normen und ins- besondere von den Ausschlusskriterien Betroffenen per definitionem nicht an deren Artikulation beteiligt sein können.“ Dies. The Rights of Others: Aliens, Residents, and Citizens, 2004, 206, bezeichnet als „hinzunehmendes Paradox demokratischer Legi- timität“, dass jene, über deren Zugehörigkeit zum demos entschieden wird, an dieser Entscheidung nicht mitwirken können.“ Mit ähnlicher Stoßrichtung I. Shapiro The State of Democratic Theory, 2003, 52: “Democratic theory is often said to be impo- tent when confronted with questions about its own scope. It depends on a decision rule, usually some variant of majority rule, but this assumes that the question „majo- rity of whom“ has been settled. If this is not done democratically, however, in what sense are the results that flow from democratic decision making genuinely democra- tic?“ Zur Zirkelschlüssigkeit des Begriffs „Staatsvolk“ im Sinne der völkerrechtlichen Drei-Elementen-Lehre nach G. Jellinek vgl. B. Kempen/Ch. Hillgruber Völkerrecht, 2006, 2. Kap., Rn. 3 102 I. Shapiro/C. Hacker-Cordón Introduction, in: dies. (Hrsg.) Democracy’s Edges, 1999, 1: „(a) chicken-and-egg problem lurks at democracy’s core“. 103 R. Hildebrandt Staat und Gesellschaft unter dem Einfluss der Globalisierung, 2002, 39. 104 K. Hesse Die verfassungsrechtliche Stellung der politischen Parteien im moder- nen Staat, VVDStRL 17 (1959), 11ff. (17f.); ders. Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995 (Neudruck 1999), Rn. 131; J. P. Mül- ler Der politische Mensch – menschliche Politik. Demokratie und Menschenrechte im staatlichen und globalen Kontext, 1999, 46; J. Habermas Faktizität und Geltung. Bei- träge zu einer Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, 1998, 607. 198 Markus Kotzur sie erst aus ihrer Geltendmachung in eben diesen Verfahren.105 Das Wir im „We the People“ kann also niemals statisch, sondern immer nur dy- namisch gedacht werden. Konventsmodelle von den „Conventions“ der werdenden USA bis hin zum EU-Verfassungskonvent ermöglichen dieses dynamische „Wir“ prozedural, bilden die mehr oder weniger erfolgreichen historischen Konkretisierungen.106 Ihre Verfahrensregeln kennen Wettbewerbs-Momente. Die Inklusions-Dynamik der Verfas- sunggebung setzt sich in der Betätigung der verfassten Gewalt fort. De- mokratische Gesetzgebung qualifiziert als immer neuer Akt der Selbst- konstitution, vor allem im Gesetzgebungsprozess findet die politische Gemeinschaft immer aufs Neue zum „Wir“107 – je nach Verbands- kompetenz und Regelungsgegenstand zum staatlich verfassten Wir der Staatsbürgergemeinschaft, zum in den europäischen Verfassungsver- bund integrierten „Wir“ der Unionsbürgergemeinschaft, vielleicht auch zum in die Weltgemeinschaft ausgreifenden Ideal eines Weltbürger- tums.108 Der Bedarf nach demokratischer Inklusion auch jenseits der Staatsgrenzen ist die Konsequenz offener Staatlichkeit.109 Die so umrissene Dynamik kontinuierlicher Selbstkonstitution lässt sich gewiss nicht auf ein kompetitives Moment reduzieren, aber durch- aus auch als ein „Wettbewerb um Zugehörigkeit“, ein Wettbewerb um

105 A. Arato Civil Society, Constitution, and Legitimacy, 2000, 230f.: „From the point of view of democratic theories (…) it is of course even more important that con- stitution making itself be democratic. (…). It is nevertheless true that any democracy is conceivable only according to some rule. Thus one easily runs into the problem of circularity when one demands that constitutions be made democratically. The circle cannot be broken by reference to a formless and preprocedural quasi-natural popular sovereign or constituant power.“ 106 S. Kadelbach Perspektiven der Ratifikation – Verfassung oder Vertrag?, in: I. Per- nice (Hrsg.) Der Vertrag von Lissabon: Reform der EU ohne Verfassung, 2008, 81ff. (84f.). 107 S. Benhabib Die philosophischen Grundlagen kosmospolitischer Normen, in: dies. Kosmopolitismus und Demokratie. Eine Debatte mit J. Waldron/B. Honig/ W. Kymlicka (hrsgg. von R. Post) 2008, 19ff. (39): „Jeder selbstgesetzgebende Akt ist zugleich ein Akt der Selbstkonstitution. We the People, die wir darin übereinkommen, uns durch diese Gesetze zu binden, definieren uns im Akt der Selbstgesetzgebung zu- gleich unmittelbar als ein Wir.“ I. Shapiro The State of Democratic Theory, 2003, 53, zieht daraus eine für das Regieren in Mehrebenensystemen weitreichende Konsequenz: „the appropriate demos should be settled decision by decision, not people by people“. 108 D. Archibugi The Global Commonwealth of Citizens, 2008. Die „weltbürgerliche Absicht“ I. Kants gibt das klassische Vorbild. 109 H. Brunkhorst Kritik am Dualismus des internationalen Rechts – Hans Kelsen und die Völkerrechtsrevolution des 20. Jahrhunderts, in: R. Kreide/A. Niederberger (Hrsg.) Transnationale Verrechtlichung. Nationale Demokratie im Kontext globaler Politik, 2008, 30ff. (49). Demokratie als Wettbewerbsordnung 199 das „Wir“ umschreiben. Das gilt keineswegs nur, wo der Demos in par- lamentarischen Verfahren um die Definition seiner selbst durch Verän- derung des Staatsbürgerschafts- und Migrationsrechts ringt oder um Partizipationsrechte von Nicht-Staatsbürgern, etwa auf kommunaler Ebene, streitet.110 Auch bei anderen Grundentscheidungen lauten die Leitfragen: Wie soll die politische Gemeinschaft beschaffen sein, der wir zugehören wollen? Wer soll ihr zugehören, wie intensiv an ihrer Gestaltung mitwirken dürfen? Exklusionen stehen immer unter einem erhöhten Rechtsfertigungsdruck Soll, wie eine viel berufene Metapher impliziert, der Demos „personale Schicksalsgemeinschaft“111 sein, so wesentlich gestaltendes Subjekt und nicht erleidendes Objekt seines „Schicksals“. Umso prekärer wirkt die Selbstexklusion all derjenigen, die sich gleich aus welchen Motiven einer Mitgestaltungsverantwortung vollständig verweigern.112 Der Wettbewerb kann ein Anreizverfahren113 sein, den politikverdrossenen Bürger zum Mitbewerb um politische Gestaltung einzuladen.

IV. Entscheiden in der Demokratie: Akteure, Arenen und Verfahren demokratischen Wettbewerbs

1. Demokratisches Entscheiden aus der Mitte der Zivilgesellschaft – Bürger im demokratischen Gestaltungswettbewerb, insbesondere das Wahlrecht Der demokratische Gestaltungswettbewerb beginnt beim Bürger. Er erbringt gem. Art. 20 Abs. 2 S. 1 und 2 GG – Volk hier verstanden

110 BVerfGE 83, 27 und BVerfGE 83, 60. 111 J. Isensee Abschied der Demokratie vom Demos. Ausländerwahlrecht als Iden- titätsfrage für Volk, Demokratie und Verfassung, in: FS P. Mikat, 1989, 705ff. (709f.): „Das Bild des Staatsvolkes ist (…) die politische Schicksalsgemeinschaft, in welche die einzelnen Bürger eingebunden sind. (…). So liegt in der grundsätzlich dauerhaften und grundsätzlich ausschließlichen personalen Zugehörigkeit zur staatlichen Schick- salsgemeinschaft ein Gewähr für demokratisches Bürgerethos.“ Aufgegriffen wurde die Terminologie in BVerfGE 83, 37 (52) und 83, 60 (71); kritisch J. Habermas Staats- bürgerschaft und nationale Identität, in: ders, Faktizität und Geltung, 1992, 632ff. (633); H. Rittstieg Staatsangehörigkeit und Minderheiten in der transnationalen In- dustriegesellschaft, NJW 1991, 632ff. (633); J. H. H. Weiler Der Staat „über alles“: Demos, Telos und die Maastricht-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in: JöR 44 (1996), 91ff. 112 Wie wirksam hier Partizipationsanreize werden können, bliebe ein ganz eigen- ständiges Untersuchungsfeld. 113 U. Sacksofsky Anreize, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/A. Voß- kuhle (Hrsg.) Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. 2, 2008, § 40. 200 Markus Kotzur als pluralistische Gemeinschaft der Bürger114 – die maßgebliche Legiti- mationsleistung und ist nicht nur „Verbraucher“ von Politikangebo- ten.115 Zwar fehlt es auf unionaler bzw. Gemeinschaftsebene an einem strukturellen Pendant, aber spätestens mit der Direktwahl der Europa- abgeordneten sind nicht mehr allein die Staaten und Völker, sondern auch die Bürger Europas als seine Legitimationssubjekte verstanden (vgl. Art. 190 Abs. 1 EGV).116 Die Unionsbürgerschaft ist dessen kon- sequente Weiterentwicklung (Art. 17ff. EGV). Damit setzt sowohl das nationale als auch das europäische Verfassungsrecht weitreichende de- mokratische Kompetenzen der Bürger voraus.117 Das aber bleibt hier wie dort ein kontrafaktisches Grundaxiom der Demokratie, dem auch eine ökonomische Demokratietheorie nicht abzuhelfen vermag. Ihr Versuch, zentrale normative Institutionen des Liberalismus mit dem Nachweis der Rationalität von Wähler- und, dem korrespondierend, Politikerverhalten „empirisch einzuholen“, musste am Paradox des „ra- tionalen Wählers“ scheitern.118 Der Wahlbürger entscheidet nicht nur rational, sondern auch „aus dem Bauch heraus“.119 Er handelt nicht nur reflektiert, sondern folgt unhinterfragten Routinen und gehorcht ideo- logischen Bindungen.120 Er kann heute citoyen und morgen bourgeois

114 „Demos“ meint also nicht ein homogenes Volk, sondern die Bürger in ihrer Viel- falt. Die Volks- wandelt sich zur „Bürgersouveränität“, P. Häberle Europäische Verfas- sungslehre, 6. Aufl. 2009, 302: „Man vergesse nicht: Volk ist vor allem ein Zusam- menschluss von Bürgern. Demokratie ist Herrschaft der Bürger, nicht des Volkes im Rousseauschen Sinne“ (Hervorhebung im Original); siehe auch M. Kotzur Die Demo- kratiedebatte in der deutschen Verfassungslehre, in: H. Bauer/P. M. Huber/K.-P. Som- mermann (Hrsg.) Demokratie in Europa, 2005, 351ff. (360ff.). 115 Zum Menschenbild des aufgeklärt-vernünftigen Verbrauchers: B. Heiderhoff Grundstruktur des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, 2004, 265ff.; Ch. Bumke Menschenbilder des Rechts, JöR 57 (2009), 125ff. (125). 116 Aus der Lit. zum unionalen bzw. gemeinschaftsrechtlichen Demokratieprinzip P. M. Huber Die Rolle des Demokratieprinzips im europäischen Integrationsprozess, in: Jahrbuch zur Staats- und Verwaltungswissenschaft 6 (1992/93), 179ff. 117 Vor allem für die Vertreter deliberativer Demokratiekonzepte (oben Fn. 16) ist die Fähigkeit zur Argumentation und Abwägung, zur informierten Diskussion und zum Entwurf von Problemslösungsalternativen Funktionsbedingung der Demokratie; siehe noch M. Becker Politik als Verständigungsprozess – Modelle deliberativer De- mokratie, in: Zeitschrift für Politik 2000, 216. 118 J. Habermas Faktizität und Geltung, 1992, 404. 119 G. Gigerenzer Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition, 2007. 120 M. Elff Politische Ideologien, soziale Konflikte und Wahlverhalten. Die Bedeu- tung politischer Angebote der Parteien für den Zusammenhang zwischen sozialen Merkmalen und Parteipräferenzen in zehn westeuropäischen Demokratien, 2006 (Problem uniformierter Wähler, 59ff., ideologische Bindungen, 63ff., Unterscheidbar- Demokratie als Wettbewerbsordnung 201 sein121, Partizipation ist ihm grundrechtlich verbürgte Möglichkeit, Partizipationsverweigerung grundrechtlich gesicherte Freiheit. Wenn die Demokratie einen Anspruch auf freie und gleiche Teilhabe an der öffentlichen Gewalt in der Menschenwürde verankert sieht,122 fragt sie nicht, wie gebildet, aufgeklärt, informiert, verantwortungsfähig- und verantwortungsbereit ihr jeweiliges Legitimationssubjekt ist. 123 Das Wettbewerbsmodell taugt als Modus demokratischen Entschei- dens also nur dann, wenn es nicht in die „Rationalitätsfalle“ klassisch ökonomischer Demokratietheorie gerät. Wird der Wettbewerb als zu- kunftsoffenes Entdeckungsverfahren aus Versuch und Irrtum konzi- piert, muss es die „Entdeckenden“ am wenigsten idealisieren. Dass freie Willensbildung bei gleicher Freiheit124 aller prozedural ermöglicht und gesichert wird, ist seine entscheidende Funktionsvoraussetzung. Ihm genügt zunächst die Möglichkeit zu freier Meinungsbildung125 auf keit von Parteifamilien, 87ff.). Deshalb reflektieren – ganz abgesehen von strategi- schen Motiven – Abstimmungen auch nicht immer die tatsächlichen Präferenzen der Abstimmenden, H. Laux Entscheidungstheorie, 7. Aufl. 2007, 422 und öfter; generell K. J. Arrow Social Choice and Individual Values, 2. Aufl. 1963. 121 R. Smend Bürger und Bourgeois im deutschen Staatsrecht, in: ders. Staatsrecht- liche Abhandlungen, 2. Aufl. 1968, 309ff., differenziert zwischen dem „sittlich an den Staat gebundenen Bürger“ (citoyen) und dem „rechenhaften Egoisten der kapitalisti- schen Zeit“ (bourgeois); siehe auch W. Schmitt Glaeser Die grundrechtliche Freiheit des Bürgers zur Mitwirkung an der Willensbildung, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 38, Rn. 3. 122 BvE 2/98, Rn. 211; P. Häberle Die Menschenwürde als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, HStR, Bd. 2, 3. Aufl. 2004, § 2; ders. Menschenwürde und pluralisti- sche Demokratie – ihr innerer Zusammenhang, in: FS G. Ress, 2005, 1163ff. 123 In kritischer Auseinandersetzung mit dem Konzept einer bürgeraktivierenden „republikanischen Zivilgesellschaft“ (etwa bei J. Habermas Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskussionstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaates, 1994, 326) O. Depenheuer Bürgerverantwortung im demokratischen Verfassungsstaat, VVDStRL 55 (1996), 90ff. (99ff.); ähnlich vorher schon F. W. Scharpf Demokratie- theorie zwischen Utopie und Anpassung, 2. Aufl. 1975, 61 und öfter; mit Blick auf die Bürgerverantwortung sehr viel optimistischer P. Saladin Verantwortung als Staatsprin- zip, 1984; J. Schubert Das „Prinzip Verantwortung“ als verfassungsstaatliches Rechts- prinzip, 1998; M. Kotzur Grenznachbarschaftliche Zusammenarbeit in Europa, 2004, 421ff. m. w. N. 124 Zur „Gleichheit in der Freiheit“ P. Kirchhof Der allgemeine Gleichheitssatz, in: HStR, Bd. V, 2. Aufl. 2000, § 124, Rn. 158ff.; E.-W. Böckenförde Demokratie als Ver- fassungsprinzip, in: HStR, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 24, Rn. 41; Einem Verständnis von wahrer Freiheit als gleicher Freiheit hat sich die Antidiskriminierungsrechtsprechung des EuGH verschrieben. 125 J. Abr. Frowein Meinungsfreiheit und Demokratie, in: W. Berka/W. Karl (Hrsg.) Medienfreiheit, Medienmacht und Persönlichkeitsschutz, Schriften des Österrei- chischen Instituts für Menschenrechte, 2008, 17ff. 202 Markus Kotzur

Grundlage hinreichender Information126. Ihm genügt, wenn Defizite durch Lernen immer wieder überwunden werden können.127 Ihm ge- nügt die Korrigierbarkeit von Entscheidungen, nicht zuletzt ermöglicht durch die Periodizität der Wahl.128 Ermöglicht und begrenzt ist das Ent- deckungsverfahren weiterhin durch die Grundrechte mit spezifischer Demokratierelevanz129: von der freiheitsrechtlichen Seite her die Mei- nungsfreiheit insbesondere als Redefreiheit130, die Rundfunk-, Presse

126 Informationsrechte garantieren z.B. Art. 32 Verf. Belgien; Art. 44 Verf. Estland; Art. 12 Verf. Finnland; Art. 10 Verf. Griechenland; Art. 100 Verf. Lettland; Art. 25 Verf. Litauen; Art. 41 Verf. Malta; Art. 110 Verf. Niederlande; Art. 20 Verf. Öster- reich; Art. 61 Verf. Polen; Art. 268 Verf. Portugal; Kap. 1 § 3 Verf. Schweden; Art. 26 Verf. Slowakei; Art. 39 Verf. Slowenien; Art. 105 Verf. Spanien; Art. 61 Verf. Ungarn; Art. 19 Verf. Zypern. 127 Von der Idee, dass Bürger demokratisches Verhalten und Entscheiden erlernen können, lebt etwa das Programm „Congress in Action“ Es wird an US-amerikani- schen High Schools mit Schülern der Oberklassen erprobt. Die Lernenden schlüpfen für mehrere Wochen in die Rolle eines Kongressabgeordneten, Parlamentsdebatten werden simuliert und demokratische Entscheidungsprozesse so transparent gemacht, dazu C. List/A. Sliwka „Deliberative Polling“ als Methode zum Erlernen des demo- kratischen Sprechens, in: Zeitschrift für Politik 2004, 87ff.; allgemein A. Sliwka Bür- gerbildung. Demokratie beginnt in der Schule, 2008. Allg. zur Problematik „demo- kratischer Erziehungsziele“ im Verfassungsstaat P. Häberle Erziehungsziele und Orientierungswerte im Verfassungsstaat, 1981, 37f. (46f.); H.-U. Evers Die Befugnis des Staates zur Festlegung von Erziehungszielen in der pluralistischen Gesellschaft, 1979; L. Mauermann/E. Weber (Hrsg.) Erziehungsauftrag der Schule, 1978. Kritisch aus der Perspektive der Systemtheorie G. Roellecke Erziehungsziele und Auftrag der Staatsschule, in: FS Faller, 1984, 187ff.; ders. Zum Verhältnis von Recht und Erzie- hung, in: FS Geiger, 1989, 342ff.; für eine verfassungstheoretische Grundlegung auch S. Huster Die ethische Neutralität des Staates, 2002, 250ff. 128 K. Stern Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, 609; Ch. Starck Grundrechtliche und demokratische Freiheitsidee, in: HStR Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 33 Rn. 9, 32; O. Lepsius Nachhaltigkeit und Parlament, in: W. Kahl (Hrsg.) Nachhaltigkeit als Verbundbegriff, 2008, 326ff. (333ff.): („Zeitdimension durch Revisibilität“), 344ff. („Legislaturperiode und Revisibilität“). 129 Nicht zuletzt deshalb, weil auch die Gesetzgebung grundrechtsgebunden ist, siehe Art. 1 Abs. 3 GG, so M. Cornils Die Ausgestaltung der Grundrechte, 2005, 635ff.; die „schlechthin konstituierende Funktion“ der Meinungsfreiheit für die De- mokratie betont das BVerfG seit E 7, 198 (208) – Lüth; bezogen auf die Versamm- lungsfreiheit E 69, 315 (344f.) – Brokdorf; weiterhin BVerfGE 102, 370 (398) – Zeugen Jehovas; näher dazu W. Schmitt Glaeser Die grundrechtliche Freiheit des Bürgers zur Mitwirkung an der Willensbildung, HStR, Bd. II, 2. Aufl. 1998, § 31 Rn. 3ff.; ders. Die politische Willensbildung des Volkes – dirigiert und manipuliert?, in: FS K. Möckl, 2005, 369 ff H. Schulze-Fielitz Das Lüth-Urteil – nach 50 Jahren, Jura 2008, 52ff. 130 Die Freiheit der politischen Rede gehört seit der attischen Demokratie – insbe- sondere der perikleischen Epoche – zu den Essentialia demokratischer Herrschafts- Demokratie als Wettbewerbsordnung 203 und Medienfreiheit, die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, auch das Petitionsrecht; von der gleichheits- rechtlichen Seite her die Chancengleichheit.131 Lädt eine Verfassung, wie etwa Art. 9 lit. c Verfassung Portugal, die Bürger zur Partizipation ein, wirkt das wettbewerbsaktivierend.132 Postuliert eine Verfassung die Wahlpflicht, erscheint es mehr als fraglich, ob ihre „sichtbare Hand“ dadurch Wettbewerb erzwingen kann.133 Mit der Wahl ist das entscheidende Verfahren des bürgerdemokrati- schen Gestaltungswettbewerbs angesprochen.134 Das Wahlrecht kann, beginnend mit der Festlegung auf ein bestimmtes Wahlsystem135, als Wettbewerbsrecht bezeichnet werden.136 Ein reines Mehrheitswahl- system bedingt eine ganz andere Wettbewerbsdynamik und ganz an- dere Wettbewerbsstrategien als das minderheitenfreundliche Verhält- organisation, vgl. J. Bleicken Die athenische Demokratie, 4. Aufl. 1995, 344ff.; H. Brunkhorst Demokratie und Differenz, 1984, 84. 131 U. Volkmann Leitbildorientierte Verfassungsanwendung, AöR 134 (2009), 158ff. (165). 132 „(…) die politische Demokratie zu verteidigen und die demokratische Teilnahme der Bürger an der Lösung der nationalen Probleme sicherzustellen und zu fördern“. 133 Eine Wahlpflicht postulieren z.B. Art 48 Abs. 2 S. 2 Verf. Italien; Art. 49 Abs. 2 Verf. Portugal. Aus der Lit. zur Wahlpflicht: W. Frenz, Wahlrecht – Wahlpflicht?, ZRP 1994, 91ff.; W. Berg/R. Dragunski Die „Partei der Nichtwähler“, JuS 1995, 238ff.; Th. Silberhorn Wahlpflicht unter Strafandrohung, JA 2000, 858ff. 134 H. Meyer Demokratische Wahl und Wahlsystem, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, Rn. 12f. Das BVerfG unterstreicht den Wettbewerbscharakter von Art. 38: „Wahlbe- rechtigte können zwischen konkurrierenden Kandidaten und Parteien auswählen, die sich mit den unterschiedlichsten politischen Vorschlägen und Konzepten zur Wahl stellen“ (BvE 2/08, Rn. 174). Es muss eine echte „Personal- und Sachalternative“ ge- ben, H.-P. Schneider in: AK-GG, Art. 38 (2002), Rn. 65; D. Nohlen Wahlrecht und Parteiensystem, 4. Aufl. 2004, 1; überzeugend qualifiziert aufgrund dieser demokra- tiekonstitutiven Kernfunktion B.-O. Bryde Verfassungsentwicklung, 1982, 76f., das Wahlrecht insgesamt als Verfassungsrecht im materiellen Sinne. Im Modell G. Kirch- gässners (Towards a Theory of Low-Cost Decisions, European Journal of Politics and Economy 8 (1992), 302ff. (309)) ist die Teilnahme an der Wahl ein Stück weit irratio- nal, weil der tatsächliche Einfluss des Wählenden gering bleibe. 135 BVerfGE 1, 208 (246); zur Verhältniswahl insbes. BVerfGE 4, 375 (380); 6, 84 (95); 34, 81 (99); siehe auch J. A. Frowein Die Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts zum Wahlrecht, AöR 99 (1974), 72ff. (73). 136 Dass auf dem Feld des Wahl- und auch des Parteienrechts der Gesetzgeber in eigener Sache tätig wird, entspricht der Legitimationslogik des demokratischen Ver- fassungsstaates, erfordert aber eine besondere „Wettbewerbssensibilität“ und kriti- sche Kontrolle durch die demokratische Öffentlichkeit: zum Problem H. H. v. Arnim Wahlgesetze: Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache, JZ 2009, 813; umfas- send H. Lang Gesetzbebung in eigener Sache, 2007; siehe auch B. Grofman/A. Lijpart (Hrsg.) Electoral Laws and Their Political Consequences, 1986. 204 Markus Kotzur niswahlsystem.137 Tritt das Moment der Personalisierung hinzu, steht neben dem Parteien- immer auch der Identifikationsmöglichkeiten schaffende Wettbewerb zwischen Personen.138 Entscheidende Wettbe- werbsdirektive sind die gleichen Partizipationschancen. Sie eröffnet die auf Zähl- wie Erfolgswert bezogene, streng formale Wahlrechts- gleichheit (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG)139. Das zählwertgleiche „one man one vote“ ist auf europäischer Ebene zwar realisiert, die Erfolgswert- gleichheit aber nicht (Art. 190 Abs. 1 und Abs. 4 EG). Hier fordern das völkerrechtliche Prinzip der souveränen Staatengleichheit und die verfassungsstaatliche Maßgabe demokratischer Gleichheit praktische (K. Hesse), mit Blick auf die Arbeitsfähigkeit des Europäischen Parla- ments auch pragmatische Konkordanz.140 Chancengleiche Mitgestaltung ist ferner dort betroffen, wo es um Wahlwerbung in den Medien,141 den Ausschluss vom Wahlrecht142, Re-

137 In der Weimarer Zeit bereits H. Pohl Die Reform des Wahlrechts, VVDStRL 7 (1932), 131ff. (153); G. Leibholz Die Wahlrechtsreform und ihre Grundlagen, ebd., 159ff. (169). 138 Ihr Fehlen respektive ihre schwächere Ausprägung auf europäischer Ebene wird zu Recht als Defizit wahrgenommen. 139 BVerfGE 1, 208 (244ff.); 95, 408 (417ff.); 99, 69 (77ff.). Eine Verletzung von Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG kann überdies im Wege der Verfassungsbeschwerde gerügt werden, BVerfGE 89, 155 (171ff.); BvE 2/08, Rn. 174ff. 208ff. 140 BvE 2/08, Rn. 177, konstatiert: „Die ursprünglich allein innerstaatlich bedeut- same Wechselbezüglichkeit zwischen Art. 38 Abs. 1 Satz 1 und Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG erfährt durch die fortschreitende europäische Integration schrittweise eine Erweiterung.“ Für eine allgemeine Übersicht C. Lenz Ein einheitliches Verfahren für die Wahl zum Europäischen Parlament, 1995; J. Scheffler One man – one vote – one value? Der schwierige Weg zu einem einheitlichen Wahlrecht für das Europäische Parlament, 2005. 141 BVerfGE 37, 84 (91); M. Morlok in: H. Dreier (Hrsg.) GG-Kommentar, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 21 Rn. 96. Art. 21 Abs. 1 GG begründet zwar keinen Anspruch der Parteien auf Rundfunkwerbung, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind aber aufgrund staatsvertraglicher bzw. landesmediengesetzlicher Bindung verpflich- tet, Wahlwerbespots der Parteien auszustrahlen, siehe BVerfGE 47, 198 (237); 87, 220 (272f.); M. Stolleis Parteienstaatlichkeit – Krisensymptome des demokratischen Ver- fassungsstaates, VVDStRL 44 (1986), 7ff. (26ff.); J. Becker (Hrsg.) Wahlwerbung politischer Parteien im Rundfunk, 1989; A. Schultze-Sölde Politische Parteien und Wahlwerbung in der dualen Rundfunkordnung, 1994. Es gilt das Prinzip der „abge- stuften Chancengleichheit“, BVerfGE 14, 121; BVerfG NJW 2002, 2939 – „TV-Duell“ der Kanzlerkandidaten; Anmerkung dazu von U. Volkmann JZ 2003, 386ff.; F. Lan- ge/S. Roßner Freiheit, Gleichheit, Fernsehduell: Zum Teilnahmeanspruch politischer Parteien an Fernsehduellen, in: Mitteilungen des Instituts für Deutsches und Europäi- sches Parteienrecht und Parteienforschung, 11 (2003), 30ff. 142 Z.B. Art. 48 Abs. 4 Verf. Italien; 54 Abs. 2 Verf. Niederlande. Demokratie als Wettbewerbsordnung 205 geln zur Ineligibilität143 oder das freie Vorschlagsrecht aller Wahlbeteilig- ten und nicht nur der Parteien geht.144 Auch für das internetbasierte System des „Wahlomat“, das dem Nutzer bei der Bildung seiner partei- politischen Präferenzen Hilfestellung bieten will, gilt der Grundsatz der Chancengleichheit politischer Parteien.145 Wettbewerbsverzerrende Wahlbeeinflussungen von Seiten des Staates sind zu unterbinden. Große Zurückhaltung geboten ist daher bei der Öffentlichkeitsarbeit der Bun- desregierung in Zeiten vor der Wahl.146 Nicht minder gleichheitsrelevant sind Regelungen zu den Überhangmandaten147, der 5 % Sperrklausel148

143 G. Beaucamp Ineligibilität – Wer darf bei Wahlen nicht kandidieren?, DVBl. 2009, 1006ff. 144 BVerfGE 41, 399 (418); Ch. Starck Grundrechtliche und demokratische Frei- heitsidee, in: HStR Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 33 Rn. 32; umfassend H. Meyer Wahl- grundsätze, Wahlverfahren, Wahlprüfung, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 46. 145 VG München, Beschluss vom 08. 09. 2008, M7 E 08.4347. 146 BVerfGE 44, 125 (139, 147 ff); zur Werbung nach dem Regierungswechsel sowie zur Abgrenzung von unzulässiger Wahlwerbung und zulässiger Öffentlichkeitsarbeit BVerfGE 63, 230ff.; F. Schürmann Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, 1992; U. Di Fabio Grundrechte im präzeptoralen Staat – am Beispiel hoheitlicher Infor- mationstätigkeit, JZ 1993, 689ff.; S. Studenroth Wahlbeeinflussung durch staatliche Informationsträger, AöR 125 (2000), 257ff. Öffentlichkeitsarbeit hat sich stets an den Kriterien der Wettbewerbsneutralität und größtmöglicher Sachnähe zu orientieren, vgl. in diesem Zusammenhang auch VG Dresden NVwZ-RR 2006, 225ff. (keine un- zulässige Wahlbeeinflussung durch einen „Wählerbrief“, in dem der Ministerpräsi- dent des Freistaates Sachsen in seiner Eigenschaft als Landtagsabgeordneter vor der Landtagswahl 2004 dazu aufrief, nicht für „Radikale von Rechts“ zu stimmen). 147 BVerfGE 7, 63 (74ff.); 16, 130 (139f.); 34, 81 (83ff., 100ff.); für längere Zeit als Leitentscheidung und zugleich Ausdruck der gegensätzlichen Positionen wirkte das Vier-zu-Vier Votum in BVerfGE 95, 335 (349ff.); nunmehr wurde durch Urteil des Zweiten Senats vom 3. Juli 2008, BVerfGE 121, 266, LS 1 erkannt: „§ 7 Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Absätze 4 und 5 des Bundeswahlgesetzes in der Fassung des Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 11. März 2005 (Bundesgesetzblatt I Seite 674) verletzt Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes, soweit hierdurch ermöglicht wird, dass ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Ver- lust an Sitzen der Landeslisten oder ein Verlust an Zweitstimmen zu einem Zuwachs an Sitzen der Landeslisten führen kann.“ Dazu H. Meyer Lösungsmöglichkeiten nach dem Wahlrechtsurteil des BVerfG vom 3. Juli 2008, DVBl. 2009, 137ff.; D. Nohlen Er- folgswertgleichheit als fixe Idee oder – Zurück zu Weimar? Zum Urteil des Bundes- verfassungsgerichts über das Bundeswahlgesetz vom 3. Juli 2008, ZParl 2009, 179ff.; H. H. von Arnim Verfassungswidrigkeit des Bundeswahlgesetzes aufgrund des „nega- tiven Stimmengewichts“, in: Recht u Politik 2008, 136ff. 148 BVerfGE 82, 322ff. – erste gesamtdeutsche Wahl des deutschen Bundestages; H. Meyer Demokratische Wahl und Wahlsystem, HStR3 III; § 45 Rn. 17. Für die Wah- len zum Europäischen Parlament und Kommunalwahlen müssen aufgrund der anders gelagerten Integrationsdynamik großzügigere Maßstäbe gelten. Strikte Sperrklauseln sind hier kein überzeugendes Steuerungsinstrument (in diesem Sinne auch D. Ehlers 206 Markus Kotzur oder der Grundmandatsklausel149 – bis hin zu kommunalen Stichwah- len.150 Als Wettbewerbskorrektiv wirken in manchen Verfassungen Klauseln, die Minderheiten unabhängig vom konkreten Wahlerfolg eine fixe Anzahl von Parlamentssitzen garantieren.151

2. Demokratisches Entscheiden vermittelt durch die organisierte Zivil- gesellschaft und die intermediären Gewalten – der Parteienwettbewerb Wahl- und Parteienrecht stehen in einem engen Bedingungs- und Wirkungszusammenhang. Die individuellen Partizipationsmöglich- keiten des Bürgers bedürfen assoziativer Effektuierung.152 Die Durch- setzungsmacht des Einzelnen bliebe, auch wenn der vielgescholtene Interessengruppenpluralismus die Gefahr einer „Überwältigung indi- vidueller Lebensgestaltung“153 in sich trägt, ohne die Interessenbün- delung durch korporativen Zusammenschluss nur schwach. Diese Erkenntnis wirkt seit Tocqueville prägend für demokratisches Entschei-

Sperrklauseln im Wahlrecht, Jura 1999, 660ff. (665ff.)). Zur psychologischen Wir- kung von Sperrklauseln D. Nohlen Wahlrecht und Parteiensystem, 5. Aufl. 2007, 456 (471) m. w. N. 149 Die Grundmandatsklausel (§ 6 Abs. 6 S. 1 BWahlG) bestimmt, dass eine Partei auch dann proportional an der Sitzverteilung im Bundestag teilnimmt, wenn sie zwar die 5 %-Hürde nicht überwunden, aber in mindestens drei Wahlkreisen ein Direkt- mandat errungen hat. Aus Rspr. und Lit.: BVerfGE 95, 408 (420ff.); 96, 264; G. Roth Mit drei Direktmandaten in den Bundestag? Zur Verfassungswidrigkeit der Grund- mandatsklausel, NJW 1994, 3269ff.; W. Hoppe Die Verfassungswidrigkeit der Grund- mandatsklausel (§ 6 Abs. 6 Bundeswahlgesetz), DVBl. 1995, 265ff. 150 J. Krüper Kommunale Stichwahlen als demokratisches Wettbewerbsgebot, DÖV 2009, 758ff. 151 Art. 80 Verf. Slowenien, dazu A. Brenneis Das parlamentarische System in Slo- wenien und Österreich im Vergleich, 2009, 53. Für Neuseeland C. Frank-Fahle Die besondere Rolle der reservierten Mãori-Sitze im System des personalisierten Verhält- niswahlrechts Neuseelands – gelungenes Minderheitenprivileg oder überkommenes Relikt kolonialen Machterhalts?, VRÜ 42 (2009), 39ff. 152 G. F. Schuppert Assoziative Demokratie. Zum Platz des organisierten Menschen in der Demokratietheorie, in: A. Klein/R. Schmalz-Bruns (Hrsg.) Politische Beteili- gung und Bürgerengagement in Deutschland. Möglichkeiten und Grenzen, 1997, 114 ff.; W. Graf Vitzthum Probleme der Parteiendemokratie, in: P. M. Huber u.a. (Hrsg.) Zur Lage der parlamentarischen Demokratie, 1995, 71ff.; P. M. Huber Der Parteienstaat als Kern des politischen Systems. Wie tragfähig ist das Grundgesetz?, JZ 1994, 689ff.; ders. Parteien in der Demokratie, in: P. Badura/H. Dreier (Hrsg.) Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, Bd. 2: Klärung und Fortbildung des Verfassungsrechts, 2001, 609ff. 153 W. Schmitt Glaeser Die politische Willensbildung des Volkes – dirigiert und ma- nipuliert?, in: FS K. Möckl, 2005, 369ff. (378). Demokratie als Wettbewerbsordnung 207 den und hat ein einflussreiches Verbände- und Vereinswesen hervor- gebracht. Die Bildung von Parteien, Assoziationen und Korporationen ist dabei selbst ein Wettbewerbsvorgang mit dem Ziel, ein schlagkräf- tiges System zur Sicherung von demokratiestrategischen Vorteilen zu schaffen.154 Den Parteien, die ihrerseits in Konkurrenz zu anderen Zusammenschlüssen jedweder Art stehen, räumt Art. 21 GG als inter- mediären Gewalten zwischen Zivilgesellschaft und organisierter Staat- lichkeit ein privilegiertes Mitwirkungspotential bei der politischen Wil- lensbildung ein.155 Dieser Wettbewerbsvorteil gegenüber den übrigen Assoziationen hat einen einfachen Grund: Das Parteiwesen und seine rechtliche Konturierung sind eine Spezifizierung der Volkssouveränität156 und unabdingbar für die Ausgestaltung des Demokratieprinzips.157 Der Rechtsvergleich bestätigt diesen Befund und weist die politischen Parteien als gemeineuropäische „Institutionen des politischen Wett- bewerbs“158 aus.

154 P. Bachrach Die Theorie demokratischer Elitenherrschaft. Eine kritische Ana- lyse, 1967, 51. Zur Einordnung der Parteien als „Patronageorganisationen“, die ihren Mitgliedern politische Karriereperspektiven eröffnen wollen, W. Steffani Parteien als soziale Organisationen, ZParl 19 (1988), 549ff. (559); allg. zur Funktion der Verbände bei der politischen Willensbildung H.-D. Horn Verbände, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 41, Rn. 47. 155 Die organisierte Zivilgesellschaft kann demgegenüber in „Zweiten Kammern“ nach dem Senatsmodell Repräsentation finden: G. van der Schyff/G.-J. Leenknegt The Case for a European Senate, ZÖR 62 (2007), 237ff.; Thränhardt, Mehr Demokra- tie oder mehr Gewaltenteilung? Neun Varianten des Bikameralismus, in: Frantz/ Schubert (Hrsg.) Einführung in die Politikwissenschaft, 2005, 91ff.; Gamper Demo- kratische Legitimation und gewaltenteilige Funktion Zweiter Kammern in der „ge- mischten“ Verfassung, in: Eberhard/Lachmayer/Thallinger (Hrsg.) Reflexionen zum internationalen Verfassungsrecht, 2005, 63ff. 156 Zu weit geht indes die schon klassische Formel vom „Parteienstaat“ bei G. Leib- holz Der Parteienstaat des Bonner Grundgesetzes, in: H. Wandersleb/E. Traumann (Hrsg.) Recht, Staat, Wirtschaft, Bd. 3, 1951, 99ff.; ders. Das Wesen der Repräsenta- tion und der Gestaltwandel der Demokratie im 20. Jahrhundert, 3. Aufl. 1966; ders. Strukturprobleme der modernen Demokratie, 3. Aufl. 1967. 157 M. Morlok in: H. Dreier (Hrsg.) GG-Kommentar, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 21 Rn. 19. Diese Ausgestaltung hat im europäisch integrierten Verfassungsstaat heute eine staatenübergreifende Dimension: D. Th. Tsatsos Europäische politische Par- teien?, EuGRZ 1994, 45ff.; ders./D. Schefold/H.-P. Schneider (Hrsg.), Parteienrecht im europäischen Vergleich, 1990; J. Geerlings Das Statut der europäischen Parteien, in: Recht und Politik 2004, 38ff. 158 Die „Parteiinstitution im europäischen Vergleich“ beleuchtet für Frankreich M. Fromont in: D. Th. Tsatsos (Hrsg.) 30 Jahre Parteiengesetz in Deutschland. Die Parteiinstitution im internationalen Vergleich, 2002, 123; für Italien D. Schefold in: ebd., 133ff.; für Österreich M. Stelzer in: ebd., 143ff.; für Griechenland P. Foundetha- kis in: ebd., 159ff.; für Polen M. Wyrzykowski in: ebd., 176ff.; für die Tschechische Re- 208 Markus Kotzur

Die Notwendigkeit pluraler Ausgestaltung, in Art. 21 Abs. 3 GG dem einfachen Bundesgesetzgeber überantwortet159, macht das Parteien- recht seinerseits zum Wettbewerbsrecht160, wiederum mit der Chancen- gleichheit als zentralem Wettbewerbsparameter.161 Die demokratische Essentiale chancengleichen Wettbewerbs ist zugleich Direktive der Par- teienfinanzierung162 und des Parteibinnenrechts bis hin zum „Recht auf

publik V. Simicek in: ebd., 187ff.; für Russland G. Luchterhandt in: ebd., 190ff.; für Georgien G. Chubua in: ebd., 230ff.; für die Türkei F. Saglam in: ebd., 234ff.; für die Schweiz Th. Fleiner in: ebd., 245ff.; F. Grotz Politische Parteien und post-sozialistische Parteiensysteme in Ostmitteleuropa: Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei im Vergleich, 2000; W. Ismayr (Hrsg.) Die politischen Systeme Osteuropas, 2002; S. Hix Political Parties in the European Union, 1997; früh K. v. Beyme Parteien in westlichen Demokratien, 1982. Über Europa hinaus: J. Aldrich Why Parties? The Origin and Transformation of Party Politics in America, 1995; J. Adams Party Competition and Responsible Party Government, 2001; P. Chhibber/K. Kollman The Formation of National Party Systems. Federalism and Party Competition in Canada, Great Britain, India and the United States, 2004. 159 K. Hesse Einführung – 30 Jahre Parteiengesetz, in: D. Th. Tsatsos (Hrsg.) 30 Jahre Parteiengesetz in Deutschland. Die Parteiinstitution im internationalen Ver- gleich, 2002, 38ff. (42); H. H. v. Arnim, Wahlgesetze: Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache, JZ 2009, 813: das Parteiengesetz sei „im Wesentlichen eine Nieder- schrift verfassungsgerichtlicher Urteile“. 160 Ein Leitbild des Parteienwettbewerbs skizziert BVerfGE 111, 382ff. (Aufhebung des „Drei-Länder-Quorums“ und des „5-Prozent-Quorums“ in einem Land für die staatliche Teilfinanzierung von Parteien); M. Morlok Das BVerfG als Hüter des Par- teienwettbewerbs, NVwZ 2005, 157ff.; ders. Parteienrecht als Wettbewerbsrecht, in: FS D. Tsatos, 2003, 408ff. 161 Aus der Rechtsprechung BVerfGE 1, 208 (244); 4, 27 (30); 7, 99 (103); 13, 1 (9f.); 20, 56 (113f.); 24, 300 (329ff.); grundlegend K. Hesse Die verfassungsrechtliche Stel- lung der politischen Parteien, VVDStRL 17 (1959), 11ff.; weiterhin H.-R. Lipphardt Die Gleichheit der politischen Parteien vor der öffentlichen Gewalt, 1975; J. K. Köhler Parteien im Wettbewerb, 2005. 162 Siehe etwa BVerfG NVwZ 2004, S. 1173; H. H. v. Arnim Parteienfinanzierung. Eine verfassungsrechtliche Untersuchung, 1982; ders. Die neue Parteienfinanzierung, DVBl. 2002, 1065ff.; ders. Die neue EU-Parteienfinanzierung, NJW 2005, 247ff.; Ch. Landfried Parteifinanzen und politische Macht: Eine vergleichende Studie zur Bundesrepublik Deutschland, zu Italien und den USA, 1990; D. Th. Tsatsos (Hrsg.) Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich. Die Finanzierung der politischen Parteien in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft, 1992. U. Volkmann Politische Parteien und öffentliche Leistungen, 1998; K.-H. Adams Parteienfinanzierung in Deutschland. Entwicklung der Einnahmestrukturen politischer Parteien oder eine Sit- tengeschichte über Parteien, Geld und Macht (Diss. Marburg), 2005; M. Morlok Par- teienrecht als Wettbewerbsrecht, in: FS D. Tsatos, 2003, 408ff. (418ff.); ders. Das BVerfG als Hüter des Parteienwettbewerbs, NVwZ 2005, 157ff.; F. Saliger/F. Sinner Korruption und Betrug durch Parteispenden, NJW 2005, 1073ff. Demokratie als Wettbewerbsordnung 209 innerparteiliche Opposition“163. Sie gebietet neben einer selbstkontroll- sensiblen Parteienrechtskultur164 auch die externe Wettbewerbskontrolle und Sanktionen bei Wettbewerbsverstößen. Das Parteiverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG muss als vollständige Wettbewerbsexklusion nicht zuletzt deshalb „ultima ratio“ bleiben, weil andernfalls häufig noch schwe- rer zu bändigende Parallelwettbewerbe eröffnet werden könnten.165 Zen- trale Wettbewerbsarena in der Demokratie aber ist das Parlament.

3. Demokratisches Entscheiden im Rahmen organisierter bzw. institutionalisierter hoheitlicher Gewalt – das Parlamentsrecht als Wettbewerbsrecht Es gehört zu den prinzipiellen Eigenheiten demokratischer Repräsen- tation, dass die gewählten Vertreter einerseits selbständig agieren sollen, andererseits nur im Rahmen der ihnen vermittelten politischen Ver- tretungsmacht agieren dürfen.166 Sie sind gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zugleich „Vertreter des ganzen Volkes“ und doch auftrags- und weisungsfrei nur ihrem Gewissen unterworfen.167 Das im freien Abge- ordnetenmandat radizierte Repräsentativverhältnis will Distanz zu eigen- nützig-individuellen Präferenzen oder wirkungsmächtigen Gruppen- interessen und damit die Voraussetzungen eines „government of laws and not of men“168 schaffen169. Ihm liegt aber kein als Einheit zu den- kender Volkswillen zugrunde, den es nur noch parlamentarisch zu aktualisieren gilt. Im Spannungsverhältnis von Responsitivität170 und Abgeordnetenfreiheit findet auf Parlamentsebene ein originärer, seiner-

163 D. Th. Tsatsos Ein Recht auf innerparteiliche Opposition, in: ders. (Hrsg.) Ver- fassung – Parteien – Europa, 1998, 423ff. 164 D. Th. Tsatsos Europäische Politische Parteien, EuGRZ 1994, 45ff. 165 Ph. Kunig Parteien, in: HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 40, Rn. 46ff. 166 H. Dreier Demokratische Repräsentation und vernünftiger Allgemeinwille, AöR 113 (1988), 450ff. 167 O. Lepsius Nachhaltigkeit und Parlament, in: W. Kahl (Hrsg.) Nachhaltigkeit als Verbundbegriff, 2008, 326ff. (348). Mit einem „verfassungsrechtlichen Leitbild des Abgeordneten“ argumentiert BVerfGE 118, 277 (327ff.); siehe auch J. Linck Verfesti- gung des Leitbilds des Berufsabgeordneten, NJW 2008, 24ff. 168 So klassisch formuliert in Art. 30 der Massachusetts Declaration of Rights (1780) und aufgegriffen vom US-Supreme Court in seiner vielleicht berühmtesten Entscheidung: Marbury v. Madison (1803), 5 U.S. (1 Cranch), 137 (167). 169 So K.-P. Sommermann Demokratiekonzepte im Vergleich, in: H. Bauer/ P. M. Huber/K.-P. Sommermann, Demokratie in Europa, 2005, 191ff. (211). 170 F. Schorkopf Politische Herrschaft als verantwortete Selbstbestimmung, in: Frie- dens-Warte 84 (2009), 89ff. (97); siehe auch Ch. Starck Grundrechtliche und demo- kratische Freiheitsidee, in: HStR Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 33 Rn. 9. 210 Markus Kotzur seits pluralistischer Gemeinwohlwettbewerb statt.171 Er ist nicht zuletzt Fortsetzung des Parteienwettbewerbs über deren verlängerten Arm, die Fraktionen.172 Deshalb qualifiziert das Parlamentsrecht in vielen seiner Facettie- rungen als Wettbewerbsrecht.173 Auch ihm geht es um chancengleiche Mitwirkungsmöglichkeiten aller Abgeordneten an der Plenar- wie Aus- schussarbeit. Mit Nachdruck hat das BVerfG aus diesem Grund die Rechte der fraktionslosen Abgeordneten und der Gruppen gestärkt.174 Aus der Fülle wettbewerbsrelevanter Mechanismen parlamentarischen Entscheidens175 sei indes nur ein Aspekt herausgegriffen, in dem der

171 M. Brenner Das Prinzip Parlamentarismus, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 44, Rn. 2. Innerhalb dessen wirkt die Gemeinwohlbindung des Abgeordneten auch begrenzend, vgl. B. J. Hartmann Eigeninteresse und Gemeinwohl bei Wahlen und Abstimmungen, AöR 134 (2009), 1ff. (8); zur demokratischen Qualität der Parla- mente allg. H. Meyer Das parlamentarische Regierungssystem des Grundgesetzes, VVDStRL 33 (1975), 69ff. (80). 172 P. Badura Die parteienstaatliche Demokratie und die Gesetzgebung, 1986; M. Stolleis Parteienstaatlichkeit – Krisensymptome des demokratischen Verfassungs- staates, VVDStRL 44 (1986), 8ff. (8): Parlament als „Aktionsraum“ der Parteien. 173 M. Laver/K. A. Shepsle Making and Breaking Governments: Cabinets and Le- gislatures in Parliamentary Democracies, 1996. 174 BVerfGE 80, 188ff. – Wüppesahl; 84, 304ff. – PDS-Gruppe. Die Stärkung hat auch eine prozessuale Seite. Im Organstreitverfahren räumt das BVerfG einer Min- derheitsfraktion die Befugnis ein, im Wege der Prozessstandschaft nach § 64 Abs. 1 BVerfGG Rechte des Bundestages auch gegenüber der Mehrheitsfraktion zu vertre- ten, BVerfGE 45, 1 (29f.); 60, 319 (325f.); 68, 1 (77f.); 121, 135 (151). 175 Das beginnt schon im Vor- und Umfeld der Parlamentsarbeit. Einmal relativiert die Vorprägung politischer Entscheidungen durch außerparlamentarischen Konsens ebenso wie intergouvernementale, stärker noch supranationale Entscheidungsmecha- nismen die parlamentarische Gestaltungsmacht (M. Herdegen Informalisierung und Entparlamentarisierung politischer Entscheidungen als Gefährdungen der Verfassung, VVDStRL 62 (2003), 7ff. (15ff.) mit zahlreichen w. N.). Dass auch diesen Mechanis- men kompetitive Momente innewohnen, sei unbestritten. Allerdings werden gerade durch Konsens- und Absprachemechanismen neue Wettbewerbarenen geschaffen, deren Beteiligtenöffentlichkeit gegenüber der Parlamentsöffentlichkeit defizitär bleibt, deren geringerer Formalisierungsgrad Wettbewerbsverzerrungen Vorschub leisten kann. Bei der Vorformulierung von Gesetzesentwürfen durch private Akteuere – wie jüngst durch die britische Kanzlei Linklaters für das Bundeswirtschaftsministerium – kommt es immerhin zu keiner Verkürzung des parlamentarischen Beratungsprozesses über den Gesetzesvorschlag (vgl. M. Kotzur Wenn guter Rat nicht nur teuer ist – Zum Problem der Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen durch private Akteure, NJW-ak- tuell 35/2009, S. XII f.). Nur allzu bekannt und keineswegs neu ist die Warnung vor einer „globalen Technokratie“: Schon E. Forsthoff Der Staat der Industriegesellschaft, 1971, 30ff., spricht von einer „technischen Realisation“; ferner A.-M. Slaughter ANew World Order, 2004, 219ff.; umfassend A. Voßkuhle Sachverständige Beratung des Staates, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 43. Demokratie als Wettbewerbsordnung 211

Wettbewerbscharakter am deutlichsten zum Tragen kommt: die Dialek- tik von Regierung und Opposition. Die parlamentarische Parteien- demokratie modernen Zuschnitts ist heute nicht mehr primär durch das Gegenüber von Regierung und Parlament, sondern durch das Kräf- tespiel von regierungstragender Mehrheit und Opposition geprägt.176 Der politische Wille der Mehrheit und alternative Politikkonzepte treten in fruchtbaren, insbesondere durch die Geschäftsordnung gere- gelten Wettstreit. Moderne Verfassungen177, in der Bundesrepublik innovative Landesverfassungen (etwa Art. 40 S. 1 und S. 2 SächsVerf) garantieren umfassende Rechte der parlamentarischen Opposition.178 Sie verstehen die kompetitiven parlamentarischen Mitwirkungsmög- lichkeiten der Opposition als einen wesentlichen Bestandteil der parla- mentarisch-repräsentativen Demokratie179 und gründen in einem eher funktionellen als institutionellen Oppositionsverständnis.180 Auch Un- tersuchungs- sind typische Oppositionsrechte (vgl. Art 44 GG). Dass

176 Ausführlich zu diesem „Konkurrenzmodell“ der parteienstaatlichen Demokratie P. M. Huber Regierung und Opposition, HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 47 Rn. 2. 177 Exemplarisch verwiesen sei auf Art. 114 Abs. 2 Verf. Portugal. 178 Eine instruktive Übersicht zu Entscheidungen von Landesverfassungsgerichten, die sich mit der Oppositionsproblematik befassen, gibt P. Cancik Die Rezeption neuer Verfassungsregelungen. Ein Beitrag zur „Wirkung“ der Oppositionsregelungen in den Landesverfassungen, JöR 55 (2007), 151ff. (193f.); für den Freistaat Sachsen sei ver- wiesen auf BVerfGE 91, 246; SächsVerfGH, SächsVBl 1995, 227ff.; SächsVerfGH, DÖV 1996, 783f. 179 H.-P. Schneider Die parlamentarische Opposition im Verfassungsrecht der Bun- desrepublik Deutschland, 1974, 180ff. (299ff.); ders. Verfassungsrechtliche Bedeutung und politische Praxis der parlamentarischen Opposition, in: ders./W. Zeh (Hrsg.) Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 38, Rn. 1ff.; S. Haberland Die Verfassungsrechtliche Bedeutung der Opposition nach dem Grundgesetz, 1995, 150ff.; zum Oppositionsbegriff R. Poscher Die Opposition als Rechtsbegriff, AöR 122 (1997), 444ff. (458ff.); umfassende Nachweise bei H. Dreier in: ders. (Hrsg.) GG-Kommentar, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 20 (Demokratie), Rn. 65; eine Stärkere Rolle der Opposition in Finanz- und Haushaltsangelegenheiten fordert Ch. Gröpl Staatseinnahmen und Staatsausgaben im demokratischen Verfassungsstaat, AöR 133 (2008), 1ff. (40f.). 180 P. Cancik Parlamentarische Opposition in den Landesverfassungen, 2000, 104 ff.; P. M. Huber Regierung und Opposition, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.) HStR, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 47, Rn. 48ff. (63ff.). Oppositionsregelungen wollen die parlamentarische Praxis funktionell indes nicht in ein zu engmaschiges Regelungs- korsett zwängen und dadurch die Dynamik des politischen Prozesses verfehlen, siehe K. Hesse Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995 (Neudruck 1999), Rn. 36f.; R. Poscher Die Opposition als Rechtsbe- griff, AöR 122 (1997), 444ff. (456). K. Hesse Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995 (Neudruck 1999), Rn. 36f. 212 Markus Kotzur auf Unionsebene der Dualismus von Regierung und Opposition fehlt, da aus der Mitte des Parlaments keine ihm verantwortliche Regierung hervorgeht, die in Art. 201 EG sich andeutende „Verantwortlichkeit“ der Kommission strukturell gelagert181 und mit Blick auf die Exekutiv- befugnisse des Rates keine wie auch immer geartete parlamentarische Verantwortlichkeit vorgesehen ist, gehört zu den kompensationsbedürf- tigen Defiziten des unionalen Demokratieprinzips.182

4. Demokratisches Entscheiden im Spiegel der Medien – der Medienwettbewerb und die mediale Vermittlung des demokratischen Wettbewerbs Die Medien nehmen die drei vorgenannten Dimensionen demokra- tischen Entscheidens in den Blick und wirken auf sie ein.183 Ihre Rolle als Wettbewerbsteilnehmer und Wettbewerbsmittler sei hier nur ange- deutet. Sie sind, weitgehend unabhängig von ihrem öffentlich-recht- lichen oder privatrechtlichen Status, zugleich grundrechtsgesicherte Akteure und Arenen des demokratischen Wettbewerbs im weiteren Sinne: Akteure, weil mediale Informationsaufbereitung immer auch auf eigene Meinungsmacht abstellt; Arenen, weil mediale Darstellung den Wettbewerbsprozessen anderer Akteure das wohl öffentlichkeitswirk- samste Forum bereithält, bis hin zur zugespitzten Inszenierung von Politik.184 Ohne in ein einseitiges Klagelied auf die Verflachung media- ler Politikvermittlung einzustimmen185 oder vor „Mediokratie“186 zu warnen, seien dergestalte Phänomene auch deshalb kritisch beobachtet,

181 Für eine Übersicht A. Ott Die Kontrollfunktion des Europäischen Parlaments gegenüber der Europäischen Kommission – Eine Bestandsaufnahme nach dem Rück- tritt der Kommission und dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages, ZEuS 1999, 231ff. 182 Zuletzt BVerfG, Urteil v. 30. 06. 2009 – 2 BvE 2/08, Rn. 250, 270, 280, 297. 183 Aus systemtheoretischer Sicht grundlegend N. Luhmann Die Realität der Mas- senmedien, 1996. 184 Statt aller nur B. Holznagel Erosion demokratischer Öffentlichkeit, VVDStRL 68 (2009), 381ff. (396), mit zahlreichen weiteren Nachweisen zum „Info“- oder „Poli- tainment“, zur Boulevardisierung, Banalisierung und Inszenierung der Politikvermitt- lung. 185 Zum Problemfeld etwa A. Dörner Politainment: Politik in der medialen Erlebnis- gesellschaft, 2001; H. M. Kepplinger Die Demontage der Politik in der Informations- gesellschaft, 1998; U. Sarcinelli (Hrsg.) Politikvermittlung und Demokratie in der Me- diengesellschaft, 1998. 186 Th. Meyer Mediokratie, 75ff., warnt vor einer „Kolonisierung der Politik durch die Medien“. Demokratie als Wettbewerbsordnung 213 weil die Wahrnehmung demokratischer Entscheidungsprozesse fast ausschließlich medienvermittelt erfolgt.187 Der unangemessenen Überrepräsentation partikulärer Meinungen hat das Medienrecht entgegenzuwirken. Dieses der Pluralismussicherung verschriebene Regelungsziel macht es zum spezifisch demokratischen Wettbewerbsrecht par excellence. Akteursbezogen gilt es die Vielfalt me- dialer Angebote vor Konzentration, Kartell- und Monopolbildung – zu- meist aus ökonomischen Gründen – zu schützen.188 Gerade dieser Aspekt belegt, dass ökonomischer und demokratischer Wettbewerb dia- metral gegeneinander verlaufen können. Mehr als einmal musste das BVerfG zugunsten des letzteren die aktive Rolle eines Wettbewerbshüters übernehmen.189 Nicht minder problematisch wirkt die Medienbeteili- gung politischer Parteien.190 Wollen einzelne Parteien den Meinungs- markt beherrschen und die strukturelle Macht der Medien parteipolitisch instrumentalisieren, ist nicht nur der chancengleiche Parteienwettbe- werb, sondern der pluralistische Vielfaltswettbewerb als solcher gefähr- det.191 Arenenbezogen sei nur „Erweiterung der Wettbewerbszone“ erwähnt, die durch das Internet bedingt wird. Im „global village“ ent- stehen, z.B. durch sog. „blogs“, neue „imagined communities“.192 Das

187 E.-W. Böckenförde Demokratische Willensbildung und Repräsentation, HStR, Bd. 3, 3. Aufl. 2005, § 34, Rn. 43f.; prononciert spricht W. Schmitt Glaeser Die Macht der Medien in der Gewaltenteilung, JöR 50 (2002), 169ff. (177) von öffentlicher Mei- nung als „medial reglementiert“ und bewertet das Verhältnis von Medien und Politik als ein „Mischsystem“ (180). 188 Vgl. Ch. Degenhart in: Bonner Kommentar GG. 136. EL 2008, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 502ff.; B. Holznagel Erosion demokratischer Öffentlichkeit, VVDStRL 68 (2009), 381f. (399f.). 189 Aus der Rspr. etwa BVerfGE 57, 295 (323); 95, 163 (172); 97, 228 (258); 114, 371 (389). 190 M. Cordes Medienbeteiligung politischer Parteien. Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Unternehmensbeteiligungen politischer Parteien in Presse, Rund- funk und Neuen Medien, 2009, mit einer Bestandsaufnahme aktueller Beteiligungen (16ff.), einer Analyse der grundrechtlichen Dimension (160ff.), und Ausführungen zur funktionalen Unvereinbarkeit der Medienbeteiligung (215ff.); P. M. Huber Medien- beteiligung politischer Parteien, in: Kommunikation & Recht 2004, 216ff.; M. Mor- lok/U. v. Alemann/Th. Streit (Hrsg.) Medienbeteiligung politischer Parteien, 2004; M. Möstl Politische Parteien als Medienunternehmer. Eine Beurteilung aus ver- fassungsrechtlicher Sicht, DÖV 2003, 106ff.; A. Feser Vermögensmacht und Medien- einfluss. Parteieigene Unternehmen und die Chancengleichheit der Parteien, 2002. 191 W. Schmitt Glaeser Die Macht der Medien in der Gewaltenteilung, JöR 50 (2002) 169ff. (189f.). 192 B. Anderson Imagined Communities. Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, 1991; zur „demokratischen Qualität“ des Internet G. v. Rando, Geistes- aristokratie, in: Die Zeit 23 v. 28. 05. 2009, 3. 214 Markus Kotzur

„kulturelle Gedächtnis“, gedacht als ein Speicher von gemeinsamen Er- fahrungen, Entwicklungen, Symbolen, Ritualen, oder Erzählungen, die jederzeit abrufbar sind193, reichert sich auf eine Weise zu einem „multi- kulturellen“ an. Neue voluntaristische Zugehörigengemeinschaften194 entstehen und bleiben nicht ohne Konsequenz für den demokratischen Zugehörigkeits- wie Gestaltungswettbewerb. Das Internetrecht hat dem Rechnung zu tragen.

V. Demokratisches Entscheiden im Mehrebenenverbund: Die Ebenendifferenzierungen und -verschränkungen demokratischen Wettbewerbs

Weder das „world wide web“ noch all die anderen faktischen oder regulativen Globalisierungsphänomene195 führen automatisch zu einer Weltgesellschaft oder gar zu einer „global democracy“.196 Weil sie den Nationalstaat aber entgrenzen und ihm zugleich die Grenzen seiner Selbststeuerungsfähigkeit aufzeigen, weil deshalb maßgebliche politi- sche Entscheidungen, oft von hoher Grundrechtsrelevanz, jenseits des Staates getroffen werden müssen, bleiben Einbußen in seiner demokra- tischen Substanz nicht aus.197 Anders gesprochen: der demokratische Wettbewerb um legitimes Entscheiden transzendiert die staatlich ver- fasste politische Gemeinschaft, ohne in diesem „Jenseits“ die ihm ver- trauten institutionellen Einbettungen und prozeduralen Absicherungen passgenau wiederzufinden. Im Verfassungsverbund ein hinreichendes

193 J. Assmann Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität, in: ders./T. Hölscher (Hrsg.) Kultur und Gedächtnis, 1988, 9ff.; ders. Was ist das kulturelle Gedächtnis?, in: ders., Religion und kulturelles Gedächtnis, 2000, 13ff.; M. Halbwachs Das kollektive Gedächtnis, 1991. 194 Zu denken ist an den sog. „You Tube citizen journalism“ mit seinem „negotia- ting a new world online“, B. E. H. Johnson A Marketplace of Ideas or „Continuous Partial Attention, in: The Masthead 59 (2007), Bd. 2, 4ff., 4 bzw. 5; vgl. auch G. S. Schaal Vertrauen, Verfassung und Demokratie. Über den Einfluss konstitutio- neller Prozesse und Prozeduren auf die Genese von Vertrauensbeziehungen in mo- dernen Demokratien, 2004, 47. 195 Zu dieser Differenzierung R. Poscher Das Verfassungsrecht vor den Herausfor- derungen der Globalisierung, VVDStRL 67 (2007), 159ff. (163). 196 Für den in diesem Kontext auch relevanten Begriff des „Weltinnenrechts“ J. Del- brück Perspektiven für ein „Weltinnenrecht“? – Rechtsentwicklungen in einem sich wandelnden Internationalen System, in: J. Jickeli u.a. (Hrsg.) GS J. Sonnenschein, 2003, 793ff. 197 G. Lübbe-Wolff Globalisierung und Demokratie. Überlegungen am Beispiel der Wasserwirtschaft, RuP 40 (2004), 130ff. (136). Demokratie als Wettbewerbsordnung 215

Legitimationsniveau198 zu sichern, wird zur zentralen Herausforderung, der Wettbewerb dafür zu einem Verbindungselement. Innerbundesstaatlich ist dies längst erprobt. Die Wettbewerbsarena „Bundesstaat“199 mit ihren kompetitiven Föderalismuskonzepten und spezifisch bundesstaatlichen Alternierungschancen wirkt nicht nur ge- waltenkontrollierend, sondern ermöglicht auch ein Mehr an effektiver demokratischer Partizipation.200 Die demokratischen Wettbewerbs- defizite der Europäischen Union sind hinlänglich bekannt, was das Feh- len der Opposition angeht, schon beim Namen genannt, was das Fehlen originär europäischer Parteien angeht, in Erinnerung gerufen.201 Wer allerdings bei einer Mängelliste stehen bleibt, übersieht nicht nur die zahlreichen auf Unionsebene greifbaren demokratischen Legitimations- bausteine202, sondern verkennt überdies die unions- bzw. gemein- schaftsrechtlich bedingte, ebenso aktivierend wie legitimationssichernd wirkende Ebenenverschränkung demokratischen Wettbewerbs. Zwei Beispiele: Einmal ist die Beschränkung des Wahlrechts auf die eigenen Staatsbürger angesichts des europäischen Integrationsprozesses relati- viert.203 Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG bleibt zwar weiterhin

198 BVerfGE 83, 60 (72): „Aus verfassungsrechtlicher Sicht entscheidend ist nicht die Form der Legitimation staatlichen Handelns, sondern deren Effektivität; not- wendig ist ein bestimmtes Legitimationsniveau“. Siehe auch E 93, 37 (67); 107, 59 (87). Das bekannte Bild von den Legitimationsketten (grundlegend E.-W. Böckenförde Demokratie als Verfassungsprinzip, in: HStR, Bd. 2, 3. Aufl. 2004, § 24 Rn. 16; ferner K.-P. Sommermann, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Ch. Starck, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 20 Rn. 164 m. zahlreichen w. N.) taugt hier nur noch begrenzt. 199 P. Bachrach Die Theorie demokratischer Elitenherrschaft. Eine kritische Ana- lyse, 1967, 59ff. 200 G. Lehmbruch Parteienwettbewerb im Bundesstaat, 3. Aufl. 2000, 11, unter Ver- weis auf Arbeiten von W. Hennis; über Europa hinaus P. Chhibber/K. Kollman The Formation of National Party Systems. Federalism and Party Competition in Canada, Great Britain, India and the United States, 2004, 28ff. 201 D. Th. Tsatsos/D. Schefold/H.-P. Schneider (Hrsg.) Parteienrecht im europäi- schen Vergleich. Die Parteien in den demokratischen Ordnungen der Staaten der Eu- ropäischen Gemeinschaft, 1990. 202 Diesen hat das BVerfG in seiner Entscheidung zum Vertrag von Lissabon (Urteil des Zweiten Senats vom 30. 06. 2009, 2 BvE 2/08 u.a., EuGRZ 2009, 339ff.) die not- wendig differenzierte Anerkennung versagt; berechtigte Kritik bei E. Pache Das Ende der europäischen Integration? Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag von Lissabon, zur Zukunft Europas und der Demokratie, EuGRZ 2009, 285ff. (285), siehe auch Th. Oppermann Den Musterknaben ins Bremserhäuschen! – Bundesverfas- sungsgericht und Lissabon-Vertrag, EuZW 2009, 473ff. 203 Zum Ausländerwahlrecht F. Sen (Hrsg.) Wahlrecht für Ausländer. Stand und Entwicklung in Europa, 1985; G. Liegmann Kommunales Wahlrecht für Ausländer in den Bundesländern und Europa, 1990; für die Niederlande B. Koolen Kommunal- 216 Markus Kotzur allein das deutsche Staatsvolk, auf dessen Legitimationsleistung sich alle Ausübung von Staatsgewalt, auch die mittelbare im Wege kommunaler Selbstverwaltung, zurückführen lassen muss.204 Deshalb hatte das Bun- desverfassungsgericht das Kommunalwahlrecht für Ausländer zunächst ausgeschlossen.205 Die Einführung der Unionsbürgerschaft (Art. 17, Art. 19 EG) bewirkte aber eine materielle Verfassungsänderung, die als- bald in Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG ihren textlichen Niederschlag fand. Eine nationale Wettbewerbsarena wurde europäisch erweitert. Wenn der Reformvertrag von Lissabon die Subsidiaritätskontrolle stärkt, den mitgliedstaatlichen Parlamenten im Rahmen des „Früh- warnsystems“ eine „orange Karte“ zugestanden ist und etwa das deut- sche Begleitgesetz die Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten nach- haltig ausweitet, findet ein umgekehrter Prozess statt. Die europäische Wettbewerbsarena erfährt mitgliedstaatliche Erweiterung und die mit- gliedstaatlichen werden auf spezifische Weise zu europäischen Parlamen- ten. Und nicht vergessen sei, dass manche der Beitrittskandidaten die Perspektive einer Vollmitgliedschaft effektiv für innerstaatliche Demo- kratisierungsstrategien und das damit verbundene demokratische Wett- bewerben nutzen.206 Auf völkerrechtlicher Ebene fehlen demgegenüber noch weithin die Strukturbedingungen zur Verschränkung der demokratischen Wett- bewerbsebenen.207 Dem klassischen Koexistenzvölkerrecht, das gegen- über der Herrschaftsorganisation souveräner Staaten neutral zu bleiben hatte, war die Frage nach demokratischer Entscheidungslegitimation

wahlrecht für Ausländer in den Niederlanden 1990–1998, in: ZAR 1999, 79ff.; für die Schweiz K. Plüss Der Ausschluss vom Wahlrecht als Demokratiedefizit, in: Schwei- zerisches Ausländerrecht in Bewegung?, 2003, 133ff. 204 Zum Meinungsstand H. Dreier in: ders. (Hrsg.) GG-Kommentar, Art. 28 Rn. 78ff.; G. Liegmann Kommunalwahlrecht für Ausländer in den Bundesländern und Europa, 1990; J. Isensee/E. Schmidt-Jortzig Das Ausländerwahlrecht vor dem BVerfG, 1993. 205 BVerfGE 83, 37 (50ff.) – Ausländerwahlrecht (Schleswig-Holstein); BVerfGE 83, 60 (71ff.) – Ausländerwahlrecht (Hamburg). 206 A. Magen/L. Morlino Hybrid Regimes, the Rule of Law, and External Influence on Domestic Change, in: dies. (Hrsg.) International Actors, Democratization and the Rule of Law. Anchoring Democracy, 2009, 1ff. (4, 13); E. Baracani EU Democratic Rule of Law Promotion, in: ebd., 53ff. (53). 207 Den Zusammenhang von Demokratie und Weltordnung thematisieren etwa N. Bobbio Democracy in the International System, in: D. Archibugi/D. Held (Hrsg.) Cosmopolitan Democracy. An Agenda for a New World Order, 1995, 17ff.; D. Held Democracy and the Global Order, 1996; U. Volkmann Setzt Demokratie den Staat voraus?, in: AöR 127 (2002), 575ff. Demokratie als Wettbewerbsordnung 217 vollständig fremd.208 Auch die UN-Charta verzichtet noch auf jeden Demokratiebezug. Mit der völkerrechtlichen Konstitutionalisierungs- debatte209 einher gehen heute immerhin, nicht zuletzt menschenrecht- lich inspiriert, Forderungen nach universellen Mindeststandards demo- kratischer Teilhabe.210 Die demokratische Idee wird als Rechtsprinzip für das Völkerrecht diskutiert.211 Schon sehr viel deutlicher greifbar werden Ansätze zu einer sog. „democracy promotion“ 212 in Post-Kon- fliktsituationen.213 Neue Treuhandformen und internationale Verwal-

208 A. Peters Global Constitutionalism in a Nutshell, in: K. Dicke u.a. (Hrsg.) Welt- innenrecht. Liber Amicorum J. Delbrück, 2005, 535ff. (541); K. Doehring Völker- recht, 2. Aufl. 2004, Rn. 789; ders. Demokratie und Völkerecht, in: FS H. Steinberger, 2002, 127ff. (128); J. Kokott Souveräne Gleichheit und Demokratie im Völkerrecht, ZaöRV 64 (2004), 517ff. (517f.). Einen guten Überblick zur Demokratiedebatte im Völkerrecht liefert der von R. Burchill hrsgg. Sammelband „Democracy and Inter- national Law“, 2006. 209 Für eine Übersicht zum aktuellen Diskussionsstand M. Knauff Konstitutionie- rung im inner- und überstaatlichen Recht, ZaöRV 68 (2008), 453ff. 210 Th. M. Franck The Emerging Right to Democratic Governance, in: American Journal of International Law 86 (1992), 46ff.; J. Crawford Democracy and Internatio- nal Law, in: British Yearbook of International Law 63 (1993), 113ff.; B. Bauer Der völkerrechtliche Anspruch auf Demokratie, 1998; H. Brunkhorst Demokratie in der globalen Rechtsgenossenschaft. Einige Überlegungen zur poststaatlichen Ver- fassung der Weltgemeinschaft, in: Zeitschrift für Soziologie, Sonderheft „Weltgesell- schaft“, 2005, 330ff.; A. v. Bogdandy Demokratie, Globalisierung, Zukunft des Völkerrechts – eine Bestandsaufnahme, ZaöRV 63 (2003), 853ff.; Th. Bruha/K. Alsen Democracy and International Law: Reflections on Current Trends and Challenges, in: G. Gornig u.a. (Hrsg.) GS D. Blumenwitz, 2008, 555ff.; schließlich auch J. Ibegbu Right to Democracy in International Law, 2003. 211 Th. Franck The Power of Legitimacy among Nations, 1990; ders. The Emerging Right to Democratic Governance, in: American Journal of International Law 86 (1992), 46ff.; ders. The Democratic Entitlement, University of Richmond Law Re- view 29 (1994), 1ff.; G. H. Fox The Right to Political Participation in International Law, Yale Journal of International Law 17 (1992), 539ff.; J. Crawford Democracy in International Law, 1994; K. Doehring Demokratie und Völkerrecht, in: H.-J. Cremer u.a. (Hrsg.) Tradition und Weltoffenheit des Rechts, FS H. Steinberger, 2002, 127ff.; J. A. Frowein Demokratie und Völkerrecht in Europa, in: K. Ginther u.a. (Hrsg.) Völkerrecht zwischen normativem Anspruch und politischer Realität, 1994, 365 ff:; G. H. Fox/B. R. Roth (Hrsg.) Democratic Governance and International Law, 2000; J. Kokott Souveräne Gleichheit und Demokratie im Völkerrecht, in: ZaöRV 64 (2004), 517ff.; S. Burchill (Hrsg.) Democracy and International Law, 2006; Th. Bruha/ K. Alsen Democracy and International Law, in: G. H. Gornig u.a. (Hrsg.) Iustitia et Pax. GS für D. Blumenwitz, 2008, 555ff.; N. Petersen Demokratie als teleologisches Prinzip – Zur Legitimität von Staatsgewalt im Völkerrecht, 2009. 212 L. Diamond Promoting Democracy, 87 Foreign Policy (1992), 25ff. 213 R. Paris/T. Sisk The Dilemmas of Statebuilding – Confronting the contradictions of postwar peace operations, 2008; T. D. Sisik Democratization and Peacebuilding: 218 Markus Kotzur tungen sind typische Demokratiemittler mit häufig schwer zu ziehen- den Grenzen gegenüber dem Prinzip der Nicht-Intervention und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker.214 Hier nutzen, teils heftig kriti- siert215, die beteiligten Akteuere durchaus Marktmechanismen wie Sanktionen216 einerseits, externe Anreize217 andererseits zur Durch- setzung von Demokratie. Solche Strategien haben eher den Charakter eines System- denn eines spezifisch demokratischen Wettbewerbs. Sie geben der Reflexion über das Ob und Wie der Demokratie diesseits und jenseits des Nationalstaates aber gewiss fruchtbare Anstöße.

Perils and Promises, in: C. A. Crocker/F. O. Hampson/P. Aall (Hrsg.) Turbulent Peace – The Challanges of Managing International Conflict, 2005, 785ff.; U. Schne- ckener Internationales Statebuilding – Dilemmata, Strategien und Anforderungen an die deutsche Politik. SWP-Studie 2007, 9ff.; B. Schoch State-Building und Demokra- tisierung, in: S. Weiss/J. Schierer (Hrsg.) Prekäre Staatlichkeit und internationale Ordnung, 2007, 42ff.; C. T. Call/S. E. Cook On Democratization and Peacebuliding, in: Global Governance 9 (2003), 233ff. Für eine spezifisch völkerrechtliche Perspek- tive A. v. Bogdandy State-Building, Nation-Building, and Constitutional Politics in Post-Conflict Situations, in: Max Planck Yearbook of United Nations Law 9 (2005), 579ff.; B. Reschke Post-Conflict: Wiederherstellung von Staatlichkeit. Völkerrecht- liche Aspekte der Friedenssicherung im Irak, 2008; F. V. Pfarr Post-Conflict: Wieder- herstellung von Staatlichkeit. Völkerrechtliche Aspekte des Nationbuilding in Afgha- nistan, 2008. 214 K. A. Wierse Post-Conflict: Peacebuilding im Kosovo: Die internationale Ver- waltung von Territorien als Methode des Peacebuilding, 2008; S. Chesterman You, the People – The United Nations, Transitional Administration, and State Building, 2004; E. Newmann/R. Rich (Hrsg.) The UN Role in Promoting Democracy – Between Ideals and Reality, 2004. 215 P. Burnell Political Strategies of External support for Democratization, Foreign Policy Analysis 1 (2005), 361ff.; J. C. Pevehouse Democracy from Above? Regional Organizations and Democratization, 2005; ders. Democracy from the Outside-In? International Organizations and Democratization, International Organization 56 (2002), 515ff.; R. Youngs (Hrsg.) Engagement: Shapening European Influence, 2005; S. Levitsky/L. A. Way The Rise of Competitive Authoritarianism, Journal of Demo- cracy 13 (2002), 51ff.; A. Magen/L. Morlino (Hrsg.) International Actors, Democra- tization and the Rule of Law. Anchoring Democracy, 2009. 216 K. A. Wierse Post-Conflict: Peacebuilding im Kosovo: Die internationale Verwal- tung von Territorien als Methode des Peacebuilding, 2008; S. Chesterman You, the People – The United Nations, Transitional Administration, and State Building, 2004; E. Newmann/R. Rich (Hrsg.) The UN Role in Promoting Democracy – Between Ideals and Reality, 2004. 217 A. Magen/L. Morlino Scope, Depth and Limits of External Influence, in: dies. (Hrsg.) International Actors, Democratization and the Rule of Law. Anchoring De- mocracy, 2009, 224ff. (224). Demokratie als Wettbewerbsordnung 219

VI. Demokratisches Entscheiden im Spiegel der Metaebene theoretischer Reflexion: Theorienwettbewerb um den demokratischen Wettbewerb

Das Nachdenken über die Demokratie ist schließlich selbst ein kom- petitiver Prozess. Auf der Metaebene theoretischer Reflexion entsteht ein originärer Wettbewerb um die Definitionsmacht darüber, was Demokratie ist, wer ihr Demos formt und wie sich dessen Wille ermit- teln lässt.218 Die maßgeblichen und ihrerseits grundrechtsgestützten Akteure dieses Wettbewerbs sind die Wissenschaften, allen voran die Rechts-, Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften. Sie bilden, ähnlich wie die Medien, zugleich Wettbewerbsarenen, die anderen Akteuren – etwa politischen Entscheidungsträgern – Wirkungsräume eröffnen. Ihr Entdeckungsverfahren ist indes kein demokratisch legi- timiertes und kann es nie sein. Dem demokratischen Wettbewerb geht es um legitimes Entscheiden kraft prozeduraler Rationalität; dem wissenschaftlichen Wettbewerb geht es um Erkenntnis, orientiert am Humboldtschen Ideal ewiger Wahrheitssuche, realisiert durch die evolu- torische Hervorbringung immer neuen, indes stets relativen Wissens.219 Aus dieser Verhältnisbestimmung von demokratischem und wissen- schaftlichem Wettbewerb folgt eine spezifisch demokratische Verantwor- tung aller mit der Demokratietheorie befassten Wissenschaften. Ihre wichtigste Aufgabe besteht nicht darin, geschlossen Theoriekonzepte zu formulieren, sondern den offenen Prozess demokratischer Willens- bildung, damit auch demokratischen Wettbewerb zu ermöglichen.220 Die Frage nach der guten Ordnung soll Demokratietheorie nicht letzt- verbindlich beantworten, sondern immer neu stellen und allen verant- wortlichen Akteuren ins Gedächtnis rufen. Damit kommt vor allem die Rolle der Sprache ins Spiel.221 Sie ist in diesem Verantwortungsgefüge das wesentliche Medium der Vermitt- lung. Wissenschaftliche Theoriebildung beinhaltet immer auch einen Wettbewerb um Begriffe, der keineswegs semantisches Glasperlenspiel bleibt. Es geht vielmehr sehr oft um „Neubeschreibungen der Welt in

218 Ch. Möllers Demokratie – Zumutungen und Versprechen, 2008, 10f. 219 W. Kerber Wettbewerb als Hypothesentest: Eine evolutorische Konzeption wis- senschaftlichen Wettbewerbs, in: K. v. Delhaes/U. Fehl (Hrsg.) Dimensionen des Wett- bewerbs: Seine Rolle in der Entstehung und Ausgestaltung von Wirtschaftsordnun- gen, 1997, 29ff. 220 So Ch. Möllers Demokratie – Zumutungen und Versprechen, 2008, 11 unter Verweis auf R. Rorty The Priority of Democracy to Philosophy, in: ders., Obectivity, Relativism, and Truth, 1991, 175ff. 221 Früh E. Forsthoff Recht und Sprache, 1940. 220 Markus Kotzur neuartigen Sprachen, die neuen Gruppen Macht verleihen.“222 Der herrschaftsfreie Diskurs muss schon deshalb Fiktion bleiben, weil sein Instrument, die Sprache, Machtinstrument ist. Erfordert etwa die Insuf- fizienz der auf den Staat bezogenen Begriffe223 im Kontext der euro- päischen Integrationsdebatte eine neue Terminologiebildung, will diese nicht neutral bleiben, sondern einen Wettbewerb um Bedeutungs- zuschreibungen und Deutungshoheit entfachen. Dass sich darin auch der „Wettbewerb der Rechtsordnungen“ widerspiegelt, ist bei rechts- vergleichendem Arbeiten kein Zufall. Wenn hier von Macht die Rede ist, dann nicht in einem pejorativen Sinne oder gar mit der häufig reflexhaften Unterstellung ihres Missbrauchs. Es gilt vielmehr jenes Gestaltungspotential des hohen Rechts- und Kulturguts Sprache offen- zulegen224, aus dem jeder schöpft, der terminologieprägend tätig wird. Für die Demokratiedebatte ist damit eine auch sprachlich-terminolo- gische Pluralismusverantwortung verbunden. Ohne diese könnten ihre prägenden Begriffe ein gefährliches Eigenleben entwickeln – der vom Wettbewerb allemal.

VII. Schlussbetrachtung: Die Wettbewerbsnarrative des demokratischen Verfassungsstaates

Der demokratische Verfassungsstaat bedient sich bewusst der Wett- bewerbsnarrative als einer unter mehreren Meistererzählungen, die seine Identität bedingen wie bestimmen. Er versteht den Wettbewerb dabei nicht ökonomisch verengt, nicht einmal zwingend ökonomisch determiniert, sondern als Gemeinwohlverfahren, das er selbst geformt und auf seine Gemeinwohlziele hin kondizioniert hat. Verfassungs- staatlichkeit ist ihrerseits das Ergebnis eines Wettbewerbsprozesses im weiteren Sinne, musste und muss sie sich doch gegen ganz unterschied- liche mögliche Herrschaftsordnungen und Herrschaftsformen durch- setzen: beginnend mit der zumeist revolutionären Genese verfassungs- staatlicher Demokratien, fortgesetzt durch ihren zumeist evolutionären

222 M. Koskenniemi Formalismus, Fragmentierung, Freiheit – Kantische Themen im heutigen Völkerrecht, in: R. Kreide/A. Niederberger (Hrsg.) Transnationale Ver- rechtlichung. Nationale Demokratie im Kontext globaler Politik, 2008, 65ff. (70). 223 J. Kokott VVDStRL 63 (2004), 7ff. (11ff.); Th. Vesting, ebd., S. 41ff.; J. Schwind Zukunftsgestaltende Elemente im deutschen und europäischen Staats- und Verfas- sungsrecht, 2008, 77f. 224 R. Schweizer Sprache als Rechts- und Kulturgut, VVDStRL 65 (2006), 346ff. (353ff.); W. Kahl Sprache als Rechts- und Kulturgut, ebd., 388ff. (393ff.) (mit einem stärkeren Akzent auf der Rolle der Sprache für die Identitätsbildung). Demokratie als Wettbewerbsordnung 221

Wandel, heute dynamisiert durch ihre staatenübergreifende Öffnung. Im Mehrebenenverbund wird der Gemeinwohlwettbewerb zur ebenen- verbindenden respektive -verschränkenden Steuerungsressource, weil er über nationale Identitäten und rechtskulturelle Partikularitäten hinweg prozeduraler Ausdifferenzierung offen steht. Er hält Verfahren der Machtbegründung und Machtbegrenzung vor, die ein Mindestmaß an Rationalität gewährleisten und so jenes Vertrauen mitzuschaffen helfen, das für die Co-Evolution von Verfassung und Demokratie unabdingbar ist.225 Weltformel ist der Wettbewerb damit noch lange nicht. Im Ge- genteil: als Gemeinwohlwettbewerb wird er von seinen immanenten Grenzen her konzipiert, insbesondere der grundrechtlichen Freiheit und Gleichheit, vor allem der Chancengleichheit, vom Minderheiten- schutz, nicht zuletzt von alldem, was Art. 79 Abs. 3 GG der Verän- derbarkeit entzieht.226 Prozedural ist er durch konsens- und konkor- danzdemokratische Elemente ohnehin relativiert. Den vollkommenen Wettbewerb kann es schon aufgrund der Unvollkommenheit seiner Ak- teure nicht geben. Und doch bleiben diese, soweit Grundrechtsträger auch grundrechtsgesichert, zum stetig „neuen Wettbewerb als Mit- bewerb um das gute Leben“ eingeladen. Die Väter der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, allen voran Benjamin Franklin und Thomas Jefferson, haben diese Einladung indes noch viel schöner formuliert: „the pursuit of happiness“.227

225 G. S. Schaal Vertrauen, Verfassung und Demokratie. Über den Einfluss konsti- tutioneller Prozesse und Prozeduren auf die Genese von Vertrauensbeziehungen in modernen Demokratien, 2004, 11. Zur in der europäischen Verfassungsgeschichte durchaus anzutreffenden Alternative einer Entscheidung durch Los jüngst H. Buch- stein Demokratie und Lotterie. Das Los als politisches Entscheidungsinstrument von der Antike bis zur EU, 2009. 226 Siehe auch L. Michael Folgerichtigkeit als Wettbewerbsgleichheit – Zur Verwer- fung von Rauchverboten in Gaststätten durch das Bundesverfassungsgericht, in: JZ 2008, 875ff. 227 B. Franklin Completed Autobiography, zusammengestellt und hrsgg. von M. Skousen, 2006, 413ff. 222 Markus Kotzur

Leitsätze des 2. Berichterstatters über: Demokratie als Wettbewerbsordnung

I. Ein Marktplatz der Ideen: Vermeintliche Selbstverständlichkeiten und unvermeidliche Perspektivenvielfalt der Demokratietheorie

(1) Das berühmte Bild von demokratischer Öffentlichkeit als „Markt- platz der Ideen“ (O. W. Holmes), der vom freien Wettstreit der Meinungen lebe und sogar tauglicher „Test für die Wahrheit“ sei, findet weder im posi- tiven Verfassungsrecht eine explizite Grundlage noch in der Lebenswirklich- keit hinreichende Bestätigung. (2) Dennoch kann der Wettbewerbsgedanke als Beschreibungsmodus demokratischen Entscheidens herangezogen werden; das Entdeckungs- potential des Wettbewerbsprozesses hält die für die pluralistische Demokratie identitätsprägenden immer neuen Entscheidungsvarianten offen. (3) Die Engführungen einer konzeptionell geschlossenen Theorie der Wettbewerbsdemokratie gilt es dabei durch interdisziplinär wie kompara- tistisch offene Perspektiven auf demokratisches Entscheiden und dessen Gemeinwohlorientierung zu überwinden.

II. Die Begriffstrias von Wettbewerb, Ordnung und Demokratie in ihren Gemeinwohlbezügen

(4) Der Wettbewerb ist ein lebensweltliches Phänomen. Auch die Wirt- schaftswissenschaften haben das Wettbewerben nicht er-, sondern empirisch vorgefunden und zur Beschreibung ihrer Welt genutzt. (5) Mit dieser Weltbeschreibung ist ein kultureller Prozess der Konzep- tualisierung verbunden. Je nach Beschreibungsmodus werden unterschied- liche Handlungsmöglichkeiten wahrgenommen und Präferenzen artikuliert. Für die Ökonomie sind das die Parameter von Angebot und Nachfrage bei grundsätzlicher Güterknappheit, bezogen auf einen Markt mit Produzenten und Verbrauchern, verbunden mit der Implikation ökonomischer Rationa- lität. (6) Die Jurisprudenz darf sich dem eigenen „ordnende Erkennen“ ihrer Lebenswelt durch bloße Rezeption ökonomischer Maßgaben nicht vollstän- Demokratie als Wettbewerbsordnung 223 dig entziehen; auch sie findet den Wettbewerb als ein ganz allgemein be- stehendes soziales, deshalb nie ideales Beziehungsmuster vor. Er ist primär Voraussetzung normativer Regelungen; zu deren Konsequenz wird er erst, wenn das Recht das Gestaltungspotential dieses vorgefunden Beziehungs- musters zum Zwecke normativer Steuerung „aktiviert“. (7) Mit der „Aktivierung“ ist ein Denken vom Gemeinwohl her ver- bunden. Das Recht kann auf Grundlage der Verfassung den Wettbewerb als Gemeinwohlverfahren ausgestalten und ihm aus Gemeinwohlgründen seine Grenzen setzen; Markt- und Gemeinwohleffizienz sind dabei nicht deckungsgleich. (8) Die Basis des „Aktivierens“ bildet die Natur des Wettbewerbs als zukunftsoffener, dynamischer Prozess. Weil es ein a priori feststehendes, gewisses Wissen nicht geben kann, begründet gerade die Ungewissheit im Ausgang die Gemeinwohlrelevanz des Wettbewerbs- als Ungewissheits- verfahren. (9) Der Wettbewerb, ordnungsbedingter wie seinerseits ordnungsbegrün- dender Prozess, hat bezogen auf demokratisches Entscheiden eine Rationa- lisierungs-, eine Entlastungs-, eine Stabilisierungs-, eine Öffentlichkeits-, eine Befriedungs- und eine Integrationsfunktion. Hinzu kommt eine Ver- schränkungsfunktion: im Mehrebenenverbund wirken die innerstaatliche Dezentralisierung und die staatenübergreifende Prä-Föderalisierung wie Multiplikatoren von Wahl-, Entscheidungs-, oder Beteiligungsrechten. Sie sind ebenspezifisch indes höchst unterschiedlich ausgestaltet und bleiben bisweilen defizitär. Der Wettbewerb ist ein kleinster gemeinsamer Nenner. (10) Der demokratische Wettbewerb bindet als Gemeinwohl-Entde- ckungsverfahren alle Akteure der offenen Gesellschaft, limitiert auch die staatlichen Funktionen mit ein; die Wettbewerbsarenen lassen sich zwar nicht abschließend definieren, aber anhand unterschiedlicher Funktions- bereiche demokratischer Öffentlichkeit – Wahlkampföffentlichkeit, Par- teienöffentlichkeit, Parlamentsöffentlichkeit, Medienöffentlichkeit – typi- sieren. (11) Wo nicht strikt durch Verfahren reglementiert, bleibt es indes bei mehr oder weniger diffusen Prozessen des Wettbewerbens im weiteren Sinne. Sie sind deshalb als kompetitives Umfeld verfahrensgeregelten Wett- bewerbs im engeren Sinne stets mitzudenken, dürfen diesem aber nicht gleichgesetzt werden. Seine Rationalität verdankt der demokratische Wett- bewerb im engeren Sinne seinen Verfahrensparametern. Dies sind die Mehrheitsentscheidung, die Chancengleichheit der Akteure und der Min- derheitenschutz. (12) Die Verfahrensparameter finden im positiven Verfassungsrecht ihre Grundlagen; sie sind nach Art. 79 Abs. 3 GG von den unveränderlichen Grenzen her gedacht, z.B. in Art. 20 Abs. 2 S. 1, S. 2, Art. 21 Abs. 1 S. 1, 224 Markus Kotzur

S. 2, Art. 38 Abs. 1 S. 1, Art. 42, Art. 28 Abs. 1 S. 1 und 23 Abs. 1 S. 1 GG angelegt. (13) Die „in Vielfalt geeinte“ Europäische Union, deren Arbeitsweise auf der repräsentativen Demokratie beruht, die ihren Bürgerinnen und Bürgern ein Recht auf Teilnahme am demokratischen Leben zusagt und die Rolle politischer Parteien auf europäischer Ebene hervorhebt, greift all diese kompetitiven Momente auf und erweitert sie um den ihr eigenen „Vielfalts- wettbewerb“.

III. Entscheiden für die Demokratie: Von der vordemokratischen Zugehörigengemeinschaft zum demokratischen Demos – ein Wettbewerb um Zugehörigkeit

(14) In der Betätigung ihrer verfassungsgebenden Gewalt, unter der verfassten Gewalt vor allem fortgesetzt in der Gesetzgebung, findet die poli- tische Gemeinschaft in einer Art kontinuierlicher Selbstkonstitution immer aufs Neue zum „Wir“. Dieser Prozess kann auch als ein im weiteren Sinne „Wettbewerb um Zugehörigkeit“ begriffen werden.

IV. Entscheiden in der Demokratie: Akteure, Arenen und Verfahren demokratischen Wettbewerbs

(15) Der demokratische Gestaltungswettbewerb beginnt beim Bürger, der die maßgebliche Legitimationsleistung erbringt und nicht nur „Verbrau- cher“ von Politikangeboten ist. Auch auf Ebene der Europäischen Union sind die Bürger zu Legitimationssubjekten erwachsen. (16) Die demokratischen Gestaltungskompetenzen des Bürgers dürfen indes nicht idealisiert werden. Der Wettbewerb, konzipiert als zukunfts- offenes Entdeckungsverfahren aus Versuch und Irrtum, bezieht die Unvoll- kommenheit seiner Akteuere mit ein. Die den Wettbewerb ordnende Verfas- sung räumt ihnen grundrechtlich gesicherte Partizipationsmöglichkeiten ebenso ein wie grundrechtlich gesicherte Freiräume der Partizipations- verweigerung. Die Möglichkeit zur Partizipation genügt ihr; informierte und verantwortete Partizipation ist ihr bürgerdemokratisches Ethos; deren Gegenteil nimmt sie in Kauf. (17) Die Wahl ist das entscheidende Verfahren des bürgerdemokrati- schen Gestaltungswettbewerbs. Das Wahlrecht kann, beginnend mit der Festlegung auf ein bestimmtes Wahlsystem, als Wettbewerbsrecht bezeich- net werden. Die Freiheit der Wahl ermöglicht den Wettbewerb, die streng formale Gleichheit ist sein wesentlicher Parameter. Demokratie als Wettbewerbsordnung 225

(18) Ebenso wie das Wahl- qualifiziert auch das Parteien- als Wett- bewerbsrecht. Bereits der Zusammenschluss zu einer Partei ist ein Wett- bewerbsvorgang, der die Partizipationsmöglichkeiten des Einzelnen assozia- tiv effektuieren will. Der Rechtsvergleich weist die politischen Parteien als gemeineuropäische „Institutionen des politischen Wettbewerbs“ im inter- mediären Bereich zwischen Zivilgesellschaft und organisierter Staatlichkeit aus. (19) Auch das Parlamentsrecht wird durch zahlreiche kompetitive Mo- mente geprägt: am deutlichsten sichtbar werden diese durch die Dialektik von Regierung und Opposition, gerade weil die parlamentarische Parteien- demokratie modernen Zuschnitts nicht mehr primär durch das Gegenüber von Regierung und Parlament, sondern durch das Kräftespiel von regie- rungstragender Mehrheit und Opposition geprägt ist. Dass auf Unionsebene der Dualismus von Regierung und Opposition fehlt, gehört zu den kompen- sationsbedürftigen Defiziten des unionalen Demokratieprinzips. (20) Die Medien nehmen die vorgenannten Dimensionen demokrati- schen Entscheidens in den Blick und wirken auf sie ein. Sie sind zugleich Wettbewerbsteilnehmer und Wettbewerbsmittler. Der unangemessenen Überrepräsentation partikulärer Meinungen hat das Medienrecht entgegen- zuwirken. Dieses der Pluralismussicherung verschriebene Regelungsziel macht es zum spezifisch demokratischen Wettbewerbesrecht. Ökonomische und Gemeinwohleffizienz können einander dabei diametral entgegenlaufen.

V. Demokratisches Entscheiden im Mehrebenenverbund: Die Ebenendifferenzierungen und -verschränkungen demokratischen Wettbewerbs

(21) Im Verfassungsverbund ein hinreichendes Legitimationsniveau zu sichern, wird zur zentralen Herausforderung für den offenen Verfassungs- staat, der Wettbewerb dafür zu einem Bindemittel. Als Beispiele solchen wettbewerbsdynamischen Verbindens können das kommunale Wahlrecht für Unionsbürger und mit umgekehrter Stoßrichtung die durch den Reform- vertrag von Lissabon gestärkte Subsidiaritätskontrolle genannt werden. Die Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten machen die mitgliedstaatlichen auf spezifische Weise zu europäischen Parlamenten. (22) Auf völkerrechtlicher Ebene fehlen demgegenüber noch weithin die Strukturbedingungen zur Verschränkung der demokratischen Wettbewerbs- ebenen. Greifbar sind aber Ansätze zu einer sog. „democracy promotion“ in Post-Konfliktsituationen. Solche Strategien haben eher den Charakter eines System- denn eines spezifisch demokratischen Wettbewerbs. 226 Markus Kotzur

VI. Demokratisches Entscheiden im Spiegel der Metaebene theoretischer Reflexion: Theorienwettbewerb um den demokratischen Wettbewerb

(23) Auf der Metaebene theoretischer Reflexion entsteht ein originärer Wettbewerb um die Definitionsmacht darüber, was Demokratie ist, wer ihr Demos formt und wie sich dessen Wille ermitteln lässt. Das Entdeckungs- verfahren der Wissenschaft ist indes rein erkenntnisorientiert und nicht demokratisch legitimiert. Aus dieser Verhältnisbestimmung von demo- kratischem und wissenschaftlichem Wettbewerb folgt eine spezifisch demo- kratische Verantwortung aller mit der Demokratietheorie befassten Wis- senschaften. Ihre wichtigste Aufgabe besteht nicht darin, geschlossen Theoriekonzepte zu formulieren, sondern den offenen Prozess demokra- tischer Willensbildung, damit auch demokratischen Wettbewerb zu ermög- lichen. Die Frage nach der guten Ordnung soll Demokratietheorie nicht letztverbindlich beantworten, sondern immer neu stellen.

VII. Schlussbetrachtung: Die Wettbewerbsnarrative des demokratischen Verfassungsstaates

(24) Der demokratische Verfassungsstaat bedient sich schließlich be- wusst der „Wettbewerbsnarrative“ als einer unter mehreren Meistererzäh- lungen, die seine Identität bedingen wie bestimmen. Er versteht den Wett- bewerb dabei nicht ökonomisch verengt, sondern als Gemeinwohlverfahren, das er selbst geformt und auf seine Gemeinwohlziele hin kondizioniert hat. Der um Partizipationsbereitschaft werbenden Demokratie gibt er ihren Rah- men; ihn in den Raum jenseits seiner eigenen Zugehörigengemeinschaft zu erweitern, ist er bereit. Demokratie als Wettbewerbsordnung 227

3. Aussprache und Schlussworte Demokratie als Wettbewerbsordnung

Holoubek: Darf ich Sie an die Tante Jolesch erinnern und ihre be- rühmten Schinkenfleckerl? Das war die Dame im alten Österreich, die auf die Frage „Warum sind Ihre Schinkenfleckerl so gut?“, gesagt hat: „weil es immer ein bisschen zu wenig ist“. Wenn Sie das zur Leitlinie Ihrer Wortmeldungen machen, dann kriegen wir ganz brillante Diskus- sionsbeiträge und kommen auch mit der Zeit gut durch. Ich beginne mit einer Serie von Kollegen, die mit grundsätzlichen Bemerkungen an- fangen.

Ohler: Herr Vorsitzender, vielen Dank für das Wort. Gerne komme ich der angenehmen Pflicht nach, mich bei den beiden Referenten dieses Nachmittages sehr herzlich zu bedanken. Ich habe beide Vorträge im besten Sinne als intellektuell stimulierend empfunden und freue mich über die vielen gedanklichen Anregungen, die ich heute empfangen habe. Beide Referenten haben über Wettbewerb als anthropologische Konstante des Menschen gesprochen, was ich für eine sehr treffende Beschreibung halte. Herr Kotzur hat ergänzend darauf hingewiesen, dass es trotzdem gefährlich sein könnte, das Bild des wirtschaftlichen Wettbewerbs unbesehen auf den Wettbewerb in einer Demokratie zu übertragen. Diese Warnung möchte ich unterstreichen und erlaube mir, einen Begründungsversuch zu unternehmen, warum dem so ist. Hilfreich erscheint mir insoweit die Frage, was die Triebkräfte des Wettbewerbs in den jeweiligen Bereichen sind. Im wirtschaftlichen Wettbewerb ist die Triebfeder schlicht und ergreifend die Profiterwar- tung des Unternehmers bzw. für den einzelnen Haushalt die Erwartung, das Einkommen maximieren zu können. Dagegen bildet im politischen Prozess ein anderer Faktor die entscheidende Triebkraft – und das Wort fiel ein bisschen zu selten für meinen Geschmack – nämlich Macht, d.h. die Aussicht auf den Erwerb oder die Sicherung von Macht. Wenn diese Triebkräfte im wirtschaftlichen und politischen Wettbewerb die jeweils relevanten sind, resultieren daraus auch rechtliche Anforderungen, die der Verschiedenartigkeit dieser Faktoren Rechnung tragen müssen. Trotz dieser anthropologischen Unterschiede des Wettbewerbs in beiden Bereichen gibt es eine Gemeinsamkeit, die bislang noch keine 228 Markus Kotzur

Erwähnung gefunden hat. Es ist der Umstand, dass der Wettbewerbs- prozess anstrengend und für die Beteiligten mit Kosten verbunden ist. Wettbewerb beinhaltet das Risiko des Scheiterns, und der Wettbewerb- prozess ist – wenn er das Risiko des Scheiterns beinhaltet – für die Teil- nehmer notwendig mit Unsicherheiten über den Ausgang verbunden. Beide Faktoren stellen sich für die Wettbewerbsteilnehmer als belas- tend oder kostenträchtig dar, so dass sowohl im demokratischen als auch im wirtschaftlichen Prozess ein Anreiz besteht, diese Belastungen zu vermeiden und den Wettbewerb partiell auszuschalten. Das ist übri- gens der Grund dafür, warum Wettbewerb in bestimmten Situationen gegenüber den Wettbewerbsteilnehmern, sei es gegenüber politischen Parteien, sei es gegenüber Wirtschaftsunternehmen, durch die staat- liche Rechtsordnung erzwungen werden muss. Vielleicht ist das ein Aspekt, den man vertiefen könnte. Als letzten Gesichtspunkt möchte ich nennen, dass Wettbewerb, gerade weil er anstrengend ist – auch ein Entmachtungsverfahren und nicht nur, worauf Markus Kotzur hinge- wiesen hatte, ein Entdeckungsverfahren für die Gemeinwohlförderung darstellt. Als Entmachtungsverfahren ist Wettbewerb möglicherweise auch ein Beitrag zu den Missbrauchsproblemen, mit denen wir in den beiden Wettbewerbsbereichen immer wieder konfrontiert werden.

Möllers: In der klassischen Demokratietheorie bei Kant, bei Rousseau, bei den Federalists gibt es die Unterscheidung zwischen Regierung und Opposition nicht. Es gibt auch keine Parteien. Oder wenn es Parteien gibt, so dient der Ausdruck eher als Schimpfwort, bezeichnet eher ein Problem als eine Lösung. Es gibt auch keinen Wettbewerb – so, wie die ganze normative Demokratietheorie, die wir kennen, eigentlich den Begriff des Wettbewerbs überhaupt nicht braucht. Man mag sagen: De- mokratie kann zu Wettbewerb führen, aber wir können uns durchaus Demokratien vorstellen, in denen dieser Wettbewerb nicht stattfindet, etwa die frühen USA, wo diese ganze Unterscheidung nicht existierte und man darum erstaunt war, als auf einmal so etwas wie ein politischer Konflikt aufkam. Alle Probleme, die Sie beschrieben haben, sind eigentlich Probleme der demokratischen Gleichheit, der Frage: was bedeuten Inklusion und Exklusion im demokratischen Prozess, wie komme ich in ihn hinein, wie kann ich mich äußern, wie habe ich die Chance, Mehrheiten zu ge- winnen und so weiter und so fort. All diese Probleme werden durch den Begriff des Wettbewerbs nicht erhellt. Meine These wäre: Man lernt durch den Begriff des Wettbewerbs gar nichts über den Begriff der Demokratie. Und weil man über das Was der Demokratie gar nichts lernen kann, kann man auch nichts über das Wie lernen. Nehmen wir Demokratie als Wettbewerbsordnung 229 ein Beispiel von Herrn Hatje: Wir können aus dem Begriff des Wett- bewerbs nicht schließen, dass eine Westminster-Demokratie, also eine Mehrheitsdemokratie, besser ist als eine Demokratie mit Verhältnis- wahlrecht oder umgekehrt. Man mag behaupten, dass in der Westmins- ter-Demokratie die Mehrheit mehr entscheiden kann und die Minder- heit sichtbarer ist, weil sie als geeinte Opposition auftritt. Man kann aber auch sagen, dass in der Verhältnismäßigkeits-Demokratie kleine Parteien eher die Chance sichtbar zu werden haben, indem sie ins Parlament kommen. All diese Argumente sind möglich, all diese Argu- mente haben ihr Verdienst, aber all diese Argumente haben gar nichts mit dem Begriff des Wettbewerbs zu tun. Es geht immer um demo- kratische Gleichheit, während das Zitat von Oliver Holmes über den „marketplace of ideas“, das in diesem Zusammenhang immer gerne bemüht wird, halt kein Zitat über die Demokratie ist, sondern ein Zitat über die demokratische Öffentlichkeit, die doch systematisch ganz anders funktioniert.

Volkmann: Auch ich möchte den Gedanken der Leistungsfähigkeit des Wettbewerbskonzepts für die Demokratietheorie kritisch hinterfragen. Ob letztlich alles nur, wie Herr Möllers meint, ein Problem der demo- kratischen Gleichheit ist, müsste ich noch überlegen; dazu müsste ich nun noch einmal ganz von vorn anfangen. Aber über den Wettbewerb konnte ich jetzt immerhin relativ lange nachdenken. Beide Referenten haben dazu, wenn ich es richtig sehe, ein mehr oder weniger deutliches Plädoyer für die Integration des Wettbewerbskonzepts in die Demokra- tietheorie vorgenommen, wenn auch von unterschiedlichen Richtungen aus. Bei Herrn Hatje stand es ganz am Anfang und wurde dann zum Ende hin doch stark eingehegt und begrenzt, während ich bei Herrn Kotzur eher den Eindruck hatte, dass er sich vom Wettbewerb am Anfang ein Stück distanzieren will, sich dann aber im Wettbewerb der verschiedenen Ideen und Konzepte so ganz allmählich der Wett- bewerbsgedanke selbst doch ziemlich stark durchsetzt. Dies geschieht natürlich zu einer Zeit, in der dieser Wettbewerb in seinem eigenen Anwendungsbereich, zurückhaltend formuliert, zuletzt den einen oder anderen Anhänger verloren hat, und das führt zu der Frage, was er für die Demokratietheorie leisten kann. Dazu muss man sehen, dass die Verwendung des Wettbewerbsparadigmas in der Demokratietheorie ganz ambivalent erfolgt. Wir haben zunächst, auf der einen Seite, eine normative oder legitimatorische Verwendung des Begriffs. Diese Ver- wendung finden wir etwa in der klassischen Begründung der Meinungs- freiheit bei John Stuart Mill: Aus dem Kampf der Meinungen soll am Ende das Richtige oder relativ Beste hervorgehen, und deswegen müs- 230 Markus Kotzur sen eben alle Meinungen zum Prozess zugelassen werden. So gesehen haben wir mit dem Wettbewerb und den normativen Anforderungen an Demokratie natürlich überhaupt kein Problem, weil der Wettbewerb genau darauf abzielt, worauf eben auch die Demokratie abzielen soll. Das ist aber, wenn ich es richtig sehe, heute nicht mehr die vorherr- schende Verwendung des Wettbewerbskonzepts. Vielleicht wird sie so- gar so überhaupt nicht mehr vertreten. Heute herrscht überwiegend eine deskriptive, wir können auch sagen, eine delegitimierende oder demaskierende Verwendung des Wettbewerbskonzepts vor: Es geht im Wesentlichen darum, zu zeigen, dass wir uns über Politik und das, was darunter zu verstehen ist, eine Reihe von Illusionen machen, und das Wettbewerbskonzept der Demokratie will mit diesen Illusionen al- lesamt aufräumen. Das kann man so bei Schumpeter schon studieren: Politik als Wettbewerb, mit den Parteien oder ähnlichen Gruppen als Anbietern auf einem Markt. Die bekommen dann im Austausch eine bestimmte Anzahl Stimmen, mit diesen Stimmen können sie ihrer Ge- folgschaft Ämter und Positionen im Staat zuschanzen, und das ist genau der Grund, warum die sich auch in den einschlägigen Organisationen engagiert. Dieselbe Tendenz können wir auch – das haben Sie ange- sprochen, Herr Hatje – in dem Principal-Agent-Theorem erkennen, dessen Grundbotschaft ja ist, dass es eine angemessene Vermittlung zwischen Repräsentanten und Repräsentierten im Grunde gar nicht geben kann, sondern sich immer die eigenen Interessen eines Mittlers, eben des Agenten, dazwischenschieben. Wenn das so ist, haben wir natürlich mit den normativen Anforderungen von Demokratie ein Pro- blem, und die Frage ist, wie wir damit umgehen. Wir können natürlich sagen, das interessiert uns gar nicht. Wir halten unsere normativen Anforderungen aufrecht, und wenn die Wirklichkeit sich nicht danach richtet, umso schlimmer für die Wirklichkeit. Das Problem ist nur, dass das, worauf die ökonomische Demokratietheorie hinweist, in vieler Hinsicht einigermaßen plausibel klingt. Das kann man studieren an dem Mantra der Koalitionsverhandlungen, wie wir es gerade jetzt wie- der vor uns hergebetet bekommen, dass es nicht auf die Personen, son- dern auf die Inhalte ankommt. Es gibt niemanden, der das ernsthaft glaubt. Jeder weiß, dass die Personen und die Besetzung der Ämter im Vordergrund stehen, und deshalb hebt man sich sie als das Wichtigste auch für das Ende der Verhandlungen auf. Darüber hinaus können wir im politischen Prozess seit geraumer Zeit gewisse Degenerations- erscheinungen beobachten, die ziemlich genau einem ökonomischen Zugriff entsprechen. Ich nenne bloß die wachsende Tendenz der Politik zu symbolischem Ersatzhandeln statt zur Präsentation sachgerech- ter Lösungen. Von einem ökonomischen Konzept, das Demokratie als Demokratie als Wettbewerbsordnung 231

Wettbewerb und Markt beschreibt, ist das alles plausibel zu erklären: Wichtiger als Politik selbst wird dann eben der Verkauf von Politik. Aber kann das letztlich eine angemessene Grundlage für eine norma- tive Demokratietheorie sein?

Bullinger: Beide Referenten haben nach Ansatzpunkten gesucht, um das Prinzip des Wettbewerbs mit dem der Demokratie zusammen- zuführen. Das ist ihnen nicht voll gelungen. Nehmen wir ein Beispiel. In einer politischen Partei bildet sich eine Gruppe mit einer von der Parteiführung und -mehrheit abweichenden Meinung. Sie kann sich aber damit nicht durchsetzen und auch keinen entsprechend eingestell- ten Kandidaten für die nächste Wahl durchsetzen. Ihr bleibt nach de- mokratischen Grundsätzen nur die Möglichkeit, eine neue Partei zu gründen. Das Wettbewerbsprinzip gilt also im Wesentlichen nur zwi- schen politischen Parteien, nicht innerparteilich.

Kämmerer: Ich möchte hier keineswegs Widerspruch zu den scharf- sinnigen Thesen der Referenten anmelden, sondern die Aufmerksam- keit nur auf einen Punkt lenken, der vielleicht nicht ganz ausreichend gewürdigt wird, wenn man Demokratie allein von der demokratie- theoretischen Seite sieht. Wenn man Demokratie als Verfassungsprin- zip im genuinen Sinne betrachtet, dann erkennt man, dass die Agora der Ideen, von der hier gesprochen worden ist, doch keineswegs ganz mit dem Anwendungsbereich dieses Prinzips übereinstimmt, sondern darüber hinaus reicht. Wir begeben uns hier nämlich in einen Bereich, der gern als der staatsrechtliche Bereich des Öffentlichen apostrophiert wird. Beide Referenten haben diesen Aspekt durchaus angerissen, doch könnte man an dieser Stelle noch weiter gehen und fragen, ob damit den Anforderungen des Demokratieprinzips Genüge getan ist, wenn es so angewandt wird, wie das Verfassungsrecht es gebietet. Die fragmen- tierte Agora beinhaltet doch einige Foren, die man durchaus als Märkte betrachten könnte. Die Frage ist, inwieweit der Staat hier gehalten ist, das Demokratieprinzip – im wettbewerbsbeschränkenden Sinne – auf solche Akteure zu erstrecken. Ansatzpunkte dafür gibt es in der Verfassung durchaus. Die Parteien, die sogar intern demokratisch ge- ordnet werden müssen, sind erwähnt worden. Diffusere Ansätze finden sich beispielsweise bei Medien dort, wo Binnenpluralität gefordert wird, oder bei der Konkurrenz um öffentliche Ämter: Der Zugang setzt Treue zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung voraus. Dann gibt es die Religionsgesellschaften, die, wenn sie Körperschaften des öffentlichen Rechts werden wollen, ebenfalls nicht völlig feindlich zum Staat stehen können. Schließlich werden sogar Unternehmen, die ja in 232 Markus Kotzur einem veritablen Markt stehen, beispielsweise über die Tariftreuepflicht an gewisse demokratische Willensbildungsstrukturen gebunden. Meine Frage an die Referenten lautet, ob nicht zunehmende Entstaatlichung und Privatisierung, verbunden mit den Erkenntnissen der Demokratie- theorie, Handlungsbedarf für das Verfassungsrecht wie auch das ein- fache Recht schaffen. Wie bekommt man die nicht-staatlichen, die nicht ganz staatlichen Akteure insoweit in den Griff, sei es strukturell, sei es bei ihrem Wirken auf den jeweiligen Märkten? Ist Demokratie dabei, kurz gesagt, nur ein Marktordnungsprinzip oder ist sie nicht auch eine Maßgabe für Regulierung und stellt damit für bestimmte Märkte eine Marktbeschränkung her?

Häberle: Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die generelle Themen- vorgabe „Wettbewerb“ ist ein charakteristischer Ausdruck unseres Zeitgeistes. Ich möchte einen Bogen schlagen vom heutigen Vormittag zu dem heutigen, sehr eindrucksvollen Nachmittag. Heute früh hat Herr Isensee daran erinnert, dass wir auch vom jeweiligen Gegenbegriff aus denken müssen, um den Gegenstand zu erfassen, er nannte zu Recht das Prinzip der Solidarität. Herr Zacher, der Nestor unserer Ver- einigung, hat parallel an die soziale Gerechtigkeit erinnert. Also: das „Prinzip Wettbewerb“ darf kein Allerweltswort sein, das wir hier und heute über alle Gebiete unserer Wissenschaft streuen. Diesbezüglich habe ich eine gewisse Sorge. Dieser Vorwurf ist unseren beiden gedan- kenvollen Referenten nicht zu machen, denn sie haben auch an die Grenzen der Demokratie unter dem Aspekt des Wettbewerbs gedacht; beide Referenten haben – gewiss unabhängig voneinander – an die wertgebundene Demokratie der Art. 1, 9 Abs. 2, 18, 21 Abs. 2 und 79 Abs. 3 Grundgesetz erinnert. Es ist von besonderer Aktualität, die Auslegung der Identitätsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG gerade in diesen Tagen zu erwähnen, denn es war ausgerechnet das von uns allen über alles geliebte Bundesverfassungsgericht, das sich, mit Verlaub, eine Stück Anmaßung einer letztinstanzlichen Identitätskontrolle im Lissabon- Urteil geleistet hat. Sie, Herr Hatje, haben dazu in großer Vornehmheit in Ihrem letzten Leitsatz IV 5 Vortreffliches gesagt. Ein Beispiel für eine Grenze der Demokratie, an der das Wettbewerbs-Paradigma nicht greift, ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Er ist dank seines Binnen- pluralismus gewiss unverzichtbar für die pluralistische Demokratie in Deutschland, aber seien wir doch ehrlich: Die öffentlich-rechtliche Gebühr ist eine Zwangsabgabe, und es besteht kein echter Wettbewerb mit den Privaten. Glauben Sie jetzt bitte nicht, ich sei ein Anhänger der privaten Rundfunk- und Fernsehanstalten, im Gegenteil. Ich habe allein aus wissenschaftlichen Gründen mehrere Sendungen gehört bzw. ange- Demokratie als Wettbewerbsordnung 233 sehen. Ich zähle die einschlägigen miserablen Sendungen nicht im Ein- zelnen auf, so neugierig Sie gewiss wären. Meine Frage: Wie beurteilen unsere beiden Referenten den Panzer des öffentlich-rechtlichen Rund- funks und Fernsehens in Deutschland von ihrer Idee der Demokratie als Wettbewerbsordnung?

Holoubek: Herr Hufen hat mir das Stichwort aufgeschrieben: „Kritik an der heilen Welt der Demokratie der Referate“.

Hufen: Sie sagen’s schon. Ich erlaube mir trotzdem, mit einem Lob zu beginnen. Das Lob bezieht sich auf die äußere Form. Die Referate waren sprachlich und inhaltlich schön, sie waren fast zu schön. Eine Sprachanalyse würde wohl zeigen, dass lauter Harmonie indizierende Begriffe im Mittelpunkt standen: „Konkordanz“, „Optimum“, „Ge- meinwohl“, Kooperation, das alles passt wunderschön zu diesem herrlichen Spätsommernachmittag, den wir hier in Graz erleben. Ich fürchte nur, es passt nicht zur Realität des demokratischen Wett- bewerbs, über den wir reden. Ich bin meinem Mainzer Kollegen Volk- mann dankbar, dass er zu dieser Realität schon ein paar Stichworte genannt hat. Die Referenten konnten natürlich die Ergebnisse der Bun- destagswahl vom vergangenen Wochenende noch nicht wissen, aber sie konnten doch wenigstens die Grundaussagen unserer sozialwissen- schaftlichen Kollegen zur Wahlanalyse und zum Wählerverhalten und damit zur Wirklichkeit des demokratischen Wettbewerbs zur Kenntnis nehmen. Erster Punkt: Wo war denn in diesem Wahlkampf der Wettbewerb um die Grundfragen des Gemeinwohls? Wollten die Wähler wirklich Wettbewerb? Dieser Wahlkampf ist gewonnen worden mit einer präsi- dialen Demokratie, ja geradezu mit Wettbewerbsverweigerung. Die Zu- kunftsthemen der Gemeinschaft sind gerade nicht angesprochen wor- den: Bildung, Generationenkonflikt. Wie reagiert die wissenschaftliche Lehre von der Demokratie auf diese ganz offenkundige Wettbewerbs- verweigerung und das erkennbare Bedürfnis der Bevölkerung, in Kon- kordanz und Konsens aus der Krise herausgeführt zu werden, aber bitte nicht im Wettbewerb unterschiedlicher Konzeptionen, die dann auch noch sehr intransparent geblieben sind. Zweiter Punkt: Wir leben jetzt gerade 20 Jahre nach den bemerkens- werten Ereignissen in Leipzig und der für unser Thema so zentralen demokratischen Aussage, „Wir sind das Volk!“. Was bitte ist davon ge- blieben? Was hat unsere Demokratietheorie im Hinblick auf die nicht nur in Ostdeutschland erkennbare Politikverdrossenheit zu bieten? Was sagen wir zu dem Phänomen, dass eine Partei, deren Vorgänger einen 234 Markus Kotzur

Teil des Landes in den Ruin geführt hat, in einigen Teilen der Republik mit bis zu 20 % belohnt worden ist und der Wettbewerb der Demago- gen Hochkonjunktur hat? Wie nimmt die Demokratietheorie die Jun- gen mit? Heute Morgen war ja von Piraten die Rede – ich dachte: „Jetzt kommt’s“, aber es waren nur die Seeräuber gemeint. Nein, die Piraten, die wir in der Politik haben, die sind viel interessanter für unser Thema. 2 % der gesamten Bevölkerung, also unter den Jungwählern vermutlich sehr viel mehr, wählen eine „Piratenpartei“, deren zentrale Aussage die Durchbrechung des Urheberrechts ist. Also das sind doch Aussagen und Erscheinungsformen in der Gegenwart, die uns zu denken geben müssten, und ich denke, wir können nicht nur mit abstrakten demokra- tietheoretischen Aussagen darauf reagieren. Wer nimmt den Wettbe- werb um die Verweigerer, die Politikverdrossenen, die enttäuschten Protestwähler auf? Herr Kotzur sagt, Demokratie ist Partizipation- schance, das müssen wir hinnehmen. Ich möchte das eigentlich nicht hinnehmen. Dritter und letzter Punkt: Wie reagiert die Demokratietheorie auf das offenkundige Entstehen nicht nur kultureller und sozialer, sondern zunehmend auch politischer Parallelgesellschaften? Wir haben eine hinreißende Wahlveranstaltung des türkischen Ministerpräsidenten unter deutschen Staatsangehörigen türkischer Abstammung in Köln erlebt. 12000 größtenteils hier wahlberechtigte Deutsche jubeln dem türkischen Ministerpräsidenten zu und machen türkischen Wahlkampf. Ist das kein Thema für unsere Demokratietheorie? Also, meine Damen und Herren, liebe Referenten, bitte etwas weniger idyllische und konsensorientierte Demokratietheorie von vor 30 Jahren und etwas mehr Realitätssinn. Ich denke, das sind wir unse- rer Gesellschaft schuldig.

H.-P. Schneider: Ich will mich Herrn Hufen anschließen und zunächst einmal den Referenten ebenfalls danken. Als Herr Kotzur im Zusam- menhang mit der Konkurrenz- oder Alternanz-Demokratie die Rolle der Opposition erwähnte, hat er mich an meine „Jugendsünden“ er- innert. Ich war auch einmal so gläubig wie er. Inzwischen habe ich doch in Bezug auf die These, die wohl beide mehr oder weniger vertreten haben, dass nämlich Wettbewerb zu einem höheren Grad an Rationa- lität führen soll, ein gehöriges Maß an Skepsis bekommen. Das kann so sein, aber es kann auch genau das Gegenteil eintreten. Das Parade- beispiel für politischen Wettbewerb ist ja der Wahlkampf, Herr Hufen hat es gerade gesagt. Ich denke, es gibt kaum einen Wettbewerb, der irrationaler ist als der Parteienwettbewerb, welcher im Wahlkampf kul- miniert. Demgegenüber erscheint mir der ökonomische Wettbewerb Demokratie als Wettbewerbsordnung 235 auf dem Markt der Waren- und Dienstleistungsangebote geradezu als „Ausbund“ von Rationalität. Wir haben das ja alles mehrfach erlebt. Im Übrigen kann auch das Gegenteil: der Ausschluss von Wettbewerb, einen ebenso hohen Grad an Rationalität hervorbringen. Denken Sie an die sog. Politikverflechtung. Da wird Wettbewerb geradezu verhindert. Jeder Koalitionsvertrag schließt Wettbewerb zwischen den Koalitionä- ren auf den Gebieten aus, auf denen sie jetzt gemeinsam Politik machen wollen. Das ist doch nicht irrational, oder? Ausschluss von Wettbewerb kann also – wie gesagt – durchaus Rationalität erzeugen. Ein letztes Beispiel: Ich war überrascht, dass beide Referenten die einzige positiv- rechtliche Norm, in der das Wort „Wettbewerb“ im politischen Zusam- menhang vorkommt, nicht erwähnt haben. Das ist § 10 Abs. 1 der Ge- schäftsordnung des Deutschen Bundestages. Dort steht nämlich drin, dass verschiedene Parteien dann eine gemeinsame Fraktion bilden kön- nen, wenn sie „auf Grund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen“. Hier wird der Ausschluss von Wettbewerb sogar prämiert, und zwar dadurch, dass man eine gemeinsame Fraktion bilden kann. Auch das kann höchst rational sein. Also – ich wollte nur noch einmal darauf hinweisen: die schlichte Kor- relation von „mehr Wettbewerb produziert mehr Rationalität“, halte ich für äußerst fraglich.

N. Weiß: Ich kann sehr gut an die Frage von Herrn Hufen anschließen. Herr Kotzur: Bei Ihrer These 16 habe ich mich gefragt, wie viel Absti- nenz denn die Demokratie vertragen kann, ohne ihre Legitimität zu verlieren. Besteht nicht die Gefahr, dass das von Ihnen auch angespro- chene Bürgerschafts-Ethos zu einem eher randständigen Phänomen wird und stattdessen durch Spaßbeteiligung – Stichwort: Horst Schläm- mer, das haben wir in den vergangenen Monaten alle erlebt – verdrängt wird? Meine Anschlußfrage greift über die politische Diskussion hinaus: Gibt es für das Recht irgendeine Form, dieses Phänomens grundsätz- lich einigermaßen Herr zu werden? Ich habe da meine Zweifel, wie ich ehrlich gestehen muss. Als Zweites eine Frage an beide Referenten: Welche Folge hat denn der Wettbewerb in der Demokratie? Wenn wir vom Sport her kom- men – „The winner takes it all!“ – gibt es eine eindeutige Konsequenz. Und was ist die Konsequenz in unserem Zusammenhang? Kann dem Wettbewerb, wenn man ihn denn gewonnen hat, ein Gestaltungsauftrag entnommen werden, der den Wahlsieg überdauert? Oder beginnt nicht sofort der neue Wettbewerb, der es praktisch ausschließt, einschnei- dende Maßnahmen zu ergreifen, weil man sich schon wieder vor neuen Wettbewerbssituationen sieht? Und würde das dann letztendlich nicht 236 Markus Kotzur hinauslaufen auf eine Form der Entscheidungsvermeidung? Und meine allerletzte Frage dann: Ist das überhaupt noch mit Gemeinwohl-Orien- tierung im republikanischen Sinne vereinbar?

Holoubek: Herr von Münch und in der Folge dann Herr Wielinger. Beide haben das Stichwort Gemeinwohl notiert. von Münch: Ich möchte einige, aber kurze Punkte ansprechen. Der erste Punkt betrifft das Gemeinwohl. Ich hatte den Eindruck, dass in beiden Referaten der Begriff des Gemeinwohls eine Schlüsselfunktion innehatte. Ich möchte aus praktischer Erfahrung – allerdings nur aus vier Jahren Mitglied des Senats eines kleinen Bundeslandes, nämlich Hamburg – davor warnen, zu große Erwartungen an den Begriff des Gemeinwohls zu setzen. Ich habe an mehr als 100 Sitzungen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg teilgenommen, aber ich kann mich nicht erinnern, dass bei den Hunderten von Entscheidungen, die wir zu treffen hatten, auch nur ein Mal das Wort Gemeinwohl gefallen ist. Selbstverständlich fühlten wir, d.h. alle Senatsmitglieder, uns dem Gemeinwohl verpflichtet. Aber in der Praxis ging es um Machbarkeit, um vernünftige Entscheidungen. Ich darf zwei Beispiele nennen: Als Wissenschaftssenator hatte ich darüber zu entscheiden, ob wir die Zahl der Studienplätze im Fach Medizin absenken sollten, wie es alle ande- ren Bundesländer wollten. Ich war der Meinung, wir brauchen Medi- ziner in Zukunft und war der Meinung, wir sollten die Zulassungszahl nicht absenken, aber das große Wort Gemeinwohl hätte ich dafür nicht gebraucht. Und als Kultursenator hatte ich immerzu die Frage zu ent- scheiden, ob die Subventionen für die staatlichen Theater erhöht wer- den sollten, bleiben sollten oder verringert werden sollten. Auch da habe ich nie an den Begriff Gemeinwohl gedacht, sondern nur an eine vernünftige Kulturpolitik: Soll man den großen Theatern etwas geben, wenn man die kleinen Theater vernachlässigt oder umgekehrt, usw., usw. Ich will jetzt gar nicht auf die große Bundespolitik eingehen, dazu nur dies: Welche der hinsichtlich der Zukunft von Opel denkbaren un- terschiedlichen politischen Entscheidungen liegt im Gemeinwohl? Wichtig war in meiner Politikzeit – und das leitet über zu einem zwei- ten Punkt – wie gehen die Haushaltsberatungen aus? Das heißt, es geht beim Wettbewerb in der Politik auch um Wettbewerb innerhalb der Regierung zwischen den verschiedenen Ressorts, schon gar in einer Koalitionsregierung, und die schlimmsten Erlebnisse meiner nur vier- jährigen Politikzeit sind in der Tat die Haushaltsberatungen, wo jeder gegen jeden kämpft und die Fetzen fliegen und wo in der Tat Wettbewerb stattfindet: Wer hat die stärkeren Bataillone, wer hat die größere Über- Demokratie als Wettbewerbsordnung 237 zeugungskraft? Ist das ein fairer, guter Wettbewerb? Jedenfalls ist es ein Wettbewerb innerhalb der Regierung, und diesen sollten wir nicht ver- gessen. Ich komme zu einem dritten Punkt. Es war angesprochen worden in einem der Referate (und Herr Häberle hat dies bereits erwähnt) das Stichwort öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Ich will Sie nur an ein Ereignis erinnern, nämlich das sog. Kanzler-Duell. Ich habe es sel- ber gar nicht gesehen, kann also über dessen Qualität gar nichts sagen, aber ich habe, so glaube ich, auch nichts vermisst. Aber juristisch stellt sich doch die Frage, ob bei einer Bundestagswahl, bei welcher der Bun- destag gewählt wird – die Wahlbürger wählen ja nicht den Kanzler, son- dern eben den Bundestag – es richtig war, ein Kanzler-Duell zu senden und erst nach der Wahl die sog. Elefantenrunde einzuladen, in der dann alle im Bundestag vertretenen Parteien anwesend waren. Meines Erach- tens wäre ein fairer Wettbewerb genau umgekehrt gewesen, nämlich zu sagen: Wer sind die Parteien, die eine Chance haben, in den Bundestag einzuziehen, und diese sollen sich artikulieren und hinterher dann zu Worte kommen, d.h., um das Kanzleramt zu fighten. Zum vierten Punkt: Herr Hatje hat erwähnt die Erweiterung des Wählerkreises durch Absenkung des Wahlalters. Ich halte das nicht für eine sehr weiterführende Entscheidung. Ich weiß, das Thema beschäf- tigt Politiker, die sich dann auch ausrechnen, welcher Partei nutzt es vielleicht – was hinterher manchmal falsch ist. Diese Diskussion läuft schon seit langem und ich erinnere mich, dass einer unserer Kollegen gesagt hat: „Auch der Sechzehnjährige ist klug genug, eine Wahlent- scheidung zum Bundestag zu treffen.“ Aber darum geht es ja nicht: Der Sechzehnjährige ist nämlich auch klug genug, ein Gewehr zu tragen und abzudrücken, und trotzdem tritt die Wehrpflicht erst mit der Voll- jährigkeit ein. Der Sechzehnjährige ist klug genug, ein Auto zu fahren – das können Sie bei den Jagden, die sich die Hamburger „Crash-Kids“ mit Polizeistreifenwagen liefern, erfahren; diese Jugendlichen sind in der Lage, ein Auto zu steuern, aber sie kriegen den Führerschein im Regelfall dennoch erst mit 18 Jahren. Allgemeiner gesagt: die Volljäh- rigkeit hat doch einen Sinn. Ist es wirklich vernünftig, die wichtigste Entscheidung, die ein Mensch im politischen Leben treffen kann, näm- lich die Ausübung des Wahlrechts zum Bundestag, abzukoppeln von der Volljährigkeit?

Wielinger: Herr Schneider hat von durch Lebenserfahrung erworbener Skepsis gesprochen. Aus mir spricht auch durch Berufserfahrung er- worbene Skepsis. Ich war ein Berufsleben lang an der Schnittstelle zwischen Verwaltung und Politik tätig. Und ich muss sagen und glaube, 238 Markus Kotzur damit in Österreich nicht allein zu stehen, ich kann mit dem Begriff Gemeinwohl nichts anfangen. In Österreich gilt es seit den Tagen des Ministerpräsidenten Graf Taaffe, er war von 1878 bis 1893 der längst dienende Ministerpräsident Cisleithaniens, also der österreichischen Reichshälfte, als Inbegriff der politischen Weisheit, dass die beste Poli- tik jene sei, die zwischen den politischen Kräften ein Verhältnis wohl- temperierter, gleichmäßiger Unzufriedenheit zu erzielen im Stande ist. Also wenn eine Politik mehr erreichen wollte, dann kann das schon be- denklich sein. In diesem Zusammenhang auch ein skeptisches Wort zur Verabsolu- tierung des Prinzips Wettbewerb in der Demokratie. Wir haben in Öster- reich reichliche Erfahrung damit, dass Lösungen anstehender Probleme auch mit dem Ergebnis eines Zustandes gleichmäßiger, wohltempe- rierter Unzufriedenheit vor allem dann möglich sind, wenn der Wettbe- werb zwischen den politischen Kräften sehr eingeschränkt ist. Das kann zu Ergebnissen führen, die nicht unbedingt optimal sind, aber meistens ist dann, wenn der Wettbewerb losbricht, die Gefahr gegeben, dass man überhaupt keine Ergebnisse erzielt. Ich darf mir erlauben, in diesem Zusammenhang auf ein internationales Beispiel, auf ein Beispiel aus den zwischenstaatlichen Beziehungen Österreichs zu verweisen. Das Südtirol-Problem ist nur deswegen lösbar gewesen, weil es in Südtirol keinen Wettbewerb zwischen mehreren Vertretungen der deutschspra- chigen Volksgruppe gegeben hat. Und wir merken in Österreich, dass die Minderheiten-Probleme, die wir haben, zum Teil deswegen nicht lösbar sind, weil Minderheiten-Organisationen und Organisationen der Mehrheitsbevölkerung jeweils untereinander im Wettbewerb stehen. Also Wettbewerb kann auch den Effekt haben, dass Probleme nicht lös- bar sind.

Schorkopf: Sie haben, Herr Hatje, am Anfang Ihres Referats darauf hingewiesen, dass das deutsche Recht im Hinblick auf die Demokratie kein GWB kenne. Sie haben im Folgenden dann aber doch über das Staats- und Organisationsrecht gesprochen, etwa über das Wahlrecht. Ich denke, dass das deutsche Recht und auch andere staatliche Rechts- ordnungen ein GWB kennen. Am augenfälligsten wird das am Wahl- gesetz, wenn wir etwa an die Regelung der Listenverbindung denken. Wir könnten hier sozusagen von einem Kartellrecht des Politischen sprechen. Nun ist es allerdings so, dass wir dieses Kartellrecht nicht zum Teil des öffentlichen Wettbewerbsrechts zählen, sondern es ist Staatsorganisationsrecht. Es ist materielles Verfassungsrecht. Deshalb frage ich mich, was ist denn der Mehrwert, was ist der zusätzliche Wert des Begriffs „Wettbewerb“ in diesem Zusammenhang? Sie haben in der Demokratie als Wettbewerbsordnung 239

Folge Ihres Referats dem Begriff des Wettbewerbs den Begriff der Kon- kordanz entgegengesetzt. Sie schreiben dann unter Punkt 3.1 ihres The- senpapiers von einer deutlichen Einschränkung der Konkurrenz durch das Staats- und Organisationsrecht, und beschreiben damit den Weg zur Konkordanz. Dadurch gelingt es Ihnen, eine Graduierung einzu- führen. Sie beschreiben unser Bundeswahlrecht als ein Changieren der Konkordanz und kommen dann zum europäischen Teil, den Sie als Konkordanz-Demokratie abgrenzen. In dieser begrifflichen Gegen- überstellung liegt möglicherweise ein Kategorien-Wechsel. Ist denn Wettbewerb wirklich ein binäres Prinzip? Ist Wettbewerb, sind die Wettbewerbsvorstellungen des GWB nicht wesentlich komplexer, weil das Konzept immer einen Ordnungsrahmen voraussetzt? Wettbewerb ist nicht ein evolutionäres Prinzip, das mit dieser Härte daher kommt, sondern es braucht ein Wahlgesetz, ein Parteien- Finanzierungsinstru- ment, es braucht eine Wahlbeschwerde und vielleicht braucht es auch – demnächst – ein Wahlkampfgesetz. Denn wenn der politische Konflikt zur Pflicht gemacht werden soll – vielleicht wäre das ein Thema für den Deutschen Juristentag – handelt es sich bereits um ein graduelles Kon- zept. Wettbewerb ist immer eingebunden in einen Ordnungsrahmen. Ich denke deshalb, dass die Graduierung, die Sie einführen, ein schwie- riger Weg ist. Demokratie ist eben nicht Teilhabe, sondern ist Wahl.

Michael: Wenn wir als Juristen das Thema „Wettbewerb“ in Angriff nehmen, liegt es nahe, dass wir auch nach einem „Wettbewerbs-Recht“ des „Rechts-Wettbewerbs“ fragen. Für das Thema des heutigen Nach- mittags stellt sich so die Frage nach einem „Wettbewerbsrecht“ des „demokratischen Wettbewerbs“. Ich meine damit freilich nicht ein Wettbewerbsrecht im klassischen Sinne, wie wir es kennen, sondern Normen, die im weiteren Sinne den rechtlichen bzw. demokratischen Wettbewerb begrenzen, um ihn am Leben zu halten. Heute Morgen sind in beiden Referaten Forderungen nach einer „Metaordnung“ erho- ben worden, die nach meinem Verständnis ein solches Wettbewerbs- recht im weiteren Sinne darstellen würde. Die heute Vormittag auf- geworfene Frage, woher eine solche Ordnung kommen könne, d.h. von wem und auf welcher Rechtsebene, ist sicherlich nicht leicht zu be- antworten – jedenfalls für den übernationalen Rechtswettbewerb. Für den demokratischen Wettbewerb ist eine Wettbewerbsordnung aber vielleicht bereits de lege lata in Elementen erkennbar. Herr Hatje hat jedoch – wenn ich ihn richtig verstanden habe – bestritten, dass es solch ein Wettbewerbsrecht des politischen Prozesses gibt. Herr Kotzur hingegen hat Beispiele genannt für die Oppositionsrechte, sei es in Ver- fassungen, Gesetzen oder Geschäftsordnungen. Dabei könnte es sich 240 Markus Kotzur im weiteren Sinne um solche Wettbewerbsregeln handeln. Ich denke nur etwa an die Regeln über die Besetzungen von Ausschusssitzen, die eben verhindern sollen, dass es politische Kartelle von Koalitions- Mehrheiten gibt. Und deshalb wäre meine Frage an beide Referenten, für die ich selbst keine Antwort habe: Sind das nicht Beispiele, die eine wettbewerbsrechtliche Betrachtung des politischen Prozesses nahele- gen – oder ist die Metapher eines „Wettbewerbsrechts“ im weiteren Sinne letztlich doch nicht glücklich, um das Recht des politischen Pro- zesses besser zu verstehen? Noch eine zweite Bemerkung zum Kanzler-Duell. Ist die Tatsache, dass solche Kanzler-Duelle im Fernsehen stattfinden, nicht eine Bestä- tigung dafür, dass es ein Bedürfnis der Zuspitzung auf einen Zwei-Per- sonen-Wettbewerb gibt? Anders gefragt: Ist das nicht ein Indiz dafür, dass unser kompliziertes Wahlsystem, aus dem der örtliche Wettbewerb um Bundestagsmandate und der überörtliche Wettbewerb der Parteien folgen sollte, diesem Wettbewerbsbedürfnis nicht genug gerecht wird? Wenn das Kanzler-Duell ein wichtiger politischer Wettbewerb ist, stellt sich auch wieder die Frage nach einem Wettbewerbsrecht: Sind dem Kanzler-Duell aus der Perspektive des Wettbewerbsrechts neuartige Grenzen zu ziehen?

Schwabe: Mein Einwand hat sich fast erledigt, weil Herr von Münch schon seine Skepsis gegenüber dem Lösungsweg der Absenkung des Wahlalters vorgetragen hat. Ich will’s aber noch mal bekräftigen. Lieber Herr Hatje, ich hätte nicht gezögert, vor 30 Jahren etwa, eine mal fiktiv zu unterstellende Sondergenehmigung für die Wahlberechtigung von Armin Hatje zu erteilen. Ich hätte mir den Knaben angeschaut und hätte gesagt, er sieht so aus, wie wenn er mal Referent bei der Staats- rechtslehrertagung ist, und deswegen kann er jetzt schon wählen. Aber den übrigen 16-Jährigen hätte ich das damals nicht gestattet, und will es auch heute nicht tun. Einfach deswegen, weil die einschlägigen Kennt- nisse und Fertigkeiten nicht nur bei 16-Jährigen, sondern oft auch bei den 26- oder 36-Jährigen ungenügend ausgebildet sind. Das lehren alle Umfrageergebnisse von Allensbach usw. Und hier, wie auch bei dem Lösungsweg einer Erweiterung der direkt-demokratischen Einfluss- nahmen, also Volksabstimmung, Volksbegehren usw., habe ich immer wieder das Gefühl, dass von den Kollegen oder Kolleginnen, die das vertreten, diese Fakten nicht zur Kenntnis genommen werden, sondern unbewusst das Volk identifiziert wird mit 80 Millionen ihresgleichen. Also bei Männern: „ 40 Millionen so wie ich und 40 Millionen Frauen wie meine Frau oder meine Freundin.“ Das ist unzutreffend, nicht wahr? Jede faktische Erhebung dementiert das ganz klar. Wenn ich’s in Demokratie als Wettbewerbsordnung 241 der Vorlesung vorgetragen habe, habe ich manchmal befürchtet, wenn da einer zur Bild-Zeitung geht, dann kommt die Schlagzeile „Ein De- mokratie-Feind lehrt Staatsrecht“. Ich glaube, die Gefahr ist hier nicht gegeben. Auf die Problematik der letzten Wahl ist schon hingewiesen worden und ich bin bestimmt nicht der Einzige, der sich bei seiner Wahlentscheidung schwer getan hat und, wenn wir mal Oskar Lafon- taine weglassen, die Wahlentscheidung fast auswürfeln konnte. Wie soll denn dann ein 16-Jähriger die richtige Entscheidung treffen? Das ist nicht einzusehen. Es hilft auch nicht vermehrte Aufklärung. Rudolf Wassermann hat mir mal in einer Diskussion entgegen gehalten: „Wenn das Volk nicht Bescheid weiß, kann man’s aufklären. Ich bin ein sehr er- folgreicher Dolmetscher und kann innerhalb von 10 oder 15 Minuten die Vorteile und Nachteile des Maastricht-Vertrages erläutern.“ Ich habe gesagt: „Potzblitz! Das überrascht mich. Ich bräuchte Tage dafür.“

Holoubek: Ich habe mir schon gedacht, das gibt’s gar nicht mehr bei uns, jetzt aber doch, Herr Häberle hat eine Spontan-Meldung. Aber nur damit wir ihn festhalten, bitte ins Mikrofon. Es geht um die Nach- welt.

Häberle: Nur einen einzigen Satz, den ich mir als Spontanbeitrag er- laube, weil Herr Schwabe und ich seit langem gute kameradschaftliche Altersgenossen sind: Die Schweiz lehrt uns auf allen Ebenen der De- mokratie von den Kommunen über die Kantone bis zum Bund, dass das Volk als halbdirekte Demokratie hervorragende Entscheidungen treffen kann, sogar in Sachen Steuerrecht.

Lege: Drei Punkte. Zunächst ein Vorschlag zur Stärkung der Demokra- tie auf Regierungsebene in Anlehnung an das, was Armin Hatje bereits pragmatisch vorgeschlagen hat. Ich frage mich immer, warum die Amtszeit des Bundeskanzlers nicht auf zwei Wahlperioden beschränkt wird. Dies würde dem demokratischen Gedanken einer Herrschaft auf Zeit sicherlich zu Gute kommen und auf lange Sicht gewiss auch der Politik, wie die Erinnerung an den lang gedienten Bundeskanzler Kohl zeigen dürfte. Zweiter Punkt, wichtigerer Punkt. Vielleicht kann man den Begriff Demokratie ja doch durch den Begriff Wettbewerb schärfen, und inso- weit waren auch mir die Referate zu harmonisch. Ich möchte anknüp- fen an heute Vormittag, nämlich daran, dass die Unterscheidung von Markt und Staat nicht richtig ist. Richtig ist vielmehr die Unterschei- dung von Wirtschaft und Politik. Dann ist Parallelbegriff zum „Markt“ die „Demokratie“, denn der Markt ist die Wettbewerbsordnung im Be- 242 Markus Kotzur reich der Wirtschaft, und Demokratie ist die Wettbewerbsordnung im Bereich der Politik (ich sage bewusst nicht „im Staat“). Ich will nun versuchen, die Begriffe Markt und Demokratie jeweils durch Gegenbegriffe stärker hervortreten zu lassen. Wenn man mit dem Markt anfängt, als einer Ordnung der Wirtschaft (d.h. der Produk- tion und Verteilung von Gütern), dann ist der erste Gegenbegriff der Plan. Wir kennen Planwirtschaft gegenüber Marktwirtschaft. Aber es gibt auch, sozusagen auf der anderen Seite, einen zweiten Gegenbegriff, wenn es um die Verteilung von Gütern geht, und auch das ist heute früh angesprochen worden: nämlich Freibeuterei, Piratentum (Frau Schmahl), auch Imperialismus (Herr Schoch) oder besser Kolonialis- mus. Also eine zunächst regellose „Ordnung“, in der zwar Regeln ausgehandelt werden können, aber eben nicht so, wie man es auf einem Markt tut. Kurz: Freibeuterei ist der zweite Gegenbegriff zum Markt. Springen wir über zum Begriff Demokratie als einer Ordnung der Poli- tik – Politik verstanden als diejenige Ordnung, in der es um die Pro- duktion allgemeinverbindlicher Entscheidungen geht (das ist weniger prätentiös als die Rede vom „Gemeinwohl“). Dann ist der Gegenbegriff zur Demokratie, der dem Plan entspricht, wohl eine Art Aristokratie oder Bürokratie, jedenfalls Expertenherrschaft, Herrschaft der Weise- ren, die eben wissen, was das Vernünftige ist. Vielleicht ist Europa die Ebene, auf der dies möglich ist, und vielleicht auch nur dies möglich ist, jedenfalls zur Zeit. Jetzt kommt die spannende Frage: Was ist der Gegenbegriff zur Freibeuterei im Bereich des Gemeinwesens, der Politik? Und da fällt es mir schwer, ihn zu finden. Man könnte an Anarchie denken, aber da wird gerade nicht versucht, allgemeinverbindliche Entscheidungen zu treffen. Also, was ist der Oberbegriff zu Lobbyismus, Ämterpatronage, Seilschaften, Netzwerken, Haushaltsberatungen (Herr von Münch), „Kooperationsbeziehungen“ (Armin Hatje)? Der Gegenbegriff ist wohl, ganz alteuropäisch: Feudalismus. Also eine auf Treue und Gefolgschaft beruhende Politikgestaltung – und vieles in unserer „Wirklichkeit“, um damit an Herrn Hufen anzuknüpfen, zeigt ja in diese Richtung. Wir können also vielleicht sagen, dass wir äußerlich noch demokratische Formen haben, aber es ist eigentlich keine wahre Demokratie mehr. Nun werden Sie mich fragen: Was ist die wahre Demokratie? Kann man das irgendwo normativ festmachen? Nun, vielleicht an der Gleich- heit, so wie es Christoph Möllers eingeworfen hat. Allerdings ist Gleichheit als demokratische Gleichheit nicht ein Wert „an sich“, son- dern sie dient dem politischen Wettbewerb, denn Wettbewerb setzt Chancengleichheit voraus, und eben dies ist der Sinn demokratischer Gleichheit. Demokratie als Wettbewerbsordnung 243

Letzter Punkt: Sie haben beide ganz unkritisch das Bild der „Arena“ verwendet. Ich finde das Bild der Arena äußerst irreführend. Im Sport ist das Publikum eben nicht der Schiedsrichter, der über Sieg und Nie- derlage entscheidet, so wie es das Volk sein sollte in der Demokratie. Das Publikum in einer Arena entscheidet nur, ob die Show gut ist.

Holoubek: Abschließend zwei Wortmeldungen, die noch einmal die eu- ropäische und völkerrechtliche Ebene ansprechen wollen.

Mayer: Herr Hatje, mit besten Grüßen von der alten Wirkungsstätte eine Nachfrage zu dem, was Sie im Hinblick auf die Europäische Union als Konkordanz-Demokratie ausgeführt haben. Da würde ich Vieles ohne weiteres unterschreiben. Aber kann man wirklich sagen, die Be- lastbarkeit des Legitimationsstranges über die nationalen Parlamente sei beschränkt, weil der Bundestag zu einer „Feinsteuerung der euro- päischen Regierungspolitik“ nicht in der Lage ist? Das ist die These IV.3. Zur Frage der Feinsteuerung der europäischen Regierungspolitik will ich nachfragen – geht es wirklich darum, um eine „Feinsteuerung der europäischen Regierungspolitik“? Der Themenzusammenhang ist ja letztlich die Europatauglichkeit des Bundestages, die auch die neue Begleitgesetzgebung zum Vertrag von Lissabon jetzt befördern soll. Manche würden neuerdings als Antwort auf die Frage, worum es dabei geht, Folgendes sagen: Es geht um Integrationsverantwortung, also um die Verantwortung, die das Parlament dafür hat, dass sich die Mit- wirkung bei einem dynamischen Integrationszusammenhang z.B. der Europäischen Union in einer Art und Weise weiter entwickelt, die ver- fassungskonform bleibt. Aber vielleicht geht es bei dieser Frage, wie der Bundestag die europäische Politik begleitet, doch noch um etwas mehr. Vielleicht geht es darum, den Informationsnachteil auszuglei- chen, der gegenüber der in Brüssel mehr oder weniger ungebunden agierenden nationalen Exekutive besteht. Vielleicht geht es darum, in dem Kontext Strukturen einzurichten und Verfahren zu erproben, um schlicht informiert zu bleiben über das, was eine Bundesregierung so treibt in Brüssel. Es geht aber weniger um Steuerung, als vielmehr um Kontrolle – konkret um die Möglichkeiten des Gegensteuerns, wenn sich bestimmte Entwicklungen in der europäischen Politik, in exekutiv- lastiger europäischer Politikentscheidung, abzeichnen, die eben nicht ohne weiteres eine Mehrheit im nationalen Parlament finden. Da fällt mir auf, dass man das eine oder andere Beispiel aus der jüngeren Zeit findet, in dem dieses nationale Gegensteuern aus dem Bundestag heraus im Zusammenwirken mit dem Europäischen Parlament erfolgte. Das bringt mich auf einen Punkt, über den hier kaum gesprochen wor- 244 Markus Kotzur den ist, dass man nämlich hier ein Beispiel dafür hat, wie Demokratie verwirklicht wird, ohne dass Institutionen in einen Wettbewerb zueinan- der treten, sondern Demokratie verwirklich wird, indem Institutionen – hier: Bundestag und Europäisches Parlament – zusammenarbeiten. Das Thema „Wettbewerb zwischen Institutionen und Verwirklichung von Demokratie“ würde es so kurz nach dem Lissabon-Urteil des Bun- desverfassungsgerichts natürlich auch nahelegen, über den Themen- komplex „Wettbewerb zwischen Gerichten“ zu sprechen, aber das will ich hier nicht vertiefen.

Paulus: Nachdem Franz Mayer eben über die Konkurrenz zwischen Parlamenten gesprochen hat, meine ich, der Diskussion entnehmen zu können, dass es vielleicht nicht nur eine Integrationsverantwortung gibt, sondern auch so etwas wie eine Konfliktverantwortung in der Demokratie, was mir das bessere Wort zu sein scheint als Wettbewerbs- verantwortung. Meine Konfliktverantwortung will ich jetzt hier wahr- nehmen. Herr Hatje, Sie haben – wie ich finde zu Recht – das Bundesverfassungsgericht dafür kritisiert, dass es in seiner Lissabon- Entscheidung Demokratie auf supranationaler Ebene eher zu verhin- dern scheint als zu ermöglichen. Auf der anderen Seite sind Sie den Nachweis ein wenig schuldig geblieben, wie denn ein demokratischer Wettbewerb auf europäischer Ebene stattfinden kann, um dem Negati- vum des Bundesverfassungsgerichts ein Positivum entgegen zu setzen. Das Gegenbild ist in der Tat wohl die Völkerrechtsordnung, in der wir auf absehbare Zeit keine Demokratisierung erreichen können und deswegen ja auch viel stärker mit Konsens und mit der demokratischen Legitimation über die Einzelstaaten arbeiten müssen. Nun wäre die Frage, ob wir in Europa auch so etwas wie einen demokratischen Kon- flikt und demokratischen Wettbewerb herstellen können, um damit das zustande zu bringen, was das Bundesverfassungsgericht für unmöglich zu halten scheint, nämlich dem Entweder-Oder zwischen Bundesstaat und Nationalstaat in Europa ein Sowohl-Als-Auch von nationaler und supranationaler Demokratie entgegenzusetzen.

Holoubek: Wir sind damit am Ende der Diskussion angelangt. Das Schlusswort haben traditionell die Referenten, ebenso traditionell in der umgekehrten Reihenfolge.

Kotzur: Ich darf dem Vorstand ganz herzlich danken, dass er diese Wett- bewerbsarena eröffnet hat; ich darf Ihnen ganz herzlich für Ihre Bei- träge danken, die allerdings dafür Sorge tragen, dass ich im „Beantwor- tungswettbewerb“ sicher als der Unterliegende hervorgehen muss, was Demokratie als Wettbewerbsordnung 245 ich jetzt schon zu verzeihen bitte, aber die Ideen waren einfach zu reich- haltig. Das Wort Wettbewerbsarena – damit darf ich beginnen – ist keines- wegs eine Metapher, die an antike Gladiatorenkämpfe oder ähnliches gemahnen sollte. Dann hätte ich auch nie gewagt, diese Versammlung als Wettbewerbsarena zu bezeichnen. Es ist im Gegenteil ein der Sozio- logie entnommener, ganz neutraler Begriff. Das deskriptive Moment ist seine Stärke. Er will ein Aktionsfeld bezeichnen, auf dem kompetitive Prozesse stattfinden. Der Begriff erschien mir auch weniger „vor- verständnisbelastet“ als der Begriff des Marktes. Deshalb habe ich ihn verwendet. Die zentrale Frage haben gleich zu Anfang Herr Möllers, Herr Volk- mann und auch Herr Bullinger gestellt: Nämlich die Frage nach dem „cui bono?“ des Wettbewerbs-Paradigmas oder der Wettbewerbsmeta- pher. Und glücklicherweise hat Herr Ohler diese Frage auch schon be- antwortet. Warum Wettbewerb? Sicherlich nicht, weil die Demokratie- Theorie ohne die Wettbewerbs-Metapher nicht leben kann. Herr Möllers hat völlig zu Recht auf die Klassiker der Demokratie-Theorie hingewiesen, die dieses Paradigma, dieses Beschreibungsmodell nicht brauchten. Ich will es auch gar nicht nutzen, um daraus irgendetwas zu formen, das den Anspruch erhebt, Demokratie-Theorie zu sein, son- dern ich will es nutzen, um zu beobachten, wie Entscheidungsprozesse in der Demokratie ablaufen. Ich will sozusagen die Formulierung aus der Soziologie von der teilnehmenden Beobachtung umkehren und eine Art „beobachtender Teilnehmer“ sein. Ansatz meines Referates ist es zu beobachten, wie demokratische Entscheidungsprozesse ablaufen, und da scheint mir der Wettbewerb als anthropologische Konstante durch- aus eine taugliche Umschreibung, ein tauglicher Beobachtungsmodus zu sein. Er nimmt von Anfang an die Defizite des Menschen – den Men- schen als „Mängelwesen“, als „animal deficiens“, wie er seit der Antike umschrieben wird –, all die daraus folgende Kritik, den Pessimismus, all das Versagen, alles, was in ihren kritischen Nachfragen – etwa bei Herrn Hufen – angeklungen ist, mit in das Blickfeld. Meine Absicht ist ganz und gar nicht, einer idealisierende Beobachtung das Wort zu reden, sondern die in der Demokratie Partizipierenden so zu beschreiben, wie sie sind. Hier gehört das „wettbewerbende“ Moment gleichsam als Antrieb, als Handlungsmotivation ein Stück weit mit dazu. Wenn eine wirklichkeitsbewusste Demokratie-Theorie solche Motivationslagen wahrnimmt, kann das – so glaube ich – nicht schaden. Ich habe – um auf Herrn Bulliger einzugehen – deshalb auch ver- sucht, zwischen dem „Wettbewerben“ im weiteren Sinne und dem Wettbewerb im engeren Sinne zu differenzieren. Der Wettbewerb im 246 Markus Kotzur engeren Sinne ist jenes verfahrensgeregelte Prinzip, das tatsächlich, nicht zuletzt aufgrund seiner Formalität, einen gewissen Rationalitätsanspruch behaupten kann. Das Wettbewerben im weiteren Sinne – Sie haben ein wunderbares Beispiel dafür gebracht, nämlich die Bildung einer Splitter- partei, es gäbe zig weitere Beispiele – das habe ich nur „mitbeobachtet“. Aus diesem „Wettbewerben“ im weiteren Sinne kann man keinerlei konkrete prozedurale Rationalitätspostulate ableiten. Der Krieg aller ge- gen alle ist, wie gesagt, eben kein Wettbewerb aller mit allen. Erlauben Sie, einige weitere Punkte, die ich ansprechen möchte, zu bündeln: Herr Kämmerer hat davon gesprochen, dass der Staat dazu gehalten sei, den Wettbewerb zu regulieren, ihn an Restriktionen zu binden. Das verdient vollkommene Zustimmung. Zustimmung auch, dass hier insbesondere nicht-staatliche Akteure nachhaltig mit einge- bunden werden müssen. Herr Häberle hat sehr zu Recht von der Zeit- geistnähe des Wettbewerbsbegriffs gesprochen. Das aber lenkt den Blick wiederum auf eine interessante Dialektik. Wenn der Wettbewerb anthropologische Konstante ist, dann ist er etwas überzeitlich Gültiges. Was wir daraus machen, wie wir ihn konditionieren, das ist in der Tat jener zeitgeistnahe Prozess, den wir sehr kritisch begleiten und sehr kritisch beobachten müssen. Bei dieser kritischen Begleitung und Beobachtung teile ich indes Ihren „pädagogischen“ Optimismus, Herr Häberle, den Sie anhand des Schweizer Beispiels belegt haben: Demo- kratie ist, wenn nicht per se erlernbar, so doch an Schulen, Universitä- ten und auf vielen anderen Foren vermittelbar. Herr Schneider hat zu Recht noch einmal die Rolle der Opposition in Erinnerung gerufen und Rationalitätszweifel am Wettbewerb geäußert. Diese darf ich, auch anknüpfend an meine Bemerkung zu Herrn Bullinger, nochmals aufgreifen: Das entscheidende Argument ist der Formalismus jenes geregelten Verfahrens, das allein aufgrund seiner Regularien in der Tat so etwas hervorbringen kann wie eine prozedurale Rationalität, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Herr Michael hat diesen spezifischen Prozesscharakter zugespitzt zu der sehr treffenden Bemerkung, dass der politische Prozess selbst ein Stückchen weit wett- bewerbsgeregelt ist. Das belegen Regelungen zur Opposition und viele andere in diesen Kontext gehörende Normen. Ferner hat Herr Michael mit großem Recht darauf verwiesen, dass bei uns und in vielen De- mokratien so etwas besteht wie eine Sehnsucht nach Zuspitzung, nach einem Zwei-Parteien-Wettbewerb, nach einem Duell zwischen den Machtbewerbern. Das ist ein fast schon „polemischer“ Begriff, im Sinne von Polemos – ganz beim Wort genommen, nämlich Krieg – ein Wettstreit: Im Duell will der eine den anderen vernichtend besiegen. Das mag vielleicht wirklich unsere – prekäre – Erwartungshaltung sein. Demokratie als Wettbewerbsordnung 247

Aus dieser Erwartungsperspektive mögen sich manche Reformnotwen- digkeiten im Parteienrecht und darüber hinaus ableiten lassen, mag es sinnvoll sein, das Kompetitive stärker sichtbar zu machen. Es war indes nicht mein Anliegen, aufgrund der Wettbewerbsbeobachtung eine Reihe von Reformvorschlägen zu erarbeiten. Aber der Wettbewerb kann durchaus ein Verfahren sein, um Reformvorschläge und Reform- möglichkeiten ihrerseits auszutesten. Herr Mayer hat sehr zu Recht gesagt, dass es noch den Wettbewerb zwischen den Gerichten geben muss, und Herr Paulus hat in diesem Kontext den schönen Begriff der „Konfliktverantwortung“ gebraucht, den ich nur nachhaltig unterstützen kann und ihn mir jetzt auch gerne zu Eigen machen würde, wenn nicht das Manuskript schon fertig wäre. Insofern, keine Sorge, wird er bei nächster Gelegenheit rezipiert. Zu große Erwartungen an das Gemeinwohl, das sind nicht ohne Grund und praktischen Erfahrungshintergrund geäußerte Bedenken. Und doch kommt der freiheitliche Verfassungsstaat ohne seine zentrale Gemeinwohlorientierung nicht aus. Sie ist sein erster und letzter Grund. Das mag vielleicht zu optimistisch, vielleicht auch zu idealis- tisch oder zu utopisch gedacht sein, aber ein Mindestmaß an Ringen um Gemeinwohl muss es geben. Dieses Ringen hat gerade auch die Wissenschaft kritisch zu begleiten, um Defizite der Gemeinwohlakteure aufzuzeigen. Damit will ich den Bogen zu den, wie ich meine, sich sehr treffend ergänzenden Schlussbemerkungen von Herrn Weiß und Herrn Hufen schlagen. Wie viel Spaßgesellschaft, wie viel politische Abstinenz erträgt die Demokratie? Ist das Bild, das ich hier vom Wettbewerb gezeichnet habe, nicht eine schöne heile Welt in schönen Worten? Ich glaube, es ist das Gegenteil. Ich habe versucht, den Wettbewerb als eine kompetitive Auseinandersetzung zwischen unvollkommenen Bürgern mit all ihren Egoismen, Rationalitätsdefiziten etc. darzustellen. Das ist der entscheidende Punkt und das ist die entscheidende Stärke, die der Beobachtungsmodus des Wettbewerbs der Demokratietheorie ebenso wie der demokratischen Praxis liefern kann. All die kritischen Punkte, die Sie benannt haben, kann ich nur voll und ganz unterstützen, aber in meiner Gesamtschau waren sie nicht das konkrete Thema, mit dem ich mich auseinander zu setzen hatte. Die neuerlich aufgegriffene Frage: „Was bringt uns der Wettbewerb?“, die Herr Weiß pointiert gestellt hat, sei wie folgt beantwortet: Er ermöglicht ein Stück weit Entscheidung im konkreten Moment, ohne dem Dezisionismus Vorschub zu leisten. Die Entscheidung kann sofort wieder in Frage gestellt werden, weil es neue Wettbewerbsprozesse gibt. Wenn im Sport eine Weltmeisterschaft stattgefunden hat, dann folgt sofort eine neue „competition“. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel – wenn ich es wagen darf, spieltheoretisch ver- 248 Markus Kotzur brämt „Fußball-Nationalmannschaftsdeutsch“ vor diesem hohen Forum zu gebrauchen. Ist das Ganze zu optimistisch gewesen? Was machen wir mit der Wettbewerbsverweigerung? Das ist in der Tat die zentrale Frage. Mit der Wettbewerbsverweigerung können wir alle vielleicht weniger leicht leben als unser Grundgesetz, das nämlich in der Tat grundrechtsgesi- chert auch die Verweigerung demokratischer Partizipation ermöglicht. Dies ist eine Prämisse des freiheitlichen Verfassungsstaates, mit der wir und mit der derselbige zu leben hat, was nicht heißt, dass wir nicht alles daran setzen sollten, diese Defizite durch Reformprozesse zu über- winden. Das aber wäre eine andere Geschichte, die ein andermal, von einem anderen, sei es an dieser oder an anderer Stelle erzählt werden soll. Dies immer unter der Prämisse, die nicht nur vor zwanzig Jahren Geschichte geschrieben hat: Wir sind das Volk, aber leider ein Volk von unvollkommen Bürgern.

Hatje: Herr Kotzur hat auf viele Punkte, die auch für mich relevant sind, schon sehr gute Antworten gegeben. Ich will mich deshalb auf ver- bleibende Probleme beschränken, die mir besonders wichtig sind. Zu- nächst einmal, was war uns aufgegeben? Wir sollten eine Besichtigung von drei „Großbaustellen“ vorbereiten: Gemeinwohl, Demokratie und Wettbewerb. Auf einigen dieser Baustellen wird seit Jahrhunderten, wenn nicht seit Jahrtausenden gewerkelt. Es gibt gewisse Ordnungsvor- stellungen, aber die Gebäude sind letztlich nur in Umrissen erkennbar. Wir hatten die Aufgabe, den Zusammenhang zwischen Gemeinwohl, Demokratie und Wettbewerb zu klären, also eine Gesamtkonzeption zu entwerfen. Am Ausgangspunkt meiner Überlegungen steht das Gemeinwohl als regulative Idee, die einer Konkretisierung im Einzelfall bedarf. Zwar ist die Gemeinwohlbindung den politisch Handelnden nicht immer bewusst, aber spätestens, wenn sie sich öffentlich rechtfer- tigen müssen, wird die Kategorie des Gemeinwohls relevant. Und inso- fern war für mich die nächste Frage, in welchem Verhältnis Demokratie und Wettbewerb bei der Konkretisierung des Gemeinwohls stehen. Damit komme ich auf die grundlegende Frage: Sagt Demokratie denn überhaupt etwas über Wettbewerb aus? Die Antwort lautet: Ja, denn Demokratie beruht auf Freiheit und damit auf der Möglichkeit von Konkurrenz. Verbunden mit der Ungewissheit dessen, was Gemein- wohl konkret bedeutet, ist Konkurrenz ein Verfahren neben anderen, diese Ungewissheit auf ein menschlich erträgliches Maß zu reduzieren. Inwieweit es ansonsten sinnvoll ist, das Wettbewerbs-Paradigma auf das demokratische Prinzip zu übertragen, hängt vom Nutzen der Kon- kurrenz für die Demokratie ab. Ziel und Aufgabe der Demokratie ist Demokratie als Wettbewerbsordnung 249 die Legitimation von Herrschaft. Das ist sicherlich etwas anderes als die optimierte Verteilung prinzipiell knapper Güter in der Wirtschaft. Aber genau hier liegt der Punkt, der auch in den Referaten heute morgen zu Recht angesprochen wurde. Es geht nicht um die unkritische Über- tragung ökonomischer Theorien auf die Demokratie, den politischen Prozess und das Verfassungsrecht. Dieser Versuch endet manchmal in einem ziemlich unerträglichen Jargon, der im Übrigen auch der Sache nicht angemessen ist, weil viele Aspekte ausgeblendet bleiben, die im Recht und namentlich im Verfassungsrecht maßgebend sind. Jedoch lassen sich Teilelemente ökonomischer Erkenntnisse als analytische Instrumente nutzen. Mit ihrer Hilfe gelangt man – wie ich finde – zu teils erstaunlichen Ergebnissen. Sie sind jedenfalls mit Blick auf die heutigen Probleme der Demokratie in Deutschland und Europa viel- fach weiterführend. Damit komme ich zur Frage nach der Realitätsnähe unserer Referate. Ich glaube jeder, der hier referiert hat, wird die Erfah- rung gemacht haben, dass man real anfängt und vergleichsweise abs- trakt endet. Auch ich habe meine Arbeit an dem Thema mit sehr poin- tierten Problembeschreibungen und Lösungsvorschlägen begonnen. Nur je länger man sich mit ihnen beschäftigt und fragt, ob diese Aus- sagen auch wissenschaftlich belastbar sind, wird man deutlich beschei- dener. Und insofern ist sicher manche Wirklichkeitsbeschreibung in unseren Referaten, in meinem insbesondere, etwas moderater ausgefal- len als ursprünglich gedacht. Zugleich tritt deshalb in der Wahrneh- mung das theoretische Konzept stärker hervor. Ein sehr reales Problem wurde mit der Beziehung zwischen Demo- kratie, Medien und Wettbewerb angesprochen, insbesondere, wenn ich richtig verstanden habe, die Frage danach, welches Verhältnis insoweit zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbietern be- steht. Hierbei handelt es sich zweifellos um ein eigenes Untersuchungs- feld. Als jemand, der im Medienrecht nicht zu Hause ist, will ich mich darauf beschränken zu sagen, dass ein interessanter Umstand der letzten „Kanzler-Runde“ war, dass sich die öffentlich-rechtlichen Medien und die privaten Medien offenbar in einer Art Zwangskartell zusammen- schließen mussten, damit die politischen Repräsentanten überhaupt be- reit waren, vor die Kamera zu treten. Das wettbewerblich zu würdigen, möchte ich freilich auf den heutigen Abend verschieben. Im Zusammenhang mit der Frage, ob es eine demokratische Wett- bewerbsordnung gibt, ist ein Missverständnis zu beseitigen. Ich habe zwar gesagt, es existieren kein GWB und keine Artikel 81ff EGV für den politischen Wettbewerb, aber auch darauf hingewiesen, dass sich funktionell gleichwertige Prinzipien und Vorschriften im Verfassungs- und Gesetzesrecht nachweisen lassen. Sie sind jedoch nicht kodifiziert 250 Markus Kotzur und folgen auch keiner bestimmten Wettbewerbs-Konzeption. Damit komme ich zur Frage, worin die Wettbewerbsfolgen bestehen. Ge- nauer: In welchem Verhältnis stehen Wettbewerb und Gemeinwohl tatsächlich? Das ist zugleich eine Frage nach der Wettbewerbsordnung, denn in der Tat vermag Wettbewerb auch zerstörerisch zu wirken. An- ders formuliert: Wettbewerb kann Gemeinwohl verhindern. Deswegen ist die Wettbewerbsordnung so wichtig und gerade deshalb – das ist vielleicht dem einen oder anderen aufgefallen – folge ich einem gleich- sam „ordoliberalen“ Konzept, das dem Wettbewerb einen wichtigen Platz zuweist, ihn aber nicht ohne weiteres für gemeinwohlförderlich hält. Wettbewerb braucht Kanalisierung, benötigt rechtsstaatliche Leit- planken. Ich habe versucht, in gewissen Umrissen zu zeigen, welche Schranken sicherstellen, dass Wettbewerb die angestrebte Gemein- wohl-Leistung auch erbringt. Eine weitere Frage meines Referates war, wie man demokratischen Wettbewerb befördern kann. Dass mein Vorschlag, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, einen gewissen Widerstand auslösen würde, viel- leicht gerade bei denjenigen, die 16-Jährige in ihrem Umfeld haben oder einmal hatten, habe ich mir lebhaft vorstellen können. Ich bin selber auch ein Betroffener. Wir müssen freilich vor dem Hintergrund der de- mographischen Entwicklung der Wählerschaft die Frage beantworten, ob die Wählerschaft möglichst breit gefächerte politische Präferenzen abbildet oder lediglich die Interessen einer bestimmten Altergruppe. Ich weiß, dass dieser Vorschlag eines Wahlrechts für Jugendliche nicht unproblematisch ist. Mir ist auch bewusst, dass es Erfahrungen etwa in Österreich gibt, die vielleicht für den Moment nicht ermutigend sind. Aber man mache mir andere Vorschläge, die das Problem des demo- graphischen Wandels in der Wählerschaft wenigstens in Angriff neh- men. Zur weiteren Option der Wettbewerbsförderung durch mehr di- rekte Demokratie ist aus dem Kreise der Staatsrechtslehrer sowohl kritisch als auch positiv-bejahend einiges gesagt worden. Ich glaube, damit sind jedenfalls die Diskursarenen markiert, in denen wir uns in Zukunft treffen sollten, wenn wir über die Verbesserung der Demokra- tie sprechen. Wir kommen nicht umhin, diese Optionen ernsthafter zu diskutieren. Wie weit aber darf Wettbewerb in der Demokratie gehen? Ich wollte bei allem Vertrauen in die positive Kraft des Wettbewerbs deutlich ma- chen, dass Demokratie nicht in der politischen Konkurrenz aufgeht. Ob man das Gegenprinzip mit dem Terminus der Konkordanz umschreibt oder von Kooperation spricht, oder ob man den Gegenpol mit dem Begriff der Solidarität bezeichnet, ist nicht entscheidend. Vielmehr ist maßgebend, dass Demokratie mit verschiedenen Instrumenten arbei- Demokratie als Wettbewerbsordnung 251 tet. Demokratie als Herrschaftsform hat die Aufgabe, soziale Konflikte zu lösen. Und es lassen sich zwei prinzipielle Modi unterscheiden, um die Lösung sozialer Konflikte anzustreben, genau genommen sogar drei: Erstens die autoritative Methode, die sich in der Demokratie von selbst verbietet. Zweitens die konkurrenzielle Methode, die im Fokus unserer Referate stehen sollte, und drittens die Konkordanz-Methode, die deliberative Demokratie, deren Entscheidungsmodus der Konsens ist. Da Konkurrenz und Konkordanz jeweils eigene Probleme auf- weisen, lautet die konzeptionelle Aufgabe, wie so oft im Leben, eine Balance zwischen beiden Formen herzustellen. Balancen sind schwer zu halten, Balancen bestehen aus Bewegungen, leben von Ausschlägen, auch Extremen. Am Ende aber sollte eine Mittellinie erreicht wer- den. Ich habe versucht, eine solche Mittellinie wenigstens erkennbar zu machen. Nun zur Frage, ob man die Europäische Union als Konkordanz- demokratie beschreiben kann. Wenn man eine Demokratie als Konkor- danz- oder Konkurrenzdemokratie bezeichnet, dann sollte man in der Tat immer wieder hervorheben, dass in jeder Konkurrenz zugleich Kooperation steckt. Auch der Wettbewerb braucht Kooperation, etwa in Form der Verständigung über gemeinsame Spielregeln oder der Ak- zeptanz des Ergebnisses. Mir ging es in erster Linie um die stilprägen- den Merkmale der demokratischen Ordnung der EU. Und hier glaube ich kommt man nicht umhin, die Europäische Union als einen komple- xen Verhandlungsprozess vertikal und horizontal vernetzter Akteure zu beschreiben. Dass sich an den jeweiligen Enden des Entscheidungs- prozesses konkurrenzielle Elemente feststellen lassen, dass es vielleicht auch eine Konkurrenz zwischen einzelnen Akteuren gibt, ändert nichts daran, dass selbst unter der Geltung des Mehrheitsprinzips im Minis- terrat sehr viele, wenn nicht die meisten Entscheidungen im Kon- sensverfahren getroffen werden. Deshalb sind etwa die Debatten auf Regierungskonferenzen über die Stimmengewichtung im Rat eher theoretischer Natur und an das Publikum zu Hause gerichtet. Sie haben aber für die praktische Entscheidungsfindung in der Gemeinschaft bzw. Union bisher vergleichsweise geringe Bedeutung. Im Zusammenhang mit der Demokratie in der EU spielt ferner die Belastbarkeit des Legitimationsstranges vom Rat zu den nationalen Parlamenten eine zentrale Rolle. Dahinter verbirgt sich in der Tat ist ein sehr schwieriges Problem. Wir sollten auf keinen Fall hinter die Demo- kratie-Theorie der 1970er Jahre zurückfallen, in der ziemlich klar war, dass es ein „schwarzes Loch“ gibt, in dem auf europäischer Ebene de- mokratische Legitimation versickert: den Ministerrat. Zwar hat sich die Situation in den letzten Jahrzehnten durch eine stärkere Rückbindung 252 Markus Kotzur der Ratsmitglieder an die nationalen Parlamente gebessert, aber ich glaube, wir überfordern die mitgliedstaatlichen Volksvertretungen, wenn wir ihnen die Aufgabe zuweisen, im Rahmen einer EU von 27 Mit- gliedsstaaten mit 27 Parlamenten den Entscheidungsprozess auf euro- päischer Ebene zu lenken und zu kontrollieren. Ich plädiere nicht dafür, diesen Strang abzuschaffen, sondern ihm lediglich eine andere Rolle zuzuweisen, etwa in Gestalt einer bloßen Veto-Position. Wir sollten aber selbst vor dem Hintergrund einer formal gestärkten Position des Bundestages nicht hoffen, dass die Parlamentarier eine wirksame Kon- trolle über das europäische Regierungshandeln in Einzelfragen ausüben können. Deshalb bleibt die eigenständige Legitimation der Europäischen Union auch weiterhin auf der Tagesordnung. Wir kommen nicht um- hin, die Rolle des Europäischen Parlaments weiter Schritt für Schritt auszubauen. Die letzten 25 Jahre waren insofern von Fortschritten ge- kennzeichnet, die zunächst niemand für möglich gehalten hat. Dass es Grenzen gibt, dass die proportionale Repräsentation im Parlament Schwächen aufweist, lässt sich kaum bestreiten. Es gibt hierfür sach- liche und rechtliche Gründe. Aber wenn wir uns nur für einen Moment vorstellen, dass sich alle Mitgliedstaaten einigen, einer proportionale Repräsentation ihrer Staatsvölker im europäischen Parlament zuzu- stimmen, also von der Staatengleichheit abzugehen und die demokra- tische Gleichheit aller Unionsbürger zu verwirklichen, dann würde hierin nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts – wenn ich die Gründe richtig verstehe – wohl nicht nur die Geburt eines europäi- schen Demos liegen, sondern auch die Gründung eines europäischen Bundesstaates. Dieser Schritt wäre aber nur mit einer neuen Verfassung zu gehen, d.h. auf der Grundlage des geltenden Grundgesetzes nicht möglich. Und selbst wenn dies nicht so wäre, könnte ich mir vorstellen, dass gegen eine solche Fortentwicklung des Europäischen Parlaments Einwände vorgetragen würden, denn ein nach den Grundätzen demo- kratischer Gleichheit zusammengesetztes Parlament müsste deutlich mehr Befugnisse haben als heute. Schließlich: Konkurrenz auf europäischer Ebene wird es auch nach meinen theoretischen Vorüberlegungen deshalb nicht in der national- staatlich gewohnten Form geben können, weil das Integrationsniveau hierfür noch nicht ausreicht. Wir haben in der Sprache der Demo- kratie-Theorie „intensive Minderheiten“ in Europa, die wir nur durch konsensuale Verfahren in den politischen Prozess einbinden können. Weil das so ist, reden wir lediglich über konkurrenzielle Seitenströmun- gen, nicht aber über politische Konkurrenz im Zentrum europäischer Politik. Demokratie als Wettbewerbsordnung 253

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass ich mit meinem Referat zu den aufgeworfenen Fragen ein paar Denkanstöße geben konnte und möchte mich sehr herzlich für Ihre Anregungen und Kommentare bedanken.

Holoubek: Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielen herzlichen Dank an die beiden Referenten, an Sie alle hier im Saal. Die Tatsache, dass wir gemeinsam mit der Diskussion fertig geworden sind, zeigt wohl, dass wir eine spannende Diskussion, einen anregenden Nachmit- tag erlebt haben. Ich darf mich dafür bei Ihnen allen noch einmal sehr herzlich bedanken. Wir sehen uns um 20 Uhr beim Empfang des Lan- deshauptmanns. Dort können wir dann am Buffet entscheiden, ob die Staatsrechtslehre durch Konkordanz oder durch Konkurrenz geprägt ist. 254 Michael Potacs

Dritter Beratungsgegenstand: Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe

1. Bericht von Prof. DDr. Michael Potacs, Klagenfurt

Inhalt

Seite I. Einleitung ...... 255 II. Verwaltung, Gemeinwohl und Wettbewerb ...... 257 III. Verpflichtungen des Gemeinschaftsrechts ...... 261 IV. Effizienzsteigerung durch Wettbewerb? ...... 265 1. Marktwettbewerb oder staatlicher Erfüllungsvorbehalt? . 265 a) Staatliche Erfüllungsvorbehalte? ...... 265 b) Gemeinwohlerfüllung durch Marktwettbewerb? . . . 269 2. Ausgestaltung der Wettbewerbsherstellung ...... 271 a) Wettbewerb zwischen staatlichen und privaten Anbietern? ...... 271 b) Volle Marktöffnung oder Planungswettbewerb? . . . 273 c) Antrags- oder Ausschreibungswettbewerb? ...... 275 d) Wettbewerb durch Handel mit knappen Rechten? . . 278 V. Strukturelle Begleiterscheinungen ...... 279 VI. Schluss ...... 282 Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 255

I. Einleitung

Die jüngere Vergangenheit war von einem bemerkenswerten Ver- trauen in die gemeinwohlstiftende Kraft des Marktes und die Leistungs- fähigkeit von Handlungsmustern der Erwerbswirtschaft geprägt.1 Diese Zuversicht wird bereits bei Adam Smith anschaulich mit einer „unsicht- baren Hand“2 begründet, die das individuelle Gewinnstreben zu all- gemeinem Wohl und damit „Eigennutz zu Gemeinnutz“3 führe. Der Glaube an die heilbringende Wirkung der Marktkräfte hat auch die Staatslehre und Staatspraxis beeinflußt. Vor dem Hintergrund einer angespannten Lage der Staatsfinanzen4, des anglo-amerikanischen Leit- bildes einer „Neuen Institutionenökonomik“5 sowie eines gewissen Druckes des privaten Sektors6 gewann die Forderung nach einem „schlanken Staat“7 bzw einem „Minimalstaat“8 in den vergangenen Jah- ren zunehmend an Gewicht.9 Die Erfüllung bisher vom Staat wahrge- nommenen Aufgaben sollte soweit wie möglich dem Markt überlassen bleiben (dessen Funktionsfähigkeit häufig von der öffentlichen Hand

1 Rill, Staatliche „Kernaufgaben“ – Notwendigkeit oder Fiktion?, in: ÖJK (Hrsg), Entstaatlichung. Gefahr für den Rechtsstaat? (2002) 99. 2 Smith, Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker, Band II (1999) 467. 3 Streissler, Einführung zu Smith, Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker, Band I (1999) 16. 4 ZB Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitk, GewArch 1995, 129 (133); Hoffmann-Riem, Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht (1998) 11 (13); Oettle, Elemente der Ökonomisierung des Verwal- tungshandelns, Die Verwaltung 32 (1999) 291 (293); Penski, Staatlichkeit öffentlicher Verwaltung und ihre marktmäßige Modernisierung, DÖV 1999, 85. Dieser Druck wird durch die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten („Maastricht-Kriterien“) noch verstärkt; dazu näher Hattenberger, Art 104, in: Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, 11197ff., Rn. 6ff. 5 ZB Wallerath, Der ökonomisierte Staat, JZ 2001, 209 (211); Musil, Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung (2005) 32ff. 6 ZB Strehl, Die Arbeitsweise der Verwaltung, in: Holzinger/Oberndorfer/Ra- schauer (Hrsg), Österreichische Verwaltungslehre, 2. Aufl. 2006, 237. 7 Lüder, Triumph des Marktes im öffentlichen Sektor?, DÖV 1996, 93 (95); König, Rückzug des Staates – Privatisierung der öffentlichen Verwaltung, DÖV 1998, 963 (964). 8 Dazu z.B. Penski (Fn. 4), 86; Röber, Aufgabenkritik im Gewährleistungsstaat, in: Blanke/von Bandemer/Nullmeier/Wewer (Hrsg), Handbuch zur Verwaltungsreform, 3. Aufl. 2005, 84 (87); Bull, Daseinsvorsorge im Wandel der Staatsformen, Der Staat 47 (2008), 1 (14). 9 Näher Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe (1999) 2ff. 256 Michael Potacs freilich erst herzustellen war) und innerhalb der Behördenorganisation sollten durch „Wettbewerbssurrogate“10 bzw einen „virtuellen Wettbe- werb“11 die Kosten gesenkt und die Effizienz gesteigert werden. Es ist nicht zu verkennen, dass dieses grundsätzliche Vertrauen in die Leistungsfähigkeit von Marktstrukturen durch die gegenwärtige Wirt- schaftskrise doch auf eine harte Probe gestellt wird. Bisher hatte der private Sektor seine Vorbildfunktion für die öffentliche Hand heraus- gestellt und dessen Organisation nach marktwirtschaftlichen Mustern gefordert. Nunmehr verlangt die private Wirtschaft zunehmend staat- liche Intervention, um sie vor den Folgen der freien Marktwirtschaft zu schützen. Die Zuversicht in die gemeinwohlfördernde Kraft der „un- sichtbaren Hand“ des Marktes im Sinne von Adam Smith weicht häufig dem Ruf nach der „sichtbaren Hand des Staates“12. Die Entwicklung hat die Bedeutung eines „starken Staates“ vor Augen geführt.13 Freilich wäre es verfrüht, darin ein Ende der Vorstellung von Gemein- wohlerfüllung durch Wettbewerb zu sehen. Das ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil sich dieses Postulat zum Teil aus EU-Recht ergibt, das in dieser Hinsicht keine Änderung erwarten lässt. Auch wird die ge- genwärtige Krise im allgemeinen als bloß vorübergehende empfunden, weshalb auch aus diesem Grund die prinzipielle Forderung nach mehr Wettbewerb bei der öffentlichen Aufgabenerfüllung nicht verstummen wird. Davon ist schließlich auch auszugehen, weil die finanzielle Belast- barkeit der öffentlichen Haushalte zunehmend an ihre Grenzen gelangt und der Gedanke an Einsparungen durch Wettbewerb auch aus die- sem Grund nicht so bald verschwinden wird. Das Thema „Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe“ bleibt also bis auf weiteres aktuell. Zu betonen ist allerdings, dass diese Thematik sehr umfassend disku- tiert wird. Das Spektrum erstreckt sich von der Netzregulierung bis hin zum „Quasi-Wettbewerb“ innerhalb der staatlichen Verwaltung. Es er- scheint nicht sinnvoll im vorgegebenen Rahmen all diese Diskussions-

10 ZB Lüder (Fn. 7), 95; Schenke, Der Wettbewerbsgedanke im Recht der gesetz- lichen Krankenversicherung aus Sicht des Verfassungs- und Europarechts, WiVerw 2006, 34 (35). 11 Musil (Fn. 5), 45ff. 12 Zu diesem Bild etwa jüngst wieder Kube, Öffentliche Aufgaben in privater Hand – Sachverantwortung und Finanzierungslast, Die Verwaltung 41 (2008) 1 (4). 13 Siehe dazu auch Knauff, Gewährleistungsstaatlichkeit in Krisenzeiten: Der Ge- währleistungsstaat in der Krise?, DÖV 2009, 581ff.; Leisner, Markt- oder Verteilungs- staat?, JZ 2008, 1061ff.; Müller-Graff, Finanzmarktkrise und Wirtschaftsordnungs- recht: Aufwind für den „Regulierungsstaat“?, EWS 2009, 201ff. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 257 stränge näher in den Blick zu nehmen.14 Die folgenden Darstellungen sind daher im wesentlichen der Frage gewidmet, inwieweit die Herstellung ei- nes marktmäßigen Wettbewerbs durch die Verwaltung zur Gemeinwohl- erfüllung geboten oder zumindest sinnvoll erscheint. Nur gestreift wird daher die Einführung von Wettbewerb im Rahmen der Behördenorgani- sation. Gänzlich außer Betracht bleibt etwa die Mitwirkung der Verwal- tung im allgemeinen Wettbewerbsrecht, das die Beseitigung von uner- wünschten Marktentwicklungen zum Ziel hat15. In die Überlegungen wird auch die Kapitalmarktaufsicht nicht einbezogen, der es um die Erhaltung eines funktionsfähigen Kapitalmarktes durch Gwwährleistung von Ver- trauen geht.16 Überhaupt bilden einen etablierten Markt korrigierende und optimierende Maßnahmen durch die Verwaltung nicht den Haupt- aspekt meiner Ausführungen.17 Im Vordergrund steht vielmehr die Schaf- fung von Marktstrukturen durch die Verwaltung zur Erfüllung von Ge- meinwohlverpflichtungen durch die Marktteilnehmer.

II. Verwaltung, Gemeinwohl und Wettbewerb

Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Thematik setzt allerdings einige allgemeine Überlegungen zur Beziehung von Verwaltung, Ge- meinwohl und Wettbewerb voraus. Als Verwaltung kann dabei für den vorliegenden Zusammenhang (gemäß der „Substraktionsmethode“18) die Staatstätigkeit außerhalb der Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit verstanden werden.19 Von der Verwaltung wird angenommen, dass sie

14 Sehr wohl umfassen die folgenden Darlegungen aber die Beauftragung Privater mit gemeinwirtschaftlichen Leistungen und eine damit allenfalls verbundene Schaf- fung eines Marktes (zB für bestimmte soziale Berufe), den es ohne Vergabe der Leis- tung durch den Staat nicht gäbe. 15 Masing, Soll das Recht der Regulierungsverwaltung übergreifend geregelt wer- den?, GA D zum 66. Deutschen Juristentag (2006) 48, 50. 16 Dazu jüngst Bumke, Kapitalmarktregulierung, Die Verwaltung 41 (2008), 227 (232). 17 Siehe unter diesem Gesichtspunkt Hecker, Marktoptimierende Wirtschaftsaufsicht (2007) 1ff. 18 Zu den (hier nicht weiter zu verfolgenden) Schwierigkeiten des Verwaltungs- begriffes nach der „Substraktioinsmethode“ siehe etwa Musil (Fn. 5), 10 f; Ehlers, Ver- waltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: Ehrich- sen/Ehlers (Hrsg), Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, 1 (7), jeweils mwN. 19 ZB Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht, Neudruck 1999, 6. Der „Staat“ wird hier als Organisationseinheit verstanden, die das Funktionieren einer Verfassung ge- währleistet. Aus den einzelnen Verfassungen können jeweils auch mehrere Staatsbe- griffe abgeleitet (dazu etwa Rill [Fn. 1] 100) und damit etwa vom Begriff des Staates 258 Michael Potacs einer Gemeinwohlverpflichtung unterliegt.20 Dem ist bereits im Hinblick auf die Konzeption demokratischer Staaten beizupflichten, die in den einzelnen Verfassungen ihren positivrechtlichen Niederschlag findet21. Demokratien werden nun einmal gegründet oder entwickeln sich, um das Wohl ihrer Bürger zu gewährleisten. Und die Verwaltung ist eben (wie im übrigen auch die Gerichtsbarkeit) dazu berufen, den Willen des demokratisch bestellten Gesetzgebers zu vollziehen.22 Diese prinzipielle Gemeinwohlbindung besteht ungeachtet der Tatsache, dass über Inhalt und Umsetzung von Gemeinwohlbelangen in einer Demokratie unter- schiedliche Vorstellungen bestehen. Dieses allgemeine Verständnis von Gemeinwohl stellt zugegebenermaßen kein scharfes Abgrenzungskrite- rium dar23 und wirft überdies so manche Frage auf24. Für die folgenden Darlegungen kann aber außer Streit gestellt werden, dass die Verwaltung einer Gemeinwohlverpflichtung in diesem (weiten) Sinn unterliegt. Doch auch diese Einsicht bedeutet keineswegs, dass die Verwaltung diese Aufgaben des Gemeinwohls stets im Rahmen ihrer eigenen Be- hördenorganisation wahrzunehmen hat. Vor allem sagt die prinzipielle Gemeinwohlbindung auch nichts über die spezifische Form der Ver- waltungsführung aus. Diese basiert traditionell auf einem hierarchisch- monokratischem Bürokratiemodell, das durch Tugenden wie Recht- und Ordnungsmäßigkeit, Bindung an relativ streng determinierende im engeren Sinn (Gebietskörperschaften wie Bund, Länder und Gemeinden) jener des Staates im weiteren Sinn (zB Gebietskörperschaften, gesetzliche Interessensvertretun- gen, von den Gebietskörperschaften beherrschte Rechtsträger) unterschieden wer- den. Die folgenden Ausführungen haben zwar in erster Linie den Staat im engeren Sinn im Auge. Unter „Staat“ werden allerdings auch Einrichtungen des Staates im weiteren Sinn verstanden. 20 ZB Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, VVDStRL 60 (2001), 416 (418ff); Musil (Fn. 5), 28. 21 Dazu zB Krölls (Fn. 4), 139; Löwer (Fn. 20), 420ff.; Musil (Fn. 5), 414. Siehe Art 5 Abs 1 der Schweizer Verfassung, wonach staatliches Handeln „im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismäßig sein muss“. Zu verfassungsrechtlichen Gemeinwohlver- pflichtungen in Österreich siehe Rill, Staatsaufgaben aus rechtlicher und rechtspoliti- scher Sicht, in: Potacs/Rondo-Brovetto (Hrsg), Beiträge zur Reform der Kärntner Landesverwaltung (2001) 9 (12ff). 22 Krüger, Allgemeine Staatslehre (1964) 764, weist darauf hin, dass sich historisch „die Idee des Gemeinwohls gegen jene Art von Fürstentum gerichtet“ hat, „das sich ungeschieden als Sachverwalter seines Hauses wie seiner Völker verstand, das also in sich die Scheidung von Amtsträgern und Privatpersonen noch nicht vollzogen hatte“. 23 Siehe Potacs, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen von Public Private Partnerships, in: Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht (Hrsg), Public Private Partnerships (2003) 27 (32). Vgl. auch Löwer (Fn. 20), 428. 24 Insbesondere die Frage, inwieweit eine Betätigung zu Erwerbszwecken dem Ge- meinwohl entspricht. Siehe dazu etwa Löwer (Fn. 20), 418ff. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 259

Vorschriften, Verpflichtung auf das Gemeinwohl und strengem Gehor- sam gegenüber Vorgesetzten geprägt ist25. Die (insbesondere auch historischen) Verdienste einer derart organisierten Bürokratie, die nach Max Weber vor allem dem „Bedarf nach stetiger, straffer, intensiver und kalkulierbarer Verwaltung“26 Rechnung trägt, sind nicht zu bestreiten. Seit einiger Zeit werden jedoch die Nachteile dieses Systems deutlicher gesehen und Neigungen zu Missbrauch, Verknöcherung, Phantasielo- sigkeit, Verkrustung und vor allem zu Expansion, Ausgabensteigerung und Vergeudung konstatiert.27 Die Gründe für diese Effizienzprobleme sind gewiss vielfältig, doch kaum jemand hat sie so deutlich auf den Punkt gebracht wie Josef Schumpeter, wenn er einmal meinte: „Die bürokratische Methode der Geschäftsführung und die moralische At- mosphäre, die sie verbreitet, üben zweifellos oft einen deprimierenden Einfluss gerade auf die aktivsten Menschen aus“28. Was liegt bei einer solchen Einsicht näher, als die Gemeinwohlerfüllung so weit wie mög- lich dem marktmäßigen Wettbewerb zu überlassen, der diese atmo- sphärischen Probleme allem Anschein weniger stark aufweist und die Bedürfnisse der Allgemeinheit letztlich kostengünstiger und besser zu befriedigen vermag? Denn die Vorzüge des marktmäßigen Wettbewerbs werden im allge- meinen auf zwei Umstände zurückgeführt: Zum einen ist es die indivi- duelle Gewinnabsicht, die nach größtmöglicher Wertschöpfung strebt29 und so durch die erwähnte „unsichtbare Hand“ geleitet auch das allge- meine Wohl fördert30. Zum anderen zwingt die Konkurrenz die Markt- akteure zu rationeller Produktion und möglichst kostengünstigen und qualitätsvollen Angeboten.31 Auf Grund dieser Annahmen schließen Gewinnstreben und Gemeinwohl einander keineswegs aus32, so ferne nur das Gewinnstreben unter Wettbewerbsdruck erfolgt. Will die staat- liche Verwaltung diese Einsicht zur Wahrung der ihr obliegenden Ge- meinwohlverantwortung nutzbar machen, so muss sie insbesondere in bislang von staatlicher oder staatsnaher Leistungserfüllung dominierten

25 ZB Lüder (Fn. 7), 94. 26 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Erster Halbband (1964) 165. 27 So etwa bereits Pernthaler, Allgemeine Staatslehre und Verfassungslehre (1986) 173. 28 Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 4. Auflage 1975, 330. 29 Siehe etwa Smith (Fn. 2), 466. 30 Kube, Öffentliche Aufgaben in privater Hand – Sachverantwortung und Finan- zierungslast, Die Verwaltung 41 (2008) 1 (3). 31 Dazu etwa Smith (Fn. 2), 731f. 32 So etwa auch Heintzen, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatlicher Verantwortung, VVDStRL 62 (2003) 222 (237 f). 260 Michael Potacs

Bereichen zu allererst einmal wirksamen Wettbewerb herstellen. Auch Anhänger eines relativ weit gehenden Liberalismus wie Friedrich Hayek stellen außer Zweifel, dass die „erfolgreiche Anwendung des Wett- bewerbs … bestimmte Arten staatlicher Aktivität“33 notwendig macht. In Bezug auf die Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung bestehen dafür mehrere Möglichkeiten wie ein Ausschreibungswettbe- werb zur Vergabe von Gemeinwohlaufgaben (die „Vergaberegulie- rung“34), die Schaffung von Wettbewerb auf traditionell durch natürliche oder rechtliche Monopole geprägten Märkten (insbesondere die „Netz- regulierung“35) und schließlich die Initiierung von Wettbewerb inner- halb der staatlichen Behördenorganisation unter dem Leitbild des „Competitiv Government“36. In den ersten beiden (hier interessierenden Fällen) steht die Verwal- tung im Dienste des „Gewährleistungsstaates“, der den marktwirtschaft- lichen Wettbewerb als Instrument der Gemeinwohlverwirklichung ein- setzt37. Die Verwaltung hat für die Rahmenbedingungen zu sorgen, damit die Gemeinwohlaufgaben in der Konkurrenzsituation des Mark- tes bestmöglich erfüllt werden. Aus staatspolitischer Perspektive ist für die Unterwerfung unter das Regime des „Gewährleistungsstaates“ freilich vorab die „Wettbewerbseignung“ von Gemeinwohlaufgaben zu klären.38 Denn selbst Wirtschaftsliberale wie Friedrich Hayek gehen nicht davon aus, dass ein marktmäßiger Wettbewerb überall Sinn macht. Hayek meint nur, „dass dort, wo ein echter Leistungswett- bewerb möglich ist, diese Methode der Wirtschaftssteuerung jeder anderen überlegen ist“39. Aber selbst wenn man diese doch recht weit gehende Auffassung nicht teilt, dann stellen sich immer noch konkret zwei Fragen: Für welche Gemeinwohlaufgaben trägt der Staat zwin- gend eine Erfüllungsverantwortung, die er im Rahmen seiner Staats- organisation wahrzunehmen hat? Und hinsichtlich welcher Gemein- wohlaufgaben erscheint es demgegenüber geboten oder zumindest

33 Hayek, der Weg zur Knechtschaft, 3. Aufl. 1952, 59. Eingehend zu diesem Aspekt Zellenberg, Der Staat in der Theorie des Neoliberalismus, WipolBl 2007, 245 (248ff.). 34 Zur Terminologie Masing, Regulierungsverantwortung und Erfüllungsverantwor- tung, VerwArch 95 (2004) 151 (153). 35 Zum Erfordernis einer solchen „Netzregulierung“ etwa Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre (2004) 95f.; Masing (Fn. 15), 50. 36 Nullmeier, Wettbewerb und Konkurrenz, in: Blanke/von Bandemer/Nullmeier/ Wewer (Hrsg), Handbuch zur Verwaltungsreform, 3. Aufl. 2005, 108 (112). 37 Schoch, Gewährleistungsverwaltung: Stärkung der Privatrechtsgesellschaft?, NVwZ 2008, 242 (245). 38 Siehe dazu bereits Krüger (FN 22) 473ff. 39 Hayek (Fn. 33), 58 (Hervorhebung von mir). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 261 zweckmäßig, sie einem durch Wettbewerb geprägten Markt zu überlas- sen und nur eine Gewährleistungsfunktion durch die staatliche Verwal- tung wahrzunehmen?

III. Verpflichtungen des Gemeinschaftsrechts

Eine Beantwortung dieser Fragen hat zunächst beim Gemeinschafts- recht anzusetzen, das sich zum Grundsatz einer „offenen Marktwirt- schaft mit freiem Wettbewerb“40 bekennt. Nach dem Vertrag von Lissa- bon soll diese Formulierung wegfallen und an ihre Stelle das Ziel einer „in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft“41 tre- ten, worin man wohl auch eine gewisse Akzentverschiebung sehen kann42. Doch schon derzeit verpflichtet das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten nur in eingeschränktem Umfang zur Gemeinwohlerfül- lung durch marktmäßigen Wettbewerb. So ist die Organisation weiter Bereiche öffentlicher Aufgabenwahr- nehmung unter „Staatsvorbehalt“ dem Zugriff des Gemeinschafts- rechts weitgehend entzogen.43 Dies kommt etwa in der Ausnahme von der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die öffentliche Verwaltung44 zum Ausdruck, die sich nach der Rechtsprechung des EuGH auf „die Wah- rung der allgemeinen Belange des Staates“ bezieht, die „ein Verhältnis besonderer Verbundenheit des Beschäftigten zum Staat“45 voraus- setzt.46 Nach Auffassung des Gerichtshofes unterliegt die Wahrneh-

40 Art 4 Abs. 1 EGV. 41 Art. 3 Abs. 3 der konsolidierten Fassung des Vertrages über die Europäische Union (ABl 2008/C 115/17). 42 Dagegen allerdings Schorkopf, Das Protokoll über die Dienste von allgemeinem Interesse und seine Auswirkungen auf das öffentliche Wettbewerbsrecht, WuV 2008, 253 (258 f); Nowak, Binnenmarktziel und Wirtschaftsverfassung der Europäischen Union vor und nach dem Reformvertrag von Lissabon, EuR – Beiheft 1–2009, 129 (185, 191 f). 43 Dazu bereits Potacs, Europäischer Leistungsstaat im Wandel, in: Öhlinger FS (2004) 486 (490 f). 44 Art 39 Abs 4 EGV. Siehe weiters Art 45 und Art 55 EGV, wonach die Vorschrif- ten über die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht auf Tätigkeiten anzu- wenden sind, die „dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt ver- bunden sind“, worunter der EuGH eine „unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt“ versteht; EuGH Rs. C-42/92 (Thiyssen), Slg. 1993, I-4047, Rn. 8. 45 ZB EuGH Rs. 149/79 (Kommission/Belgien), Slg. 1980, 3881, Rn. 10. 46 Näher etwa Schneider/Wunderlich, Art 39 EGV, in: Schwarze (Hrsg), EU-Kom- mentar, 2. Aufl. 2009, 608 ff; Rn. 131ff. 262 Michael Potacs mung „wesentlicher Staatsaufgaben“ bzw „typisch hoheitlicher Befug- nisse“47 auch nicht den Anforderungen des EG-Wettbewerbsrechts. Konkret wird dazu etwa die „Überwachung zur Bekämpfung der Um- weltverschmutzung“48, die Überwachung des nationalen Flugraums und das staatliche Bildungswesen49 gezählt. Es besteht kein Zweifel, dass davon „die Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit, die Justizverwaltung“ sowie „die Pflege der auswärtigen Beziehungen“50 ebenfalls erfasst ist. Aber auch Angelegenheiten der Verwaltungspolizei wird man mit guten Gründen dazu zählen können. Schließlich findet nach ständiger Rechtsprechung des EuGH das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft auch auf gesetzliche Sozialversicherungen keine Anwen- dung, die auf dem „Grundsatz der Solidarität“ basieren.51 In diesen Angelegenheiten ist ein staatlicher Erfüllungsvorbehalt gemeinschafts- rechtlich zulässig, wobei die Organisation der staatlichen Leistungs- erbringung an Grundfreiheiten und das gemeinschaftsrechtliche Diskri- minierungsverbot52 sowie im Beschaffungswesen an das Vergaberecht der Gemeinschaft gebunden ist. Differenzierter stellt sich allerdings die Situation in Bezug auf die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gemäß Art 86 Abs 2 EGV dar. Ein erheblicher Teil dieser Dienstleistungen wie die Telekommunikations-, Strom-, Gas-, Verkehrs- und Postversorgung wurde durch Sekundärrechtsakte der Gemeinschaft liberalisiert. Hier haben die Mitgliedstaaten die Gemeinwohlerfüllung weitgehend dem Wettbewerb zu überlassen, der allerdings durch gemeinschaftsrechtlich gebotene „unabhängige“53 Regulierungsbehörden in diesen durch na- türliche Monopole geprägten Bereichen vielfach erst hergestellt werden muss. Insoweit stellt der „Gewährleistungsstaat“ tatsächlich das „Euro- päische Gesellschaftsmodell“ dar.54 Andere Angelegenheiten wie die

47 EuGH, Rs. C 343/95 (Diego Cali), Slg. 1997, I-1547, Rn. 22. 48 Slg. 1997, I-1547, Rn. 24. 49 Pernice/Wernicke, Art. 86 EGV, in: Grabitz/Hilf (Hrsg), Das Recht der Europäi- schen Union, Band 2, 21. Ergänzungslieferung 2003, 9, Rn. 16. 50 Mitteilung der Kommission zu Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa vom 20. 9. 2000, KOM (2000) 580 endgültig, 13. 51 Zuletzt EuGH, 5. 3. 2009, Rs. C-350/07 (Kattner Stahlbau GmbH), Rn. 34ff. 52 Kritisch zu diesbezüglichen Entwicklungen in der Rechtsprechung des EuGH etwa Hailbronner, Die Unionsbürgerschaft und das Ende rationaler Jurisprudenz durch den EuGH, NJW 2004, 2185ff.; Griller, Vom Diskriminierungsverbot zur Grundrechtsgemeinschaft? Oder: Von der ungebrochenen Rechtsfortbildungskraft des EuGH, in: Schäffer-FS (2006) 21ff. 53 Dazu Masing (Fn. 15) 80f. 54 Schoch (Fn. 37), 243. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 263

Abfallwirtschaft, die Wasserversorgung, die Abwasserbehandlung oder soziale Leistungen wie Rettungsdienste55 unterliegen dem primär- rechtlichen Vorbehalt des Art 86 Abs 2 EGV, der nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH den Mitgliedstaaten doch einen gewissen Spielraum einräumt56. Man kann diese Rechtsprechung wohl in einem größeren Zusammenhang sehen, zu dem auch die Verankerung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse in Art 16 EGV und in Art 36 der Grundrechtecharta gehören.57 Sie findet jedenfalls im „Protokoll über Dienste von allgemeinem Interesse“ zum Lissabon- Vertrag ihre Bestätigung, wo der „weite Ermessenspielraum“ nationaler Behörden bei der Sicherstellung dieser Dienste betont wird.58 Damit sind die nationalen Behörden gewiss nicht von jeglicher Verpflichtung bei der Herstellung von Wettbewerb entbunden59, doch dürfte ihnen je- denfalls eine gewisse Wahl zwischen Gemeinwohlerfüllung durch staat- liche Leistungserbringung und Gewährleistung einer Gemeinwohlerfül- lung durch Wettbewerb eingeräumt sein. Diese Einschätzung wird durch die Rechtsprechung des EuGH zu öffentlichen Aufträgen bestätigt, die grundsätzlich im Wettbewerb zu vergeben sind. Das gilt auf Grund des Primärrechts auch für Dienstleis-

55 EuGH, Rs. C-475/99 (Glöckner), Slg. 2001, I-8089, Rn. 55. Zur Qualifikation von sozialen Diensten als Dienstleistungen von allgemeinen wirtschaftlichen Interesse Damjanovic/De Witte, Welfare Integration through EU Law: The Overall Picture in the Light of the Lisbon Treaty, in: Neergaard/Nielsen/Roseberry (Hrsg), Integrating Welfare Functions into EU Law (2009) 53 (63ff.), sowie die Mitteilung der Kommis- sion zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse unter Einschluss von Sozialleis- tungen: Europas neues Engagement, KOM (2007) 725, endgültig, 9 56 Koenig/Kühling, Art 86, in: Streinz (Hrsg), EUV/EGV (2003) 1130, Rn. 36; Jung, Art 86, in: Calliess/Ruffert (Hrsg), EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, 1141, Rn. 35; Voet van Vormizeele, Art 86, in: Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, 973, Rn. 68ff. 57 Potacs (Fn. 43), 502f. 58 Dazu Wuermeling, Auswirkungen des Lissabonner Vertrages auf die Daseinsvor- sorge, WuV 2008, 247 (250). Auch die nationalen Gesundheitssysteme können als Dienstleisungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse angesehen werden; siehe oben Fn. 55. Diese werden vom EuGH auch anhand der Grundfreiheiten geprüft, wobei der Gerichtshof hier ebenfalls einen beachtlichen Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten anerkennt. So beanstandete er jüngst das System der Bedarfsprüfung im österreichischen Krankenanstaltenrecht nicht als solches, sondern sah nur seine konkrete Ausgestaltung als gemeinschaftsrechtswidrig an; EuGH 10. 3. 2009, Rs. C-169/07 (Hartlauer), Rn. 41 ff; dazu Joklik, Das „Hartlauer-Urteil“ des EuGH und seine Folgen für die Bedarfsprüfung, RdM 2009, 147ff. Auch das „Fremdbesitzverbot“ im deutschen und italienischen Apothekenrecht hielt der EuGH mit dem EG-Recht für vereinbar; EuGH 19. 5. 2009, verb Rs C-171/07 und C-172/07 (Schneider ua); EuGH 19. 5. 2009, Rs. C-531/06 (Kommission/Italien). 59 Siehe dazu unten bei Fn. 130. 264 Michael Potacs tungskonzessionen die sich wie etwa die Betrauung von Unternehmen mit dem Betrieb eines Nahverkehrsdienstes60, eines gemeindeeigenen Parkplatzes61 oder eines Kabelfernsehnetzes62, mitunter nur der Rechts- form (Vertrag63 statt Hoheitsakt64), nicht aber der Sache nach von Dienstleistungen gemäß Art 86 Abs 2 EGV unterscheiden. Für das Vergaberecht hat der EuGH in einer Reihe von Urteilen klargestellt, dass die Verpflichtung zur wettbewerbsmäßigen Vergabe öffentlicher Aufträge nicht für so genannte „In-house-Vergaben“ gilt, die Vergabe- vorgänge an Unternehmen betreffen, an denen kein Privater beteiligt ist65, die vielmehr ausschließlich einem oder mehreren Rechtsträgern der öffentlichen Hand gehören (so genanntes „Verbandsmodell“66) und damit letztlich staatliche Eigenleistungen darstellen. Auch hier lässt die jüngste Rechtsprechung eine eher großzügige Haltung des EuGH durchblicken.67 Alles in allem kann man also sagen, dass die Gemeinschaft einerseits die Gemeinwohlerfüllung durch marktmäßigen Wettbewerb zwar in er- heblichem Umfang einfordert. Andererseits lässt sie den Mitgliedstaa- ten doch auch einen gewissen Gestaltungsspielraum, um Gemeinwohl- aufgaben insbesondere im Rahmen staatlicher Organisationseinheiten wahrzunehmen. Trotz fortschreitender europäischer Integration lässt das Gemeinschaftsrecht somit genügend Raum, um die Diskussion

60 EuGH Rs. C-410/04 (ANV), Slg. 2006, I-3303. 61 EuGH Rs. C-458/03 (Parking Brixen), Slg. 2005, I-8612. 62 EuGH 13. 11. 2008, Rs. C-324/07 (Coditel Brabant). Siehe weiters jüngst EuGH 10. 9. 2009, Rs. C-206/08 (WAZV Gotha), Rz 46ff. in Bezug auf eine Dienstleistungs- konzession zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbehandlung. 63 Siehe in Bezug auf Dienstleistungskonzessionen Art. 1 Abs 4 der RL 2004/18/EG, ABl C 135/127. 64 ZB Voet van Vormizeele (Fn. 56), 970, Rn. 60. 65 Siehe dazu EuGH Rs. C-26/03 (Stadt Halle), Slg. 2005, 1, Rz 50. 66 Potacs, Aktuelle EuGH-Judikatur: Konsequenzen aus EuGH Stadt halle und Par- king Brixen, in: Schramm/Aicher (Hrsg), Vergaberecht und PPP III (2006) 121 (122). Siehe dazu aus jüngerer Zeit EuGH Rs. C-340/04 (Carbotermo), Slg. 2006, I-4137, Rn. 36 ff; EuGH Rs. C-295/05 (Asemfo), Slg. 2007, I-2999, Rn. 49 ff; EuGH Rs. C-410/04 (ANAV), Slg. 2006, I-3303, Rn. 26 ff; EuGH 13. 11. 2008, Rs. C-324/07 (Coditel Brabant), Rn. 27 ff; EuGH 9. 6. 2009, Rs. C-480/06 (Kommission/Deutsch- land), Rz 45; EuGH 10. 9. 2009, Rs. C-573/07 (Sea), R. 59, 79. Siehe dazu etwa auch Krajewski/Wethkamp, Die vergaberechtsfreie Übertragung öffentlicher Aufga- ben, DVBl 2008, 355ff. Siehe aber auch Art 5 Abs 2 lit a) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, wo die vom EuGH entwickelten Anforderungen an In-House-Vergaben gelockert wurden. 67 EuGH 13. 11. 2008, Rs. C-324/07 (Coditel Brabant), Rn. 47, und dazu Wagner, EWS 2009, 45. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 265

über die Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb auf staatlicher Ebene zu führen, wobei die dabei herauszuarbeitenden Kriterien durchaus ein Maßstab für eine kritische Prüfung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben sein können.

IV. Effizienzsteigerung durch Wettbewerb?

1. Marktwettbewerb oder staatlicher Erfüllungsvorbehalt? a) Staatliche Erfüllungsvorbehalte? Diese Diskussion kann bei der Frage ansetzen, ob und inwieweit die Erfüllung bestimmter Gemeinwohlaufgaben zwingend im Rahmen der staatlichen Organisation (also durch staatlichen Erfüllungsvorbehalt) zu erfolgen hat. Zwar ist einzuräumen, dass prinzipiell jede staatliche Auf- gabe bis zu einem gewissen Grad auch von privaten Unternehmen übernommen und damit grundsätzlich dem Wettbewerb überlassen werden kann.68 Doch ist auszuschließen, dass funktionsfähige Staaten zur Gänze ohne staatliche Erfüllungsverantwortung auskommen kön- nen. Davon ist nicht nur deshalb auszugehen, weil bereits ein wirk- samer Marktwettbewerb stets auch bestimmtes staatliches Handeln erfordert (wie die Einführung eines Geldsystems, einer Wettbewerbs- ordnung und eines effektiven Rechtsschutzes).69 Vielmehr zwingt jede Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben zu einem Minimum an staatlicher Eigenorganisation. Das betrifft einmal jene Angelegenheiten, die von Georg Jellinek als „exklusive Staatszwecke“ bezeichnet werden und zu denen der Schutz der Gemeinschaft nach Innen und nach Außen sowie die Rechtspflege gehören.70 Freilich ist mit der Qualifikation als „exklu-

68 Engel, Die öffentliche Hand zwischen Innen- und Außensteuerung, in: Henneke (Hrsg), Organisation kommunaler Aufgabenerfüllung (1998) 145 (148, 186). Siehe auch Franzius, Der Gewährleistungsstaat, Verwaltungsarchiv 99 (2008) 351 (352). 69 Hayek (Fn. 33), 60; Wallerath (Fn. 5), 216; Zellenberg (Fn. 33), 248f. 70 Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl. 1976, 255ff. Es kann hier dahingestellt bleiben, welche Staatsaufgaben sich aus dem „Wesen“ des Staates gewinnen lassen; dazu die Beiträge von Ress und Linck zum Thema „Staatszwecke im Verfassungsstaat – nach 40 Jahren Grundgesetz. Die Bewältigung der wissenschaftlichen und techni- schen Entwicklung durch das Verfassungsrecht“, VVDStRL 48 (1990); siehe auch be- reits Smith (Fn. 2), 673ff. Kritisch dazu aber Schuppert, Verwaltungswissenschaft (2000) 103, mwN. Überschießend erscheint es jedenfalls, wenn Merkl (Fn. 19), 294, meint, „dass die vermeintlich wesensnotwendigen Staatszwecke lediglich rechtspoli- tisch erwünscht sind“. Allerdings ist der genaue Umfang dieser „exklusiven“ Staats- zwecke zweifellos nicht statisch, sondern hängt von der gesellschaftlichen Entwick- 266 Michael Potacs sive Staatsaufgabe“ noch nicht zwingend verbunden, dass diese Auf- gabe durch den Staat selbst erbracht werden muss.71 Zeigt doch schon die Geschichte, dass etwa die Sicherheit nach Außen häufig durch Söldnerheere übernommen wurde72 und auch in der Gegenwart wird die Gewährleistung der inneren Sicherheit nicht selten privaten Sicher- heitsdiensten übertragen73 und die Rechtspflege auch durch private Schiedsgerichte74 wahrgenommen.75 Gänzlich kann ein funktionierendes Staatswesen gewisse Angelegen- heiten aber schon deshalb nicht aus der Hand geben, weil dann die Sicherung der staatlichen Macht und damit – worauf auch das BVerfG im jüngst ergangenen Urteil zum Lissabon-Vertrag abstellt76 – die von demokratischen Verfassungen geforderte Wahrung der demokratisch legitimierten Souveränität nicht mehr gewährleistet wäre.77 Hinzu kommt, dass der Staat zumindest als „Arrangeur“78 (zB durch Aus- schreibung oder Reglementierung) der Gemeinwohlerfüllung durch lung und den damit verbunden Wertvorstellungen ab. In modernen Gesellschaften können auch bestimmte Formen der Daseinsvorsorge (zB Altersvorsorge, Strassen- bau) zu den „exklusiven“ Staatszwecken gehören. Letztlich muss im demokratischen Willensbildungsprozess geklärt werden, welche Aufgaben jeweils zu den „exklusiven“ Staatsaufgaben gehören; Heintzen (Fn. 32), 228; Voßkuhle, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2003) 266 (274f); Röber (Fn. 8), 89. 71 Gusy, Der Wandel präventiver Schutzgewährung in der staatlichen Finanzkrise, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht (1998) 175 (176); Bull (Fn. 8), 9. Siehe bereits Jellinek (Fn. 70), 255. 72 Heller, Zum Begriff der Kernaufgaben des Staates, in: Schäffer-FS (2006) 241 (247). 73 ZB Stober, Neues Sicherheitsdenken im kooperativen Staat, in: Schäffer-FS (2006) 795ff. 74 Dazu Heller (Fn. 72), 249f. 75 Weitere Beispiele etwa bei Butzer, Wirtschaftlichkeit im Verwaltungsrecht, in: Blanke/von Bandemer/Nullmeier/Wewer (Hrsg), Handbuch zur Verwaltungsreform, 3. Aufl. 2005, 392 (397); Raschauer, Verwaltungsaufgaben, in: Holzinger/Oberndor- fer/Raschauer (Hrsg), Österrreichische Verwaltungslehre, 2. Aufl. 2006, 181 (226). Siehe auch jüngst Mühlenkamp, (Teil-)Privatisierung von Justizvollzugsanstalten, DÖV 2008, 525. 76 BVerfG, 2 BvE vom 30. 6. 2009, Absatz-Nr. 248f; 351. 77 Siehe bereits Krüger (Fn. 22), 474. Diese Gefahr ist im vorliegenden Zusammen- hang vor allem deshalb nicht zu unterschätzen, weil bei der Aufgabenerfüllung durch Marktakteure private Gewinninteressen im Vordergrund stehen, die mit den von den Staaten zu verfolgenden öffentlichen Interessen nicht unbedingt im Einklang stehen müssen; Brede, Grundzüge der öffentlichen Betriebswirtschaftslehre, 2. Aufl. 2005, 46. Siehe dazu auch Penski, (Fn. 4), 96, wonach in Neuseeland die „Vermarktung“ der Verwaltung Auswirkungen auf den Zusammenhalt der Gesellschaft gehabt habe. 78 Schuppert (Fn. 70), 281. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 267 privates Handeln zur Verfügung stehen muss, was wiederum nicht ohne staatliche Leistungserbringung erfolgen kann. Aus diesem zuletzt ge- nannten Grund erfordert auch die marktmäßige Erfüllung jener Staats- aufgaben ein Minimum an staatlicher Organisation, die (wie etwa die Wahrnehmung von bestimmten Leistungen der Daseinsvorsorge) im weitgehenden rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers stehen und von Georg Jellinek als (zu privaten Initiativen) „konkurrierende Staats- aufgaben“ bezeichnet werden.79 Dieses staatliche Minimum ist freilich umso größer, je mehr eine Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb eine aktive Gestaltung der Verwaltung erfordert. Der konkrete Umfang rechtlich gebotener „Kernaufgaben“ des Staa- tes ist allerdings den jeweiligen Verfassungen und da wiederum den Zuständigkeitszuweisungen an staatliche Behörden80, den Beamtenvor- behalten81 sowie in gewissen Umfang wohl auch den grundrechtlichen Schutzpflichten82 zu entnehmen. Herkömmlicher Weise werden dazu jene Angelegenheiten gezählt, deren Erfüllung in einem funktionieren- den Staatswesen zumindest in gewissem Umfang in einem besonderen Loyalitätsverhältnis zum Staat stehenden Amtsträgern vorbehalten sind, mögen manche dieser Aufgaben ergänzend auch durch Private wahrge- nommen werden.83 Dazu gehören jedenfalls einmal die Gewährleistung der Sicherheit nach Innen und nach Außen, die Außenbeziehungen, typische Bereiche der Hoheitsverwaltung und die Strafgewalt84, wes- halb die dargelegten Staatsvorbehalte der Gemeinschaft wohl auch

79 Jellinek (Fn. 70), 263. Diese „konkurrierenden“ Staatsaufgaben sind in beson- derer Weise historisch bedingt; dazu etwa Raschauer, Staatliche Kernaufgaben – Notwendigkeit oder Fiktion, in: ÖJK (Hrsg), Entstaatlichung. Gefahr für den Rechts- staat? (2002) 107 (108 f). Vgl. auch Schuppert (Fn. 70), 924f. 80 Rill (Fn. 1), 106. Für Deutschland etwa Krölls (Fn. 4), 136 ff; Musil (Fn. 5), 414f, sowie insbesondere zur Problematik der „Privatisierung“ der Flugsicherung im Hin- blick auf Art 87d Abs 1 GG Baumann, Bundeseigenverwaltung und Wettbewerb?, DVBl 2006, 332ff.; Kämmerer, Privatisierung und Staatsaufgaben: Versuch einer Zwi- schenbilanz, DVBl 2008, 1005 (1013f). 81 Für Deutschland etwa Krölls (Fn. 4), 135; Musil (Fn. 5), 415; Kirchhof, Rechts- folgen der Privatisierung, AÖR 132 (2007) 215 (248); Pilz, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens, DÖV 2009, 102 (103ff). In Bezug auf Österreich zB Baumgartner, Zur verfassungsrechtlichen Verankerung des Berufsbeamtentums, ZfV 2003, 270ff. 82 ZB Rill (Fn. 1) 106; Heller (Fn. 72), 251. Grundlegend Holoubek, Grundrechtliche Gewährleistungspflichten (1997) 243ff. 83 Dazu Musil (Fn. 5), 416; Heller (Fn. 72), 251 ff; Raschauer (Fn. 79), 226. 84 Dazu in Bezug auf die deutsche Verfassungsrechtslage etwa Krölls (Fn. 4), 135; Kirchhof (Fn. 81), 248f. Zu staatlichen „Kernaufgaben“ nach der österreichischen Verfassung siehe etwa VfSlg 14473/1996, 16400/2001, 16995/2003, 17341/2004, 17421/2004. Dazu insbesondere Heller (Fn. 72), 253f. 268 Michael Potacs nicht zufällig gerade diese Bereiche umfassen. Für die Ermittlung der staatlicher „Kernaufgaben“ ist aber auch Art 16 EGV nicht ohne Bedeutung, der den Mitgliedstaaten (neben der Gemeinschaft) die Sicherstellung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse aufträgt und insoweit jedenfalls eine Gewährleistungsverant- wortung durch die staatliche Verwaltung einfordert. Außerhalb dieses staatlichen „Kernes“ kann eine Gemeinwohlerfül- lung durch marktmäßigen Wettbewerb verfassungsrechtlich entweder geboten85 oder zumindest zulässig sein. Verfassungsrechtliche Gebote können sich etwa aus organisationsrechtlichen Vorschriften wie Art 87f GG hinsichtlich des Post- und Telekommunikationswesens ergeben.86 Sie können insbesondere aber auch aus wirtschaftlichen Grundrechten (wie insbesondere der Berufs- und Erwerbsfreiheit) folgen, wobei jeden- falls in Österreich trotz einer verfassungsrechtlichen Grundentschei- dung für eine Wettbewerbsordnung87 dennoch von einem erheblichen wirtschaftspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers auszuge- hen ist88. Ein solcher besteht aber auch im Hinblick auf aus wirtschaft- lichen Grundrechten ableitbaren Schutzpflichten89, weshalb sich ein individueller verfassungsrechtlicher Anspruch auf konkrete gesetzliche Maßnahmen zur Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung wohl nur schwer begründen lässt90.

85 Inwieweit sich aus Grundrechten Privatisierungsgebote (zB Eigentum, Erwerbs- freiheit) ergeben können, ist den einzelnen Verfassungen zu entnehmen. Privatisie- rungsgebote können allenfalls auch aus verfassungsrechtlichen Wirtschaftlichkeits- geboten (dazu unten) sowie aus „Subsidiaritätsklauseln“ in Gemeindeordnungen (dazu für Deutschland etwa Löwer [Fn. 20], 438f., und für Österreich Potacs [Fn. 23] 37f) abgeleitet werden. 86 Dazu etwa Krölls (Fn. 4), 137; Musil (Fn. 5), 68ff.; von Danwitz, Was ist eigentlich Regulierung?, DÖV 2004, 977 (983f). 87 Siehe bereits VfSlg 3118/1956. Grundlegend dazu Korinek, Die verfassungsrecht- liche Garantie einer marktwirtschaftlichen Ordnung durch die österreichische Bun- desverfassung, WipolBl 1976, 87 (93ff). 88 Berka, Die Grundrechte (1999) 426f, Rn. 762f. 89 Berka (Fn. 88), 63, Rn. 106. In diesem Sinne wohl auch für Deutschland Voß- kuhle (Fn. 70), 297 f; Hecker (Fn. 17), 218f, jeweils mwN. Siehe allerdings auch Löwer (Fn. 20), 444ff. 90 Durch den EU-Reformvertrag soll die Grundrechtecharta Verbindlichkeit erlan- gen, die in Art 36 ein Grundrecht auf Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse enthält. Die Formulierung dieses Grundrechtes („wie er durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten im Einklang mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft geregelt ist“) sowie das Protokoll Nr 26 zum Reformvertrag lassen allerdings darauf schließen, dass den Mit- gliedstaaten auch danach bei der Sicherung dieser Dienste ein relativ weiter Ermes- senspielraum zukommt. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 269

Die Gemeinwohlerfüllung im Wege der Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung ist daher zunächst einmal in politischer Hinsicht zu diskutieren. b) Gemeinwohlerfüllung durch Marktwettbewerb? Zu allererst ist dabei zu überlegen, inwieweit sich die Herstellung von Wettbewerb der Sache nach zur Gemeinwohlerfüllung eignet, was etwa für die Netzregulierung von Wassermärkten91 und die Vergaberegulie- rung bestimmter sozialer Dienstleistungen (zB Sozial- und Jugend- hilfe)92 in Frage gestellt wird. Davon abgesehen ist aber insbesondere zu prüfen, ob die Gemeinwohlerfüllung durch marktmäßigen Wett- bewerb gegenüber der staatlichen Leistungserbringung effizienter erscheint. Dabei spielt die Kostenersparnis für die öffentliche Hand auf Grund des Preisdruckes der Marktkonkurrenz gewiss eine Rolle93, zumal der öffentlichen Hand wohl nicht ganz zu Unrecht eine geringere Neigung zur Kosteneffizienz beigemessen wird als der Privatwirt- schaft.94 Andererseits müssen aber auch die mit der Gemeinwohlerfül- lung durch Wettbewerb verbundenen Transaktionskosten in Rechnung gestellt werden, die gerade die Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung hervorrufen kann.95 Das sind beim Vergabewettbewerb etwa die Kosten für die Ausschreibung, die vergleichsweise höheren Preise wegen des Wegfalls (preisdrückender) individueller Verhandlun- gen sowie die Kosten allfälliger Rechtsstreitigkeiten und im Bereich der Netzregulierung der nicht geringe Kontrollaufwand für die Regulie- rungsbehörden. Es sind eben die Kosten für das Gemeinwohlziel eines fairen Wettbewerbs, die von vorneherein unter Effizienzaspekten in die Waagschale zu werfen sind. Wegen der Gemeinwohlverpflichtung der Verwaltung ist die Effizienz einer von ihr getroffenen Maßnahme überdies stets auch unter dem Blickwinkel ihrer Ergiebigkeit im Hinblick auf das Erreichen von Ge-

91 ZB Masing (Fn. 34), 156 ff; derselbe (Fn. 15), 63f.; Hattenberger, Liberalisierung der Wasserversorgung, bbl 2006, 1 (3). Zur Möglichkeit der Vergaberegulierung der Wasserversorgung („Wettbewerb um den Markt“) siehe Masing, (Fn. 34), 158ff. 92 Bieback, Effizienzanforderungen an das sozialstaatliche Leistungsrecht, in: Hoff- mann/Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg), Effizienz als Herausforderung an das Verwal- tungsrecht (1998) 127, 129f.; Penski (Fn. 4), 89. 93 Masing, (Fn. 34), 169. 94 Dazu insbesondere Engel (Fn. 68), 153f., 159f. Siehe auch Röber (Fn. 8), 91. 95 Siehe zB Hoffmann-Riem (Fn. 4), 54; Röber (Fn. 8), 92; Mühlenkamp (Fn. 75), 527ff. Nach Bieback (Fn. 92), 166, zeigen Analysen, dass Kostenvorteile nur dort ein- treten, wo Leistungen standardisierbar sind. 270 Michael Potacs meinwohlzielen zu beurteilen.96 Unabhängig von ihrer jeweiligen Ver- ankerung im positiven Recht97 kann daher die Forderung nach Wirt- schaftlichkeit für die öffentliche Hand schon deshalb nur als Optimie- rungsgebot98 verstanden werden. Die Beachtung des Gemeinwohls verlangt außerdem, dass nicht nur die Effizienz gegenüber dem Staat, sondern auch gegenüber den Bürgern im Auge behalten wird. Kosten- ersparnis und Qualitätssicherung müssen daher insbesondere auch gegenüber diesem Personenkreis gewährleistet sein, was zu erheblichen staatlichen Beschränkungen (zB des Krankenkassenwettbewerbs in Deutschland99) oder eben zu einem beachtlichen (wenn nicht sogar un- verhältnismäßigem) Aufwand für die Aufrechterhaltung einer wirksa- men Gewährleistungsverwaltung führen kann. Schließlich ist auch noch zu bedenken, ob in die Überlegungen nur die Vorteile der unmittelba- ren Nutzer von Leistungen (zB von Patienten) oder auch die Interessen mittelbar Betroffener (zB der Angestellten eines Krankenhauses), also „externe Effekte“100, einzubeziehen sind. Konkret ist daher etwa frag-

96 Hoffmann-Riem (Fn. 4), 55f. Die Beurteilung der Effizienz verlangt nach zutref- fender Auffassung einerseits, dass ein Ergebnis mit möglichst geringen Mitteln zu erreichen ist (Minimalprinzip) und andererseits, dass mit einem bestimmten Mittel- einsatz das bestmögliche Ergebnis (Maximalprinzip) zu erzielen ist; Butzer (Fn. 75), 393; Hüsken/Mann, Der Staat als „Homo Oeconomicus“, DÖV 2005, 143 (144); Musil (Fn. 5) 73. Siehe dazu auch Mühlenkamp (Fn. 75), 527ff. Von Hajek, Die Verfassung der Freiheit (1971) 45, wird zutreffend betont, das es „sehr fraglich“ ist, „ob Beschränkungen der Freiheit je auf die bloß ‚wirtschaftlichen‘ Aspekte beschränkt werden können. Wirtschaftliche Erwägungen sind nur jene, durch die wir die ver- schiedenen Ziele miteinander in Einklang bringen und einander anpassen, die aber letzten Endes nie wirtschaftlich sind (außer vielleicht im Falle des Geizhalses oder des Mannes, für den der Gelderwerb zum Selbstzweck geworden ist).“ 97 Dazu für Deutschland etwa Hoffmann-Riem (Fn. 4), 19 ff; Schmidt-Aßmann, Effi- zienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht – Perspektiven der verwaltungs- rechtlichen Systembildung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht (1998), 245 (255 f); Butzer (Fn. 75), 394 ff; Musil (Fn. 5), 75ff. Für Österreich grundlegend VfSlg 14473/1996, und dazu Korinek/ Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung (1993) 173ff, sowie aus jüngerer Zeit Lachmayer, Effizienz als Verfassungsprinzip – Eine Maxime für staatliches Handeln in Österreich?, in: Bungenberg ua (Hrsg), Recht und Ökonomik (2004) 135ff. 98 Hoffmann-Riem (Fn. 4) 23 ff; Gröpl, Ökonomisierung von Verwaltung und Ver- waltungsrecht, VerwArch 93 (2002) 459 (476); Musil (Fn. 5), 82, 87f. Siehe zum Op- timierungsgebot grundsätzlich die Beiträge von Würtenberger und Riedel zum Thema „Rechtliche Optimierungsgebote oder Rahmensetzungen für das Verwaltungshan- deln“ in VVDStRL 58 (1999), 139ff, 177ff. 99 Dazu etwa Bieback (Fn. 92), 158f.; Musil (Fn. 5), 54 f; Schenke (Fn. 10), 40f. 100 Siehe für das Verwaltungsrecht Potacs, Ökonomische Effizienz als Interpreta- tionsmaxime?, ZfV 2008, 598 (602). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 271 lich, ob und inwieweit zum einen eine mit der Einführung von Wett- bewerb nicht selten verbundene Schlechterstellung von Arbeitnehmer- positionen101 oder zum anderen eine allfällige volkswirtschaftliche Umwegrentabilität ebenfalls mit ins Kalkül gezogen werden soll. Bereits die Grundsatzentscheidung über eine Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb erfordert unter Effizienzgesichtspunkten somit eine komplexe Abwägung. Im Sinne eines Optimierungsgebotes ist die Effi- zienz einer Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb umso eher anzu- nehmen, je mehr auf der einen Seite Kosteneinsparungen für die öffent- liche Hand, Vorteile für die Nutzer sowie erwünschte externe Effekte und je weniger auf der anderen Seite Regulierungsaufwendungen sowie unerwünschte externe Effekte zu erwarten sind. Eine möglichst ratio- nale Vorgangsweise hat dabei auch auf die unterschiedlichen Möglich- keiten der Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung Bedacht zu nehmen.

2. Ausgestaltung der Wettbewerbsherstellung a) Wettbewerb zwischen staatlichen und privaten Anbietern? So ist zunächst einmal fraglich, ob es einen Wettbewerb zwischen staatlichen und privaten Anbietern geben soll. Ein derartiges Konkur- renzmodell102 besteht etwa bei der Versorgung mit Krankenanstalten und in gewisser Hinsicht auch im Bildungswesen und bei der Arbeits- vermittlung. Im Vordergrund dürfte dabei die Überlegung stehen, dass durch private Anbieter (neben staatlichen) das Gesamtangebot er- weitert103, die Versorgung verbessert und damit insgesamt ein höherer Standard der Gemeinwohlerfüllung erreicht werden soll.104 Hinzu kommt, dass durch den Wettbewerb mit privaten Anbietern zumindest ein gewisser Effizienzdruck auf die öffentlichen Leistungserbringer aus-

101 Dazu zB Krölls (Fn. 4), 133; Nullmeier (Fn. 36), 118; Stumpfögger, Privatisierung von Krankenhäusern in Deutschland und ihre Auswirkungen auf die Beschäftigten, in: Ivansits/Filipic (Hrsg), Privatisierung von Gesundheit – Blick über die Grenzen (2007) 75 (78f); Bull (Fn. 8), 18. 102 Gemeint sind damit öffentliche und private Anbieter, die zueinander in Konkur- renz stehen, was im Verhältnis der gesetzlichen Sozialversicherungen zu Privatversi- cherungen zumindest in Österreich nicht der Fall ist. 103 In diesem Sinn etwa Mühlenkamp (Fn. 75), 535. 104 Dazu Krölls (Fn. 4), 134; Musil (Fn. 5), 55. Siehe auch in Bezug auf das Neben- einander zwischen gesetzlicher Sozialversicherung und Privatversicherung; Bieback (Fn. 92), 141. 272 Michael Potacs geübt wird105, mag sich auch das Ausmaß einer solchen disziplinieren- den Wirkung in Grenzen halten106. Umgekehrt wird bei diesem Konkurrenzmodell die Versorgung nicht ausschließlich privaten Anbietern überlassen, weil durch die öffentliche Hand eine flächendeckende und unentgeltliche oder zumindest er- schwingliche Leistung auch in jenen Regionen und Segmenten sicher- stellt wird, die insbesondere für gewinnorientierte private Anbieter nicht besonders attraktiv erscheinen (Problem des „Rosinenpickens“107). Eine Versorgungssicherung etwa nach dem Muster des aus dem Post- und Telekommunikationsbereich bekannten „Universaldienstmodells“, wo Marktakteure in einen Fonds einzahlen, aus dem die Aktivitäten eines Universaldienstbetreibers finanziert werden108, dürfte Angelegen- heiten wie dem Schul-, Arbeitsvermittlungs- und Krankenhauswesen zumindest dann nicht angemessen sein, wenn diese Bereiche wie in Österreich (und wohl auch in Deutschland) durch einen relativ hohen

105 Der Effizienzdruck wäre zweifellos größer, wenn sich Private und öffentliche Anbieter über die gleichen Leistungsentgelte finanzieren müssten; dazu zB Zellenberg (Fn. 33), 248. 106 Engel (Fn. 68), 195f., 198. Siehe auch Penski (Fn. 4), 88. Allerdings gehört es zu den wesentlichen Eigenschaften öffentlicher Anbieter, eine „Steuerungsfunktion“ aus- zuüben und eine Versorgung möglichst unabhängig von Marktzwängen sicherzustel- len; Potacs (Fn. 43), 488, 497. Damit stellt sich für staatliche Anbieter auch die Frage nach der Vereinbarkeit der Finanzierung durch die öffentliche Hand mit dem EG- Beihilfeverbot. Für staatliche Schulen dürfte sich diese Problematik nicht stellen, weil die staatliche Bildungspolitik der Ingerenz des EG-Wettbewerbsrechts entzogen ist; dazu oben bei Fn. 49. Das trifft zwar auf die Arbeitsvermittlung (EuGH, Rs. C-41/90 [Höfner und Elsner], Slg. 1991, I-1979, Rn. 20] und wohl auch auf Krankenanstalten nicht zu, doch ist auch bei diesen Angelegenheiten die Problematik dadurch ent- schärft, wenn man sie als „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Inte- resse“ qualifiziert, für die Art. 86 Abs. 2 EGV eine weitgehende Ausnahme von den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft vorsieht; dazu in Bezug auf die staatliche Arbeitsvermittlung EuGH, Rs. C-41/90 (Höfner und Elsner), Slg. 1991, I-1979, Rn. 24, und im Hinblick auf Krankenanstalten Knütel/Schweda/Giersch, Krankenhausfinan- zierung: Aktuelle Risiken aus dem europäischen Beihilfenrecht und ihre Vermeidung, EWS 2008, 497 (498ff.). Nach dem EuGH-Urteil Altmark Trans (Rs. C-280/00, Slg. 2003, I-7747) ist bei staatlichen (Ausgleichs)Zahlungen an solche Einrichtungen das Vorliegen einer Beihilfe unter bestimmten Voraussetzungen zu verneinen: dazu näher zB Cremer, Art. 87 EGV, in: Calliess/Ruffert (Hrsg), EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, 1169ff., Rn. 12ff, mwN. 107 ZB Koenig/Kühling (Fn. 56), 1137, Rn. 59, sowie in Bezug auf das Gesundheits- wesen Rehm, Krankenhausprivatisierung (2007) 62. 108 Siehe Art 13 Abs. 1 lit a) der RL 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (ABl L 108/62) sowie Art 7 Abs. 3. lit a) der RL 97/67/EG (ABl. L 15/14) idF. der RL 2008/6/EG (ABl L 52/3) über Postdienste der Gemeinschaft. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 273

Anteil an gemeinnützigen („Non-Profit-“) Anbietern (zB kirchliche Einrichtungen109) gekennzeichnet sind.110 Zweifellos birgt das Modell einer Konkurrenz zwischen privaten und öffentlichen Anbietern auch die Gefahr einer Ungleichbehandlung bei der Versorgung in sich, weil damit zahlungskräftige Personen in den Genuss von qualitativ höher- wertigen Leistungen gelangen können.111 Andererseits wird dieses Mo- dell verschiedenen Ansprüchen gerecht und gewährleistet auch dem finanzschwächeren Bevölkerungsteil bestimmte für das Gemeinwohl wesentliche Leistungen, weshalb gerade bei Schulen, Arbeitsvermitt- lung und Krankenhäusern kaum etwas überzeugend dagegen eingewen- det werden kann. b) Volle Marktöffnung oder Planungswettbewerb? Bei der Herstellung von Wettbewerb ist weiters zu überlegen, ob für die Gemeinwohlerfüllung von der Verwaltung grundsätzlich ein unbe- schränkter oder lediglich ein zahlenmäßig beschränkter112 Kreis von Leistungserbringern zugelassen werden soll. Im zuletzt genannten Fall kann man von einem Planungswettbewerb113 sprechen, weil der Wett- bewerb um die Zulassung zur Leistungserbringung zumindest in gewis- sem Umfang auf Planung beruht. Ein solcher Planungswettbewerb kann sich zum einen aus der Natur der Sache ergeben, wenn etwa (wie bei der Vergabe von Marktplätzen, Zeitnischen [„Slots“] auf Flughäfen

109 Vgl. etwa Meyer/Leitner, Kein Gewinn, keine ökonomische Relevanz? Über die wirtschaftliche Bedeutung von Non-Profit-Organisationen in Österreich, in: Studien- gesellschaft für Wirtschaft und Recht (Hrsg), Das Recht der Non-Profit-Organisatio- nen (2006) 1 (8). 110 Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Subsidiarität einer privaten entgelt- lichen Arbeitsvermittlung gegenüber der unentgeltlichen staatlichen Arbeitsvermitt- lung in Österreich siehe VfSlg 12383/1990, im Hinblick auf den Vorrang gemein- nütziger Krankenanstalten VfSlg 13023/1992. Zur geltenden Rechtslage im Bereich der Arbeitsvermittlung etwa Löschnigg, Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2003, 183ff. 111 Siehe in Bezug auf das Schulwesen etwa Musil (Fn. 5), 272f. 112 Siehe etwa den Überblick bei Röhl, Ausgewählte Verwaltungsverfahren, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Assmann/Voßkuhle (Hrsg), Grundlagen des Verwaltungs- rechts, Band II (2008) 689 (696, Rn. 10, 700ff, Rn. 14ff). 113 Ein solcher Planungswettbewerb kann wiederum unterschiedlich ausgestaltet sein. So kann es sich dabei einmal (wie etwa beim öffentlichen Personennahverkehr) um einen Wettbewerb um die Vergabe einer Dienstleistungserbringung an Dritte handeln („Wettbewerb um den Markt“; zB Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre [2004] 97). Weiters kann es sich (wie bei der öffentlichen Auftragsvergabe) um einen Wettbewerb zur Erbringung einer Leistung an die öffentliche Hand gehen. Schließlich kann sich der Planungswettbewerb (wie im Krankenanstaltenwesen) auch auf eine behördlich beschränkte Zahl an Wettbewerbern beziehen. 274 Michael Potacs oder Mobil- und Rundfunkfrequenzen) faktisch nur begrenzte Möglich- keiten zur Verfügung stehen. Gleiches gilt für Aufträge der öffentlichen Hand, die vielfach ebenfalls der Sache nach nur von einem (allenfalls in Zusammenarbeit mit anderen) Unternehmen erfüllbar sind. Ein Planungswettbewerb kann aber auch bewusst herbeigeführt wer- den, um bestimmte verwaltungspolitische Zielsetzungen zu erreichen, wie etwa die Gefahrenabwehr bei der Begrenzung der Zahl an Glücks- spielkonzessionen wegen möglicher negativer Begleiterscheinungen des Betriebs von Spielbanken114 oder bei der beschränkten Erteilung von Gewerbeberechtigungen für Rauchfangkehrer aus feuerpolizeilichen Gründen115 in Österreich. Die Einführung eines Planungswettbewerbes kann aber auch darin begründet sein, dass sich die Leistung durch eine beschränkte Zahl an Ausübungsberechtigten für das Gemeinwohl zu- frieden stellender erbringen lässt, was etwa für den öffentlichen Per- sonennahverkehr gut argumentierbar ist116. Schließlich können einem Planungswettbewerb insbesondere auch finanzielle Überlegungen zugrunde liegen, wie bei der Krankenhausplanung, wo der Planungs- wettbewerb der Finanzierung einer umfassenden Krankenversorgung aus öffentlichen Mitteln dient.117 Inwieweit all diese Gründe einen Pla- nungswettbewerb unter dem Aspekt der Effizienz letztlich zu recht- fertigen vermögen, bedarf wohl jeweils einer abwägenden Beurteilung im Einzelfall. Jedenfalls müssen diese Gründe gewichtig genug sein, um mit dem Planungswettbewerb verbundene Beschränkungen von Grundrechten118 und Grundfreiheiten119 aufzuwiegen.

114 Siehe VfSlg 12165/1989. 115 VfSlg 12296/1990. 116 Dazu insbesondere Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb (2005) 416. Mit gutem Grund wird daher auch in der EG-Ver- ordnung Nr. 1370/007 über den ÖPNV (ABl L 315/1) von der Gewährung ausschließ- licher Rechte ausgegangen. Siehe auch VfSlg 12236/1989; kritisch allerdings jüngst Wieser, Der abgeschwächte Konkurrenzschutz nach § 7 Abs 1 Z 4 lit b und c Kraft- fahrliniengesetz – verfassungswidrig und/oder gemeinschaftsrechtswidrig?, ZfV 2009, 2 (4ff). 117 Dazu in Bezug auf Deutschland etwa Baumeister/Budroweit, Konkurrenten- rechtsschutz im Gesundheitsdienstleistungsrecht, WuV 2006, 1 (2f); für Österreich Kopetzki, Krankenanstaltenrecht, in: Holoubek/Potacs, Handbuch des Öffentlichen Wirtschaftsrechts, Band 1, 2. Aufl. 2007, 467 (475f). 118 Für Deutschland aus jüngerer Zeit Voßkuhle (Fn. 70), 317; Burgi, Die künftige Bedeutung der Freiheitsgrundrechte für staatliche Verteilungsentscheidungen, WuV 2007, 173ff; grundlegend für Österreich Grabenwarter, Rechtliche und ökonomische Überlegungen zur Erwerbsfreiheit (1994). 119 Zur Vereinbarkeit einer Begrenzung der Zahl an Glücksspielkonzessionen mit dem Gemeinschaftsrecht siehe insbesondere EuGH, verbundene Rs. C-338/04, Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 275 c) Antrags- oder Ausschreibungswettbewerb? Unter Effizienzgesichtspunkten ist gerade beim Planungswettbewerb überdies zu überlegen, nach welchem Verfahren dieser von der Ver- waltung herstellt werden soll. Grundsätzlich kommt dafür einerseits traditioneller Weise eine Antragstellung („Antragsverfahren“) oder un- ter dem Einfluss des Gemeinschaftsrechts zunehmend andererseits eine öffentliche Ausschreibung in Betracht. Beispiele für Antragsverfahren finden sich durchaus noch im Verwaltungsrecht, wie etwa im deut- schen120 und österreichischen121 Krankenanstaltenrecht sowie beispiels- weise auch bei der Vergabe von „Slots“ an Flughäfen im sekundären

C-359/04 und C-360/04 (Placanica ua.), Slg. 2007, I-1891, Rn. 50ff. Zur EG-Konfor- mität eines Planungswettbewerbs im Krankenanstaltenrecht siehe vor allem EuGH, Rs. C-157/99 (Smits), Slg. 2001, I-5473, Rn. 76: „So ist allgemein bekannt, dass die Zahl der Krankenanstalten, ihre geographische Verteilung, ihr Ausbau und die Ein- richtungen über die sie verfügen, oder auch die Art der medizinischen Leistungen, die sie anbieten können, planbar sein müssen“. Auch wird vom EuGH das Erfordernis einer umfassenden Krankenversorgung bei gleichzeitiger Schonung finanzieller Res- sourcen anerkannt, weil „der Sektor der Krankenhausversorgung bekanntlich erheb- liche Kosten verursacht und wachsenden Bedürfnissen entsprechen muss, während die finanziellen Mittel, die für die Gesundheitspflege bereit gestellt werden können, unabhängig von deren Art und Finanzierung nicht unbegrenzt sind“ (Rn. 79). Ebenso EuGH, Rs. C-385/99 (Müller-Fauré), Slg. 2003, I-4509, Rn. 77ff.; EuGH, Rs. C-372/04 (Watts), Slg. 2006, I-4325, Rn. 108ff. 120 Dazu etwa Baumeister/Budroweit (Fn. 117), 3. 121 Dazu etwa Kopetzki (Fn. 117), 504. Ein weiteres Beispiele für Antragsverfahren (ohne Bekanntmachung) bei beschränkter Konzessionsvergabe im österreichischen Recht stellt etwa die Erteilung einer Glücksspielkonzession gemäß § 14 Glücksspiel- gesetz dar, wobei die Antragsstellung in der Praxis (ohne gesetzliche Grundlage) im Amtsblatt der Wiener Zeitung ausgeschrieben wird (siehe VwGH 4. 8. 2008, 2004/17/0035). Allerdings ist eine Novelle zum Glücksspielgesetz geplant, nach der die Behörde die Konzession ausdrücklich „nach vorheriger öffentlicher und transpa- renter Interessentensuche“ erteilen soll. Ein Antragsverfahren ist auch für die Zulas- sung zum öffentlichen Personennahverkehr mit Bussen in § 2 des Kraftfahrlinien- gesetzes vorgesehen, dessen Vereinbarkeit mit der Verordnung (EG)Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (ABl L 315/1) jedoch fraglich ist. Auch für die (durch Existenzsicherung bestehender Apotheken) beschränkte Erteilung von Apothekenkonzessionen ist gemäß § 46 Apothekengesetz ein Antragsverfahren vorgesehen. Auf Antrag (und ohne gesetzlich vorgeschriebene Ausschreibung) werden in Österreich auch Schurfberechtigungen für bergfreie mine- ralische Rohstoffe (zB Kohle) gemäß § 8ff MinroG und bundeseigene mineralische Rohstoffe (zB Kohlenwasserstoffe) nach § 70 MinroG verliehen. Ein Antragsverfah- ren ist schließlich auch für die Erteilung einer (von einer Bedarfsprüfung abhängigen) Gewerbeberechtigung für Rauchfangkehrer gemäß § 121 GewO und die Vergabe von Marktplätzen gemäß § 292 Gewerbeordnung vorgesehen. 276 Michael Potacs

Gemeinschaftsrecht122. Ausschreibungsverfahren sind demgegenüber freilich deutlich im Vormarsch und werden etwa bei der Frequenzver- gabe im Telekommunikations- und Rundfunkrecht123 oder im öffent- lichen Beschaffungswesen angewendet. Beim Antragsverfahren besteht (weit mehr als beim Ausschreibungs- verfahren) die Gefahr, dass nicht alle potenziellen Bewerber über hinreichende Informationen verfügen und im Extremfall sogar von der Möglichkeit einer Teilnahme am Planungswettbewerb nichts erfah- ren124. Auch ist mit dem Antragsverfahren zumindest in bestimmten Umfang zwangsläufig ein Prioritätsprinzip verbunden, dem zu Recht eine gewisse Zufälligkeit zum Vorwurf gemacht wird.125 Im Hinblick auf eine Beurteilung nach der Effizienz steht daher das Antragsverfahren unter dem prinzipiellen Verdacht, dass es das mögliche Repertoire an qualifizierten oder kostengünstigen Bewerbungen nicht hinreichend auszuschöpfen vermag126 und insoweit nicht effizient genug ist. Außerdem ist zu bedenken, dass die Wahl zwischen Antrags- und Ausschreibungsverfahren eine gemeinschaftsrechtliche Dimension auf- weist. Gute Gründe sprechen dafür, die hoheitliche Vergabe von zah- lenmäßig beschränkten Zulassungen zum Wettbewerb zumindest prin- zipiell an die gleichen Voraussetzungen zu binden, die der EuGH für die vertragliche Vergabe von Dienstleistungskonzessionen verlangt.127

122 Siehe Art 8 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft (ABl L 14/1) idF. Der Verordnung (EG)Nr. 793/2004 (ABl L 138/50). 123 Diese Verfahren gehören zu den „Verteilungsverfahren“ (siehe unter V.) zur Ver- gabe knapper Güter. Die Vergabe nach einer Ausschreibung kann dann auch im Wege einer Versteigerung erfolgen. Dazu näher für die Vergabe beschränkter Frequenzen im österreichischen telekommunikationsrecht Holoubek/Damjanovic, Telekommuni- kationsrecht, in: Holoubek/Potacs (Hrsg), Handbuch des öffentlichen Wirtschafts- rechts, Band 1, 2. Aufl. 2007, 1117 (1147ff). 124 Siehe Schmidt-Preuß, Gegenwart und Zukunft des Verfahrensrechts, NVwZ 2005, 489 (490f). 125 Voßkuhle, „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!“ – das Prioritätsprinzip als anti- quierter Verteilungsmodus einer modernen Rechtsordnung, Die Verwaltung 32 (1999) 21 (32). 126 Siehe Voßkuhle (Fn. 125), 37. 127 Siehe bereits Mitteilung der Kommission im Bereich der Konzessionen im Ge- meinschaftsrecht 2000/C 121/02 (ABl C 121/5), sowie jüngst Holoubek, Vom Wirt- schaftsaufsichtsrecht zum Regulierungsverwaltungsrecht, GA 17. ÖJT, Band 1 (2009) 76. Für diese Auffassung spricht einmal der Umstand, dass in beiden Fällen in sehr ähnlicher Weise in Grundfreiheiten eingegriffen wird. Gerade im Hinblick auf diese Eingriffe hat der EuGH seine Rechtsprechung zu Dienstleistungskonzessionen ent- wickelt. Der hoheitliche Charakter einer Zulassung zum Planungswettbewerb kann im Hinblick auf die „Rechtsformenneutralität“ des Gemeinschaftsrechts [siehe Öhlinger/ Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 277

Demnach hat auch die hoheitliche Konzessionserteilung zwar „nicht zwangsläufig“ im Wege einer Ausschreibung zu erfolgen. Doch besteht immerhin die Verpflichtung, „zugunsten der potenziellen Konzessions- nehmer einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherzustellen“, der die Konzession „dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind“128. Diesen Anforderungen kann ein Antragsverfahren überhaupt nur dann entsprechen, wenn entweder auf Grund der spezifischen Marktsituation oder durch rechtliche Regelungen129 eine ausreichende Information von potenziellen Bewerbern gewährleistet ist.130 Allerdings handelt es sich bei den meisten in Betracht kommenden Fällen wohl um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, für die Art 86 Abs 2 EGV im Falle hoheitlicher Betrauung eine Ausnah- meregelung vorsieht. Das primärrechtlich geforderte Transparenzgebot würde demnach insbesondere dann entfallen, wenn bei einer Betrauung im Wettbewerb durch den Konkurrenzdruck die Sicherstellung quali- tativ hochwertiger Leistungen gefährdet wäre.131 Einer solchen Gefahr kann allerdings durch entsprechende Vorkehrungen der Verwaltungen entgegengewirkt werden, die freilich wieder mit höheren Regulierungs- aufwendungen verbunden sind.

Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht, 3. Aufl. 2006, 107) insoweit keine ausschlaggebende Rolle spielen. Betrifft die Zulassung eine Dienstleistung von allge- meinem wirtschaftlichen Interesse, so erscheinen die vom EuGH zu Dienstleistungs- konzessionen entwickelten Anforderungen im Hinblick auf die gemäß Art 86 Abs. 2 EGV geforderte Verhältnismäßigkeitsprüfung (dazu Voet van Vormizeele [Fn. 56], 974, Rn. 74) als angemessen. 128 ZB. EuGH Rs. C-324/07 (Coditel Brabant), Slg. 2008, 1–8457, Rn. 25, mwN. 129 Siehe etwa die Informationspflichten von Flugplanvermittlern und Flughafen- koordinatoren nach Art. 4 Abs. 4 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 793/2004 (ABl L 138/53f). 130 Eine bloße Verwaltungspraxis, wie im österreichischen Glücksspielrecht (siehe Fn. 121) dürfte den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen hingegen nicht genügen, weil das Gemeinschaftsrecht bei Beschränkungen der Grundfreiheiten eine Determi- nierung durch innerstaatliche Rechtsvorschriften verlangt; so zB EuGH, Rs. C-319/06 (Kommission/Luxemburg), Rn. 82. Siehe demgegenüber jedoch VwGH 4. 8. 2005, 2004/17/0035. Mit gutem Grund kann allerdings angenommen werden, dass die pri- märrechtliche Transparenzververpflichtung (zumindest deren Ausmaß) auch von der Höhe der Transaktionskosten abhängt; Kühling, Möglichkeiten und Grenzen effizien- ter Daseinsvorsorge durch externe Auftragsvergabe im Gemeinschaftsrecht, WuV 2008, 239 (245). 131 Der EuGH geht anscheinend davon aus, dass die Dienstleistungen von allgemei- nem wirtschaftlichen Interesse gemäß Art. 86 Abs. 2 EGV unter für den Anbieter „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ (EuGH, Rs. C-475/99 [Glöckner], Slg. 2001, I-8089, Rn. 57), sicherzustellen sind. 278 Michael Potacs d) Wettbewerb durch Handel mit knappen Rechten? Unter Effizienzaspekten ist aber auch noch zu überlegen, welche Ar- gumente für einen Wettbewerb durch Handel mit (von der Verwaltung ausgegebenen) knappen Rechten nach dem Vorbild des Handels mit Zertifikaten für Treibhausemissionen sprechen.132 Der Vorteil des Zer- tifikatshandels wird in einer Kombination von Markteffizienz mit der verbindlichen Vorgabe von umweltpolitisch erwünschten Obergrenzen gesehen.133 Seiner Übertragbarkeit auf andere knappe Rechte dürften jedoch dort Grenzen gesetzt sein, wo diese Rechte (wie etwa im Ge- sundheitswesen) eine flächendeckende Versorgung sicherstellen sollen. Denn darauf ist dieses Wettbewerbssystem von vorneherein nicht an- gelegt, weil es lediglich eine effiziente Nutzung knapper Ressourcen sicherstellen soll. Überlegenswert erscheint ein solcher Handel daher nur für Aufgaben, bei denen die Verknappung als solche ein Gemein- wohlziel darstellt, wozu neben der Siedlungspolitik134 (Stichwort „Flä- chennutzungszertifikate“) auch der für Österreich so wichtige (aber wohl nur auf Gemeinschaftsebene zu regelnde135) Transitverkehr mit Lkws136 (Stichwort „Ökopunkte“) gehört. Aber auch hier ist jeweils zu bedenken, inwieweit die Ziele nicht mit einem relativ hohen Organisa- tionsaufwand137 für die Verwaltung erkauft werden müssen.

132 Grundlegend die RL 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treib- hausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft (ABl L 275/32). 133 Siehe Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union, KOM(2000) 78 endgültig, S. 8. Die Effizienz des Systems dürfte in der ersten Zuteilungsphase (2005–2007) aber durch eine übermäßige Zuteilung der Zertifikate abgeschwächt worden sein; dazu Vorschlag für eine RL zur Änderung der RL 2003/87/EG (KOM[2008] 30 endgültig), S 2. Dem soll nun auch durch eine gemein- schaftsrechtliche Obergrenze der Emissionen entgegengewirkt werden. Siehe zur Ef- fizienz des Zertifikatehandels auch eingehend Magen, Rechtliche und ökonomische Rationalität im Emissionshandelsrecht, in: Towfigh/Schmolke/Petersen/Lutz-Bach- mann/Lange/Grefrath (Hrsg), Recht und Markt. Wechselbeziehungen zweier Ord- nungen, 49. Assistententagung Öffentliches Recht (2009) 9ff. 134 Lauinger, Vergesellschaftung von Grund und Boden? Neue Eigentumskonzepte für schrumpfende Städte, in: Oswalt (Hrsg), Schrumpfende Städte, Band 2 (2005) 569ff.; Süess/Gmünder, Weniger Zersiedlung durch handelbare Flächennutzungszer- tifikate, DISP 2005, 58ff. 135 Siehe derzeit RL 1999/62/EG (ABl L 187/42) idF RL 2006/38/EG (ABl L 157/8) über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrs- wege durch schwere Nutzfahrzeuge. 136 Bis Ende 2003 sicherte der EU-Beitrittsvertrag Österreich ein System von be- schränkten Transitrechten (Ökopunkte), die allerdings nicht übertragbar waren. 137 Siehe Suess/Gmünder (Fn. 134), 64. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 279

V. Strukturelle Begleiterscheinungen

Die Entscheidung für eine Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb bedarf somit grundsätzlich einer Beurteilung, die auf gegenläufige Ge- sichtspunkte Bedacht zu nehmen hat und auf mit Unsicherheiten behaf- tete Prognosen138 angewiesen ist139. Schon aus diesem Grund handelt es sich dabei um eine Wertung, die mit erheblicher politischer Verant- wortung verbunden ist. Eine zusätzliche Dimension erhält diese Verant- wortlichkeit ferner dadurch, dass die Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung auch beachtliche strukturelle Begleiterscheinungen nach sich zieht. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die staatliche Verwaltung insoweit ihre Tätigkeit unter speziellen Anforderungen wahrnimmt140. Gefragt ist dabei weniger eine traditionelle Verwaltungsführung, die sich mit Max Weber durch „Präzision, Stetigkeit, Disziplin, Straffheit und Verlässlichkeit“141 auszeichnet. Gefordert ist weit mehr eine steuernde Verwaltung, die (vor allem im Bereich der Netz- und Vergaberegulierung) durch aktive und stimulierende Gestaltung des Wettbewerbs die Gemeinwohlerfüllung gewährleistet.142 Das Anforderungsprofil dieser Steuerungsverwaltung ist durch hohes technisch-wirtschaftliches Fach- wissen kombiniert mit erheblicher Strategiefähigkeit und Flexibilität ge- kennzeichnet. Die Folgen für die staatliche Organisation sind durchaus bekannt. So begünstigen die Besonderheiten der Steuerungsverwaltung gegen- über der allgemeinen staatlichen Verwaltung eine Tendenz zur Dezen- tralisierung143, wie die Beispiele der Bundesnetzagentur in Deutschland und der verschiedenen Regulierungsbehörden in Österreich zeigen: Mit der Steuerungsverwaltung werden eigene Fachbehörden betraut, die zumindest de facto eine weitgehende Unabhängigkeit gegenüber den politischen Entscheidungsträgern genießen.144 Das damit verbundene

138 Masing, (Fn. 34), 169. 139 Siehe auch Brede (Fn. 77), 48. Das gilt wohl auch für das „value for money“- Konzept in Großbritannien, demzufolge bei der Entscheidung zwischen staatlicher Eigenleistung und Auslagerung einer bis dahin staatlichen Aufgabe eine Effizienz- prüfung vorzunehmen und im Zweifel von einem Vorrang des Contracting Out aus- zugehen ist; dazu Holoubek, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, VVDStRL 60 (2001) 515 (563f.). 140 Gusy (Fn. 71), 193. 141 Weber (Fn. 26), 164. 142 ZB Schuppert (Fn. 70), 920ff.; Holoubek, (Fn. 127) 19f, 95. 143 So auch Musil (Fn. 5), 167. 144 Dazu für Deutschland Masing (Fn. 15), 26, 73ff; Pöcker, Unabhängige Regulie- rungsbehörden und die Fortentwicklung des Demokratieprinzips, VerwArch 99 280 Michael Potacs demokratische Legitimationsdefizit145 wird bei der Gemeinwohlerfül- lung durch Marktwettbewerb zum einen dadurch verstärkt, dass sich die demokratische Legitimation gegenüber privaten Unternehmen nur eingeschränkt (etwa durch vertragliche oder hoheitliche Kontroll- rechte146) herstellen lässt. Zum anderen wird die demokratische Legi- timation auch durch den Umstand weiter herabgesetzt, dass die Ver- waltung zur Herstellung von Wettbewerb typischer Weise über einen relativ weiten gesetzlichen Gestaltungsspielraum147 verfügt und nicht mehr eng an die Vorgaben des demokratisch legitimierten Gesetzgebers gebunden ist. Damit ist gleichzeitig auch eine Verdünnung des Rechts- schutzes verbunden, weil die Rechtskontrolle der Verwaltung am Maß- stab materieller Vorgaben schwieriger wird. Um dieses Rechtsschutz- defizit (und vielleicht auch die geringere demokratische Legitimation) auszugleichen148, gewinnt die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Steuerungsverwaltung an Gewicht. Als Ausdruck dieser Entwicklung ist die zunehmende Herausbildung des Typus eines „Verteilungsverfah- rens“149 zu beobachten, das durch eine Wettbewerbsorientierung und eine relativ weite Zuerkennung von Parteistellungen (von Konkurren-

(2008) 313 (381, 383, 399). Für Österreich etwa Raschauer, Allgemeines Verwaltungs- recht, 2. Aufl. 2003, 80f, Rn. 255a. 145 Dazu eingehend Masing (Fn. 15), 74ff.; Pöcker (Fn. 144), 382ff. 146 Zu diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Verpflichtungen für Deutschland etwa Kirchhof (Fn. 81), 246f, und für Österreich Potacs (Fn. 23), 36f. Vgl. auch Musil (Fn. 5), 422f. 147 Siehe in Bezug auf die Netzregulierung eingehend Masing (Fn. 15), 152ff, sowie weiters Röhl (Fn. 112), 711, Rn. 32; Knauff, Regulierungsverwaltungsrechtlicher Rechtsschutz, VerwArch 98 (2007) 382 (403); Schorkopf, Regulierung nach den Grundsätzen des Rechtsstaates, JZ 2008, 20 (24); Ludwigs, Das Regulierungsermes- sen als Herausforderung die Letztentscheidungsdogmatik im Verwaltungsrecht, JZ 2009, 290ff. Zum (auch gemeinschaftsrechtlich gebotenen) Beurteilungsspielraum („Regulierungsermessen“) siehe auch VwGH 25. 6. 2008, 2007/03/0211, mit Hinweis auf das Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 2. 4. 2008, Zl. 6 C 15.07, und für das österreichische Telekommunikationsrecht etwa Handstanger, Regulie- rungsrecht – die Perspektive der Rechtskontrolle, in: Raschauer (Hrsg), Aktuelles Telekommunikationsrecht (2005) 51 (59f.). Zum Beurteilungsspielraum bei der Ver- gaberegulierung zB Fuchs, Instrumente und Verfahren staatlicher Verteilungsverwal- tung in: Towfigh/Schmolke/Petersen/Lutz-Bachmann/Lange/Grefrath (Hrsg), Recht und Markt. Wechselbeziehungen zweier Ordnungen. 49. Assistententagung Öffent- liches Recht (2009) 205 (213f), und VfSlg. 16625/2002. 148 Röhl (Fn. 112), 694f. 149 Voßkuhle, Strukturen und Bauformen neuer Verwaltungsverfahren, in: Hoff- mann-Riem/Schmidt-Assmann (Hrsg), Verwaltungsverfahren und Verwaltungsver- fahrensgesetz (2003) 277 (290ff); Röhl (Fn. 112), 694ff, Rn. 8ff.; Fuchs (Fn. 147), 208ff. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 281 ten) geprägt ist150. Mit einer solchen Verleihung von Parteirechten wird wohl auch grund-151 und gemeinschaftsrechtlichen152 Anforderungen Rechnung getragen, weshalb etwa ein Ausschluss der Parteistellung von Konkurrenten in manchen Antragsverfahren in Österreich153 zu- mindest einer Rechtfertigung bedarf. Schließlich ist auch noch zu bedenken, dass die spezifischen Ziele der Steuerungsverwaltung, doch einen relativ hohen Regulierungsaufwand nach sich ziehen und die Entwicklung neuer Rechtsformen mit spezifi- schen Rechtsschutzproblemen begünstigen kann (wie etwa in Öster- reich die von den Regulierungsbehörden im Energiebereich erstellten „Marktregeln“154). Aus diesen Gründen ist auch nicht unbedingt zu erwarten, dass die Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb insgesamt zu einer Entlastung der Verwaltung führt.155 Beobachtungen in Öster- reich haben vielmehr gezeigt, dass durch die Einrichtung von Regu- lierungsbehörden der Regulierungsumfang und die Personalstände zu- nahmen.156

150 Dazu Knauff (Fn. 147), 398ff. Zu weiteren Abweichungen gegenüber „Standard- verfahren“ Röhl (Fn. 112), 704f., Rn. 22. Zur Beschränkung der Akteneinsicht (im Hinblick auf den Geheimnisschutz von Konkurrenten) im besonderen siehe auch EuGH Rs. C-450/06 (Varec), Slg. 2008, I-581, Rn. 47ff., sowie insbesondere Masing (Fn. 15), 169ff.; Knauff (Fn. 147), 405ff.; Holoubek, Grundrechtsschutz im öster- reichischen Beschaffungswesen unter besonderer Berücksichtigung der EMRK, WuV 2008, 273 (280ff.). 151 Voßkuhle (Fn. 149), 291ff. Siehe dazu weiters Puhl, Der Staat als Wirtschaftssub- jekt und Auftraggeber, VVDStRL 60 (2001) 453 (477ff.); Bungenberg, Vergaberecht im Wettbeweb der Systeme (2007) 236ff.; Burgi (Fn. 118), 179ff.; Kirchhof (Fn. 81), 237ff. Dem entspricht es auch, dass den Staat bei der Gemeinwohlerfüllung durch Private eine größere Schutzpflicht zur Gewährleistung grundrechtlicher Position trifft; Schoch (Fn. 37), 244. 152 Siehe insbesondere EuGH, Rs. C-426/05 (Tele2), Slg. 2008, I-685, Rn. 27ff, und dazu in weiterer Folge VwGH 26. 3. 2008, 2008/03/0020. Siehe bereits zuvor VwGH 25. 2. 2004, 2002/03/0186, sowie Holoubek, aktuelle rechtsstaatliche Fragen des Telekommunikationsrechts, in: Raschauer (Hrsg), Aktuelles Telekommunika- tionsrecht (2005) 71 (80ff), und Masing (Fn. 15), 148ff. 153 Näher Pöschl, Wirtschaftliche Interessen und subjektive Rechte, in: Wimmer-FS (2008) 495 (516ff.). Zum Krankenanstaltenrecht siehe einerseits Kopetzki (Fn. 117), 504, und andererseits Stöger, Krankenanstaltenrecht (2008) 566. Siehe dazu für Deutschland Burgi, Konkurrentenschutz in der Krankenhausplanung, NZS 2005, 169 ff.; Baumeister/Budroweit (Fn. 117), 14ff., sowie Steiner, Höchstrichterliche Recht- sprechung zur Krankenhausplanung, NVwZ 2009, 486ff. 154 Potacs, Handlungsbefugnisse der Regulierungsbehörden im Gasbereich, in: Potacs (Hrsg), Aktuelle Fragen des Gaswirtschaftsrechts (2005) 17 (19ff). 155 Dazu Kämmerer (Fn. 80) 1006f. 156 Raschauer (Fn. 75), 224f. 282 Michael Potacs

VI. Schluss

Damit bin ich am Ende meiner Ausführungen, die ich so zusammen- fassen möchte: Die Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung ist vielfach die Voraussetzung einer zufrieden stellenden Gemeinwohl- erfüllung. Sie ist dort geboten, wo das Gemeinschaftsrecht einen Wett- bewerb verlangt und unzulässig, wo das staatliche Recht einen Erfül- lungsvorbehalt vorsieht. Zwischen diesen Vorgaben lässt sich eine Gemeinwohlerfüllung durch einen von der Verwaltung hergestellten Wettbewerb in rationaler Weise nur schwer stringent begründen. Unter dem Aspekt der Effizienz erfordert sie eine auf Prognosen angewiesene Abwägung zwischen verschiedenen Gesichtspunkten, wie der Berück- sichtigung von Kostenersparnis für die öffentliche Hand, qualitätsvoller und kostengünstiger Leistungserbringung für die Bürger sowie er- wünschter und unerwünschter externer Effekte, wobei jeweils auf die konkrete Ausgestaltung der Wettbewerbsherstellung Bedacht zu neh- men ist. Aus staatspolitischer Perspektive ist aber auch zu bedenken, dass die Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung zumindest tendenziell zu einer Dezentralisierung der Behördenorganisation, zu einer Mediatisierung demokratischer Legitimation, zu einem verdünn- ten Rechtsschutz bei gleichzeitiger Erweiterung des Betroffenenkreises und schließlich auch zu einem relativ hohen Regulierungsaufwand führt, was die Hoffnung auf Einsparungen dämpfen sollte. Die Staats- rechtslehre verliert daher mit der Gemeinwohlerfüllung durch Wett- bewerb keineswegs an Bedeutung, sondern wird ganz im Gegenteil vor neue Herausforderungen gestellt. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 283

Leitsätze des 1. Berichterstatters über: Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe

I. Einleitung

1. Die jüngere Vergangenheit war von einem bemerkenswerten Vertrauen in die gemeinwohlstiftende Kraft des Marktes geprägt. Die Erfüllung bis- her vom Staat wahrgenommener Aufgaben sollte soweit wie möglich dem Markt überlassen bleiben. Dieses Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Marktes wird durch die Wirtschaftskrise zwar auf eine harte Probe gestellt, doch bleibt das Thema Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb aus ver- schiedenen Gründen (wie EU-Vorgaben, Einsparungserfordernisse öffent- licher Haushalte, vorübergehender Charakter der Wirtschaftskrise) weiter- hin aktuell.

II. Verwaltung, Gemeinwohl und Wettbewerb

2. Der Konzeption demokratischer Staaten entspricht es, dass die Ver- waltung (wie auch die anderen Staatsfunktionen) einer Gemeinwohlver- pflichtung unterliegt, die allerdings in verschiedener Weise wahrgenommen werden kann. 3. Die traditionelle Verwaltungsführung basiert auf einem hierarchisch- monokratischen Bürokratiemodell, dem jedoch seit einiger Zeit Effizienz- mängel zum Vorwurf gemacht werden. Daraus erwächst der Gedanke, die Gemeinwohlerfüllung an Stelle der staatlichen Leistungserbringung soweit wie möglich dem Marktwettbewerb zu überlassen. 4. Die Vorzüge des marktmäßigen Wettbewerbs werden darin gesehen, dass zum einen die individuelle Gewinnabsicht durch das Streben nach Wertschöpfung auch das allgemeine Wohl fördert und zum anderen die Konkurrenz die Marktakteure zu rationeller Produktion sowie kostengüns- tigen und qualitätsvollen Angeboten zwingt. Soll die Verwaltung diese Vor- teile zur Gemeinwohlerfüllung nutzen, so muss sie vielfach einen funktions- fähigen Wettbewerb erst herstellen. 5. Dies kann in Form der Vergabe von privatrechtlichen Aufträgen oder öffentlichrechtlichen Berechtigungen („Vergaberegulierung“) oder etwa 284 Michael Potacs durch die Schaffung von Wettbewerb auf traditionell durch natürliche oder rechtliche Monopole geprägten Märkten (insbesondere die „Netzregulie- rung“) erfolgen. Die Verwaltung steht damit im Dienste des „Gewähr- leistungsstaates“, der den marktwirtschaftlichen Wettbewerb als Instrument der Gemeinwohlverwirklichung einsetzt.

III. Verpflichtungen des Gemeinschaftsrechts

6. Das Gemeinschaftsrecht verpflichtet die Mitgliedstaaten nur in einge- schränktem Umfang zur Gemeinwohlerfüllung durch Marktwettbewerb. Insbesondere ist für bestimmte „wesentliche Staatsaufgaben“ (wie etwa die Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit) ein staatlicher Erfüllungs- vorbehalt zulässig. 7. Der Rückzug auf eine staatliche „Gewährleistungsverantwortung“ ist allerdings bei jenen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse geboten, die (wie die Telekommunikations-, Energie-, Verkehrs- und Postversorgung) durch Sekundärrechtsakte der Gemeinschaft libera- lisiert wurden. Bei anderen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaft- lichen Interesse (wie Abfallwirtschaft, Wasserversorgung, soziale Dienste) bleibt den Mitgliedstaaten aber ein Spielraum bei der Wahl zwischen Gemeinwohlerfüllung durch staatlichen Erfüllungsvorbehalt und Gewähr- leistung einer Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb. 8. Gleiches gilt für den Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe der Mit- gliedstaaten, weil nach der Rechtsprechung des EuGH die Verpflichtung zur wettbewerbsmäßigen Vergabe nicht für „In-house-Vergaben“ gilt, die Vergabevorgänge an Unternehmen betreffen, an denen kein Privater betei- ligt ist, die vielmehr ausschließlich einem oder mehreren Rechtsträgern der öffentlichen Hand gehören und damit letztlich staatliche Eigenleistungen darstellen. 9. Trotz fortschreitender europäischer Integration lässt das Gemein- schaftsrecht somit genügend Raum, um die Diskussion über die Gemein- wohlerfüllung durch Wettbewerb auf staatlicher Ebene zu führen, wobei die dabei herauszuarbeitenden Kriterien auch ein Maßstab für die Prüfung ge- meinschaftsrechtlicher Vorgaben sein können. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 285

IV. Effizienzsteigerung durch Wettbewerb?

A. Marktwettbewerb oder staatlicher Erfüllungsvorbehalt?

10. Gänzlich ohne staatliche Eigenleistungen können Staaten schon des- halb nicht auskommen, weil dann die Sicherung der staatlichen Macht und damit die von demokratischen Verfassungen geforderte Wahrung der demo- kratisch legitimierten Souveränität nicht mehr gewährleistet wäre. Auch muss der Staat zumindest als „Arrangeur“ (zB durch Ausschreibung oder Reglementierung) der Gemeinwohlerfüllung durch den Wettbewerb zur Verfügung stehen, was wiederum nicht ohne staatliche Leistungserbringung erfolgen kann. 11. Der konkrete Umfang solcher staatlicher „Kernaufgaben“ ist den jeweiligen Verfassungen und da wiederum den Zuständigkeitszuweisungen an staatliche Behörden, den Beamtenvorbehalten sowie in gewissem Um- fang auch den grundrechtlichen Schutzpflichten zu entnehmen. 12. Außerhalb dieses staatlichen „Kernes“ kann eine Gemeinwohl- erfüllung durch Marktwettbewerb verfassungsrechtlich entweder geboten oder zumindest zulässig sein. Verfassungsrechtliche Gebote können sich aus organisationsrechtlichen Vorschriften (zB Art 87f GG) oder wirtschaftlichen Grundrechten ergeben. Soweit solche Gebote nicht bestehen, ist die Diskus- sion über die Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung politisch zu führen. 13. Neben der „Wettbewerbseignung“ ist dabei zu prüfen, ob die Ge- meinwohlerfüllung durch Marktwettbewerb gegenüber der staatlichen Leis- tungserbringung effizienter erscheint. Im Sinne eines Optimierungsgebotes ist die Effizienz einer Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb umso eher anzunehmen, je mehr auf der einen Seite Kosteneinsparungen für die öffent- liche Hand, Vorteile für die Nutzer sowie erwünschte externe Effekte und je weniger auf der anderen Seite Regulierungsaufwendungen sowie uner- wünschte externe Effekte zu erwarten sind.

B. Ausgestaltung der Wettbewerbsherstellung

14. Eine möglichst rationale Effizienzabwägung hat auch auf die unter- schiedlichen Möglichkeiten der Herstellung von Wettbewerb Bedacht zu nehmen. 15. Ein „Konkurrenzmodell“ zwischen öffentlichen und privaten Anbie- tern ist dort sinnvoll, wo einerseits für das Gemeinwohl wesentliche Leis- tungen (wie Krankenanstalten, Arbeitsvermittlung, Schulen) für breite Bevölkerungsteile sichergestellt und andererseits verschiedenen Ansprüchen 286 Michael Potacs

Rechnung getragen werden soll und eine sonstige Form der Versorgungssi- cherung (zB „Universaldienstmodell“) wegen der Anbieterstruktur (geprägt durch „Non-Profit-Organisationen“) ungeeignet erscheint. 16. Aus natürlichen (zB Frequenzen), verwaltungspolitischen (zB Spiel- banken) oder finanziellen (zB Krankenanstalten) Gründen kann eine Gemeinwohlerfüllung durch eine beschränkte Zahl an Leistungserbrin- gern gerechtfertigt sein. Die Zulassung zur Leistungserbringung im Wege eines „Planungswettbewerbes“ kann dies falls grundsätzlich auf Antrag oder durch Ausschreibung erfolgen. Das Antragsverfahren steht aller- dings unter dem prinzipiellen Verdacht, dass es das mögliche Repertoire an qualifizierten und kostengünstigen Bewerbungen nicht hinreichend auszuschöpfen vermag. Überdies stellt sich die Frage, inwieweit Antrags- verfahren den Anforderungen des gemeinschaftsrechtlichen Transparenz- gebotes genügen. 17. Ein Handel mit knappen Rechten nach dem Vorbild des Handels mit Treibhauszertifikaten erscheint nur dort überlegenswert, wo die Ver- knappung als solche ein Gemeinwohlziel darstellt (zB „Flächennutzungs- zertifikate“).

C. Strukturelle Begleiterscheinungen

18. Zur Herstellung von Wettbewerb ist weniger eine streng determi- nierte traditionelle Verwaltungsführung, sondern weit mehr eine durch ak- tive und stimulierende Gestaltung charakterisierte Steuerungsverwaltung gefordert. 19. Die Besonderheiten der Steuerungsverwaltung begünstigen eine Tendenz zur Dezentralisierung gegenüber der allgemeinen staatlichen Ver- waltung, wie die Beispiele der Bundesnetzagentur in Deutschland und der verschiedenen Regulierungsbehörden in Österreich zeigen. 20. Mit der zumindest de facto weitgehenden Unabhängigkeit dieser Behörden ist ein demokratisches Legitimationsdefizit verbunden. Dieses Defizit wird dadurch noch verstärkt, dass sich die demokratische Legitima- tion gegenüber privaten Unternehmen nur eingeschränkt (zB durch vertrag- liche oder behördliche Kontrollrechte) herstellen lässt und die Verwaltung über einen relativ weiten Gestaltungsspielraum („Regulierungsermessen“) verfügt. 21. Mit diesem Gestaltungsspielraum ist eine Verdünnung des Rechts- schutzes verbunden, weil die Rechtskontrolle am Maßstab materieller Vor- gaben schwieriger wird. Damit gewinnt die verfahrensrechtliche Ausgestal- tung des Rechtsschutzes an Gewicht, was die Herausbildung eines Typus „Verteilungsverfahren“ zur Folge hat. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 287

22. Die spezifischen Ziele der Steuerungsverwaltung ziehen einen hohen Regulierungsaufwand nach sich und begünstigen die Entwicklung neuer Rechtsformen (zB „Marktregeln“ in Österreich).

D. Schlussbemerkung

23. Auch bei zunehmender Gemeinwohlerfüllung durch Wettbewerb ver- liert somit die Staatsrechtslehre keineswegs an Bedeutung, sondern wird ganz im Gegenteil vor neue Herausforderungen gestellt. 288 Jens Kersten

Dritter Beratungsgegenstand: Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe

2. Bericht von Professor Dr. Jens Kersten, München*

Inhalt

Seite I. Einleitung ...... 289 II. Optimierter Wettbewerb ...... 290 1. Konzept ...... 290 2. Verfassung ...... 292 3. Instrumente ...... 296 4. Organisation ...... 303 III. Instrumenteller Wettbewerb ...... 308 1. Konzept ...... 308 2. Verfassung ...... 309 3. Instrumente ...... 309 4. Organisation ...... 316 IV. Regulierter Wettbewerb ...... 316 1. Konzept ...... 316 2. Verfassung ...... 319 3. Instrumente ...... 320 4. Organisation ...... 328 V. Folgerungen ...... 333

* Peter Häberle, Wolfgang Kahl, Mario Martini und Stephan Rixen möchte ich ganz herzlich für Hinweise, Anregungen und Kritik danken. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 289

I. Einleitung

Die Herstellung von Wettbewerb hat sich zu einer Verwaltungs- aufgabe entwickelt, die heute weit über das Kartellrecht hinausgeht: der kometenhafte Aufstieg des Vergabe- und Regulierungsrechts, die Ein- richtung von Zertifikatemärkten im Umweltrecht, der Einsatz von Ver- steigerungen, New Public Management in und zwischen Behörden, Schulen und Universitäten. Schon diese Stichworte weisen auf einen Wandel der Verwaltung hin, die den Wettbewerb als Handlungsform entdeckt hat, um das Gemeinwohl zu fördern. Die Gründe für diese Entwicklung liegen im Vernetzungsdruck der Europäisierung und Globalisierung;1 und bereits Adam Smith hat dafür die Einsicht formuliert, dass in arbeitsteiligen, international offenen Ge- sellschaften der Staat sein Monopol rationaler Gemeinwohlgenerierung nicht mehr aufrecht erhalten kann, das sich in Folge der religiösen und politischen Bürgerkriege des 16. und 17. Jahrhunderts gebildet hat.2 Vielmehr entstehe – so Smith – das Gemeinwohl individuell unbewusst, indem die Bürger ihre Eigeninteressen verfolgen und über die „unsicht- bare Hand“ von Angebot und Nachfrage das Gemeinwohl fördern.3 Die zentralen Aspekte dieser liberalen Bestimmung des Verhältnisses von Eigennutz und Gemeinwohl haben nichts von ihrer Aktualität ver- loren: In der ihr zugrunde liegenden politischen Anthropologie nicht

1 Vgl. R. Dahrendorf Anmerkungen zur Globalisierung, in: U. Beck (Hrsg.), Perspektiven der Weltgesellschaft, 1998, 41ff.; ders. Auf der Suche nach einer neuen Ordnung, 2003, 30ff.; ders. Die Quadratur des Kreises: Wirtschaftlicher Wohlstand, sozialer Zusammenhalt und politische Freiheit, in: ders., Der Wiederbeginn der Geschichte, 2004, 103ff.; ders. Keiner fragt, was mit den Managermillionen geschieht (http://lesesaal.faz.net/wehler/article.php?txtid=dahr [Abruf: 23. 9. 2009]). 2 Vgl. A. Smith Der Wohlstand der Nationen, 9. Aufl. 2001, 9ff., zur Arbeitsteilung als ökonomischem und sozialem Dynamisierungsfaktor anhand des Stecknadel- beispiels; für dessen kongeniale Reformulierung P. Sloterdijk Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, 301ff.; in historischer Perspektive U. Di Fabio ZWeR 2007, 266 (270f.); R. Schmidt Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil, 1990, 14f.; in verfassungs- staatlicher Perspektive A. Voßkuhle Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffent- licher Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2003), 266 (270ff.); H. Schulze-Fielitz Grundmodi der Aufgabenwahrnehmung, in: W. Hoffmann-Riem/ E. Schmidt-Aßmann/A. Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 1. Bd., 2006, § 12 Rn. 21. 3 Vgl. Smith (Fn. 2), 371; ferner zur Metapher der „unsichtbaren Hand“ A. Smith Theory of moral sentiments, 2002, 214ff.; hierzu K.-H. Fezer JZ 1990, 657 (658); C. Engel JZ 2004, 667f.; J. Isensee Salus publica – suprema lex?, 2006, 30f.; G.-J. Krol/ A. Schmid Volkswirtschaftslehre, 21. Aufl. 2002, 24f.; K. Fischer Moralkommunika- tion der Macht, 2006, 48ff. 290 Jens Kersten primär des homo oeconomicus,4 sondern der „ungeselligen Geselligkeit der Menschen“5 spiegelt sich die Doppelnatur des Wettbewerbs, der die Menschen sozial trennt und zugleich sozial verbindet6 – und dadurch zum „Motor einer freien Gesellschaft“7 wird. Der spannende Aspekt dieser liberalen Deutung des Verhältnisses von Eigennutz und Gemein- wohl liegt in deren Verhältnis zum Staat. Nach klassisch liberalem Verständnis leistet die sichtbare öffentliche Hand ihren Gemeinwohl- beitrag, indem sie Sicherheit, Justiz und Infrastruktur gewährleistet.8 Doch schon ein Vergleich dieses liberalen Staatsverständnisses mit den eingangs skizzierten aktuellen Anwendungsfeldern des Wettbewerbs- prinzips zeigt, dass sich der Staat keineswegs auf die „Gewährleistung des äußeren Marktgeschehens“9 beschränkt, sondern Wettbewerbs- strukturen rechtlich gestaltet. Diese Verflechtung von Markt und Staat soll im Folgenden anhand von drei Konzepten entfaltet werden: der Herstellung von optimiertem, instrumentellem und reguliertem Wett- bewerb als Verwaltungsaufgabe.

II. Optimierter Wettbewerb

1. Konzept Das Konzept optimierten Wettbewerbs zielt auf die Herstellung von Wettbewerb als Freiheit. Das Wettbewerbs- und Kartellrecht will den Markt vor der Selbstzerstörung schützen.10 Deshalb fokussiert es auf

4 Vgl. zur faktischen wie normativen Selektivität des homo oeconomicus P. Häberle Das Menschenbild im Verfassungsstaat, 4. Aufl. 2008, 66; O. Lepsius Die Verwal- tung 32 (1999), 429 (439); J. F. Lindner JZ 2008, 957 (959). 5 I. Kant Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, in: ders., Werkausgabe, hrsg. v. W. Weischedel, 11. Bd., 1977, 31 (37). 6 Vgl. P. Kirchhof Das Wettbewerbsrecht als Teil einer folgerichtigen und wider- spruchsfreien Gesamtrechtsordnung, in: ders. (Hrsg.), Gemeinwohl und Wettbewerb 2005, 2f. 7 U. Di Fabio in: Maunz/Dürig (Hrsg.) Grundgesetz, Art. 2 Abs. 1 (2001) Rn. 116; vgl. auch ders. ZWeR 2007, 266 (268). 8 Vgl. Smith (Fn. 2), 587ff., 600ff., 612ff., 645ff., 668ff.; hierzu I. Schmidt Wettbe- werbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl. 2005, 3f.; Krol/Schmid (Fn. 3), 25. 9 R. Schmidt HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 92 Rn. 2. 10 Vgl. zur Tendenz der Selbstzerstörung von Markt und Wettbewerb C. Engel Die Verwaltung 34 (2001), 1 (6f.); ders. Die Verwaltung 30 (1997), 429 (432); H. Wißmann FS R. Schmidt, 2006, 627 (643); U. Di Fabio ZWeR 2007, 266 (268); ders. in: Maunz/ Dürig (Fn. 7), Art. 2 Abs. 1 (2001) Rn. 124f.; Schulze-Fielitz (Fn. 2), § 12 Rn. 56; Krol/ Schmid (Fn. 3), 27. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 291

„marktkonstituierende Regelungen“11, die auf eine Optimierung freien Wettbewerbs im Marktprozess gerichtet sind.12 Diesem Konzept liegt ein gestuftes Gemeinwohlverständnis zu Grunde, das eine unmittelbare mit einer mittelbaren Gemeinwohlperspektive verbindet: Die wett- bewerbsoptimierenden Normen schützen – erstens und unmittelbar – die Handlungsfreiheit der Wettbewerber im ergebnisoffenen Marktpro- zess,13 an dessen unverfälschtem Wettbewerb ein allgemeines Interesse besteht.14 Mit der Gewährleistung unverfälschten Wettbewerbs als er- gebnisoffenes „Entdeckungsverfahren“15 verbindet sich – zweitens und mittelbar – die keineswegs sichere, aber dennoch durch Erfahrung be-

11 R. Schmidt HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 92 Rn. 8, zur Unterscheidung zwischen marktkonstituierenden und marktergebniskorrigierenden Regelungen; vgl. auch J.-P. Schneider ZHR 164 (2000), 513 (517); Kirchhof (Fn. 6), 2: „in ein Wettbewerbs- und Kartellrecht eingebettete Freiheit“; O. Lepsius Ziele der Regulierung, in: M. Feh- ling/M. Ruffert (Hrsg.), Regulierungsrecht, 2010, § 19 Rn. 35: alle Wettbewerbs- märkte werden durch Recht geschaffen; A. v. Bogdandy EuZW 2001, 357 (364); Dahrendorf Keiner fragt, was mit den Managermillionen geschieht (Fn. 1). 12 Vgl. R. Scholz Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Rechtsschutz, 1971, 172ff.; ders. Konzentrationskontrolle und Grundgesetz, 1971, 38ff., 50, 61ff., 77ff.; ders. Ent- flechtung und Verfassung, 1981, 102f.; ders. in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 12 (2006) Rn. 396; K.-H. Fezer JZ 1990, 657 (661); P. M. Huber Öffentliches Wirtschaftsrecht, in: E. Schmidt-Aßmann/F. Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 3. Kap. Rn. 100; S. Lenski Marktregulierung im Meinungskampf, in: E. V. Tow- figh u.a. (Hrsg.), Recht und Markt, 2009, 97 (106f.); J. Hecker Marktoptimierende Wirtschaftsaufsicht, 2007, 1ff., 9 ff, 31ff., 128, 131, 158; M. Heise Das Verhältnis von Regulierung und Kartellrecht im Bereich der Netzwirtschaften, 2008, 131; H.-J. Bunte Kartellrecht, 2. Aufl. 2008, 3. 13 Vgl. F. A. v. Hayek Der Weg zur Knechtschaft, 4. Aufl. 2005, 36; C. Engel Die Verwaltung 30 (1997), 429 (432); P. M. Huber JZ 2003, 290 (292); F. Ossenbühl FS Quaritsch, 2000, 235 (242); M. Hellwig FS Mestmäcker, 2006, 233 (240f., 244); U. Di Fabio in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 2 Abs. 1 (2001) Rn. 117, 125; R. Scholz in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 12 (2006) Rn. 396 a.E.; ders. Konzentrationskontrolle (Fn. 12), 50. 14 Vgl. § 1 S. 2 UWG; BVerfG-K, GRUR 2001, 266 (267): Der Schutz des freien Wettbewerbs vor missbräuchlicher Ausübung wirtschaftlicher Machtstellung gehört „zu den durch die Verfassung anerkannten Belangen des Allgemeinwohls (vgl. Art. 74 I Nr. 16 GG).“; Lenski (Fn. 12), 107. 15 Vgl. F. A. v. Hayek Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, in: ders., Frei- burger Studien. Gesammelte Aufsätze, 1969, 249 (256); darüber hinaus K. M. Mees- sen JZ 2009, 697 (698ff.); C. Kirchner Privates Wettbewerbsrecht und Gemeinwohl- verwirklichung, in: Kirchhof, Gemeinwohl (Fn. 6), 45 (68); E.-J. Mestmäcker Der verwaltete Wettbewerb, 1984, 5; ders./H. Schweitzer Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 2 Rn. 92ff.; A. Hatje, Wirtschaftsverfassung, in: A. v. Bogdandy (Hrsg.), Europäisches Verfassungsrecht, 2003, 683 (702); Heise (Fn. 12), 123, 129; U. Schliesky Öffentliches Wettbewerbsrecht, 1997, 193f. 292 Jens Kersten legte Erwartung, dass der so entstehende freie Markt zu gesellschaft- lichem Wohlstand, technischer Innovation und sozialer Dynamik führt.16 In dieser Stufung des Gemeinwohlverständnisses liegt aber auch zugleich das Hauptproblem des Konzepts: Wie ist zu verfahren, wenn individuell maximierte Wettbewerbsfreiheit den optimierten freien Wettbewerb zwar verletzt, aber dadurch unmittelbar soziale, technische und wirtschaftliche Gemeinwohlziele verwirklicht?17 Soll das ergebnis- offene durch ein ergebnisorientiertes Wettbewerbs- und damit Gemein- wohlkonzept ersetzt werden? Vor diesen Fragen steht – wie wir sogleich sehen werden – derzeit die europäische Wettbewerbsordnung.18

2. Verfassung Die Verfassung freien Wettbewerbs findet im deutschen und euro- päischen Verfassungsrecht unterschiedliche Ansatzpunkte. Das Grund-

16 Vgl. Erwägungsgrund 4 VO 139/2004; Nr. 105 S. 2–4 Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Absatz 3 EG-Vertrag – Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EG (2004/C 101/08, ABl. EU Nr. C 101, 97); Hayek (Fn. 15), 259, 261, für eine „lockere“ Verbindung des Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren mit der Aussicht auf Wohlstandsgewinne; D. Zimmer WuW 2007, 1198 (1202); E.-J. Mestmäcker WuW 2008, 6 (13); B. Grzeszik HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 78 Rn. 11ff.; Hecker (Fn. 12), 128f.; Heise (Fn. 12), 122ff.; zu der damit verbundenen Innovationsfunktion des Rechts W. Kahl DVBl. 2003, 1105ff.; ders. ZRph 2004, 1ff.; krit. Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 38, hinsichtlich einer Verallgemeinerung der Innovationskraft von Wettbewerb. 17 Wirtschaftspolitisch spiegelt dies den ökonomischen Schulenstreit zwischen Frei- burg und Chicago wider (A. Weitbrecht ECLR 2008, 81ff.; ders./J. Mühle EuZW 2008, 551 [551, 560]; I. Schmidt [Fn. 8], 5ff.; A. Künzler Effizienz oder Wettbewerbsfreiheit, 2008, 32ff.; aus der Perspektive des deutschen und europäischen Wettbewerbsrechts Bunte [Fn. 12], 11f.; I. Brinker in: J. Schwarze [Hrsg.] EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 81 EGV Rn. 9, 40). Gesetzgeber, Verwaltung und Gerichte unterliegen zwar wirtschaftstheoretischen Einflüssen, setzen aber – glücklicherweise – selten die reine ökonomische Lehre um (vgl. zum ordoliberalen Einfluss auf die Entstehung des deut- schen und europäischen Wettbewerbsrechts Weitbrecht ebd., 82; E.-J. Mestmäcker WuW 2008, 6 [9ff.]; J. Drexl Wettbewerbsverfassung – Europäisches Wettbewerbs- recht als materielles Verfassungsrecht –, in: v. Bogdandy [Fn. 15], 747 [752]; für eine Analyse der Einflüsse der Industrial Organization Analysis und der Chicago School auf die Wettbewerbskonzepte der Kommission und des Europäischen Gerichtshofs E. Bueren WRP 2004, 567 [568]; zur Bedeutung wirtschaftswissenschaftlicher Mo- delle für das Regulierungsrecht C. Koenig DVBl. 2009, 1082ff.; W. Spoerr Der Ein- fluss ökonomischer Modellbildung auf rechtliche Maßstäbe der Regulierung, in: H.-H. Trute/T. Groß/H. C. Röhl/C. Möllers [Hrsg.], Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008, 613ff.). 18 Vgl. pointiert D. Zimmer WuW 2005, 715; auch ders. in: U. Immenga/E.-J. Mest- mäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2007, § 1 GWB Rn. 16ff. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 293 gesetz gewährleistet Markt und Wettbewerb nicht institutionell,19 son- dern als Produkt der individuellen Ausübung der grundrechtlich20 geschützten Wettbewerbsfreiheit.21 Wenn der Gesetzgeber den Miss- brauch wirtschaftlicher Machtstellung verbietet,22 schränkt er durch die marktoptimierenden Regelungen des Wettbewerbsrechts die Maximie- rung individueller Wettbewerbsfreiheit zum Schutz einer freien Markt-

19 Vgl. R. Schmidt HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 92 Rn. 23, 27; ders. Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971, 128ff.; P. M. Huber FS Stober, 2008, 547 (552); Schliesky (Fn. 15), 189ff.; R. Scholz in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 12 (2006) Rn. 76, 88; dem- gegenüber für eine institutionelle Garantie des freien Markts und des Leistungswett- bewerbs durch das Grundgesetz U. Di Fabio ZWeR 2007, 266 (272); ders. in: Maunz/ Dürig (Fn. 7), Art. 2 Abs. 1 (2001) Rn. 116. Nach der Rechtssprechung des Bundes- verfassungsgerichts enthält „die bestehende Wirtschaftsverfassung“ zwar „den grund- sätzlich freien Wettbewerb der als Anbieter und Nachfrager auf dem Markt auftre- tenden Unternehmer als eines ihrer Grundprinzipien“ (BVerfGE 32, 311 [317]; vgl. auch BVerfGE 46, 120 [137]). Doch dieses „Grundprinzip“ des „grundsätzlich freien Wettbewerbs“ ist nicht objektiv-rechtlich als „Institution“ im Grundgesetz verankert: Der Wettbewerb ergibt sich als eine funktionsspezifische Folge der Wirtschaftsgrund- rechte und insbesondere der Berufsfreiheit (F. Ossenbühl FS Quaritsch, 2000, 235 [236]; R. Schmidt FS Stober, 2008, 19 [21f.]). 20 Die Wettbewerbsfreiheit wird grundsätzlich in Art. 2 Abs. 1 GG und berufs- spezifisch in Art. 12 Abs. 1 GG garantiert (BVerwGE 114, 160 [190]; R. Schmidt HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 92 Rn. 22; W. Kahl Die Schutzergänzungsfunktion von Art. 2 Abs. 1 GG, 2000, 17, 26; U. Di Fabio in: Maunz/Dürig [Fn. 7], Art. 2 Abs. 1 [2001] Rn. 116; P. M. Huber FS Stober, 2008, 547 [552]: insbesondere zum Schutz der Wett- bewerbsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 GG BVerfGE 32, 311 [317]; 46, 120 [137]; 105, 252 [265]; 106, 275 [298]; hierzu P. M. Huber Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, 1991, 319 ff.; R. Scholz in: Maunz/Dürig [Fn. 7], Art. 12 [2006] Rn. 88; demgegenüber J. F. Lindner DÖV 2003, 185 [188ff.], mit einer zwischen freiheitsrechtlicher Markt- teilnahme und gleichheitsrechtlichem Markterfolg differenzierenden Argumentation, der zufolge der Begriff der „Wettbewerbsfreiheit“ seine eigenständige dogmatische Funktion verliert). 21 Vgl. W. Höfling/St. Rixen RdA 2007, 360 (363); S. Rixen Wettbewerb im Gesund- heitswesen zwischen Gewährleistungsstaat und Grundrechtsschutz. Am Beispiel der Regulierung des Arzneimittelmarktes durch Festbeträge, in: A. Schmehl/A. Wall- rabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, 1. Bd., 2005, 109 (115f., 121ff.); ders. Sozialrecht als öffentliches Wirtschaftsrecht, 2005, 237ff., 248ff.; W. Möschel JZ 2000, 61 (67); E.-J. Mestmäcker WuW 2008, 6 (22); Schliesky (Fn. 15), 191f.; R. Scholz in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 12 (2006) Rn. 88; darüber hinausgehend J. F. Lindner DÖV 2003, 185 (189): Wettbewerb als „ein sub- jektunabhängiges Phänomen, ein pluri-subjektives Interaktionssystem, das mehrere wettbewerbende Teilnehmer voraussetzt und einen spezifischen Interaktionsmecha- nismus der Teilnehmer impliziert.“ 22 Vgl. Art. 76 Abs. 1 Nr. 16 GG; zum materiellen Gehalt der Kompetenzvorschrift des Art. 76 Abs. 1 Nr. 16 GG BVerfG-K, GRUR 2001, 266 (267); BVerwGE 114, 160 (191); 118, 226 (240); R. Scholz in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 12 (2006) Rn. 250. 294 Jens Kersten teilnahme aller Wettbewerber ein,23 um so das gestufte Gemeinwohl- konzept freien Wettbewerbs zu verwirklichen.24 Die europäische Verfassungsordnung garantiert demgegenüber den freien Wettbewerb institutionell als ein konstitutives Kernelement des Binnenmarkts.25 Sie bekennt sich zum „Grundsatz einer offenen Markt- wirtschaft mit freiem Wettbewerb“ (Art. 4 Abs. 1 EG)26 und verwirk-

23 Vgl. zum Eingriffscharakter wettbewerbsoptimierender Regelungen BVerfG, B. v. 12. 7. 1982 – 1 BvR 1239/81, WuW/E VG 293; BVerfG-K, GRUR 2001, 266f.; hierzu M. Cornils NJW 2001, 3758ff.; E.-J. Mestmäcker WuW 2008, 6 (13); Hecker (Fn. 12), 168f., 174, 178, 187ff., insbes. 206ff.; Bunte (Fn. 12), 251; grds. U. Di Fabio in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 2 Abs. 1 (2001) Rn. 117; differenzierend R. Scholz in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 12 (2006) Rn. 396; ders. Konzentrationskontrolle (Fn. 12), 38ff. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG wird die Reichweite des Schutzes der Berufsfreiheit durch die recht- lichen Regelungen mitbestimmt, „die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen“ (BVerfGE 106, 275 [298] – Festbeträge; vgl. auch BVerfGE 105, 252 [265] – Glykol; 116, 202 [221] – Tariftreue; zustimmend W. Hoffmann-Riem Der Staat 43 [2004], 202 [217]; H. D. Jarass in: ders./B. Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Vorb. vor Art. 1 Rn. 34, Art. 12 Rn. 15). Auf diese Weise wird die Berufsfreiheit von einem Recht der Markt- teilnehmer, ihren Wettbewerb frei zu gestalten, in einen Anspruch verwandelt, am staatlich frei gestaltenden Wettbewerb teilzuhaben (vgl. zu Recht krit. W. Höfling/ St. Rixen RdA 2007, 360 [363f.]; für eine umfassende Kritik der neuen Rechtspre- chung des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsfreiheit W. Höfling FS Rüfner, 2003, 329 [337f.]; R. Schmidt HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 92 Rn. 28 f:, P. M. Huber JZ 2003, 290 [292f.]; ders. FS Badura, 2004, 897 [912f.]; ders. FS Stober, 2008, 547 [551ff.]; W. Kahl Der Staat 43 [2004], 167 [201]; ders. AöR 131 [2006], 579 [609]; Lenski [Fn. 12], 107f.; Rixen Wettbewerb [Fn. 21], 116f.; ders. Sozialrecht [Fn. 21], 237, 240ff.; C. Möllers NJW 2005, 1973 [1975]; differenzierend J. F. Lindner DÖV 2003, 185ff.). 24 Es steht im Ermessen des Gesetzgebers, die Summe der freiheitsoptimierenden Einzelsicherungen einfachgesetzlich als Institutionenschutz freien Wettbewerbs auszugestalten (R. Scholz in: Maunz/Dürig [Fn. 7], Art. 12 [2006] Rn. 88; Schliesky [Fn. 15], 192f.). 25 Vgl. W. Kahl Europäische Grundlagen, in: R. Schmidt/T Vollmöller (Hrsg.), Kompendium Öffentliches Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2007, § 1 Rn. 9; ders. in: C. Cal- liess/M. Ruffert (Hrsg.) EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 14 EGV Rn. 24; P. M. Huber FS Stober, 2008, 547 (552); ders. (Fn. 12), 3. Kap. Rn. 94, 98; H.-W. Rengeling Die wirtschaftsbezogenen Grundrechte in der Grundrechtecharta, in: J. Schwarze (Hrsg.), Der Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents, 2004, 331 (348); zur Verwirk- lichung des Binnenmarkts durch die Wettbewerbspolitik EuGH, Rs. 56/64 und 58/64, Slg. 1966, 321, Rn. 16, 31 – Consten und Grundig; E.-J. Mestmäcker WuW 2008, 6 (16); Hatje (Fn. 15), 689; Bunte (Fn. 12), 2 ff, 23. 26 Vgl. Art. 4 Abs. 2, Art. 98 S. 2, Art. 105 Abs. 1 S. 3 EG; hierzu EuGH, Rs. C-9/99, Slg. 2000, I-8207, Rn. 12 – Échirolles Distribution SA/Association du Dau- phiné; darüber hinaus zum „System offener und wettbewerbsorientierter Märkte“ Art. 154 Abs. 2 S. 1, Art. 157 Abs. 1 UAbs. 2 EG; zu dieser im Vergleich zum Grund- Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 295 licht diese in einem System unverfälschten Wettbewerbs (Art. 3 Abs. 1 lit. g, Art. 81ff. EG, VO 139/200427).28 Dabei zeigt insbesondere das Verbot wettbewerbsbeschränkender Verhaltensweisen in Art. 81 EG, dass auch dem europäischen Wettbewerbsrecht das gestufte Gemein- wohlkonzept optimierten Wettbewerbs als Freiheit zugrunde liegt: Art. 81 Abs. 3 EG erlaubt Ausnahmen vom grundsätzlichen Kartellver- bot zu produktiven, technischen oder wirtschaftlichen Verbesserungen nur dann, wenn diese Wettbewerbsverzerrung den freien Wettbewerb nicht grundsätzlich in Frage stellt (Art. 81 Abs. 3 lit. b EG). Selbst in der Abwägung mit zentralen wohlfahrtsstaatlichen Gemeinwohlbelan- gen garantiert also die europäische Verfassungsordnung derzeit noch den Wettbewerb als ergebnisoffenes Entdeckungsverfahren29.30

gesetz klaren wirtschaftspolitischen Grundentscheidung R. Schmidt HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 92 Rn. 34ff.; ders. FS Stober, 2008, 19 (23); P. Badura Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, 3. Aufl. 2008, Rn. 84; Huber (Fn. 12), 3. Kap. Rn. 94; Kahl (Fn. 25), § 1 Rn. 7ff., bes. Rn. 9; R. Streinz Europarecht, 8. Aufl. 2008, Rn. 971; A. Hatje in: Schwarze (Fn. 17), Art. 4 EGV Rn. 8; U. Häde in: Calliess/Ruffert (Fn. 25), Art. 4 EGV Rn. 8. 27 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kon- trolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“), ABl. EU 2004 Nr. L 24, 1. 28 Nach der Rechtsprechung des EuGH (Rs. 6/72, Slg. 1973, 215, Rn. 26 – Con- tinental Can; Rs. C-95/04, EuZW 2007, 306, Rn. 106 – British Airways) „handelt“ Art. 3 Abs. 1 lit. g EG von der „Struktur des tatsächlichen Wettbewerbs“, die vor verfälschenden Eingriffen geschützt werden soll, was im Sinn eines ergebnisoffenen Wettbewerbsschutzes zu verstehen ist (U. Immenga ZWeR 2006, 346 [348f.]; J. Basedow WuW 2007, 712 [714]; A. Lippert DVBl. 2008, 492 [495]; Künzler [Fn. 17], 463f.). 29 Vgl. ausdrücklich zum europäischen Verständnis des Wettbewerbs als Ent- deckungsverfahren Hatje (Fn. 15), 702; grds. auch U. Immenga ZWeR 2006, 346 (356f.); J. Basedow WuW 2007, 712 (714); Mestmäcker/Schweitzer (Fn. 15), § 2 Rn. 92ff.; Nr. 105 S. 4 Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EGV (Fn. 16): „Mit anderen Worten, der Schutz des Wettbewerbsprozesses bleibt das eigentliche Ziel von Artikel 81 [EG] und zwar nicht nur auf kurze, sondern auch auf lange Sicht“ (Klammerzusatz durch den Verfasser). 30 Vgl. EuGH, Rs. 26/76, Slg. 1977, 1875, Rn. 21 – Metro; Nr. 105 S. 4 Leitlinien- Art. 81 Abs. 3 EGV (Fn. 16); D. Zimmer WuW 2007, 1198 (1201); H. Schröter Das Wettbewerbskonzept des Verfassungsentwurfs, in: Schwarze (Fn. 25), 233 (236); Künzler (Fn. 17), 359; Mestmäcker/Schweitzer (Fn. 15), § 13 Rn. 68; V. Emmerich Kartellrecht, 11. Aufl. 2008, § 8 Rn. 25ff.; auch Drexl (Fn. 17), 784; I. Brinker in: Schwarze (Fn. 17), Art. 81 EGV Rn. 89. Eine parallele Funktion erfüllt die Regelung des Art. 86 Abs. 2 S. 1 EG im Hinblick auf öffentliche und monopolartige Unter- nehmen. 296 Jens Kersten

3. Instrumente Die zentralen wettbewerbsoptimierenden Instrumente des deutschen wie europäischen Wettbewerbsrechts sind das Verbot wettbewerbs- beschränkender Verhaltensweisen (Art. 81 EG, § 1 GWB), die Unter- sagung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Art. 82 EG, § 19 GWB) sowie die Fusionskontrolle (FKVO, § 35ff. GWB).31 Diese Instrumente spiegeln in ihrer Normstruktur das gestufte Gemein- wohlkonzept optimierter Wettbewerbsfreiheit wider: Sie regeln nicht positiv, was der Wettbewerb leisten soll, sondern verbieten negative Störungen des freien Wettbewerbsprozesses.32 Dafür setzen diese wett- bewerblichen Instrumente auf offene Rechtsbegriffe wie „Wettbewerbs- beschränkung“, „Marktstrukturmissbrauch“33 und „wettbewerbs- widriger Zusammenschluss“. Diese werden durch die Leitlinien der Wettbewerbsbehörden34 und eine fallgruppenorientierte Rechtspre- chung konkretisiert und fortentwickelt.35

31 Darüber hinaus kommt auch dem Beihilferecht (Art. 87ff. EG) eine zentrale wettbewerbsschützende Funktion zu (vgl. W. Kahl/L. Diedrichsen Subventionsrecht in: Schmidt/Vollmöller [Fn. 25], § 7 Rn. 6, 16; P. Bultmann Öffentliches Recht, 2. Aufl. 2008, 296ff.; ders. Beihilferecht und Vergaberecht, 2004, 33ff.). Das Beihilfeverbot bezieht sich jedoch nicht unmittelbar auf die Selbstzerstörungspotenziale des Markts (vgl. oben Fn. 10), so dass es im Rahmen dieser Untersuchung wettbewerbsoptimie- render Regelungen nicht eingehend gewürdigt wird. 32 Vgl. Heise (Fn. 12), 120; zur Offenheit des Wettbewerbsbegriffs im deutschen Wettbewerbsrecht M. Lehmann JZ 1990, 61 (62, 65); I. Schmidt (Fn. 8), 170; Bunte (Fn. 12), 4, 13, 244; zur Offenheit des Wettbewerbsbegriffs im europäischen Wett- bewerbsrecht Bunte ebd., 80, 244; Hatje (Fn. 15), 703. 33 H. Schröter in: H. v. d. Groeben/J. Schwarze (Hrsg.) EUV/EGV, 6. Aufl. 2003, Art. 81 EGV Rn. 164. 34 Die Kommission legt in ihren Wettbewerbsleitlinien dar, wie sie das europäische Wettbewerbsrecht anzuwenden und fortzuentwickeln gedenkt. Damit will sie zugleich ein „analytisches Gerüst“ für die Rechtspraxis schaffen, das auch die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten bei der Anwendung des europäischen Wettbewerbs- rechts anleiten soll, ohne diese jedoch dadurch rechtlich zu binden. Abhängig von der Entwicklung des Wettbewerbsrechts werden die Leitlinien von Zeit zu Zeit neu über- arbeitet (Nr. 3–5 Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EGV [Fn. 16]; Nr. 6 S. 2 und 3 Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen – Leitlinien horizontale Zusam- menschlüsse [2004/C 31/03, ABl. EU 2004 Nr. C 31, 5]; Nr. 7 Leitlinien zur Anwend- barkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammen- arbeit [2001/C 3/02, ABl. 2001, Nr. 3, 2]); grds. zu dieser Handlungsform G. Pampel EuZW 2005, 11ff.; ferner zu den Verwaltungsgrundsätzen des Bundeskartellamts §53Abs.1 S.3GWB; grds. zu dieser Handlungsform S. Klaube in: Immenga/Mest- mäcker (Fn. 18), § 53 GWB Rn. 4f. 35 Vgl. Scholz Wirtschaftsaufsicht (Fn. 12), 21; Hecker (Fn. 12), 123f. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 297

Die zentrale Rolle der Verwaltung im Rahmen dieser Konkretisie- rung und Fortentwicklung des Wettbewerbsrechts hat die Kommission in den letzten zehn Jahren dazu genutzt, um mit dem europäischen Wettbewerbsrecht auch das europäische Gemeinwohlkonzept neu zu konturieren: Bisher haben der handlungsorientierte Grundsatz unter- nehmerischer Selbstständigkeit36 und das verhaltensstrukturelle Kri- terium der missbräuchlichen Marktbeherrschung37 die Anwendung der drei zentralen kartellrechtlichen Instrumente im Sinn eines optimierten freien Wettbewerbs gesteuert.38 Doch seit Ende der 1990er Jahre ver- folgt die Kommission über ihre Leitlinien einen Wechsel von einer ergebnisoffenen zu einer ergebnisorientierten Wettbewerbspolitik – den more economic approach, der Gegenstand eines wettbewerbspolitischen „Kulturkampfes“ geworden ist.39 Der more economic approach zielt nicht nur auf eine ökonomische Verfeinerung des kartellrechtlichen Instrumentariums,40 sondern sieht aufgrund eines ergebnisorientierten

36 Vgl. EuGH, Rs. 48/69, Slg. 1972, 619 (662ff.) – ICI; Rs. 40/73–48/73, Slg. 1975, 1663, Rn. 173 – Suiker Unie; Rs. C-49/92, Slg. 1999, I-4125, Rn. 116 – Anic Parteci- pazioni; Nr. 14 S. 2 Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EGV (Fn. 16); Emmerich (Fn. 30), § 4 Rn. 35ff., bes. 44; ders. in: Immenga/Mestmäcker (Fn. 18), Art. 81 EGV Rn. 133, 135 f.; H. Schröter in: v. d. Groeben/Schwarze (Fn. 33), Art. 81 EGV Rn. 6f., 86; zur deutschen Rechtsprechung BGHZ 68, 6 (10f.) – Fertigbeton; BGH, NJW 1997, 756 (759) – Europapokal-Heimspiel; Bunte (Fn. 12), 13, 251; insgesamt D. Zimmer in: Immenga/Mestmäcker (Fn. 18), § 1 GWB Rn. 151ff. 37 Vgl. EuGH, Rs. 6/72, Slg. 1973, 215, Rn. 26 – Continental Can; Rs. 85/76, Slg. 1979, 461, Rn. 91, 125; BGHZ 73, 65 (73) – Erdgas Schwaben; BVerwGE 114, 160 (173); W. Möschel, in: Immenga/Mestmäcker (Fn. 18), Art. 82 EGV Rn. 119ff., § 19 GWB Rn. 100; H. Schröter in: v. d. Groeben/Schwarze (Fn. 33), Art. 82 EGV Rn. 160; jeweils mwN. 38 Vgl. D. Zimmer WuW 2007, 1198 (1202f.). 39 Vgl. aus der kaum noch zu überblickenden Literatur einerseits für den more economic approach M. Albers Der more economic approach bei Verdrängungs- missbräuchen: Zum Stand der Überlegungen der Europäischen Kommission, 1ff. (http://ec.europa.eu/competition/antitrust/art82/albers.pdf [Abruf am 13. 8. 2009]); D. Schmidtchen WuW 2006, 6ff.; D. Hildebrand WuW 2005, 513ff.; C. v. Weizäcker WuW 2007, 1078ff.; A. Heinemann GRUR 2008, 949 (954); andererseits krit. I. Schmidt WuW 2005, 877; J. Basedow WuW 2007, 712ff.; E.-J. Mestmäcker WuW 2008, 6 (14); Künzler (Fn. 17); F. Rittner/M. Dreher Europäisches und deutsches Wett- bewerbsrecht, 3. Aufl. 2008, § 14 Rn. 56; W. Möschel JZ 2009, 1040ff.; gelassen U. Di Fabio ZWeR 2007, 266 (274); differenzierend D. Zimmer WuW 2007, 1198ff.; zur Rechtsprechung S. Hirsbrunner EuZW 2009, 239 (240f., 244); für das Beihilferecht A. Bartosch RIW 2007, 681ff.; P. Oberender (Hrsg.), Der „more economic approach“ in der Beihilfekontrolle, 2008 für das Vergaberecht M. Burgi NZBau 2009, 609 (613). 40 Vgl. Albers (Fn. 39), 3; darüber hinaus E. Bueren WRP 2004, 567 (569ff.); D. Hil- debrand WuW 2005, 513ff.; A. Heinemann GRUR 2008, 949 (954); krit. I. Schmidt WuW 2005, 877; Bunte (Fn. 12), 162. 298 Jens Kersten

Wettbewerbsbegriffs den Schutzzweck europäischen Wettbewerbsrechts in der Konsumentenwohlfahrt und der effizienten Ressourcenalloka- tion. Im Hinblick auf die Umsetzung des more economic approach zeigen sich die Grenzen, aber auch die Möglichkeiten der Kommission als Verwaltungsbehörde, konzeptionell über die Herstellung von Wett- bewerb das europäische Gemeinwohlmodell zu verändern. Die primärvertragliche Grenze dieser Umsteuerung des Wettbewerbs- rechts durch die Verwaltung wird überschritten, wenn die Kommission den Gegenstand und Schutzzweck des europäischen Wettbewerbs- rechts allein in der Konsumentenwohlfahrt und einer effizienten Res- sourcenallokation sehen will.41 Das europäische Primärrecht schützt – wie wir gesehen haben – den Wettbewerbsprozess als ergebnisoffenes

41 Vgl. Albers (Fn. 39), 1ff.; programmtisch Nr. 7 S. 1 Leitlinien für vertikale Be- schränkungen – Vertikal-Leitlinien (2000/C 291/01, ABl. EU Nr. C 291, 1): „Der Schutz des Wettbewerbs zum Wohl der Verbraucher und zur effizienten Verteilung der Ressourcen ist das Hauptziel der EG-Wettbewerbspolitik.“; vgl. auch Nr. 24 Fn. 31 S. 2 Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EGV (Fn. 16); Nr. 8 Leitlinien horizontale Zu- sammenschlüsse (Fn. 34); Nr. 10 Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusam- menschlüsse gemäß Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusam- menschlüssen – Leitlinien nichthorizontale Zusammenschlüsse (2008/C 265/07, ABl. EU 2008, Nr. C 265, 6); Kommission, DG Competition discussion paper on the application of Article 82 of the Treaty to exclusionary abuses, 2005, Nr. 4, 79, 88 u. ö.; krit. E. Bueren WRP 2004, 567 (570); Künzler (Fn. 17), 453ff. Die Kommission argumentiert im Hinblick auf die Bestimmung des Schutzgutes des europäischen Wettbewerbsrechts keineswegs eindeutig. Ein Beispiel hierfür bilden die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Abs. 3 EG-Vertrag (Fn. 16): Einerseits bestimmt die Kom- mission den Schutzzweck des Wettbewerbsrechts wohlfahrtsökonomisch: „Artikel 81 soll den Wettbewerb im Markt schützen, um den Wohlstand der Verbraucher zu för- dern und eine effiziente Ressourcenallokation zu gewährleisten. Wettbewerb und Marktintegration dienen diesen Zielen, da die Schaffung und Erhaltung eines offenen Binnenmarktes zu einer effizienten Ressourcenallokation in der gesamten Gemein- schaft zum Wohle der Verbraucher fördert“ (Nr. 13 Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EGV [Fn. 16], vgl. ferner ebd., Nr. 33 S. 1). Andererseits stellt sie im Rahmen der Ausle- gung des Art. 81 Abs. 3 EG fest: „Letzten Endes wird dem Schutz des Wettstreits und dem Wettbewerbsprozess Vorrang eingeräumt vor potenziellen wettbewerbsfördern- den Effizienzgewinnen, die sich aus wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen er- geben könnten. In der letzten Voraussetzung des Artikels 81 Abs. 3 wird die Tatsache anerkannt, dass die Rivalität zwischen Unternehmen eine wesentliche Antriebskraft für die wirtschaftliche Effizienz, einschließlich langfristiger dynamischer Effizienz- steigerungen in Form von Innovationen. Mit anderen Worten, der Schutz des Wett- bewerbsprozesses bleibt das eigentliche Ziel von Artikel 81 und zwar nicht nur auf kurze, sondern auch auf lange Sicht“ (Nr. 105 S. 2–4 Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EGV [Fn. 16], vgl. ferner ebd., Nr. 47 S. 2, Erwägungsgründe 9 S. 1 und 3, 25 S. 1 VO 1/2003); zur konturellen Unschärfe des more economic approach auch U. Immenga ZWeR 2006, 346 (348); A. Heinemann GRUR 2008, 949; Künzler (Fn. 17), 354ff. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 299

Entdeckungsverfahren im Sinn eines gestuften Gemeinwohlkonzepts. Eine Umstellung des Schutzgegenstands des europäischen Wettbewerbs- rechts auf ein ergebnisorientiertes Effizienzkonzept der Konsumenten- wohlfahrt kann nur durch eine Vertragsänderung erfolgen.42 Auch der Vertrag von Lissabon deckt einen solchen Paradigmenwechsel mei- ner Auffassung nach nicht,43 obwohl neue Begriffskombinationen – wie

42 Vgl. U. Immenga ZWeR 2006, 346 (365); D. Zimmer WuW 2007, 1198 (1204). Dem steht nicht entgegen, dass nach Art. 98 S. 2 EG der Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb den effizienten Einsatz der Ressourcen för- dern soll (vgl. hierzu U. Häde in: Calliess/Ruffert [Fn. 25], Art. 98 EGV Rn. 4). Diese Regelung hält sich ganz im Rahmen des gestuften Gemeinwohlkonzepts optimierten Wettbewerbs, der mittelbar eine effiziente Ressourcenallokation im Sinn des Art. 98 S. 2 EG „fördert“. Deshalb kann Art. 98 S. 2 EG nicht der normative Anknüpfungs- punkt für ein erfolgsorientiertes Modell der europäischen Wettbewerbsordnung im geltenden Vertragsrecht sein. 43 Auf französische Initiative hin wird die Gemeinschaftsaufgabe, ein System unver- fälschten Wettbewerbs zu schaffen (Art. 3 Abs. 1 lit. g EG), „nur“ noch auf der Proto- kollebene des Vertrags von Lissabon geregelt (P. Behrens EuZW 2008, 193; A. Weit- brecht ECLR 2008, 81 [88]; I. Brinker in: Schwarze [Fn. 17], Art. 81 EGV Rn. 41; Stürner Markt und Wettbewerb über alles?, 2007, 86, 173). Im Protokoll über den Bin- nenmarkt und den Wettbewerb, das nach Art. 51 EUV-Lissabon Bestandteil der Verträge ist, kommen die Vertragsparteien überein, „dass der Binnenmarkt, wie er in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union beschrieben wird, ein System umfasst, das den Wettbewerb vor Verfälschungen schützt“ (ABlEU 2007 Nr. C 306/156, ABlEU 2008 Nr. C 115/309; hierzu Streinz [Fn. 26], Rn. 971a; krit. hinsichtlich der normativen Steuerungskraft A. Lippert DVBl. 2008, 492 [499]; K. M. Meessen JZ 2009, 697 [702]). Darüber hinaus umfasst das neu gefasste Unionsziel „einer in hohem Maße wettbe- werbsfähigen sozialen Marktwirtschaft“ (Art. 3 Abs. 3 UAbs. 1 S. 2 Fall 2 EUV-Lis- sabon) neben der sozialen Korrektur marktwirtschaftlicher Fehlentwicklungen auch die Gewährleistung unverfälschten Wettbewerbs (vgl. Huber [Fn. 11], 3. Kap. Rn. 100; Künzler [Fn. 17], 322; im Hinblick auf den Europäischen Verfassungsvertrag bereits J. Schwarze EuZW 2004, 135 [136]). Dies entspricht der ausschließlichen Kompetenz der Union, die „für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbs- regeln“ festzulegen (Art. 3 Abs. 1 lit b VA E U -Lissabon; Schwarze ebd., 137f.). Darüber hinaus bleiben der „Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ erhalten (Art. 119 Abs. 1 und 2 VA E U [Art. 4 EG], Art. 127 Abs. 1 S. 3 VA E U [Art. 105 Abs. 1 S. 3 EG]; hierzu Behrens ebd.) und die Wettbewerbsregeln unangetastet (Art. 101ff. AEUV), was ebenfalls für eine Beibehaltung des Schutzzwecks eines ergeb- nisoffenen Wettbewerbsprozesses im europäischen Primärrecht spricht (J. Basedow EuZW 2008, 225; Behrens ebd.; Brinker ebd.; Huber ebd.; Meessen ebd.; Künzler ebd.; Stürner ebd., 173; Streinz ebd.; ders./C. Ohler/ C. Hermann Der Vertrag von Lissabon zur Reform der EU, 2008, 67f.; grds. zurückhaltend M. Ruffert AöR 134 (2009), 197 (201f.); offener hinsichtlich der künftigen Entwicklung Weitbrecht ebd.). Damit lässt sich dem Vertrag von Lissabon keine Grundlage für eine Neubestimmung des Schutz- guts des Wettbewerbsrechts im Sinn eines ergebnisorientierten Wettbewerbsverständ- nisses bzw. des more economic approach entnehmen (Künzler ebd.). 300 Jens Kersten

„eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ (Art. 3 Abs. 3 UAbs. 1 S. 2 Fall 2 EUV-Lissabon) – in Verbindung mit der „protokollarischen“ Deklassierung des Systems unverfälschten Wettbewerbs der Kommission gute Argumente für ihren Neuansatz im Wettbewerbsrecht liefert.44 Doch auch diesseits der primärrechtlichen Vertragsänderung beste- hen Gestaltungsspielräume, die von der Kommission für eine ergebnis- orientierte Fortbildung des grundsätzlich ergebnisoffenen europäischen Wettbewerbsrechts genutzt werden. Diese Rechtsfortbildung läuft letzt- lich auf eine instrumentelle Verallgemeinerung des Abwägungsgrund- satzes des Art. 81 Abs. 3 EG hinaus.45 Zunächst hat die Kommission über ihre Leitlinien die Anwendungspraxis des Verbots wettbewerbs- beschränkender Verhaltensweisen (Art. 81 EG) spezifiziert: Im An- schluss an die verhaltensorientierte Feststellung einer Beschränkung freien Wettbewerbs (Art. 81 Abs. 1 EG)46 kann eine Abwägung mit den Effizienzvorteilen dieser Wettbewerbsbeschränkung im Sinn des Art. 81 Abs. 3 EG stattfinden,47 für deren Vorliegen das wett- bewerbsbeschränkende Unternehmen die Beweislast trägt (Art. 2 S. 2

44 In einer Pressekonferenz begründete der französische Präsident Sarkozy sein Ein- treten für die Streichung des Art. 3 lit. g EG mit der rhetorischen Frage, was „der Wettbewerb als Ideologie“ für Europa gebracht habe (zit. P. Behrens EuZW 2008, 193). Kommissionspräsident Barroso erklärte im Hinblick auf die Streichung des Art. 3 lit. g EG, dass er mit Ausnahme „gewisser Extremisten“ niemanden kenne, der den Wettbewerb für ein großes gesellschaftliches Ziel halte (zit. nach Behrens ebd.); vgl. zur politischen Botschaft der protokollarischen Deklassierung des Systems unver- fälschten Wettbewerbs auch J. Basedow EuZW 2008, 225; Stürner (Fn. 43), 86, 173; ferner zum „sozialen“ Entwicklungspotenzial der europäischen Wirtschaftsverfassung nach Lissabon C. Semmelmann Die Wirtschaftsverfassung der EG zwischen Markt und Recht, in: Towfigh u.a. (Fn. 12), 227 (230f.). 45 Vgl. auch D. Zimmer in: Immenga/Mestmäcker (Fn. 18), § 1 GWB Rn. 16. 46 Vgl. Nrn. 24, 32 Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EGV (Fn. 16), zu der aufgrund des more economic approach vorgenommenen umfassenden Marktanalyse, die die Kom- mission zur Feststellung von nicht bezweckten, sondern „nur“ bewirkten Wettbe- werbsbeschränkungen im Sinn des Art. 81 Abs. 1 EG favorisiert (Bunte [Fn. 12], 82; I. Brinker in: Schwarze [Fn. 17], Art. 81 EGV Rn. 40; D. Zimmer in: Immenga/Mest- mäcker [Fn. 18], § 1 GWB Rn. 155ff.; zur hilfsweisen Heranziehung von performance- Tests I. Schmidt [Fn. 8], 79; krit. Emmerich [Fn. 30], § 4 Rn. 44). 47 Vgl. Nrn. 11, 33 S. 6, 73ff. Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EGV (Fn. 16); Nr. 136 Ver- tikal-Leitlinien (Fn. 41); A. Heinemann GRUR 2008, 949 (954), zu den Grenzen des Art. 81 Abs. 3 EG, der durch seinen Verbraucherbezug die Entwicklung eines total welfare standard ausschließt, der sich vom Verbrauchernutzen emanzipiert; ferner D. Schmidtchen WuW 2006, 6 (10). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 301

VO 1/200348).49 Parallel eröffnet die Fusionskontrollverordnung eben- falls die Möglichkeit einer efficiency-defence in der europäischen Zusam- menschlusskontrolle.50 Und schließlich hat die Kommission in ihrem Diskussionspapier zur Anwendung des Art. 82 EG aus dem Jahr 2005 – wiederum in Anknüpfung an die Wertungen des Art. 81 Abs. 3 EG – eine efficiency-defence für die Missbrauchskontrolle entwickelt.51 Da- raufhin hat sich 2007 der EuGH in British Airways sehr vorsichtig auf den Weg der Rechtsfortbildung begeben,52 indem er einen wohlfahrts- ökonomischen Effizienzeinwand in die Prüfung des Missbrauchstatbe- stands des Art. 82 EG integriert hat.53 So hat sich – vor allem aufgrund

48 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrages niedergelegten Wettbewerbsregeln vom 16. Dezember 2002 („Kartellverfahrensverordnung“) (ABl. 2002 EG Nr. L 1, 1). 49 Vgl. Nr. 41 S. 2 Leitlinien-Art. 81 Abs. 3 EGV (Fn. 16). 50 Vgl. Art. 2 Abs. 1 S. 2 lit. b i.V.m. Erwägungsgrund 29 VO 139/2004; hierzu Bunte (Fn. 12), 218ff.; Mestmäcker/Schweitzer (Fn. 15), § 25 Rn. 141ff.; grds. zum Streit um die praktische Anwendbarkeit von Erwägungsgrund 29 ablehnend J. Basedow WuW 2007, 712 (714), krit. U. Immenga ZWeR 2006, 346 (353f., 361); Rittner/Dreher (Fn. 39), § 14 Rn. 95; befürwortend C. v. Weizsäcker WuW 2007, 1078 (1081ff.); insgesamt krit. zur Möglichkeit der Rechtsfertigung von Fusionen durch Effizienzvorteile Immenga ebd., 355f.; E.-J. Mestmäcker WuW 2008, 6 (20). Nach Nr. 76ff., insbes. Nr. 78 Leitlinien ho- rizontale Zusammenschlüssen (Fn. 34) müssen Effizienzvorteile den Verbrauchern zu- gute kommen, fusionsspezifisch und überprüfbar sein, damit sie von der Kommission bei der Beurteilung eines Zusammenschlusses berücksichtigt und im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt akzeptiert werden können. Die Nachweis- pflicht liegt bei den Anmeldern (Nr. 87); vgl. auch Nr. 21 Leitlinien nichthorizontale Zu- sammenschlüsse (Fn. 41); zur entsprechenden Entscheidungspraxis Kommission, WuW 2008, 115, Rn. 1099ff. – Ryanair/Aer Lingus; zur entsprechenden Rechtsspre- chung EuG, Rs. T-177/04, Slg. 2006, II-1931, Rn. 72 – easyjet; EuG, Rs. T-282/06, Slg. 2007, II-2149, Rn. 133ff. – Sun Chemical; S. Hirsbrunner EuZW 2009, 239 (241). 51 Vgl. Kommission, DG (Fn. 41), Nr. 4, 79, 84ff.; Albers (Fn. 39), 11; hierzu A. Heinemann GRUR 2008, 949 (951f.); Bunte (Fn. 12), 161f.; krit. Emmerich (Fn. 30), § 9 Rn. 6; § 10 Rn. 7; W. Möschel in: Immenga/Mestmäcker (Fn. 18), Art. 82 EGV Rn. 121; Künzler (Fn. 17), 456, 461ff.; insgesamt zur „Modernisierung“ des Art. 82 EG durch den more economic approach D. Hildebrand WuW 2005, 513 (517ff.). 52 Vgl. demgegenüber Künzler (Fn. 17), 462f., der eine ausdrückliche Änderung des Art. 82 EG für die Einführung einer efficiency-defence in Art. 82 EG für erforderlich hält; krit. auch U. Immenga ZWeR 2006, 346 (352); A. Weitbrecht/J. Mühle EuZW 2008, 551 (554f.). 53 Vgl. EuGH, Rs. C-95/04, EuZW 2007, 306, Rn. 69, 84ff., bes. Rn. 86 – British Air- ways: „Die Beurteilung der objektiven wirtschaftlichen Rechtfertigung einer Rabatt- oder Prämienregelung eines Unternehmens in beherrschender Stellung erfolgt anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls […]. Es ist zu ermitteln, ob die für den Wettbe- werb nachteilige Verdrängungswirkung einer solchen Regelung durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden kann, die auch dem Verbraucher zugute- kommen. Steht die Verdrängungswirkung dieser Regelung in keinem Zusammenhang 302 Jens Kersten des federführenden Gestaltungsanspruchs der Kommission – das euro- päische Wettbewerbsrecht gewandelt und mit ihm das Gemeinwohl- konzept der Herstellung von Wettbewerb als Freiheit: Grundsätzlich schützt das europäische Wettbewerbsrecht auch weiterhin unmittelbar den Wettbewerbsprozess, den es als ergebnisoffenes Entdeckungs- verfahren mit der mittelbaren Erwartung bisher unbekannter sozialer, technischer und wirtschaftlicher Innovation verbindet. Es durchbricht diesen Grundsatz jedoch, wenn ein Marktteilnehmer durch seine maxi- mierte individuelle Wettbewerbsfreiheit zwar den optimierten freien Wettbewerb beeinträchtigt, aber konkret überwiegende Effizienzvor- teile für das Gemeinwohl nachweisen kann, ohne dadurch den offenen Wettbewerbsprozess insgesamt in Frage zu stellen.54 mit Vorteilen für den Wettbewerb und die Verbraucher oder geht sie über dasjenige hinaus, was zur Erreichung solcher Vorteile erforderlich ist, so ist diese Regelung als missbräuchlich anzusehen“ (Klammerzusatz durch den Verfasser). Die Einordnung des Effizienzeinwands ist umstritten: Für eine Einordnung als wohlfahrtökonomische efficiency-defence spricht seine Formulierung als verbraucherorientierte Abwägungs- regel (D. Zimmer WuW 2007, 1198 [1205f.]; aA J. Basedow WuW 2007, 712 [714f.], der allerdings Effizienzerwägungen im Rahmen der Missbrauchsprüfung des Art. 82 EG grds. für möglich hält). Dies gilt selbst dann, wenn die Ausführungen des EuGH nicht den Differenzierungsgrad des Effizienzeinwands des Diskussionspapiers der Kommis- sion von 2005 erreicht (Kommission, DG [Fn. 41], Nr. 4, 79, 84ff.). Gegen die Ein- ordnung als wohlfahrtsökonomischer Effizienzeinwand lässt sich anführen, dass der EuGH die efficiency-defence in die Prüfung der Wettbewerbsauswirkungen integriert (Künzler [Fn. 17], 465 Fn. 317; demgegenüber Albers [Fn. 39], 11, für die Einbeziehung von Effizienzgewinnen in die Missbrauchsprüfung). Gerade diese Unklarheiten spre- chen dafür, British Airways als den ersten Ansatz einer möglichen Rechtsentwicklung durch den EuGH zu verstehen, bei dem abzuwarten bleibt, ob weitere rechtsfortbil- dende Schritte folgen (vgl. für eine zurückhaltende Einordnung der efficiency-defence in British Airways die Anmerkung von M. Holzinger EuZW 2007, 313 [314]). In jüngerer Zeit lässt der EuGH jedoch eine deutliche Distanz zum more economic approach er- kennen (EuGH, Rs. C-8/08, EuZW 2009, 505 [Rn. 38] – T-Mobile Netherlands; Rs. C-501/06P u.a., Rn. 63 – GlaxoSmithKline). 54 Diese differenzierte Abwägung von optimiertem freien Wettbewerb und individuell maximierter Wettbewerbsfreiheit unter Gemeinwohlgesichtspunkten ist nicht mit der Anerkennung einer allgemeinen rule of reason nach US-amerikanischen Vorbild iden- tisch: Der europäischen Neukonturierung des Wettbewerbsrechts geht es nicht schlicht um eine „vernünftige Einschränkung“ eines Kartellverbots, das – wie § 1 Sherman Act – keine Freistellungsnormen (Art. 81 Abs. 3 EG) kennt, sondern um eine efficiency-de- fence, die den normativen Vorrang freien Wettbewerbs als prozedurale Gewährleistung nachhaltiger Gemeinwohlerwartungen vor einer individuell maximierten Wettbewerbs- freiheit mit Gemeinwohleffekten respektiert (vgl. zur rule of reason in historischer Per- spektive O. Lepsius Verwaltungsrecht unter dem Common Law, 1997, 111ff., 170ff.; in kartellrechtliche Perspektive Bunte [Fn. 12], 94ff.; in europarechtlicher Perspektive W. Weiß in: Calliess/Ruffert [Fn. 25], Art. 81 EGV Rn. 108ff.; jeweils mwN). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 303

4. Organisation In organisatorischer Hinsicht ist Wettbewerbsverwaltung vernetzte Verwaltung. Die europäische Kartellverfahrensverordnung von 2002 (VO 1/2003) hat in Verbindung mit der 7. GWB-Novelle von 2007 das Europäische Netzwerk von Wettbewerbsbehörden geschaffen. Da- durch soll eine dezentrale Anwendung des europäischen Kartellverbots (Art. 81 EG)55 und der europäischen Missbrauchsaufsicht (Art. 82 EG)56 durch die nationalen Kartellbehörden und Gerichte ermöglicht werden.57 Dieses „Europäische Wettbewerbsnetz“58 verknüpft zunächst Verwaltungsbehörden, wenn es Informations- und Abstimmungspflich- ten zwischen nationalen Kartell-,59 Regulierungs- und Verbraucher- schutzbehörden60 sowie der Kommission61 etabliert. Es vernetzt aber

55 Dafür wurde das Kartellverbot des Art. 81 EG von einem Verbot mit Erlaubnis- vorbehalt in einen unmittelbar anwendbaren Freistellungstatbestand „uminterpretiert“ (Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003; krit. A. v. Bogdandy EuZW 2001, 357ff.; ders./F. Buchhold GRUR 2001, 798ff.; zur unmittelbaren Anwendung des Art. 81 Abs. 3 EG Monopol- kommission Kartellpolitische Wende in der Europäischen Union? – Zum Weißbuch der Kommission vom 28. April 1999, Sondergutachten 28, 1999, 16ff., 22ff.; E.-J. Mest- mäcker EuZW 1999, 523 [525ff.]; A. Deringer EuZW 2000, 5 [6ff.]; W. Möschel JZ 2000, 61ff.; E. Bueren WRP 2004, 567 [575]; J. Basedow WuW 2007, 712; zur Ver- schiebung des Subsumtionsrisikos I. Brinker in: Schwarze [Fn. 17], Art. 81 EGV Rn. 6). 56 Vgl. zur unmittelbaren Anwendung Art. 82 EG die Regelung des EuGH, Rs. 13/61, Slg. 1962, 97 (111ff.); K. Schmidt BB 2003, 1237 (1238). 57 Vgl. Erwägungsgründe 3 S. 1, 6, 7 S. 1, 8, 19 S. 2 VO 1/2003; Kommission, Weissbuch über die Modernisierung der Vorschriften zur Anwendung der Artikel 85 und 86 EG-Vertrag, Arbeitsprogramm der Kommission Nr. 99/027 (1999/C 132/01, ABl. 1999, Nr. C 132, 1), Nr. 6, 8, 46f., 58ff., 69, 75; A. Weitbrecht ECLR 2008, 81 (87); Bunte (Fn. 12), 27, 51ff., bes. 58. Demgegenüber bleibt es bei der getrennten Ver- waltung im Rahmen der Fusionskontrolle (Art. 3 Abs. 3 VO 1/2003; § 35 Abs. 3 GWB; Bunte [Fn. 12], 346; zur Vernetzung der Zusammenschlusskontrolle Erwä- gungsgrund 14 S. 1 VO 139/2004). 58 Nr. 1 S. 5 Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit inner- halb des Netzes der Wettbewerbsbehörden – Bekanntmachung Europäisches Wett- bewerbsnetz (2004/C 101/3, ABl. EU 2004, Nr. C 101, 43); vgl. bereits Kommission (Fn. 57), Nr. 91; ferner W. Kahl Die Verwaltung 42 (2009), 463 (466ff.); C. Franzius VBLBW 2009, 121 (122). 59 Vgl. insbesondere zur Stellung des Bundeskartellamts im Europäischen Wettbe- werbsnetzwerk H. Jochum VerwArch 94 (2003), 512ff.; U. Böge EWS 2003, 441ff. 60 Vgl. § 50c Abs. 1 GWB. Darüber hinaus arbeiten die Kartellbehörden im Rah- men der Erfüllung ihrer Aufgaben mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs- aufsicht, der Deutschen Bundesbank und den Landesmedienanstalten zusammen (§ 50c Abs. 2 GWB). 61 Vgl. Erwägungsgründe 15–18, Art. 11–13 VO 1/2003; Nr. 3ff. Bekanntmachung Europäisches Wettbewerbsnetz (Fn. 58); §§ 48–50b GWB; vgl. speziell zur Einbezie- 304 Jens Kersten auch Exekutive und Judikative, wenn es der Kommission das Recht einräumt, in nationalen Gerichtsverfahren zu Wettbewerbsstreitigkeiten Stellung zu nehmen,62 und den nationalen Gerichten zugleich unter- sagt, von getroffenen oder auch nur angekündigten Entscheidungen der Kommission abzuweichen.63 Es vernetzt Exekutive und Legislative, wenn die Tätigkeitsberichte des Bundeskartellamts und die Gutachten der Monopolkommission von der Bundesregierung kommentiert dem Gesetzgeber zugeleitet werden müssen.64 Es vernetzt Öffentliches Recht und Privatrecht,65 wenn es neben dem behördlichen Kartell- verfahren in der privatrechtlichen Schadensersatz- und Unterlassungs- klage von Unternehmen ein zentrales Instrument der dezentralen Durchsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts sieht.66 Es vernetzt

hung von Vertretern nationaler Wettbewerbsbehörden über den Ausschuss für Kar- tell- und Monopolfragen in die europäische Wettbewerbsaufsicht Erwägungs- grund 19f., Art. 14 VO 1/2003. 62 Vgl. Erwägungsgrund 21 S. 2, Art. 15 VO 1/2003; § 90f. GWB; zum Anspruch der Kommission als „amicus curiae“ Kommission (Fn. 57), Nr. 107; Nr. 17ff.; Be- kanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der EU-Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Artikel 81 und 82 der Vertrags (ABl. EU 2004 Nr. C 101, 54); hierzu A. v. Bogdandy EuZW 2001, 357 (360); ders./F. Buchhold GRUR 2001, 798 (804): H. Schröter in: v. d. Groeben/ Schwarze (Fn. 33), Art. 81 EGV Rn. 43; A. Zuber, Die EG-Kommission als amicus curiae, 2001, 104ff.; krit. W. Durner EuR 2004, 547 (573). 63 Vgl. Art. 16 VO 1/2003; darüber hinaus § 33 Abs. 4 S. 1 GWB zur Bindung der Gerichte an bestandskräftige Entscheidungen der Kartellbehörde, der Kommission, der Wettbewerbsbehörden bzw. der als Wettbewerbsbehörden handelnden Gerichte eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen eines Schadensersatzprozesses wegen Ver- letzung der Art. 81f. EG bzw. des GWB; hierzu BT-Drs. 15/3640, 54; M. Sura in: E. Langen/H.-J. Bunte (Hrsg.) Kommentar zum deutschen und europäischen Kartell- recht, 2. Bd., 10. Aufl. 2005, Art. 16 VO Nr. 1/2003 Rn. 6. 64 Vgl. § 44 Abs. 3, § 53 Abs. 2 GWB. 65 Vgl. programmatisch W. Hofmann-Riem DVBl. 1994, 1381 (1386f.); ders. AöR 119 (1994), 590 (609ff.); ders./E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 1996; Lenski (Fn. 12), 111f.; J. P. Schaefer „Markt“ und „Gemeinwohl“ als Integrationsprinzipien zweier ineinan- dergreifender Normordnungen, in: Towfigh u.a. (Fn. 12), 117 (127ff.); pointiert C. En- gel JZ 1995, 213ff., zum „Zivilrecht als Fortsetzung des Wirtschaftsrechts mit anderen Mitteln“. 66 Vgl. § 33 GWB; Erwägungsgrund 7 VO 1/2003; EuGH, Rs. C-453/99, Slg. 2001, I-6297, Rn. 26f. – Courage; Rs. C-295/04–298/04, Slg. 2001, I-6297 Rn. 59f., 91 – Manfredi; pointiert C. Nowak EuZW 2001, 717; I. Brinker/J. C Balssen FS Bechtold, 2006, 69 (75); A. Weitbrecht ECLR 2008, 81 (88); K. Schmidt ZEuP 2004, 881 (883ff.); H. Köhler GRUR 2004, 99ff.; M. Lutz WuW 2005, 718 (726ff.); Drexl (Fn. 17), 765, 770, 772f., 776, 782, 785; T. Eilmannsberger, in: R. Streinz (Hrsg.) EUV/EGV, 2003, Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 305 schließlich Behörden und Zivilgesellschaft, wenn Interessenverbände – etwa der Verbraucher – im Kartellverfahren beteiligt werden.67 Damit ist dieses „neue System einer dezentralen Anwendung des Wettbewerbsrechts“68 eine Governance-Struktur, die öffentliche, pri- vate und zivilgesellschaftliche Akteure zu einem dynamischen Prozess der Konkretisierung, Durchsetzung und Fortbildung des Wettbewerbs- rechts vernetzt.69 „Warum eigentlich“ – so fragt Karsten Schmidt – „soll das Kartellrechtssystem anders sein als die Märkte selbst: kein unbe- wegliches Gitter aus Stahl, sondern ein zusammenhängendes, jedoch bewegliches Netz? … oder anders gesagt: keine starre Doktrin, sondern ein Entdeckungsverfahren!“70 Doch die Antwort auf diese fragende Feststellung Karsten Schmidts muss differenziert ausfallen: Einerseits überzeugt dieses wettbewerbliche Governance-Konzept funktional, in- dem es sich auf die Dynamik des Wettbewerbs einlässt: Regelungsge- genstand und Regelungsstruktur entsprechen einander.71 Andererseits artikuliert sich aber auch ein öffentlich-rechtliches Unbehagen in dieser neuen Governance-Kultur: Zum einen ist das Wettbewerbsnetz keineswegs so dezentral, wie es beteuert: Es ist auf die Kommission zugeschnitten, die im Wettbe-

Art. 81 EGV Rn. 105ff.; W. Weiß in: Calliess/Ruffert (Fn. 25), Art. 81 EGV Rn. 149; Hecker (Fn. 12), 93ff.; grundlegend J. Masing Die Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts, 1997, 19ff.; F. Schoch Die europäische Perspektive des Ver- waltungsverfahrens- und des Verwaltungsprozeßrechts, in: E. Schmidt-Aßmann/ W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des europäischen Verwaltungsrechts, 1999, 279 (309f.); W. Kahl Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: W. Hoff- mann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/A. Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungs- rechts, 3. Bd., 2009, § 47 Rn. 238. 67 Vgl. § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB; grds. A. v. Bogdandy/F. Buchhold GRUR 2001, 798 (801); ferner zur Ausweitung der Möglichkeit von Verbands- und Gruppen- klagen Kommission, Weissbuch „Schadensersatz wegen der Verletzung des EG-Wett- bewerbsrechts“ (KOM [2008] 165 endgültig), 4ff.; I. Brinker in: Schwarze (Fn. 17), Art. 81 EGV Rn. 77; allgemein für das Wettbewerbsrecht Lenski (Fn. 12), 112. 68 Erwägungsgrund 19 S. 1 VO 1/2003. 69 Vgl. zu diesem engen in der Unterscheidung zum weiten Governance-Begriff G. F. Schuppert Die Verwaltung 40 (2007), 463 (467ff.); J. Kersten Governance in der Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft, in: E. Grande/S. May (Hrsg.), Perspekti- ven der Governance-Forschung, 2009, 45ff. 70 K. Schmidt BB 2003, 1237 (1244). 71 Vgl. zur Regelungsstruktur als zentraler Kategorie der Governance-Forschung H.-H. Trute/W. Denkhaus/D. Kühlers Die Verwaltung 37 (2004), 241 (257ff.); G. F. Schuppert Governance im Spiegel der Wissenschaftsdisziplinen, in: ders. (Hrsg.), Governance-Forschung, 2. Aufl. 2006, 371 (374); ders. Die Verwaltung 40 (2007), 463 (482ff.); ders. Diskussionsbeitrag, VVDStRL 67 (2008), 336 (337). 306 Jens Kersten werbsnetz ihre zentrale Stellung als „Hüterin des Wettbewerbs“72 be- hauptet.73 Sie hat über das Netzwerk jederzeit die Möglichkeit, einen Wettbewerbsfall an sich zu ziehen, so die nationalen Wettbewerbs- behörden (Art. 11 Abs. 6 S. 1 VO 1/2003) oder die nationalen Gerichte den Stellungnahmen der Kommission nicht folgen (Art. 16 Abs. 1 VO 1/2003).74 Gerade diese letztgenannte Interventionsmöglichkeit der

72 Vgl. Kommission (Fn. 57), Nr. 8f., 10f., 83, zu ihrem Vorsatz, im Rahmen des de- zentralen Europäischen Wettbewerbsnetzes ihre „führende Rolle“ als „Hüterin der Verträge des Gemeinschaftsinteresses“ zu erhalten, um insbesondere in der Konzen- tration auf die „bedeutendsten Fälle“ der „Gewährleistung eines wirksamen Wettbe- werbs“ und der „Aufrechterhaltung wettbewerbsfähiger Marktwirtschaft“ zu dienen; vgl. zustimmend H.-G. Kamann/C. Horstkotte WuW 2001, 458 (465); grds. A. v. Bog- dandy EuZW 2001, 357 (358); ders./F. Buchhold GRUR 2001, 798 (801, 805). 73 Vgl. krit. zu den Zentralisierungstendenzen der Kommission im Europäischen Wettbewerbsnetz U. Böge/A. Scheidgen EWS 2002, 201 (205f.); A. Weitbrecht/ J. Mühle EuZW 2008, 551; relativierend A. v. Bogdandy/F. Buchhold GRUR 2001, 798 (801): „gewisse Hierarchisierung zu Gunsten der Kommission und zu Lasten der nationalen Behörden“; grds. krit. P. M. Huber FS Brohm, 2002, 127 (137), zu den in Governance-Netzwerken versteckten „etatistischen Machtansprüchen“ der Kom- mission. 74 Die Kommission kann jederzeit ein eigenes Wettbewerbsverfahren eröffnen (Art. 2 Abs. 1 Verordnung [EG] Nr. 773/2004 der Kommission vom 07. 04. 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission [ABl. EU 2004 Nr. L 12, 18]). Ein nationales Gericht darf in diesem Fall keine Entscheidung erlassen, die einer angekündigten Kommissions- entscheidung zuwiderläuft, so dass es nur sein Verfahren aussetzen oder die Rechts- frage dem EuGH vorlegen kann (Art. 16 Abs. 1 VO 1/2003, Art. 234 EG; auch Nr. 13 Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit zwischen der Kommis- sion und den Gerichten der EU-Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Artikel 81 und 82 der Vertrags [ABl. EU 2004 Nr. C 101, 54]; bereits Kommission [Fn. 57], Nr. 15, 102f.). Diese Interventionsmöglichkeit der Kommission geht über die Recht- sprechung des EuGH in Delimits (EuGH Rs. C-234/89, Slg. 1991, I-935, Rn. 47) und Masterfoods (EuGH, Rs. C-344/98, Slg. 2000, I-11369, Rn. 51ff.) zur Vermeidung divergierender Entscheidungen zwischen Kommission und nationalen Gerichten hinaus: Aufgrund der späteren kartellrechtlichen Interventionsmöglichkeit entfaltet bereits die Stellungnahme der Kommission eine normative Vorwirkung im nationalen Gerichtsverfahren, die einer exekutiven Weisung an den Richter sehr nahekommt (W. Durner EuR 2004, 547 [568ff.]; in diese Richtung auch J. Schwarze/A. Weitbrecht Grundzüge des europäischen Kartellverfahrensrechts, 2004, § 11 Rn. 59). Dies stellt einen verfassungswidrigen Übergriff der Verwaltung in die Unabhängigkeit der Ge- richte dar, die sowohl im deutschen (Art. 97 GG) als auch im europäischen Verfas- sungsrecht (Art. 6 Abs. 1 EUV, Art. 6 EMRK., Art. 47 Abs. 2 CGR) garantiert ist (Durner ebd., 562ff.; für einen Verstoß gegen die Unabhängigkeit der Gerichte auf der Grundlage des Weissbuchvorschlags der Kommission bereits W. Möschel JZ 2000, 61 [65f.]; F. Rittner EuZW 2000, 129; W. Jaeger WuW 2000, 1061 [1067]; A. De- ringer EuZW 2000, 5 [9]; A. Geiger EuZW 2001, 116 [117]; J. Gröning WRP 2001, 83 Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 307

Exekutive in die Judikative aber zeigt, dass wir offenbar in der allgegen- wärtigen Diskussion um die Unabhängigkeit von Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden75 die Wahrung der Unabhängigkeit unserer Ge- richte in Governance-Strukturen vollkommen aus den Augen verloren haben.76 Zum anderen ist die Stellung des Bürgers bzw. der Unternehmen im europäischen Wettbewerbsnetz angesichts des more economic ap- proach grundrechtlich unterentwickelt: Die Rolle der Wettbewerber im Europäischen Wettbewerbsnetz wird primär funktional über ihre insti- tutionelle Leistung für das europäische Wettbewerbssystem bestimmt: Sie setzen über das Schadensersatzrecht das europäische Wettbewerbs- recht dezentral durch. Die Anerkennung der individuellen Wettbewerbs- freiheit als grundrechtlicher Maßstab des Wettbewerbsrechts und des Wettbewerbsnetzes ist damit jedoch nicht verbunden.77 Dies mochte halbwegs überzeugen, solange das europäische Wettbewerbsrecht die individuelle Wettbewerbsfreiheit durch seine marktoptimierenden Nor- men institutionell geschützt hat und die Unternehmen ihre wirtschaft- liche Handlungsfreiheit im Wettbewerb zivilrechtlich einklagen und

[98]; A. Montag/F. Rosenfeld ZWeR 2003, 107 [131]; aA H.-G. Kamann/C. Horstkotte WuW 2001, 458 [465]; W. Bartels ZfRV 2002, 83 [87]; G. Hirsch ZWeR 2003, 233 [249]; H. H. Schneider in:G. Hirsch/F. Montag/F. J. Säcker [Hrsg.] Münchner Kom- mentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht [Kartellrecht], 1. Bd. 2007, Art. 16 VO 1/2003 Rn. 5; M. Sura in: Langen/Bunte [Fn. 63], Art. 16 VO Nr. 1/2003 Rn. 4; A. Klees Europäisches Kartellverfahrensrecht mit Fusionskontroll- verfahren, 2005, § 8 Rn. 107; J. Bornkamm ZWeR 2003, 73 [77], der jedoch konsta- tiert, dass Art. 16 VO 1/2003 „in gewissem Umfang die ungewohnte Ohnmacht des nationalen Richters deutlich macht“; trotz massiver verfassungs- und europarecht- licher Bedenken auch Schwarze/Weitbrecht ebd., § 11 Rn. 59ff., bes. 61). Dieser exe- kutive Eingriff in die Unabhängigkeit des Richters kann auch nicht durch die Mög- lichkeit einer Vorlage an den EuGH kompensiert werden (aA Drexl [Fn. 17], 780f.; Mestmäcker/Schweitzer [Fn. 15], § 5 Rn. 43; Schneider ebd., Art. 16 VO 1/2003 Rn. 5; Sura ebd., Art. 16 VO Nr. 1/2003 Rn. 4; Schwarze/Weitbrecht ebd., § 11 Rn. 61), da ein exekutiver Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit weder nach nationalem noch nach europäischem Verfassungsrecht gerechtfertigt werden kann (Durner ebd. 571; aA Bartels ebd., 87; Schneider ebd., Art. 16 VO 1/2003 Rn. 5). 75 Vgl. für einen Überblick über die Diskussion M. Ruffert Verselbständigte Verwal- tungseinheiten: Ein europäischer Megatrend im Vergleich, in: Trute/Groß/Röhl/Möl- lers (Fn. 17), 431ff.; C. Möllers Die drei Gewalten, 2008, 132ff. 76 Vgl. speziell zur Notwendigkeit einer Neubestimmung der Gewaltenteilung im europäischen Wettbewerbssystem E.-J. Mestmäcker WuW 2008, 6 (22); bereits W. Mö- schel JZ 2000, 61 (65f.); W. Durner EuR 2004, 547 (556). 77 Bis heute lässt der EuGH die Anerkennung der Wettbewerbsfreiheit als indivi- duelles Grundrecht offen (EuGH Rs. C-280/93, Slg. 1994, I-4973, Rn. 64; Rs. C-200/96, Slg. 1998, I-1953, Rn. 71). 308 Jens Kersten durchsetzen konnten. Doch im Rahmen des durch den more economic approach geprägten europäischen Wettbewerbsrechts wird nicht mehr schlicht die unternehmerische Handlungsfreiheit der Wettbewerber voneinander abgegrenzt. Vielmehr findet eine Einzelfallabwägung zwi- schen dem freien Wettbewerb und der individuell maximierten Wett- bewerbsfreiheit im Hinblick auf soziale, technische und wirtschaftliche Gemeinwohlbelange statt. Diese Abwägung lässt sich nicht mehr ange- messen über ein allein institutionelles Wettbewerbsverständnis, son- dern nur als Konflikt zwischen der subjektiven und objektiven Dimen- sion der Wettbewerbsfreiheit als Grundrecht abbilden. Die normative Entfaltung der nun in Art. 16 CGR78 garantierten Wettbewerbsfreiheit79 und die Sicherung der Unabhängigkeit der Gerichte80 steht im europäi- schen Wettbewerbsnetz also noch aus.

III. Instrumenteller Wettbewerb

1. Konzept Das Konzept instrumentellen Wettbewerbs sieht im Wettbewerb ein hoheitliches Steuerungsmittel. Im Unterschied zum Konzept optimier- ten Wettbewerbs ist der Wettbewerb nicht Schutzgegenstand, sondern Handlungsinstrument der Verwaltung: Die Verwaltung veranstaltet Wettbewerb, um einen Erfolg zu erzielen, der dem Gemeinwohl dient. Dabei kann der Staat die Intensität des Wettbewerbs durch die recht- liche Ausgestaltung der konkreten Wettbewerbsstruktur steuern, die maßgeblich durch den Wettbewerbsgegenstand, die Motivation der Wettbewerber und die anvisierten Gemeinwohlziele bestimmt wird. Im Rahmen dieser Ausgestaltung der Wettbewerbsintensität muss der Staat zugleich das Hauptproblem dieses Konzepts bewältigen, das im ökonomischen Eskalationspotenzial instrumentellen Wettbewerbs liegt: Nicht die Veranstaltung, sondern die verfassungskonforme Begrenzung

78 Vgl. zur Garantie der Wettbewerbsfreiheit durch Art. 16 CGR J. Schwarze EuZW 2001, 517 (518); ders. EuZW 2004, 135 (139); ders. in: ders. (Fn. 17), Art. 16 GRC Rn. 3; Kahl (Fn. 25), § 1 Rn. 39; M. Ruffert in: Calliess/Ruffert (Fn. 25), Art. 16 GRCh Rn. 2. 79 Vgl. krit. zur Vernachlässigung der Wettbewerbsfreiheit als subjektives Recht für die normative Entfaltung des europäischen Wettbewerbsrechts U. Di Fabio ZWeR 2007, 266 (275); M. Dreher WuW 2008, 23 (24f.); Drexl (Fn. 17), 779ff.; Schröter (Fn. 30), 240. 80 Vgl. W. Durner EuR 2004, 547 (572ff.); skeptisch in der verfassungsrechtlichen Entwicklungsperspektive H. Dreier DÖV 2002, 537 (545). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 309 ist die zentrale Herausforderung der Herstellung instrumentellen Wett- bewerbs als Verwaltungsaufgabe.

2. Verfassung Mit den unterschiedlichen Ausgestaltungs- und damit zugleich Be- grenzungsmöglichkeiten der Intensität instrumentellen Wettbewerbs variiert auch die verfassungsrechtliche Bewertung dieses Konzepts im Einzelfall: Es kann im Fall des Förderwettbewerbs – etwa im Wissen- schaftsrecht – an einen verfassungsrechtlichen Gemeinwohlauftrag anknüpfen. Es hat in der wettbewerblichen Ausgestaltung freiwilliger Konkurrenz um knappe Güter – etwa um Ämter im Beamtenrecht – grundrechtliche Teilhabeansprüche und Diskriminierungsverbote zu beachten. Und es muss sich im Fall staatlicher Zwangsmärkte – etwa im Emissionshandel – als Grundrechtseingriff rechtfertigen.

3. Instrumente Instrumenteller Wettbewerb hat als Handlungsform der Verwal- tung eine lange Tradition, für die die Ausschreibung von Ämtern und Aufträgen steht.81 Doch in den letzten fünfzehn Jahren hat sich der Anwendungsbereich instrumentellen Verwaltungswettbewerbs stark ausgedehnt: Wettbewerb bestimmt nicht mehr nur die Ämtervergabe, sondern die gesamte öffentliche Personalwirtschaft.82 Wettbewerb prägt nicht nur die wissenschaftliche Konkurrenz um Fördergelder, sondern das gesamte Hochschulsystem.83 Emissionen wird nicht nur ordnungs-

81 Vgl. BT-Drs. 16/10117, 14, im Hinblick auf die im Haushaltsrecht verankerten Vergaberegeln unterhalb der Schwellenwerte: „Wettbewerb ist dabei Mittel, aber nicht Zweck der Normen.“ 82 Vgl. U. Battis NVwZ 2009, 409 (411ff.); ders. BBG, 4. Aufl. 2009, § 8 Rn. 1ff., § 9 Rn. 1ff.; ders. in: Sachs (Hrsg.) GG, 5. Aufl. 2009, Art. 33 Rn. 19, 27ff., 40; A. Musil Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung, 2005, 218ff.; T. Hebeler Verwal- tungspersonal, 2008, 92ff., 169ff. 83 Vgl. zur kontroversen Diskussion Monopolkommission, Wettbewerb als Leit- bild der Hochschulpolitik, Sondergutachten 30, 2000; D. Müller-Böling Die entfesselte Hochschule, 2000, 1ff.; P. Oberender/J. Fleischmann ORDO 54 (2003), 93ff.; R. Münch Die akademische Elite, 2007, 297ff.; ders. Globale Eliten, lokale Autoritä- ten, 2009, 93ff.; aus juristischer Perspektive M. Erhardt WissR 32 (1999), 1ff.; K. F. Gärditz NVwZ 2005, 407 (409ff.); ders. Hochschulorganisationsrecht und verwaltungsrechtliche Systembildung, 2009, 252ff.; C. v. Coelln DVBl. 2009, 1090ff.; Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 22; Musil (Fn. 82), 255ff., 317ff.; Stürner (Fn. 43), 19f., 240, 247. 310 Jens Kersten rechtlich vorgebeugt, sondern sie werden als knappe Verschmutzungs- rechte gehandelt.84 Eine neue Dimension instrumentellen Wettbewerbs stellt die Verstei- gerung als Handlungsform der Verwaltung dar, weil sie allein im Preis das maßgebliche Entscheidungskriterium sieht.85 Damit tritt bei der Versteigerung das ökonomische Eskalationspotenzial instrumentellen Wettbewerbs in Reinform auf. Dies hat die Versteigerung von UMTS- Frequenzen im Jahr 2000 für 50 Milliarden Euro gezeigt.86 Doch trotz der durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwände87 wird – wie bis-

84 Vgl. G. Lübbe-Wolff NVwZ 2001, 481 (489); U. Mager DÖV 2004, 561 (562ff.); Stürner (Fn. 43), 28; M. Martini Der Markt als Instrument hoheitlicher Verteilungs- lenkung, 2008, 757ff.; jeweils mwN. 85 Vgl. für die Versteigerung von Jagdrechten sowie die Diskussion um die Ver- steigerung von Start- und Landerechten (Slots) C. Koenig Die öffentlich-rechtliche Verteilungslenkung, 1994, 163ff., 408ff.; Martini (Fn. 84), 716ff.; J. Saurer Das öko- nomische Paradigma als Herausforderung an die verwaltungsrechtliche Systembil- dung – dargestellt am Beispiel der Handelbarkeit von Nutzungsrechten, in: Towfigh u.a. (Fn. 12), 183 (191ff. mwN). 86 Vgl. zum Ablauf dieses konkreten Versteigerungsverfahrens detailliert R. Breuer FS Maurer 2001, 24 (31ff.). 87 Das Versteigerungsverfahren nach § 11 TKG 1996/§ 61 TKG 2004 beruht auf dem weder theoretisch noch praktisch überzeugenden Schluss von der Abgabe des Höchstgebots auf eine effiziente Nutzung der Frequenzen als dem gesetzlichen Zweck des Versteigerungsverfahrens (§ 11 Abs. 4 S. 1 TKG 1996, § 61 Abs. 4 S. 1 TKG 2004; BT-Drs. 13/3609, 39; 15/2316, 80; zustimmend U. Hufeld JZ 2002, 871 [874]; K. Rit- gen AöR 127 [2002], 351 [356ff., 397f.]; S. Storr K&R 2002, 67 [70]; W. Wegmann in: F. J. Säcker [Hrsg.] BK-TKG, 2. Aufl. 2009, § 61 Rn. 3, 23f.; M. Martini Die Ver- steigerung – ein Allokationsmodell auf dem Siegeszug? Zur Rolle des Marktes in der staatlichen Verteilungsordnung, in: M. Bungenberg u.a. [Hrsg.], Recht und Öko- nomik, 2004, 249 [263f.]; zu Recht aA Kirchhof [Fn. 6], 6; B. Grzeszick DVBl. 1997, 878 [884]; R. Breuer FS Maurer 2001, 24 [29, 37ff.]; F. Becker Die Verwaltung 35 [2002], 1 [3ff.]). Darüber hinaus wird das Versteigerungsverfahren auch nicht den Regulierungszielen des TKG gerecht: Die durch die dynamische Versteigerung verur- sachten Kosten belasten entgegen § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG im Endeffekt die Verbraucher, schaffen entgegen § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG Marktzutrittsschranken für Newcomer und vernachlässigen entgegen § 2 Abs. 2 Nr. 5 TKG die flächendeckende Grundversor- gung zu erschwinglichen Preisen (Breuer ebd., 35ff.; Becker ebd., 7ff.; aA J. A. Käm- merer NVwZ 2002, 161 [165]; zurückhaltend C. Koenig ZRP 2001, 252 [254ff., bes. 257]). Diesen regulierungsrechtlichen Einwänden kann nur zum Teil verfahrensrecht- lich Rechnung getragen werden, beispielhaft durch die Sicherung der Grundver- sorgung über Leistungspflichten des obsiegenden Bieters oder die Verwendung des Versteigerungserlöses für die Sicherung der Grundversorgung (Martini ebd., 264ff.; Koenig ebd., 257; J. Ruthig in: H.-W. Arndt/T. Fetzer/J. Scherer [Hrsg.] TKG, 2008, § 61 Rn. 5, 14). Doch auch durch diese Verfahrenssicherungen kann das Haupt- problem der Frequenzversteigerung nicht gelöst werden: Den Versteigerungspreis Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 311 her – auch im kommenden Frühjahr eine Frequenzversteigerung nach den Grundsätzen der offenen, aufsteigenden und simultanen Mehrrun- denauktion durchgeführt.88 Dabei wird die Begrenzung des ökonomi- schen Eskalationspotenzials weniger im Auktionsdesign89 als vielmehr zahlen – selbst wenn es sich um „versunkene“ Kosten handelt – letztlich die Verbrau- cher. Die eskalierenden Versteigerungseinnahmen sind „Danaergeschenke“ (Koenig ebd., 257); vgl. darüber hinaus zum Streit um die finanzverfassungsrechtliche Ein- ordnung des Versteigerungserlöses Breuer ebd., 42ff.; Becker ebd., 10ff.; Hufeld ebd., 875ff.; Martini ebd., 269ff.; R. Hahn/A. M. Hartl in: K.-D. Scheuerle/T. Mayen (Hrsg.) Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2008, § 61 Rn. 33 mwN. Das Bundes- verfassungsgericht (BVerfGE 105, 185 [193]) hat die finanzverfassungsrechtliche Ein- ordnung des Versteigerungserlöses offengelassen (P. Selmer NVwZ 2003, 1304 [1305]: „Meisterleistung thematischer Enthaltsamkeit“; Hahn/Hartl ebd., § 61 Rn. 32). Der Gesetzgeber hat jedoch in Kenntnis dieser kontroversen verfassungsrechtlichen Dis- kussion die Versteigerung als ein rechtsstaatlich unbedenkliches Verfahren eingeord- net (BT-Drs. 15/2316, 80; Hahn/Hartl ebd., § 61 Rn. 35). 88 Bisher wurden vier Frequenzversteigerungen durchgeführt: ERMES (1996), GSM (1999), UMTS/IMT (2000), BWA (2006) (M. Geppert in: ders./H.-J. Piepen- brock/R. Schütz/F. Schuster [Hrsg.], TKG, 3. Aufl. 2006, § 61 Rn. 30). In allen vier Fällen erfolgte die Versteigerung in Form der offenen, aufsteigenden, simultanen Mehrrundenauktion: Alle zu versteigernden Frequenzen werden gleichzeitig aufge- rufen. Die zugelassenen Bieter geben gleichzeitig und geheim ihre Gebote in einem festgesetzten Zeitrahmen ab. Nach jeder Auktionsrunde werden den Bietern die jeweiligen Höchstgebote elektronisch mitgeteilt. Das Verfahren wird solange fortge- setzt, bis kein valides Angebot mehr abgegeben wird (M. Geppert ebd., § 61 Rn. 46; J. Ruthig in: Arndt/Fetzer/Scherer [Fn. 87], § 61 Rn. 13; W. Wegmann in: Säcker [Fn. 87], § 61 Rn. 36; R. Hahn/A. M. Hartl in: Scheuerle/Mayen [Fn. 87], § 61 Rn. 22.). Auch die für das Frühjahr 2010 geplante Frequenzauktion soll nach diesem Auktions- verfahren durchgeführt werden (Bundesnetzagentur, Entwurf zur Anhörung einer Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen über die Festlegungen und Regelungen für die Durchführung des Verfahrens zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 800 MHz, 1,8 GHz und 2.6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdienten [Auktionsregeln]; Entscheidung gemäß §§ 55 Abs. 9, 61 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 und 5, 132 Abs. 1 und 3 TKG – Aktenzeichen: BK 1a – 09/002 [http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/16777.pdf (Abruf: 23. 9. 2009)], 1, 5, 22ff.). 89 Der Entwurf der Auktionsregeln für die im Frühjahr 2010 geplante Versteigerung von Frequenzen reflektiert das ökonomische Eskalationspotenzial der offenen, auf- steigenden, simultanen Mehrrundenauktion und versucht, ihm durch die folgenden Verfahrensregelungen zu begegnen (Bundesnetzagentur, Entwurf [Fn. 88]): Ständiger Informationsfluss an alle Bieter (10, 22, 26, 28f.), Möglichkeit des Gebotwechsels zwischen verschiedenen Frequenzen (22), differenzierte Festlegung der Mindest- inkrimente (6f., 25f.), Möglichkeit von fünf Bieterbefreiungen (waivers) (8f., 27) und Rücknahmeoption von Höchstgeboten (9, 27f.). Diese Beschränkungsversuche des ökonomischen Eskalationspotenzials erfüllen jedoch nicht die verfassungsrechtlichen 312 Jens Kersten in der Tatsache liegen, dass die new economy der Geschichte angehört und eine Weltwirtschaftskrise die Gegenwart prägt.90 Will der Staat also das ökonomisch zugespitzte Steuerungspotenzial der Versteigerung nut- zen, muss er zugleich ihr ökonomisches Eskalationspotenzial verfas- sungskonform begrenzen. Dies gilt nicht nur, wenn der Staat wie im Fall von Emissionszertifikaten die Versteigerung als umweltpolitisches Steue- rungsinstrument nutzt (§ 21 ZuG 2012), sondern insbesondere auch dann, wenn er die Versteigerung wie im Fall der elektronischen Auktion im fiskalischen Eigeninteresse einsetzen will (§ 101 Abs. 6 S. 1 GWB).91 Das Emissionshandelsrecht sieht in der Versteigerung von Luft- verschmutzungsrechten keine fiskalische Einnahmequelle. Sie ist ein ökologisches Steuerungsinstrument, das auf der Grundlage des umweltrechtlichen Verursacherprinzips den betriebswirtschaftlichen Innovationsdruck erhöhen will, klimafreundlich zu produzieren.92 In Deutschland werden Emissionszertifikate ab dem Jahr 2010 versteigert

Anforderungen: Die gewählte englische Auktionsform kennt keine fiskalische Begren- zung. Deshalb genügt sie im Hinblick auf den Versteigerungszweck, eine effektive Frequenzallokation herzustellen (§ 61 Abs. 4 S. 1 TKG), nicht dem Verhältnismäßig- keitsgrundsatz (vgl. speziell zum ökonomischen Eskalationspotenzial von Versteige- rungen R. Breuer FS Maurer 2001, 24 [35]; aA U. Hufeld JZ 2002, 871 [874f.], der das Eskalationsrisiko der Verantwortung der Bieter zuweist). 90 Vgl. H. Bünder UMTS-Auktionen. Wettlauf um die Digitale Dividende (3. 9. 2009) (http://www.fazfinance.net/Aktuell/Wirtschaft-und-Konjunktur/Wettlauf-um- die-Digitale-Dividende-7434.faz?print=1 [Abruf am 18. 9. 2009]). 91 Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 23. 4. 2009 (BGBl. I, 790). 92 Die RL 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (ABl. EU 2009, Nr. L 140, 63) sieht eine Reduktion der CO2-Emissionen um 21 % bis 2020 gegenüber 2005 vor (I. Zenke/C. Telschow IR 2009, 29 [30]). Dabei soll ab der dritten Handelsperiode die Versteigerung die Grundform der Zertifikatsverteilung darstellen (Art. 10 Abs. 1 S. 1 RL; Zenke/Telschow ebd., 30; B. W. Wegener ZUR 2009, 283 [286]; S. Jungnickel/P. Dulce NVwZ 2009, [623]). Eine vollständige Versteigerung der Zertifikate ist für den Stromsektor und für die Abscheidung und Speicherung von CO2 ab 2013 vorgesehen. Die Kommission will bis zum 31. 6. 2010 eine Verstei- gerungsverordnung über den zeitlichen und administrativen Ablauf sowie sonstige Aspekte der Versteigerung erlassen, um ein offenes, transparentes und nicht diskrimi- nierendes Verfahren sicherzustellen (Art. 10 Abs. 4 RL 2009/29/EG; Zenke/Telschow ebd., 31). Die Richtlinie 2008/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Einbezie- hung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissions- zertifikaten in der Gemeinschaft (ABl. EU 2009, Nr. L 8, 3) sieht eine Versteigerung von 15 % der Zertifikate vor, wobei der Anteil der versteigerten Zertifikaten nach dem 1. 1. 2013 im Rahmen der allgemeinen Überprüfung der RL erhöht werden kann (Erwägungsgrund 20 S. 2, Art. 3d Abs. 1 und 2 RL). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 313

(§ 21 Abs. 1 S. 1 ZuG 2012).93 Für die verfassungsrechtliche Bewertung dieser Form instrumentellen Wettbewerbs kommt es auf die Ausge- staltung des Versteigerungsverfahrens an.94 Eine Versteigerung nach dem Modell der englischen Auktion – alle Zertifikate auf einmal zu den höchsten Geboten (§ 156 S. 2 BGB)95 – wäre in seinen ökonomischen und industriepolitischen Folgen unkalkulierbar und schon deshalb nicht mit der Unternehmensfreiheit vereinbar. Aus diesem Grund hat sich die Emissionshandels-Verordnung 201296 für eine andere Ge- staltung der Versteigerung entschieden: Es werden wöchentlich nur 870000 der jährlich 40 Millionen Berechtigungen versteigert (§ 2 Abs. 1 und 2 EHVV 2012).97 Die Versteigerung erfolgt nach dem Einheits- preisverfahren in nur einer Bieterrunde bei geschlossenem Orderbuch – das heißt: Es findet kein gegenseitiges dynamisches Überbieten statt. Der von allen erfolgreichen Bietern zu entrichtende Zuschlagspreis entspricht dem niedrigsten Gebot, dessen Mengenorder noch durch die wöchentlich versteigerte Gesamtmenge befriedigt werden kann (§ 3 Abs. 4 und 5 EHVV 2012).98 Daher wird sich der Zuschlagspreis am wöchentlichen Handelswert der Emissionszertifikate orientieren, zu dem ein Unternehmen alternativ zur Versteigerung Zertifikate auf dem Emissionshandelsmarkt kaufen kann.99 Auf diese Weise wird der Preis

93 Vgl. BT-Drs. 16/13189, 1, 7; S. Kolbes NVwZ 2007, 857 (862); S. Jungnickel/ P. Dulce NVwZ 2009, 623. 94 Vgl. S. Magen Rechtliche und ökonomische Rationalität im Emissionshandels- recht, in: Towfigh u.a. (Fn. 12), 9 (19ff.) grundsätzlich für die verfassungsrechtliche Möglichkeit, Emissionszertifikate zu versteigern J. A. Kämmerer NVwZ 2002, 161 (162ff.); E. Enders LKV 2007, 193 (196); Martini (Fn. 84), 770ff.; ders./J. Gebauer ZUR 2007, 225 (229ff.); B. W. Wegener ZUR 2009, 283 (286); aA M. Rebentisch NVwZ 2006, 747 (749ff.); M. Burgi/P. Selmer Verfassungswidrigkeit einer entgelt- lichen Zuteilung von Emissionszertifikaten, 2007. 95 Vgl. zur englischen Auktion Martini (Fn. 84), 313ff.; ders. (Fn. 87), 262; R. Bork in: J. v. Staudinger, BGB, 2003, § 156 Rn. 1ff.; E. A. Kramer in: K. Rebmann/F. J. Sä- cker/R. Rixecker (Hrsg.) Münchner Kommentar, 4. Aufl. 2001, § 156 BGB Rn. 4; krit. R. Breuer FS Maurer 2001, 24 (47). 96 Verordnung über die Versteigerung von Emissionsberechtigungen nach dem Zu- teilungsgesetz 2012 (Emissionshandels-Versteigerungsverordnung 2012 – EHVV 2012) (BGBl. 2009 I, 2048); Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/13189. 97 Vgl. BT-Drs. 16/13189, 8. 98 Vgl. BT-Drs. 16/13189, 8f. 99 Vgl. BT-Drs. 16/13189, 2, 7. Für das Funktionieren des Emissionshandelssystems ist damit die gegenseitige Stabilisierung von Versteigerungs- und Handelspreis essen- tiell. In der ersten Handelsperiode (2005–2007) unterlag der Preis für die kostenlos ausgegebenen Zertifikate extremen Schwankungen, die von 30 Euro zu Beginn und 0,01 Euro zum Ende dieser Handelsperiode reichten (I. Zenke/C. Telschow IR 2009, 29 [32 Fn. 11]; M. Martini/J. Gebauer ZUR 2007, 225). Dieser Preissturz war maß- 314 Jens Kersten für Zertifikate durch die Versteigerung nicht fiskalisch maximiert, son- dern umweltökonomisch optimiert,100 was für eine verfassungskon- forme Fortentwicklung des Emissionshandelssystems spricht. Im Gegensatz dazu verfolgt die elektronische Auktion, die durch die GWB-Novelle 2009 in das deutsche Vergaberecht eingeführt wurde, eine rein fiskalische Finanzierungsfunktion für die Verwaltung: „Die elektro- nische Auktion,“ so der neue § 101 Abs. 6 S. 1 GWB, „dient der elektro- nischen Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots“ und damit dem Ge- meinwohlbelang einer wirtschaftlichen staatlichen Haushaltsführung. Bisher wurde die elektronische Auktion im deutschen Vergaberecht noch nicht näher ausgestaltet;101 und Vorsicht ist in der Tat geboten: Das europäische Richtlinienvorbild stellt sich unter der elektronischen Auk- tion ein iteratives Versteigerungsverfahren für preisstandardisierte Güter vor;102 verfahrensrechtlich heißt dies:103 Auf einer ersten Stufe geben die Bieter je für sich ein Angebot ab, das vom öffentlichen Auftraggeber im Hinblick auf seine Wirtschaftlichkeit evaluiert wird.104 Sodann beginnt geblich durch den Verfall der Zertifikate am Ende der ersten Handelsperiode bedingt, so dass die Übertragbarkeit von Emissionsberechtigungen in die folgende Handels- periode Voraussetzung für deren Wertstabilität ist (Zenke/Telschow ebd.; S. Kolbes NVwZ 2007, 857 [867]). 100 Vgl. zu den ergänzenden Marktaufsichtsmechanismen des § 5 Abs. 2 und 3 EHVV 2012 BT-Drs. 16/13189, 9f. 101 Vgl. zur Ausgestaltungsbedürftigkeit M. Müller/T. Ernst NJW 2004, 1768 (1772); J. Ruthig NZBau 2006, 208 (212); M. Burgi/H. Gölnitz DÖV 2009, 829 (834f.). 102 Vgl. Erwägungsgrund 22 Art. 1 Abs. 6, Art. 56 Richtlinie 2004/17/EG des Eu- ropäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zu- teilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. EU 2004, Nr. L 134, 1); Erwägungsgrund 18, Art. 1 Abs. 7, Art. 54 Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauauf- träge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. EU 2004, Nr. L 134, 114). 103 Vgl. hierzu und zum Folgenden M. Opitz NZBau 2003, 183 (190f.); M. Knauff EuZW 2004, 141 (142); S. Rechten NZBau 2004, 366 (369f.); A. Kullack/R. Terner ZfBR 2004, 346 (347f.); J. Ruthig NZBau 2006, 208 (212); M. Müller Elektronische Auktionen und dynamische Beschaffungssysteme, in: R. Pitschas/J. Ziekow (Hrsg.), Vergaberecht im Wandel, 2006, 125 (131ff.); J. Byok NVwZ 2009, 551 (553f.); Martini (Fn. 84), 280ff.; W. Frenz Handbuch Europarecht, 3. Bd., 2007, Rn. 3272ff.; C. Fuchs Instrumente und Verfahren staatlicher Verteilungsverwaltung, in: Towfigh u.a. (Fn. 12), 205 (216); zur Frage der Zulässigkeit von elektronischen Auktionen im Rahmen der unterschwelligen Vergabe P. Probst ThürVBl. 2002, 245ff. 104 Diese wirtschaftliche Evaluation des jeweils ersten Angebots ist für das Verstei- gerungsverfahren von zentraler Bedeutung, damit die Bieter nicht zunächst finanziell überteuerte Gebote abgeben, um diese sodann im eigentlichen Steigerungsverfahren nur scheinbar nachzubessern (vgl. zu dieser Gefahr M. Knauff EuZW 2004, 141 [142]). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 315 auf der zweiten Stufe das eigentliche Steigerungsverfahren, in dem die Bieter immer wieder erneut elektronisch aufgefordert werden, ihre An- gebote zu verbessern – sprich: für den Staat zu verbilligen – und sich so gegenseitig zu unterbieten. Dabei kann jeder Bieter am eigenen Com- puterbildschirm verfolgen, welchen Bieterrang er im Hinblick auf das niedrigste Gebot gerade einnimmt.105 Das Problem dieses Verfahrens be- steht darin, wie die Schranke staatlicher Effizienzmaximierung gezogen wird, obwohl diese doch gerade der zentrale Zweck der Auktion ist: Darf der öffentliche Auftraggeber die privaten Bieter in der elektronischen Auktion vom homo oeconomicus in den homo ludens überführen, der durch die Schnelligkeit des mouse-Klicks dazu verleitet wird, ein nicht mehr kostendeckendes Angebot abzugeben?106 Die Antwort auf diese Frage, die vor allem auch der Berufsfreiheit genügen muss,107 ergibt sich aus dem europäischen und deutschen Verständnis des Vergaberechts als Teil des Wettbewerbsrechts: Öffentliche Auftraggeber müssen bei der elektronischen Auktion den Grundsatz freien Wettbewerbs beachten. Deshalb dürfen sie über ihre Marktmacht das Versteigerungsverfahren nicht in einen ruinösen Bieterwettbewerb überführen.108 Diese Einrede freien Wettbewerbs lässt sich in der Struktur des elektronischen Auk- tionsverfahrens abbilden: Evident niedrige Angebote muss der Staat ablehnen bzw. den Bieter um nähere Aufklärung hinsichtlich ihrer Wirt-

105 Vgl. zum Problem der Bieteranonymisierung und Angebotsvertraulichkeit P. Probst ThürVBl. 2002, 245ff.; S. Rechten NZBau 2004, 366 (370); Müller (Fn. 103), 137 ff.; ders./T. Ernst NJW 2004, 1768 (1772). 106 Vgl. auch krit. M. Opitz NZBau 2003, 183 (191); S. Rechten NZBau 2004, 366 (370); A. Kullack/R. Terner ZfBR 2004, 346 (347f.); Martini (Fn. 84), 281f. 107 Die grundrechtlichen Dimensionen des Vergaberechts sind nach wie vor um- stritten. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Frage, ob in der einzelnen Auftrags- vergabe ein Eingriff in die Berufsfreiheit der abgelehnten Konkurrenten liegt (vgl. zum Streitstand J. F. Lindner DÖV 2003, 185 [186, 191f.]; Huber [Fn. 20], 441ff.; jeweils mwN). In der vorliegenden Fragestellung geht es jedoch nicht um die grundrechtliche Bewertung der einzelnen Auftragsvergabe, sondern um die grundrechtlichen Anfor- derungen an die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens: Das Versteigerungsdesign muss der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit gerecht werden, deren ob- jektive Dimension die Freiheit des Wettbewerbs vor dem Missbrauch der staatlichen Marktmacht auch im elektronischen Versteigerungsverfahren schützt. 108 Vgl. § 97 Abs. 1 GWB; Art. 56 Abs. 9 RL 2004/17/EG; Art. 54 Abs. 8 UAbs. 2 RL 2004/18/EG; grds. zum Vergaberecht als Teil des Wettbewerbsrechts aus europäi- scher Perspektive Frenz (Fn. 103), Rn. 1699ff., aus deutscher Umsetzungsperspektive Bunte (Fn. 12), 427. Ein ruinöser Bieterwettbewerb würde letztlich auch nur zu Mo- nopolisierungseffekten auf den Nachfragemärkten der öffentlichen Hand führen, was auf lange Sicht höhere Preise für die Verwaltung zur Folge hätte (M. Müller/T. Ernst NJW 2004, 1768 [1772f.]). 316 Jens Kersten schaftlichkeit bitten.109 Für das Auktionsende sollte kein fixer Zeitpunkt gewählt, sondern eine zeitlich retardierende Lösung gefunden werden, um ein „unlauteres Ausnützen des letzten Moments“110 durch die öffent- lichen Auftraggeber zu verhindern.

4. Organisation Diese verfahrensrechtlichen Ausgestaltungen instrumentellen Wett- bewerbs beschränken nicht nur das ökonomische Eskalationspotenzial dieser staatlichen Handlungsform, sondern ermöglichen zugleich auch deren verwaltungsorganisatorisch dezentralen Einsatz, dessen Rechtmä- ßigkeit insbesondere im Konkurrentenstreit gerichtlich überprüft wird.111

IV. Regulierter Wettbewerb

1. Konzept Das Konzept regulierten Wettbewerbs zielt auf die Herstellung „gemeinwohlpflichtigen Wettbewerbs.“112 Es ist in seiner europäischen Form im Rahmen der Liberalisierung und Privatisierung von Tele- kommunikation, Post, Energie und Bahn entstanden.113 Regulierung114

109 Vgl. Art. 57 RL 2004/17/EG, Art. 55 RL 2004/18/EG; hierzu Frenz (Fn. 103), Rn. 3289, mit Betonung der bieterschützenden Wirkung dieser Regelung; allerdings krit. M. Opitz NZBau 2003, 183 (191); A. Kullack/R. Terner ZfBR 2004, 346 (347f.). 110 A. Kullack/R. Terner ZfBR 2004, 346 (347f.). 111 Vgl. Battis BBG (Fn. 82), § 9 Rn. 30ff.; ders. in: Sachs (Fn. 82), Art. 33 Rn. 41; R. Schmidt Die Rechtsgarantie gerichtlicher Kontrolle in einer globalisierten Wirt- schaft, in: Trute/Groß/Röhl/Möllers (Fn. 17), 529 (533f.); P. M. Huber Konkurrenz- schutz (Fn. 20). 112 J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 44); vgl. ferner ders. Zur Möglichkeit und Not- wendigkeit übergreifender Grundsätze der Netzregulierung, in: J. Lüdemann (Hrsg.), Telekommunikation, Energie, Eisenbahn, 2008, 155 (158): „Herstellung von gemein- verträglichem Wettbewerb auf Netzen“; Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 1, 28ff., 44: „sozial- pflichtiger Wettbewerb“. 113 Vgl. zu den US-amerikanischen Wurzeln des Regulierungsrechts J. Masing AöR 128 (2003), 558ff.; ders. Die Verwaltung 36 (2003), 1 (2f.); D. Eberle PVS 44 (2003), 483 (486ff.); T. v. Danwitz DÖV 2004, 977 (978f.); M. Holoubek ÖJT 17 (2009), Bd. I/1, 13ff.; Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 31; C. Berringer Regulierung als Erscheinungsform der Wirtschaftsaufsicht, 2004, 83ff.; M. Fehling Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe, 2001, 63ff. 114 Der Begriff der „Regulierung“ hat sich in den letzten fünfzehn Jahren gefestigt: Regulierung ist die zielplurale Gestaltung von Marktprozessen, insbesondere in den infrastrukturellen Netzwirtschaften (Schulze-Fielitz [Fn. 2], § 12 Rn. 57ff.; M. Ruffert Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 317 will freien Wettbewerb zwischen oder auf diesen Netzen herstellen und muss dabei zugleich deren Daseinsvorsorgeleistungen garantie-

AöR 124 [1999], 237 [241ff.]; H.-H. Trute FS Brohm, 2002, 169 [170ff.]; M. Holoubek Aufgaben, Organisation und Verfahren von „Regulierungsbehörden“ vor dem Hin- tergrund verfassungsrechtlicher Anforderungen, in: A. Duschanek [Hrsg.], Beiträge zur Ausgliederungsdiskussion, 2002, 48ff.; ders. ÖJT 17 [2009], Bd. I/1, 19ff., 91ff.; A. Voßkuhle [Fn. 2], 304ff.; M. Burgi DVBl. 2006, 269 [270f.]; H. C. Röhl JZ 2006, 831f.; F. Schorkopf JZ 2008, 20 [21]; W. Kahl Die Verwaltung 42 [2009], 463 [479ff.]; H. Wißmann Regulierung, Deregulierung, in: W. Heun/M. Honecker/M. Morlok/ J. Wieland [Hrsg.], Evangelisches Staatslexikon, 2006, 1978 [1983, 1986]; M. Fehling Regulierung als Staatsaufgabe im Gewährleistungsstaat Deutschland – Zu den Kon- turen eines Regulierungsverwaltungsrechts –, in: H. Hill [Hrsg.], Die Zukunft des öf- fentlichen Sektors, 2006, 91 [92ff.]; für ein weitergehendes Verständnis von Regulie- rung C. Bumke Die Verwaltung 41 [2008], 227 [228]; W. Kahl Die Verwaltung 42 [2009], 463 [479ff.]; M. Eifert Übergreifende Regulierungsstrategien, in: Hoffmann- Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle [Fn. 2], § 19 Rn. 1ff.; C. Franzius Gewährleistung im Recht, 2009, 416ff.). Die Legaldefinition von „Regulierung“ in § 3 Nr. 13 TKG (1996) verwies schlicht auf die durch das Telekommunikationsgesetz eröffneten Maß- nahmen. Sie versprach insofern keinen Erkenntnisgewinn und wurde deshalb zu Recht nicht in das TKG 2004 übernommen. Die Konturen des Regulierungsverwal- tungsrechts ergeben sich durch eine allgemeine Abstraktion aus den Instrumenten, Verfahren und Organisationsformen des TKG, PostG, EnWG und AEG. Sie werden durch die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur für diese regulierungsrechtlichen Sek- toren weiter geschärft (§ 2 Abs. 1 BNAG). Aufgrund der materiell-rechtlichen Grund- lage geht die Bestimmung des Regulierungsbegriffs damit über die formelle Betrach- tung hinaus, „regulation is what regulators do“ (A. Schebstadt WuW 2005, 6 [8] mwN; zur US-amerikanischen Grundlage dieser formellen Begriffsbestimmung Lepsius [Fn. 11], § 19 Rn. 67). Aufgrund dieser positivrechtlichen Anknüpfung des verwal- tungsrechtswissenschaftlichen Zugangs kann nicht mehr – wie zu Beginn der europäi- schen und deutschen Regulierungsdebatte – unter Rückgriff auf das „Wesen“ von Re- gulierung argumentiert werden (T. v. Danwitz DÖV 2004, 977 [980]). Ein Beispiel hierfür bietet etwa Martin Bullinger in seinem programmatischen Aufsatz Regulierung als modernes Instrument zur Ordnung liberalisierter Wirtschaftszweige (DVBl. 2003, 1354): Der Gestaltungsauftrag der Regulierung „sprengt“ nach Bullinger „die her- kömmliche kontinentaleuropäische Vorstellung von gesetzlichen Vorschriften, die durchgeführt werden und deren Durchführung gerichtlich kontrolliert wird. In den Vordergrund rückt eine Art von ‚Mobilmachung‘ aller Staatsorgane für ein bestimm- tes Ziel, die Regulierung“ (1358), wobei die unabhängige Regulierungsbehörde im Rahmen ihrer administrativen Gestaltungsaufgabe eine „quasi-gesetzgeberische“ und „quasi-richterliche Tätigkeit“ (1359, 1361) ausübt (vgl. zu Recht krit. A. Schebstadt WuW 2005, 6 [10]; T. Mayen in: Scheuerle/Mayen [Fn. 87], § 116 Rn. 3; ders. DJT 66 [2006], O 45 [O 52f.]; T. Attendorn DVBl. 2008, 1408 [1417]; F. Schorkopf JZ 2008, 20: „Zielvorstellungen guter Ordnung im neuen Verwaltungsrecht“, die rechtsstaatliche Bindungen überspielen; zur selektiven terminologischen Rezeption allerdings BVerwGE 130, 39 [44f.]: Einordnung der Marktdefinition im Sinn des § 10 TKG als eine „der Bundesnetzagentur vom Gesetzgeber übertragene quasi-gesetzliche Auf- gabe, die auf den Erlass einer abstrakt-generellen Regelung zielt.“). 318 Jens Kersten ren.115 Deshalb konstituiert das Regulierungsrecht einen von vornhe- rein sozial, ökologisch, ökonomisch, technisch und territorial konditio- nierten Wettbewerb.116 Die konzeptionelle Eigenständigkeit regulierten Wettbewerbs gegenüber den Konzepten optimierten und instrumen- tellen Wettbewerbs kommt dabei in der spezifischen Doppelfunktion des Wettbewerbs als Regulierungsziel und als Regulierungsmittel zum Ausdruck:117 Das Regulierungsrecht sieht in der Herstellung von Wett- bewerb ein selbstständiges Regulierungsziel118 und damit einen eigen- ständigen Gemeinwohlbelang.119 Diesem kommt es auf die Über- windung der ehemaligen staatlichen Monopolstrukturen120 und auf die dauerhafte wettbewerbliche Neutralisierung „natürlicher Netzmono- pole“121 zugunsten des „langfristigen Entdeckungspotentials des freien

115 Vgl. J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 46); Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 1, 3, 27; Wißmann (Fn. 114), 1982; C. Engel Die Verwaltung 30 (1997), 429 (455); W. Kahl Die Verwaltung 42 (2009), 463 (479ff.). „Der Markt kennt keinen Infrastrukturauftrag“ (Martini Versteigerung [Fn. 87], 264), was freilich nicht die Möglichkeit ausschließt, dass die „unsichtbare Hand“ eines funktionierenden Markts die Grundversorgung „gleichsam nebenbei gewährleistet“ (M. Fehling DÖV 2002, 793 [797], im Hinblick auf Art. 87f Abs. 1 GG). 116 Vgl. § 1, § 2 Abs. 2 TKG; § 1, § 2 Abs. 2 PostG; § 1 EnWG; § 1 Abs. 1 S. 1 AEG; pointiert Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 43, 49; darüber hinaus J. Masing Die Verwaltung 36 (2003), 1 (6); ders. HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 36; ders. DJT 66 (2006), D 5 (D 20, D 46f., D 160); T. v. Danwitz DÖV 2004, 977 (984); M. Burgi DVBl. 2006, 269 (271); ders. NJW 2006, 2439; S. Storr DVBl. 2006, 1017 (1018); Wißmann (Fn. 114), 1979, 1982; C. Koenig DVBl. 2009, 1082. 117 Vgl. Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 2, 32. 118 Vgl. § 1, § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG, § 1, § 2 Abs. 2 Nr. 2 PostG; § 1 Abs. 2 EnWG; § 1 Abs. 1 S. 1 AEG. 119 Vgl. BVerwGE 114, 160 (191); 118, 226 (239f.): J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 46: „Im Kern hat Regulierung aber den Wettbewerb als Wettbewerb zu ermög- lichen und schon damit die Gemeinwohlinteressen zu befördern.“, D 50); ders. Möglichkeit (Fn. 112), 168; H. C. Röhl JZ 2006, 831 (834); M. Fehling Das Recht der Eisenbahnregulierung, in: Lüdemann (Fn. 112), 118 (124); J.-P. Schneider Stand und Perspektiven der Energiemarktregulierung, in: Lüdemann, ebd., 107; Heise (Fn. 12), 41. Wenn Oliver Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 33, betont, die regulierten Branchen unter- lägen keinem freien Wettbewerb, so bezieht sich dies auf die Abwägung des Wett- bewerbs als Regulierungsziel mit den übrigen sozialen, ökologischen, ökonomischen, technischen oder territorialen Regulierungszielen, nicht jedoch auf das Verhältnis der Wettbewerber auf den regulierten Märkten. 120 Vgl. BVerwGE 114, 160 (180); 117, 93 (101f.); 118, 226 (234). 121 Vgl. C. Engel Die Verwaltung 30 (1997), 429 (470f.); J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 10, D 50); Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 15; 10; Heise (Fn. 12), 46ff., 99ff.; G. Britz in: dies./J. Hellermann/G. Hermes (Hrsg.) EnWG, 2008, Vorb. §§ 20ff. Rn. 2f., 13; M. Schmidt-Preuß FS R. Schmidt, 2006, 547 (548): „Das natürliche Monopol kennt keinen Wettbewerb.“ Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 319

Markts“122 an.123 Das Regulierungsrecht sieht im Wettbewerb aber auch zugleich ein Regulierungsmittel, da die Wettbewerbsstruktur den instrumentellen Ansatzpunkt bietet, um die sozialen, ökologischen, ökonomischen, technischen und territorialen Gemeinwohlziele in die Daseinsvorsorgemärkte zu implementieren.124 Damit wird das Haupt- problem dieses Konzepts deutlich, das in der verfassungskonformen Bestimmung des exekutiven Ermessens für die Gestaltung regulierten Wettbewerbs als Verwaltungsaufgabe liegt.

2. Verfassung Die Verfassung regulierten Wettbewerbs wird durch Art. 87e und Art. 87f GG bestimmt. Sie öffnet Eisenbahn, Telekommunikation und Post für eine wettbewerbliche Leistungserbringung125 und fordert zu-

122 J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 46); vgl. auch K. F. Gärditz NVwZ 2009, 1005 (1009); M. Eifert Innovationsfördernde Regulierung, in: ders./W. Hoffman-Riem (Hrsg.), Innovationsfördernde Regulierung, 2009, 11 (16). 123 Es mag sein, dass das technisch innovative Telekommunikations- und Postrecht eines Tages vom Konzept des regulierten Wettbewerbs zum Konzept des optimierten Wettbewerbs übergeht; im Energie- und Bahnrecht ist aufgrund der „natürlichen Monopole“ der regulierte Wettbewerb eine Daueraufgabe (F. J. Säcker ZNER 2004, 98 [100]; J. Masing DJT 66 [2006], D 5 [D 50]; ders. HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 49; Kahl Die Staatsaufsicht, 2000, 392; Lepsius [Fn. 11], § 19 Rn. 67; Heise [Fn. 12], 97f.; I. Henseler-Unger Die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde, in: Lüdemann [Fn. 112], 37 [41]; M. Wagemann Zum Verhältnis von Regulierungs- und Kartellrecht, in: Lüdemann, ebd., 53 [65]; krit. A. Schebstadt IR 2004, 223ff.; ders. WuW 2005, 6 [13]; weiterführend P. Schumacher Kriterien für eine Gestaltung des Übergangs vom sektorenspezifischen Regulierungsrecht in das allgemeine Kartell- recht, in: Towfigh u.a. [Fn. 12], 53 [68ff.]). 124 Vgl. zur instrumentellen Dimension des Wettbewerbs im Regulierungsrecht M. Burgi DVBl. 2006, 269 (271); J.-P. Schneider (Fn. 119), 106; Eifert (Fn. 114), § 19 Rn. 127; Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 1, 29, 58. Im Unterschied zu dieser juristischen Perspektive stellt die ökonomische Regulierungstheorie auf ein rein instrumentelles Wettbewerbsverständnis ab (vgl. F. Höffler Regulierung von Netzindustrien aus öko- nomischer Sicht, in: Lüdemann [Fn. 112], 3; zur Unterscheidung zwischen der juris- tischen und der ökonomischen Bewertung des Wettbewerbs in der Regulierung Feh- ling [Fn. 119], 123f.). 125 Vgl. für die Bahn Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG; hierzu M. Möstl FS Scholz, 2007, 833 (835ff.); ders. in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 87e (2006) Rn. 65; für die Telekommu- nikation und Post Art. 87f Abs. 2 S. 1 GG; hierzu J. Hecker (Fn. 12), 162ff.; H. Gers- dorf in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.) GG, 5. Aufl. 2005, Art. 87f Rn. 60; grds. vor dem Hintergrund der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes J. Ma- sing HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 29. Die regulierende Marktgestaltung ist also keineswegs ein „Fremdkörper in einer Marktwirtschaft“ (so aber A. Schebstadt IR 320 Jens Kersten gleich eine angemessene Grundversorgung ein.126 Analoges ergibt sich auch ohne ausdrückliche verfassungsrechtliche Verankerung für den Energiebereich.127 Der Gesetzgeber muss bei seiner Konkretisierung dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben allerdings beachten, dass seine regulierenden Regelungen in die Grundrechte der regulierten Unter- nehmen eingreifen; und dies gilt ungeachtet des regulierungsrechtlichen Ziels, durch die Ausgestaltung multipolarer Rechtsverhältnisse Wett- bewerb herzustellen.128 Das Regulierungsrecht darf insofern nicht durch eine Verkürzung der Grundrechte auf auszugestaltende Gewähr- leistungsbereiche oder gesetzgeberische Normprogramme zu einem Freiheitsverlust durch gewährleistungsstaatlichen Theorieüberschuss führen.129

3. Instrumente Die Instrumente regulierten Wettbewerbs im Telekommunikations-, Post-, Energie- und Bahnrecht bilden einen „bunten Flickentep-

2004, 223 [324]; ders. WuW 2005, 6 [11]), sondern weist einen „ordo-liberalen Kern“ auf (so zu Recht J. Masing Die Verwaltung 36 [2003], 1 [5]). 126 Vgl. BVerfGE 108, 370 (393f.); BVerwGE 114, 160 (168f., 180, 191); 118, 226 (240): Kirchhof (Fn. 6), 11; A. Voßkuhle (Fn. 2), 291ff.; grundlegend M. Eifert Grund- versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen im Gewährleistungsstaat, 1998, 175ff.; für die Bahn Art. 87e Abs. 4 S. 1 GG; hierzu M. Möstl FS Scholz, 2007, 833 (841ff.); ders. in: Maunz/Dürig (Fn. 7), Art. 87e (2006) Rn. 183; für die Telekommu- nikation und Post H. Gersdorf in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Fn. 125), Art. 87f Rn. 19; zu den europarechtlichen Vorgaben K. Windthorst in: Sachs (Fn. 82), Art. 87e Rn. 3ff. (Bahn), Art. 87f Rn. 7ff. (Post und Telekommunikation). 127 Vgl. J. Masing Die Verwaltung 36 (2003), 1 (7). 128 Vgl. BVerwGE 114, 160 (189ff.); 118, 226 (238f.); VG Köln MMR 2003, 814 (817); M. Burgi DVBl. 2006, 269 (272ff.); S. Storr DVBl. 2006, 1017 (1019); P. M. Huber FS Stober, 2008, 547 (550f.); M. Schmidt-Preuß FS R. Schmidt, 2006, 547 (551f., 554f.); J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 157ff.); ders. HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 10; ders. Möglichkeit (Fn. 112), 167, 173; M. Ludwigs JZ 2009, 290 (294); C. Koenig DVBl. 2009, 1082 (1088f.); K.-D. Scheuerle in: ders./Mayen (Fn. 87), §1 Rn.7f.;T. Mayen ebd., § 30 Rn. 10; aA H.-H. Trute FS 50 Jahre BVerwG, 2003, 857 (863f., 874f.); Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 49. Dies gilt freilich nur, wenn diese Unternehmen grundrechtsfähig sind (P. M. Huber FS Stober, 2008, 547 [548]). 129 Vgl. zu einem gewährleistungsstaatlichen Grundrechtsverständnis W. Hoffmann- Riem Enge oder weite Gewährleistungsgehalte der Grundrechte, in: M. Bäuerle u.a. (Hrsg.), Haben wir wirklich Recht?, 2004, 53 (59ff., 71ff.); ders. Der Staat 43 (2004), 202 (218, 227); hierzu zu Recht krit. W. Kahl Der Staat 43 (2004), 167 (201); ders. AöR 131 (2006), 579 (609); S. Rixen Wettbewerb (Fn. 21), 118ff.; ders. Sozialrecht (Fn. 21), 240ff.; zur Diskussion der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsfreiheit oben Fn. 23. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 321 pich“130. Doch ungeachtet der sektorenspezifischen Besonderheiten las- sen sich auf der Grundlage des Telekommunikations-, Post-, Energie- wirtschafts- und Eisenbahngesetzes „Grundmuster“131 erkennen. Diese tragen zwar kein allgemeines Regulierungsgesetz.132 Aber sie lassen sich zu einem verwaltungsrechtswissenschaftlichen Allgemeinen Teil133 des Regulierungsrechts verdichten:134 Missbrauchsverbot,135 Ent- flechtung,136 Informationstransparenz,137 Zusammenschaltung,138 Netz-

130 T. Mayen DJT 66 (2006), O 45; vgl. auch M. Ludwigs WuW 2008, 534 (550); E. Schmidt-Aßmann Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2006, 140; krit. J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 15: „disparate Normierung“, D 20: „disparate Antworten“). 131 Schmidt-Aßmann (Fn. 130), 139; vgl. darüber hinaus ders. DJT 66 (2006), D 5 (D 38, D 41 u. ö.): „Grundstrukturen“; ders. ebd, D 40, und S. Storr DVBl. 2006, 1017 (1022): „Regulierungsmuster“; J. Masing Die Verwaltung 36 (2003), 1 (8): „Regulie- rungsstrukturen“; ders. HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 39, und ders. VerwArch 95 (2004), 151 (156): „Modelle“ der Regulierung; J. Kühling Sektorenspezifische Regulie- rung in den Netzwirtschaften, 2004, 65: „Struktur“. 132 Vgl. zur kontroversen Diskussion J. Masing DJT 66 (2006), D 5ff.; T. Mayen DJT 66 (2006), O 45ff.; I. Pernice DJT 66 (2006), O 85ff.; M. Burgi NJW 2006, 2439ff.; S. Storr DVBl. 2006, 1017; H. C. Röhl JZ 2006, 831 (836ff.); W. Kahl Die Ver- waltung 42 (2009), 463 (483ff.). 133 Vgl. J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 102); ders. Möglichkeit (Fn. 112), 155ff. Dabei ist der klarstellenden Anmerkung von Michael Fehling vollkommen zuzustim- men, dass die Konturierung eines Allgemeinen Teils des Regulierungsverwaltungs- rechts, der sich vor allem auf Wettbewerbsfragen konzentriert, nicht zu einer Ver- engung der vielfältigen Zielinterdependenzen des Regulierungsrechts führen darf (Fehling [Fn. 119], 146). 134 Vgl. hierzu und zum Folgenden M. Fehling DÖV 2002, 793 (797); J. Masing Die Verwaltung 36 (2003), 1 (8ff.); ders. HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 40ff.; ders. DJT 66 (2006), D 5 (D 50f., 102ff.); S. Storr DVBl. 2006, 1017 (1022); Schmidt- Aßmann (Fn. 130), 139f.; Wißmann (Fn. 114), 1985; J.-P. Schneider (Fn. 119), 108ff.; Schulze-Fielitz (Fn. 2), § 12 Rn. 59; Eifert (Fn. 114), § 19 Rn. 130ff.; Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 15; Berringer (Fn. 113), 121ff.; Kühling (Fn. 131), 65ff.; aus der Perspektive der Bundesnetzagentur Henseler-Unger (Fn. 123), 42ff. 135 Vgl. § 42 TKG; § 30f. EnWG; hierzu grds. J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 102ff.). 136 Vgl. § 17, § 24 TKG; § 10 PostG; §§ 6ff. EnWG; §§ 9f. AEG; hierzu grds. J. Ma- sing DJT 66 (2006), D 5 (D 29, D 114ff.); zu den Stufen des Entflechtung F. Hölscher in: Britz/Hellermann/Hermes (Fn. 121), § 6 Rn. 11ff.; speziell für das Eisenbahnrecht Fehling (Fn. 119), 132f., 138ff., 147. 137 Vgl. § 12, § 20, § 22 Abs. 3, § 23, § 26, § 35 TKG; § 7 Abs. 2 und 3, § 21 Abs. 4, § 22 Abs. 4, § 30 Abs. 2, § 36 S. 1 PostG, § 19, § 20 Abs. 1, § 74 EnWG; § 14d AEG; hierzu grds. J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 31f., D 36ff.). 138 Vgl. §§ 16–18 TKG; § 12ff. EnWG; § 13, § 14 Abs. 3a AEG; hierzu grundsätzlich J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 53). 322 Jens Kersten zugang,139 Entgeltregulierung140 und Universaldienste.141 Diese Regulie- rungsinstrumente sind – dem Konzept regulierten Wettbewerbs entsprechend – final auf die Herstellung gemeinwohlpflichtigen Wett- bewerbs ausgerichtet.142 Bei ihrer Anwendung sind die Konflikte zu lösen, die in der Konkurrenz sozialer, ökonomischer, ökologischer, technischer und territorialer Regulierungsziele angelegt sind:143 Diese Zielkonflikte kennzeichnen den proaktiven Gestaltungsauftrag der Regulierungsverwaltung, in dessen verfassungskonformer Bewälti- gung – wie wir bereits gesehen haben – eines der Hauptprobleme des Konzepts regulierten Wettbewerbs liegt. Dabei gilt es im aktuellen „Verwirrspiel um die administrativen Freiräume“144 der Regulierungs- verwaltung zwei Extreme zu vermeiden: auf der einen Seite eine vor-

139 Vgl. 19 TKG; §§ 17ff. §§ 20ff. EnWG; § 14 Abs. 1 S. 1 AEG; hierzu grds. J. Ma- sing DJT 66 (2006), D 5 (D 110ff.). 140 Vgl. §§ 30ff. TKG, §§ 21ff. EnWG; § 14 Abs. 4 und 5 AEG; hierzu grds. J. Ma- sing DJT 66 (2006), D 5 (D 117ff.). 141 Vgl. §§ 78ff. TKG; §§ 36ff. EnWG; J. Masing Die Verwaltung 36 (2003), 1 (25ff.); ders. HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 37; zu der besonderen Situation im Eisenbahn- recht Fehling (Fn. 119), 135f. 142 Vgl. BVerwGE 130, 39 (46f.): „Die Regulierungsverfügung ist […] Ausdruck einer gesetzlich ausgeformten Gestaltungsfreiheit, die sich auf die Verwirklichung des gesetzlichen Regulierungsauftrags und die prospektive Bewältigung der damit zusam- menhängenden Probleme erstreckt.“ (Klammerzusatz durch den Verfasser); M. Döh- ler Die Verwaltung 34 (2001), 59 (81); J. Masing Die Verwaltung 36 (2003), 1 (7); ders. DJT 66 (2006), D 5 (D 11, D 152ff.); ders. FS R. Schmidt, 2006, 521 (531); ders. Mög- lichkeit (Fn. 112), 170; M. Burgi DVBl. 2006, 269 (271); S. Storr DVBl. 2006, 1017 (1019); F. Schorkopf JZ 2008, 20 (21); J. Lüdemann Wettbewerb und Regulierung in der Telekommunikation, in: ders. (Fn. 112), 63 (70); Schmidt-Aßmann (Fn. 130), 141; Lep- sius (Fn. 11), § 19 Rn. 61ff.; G. Britz in: dies./Hellermann/Hermes (Fn. 121), Vorb. §§ 20ff. Rn. 17. 143 Vgl. hierzu und zum Folgenden BVerwGE 114, 160 (168, 180: „wettbewerbs- gestaltende Regulierung“); W. Kahl Die Verwaltung 42 (2009), 463 (479ff.); ders. (Fn. 123), 392; M. Döhler Regulative Politik und die Transformation der klassischen Verwaltung, in: J. Bogumil/W. Jann/F. Nullmeier (Hrsg.), Politik und Verwaltung, 2006, 208 (214); H.-H. Trute FS 50 Jahre BVerwG, 2003, 857 (858); H. C. Röhl JZ 2006, 831 (837); Eifert (Fn. 114), § 19 Rn. 128, 136ff.; Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 8, 15, 54ff.; K. F. Gärditz DVBl. 2009, 69 (72); für das Energierecht M. Schmidt-Preuß HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 93 Rn. 14; J. Hellermann/G. Hermes in: Britz/Hellermann/Hermes (Fn. 121), § 1 Rn. 41. Nach Oliver Lepsius (ebd., § 19 Rn. 62, 64) lassen sich die regu- lierungsrechtlichen Zielkonflikte allerdings nicht durch eine Rechtsgüterabwägung lö- sen: Es bedürfe insofern einer Lösung auf der politischen Ebene, die der juristischen Abwägung vorausliege. 144 Döhler (Fn. 143), 219; vgl. auch H.-H. Trute FS 50 Jahre BVerwG, 2003, 857 (860). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 323 schnelle Überdehnung, auf der anderen Seite eine vorschnelle Verkür- zung des Regulierungsermessens.145 Eine vorschnelle Überdehnung des Regulierungsermessens liegt in der regulierungspolitischen Hyperfinalisierung aller soeben aufgezählten regulierungsrechtlichen Handlungsinstrumente: Sie dienen zwar alle dem Ziel, gemeinwohlpflichtigen Wettbewerb herzustellen. Dies bedeu- tet aber nicht, dass sie auch alle durch ein allgemeines Regulierungs- ermessen gekennzeichnet sind, das zwangsläufig mit einer Reduzierung der gerichtlichen Kontrolldichte einhergehen müsste.146 Gerade vor dem Hintergrund des Eingriffscharakters des Regulierungsrechts und der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) kommt es auf die Analyse der Normstruktur des einzelnen Regulierungsinstru- ments an, ob die gerichtliche Kontrolldichte reduziert ist oder nicht.147 Wo jedoch regulierungsrechtliche Gestaltungsspielräume anzuerken- nen sind, dürfen sie nicht vorschnell verkürzt werden. Die Gefahr einer solchen Verkürzung liegt im Augenblick vor allem in der rechtsdogma-

145 Vgl. zum Begriff des „Regulierungsermessens“ J.-P. Schneider Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, 1999, 261ff.; 301ff., 372ff., 380ff.; M. Röhl Die Regulierung der Zusammenschaltung, 2002, 191ff. 146 Vgl. P. Badura FS Großfeld, 1999, 35 (43); K. F. Gärditz DVBl. 2009, 69 (76); T. Mayen DJT 66 (2006), O 45 (O 62ff.); ders. in: Scheuerle/Mayen (Fn. 87), § 116 Rn. 6, § 137 Rn 38; aA H.-H. Trute FS Brohm, 2002, 169 (188); M. Bullinger DVBl. 2003, 1354 (1359); J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 152ff.); J.-P. Schneider (Fn. 145), 534, 536. 147 Vgl. T. v. Danwitz DÖV 2004, 977 (982); J.-C. Pielow DÖV 2005, 1017 (1023f.); M. Burgi DVBl. 2006, 269 (274); ders. NJW 2006, 2439 (2444); S. Storr DVBl. 2006, 1017 (1022); H. C. Röhl JZ 2006, 831 (839); M. Ludwigs JZ 2009, 290 (295ff.); K. F. Gärditz NVwZ 2009, 1005 (1008). Die Rechtsprechung hält sich bei der Aner- kennung einer Reduzierung der gerichtlichen Kontrolldichte im Regulierungsverwal- tungsrecht bisher zurück: zur Anerkennung eines nur eingeschränkt überprüfbaren Letztentscheidungsrechts der Verwaltung für die Marktdefinition und Marktanalyse (§§ 10f. TKG) BVerwG, NVwZ 2008, 1359 (1360); VG Köln Urt. v. 8. 3. 2007 – 1 K 3918/06, juris Rn. 35ff.; für die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals im Fall der Entgeltgenehmigung (§ 3 Abs. 3 TEntgV [§ 31 Abs. 2 S. 1 TKG 2004]) VG Köln MMR 2003, 814 (817): „Beurteilungsfreiraum“; aA OVG Münster CR 2006, 101 (103); T. v. Danwitz DVBl. 2003, 1405ff.; für einen Beurteilungsspielraum für die Ent- geltgenehmigung nach § 23a i.V.m. § 21 EnWG A. Groebel in: Britz/Hellermann/ Hermes (Fn. 121), § 21 Rn. 70, 129; aA M. Burgi DVBl. 2006, 269 (275); insgesamt zum Streitstand T. Mayen in: Scheuerle/Mayen (Fn. 87), § 137 Rn. 37, 39, 41 mwN. Demgegenüber ist etwa die Anwendung des Verbots missbräuchlichen Verhaltens eines Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht (§ 42 TKG, § 30 EnWG) gericht- lich voll überprüfbar (T. Mayen in: Scheuerle/Mayen [Fn. 87], § 116 Rn. 5; ders. DJT 66 [2006], O 45 [O 66]; M. Ludwigs JZ 2009, 290 [296]; aA J. Masing DJT 66 [2006], D 5 [D 154f.]). 324 Jens Kersten tischen Parallelisierung des Regulierungs- mit dem Planungsermessen. Diese dogmatische Parallele von Planungs- und Regulierungsrecht hat das Bundesverwaltungsgericht im Telekommunikationsrecht gezogen.148 Das TKG verbindet die Marktdefinition (§ 10 TKG) und Marktanalyse (§ 11 TKG) mit der Regulierungsverfügung (§ 13 Abs. 1 S. 1 TKG) – im konkreten Streitfall einer Zugangsverpflichtung (§ 21 TKG) – in einem Verwaltungsakt (§ 13 Abs. 3 TKG). Dieser ergeht in einem komplexen Verwaltungsverfahren, in dem die Bundesnetzagentur die interessierten Parteien, das Bundeskartellamt, die Regulierungsbehörden der anderen Mitgliedstaaten und schließlich insbesondere die Kommission konsul- tieren muss, die über ein Vetorecht verfügt (§ 10 Abs. 3, § 11 Abs. 3, § 12, § 123 Abs. 1 S. 1 TKG).149 Das Bundesverwaltungsgericht hat da- bei sowohl für die Marktanalyse und Marktdefinition als auch für die Zugangsverpflichtung zu Recht ein Letztentscheidungsrecht der Bundesnetzagentur anerkannt, das nur eingeschränkt gerichtlich über- prüfbar ist. Im Fall der Marktanalyse und Marktdefinition ergibt sich dies direkt aus dem in § 10 Abs. 2 S. 2 TKG ausdrücklich vorgesehenen Beurtei- lungsspielraum,150 bei dessen Ausfüllung die Bundesnetzagentur die

148 Vgl. BVerwGE 130, 39 (46f.); BVerwG, NVwZ 2008, 1359 (1360); ferner BVerfG, MMR 2008, 590; bereits VG Köln MMR 2003, 814 (818). 149 Vgl. Döhler (Fn. 143), 222; aus europarechtlicher Perspektive H.-H. Trute FS Sel- mer, 2004, 565 (574ff.); grds. zur verfahrens- und beteiligungsrechtlichen Strukturie- rung von Beurteilungsspielräumen im Regulierungsrecht C. Koenig/A. Neumann CR 2005, 487; Wißmann (Fn. 114), 1984; ferner Lüdemann (Fn. 142), 83, zur Vorwirkung des Vetorechts der Kommission im Hinblick auf das Einlenken der nationalen Regu- lierungsbehörden. 150 Vgl. zu dem damit eingeräumten gestalterischen Regulierungsermessen T. v. Danwitz DÖV 2004, 977 (982); J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 153 Fn. 323); S. Storr DVBl. 2006, 1017 (1022); M. Schmidt-Preuß FS R. Schmidt, 2006, 547 (556f.); K. F. Gärditz DVBl. 2009, 69 (76); M. Ludwigs JZ 2009, 290 (295); C. Franzius DVBl. 2009, 409 (410); Döhler (Fn. 143), 214. Streit besteht jedoch über die Reichweite die- ses Beurteilungsspielraums: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, NVwZ 2008, 1359 [1360]) fasst den Gegenstand des Beurteilungsspielraums weit: Zum einen soll er innerhalb der Marktdefinition des § 10 TKG sowohl die Marktabgrenzung (§ 10 Abs. 1 TKG) als auch die Regulierungsbedürftigkeit dieses Markts (§ 10 Abs. 2 TKG) um- fassen (aA im Sinn einer vollen gerichtlichen Überprüfung der Marktabgrenzung und eines Beurteilungsspielraums hinsichtlich dessen Regulierungsbedürftigkeit C. Kirch- ner/T. Käseberg in: Scheuerle/Mayen [Fn. 87], § 10 Rn. 57 mwN; T. Mayen ebd., § 13 Rn. 49f. mwN). Zum anderen sieht das Bundesverwaltungsgericht (ebd.) die Markt- definition und die Marktanalyse in einem funktional nicht auflösbaren Zusammen- hang, so dass sich der Beurteilungsspielraum nicht nur auf § 10 TKG bezieht, sondern auch auf § 11 TKG erstreckt. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 325

Markt-Empfehlungen151 und die Marktanalyse-Leitlinien152 der Kom- mission weitestgehend zu berücksichtigen hat.153 Dieser Beurteilungs- spielraum wird von dem Bundesverwaltungsgericht nach allgemeinen Grundsätzen überprüft: Gesetzes-, Verfahrens-, Sachverhalts- und Wertungskonformität.154 Im Fall der Zugangsverpflichtung ergibt sich das exekutive Letzt- entscheidungsrecht aus der Normstruktur des § 21 Abs. 1 TKG: Die Bundesnetzagentur kann dem marktmächtigen Betreiber eines öffent- lichen Telekommunikationsnetzes die Verpflichtung auferlegen, ande- ren Unternehmen Zugang zu seinem Netz zu gewähren, wenn anderen- falls die Entwicklung eines nachgelagerten Endnutzermarkts behindert würde. Die Bundesnetzagentur muss bei der Rechtfertigung dieser Zu- gangsverpflichtung nach § 21 TKG prüfen, ob diese in einem angemes- senen Verhältnis zu den allgemeinen Regulierungszielen des TKG steht (§ 2 Abs. 2 TKG). Diese allgemeinen Regulierungsziele werden von § 21 Abs. 1 TKG noch einmal ausdrücklich für die konkrete Abwägung beispielhaft konkretisiert: Nutzungsalternativen, Nutzungskapazitäten, Investitionsrisiken, Zuweisungsgehalt gewerblicher Schutzrechte und geistigen Eigentums, europaweite Dienste und Wettbewerbsentwick- lung sind von der Bundesnetzagentur durch Abwägung zu einem Aus- gleich zu bringen. Nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist diese abwägende Zugangsentscheidung der Bundesnetzagentur dadurch gekennzeichnet, dass sich die Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe und der Ermessenausübung nicht voneinander trennen lassen. Sie sind „vielmehr Bestandteil des [der Bundesnetzagentur] in Anlehnung an das Planungsermessen eingeräumten Regulierungs- ermessens.“155 Dieses Regulierungsermessen überprüft das Bundes- verwaltungsgericht nach den im Planungsrecht entwickelten Grundsät-

151 Vgl. Empfehlung über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors (ABl. EU 2007, Nr. L 344, 65). 152 Vgl. Leitlinien der Kommission für Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunika- tionsnetze und -dienste (ABl. EG 2002, Nr. C 165, 6). 153 Vgl. VG Köln, MMR 2006, 422 (424); Urt. v. 8. 3. 2007 – 1 K 3918/06, juris Rn. 31, 57ff.; C. Koenig DVBl. 2009, 1082 (1087); zu der damit verbundenen wei- testgehenden Vorprägung der Entscheidungen nationaler Regulierungsbehörden H.-H. Trute/R. Broemel ZHR 170 (2006), 706 (731). 154 Vgl. BVerwGE 130, 39 (48f.); BVerwG, NVwZ 2008, 1359 (1361); VG Köln Urt. v. 8. 3. 2007 – 1 K 3918/06, juris Rn. 35ff.; ferner R. Schütz in: Geppert/Piepenbrock/ Schütz/Schuster (Fn. 88), § 10 Rn. 111; C. Kirchner/T. Käseberg in: Scheuerle/Mayen (Fn. 87), § 10 Rn. 55ff.; T. Mayen ebd., § 137 Rn. 39. 155 BVerwG, NVwZ 2008, 1359 (1364 [Klammerzusatz durch den Verfasser]), unter Bezug auf BVerwGE 130, 39 (48f.). 326 Jens Kersten zen: Abwägungsausfall, Abwägungsdefizit, Abwägungsfehleinschätzung und Abwägungsdisproportionalität.156 Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Regu- lierungsermessen steht noch am Anfang. Doch so viel lässt sich bis- her sagen: Als verwaltungsrechtswissenschaftliche Kategorie ergibt sich Regulierungsermessen normstrukturell als Folge final überformter Konditionalprogramme.157 Final überformte Konditionalprogramme können positivrechtlich als Beurteilungsspielraum oder als Ermessens- ausübung ausgestaltet sein.158 Wesentlich ist, dass der Gesetzgeber für die Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe bzw. die Ermessens- ausübung nicht nur einen „schlichten“ norminterpretatorischen also regulierungsrechtlichen, sondern einen normgestalterischen also regu- lierungspolitischen Bezug zu den allgemeinen Regulierungszielen her- stellt, um der Verwaltung die Gestaltung gemeinwohlpflichtigen Wett- bewerbs im Einzelfall zu eröffnen.159 Dieses Regulierungsermessen der Verwaltung darf – entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwal- tungsgerichts – nicht durch eine Parallele des Regulierungs- zum Pla- nungsrecht vorschnell dogmatisch verengt werden:160 Diese Parallele zum Planungsrecht mag aufgrund der verfahrensrechtlichen Abschich-

156 Vgl. BVerwG, NVwZ 2008, 1359 (1364), unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung zum Planungsermessen; bereits BVerwGE 130, 39 (48f.); grds. auch H.-J. Piepenbrock/R. Attendorn in: Geppert/Piepenbrock/Schütz/Schuster (Fn. 88), § 21 Rn. 332ff. Demgegenüber war in der Literatur äußerst umstritten, ob § 21 TKG einen Beurteilungsspielraum (E. Heun CR 2003, 465 [490]; W. Möschel/J. Haug MMR 2003, 500 [506]; U. Ellinghaus CR 2004, 23 [28]), Ermessen (R. Schütz MMR 3002, 518 [521]; J. Scherer NJW 2004, 3001 [3005]) oder einen planerischen Gestaltungs- spielraum (T. Mayen CR 2005, 21 [23]; ders. in: Scheuerle/Mayen [Fn. 87], § 21 Rn. 12) eröffnet. 157 Vgl. zu „sekundären Elastizitäten“ der Kombination von Konditional- und Finalprogrammen N. Luhmann VerwArch 55 (1964), 1 (12ff.); P. Oberndorfer Die Verwaltung 5 (1972), 257 (262); A. Ingold Erstplanungspflichten im System des Pla- nungsrechts, 2007, 78ff.; demgegenüber J.-P. Schneider (Fn. 145), 531ff., für eine Schwerpunktverschiebung von Konditionalprogrammen zu Final- und Aufgabenpro- grammen mit prozeduraler Steuerung von Optimierungsentscheidungen. 158 Vgl. J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 156); M. Ludwigs JZ 2009, 290 (292); zum unterschiedlichen dogmatischen Verständnis von „Ermessen“ und „Beurteilungsspiel- raum“ im europäischen und deutschen Recht einschließlich der notwendigen dogma- tischen „Übersetzungen“ VG Köln Urt. v. 8. 3. 2007 – 1 K 3918/06, juris Rn. 60. 159 Vgl. J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 156); K. F. Gärditz NVwZ 2009, 1005 (1006, 1010); ders. DVBl. 2009, 69 (75ff.). 160 Vgl. zu Recht krit. zu einer Parallelisierung von Regulierungs- und Planungs- recht T. Attendorn DVBl. 2008, 1408 (1409, 1415, 1415); C. Franzius DVBl. 2009, 409 (413); Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 62, 64; T. v. Danwitz DÖV 2004, 977 (982); A. Scheb- stadt WuW 2005, 6 (9); K. F. Gärditz NVwZ 2009, 1005 (1008). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 327 tung von Marktdefinition und Regulierungsverfügung im europäischen Regulierungsverbund161 und dem finalen Charakter von Regulierung und Planung nahe gelegen haben.162 Doch sie übersieht den katego- rialen Unterschied zwischen Regulierung und Planung.163 Und sie beginnt schon jetzt mit der Übertragung der Kategorien der Planrecht- fertigung, Planungsziele, Planungsleitsätze und Optimierungsgebote in das Regulierungsrecht eine dogmatisch überschießende Innentendenz zu entwickeln.164 Dieser Planungsdogmatiktransfer engt die gestalte- rische Offenheit des Regulierungsrechts vorschnell ein.165 Die gleich- wertigen Regulierungsziele kennen (bisher) keine Zielhierarchien.166

161 Vgl. programmatisch K.-H. Ladeur/C. Möllers DVBl. 2005, 525 (527ff.); C. Möl- lers Materielles Recht – Verfahrensrecht – Organisationsrecht, in: Trute/Groß/Röhl/ Möllers (Fn. 17), 489 (508); dieser Argumentation folgend BVerwG, NVwZ 2008, 1359 (1360); J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 156); T. Mayen in: Scheuerle/Mayen (Fn. 87), § 13 Rn. 53; I. Pernice DJT 66 (2006), O 85 (O 126ff.); allgemein im Hinblick auf die Notwendigkeit der Einräumung eines entsprechenden Beurteilungsspielraums Döhler (Fn. 143), 213; C. Franzius EuR 2002, 660 (680ff.); ders. DVBl. 2009, 409 (410); H.-H. Trute FS Selmer, 2004, 565 (571); T. Mayen in: Scheuerle/Mayen (Fn. 87), § 13 Rn. 4; gds. zum europäischen Regulierungsverbund H.-H. Trute FS Selmer, 2004, 565ff.; G. Britz EuR 2006, 46ff.; J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 43); F. Arndt Die Verwaltung 39 (2006), 100ff.; Kahl (Fn. 66), § 47 Rn. 218ff. 162 Vgl. für eine Parallelisierung von Planungs- und Regulierungsrecht aufgrund des jeweils finalen Charakters bereits zuvor K.-H. Ladeur K&R 1998, 479 (485ff.); J.-P. Schneider ZHR 164 (2000), 513 (527); J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 154); M. Burgi DVBl. 2006, 269 (275); S. Storr DVBl. 2006, 1017 (1019); F. Schorkopf JZ 2008, 20 (21). 163 Vgl. K. F. Gärditz NVwZ 2009, 1005 (1008), der zu Recht auf den Unterschied zwischen der sehr weiten territorialen Strukturierung des Planungsrechts und dem im Vergleich dazu engeren Auftrag einer gemeinwohlpflichtigen Wettbewerbsregulierung hinweist; krit. auch K.-H. Ladeur/C. Möllers DVBl. 2005, 525 (534): „keine paradoxe Marktplanung“; C. Koenig DVBl. 2009, 1082: „kein Mandat zur hoheitlichen Wett- bewerbsplanung“; Schulze-Fielitz (Fn. 2), § 12 Rn. 59: keine „weitgehend kontrollfreie staatliche Wettbewerbsplanung“. Die Diskussion um das Verhältnis von Regulierungs- und Planungsrecht schließt sich an die zeitgeistgeprägte Debatte um das Wettbewerbs- recht als „ein Instrument der planenden Verwaltung“ an (E. Günther Das GWB als In- strument der planenden Verwaltung, in: J. H. Kaiser [Hrsg.], Planung II, 1966, 257ff.; zu Recht krit. T. v. Danwitz DÖV 2004, 977 [982]; differenziert zum Verhältnis von Wettbewerb und Planung K. F. Gärditz Europäisches Planungsrecht, 2009, 75ff.). 164 Vgl. T. Mayen CR 2005, 21 (23f.); ders. DJT 66 (2006), O 45 (O 64f.); ders. in: Scheuerle/Mayen (Fn. 87), § 21 Rn. 16ff., bes. Rn. 20, 25f.; zu Recht krit. T. Attendorn NVwZ 2009, 19 (20); H.-J. Piepenbrock/R. Attendorn in: Geppert/Piepenbrock/ Schütz/Schuster (Fn. 88), § 21 Rn. 74. 165 Vgl. T. Attendorn DVBl. 2008, 1408 (1415); H.-J. Piepenbrock/R. Attendorn in: Geppert/Piepenbrock/Schütz/Schuster (Fn. 88), § 21 Rn. 73ff. 166 Vgl. Fehling (Fn. 119), 123; H.-J. Piepenbrock/R. Attendorn in: Geppert/Piepen- brock/Schütz/Schuster (Fn. 88), § 21 Rn. 75; demgegenüber für eine Ausprägung von 328 Jens Kersten

Deshalb sollte das Regulierungsrecht zu einer eigenen Abwägungs- dogmatik für die Gestaltung gemeinwohlpflichtiger Märkte finden.167

4. Organisation Für die Verwaltung regulierten Wettbewerbs wurde die Bundesnetz- agentur geschaffen.168 Ihre Vernetzung im europäischen Regulierungs- verbund169 und mit dem Bundeskartellamt170 ist bereits im Rahmen der Diskussion ihrer Regulierungsinstrumente zum Ausdruck gekommen. Auch die Verwaltung regulierten Wettbewerbs institutionalisiert eine Governance-Struktur, in der vor allem eine Frage streitig ist: Ist die Bun- desnetzagentur Einzelweisungen des Bundeswirtschaftsministeriums un- terworfen? Und wenn ja: Sollte sie nicht politisch unabhängig sein? Die Rechtslage ist umstritten, stellt sich aber meiner Auffassung nach wie

Zielhierarchien G. Hermes in: ders./D. Sellner (Hrsg.) Beck’scher AEG-Kommentar, 2006, § 1 Rn. 32ff. 167 Vgl. T. Attendorn DVBl. 2008, 1408 (1415f.); H.-J. Piepenbrock/R. Attendorn in: Geppert/Piepenbrock/Schütz/Schuster (Fn. 88), § 21 Rn. 73ff. 168 Vgl. Kahl (Fn. 66), § 47 Rn. 121f., zur dogmatischen Einordnung der Regulierungs- als Gewährleistungsaufsicht in das System der Amts-, Behörden- und Staatsaufsicht. 169 Vgl. Eifert (Fn. 114), § 19 Rn. 143; aus verwaltungswissenschaftlicher Perspektive Döhler (Fn. 143), 220f. 170 Die Abgrenzung von Kartell- und Regulierungsrecht ist systematisch nicht über- zeugend geregelt, so dass einem „Regulierungswettbewerb“ (S. Storr DVBl. 2006, 1017 [1025]) zwischen Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur vorgebeugt werden muss: § 111 Abs. 1 und 2 EnWG schließt die Anwendbarkeit der §§ 19f. GWB insbe- sondere für den Bereich des Netzzugangs und der Entgeltregulierung aus. § 2 Abs. 3 PostG und § 14b Abs. 2 S. 1 AEG beschränken sich auf die Feststellung, dass die Regelungen des GWB bzw. die Zuständigkeit der Kartellbehörden unberührt bleiben. Dies ist im Hinblick auf eine klare Zuständigkeitsabgrenzung ebenso ambivalent wie §2 Abs.3 S.1TKG, nach dem die Vorschriften des GWB neben dem Telekommuni- kationsrecht anzuwenden sind, soweit nicht das TKG „ausdrücklich eine abschlie- ßende Regelung trifft“ (vgl. zu den entsprechenden Abstimmungspflichten zwischen Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt § 123 Abs. 1 TKG; § 58 EnWG; umfassend J. Masing DJT 66 [2006], D 5 [D 23]; M. Ludwigs WuW 2008, 534ff.). Will man diese Abgrenzung nicht der im Einzelfall äußerst umstrittenen Auslegung der Zuständig- keitsvorschriften überlassen, bietet sich zunächst eine Regelung nach dem Vorbild des § 111 EnWG auch im Telekommunikation-, Post- und Eisenbahnrecht an; dies gilt ins- besondere auch für eine klarstellende Aufzählung der abschließenden regulierungs- rechtlichen Regelungen in § 111 Abs. 2 EnWG (Ludwigs ebd., 550; aA H. C. Röhl JZ 2006, 831 [836ff.], der eine Abgrenzung nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 3 TKG favorisiert). Die Anwendung des Art. 81 und Art. 82 EG sollte auf der Grundlage des Art. 35 Abs. 1 VO 1/2003 für die regulierungsrechtlichen Fallgestaltungen ebenfalls der Bundesnetzagentur zugewiesen werden (G. Kühne FS Immenga, 2004, 243 [259]; Ludwigs, ebd.; aA K. F. Gärditz EWS 2005, 490 [497]). Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 329 folgt dar: Die Bundesnetzagentur unterliegt als selbstständige Bundes- oberbehörde im Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums (§ 1 S. 2 BNAG) dem ministeriellen Einzelweisungsrecht.171 Das Europarecht verlangt keine Weisungsfreiheit der nationalen Regulierungsbehörden.172

171 Vgl. für die Weisungsgebundenheit der Bundesnetzagentur P. Badura in: ders./ T. v. Danwitz/M. Herdegen/J. Sedemund/K. Stern (Hrsg.) Beck’scher PostG-Kom- mentar, 2. Aufl. 2004, § 44 Rn. 61ff., § 46 Rn. 24ff.; T. Mayen DÖV 2004, 45 (46ff., 53ff.); ders. in: Scheuerle/Mayen (Fn. 87), § 116 Rn. 12, 16, § 117 Rn. 2; K. F. Gärditz NVwZ 2009, 1005 (1007); S. Bulla Netzregulierung am Beispiel des Telekommuni- kationsrechts, in: Schmidt/Vollmöller (Fn. 25), § 11 Rn. 25ff.; M. Ruffert in: Säcker (Fn. 87), § 116 Rn. 15; M. Geppert in: ders./Piepenbrock/Schütz/Schuster (Fn. 88), § 116 Rn. 13; § 117 Rn. 1f.; differenzierend Fehling (Fn. 113), 277, und G. Hermes in: Britz/Hellermann/Hermes (Fn. 121), § 59 Rn. 21ff., § 61 Rn. 9, 12ff.: Weisungsbefug- nis nur an den Präsidenten der Bundesnetzagentur, der sodann wiederum gegenüber den Beschlusskammern weisungsbefugt ist; vgl. für die Weisungsfreiheit der Bundes- netzagentur J.-P. Schneider ZHR 164 (2000), 513 (535ff.); U. Hufeld JZ 2002, 871 (873); M. Bullinger DVBl. 2003, 1355 (1361); H.-H. Trute FS Brohm, 2002, 169 (185); ders. Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt- Aßmann/Voßkuhle (Fn. 2), § 6 Rn. 68; M. Paulweber Regulierungszuständigkeiten in der Telekommunikation, 1999, 112ff.; K. Oertel Die Unabhängigkeit der Regulierungs- behörde nach §§ 66ff. TKG, 2000, 321ff., 432ff.; zurückhaltend Schmidt-Aßmann (Fn. 130), 142. Die Pflicht zur Veröffentlichung und zur Begründung der allgemeinen bzw. Einzelweisungen des Bundeswirtschaftsministeriums sind unterschiedlich gere- gelt: Nach § 117 S. 1 TKG müssen Weisungen des Bundeswirtschaftsministeriums im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Dies meint allgemeine sowie Einzelweisungen (C. Schmidt NVwZ 2006, 907 [908]; T. Mayen in: Scheuerle/Mayen [Fn. 87], § 117 Rn. 2f.). § 44 PostG i.V.m. § 66 Abs. 5 TKG 1996 fordert, dass allgemeine Weisungen im Bundesanzeiger zu veröffentlichen sind. § 61 EnWG sieht vor, dass allgemeine Weisungen mit Begründung im Bundesanzeiger zu publizieren sind. Energierechtliche Einzelweisungen müssen folglich derzeit nicht veröffentlicht und begründet werden. Eine einheitliche Regelung, die sowohl die Veröffentlichung als auch die Begründung aller Weisungen des Bundeswirtschaftsministeriums an die Bundesnetzagentur vor- schreibt, ist rechtspolitisch aus Transparenzgründen sowie aufgrund der damit einher- gehenden politisch disziplinierenden Wirkung angezeigt (J. Masing DJT 66 [2006], D 5 [D 94f.]; ders. FS R. Schmidt, 2006, 521 [533]; ders. HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 48; G. Hermes in: Britz/Hellermann/Hermes [Fn. 121], § 61 Rn. 3; aus der Perspektive der Bundesnetzagentur Henseler-Unger [Fn. 123], 41). 172 Vgl. P. Badura in: ders./v. Danwitz/Herdegen/Sedemund/Stern (Fn. 171), § 44 Rn. 65; M. Ruffert in: Säcker (Fn. 87), § 116 Rn. 13 i.V.m. 15; J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 94); U. Ehricke Die Regulierungsbehörde für Gas und Strom, 2004, 41f. Das Europarecht verlangt, dass die nationalen Regulierungsbehörden ihre Aufgaben un- parteiisch und transparent ausüben (Art. 3 Abs. 3 RL 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. 3. 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste – Rahmen-Richtlinie, ABl. EG 2003, Nr. L 108, 33). Sie müssen insbesondere dafür sorgen, dass die Regulierungs- behörden rechtlich und funktional von den regulierten Unternehmen unabhängig sind (Art. 3 Abs. 2 S. 1 RL 2002/21/EG; Art. 23 Abs. 1 S. 2 RL 2003/54/EG des Euro- 330 Jens Kersten

Weder Grundgesetz173 noch Gesetzgeber stellen die Bundesnetzagentur ausdrücklich von ministeriellen Weisungen frei, indem sie andere For- men der demokratischen Verantwortung der Bundesnetzagentur gegen- über dem Bundestag geschaffen hätten.174 Ministeriellen Einzelweisun- päischen Parlaments und des Rates v. 26. 6. 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der RL 96/92/EG – Elektrizitäts- binnenmarkt-Richtlinie, ABl. EG Nr. L 176, 37; Art. 25 Abs. 1 S. 2 RL 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26. 6. 2003 über gemeinsame Vor- schriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der RL 98/30/EG – Erdgasbinnenmarkt-Richtlinie, ABl. EU 2003, Nr. L 176, 57; Art. 22 UAbs. 1 RL 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15. 12. 1997 über ge- meinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität – Postdiensterichtlinie, ABl. EG 1998, Nr. L 15, 14; Art. 30 Abs. 1 S. 2 RL 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26. 2. 2001 über die Zuweisung von Fahrwerkkapazitäten der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenhahninfrastruk- tur und die Sicherheitsbescheinigung – Eisenbahnrichtlinie, ABl. EG 2001, Nr. L 75, 29). Wenn Mitgliedstaaten an regulierten Unternehmen beteiligt sind, ist eine wirk- same strukturelle Trennung der hoheitlichen Funktion von Tätigkeiten im Zusam- menhang mit dem Unternehmenseigentum und der -kontrolle sicherzustellen (Art. 3 Abs. 2 S. 2 RL 2002/21/EG). Diese Trennung wird durch die unterschiedliche Res- sortzuordnung von Anteilsbeteiligung und Regulierungsaufsicht gewahrt (J. Masing ebd.; C. Schmidt DÖV 2005, 1025 [1028]; T. Mayen in: Scheuerle/Mayen [Fn. 87], § 116 Rn. 11). Da das Europarecht nicht die Weisungsfreiheit der nationalen Regulie- rungsbehörden fordert, kann auch der allgemeine Hinweis der Einbindung der natio- nalen Regulierungsbehörden in den europäischen Regulierungsverbund nicht die Weisungsfreiheit der Bundesnetzagentur begründen (T. Mayen in: Scheuerle/Mayen [Fn. 87], § 116 Rn. 15; aA H. C. Röhl JZ 2006, 831 [835, 837f.]; grds. I. Pernice DJT 66 [2006], O 85 [O 130, O 134f.]). 173 Vgl. auf verfassungsrechtlicher Ebene Art. 88 S. 2 GG für die Europäische Zen- tralbank (vgl. hierzu B. Pieroth in: H. D. Jarass/B. Pieroth [Fn. 23], Art. 88 Rn. 5); Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG für den Bundesrechnungshof (vgl. hierzu H. D. Jarass in: ders./B. Pieroth, ebd., Art. 114 Rn. 4; grds. Kahl [Fn. 66], § 47 Rn. 83ff.). 174 Vgl. zu den verfassungsrechtlichen Möglichkeiten einer parlamentarischen Re- gulierungsaufsicht G. Hermes in: Britz/Hellermann/Hermes (Fn. 121), § 61 Rn. 13. Der Beirat, der aus jeweils 16 Bundestags- und 16 Bundesratsvertretern zusammen- gesetzt ist (§ 5 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 BNetzAG), kann für sich genommen nicht die demokratisch notwendige Legitimation der Entscheidungen der Bundesnetzagentur absichern (T. Mayen DÖV 2004, 45 [53]; ders. in: Scheuerle/Mayen [Fn. 87], § 116 Rn. 15). Seine Antrags-, Beratungs-, Auskunfts-, Vorschlags-, Koordinierungs- und Kontrollfunktionen (§ 7 BNetzAG i.V.m. § 120 TKG, § 44, § 46 Abs. 2 S. 2 PostG, § 60 EnWG) stellen jedoch wesentliche demokratische Legitimationsbausteine für die parlamentarische Verantwortung der Entscheidungen der Bundesnetzagentur dar (Oertel [Fn. 171],451ff.; G. Hermes Legitimationsprobleme unabhängiger Behörden, in: H. Bauer/P. M. Huber/K.-P. Sommermann [Hrsg.], Demokratie in Europa, 2005, 457 [472]; ders. FS Zuleeg, 2005, 410 [411ff.]; ders. in: Britz/Hellermann/Hermes, ebd., § 60 Rn. 10; J. Masing DJT 66 [2006], D 5 [D 85], zu einer institutionalisierten Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 331 gen steht auch nicht die Stellung der Beschlusskammern der Bundes- netzagentur entgegen,175 die nicht die Unabhängigkeit von Vergabekam- mern besitzen (§ 105 Abs. 1 und 4 GWB).176 Ihr justizähnliches Verfah- ren mag die Begründung von Einzelweisungen erschweren,177 ohne diese jedoch auszuschließen.178 Auch die Überlegung, die Bundesnetz- agentur müsse durch einen gesetzlichen Ausschluss des ministeriellen Weisungsrechts aus der Tagespolitik herausgenommen werden,179 über- zeugt nicht: Die lange Geschichte des Bundeskartellamts180 und die bis- parlamentarischen Beobachtung der Bundesnetzagentur; aA C. Schmidt NVwZ 2006, 907 [909]: „Politisches Leitungsgremium, welches mit der Unabhängigkeit hoheit- licher Regulierungsarbeit nicht zu vereinbaren ist“). 175 Vgl. zu der insofern perplexen Gesetzesbegründung einerseits BT-Drs. 13/4438, 38; „Die Einrichtung von Beschlusskammern als Kollegialspruchköpern sichert ge- rade bei der Organisationsform einer oberen Bundesbehörde eine politisch weitgehend [!] unabhängige Entscheidung der Regulierungsbehörde“ (Hervorhebung und Klam- merzusatz durch den Verfasser) – Weitgehende politische Unabhängigkeit garantiert eben keine vollständige politische Unabhängigkeit; andererseits BT-Drs. 13/4864, 82: „Für den Status und die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde ist es erforderlich, daß nicht jede Entscheidung durch das zuständige Bundesministerium kassiert wer- den kann. Gerade aus diesem Grund sind die unabhängigen Beschlusskammern ein- geführt worden.“ – Dies lässt sich im Sinn einer Weisungsunabhängigkeit verstehen; zur Begründung der ministeriellen Einzelweisungsunabhängigkeit J. Neveling ZNER 2005, 263; demgegenüber zu Recht für die Begründung des ministeriellen Einzel- weisungsrechts P. Badura in: ders./v. Danwitz/Herdegen/Sedemund/Stern (Fn. 171), § 44 Rn. 64f. 176 Vgl. G. Hermes in: Britz/Hellermann/Hermes (Fn. 121), § 59 Rn. 23; zur Unab- hängigkeit der Vergabekammern K. Stockmann in: Immenga/Mestmäcker (Fn. 18), §105GWB Rn. 4ff. 177 Vgl. BT-Drs. 13/4864, 72, 82; P. Badura in: ders./v. Danwitz/Herdegen/Sede- mund/Stern (Fn. 171), § 44 Rn. 25; J. Masing FS R. Schmidt, 2006, 521 (533); ders. HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 90 Rn. 48; Ruffert (Fn. 75), 450; Kühling (Fn. 131), 377. 178 Vgl. P. Badura in: ders./v. Danwitz/Herdegen/Sedemund/Stern (Fn. 171), § 44 Rn. 64f., § 46 Rn. 24ff.; T. Mayen DÖV 2004, 45 (53f.); Ruffert (Fn. 75), 450; aA H.-H. Trute Legitimation (Fn. 171), § 6 Rn. 68; Kühling (Fn. 131), 378; M. Bosman Die Beschlusskammern der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, 2002, 67ff.; differenzierend Möllers (Fn. 161), 508: faktische Weisungsfreiheit; M. Ruffert in: Säcker (Fn. 87), § 116 Rn. 50: faktische Unabhängigkeit. 179 Vgl. BT-Drs. 13/4864, 72; C. Schmidt DÖV 2005, 1025 (1029); J. Masing DJT 66 (2006), D 5 (D 47, D 78, D 84); ders. Möglichkeit (Fn. 112), 159f.; ders. FS R. Schmidt, 2006, 521 (532). 180 Im Fall des Bundeskartellamts wird die Zulässigkeit der Einzelweisung durch das Bundeswirtschaftsministerium mit Hinweis auf die justizförmige Verfahrens- gestaltung der Beschlussabteilungen (§ 51 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3, §§ 54–62 GWB) teilweise verneint (M. Döhler Die Verwaltung 34 [2001], 59 [71]; E.-J. Mestmäcker WuW 2008, 6 [22]; Bunte [Fn. 12], 400). Die Einordnung in die Bundesverwaltung (§ 51 Abs. 1 S. 2 GWB) sowie das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) spre- 332 Jens Kersten her kurze der Bundesnetzagentur zeigen, dass das ministerielle Einzel- weisungsrecht in der Staatspraxis bisher nicht ausgeübt wurde.181 Diese Staatspraxis wird im Hinblick auf das Bundeskartellamt als „faktische Unabhängigkeit“182 beschrieben und auch für die Bundesnetzagentur eingefordert.183 Dabei darf jedoch der Begriff der „faktischen Unabhän- gigkeit“ nicht das Wesentliche verdecken: die demokratische Legitima- tion: Der Bundeswirtschaftsminister verantwortet die Entscheidungen der Bundesnetzagentur vor dem Bundestag – auch und gerade, wenn er sein Einzelweisungsrecht nicht ausübt. Diese demokratische Verantwor- tung ist insbesondere auch im Hinblick auf die Ausübung des rechtlich nur eingeschränkt vorstrukturierten Regulierungsermessens für die Bun- desnetzagentur von zentraler Bedeutung.184 Die demokratische Verant- wortung der Bundesnetzagentur gegenüber dem Parlament kann sicher- lich sehr unterschiedlich ausgestaltet werden, aufgegeben werden kann sie nicht: Die parakonstitutionellen Vorstellungen eines regulatory state,185 chen jedoch für eine Einzelweisungsgebundenheit des Bundeskartellamts (M. Bullin- ger DVBl. 2003, 1354 [1360]; H. Jochum VerwArch 94 [2003], 512 [515ff., 525ff.]; M. Jestaedt Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, 1993, 465ff.; R. Bechtold GWB, 5. Aufl. 2008, § 52 Rn. 2; P. Badura in: ders./v. Danwitz/Herdegen/Sedemund/ Stern [Fn. 171], § 44 Rn. 66). 181 Vgl. auch J. Masing FS R. Schmidt, 2006, 521 (531, 533: „Weisungsreserve beim Ministerium“); Döhler (Fn. 143), 218: „Autoritätsreserve“ (Hervorhebung im Original). 182 Vgl. zum Begriff H. Jochum VerwArch 94 (2003), 512 (524, 541); T. Mayen DÖV 2004, 45 (46), ferner Bulla (Fn. 171), § 11 Rn. 26. 183 Vgl. C. Koenig/J. Kühling WuW 2001, 810 (815f.); Kühling (Fn. 131), 377, 379; J. Masing Möglichkeit (Fn. 112), 169; K.-P. Sommermann in: v. Mangoldt/Klein/ Starck (Fn. 125), Art. 20 Abs. 2 Rn. 181; aus der Perspektive der Bundesnetzagentur J. Neveling ZNER 2005, 263 (264); Henseler-Unger (Fn. 123), 41. 184 Vgl. T. Mayen in: Scheuerle/Mayen (Fn. 87), § 116 Rn. 5, 15. 185 Vgl. grundlegend G. Majone The Future of Regulation in Europe, in: ders. (Hrsg.), Regulating Europe, 1995, 265ff.; ders. From the Positive to the Regulatory State: Causes and Consequences of Changes in the Mode of Govenrance, in: Journal of Public Policy 17 (1997), 139ff.; ders. Credibility and Commitment, in: G. Kochen- dörfer-Lucuius (Hrsg.), Investment Climate, Growth, and Poverty, 2005, 105ff.; dif- ferenzierend zum Konzept des „Regulierungsstaats“ E. Grande Entlastung des Staates durch Liberalisierung und Privatisierung? Zum Funktionenwandel des Staates im Telekommunikationssektor, in: R. Voigt (Hrsg.), Abschied vom Staat – Rückkehr zum Staat, 1993, 371ff.; ders. Vom produzierenden zum regulierenden Staat. Möglichkeiten und Grenzen von Regulierung bei Privatisierung, in: K. König/A. Benz (Hrsg.), Pri- vatisierung und staatliche Regulierung, 1997, 576ff.; Döhler (Fn. 143), 218; D. Eberle PVS 44 (2003), 483ff.; G. F. Schuppert Verwaltungsorganisation und Verwaltungs- organisationsrecht als Steuerungsfaktoren, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Fn. 2), § 16 Rn. 96ff.; Kahl (Fn. 66), § 47 Rn. 165; M. Ruffert in: Säcker (Fn. 87), § 116 Rn. 15; R. Ruge Die Gewährleistungsverantwortung und der Regulatory State, 2004. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 333 in dem die Regulierungsbehörden ihre Legitimation quasi in sich selbst tragen, laufen auf die Utopie einer unpolitischen Fachverwaltung hinaus. Sie entzieht dem Parlament den Einfluss auf die Regulierung mit dem Argument, diese sei einfach zu wichtig, um in der Demokratie vor der Volksvertretung verantwortet zu werden.186 Deshalb gilt für die Demokratie des Grundgesetzes: Regulierungsbehörden können nicht politisch unabhängig sein.187

V. Folgerungen

Die Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe verändert unser Verständnis von Verwaltung und Verwaltungsrecht bis in den All- gemeinen Teil hinein: Wettbewerbliche Handlungsformen – wie Ver- gabe, Versteigerung und Zertifikatehandel – konkurrieren mit tradier- ten Verwaltungsinstrumenten – wie Verwaltungsakt, Vertrag, Plan und Abgabe. Um der Verwaltung in diesem Wettbewerb der Verwaltungsin- strumente einen reflektierten regulatory choice zu ermöglichen,188 muss das Allgemeine Verwaltungsrecht als verwaltungsrechtswissenschaft- liches Projekt die steuerungstheoretische und rechtsdogmatische Ana- lyse hierarchischer, kooperativer und wettbewerblicher Verwaltungs- instrumente verbinden – und so das methodologische Versprechen unserer Diskussion auf der Freiburger Staatsrechtslehrertagung 2007 einlösen: das Verwaltungsrecht nicht „zwischen“, sondern als Verbin- dung von steuerungswissenschaftlichem Anspruch und rechtsdogma- tischem Verständnis.189 Eine solche Verbindung ist auch ohne eine

186 Vgl. krit. Lepsius (Fn. 11), § 19 Rn. 70; K. F. Gärditz NVwZ 2009, 1005 (1010): „administrative turn“. 187 Vgl. pointiert Wißmann (Fn. 114), 1984. 188 Vgl. G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, 2000, 957ff., bes. 966ff.; ders. Staatswissenschaft, 2003, 591ff.; ders. Governance (Fn. 71), 395ff.; Eifert (Fn. 114), § 19 Rn. 153ff. C. Bumke, Verwaltungsakte, in: W. Hoffman-Riem/E. Schmidt- Aßmann/A. Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Bd., 2008, § 35, vor Rn. 20 Rn. 35ff. 189 Vgl. pointiert M.-E. Geis Diskussionsbeitrag, VVDStRL 67 (2008), 339; mit un- terschiedlicher Schwerpunktsetzung für eine Verbindung der rechtsdogmatischen und steuerungswissenschaftlichen Perspektive I. Appel Das Verwaltungsrecht zwischen klassischem dogmatischem Verständnis und steuerungswissenschaftlichem Anspruch, VVDStRL 67 (2008), S. 286 (252ff.); M. Eifert Das Verwaltungsrecht zwischen klas- sischem dogmatischem Verständnis und steuerungswissenschaftlichem Anspruch, VVDStRL 67 (2008), S. 286 (314ff.); F. Schoch, Die Verwaltung-Beiheft 7 (2007), 177 (203); W. Kahl Die Verwaltung 42 (2009), 463 (489ff.) in zugleich historischer wie me- thodologischer Dimension C. Bumke, Die Entwicklung der verwaltungswissenschaft- 334 Jens Kersten

Vermischung der steuerungstheoretischen und rechtsdogmatischen Perspektive durch eine dialogische Darstellung der einzelnen Hand- lungsformen im Verwaltungsrecht AT möglich: erstens des steuerungs- theoretischen Konzepts, zweitens der rechtsdogmatischen Reflexion und drittens der steuerungspraktischen Erfahrung des jeweiligen Ver- waltungsinstruments.190 Hinsichtlich der Verwaltungsorganisation zeigen insbesondere die Konzepte optimierten und regulierten Wettbewerbs, dass die Analyse und Kritik von Governance-Strukturen auf der Agenda des Allge- meinen Verwaltungsrechts steht.191 Die Vernetzung von hoheitlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren prägt bereits nachhaltig die Verwaltungsrealität, birgt aber zugleich auch ganz erhebliche ver- fassungsrechtliche Gefahren für die Entfaltung subjektiver Rechte, die Unabhängigkeit der Gerichte, dezentrale Verwaltungskompetenzen und die demokratische Legitimation.192 Die Herausforderung besteht hier – wie immer – darin, die Normativität der Verfassung zur Geltung zu bringen.

lichen Methodik in der Bundesrepublik, in: E. Schmidt-Aßmann/W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 2004, 73 (127). 190 Vgl. J. Kersten/S. Lenski Die Verwaltung 42 (2009), 501 (528ff.). 191 Vgl. Schuppert (Fn. 185), § 16 Rn. 96ff., 134ff.; zurückhaltend A. Voßkuhle Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Fn. 2), § 1 Rn. 21, 68ff. 192 Vgl. W. Kahl Die Verwaltung 42 (2009), 463 (478ff.); ders. Parlamentarische Steuerung der internationalen Verwaltungsvorgänge, in: Trute/Groß/Röhl/Möllers (Fn. 17), 71 (74); Kersten (Fn. 69), 49ff. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 335

Leitsätze des 2. Berichterstatters über: Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe

I. Einleitung

(1) Die Verwaltung hat den Wettbewerb als Handlungsform entdeckt, um das Gemeinwohl zu fördern. Die damit einhergehende Verflechtung von Markt und Staat lässt sich anhand von drei Konzepten skizzieren: der Herstellung von optimiertem, instrumentellem und reguliertem Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe.

II. Optimierter Wettbewerb

1. Konzept (2) Das Konzept optimierten Wettbewerbs zielt auf die Herstellung von Wettbewerb als Freiheit. Diesem Wettbewerbskonzept liegt ein gestuftes Gemeinwohlverständnis zu Grunde, das den unmittelbaren Schutz der Handlungsfreiheit der Wettbewerber im Marktprozess mit der mittelbaren Erwartung bisher unbekannter sozialer, technischer und wirtschaftlicher Innovation verbindet. (3) Das Hauptproblem dieses ergebnisoffenen Wettbewerbskonzepts liegt in der Frage, wie zu verfahren ist, wenn individuell maximierte Wettbe- werbsfreiheit den optimierten freien Wettbewerb zwar verletzt, aber dadurch unmittelbar soziale, technische und wirtschaftliche Gemeinwohlziele ver- wirklicht.

2. Verfassung (4) Das Konzept optimierter Wettbewerbsfreiheit wird im deutschen Ver- fassungsrecht grundrechtlich und im europäischen Verfassungsrecht institu- tionell entfaltet. 336 Jens Kersten

3. Instrumente (5) Die Kommission konturiert gegenwärtig durch ihren more economic approach im Wettbewerbsrecht das europäische Gemeinwohlkonzept neu. Dem more economic approach liegt ein ergebnisorientiertes Wettbewerbs- verständnis zugrunde. Dieses sieht den Schutzzweck des Wettbewerbs in der Konsumentenwohlfahrt und in einer effizienten Ressourcenallokation. (6) Da die europäischen Verträge den Wettbewerb als ergebnisoffenes Entdeckungsverfahren schützen, kann eine effizienzorientierte Neubestim- mung des Schutzzwecks des europäischen Wettbewerbsrechts nur durch eine Vertragsänderung erfolgen. Der Vertrag von Lissabon legitimiert kei- nen Paradigmenwechsel von einem ergebnisoffenen zu einem ergebnisorien- tierten Wettbewerbskonzept. (7) Die Kommission hat jedoch ihren Gestaltungsspielraum im Rahmen der bestehenden Verträge genutzt, um in Anknüpfung an die Wertung des Art. 81 Abs. 3 EG das grundsätzlich ergebnisoffene europäische Wettbe- werbsrecht effizienzorientiert fortzuentwickeln: Der Grundsatz optimierten freien Wettbewerbs wird durchbrochen, wenn ein Marktteilnehmer durch seine maximierte individuelle Wettbewerbsfreiheit zwar den optimierten freien Wettbewerb beeinträchtigt, aber in der Abwägung konkret überwie- gende Effizienzvorteile für das Gemeinwohl nachweisen kann, ohne da- durch im konkreten Fall den freien Wettbewerb grundsätzlich in Frage zu stellen.

4. Organisation (8) Wettbewerbsverwaltung ist vernetzte Verwaltung. Bei dem „Europäi- schen Wettbewerbsnetz“ handelt es sich um eine Governance-Struktur, die öffentliche, private und zivilgesellschaftliche Akteure zu einem dynamischen Prozess der Konkretisierung, Durchsetzung und Fortbildung des Wettbe- werbsrechts verbindet. (9) Einerseits überzeugt diese Governance-Struktur funktional, da sie sich auf die Dynamik des Wettbewerbs einlässt: Regelungsgegenstand und Regelungsstruktur entsprechen einander. Andererseits steht die verfassungs- rechtliche Konstitutionalisierung dieser Governance-Struktur im Hinblick auf die normative Entfaltung der grundrechtlich geschützten Wettbewerbs- freiheit sowie die Unabhängigkeit der Gerichte noch aus. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 337

III. Instrumenteller Wettbewerb

1. Konzept (10) Das Konzept instrumentellen Wettbewerbs sieht im Wettbewerb ein hoheitliches Steuerungsmittel: Die Verwaltung veranstaltet Wettbewerb, um Gemeinwohlziele effektiv durchzusetzen. (11) Das Hauptproblem dieses Konzepts liegt in der verfassungskonfor- men Begrenzung des ökonomischen Eskalationspotenzials instrumentellen Wettbewerbs.

2. Verfassung (12) Mit den variablen Ausgestaltungs- und damit zugleich Begrenzungs- möglichkeiten der Intensität instrumentellen Wettbewerbs variiert die ver- fassungsrechtliche Bewertung dieses Konzepts im Einzelfall.

3. Instrumente (13) Von den klassischen Handlungsformen der Ämterausschreibung und Auftragsvergabe ausgehend hat sich das Konzept instrumentellen Wett- bewerbs in der Verwaltungspraxis der letzten fünfzehn Jahre stark ausge- dehnt. Beispiele für diese Entwicklung sind das Personal-, Hochschul- und Umweltrecht. (14) Eine neue Dimension instrumentellen Wettbewerbs eröffnet die Versteigerung als Handlungsform der Verwaltung, weil sie allein im Preis das maßgebliche Entscheidungskriterium sieht. Der Staat muss dieses ökonomische Eskalationspotenzial begrenzen, wenn er – wie im Fall von Emissionszertifikaten – die Versteigerung als umweltpolitisches Steuerungs- instrument nutzt (Emissionshandels-Verordnung 2012 [2009]). Eine verfas- sungskonforme Einschränkung des ökonomischen Eskalationspotenzials ist aber insbesondere auch dann angezeigt, wenn der Staat die Versteigerung – wie im Fall der elektronischen Auktion – im fiskalischen Eigeninteresse einsetzen will (§ 101 Abs. 6 S. 1 GWB [2009]). Diese Beschränkung kann in beiden Fällen durch eine entsprechende Ausgestaltung des Versteige- rungsverfahrens erfolgen. 338 Jens Kersten

4. Organisation (15) Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung instrumentellen Wettbewerbs ermöglicht dessen verwaltungsorganisatorisch dezentralen Einsatz, dessen Rechtmäßigkeit insbesondere im Konkurrentenstreit gerichtlich überprüft wird.

IV. Regulierter Wettbewerb

1. Konzept (16) Das Konzept regulierten Wettbewerbs zielt auf die Herstellung ge- meinwohlpflichtigen Wettbewerbs. Es ist in seiner europäischen Form im Rahmen der Liberalisierung und Privatisierung von Telekommunikation, Post, Energie und Bahn entstanden. Regulierung will freien Wettbewerb zwischen oder auf diesen Netzen herstellen und muss dabei zugleich deren Daseinsvorsorgeleistungen garantieren. Deshalb konstituiert das Regulie- rungsrecht einen von vornherein sozial, ökologisch, ökonomisch, technisch und territorial konditionierten Wettbewerb. (17) Die konzeptionelle Eigenständigkeit regulierten Wettbewerbs gegen- über den Konzepten optimierten und instrumentellen Wettbewerbs kommt in der Doppelfunktion des Wettbewerbs als Regulierungsziel und als Regu- lierungsmittel zum Ausdruck. (18) Das Hauptproblem dieses Konzepts liegt in der verfassungskonfor- men Bestimmung des exekutiven Ermessens für die Gestaltung regulierten Wettbewerbs als Verwaltungsaufgabe.

2. Verfassung (19) Die Verfassung regulierten Wettbewerbs wird durch Art. 87e und Art. 87f GG sowie den Eingriffscharakter des Regulierungsrechts bestimmt.

3. Instrumente (20) Ungeachtet der sektorenspezifischen Besonderheiten des Telekom- munikations-, Post-, Energie- und Bahnrechts lassen sich im Vergleich der Regulierungsinstrumente folgende Grundmuster erkennen: Missbrauchs- verbot, Entflechtung, Informationstransparenz, Zusammenschaltung, Netz- zugang, Entgeltregulierung und Universaldienste. (21) Regulierungsinstrumente sind final auf die Herstellung gemeinwohl- pflichtigen Wettbewerbs ausgerichtet. Bei ihrer Anwendung sind die Kon- flikte zu lösen, die in der Konkurrenz sozialer, ökonomischer, ökologischer, Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 339 technischer und territorialer Regulierungsziele angelegt sind. Diese Zielkon- flikte kennzeichnen den proaktiven Gestaltungsauftrag der Regulierungsver- waltung. (22) Im aktuellen Verwirrspiel um die Gestaltungsfreiräume der Regulie- rungsverwaltung gilt es, zwei Extreme zu vermeiden: auf der einen Seite eine vorschnelle Überdehnung, auf der anderen Seite eine vorschnelle Verkür- zung des Regulierungsermessens. (23) Eine vorschnelle Überdehnung des Regulierungsermessens liegt in der regulierungspolitischen Hyperfinalisierung aller Regulierungsinstru- mente: Sie dienen zwar alle dem Ziel, gemeinwohlpflichtigen Wettbewerb herzustellen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie auch alle durch ein allgemei- nes Regulierungsermessen gekennzeichnet sind, das zwangsläufig mit einer Reduzierung der gerichtlichen Kontrolldichte einhergehen müsste. Es kommt auf die Normstruktur des einzelnen Regulierungsinstruments an, ob die gerichtliche Kontrolldichte reduziert ist. (24) Eine vorschnelle Verkürzung des Regulierungsermessens liegt in der Parallelisierung von Regulierungs- und Planungsermessen durch die jüngste TKG-Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Ein Transfer der Planungsrechtsdogmatik wird dem Regulierungsermessen nicht gerecht, da die grundsätzlich gleichwertigen Regulierungsziele (bisher) keine Zielhie- rarchien kennen. Das Regulierungsrecht muss zu einer eigenen Abwägungs- dogmatik für die Gestaltung gemeinwohlpflichtiger Märkte finden.

4. Organisation (25) Das Bundeswirtschaftsministerium verfügt über ein Einzelweisungs- recht gegenüber der Bundesnetzagentur. (26) Die demokratische Verantwortung der Bundesnetzagentur gegen- über dem Deutschen Bundestag kann sehr unterschiedlich ausgestaltet wer- den, aufgegeben werden kann sie nicht: Nach dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes können Regulierungsbehörden nicht politisch unabhän- gig sein.

V. Folgerungen

(27) Die Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe verändert das Verständnis von Verwaltung und Verwaltungsrecht bis in den Allgemei- nen Teil hinein. (28) Wettbewerbliche Handlungsformen – wie Vergabe, Versteigerung und Zertifikatehandel – konkurrieren mit tradierten Verwaltungsinstru- menten – wie Verwaltungsakt, Vertrag, Plan und Abgabe. Um der Verwal- 340 Jens Kersten tung in diesem Wettbewerb der Verwaltungsinstrumente einen reflektierten regulatory choice zu ermöglichen, muss das Allgemeine Verwaltungsrecht die steuerungstheoretische und rechtsdogmatische Analyse hierarchischer, kooperativer und wettbewerblicher Verwaltungsinstrumente verbinden. (29) Hinsichtlich der Verwaltungsorganisation zeigen insbesondere die Konzepte optimierten und regulierten Wettbewerbs, dass die verfassungs- rechtliche Analyse und Kritik von Governance-Strukturen auf der Agenda des Allgemeinen Verwaltungsrechts steht. Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 341

3. Aussprache und Schlussworte Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe

Holoubek: Vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich würde gern mit einem Grundsatzblock beginnen, in dem Fragen nach der Leistungsfähigkeit, der Tauglichkeit, der Differenziertheit von Wettbewerb gestellt werden sollen. Dann gibt es einen großen Block von Diskussionsbeiträgen, in denen Rechtschutz- und Grundrechts- fragen im Mittelpunkt stehen. Dann habe ich ein paar eher konkrete Nachfragen und schließen würde ich gerne mit einem Block, der sich noch einmal mit der Grundsatzfrage demokratischer Legitimation von Regulierung beschäftigt.

P. Kirchhof: Wir haben für zwei bedeutende Referate zu danken: Sie waren wirklichkeitsnah, gedankenreich, dogmatisch, haben aus den besonderen Teilen einen allgemeinen Teil entwickelt, wirken anregend und inspirierend. Ihr erstes Verdienst besteht darin, dass die Grund- kategorien, die gestern Frau Peters formuliert hat, noch einmal verdeut- licht worden sind. Wettbewerb ist nicht nur die Beschreibung von Kon- kurrenzen – sonst wäre unser Problem fast belanglos. Wettbewerb ist einerseits ein Krisensymptom, wenn es unbedacht von der freiheits- berechtigten Gesellschaft auf den freiheitsverpflichteten Staat übertra- gen wird. Wettbewerb ist vor allem ein Rechtfertigungsverfahren: Wer in einem fairen Wettstreit der beste war, erhält im Sport die Medaille, im Markt den Auftrag, in der Wissenschaft den Lehrstuhl, bei den Wah- len das Mandat. Doch dieses System ist nur begrenzt anwendbar, weil es die Menschen in Sieger und Besiegte teilt. Hier stellt sich die Grund- satzfrage unseres sozialen Rechtstaates, ob dieses Prinzip geeignet ist, die für den Staat notwendige Solidarität zu organisieren. Hier leuchtet der freiheitsrechtliche Ausgangspunkt von Herrn Kers- ten ein, seine gestufte Gemeinwohlverwirklichung, die Deutung des Kartellrechts als die Garantie der Freiheit in individueller Verantwort- lichkeit. Diese Maßstäbe sind vielfach kaum auf den Staat übertragbar. Wenn die Bundesländer in der Bildungspolitik zusammenwirken, die öffentliche Hand bei ARD und ZDF die Wahrnehmung von Grund- rechten zentralisiert, braucht die Kartellbehörde nicht einzuschreiten, weil ihre Maßstäbe keine Anwendung finden. Auch eine feindliche 342 Aussprache

Übernahme, die „schöpferische Zerstörung“, ist im Wettbewerb mög- lich, steht dem Staat jedoch gegenüber dem anderen Staat nicht zu. Innerhalb des Staates lebt Demokratie zwar von der Alternativität zwischen Regierung und Opposition. Zwischen den Staaten aber gibt es nicht die Alternative, die Funktion des einen durch den anderen – den vermeintlichen Konkurrenten – zu übernehmen. Besonders problematisch ist der Wettbewerb zu Lasten Dritter. Wenn der Wettbewerb im Finanzmarkt zu unvertretbaren Ergebnissen geführt hat, weil dort nicht eine rare Ware gegen knappes Geld getauscht wird, vielmehr Hoffnungen gekauft werden und damit die Gewinnmaximie- rung nicht systemimmanent auf eine Kultur des Maßes trifft, führt die- ses System zur Belastung der unbeteiligten Steuerzahler. Wir spannen einen Rettungsschirm für die Banken, nicht für die Steuerzahler auf. Wettbewerb setzt stets Verantwortlichkeit voraus. Der Wettbewerber erzielt den Gewinn für sich, trägt dann aber auch den Verlust auf eigene Rechnung. Die Rationalität des Wettbewerbs ist die Rationalität des Tausches. Diese innere Konsequenz und Mäßigung des Gütererwerbs wird schwächer, wenn das Geld nicht mehr knapp erscheint, die Wettbewer- ber vielmehr meinen, sie könnten durch Steuerverschonungen und Leistungssubventionen auf den Staatshaushalt übergreifen. Die individualisierbare Verantwortlichkeit als Bedingung des Wettbe- werbs betrifft auch die regulierten Märkte. Wenn eine Regulierungsbe- hörde entscheidet, die Telefongebühr dürfe nicht steigen, verantwortet nicht sie diese Entscheidung, sondern die privatisierte Aktiengesell- schaft. Das Zusammenwirken von staatlicher Regulierung, teilweise auch staatlicher Gewährleistung bei voller ökonomischer Verantwort- lichkeit des privaten Unternehmens bringt Entscheidungsmacht und Entscheidungsrisiko nicht bei derselben Person zur Deckung. Schließlich richte ich noch eine Schlussfrage an Herrn Kersten. Sie haben von der Versteigerung der UMTS-Lizenzen berichtet, die damals hundert Milliarden D-Mark Ertrag für den Staat erbracht haben. Die öffentliche Meinung war über diesen Erfolg begeistert. Doch stellen wir uns vor, der Beamte, der Führerscheine und Baugenehmigungen zu erteilen hat, werde in Zukunft nach dem gleichen Verteilungssystem handeln. Ist dieses großartig oder ermittelt der Staatsanwalt wegen Be- stechlichkeit?

Grimm: Ich wollte gern eine Frage stellen, die sich mir schon nach den gestrigen Referaten aufgedrängt hat. Ich stelle sie jetzt, weil sie auch in den heutigen Referaten offen geblieben ist. Wenn das Ziel von Wettbe- werb Gemeinwohl ist, und diese Prämisse liegt ja der Themenstellung Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 343 der gesamten Tagung zugrunde, dann werden die Alternativen Staat oder Markt zu Mitteln der Zielerreichung. Mittel müssen sich aber auf ihre Eignung befragen lassen. Bezogen auf den Wettbewerb verlangt das eine Klärung der Frage, auf welchen Feldern und unter welchen Be- dingungen Wettbewerb qualitätssteigernd wirkt und in welchen Fällen er qualitätsmindernd wirkt. Wo führt er gar zu einem „race to the bottom“? Diese Frage unterscheidet sich von derjenigen, die bei Herrn Potacs eine gewisse Rolle gespielt hat: Was sind exklusive Staatsauf- gaben? Meine Frage bezieht sich auf den Bereich der nicht exklusiven Staatsaufgaben. Was kann dort unter Qualitätsgesichtspunkten dem Wettbewerb überlassen werden und was muss in der Verantwortung des Staates bleiben? Die Bedeutung der Frage ist mir in der Föderalismus-Kommission I besonders deutlich geworden. Dort ging es allerdings nicht um die Alternative Markt oder Staat, sondern darum, welche Gesetzgebungs- materien nach bundeseinheitlicher Regelung verlangen und welche dem Länderwettbewerb überlassen werden können. Für die Entschei- dung wäre es höchst nützlich gewesen, etwas über die gemeinwohl-för- derlichen und die gemeinwohl-abträglichen Wirkungen von Regelungs- wettbewerb zu wissen. In der Föderalismus-Kommission wurde schon die Frage danach als störend empfunden. Die Antwort kann natürlich nicht allein oder auch nur vornehmlich juristisch gegeben werden. An- dere Disziplinen haben darüber mehr zu sagen. Ebensowenig darf sie aber ajuristisch erfolgen. Wo Gemeinwohl das Ziel ist, kann Effizienz nicht alles sein. Zur Qualitätsdefinition müssen zusätzlich die Gemein- wohlziele herangezogen werden, die sich aus der Verfassung ergeben. Die Frage stellt sich daher legitimerweise auch dem Juristen.

Schuppert: Ich möchte anknüpfen an das Referat von Herrn Kersten und die darin enthaltene, mir sehr hilfreich erscheinende Ausdifferenzie- rung verschiedener Wettbewerbs-Typen. Ich finde das deswegen hilf- reich, weil ich aus Ihrem Referat gelernt habe, dass diese verschiedenen Wettbewerbs-Typen verschiedene Governancestrukturen zur Folge ha- ben; abgesehen davon, dass mir dies sehr einleuchtet, bin ich natürlich begeistert darüber, dass nunmehr das Thema „Governancestrukturen“ auf die Agenda des Allgemeinen Verwaltungsrechts gesetzt werden soll. Wenn das aber so ist, dass verschiedene Wettbewerbs-Typen ver- schiedene Governancestrukturen zur Folge haben, würde es vielleicht lohnen, darüber nachzudenken, ob es noch mehr Wettbewerbs-Typen gibt, und in der Tat ist mir beim Zuhören ein weiterer Wettbewerbs- typ eingefallen, der ebenfalls in spezifischen Governancestrukturen seine Entsprechung findet. Ich denke, man kann als einen vierten Wett- 344 Aussprache bewerbs-Typ den sogenannten Reputations-Wettbewerb nennen, den ich im Governance-Jargon, den ich zu beherrschen meine, als „gover- nance by reputation“ bezeichnen möchte. Für diesen Wettbewerbstyp sind mir ad hoc vier Beispiele in den Sinn gekommen. Erstens – heute Nachmittag kommen wir dazu – der Wettbewerb zwischen den Univer- sitäten. Das ist im Wesentlichen ein Reputations-Wettbewerb, und die Humboldt-Universität leidet nicht so sehr darunter, dass sie die Geld- mittel nicht bekommt, sondern dass die FU das Rennen gemacht hat und die Humboldt-Universität sich als eine Universität herausstellen könnte, die von vergangener Reputation leben muss; aber das möchte ich nicht beschwören und hoffe im Gegenteil das Beste. Zweitens ein Reputations-Wettbewerb, wie er von der OECD veranstaltet wird, wo- für der sogenannte PISA-Wettbewerb ein gutes Beispiel ist. Diesen Wettbewerb haben wir alle noch in unguter Erinnerung: als wir auf- wachten, mussten wir feststellen, dass unser Land der Dichter und Denker unter „ferner liefen“ eingestuft worden war. Dieser sog. PISA- Schock hat bekanntlich eine Reisewelle nach Finnland ausgelöst, um vor Ort in Erfahrung zu bringen, was dort anders gemacht wird. Vor allem aber hat – was unter Governancegesichtspunkten interessant ist – die Herrschaft der Bildungsexperten zu einer bemerkenswerten Ent- staatlichung der Bildungspolitik geführt. Der dritte Punkt – und das hat mich ein bisschen gewundert, dass dieser Wettbewerbstyp nicht vorgekommen ist – ist die berühmte of- fene Methode der Koordinierung oder Open Method of Coordination (OMC). Dies ist ja ein ausgesprochen wettbewerbsorientiertes Ver- fahren, das mit den berühmten Methoden des bench-marking und des best practice operiert. Hier wäre dann zu fragen, ob dieses auf den ers- ten Blick so ansprechende Wettbewerbsverfahren – Wettbewerb als Methode von Entdeckungen und Innovationen – wirklich zu den er- hofften Ergebnissen führt. Die Ökonomen sagen zunehmend kritisch, dass sich verständigen auf ein „best practice“ häufig so ist, als wollte man es sich auf einem chaiselongue bequem machen. Der eigentliche Witz des Wettbewerbs, wirklich neue Sachen zu entdecken, werde hier verfehlt. Und dann mache ich eine letzte elegante Abschlussbemerkung, in- dem ich die These aufstelle, dass „governance by reputation“ natürlich dann besonders gut funktioniert, wenn wir eine funktionierende Repu- tations-Gemeinschaft haben. Und gäbe es ein schöneres Beispiel für eine Reputations-Gemeinschaft als die Staatsrechtslehrervereinigung, die ja geradezu von einem Reputations-Wettbewerb lebt? Wenn ich also hinfort gefragt würde, was der Vorstand der Vereinigung eigentlich ist, so würde ich in der Wortwahl von Herrn Potacs sagen: Ein legitimierter Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 345

Arrangeur für einen Reputations-Wettbewerb, der jährlich in verschie- denen Arenen mit mehr oder weniger Eleganz ausgetragen wird.

Pitschas: Zunächst hat mir an dem Referat von Herrn Potacs gut gefal- len, dass er im vierten Abschnitt seiner Überlegungen auf die Möglich- keiten der Effizienzsteigerung durch Wettbewerb eingegangen ist. Es sind insbesondere die Thesen 12 und 13, die mir von Bedeutung zu sein scheinen. Die erste Frage, Herr Potacs, die ich an die beiden Thesen an- knüpfen möchte, will herausfinden, worauf Sie denn Ihren Prüfungs- auftrag der Verwaltung stützen, ob hinsichtlich der Gemeinwohlerbrin- gung von Effizienz die Rede sein kann. Denn in der These 12 haben Sie ausgeführt, es könnten wirtschaftliche Grundrechte verantwortlich für diesen Prüfungsauftrag sein, aber sich nicht festgelegt. Wenn dem so ist, könnte es vielleicht die objektive Grundrechtsfunktion z.B. von Art. 12 GG sein, die dann im Gesundheitsmarkt die Krankenhäuser ge- genüber den niedergelassenen Ärzten bevorzugen lässt, oder woher kommt dieser Prüfungsauftrag? Sie verhelfen zwar mit der Annahme des Prüfungsauftrags dem Optimierungsgebot als Verwaltungsmaßstab, als rechtlichen Handlungsmaßstab der Verwaltung zu einem gewissen Anwendungsvorrang; aber die Frage ist doch dann, was meint dieser Optimierungsmaßstab präzise? Woran orientiert sich die Optimierung? Gibt es vorgezeichnete Messgrößen? Sie führen eine solche Größe ein, den Kostenvergleich, aber der ist wohl doch zu eng gefasst. Die Ökonomik diskutiert deshalb eher den Übergang zu einem allgemei- nen Abwägungsmaßstab des „Nutzens“. Würde der Nutzen dann ein im Rahmen der Abwägungsdogmatik rechtlich belangvoller Maßstab sein? Herr Kersten hat in seinem Referat dankenswerterweise die Instru- mente der Regulierung behandelt und die Bereiche der Regulierung aufgegliedert, aber er hat – die Nachfrage wird ausgelöst durch die Fi- nanzkrise – nicht die Finanzmärkte genannt. Fallen diese aus dem Re- gulierungsansatz, also aus den sektorspezifischen Besonderheiten der in These 20 genannten Regulierung heraus? Gibt es einen Grund dafür? Finanzmärkte stehen in der Tat in einer gewissen Besonderheit zu den von Ihnen im Übrigen genannten Netzregulierungen, aber es wäre doch interessant, diesen Punkt näher zu verfolgen. An ihm entscheidet sich die Dogmatik der Regulierung. Ich stimme Ihnen im Übrigen sehr gerne zu, dass das Regulierungsrecht zu einer eigenen Abwägungsdog- matik finden muss, aber sind wir dann nicht etwas zu klein im Muster? Denn es geht eigentlich um Legitimationsprobleme und da müsste man dann den Blick doch weiten, z.B. auf den Gemeinsamen Bundesaus- schuss im Gesundheitsrecht, wo sich die Regulierungs-Problematik 346 Aussprache

ähnlich stellt, aber mit großen, übergreifenden Folgenwirkungen. Also Abwägungsdogmatik ja, aber vielleicht nur bereichsbezogen?

Nettesheim: Herr Kersten hat in vorzüglicher Weise drei Wettbewerbs- Modelle vorgestellt und in ihren Implikationen analysiert. Ich würde vorschlagen, über die Reihung und Zuordnung dieser drei Modelle nachzudenken. Mir scheint den eigentlich gedanklichen Ausgangspunkt das zweite von Ihnen genannte Modell zu bilden: der institutionelle Wettbewerb. In diesem Modell geht es in der Sache um die Verteilung von Eigentumsrechten: das Amt, das Verschmutzungsrecht, im Ver- kehrsdienstleistungsrecht ist es die Konzession mit Ausschlussfunktion. Den Wettbewerb um die Erlangung derartiger Rechtspositionen hat Frau Peters gestern beschrieben und abgegrenzt als den Wettkampf um etwas, in dem es einen Sieger und viele Verlierer gibt. Neuere Entwick- lungen im europäischen Verwaltungsrecht belegen in diesem Zusam- menhang, dass das von Herrn Kersten beschriebene Modell noch wei- tere Differenzierungen zulässt. Die neue, demnächst in Kraft tretende Verordnung 1370/07 zum europäischen Verkehrsdienstleistungsrecht enthält eine interessante Regelungsstruktur. Sie regelt zwar nicht unmit- telbar den Verteilungsmodus, will aber sicherstellen, dass jedenfalls mit Blick auf die Vergabe Fairness herrscht: Die Freiheit der Mitgliedstaa- ten wird mit Blick auf die zu begründende Gemeinwohlverpflichtung und den Ausgleich beschränkt. Ein Markt muss nach dieser Verord- nung aber nicht hergestellt werden. Erst auf einer zweiten Ebene liegt dann das Modell, das Herr Kersten den Regulierungswettbewerb nennt, nämlich die Herstellung eines Marktes. Und auf dritter Ebene liegt die Frage, wie sich die Einzelnen in einem zu optimierenden Wettbewerb im Markt zu verhalten haben. Aus eher verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Perspektive stellt sich natürlich die Frage, wie der Übergang zwischen diesen drei Modellen geregelt ist. Man wird davon ausgehen müssen, dass dies im Wesentlichen eine politische Frage ist. Wer – ich erlaube mir noch ein- mal, darauf zurück zu kommen – die Genese der Verordnung 1370/07 im Verkehrsdienstleistungsrecht vor Augen hat, sieht deutlich, in wel- chem Umfang und Ausmaß über die Frage der Herstellung von Wett- bewerb und die Grenzen, die man politisch hinzunehmen bereit war, politisch gestritten wurde. Gibt es aber nicht gemeinschaftsrechtlich oder verfassungsrechtlich dann doch noch weitergehende Öffnungspflichten? Immerhin wird eu- roparechtlich aus Art. 10 in Verbindung mit Art. 81, 82 EGV immer wieder abgeleitet, dass es im Übergang von der ersten und zweiten Stufe, so wie ich es jetzt konzeptionalisiert habe, durchaus Öffnungs- Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 347 pflichten gibt. Auch vom Europäischen Gerichtshof ist dies jedenfalls angedeutet worden. Bekanntlich wird auch mit Blick auf die von mir er- wähnte Verkehrsdienstleistungsverordnung darüber diskutiert, inwie- weit aus Art. 12 GG eine Pflicht zur Herstellung von Wettbewerb abge- leitet werden kann. Diese Frage stellt sich, weil die Verordnung in zwei Klauseln darauf verweist, dass die Mitgliedstaaten dort, wo es verfas- sungsrechtlich geboten ist, dann doch eben nicht völlig frei in der Ver- teilung von Verkehrsrechten sind. Mir scheint die Klärung der Frage, inwieweit Art. 12 GG eine Pflicht zur Herstellung von Märkten begrün- det, eines der großen Desiderate der Grundrechtsdogmatik zu sein.

Meessen: Ich möchte etwas zum europäischen Recht sagen, das durch den more economic approach eine neue Interpretation, wenn nicht einen anderen Inhalt erhalten soll. Hieran hat, meine ich, Herr Kersten ganz zu Recht eine rechtsstaatliche Sonde angelegt. Wenn man sich zunächst einmal dieses Erfordernis der Konsumen- ten-Wohlfahrt im Rahmen des Gemeinwohl-Ziels des Wettbewerbs an- sieht, dann ergibt sich materiell-rechtlich im Rahmen von Art. 81 Abs. 3 EGV, also der Ausnahme zum Verbot wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens, kein Problem. Das Problem steckt insofern eher im Verfah- rensrechtlichen. Worauf stützt sich die Ermächtigung der Kommission, ihren neuen Ansatz durchzusetzen? Soweit sie – das ist ja teilweise so geschehen – entsprechende Vorschläge von Gruppenfreistellungs-Ver- ordnungen vorgelegt hat, ist das völlig in Ordnung. Aber darüber hi- naus kann sie die Auslegung bestenfalls im Sinne einer Selbstbindung, von der bei neuen Umständen abgewichen werden kann, beeinflussen. Entscheidend wäre aber die Frage, ob und inwieweit die Kommission nach der Verfahrensverordnung eine Möglichkeit hat, die Mitgliedstaa- ten, die ja jetzt primär Art. 81 und 82 EGV anwenden sollen, zu binden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, was soll Konsumenten-Wohl- fahrt im Rahmen von Art. 81 Abs. 1 EGV und im Rahmen von Art. 82 EGV als Eingriffsvoraussetzung bedeuten. Soll dort Konsumenten- wohlfahrt, die ja nur ein Ausschnitt allgemeiner Wohlfahrt darstellt, eine Einengung des Vollzugs bewirken? Die British Airways-Entschei- dung, die Sie erwähnt haben, Herr Kersten, zu Art. 82 EGV spricht eher dafür, die Konsumenten-Wohlfahrt nicht als unabdingbares Ele- ment der Bezeichnung eines Verhaltens als wettbewerbsbeschränkend anzusehen, und ich würde hoffen, dass sich dieser dem Vertragstext entsprechende Standpunkt auch durchsetzt. Von der überbewerteten Konsumenten-Wohlfahrt abgesehen ist der more economic approach eine Tüte voll Sand, und zwar Sand in der Hand von Anmeldern von Zusammenschlüssen. Der more economic 348 Aussprache approach hat schon jetzt dazu geführt, dass die Kommission nicht nur einen chief economist, sondern einen chief economist mit einer Drei- ßig-Personen-Abteilung hat. Die Kommission arbeitet bei Anmeldungen unter äußerstem Zeitdruck. Das kann genutzt werden durch möglichst komplizierte ökonomische Darstellungen. Es ist sicher eine Arbeits- beschaffung für unsere befreundete ökonomische Wissenschaft. Ob es dem Kartellrechts-Vollzug dient, frage ich mich aber.

Ruffert: Ich möchte drei Bemerkungen machen, zunächst zu den Grundrechten. Ich fand es sehr wichtig, dass bei Herrn Kersten hervor- gehoben wurde, dass der Wettbewerb nicht nur eine Gemeinwohlori- entierung hat, sondern auch dazu dient, Grundrechte zu verwirklichen, nämlich die wirtschaftlichen Grundrechte der beteiligten Grundrechts- subjekte. Dies gilt für alle der drei Kategorien von Herrn Kersten. Die Grundrechte stehen im zu optimierenden Wettbewerb im Mittelpunkt. Die unsichtbare Hand wirkt nur über die Grundrechtsausübung. Auch im instrumentellen Wettbewerb spielen sie eine Rolle und werden dort in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu wenig her- vorgehoben. Ich denke dabei an die Entscheidung zum Vergaberecht. Auch im Regulierungsbereich haben die Grundrechte eine besondere Bedeutung, und dort liegen auch weitere Gefahren eines Regulierungs- ermessens, wenn man es nicht in irgendeiner Weise dogmatisch ein- hegt. Für meine zweite Bemerkung hat Herr Meessen den Weg bereitet, und so passt es gut, dass ich gleich im Anschluss an ihn sprechen kann. Dieser more economic approach ist eine sehr unglückliche und gefähr- liche Entwicklung in der Kartellrechtspraxis. Wir verdanken diesem approach etwa auch die „Rettung“ unseres gebührenfinanzierten Rund- funks mit allen Implikationen. Ob der in dieser Sache geschlossene Vergleich wirklich rechtmäßig ist, wird niemand prüfen, was bei einem Vergleich üblich ist. Er hält die Dinge rechtlich offen. Ein wenig Hoff- nung gibt es vom Europäischen Gerichtshof aus einer Entscheidung im Juni zum niederländischen Telekommunikationswesen, die ich hier na- turgemäß nicht näher referieren kann (Nachtrag: EuGH, Urteil vom 4. 6. 2009, Rs. C-8/08, T-Mobile Netherlands). Hier scheint mir der Gerichtshof mit einer gewissen Deutlichkeit vom Ansatz der Konsu- mentenwohlfahrt, einer besonderen Ausprägung des more economic approach, den Herr Meessen eben erwähnt hat, abzurücken. Wollen wir es hoffen! Daran schließt sich meine dritte Bemerkung an. Ich meine, dass sich in diesem more economic approach auch eine gewisse Hybris zeigt, durch Verwaltungsrecht oder durch Verwaltungshandeln, also durch Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 349 staatliches Handeln wirtschaftliche Prozesse lenken zu können. Hayeks Formel vom Wettbewerb als Entdeckungsverfahren ist hier schon mehrfach erwähnt worden. Woher soll eigentlich die Kommission wis- sen, was für den Konsumenten gut ist? – Herr Potacs hat eingangs die Finanzmarktkrise thematisiert; Herr Kirchhof hat sie noch einmal er- wähnt. Dabei scheint es mir wichtig zu sein, dass man jetzt nicht reflex- artig die Richtung wechselt und Markt und Wettbewerb in den Hinter- grund drückt, sondern es ist sehr sorgfältig zu analysieren, welche Elemente des Marktversagens, aber auch welche Elemente des Staats- versagens zu dieser Krise geführt haben. Ich gebe als Stichworte: ex- pansive Geldpolitik in den USA, Aufsichtsversagen wo auch immer (das klassische polizeirechtliche Aufsichtsrecht/Ordnungsrecht lief of- fensichtlich leer) und zuletzt auch die Aktivität staatlicher Banken in Deutschland, namentlich der Landesbanken.

W. Kahl: Mein Beitrag kann unmittelbar anknüpfen an das, was Mat- thias Ruffert soeben ausgeführt hat. Die Wettbewerbsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist an sich ein potenziell scharfes Schwert. In der Verfassungspraxis der Bundesrepublik Deutschland stellt sie sich gleichwohl eher als stumpfes Schwert dar. Ich würde gerne fragen, wo- ran dies liegen könnte, und dafür zwei ergänzende Aspekte in die Dis- kussion einführen. Erstens: staatliche Informationstätigkeit. Insoweit nimmt das Bun- desverfassungsgericht das Grundrecht der Wettbewerbsfreiheit seit der Glykol-Entscheidung im Grunde nicht mehr ernst. Methodisch wird Art. 12 GG hierzu auf der Ebene eines verengten sogenannten Gewähr- leistungsgehalts mit tatbestandsimmanenten Schranken überzogen und in das weitgehende Ausgestaltungsbelieben des einfachen Gesetzgebers gestellt. Bei Lichte besehen erweist sich dies als eine neue Form sozia- ler Grundrechtstheorie, wie Stefan Rixen in seiner Habilitationsschrift überzeugend dargelegt hat. Diese neue soziale Grundrechtstheorie hat eine klare antiökonomische Stoßrichtung. Verfassungsrechtlich ist sie meines Erachtens indes unhaltbar, weil sie Wortlaut und Systematik des Grundgesetzes verfehlt. Artikel 14 Abs. 1 GG ist ein normgeprägtes Grundrecht, Art. 12 GG nicht. Art. 14 GG nennt explizit eine Sozial- pflichtigkeit der Freiheit, Art. 12 GG nicht. Für die richterliche Kon- trolle hat dieser Neuansatz erhebliche, negative Konsequenzen. Sie fin- det nämlich praktisch nicht mehr statt. Die Rechtfertigung dieser Praxis mit funktionellrechtlichen Argumenten kann dabei nicht überzeugen, weil dasselbe Gericht bei anderen Grundrechten, wie etwa den Persön- lichkeitsrechten, durchaus sehr akribisch und genau hinsieht. Es irrt aber im Einzelfall nicht nur der Anti-Terrorgesetzgeber (und bedarf da- 350 Aussprache her der Kontrolle) – es irrt auch der Wirtschaftsgesetzgeber, etwa der sozialversicherungsrechtliche Reformgesetzgeber, der Regulierungs- gesetzgeber und der mitunter hyperaktive Gesetzgeber, der auf die Finanz- und Wirtschaftskrise reagiert. Folglich sollte aber in den ver- schiedenen Freiheitsbereichen nicht länger mit zweierlei Maß gemessen werden. Zweitens: Gemeindewirtschaftsrecht. In diesem Bereich hat bekannt- lich der einzelne private Wettbewerbsteilnehmer eine gleichfalls sehr schwache Position, weil die Zivilgerichtsbarkeit sich aus der Kontrolle des Marktzutritts öffentlicher Konkurrenten zurückgezogen hat und die Verwaltungsgerichtsbarkeit diesen Rechtsschutz ihrerseits bislang über- wiegend auch nicht gewährt, weil sie die Klagebefugnis weder kommu- nalrechtlich noch auf der Grundlage von Art. 12 GG in seiner normin- ternen oder normexternen Wirkung für gegeben hält. Demgegenüber lassen sich dem Referat von Jens Kersten zwei wichtige Gegenthesen entnehmen, die es festzuhalten gilt: (1) Die Wettbewerbsfreiheit ist kein institutionelles Grundrecht, sondern sie ist ein klassisches, individuelles Freiheitsrecht. (2) Auch die staatliche Regulierung stellt grundsätzlich einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG dar und ist daher rechtfertigungsbedürftig. Beide Thesen bilden eine gute Grund- lage für eine notwendige Reaktivierung der Wettbewerbsfreiheit und der Berufsfreiheit allgemein in der deutschen Grundrechtsdogmatik. Hieran anknüpfend hätte ich zwei Fragen an beide Referenten. Wie würden Sie den von mir für Deutschland dargestellten Befund in der rechtsvergleichenden Perspektive bewerten? Handelt es sich bei der dargestellten Wirkungsschwäche der Wettbewerbsfreiheit („stumpfes Schwert“) um einen deutschen Sonderweg oder vielleicht sogar um den Regelfall in Europa? Diese Frage richtet sich besonders an Herrn Po- tacs, mit der Bitte um Vertiefung der österreichischen Sicht. Die zweite Frage zielt auf die Wettbewerbsfreiheit als EU-Grundrecht. Es ist ja er- staunlich, dass dieses Grundrecht, obwohl es in Gestalt der Unterneh- merfreiheit ausdrücklich in der EU-Grundrechte-Charta normiert ist, ein solches Schattendasein führt, wie Jens Kersten berichtet hat. Hier scheint mir interessant, nach den Gründen zu fragen, warum eine tra- ditionell in besonderem Maße wettbewerbsbasierte Rechtsordnung meint, auf einen individuellen Grundrechtsschutz durch die Wettbe- werbsfreiheit weitgehend verzichten zu können.

Ress: Ich möchte auf die Frage von Herrn Grimm zurückkommen, die Herr Potacs behandelt hat. Welche Aufgaben des Staates lassen sich ei- gentlich auch als allgemeine Aufgaben in eine Wettbewerbsordnung ausgliedern? Mir scheint, dass dafür die von Ihnen angegebenen Krite- Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 351 rien, die Sie in der These 6 und 7 mit dem Rückzug auf eine staatliche Gewährleistungsverantwortung umschrieben haben, nicht klar genug die Grenzen einer solchen, doch für den Bürger in seiner Rechtsstel- lung, auch Grundrechtsstellung radikalen Konsequenz darlegen. Ich glaube, dass der Ersatz, der angeboten wird, nämlich eine effiziente, auf rationale Ergebnisgewinnung ausgerichtete Verwaltung, nicht ausreicht. Effizienz ist in meinen Augen nicht das Eigentliche, die eigentliche staatliche Kategorie, wenn man sie als wirtschaftliche Effizienz versteht, sondern es kommt hinzu, was mit Max Webers Zitaten schon gestern anklang: Verlässlichkeit, Sicherheit, Vertrauen. Alles dies sind Aspekte, die bei der Frage der Ausgliederung staatlicher Aufgaben in eine private Wettbewerbsverwaltung geprüft werden müssen. Es ist angeklungen hier in der Diskussion, dass der Aspekt der allgemeinen Aufgaben auch im EG-Recht zu einer langen Diskussion etwa über die Frage der Stel- lung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geführt hat, auch zur Ab- grenzung der Gebühren von Beihilfen. Auch hier ist die Umschreibung der allgemeinen Aufgabe parallel zu dem, was Herr Potacs vorher zur Ausgliederung gesagt hat, in meinen Augen nicht völlig klar. Ich ver- misse ein präzises Kriterium. Die Verlagerung in die private Wettbe- werbs-Sphäre, das hat Herr Potacs in seiner These 21 sehr treffend be- schrieben, hat eine Verdünnung des Rechtsschutzes zur Folge. Unter diesem Aspekt müsste meiner Ansicht nach die Frage in jedem Einzel- fall geprüft werden, inwieweit die Verdünnung des Rechtsschutzes eine derartige Verlagerung rechtfertigt. Bei Herrn Kersten ist angeklungen, dass z.B. zur Deutschen Bahn praktisch kein Wettbewerber existiert. Das gibt es auch in vielen anderen Bereichen. Ich würde behaupten, auch zum Postdienst ist es schwer, sich wirklich einen effizienten Wett- bewerber vorzustellen. Unsere kleinen Dienste, die da existieren, kön- nen diese Funktionen nicht wahrnehmen. Und wenn es keinen effizien- ten Wettbewerber gibt, dann stellen sich in der Tat meiner Ansicht nach Probleme der Ausgliederungsrechtfertigung.

Gallwas: Ich verdanke Herrn Kirchhof das Stichwort für das, was ich sagen möchte, nämlich: Wettbewerb zu Lasten Dritter. Hier scheint mir tatsächlich ein ganz wesentliches Problem zu liegen. Es geht ja nicht nur um Art. 12 GG im Hinblick auf die beteiligten Unternehmer, sondern auch um die Grundrechte Dritter. Wenn wir die Konfliktsituation zwi- schen einem optimierten und instrumentalisierten Wettbewerbs einer- seits und den Drittinteressen andererseits haben, dann stehen wir vor dem klassischen Grundrechtskonflikt zwischen Gemeinwohlrealisie- rung und Individualinteresse. Und das führt uns zu der Frage, die auf einer früheren Tagung von Frau Weber-Dürler behandelt worden ist, 352 Aussprache und zwar: wie wirken Grundrechte dann, wenn es sich nicht um einen klassischen Eingriff handelt, sondern um Beeinträchtigungen in ande- ren Konstellationen, in anderen Handlungsmodalitäten. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Gegenstände der Passauer und der St. Gallener Tagung hinweisen, wo wir bereits darüber nachgedacht ha- ben, zu welchen Problemen der Gewährleistungsstaat für die Grund- rechte führt; und, gestatten Sie mir das in aller Bescheidenheit zu sagen, wir hatten ja auch schon mal in Speyer darüber gesprochen, inwieweit die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private an den Grund- rechtsgewährleistungen vorbeigeht. Ich habe es damals mit der Denk- figur einer Garantenpflicht des Staates versucht: Wo sich der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben Privater bedient, hat er den Drittbetroffenen so zu stellen, wie dieser stehen würde, wenn der Staat die Aufgabe selbst erledigte. Und dann noch ein praktisches Beispiel für Ihre Vor- stellungen und Ideen: Denken Sie bitte auch an das SGB VIII. Dort fin- den Sie die Regelung, dass Private Aufgaben der Jugendwohlfahrt er- füllen. Dabei sind sie von Gesetzes wegen einem Regulierungsziel und Regulierungsinstrumenten unterworfen. Für die Privaten gibt es inso- weit die Besonderheit, dass ihnen nicht erst bei einer Beeinträchtigung des Kindeswohls die Konzession entzogen wird, sondern hierfür schon die Gefährdung des Kindeswohls ausreicht. Ich finde, die Vorverlage- rung des Schutzes Dritter ist ein gutes Beispiel für das Erfordernis be- sonderer Vorkehrungen zum Schutze Dritter bei der Erfüllung hoheit- licher Aufgaben oder Verwaltungsaufgaben durch Private.

Holoubek: Eine Spontan-Wortmeldung von Herrn Häberle.

Häberle: Ich darf unmittelbar anknüpfen an die Bemerkung von Herrn Gallwas, der auf die Passauer Tagung verwies. Dort ging es um die Ein- heit der Verwaltung. Referenten waren meines Wissens Herr Bryde, kann das sein? und Herr Haverkate, und ich bitte zu fragen die beiden eindrucksvollen Kollegen – nebenbei, ich bin froh, dass ich Emeritus bin, weil ich unfähig wäre, alles zu lernen und zu lehren, was Sie heute so eindrucksvoll vorgetragen haben – ich stelle die Frage: Wo bleibt die Einheit der Verwaltung, die wir damals als großes Tagungsthema disku- tiert haben, angesichts der subtilen Herausverlagerung und Differenzie- rungsprozesse, Netzwerke und ähnlicher Dinge? Mein altes Gehirn würde das wenigstens jetzt noch lernen wollen, ohne es mehr lehren zu können.

N. Weiß: Ich habe eine ganz kurze Frage, die sich gut anschließt an das, was Herr Ress und Herr Gallwas gerade gesagt haben. Sie haben beide Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 353

über staatliches Handeln gesprochen und der Bürger kam nicht aus- drücklich vor. Ich habe ihn immer im Gemeinwohl mitgemeint ver- mutet, aber die Frage, die sich mir dann gestellt hat: resultiert aus die- ser Form des wettbewerblichen Handelns des Staates selbst, der Ermöglichung von Wettbewerb und des Wirkens im Wettbewerb, eine besondere Schutzbedürftigkeit des Bürgers, aus der bestimmte Rechts- schutzanforderungen folgen? Oder gibt es eine konkrete Schutzverant- wortung des Staates auch schon in diesem Prozess? Wie steht es um Beteiligungsrechte des Bürgers?

Lege: Fünf Randbemerkungen. Sie betreffen vor allem den Wettbewerb als „staatliche Veranstaltung“ (im Allgemeinen Landrecht hieß es so schön „Veranstaltung des Staates“, wie noch heute in der polizeilichen Generalklausel). – Bemerkung eins zu Herrn Potacs’ These 18: Sie sprechen dort von der Verwaltung als „aktiv stimulierender Instanz“ für den Wettbewerb. Ich muss gestehen, mich erinnert das ein bisschen an die DDR, jedenfalls an Planwirtschaften, und vom Ziel her an den Wohlfahrtsstaat, an den Staat, der die Bürger glücklich machen will. – Zweite Bemerkung: Herrn Kerstens These 5, die Herr Meessen schon angesprochen hat, scheint mir in eine ähnliche Richtung zu gehen, indem Konsumentenwohlfahrt eine Art Staatsziel bildet. – Dritte Be- merkung: Die Konsumenten-Wohlfahrt erinnert mich wiederum an die Diskussion gestern Nachmittag über die Demokratie, die angeblich in Arenen stattfindet. Muss man sich dann das Publikum, also die Staats- bürger, als Politik-Konsumenten vorstellen in einem Gladiatoren- kampf? Ich glaube, dass dieses Paradigma fragwürdig ist und möchte dazu einen Zivilrechtler zitieren, nämlich den geschätzten Kollegen Bo- ris Schinkels aus Greifswald: „Was soll man von einem Gesellschafts- vertrag halten, der von Verbrauchern geschlossen wird?“ Vierte Bemerkung, Herr Kersten, zu Ihrer These 7: Dort geht es um den Nachweis eines Marktteilnehmers – wenn ich es recht verstanden habe – dass ein Suboptimum für den Markt doch das Optimum für das Gemeinwohl ist. Für mich stellt sich dann die Frage (sie ist ebenfalls schon angeklungen): Kann man das ökonomisch überhaupt nachwei- sen? Die zweite Frage: Wer kann es? Und die dritte Frage: Wie verhin- dert man Korruption? – Fünfte Randbemerkung: Ich möchte Herrn Kahl in einem Punkt sehr entschieden widersprechen, nämlich darin, dass die Wettbewerbsfreiheit eine urtümliche Freiheit sei wie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit oder dergleichen. Auch der Markt ist nämlich, genau betrachtet, eine „Veranstaltung des Staates“. Es gibt keinen Markt ohne Marktveranstalter, ein solcher „Markt“ wäre vielmehr Freibeuterei. Und deshalb ist ein Eingriff in die Wettbewerbs- 354 Aussprache freiheit, soweit er auf regulierten Märkten stattfindet, eben erst ein Ein- griff – sagen wir – zweiter oder dritter Ordnung (Herr Gallwas, das folgt Ihrer Richtung). Und deshalb sind z.B. Universaldienst-Abgaben auf dem Post- oder Telekommunikationsmarkt nicht so zu beurteilen wie Sonderabgaben nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- gerichts, sondern wie eine Art Beitrag zu der Veranstaltung „regulierter Markt“. Letzte Bemerkung. Große Zustimmung zu Herrn Kerstens These, dass man die Abwägungsfehlerlehre des Planungsrechts nicht auf das Regulierungsrecht übertragen sollte, und zwar schon deshalb, weil diese hochausdifferenzierte Abwägungsfehlerlehre größtenteils ein eher sinnloses Konstrukt ist – man erwischt ohnehin nur die „dicken Hunde“. Gerade die Leitentscheidung im 34. Band des Bundesverwal- tungsgerichts hätte man sehr viel schlichter lösen können: Wenn eine Gemeinde einen Bebauungsplan allein zu dem Zweck aufstellt, einem verschuldeten Bauern das Ackerland zu vergolden, dann ist das keine gerechte Abwägung.

Frowein: Ich möchte zwei wohl eher banale Fragen stellen. Wettbewerb hat ja viel mit Geldverdienen zu tun und es ist ja deutlich, dass die ju- ristischen Personen des öffentlichen Rechts hier selber auch intensiv tä- tig sind. Zwei Fälle: Einmal die Tätigkeit der deutschen Landesbanken, juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die zu den größten Ver- lierern der Finanzkrise gehören. Was hat hier nicht funktioniert? Zweite Frage, die mich stärker interessiert: Wie ist es mit den Kommunen und Kommunalverbänden, die ihre Daseinsvorsorge-Einrichtungen in die USA veräußert haben und zurückgeleast haben mit evidenten Risiken? Nach meiner Kenntnis haben nur die Kommunalaufsichtsbehörden des Landes Schleswig-Holstein und eines anderen Bundeslandes, das im Moment bei mir nicht präsent ist, dieses kommunalaufsichtsrechtlich verhindert. Dagegen haben Baden-Württemberg und viele andere Län- der geglaubt, enorme Gewinne machen zu können, die sich in enorme Verluste verwandelt haben.

Wißmann: Ich möchte zwei Bemerkungen machen, die an die Systema- tisierungsleistung von Herrn Kersten anschließen. Zunächst zur Ver- fertigung des Regulierungsermessens: Es ist sofort überzeugend, dass es hier nicht eine umfassende Bereichslösung geben kann in dem Sinne „Wo Regulierung drauf steht, ist Regulierungsermessen drin“. Ich möchte aber doch den hier zu beobachtenden Prozess gegen die Kritik, die im Referat anklang, im Grundsatz verteidigen, und zwar sowohl im Hinblick auf den dahinterstehenden Ansatz als auch auf den gewählten Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 355

Modus. Also: In Einzelfragen findet unter dem Stichwort des „Regulie- rungsermessens“ eine Abweichung von unserem gewohnten Muster einer gerichtlichen Vollkontrolle der exekutiven Gesetzesanwendung statt. Mit etwas Distanz zu unseren fest eingeübten Sichtweisen müssen wir nun zunächst feststellen, dass dieses Modell historisch und rechts- vergleichend eher eine Besonderheit darstellt. Es gibt dafür allerdings gute Gründe, von denen die gleichmäßige Gesetzesanwendung durch Verwaltung und Gericht hervorzuheben ist. Sie hat eine starke funktio- nale Logik, weil sie die Beteiligten wechselseitig diszipliniert und die Arbeitsweise der Verwaltung bestimmen kann. Verfassungsrechtlich ist ein solches Modell aber nicht Eins zu Eins vorgegeben, gefordert ist – auf einer anderen Ebene liegend – vielmehr effizienter Rechtsschutz. Deswegen kann man Modifizierungen gegenüber unserem Grund- modell dort anbringen, wenn der effektive Rechtsschutz durch andere Mechanismen sichergestellt wird, insbesondere durch eine ergebnis- relevante Verfahrenskontrolle. Im Bereich der Regulierung ist der Ansatzpunkt nun meines Erach- tens: Die heilsame Reduzierung von Komplexität, die sonst immer stattfindet in dem Modell der gleichläufigen Anwendung des Gesetzes in Verwaltung und Gericht, funktioniert dort nicht. Die Richter können zum einem mit dem Datenmaterial nicht in gleicher Weise umgehen wie etwa die Bundesnetzagentur, schon von der Masse her, auch von den zugrundeliegenden ökonomischen Modellen. Das heißt, es ist für die Kontrolle der Verwaltungsentscheidungen die bewusste Umstellung auf eine Außenperspektive notwendig. Und dort scheint mir der An- schluss an das Planungsermessen, an die Planungskontrolle, ein nahe- liegender Ausgangspunkt zu sein. Zunächst ganz pragmatisch deshalb, weil das Bundesverwaltungsgericht sich natürlich daran orientiert, was es in anderen Sonderbereichen ausgearbeitet hat. Ich würde den ent- sprechenden Prozess als Transformation bekannter Rechtsfiguren anse- hen, nicht als Parallelisierung. Dazu gehört dann auch, dass dogmatisch weitergearbeitet werden muss im Sinn einer bereichsspezifischen Aus- differenzierung. Die zweite Bemerkung zielt auf die These 19, die verfassungsrecht- liche Vorgabe von reguliertem Wettbewerb. Für mich stellt sich eine gegenläufige Leitfrage: Kann die Verwaltungsrechtswissenschaft, wenn sie, wie hier heute geschehen, staatliches Handeln systematisiert, auch Orientierung geben, für welche Felder staatlicher Tätigkeit eine Öff- nung für wettbewerbliche Prozesse rechtspolitisch Sinn macht, weil Funktionsvoraussetzungen des Wettbewerbs erkennbar werden? Wie steht es konkret etwa bei bestimmten Bereichen im Gesundheits- oder Sozialrecht? 356 Aussprache

Holoubek: Eine Spontan-Wortmeldung von Herrn Schneider.

H.-P. Schneider: So hilfreich Ihre Unterscheidung zwischen instrumen- tellem und reguliertem Wettbewerb ist: Wie lassen sich diese analyti- schen Kategorien auf komplexere Systeme übertragen? Ich denke hier an die Alterssicherung. Wir haben ja hier eine Vielfalt von Systemen: gesetzliche Rentenversicherung, berufsständische Versorgungswerke in Form von körperschaftlicher Selbstverwaltung, Betriebsrentensysteme, private Rentenversicherungen sowie Mischformen (Stichwort Riester- rente), wo wir überall Wettbewerb finden. Ist es nicht so, dass bei kom- plexeren Staatsaufgaben diese Kategorien doch eher nur theoretischen Wert haben, aber in der Praxis nicht sehr viel taugen?

Holoubek: Noch einmal spontan, Herr Gallwas.

Gallwas: Mein Gedächtnis hat mich ein wenig im Stich gelassen. Frau Weber-Dürler hat nicht in Passau gesprochen, sondern in einer anderen bedeutenden Stadt, die – wie gesagt – meinem Gedächtnis entfallen ist. Aber ich wollte noch etwas Weiteres hinzufügen: Vielleicht könnten Sie in ihre Überlegungen auch die Dimension Zeit einbeziehen. Die Probleme des Wettbewerbs zu Lasten Dritter zeichnen sich womöglich im Moment der Regulierung noch nicht in vollem Umfang ab, sondern erst Laufe des Regulierten. Insoweit bedarf es kontinuierlicher Beob- achtung und gegebenenfalls einer Nachsteuerung.

Groß: In beiden Referaten ist das Thema der demokratischen Legitima- tion insbesondere in Bezug auf die Regulierungsbehörden angesprochen worden. Beides Mal sind allerdings nur zwei Instrumente thematisiert worden, nämlich die gesetzliche Bindung, also gesetzliche Vorgaben für die Regulierungsbehörde, und das Einzelweisungsrecht, insbesondere bei Herrn Kersten. Das sind aber bei weitem nicht alle bekannten Legitimationsinstrumente. Es gibt etwa bei der Bundesnetzagentur eine besondere personelle Legitimation durch die Auswahl der Leitung und die Befristung ihrer Amtszeit. Es gibt ein besonders elaboriertes Ver- fahren, Stichwort Legitimation durch Verfahren. Es gibt eigene Bericht- spflichten und gerade diese Berichtspflichten bestehen explizit auch gegenüber dem Parlament, so dass eine besondere Verantwortung jetzt nicht über den Umweg des Ministers, sondern direkt gegenüber dem deutschen Parlament besteht. Und die Frage ist, ob nicht gerade in einem solchen – wie wir es ja vielfach diskutiert haben – dynamischen, komplexen Aufgabenfeld wie der Marktregulierung sowohl der Gesetz- geber wie auch ein fernes Ministerium in Berlin gar nicht in der Lage Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 357 sind, die Analysen, die die Regulierungsbehörden vornehmen, entwe- der zu antizipieren als Gesetzgeber, oder im Einzelfall zu kontrollieren und zu beeinflussen, wie das ein Ministerium sonst vielleicht machen kann. Ist das nicht ein starkes, aus der Sachaufgabe stammendes Argu- ment für jedenfalls ein anderes Verständnis von gesetzlicher Regulie- rung, das stärker mit Zielvorgaben arbeitet, und vielleicht ein Argu- ment für eine stärkere Abkoppelung von der politischen Ebene? Dafür spricht übrigens noch ein zweites Argument. Die Regulie- rungsbehörden sind ja in den einzelnen Aufgabenbereichen unter- schiedlich, aber doch meistens in einen europäischen Regulierungsver- bund eingebunden, mit inzwischen zum Teil starken Einflussrechten anderer Regulierungsbehörden und der Kommission. Gerade deshalb schreiben die europäischen Richtlinien die Unabhängigkeit vor, um na- tionale und damit eben auch partikulare Einflüsse auf die Regulierung eher zu reduzieren. Und wenn man das weiter denkt, muss nicht so eine nationale Regulierungsbehörde gerade auch dem europäischen Gesetz- geber gegenüber verantwortlich sein und nicht einem nationalen Minis- terium?

Mehde: Mir geht es auch um die demokratische Legitimation und ins- besondere die Frage des Einzelweisungsrechts. Ich habe keinen Zwei- fel, dass es ein Einzelweisungsrecht nach deutschem Verfassungsrecht stets geben sollte, jedenfalls ein ministerialfreier Raum sehr problema- tisch ist. Dennoch verlangen aber die europäischen Richtlinien die Un- abhängigkeit der Bundesnetzagentur. Das Regulierungsverwaltungs- recht fügt sich zwar in das deutsche Verwaltungsrechtssystem ein, aber gleichzeitig handelt es sich um einen sehr besonderen Regelungsbe- reich. Dieser Regelungsbereich ist nicht nur dadurch gekennzeichnet, dass man Wettbewerb erst einmal herstellen muss, sondern insbeson- dere dadurch, dass einer der Wettbewerber in staatlichem Eigentum steht. Der Staat ist dort als Unternehmer tätig und der Staat ist als Eigentümer rechtlich vorgesehen. Art. 87e Abs. 3 GG verlangt, dass der Bund Mehrheitseigentümer bleibt, soweit das Netz der Deutschen Bahn betroffen ist. Das heißt, das Grundgesetz selbst konzipiert Eigen- tumsrechte als Einflussnahmemöglichkeit, als eine Steuerungsressource des Staates. Und wenn das so ist, dass selbst das Grundgesetz den Staat als Eigentümer konzipiert und das Eigentum als eine Einflussnahme- möglichkeit vorsieht, muss man doch konzedieren, dass das für die Re- gulierung eine besondere Herausforderung ist, dass Regulierung euro- parechtlich vor diesem Hintergrund zu sehen ist. Die Unabhängigkeit, die vom europäischen Recht verlangt wird, ist also eine Reaktion auf eine strukturelle Gefährdung des Wettbewerbs. Andere Regulierungs- 358 Aussprache optionen sind dort sehr schwer zu finden, wenn man nicht auf europäi- scher Ebene ein Privatisierungsgebot sehen möchte, was hier wohl kaum mehrheitsfähig wäre. In diesem Spannungsfeld zwischen Unab- hängigkeit auf der einen Seite und der eigentlich notwendigen Einzel- weisungsbefugnis der Ministerien auf der anderen Seite hat sich der deutsche Verfassungsstaat in eine Zwickmühle gebracht und wir wissen, dass man aus einer Zwickmühle kaum heraus kommt, ohne Regeln zu brechen.

Holoubek: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Diskussion angelangt. Das Schlusswort haben die Referenten.

Kersten: Ganz herzlich möchte ich mich für die vielen Anregungen und auch für die kritischen Anmerkungen bedanken. Zugleich bitte ich um Verständnis, dass ich schon aus Zeitgründen nicht zu allen Fragen Stel- lung nehmen kann. Vielleicht darf ich zunächst die Frage von Herrn Kirchhof aufgreifen: Als ich das Thema übernommen habe, dachte ich mir: Das ist wunder- bar. Ich werde in meinem Vortrag über Freiheit sprechen. Denn Wett- bewerb soll ja Ausdruck von Freiheit sein. Als ich mich sodann in das Thema eingearbeitet hatte, musste ich jedoch feststellen, dass in den Wettbewerbsordnungen von Freiheit gar nicht mehr viel übrig bleibt, weil der Wettbewerb hyperreguliert oder nicht einmal als Grundrecht anerkannt ist. Insbesondere letzteres hat mich im Hinblick auf die Eu- ropäische Union als einer Wirtschaftsgemeinschaft sehr gewundert. Diese Verwunderung berührt auch die Fragen, die Herr Schuppert und Herr Nettesheim gestellt haben: Wie sind die Kategorien des opti- mierten, instrumentellen und regulierten Wettbewerbs entstanden? Sie sind aus der Not geboren. Ich habe mir zunächst überlegt, dass Wettbewerb eine Freiheit ist und dass es sodann – quasi als Gegenteil – Wettbewerb als Instrument gibt. Dies hat mich zugleich zu einer dritten Kategorie geführt: dem Wettbewerb „zwischen“ Freiheit und Instru- ment. Diese Kategorisierung – und dies betrifft den Einwand von Herrn Schneider hinsichtlich des Realitätsbezugs dieser Typenbildung – erschien mir jedoch zu symmetrisch und deshalb die Wettbewerbswirk- lichkeit nicht zu treffen. Gerade um diese Wettbewerbswirklichkeit besser abzubilden und eine allzu symmetrische Typisierung von Wett- bewerbsordnungen zu vermeiden, habe ich mich für die Unterschei- dung von optimiertem, instrumentellem und reguliertem Wettbewerb entschieden. Wie steht es um die Versteigerungen? Ich halte die Versteigerungen von UMTS-Frequenzen für verfassungswidrig. Dabei bin ich mir be- Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 359 wusst, dass diese Auffassung hier in diesem Raum sehr umstritten ist. Zugleich muss man aber auch sehen, dass es Konstellationen gibt, in denen ökonomische Instrumente wie die Versteigerung ein durchaus angemessenes Handlungsinstrument sind. Dies gilt jedenfalls, soweit sie verfassungskonform ausgestaltet werden. Herr Potacs hat insofern den Zertifikatehandel von Baugenehmigungen angesprochen. Wenn unsere Städte weiter schrumpfen, kann es gut sein, dass wir nach dem Vorbild der USA eine solche ökonomische Handlungsoption wählen, um den Rückbau unserer schrumpfenden Städte und Gemeinden zu steuern. Ich möchte keine Lanze für diese Entwicklung brechen. Man muss aber auch die Realitäten sehen: Wir werden zu einer Neubestim- mung des Grundeigentums in unseren Städten kommen, wenn sich die gegenwärtige demographische und ökologische Entwicklung fortsetzt. Ökonomische Instrumente können dann eine Handlungsoption sein, damit unsere Städte noch halbwegs funktionieren. Auf die Frage von Herr Pitschas möchte ich antworten, dass eine weitergehende sektorale Überprüfung der Validität meiner Typisierung von optimiertem, instrumentellem und reguliertem Wettbewerb selbst- verständlich erforderlich ist. Dies gilt insbesondere für Referenzgebiete wie das Sozialrecht, die ich schlicht aus Gründen des Umfangs meines Referats nicht einbeziehen konnte. Herr Wißmann hat die These unterstrichen, dass das Planungsrecht doch ein Vorbild für die dogmatische Bewältigung des Regulierungser- messens sein kann. Ich würde Ihnen, Herr Wißmann, so gerne zustim- men, denn ich bin Planungsrechtler: Wenn die dogmatische Parallele von Regulierungs- und Planungsermessen, die das Bundesverwaltungs- gericht zieht, richtig wäre, so würde das bedeuten, dass wir Planungs- rechtler – 50 Jahre nach J. H. Kaiser – nun endlich wieder einmal zur Avantgarde gehörten. Das würde mich wirklich freuen. Wenn ich trotz dieser verlockenden Aussicht davon Abstand nehme, verstoße ich letzt- lich gegen meine wissenschaftsstrategischen Interessen als Planungs- rechtler. Doch die Ablehnung der dogmatischen Parallele von Planung und Regulierung ist in der Sache begründet: Planung und Regulierung – die Gestaltung von Territorium und von Wettbewerb – sind kategorial verschieden. Deshalb macht es aus meiner Sicht auch keinen Sinn, dogmatische Kategorien aus dem Planungs- in das Regulierungsrecht zu übertragen. Der more economic approach war Gegenstand mehrerer Fragen: Der Begriff der Konsumentenwohlfahrt ist offen. Es ist nicht klar, ob er in Art. 81 Abs. 3 EG eine limitierende oder eine extensive Wirkung ent- faltet. Wirtschaftspolitisch bin ich kein Verfechter des more economic approach. Unabhängig von meiner persönlichen wirtschaftspolitischen 360 Aussprache

Auffassung muss ich aber als Jurist prüfen, ob der more economic ap- proach nach geltendem Recht umgesetzt werden kann oder nicht. Ich habe zu differenzieren versucht: Ein Austausch des Schutzguts des europäischen Wettbewerbsrechts durch die Kommission verstößt ge- gen das Primärrecht. Im Rahmen des Primärrechts ist in Anknüpfung an die Wertung des Art. 81 Abs. 3 EG sowie Erwägungsgrund 29 und Art. 2 Fusionskontrollverordnung eine beschränkte Umsetzung des more economic approach aber möglich. Umstritten ist die Verankerung des more economic approach natürlich für Art. 82 EG: Aufgrund der Normstruktur des Art. 82 EG kann man eine efficiency defence nur über die Bestimmung der Wettbewerbsbeschränkung in die Prüfung dieser Regelung einführen. Ich sehe das aus rechtsstaatlichen Grün- den kritisch, halte es im Ergebnis aber nach geltender Rechtslage für möglich. Herrn Kahl kann ich nur vollkommen zustimmen und muss insofern Herrn Lege und Herrn Gallwas leider widersprechen: Der Gewährleis- tungsstaat hat nach meiner Auffassung in der Grundrechtsdogmatik nichts verloren. Er ist ein verwaltungsrechtswissenschaftlicher Schlüs- selbegriff. Dabei sollte man es auch belassen. Wir leben nicht in einem Gewährleistungsstaat, sondern – wie es die Staatsfundamentalnomen des Grundgesetzes zum Ausdruck bringen – in einem demokratischen, rechtsstaatlichen und sozialen Bundesstaat. Jenseits der Frage, ob der Begriff des Gewährleistungsstaats nicht epistemologisch „durch“ ist, gehört er jedenfalls nicht in die Grundrechtstheorie, damit er nicht – wie in der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 GG – zu Freiheitsverlusten führt. Demgegenüber ist er im Ver- waltungsrecht gut aufgehoben. Hier entfaltet er seine Funktion. Herr Häberle hat nach der Einheit der Verwaltung gefragt. Sie wird meiner Auffassung nach durch das Demokratieprinzip gewährleistet. Auch hier finden sicherlich Ausdifferenzierungsprozesse statt, auf die Herr Groß hingewiesen hat. Ich stimme Ihnen – Herr Groß – vollkom- men zu: In meinem Referat habe ich die Diskussion stark verkürzt. Im Hinblick auf die demokratische Legitimation der Bundesnetzagentur ließe sich – in Ergänzung Ihrer Argumente – auch noch der Beirat nennen, durch den Vertreter des Bundestags und des Bundesrats die Bundesnetzagentur kontrollieren. Für eine angemessene demokratische Legitimation der Entscheidungen der Bundesnetzagentur genügt dies jedoch meiner Auffassung nach nicht, da viele dieser Entscheidungen gerade durch ein nur eingeschränkt normativ vorstrukturierbares Re- gulierungsermessen gekennzeichnet sind. Aber die demokratische Kontrolle der Bundesnetzagentur muss nicht über die Ministerialver- waltung erfolgen. Gegenwärtig entspricht die ministerielle Kontrolle Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 361 der Bundesnetzagentur jedoch der Verfassungs- und Gesetzeslage – ich glaube, da sind wir uns einig, Herr Mehde. Man kann die demokratische Legitimation der Regulierungsbehörden gegenüber dem Parlament sicherlich auch anders ausgestalten. Das würde ich sofort unterschrei- ben. Dass das Europarecht eine solche Gestaltung aber gegenwärtig fordert, sehe ich nicht. Selbst wenn der Staat Eigentümer der Deut- schen Bahn AG ist, wahrt das Ressortprinzip die europarechtlich gefor- derte Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde. Abschließend möchte ich mich noch einmal ganz herzlich beim Vor- stand für die Überlassung dieses spannenden Themas bedanken.

Potacs: Herzlichen Dank für die Fragen. Ich werde mich bemühen, sie, so gut ich kann, knapp, aber trotzdem möglichst fundiert, zu beantwor- ten. Zunächst zu Herrn Kirchhof und der von ihm angesprochenen Problematik eines Wettbewerbs zu Lasten Dritter und seiner Beziehung zum Solidaritätsprinzip. Es ist eine wesentliche Aufgabe der Herstel- lung von Wettbewerb durch die Verwaltung, dass sie in dieser Hinsicht modifizierend und regulierend wirkt und den Gefahren unerwünschter externer Effekte, die im Widerspruch zum Solidaritätsprinzip stehen, entgegenwirkt. Freilich ist dabei immer der Regulierungsaufwand abzu- wägen und zu überlegen, inwieweit es unter Bedachtnahme auf sämt- liche zu berücksichtigende Aspekte nicht sinnvoller erscheint, die be- treffende Aufgabe durch staatliche Eigenleistungen zu erbringen. Herrn Grimm stimme ich zu, dass die Frage der Wettbewerbseignung zur Erreichung eines Gemeinwohlzieles mit der Bestimmung einer exklusiven Staatsaufgabe nicht unbedingt etwas zu tun hat. Exklusive Staatsaufgaben können zumindest zum Teil sowohl im Wettbewerb als auch durch staatliche Eigenleistungen erbracht werden. Über exklusive Staatsaufgaben und Wettbewerbseignung lassen sich zwar theoretische Erwägungen anstellen, letztlich bestimmt aber das positive staatliche Recht, welche Aufgaben im Wettbewerb erbracht werden dürfen oder müssen, und welche nicht. Soweit das staatliche Recht hier einen Spiel- raum offen lässt, hat eine Entscheidung für oder gegen die Gemein- wohlerfüllung durch Wettbewerb nach Maßgabe politischer Überlegun- gen zu erfolgen, wobei die Effizienz ein wichtiger, wenngleich nicht der einzige Gesichtspunkt ist. Auswirkungen auf den Rechtsschutz, die de- mokratische Legitimation oder die Behördenorganisation sind ebenfalls in Rechnung zu stellen. Die von Herrn Pitschas gestellte Frage nach dem rechtlich verbind- lichen Prüfungsauftrag für die Wettbewerbseignung der Gemeinwohl- erfüllung lässt sich wiederum nur anhand der Verfassungsordnungen der jeweiligen Staaten beantworten. In Deutschland und Österreich 362 Aussprache wird ein solcher Prüfungsauftrag in gewissem Umfang aus den verfas- sungsrechtlichen Effizienzgeboten für die Verwaltung abgeleitet. Aber auch den Grundrechten werden bestimmte Vorgaben entnommen, wo- bei zumindest in Österreich von einem relativ weitgehenden rechts- politischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ausgegangen wird. Wenn aber die Gemeinwohlerfüllung dem Wettbewerb geöffnet wird, dann löst dies jedenfalls grundrechtliche Teilhabeansprüche aus. Unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist es dann durchaus relevant, ob und inwieweit sich Beschränkungen grundrechtlicher Posi- tionen durch Effizienzüberlegungen rechtfertigen lassen. Ich muss Herrn Ress zugestehen, dass meine Ausführungen und The- sen zu staatlichen Eigenleistungsvorbehalten und -geboten keine ganz klare Abgrenzung erkennen lassen. Doch lässt sich eine völlige Klarheit auf kaum einer Ebene ausmachen, auf der diese Problematik diskutiert wird. Zunächst sind wir auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene zum Teil nur auf Ansätze in der Rechtsprechung des EuGH, Standpunkte in Kommissionspapieren und bestimmte dogmatische Erwägungen ange- wiesen, die mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind. Gleiches gilt viel- fach für die Ebene der staatlichen Verfassungsordnungen, die staatliche Eigenleistungsgebote keineswegs immer explizit zum Ausdruck bringen und deren Begründung mitunter einen erheblichen dogmatischen Auf- wand erfordert. Noch schwieriger gestaltet sich diese Abgrenzung auf politischer Ebene, wo die Sinnhaftigkeit staatlicher Eigenleistungen oder einer Wettbewerbsöffnung nur unter Bedachtnahme auf eine wertende Abwägung bestimmt werden kann. Soweit dann eine Entscheidung zu- gunsten des Wettbewerbs getroffen wird, hat die Verwaltung für eine flä- chendeckende Gemeinwohlerfüllung zu sorgen. Gelingt dies nicht durch den Marktwettbewerb allein, dann ist eben auf andere Maßnahmen wie das im Post- und Telekommunikationsbereich gemeinschaftsrechtliche vorgegebene „Universaldienstmodell“ zurückzugreifen. Zu der von Herrn Häberle angesprochenen Einheit der Verwaltung möchte ich feststellen, dass sie durch die Gemeinwohlerfüllung im Wettbewerb partiell verloren geht und nur mehr auf der Gewährleis- tungsebene bestehen bleibt. Aber auch hier wird sie durch die Tendenz zur Dezentralisierung der Behördenorganisation weiter aufgeweicht. Zur Bemerkung von Herrn Lege, wonach das aktive Gestalten der Steuerungsverwaltung an die DDR erinnere, darf ich nur anmerken, dass trotz aller Kritik an der Steuerungsverwaltung der Rechtsschutz hier doch besser funktionieren dürfte als meiner Vermutung nach jener gegen die Verwaltung der DDR. Herrn Frowein gebe ich Recht, dass die staatlichen Interventionen zugunsten der Banken anlässlich der Wirtschaftskrise tatsächlich eine Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe 363

Form der Herstellung von Wettbewerb durch die Verwaltung darstellen. Doch habe ich in meinen Vortrag nicht alle möglichen Varianten dieser Verwaltungstätigkeit behandelt, sondern nur die Schaffung von Markt- strukturen durch die Verwaltung zur Erfüllung von Gemeinwohlzielen. Bei den Interventionen für die Banken steht aber ein anderer Gesichts- punkt im Vordergrund, und zwar die Erhaltung von Marktstrukturen durch die Schaffung von Vertrauen. Bei Spekulationen durch Gemein- den, die auch in Österreich stattgefunden haben, geht es ebenfalls we- niger um die Schaffung von Marktstrukturen durch die Verwaltung, sondern mehr um die Beteiligung der Verwaltung am Wettbewerb. Auch dieser Aspekt stand in meinen Ausführungen nicht im Vorder- grund. Zuletzt noch ein Wort zur demokratischen Legitimation der Regulie- rungsbehörden. Ich will nicht verleugnen, dass sich diese durch ver- schiedene Mechanismen wie eine verfahrensrechtliche Einbindung oder personelle Abhängigkeiten in gewissem Umfang gewährleisten lässt. Auch unterliegen Regulierungsbehörden zumindest zum Teil einer ministeriellen Weisungsbindung. Dies alles vermag aber letztlich nichts an der Einschätzung zu ändern, dass es sich bei Regulierungs- behörden ihrem Charakter nach um de facto weitgehend unabhängige Sachverständigenbehörden handelt. Mit diesem Selbstverständnis tre- ten die Regulatoren in Österreich auch in der Öffentlichkeit auf. Auch ich möchte mich nochmals herzlich für die Fragen bedanken.

Holoubek: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Ende des Vormittags angelangt. Ich denke, um noch einmal an Herrn Schup- pert anzuknüpfen, Sie werden alle Ihre eigene reputationsverwaltung- rechtliche Analyse dieses Halbtages machen. Wenn ich in einer ersten Wahrnehmung sagen darf: ich glaube, wir haben der Vereinigung heute Vormittag keine Schande gemacht. Jedenfalls haben wir für den gastro- nomischen Wettbewerb, der jetzt ausbricht, faire Rahmenbedingungen geschaffen. Wir sind pünktlich fertig. Sie haben eineinhalb Stunden Zeit für die Mittagspause und es geht hier pünktlich um 14h15 weiter mit „Universitäten im Wettbewerb“. 364 Max-Emanuel Geis

Vierter Beratungsgegenstand: Universitäten im Wettbewerb

1. Bericht von Professor Dr. Max-Emanuel Geis, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Inhalt

Seite I. Genese des Wettbewerbsgedankens im Hochschulrecht . . 366 1. Historisches ...... 366 2. Begriffliches ...... 367 a) Wettbewerb ...... 368 b) Autonomie ...... 368 II. Bestandsaufnahme der verschiedenen Wettbewerbsebenen . 370 1. Der „Mehrebenenwettbewerb“ ...... 370 2. Institutionenökonomische Grundbedingungen des Wettbewerbs ...... 371 a) Theoretische Vorgaben ...... 371 b) Umsetzungsstufen im Landeshochschulrecht ..... 373 c) „Governance der Hochschule“ als multipolare Regelungsstruktur ...... 375 3. Weitere exemplarische Wettbewerbsebenen ...... 377 a) Wettbewerb um Forscher ...... 377 b) Wettbewerb um Studierende ...... 377 c) Wettbewerb im Rahmen der EU-Forschungsförderung 379 d) Wettbewerb am Beispiel internationaler Forschungs- rankings ...... 380 III. Grenzen des Wettbewerbsmodells ...... 381 1. Externe Störfaktoren ...... 381 a) Politische Bedingungen ...... 381 b) Rechtliche Antinomien ...... 381 2. Immanente Grenzen ...... 382 a) Das Dogma der Messbarkeit wissenschaftlicher Qualität ...... 382 b) Die Vernachlässigung des Kulturauftrags der Wissenschaft ...... 387 Universitäten im Wettbewerb 365

IV. Folgen des Wettbewerbs ...... 388 1. Die diskurswidrige Wirkung ökonomischen Wettbewerbs 388 2. Das Problem unlauteren Wettbewerbs ...... 389 3. Die Zunahme an Fremdsteuerung ...... 390 4. Die Erosion des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit . 393 a) Feldverluste des Wissenschaftsfreiheit ...... 393 b) Neubesinnung auf die normativen Gehalte des Art. 5 Abs. 3 GG ...... 394 aa) Schutzbereich ...... 394 bb) Eingriff ...... 396 cc) Eingriffsrechtfertigung ...... 398 V. Fazit und Ausblick ...... 399 366 Max-Emanuel Geis

I. Genese des Wettbewerbsgedankens im Hochschulrecht*

1. Historisches Wettbewerb existierte seit jeher zwischen Universitäten, und zwar nicht nur als reiner Reputationswettbewerb. Dies beginnt mit der poli- tisch gewollten Konkurrenz der neugegründeten protestantischen Uni- versitäten zu den alteingesessenen. Aus dem 18. Jahrhundert ist durch- aus bekannt, dass der Wettbewerb um die besten Köpfe durch höhere Gehälter etwa durch die Universitäten Halle und Göttingen forciert wurde.1 In der Nachkriegszeit erfuhr der Wettbewerbsgedanke unter- schiedliche Konjunkturen: In den 70er Jahren wurden infolge des Hochschulausbaus die Eingangsvoraussetzungen für Professoren zum Teil erheblich abgesenkt.2 Gleichzeitig wurde Wettbewerb im Bereich der Lehre durch das Recht auf Teilhabe und Chancengleichheit bei der Bildung auf lange Zeit als Terrain verbrannt.3 Die Massenuniversität war in der Ausbildungsphase auf Egalität konditioniert. Mit dem Regierungswechsel 1982 schwenkte die Hochschulpolitik um 180 Grad.4 Nachdem ab 1985 periodisch der Wissenschaftsrat,5 die Hochschulrektorenkonferenz,6 die Monopolkommission,7 „Think

* Für vielfältige Gespräche danke ich meinen Erlanger Kollegen Heinrich de Wall, Matthias Jestaedt und Bernhard Wegener sowie meinen Mitarbeitern Daniel Krausnick, Sebastian Madeja, Daniel Eules, Mila Atanasova, Nadine Robe, Anna Imhof, Sebastian Held, Johannes Thein. 1 H.-A. Koch Die Universität. Geschichte einer europäischen Institution, 2008, 123. 2 Signifikant die sog. „übergeleiteten“ Professoren, die aus Lehrern und Assistenten rekrutiert wurden. 3 Statt vieler R. Dahrendorf Bildung ist Bürgerrecht. Plädoyer für eine aktive Bil- dungspolitik, 1968; F. Hufen Gleichheitssatz und Bildungsplanung, 1975; Zur zentra- len Rolle der Rechtsprechung in diesem Prozess im Gefolge des Numerus-Clausus- Urteils (BVerfGE 33, 303ff.) vgl. M.-E. Geis Die Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts zum „Recht auf Bildung“ in den Jahren 1972–1977, WissR Beiheft 18, (2007), 9ff. 4 Insb. in den 16 Thesen des Bundesbildungsministerin D. Wilms vom 15.11.1983. Ausf. zur Geschichte G. Turner Universitäten in der Konkurrenz. Möglichkeiten und Grenzen von Wettbewerb im Hochschulbereich, 1986, 188 (200). 5 Wissenschaftsrat Empfehlungen zum Wettbewerb im deutschen Hochschulsystem, Köln 1985; fortgeschrieben 1993 und in: Thesen zur zukünftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland, 2000, sowie „Strategische Forschungsförde- rung – Empfehlungen zur Kommunikation, Kooperation und Wettbewerb im Wissen- schaftssystem“, 2003. 6 HRK Reform der Hochschulforschung 1993; die vormalige WRK hatte sich eher noch skeptisch gezeigt: 1984, 155ff. 7 Monopolkommission Wettbewerb als Leitbild der Hochschulpolitik 2000 (Sonder- gutachten 30), Bonn 2000. Universitäten im Wettbewerb 367 tanks“ wie der Stifterverband oder das Centrum für Hochschulentwick- lung (CHE)8 und viele Einzelstimmen9 Wettbewerb in Forschung und Lehre befürwortet hatten, war die akademische Zeitenwende vollzogen. 1998 machte das 4. HRGÄndG10 durch die Abschaffung des organisa- torischen Rahmenrechts11 den Weg zum landesrechtlichen Wettbewerb um effizientere Hochschulstrukturen frei. Die Föderalismusreform hat diese Entwicklung nur vollendet; für die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder als staatlich initiiertem Wettbewerbsprozess blieb aller- dings die novellierte Gemeinschaftaufgabe des Art. 91 b GG bestehen.

2. Begriffliches Die Reformdiskussion ist durchweg von einer redundanten Verwen- dung der Schlüsselbegriffe „Wettbewerb“ und „Autonomie“ geprägt. Diese sind allerdings nicht nur im politischen, sondern auch im wis- senschaftlichen Bereich mehrdeutig und werden – teilweise bewusst – auch so verwendet. Schlüsselbegriffe haben eine wichtige rechtspoliti- sche Funktion bei der Verständigung, Erklärung und Orientierung staatlichen Handelns.12 Sie dürfen aber nicht zur Einebnung struktu- reller Unterschiede oder zur suggestiv gewollten Begriffvertauschung führen.13

8 Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.) Qualität durch Wettbewerb und Autonomie. Landeshochschulgesetze im Vergleich, 2002; vgl. auch M. Erhardt Mehr Wettbewerb – weniger Staat: Hochschulreform in Deutschland, in: WissR 1999, 1 (7) m. w. N.; D. Müller-Böling Die entfesselte Hochschule, 2000; vgl. dazu die „Antwor- ten“ von K. H. Ladeur Die Wissenschaftsfreiheit der „entfesselten Hochschule“ – Umgestaltung der Hochschulen nach Ermessen des Staates?, DÖV 2005, 753ff.; U. Smeddinck Die deregulierte Hochschule, DÖV 2007, 269ff. 9 Exemplarisch Turner (Fn. 4); H. J. Block Maßnahmen für eine Förderung des leis- tungssteigernden Wettbewerbs im deutschen Hochschulsystem, in: C. Helberg (Hrsg.) Ökonomie der Hochschule, 1989, 153 (163); E. Hödl/W. Zegelin (Hrsg.) Hochschulreform und Hochschulmanagement, 1999. 10 Ges. begr. (BT-Drs. 13/8796). 11 §§ 60 HRG ff. a.F. 12 A. Voßkuhle in: W. Hoffmann/E. Schmidt-Aßmann/A. Voßkuhle (/Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 1, Rn. 40; H. Schulze-Fielitz FS Vo- gel 2000, 311 m.w.Nw. 13 Vgl. den Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD 2005: „Autonomie, Exzellenz, Ver- antwortung, Freiheit und Wettbewerb sollen Leitbilder für das Hochschulwesen der Zukunft sein.“ (S. 40); 368 Max-Emanuel Geis a) Wettbewerb Wettbewerb ist kein Ideal an sich, wie oft suggeriert wird, da es auf die Bezugsfelder ankommt. Im Gegensatz zum herkömmlichen Reputa- tionswettbewerb, der sich nur rudimentär in messbaren Zahlen nieder- schlägt, ist das Wettbewerbsverständnis heute eindeutig ökonomisch geprägt.14 Teilweise wird Wettbewerb als Argument eingeführt, um im Rahmen der Internationalisierung das Gefälle Europas in Forschung und Lehre vor allem gegenüber den USA zu begründen. Nach der Begründung des Hochschulfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen soll „die moderne Hochschule der Zukunft eigenverantwortlich auf den Zu- kunftsmärkten agieren“15 können, letztere bleiben freilich diffus. Dabei geht es nicht um Wettbewerb im klassischen oder neoliberalen Sinn und die Herstellung ökonomischer Idealbedingungen, da es sich bei Leistungen der Universitäten, aber auch der einzelnen Wissenschaftler in Forschung und Lehre grundsätzlich um Kollektivgüter handelt,16 die unabhängig von Angebot und Nachfrage anzubieten sind. Daran ändert weder der Wissens- und Technologietransfer noch die Beteiligung von Studierenden an den Ausbildungskosten etwas, da die Inanspruch- nahme universitärer Dienstleistungen auch bei Geldleistungen prin- zipiell nicht zum Ausschluss Dritter führen darf.17 Schließlich ist die marktradikale Annahme eines Verdrängungswettbewerbs mit dem Er- kenntnisprozess der Wissenschaft nicht vereinbar18, der auf den kon- kurrierenden Diskurspartner angewiesen ist. Es geht vielmehr um die Erzeugung eines künstlichen Wettbewerbs zur Herstellung kollektiver Güter auf Quasi-Märkten.19 b) Autonomie Ebenfalls unscharf wird der Schlüsselbegriff „Autonomie“ gebraucht. Philosophisch-soziologisch wird er definiert als die Fähigkeit und Befugnis einer Person oder eines Kollektivs, sich selbst eigene Normen zu geben und dabei keiner politischen und gesellschaftlichen Fremd-

14 Vgl. Monopolkommission (Fn. 7) 52ff. 15 Hochschulfreiheitsgesetz NRW v. 31. 10. 2006 (GBl. 223). 16 Z.T. a.A. bezügl. der Studienangebote Monopolkommission (Fn. 7) 63; die mög- licherweise andere Sichtweise bei Fortbildungsangeboten sei hier ausgeklammert. 17 R. Richter/E. Furubotn Neue Institutionenökonomik, 3. Aufl. 2003, 3511ff.; M. E. Streit Theorie der Wirtschaftspolitik, 6. Aufl. 2004, 108. 18 P. Weingart Wissenschaftssoziologie, 2003, 59. 19 U. Schimank Szenarien der Profilbildung im deutschen Hochschulsystem, Die Hochschule 2002, 82ff.; S. Nickel Partizipatives Management von Universitäten. Ziel- vereinbarungen – Leitungsstrukturen – Staatliche Steuerung, 2007, 54. Universitäten im Wettbewerb 369 steuerung zu unterliegen.20 Dieser Autonomiebegriff ist völlig wer- tungsfrei. Autonomie kann aber auch im Sinne des Topos der Eigengesetzlich- keit verstanden werden, die seit Rudolf Smends Feststellung vor diesem Forum als Konstituens der Wissenschaft wie auch der Kunst angesehen wird.21 Kerninhalt ist, dass es Erkenntnisprozesse und Kommunika- tionszusammenhänge gibt, die sich aufgrund ihrer Eigenstruktur einer Planbarkeit, einer Verrechtlichung, einer Messbarkeit und einer inhalt- lichen Kontrolle und Weisung von außen entziehen.22 Diese Autonomie ist nicht ein Synonym für, sondern die Voraussetzung von rechtlicher Frei- heit. Individualfreiheit setzt personale Autonomie voraus. Die funktio- nale Autonomie der Institution führt hingegen nicht eo ipso zur indivi- duellen Freiheit ihrer Mitglieder.23 Daher unterliegt der Wettbewerb von Universitäten nicht einem, sondern zwei Autonomiekonzepten, die nicht deckungsgleich, ja nicht einmal gleichgerichtet sind, sondern gegenläufige Tendenzen aufweisen können: Autonomie der Hochschule bedeutet nicht zwangsläufig Auto- nomie der Wissenschaft, „Hochschulfreiheit“24 ist nicht gleichbedeu- tend mit individueller Wissenschaftsfreiheit und erst recht nicht mit akademischer Selbstverwaltung.25

20 E. v. Hippel Mechanisches und moralisches Rechtsdenken, 1953, 328; R. Pohl- mann in: Joachim Ritter (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 1, 1971, Sp. 701 (706); P. Prechtl/F.-P. Burkard Metzler Philosophie Lexikon – Begriffe und Definitionen, 1996, 53; F. Kirchner/C. Michaelis Wörterbuch der philosophischen Begriffe, 1998, 88. 21 R. Smend Das Recht der freien Meinungsäußerung, VVDStRL 4, (1928), 44 (61f.). In diesem Sinne etwa W. Schmitt Glaeser WissR 7 (1974), S. 107 (108f.); F. Hufen Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, 1982, 180; H.H. Trute Die For- schung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, 2004, 56ff., 64ff.; Chr. Starck in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), I, 5. Aufl. 2005, Art. 5 III Rn. 352. 22 BVerfGE 35, 79 (111ff.); aus dem Schrifttum statt vieler R. Scholz in: Maunz/ Dürig, Art. 5 Abs. 3, Rn. 55; H. Schulze-Fielitz in: Benda/Vogel/Maihofer (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, 2. Aufl. (1994), § 27 Rn. 2. m.w.Nw. 23 Ähnlich K. F. Gärditz Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche System- bildung, 2009, 296: Die Autonomie verselbständigter Organisationen ist grundrecht- lich ambivalent, wie Kommunalkörperschaften zeigen. 24 Mit dieser Suggestivwirkung spielt jedoch die Bezeichnung „Hochschulfreiheits- gesetz“ NRW. 25 Zum Unterschied von Freiheit und Autonomie W. Kluth Funktionale Selbstver- waltung, 1997, 354; C. Engel in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte, Bd- II, 2006, § 33, Rn. 15. 370 Max-Emanuel Geis

II. Bestandsaufnahme der Wettbewerbsebenen

1. Der „Mehrebenenwettbewerb“ Das Thema „Universitäten im Wettbewerb“ ist zu präzisieren: Es geht um mehrere Wettbewerbsebenen, die unterschiedlichen ökonomi- schen und rechtlichen Bedingungen unterliegen.26 Hauptplattform ist der Wettbewerb von Universitäten als Institutio- nen, die konkurrierende Produkte und Dienstleistungen in Forschung und Lehre anbieten. Daneben existieren Teilebenen, wie der Wett- bewerb um die besten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, um wissenschaftlichen Nachwuchs und um Studierende. Daneben ist der Wettbewerb um die effizienteste Verwaltungsbinnenstruktur getreten, der nach dem Clark’schen Modell einer „entrepreneurial university“27 in „best-practice“-Wettbewerben angestoßen wurde. Der Wettbewerb unter den Wissenschaftlern selbst wird von der Universität organisiert, um die Gesamtleistungsbilanz zu erhöhen. Den universitären Handlungsspielräumen vorgelagert ist der politi- sche Wettbewerb um das „beste“ Hochschulrecht im kompetitiven Fö- deralismus, insb. um die optimale Rechtsform,28 auch um das Verhält- nis zu den Privaten Hochschulen.29 Diese wurden in der Vergangenheit oft als innovativer Stachel gegenüber den staatlichen Universitäten be- griffen; durch den flächendeckenden Wettbewerb und Experimentier- klauseln hat ihre Innovationsfunktion allerdings deutlich an Bedeutung verloren. Da sie jedoch wegen der Notwendigkeit, sich vor allem aus Studiengebühren und Sponsorengeldern zu finanzieren (mit einer Ham- burger Ausnahme) überwiegend Lehrcharakter haben und auf wenige „vermarktbare“ Fächer beschränkt sind,30 ist die Entwicklung eines

26 H. Brinckmann Die neue Freiheit der Universität, 1998, 97; ähnlich jetzt auch C. v. Coelln Universitäten im Wettbewerb, DVBl. 2009, 1090. 27 B. R. Clark Creating entrepreneurial universities, Oxford 1998; die deutsche Ent- sprechung ist D. Müller-Böling Die entfesselte Hochschule, 2000, die auch sieben Leitbilder als Gegenstand des Wettbewerbs aufgestellt hat. Die TU München hat mit Clarks Leitbild in der Exzellenzinitiative als Zukunftsmodell reüssiert. 28 Die Rechtsform der Stiftungs-Universität, aber auch die Neuorganisation von Forschung und Lehre in der Medizin nach Maßgabe der neuen Universitätsklinika- modelle sind hierunter zu zählen. 29 Die durch die Verwendung des Begriffs „University“ bzw. „University of Applied Sciences“ sich das Wettbewerbsfeld im wissenschaftlichen Bereich erschließen wollen. 30 Vgl. A. Dilger Privathochschulen als Nischenanbieter, FuL 2009, 732f. Erfolgrei- che Modelle sind die Bucerius Law School, die Hertie School of Governance, die Zeppelin University, die WHU Vallendar und als „echte“ Universität mit breiterem Fachspektrum die Jacobs University Bremen. Nur bedingt vergleichbar ist die von Universitäten im Wettbewerb 371

„dualen Systems“ staatlicher und privater Universitäten31 unrealistisch. Daher verstehe ich im Folgenden unter Hochschule primär die staat- liche Universität.

2. Institutionenökonomische Grundbedingungen des Wettbewerbs a) Theoretische Vorgaben Grund für den Höhenflug des neuen Steuerungsmodells im Hoch- schulbereich ist primär das Faktum sinkender Finanzmittel bei zu- nehmenden Aufgaben,32 nur sekundär die Reputationsverbesserung deutscher Universitäten im internationalen Vergleich. Die Neue Insti- tutionenökonomie,33 die die Bedingungen ökonomischer Modelle zur Steigerung der Effizienz des Handelns und der Effektivität der Ziel- erreichung in den Grenzen vorhandener Ressourcen untersucht, setzt voraus, dass öffentliche Institutionen rechtlichen Rahmenbedingungen und Leistungsverpflichtungen unterliegen, die nicht hintergehbar sind.

den deutschen Diözesen getragene Kath. Universität Eichstätt. Dagegen sind – ob- gleich mit großen Vorschusslorbeeren und staatlichen Anschubbürgschaften gestar- tet – unter anderem das Stuttgart Institute of Management and Technology (SIMT) und die International School of Bruchsal im Endeffekt finanziell gescheitert; die Uni- versität Witten-Herdecke ist mehrfach der drohenden Insolvenz entgangen. 31 Zur früheren Euphorie etwa H.-J. Maitre Die Privatuniversität – Alternative zum staatlichen Hochschulmonopol, 1973; R. Spiegel Privathochschulen im Wettbewerb, 1987; W. Thieme Privathochschulen in Deutschland – Chancen für die Zukunft?, 1988; D. Lorenz in: Hailbronner/Geis (Hrsg), Hochschulrecht in Bund und Ländern, §70HRG, Rn. 2; relativierend dagegen M. Pfaff, Finanzierung und Wettbewerb der privaten und öffentlichen Hochschulen, in: G. Brinkmann (Hrsg.) Probleme der Bildungsfinanzierung (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 146 (1985), 23; H. de Wall in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2009, VI, Rn. 1. 32 K. König Öffentliches Management und Governance als Verwaltungskonzepte, DÖV 2001, 617 (618); W. Löwer Universitätsreform im Spiegel der Rechtsprechung, FS Mußgnug, 2005, 421 (422). 33 Zu nennen sind Klassiker wie Coase, North, Williamson Stiegler. Aus der neueren Lit. Charles Tiebout (1956); G. Wegener Nationalstaatliche Institutionen im Wett- bewerb. Wie funktionsfähig ist der Systemwettbewerb?, 2004; R. Richter/E. Furubotn Neue Institutionenökonomik, 3. Aufl. 2003, 3ff.; St. Voigt Institutionenökonomik, 2. Aufl. 2009, 168ff. 171, 180; W. Denkhaus Die neue Institutionenökonomik und das Governancekonzept – Zum Wandel der ökonomischen Theorie und ihren Implika- tionen für die Verwaltungsrechtswissenschaft, in: M. Bungenberg u.a. (Hrsg.), Recht und Ökonomik (44. Assistententagung Öffentliches Recht), 2004, 33ff. Der Ansatz ist weitgehend deckungsgleich mit der verwaltungswissenschaftlichen Lehre des New Public Management; statt vieler Voßkuhle (Fn. 24), Rn. 50–53 mit zahlr. w. Nw. (Fn. 281). 372 Max-Emanuel Geis

Da Wettbewerb nicht einfach befohlen werden kann, sondern künstlich erzeugt werden soll, müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet wer- den, dass die Handlungsträger ihrem eigenen Interesse gemäß handeln. Daraus ergeben sich für den Hochschulbereich folgende Grundbedin- gungen: x Erstens: Wettbewerb setzt Unterscheidbarkeit der Angebote voraus. Daher müssen sich Universitäten Profile geben dürfen.34 x Zweitens: Es müssen Anreizsysteme geschaffen werden, die Leistungs- steigerungen innerhalb der Institution belohnen und Leistungsschwä- chen bestrafen. x Drittens: Die Hochschule muss über Handlungsspielräume im finan- ziellen wie im Personalbereich verfügen können. x Viertens: Die Leistungen der einzelnen Akteure müssen bewertet werden und untereinander anhand von zuvor festgelegten Vergleichs- parametern verglichen werden können. Wettbewerb unter Universi- täten ist ohne ein taugliches Leistungsbewertungssystem sinnlos. x Schließlich bedarf es fünftens einer übergeordneten Autorität, die die Macht zur Reihung und zur entsprechenden Reaktion hat, die aber auch Störungen im Wettbewerb entgegenwirken kann.35 Institutionenökonomisch hat dieses Modell nur Sinn, wenn das Kapital dorthin verlagert wird, wo die höchsten Erträge zu erwarten sind (Stellenverlagerungen), und wenn nichteffiziente Einheiten (i.e.: Lehrstühle, Institute, Fakultäten) konsequent und zuverlässig eliminiert werden.36 Ressourcenallokation erzeugt für die Verlierer zwangsläufig die Gefahr eines „race to the bottom“; dessen universitätsinterne Aus- wirkungen sind etwa im Rahmen der Anschlussfinanzierung bei der Exzellenziniative derzeit sehr präsent.

34 Auch wenn dies zur Aufgabe der „universitas“ führt. Vgl. dazu u.a. die „Freiber- ger Erklärung“ 2005 zum Studium generale an Hochschulen und Universitäten. 35 E. Hödl/W. Zegelin Hochschulreform & Hochschulmanagement, 1999, 192ff.; U. Schimank Szenarien der Profilbildung im deutschen Hochschulsystem, Die Hoch- schule 2002, 82ff.; Nickel (Fn. 19), 54, H.-J. Bodenhöfer Reformprozesse im Hoch- schulsystem unter institutionenökonomische Perspektive, in: R. Fisch/S. Koch (Hrsg.), Neue Steuerung von Bildung und Wissenschaft, 2005, 95 (104f.)alle m. w. Nachw. 36 „Mechanismus der selektiven Bewährung“; vgl. dazu V. Vanberg Innovation, Cul- tural Evolution and Economic Growth, in: U. Witt (Hrsg.), Explaining Process and Change, Michigan University Press 1992, 105ff.; Richter/Furubotn Neue Institutio- nenökonomik, 535; St. Voigt Institutionenökonomik, 2. Aufl. 2009, 169. Universitäten im Wettbewerb 373 b) Umsetzungsstufen im Landeshochschulrecht Die Bundesländer haben diese Vorgaben in unterschiedlichem Maße umgesetzt.37 Allen Konzepten gemeinsam ist die Konzentration der Handlungsspielräume bei der Universitätsleitung, einmal durch eine Verlagerung von Kompetenzen vom Ministerium in die Universität,38 zum anderen durch die Verlagerung von Aufgaben der Selbstver- waltungsorgane auf das Präsidium im Bereich der Haushalts- und Personalverwaltung; unter letzteren vor allem Entscheidungen über Be- rufungslisten und die „anreizrelevanten“ Entscheidungen über Beru- fungs-, Bleibe- und Leistungszulagen. Die neue Stärke39 spiegelt sich in einer generellen Zuständigkeitsvermutung40 der Hochschulleitung wi- der, während die Befugnisse der Organe kollegialer Selbstverwaltung auf Rechtssetzungsakte, Grundsatzangelegenheiten sowie auf diverse Anhörungs- und Zustimmungsrechte reduziert wurden. Im Übrigen sind zwei Gruppen sichtbar: Zum einen die progressiven Modelle: sie beseitigen rigoros die alte Janusköpfigkeit der Hochschule als Körperschaft und Anstalt in § 58 HRG, kappen konsequent das Band zum Staat mit Ausnahme der (aus Legitimationsgründen erfor-

37 Bereits vor der Föderalismusreform des Jahres 2006 hatte der Wegfall der §§ 60ff. HRG Sonderwege der Länder im Bereich der Hochschulorganisation möglich ge- macht, um effizientere Strukturen schaffen zu können. 38 Verblieben sind im Wesentlichen die Einflussnahme über Zielvereinbarungen (einschl. einer Beschränkung der Fachaufsicht nach § 67 Abs. 2 Nr. 2 LHG B.-W. und §6 Abs.4 S.2HmbHG) und die Rechtsaufsicht (nur noch der Rechtsaufsicht unter- liegen die Universitäten nach § 76 HG NRW); das Berufungsrecht wird zunehmend auf die Universitäten übergeleitet, so für die staatlichen Hochschulen nach § 48 III LHG B-W; in Bayern über eine Rechtsverordnung nach Art. 18 V BayHSchPG; § 13 I 1 HmbHG; § 72 II 3 HessHG (zuvor schon nach § 7 V TUDG); § 60 I SächsHG; § 62 IX HSG S-H; § 78 II 1 ThürHG. In Berlin (§ 2 Abs. 4 BerlHG) und Nordrhein-West- falen (§ 2 Abs. 3 S. 1 und 2, § 37 HG NRW, § 37) sowie den Stiftungshochschulen in Brandenburg (Frankfurt/O. § 11 Abs. 1 S. 1 StiftG-EUV), Hessen (Frankfurt/M., § 100h Abs. 1 S. 1 HessHG) und Niedersachsen (§ 58 Abs. 1 S. 1 NHG) folgt das Be- rufungsrecht aus der zuerkannten Dienstherrenfähigkeit. Ein Dienstherrenwechsel im bestehenden Beamtenverhältnis unterliegt allerdings Grenzen, dazu VG Göttingen, Urteile vom 4.11.2006, Az.: 3 A 510/03, 3 A 57/04, 3 A 142/04. 39 Die neue Stärke wurde vom BVerfG gebilligt, vgl. BVerfGE 93, 85 (95); 111, 333ff.; M.-E. Geis, Akademische Selbstverwaltung im Reformzeitalter, DV 33 (2000), 563 (567ff.) 40 Vgl. nur § 16 Abs.3 S. 1 HG B.-W.; Art. 20 Abs. 2 BayHSchG; §§ 63 Abs. 1 S. 3 BbgHG; § 81 Abs. 2 S. 1 BremHG; § 79 Abs.2 S. 10 HmbHG; § 42 Abs.1 S. 1 HHG; §7 Abs.1TUDG; § 82 Abs.1 LHG M-V § 37 Abs.1 S. 3 NHG 16 Abs. 1 S. 2 HG NRW; § 76 Abs.1 HochSchG RP; § 15 Abs.5 S. 1 SaarlUG; § 83 Abs.2 S. 1 SächsHG; § 68 Abs.3 S. 2 HSG-LSA; § 22 Abs.1 S. 2 HSG. Abweichungen bestehen lediglich in Berlin und Thüringen. 374 Max-Emanuel Geis derlichen) Rechtsaufsicht und überlassen das gesamte Haushalts- und Personalwesen (einschließlich Dienstherrenfähigkeit) sowie die Bin- nenorganisation völlig der Autonomie einer Körperschaft oder Stif- tung41; zum anderen gemäßigtere Modelle, die den staatlichen Einfluß einschließlich der Fachaufsicht nur reduzieren, aber nicht aufgeben wollen, jedoch weitere Lockerungen über Spielräume in der Grundord- nungsgebung und/oder Experimentierklauseln gestatten.42 Die klare Trennung zwischen autonomer Leitungsselbstverwaltung43 und der herkömmlichen akademischen, auf reine Belange von For- schung und Lehre reduzierten Selbstverwaltung, wurde von der Recht- sprechung zwar mehrfach unter Legitimationsaspekten gebilligt, die hierin liegende Neukonzeptionierung funktionaler körperschaftlicher Selbstverwaltung wurde aber bislang nur ansatzweise theoretisch er- örtert.44 Darüber hinaus erhalten die Hochschulen neue Möglichkeiten, unternehmerisch tätig zu werden, sich etwa an Unternehmen zu betei- ligen oder selbst Firmen zu gründen und sich so selbst auf einen „ech- ten“ Markt zu begeben. Hier ergeben sich allerdings Friktionen mit einem durchgängig wettbewerbsfeindlichen Nebentätigkeitsrecht45 so- wie möglicherweise mit dem EG-Beihilferecht.46

41 Hierzu zählen Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Brandenburg. die Stiftungsuniversitäten in Niedersachsen, Hessen (Frankfurt/M.) und Brandenburg (Viadrina Frankfurt/O.) sowie das unternehmensorientierte Modell in Baden-Würt- temberg; das § 5 TUD-Gesetz vom 26. 11. 2004 (HessGVBl. I, 382) gestattet es, na- hezu die gesamte Binnenorganisation autonom zu regeln. 42 Z.B. Bayern, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern. 43 Die im Wesentlichen auf die Universitätsleitung und den Hochschulrat verteilt ist. Polemisch befürwortend u.a. U. Schimank Festgefahrene Gemischtwarenläden – Die deutschen Hochschulen als erfolgreich scheiternde Organisationen in: ders./E. Stölting (Hrsg.), Die Krise der Universitäten, 2001, S. 224, insb. 236ff. 44 Vgl. etwa H. Dreier Hierarchiche Verwaltung im demokratischen Staat, 1991, M. Burgi Verwaltungsorganisationsrecht in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, Rn. 23. 45 Vgl. dazu M.-E. Geis Die Nebentätigkeit der Hochschullehrerinnen und Hoch- schullehrer, 2004, Rn. 75ff.; Nachtrag Rn. 1ff.; ders,. HSRBY III, Rn. 362. 46 Art. 87 Abs. 1, Art. 88 Abs. 3 EGV. Europarechtlich ist die Universität ungeach- tet ihres Lockerungsgrades als staatliche Stelle anzusehen. Zur möglichen Anwend- barkeit des „De-minimis“-Privilegs vgl. die VO (EG) Nr, 1998/2006, Art. 88 III EGV. Zur Problematik auch S. Huber/J. Prikoszovits Universitäre Drittmittelforschung und EG-Beihilferecht, EuZW 2008, 171ff.; J.F. Lindner Die Europäisierung des Wissen- schaftsrechts, WissR 2009 (Beiheift 19), 106ff. Universitäten im Wettbewerb 375 c) „Governance der Hochschule“ als multipolare Regelungsstruktur 47 Im Modell der „Neuen Hochschule“ werden verschiedene Modi der Entscheidungsgenerierung und Handlungskoordination zu einer multi- polaren Regelungsstruktur miteinander verflochten.48 Da ist zunächst die hoheitliche staatliche Regulierung, die sich auf den legislatorischen Rahmen und wenige administrative Funktionen zurückgezogen hat: den Abschluß von Zielvereinbarungen, insb. als Grundlage der Budge- tierung,49 und die legitimatorische Rückanbindung durch Rechts- aufsicht. Die Aufgaben der Fachaufsicht, auch wenn de lege lata noch vorhanden, sind faktisch dagegen weitgehend auf den Hochschulrat verlagert worden. Die traditionelle akademische Selbstverwaltung als Partizipation sachkundig Betroffener beschränkt sich auf das verfas- sungsrechtlich unabdingbare Minimum in Forschungs- und Lehrange- legenheiten. Daneben tritt die Managementselbstverwaltung der Hoch- schulleitung mit den erwähnten wettbewerbsrelevanten Funktionen, die sie zum zentralen Akteur macht. Ein neues Phänomen ist die Außen-

47 Nickel (Fn. 19), 63, weist auf den durchaus uneinheitlichen Begriffsgebrauch von „Governance“ im Hochschulbereich auf, der im Endeffekt die Vielzahl von öffent- lichen und privaten Akteuren umschreibt. 48 Vgl. D. Jansen Governance of Research – Working toward Interdisciplinary Concepts in: dies. (Hrsg.), New Forms of Governance in Research Organizations, Dordrecht 2007, 109 (115ff.); H.-H. Trute/Kühlers/A. Pilniok Governance und Verwal- tungswissenschaft in: U. Ramsauer/V. Mehde (Hrsg.), Grundlage der modernen Verwaltungslehre, 2009, 22; G. Schuppert/A. Voßkuhle (Hrsg.) Governance von und durch Wissen, 2008; H.-H. Trute/A. Pilniok Von der Ordinarien- über die Gremien zur Managementuniversität? Veränderte Governance-Strukturen der universitären Forschung und ihre normativen Konsequenzen in: D. Jansen (Hrsg.), Neue Gover- nance für die Forschung, 2009, 21ff.; D. Jansen Neue Governance im deutschen For- schungssystem. Umsetzung und Wirkung auf der Arbeitsebene der Forschung, ebda., 37ff.; Nickel (Fn. 19), 62ff. 49 Dazu M. Jaeger/M. Leszczensk, Formelgebundene Mittelverteilung und Zielver- einbarungen als Instrumente der Budgetierung an deutschen Universitäten, HIS-Kurz- infomation A 11/2005; F. Ziegele Zielvereinbarungen als Kern des „Neuen Steue- rungsmodells“ in: HRK (Hrsg.) Von der Qualitätssicherung der Lehre zur Qualitäts- entwicklung als Prinzip der Hochschulsteuerung. Beiträge zur Hochschulpolitik, 2006; M. Jaeger Zielvereinbarungen an Hochschulen im Spannungsfeld zwischen Strategi- scher und operativer Steuerung in: HRK (Hrsg.) Qualitätsorientierte Hochschul- steuerung und externe Standards. Beiträge zur Hochschulpolitik, 2007; S. Garbade/ K. Gerlof/H. Schiwek Zusammenspiel von Zielvereinbarungen und formelgebundenen Mittelvergabemodellen, in: S. Nickel/F. Ziegele (Hrsg.) Bilanz und Perspektiven der leistungsorientierten Mittelverteilung (CHE-Arbeitspapier Nr. 111), 11/200879 (80ff.). Allg. zu den Grundlagen im NPM: D. Budäus Von der bürokratischen Steueurng zum New Public Management – Eine Einführung in: ders./P. Conrad/G. Schreyögg (Hrsg.), New Public Management. Managementforschung Bd. 8, 1988. 376 Max-Emanuel Geis steuerung durch intern nicht steuerbare Dritte, die grob in zwei Unter- gruppen zu scheiden sind: Drittmittelgeber und Wissenschaftsorganisa- tionen. Mit Ausnahme der letzten Gruppe können die Akteure zwischen hoheitlichen und wettbewerblichen Steuerungsinstrumenten wählen, wobei die konsensualen Modelle den Vorteil einer reibungslo- seren, also effizienteren Handhabung versprechen.50 In dieser komplexen Regelungsstruktur51 erfolgt die Detailsteuerung der einzelnen Akteure nicht mehr (unmittelbar) durch das Hochschul- recht, das nur noch den Rahmen setzt, sondern durch eine Vielzahl von Verknüpfungen und Wechselwirkungen. So definieren Drittmittelgeber wie DFG, BMBF, EU, gemeinnützige Organisationen und Industrie Förderbedingungen unterschiedlicher Art. Sachverständigengremien wie der Wissenschaftsrat, Wissenschaftsorganisationen und die er- wähnten freien „Think tanks“ setzen vom Staat und den Universitäten unabhängige Strukturempfehlungen, wissenschaftliche Standards und Verhaltenskataloge ein, die zur Voraussetzungen weiterer Entscheidun- gen (im Bereich der Finanzierung, leistungsorientierten Mittelvergabe und der leistungsbezogenen Gehaltszulagen) gemacht werden. Ihre Steuerungswirkung beruht auf faktischem Anpassungsdruck. Diese Mixtur von rechtlichen und ökonomischen Mechanismen ist ein Prototyp „regulierter Selbstregulierung“52 und kann im Sinne der Governanceforschung als typisches Referenzgebiet der neuen Verwal- tungsrechtswissenschaft apostrophiert werden.53

50 Zu den subtilen Mechanismen von Zielvereinbarungen schon F. W. Scharpf Ver- handlungen im Schatten der Hierarchie, PVS 32 (1991), 621 (629); U. Battis/J. Kersten Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die verhandelnde Verwaltung im Hoch- schulbereich, DVBl. 2003, 349ff.; V. Epping Verwaltungsreform als Verwaltungsauf- gabe, VerwArch 99 (2008), 432 (439); C. D. Classen Zielvereinbarungen – ein neues Steuerungsinstrument der Hochschulpolitik aus juristischer Sicht, Hochschulmanage- ment 2009, 31ff. 51 W. Hoffmann-Riem Gesetz und Gesetzesvorbehalt im Umbruch, AöR 130 (2005), 5 (17ff., 29f.); H.-H. Trute Verantwortungsteilung als Schlüsselbegriff eines sich ver- ändernden Verhältnisses von öffentlichem und privatem Sektor, in: G. F. Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem Staat“, 1999, 13ff. 52 Vgl. dazu G. F. Schuppert Das Konzept der regulierten Selbstregulierung als Be- standteil einer als Regelungswissenschaft verstandenen Rechtswissenschaft, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem Staat“. Verantwortungsteilung als Schlüsselbegriff eines sich verändernden Verhältnisses von öffentlichem und privaten Sektor, 1999, 13–46. 53 Gärditz (Fn. 23) 619ff. u. passim; Lindner (Fn. 46), 82, m.w.Nw. Zum Typus des Referenzgebietes Voßkuhle (Fn. 24) Rn. 43ff.; V. Röben, Funktionen des Verwaltungs- akts: Vom Gesetzesvollzug zur Gestaltung, VerwArch 99 (2008), 46ff. Universitäten im Wettbewerb 377

3. Weitere exemplarische Wettbewerbsebenen a) Wettbewerb um Wissenschaftler Der Wettbewerb um Wissenschaftler ist wesentlich vom Rechtsrah- men und von den Finanzierungsmöglichkeiten abhängig. Da nahezu alle, die mit der W-Besoldung in Berührung gekommen sind, sich hier bestens auskennen dürften, verzichte ich auf nähere Ausführungen. Da die massivste Wettbewerbsbehinderung der Universitäten im natio- nalen wie im internationalen Vergleich indes vom Vergaberahmen des § 34 BBesG ausgeht, der im Gegenzug aber keinen Schutz vor Etat- kürzungen begründet, ist seine Abschaffung – wie in Thüringen und Nordrhein-Westfalen bereits geschehen – die institutionenökonomisch einzige sinnvolle Konsequenz; Kostenexplosionen können durch Glo- balhaushalte ebenso verhindert werden. b) Wettbewerb um Studierende In Abkehr von der Doktrin der 70er Jahre räumt die Monopol- kommission dem Wettbewerb um gute Studierende einen wichtigen Platz ein. Einmal sollen die Studierenden durch die Teilnahme an den in den letzten Jahren eingeführten Auswahlverfahren konkurrieren.54 Als zweites Element soll die Einführung von Studiengebühren das beidersei- tige Bewusstsein eines synallagmatischen Preis-Leistungs-Verhältnisses erzeugen;55 auch würden Studierende stärker als bisher wirtschaftliche Überlegungen in ihre Studienentscheidung aufnehmen, insb. die Chan- cen am Arbeitsmarkt ausloten, sowie effizient und kurz (!) studieren.56 Dieses Verständnis reduziert das Studium auf die unmittelbare Verwert- barkeit der Erlernten auf dem Arbeitsmarkt, als Investition in das eigene Humankapital. Im Gegenzug soll die Nachfrage bei bestimmten Univer- sitäten als Qualitätsindikator der Dienstleistung „Unterricht“ fungieren. Etwas verschämt wird daneben die schlichte Geldschöpfung zur Verbes- serung der Studienbedingungen als Grund zugegeben. Die von der Monopolkommission erhoffte Indikatorenleistung ist je- doch überaus fraglich. Für die Investitionsentscheidung sind eine Viel- zahl von effizienzneutralen Motiven der Studierenden entscheidend wie persönliche Bindungen, Wohnsituation, Lebenshaltungskosten, sozio- kulturelles Umfeld und Finanzierung durch Dritte. Immerhin ist nach einer HIS-Studie aus dem Jahr 2008 die Verknüpfung von Studienbei-

54 Vgl. zu den Einzelheiten stv. das BayHZG und die BayHZV; dazu Geis in: ders. (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2009, II Rn. 57ff. 55 Monopolkommission (Fn. 7) 62. 56 Monopolkommission (Fn. 7) 63. 378 Max-Emanuel Geis trägen und Qualitätserwartungen mit einer Quote von 2 % nur ganz mi- nimal;57 ebenso mit 3,6 % das Motiv, dass ein Studium wegen Studien- beiträgen aus finanziellen Gründen unterbleibt. Auch setzt die Annahme, Studienbeiträge könnten als Indikator für einen Quasi-Wettbewerb um Studenten dienen, die Möglichkeit einer „Preisbildung“ voraus. Die weitgehende Standardisierung der Beitrags- höhe hebt den Wettbewerbsanreiz weitgehend wieder auf. Allenfalls der Verzicht auf Studienbeiträge spielt im föderalistischen Wettbewerb eine gewisse struktur- und bildungspolitische Rolle. Darüber hinaus wird in weiten Teilen des ökonomischen,58 aber auch des juristischen59 Schrift- tums verkannt, dass es sich – abgabenrechtlich – nicht um Gebühren für eine synallagmatische Gegenleistung,60 sondern eben um Beiträge handelt, die nur die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Güter eröff- nen.61 Es handelt sich also nicht um Entgelt für erhaltene individuelle Leistungen, sondern um eine auch im öffentlichen Interesse erhobene Abgabe.62 Schließlich wird die Wettbewerbswirkung wesentlich durch sozial- und familienpolitisch indizierte Ausnahmen von der Beitrags- pflicht reduziert.63 Die mangelnde ökonomische Steuerungswirkung von Studienbeiträ- gen wird um so mehr steigen, wenn durch die politisch gewollte mas- sive Erhöhung des Studierendenanteils auf 40 %64 der Abiturjahrgänge

57 Chr. Heine/H. Quast/H. Spangenberg Studiengebühren aus der Sicht von Studi- enberechtigten. Finanzierung und Auswirkungen auf Studienpläne und -strategien, HIS-Forum Hochschule 15 (2008), 13ff. 58 Vgl. nur Block (Fn. 9) 153 (163); F. Hillebrand Hochschulfinanzierung – Studien- gebühren als Element eines wettbewerbsorientierten Hochschulwesens, in: A. Neun- dorf u.a. (Hrsg.), Hochschulen im Wettbewerb, 2009, 94ff. Auch die Monopolkom- mission (Fn. 7) unterliegt diesem Fehler, 10. 59 M. Behnisch Universitäten im Dienstleistungswettstreit. Der Stellenwert der Wissenschaftsfreiheit für eine leistungsorientierte Ressourcensteuerung, 2007, 88ff. Freilich unterliegt sogar BT-Drs. 14/8732, 7 (zu Nr. 3) diesem Lapsus. Unklar auch Chr. Musil Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung, 2005, 333f. 60 Wie das frühere Kolleggeld; vgl. H.H.Rupp Bemerkungen zum Wettbewerb und „Ranking“ der deutschen Universitäten, WissR 21 (1988), 138 (140f.). 61 L. Kronthaler, in: M.-E. Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern (HSRBY), 2009, VIII, Rn. 159. 62 Kronthaler (Fn. 61) Rn. 166. Zur Verfassungsmäßigkeit von Studienbeträgen vgl. HessStGH, NVwZ 2008, 883ff.; Geis (Fn. 54) II Rn. 117. 63 Etwa durch die Befreiung kinderreicher Familien, „Geschwister- und Alleinerzie- hendenboni“. Vgl. dazu Art. 71 Art. 5 S. 2 BayHSchG. 64 So der Koalitionsvertrag der Großen Koalition CDU/CSU/SPD vom 2005, 41: „Wir halten fest am Ziel, mindestens 40 % eines Altersjahrgangs für ein Hochschul- studium zu gewinnen. Deutschland braucht mehr Hochqualifizierte, um den wirt- schaftlichen Anforderungen der Zukunft Rechnung zu tragen“. Universitäten im Wettbewerb 379 dem Gebot vollständiger Kapazitätsausschöpfung eine noch höhere Bedeutung zukommen wird. Die Wettbewerbswirkung darf also im Hinblick auf die Anbieterqualität als misslungen angesehen werden, un- berührt hiervon bleiben der Regional- und der Beschleunigungsfaktor und der Finanzierungszweck.65 Bis heute umstritten ist dagegen, ob die Einführung einheitlicher Bachelor-/Master-Strukturen durch internationale Durchlässigkeit den Wettbewerb um Studierende befördert oder behindert. Die ökonomi- sche These, dass Wettbewerb Unterscheidbarkeit des Produkts verlangt, sowie aktuelle Untersuchungen über die stagnierende Inlands- und Auslandsmobilität in BA-Studiengängen66 sprechen eher für letzteres. c) Wettbewerb im Rahmen der EU-Forschungsförderung Im supranationalen Wettbewerb spielt die Forschungsförderung durch die EU mittlerweile eine zentrale Rolle.67 Da die Drittmitteleinwerbung hochkompetitiv ausgestaltet ist, nimmt sie als Evaluationskriterium mittlerweile einen der DFG-Förderung vergleichbaren Rang ein. Aller- dings ist der Wettbewerb auf europäischer Ebene spätestens durch die Schaffung des europäischen Forschungsraumes nicht von der Vorstel- lung einer voraussetzungslosen Wissenschaft geprägt, sondern eindeu- tig in den Dienst der wirtschaftlichen und politischen Ziele der EU ge- stellt.68 Die Förderung des Forschungs- und Technologiebereichs soll Europa „zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten, wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ machen, der Bewältigung staatenübergreifen- der Probleme und der Verwirklichung der nachhaltigen Entwicklung der EU dienen. Noch deutlicher betont das 7. Forschungsrahmenpro- gramm69 als Primärziele die „Stärkung der wissenschaftlichen und techno- logischen Grundlagen der in der Gemeinschaft angesiedelten Industrie und ihrer Wettbewerbsfähigkeit sowie die Unterstützung aller Forschungsmaß- nahmen, die aufgrund anderer Politikrichtungen der Gemeinschaft für er-

65 Ein Wettbewerbsverhältnis entsteht daher allenfalls im Verhältnis zu den privaten Hochschulen mit „echten“ Studiengebühren. Die Studierendenzahlen sind allerdings zu unterschiedlich, um daraus für die staatlichen Universitäten untereinander Folge- rungen ziehen zu können. 66 Chr. Heine/M. Krawietz Mobilität von Studierenden im Inland (Vortrag auf einer HIS-Tagung in Hannover am 12./13. 3. 2008), Manuskript, 16f.; 25–27; DAAD/ BMBF, Internationale Mobilität im Studium, 2009 (http://www.his.de/pdf/21/Konfe- renz_2009–05–14.pdf). 67 Ausf. Lindner (Fn. 46) 48ff. 68 Art. 3 I lit. n, Art. 163 EGV. 69 Vom 16. 06. 2004 (Beschluss Nr. 1982/2006/EG), Beginn 2006. Ausf. Lindner (Fn. 46) 60ff. 380 Max-Emanuel Geis forderlich gehalten werden“.70 Dieses Forschungsverständnis grenzt die Offenheit für Vielfalt und Kreativität a priori auf Gebiete mit europäi- schem Mehrwert wie Life Sciences ein.71 d) Wettbewerb am Beispiel internationaler Forschungsrankings Der Wettbewerb von Universitäten im internationalen Vergleich ist kein regulierter Wettbewerb, da es keine übergeordnete Autorität gibt, die Anreize verteilt. Einen wesentlichen Stellenwert bei der internatio- nalen Standortbestimmung einer Universität stellen internationale For- schungsrankings wie das Times-Ranking72 und das Shanghai Ranking73 dar, die eine hohe Aufmerksamkeit in der Politik genießen,74 bei denen deutschsprachige Universitäten aber meist mäßig abschneiden, wie heute in der Presse zu lesen. Dies darf nicht verwundern, bilden Ran- kings doch nur die Relationen ab, die vorher eingegeben wurde. Beide Rankings sind bei genauer Betrachtung in der Grobschlächtigkeit ihrer Indikatoren kaum zu überbieten.75 So ist es kaum erstaunlich, dass die Spitzenplätze U.S.-amerikanischen Universitäten vorbehalten sind, wenn von vornherein nur englischsprachige Publikationen in drei Or- ganen, nämlich in „Nature“, „Science“ und im „Web of Science“ erfasst werden. Auch werden bei der Betreuungsrelation wissenschaftliches Personal – Studierende die Kopfzahl, nicht die Vollzeitäquivalente zu Grunde gelegt, und die Anzahl der hervorgebrachten Nobelpreisträger seit 1911 (!) mit 20 % gewichtet. Politische Weichenstellungen, die sol- chen Trivialerkenntnissen bindenden Charakter beimessen, sind nicht

70 Krit. U. Battis Zur Reform des Organisationsrechts der Hochschulen, DÖV 2006, 498 (500); Wettbewerb in der Grundlagenforschung durch Teams. Zur Problematik des Vergabeverfahrens Lindner (Fn. 46) 90. 71 Vgl. insb. den Fördertyp „Zusammenarbeit“; aus der Lit. H. Zacher Forschungs- freiheit und Forschungsförderung in Europa, FS G. Jahr, 1993, 199ff.; C. D. Classen Forschungsförderung durch die EG und Freiheit der Wissenschaft, WissR 28 (1995), 97ff. 72 Times-Higher Education Supplement (http://www.thes.co.uk/worldrankings) 73 http://www.arwu.org/rank2008/ARWU2008Methodology(EN).htm 74 BMBF, Stellungnahme der Bundesregierung zum Grünbuch der EU-Kommis- sion „Der Europäische Forschungsraum: Neue Perspektiven“, 6; R. Münch/M. Pech- mann Der Kampf um Sichtbarkeit, in: J. Bogumil/R. G. Heinze Neue Steuerung von Hochschulen. Eine Zwischenbilanz, 2009, 67 (90). 75 Dies ergibt eine Untersuchung des sonst der Bibliometrie zugeneigten CHE (www.che.de/cms/?getObject=108&getName=Universit%E4t+Shanghai+Ranking& getLang=de; www.che.de/cms/?getObject=63&getLang=de). Ähnliche Verzerrungen gelten für die seit 2007 dem THES-Ranking zugrunde liegende internationale Publi- kationsdatenbank SCOPUS (NL), die keine geisteswissenschaftlichen Fächer berück- sichtigt und nur Journalbeiträge erfasst. Universitäten im Wettbewerb 381 nur unsolide, sondern hoch fahrlässig, da sie zu einem Verhalten be- einflussen, das dem Flaschenhals der Indikatoren entspricht, und so ein massiv verzerrtes Abbild der Forschungsperformanz darstellen.

III. Grenzen des Wettbewerbsmodells

Über die Vorzüge des Wettbewerbsmodells, insb. die Flexibilitäts- und Effizienzgewinne, wurde in den vorangegangenen Themenberei- chen ausführlich berichtet. Ich beschränke mich daher auf spezifische Implementationsprobleme im Wissenschaftsbereich. Dabei kann man externe Störfaktoren in Politik und Recht bei der Umsetzung und im- manente Konstruktionsschwächen unterscheiden.

1. Externe Störfaktoren a) Politische Rahmenbedingungen Das Effizienzkriterium im Wettbewerb zwischen Universitäten kann einmal durch regional-, struktur- und arbeitsmarktpolitische Ziele über- lagert werden. Auch politische Prestigeobjekte werden entgegen der ökonomischen Rationalität trotz mangelnder Effizienz gestützt.76 Unter- schiedliche Standortfaktoren, etwa das Vorhandensein von Industrie und außeruniversitären Forschungseinrichtungen können Startvorteile begründen, die sich in erleichterter Drittmittelakquise äußern können. Auch widersprechen einheitliche Bachelor- und Mastergrade von Uni- versitäten und Fachhochschulen der Forderung nach Unterscheidbar- keit der Produkte, werden aber aus Statusgründen politisch forciert. b) Rechtliche Antinomien Wettbewerb kann weiter durch entgegenstehende rechtliche, häufig ideologisch begründete Regelungen unterlaufen werden. Ein grund- sätzlicher Widerspruch besteht zwischen der Qualitätsforderung für Studienangebote und des seit der Numerus-Clausus-Rechtsprechung bis heute unverändert fortgeltenden „Gebots erschöpfender Kapazitäts- auslastung“,77 das vom Bundesverwaltungsgericht zu einem „Verbot

76 Beispiele (allerdings aus dem Privathochschulbereich) sind die International Uni- versity Bruchsal, aber auch die Universität Witten-Herdecke) 77 BVerfGE 33, 303 (323); daher wird auch das Phänomen des sog. „Kapazitäts- prozesses“ bis auf weiteres nicht verschwinden; vgl. W. Zimmerling/W. Brehm Hoch- schulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 307ff., m. w. Nw. 382 Max-Emanuel Geis der Niveaupflege“78 verschärft wurde. Die mittlerweile eingeführten Auswahlverfahren schwächen diese Antinomie durch Verteilung nur ab, vermindern aber die Studierendenzahl insgesamt nicht. Eine protektionistisch intendierte Antinomie zum Wettbewerbs- gedanken, die allerdings vom Bundesverfassungsgericht genüsslich frei- gelegt und auf gordische Art gelöst wurde, war das faktische Verbot der Habilitation durch das 5. HRGÄndG, das zur Unterdrückung eines be- fürchteten Wettbewerbs mit dem Qualifikationsweg „Juniorprofessor“ lanciert worden war.79 Solche normativen Inkonsequenzen, die im Spannungsfeld zwischen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers und dem rechtstaatlichen Ge- bot der Widerspruchsfreiheit bzw. Folgerichtigkeit der Rechtsordnung80 angesiedelt sind, stehen einem konsistenten Anreizsystem entgegen.

2. Immanente Grenzen a) Das Dogma der Messbarkeit wissenschaftlicher Qualität Das Dogma der Messbarkeit wissenschaftlicher Leistungen erfordert möglichst objektive, exakte und wissenschaftsadäquate Bewertungs- kriterien und -verfahren,81 deren Entwicklung derzeit auf die Hoch- schulebene delegiert ist. Im Bereich der Lehre erscheint dies realisier- bar, da mit den Vorlesungen standardisierte und daher vergleichbare Formen der Wissensvermittlung existieren. Das Verhältnis der Anfän- ger- zu den Absolventenzahlen, die durchschnittliche Studiendauer, die erzielten Ergebnisse, integrierte Auslandssemester, die Möglichkeit von Mehrfachabschlüssen, mit Vorbehalt auch studentische Lehrevaluatio-

78 BVerwG, U. vom 18. 09. 1981 – 7 N 1/79, sub II 5 a; U. v. 18. 05. 1982 – 7 C 15/80, sub II 1. BVerwGE 60, 25 (45); ebenso VGH Mannheim, WissR 1976, 172 (174) und OVG Hamburg, NVwZ 1983, 361, sowie kürzlich, B. v. 17. 10. 2008 – 7 CE 08.10627; vorsichtiger BVerfGE 40, 352 (354). Krit. H. Sendler, DÖV 1978, 581 (586); Geis (Fn. 3) 9 (18, 26). 79 BVerfGE 111, 255ff.; dazu D. Krausnick Aus dem Rahmen gefallen, DÖV 2005, 902ff.; M.-E. Geis Zwischen „Entfesselung“ und neuen Restriktionen, DV 38 (2008), 77ff. 80 BVerfGE 98, 106 (118ff.); 98, 265 (301); 108, 169 (181ff.); 110, 410 (433ff.) BVerfG, B. v. 28. 4. 2009 – 1 BvR 224/07: Krit. zu diesem Prinzip R. Wernsmann Ver- haltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, 183f.; M. M. Kohl Das Prin- zip der widerspruchsfreien Normgebung, Diss. Hamburg 2007. 81 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung von Studium und Lehre, 2008, BVerfGE 111, 333 (359). Ges. begr. (Fn. 9), 13f., 21). Dazu Th. May/ C. Mülke, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), Hochschulrecht in Bund und Ländern, Stand 2008, § 19 Rn. 3. Universitäten im Wettbewerb 383 nen und Arbeitgeberbefragungen können bei schlüssiger Kombination, die aber stets auch peer-review-Elemente und Sicherungen gegen Miß- brauch enthalten muss, zu einer rationalen Qualitätsaussage gelangen.82 Dagegen scheint die Entwicklung von Leistungsindikatoren im For- schungsbereich kaum lösbar, ungeachtet den darauf zielenden Anstren- gungen der Szientometrie als junger Teildisziplin der Statistik. Grund- sätzlich kann die Frage nach der Qualität einer wissenschaftlichen Leistung nur im wissenschaftlichen Diskurs beantwortet werden,83 weil eine Reihung von Wahrheit, Konsistenz oder Schlüssigkeit nicht vor- stellbar ist. Daher wird auf Ersatzindikatoren ausgewichen, die unter den Universitäten sehr heterogen sind und deren Validität äußerst um- stritten ist.84 Überwiegend wird eine Verwendung quantitativer Krite- rien vorgeschlagen, die sukzessive um qualitative Kriterien ergänzt werden sollen.85 Und in der Tat: Die Objektivitätssuggestion messbarer Zahlen und die Akzeptanz des darauf beruhenden Werturteils beruht auf ihrer schwereren Negierbarkeit:86 Da Zahlen keine Aussage als solche ent-

82 Vgl. dazu M. Fries Evaluation von Forschung und Lehre in Bayern, in: ISB (Hrsg.), Beiträge zur Hochschulforschung 2003, 6ff.; M.Schwaiger/M. Schloderer Studienzufriedenheit – auch Universitäten brauchen Consumer Insights, in: R. Voss/ Th. Gruber, Hochschulmarketing, 2006, 49ff.; Geis, (Fn. 54), II, Rdn,. 32f. m. w. Nw.; H. J. Küpper, in: M.-E. Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern II, 2009, Rn. 281ff. m.w. Nw. 83 Vgl. auch BVerwGE 102, 304 (311ff.). 84 S. Hornbostel, Wissenschaftsindikatoren. Bewertungen in der Wissenschaft. 1997; P. Larédo Benchmarking of RTD Policies in Europe: Research Collectives as an Entry Point for Renewed Comparative Analysis. Science and Public Policy 28, 2001, 285ff. Krit. W. Hoffacker Die Universität des 21. Jahrhunderts 2000, 95ff.; ders, Zur Rolle von Vertrauen und Recht, Markt und Kontrakt, WissR 36 (2003), 92 (99); G. Franck Wettbewerb im Hochschulwesen – Was heißt das?, FuL 4/2002, 174f. 85 So bereits die Begr. zum 4. HRGÄndG (BT-Drs. 13/8796, 15), unter Verweis auf den HIS-Projektbericht, „Formelgebundene Finanzzuweisung des Staates an die Hoch- schulen“ (1994). Vorsichtig optimistisch H. Seidler Die Ersetzung des Rechts durch die Ökonomie, WissR 32 (1999), 261 (264f.); Trute, WissR 33 (2000), 134 (135), Hendler/ Mager, VVDStRL 65 (2006), 238 (257), 274 (293); – Trute/Pilniok (Fn. 48), 30; BVerfGE 111, 333 (359) hat diese Art eines piecemeal engineering gebilligt. Fundiert krit. da- gegen R. Münch Die Konstruktion von Elite-Universitäten durch soziale Schließung, in: H.-J. Blanke, Bildung und Wissenschaft als Standortfaktoren, 2007, 111 (117ff.). 86 T. W. Porter Trust in Numbers. The Pursuit of Objectivity in Science and Public Life, Princeton, 1995; B. Heintz Zahlen, Wissen, Objektivität, in: A. Mennicken/ H. Vollmer (Hrsg.), Zahlenwerke, Wiesbaden, 2007, 65ff.; dies. Governance by Num- bers. Zum Zusammenhang von Quantifizierung und Globalisierung am Beispiel der Hochschulpolitik, in: G. F. Schuppert/A. Voßkuhle (Hrsg.), Governance von und durch Wissen, 2008, 110 (117). 384 Max-Emanuel Geis halten, erfordert ein Zweifel die – kaum vorhandene – Kontrollmög- lichkeit über ihr Zustandekommen. In der Leistungserhebung fehlt auch die Möglichkeit, darüber in einen Diskurs zu treten und führt da- her zur Kritikresistenz.87 Nach neueren Erkenntnissen der Speyerer Forschergruppe „Gover- nance der Forschung“88 sind indes alle geläufigen – auch die scheinbar objektivierenden – Indikatoren mit erheblichen Unwägbarkeiten be- lastet und daher nur sehr bedingt aussagekräftig. Da Evaluationen aus Praktikabilitätserwägungen vielfach auf schematisch vereinfachte und wenige Kriterien beschränkt sind,89 ist ein Performanzvergleich nur in- nerhalb homogener Forschungsfelder sinnvoll. Betriebswirtschaftliche Effizienzmessmethoden wie die Data Envelopment Analysis (DEA)90 versuchen dem durch individuelle Gewichtungsfaktoren gerecht zu werden; was aber am Grundproblem der quantitativen Erhebung nichts ändert:91 Gemessen wird nicht der Gehalt und die Bedeutung von Forschungsergebnissen, sondern die Input-Output-Relation von Forschungsprozessen.92 Dieser Vergleich unterliegt aber einem ent- scheidenden Fehler: Er setzt voraus, dass ein wissenschaftliches Pro- blem durch Einsatz eines vergleichbaren Human- und Sachkapitals in vergleichbarer Zeit gelöst werden kann. Das Nachdenken oder die Fal- sifizierung von Hypothesen, mit anderen Worten: das Reifen von Ent- scheidungen hat in diesem System keinen Platz. Damit ist aber ein Kernelement wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit ignoriert: Erkennt-

87 Heintz Governance by Numbers (Fn. 90), 117. 88 D.Jansen/A.Wald/K.Franke/U.Schmoch/T.Schmidt Drittmittel als Performance- indikator der wissenschaftlichen Forschung, KZfSS 59 (2007), 125ff. m. zahlr. w. Nw. Zur Relativität von Kennzahlen auch J. Heß Sind die Neuen Steuerungsinstrumente wissenschaftsadäquat? in: Fisch/Koch (Fn. 35), 145 (155). 89 Vgl. Küpper, HSRBY (Fn. 82) II Rn. 267. Exemplarisch zur Praxis in Bremen S. Garbade/K.Gerlof/H.Schiwek Zusammenspiel von Zielvereinbarungen und formel- gebundenen Mittelvergabemodellen, in: S. Nickel/F. Ziegele (Hrsg.), Bilanz und Per- spektiven der leistungsorientierten Mittelverteilung, CHE-Arbeitspapier Nr. 111, Gü- tersloh 2008, 79 (84, 88). 90 Vgl. M. Gutierrez Effizienzmessung in Hochschulen. Evaluation von Forschungs- und Lehreinheiten mit der Data Envelopment Analysis, Wiesbaden 2005; ders. Mes- sung der Effizienz von Professuren mittels Data Envelopment Analysis, Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Special Issue 5 (2007), 101ff. 91 So werden als Inputgröße das wissenschaftliche Personal und die verfügbaren Mittel angesetzt, als output etwa fachspezifische Publikationstypen, deren Impact- Faktor über score-Punkte abgebildet wird. 92 R. Wagner-Döbler The System of Research and Development Indicators: Entry Points for Informations Agents, Scientometrics 62, 2005, 145ff.; Küpper, (Fn. 82), Rn. 278. Universitäten im Wettbewerb 385 nis ist nicht von der Stoppuhr abhängig. Damit sind Kosten-Nutzen- Analysen solcher Art nicht nur mit methodischen Schwächen behaftet, sie sind untauglich und können daher nicht zum Anknüpfungspunkt von Rechtsfolgen gemacht werden. Ihre Absurdität wird deutlich, wenn man bedenkt, dass nach heutigen Maßstäben etwa Immanuel Kants Kritik der reinen Vernunft völlig durch das Effizienzraster fiele.93 Doch auch das bibliometrische Instrument der Zitationsindizes94 lässt keine hinreichenden Schlüsse auf Forschungsperformanz zu. Die Möglichkeit von Zitationsstrategien bis hin zu Zitationskartellen ist allgemein bekannt. Dagegen wurde bislang noch viel zu wenig berück- sichtigt, dass disziplinär unterschiedlich lange Vorlauf-, Begutachtungs- und Rezeptionszeiträume für eine echte Vergleichbarkeit relevante Zeit- fenster definieren müssten. Auch die Erfassung der Publikationsanzahl gaukelt durch rational nicht recht begründbare Impactfaktoren der Me- dien wissenschaftliche Qualität vor. Schließlich können EDV-gestützte bibliometrische Methoden nur abbilden, was zuvor in Such-Algorith- men festgelegt worden ist. Aus der Bibliometrie der Rechtswissenschaf- ten ist bekannt, dass Monographien, Festschriften, Handbuchbeiträge, Kommentierungen, aber auch Staatsrechtslehrertagungsvorträge, also ein wesentlicher Anteil der Gesamtproduktion bislang nicht erfasst wer- den.95 Letztlich müssen bibliometrische Methoden ihrerseits permanent evaluiert werden, was zu einem regressus ad infinitum führt. Als relativ einfach zu erhebender Ersatzindikator hat das Drittmittel- aufkommen in allen leistungsbasierten Verteilungsverfahren an deut- schen Universitäten die größte Relevanz,96 vereint es doch die mess-

93 Ebenso K.P. Liessmann Theorie der Unbildung, 2006, 89ff. Zur 12-jährigen Ent- stehungsgeschichte des Werks und seiner zunächst sehr mäßigen Rezeption vgl. K. Vorländer Immanuel Kant. Der Mann und das Werk, Sonderausgabe der 3. Aufl. (2003), 256ff., 285ff. Der Phantasie bleibt vorbehalten, welche aktuellen Werke dem Verdikt der Ineffizienz anheim fallen würden. 94 Am bekanntesten dürften die vom Institute for Scientific Information (ISI) – seit 1992 Thomson Scientific – erstellten SCI (Science Citation Index) und die – umfang- reichere – online-Version „SCIE“ (Science Citation Index expanded) sein. Sektoral stehen der „Arts&Humanities Citation Index“ und der „Social Science Citation Index“ zur Verfügung. 95 Das CHE hat daher die quantitative Erfassung der Forschung im letzten Ranking ausgesetzt. 96 Vgl. M. Jaeger Leistungsbezogene Budgetierung an deutschen Universitäten, Wissenschaftsmanagement 2006, 30 (32). Nach den Berliner Hochschulverträgen 2006–2009 von 2005 wurde für die Zuschussberechnung an die Hochschulen ein Drittmittelgewichtungsparameter ab 2008 von 0,6 angesetzt, während Promotionen mit 0,2, und Publikationen mit lediglich 0,1 veranschlagt werden (Quelle: www.berlin. de/sen/wissenschaft-und-forschung/rechtsvorschriften/hochschulvertraege) 386 Max-Emanuel Geis bare monetäre Höhe mit einem Gutachtervotum.97 Freilich misst dieser Indikator die Antragsqualität, nicht das Ergebnis; es handelt sich also nur um eine fiktive Input-Output-Berechnung. Es ist aber nicht zwin- gend, dass derjenige gute Forschung betreibt, der erklärt, was er mit einem Großgerät in Zukunft zu forschen gedenkt. Schließlich ist nach- weisbar, dass ab einem bestimmten Drittmittelvolumen der Effizienz- grad wegen der ansteigenden Verwaltungskosten für Personal, Räume und Sachmittel wieder sinkt. Außerdem kumulieren sich Drittmittel und Publikationen gegenseitig, Forschung mit „Erstmitteln“ wird in- sofern vom System benachteiligt und daher weniger attraktiv.98 Damit ist zumindest die dominierende Stellung der Drittmittelquote als Qua- litätsindikator,99 die an nicht wenigen Universitäten mittlerweile prakti- ziert wird, abzulehnen. So bleibt – neben Patenten – als einzig wirklich wissenschaftsadäquate Methode100 das peer-review-Verfahren, das zwar ebenfalls methodische Angriffspunkte bietet,101 aber sich als einziges Verfahren diskursiv mit den zu prüfenden Inhalten auseinandersetzt. Ein Leistungsmessungs- verfahren muß daher in einem wesentlichen Ausmaß durch peer- review-Elemente geprägt sein.102 Der hohe Aufwand ist wegen fehlen-

97 Der Anteil der drittmittelfinanzierten Forschung stieg zwischen 1980 und 2005 von 22 auf 40 %; dazu BMBF (Hrsg.), Bundesbericht Forschung und Information Berlin 2008, 484 mit Tabelle 26, 546. Instruktiv auch K. Franke, A. Wald und K. Bartl Die Wirkung von Reformen im deutschen Forschungssystem. Eine Studie in den Feldern Astro- physik, Nanotechnologie und Mikroökonomie. Speyerer Forschungsbericht, 2006. 98 Jansen (Fn. 88) 131. 99 Der soziologischen Forschung ist es vorbehalten, zu untersuchen, ob der Schluss von der Fähigkeit zur Geldakquise auf wissenschaftliche Qualität auf Max Webers These der Verbindung von Kapitalismus und protestantischer Ethik zurückzuführen ist (dazu Max Weber Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, hrsg. von D. Käsler, 2. Aufl. 2006). 100 Zu den Unwägbarkeiten in Bewertungssystemen generell J. Gerhards Reputation in der deutschen Soziologie – zwei getrennte Welten. Soziologie 31, 2002, 19ff.; J. All- mendinger Eine drei-Welten-Lehre wissenschaftlicher Reputation und ihre Messung. Soziologie 31, 2002, 56ff.; W. Rammert Die halbierte Reputation – eine grob fahrläs- sige und unfaire Rechnung! Soziologie 31, 2002, 53ff. 101 U.a. mangelnde Objektivität; kognitiver und disziplinärer Partikularismus; Schulenbildung; Fixierung auf mainstream; C. Kruytbosch The Role and Effectiveness of Peer Review. 69–85 in: D. Evered und S. Harnett (Hg.), The Evaluation of Scientific Research, 1989; G. D. Travis und H. Collins New Light on Old Boys: Cognitive and In- stitutional Particularism in the Peer Review System. Science. Technology & Human Values 16, 1991, 322ff. 102 Die Evaluation ist zur Gewährleistung der Wissenschaftsadäquanz daher perma- nent selbst zu evaluieren, was letztlich zu einem regressus ad infinitum führt. So aber die Idee der sog. Informed Peer Reviews vgl. H.-D. Daniel Wissenschaftsevaluation. Universitäten im Wettbewerb 387 der Alternativen kein Gegenargument. Strikt als wissenschaftsinadä- quat abzulehnen sind dagegen schematische Leistungspunkteverfah- ren.103 Per saldo zeigt das Problem unzureichender Qualitätsmeßbarkeit, dass das Wettbewerbsprinzip bis heute auf tönernen Füßen steht. Da- gegen läuft auch die vom Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber auferlegte Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht104 leer, da die konkreten Bewertungsmaßstäbe. b) Die Vernachlässigung des Kulturauftrags der Wissenschaft Die Wissenschaftsfreiheit schützt nicht nur den Weg zu neuer Er- kenntnis, sondern auch die Bewahrung im kollektiven Gedächtnis und Weitergabe des verdinglichten Erkenntnisschatzes. Darin liegt eine wesentliche Ausprägung des Kulturauftrags der Wissenschaft und der Universität.105 „Universitas“ lebt von der – durchaus moder- nen – Vorstellung der vernetzten Gesamtheit von großen und kleinen Disziplinen, von „vermarktbaren“ und „Orchideenfächern“. Ausdün- nungen106 und strukturelle Straffungen im Lichte der Effizienz – be- zahlt mit der Umwidmung oder dem Einzug „unrentabler Lehr- stühle“ – führen zu irreversiblem Verlust von Wissen.107 Damit ist

Center of Science and Technology Studies, CEST 2001/02, 2001; P. Weingart Impact of Bibliometrics upon the Science System: Inadvert Consequences? Scientome- trics 62, 2005, 117ff. Auch das Problem der Teamperformance ist wissenschaftsadä- quat nur durch peer review zu berwältigen, vgl. Jansen (Fn. 88) 129. Zur Vielzahl der Faktoren etwa die Studie von N. Carayol und M. Matt Does Research Organization Influence Academic Production? Laboratory Level Evidence from a Large European University. Research Policy 33, 2004, S. 1081ff. 103 Exemplarisch das LINF-Verfahren an der TU Berlin. 104 BVerfGE 95, 267 (314); 111, 333 (360). 105 Vgl. R. König Vom Wesen der deutschen Universität, Schriften Bd. 2 (hrsg. von H. P. Thurn), 2000, 15ff.; T. W. Adorno Theorie der Halbbildung, 1959, 103; T. Opper- mann, HStR VI § 145 Rn. 16; U. Hufeld Staatlicher Schutz der Universitas littera- rum, DÖV 2002, 309ff.; K. Peters Die jüngsten Universitätsreformen in Deutschland im Spiegel der aktuellen Rechtsprechung und des Schrifttums, NWVBl.2008, 365 (371); M.-E. Geis, in: ders. Hochschulrecht im Freistaat Bayern, III, 2009, Rn. 2; ders Universitas semper reformanda – Kulturelle Verantworung versus ökonomistische Effizienz, FS Udo Steiner, 2009, 203 (205ff.). Allgemein zur bewahrenden Funktion von Kultur P. Häberle Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, 1980, 289 (299) m. w. Nw. 106 Vgl. „Wissenschaftsland Bayern 2020“, Empfehlungen einer internationalen Ex- pertenkommission 2005, passim; sowie die Einrichtung von geisteswissenschaftlichen Zentren in Hessen quasi als Überlebens-Reservate. 107 Schon Schleiermacher warnte davor, “Einrichtungen zu vertilgen, die für sich schon geschichtliche Denkmäler sind„, und vor übereiligen Veränderungen (Über Universitäten im deutschen Sinne, 1808, hrsg. von Otto Braun, 1911, 46ff.). 388 Max-Emanuel Geis nicht gesagt, dass allfällige Flurbereinigungen nicht sinnvoll sein kön- nen. Trotz aller gegenläufigen Beteuerungen ist aber signifikant, dass die Geisteswissenschaften108 gegenüber den wirtschaftlich vermarkt- baren, „transferfähigen“ Wissenschaften ins Hintertreffen geraten. Wer aber an den Universitäten die Geisteswissenschaften abbaut, baut den Geist selber ab. Dies bei strategischen Neuaufstellungen und Pro- filschärfungen zu bedenken, ist elementarer Bestandteil der kulturel- len Verantwortung der Universität.109 Ökonomischer Wettbewerb ist hierfür blind.

IV. Folgen des Wettbewerbs

1. Die diskurswidrige Wirkung ökonomischen Wettbewerbs Die qualitative Reihung von Universitäten und Wissenschaftlern führt zu Hierarchien und Oligarchien, ja Monopolen.110 Die Exzellenz- initiative, die eine deutsche Ivy-League aus dem Boden stampft, macht dies sogar zum Prinzip. Wissenschaftlicher Diskurs111 als Instrument der Erkenntnis setzt indes die Freiheit von Macht und Hierarchiestruk- turen und damit die grundsätzliche Gleichheit der Kommunikations- partner voraus.112 Dies schließt Vorteile im Reputationswettbewerb nicht aus; eine zahlenmäßige Reihung, die notwendigerweise der über- wältigenden Anzahl der Universitäten das Etikett der Mediokrität ver- leiht, läuft jedoch dem Ideal des herrschaftsfreien Diskurses zuwider. Sie beeinträchtigt gleiche Ausgangschancen der Diskurspartner bei der Deutungs- und Argumentationsqualität und bei der Dialoginitiation und -beteiligung. Dieser Befund ist umso beunruhigender, als bei der Exzellenzinitiative eine dauerhafte Verfestigung der Oligarchie aus per- sonalpolitischer und forschungspolitischer Sicht beschlossen scheint,

108 Insb. die historischen Fächer als naturgemäß retrospektive Disziplinen. 109 Ebenso W. Frühwald Zeit der Wissenschaft. Forschungskultur an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, 1997, 46ff. und passim. 110 Ausf. die scharfsinnige Analyse von Münch (Fn. 87) 111 (121ff., 127ff.). 111 P. Weingart Wissenschaftssoziologie, 2003, 59. 112 Grdl. J. Habermas Theorie kommunikativen Handelns, 1971. Zu den Besonder- heiten wissenschaftlichen Diskurses auch H.J.Aretz, Zwischen Kritik und Dogma: Der wissenschaftlihgce Diskurs, 1990, 114ff.153ff., unter Bezug auf G. Simmel, Sozio- logie der Konkurrenz (1903), in: Schriften zur Soziologie (hrsg. von H.-J. Dahme/ O. Rammstedt), 1983, 173 (177). Universitäten im Wettbewerb 389 um nicht gegen das Dogma der Nachhaltigkeit beim Verbrauch von Steuergeldern zu verstoßen.113 Auch die impactfaktorgesteuerte Dominanz von international referier- ten Journals ist eher diskurshemmend, da sie den Inhalt zugunsten des Mediums opfert und einen Flaschenhals bei der Diskursreproduktion erzeugt.114 Wie Diskurswettbewerb und Verdrängungswettbewerb,115 so schließen sich auch das Falsifizierbarkeitstheorem und ökonomische Effizienz gegenseitig aus.

2. Das Problem unlauteren Wettbewerbs Wer Wettbewerb verlangt, beschwört damit unweigerlich auch un- lauteren Wettbewerb herauf. Sicherlich existiert das Phänomen des Pla- giats seit der Antike. Es fällt jedoch auf, dass die Fälle spektakulärer Fälschungen und Manipulationen erst seit den 90er Jahren auftreten,116 zeitgleich mit der Umsetzung des Wettbewerbsdenkens.117 Erst der Wettbewerb nötigt dazu, einen Tatbestand des „Wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ zu definieren, und Ethikkommissionen und Ombuds- leute einschließlich entsprechender Verfahrensordnungen zu konstitu- ieren.118 Dies führt zur Entwicklung eines aufwändigen „Sekundärsys-

113 Vgl. dazu die „verdächtigen“ Ausführungen in: DFG/Wissenschaftsrat, Bericht der Gemeinsamen Kommission zur Exzellenzinitiative an die Gemeinsame Wissen- schaftskonferenz, Bonn 2008, 69, 70f. dazu auch M. Hartmann Eliteuniversitäten – Ein Irrweg, 89 (104ff.), in: H.-J. Blanke (Hrsg.), Bildung und Wissenschaft als Stand- ortfaktoren, 2007; R. Münch Die Konstruktion von Elite-Universitäten durch soziale Schließung, ebd., S. 111 (132f.) 114 M. Rost Die Modernisierung des wissenschaftlichen Diskurses, in: perspektive 21 – Brandenburgische Hefte für Wissenschaft und Politik, „Informationsgesell- schaft“, Heft 3 (1998), 51–57. 115 Vgl oben zu Fn. 18. 116 „Fall Herrmann/Brach“ (Berlin/Ulm) 1994–1997; „Fall MPIZ Köln“ 1998; „Fall MPI Heidelberg“ 1999, „Fall Mertelsmann“ 2001 (Univ. Freiburg; vgl. auch Dt. Ärz- teblatt 2001; 98(10): Fall „Univ. Göttingen“ 2008/09.; zuletzt Fall „Univ. Bonn 2009“ (http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/0,1518,648547,00.html). 117 Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg.), Vorschläge zur Sicherung guter wissen- schaftlicher Praxis (Empfehlungen der Kommission „Selbstkontrolle in der Wissen- schaft“) – Denkschrift, Jan. 1998, 29, räumt dies auch ein und verweist auf die Parallele in der amerikanischen Forschungslandschaft. 118 Senat der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) B.v. 14. 11. 1997 „Verfahren bei Ver- dacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten in Forschungseinrichtungen der Max- Planck-Gesellschaft – Verfahrensordnung“; Empfehlung des 185. HRK-Plenums vom 6. Juli 1998 zum Erlass einer Musterverfahrensordnung. 390 Max-Emanuel Geis tems“119 mit erheblichen Transaktionskosten,120 die aber nicht in die Effizienzberechnungen eingehen. Auch die hässlichen Seiten des Wett- bewerbs wie die Lancierung eines (unbegründeten) Verdachts mit der Folge erheblicher materieller und immaterieller Schäden sind nicht zu übersehen.121 Ein neues Problemfeld entsteht, wenn diese Verfahren nicht nur der akademischen Selbstreinigung dienen, sondern – wie derzeit an einer deutschen Exzellenzuniversität zu beobachten – zur Grundlage von Disziplinarverfahren gemacht werden.122 In diesem Fall verlangt der Vor- behalt des Gesetzes eine rechtssatzmäßige Verankerung sowohl im Hochschulrecht als auch in entsprechenden Satzungsregelungen der Uni- versität;123 eine Festlegung in internen oder externen Richtlinien reicht ebenso wenig aus wie die Berufung auf eine allgemeine Dienstpflicht.

3. Die Zunahme von Fremdsteuerung Der Paradigmenwechsel in der Wissenschaftspolitik ist vielfach be- schrieben worden: Wissenschaft wird nicht mehr um ihrer selbst geför- dert, sondern nach ihrem gesellschaftlichen Nutzen124 und ihrer wirt-

119 In den U.S.A. existiert mit dem U.S. Office of Research Integrity (ORI) sogar eine eigene Behörde im Geschäftsbereich des U.S. Department of Health and Human Services, das Fehlverhalten von Forschern untersucht und sogar unter Namensnen- nung Sanktionen verhängen kann (Gremienausschluss, Versagung von Fördergeldern für einen bestimmten Zeitraum, Verpflichtung zur Rückziehung oder Korrektur von Arbeiten); vgl. B. K. Redman/J.Merz Scientific Misconduct: Do the Punishments Fit the Crime?, Science vol. 321 (2008), 775ff. 120 Allein der Ombudsman der DFG ist seit 1999 mehr als 150 Mal angerufen wor- den, die Zahl der Fälle steigt kontinuierlich, alleine 2004 waren es 45 – eine hohe Dunkelziffer wird vermutet. 121 Zwei Beispiele: Aushändigung des zuerkannten Leibniz-Preises mangels wissen- schaftlichen Fehlverhaltens nach zwischenzeitlicher Verfahrenseinstellung (DFG- Pressemitteilung Nr. 36 vom 5. Juli 2005); Feststellung der Unbegründetheit von erhobenen Vorwürfen nach Widerruf der Nominierung zum Dt. Zukunftspreis (DFG- Pressemitteilung Nr. 16 vom 28. April 2009). 122 Wie jüngst an der Universität Göttingen geschehen, vgl. http://www.uni- goettingen.de/de/114712.html. Wie hier M. Fehling, in: BonnerKommentar zum GG, Art. 5 Abs. 3, Bearb. 2004, Rdn. 168, gegen BVerwGE 102, 304 (311f.). 123 Vorbildlich Art. 6 Abs. 2 S. 1 BayHSchG; vgl. auch H. Schulze-Fielitz (Fn. 105) II, Rn. 248. 124 A. Musil, in: Bungenberg u.a. (Hrsg.), Recht und Ökonomik, 2004, 339f.; M. Nettesheim Grund und Grenzen der Wissenschaftsfreiheit, DVBl. 2005, 1072; U. Mager Die Universität im Zeichen von Ökonomisierung und Internationalisierung, VVDStRL 65 (2006), 274 (279); v. Coelln (Fn. 26) 1091. Universitäten im Wettbewerb 391 schaftlichen Verwertbarkeit. Finanzielle Anreize, verbunden mit dem faktischen Zwang zu Publikationstrategien und Drittmitteleinwerbung, führen vermehrt zur einer Fremdsteuerung.125 Dies gilt auch für die In- tegration von Gleichstellungszielen in die Anreizsysteme,126 ohne dass dies mit der Qualität wissenschaftlicher Leistungen etwas zu tun hat. Die Fremdsteuerung erstreckt sich indes nicht nur auf die Inhalte, sondern auch auf die Kommunikations- und Erkenntnisinstrumente. Dies beginnt – wie bei der Exzellenzinitiative geschehen – mit der auto- ritativen Verpflichtung auf Englisch als Wissenschaftssprache, selbst dann, wenn es sich um einen rein nationalen Wettbewerb handelt und wenn die besseren Argumente wie in den Geisteswissenschaften für den Gebrauch der deutschen Terminologie sprechen.127 Auch der Publika- tionsmodus wird zunehmend fremdgesteuert, z.B. in einer Pflicht zur open-access-Publikation. Ähnlich verwendet eine deutsche Technische Universität Professorenarbeitsverträge, die eine Leistungszulage von 500 € monatlich dann gewährt, wenn pro Jahr zwei Aufsätze in interna- tional referierten Zeitschriften nachgewiesen werden können. Abgese- hen von der mit Art. 5 GG, der Forschungsfreiheit kaum zu vereinba- renden Beschränkung auf die Publikationsform ist die gewählte Anzahl willkürlich. Des Weiteren wird Qualität der Forschung gegenwärtig vom Grad an „Inter-“ bzw. „Transdisziplinarität“ als methodischem Ansatz eines disziplinübergreifenden Verständigungsprozesses128 abhängig ge- macht;129 die Ausschreibungsbedingungen der Exzellenzinitiative ma- chen sie in allen drei Förderlinien zur zwingenden Voraussetzung. Wohl- gemerkt: Es geht keinesfalls um deren Verdikt; auch dieser Vortrag

125 Ebenso H. Schulze-Fielitz, in: M.-E. Geis (Hrsg.) Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2009, Teil II, Rn. 204. 126 Gleichstellungsziele sind regelmäßig Bestandteil von Zielvereinbarungen zwi- schen Ministerium und Universität und werden auf Fakultätsebene im Rahmen der Leistungen in der Nachwuchsförderung „heruntergebrochen“ sowie bewertet (vgl. Art. 10 Abs. 1 BayHSchG). Auch in der Exzellenzinitiative spielen sie eine we- sentliche Rolle. 127 Um den Erhalt von Deutsch als Wissenschaftssprache besteht seit geraumer Zeit ein heftiger Kampf; vgl. dazu W. Kahl Sprache als Kultur- und Rechtsgut, VVDStRL 65, 386 (425f.) m. ausf. Nw.; H. Glück Deutsch als Wissenschaftssprache, in: Schrif- ten der Stiftung Deutsche Sprache, Juni 2008. 128 Voßkuhle (Fn. 24) Rn. 50. 129 Vgl. nur das Selbstverständnis der DFG: http://www.dfg.de/dfg_im_profil/ aufgaben/interdisziplinaritaet_ver-netzung/index.html. Zur Interdisziplinarität als beherrschendem Forschungsparadigma J. Kocka (Hrsg.), Interdisziplinarität. Praxis – Herausforderung – Ideologie, 1987; J. Gethmann/D. Langewiesche/J. Mittelstraß/ D. Simon/G. Stock Manifest Geisteswissenschaft. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, 2005, 20f. 392 Max-Emanuel Geis lebt davon. Als – politisch aufgeladenes – Forschungsparadigma ent- spricht Interdisziplinarität aber der angelsächsischen Theorie der „New Production of Knowledge“,130 die zwei Wissenschaftsmodelle unter- scheidet: Während „mode 1“ die klassische akademisch-disziplinäre Er- kenntnisfindung beschreibt, folgt „mode 2“ der Prämisse, dass For- schungsfelder in der modernen Wissensgesellschaft durch praktische, in Kooperation mit dem Staat und industriellen Anwendern definierte Pro- bleme interdisziplinär definiert werden. Vergröbert umschreibt „mode 1“ also die voraussetzungslose Grundlagenforschung, während „mode 2“ der anwendungsorientierten Forschung entspricht.131 Dieser pragmatische Ansatz spiegelt den Wandel des wissenschaft- lichen mainstreams wieder. Grundsätzlich ist die Renaissance topischen Denkens zu begrüßen; insbesondere behalten so auch die Geisteswis- senschaften einen originären Platz, da sie an der Qualität des Forschungs- ertrags teilhaben. Im Gegenzug wird gesellschaftliche Nützlichkeit und Innovationsfähigkeit zum unverzichtbaren Bestandteil der Forschung. Das klassische „vorurteils- und zweckfreie“ Erkenntnismodell „mode 1“ erhält so eine verbal-pejorative Etikettierung, während „mode 2“ als innovativ und damit kritikresistent auftritt.132 Interdisziplinarität setzt jedoch Disziplinarität und den Erhalt der Fachdogmatiken voraus,133 ohne diese Rückbindung mutiert sie zu einer nivellierenden Mega- methode ohne Differenzierungskraft. Ein faktischer Zwang zur Inter-

130 M. Gibbons u.a. The new production of knowledge. The Dynamics of Science and Research in Contemporary Societies, Los Angeles/London/New Delhi/Sin- gapore 1994, 3ff.; H. Nowotny, P. Scott, M.Gibbons ‚Mode 2‘ Revisited: The New Production of Knowledge, Minerva 41 (2003), 179 (186f.); C. Limoges L’université à la croisée des chemins: une mission à affirmer, une gestion à reformer, Quebec 1996, 14f.); H. Nowotny/P. Scott/M. Gibbons Rethinking science: Knowledge in an age of uncertainty, Cambridge 2001; L. K. Hessels/H.v. Lente Re-Thinking new knowledge production. A literature review and a research agenda, Research Policy, 37 (2008), 740 (741ff.). Eng verwandt das Konzept der „post-academic science“ bei J. Ziman Real Science. What it is, and what it means, Cambridge 2000, sowie die „Triple- Helix-Theorie“, die die Interdependenzen von Forschung, Staat und Industrie betont, vgl. H. Etzkowitz/L. Leydesdorff The dynamics of innovation: from National System and ‚Mode 2‘ to a Triple Helix of university – industry – government relations, Re- search Policy 29 (2000), 109ff. 131 Gleichzeitig erklärt diese Auffassung die Qualitätsmessung des „peer reviews“ für ein Auslaufmodell, da deren disziplinäre Prägung regelmäßig durch ökonomische, politische und kulturelle Gesichtspunkte ergänzt werden müsse. 132 Krit. C. Schubert Die Geisteswissenschaften unter den Bedingungen der Exzel- lenzinitiative, in: H.-J.Blanke (Hrsg.), Bildung und Wissenschaft als Standortfaktoren, 2007, 77 (85ff.). 133 Voßkuhle (Fn. 24), Rn. 39. Universitäten im Wettbewerb 393 disziplinarität ohne Blick auf die Fachbedürfnisse darf daher nicht zu einem Ausschlusskriterium für Qualität umfunktioniert werden.

4. Die Erosion des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit a) Feldverluste der Wissenschaftsfreiheit Auf der Suche nach dem verfassungsrechtlichen cantus firmus stößt man auf einen verblüffenden Befund: Es ist viel von Autonomie, Wett- bewerb, New Public Management und Input-Output-Relation die Rede, dagegen kaum von der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG.134 Der Governance-Ansatz, der einen Beitrag zur Auflösung von Normzielkonflikten und der Bestimmung der Grenzen anreizorientier- ter Steuerung leisten will, ist dies bislang schuldig geblieben.135 Dies verwundert nicht, da Governanceforschung eher beschreibend-analyti- schen Charakter trägt, dogmatische Strukturen wie die Gestaltungswir- kung der objektiven Grundrechtsseiten aber eher ausspart.136 Das Prinzip des Wettbewerbs hat letztlich den Rückbau der akade- mischen Selbstverwaltung bewirkt137 und dem Gesetzgeber einen na-

134 Signifikant etwa der Beitrag des ehem. Freiburger Universitätskanzlers J. Heß Sind die neuen Steuerungsinstrumente wissenschaftsadäquat? Hochschulen zwischen Ökonomie, Effizienzdruck und Wissenschaftsfreiheit, in: R. Fisch/St. Koch (Hrsg.), Neue Steuerung von Bildung und Wissenschaft, 2005, 145 (153f.). Wie hier die Beob- achtung bei W. Hoffacker Zur Rolle von Vertrauen und Recht, Markt und Kontrakt, WissR 36 (29003), 92 (102); Lindner (Fn. 67) 80, 84ff. 135 W. Denkhaus (Fn. 33) IV aE. C. Franzius Funktionen des Verwaltungsrechts im Steuerungsparadigma der neuen Verwaltungsrechtswissenschaft, DV 39 (2006), 335 (insb. 364). Relativierend H.-H. Trute/D. Kühlers/A. Pilniok Der Governance-Ansatz als verwaltungsrechtswissenschaftliches Analysekonzept, in: G. F. Schuppert/M. Zürn (Hrsg.), Governance in einer sich wandelnden Welt, in: PVS, Sonderheft 41, 2008, 173 ff .; G. F. Schuppert Verwaltungsrecht und Verwaltungsrechtswissenschaft im Wan- del. Von Planung über Steuerung zu Governance, AöR 133 (2008), 79 (102). Die eher deskriptive Funktion des Governance-Begriffs betont auch W. Hoffmann-Riem Gover- nance im Gewährleistungsstaat – Vom Nutzen der Governance-Perspektive für die Rechtswissenschaft, in: G. F. Schuppert (Hrsg.), Governance-Forschung, Baden- Baden 2005, 195 (196f.). Für eine Trennung zwischen normativem und deskriptivem Governance-Begriff G. F. Schuppert Was ist und wozu Governance?, DV 40 (2007), 463 (474ff.) 136 Krit. J. F. Lindner Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer ökonomi- schen Theorie des Rechts, JZ 2008, 957; zusammenfassend I. Appel/M. Eifert Das Verwaltungsrecht zwischen klassischem dogmatischen Verständnis und steuerungs- wissenschaftlichem Anspruch, VVDStRL 67 (2008), 226ff., 286ff. 137 BVerfGE 111, 333 (355); BayVerfGH NVwZ 2009, 177 (180); die Weichen wur- den freilich schon in BVerfGE 93, 85 (95ff.) gestellt; dazu M.-E. Geis Akademische 394 Max-Emanuel Geis hezu unbegrenzten Gestaltungsspielraum in Organisationsfragen zu- gebilligt, solange die freie wissenschaftliche Betätigung nicht strukturell gefährdet 138 werde. Die erforderlichen Entscheidungen zur Sicherung der Wissenschaftsadäquanz müssten nicht im Sinne der herkömm- lichen akademischen Selbstverwaltung erfolgen.139 Damit wurde einem traditionellen objektiv-rechtlichen Kern des Art. 5 Abs. 3 GG der finale Fangschuss verpasst. Doch auch der abwehrrechtlichen Dimension der Forschungsfreiheit droht Auflösung und Marginalisierung.140 Die Einbettung wissenschaft- licher Tätigkeit in einem multipolaren System verwischt die dogmati- schen Kategorien der Grundrechtsprüfung, vor allem das Vorliegen und die Grenzen eines Grundrechtseingriffs sowie den verantwort- lichen Akteur. Auf diese veränderte Gefährdungslage muß die Dogma- tik durch eine Neubesinnnung auf die normativen Gehalte des Art. 5 Abs. 3 GG reagieren,141 wenn sie nicht die Bindungskraft des Grund- rechts (Art. 1 Abs. 3 GG) verspielen will. b) Neubesinnung auf die normativen Gehalte des Art. 5 Abs. 3 GG aa) Schutzbereich Ausgangspunkt ist der Charakter als Individualgrundrecht.142 Der Schutzbereich ist bei jeder Ingerenz öffentlicher Gewalt im Bereich der Gewinnung und Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse eröffnet.143

Selbstverwaltung im Reformzeitalter DV 33 (2000), 563 (567) und ders. Hochschul- recht zwischen Freiheitsgarantie und Effizienzgebot, DV 34 (2001), 543 (545), ders. Brandenburgisches Konzert in Moll und Dur. Das Bundesverfassungsgericht zu neuen Leitungsstrukturen und zur inneruniversitären Mittelverteilung, FuL 2005, 188 f.; W. Kahl Das bayerische Hochschulurteil, 2008, 22. 138 Krit. U. Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 3. Aufl. 2009, § 166 Rn. 40. 139 BVerfGE 111, 333 (355). 140 Frage nach einem möglichen Grundrechtseingriff und seiner Rechtfertigung werden nur selten diskutiert, so etwa bei W.-R. Schenke Neue Fragen an die Wissen- schaftsfreiheit – Neue Hochschulgesetze im Lichte des Art. 5 III GG, NVwZ 2005, 1000 (insb. 1005ff.); Gärditz (Fn. 23) 299ff. und Behnisch (Fn.58) 281ff., 315ff. 141 So schon H.P. Ipsen Gesetzliche Bevorratungspflicht Privater, AöR 90 (1966), 393 ff (429); ausf. Gärditz, (Fn. 23) 269ff., 283ff.; Lindner (Fn. 53) 82; E. Schmidt- Aßmann Wissenschaftsrecht im Ordnungsrahmen des öffentlichen Rechts, JZ 1989, 205 (207f.). 142 Wissenschaftssoziologische oder organisationstheoretische Ansätze zu einer Kollektivierung des Grundrechts sind abzulehnen, Ansätze hierzu bei Behnisch (Fn. 58) 348. Wie hier Gärditz, (Fn. 23) 271, 283ff. 143 BVerfGE 35, 79 (112); M. Stock EvStLex, Bd. II, 3. Aufl. 1987, Sp. 4087. Universitäten im Wettbewerb 395

Im Bereich der Forschung – auf die ich mich hier beschränke – umfasst dies die individuelle Entscheidung über die Fragestellung, die Grund- sätze der verwendeten Methodik, die Bewertung des Forschungsergeb- nisses und seine Verbreitung.144 Darüber hinaus verpflichtet Art. 5 Abs. 3 GG als wertentscheidende Grundsatznorm den Staat, die prin- zipielle Offenheit von Inhalten und Methodenfragen145 als Struktur- prinzip146 zu garantieren und einer Aushöhlung durch schützende und fördernde Ausgestaltung vorzubeugen.147 Deshalb darf er die Rechts- konformität der Forschung überwachen,148 eine Auseinandersetzung mit Forschungsergebnissen außerhalb der Mittel des wissenschaftlichen Diskurses ist ihm jedoch verwehrt.149 Geschützt ist insbesondere die Eigengesetzlichkeit wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse.150 Deren Definition richtet sich sowohl nach dem Selbstverständnis des Wissenschaftlers als auch der Auffassung der „scientific community“.151 Das bedeutet aber, dass die freie Entschei- dung eines Wissenschaftlers geschützt ist, ob er etwa disziplinär – im „mode 1“ – oder darüber hinaus im „mode 2“ forschen will, zumal die erstere Variante in der scientific community bislang keineswegs ihre Geltung verloren hat. Auch Zweckfreiheit der Forschung ist vom Schutzbereich umfasst. Diese Pflichten erlöschen nicht, wenn der Staat sich aus der direkten Steuerung zurückzieht und die Festlegung der gültigen Maßstäbe und die Entscheidungsprozesse der beschriebenen Regelungsstruktur an-

144 BVerfGE 35, 79 (113). Als „bottom-up-Prinzip“ auch im juristischen Schrifttum flächendeckend übernommen; vgl. stellvertretend E. Schmitt Glaeser, WissR 1974, 107 (110ff.); C.D. Classen, Wissenschaftsfreiheit, 84ff.; I. Pernice, in: Dreier, GG I, Art. 5 III Rn. 30; Schulze-Fielitz (Fn. 128), Rn. 173, 185. 145 Chr. Starck, in: vM/K/Starck, Bd. 1, 5. Aufl 2005, Art. 5 Abs. 3 Rn. 353. 146 H. Schulze-Fielitz (Fn. 22) Rn. 32f.; ebenso G. Reuhl Wissenschaftsfreiheit und Kulturstaatsprinzip, WissR 13 (1980), 236 (238f.); 147 M. Stock EvStLex, Bd. II, 3. Aufl. 1987, Sp. 4087. 148 BVerwGE 102, 304ff. 149 Chr. Starck, Art. 5 Abs. 3 in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Rn. 371; R. Hendler/U. Mager Die Universität im Zeichen von Ökonomisierung und Internationalisierung, VVDStRL 65 (2006), 238 ff, 274ff.; vgl. auch BVerwGE 102, 304 (311f.). 150 BVerfGE 35, 79 (116f., 123f.); 111, 333 (353ff.); Schulze-Fielitz, (Fn. 128), Rn. 178 m.w.Nw. 151 P. Häberle, AöR 110 (1985), 329 (256f.); H. Schulze-Fielitz (Fn. 22), Rn. 2; I. Per- nice, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 5 III (Wissenschaft), Rd. 25; ausf. M. Ruffert Grund und Grenzen der Wissenschaftsfreiheit, VVDStRL 65 (2006), 146 (152ff.) mit zahlr. Nw. 396 Max-Emanuel Geis vertraut,152 die Verantwortlichkeit darf nicht im Vakuum einer „Politik- verflechtungsfalle“153 verschwinden. Ebenso, wie sich der Staat nicht durch die berühmte „Flucht ins Privatrecht“ seinen grundrechtlichen Bindungen entziehen kann, darf er sich seiner Gewährleistungsver- pflichtung für den Grundrechtsschutz in einem komplexen Governance- System nicht entziehen.154 Dies setzt freilich voraus, dass die Aufsichts- konstruktion nicht nur auf dem Papier besteht, sondern auch effektiv wahrgenommen werden kann, was nicht jedes Landeshochschulrecht optimal garantiert.155 Richtete sich das Abwehrrecht früher regelmäßig gegen den Staat, rückt die Konzentration der Entscheidungsmacht auf die Hochschul- leitung die Grundrechtsbindung der Universität in den Mittelpunkt. Freiheitsgefährdungen werden nunmehr schwerpunktmäßig von dieser ausgehen.156 Im Verhältnis zu ihren Mitgliedern ist die Universität aus- schließlich Grundrechtsverpflichtete, nicht Grundrechtsberechtigte.157 Die Universitätsorgane einer öffentlich-rechtlichen juristischen Person sind an das Prinzip und die Garantie zweckfreier Wissenschaft gebun- den und nicht etwa – als Ausfluss des neuen Leitbilds einer „unterneh- merischen Hochschule“ – davon freigestellt. bb) Eingriff Die schwierige Zurechenbarkeit grundrechtsrelevanten Handelns und der Einsatz von Kontrakt und Wettbewerb lassen die Kategorie „Eingriff“ als anachronistisch erscheinen und vermindern den Druck einer Eingriffsrechtfertigung. Viele verschiedene Steuerungsimpulse, die nach Intensität und Zurechenbarkeit einen Eingriff weder im klas- sischen noch im faktischen Sinne begründen, können jedoch durch ihre Synergie zu so massiven Lenkungswirkungen führen, dass die Schutz- gehalte durch wachsende Abhängigkeiten vom System sukzessive aus- gehöhlt werden.

152 Ähnlich Gärditz (Fn. 23) 269 u. passim. 153 F.W. Scharpf Die Politikverflechtungs-Falle, PVS 26 (1985), 323ff. 154 Dies folgt auch aus der Beobachtungs- und Interventionspflicht, die BVerfGE 111, 333 (359) als unverzichtbar angesehen hat. 155 Bedenklich ist insbesondere die sinnwidrige Aufsichtskonstruktion der nieder- sächsischen Stiftungsuniversitäten in § 60 Abs. 3, § 62 NHG., die eine Doppelstellung des Präsidenten als Organ der Aufsicht und als Beaufsichtigter enthält. Vgl. M.-E. Geis Gesetz zur Hochschulreform in Niedersachsen – Rechtsgutachten, 2001; ebenso krit. Battis (Fn. 70), 503. 156 Vgl. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (253). 157 Dies übersehen etwa noch H.-U.Erichsen/A. Scherzberg Verfassungsrechtliche Determinanten staatlicher Hochschulpolitik, NVwZ 1990, 8 (10). Universitäten im Wettbewerb 397

Entsprechend ist der Eingriffsbegriff – wieder einmal158 – zu thema- tisieren. Schleichende Auszehrung durch einzelne staatliche Maßnah- men wird seit einiger Zeit als additiver oder kumulativer Grundrechts- eingriff diskutiert.159 Entscheidend ist die funktionale Vergleichbarkeit der Intensität der Steuerung mit einem Eingriff in den Freiheits- bereich,160 also das Entstehen eines „grundrechtswidrigen Effekts“.161 Dies muss auch für das Zusammenspiel in einem vom Staat initiier- ten multipolaren Governance-System gelten: Durch die finanziell sank- tionierbare Erwartung, persönliche Forschungsperformanz möglichst „effizient“ zu gestalten, wird ein psychologischer Druck aufgebaut, sich vordringlich an den forschungspolitischen mainstreams zu betei- ligen, und sich – jedenfalls in Teilen der Drittmittelforschung – auch durch vorgegebene gesellschaftspolitische oder technologieorientierte Zwecke durch mehr oder weniger freiwillige Unterwerfung unter die Förderbedingungen in Richtung des fließendes Kapitals leiten zu lassen.162 Dabei ist zu unterscheiden, ob die Steuerungswirkung an der Mittel- ausstattung ansetzt oder in der Belohnung durch Gehalts- oder Lohn- bestandteile liegt. Während jenseits der ohnehin umstrittenen „Min- destausstattung“ kein Anspruch gegen negative Ressourcenallokationen

158 H. Bethge Der Grundrechtseingriff, VVDStRL 57 (1998), 7ff. Das Problem ist nicht neu, nach den Grundrechtsbeeinträchtigungen durch Lenkungssubventionen und durch faktische Beeinträchtigungen; dazu schon U. Scheuner Die staatliche Inter- vention im Bereich der Wirtschaft. Rechtsformen und Rechtsschutz, VVDStRL 11 (1952), 1 (41); 32f.; K. H. Friauf Zur Rolle der Grundrechte im Interventions- und Leistungsstaat, DVBl. 1971, 674 (680); A. Scherzberg „Objektiver“ Grundrechtsschutz und subjektives Grundrecht, DVBl. 1989, 1128 (1136), leitet dies – quasi „über Eck“ – aus dem objektivrechtlichen Schutzgehalt her. 159 BVerfG NJW 2005, 1338 (13240f.); G. Kirchhof Kumulative Belastung durch un- terschiedliche staatliche Maßnahmen, NJW 2006, 732 (734). 160 Friauf (Fn. 157), 681f.; BVerfGE 105, 252 (273). 161 J. F. Lindner „Grundrechtseingriff“ oder „grundrechtswidriger Effekt“. Plädoyer für einen grundrechtstheoretischen Paradigmenwechsel, DÖV 2004, 765 (770ff.). Ähnlich schon D. Grimm Der Wandel der Staatsaufgaben und die Krise des Rechts- staats, in: ders. Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, 1990, 291 (299). In der Sache ähnlich Schulze-Fielitz (Fn. 128) Rn. 176, der vom Schutz vor hoheitlichen Ingerenzen spricht. Bethge Der Grundrechtseingriff VVDStRL 57 (1998), 7 (37f.). 162 Auf diese Tendenz wurde schon mehrfach hingewiesen, ohne den rasant fort- schreitenden Prozess in der nationalen und supranationalen Forschungspolitik im Ge- ringsten beeinflussen zu können H. F. Zacher Forschungsfreiheit und Forschungsför- derung in Europa, FS G. Jahr 1993, 199ff.; C. D. Classen Forschungsförderung durch die EG und Freiheit der Wissenschaft, WissR 28 (1995), 97ff. 398 Max-Emanuel Geis besteht,163 ist ein Grundrechtseingriff dann anzunehmen, wenn die Verhaltenslenkung an Vor- und Nachteile in der persönlichen Lebens- gestaltung anknüpft. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn ein Wissen- schaftler zwar in seinem Fach anerkannt qualitative Forschung „ablie- fert“, aber gleichwohl nicht den Vorstellungen der Universitätsleitung über den interdisziplinären Vernetzungsgrad („mode 2“) oder be- stimmte Forschungsthemen genügt und deswegen keine leistungsbezo- genen Gehaltsanteile erhält.164 Isoliert betrachtet kann man in der Beteiligung am System sicher einen Eingriff im Sinne eines „volenti non fit iniuria“ ausschließen. Ich halte jedoch den Aufbruch zu einem neuen Wissenschaftssystem, das den Verzicht auf die Wissenschaftsfreiheit quasi zur Vorbedingung seines Funktionierens macht, für einen gewissen Widerspruch in sich. cc) Eingriffsrechtfertigung Eingriffen in die individuellen Freiheiten des Wissenschaftlers steht kein Grundrecht der Universität auf Wissenschaftsfreiheit gegenüber, das eine Lösung im Wege praktischer Konkordanz ermöglicht.165 Dies widerspräche dem Wesen korporativer Grundrechtsdimensionen, die ausschließlich der Verstärkung des individuellen Grundrechts zu die- nen bestimmt ist, nicht dagegen gegen jenes in Anschlag gebracht wer- den können.166 Ein solcher Rückfall in institutionelles Grundrechtsden- ken167 ist abzulehnen. Die Hochschulleitung kann sich auch nicht auf

163 Die klassische Kontroverse, ob ein Anspruch auf Mindestausstattung besteht, kann an dieser Stelle nicht aufgenommen werden, vgl. dazu F. Kirchhof Rechtliche Grundsätze der Universitätsfinanzierung, JZ 1998, 275 (277); Starck (Fn. Rn. 384ff.); abl. BVerwGE 52, 339 (345ff.); Schulze-Fielitz (Fn. 128), Rn. 180 m. w. Nw. 164 Das derzeitige Problem, ob die Versagung von Leistungsbezügen gegen den be- amtenrechtlichen Grundsatz amtsangemessener Alimentation verstößt (dagegen Bay- VerfGH, U. v. Az. Vf.2 S-VII-05; dafür VG Gießen, U. v. 5. 1. 2009, 5 E 248/07) bleibt hier ausgeklammert; diese Frage ist derzeit in Karlsruhe als Richtervorlage an- hängig (vgl. hierzu Grzeszick, HSRBY III, Rdn. 263 m. w. Nw.). 165 BVerwGE 102, 304 (309); U. Fink, Der Hochschulverfassungsstreit, WissR 1994, 126 (135); W. Thieme, Hochschulrecht, Rn. 60; H.H.Klein, DVBl. 1994, 489 (494); C. Möllers, NJW 2005, 1973 (1977); U. Volkmann, in: D. Merten/H.J.Papier (Hrsg.), HGR II § 32 Rn. 33; Gärditz (Fn. 23), 320ff. 166 K. Stern Die normative Garantie der Menschenwürdegarantie, in FS Badura, 2004, 571 (578); Hufen, Staatsrecht II. Grundrechte, 2. Aufl. 2009, § 5 Rn. 18; Gärditz (Fn. 23). 167 Tendenzen bei Denninger, VVDStRL 27 (1969), 203 (204f.); H. H. Trute (Fn. 21), 257ff. Im Extremfall kann dies zur Entindividualisierung des Grundrechts führen; (mahnende) „Vorbilder“ sind etwa C. H. Ule, Über die Auslegung der Grundrechte. AöR 60 (1932), 37 ff; und E.R. Huber Bedeutungswandel der Grundrechte, AöR 62 Universitäten im Wettbewerb 399 die aus der gleichen Wurzel erwachsende akademische Selbstverwal- tung berufen; da sie ihre Legitimation gerade nicht aus fachlich-kol- legialer Entscheidungspartizipation bezieht. Es ist gerade der Clou des Neuen Steuerungssystems, Hochschulautonomie und akademische Selbstverwaltung entkoppelt zu haben. Schließlich steht die Wissenschaftsfreiheit auch nicht unter einem ungeschriebenen Vorbehalt gesamtgesellschaftlicher Akzeptanz, der sich in den Entscheidungen von Hochschulleitung oder Hochschulrat manifestieren könnte.168 Einschränkungen der Forschungsfreiheit kön- nen sich für den einzelnen Wissenschaftler nur aus verfassungsimma- nenten Schranken ergeben. Eine gesellschaftliche, forschungspolitische Diskussion muss sich aber in einem parlamentarischen Gesetzgebungs- akt niederschlagen;169 ansonsten würde das Recht der Wissenschafts- freiheit unter einen nicht näher konturierten Exekutivvorbehalt gestellt.

V. Fazit und Ausblick

Der Wettbewerb der Universitäten hat nicht nur die Hochschulland- schaft verändert, er verändert auch den Wissenschaftler als Typus. Friedrich Schiller hat in seiner Jenaer Antrittsrede „Warum und zu wel- chem Ende studiert man Universalgeschichte?“170 als Brotgelehrten denjenigen bezeichnet, für den der Anreiz zur Wissenschaft darin be- steht, dass sich „Wahrheit in Gold, in Zeitungslob und Fürstengunst verwandelt“. Übersetzt man dies mit: „Leistungszulagen, Rankings und Evaluationen“,171 wird die Zeitlosigkeit der Problematik deutlich. Ohne

(1933), 1ff.; und noch weiter zurückgehend die Vorstellung „objektiver Freiheit“ bei G.W.F. Hegel Grundlinien der Philosophie des Rechts, §§ 258f. und M. Hauriou Die Theorie der Institution und der Gründung (1925), hrsg. von R. Schnur (1965), 27ff. 168 Dies ist der Kardinalfehler bei der Rechtfertigung des Hochschulrates in Bay- VerfGH, NVwZ 2009, 177 (180): „Die frühzeitige Einbindung externen Sachverstan- des ist Voraussetzung einer selbstverantwortlichen Erfüllung der Forschungsaufga- ben. Dies gilt auch unter dem Aspekt der forschungspolitischen Entscheidungen. Umstrittene Forschungsvorhaben etwa im Bereich der Kernphysik oder der Gentech- nologie können von der Hochschule nicht allein unter wissenschaftlichen Aspekten, son- dern erst nach breiter gesellschaftlicher Diskussion bewertet werden. Die Integration hochschulexterner Mitglieder aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen in die Gremien der Hochschule ermöglicht es, solche Entscheidungen auf der erforder- lichen Grundlage in eigener Verantwortung treffen zu können.“ 169 BVerfGE 47, 327 (369) Hufen (Fn. 164), § 9 Rn. 3, 30. 170 Friedrich Schiller, Werke in vier Bänden, 1980, Bd. 4, 9 (10f.). 171 Ähnlich Liessmann (Fn. 93), 102f. 400 Max-Emanuel Geis in idealistische Larmoyanz verfallen zu wollen, ist festzustellen: Wett- bewerb erhöht die äußerliche Produktivität (eben den „output“), die Sichtbarkeit und die monetäre Effizienz des Hochschulwesens. Damit ist aber auch der zweckorientierte, zunehmend fremdbestimmte For- scher an die Stelle des vorurteilslosen, aber eben auch vorteilslosen, unabhängigen Gelehrten172 getreten. Ob der gänzliche Verzicht auf die Rolle der Universität als elfenbeinerner Turm Segen oder Fluch ist, sei der Diskussion und jedem einzelnen anheimgestellt.

172 Johann Gottlieb Fichte Über das Wesen des Gelehrten und seine Erscheinungen, (1805), ders. Fünf Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten (1811). Dazu aus- führlich R. König (Fn. 105), 98ff. Universitäten im Wettbewerb 401

Leitsätze des 1. Berichterstatters über: Universitäten im Wettbewerb

I. Genese des Wettbewerbsgedankens im Hochschulrecht

1. Historisches (1) Wettbewerb unter Universitäten war seit jeher nicht nur Reputations- wettbewerb, sondern auch politisch gewollt. Auch monetäre Anreize im „Kampf um die besten Köpfe“ sind keine neue Erfindung. (2) In den sozialliberal geprägten 70er Jahren des vergangenen Jahrhun- derts erlebte der Wettbewerbsgedanke durch den Ausbau der Universitäten, den dadurch bedingten massiven Bedarf an Lehrpersonal und durch die Diskussion um Chancengleichheit und Teilhabe in der Bildung eine deut- liche Baisse. (3) Die Renaissance des Wettbewerbsgedanken im Hochschulrecht er- folgte unmittelbar nach dem Regierungswechsel 1982; die rechtliche Umset- zung erfolgte aber – in mehreren Stufen – erst nach dem Erlass des 4. HRG- Änderungsgesetzes 1998.

2. Begriffliches (4) Die Schlüsselbegriffe „Wettbewerb“ und „Autonomie“ werden – teil- weise bewusst – mehrdeutig verwendet, dadurch werden strukturelle Unter- schiede verschleiert. (5) Wettbewerb im Hochschulwesen ist regelmäßig nicht im klassisch- neoliberalen Sinn zu verstehen. Leistungen der Universitäten in Forschung und Lehre sind grundsätzlich kollektive Güter. Dem entspricht ein institu- tionenökonomisches Modell der Erzeugung eines künstlichen Wettbewerbs zur Herstellung kollektiver Güter auf Quasimärkten. (6) Autonomie kann als Freiheit von politischer und gesellschaftlicher Fremdsteuerung, aber auch im Sinne (wissenschaftlicher) Eigengesetzlich- keit verstanden werden. (7) Autonomie der Universität bedeutet nicht zwangsläufig Autonomie der Wissenschaft; „Hochschulfreiheit“ ist nicht identisch mit individueller Wis- senschaftsfreiheit und erst recht nicht mit akademischer Selbstverwaltung. 402 Max-Emanuel Geis

II. Bestandsaufnahme der verschiedenen Wettbewerbsebenen

1. Der „Mehrebenenwettbewerb“ (8) Universitäten stehen in mehrfachen Wettbewerbsrelationen auf ver- schiedenen Ebenen, die unterschiedlichen ökonomischen und rechtlichen Bedingungen unterliegen. Der Wettbewerb der Institutionen um Leistungs- bilanzen („ranking“) wird durch den Wettbewerb um die effizienteste Bin- nenstruktur ergänzt („best-practice“) und mit dem Wettbewerb unter den einzelnen Wissenschaftlern verschränkt. (9) Dem universitären Wettbewerb vorgelagert ist der politische Wett- bewerb um das „beste“ Landeshochschulrecht, insbesondere um die „beste“ Rechtsform. Der politische Wettbewerb bestimmt auch das Verhältnis der staatlichen Universitäten zu privaten Hochschulen und Fachhochschulen.

2. Institutionenökonomische Grundbedingungen des Wettbewerbs (10) Ein funktionsfähiges Wettbewerbsmodell muss bestimmte Grund- bedingungen erfüllen: die Unterscheidbarkeit der „Produkte“, die Existenz von Anreizsystemen, die Existenz von Handlungsspielräumen, die Möglich- keit zur Leistungsbewertung sowie die Existenz einer übergeordneten Auto- rität, die mit der Macht zur Reihung und zur Reaktion ausgestattet ist. (11) Im politischen Wettbewerb um das beste Hochschulsteuerungs- konzept haben die Länder bislang durchaus unterschiedliche Modelle ent- wickelt. Gemeinsam ist ihnen die Konzentration der Handlungsspielräume bei der Universitätsleitung, einmal durch eine Kompetenzverschiebung vom Ministerium zur Universität, zum anderen durch den Zugewinn von Auf- gaben der kollegialen Selbstverwaltungsorgane, deren Kompetenzen auf Rechtssetzungsakte, Grundsatzangelegenheiten sowie auf diverse Anhö- rungs- und Zustimmungsrechte reduziert wurden. (12) Dabei sind zwei Gruppen zu unterscheiden: progressive Modelle, die mit Ausnahme von Zielvereinbarungen und der legitimatorisch erforder- lichen Rechtsaufsicht das Band zum Staat weitgehend kappen und die Binnenorganisation der Körperschaft oder Trägerstiftung überlassen, und gemäßigtere Modelle, die den staatlichen Einfluß einschließlich der Fach- aufsicht nur reduzieren, aber nicht aufgeben und für weitere Lockerungen Spielräume in der Grundordnungsgebung und/oder durch Experimentier- klauseln gestatten. (13) Die Trennung zwischen autonomer Leitungsselbstverwaltung und der herkömmlichen akademischen Selbstverwaltung muss zu einer Neukon- zeptionierung funktionaler körperschaftlicher Selbstverwaltung führen, die bislang nur ansatzweise theoretisch fundiert ist. Universitäten im Wettbewerb 403

(14) Im Modell der „Neuen Hochschule“ werden verschiedene Modi der Entscheidungsgenerierung und Handlungskoordination zu einer komplexen Regelungsstruktur verflochten, in der die Detailsteuerung der einzelnen Akteure nicht mehr (unmittelbar) durch das Hochschulrecht, sondern durch eine Vielzahl von rechtlichen und ökonomischen Mechanismen erfolgt. In- sofern kann das Wissenschafts- und Hochschulrecht als typisches Referenz- gebiet der „Neuen Verwaltungsrechtswissenschaft“ apostrophiert werden.

3. Weitere exemplarische Wettbewerbsebenen (15) Die massivste Wettbewerbsbehinderung der Universitäten im natio- nalen und internationalen Vergleich geht derzeit vom besoldungsrechtlichen Vergaberahmen aus. Seine Abschaffung – wie in Thüringen und Nordrhein- Westfalen bereits geschehen – ist die institutionenökonomisch einzige sinn- volle Konsequenz. (16) Die – u.a. durch die Monopolkommission – erhoffte ökonomische Steuerungswirkung von Studienbeiträgen ist insgesamt gering geblieben und beschränkt sich vor allem auf die Geldschöpfungsfunktion und struk- turpolitische Aspekte. (17) Die Forschungsförderung durch die EU grenzt die Offenheit für Vielfalt und Kreativität durch die Vorgabe von Forschungsbereichen und -themen ein. (18) Die in der Politik geradezu seismographisch registrierten internatio- nalen Forschungsrankings generieren methodisch unterkritische Ergebnisse. Politische Weichenstellungen, die solchen Trivialerkenntnissen bindenden Charakter beimessen, sind nicht nur unsolide, sondern hoch fahrlässig.

III. Grenzen des Wettbewerbsmodells

1. Externe Störfaktoren (19) Das Effizienzkriterium im Wettbewerb zwischen Universitäten kann durch regional-, struktur- und arbeitsmarktpolitische Ziele, aber auch un- terschiedliche Standortfaktoren überlagert und verzerrt werden. (20) Wettbewerb kann aber auch durch entgegenstehende rechtliche, häufig ideologisch begründete Regelungen unterlaufen werden. Eine kaum lösbare Antinomie besteht zwischen der Forderung nach einem Qualitäts- kriterium für Studienangebote und dem seit der Numerus-Clausus-Recht- sprechung bis heute unverändert fortgeltenden „Gebot erschöpfender Kapa- zitätsauslastung“ sowie des daraus abgeleiteten „Verbots der Niveaupflege“. 404 Max-Emanuel Geis

2. Immanente Grenzen (21) Die Systembedingung der Messbarkeit wissenschaftlicher Leistun- gen erfordert verbindliche, möglichst objektive, exakte und wissenschafts- adäquate Bewertungskriterien und -verfahren. (22) Im Bereich der Lehre ist eine Qualitätsmessung durch die Existenz objektivierbarer Daten möglich. Voraussetzung ist die Verknüpfung einer Vielzahl unterschiedlicher Ansätze, die auch peer-review-Elemente enthal- ten muss. (23) Qualitätsmessung im Bereich der Forschung ist kaum wissenschafts- adäquat durchführbar. Quantitative Messung kann Qualität der Forschung nicht valide abbilden. Einschlägige, oft mit großem Aufwand durchgeführte Verfahren, unterliegen durchweg grundlegenden Einwänden. Die maßgeb- liche Integration von peer-review-Elementen ist auch hier unabdingbar. (24) Die Höhe der Drittmitteleinwerbung ist ungeachtet integrierter Begutachtungsverfahren kein zureichender Indikator für die Qualität der Forschung, da nur die Antragsqualität, nicht das eigentliche Ergebnis Ge- genstand ist; es handelt sich also nur um eine fiktive Input-Output-Berech- nung. Sie darf damit jedenfalls keine beherrschende Stellung unter den Leistungsindikatoren einnehmen. (25) Wettbewerb, der einseitig durch ökonomische Effizienzkriterien definiert ist, vernachlässigt den Kulturauftrag der Wissenschaft und kann zu irreversiblem Verlust von Wissen führen.

IV. Folgen des Wettbewerbs

1. Die diskurswidrige Wirkung ökonomischen Wettbewerbs (26) Ökonomischer Wettbewerb führt zu Hierarchie- und Oligarchiebil- dung. Dies widerspricht dem Prinzip herrschaftsfreien Diskurses in der Wis- senschaft. Wie Diskurswettbewerb und Verdrängungswettbewerb, so schlie- ßen sich auch das Falsifizierbarkeitstheorem und ökonomistische Effizienz gegenseitig aus.

2. Das Problem unlauteren Wettbewerbs (27) Wer Wettbewerb verlangt, beschwört damit auch unlauteren Wett- bewerb herauf. Seine Bekämpfung führt zur Einrichtung eines aufwändigen „Sekundärsystems“ mit erheblichen Transaktionskosten, die aber nicht in die geläufigen Effizienzberechnungen eingehen. (28) Verstöße gegen die wissenschaftliche Ethik, die zum Gegenstand eines Disziplinarverfahrens gemacht werden, bedürfen einer rechtssatzmä- Universitäten im Wettbewerb 405

ßigen Verankerung; eine Bezugnahme auf interne oder externe Richtlinien reicht ebenso wenig aus wie die Berufung auf eine allgemeine Dienstpflicht.

3. Die Zunahme von Fremdsteuerung (29) Die wachsende Fremdsteuerung an der Universität erstreckt sich nicht nur auf die Inhalte, sondern auch auf die Kommunikations- und Er- kenntnisinstrumente. Dies gilt insbesondere für den Zwang zu interdiszipli- närem Forschen. Interdisziplinarität setzt jedoch Disziplinarität und den Erhalt der Fachdogmatiken voraus; ohne diese Rückbindung mutiert sie zu einer nivellierenden Megamethode ohne Differenzierungskraft.

4. Die Erosion des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit (30) Wettbewerb als Element der Hochschulsteuerung führt zu einer schleichenden Erosion des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit. (31) Die Freiheit der Forschung schützt prinzipiell vor jeder Ingerenz öffentlicher Gewalt und verpflichtet den Staat, die Offenheit von Inhalten und Methodenfragen als Strukturprinzip zu garantieren und einer Aushöh- lung schützend und fördernd vorzubeugen. (32) Dies gilt auch dann, wenn sich der Staat aus der direkten Steuerung zurückzieht und die Festlegung der gültigen Maßstäbe und die Entschei- dungsprozesse der beschriebenen Regelungsstruktur anvertraut. Das Zu- sammenspiel von privaten und öffentlichen Akteuren darf nicht dazu führen, dass die dogmatischen Strukturen des Wissenschaftsfreiheitsrechts paraly- siert werden. (33) Die Konzentration der Entscheidungsmacht auf die Hochschullei- tung rückt die Grundrechtsbindung der Universität in den Mittelpunkt. Auch die Universitätsleitung und der Hochschulrat als Organe einer öffent- lich-rechtlichen juristischen Person sind an das Prinzip und die Garantie zweckfreier Wissenschaft gebunden und nicht etwa – als Ausfluss des neuen Leitbilds einer „unternehmerischen Hochschule“ – davon freigestellt. (34) Steuerungshandlungen der Universität im Rahmen einer komple- xen Regelungsstruktur können einen Eingriff darstellen, wenn ein vergleich- barer grundrechtswidriger Effekt zu bejahen ist. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Steuerungswirkung durch Vor- oder Nachteile für die persönliche Lebensgestaltung erzeugt wird. (35) Der Hochschule steht selbst keine Grundrechtsposition aus der Wis- senschaftsfreiheit zu, die sie gegen ihre Wissenschaftler in Anschlag bringen könnte. 406 Max-Emanuel Geis

V. Fazit und Ausblick

(36) Der Wettbewerb der Universitäten hat nicht nur die Hochschulland- schaft verändert, er verändert auch den Wissenschaftler als Typus. Universitäten im Wettbewerb 407

Vierter Beratungsgegenstand: Universitäten im Wettbewerb

2. Bericht von Professor Dr. Christian Bumke, Hamburg*

Inhalt

Seite I. Einführung ...... 410 1. Universitärer Wettbewerb ...... 410 2. Auf der Suche nach einem Maßstab für einen universitätsgerechten Wettbewerb ...... 412 a) Unzureichende Anknüpfungspunkte in den Wirtschaftswissenschaften und im Verfassungsrecht . 413 b) Die Idee der Universität als Kompass ...... 414 II. Bestandsaufnahme ...... 416 1. Forschung ...... 416 a) Vier prägende Momente ...... 417 aa) Kommerzialisierung der Universitäten ...... 417 bb) Projektbezogene, drittmittelfinanzierte trans- universitäre Forschungsverbünde als Organisations- und Qualitätsvorbild ...... 418 cc) Etablierung der Universitäten als gestaltungs- mächtige Forschungsakteure ...... 419 dd) Ökonomisierung des Professorenamtes . . . . . 420 b) Einfluss des Wettbewerbsgedankens ...... 421 c) Herausforderungen und Kritik ...... 421

* Inhaber des Commerzbank Stiftungslehrstuhls Grundlagen des Rechts, Bucerius Law School. Für die Begleitung, Anregung und Kritik während der Entwicklung und Ausarbeitung dieses Vortrages möchte ich mich sehr herzlich und mit großem Nach- druck bei Joachim Bumke, Martin Eifert, Katharina Harms und Andreas Voßkuhle be- danken. Sehr gefreut habe ich mich über die konstruktiv-kritischen Bemerkungen und Anregungen von Stephan Becker, Michael Fehling, Wolfgang Hoffmann-Riem und Gunnar Folke Schuppert. Christos Paraschiakos und Irmela Sennekamp haben mich bei der Materialbeschaffung tatkräftig unterstützt; dafür vielen Dank. Herzlich bedan- ken möchte ich mich schließlich bei Johannes Gerberding, Hauke Schüler, Henrik Schramm und Jan Sturm für die Unterstützung bei der Ausarbeitung der Druckfassung. 408 Christian Bumke

2. Lehre und Ausbildung ...... 422 a) Harmonisierte und ausdifferenzierte höhere Bildung im europäischen Raum als neues Ideal ...... 423 b) Einfluss des Wettbewerbsgedankens ...... 425 c) Herausforderungen und Kritik ...... 426 3. Hochschulorganisation ...... 428 a) Hochschulen als Unternehmen ...... 428 b) Einfluss des Wettbewerbsgedankens ...... 429 c) Herausforderungen und Kritik ...... 430 III. Grundlegung einer Idee der deutschen Universität ..... 431 1. Vier Elemente der Universitätsidee ...... 431 a) Universität als Ort wissenschaftlicher Haltung, Lebensform und Begegnung ...... 431 b) Universität als Ort aufklärerischer Reflexion und Widerpart des Zeitgeistes ...... 432 c) Universität als Ort wissenschaftlicher (Berufs-)Ausbildung ...... 433 d) Universität als Ort partizipatorischer Kooperation . . 434 2. Einheitsstiftendes Bildungsideal ...... 435 3. Konsequenzen ...... 436 IV. Verfassungsrechtliche Grundfragen ...... 437 1. Partizipation und Leitungsgewalt im Wettbewerb der Universitäten ...... 437 a) Verfassungsrechtliches Gebot universitärer Selbst- verwaltung ...... 438 aa) Eigengesetzlichkeit der Wissenschaft als verfassungsrechtliche Basis ...... 439 bb) Abwehrrecht als verfassungsrechtliche Basis . . . 440 cc) Objektiv-rechtliche Wirkung und gewährleistungsspezifische Vorgaben der Grund- rechte als verfassungsrechtliche Basis ...... 441 b) Umfang der verfassungsrechtlich gebotenen Entscheidungsteilhabe ...... 444 c) Einbindung des Hochschulrates und Ausgrenzung des Senats ...... 446 2. Schutz der Forschungsvielfalt und fachspezifischer Evaluationen durch die Forschungsfreiheit ...... 448 a) Evaluationen ...... 448 b) Interdisziplinarität ...... 450 3. Lehrfreiheit zwischen Verantwortung, Ausbildung und Wettbewerb ...... 450 Universitäten im Wettbewerb 409

a) Lehrfreiheit als verantwortungsgebundenes Grund- recht...... 451 b) Lehrfreiheit und universitäre Ausbildungsaufgabe . . 454 4. Folgerungen für den Gewährleistungsinhalt der Wissenschaftsgarantie ...... 455 V. Konstitutionalisierung des Wissenschaftsrechts und ihre Grenzen ...... 456 410 Christian Bumke

I. Einführung

1. Universitärer Wettbewerb Universitäten standen immer schon im Wettstreit miteinander. Sie wurden – wie beispielsweise die fürstlich-katholische Universität in Graz1 – aus religions- und machtpolitischen Motiven gegründet oder dienten, wie die Gründung der Berliner Universität2, auch der geistig- gesellschaftlichen Erneuerung.3 Könige und Landesfürsten wetteiferten

1 Die Universität Graz wurde 1586 von Erzherzog Karl von Innerösterreich gegrün- det, um den Einfluss der lutheranischen Bewegungen in seinem Herrschaftsgebiet einzudämmen. Nachdem 1572 dort eine protestantische Stiftsschule eröffnet worden war, holte der Herzog die Jesuiten nach Graz. 1573 eröffneten sie dort eine Latein- schule, um mit der Stiftsschule zu konkurrieren. Durch deren Erweiterung zu einer katholischen Universität sollte der akademische Nachwuchs wirksamer vom Besuch protestantischer Universitäten abgehalten werden (F. v. Krones Geschichte der Karl Franzens-Universität in Graz, 1886, 222ff.). 2 1810 erfüllte der preußische König mit der Neugründung der Berliner Universität das leidenschaftlich diskutierte Bedürfnis nach einer neuen höheren Lehranstalt. Auf besondere Initiative der treibenden Kräfte W. v. Humboldt (in: E. Amrich [Hrsg.] Die Idee der deutschen Universität, 1959, 377ff.) und C. F. Beyme wurde dabei vor allem das 1808 erarbeitete Programm F. Schleiermachers verwirklicht (ebd., 219ff.). Kennzeichnend für deren Universitätsideen war die Freiheit von Studium, Lehre und Forschung von inhaltlicher Einflussnahme durch Staat und Kirchen. Dem Staat soll- ten nur die Aufgaben zukommen, die Professoren zu bestimmen und die Selbständig- keit der Universität – vor allem finanziell – zu sichern (W. Rüegg in: ders. [Hrsg.] Geschichte der Universität in Europa, Bd. III, 2004, 17 [1]; eingehend H. Schelsky Einsamkeit und Freiheit, 1963, 65ff.). Den inhaltlichen Kern der Gründungsschriften bildete eine Wissenschaftsidee, die die Vorstellung persönlicher Bildung (s. Fn. 77 mwN) mit der Aufgabe verknüpfte, die disziplinären Einzelkenntnisse zu einem vernünftigen Gesamtgefüge zu integrieren (s. Fn. 77 mwN); zur Gründung s. ferner R. v. Bruch in: L. Boehm/R. A. Müller (Hrsg.) Universitäten und Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 1983 50 (51ff.); zur Rolle Humboldts nä- her M. Fuhrman in: H. Bachmaier/E. P. Fischer (Hrsg.) Der Streit der Fakultäten, 1997, 29 (29 ff) sowie R. König Vom Wesen der deutschen Universität, Neudr. 1970, 151ff.; zum internationalen Einfluss des preußischen Projekts s. C. Charle in: Rüegg Bd. III (diese Fn.), 43 (55ff.) sowie E. Shils/J. Roberts ebd., 145 (148ff.). 3 Ein universitätsprägender Träger religions- und machtpolitischer Motive war das mittelalterliche Papsttum. Durch Privilegierung oder – viel seltener – initiative Grün- dung suchte es, die Doktrin im Wettstreit konkurrierender Lehren und Häresien zu stärken und durchzusetzen. Daneben ging es auch um die Stärkung seiner Zentralge- walt gegenüber Regionalinteressen sowie seit jeher um die Ausbildung von Personal für die eigenen Institutionen (W. Rüegg in: ders. [Hrsg.] Geschichte der Universität in Europa, Bd. I, 1993, 23 [33f.]; J. Verger ebd., 49 [61f.]; näher zur päpstlichen Univer- sitätspolitik P. Nardi ebd., 83 [91ff.]). Auch für weltliche Herrscher waren Universitä- ten stets wichtige territorialpolitische Faktoren und schon als solche integriert in die Universitäten im Wettbewerb 411 mit ihren Universitäten um Exzellenz und Ansehen in der Welt. Univer- sitäten waren ein kostspieliges Prestigeobjekt, ein wichtiger Standort- faktor und die maßgebliche Ausbildungsstätte für die höheren Berufe. 4 Der vielseitig proklamierte Wettbewerb unter den Universitäten ist also nicht neu, neu ist lediglich die Fokussierung auf den Wettbewerbs- gedanken, seine ökonomische Überformung und der Glaube an seine wohlfahrtsfördernde Macht.5 Die ökonomische Lesart begreift gesell-

Konkurrenzverhältnisse machtpolitischer Kraftfelder (Rüegg ebd., 35f.; Nardi ebd., 96ff.); zum Verhältnis von weltlicher Macht und Hochschulen im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit s. ferner die Beiträge in J. W. Baldwin/R. A. Goldthwaite (Hrsg.) Universities in Politics. Case Studies from the Late Middle Ages and Early Modern Period, 1972 sowie G. F. Lytle in: L. Stone (Hrsg.) The University in Society, Vol. I, 1974, 111ff. Mit der Reformation entfaltete sich ein zusätzlicher konfessioneller Konkurrenzdruck, der weitere Universitätsgründungen veranlasste (Schelsky Ein- samkeit [Fn. 2], 17). Jenseits dessen darf der freie „amor sciendi“ als Faktor der Universitätsgründungsgeschichte nicht verkannt werden: Bologna und – in mancher Hinsicht – auch Paris waren zunächst freie, der Wissenschaft gewidmete Zusammen- schlüsse von Lehrern und Schülern (H. Grundmann Vom Ursprung der Universität im Mittelalter, 1964, 39ff.; H. Rashdall The Universities of Europe in the Middle Ages, Vol. I, 1936, 87ff.). Ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gewannen humanisti- sche Bildungsideale gegenüber machtpolitischen Gründen wieder stärker an Gewicht (vgl. etwa das Beispiel des gräflichen Tübinger Gründungsaufrufs bei Schelsky Ein- samkeit [Fn. 2], 19; zur Rolle humanistischer Ströme in der Universitätsgeschichte s. Rüegg in: ders. (diese Fn.), 399ff.) 4 Besonders in der Gründungsphase nach 1378 wurden zahlreiche Universitäten (z.B. Padua und Siena, auch Prag und Heidelberg) aus Prestigegründen von Fürs- ten bzw. Städten initiiert und mit der Ausbildung der nötig gewordenen Beamten be- traut (Verger in: Rüegg [Fn. 3], 66f.; zu den religionspolitischen Motiven der Univer- sitätspolitik Kaiser Karls des IV. Nardi in: Rüegg [Fn. 3], 101ff. sowie Rashdall Universities [Fn. 3], 214ff.); nach P. Denley war der Wettbewerb um die besten Pro- fessoren und Studenten ein signifikantes und überaus kostspieliges Kennzeichen der italienischen Universitäten im Spätmittelalter (History of Universities I [1981], 193 [200f.]). Handelsstädte hatten ein besonderes wirtschaftliches Interesse, gut ausge- bildete Juristen zur Lösung wirtschaftsrechtlicher Fragen zu haben und im Kontakt mit der fürstlichen Verwaltung gute Ergebnisse zu erzielen. Auch konnte es ein Stand- ortvorteil sein, wohlhabende Studenten aus dem Umland anzuziehen oder Stadtkin- der in gute Positionen, etwa Kirchenämter, zu bringen (Rüegg in: ders. [Fn. 3], 35f.; zum Beispiel des Konkurrenzverhältnisses der Universitäten Basel und Freiburg E. Bonjour Die Universität Basel von den Anfängen bis zur Gegenwart 1460–1960, 1960, 21ff.). 5 Die Berliner Universitätstheoretiker der Gründungszeit bewerteten das „Wett- eifern“ der deutschen Regierungen um den Einfluss ihrer jeweiligen Landesuniversi- täten zulasten anderer eher negativ. Schleiermacher hielt es für unangemessen und schädlich und forderte stattdessen eine bei aller Ambition solidarische wissenschafts- politische Grundhaltung (ders. in: Amrich [Fn. 2], 228f.), vgl. auch J. G. Fichte ebd., 125 (163). 412 Christian Bumke schaftliche Beziehungen als zweckrationale Auswahlentscheidungen.6 Werden diese marktförmig organisiert, soll dies eine dezentrale Wis- sensgenerierung, bestmögliche Güterallokation, Produkt- und Produk- tionsinnovation sowie eine Leistungs- und Qualitätssteigerung ermög- lichen7. Was aus Sicht der Ökonomie zählt, ist der volkswirtschaftliche Ertrag, der gesellschaftliche Nutzen und die Fähigkeit der Universitä- ten, Humankapital zu produzieren.

2. Auf der Suche nach einem Maßstab für einen universitätsgerechten Wettbewerb Geld ist das Medium und das Maß ökonomischer Anstrengungen,8 aber es vermag nicht die Frage nach dem Sinn universitären Wettbe- werbs zu beantworten.9 Erschwerend kommt die Offenheit des Wettbe- werbsbegriffs hinzu: Oft wird dieser Begriff als Chiffre für Ausbildungs- und Organisationsreform, Profilbildung, Ausdifferenzierung und Bes- tenauslese der Hochschulen benutzt.10 Nur auf wenigen Feldern wie der

6 Zu diesem Grundverständnis der ökonomischen Handlungstheorie näher K. Ho- mann/A. Suchanek Ökonomik. Eine Einführung, 2. Aufl. 2005, 26ff. Die Auffassun- gen zur Modellhaftigkeit und zur Erklärungsreichweite dieser Sichtweise differieren. Als realistische Beschreibung ausgearbeitet wird sie paradigmatisch bei G. S. Becker Der ökonomische Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens, 1982, 15ff. 7 Die Funktionen, die dem ökonomischen Wettbewerb zugesprochen werden, bzw. die Leistungen, die dieser zu erbringen vermag, differieren in Abhängigkeit vom zugrundegelegten Wettbewerbsbegriff. Einen Überblick über verschiedene Wett- bewerbsfunktionen vermitteln V. Emmerich Kartellrecht, 11. Aufl. 2008, § 1 Rn. 7ff.; I. Schmidt Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl. 2005, 28ff. Zu der vor allem von v. Hayek betonten Leistung der Marktwirtschaft als Mechanismus dezentraler Wissensgenerierung s. F. A. v. Hayek Freiburger Studien. Gesammelte Aufsätze, 1969, 76 ff. 8 Vermittelt und messbar werden die verschiedenen Funktionen eines marktförmi- gen Wettbewerbs durch das Medium Geld, s. K. Schmidt in: J. v. Staudingers Kom- mentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, §§ 244–248 BGB (Geldrecht), 13. Bearb. 1997, Vorbem. zu §§ 244, Anm. A 11, A 18. 9 J. Mittelstraß Denkströme, 2008, 11 (16). 10 Der Begriff weist mitunter die Eigenschaften eines „Schlüssel- oder Vermittlungs- begriffs“ auf (näher zu den Funktionen von Schlüsselbegriffen A. Voßkuhle in: W. Hoff- mann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/A. Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungs- rechts, Bd. 1, 2006, § 1 Rn. 40, dort in Fn. 217 auch zu gebräuchlichen Synonymen): Er bezeichnet Aufmerksamkeitsfelder, entwickelt einen Erklärungsansatz, bietet Orientie- rung und schafft einen gedanklichen Rahmen, um unterschiedliche Perspektiven der Wirtschafts-, Gesellschafts- und Rechtswissenschaft miteinander zu verknüpfen. Metaphorisch wird der Begriff verwandt, wenn sinnfreie Vorgänge, wie evolutio- näre Naturprozesse, als Wettbewerbsform qualifiziert werden (so z.B. K. M. Meesen JZ 2009, 697f.). Theoretisch fragwürdig wird dieses Vorgehen, wenn aus solchen Universitäten im Wettbewerb 413

Weiterbildung und dem Merchandising stößt man auf einen echten marktmäßigen Wettbewerb.11 Meist handelt es sich heutzutage beim universitären Wettbewerb um künstlich geschaffene Verteilungssituatio- nen.12 Um vor diesem Hintergrund die Bedeutung des Wettbewerbs- gedankens in seinen unterschiedlichen Facetten zu klären, bedarf es einer verlässlichen Beurteilungsgrundlage. a) Unzureichende Anknüpfungspunkte in den Wirtschaftswissenschaften und im Verfassungsrecht Aufklärung erwartet man zunächst von den Wirtschaftswissenschaf- ten. Ihr Beitrag ist indes überschaubar. Zwar vermittelt die Wettbewerbs- theorie viele Einsichten in die Ausgestaltung eines marktwirtschaft- lichen Wettbewerbs,13 doch werden die zentralen Fragen nach Sinn und Gestaltung des universitären Wettbewerbs kaum thematisiert.14 sinnlosen Vorgängen Folgerungen für kulturgeprägte menschliche Erscheinungen wie einem sportlichen Wettkampf oder einem marktwirtschaftlichen Wettbewerb entnom- men werden (so z.B. M. Lehmann JZ 1990, 61 [65ff.]). Menschlichem Wettbewerb wohnt keine Naturnotwendigkeit inne, sondern er gewinnt, etwa in Form des Kapita- lismus, unter bestimmten Bedingungen, zu bestimmten Zeiten, an bestimmten Orten, eine spezifische kulturelle Form (eindrucksvolle Aufarbeitung etwa durch M. Weber Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, 2008; s. ferner J. Beckert Grenzen des Marktes. Die sozialen Grundlagen wirtschaftlicher Effizienz, 1997, 25ff.). 11 Dessen Kennzeichen ist eine durch Angebot und Nachfrage bestimmte Markt- situation (s. Homann/Suchanek Ökonomik [Fn. 6], 216ff.) mit dem Preis als Knappheitsindikator. Sie unterscheidet sich vom Wettstreit um ein Gut, s. T. Schröder Leistungsorientierte Ressourcensteuerung und Anreizstrukturen im deutschen Hoch- schulsystem. Ein nationaler Vergleich, 2003, 54f., der hier von einem „Quasimarkt“ spricht. Näher zu den unterschiedlichen Strukturen von Markt- und Leistungswettbe- werb A. Peters Der Wettbewerb der Rechtsordnungen, in diesem Band. 12 Es wird von einem Wettbewerb um einen Markt (M. Eifert in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle [Fn. 10], § 19 Rn. 113, 118ff.), statt vom Wettbewerb auf einem Markt gesprochen. Wollte man die Analyse vom Begriff des Wettbewerbs her vorantreiben, müsste aufgrund der strukturellen Differenzen wenigstens zwischen wissenschaftlichem und ökonomischem Markt-Wettbewerb und zwischen Wettbe- werb um staatliche und halbstaatliche Mittel unterschieden werden. 13 Aus der allgemeinen Lit. s. nur das Standardlehrbuch von Schmidt, Wettbewerbs- politik (Fn. 7), sowie aus der Regulierungsperspektive Eifert in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Fn. 10), § 19 Rn. 126ff. 14 Trotz seines Zieles, betriebswirtschaftliches Know How in die Öffentliche Ver- waltung hineinzutragen und sie entsprechend zu restrukturieren, erweist sich insbe- sondere der New Public Management-Ansatz (Überblick bei J. Heiling Rechnungsle- gung staatlicher Hochschulen, 2007, 27ff.; ein Beispiel einer anwendungsorientierten Konzeptionierung bei T. Schubert New Public Management an deutschen Hochschu- len. Strukturen, Verbreitung und Effekte, 2008) als ungeeignete Basis. Er votiert für einen umfassenden Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente, will die Universitäten 414 Christian Bumke

Auch das Verfassungsrecht bietet keinen verlässlichen Ordnungsrah- men. Ein Umstand, der den Staatsrechtslehrer auf einer Staatsrechts- lehrertagung in eine unkomfortable Situation bringt. Die grundgesetz- liche Wissenschaftsfreiheit garantiert weder die Institution der deutschen Universität noch die tradierten Strukturen des Wissenschaftssystems.15 b) Die Idee der Universität als Kompass Bei Lichte betrachtet kann die Universität die gesuchte Grundlage daher nur aus sich selbst heraus gewinnen: Eine gesellschaftsgestal- tende Institution bedarf einer Idee.16 Erst diese Idee verleiht ihr einen sinnstiftenden Kern, gibt ihr gedanklichen Halt und bildet damit Maß- stab und Kompass zugleich.17

„entfesseln“ und zu autonomen Dienstleistungsunternehmen transformieren, die ihre Produkte auf den Bildungs- und Wissensmärkten anbieten, s. P.O. Oberender/ J. Fleischmann ORDO 54 (2003), 93 (102ff.). 15 Näher unter IV. 16 Näher M. Hauriou in: ders. Die Theorie der Institution, 1965, 27 (28, 34ff.), unter besonderer Betonung unterbewusster mentaler Faktoren und Ausprägung eines sehr weiten Institutionenbegriffs; zur Ausformung und Präzisierung s. G. Göhler in: ders. (Hrsg.) Die Eigenart der Institutionen, 1994, 19 (20ff.). Schelsky hat Haurious Vorstel- lungen für die Universität fruchtbar gemacht (Einsamkeit [Fn. 2], 65ff.). Wer vor dem unsicheren Status der Idee zurückscheut, kann stattdessen auf den Begriff der Theorie ausweichen (s. etwa J. Mittelstraß in: ders. Die unzeitgemäße Universität, 1994, 175 [178]). Wo es aber um Kritik der Praxis geht, hat sich der Ideenbegriff durchgesetzt (s. Schelsky Einsamkeit [Fn. 2], 65ff., J. Mittelstraß in: ders. Wissenschaft als Lebens- form. Reden über philosophische Orientierungen in Wissenschaft und Universität, 1982, 11 (20ff., 27); vgl. H. Kopetz Forschung und Lehre. Die Idee der Universität bei Humboldt, Jaspers, Schelsky und Mittelstraß, 2002, 87f.) Mit Hilfe von richtungswei- senden Prinzipien lässt sich die Idee weiter entfalten und vertiefen. Am Ende stehen das Regelwerk und die Praxis einer konkreten Universität; zur Verwendung bei der Analyse von Institutionen s. P. Fuchs in: J. Friedrichs/W. Jagolzinski (Hrsg.) Soziale Integration, 2000, 127 (147); kritisch K.-S. Rehberg in: G. Göhler (Hrsg.) Die Eigenart der Institutionen, 1994, 47 (65ff.); G. Göhler in: ders. (Hrsg.) Institutionenwandel, 1997, 21 (31ff.). 17 Mit dieser Ambiguität sperrt sich die Idee der vertrauten Unterscheidung zwi- schen Tatsache und Norm. Sie soll hier das bezeichnen, was entsteht, wenn wir ein Gegebenes und Gewesenes im Hinblick auf unsere Lage betrachten und unsere Er- gebnisse wertend in Beziehung zu den Ergebnissen anderer Beobachter setzen. Wir begreifen uns dabei selbst als freies, verantwortliches Wesen, das die gesellschaft- lichen Institutionen auf die eigene Erkenntnis und Sinnsuche bezieht und ihnen so Be- deutung und Richtung vermittelt. Platon ließ die Einzeldinge einerseits an der Idee Anteil haben (Parmenides 131 a-e), andererseits nach ihr streben (Phaidon 75 b), ihre Beziehung zur Idee ist ontologisch und teleologisch zugleich; dazu eingehend G. Mar- tin Platons Ideenlehre, 1973, 14ff., 144ff.; s. ferner H. Meinhardt in: G. Ritter (Hrsg.) Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 4, 1976, 55ff.; vgl. ferner meine Über- Universitäten im Wettbewerb 415

Um mehr zu sein als ein bloß idealistischer Entwurf, muss eine sol- che Idee auf den gesellschaftlichen Funktionen der Institution auf- bauen.18 Sie muss die gesellschaftliche Wirklichkeit adäquat erfassen, anderenfalls kann sie den in der Institution Tätigen keinen Halt bieten.19 Als Leitvorstellung muss sie sich dabei auf die prägenden und vorbild- lichen Elemente konzentrieren.20 Die Idee wurzelt in den tatsächlichen Gegebenheiten und erweist sich zugleich als normatives Vorbild. Die Idee der Universität herauszuarbeiten, zahlt sich aber auch für die juristische Arbeit aus. Da weder Wortlaut, Genese noch die Verfas- sungsgeschichte der Wissenschaftsfreiheit ein prägnantes Profil verlei- hen, stellt sich die Aufgabe, auf anderen, möglichst rationalen Wegen die spezifischen Gehalte zu ermitteln, die von der Wissenschaftsfreiheit gewährleistet werden. Sieht man von dem Weg eines konstruktiv-kri- tischen Verfassungsgerichtspositivismus ab, bietet sich die Analyse der Funktionsbedingungen und Gefahrenpotentiale des Freiheitsbereichs, deren Ergebnisse sich als teleologische Argumente in die Verfassungs- interpretation einbinden lassen. Insofern bildet die Universitätsidee einen hilfreichen Ausgangspunkt der grundrechtsdogmatischen Aus- arbeitung, basiert sie doch auf einer Funktionsanalyse und reicht ihr sinnstiftender Gehalt in die Welt des Normativen hinein.

legungen in C. Bumke JöR n. F. 57 (2009), 125 (129) und A. Hügli in: A. Hügli/J. Kü- chenhoff/W. Müller (Hrsg.) Die Universität der Zukunft. Eine Idee im Umbruch?, 2007, 51 (52). Fehlt es an der Schaffung einer solchen Idee, wird die Einrichtung von äußeren, blinden Kräften geformt. Sie erschöpft sich dann in Routinen und diffusen Erinnerungen ohne lebensgestaltende Kraft: „Wer sich nicht an Ideen orientiert, hat gar keine Orientierung“ (J. Mittelstraß in: ders. Wissen und Grenzen, 2001, 161 [179]). 18 Hügli ist deshalb beizupflichten, wenn er die unkritische Beschwörung Hum- boldts als unzureichend empfindet (in: Hügli/Küchenhoff/Müller [Fn. 17]). Vergan- gene Ideale müssen behutsam aktualisiert werden. Näher zu dieser Vorgehensweise und ihren Gründen Schelsky Einsamkeit (Fn. 2), 65ff. 19 Sie darf sich deshalb nicht in einem organisatorischen Attribut, wie dem des Unternehmerischen, oder einem wissenschaftspolitischen Ziel, wie dem Postulat der Forschungsuniversität, erschöpfen. Sie muss in der Lage sein, die charakteristischen Eigenarten der großen international sichtbaren Exzellenzuniversitäten ebenso wie das Wesen kleinerer Universitäten mit stärker regionalem Bezug zu erfassen. Mit Hilfe von richtungsweisenden Prinzipien lässt sich die Idee weiter entfalten und vertiefen. Am Ende stehen das Regelwerk und die Praxis einer konkreten Universität. 20 Die konzeptionelle Arbeit darf nicht in einen affirmativen Funktionalismus ver- fallen. Es ist entscheidend, sich auf die tragenden Elemente zu konzentrieren und diese in der Idee auf den Begriff zu bringen. 416 Christian Bumke

II. Bestandsaufnahme

Folgt man diesen Überlegungen, ergibt sich als Erstes die Aufgabe einer Bestandsaufnahme, bei der die Situation der deutschen Univer- sität in den Bereichen Forschung, Lehre und Hochschulorganisation zu klären ist. Dem Thema entsprechend sollen dabei die verschiedenen Ausformungen des Wettbewerbsgedankens besonders im Auge behal- ten werden.

1. Forschung Wissenschaftliche Forschung in der Bundesrepublik Deutschland wurde immer schon durch sehr unterschiedliche Formen von Fragen, Vorgehensweisen und Organisationen geprägt.21 Reduziert man diese Vielgestaltigkeit auf die beiden großen Felder der Natur- und Kul- turwissenschaften, so treten die strukturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede hervor: Während die Naturwissenschaften durch die Notwendigkeit großer Forschungseinrichtungen, drittmittelbasierter und fächerübergreifender Forschung, die Etablierung anerkannter und messbarer Qualitätsstandards, einen scharfen Forschungswettbewerb und international ausgerichtete Mobilität geprägt werden, weisen die

21 Institutionell reicht sie von der einzelnen Professur über festgeformte Einrichtun- gen, wie die Max-Planck-Institute, bis zur Großforschungsanlage, in der Hunderte von wissenschaftlichen Mitarbeitern Grund- und Anwendungsfragen der Kernenergie nachgehen, s. H.F. Zacher FS Lobkowicz, 1996, 371 (376ff.). Alle Universitäten sind Orte der Forschung (Wissenschaftsrat Thesen zur Forschung in den Hochschulen, 1996, 12f.), aber viele bedeutende Forschungseinrichtungen sind außeruniversitär fest in der Helmholtz- und Leibniz-Gemeinschaft, der Fraunhofer- und den Max-Planck-Gesellschaften organisiert (s. die statistischen Daten bei Wissen- schaftsrat Empfehlungen zur künftigen Rolle der Universitäten im Wissenschaftssystem, 2006, 89; hist. Überblick bei E.-J. Meusel Außeruniversitäre Forschung im Wissen- schaftsrecht, 1992, 70ff., zur Vertragsforschung insbes. H. Trischler in: P. Weingart/ N.C. Taubert [Hrsg.], Das Wissensministerium, 2006, 236 [242ff.]). Forschungsfragen werden im sanften Fluss eines wissenschaftlichen Gesprächs, im scharfen Konkurrenzkampf von Forschungsteams oder größeren fächerübergreifen- den Forschungsverbünden verfolgt. Die Forschungsfragen reichen von theoretischen Fragen, die abstrakte Gegenstände wie Zahlen betreffen, bis zur Entwicklung prak- tisch nützlicher Gegenstände. Das Forschungsgespräch ist international, s. die Daten bei B. Ebersberger u.a. in: J. Endler (Hrsg.), Internationalisierung der deutschen For- schungs- und Wissenschaftslandschaft, 2007, 109 (115ff.), zurückhaltender noch Wis- senschaftsrat Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutsch- land, 2000, (22ff.); s. zu den Facetten der akademischen Globalisierung Y. Turner/ S. Robson Internationalizing the University, 2008, 11ff. Deutlich nationaler ist das Be- rufungswesen und damit der normale wissenschaftliche Karriereweg ausgerichtet. Universitäten im Wettbewerb 417

Kulturwissenschaften diese Merkmale in einem sehr viel geringeren Maße auf.22 a) Vier prägende Momente Vier Momente sind es, die die gegenwärtige Forschungssituation prägen: aa) Kommerzialisierung der Universitäten Da ist zum Ersten der Prozess der Kommerzialisierung23 mit seinen dichter werdenden Verbindungen zwischen Universität, Wirtschaft und Gemeinwesen. Fragen wirtschaftlicher Nutzung und Verwertbarkeit werden wichtiger. Sofern möglich und sinnvoll, soll die Forschung auch dazu dienen, geistiges Eigentum zu schaffen, Dienstleistungen anzubie- ten, Güter zu produzieren oder Investoren zu gewinnen.24 Die For-

22 Bei der angesprochenen Zweiteilung (grundlegend zu ihr C.P. Snow Die zwei Kulturen. Literarische und naturwissenschaftliche Intelligenz, 1967 [engl. Orig. v. 1959]) handelt es sich um eine so grobe wie fragwürdige Unterscheidung. So könnte man sicherlich weiter zwischen den Zweigen Natur- und Ingenieurswissenschaften, der klinischen Forschung oder den empirisch arbeitenden Gesellschaftswissenschaf- ten unterscheiden. Zahlreiche Bestrebungen zur Systematisierung der Wissenschaften werden referiert bei J. Mittelstraß in: W. Frühwald u.a. (Hrsg.), Geisteswissenschaften heute. Eine Denkschrift, 1991, 15 (16ff.). Im hiesigen Zusammenhang ist die verwen- dete Zweiteilung ausreichend. 23 Überblick bei D. Bok Universities in the Marketplace. The Commercialization of Higher Education, 2003. Exemplarische Darstellung bei D. Müller-Böling Die entfes- selte Universität, 2000, 24ff., s. krit. R. Münch Globale Eliten, lokale Autoritäten. Bil- dung und Wissenschaft unter dem Regime von PISA, McKinsey und Co., 2009, 105ff. Eine weitgehende Separierung der Idee der „unternehmerischen Universität“ von jener der Ökonomisierung höherer Bildung unternimmt H. Wulz FS Mantl, 2004, 1263 (1265ff.). Die Unterschiede zwischen Unternehmen und Hochschule werden in den Blick genommen von Schröder Ressourcensteuerung [Fn. 11], 28ff. Eng ver- wandt, doch von diesen Phänomen zu scheiden, ist der von der ökonomischen Den- kungsart beherrschte Zeitgeist, der alles menschliche Handeln nur als zweckrationale Auswahlentscheidung begreifen kann und im pekuniären Wettbewerb das beste ge- sellschaftliche Ordnungsinstrument sieht. 24 Die Hochschule kann in einen unternehmerischen Verwertungsprozess einge- bunden sein, s. S. Slaughter/L.L. Leslie Academic Capitalism. Politics, Policies and the Entrepreneurial University, 1997, 139ff.; Münch Eliten (Fn. 23), 109ff.; L. Kühler Hochschulreform in Deutschland nach amerikanischem Vorbild. Chancen, Möglich- keiten und Grenzen, 2006, 270ff. u. 374; Monopolkommission Wettbewerb als Leitbild für die Hochschulpolitik. Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 44 Abs. 1 Satz 4 GWB, 2000, 77f. Eine Skizze der rechtlichen Rahmenbedingungen sol- cher Tätigkeit findet sich bei M. Fehling in: M. Fehling/J. A. Kämmerer/K. Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, 2005, 35ff. 418 Christian Bumke schungstätigkeit verliert dadurch ein Stück von ihrem Selbstzweck und gewinnt den Charakter einer vertretbaren Ware, deren Wert in Geld ge- messen wird.25 bb) Projektbezogene, drittmittelfinanzierte transuniversitäre Forschungs- verbünde als Organisations- und Qualitätsvorbild Zu beobachten ist zweitens eine zunehmende Homogenisierung der Forschungsstrukturen. Die heutige Grundform der Forschung ist der Verbund, der sich quer zu den Fakultäten entwickelt und über sie hinausgeht, ohne deren disziplinäre Grenzen in Frage zu stellen.26 Der Verbund ist projektbezogen, meist drittmittelfinanziert und auf Zeit

Eine systemtheoretisch angeleitete Studie zur wirtschaftlichen Nutzbarmachung wissenschaftlicher Erkenntnis unternimmt T. Heinze Die Kopplung von Wissenschaft und Wirtschaft. Das Beispiel der Nanotechnologie, 2006, insbes. 45ff. 25 In diesem Prozess lässt sich der Universitätscharakter nicht dadurch bewahren, dass solche Tätigkeiten aus dem Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit ausgegrenzt werden (so die zentrale These der Arbeit von H. Dähne, Forschung zwischen Wissen- schaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, 2007, 392ff.). Ausführliche Darstellung der Forschungsfreiheit im Kontext von Auftrags- und Industrieforschung bei T. Dickert Naturwissenschaften und Forschungsfreiheit, 1991, 259ff.; s. ferner M. Ruffert Grund und Grenzen der Wissenschaftsfreiheit, VVDStRL 65 (2005), 146 (157ff.). Zum einen stärkt die Restriktion gar nicht die universitäre Institution selbst. Zum anderen kann, gerade weil sich „Erkenntnis und Interesse“ (J. Habermas) nicht säu- berlich trennen lassen, weder der Grund noch das Ziel von Forschung über deren Vorliegen entscheiden. Halt verspricht hier wiederum allein die Idee einer Universität zu geben (s.u. III.). 26 G. Krücken in: E. Stölting/U. Schimank (Hrsg.), Die Krise der Universitäten. Leviathan Sonderheft 20/2001, 326 (332ff.). Eine ähnliche Diagnose, aber Skepsis hinsichtlich des Fortbestandes der Ordnungskategorie der wissenschaftlichen Diszip- lin überhaupt bei M. Gibbons u.a. The new production of knowledge. The dynamics of science and research in contemporary societies, 1999, 143ff.; dagegen H. Schwech- heimer/P. Weingart in: P. Weingart/M. Carrier/W. Krohn (Hrsg.), Nachrichten aus der Wissensgesellschaft. Analysen zur Veränderung der Wissenschaft, 2007, 182ff., die den Disziplinbegriff für flexibel genug erachten (s. 52ff.), auch gegenwärtig eine taug- liche wissenschaftsbeschreibende Kategorie darzustellen. Vgl. ferner zur Vielschich- tigkeit des Begriffs der wissenschaftlichen Disziplin M. Käbisch Sprachlogische Einheitskonzeption der Wissenschaft und Sprachvielfalt der Disziplinen, in: ders./ H. Maaß/S. Schmidt (Hrsg.), Interdisziplinarität. Chancen, Grenzen, Konzepte, 2001, 13 (15ff.). Nur manchmal, wie das Beispiel der Materialwissenschaften zeigt, kommt es zu einer disziplinären Ausformung der Verbundforschung, s. B. Bensaude-Vincent Hist. Stud. in the Physical and Biological Sc. 31 (2003), 223ff. Hinsichtlich anderer Forschungsbereiche ist ihr disziplinärer Status fragwürdig, s. für die Nanotechnologie H. Schwechheimer/P. Weingart ebd., 203ff. und J. Schummer Nanotechnologie. Spiele mit Grenzen, 2009, insbes. 37ff. Universitäten im Wettbewerb 419 angelegt.27 Gewachsen ist die Form aus den Erfordernissen naturwis- senschaftlicher Forschungsarbeit. Der Verbund ist die praktische Ant- wort auf die theoretisch unbewältigte28 Forderung nach Interdisziplina- rität bei fortschreitender Spezialisierung.29 cc) Etablierung der Universitäten als gestaltungsmächtige Forschungsakteure Drittens haben sich die Universitäten als eigenständige gestaltungs- mächtige Akteure etabliert.30 Präsidium, Hochschulrat und Dekane bestimmen das Forschungsprofil, nehmen entsprechende Umstruktu- rierungen vor, stoßen Forschungsverbünde an und suchen nach außer- universitären Forschungspartnern.31 Die damit einhergehende Konzen-

27 Er passt deshalb sehr gut zur heutigen Grundform professoraler Spitzenforschung (s.u. dd). 28 Zu der Dynamik zunehmender Spezialisierung und Binnendifferenzierung s. P. Weingart in: Impulse geben – 40 Jahre VolkswagenStiftung, 2002, 159 (163ff.), und zu den Möglichkeiten interdisziplinärer Forschung ebd. (170ff.). Die umfangreiche Literatur zur Interdisziplinarität erschließt F. Fürbeth in: W.G. Busse/H.-W. Goetz (Hrsg.), Mittelalter Bd. 4: Interdisziplinarität (1999), 7ff. 29 Die erste Exzellenzinitiative (zu ihrer Konzeption s. die Bund-Länder-Vereinba- rung gemäß Artikel 91 b des Grundgesetzes [Forschungsförderung] über die Exzel- lenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und For- schung an deutschen Hochschulen – Exzellenzvereinbarung [ExV] vom 18. Juli 2005, BAnz. 167/2005, 13347; zu Vorgeschichte und Kontext s. O. Bartz Der Wissenschafts- rat. Entwicklungslinien der Wissenschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland 1957–2007, 240ff.) forderte die Bewerber auf, nach übergreifenden Themen zu su- chen. Sie setzte so ein transdisziplinäres Gespräch in Gang, das vielerorts nicht wieder verstummte. Spätestens mit ihr wurde die Verbundsform auch von den Kulturwissen- schaften weithin als Organisationsideal übernommen (s. P. Strohschneider Über die Voraussetzungen und Konzeption der Exzellenzinitiative. Rede zur Eröffnung des Tutzinger Hochschultages 2008 am 1. Februar 2008, Bl. 12f. des Manuskripts; krit. Münch Eliten [Fn. 23], 173ff.). Großverbünde wie die sog. Exzellenzcluster eröffnen darüber hinaus die Möglichkeit, Fragen zu thematisieren, die sich im Wege der Indi- vidualforschung nicht bearbeiten lassen (z.B. globale Erwärmung). Eine andere Akzentuierung bekommt das Projekt der Verbundforschung, wenn nicht ihr interdisziplinärer Charakter, sondern die Kooperation oder Verflechtung von universitärer Forschung und Industrieforschung in den Mittelpunkt gerückt wird, s. S. Lütz Steuerung industrieller Forschungskooperation. Funktionsweise und Erfolgs- bedingungen des staatlichen Förderinstruments Verbundforschung, 1993, 45ff. 30 Die rechtliche Basis für die neue Rolle schuf die Reform des universitären Orga- nisationsrechts und eine Stärkung der Hochschulautonomie im Verhältnis zur Minis- terialverwaltung (s.u. 3.a). 31 Im Hintergrund steht weiterhin die Ministerialverwaltung, die ihre Zuweisungen von entsprechenden Zielvereinbarungen abhängig macht, s. Kühler Hochschulreform (Fn. 24), 370f.; U. Rogal Hochschulautonomie und Zielvereinbarungen, 2008, 98ff. und 420 Christian Bumke tration von Gestaltungsbefugnissen auf der Leitungsebene lässt eine Universitätsidee umso dringlicher erscheinen, die wenigstens institutio- nelle Bindungen zu entfalten vermag. dd) Ökonomisierung des Professorenamtes Das vierte Charakteristikum besteht in der tiefgreifenden Neubestim- mung, die das Amt des Professors erfahren hat. Kein eklatanter Miss- stand stand dabei am Anfang, sondern das unheilvolle Ineinandergreifen von ökonomischem Zeitgeist, punktuellem Reformbedarf und einem öf- fentlichen Vertrauensverlust.32 Statt eines autonomen Freiraums sollen nunmehr unsichere Arbeitsbedingungen, Zielvereinbarungen, Evalua- tionen und pekuniäre Anreize auf der Grundlage eines niedrigen Grund- gehaltes33 zu steter, mess- und sichtbarer wissenschaftlicher Produktion führen.34 zu dem Instrument der Zielvereinbarung im Hochschulbereich umfassend S. Kracht Das neue Steuerungsmodell im Hochschulbereich. Zielvereinbarungen im Spannungs- verhältnis zwischen Konsens und hierarchischem Verwaltungsaufbau, 2006. 32 Erstens erfasste der ökonomisierte Zeitgeist das öffentliche Personalwesen. Der Gedanke einer leistungsgerechten Besoldung sollte das überkommene Amtsethos ablösen und durch ein pekuniäres Anreiz- sowie kennzahlen- und vereinbarungsbe- stimmtes Kontrollsystem ersetzen, s. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Professorenbesoldung, BT-Drs. 14/6852, 12 und BT-Drs. 14/6853, 14; M. Hartmer Zur Leistungsorientieren Besoldung der Professoren. Wünsche, Pläne und Grenzen, ZBR 1999, 217. Zweitens sollte eine Flexibilisierung des Dienstrechts die Möglichkeit schaffen, bei gleichbleibenden Personalkosten internationalen Spit- zenforschern attraktive Angebote unterbreiten zu können (s. BT-Drs. 14/6852, 13). Zur Evaluation des Gesetzes s. J. Heß FS Löwisch, 2007, 141 (145ff.). Drittens trat in der öffentlichen Meinung immer wieder das Zerrbild eines Privilegien missbrauchen- den Professors hervor (s. J. Enders/U. Schimank in: Stölting/Schimank [Fn. 26], 159ff.). 33 Ein schlechtes Grundgehalt (das bisweilen wegen eines Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG für verfassungswidrig gehalten wird, s. VG Gießen, Beschl. v. 28. 07. 2008, Az.: 5 E 248/07; W. Wahlers ZBR 2006, 149 (153ff.); zur Gegenansicht s. BayVerfGH, Entsch. v. 28. 07. 2008, Az.: Vf. 25-VII-05) wird kombiniert mit einem Vergütungs- system, das finanzielle Verbesserungen auf Zeit verspricht, wobei an die Einhaltung von Zielvereinbarungen und die Sichtbarkeit von Forschungs- und Lehrleistungen angeknüpft wird. Das grundsätzliche Misstrauen zeigt sich in der Pflicht zu wieder- kehrenden Evaluationen und der Gewährung von Forschungsmitteln unter Wider- rufsvorbehalt. Abgerundet wird diese Institution durch einen zeitlich begrenzten Be- währungsvorbehalt für das gesamte Amt (s.a. U. Battis, ZBR 2000, 253ff.). 34 In diesem Klima wird das durch DFG-Mittel finanzierte, zeitlich begrenzte und wissenschaftlichen Nachwuchs einbindende Forschungsprojekt zum Grundformat professoraler Spitzenforschung. Durch die Reform entsteht ein eigenartiges Neben- einander von privilegierten, statischen Ordinariaten und pflichtgebundenen, dynami- sierten W-Professuren (B. Kempen ZBR 2006, 145 [147f.]). In der Welt der W-Profes- Universitäten im Wettbewerb 421 b) Einfluss des Wettbewerbsgedankens Forschung bedeutet seit jeher Wettbewerb um Reputation, Einfluss, Sach- und Personalmittel und um Geld. Lediglich die heutige Dominanz des Geldes als universelles Kennzeichen für Spitzenforschung ist neu.35 Zu einer erheblichen Veränderung der Wettbewerbsverhältnisse füh- ren auch die Exzellenzinitiativen von Bund und Ländern.36 Aufgrund der drei unterschiedlichen Förderlinien begründen sie zwar keine Zwei- Klassen-Gesellschaft, doch verstärken und verschärfen sie den ökono- mischen Wettbewerb zwischen den Universitäten. Die Initiativen sind auf Selektion und Konzentration angelegt, um einige wenige Universi- täten zu Exzellenzuniversitäten zu erheben – nicht weil die Übringen so viel schlechter sind,37 sondern weil das für internationale Spitzenfor- schung in den Naturwissenschaften erforderliche Geld nur für wenige Universitäten reicht. c) Herausforderungen und Kritik Gegenwärtig besteht für die Universitäten das Problem der Ziel- bestimmung. Da Exzellenz für die meisten von ihnen ausscheidet, bleibt nur die Profilbildung, ohne dass jedoch eine gemeinsame Grund- überzeugung über die universitären Forschungsaufgaben bestünde. Weitere Herausforderungen resultieren aus der Ökonomisierung des Forschungswettbewerbs.38 Obsiegt stets das ökonomische Kalkül, gera- suren lässt sich Verlässlichkeit nur erzeugen, soweit Fakultäten sich zur Solidarität unabhängig vom Erfolg verpflichten. 35 C. Werry Freiheit auf Bewährung? Die Auswirkungen der Globalisierung auf die Universität, 2005, 68f.; K. Peters NWVBl. 2008, 365ff. 36 Die Exzellenzinitiative ist die forschungspolitische Antwort auf die Einsicht (oder den Glauben), dass die deutschen Universitäten nur dann vordere Plätze im interna- tionalen, ganz überwiegend naturwissenschaftlich ausgerichteten Forschungswettbe- werb erreichen können, wenn die beschränkten Fördermittel auf wenige „exzellente“ Einrichtungen und transuniversitäre Forschungsverbünde konzentriert werden, s. P. Hommelhoff FS Mußgnug, 2005, 407 (413f.). Kritik an dieser mit der Exzellenz- initiative einhergehenden beschleunigten Differenzierung bei M. Hartmann Leviathan 2006, 447ff. 37 Vgl. die vom Wissenschaftsrat durchgeführten Studien: Forschungsleistungen deutscher Universitäten und außeruniversitärer Einrichtungen in der Chemie, 2007, sowie: Forschungsleistungen deutscher Universitäten und außeruniversitärer Einrich- tungen in der Soziologie, 2008. 38 An den Universitäten hat der ökonomisierte Zeitgeist in den Naturwissenschaf- ten einen engen Verbündeten gefunden. Drittmittelbasiertheit und bezifferbare Quali- tätsstandards (Darstellung bei S. Hornbostel in: Stölting/Schimank [Fn. 26], 139 [141ff.]) sind kompatibel mit einem Denken, das das Dasein anhand von Kosten-Nut- zen-Analysen, Effizienzkriterien und Kennzahlen erfasst und einen mittelbezogenem 422 Christian Bumke ten die Rahmenbedingungen guter Forschung leicht in eine Schief- lage.39 Hinzu kommt die Gefahr, Innovationen zu hemmen und Gleich- förmigkeit zu fördern. Denn peer reviews und die bekannten Formen des benchmarking mögen Qualität gewährleisten, sie neigen aber gleich- zeitig dazu, eher Vertrautes als Ungewohntes und eher Projekte mit ab- sehbarem als solche mit offenem Ergebnis zu fördern.40 Trotz dieses düsteren Bildes bleibt die versöhnliche Einsicht, dass keine dieser Herausforderungen die wissenschaftliche Neugier nach Wissensvermehrung und Erkenntnisgewinn zu zerstören vermag.

2. Lehre und Ausbildung Anders als die Forschung befinden sich Lehre und Ausbildung in einem elementaren Umbruch. Auslöser dafür waren die gravierenden Missstände, die gemeinhin in zu vielen Studienabbrechern und zu lan- gen Studienzeiten gesehen werden.41 Doch kam der alles in Bewegung setzende Lockruf „Bologna“ als bildungspolitische Leitvorstellung eines harmonisierten europäischen Hochschulraumes von außerhalb der Hochschulen.42

Wettbewerb befürwortet. Im Streit der Fakultäten können sie sich dadurch beträcht- liche geldwerte (Wettbewerbs-)Vorteile verschaffen. 39 Zu diesen Rahmenbedingungen zählen: Zeit, Ruhe und die Möglichkeit zu schei- tern. 40 Kühler Hochschulreform (Fn. 24), 353. Eine Abhilfe bieten dabei Preise, die den einzelnen Forscher in die Lage versetzen, evaluationsfrei Forschungsprojekten nach- zugehen (exemplarisch: der Leibniz-Preis). 41 Im Innern wuchs außerdem die Kluft zwischen Ideal und Hochschulwirklichkeit mit stagnierenden Zugangszahlen in den 1990er Jahren, näher Schröder Ressourcen- steuerung (Fn. 11), 111f.; Wissenschaftsrat Empfehlungen zur künftigen Rolle der Uni- versitäten im Wissenschaftssystem, 2006, 83. Zur künftigen Entwicklung auf der Basis der dem sog. Hochschulpakt II zugrundeliegenden Prognosen vgl. Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de/pages/de/news299333), zu überlangen Studienzeiten und der Zahl der Studienabbrecher (in den 90er Jahren 24 % an den Universitäten): Wissenschaftsrat ebd., 86. Hinzu kamen beträchtliche Mängel bei der finanziellen Aus- stattung und in der Lehre vor allem in Massenfächern mit schlechten Betreuungs- relationen wie Jura oder Germanistik, vgl. dazu Wissenschaftsrat ebd., 86ff.; sowie W. Körner (Hrsg.) Der Ausbau der Hochschulen oder der Turmbau zu Babel, 1993; K. Ermert (Hrsg.) Krise des Studiums – Krise der Wissenschaft? in: Loccumer Pro- tokolle 5/1986; Stölting/Schimank (Fn. 26); G. Turner Hochschule zwischen Vorstel- lung und Wirklichkeit, 2001; A. Woll Reform der Hochschulausbildung durch Wett- bewerb, 2001, 9ff.; Kühler Hochschulreform (Fn. 24), 168ff. 42 Kühler Hochschulreform (Fn. 24), 178; P. Wex Bachelor und Master, 2005, 46ff. Für viele, insbesondere Öffentlichkeit und bildungspolitische Akteure, führt der Bo- logna-Prozess in ein gelobtes Land – vgl. etwa den Zweiten Bericht zur Realisierung Universitäten im Wettbewerb 423 a) Harmonisierte und ausdifferenzierte höhere Bildung im europäischen Raum als neues Ideal Trotz vielfach gleichbleibender Bildungsziele43 hat die Neuordnung der bestehenden Studiengänge das seit den 1960er Jahren vorherr- schende Leitbild einer gleichwertigen höheren Bildung für alle zerstört. Mit der Zweiteilung des Studiums in eine gemeinsame Bachelorphase und eine anschließende Masterphase, die den besseren Studierenden vorbehalten bleiben soll,44 ist das Modell einer leistungsdifferenzierten und nutzenorientierten Bildung errichtet worden.45 Befreit vom Gängelband bundeseinheitlicher Studienordnungen46 wird die Gestaltung des Studienangebots weitgehend in die Autonomie der Ziele des Bologna-Prozesses von KMK und BMBF (www.bmbf.de/pub/nationaler_ bericht_bologna_2007.pdf); für andere in eine Wüste bloßer Nützlichkeit, an der alles Geistige zugrunde geht. Vor allem die ökonomische Vereinnahmung wird kritisiert: C. de Montlibert in: F. Schultheis, P.-F. Cousin, M. Roca i Escoda (Hrsg.) Humboldts Albtraum, 2008, 29ff.; R. Münch Eliten (Fn. 23), 104 sieht „die Verwertung des Wis- sens zur Kapitalakkumulation gegenüber dem offenen Prozess der Erkenntnissuche die Oberhand gewinn[en] und auf die Schließung der Wissensevoluion hinwirk[en]“; ähnlich vom Standpunkt Kritischer Bildungstheorie L. A. Pongratz Bildung im Ber- muda-Dreieck: Bologna – Lissabon – Berlin, 2009. A. Koschorke in: D. Kimmich/ A. Thumfart (Hrsg.) Universität ohne Zukunft?, 2004, 142 beschreibt einen grund- sätzlichen Widerspruch zwischen kontrollorientierter Wissenschaftspolitik und wis- senschaftlicher Erkenntnis, deren Bedingungen – etwa ein „Resonanzraum der Stille“ (ebd., 153) – keinen institutionell beglaubigten Ort finden. 43 Lapidar formuliert, soll weithin alles besser werden: Auf der Basis harmonisier- ter Studiengänge mit vergleichbaren Abschlüssen und unter Wahrung sozialer Chan- cengleichheit sollen mehr Studierendende in kürzerer Zeit bedürfnisgerecht und er- folgreich studieren, vgl. HRK Bologna-Zentrum (Hrsg.) Bologna-Reader III, 2008; Bundesministerium für Bildung und Forschung Der Bologna-Prozess (www.bmbf.de/de/ 3336.php); Europäische Kommission Die Rolle der Universitäten im Europa des Wis- sens, KOM/2003/0058 endg. 44 Zu den möglichen Zugangsvoraussetzungen Wex Bachelor (Fn. 42), 107ff. Als dritte Phase schließt sich wie bisher das Promotionsstudium an, das aber auch dem Ideal der Graduiertenkollege angenähert wird, ca. 15 % der Doktorandinnen/Dok- toranden studieren nach dem Bericht zur Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland, 2009, 8 (www.bmbf.de/pub/umsetzung_bologna_prozess_2007_09.pdf) derzeit in strukturierten Promotionsprogrammen. 45 Außerdem werden dadurch die Voraussetzungen geschaffen, um die deutsche Hochschullandschaft in einen europäischen Hochschulraum zu integrieren (vgl. Bun- desministerium für Bildung und Forschung Der Bologna-Prozess [www.bmbf.de/de/ 3336.php]). 46 Mit der Vierten Novelle des HRG von 1998 entfielen die Vorgaben zu Studien- ordnungen in der vormaligen Fassung des § 11 HRG. Überblick zu Deregulierung und Reform der Studienorganisation seit 1998 bei Kühler Hochschulreform (Fn. 24), 354ff. 424 Christian Bumke der Hochschulen gestellt.47 Öffnung und Praxisorientierung der Studien- gänge führen dabei zu einer Annäherung und steigern die Durchlässig- keit zwischen Fachhochschulen und Universitäten. Leistungs-, Ergebnis- und Praxisorientierung zwingen dazu, das Studium stärker als bislang an den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Studierenden auszurichten.48 Außerhalb des engen Kreises wissenschaftlicher Nachwuchsförderung zielt die Lehre nicht auf die Vermittlung wissenschaftlicher Forschung, sondern auf die Bereitstellung einer wissenschaftlich-didaktisch fun- dierten Ausbildung. Damit eng verknüpft ist die wachsende Bedeutung der Lehre, die sich an hochdotierten Preisen, studienbezogenen Ran- kings und veranstaltungsbezogenen Evaluationen ablesen lässt. Ein Zei- chen dieser Veränderungen ist das Amt der Lehrdozentur.49

47 Die Hochschulen können daraus charakteristische Profile formen, zu den Mög- lichkeiten der Profilbildung P. Hommelhoff in: Fehling/Kämmerer/Schmidt (Fn. 24), 155ff. Dies spiegelt sich auch in der Möglichkeit wider, den Hochschulzugang durch Aufnahmeprüfungen zu erschweren (vgl. Fn. 52). Getragen von der gemeinsamen Praxis- und Ergebnisorientierung – festgeschrieben im einheitlichen Qualifikations- rahmen – soll die Vergleichbarkeit und Qualität der Studiengänge vor allem mittels Modularisierung und akkreditierter peer reviews gewährleistet werden. Vgl. im ein- zelnen G. Rudinger/B. Kahn/C. Rietz (Hrsg.) Evaluation und Qualitätssicherung von Forschung und Lehre im Bologna-Prozess, 2008; zur Akkreditierung Wex Bachelor (Fn. 42), 273 ff; zum einheitlichen Qualifikationsrahmen: Europäische Kommission The Copenhagen Declaration, 2002; Kultusministerkonferenz Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulabschlüsse, 2005 (www.hrk.de/de/download/dateien/ QRfinal2005.pdf); U. Clement Der europäische Qualifikationsrahmen – mögliche Kon- sequenzen für Deutschland (www.fes.de/aspol/docs/20060309_clement_text.pdf). 48 Dem dient die Umstellung von der Festlegung von Lehrinhalten auf den Arbeits- aufwand und den Outcome für die Studierenden, also deren Wissenszuwachs und erworbene Fähigkeiten. Zu den Bewertungskategorien Wex Bachelor (Fn. 42), 139ff.; J. Rathjen in: HRK Bologna-Zentrum (Hrsg.) Bologna-Reader III, 85ff. Die damit voraussichtlich einhergehende Qualitätssteigerung des Studiums aus Sicht der Studie- renden bildet auch die Basis dafür, ein lebenslanges Band zwischen Studierenden und ihrer Alma mater zu knüpfen – nicht nur unter ideellen, sondern auch handfesten fi- nanziellen Gesichtspunkten, dazu A. Kuchenbecker in: Fehling/Kämmerer/Schmidt (Fn. 24), 81ff. 49 Nachdrücklich befürwortet vom Wissenschaftsrat Empfehlungen zu einer lehr- orientierten Reform der Personalstruktur an Universitäten, 2007 (www.wissenschafts- rat.de/texte/7721–07.pdf). Für Umsetzungen vgl. z.B. Art. 9 Abs. 1 S. 3 BayHSchPG, § 45 Abs. 1 S. 1 BbgHG, § 60 Abs. 2 SchlHHSG. U.U. ist dieses Amt sogar als Professur i.S.d. materiellen Professorenbegriffs (vgl. BVerfGE 47, 327 [388]; 51, 369 [379f.]) ausgeformt. Zur Kritik an der Lehrprofessur im Hinblick auf die Durch- brechung der Einheit von Forschung und Lehre L. Knopp/W. Schröder LKV 2009, 145 (147) m. w. N. Universitäten im Wettbewerb 425 b) Einfluss des Wettbewerbsgedankens Aus Sicht der Hochschulen gibt es Studierende im Überfluss und auch ihre finanzielle Ausstattung bestimmt sich nicht nach der Zahl der Hochbegabten, sondern meist nach der Zahl der aufgenommenen Stu- dierenden, die das Studium erfolgreich abschließen.50 Da auch nicht alle Hochschulen zu weltweit sichtbaren Leuchttürmen im Meer des Wis- sens werden können und nicht nur die besten, sondern alle Abiturienten zum Studieren berechtigt sind,51 ist der Wahlspruch eines Wettbewerbs um die besten Studierenden nur eingeschränkt sinnvoll.52 Relevanz be- hält er als Imagefaktor. Die Autonomie in Studienfragen eröffnet mitt- leren und kleineren Universitäten die Chance, ihr Studienprofil zu schärfen.53 In diesem Rahmen lässt sich auch die Betreuungsrelation zwischen Lehrenden und Lernenden verbessern. Die Grenzen einer sol- chen Qualitätssteigerung ergeben sich dabei weniger aus dem Verfas- sungsrecht54 als vielmehr aus der fehlenden Bereitschaft der Länder, für die Ausbildung von weniger Studierenden mehr Geld zu zahlen.55

50 Zur leistungsbezogenen Mittelvergabe H. H. Seidler in: M. Hartmer/H. Detmer (Hrsg.) Hochschulrecht, 2004, Kap. X Rn. 11ff.; G. Sandberger in: Fehling/Kämme- rer/Schmidt (Fn. 24), 21ff.; Kühler Hochschulreform (Fn. 24), 369. 51 Zentrale subjektive Voraussetzung des aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Rechts auf Zulassung zum Studium ist die allgemeine Hochschulreife (§ 27 Abs. 2 S. 1 HRG); vgl. z.B. BVerfGE 43, 291 (313f.); 85, 36 (54). 52 Zu den Vorgaben des § 32 Abs. 3 Nr. 3 HRG für hochschulinterne Auswahlver- fahren für zulassungsbeschränkte Studiengänge nach der „20:60:20-Regelung“ VGH München, NVwZ-RR 2006, 695; Einschätzung der Vorteile und Probleme des danach ermöglichten Wettbewerbs um Studierende Kühler Hochschulreform (Fn. 24), 363ff. 53 Während in der Forschung die Exzellenz wohl einen uneinzuholenden Wettbe- werbsvorteil begründet, bleibt die Lehre ein Feld für Entwicklung innovativer und studentenorientierter Studiengänge, das allen Hochschulen gleichermaßen offen steht. 54 Zur Diskussion um den Curricularnormwert: P. Hommelhoff, W. Müller (Hrsg.) Plädoyer für ein neues Kapazitätsrecht, Wissenschaftsrecht Beiheft 18; R. Brehm/ W. Zimmerling NVwZ 2008, 1303ff. 55 Für die Hochschulen beinhaltet deshalb jede Qualitätsverbesserung zugleich einen Verteilungskampf zwischen den Studiengängen. Dies schmälert, beseitigt je- doch nicht die Chancen der Hochschulen, ein unverwechselbares Ausbildungsprofil herauszubilden. Genau darin besteht das Ziel des Wettbewerbs. Ein attraktives Profil sichert die Nachfrage auch guter Studierender und schafft so Renommee, welches sich letztlich auch finanziell niederschlagen wird. – Zum Wettbewerbsgedanken Mo- nopolkommission Wettbewerb als Leitbild (Fn. 24); R. Hendler Die Universität im Zei- chen von Ökonomisierung und Internationalisierung, VVDStRL 65 (2006), 238 (244ff.); Woll Reform (Fn. 41), 32ff. Studiengebühren besitzen aufgrund ihrer Gleich- förmigkeit keinen Informationswert. Zu den theoretischen Möglichkeiten des Abbaus von Informationsproblemem durch Studiengebühren: M. Fischer Studiengebühren als Signaling- und Screening-Instrument, 2008. 426 Christian Bumke c) Herausforderungen und Kritik Bislang hat die Bachelorisierung ihre Ziele nicht erreicht: Weder hat die Reform eine positive Wirkung auf die Zahl der Studienabbrecher ge- habt56, noch wurde die Mobilität der Studierenden verbessert.57 Darüber hinaus benachteiligt die Reform sozial schwächer gestellte Studie-

56 Die HIS-Studienabbruchuntersuchung 2008 (U. Heublein/R. Schmelzer/D. Som- mer/J. Wank Die Entwicklung der Studienabbruchquote an den deutschen Hochschu- len, 2008, 11ff. [his.de/pdf/21/his-projektbericht-studienabbruch_2.pdf]) stellt zwar für die Universitäten einen rückläufigen Messwert vor – danach ist die Studien- abbruchquote bei den Studienanfängern 1999–2001 auf 21 % zurückgegangen, bei den Studienanfängern 1997–1999 lag sie noch bei 24 % –, warnt jedoch davor, auf einen Trend zu schließen. Für die Fachhochschulen konstatiert die Untersuchung sogar einen Anstieg des Studienabbruchs in den genannten Zeiträumen von 17% auf 22 %, was dem Niveau von Anfang und Mitte der 1990er Jahre entspricht. Eine hohe Ab- bruchquote von über 30 % ergibt sich für die Studienanfänger von 2000–2004 im Ba- chelor-Studium, allerdings gibt es hier besonders starke fächergruppenspezifische Differenzen, etwa eine exzeptionell hohe Abbruchquote für Bachelorstudiengänge in den Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften an Fachhochschulen, was nach den Autoren der Untersuchung auf unterschiedlich erfolgreiche Erstumsetzung der Bachelor-Master-Strukturen weist, Heublein/Schmelzer/Sommer/Wank ebd., 38ff. Im OECD-Vergleich sind zwar die deutschen Hochschulabsolventenquoten unterdurch- schnittlich – vgl. OECD (Hrsg.) Education at a Glance 2008, 72ff.; OECD (Hrsg.) Education at a Glance 2007, 54ff. – aber auch die Abbruchquote liegt unterhalb des OECD-Durchschnitts, vgl. OECD 2008, 92ff. 57 Zur internationalen Mobilität anders die Einschätzung im Bericht zur Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland, 2009, 35 (www.bmbf.de/pub/umsetzung_ bologna_prozess_2007_09.pdf): durch den Vergleich absoluter Zahlen für 1991 (34000) und 2006 (83000) soll eine positive Entwicklung belegt werden. Doch wird implizit auch hier eingeräumt, dass das politische Ziel von 50 % der Studenten, die studienbezogen ins Ausland gehen, längst nicht erreicht ist. Kritisch zur Interpretation der Statistiken des Erasmus-Programms F. Keller in: Schultheis/Cousin/Roca i Es- coda (Fn. 42), 47 (54ff.). Auch in den kommenden Jahren wird die Thematik nur einen geringen Teil der Studierenden berühren, nach der Einschätzung von Wex Bachelor (Fn. 42), 144, sind nur 3 % der Studenten an internationaler Mobilität interessiert; einen marginalen Anteil von 2,3 % europäischer Studierender, die ein Studium in einem anderen europäischen Land absolvieren, konstatierte 2003 die Europäische Kommission (Rolle der Universitäten [Fn. 43], 10) und nach F. Keller in: Schultheis/ Cousin/Roca i Escoda (Fn. 42), 47 (54ff.) geht es den meisten Erasmus-Studenten hauptsächlich um Spaß und Erlebnis. Dagegen war die innerstaatliche Erwerbs- mobilität von Hochschulabsolventen schon immer recht hoch; vgl. die Übersicht bei Autorengruppe Bildungsberichterstattung Bildung in Deutschland 2008, 335; 40 % der Absolventen arbeiten nicht im Land der Hochschulreife. – Als Ziel internationaler Studenten belegt Deutschland im OECD-Vergleich nach den USA und Großbritan- nien noch den 3. Platz, allerdings mit rückläufiger Quote und dicht gefolgt von Frank- reich, vgl. OECD 2008 (Fn. 56), 354. Universitäten im Wettbewerb 427 rende.58 Die Frage ist nur: Handelt es sich dabei um strukturelle Män- gel oder um heilsame Kinderkrankheiten?59 Mitunter setzt die Kritik aber auch grundsätzlicher an: Die Reform zerstöre das universitäre Bildungsideal, verstanden als geistig-charak- terliche Formung des Menschen durch sich selbst, und ersetze es durch eine bedarfs- und bedürfnisgerechte Kundenorientierung.60 Indes lebt diese Kritik vom Mythos des idealistischen Bildungsideals; ein Ideal, dessen geistig-gesellschaftliche Grundlagen im 19. Jahrhundert unwi- derruflich untergegangen sind.61 Die Rede von der Vervollkommnung

58 Schließlich ist der Arbeitsaufwand im Studium so gestiegen, dass kaum Zeit für eine anderweitige Beschäftigung bleibt. Benachteiligt sind die, die neben ihrem Stu- dium arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren – mehr als 50 % der Erst-Studierenden aller sozialer Herkunftsschichten, die nicht bei den Eltern leben, vgl. die statistische Übersicht der Finanzierungsquellen von Studierenden bei Auto- rengruppe Bildungsberichterstattung (Fn. 57), 126 – oder aus sonstigen Gründen Teilzeit studieren. Zum faktischen Überwiegen der Teilzeitstudenten Wex Bachelor (Fn. 42), 352ff.; A. Haft FS Teichler, 2008, 107ff. Andererseits ist in den Bologna-Reformen ge- rade auch von einer Abkehr von der „Fiktion ‚Normalstudent‘, welcher Vollzeit stu- diert und keine weiteren Verpflichtungen hat“, die Rede: GEW/fzs (Hrsg.) Chancen- gleichheit im Europäischen Hochschulraum, 28 (www2.fzs.de/uploads/soz_dim_ end.pdf); entsprechend sieht Wex Bachelor (Fn. 42), 355f. die neue Studienorganisa- tion durch Abkehr vom „Alles-oder-Nichts-Abschluss“ dem Teilzeitstudium entge- genkommen. Tatsache ist aber zunächst, dass sich die Zusammensetzung der Studie- renden in den letzten Jahren zu Lasten der unteren sozialen Schichten verschoben hat, vgl. die Statistik bei W. Isserstedt/E. Middendorf/G. Fabian/A. Wolter Die wirtschaft- liche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2006, 2007, 136f. 59 Die Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Fn. 57), 136 schreibt das inkonsis- tente Bild der Auswirkungen „auch […] Stand und […] Schwierigkeiten des Umstel- lungsprozesses“ zu. Nur eine neue Ausflucht sieht darin H. Schmoll, FAZ v. 24. 11. 09, 1: die hohle Wissenschaftsinszenierung der Bologna-Blase sei geplatzt. – Zur bisher nicht sehr hohen Attraktivität und Akzeptanz der neuen Abschlüsse R. Dobischat/ M. Fischell/A. Rosendahl Auswirkungen der Studienreform durch die Einführung des Bachelorabschlusses auf das Berufsbildungssystem, 2008, 20ff. – danach entscheiden sich 69 % der Studienanfänger gegen ein Bachelorstudium. Zu den Auswirkungen der Studienstrukturreform am Beispiel der Biologie R. Kreitz FS Teichler, 2008, 153. 60 So deutet z.B. Pongratz Bildung im Bermuda-Dreieck (Fn. 42), die Reformen als Siegeszug von Verwertungsinteressen über die aufklärend-kritischen Gehalte von Bil- dung. 61 Auch nach Mittelstraß Universität (Fn. 16), 7, 28 muss die Universität bei aller notwendigen Moderniserung am idealistischen Programm festhalten, dass sie vor der „institutionellen Beliebigkeit anderer Ausbildungssysteme“ und der „Aneignung durch die Welt“ bewahrt. Ein ähnliches Bildungsideal wird man auch J. Derridas Bekenntnis zur „unbedingten Universität“, an der nichts außer Frage steht und die jeglichem Machtprinzip gegenüber heterogen bleibt, antreiben sehen, J. Derrida Die unbedingte Universität, 2001. 428 Christian Bumke des Einzelnen durch wissenschaftliche Betätigung ist heutzutage nicht mehr als eine leere Phrase.

3. Hochschulorganisation a) Hochschulen als Unternehmen Tiefgreifend ist schließlich auch der Umbruch, den die Hochschulor- ganisation und das sie konstituierende Recht erleben.62 Die Gruppen- universität ist umgeformt worden in eine Managementuniversität.63 Inspiriert vom New-Public-Management-Ansatz64 führte65 diese Umgestaltung zur Einrichtung einer professionellen Leitung66 mit weit-

62 Der Reformbedarf speiste sich aus den geschilderten Herausforderungen in For- schung und Lehre. Die Universität erschien als eine Einrichtung, die aufgrund ihrer begrenzten rechtlichen Befugnisse sowie der schwerfälligen und bruderschaftlichen Strukturen nicht in der Lage war, die Rolle eines selbstständig gestaltenden, sich und seine Umwelt formenden und fordernden Akteurs im Wissenschaftssystem zu über- nehmen. Hinzu kam die Idee einer grundlegenden Verwaltungserneuerung, die die öf- fentliche Hand als Ganzes erfasst hatte. Die Bürokratie sollte nach den Grundsätzen moderner betriebswirtschaftlicher Managementlehren reformiert werden. Eigenver- antwortung, Leistungskraft und Bürgerorientierung der Behörden sollten durch die Zuweisung von Globalhaushalten, den Einsatz kontraktualistischer und wettbewerbs- bezogener Steuerungsinstrumente und der Einführung eines privatwirtschaftlich ori- entierten Rechnungs- und Haushaltswesens deutlich gestärkt werden. Der Faszination des New Public Management konnten sich die Hochschulen nicht entziehen. Ver- sprach man sich hier doch einen Stoff in den Händen zu halten, aus dem sich das neue organisatorische Kleid der Hochschulen weben ließ, vgl. unten Fn. 64 und Fn. 74. 63 Zur Strukturreform der Hochschulbinnenverfassung: A. Keller Hochschulreform und Hochschulrevolte, 2000, 378ff. Vollständig anders ist die außeruniversitäre For- schung organisiert – konziser Überblick bei T. Groß/N. Arnold Regelungsstrukturen der außeruniversitären Forschung, 2007. 64 Zu New-Public-Management und Hochschulorganisation: D. Frohschammer Hö- here Effizienz durch mehr Autonomie, 2008; Schubert Management (Fn. 14). 65 Bei der Bandbreite föderaler Gestaltung der Hochschulorganisation trifft die Charakterisierung nicht auf alle Bundesländer in gleicher Weise zu, vor allem hinsicht- lich der Stellung und der Befugnisse der Hochschulräte gibt es sehr beträchtliche Un- terschiede, teils hat der Hochschulrat nur beratende Funktion, teils beschließt er über Haushalts- und Wirtschaftsplan (bzw. stimmt zu/genehmigt, z.B. § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BW LHG; § 65 Abs. 1 S. 1 Nr.1 BerlHG; § 21 Abs. 1 Nr. 3 HSG NW) und über den Struktur- und Entwicklungsplan (§ 20 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 BW LHG; § 84 Abs. 1 Nr. 4 HmbHG; Art. 26 Abs. 5 Nr. 5 BayHSchG; § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 HSG SH; § 86 Abs. 1 S. 5 Nr. SächsHG) oder entscheidet auch über die Einrichtung, Aufhebung oder Än- derung von Fachbereichen, z.B. § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 6 BerlHG. S. a. unter VI.1.c). 66 Sie kann unterschiedliche Formen annehmen s. W. Thieme Deutsches Hoch- schulrecht, 3. Aufl., 2004, Rn. 554ff.; M. Hartmer in: Hartmer/Detmer (Fn. 50), Kap. IV Rn. 136. Universitäten im Wettbewerb 429 reichenden Gestaltungsbefugnissen im Haushalts- und Personalwesen sowie in der Entwicklungsplanung. Ihr zur Seite gestellt ist ein Hoch- schulrat als Wahl-, Beratungs- und Kontrollorgan, dem hochschul- fremde Mitglieder als Ausdruck öffentlicher Kontrolle angehören.67 Geschmälert wurden die Befugnisse des Senats als zentralem kollegia- len Selbstverwaltungsorgan der Hochschule.68 Verändert hat sich aber auch das Gefüge zwischen Staat und Hoch- schule.69 Die neu gewonnene Autonomie in Fragen der Mittelverwen- dung und des Personalwesens wird weiterhin begrenzt und dirigiert durch das parlamentarische Budgetrecht und verbindliche Zielverein- barungen zwischen Staat und Universitäten.70 Am Ende sollen die Hochschulen in der Lage sein, ihre Geschicke selbst zu lenken.71 Als reformerisches Leitbild dient das Unterneh- men,72 wobei seine dirigierende Kraft angesichts des Handicaps der Hochschulen, weder über nennenswertes Eigenkapital noch über ein allgemeines Kündigungsrecht zu verfügen, indes nur sehr begrenzt sein kann. b) Einfluss des Wettbewerbsgedankens Soweit Hochschulen dem Unternehmensleitbild folgen, werden sie ihr Handeln an ökonomischen Wertmaßstäben ausrichten, sich auf ge- winnträchtige Forschungen, lukrative Weiterbildungsangebote73 und

67 Näher unter Fn. 148. 68 Näher unter V. 69 Zur Neubestimmung des Verhältnisses von Hochschule und Staat Keller Hoch- schulreform (Fn. 63), 329ff. 70 Näher zu den Zielvereinbarungen, ihren Inhalten und ihrer rechtlichen Qualifi- zierung Kracht Steuerungsmodell (Fn. 31); Rogal Hochschulautonomie (Fn. 31). 71 Die universitäre Autonomie wurde auf die Gebiete der Mittelverwendung und des Personalwesens ausgedehnt, um den Universitäten die eigenverantwortliche Schwer- punkt- und Profilbildung zu ermöglichen und auf diese Weise einen Wettbewerb zwi- schen den Universitäten in Gang zu setzen. Dezentralisierung und Wettbewerb lösten die schwerfällige und gestaltungsschwache Wissenschaftsplanung durch den Staat ab. Ziel der Neumodulierung ist es, die Wissenschaftsentwicklung nachhaltig zu beför- dern. Die Dezentralisierung auf der Ebene der Hochschulen ging einher mit einer Zen- tralisierung der Entscheidungsbefugnisse im Inneren sowie der Stärkung des Hoch- schulrates. Die überkommenen universitären Entscheidungsstrukturen erschienen als zu schwerfällig und starr, um einen spürbaren Wettbewerb in Gang zu setzen. 72 B. R. Clark Creating entrepreneurial universities: organizational pathways of transformation, 1998; K. Berthrams in: G. Krücken, A. Kosmützky, M. Torka (Hrsg.), Towards a Multiversity, 2007, 179ff.; kritisch Bok Universities (Fn. 23). 73 Erheblichen Veränderungen ist auch der Weiterbildungssektor mit seinem Leit- bild vom lebenslangen Lernen unterworfen – vgl. z.B. die programmatischen Erklä- 430 Christian Bumke solche Studiengänge konzentrieren, die sowohl von Seiten der Studie- renden als auch von Seiten der Wirtschaft stark nachgefragt werden. Neben den betriebswirtschaftlich ausgerichteten Reforminstrumenten74 zählt der ökonomische Wettbewerb zu den maßgeblichen regulatori- schen Ordnungsmitteln. Inneruniversitär wird Wettbewerb zwischen den Fakultäten initiiert oder gefördert und nach außen wird versucht, sich auf Kosten der übrigen Hochschulen die größtmöglichen Vorteile für die eigene Einrichtung zu verschaffen. c) Herausforderungen und Kritik In einer universitären Ordnung, in der in erster Linie Rentabilität und sichtbarer Erfolg zählen und in der es an einer darüber hinausgehenden korrigierenden Idee fehlt, ist die disziplinäre Vielfalt bedroht.75 Nur we- nige Disziplinen, wie etwa die Bio- und Lebenswissenschaften oder Be- triebswirtschaft und Wirtschaftsrecht, sind voraussichtlich hinreichend lukrativ. Außerdem drohen langfristige Strategien mit empfindlichen kurz- und mittelfristigen Wettbewerbsnachteilen verbunden zu sein, so- dass man Risiken meiden und sich auf das Kalkulierbare konzentrieren wird.

rungen zur gestiegenen Bedeutung der Weiterbildung: Deutsche Gesellschaft für wis- senschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e.V. Perspektiven wissenschaftlicher Weiterbildung in Deutschland aus Sicht der Einrichtungen an Hochschulen, 2005 (www.dgwf.net/docs/EinwW_DGWF.pdf); Hochschulrektorenkonferenz HRK-Posi- tionspapier zur wissenschaftlichen Weiterbildung, 2008 (www.hrk.de/109_4479.php) Zu den Arten der Weiterbildung U. Bade-Becker Qualitätsmanagement in der wissen- schaftlichen Weiterbildung an Hochschulen in Deutschland, 2005, 7ff. Es handelt sich um ein lukratives, marktwirtschaftlich strukturiertes Feld. Das Bestreben, die perso- nellen und sachlichen Ressourcen wo möglich auch ökonomisch zu nutzen, führt des- halb zu einem stark wachsenden Engagement der Hochschulen auf diesem Feld, zu den Rechtsfragen Fehling in: Fehling/Kämmerer/Schmidt (Fn. 24), 35ff. 74 Näher Heiling Rechnungslegung (Fn. 14); Frohschammer Effizienz (Fn. 64), 21ff. 75 Mit der Organisationsreform sind die Voraussetzungen geschaffen, um die Umwidmung und Konzentration der universitären Haushaltsmittel vorzunehmen. Kompetenzrechtlich betrachtet hätte der Staat eine solche Umgestaltung selbst vor- nehmen können. Doch hätte dies die Beziehungen zwischen Staat und Universität auf das Schwerste gestört. Zu Gefahren der Kommerzialisierung: J. Zabeck in: D. Hoff- mann/K. Neumann (Hrsg.) Ökonomisierung der Wissenschaft, 43ff.; Bok Universi- ties (Fn. 23). Universitäten im Wettbewerb 431

III. Grundlegung einer Idee der deutschen Universität

1. Vier Elemente der Universitätsidee Die geschilderten Entwicklungen lassen die Universität verunsichert zurück. Wenn überall neu gestaltet wird, löst sich eine gesellschaftliche Institution in ein Gewirr unterschiedlicher Regelungsstrukturen und gesellschaftlicher Praxis auf. Umso dringlicher ist es, in diesem aufge- wühlten Meer der Möglichkeiten eine Idee der Universität zu finden, die Halt und Orientierung bietet.76 Die im Folgenden näher entwickelte Idee knüpft an die Beobachtun- gen der Bestandsaufnahme an, gleicht sie stillschweigend mit den his- torisch bewährten Eigenschaften der Universitäten ab und verdichtet sie zu konstitutiven und zugleich vorbildlichen Elementen. Durch ihre Anbindung an das Bestehende soll sie Halt und durch ihre Auswahl Orientierung geben. a) Universität als Ort wissenschaftlicher Haltung, Lebensform und Begegnung Universität bedeutet zunächst einmal Wissenschaft.77 Wissenschaft als Haltung und Lebensform findet hier ihren institutionellen Ausdruck.78

76 Eine Diagnose, die schon die eindrückliche Forderung R. H. Mertons nach uni- versitärer Selbstbesinnung motiviert hat (ders. Entwicklung und Wandel von For- schungsinteressen, 1985, 86 [86]). 77 Der Wissenschaftsbegriff bildete in den Programmschriften um die Gründung der Berliner Universität Ausgangspunkt und Kern der Argumentation, jeweils unter- schieden von der bloßen Weitergabe praktischer Kenntnisse, s. etwa F. W. J. Schelling in: Amrich (Fn. 2), 1 (3ff., 18f., 22f., 29f.); Schleiermacher in: Amrich (Fn. 2), 223, 230f., 237, 249; Fichte Plan (Fn. 2), 131, 200ff.; Humboldt in: Amrich (Fn. 2), 377ff. Der besonders um Wärme und Ethos bemühte Steffens stellt die „Weisheit“ an die Stelle der Wissenschaft (H. Steffens in: Amrich [Fn. 2], 309 [320ff.]); zum Wissen- schaftsbegriff des Mittelalters s. J. Jantzen in: I. M. Fehér/P. L. Oesterreich (Hrsg.) Philosophie und Gestalt der Europäischen Universität, 2008, 3 (14f.). Der Wissen- schaftsbegriff ist natürlich vieldeutig: Merton hat unterschieden: „(1) einen Komplex spezifischer Methoden, mit deren Hilfe Wissen gesichert wird; (2) einen Vorrat an ak- kumuliertem Wissen, der aus einer Anwendung dieser Methoden hervorgegangen ist, (3) einen Komplex kultureller Werte und Verhaltensmaßregeln, denen die als wissen- schaftlich bezeichneten Aktivitäten genügen müssen; und (4) jede beliebige Kombi- nation der genannten Momente“ (Merton [Fn. 76], 87). Hier geht es mir vor allem um den normativen dritten Aspekt. 78 K. Jaspers Die Idee der Universität, 1946, 26f.; J. Mittelstraß bewahrte diesen alten Gedanken als Mittelpunkt seiner Theorie der Universität (in: ders. Wissen und Gren- zen. Philosophische Studien, 2001, 161 [168f., 179]; Wissenschaft [Fn. 16], 25ff., 31ff.), auch wenn er dabei mutmaßen musste, der Naivität gescholten zu werden (ebd. 11). 432 Christian Bumke

Wissenschaft baut auf der aufklärenden Kraft eines zeitlich, sachlich und personell offenen Forschungsgesprächs auf.79 Sich unvoreinge- nommen Fragen zu nähern, auch das Anerkannte zu hinterfragen, Ver- lässliches von weniger Verlässlichem und bloßen Meinungen zu unter- scheiden, die eigene Arbeit für andere wenigstens nachvollziehbar zu machen – dies alles sind Teile einer wissenschaftlichen Haltung.80 Die Universität wird dadurch zu einem Ort beständiger Begegnung.81 Nur an diesem Ort kommen Natur- und Kulturwissenschaften ins Gespräch; die Universität ist die ursprüngliche und bleibende Wurzel eines fächerübergreifenden Austausches.82 b) Universität als Ort aufklärerischer Reflexion und Widerpart des Zeitgeistes Die Universität ist ferner ein einzigartiger Ort gesellschaftlicher Selbstbeobachtung.83 Hier kann ohne politischen Entscheidungszwang, mediale Aufgeregtheit und Einflussstreben der think tanks vor-, mit-

79 J. Habermas in: ders. Eine Art Schadensabwicklung, 1987, 71 (76); Hügli in: ders./J. Küchenhoff/W. Müller (Hrsg.) (Fn. 17), 56f. 80 Merton führt weitere Kriterien an, die m.E. aber nicht alle Ausdruck der Wissen- schaft sind oder sein müssen (Social Theory and Social Structure, 1957, 552 ff; s. auch ders. in Merton [Fn. 76], 88ff.). 81 Dazu schon Schleiermacher in: Amrich (Fn. 2), 223, 251. Schon begrifflich steht die Universität für die Gemeinschaft der Lehrer und Studenten, die „universitas magist(r)orum et sc(h)olarium“, war also immer ein soziales Verhältnis und – in Ermangelung eigener Gebäude – zunächst oft auch nur das (Verger in Rüegg Bd. I [Fn. 3], 50f.; Grundmann Ursprung [Fn. 3], 16). Nicht ganz richtig ist daher der gelegentlich geäußerte Gedanke, dass die Universität sich begrifflich auf die Gesamt- heit der Erkenntnisse beziehe (so etwa Schleiermacher in: Amrich [Fn. 2], 238f.). Ein Ort der Begegnung braucht Regeln für das Zusammenleben: Fragen der Ord- nung und des Aufsichtswesens bis hin zum Duellwesen waren Bestandteil der Ber- liner Gründungsdiskurse, s. dazu Fichte in: Amrich (Fn. 2), 168ff. und Schleier- macher ebd., 275ff., 301ff.; ferner Schelling ebd., 23; näher Schelsky Einsamkeit (Fn. 2), 24ff. 82 S. K. Pestalozzi in: ders./J. Küchenhoff/W. Müller (Hrsg.) Die Universität der Zu- kunft. Eine Idee im Umbruch?, 2007, 67 (68ff.). Außerdem begegnen hier junge Men- schen dem Ethos wissenschaftlicher Arbeit. Manche verschreiben sich dieser, viele werden mit ihr vertraut und durch sie für ihr späteres Berufsleben geprägt (eindrück- lich schon Schleiermacher in: Amrich [Fn. 2], 247ff.). Darin besteht unter anderem der Sinn einer wissenschaftlichen Ausbildung. Als ein solcher Ort ist sie zugleich der ideale Nährboden für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der sich zwischen den Fä- chern bewegen kann und erst allmählich auf eines konzentriert. 83 So hat K. Heinrich die Ausgabe seiner Aufsätze zur Universität betitelt: „der ge- sellschaft ein bewußtsein ihrer selbst zu geben“ (1998). Universitäten im Wettbewerb 433 und nachgedacht werden.84 Den großen Entwicklungstendenzen kann sich die Universität als gesellschaftliche Institution nicht entziehen. So- lange sich aber die wissenschaftliche Haltung keiner Macht unterord- net, vermag die Universität immer wieder den Charakter eines bedacht- sam-zögerlichen Widerlagers gegenüber dem Zeitgeist anzunehmen. c) Universität als Ort wissenschaftlicher (Berufs-)Ausbildung Die Universität ist darüber hinaus stets ein praktischer und nützlicher Ort gewesen, an dem erwachsene Menschen geistig erzogen und wis- senschaftlich ausgebildet werden.85 Die drei klassischen Fakultäten, die theologische, die juristische und die medizinische, haben immer schon Wissenschaft, Ausbildung und Praxis miteinander verbunden.86 Berufs- ausbildung ist ein konstitutiver Zweck der Universität und zugleich ein Grund dafür, warum sich eine Gesellschaft eine so kostspielige Einrich- tung leistet.87)88

84 Die unmittelbare gesellschaftliche Relevanz dieses Nachdenkens kann gering oder groß sein, der Wille zum besseren Weltverstehen sollte immer erkennbar bleiben. 85 Von den „geistigen Gründern“ der Berliner Universität, die alle die Eigenständig- keit der Wissenschaft gegenüber den bloßen „Kenntnissen“ der Praxis betonten (s. Fn. 77), hat nur Schleiermacher explizit an der Idee der Universität als eines Orts der Berufsausbildung festgehalten (Amrich [Fn. 2], 248f.; s. zur Historie im Übrigen die Nachweise in Fn. 4). Zur gegenwärtigen Debatte vgl. Pestalozzi in: ders./Küchen- hoff/Müller (Fn. 82), 73ff.; D. Langewiesche ebd., 88 (95ff.) und U. Matz FS Lobko- wicz, 1996, 395 (400ff.). 86 „Die Gliederung in Fakultäten ist nicht zufällig. Die drei höheren entsprechen den drei Formen des Lebens: dem spirituellen Leben in der Verheißung göttlicher Gnade, dem bürgerlichen Leben in der Verfasstheit des Rechts und dem je eigenen Leben in der Bedingtheit physischer Existenz. Dreifach ist das Heil des menschlichen Lebens bestimmt: als göttliche Gnade, als bürgerliches Recht, als individuelle Ge- sundheit.“ (Jantzen in: Fehér/Oesterreich [Fn. 77], 13). Aber schon aus dem einfachen Traditionsgrund kann man sich schwer vorstellen, wie es praktisch funktionieren sollte, dass die Ausbildungsaufgabe ganz auf die Fachhochschulen „abgeschoben“ wird. 87 Zum akademischen Nützlichkeitsdenken des 18. Jahrhunderts Schelsky Einsam- keit (Fn. 2), 33ff. Nur für sehr kurze Zeit hat das idealistische Bildungsideal mit sei- nem Bild vom Menschen als ein sich in durch Wissenschaft vervollkommnendes We- sen (s. näher die Nachweise in Fn. 96) diese universitäre Zielsetzung verdrängt, dies freilich auch weniger praktisch als theoretisch. 88 Wenn eine Gesellschaft immer stärker durch Wissen, Technik und Zweckratio- nalität geprägt wird, so muss sich diese Entwicklung in der universitären Ausbildung widerspiegeln. Durch die Ausbildungsaufgabe ist die praktische Seite der Universitä- ten gestärkt worden. Mit der Kommerzialisierung gewinnt sie eine neue Qualität, da die Gefahr droht, dass sich die Universitäten zu Dienstleistungsunternehmen ent- wickeln, die allein dem Gesetz von Angebot und Nachfrage verpflichtet sind. 434 Christian Bumke

Eine solche Ausbildung lebt von ihrer Wissenschaftlichkeit und hebt sich dadurch vom Studium an einer Fachhochschule ab.89 Entschei- dend ist insoweit neben einem Unterricht auf der Grundlage des gegen- wärtigen Forschungsstandes90 die wissenschaftliche Haltung, die es im Studium zu vermitteln gilt:91 sich unvoreingenommen Fragen zu nä- hern, Probleme analytisch zu ergründen, denkbare Lösungswege syste- matisch zu erkunden und aus Rückschlägen zu lernen.92)93 d) Universität als Ort partizipatorischer Kooperation Die Universität baut schließlich auf dem Gedanken partizipatorischer Kooperation auf. Dieser Gedanke ist zwar nicht der wissenschaftlichen Arbeitsweise als solcher inhärent, sehr wohl aber der universitären Le- bensform. Die Universität ist als eine Gemeinschaft von Wissenschaft- lerinnen und Wissenschaftlern gedacht, die in ihrem Fach selbständig forschen und lehren. Sie ist als ein Ort transdisziplinärer Begegnung, auf wissenschaftliche Vielfalt, Offenheit und eben deshalb auf Gleich- berechtigung angelegt. Nur an einem solchen Ort partizipatorischer Kooperation kann das Projekt der Universität gelingen.94

89 Man sollte aber auch anerkennen, dass das Studium an den Fachhochschulen im- mer stärker vom Anspruch geprägt wird, ein wissenschaftliches Studium zu bieten. Die Frage wird umso drängender, da durch die Bachelorisierung die Ausbildung in Fachhochschulen und Universitäten sich ein Stück weit annähert und die Ausbil- dungswege durch den Wechsel vom FH-Bachelor zum U-Master die Institutionen verzahnen. 90 Dabei gibt es einen Abstand zwischen den gegenwärtigen Spitzen eines For- schungsgesprächs und den gesättigten Ablagerungen, die Eingang in die Lehrbücher eines Fachgebietes finden. 91 Hingegen ist die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nur mittelbare Aufgabe des Studiums. 92 Die Studierenden sollen mit der wissenschaftlichen Lebensform vertraut werden, doch das wissenschaftliche Seminar ist zwar aus Sicht der Forschung, nicht aber der Pädagogik am Besten für die Ausbildung geeignet. Überdies soll sich die Ausbildung an den Bedürfnissen und Interessen der Studierenden ausrichten, aber trotzdem vom universitären Geist geprägt sein. Optimale Prüfungsvorbereitung gerät mitunter in Widerstreit zur fachlich hinreichend fundierten Ausbildung. Dies wird durch das Kor- sett eines dreijährigen Bachelor-Studiums noch verstärkt. 93 Ziel universitärer Erziehung ist die wissenschaftlich-aufgeklärte und integere Person (näher Jaspers Idee [Fn. 78], 31ff.). Die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis legen davon ein Zeugnis ab und zeigen zugleich, dass auch Wissenschaftler fehlbare Menschen sind (vgl. die Nachweise in Fn. 77). 94 Zu den Gründen, warum der Selbstverwaltungsgedanke nicht auf die Gruppe der Professoren beschränkt sein sollte, M. Fehling in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.) BK, Art. 5 Abs. 3 – Wissenschaftsfreiheit (2004) Rn. 195ff. Der Selbstverwaltungsgedanke spiegelt sich in zwölf der Landesverfassungen wider (vgl. dazu unten Fn. 108). Universitäten im Wettbewerb 435

2. Einheitsstiftendes Bildungsideal Die vier skizzierten Elemente bedürfen noch eines Stoffes, mit des- sen Hilfe sie sich zu einer einzigen Idee verbinden.95 Dieser Stoff war über Jahrhunderte hinweg das gesellschaftliche Bildungsideal.96 Unter- nimmt man den Versuch, in Zeiten der Post-Post-Aufklärung97 ein zeit- gemäßes Bildungsideal zu formulieren, sollten zwei Einsichten aus der Geschichte des Bildungsideals bewahrt werden. Festzuhalten ist zum einen an der – unter dem Grundgesetz selbst- verständlich gewordenen – Ausrichtung am Menschen. Die Begriffe Mensch und Menschheit gewannen in der Goethe-Zeit emanzipatori-

95 Insbesondere zwischen Forschung auf der einen und Lehre und Ausbildung auf der anderen Seite kommt es zu Spannungen. Von ein und derselben Person werden sehr verschiedene Fähigkeiten verlangt. 96 Der Bildungsbegriff erfuhr seine fundamentalste Umgestaltung durch die idealis- tischen deutschen Bewegungen seit Herder (R. Vierhaus in: O. Brunner/W. Conze/ R. Koselleck (Hrsg.) Geschichtliche Grundbegriffe, 1. Bd., 2004, 508 [515ff.]) und drang im Laufe des 19. Jahrhunderts tief in die Alltagskultur ein, bis er sich in den technischen Vernichtungswelten des 1. Weltkriegs auflöste und schließlich im Dritten Reich seine endgültige Pervertierung erfuhr. Langewiesche diagnostiziert auf der Basis der Sichtung deutscher Rektoratsreden des 19. und 20. Jahrhunderts bis zum 1. Welt- krieg Einigkeit, dass der forschende Zugang zum Unbekannten bilde. Nach dem 1. Weltkrieg sei neben diese Haltung die universitäre Sehnsucht nach Weltanschauung entstanden, eine Sehnsucht, die nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus wie- der aufgegeben worden sei (ders. in: Pestallozi/Küchenhoff/Müller [Fn.82], 90). Das Ideal der Vervollkommnung und Befreiung des Einzelnen durch Wissenschaft (para- digmatisch bei G. W. F. Hegel Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821), 1986, 343 ff [§ 187]) hat sich nie völlig einlösen lassen: weder hohe kulturelle Selbstformung (Jaspers Idee [Fn. 78], 31), noch elegante Kommunikation über die kanonisierten In- halte (J. Meyer Das große Conversations-Lexicon für die gebildeten Stände, Bd. I, 1839, VIII), noch philosophisches Systemverständnis (in diese Richtung Fichte in: Amrich [Fn. 2], 143) garantieren das sittliche Persönlichkeitsideal, das den Bildungs- reformatoren vorschwebte (zum Bildungsbegriff jener Zeit näher Schelsky Einsamkeit [Fn. 2], 79ff.). Geleugnet wurden zudem die berechtigten und seit jeher anerkannten gesellschaftlichen Zwecke der Bildung und so die universitären Institutionen der Ge- fahr ausgesetzt, zu esoterischen Einrichtungen zu werden, deren ausreichender Bezug zur gesellschaftlichen Wirklichkeit zu lose wurde, um dauerhaft gesellschaftlichen Sinn stiften zu können. Das ursprünglich untergeordnete Moment des Nationalen wurde zunehmend in den Vordergrund geschoben und pervertierte den Wissen- schaftsgedanken, als ob es eine deutsche Physik oder Wirtschaftswissenschaft geben könne. 97 Die methodischen Schwierigkeiten, die die Herausarbeitung der Universitätsidee begleiten, drohen bei der Suche nach einem Bildungsideal unüberwindbar zu werden. Woran, außer an persönlichen Vorlieben, soll man ein solches Ideal festmachen? 436 Christian Bumke sche Kraft und bündelten die Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Bildung wurde zu einem Menschenrecht.98 Die zweite Einsicht ist älter. Bis ins 18. Jahrhundert hinein war es Ziel des universitären Studiums, die Studierenden auf der Basis eines fes- ten Fächer- und Bildungskanons in einer der drei für die Gesellschaft maßgeblichen praktischen Disziplinen auszubilden.99 Stellt man die seit der Aufklärung gebotene Ausrichtung am Individuum ein, so kann die tragende Vorstellung von Bildung als den nötigen intellektuellen und praktischen Fähigkeiten, um die Herausforderungen einer Gesellschaft erfolgreich anzunehmen, weiterhin als Richtschnur dienen. In Anbe- tracht des fragwürdig gewordenen Bildungskanons lässt sich dieses Ziel jedoch nur noch durch die Vermittlung einer wissenschaftlichen Grundhaltung verwirklichen.100 Schließlich sollte sich im Bildungsideal auch das gesellschaftliche Selbstverständnis widerspiegeln. Im demokratischen Verfassungsstaat wird das Ideal durch die Vorstellung vom demokratisch vereinten Men- schen geprägt, der gleich an Würde und Freiheit ist. Das Ziel universi- tärer Bildung ist demnach der freie, gleichberechtigte, würdevolle und damit mündige Mensch, dem eine wissenschaftliche Grundhaltung eigen ist.

3. Konsequenzen Die Universitätsidee macht deutlich, dass im Grundsatz jede Univer- sität eine wertvolle und bewahrenswerte Einrichtung ist. Abgesehen von der Auszeichnung von drei bis fünf Spitzenuniversitäten sollte der Wettbewerb zwischen den Universitäten auf keine zu tiefgehende Ausdifferenzierung angelegt sein. Dasselbe gilt für die politisch gefor- derte Profilierung: Eine zu enge und weitgehende Konzentration zer-

98 Nur auf dieser Grundlage wird die idealistische Forderung verständlich, Bildung als geistig-charakterliche Formung des Menschen durch sich selbst zu verstehen; s. näher die Nachweise in Bumke Menschenbilder (Fn. 17), 126 insb. Fn. 11, 12. Im Übrigen hat Langewiesche zu Recht daran erinnert, dass die Universität auf einen ge- sellschaftlichen Bildungsbegriff angewiesen ist (Langewiesche in: Pestallozi/Küchen- hoff/Müller [Fn. 82], 88). 99 Zu den sieben Künsten zählten noch Musik, Arithmetik, Geometrie und Astro- nomie; näher J. North in: Rüegg Bd. I (Fn. 3), 303 (303ff.). 100 Es geht um die Fähigkeit und das erforderliche Wissen, komplexe und unver- traute Sachverhalte zu durchdringen und zu wissen, wie man sich die nötigen Fähig- keiten und das erforderliche Wissen aneignen kann. Bildung ist nicht Vervollkomm- nung, sondern auf die kluge Bewältigung des praktischen Lebens in einer durch Technik, Wettbewerb und Unübersichtlichkeit bestimmten Welt ausgerichtet. Universitäten im Wettbewerb 437 stört die Universität als Ort transdisziplinärer Begegnung und errich- tet Forschungsanstalten, die kaum Raum für kooperative Partizipation lassen.101

IV. Verfassungsrechtliche Grundfragen

Nach der gesellschaftswissenschaftlichen Bestandsaufnahme und der institutionentheoretischen Grundlegung möchte ich auf drei verfas- sungsrechtliche Grundfragen eingehen, an denen sich paradigmatisch die in Hochschulorganisation, Forschung und Lehre auftretenden Schwierigkeiten beim Wettbewerb von Universitäten studieren lassen.

1. Partizipation und Leitungsgewalt im Wettbewerb der Universitäten Im Mittelpunkt des beschriebenen Umbaus der Hochschulorganisa- tion steht die Etablierung einer vorstandsähnlichen Universitätsleitung, die mit ihrer Gestaltungsmacht die Universität im Forschungs- und Ausbildungswettbewerb erfolgreich führen soll.102 Aus verfassungsrechtlicher Sicht geht es um das Verhältnis von Partizipation und Leitungsgewalt. Dabei stellen sich gleich mehrere Fragen: Darf die Befugnis der Mittel- und Stellenverteilung, der Struk- tur- und Entwicklungsplanung103 beim Präsidium oder Präsidenten104 konzentriert werden,105 bedürfen solche Entscheidungen der Zustim-

101 Solche Einrichtungen mag man hochschulpolitisch befürworten, nur sollte man dann auch offen Abschied von der Universität nehmen. 102 Näher oben unter II.3.a). 103 Dies führt auch zur Frage nach der Befugnis, Studiengänge oder Fachbereiche zu schließen. Unter welchen Voraussetzungen solche radikalen Maßnahmen erlaubt sind, soll hier nicht behandelt werden, denn die inhaltlichen Anforderungen sind für das Leitungsorgan nicht anders als für den Senat zu bestimmen und spielen deshalb für die Frage der Kompetenzverteilung keine Rolle. Zu den Anforderungen s. U. Hu- feld DÖV 1997, 1025ff.; A. v. Brünneck DÖV 1984, 993 (995ff.). 104 Bzw. beim Rektor oder Rektorat; zu den verschiedenen Typen der Hochschul- leitung s. Thieme Hochschulrecht (Fn. 66), Rn. 554ff.; Hartmer in: Hartmer/Detmer (Fn. 50), Rn. 136. 105 Exemplarisch sei das baden-württembergische Landesrecht erwähnt: Nach § 16 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, 7 LHG BW ist der Vorstand für die Struktur- und Entwick- lungsplanung sowie die Mittel- und Stellenverteilung zuständig. Nach § 20 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 LHG BW ist die Beschlussfassung über Struktur- und Entwicklungspläne Auf- gabe des Aufsichtsrates; zur Mittel- und Stellenverteilung s. noch §§ 13 Abs. 2, 20 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 LHG BW. Zu den Termini Vorstand und Aufsichtsrat vgl. W. Kahl AöR 130 (2005), 225 (232ff.); W.-R. Schenke NVwZ 2005, 1000ff. – Als problema- 438 Christian Bumke mung des Senats106 oder darf diese durch die Entscheidung eines Hoch- schulrates ersetzt werden, dem in aller Regel hochschulfremde Perso- nen angehören?107 Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine so weitgehende Leitungs- gewalt bestehen, sofern ein verfassungsrechtliches Gebot universitärer Selbstverwaltung existiert und das daraus resultierende Maß an Ent- scheidungsteilhabe unterschritten wird. a) Verfassungsrechtliches Gebot universitärer Selbstverwaltung Im Unterschied zu den meisten Landesverfassungen108 und dem Hochschulrahmengesetz109 erkennt das Grundgesetz die Universitäten und ihre Autonomie110 nicht ausdrücklich an.111 Auch das Bundesver- fassungsgericht hat die Frage der Hochschulautonomie bislang offen tisch erweisen sich auch Zielvereinbarungen (für deren Abschluss gemäß § 16 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 LHG BW ebenfalls der Vorstand zuständig ist), näher U. Mager Die Uni- versität im Zeichen von Ökonomisierung und Internationalisierung, VVDStRL 65 (2006), 274 (289ff.), die auf die „strukturell überlegene Position des Ministeriums“ (289) hinweist und Zielvereinbarungen im Lichte der Autonomie als „ambivalent“ (295) kennzeichnet. Skeptisch auch M. Fehling Die Verwaltung 35 (2002), 399 (409 m. Fn. 59), der die Gefahr sieht, dass intransparente Verhandlungssysteme mit hoher vertikaler Verpflichtungsfähigkeit etabliert werden. Zum Ganzen Kracht Steuerungs- modell (Fn. 31), insbes. 395ff.; Rogal Hochschulautonomie (Fn. 31), insbes. 149ff. 106 Sie ist nach dem LHG BW nicht erforderlich, s. § 19 LHG BW, der den Senat hinsichtlich einer Stellungnahme zu Struktur- und Entwicklungsplänen für zuständig erklärt (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 LHG BW). 107 Zur Zusammensetzung des Aufsichtsrates an baden-württembergischen Hoch- schulen s. § 20 Abs. 3 S. 2 LHG BW. Zu den Aufgaben im Hinblick auf die genannten Felder s.o. Fn. 105; zur Zusammensetzung von Hochschulräten vgl. noch unten Fn. 148. 108 Art. 20 Abs. 2 LV B W ; Art. 138 Abs. 2 S. 1 BV; Art. 32 Abs. 1 LV Bbg; Art. 60 Abs. 1 S. 2 LV Hess; Art. 7 Abs. 3 S. 2 und 3 LV M-V; Art. 5 Abs. 3 LV Nds; Art. 16 Abs. 1 LV N W ; Art. 39 Abs. 1 S. 1 LV Rh-Pf; Art. 33 Abs. 2 S. 1 LV Saarl; Art. 107 Abs. 2 S. 1 LV Sachs; Art. 31 Abs. 2 LV S-Anh; Art. 28 Abs. 1 S. 2 LV Thür. Dazu J.-D. Kühne DÖV 1997, 1ff. 109 § 58 Abs. 1 S. 3 HRG. 110 Zum Begriff der Hochschulautonomie vgl. A. Laqua Der Hochschulrat, 2004, 48f.; C. Tomerius Die Hochschulautonomie und ihre Einschränkung beim Zusam- menwirken von Land und Hochschule, 1998, 5ff. 111 Die Rede von „Forschung und Lehre“ mag man als mittelbare Anerkennung der Universität begreifen, in diese Richtung A. Köttgen in: F. Neumann/H. C. Nipper- dey/U. Scheuner (Hrsg.) Die Grundrechte, Bd. 2, 1954, 306f., 316f.; vgl. E. Schmidt- Aßmann JZ 1989, 205 (208). – Der Begriff ‚Hochschule‘ wird zwar – z.T. in Kompo- sita – in Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 6, 74 Abs. 1 Nr. 33, Art. 91 b Abs. 1 S. 1 und Art. 143 c Abs. 1 S. 1 GG verwendet, doch taugen diese Vorschriften nicht als Anknüpfungs- punkte zur Ableitung von Hochschulautonomie. Universitäten im Wettbewerb 439 gelassen.112 In der Literatur hält man die Hochschulautonomie ganz überwiegend für grundrechtsgeboten, wobei jedoch die Begründungs- wege differieren.113 aa) Eigengesetzlichkeit der Wissenschaft als verfassungsrechtliche Basis Verbreitet ist der Versuch, bereits aus der Eigengesetzlichkeit der Wissenschaft auf eine solche Organisationsgarantie zu schließen.114 Wie

112 BVerfGE 35, 79 (116); 51, 369 (381); vgl. BVerfGE 85, 360 (384). Das Bundes- verfassungsgericht nimmt in seiner Entscheidung zum Brandenburgischen Hoch- schulgesetz (BVerfGE 111, 333) als Ausgangspunkt das „individuelle Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung“ (ebd., 353) und misst die Hochschulorganisa- tion allein daran, „ob mit ihr freie Wissenschaft möglich ist und ungefährdet betrieben werden kann“ (ebd., 351, s.a. 353ff.). Die Einschätzung als Wende hin zu einem auf Nützlichkeit ausgerichteten Verständnis (M. Nettesheim DVBl. 2005, 1072 [1077f.]) verwundert. Das Bundesverfassungsgericht nimmt lediglich eine weitgehende inhalt- liche Aufladung des Grundrechts zurück. 113 A. Köttgen Das Grundrecht der deutschen Universität, 1959; H. H. Klein AöR 90 (1965), 129 (143ff., insbes. 146); R. Scholz in: Maunz/Dürig (Hrsg.) GG, Art. 5 Abs. 3 (1977) Rn. 4, 131ff., 144; T. Oppermann HStR VI, 2. Aufl. 2001, § 145 Rn. 18; C. Starck in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.) GG I, 5. Aufl. 2005, Art. 5 Abs. 3 Rn. 363, 389; H. Bethge in: Sachs (Hrsg.) GG, 5. Aufl. 2009, Art. 5 Rn. 202; I. Pernice in: Dreier (Hrsg.) GG I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 Abs. 3 (Wissenschaft) Rn. 21, 35; M.-E. Geis WissR 37 (2004), 2 (13f.); D. Sterzel in: D. Sterzel/J. Perels, Freiheit der Wissenschaft und Hochschulautonomie, 2003, 101 (118ff., 129); zurückhaltender Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 26 (Hochschulselbstverwaltung im Kern durch Art. 5 Abs. 3 GG ge- währleistet); ebenso R. Wendt in: v. Münch/Kunig (Hrsg.) GG I, 5. Aufl. 2000, Art. 5 Rn. 112 (Kernbereich an Selbstverwaltung unabweisbar); a.A. G. Roellecke JZ 1969, 726 (730ff.); Tomerius Hochschulautonomie (Fn. 110), 82ff. Umfangreiche Nw. bei Kahl Hochschule (Fn. 65), 66 m. Fn. 400 und K. F. Gärditz Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, 2009, 380 m. Fn. 692. – Zu der sich damit überschneidenden Diskussion um das Bestehen einer institutionellen Garantie der Universität und der akademischen Selbstverwaltung s. U. Mager Einrichtungsgaran- tien, 2003, 265ff. 114 H. H. Klein AöR 90 (1965), 129 (146); M.-E. Geis WissR 37 (2004), 2 (13f.); Starck (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 363; T. Oppermann in: C. Flämig u.a. (Hrsg.) Hand- buch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, 1009 (1021f.); in diese Richtung tendierend Pernice (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 35, der auf den „wissenschaftlichen Mehrwert“ abstellt; ähnlich Sterzel in: Sterzel/Perels (Fn. 113), 101 (118f., 129), der die Autonomiegewährleistung aus der Aufgabe der Hochschulen, „der Wissenschaft zu dienen“ (118), ableitet und daraus das Gebot von Organisationsstrukturen folgert, „in denen die von Forschung und Lehre immanent geforderten Formen der Kooperation beachtet werden und einer hierarchischen Organisation universitärer Herrschaft eine klare Absage erteilt wird“ (ebd., 125). H.-H. Trute Die Forschung zwischen grund- rechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, 1994, 370, begründet die grundrechtliche Fundierung der akademischen Selbstverwaltung mit zwei Erwägun- gen: zum einen mit der Funktion der Selbstverwaltung als „Schutzinstrument gegen- 440 Christian Bumke sollte sich, so wird gefragt, ein Freiraum geistiger Selbstbestimmung anders als selbstverwaltend organisieren lassen?115 Und doch zeigt das Beispiel einer staatlichen Großforschungsanlage oder eines privaten Unternehmens mit innovativer Forschungsabteilung, dass kein Gegen- satz zwischen Hierarchie und wissenschaftlicher Exzellenz bestehen muss.116 bb) Abwehrrecht als verfassungsrechtliche Basis Alternativ wird an die Individualfreiheit117 angeknüpft und versucht, mit Hilfe des Abwehrrechts die Selbstverwaltungsgarantie zu begrün- den.118 Auch diese Herangehensweise kämpft mit Schwierigkeiten: Eine erste Schwierigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass die universi- täre Mitgliedschaft nicht zwangsweise erfolgt, sondern eine Leistung

über der durch die Ressourcenabhängigkeit der modernen Forschung eröffneten In- gerenz auf den Prozeß der Wissenschaft“, zum anderen mit der „organisatorischen Verfassung der wissenschaftlichen Gemeinschaften, die eine kollegiale Kommuni- kation und Koordination der gemeinsamen Wissenschaftsausübung fordern“. Hin- sichtlich der gebotenen organisatorischen Gestaltung differenziert Trute: Für die Koordination wissenschaftsrelevanter Handlungen im Binnenbereich verlangt er „Selbstverwaltung oder andere Formen freiheitlicher Handlungskoordination“ (ebd., 302f.), während es bei Fragen der Mittelverwendung ausreiche, wenn die staatliche Steuerung „neutralisiert“ werde (300), z.B. durch DFG-Vergabeverfahren (301). Trute räumt ein, dass das Modell akademischer Selbstverwaltung nicht die einzige wissen- schaftsadäquate Verfassung der Organisationssteuerung sei, sondern nach Art und Aufgabenstellung der Forschungseinrichtung differenziert werden müsse (385ff. zu Infrastruktureinrichtungen der Großforschung, auch im universitären Rahmen). 115 S. M.-E. Geis WissR 37 (2004), 2 (13f.). 116 Vgl. T. Groß DVBl. 2006, 721 (722). Gute Personalführung, Motivation und Leis- tungsausschöpfung sprechen dafür, viele Freiräume zu gewähren, trotzdem können die Vorgaben im Einzelfall sehr weit gehen, vgl. Ruffert Wissenschaftsfreiheit (Fn. 25), 146 (179f.). 117 Einen Überblick über die Gewichtung der personalen Dimension der Wis- senschaftsfreiheit im Wandel der Zeit gibt Ruffert Wissenschaftsfreiheit (Fn. 25), 165 ff. 118 Starck (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 363; vgl. Sterzel in: Sterzel/Perels (Fn. 113), 101 (118f.) – zum dortigen Verständnis der Wechselbeziehung zwischen individual- rechtlichem und institutionellem Schutzgehalt ebd., 108ff. Nach Auffassung eines Teils der Lehre ist die organisatorisch-wissenschaftliche Eigenständigkeit Vorausset- zung für die Eröffnung des persönlichen Schutzbereichs (Scholz [Fn. 113], Art. 5 Abs. 3 Rn. 100 – nicht so deutlich in Rn. 119, 122, wo die Rede vom „Jedermann“- Grundrecht folgerichtig relativiert wird). Für ein weites Verständnis: Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 108. – Dass institutionelle und individuelle Autonomie nicht parallel laufen müssen und zwischen ihnen analytisch zu trennen ist, betont Trute Forschung (Fn. 114), 298, 371. Universitäten im Wettbewerb 441 darstellt, die überdies unter einem Stellen- und Auswahlvorbehalt steht.119 Der abwehrrechtliche Schutz wird dadurch nicht beseitigt. Un- sicher wird aber, inwieweit das Abwehrrecht im Bereich staatlicher Leistung vor der hoheitlich gewählten Organisationsform zu schützen vermag.120 Einen Teil der Hochschulorganisation mag man mit der Lösung der in der Universität auftretenden Grundrechtskonflikte erklären.121 Indes lassen sich solche Konflikte auch mit Instrumenten wie Hierarchie oder Zuständigkeit bewältigen, sodass die Wahl der Selbstverwaltung als Or- ganisationsprinzip nicht allein auf das Ausgleichsgebot zurückgeführt werden kann. Die entscheidende Frage lautet deshalb, nach welchen Grundsätzen die gemeinsame Freiheitsbetätigung organisiert werden soll. Die Ant- wort darauf lässt nicht allein mit Hilfe einer negativen Freiheitsvorstel- lung im Sinne individueller Willkür entwickeln.122 Aber selbst wenn sich diese dogmatischen Hürden meistern ließen, bliebe der generelle Einwand bestehen, warum der abwehrrechtliche Schutz nur bei der Universität, nicht aber bei den übrigen Forschungs- einrichtungen im Grundsatz der Selbstverwaltung mündet.123 cc) Objektiv-rechtliche Wirkung und gewährleistungsspezifische Vorgaben der Grundrechte als verfassungsrechtliche Basis Die geschilderten Schwierigkeiten legen nahe, dass sich die Selbst- verwaltungsgarantie nur unter Rückgriff auf weitergehende grundrecht- liche Gehalte begründen lässt.124 Meist wird von der Wissenschaftsfrei-

119 Man darf sich glücklich schätzen, wenn man dort eigenständig forschen und leh- ren darf. 120 Ergänzend lässt sich noch anführen, dass die erheblichen staatlichen Anstren- gungen zur Förderung der Wissenschaft nicht in erster Linie der individuellen Selbst- verwirklichung dienen. Denn warum sollte es dem Wissenschaftler besser als dem Künstler ergehen? Dähne Forschung (Fn. 25), 339, weist darauf hin, dass die Kunst im Vergleich mit der Forschung wesentlich freier von utilitaristischen Erwartungen ist. 121 Auf die organisationsrechtliche Relevanz der Grundrechtskollisionen in der Hochschule weist M. Fehling Die Verwaltung 35 (2002), 399 (402f.) hin. 122 Vgl. dazu näher C. Bumke Ausgestaltung von Grundrechten, 2009, 22f., 35ff. 123 Auch diese Hürde lässt sich womöglich durch Rückgriff auf die gewährleistungs- spezifischen Vorgaben bewältigen, die sich der Wissenschaftsfreiheit als Teil der grundgesetzlichen Ordnungsvorstellungen entnehmen lassen. Doch bildet dann nicht länger das Abwehrrecht, sondern die gewährleistungsspezifische Vorgabe das grund- rechtliche Fundament der Selbstverwaltungsgarantie. 124 Eine solche Annahme könnte in der Direktive bestehen, die individuelle Wis- senschaftsfreiheit innerhalb von Organisationen zu optimieren. Entscheidend gegen 442 Christian Bumke heit als einem Organisationsgrundrecht125 gesprochen oder auf die Prin- zipientheorie zurückgegriffen. Welchen rechtstechnischen Weg man auch einschlägt, stets werden dabei Ordnungsvorstellungen entwickelt, die dem Grundgesetz und seiner Wissenschaftsfreiheit zugeschrieben werden. Das Problem beim Umgang mit solchen gewährleistungsspe- zifischen Vorgaben126 folgt aus ihrer schwachen oder fehlenden Anbin- dung an den Verfassungstext. Solange sich jedoch der Schutz der Grundrechte nicht in der Garan- tie eines rationalen Mindeststandards erschöpfen soll,127 kommt man nicht umhin, konzeptionelle Ordnungsvorstellungen zu entwickeln und sie auf ihre freiheitsschützende und gesellschaftsordnende Funktion hin zu befragen.128 Die einzige Möglichkeit, die angesprochenen Schwierigkeiten zu be- wältigen, besteht darin, „von der Garantie des … kernbereichsbestim- menden Minimums freiheitsrechtlich bewährter Strukturelemente“ auszugehen. Jede universitäre Neuordnung stünde dann unter dem Vorbehalt, dass die „Steigerung des freiheitlichen Gesamtnutzens dar- getan“129 werden kann. Gegen die Annahme einer solchen institutionellen Garantie spricht, dass die Universität im Grundgesetz nicht erwähnt wird und man im

eine solche Annahme spricht, dass die staatlichen Anstrengungen zur Förderung der Wissenschaft nicht in erster Linie der individuellen Selbstverwirklichung dienen, vgl. dazu oben Fn. 120. Außerdem ließe sich ein solcher Grundsatz kaum auf die staat- liche Sphäre begrenzen; er müsste auch von privaten Forschungseinrichtungen, etwa in der Industrie, beachtet werden. Als gewährleistungsspezifische Vorgabe stünde die- ses Prinzip nicht zur Disposition der Grundrechtsträger, zumal dies sonst auch für die Mitglieder der Universität angenommen werden müsste. Die praktischen Auswirkun- gen, nämlich die Verfassungswidrigkeit der meisten außeruniversitären Forschungs- einrichtungen, kämen dann als konsequenzialistisches Argument hinzu. 125 E. Schmidt-Aßmann FS Thieme, 1993, 697ff. 126 Oft nehmen sie dabei die Form eines Rechtsprinzips an. Einige dieser Prinzipien sind umstritten, wie etwa das Prinzip der positiven Ordnung bei der Rundfunkfreiheit (BVerfGE 57, 295 [320] m. krit. Anm. C. Pestalozza NJW 1981, 2158ff.); zum Prinzip der positiven Ordnung s.a. H. Schulze-Fielitz in: Dreier (Fn. 113), Art. 5 I, II Rn. 53ff., 232ff.; die Konzeption des Bundesverfassungsgerichts ablehnend K.-E. Hain Rund- funkfreiheit und Rundfunkordnung, 1993, 30ff., zusammenfassend 179ff. Andere die- ser Prinzipien sind weithin anerkannt, etwa das eigentumsrechtliche Ausgleichsgebot, vgl. dazu C. Bumke Der Grundrechtsvorbehalt, 1998, 187ff. 127 Näher zu einer solchen Konzeption B. Schlink Abwägung im Verfassungsrecht, 1976, 192ff. (zu den Grenzen des Untersuchungsgegenstandes s. aber ebd., 199). 128 Bumke Grundrechtsvorbehalt (Fn. 126), 100ff. 129 Sämtliche Zitate Scholz (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 134. Scholz nennt als zweite Anforderung die „Verbesserung der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit“ (ebd.). Universitäten im Wettbewerb 443

Parlamentarischen Rat vergeblich nach einem entsprechenden Be- kenntnis sucht.130 Dies zugestehend könnte man auf die Überlegung ausweichen, dass das Schweigen des Verfassungsgebers als grundsätzliche Billigung des überkommenen Rechtszustandes verstanden werden dürfe.131 Entste- hungsgeschichtlich betrachtet handelt es sich jedoch um eine schlichte Unterstellung, die überdies die Bedeutung des Grundgesetzes als Grün- dungsdokument eines demokratischen Verfassungsstaates verkennt,132 in dem das Überkommene nicht anders als das Neue vor der Verfas- sung Bestand haben muss. Kommt man nicht umhin, unsicheres dogmatisches Gelände zu betreten, so lässt sich meines Erachtens das gesuchte grundrechtliche Fundament in einem Dreischritt begründen, bei dem im ersten Schritt aus der gesellschaftlichen Bedeutung der Wissenschaft auf die allge- mein anerkannte verfassungsrechtliche Bereitstellungspflicht für wis- senschaftliche Einrichtungen geschlossen wird.133 Im zweiten Schritt ist

130 Zur Unergiebigkeit der Entstehungsgeschichte s. K. Hailbronner Die Freiheit der Forschung und Lehre als Funktionsgrundrecht, 1979, 51 ff; Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 14; ferner E. Denninger in: Denninger u.a. (Hrsg.) AK-GG, 3. Aufl. 2001, Art. 5 Abs. 3 (Wissenschaft) Rn. 12. – Aus der Unergiebigkeit der Entstehungsge- schichte dürfte sich auch die bundesverfassungsgerichtliche Zurückhaltung in diesem Punkt erklären. Welches Gewicht dem daneben gegen die Annahme einer institutio- nellen Garantie vorgetragenen Einwand der Versteinerungsgefahr (Fehling ebd., Rn. 30; Mager Einrichtungsgarantien [Fn. 113], 283) beizumessen ist, hängt davon ab, wie man die Kernelemente bestimmt, die man durch die institutionelle Garantie als geschützt und veränderungsfest ansieht. Griffe man auch hier auf die Universitäts- idee zurück, dann handelte es sich jedenfalls nicht um eine nennenswerte Gefahr, da die Elemente entwicklungsoffen sind und vielfältige Verwirklichungsmöglichkeiten belassen. 131 H. H. Klein AöR 90 (1965), 129 (137) deutet die Entstehungsgeschichte als Über- nahme der zu Art. 142 WRV entwickelten Lehre von der „institutionelle[n] Garantie der akademischen Selbstverwaltung in der überkommenen Gestalt“. Eine genau ent- gegengesetzte Lesart der Entstehungsgeschichte findet sich bei G. Roellecke JZ 1969, 726 (728); Gärditz Hochschulorganisation (Fn. 113), 352, 381 mwN in Fn. 694. 132 Als weitere Schwierigkeit kommt hinzu, dass man einem solchen Grundsatz – das Schweigen des Verfassungsgebers sei als Zustimmung zu werten – keinerlei Maß- stab dafür entnehmen kann, welche Fesseln dem demokratischen Gesetzgeber aus der grundsätzlichen Billigung erwachsen sollen. Ein solcher Grundsatz müsste, da es sich um einen allgemeinen Grundsatz handelte, in seiner Bindungswirkung deutlich hinter einer institutionellen Garantie zurückbleiben. Es könnte deshalb auch nicht einfach um die Garantiegehalte der institutionellen Garantie gehen, denn für deren Annahme ist jedenfalls mehr als bloßes Schweigen vonnöten. 133 Sie ist wohl in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, s. BVerfGE 35, 79 (114f.); Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 40; Pernice (Fn. 113), Art. 5 III Rn. 22, 52. Die Schwierigkeiten beginnen, wenn man das gebotene Mindestmaß be- 444 Christian Bumke die Annahme einzubeziehen, dass unsere Gesellschaft Einrichtungen mit den Aufgaben einer Universität braucht und unterhalten will. Im dritten Schritt kann darauf aufbauend auf die Idee der Universität zurückgegriffen werden. Dieser Idee lässt sich die Unumgänglichkeit einer partizipativen Ordnung entnehmen. Inhaltlich abgestützt wird der Rückgriff durch das Gebot wissenschaftsadäquater Organisations- formen.134 Kombiniert man dieses Gebot mit der gesetzgeberischen Entscheidung für die Universität, lässt sich die Idee der Universität heranziehen, um die Angemessenheit der gewählten organisatorischen Ausgestaltung zu beurteilen. Auf diese Weise wird eine tragfähige ver- fassungsrechtliche Grundlage für das Gebot der Selbstverwaltung ge- schaffen. b) Umfang der verfassungsrechtlich gebotenen Entscheidungsteilhabe Damit ist aber noch nicht geklärt, anhand welcher Kriterien sich der Umfang der verfassungsrechtlich gebotenen Entscheidungsteilhabe135 bestimmen lässt.136 Selbstverwaltung schließt repräsentative Entscheidungsformen nicht aus.137 Da die Gruppenstruktur der Universität verfassungsrechtlich nicht garantiert wird, wird man den Vorrang des Senats vor Präsidium oder Präsident nicht allein damit begründen können, dass eine Repräsenta- tion der verschiedenen Universitätsgruppen im Leitungsorgan unmög- lich ist.138 Die repräsentierende Gewalt muss jedoch in ausreichendem Maße an die Universitätsmitglieder angebunden sein. Stecken die Hochschul- stimmen will, vgl. den Konkretisierungsversuch bei E.-J. Meusel Außeruniversitäre Forschung im Wissenschaftsrecht, 1992, Rn. 160. 134 Dazu auch aus methodischer Sicht E. Schmidt-Aßmann FS Thieme, 1993, 697 (700ff.). 135 M. Fehling spricht vom „Partizipationsniveau“, Die Verwaltung 35 (2002), 399 (404, 417 und passim); ders. (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 187, 193. 136 Aufgrund des Selbstverwaltungsgebots reicht nicht jede Form der Betroffen- heitsbeteiligung aus, Trute Forschung (Fn. 114), 383; R. Hendler HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 143 Rn. 33. Tendenziell in die entgegengesetzte Richtung weisen die Überle- gungen des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 111, 333 (356). 137 S. BVerfGE 35, 79 (127); Hendler (Fn. 136), § 143 Rn. 29; vgl. Trute Forschung (Fn. 114), 304; zu den Legitimationsstrukturen der akademischen Selbstverwaltung s. ebd., 381ff. Zu den Grundlagen von Legitimation und Repräsentation s. ferner C. Möllers Gewaltengliederung, 2005, 28ff., 40ff. 138 Auch das Bundesverfassungsgericht verneint einen Vorrang von Kollegialorga- nen gegenüber monokratischen Leitungsorganen für die Verfassung der Selbstverwal- tung der Hochschulen, BVerfGE 111, 333 (356). Universitäten im Wettbewerb 445 gesetze einen inhaltlichen Rahmen ab139 und werden die Entscheidungs- träger unmittelbar und mittelbar durch die Universitätsmitglieder gewählt, so lassen sich die Maßnahmen so gebildeter und eingebun- dener Organe als partizipatorische Akte legitimieren. Diese Form der Legitimationsvermittlung bleibt selbst bei der kondominialen Bestel- lung etwa des Präsidenten oder Kanzlers gewahrt, sodass auf diese Weise das gebotene „Partizipationsniveau“140 universitätsweit gewähr- leistet wird.141 Als weiteres Kriterium für die Bestimmung des Partizipationsniveaus lässt sich die Art der Aufgabe heranziehen.142 Bei Befugnissen, die, wie die Mittel- und Stellenvergabe, aus der staatlichen Sphäre in die der Universität verlagert wurden,143 wird man dem Gesetzgeber eine sehr weitgehende Dispositionsbefugnis darüber einzuräumen haben, wel- chem Universitätsorgan er solche Aufgaben überantwortet. Begrenzt werden kann die gesetzgeberische Zuweisungsbefugnis auch nicht durch das Gebot einer „funktionsfähige(n) Wissenschafts- verwaltung“144. Dieses im Ausgangspunkt schwache und ambivalente

139 Aus den Hochschulgesetzen s. etwa § 20 Abs. 1 LHG BW; W. Kahl AöR 130 (2005), 225 (244) hält die hiervon ausgehende Determination im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an materiell-inhaltliche Legitimation für aus- reichend. Auch Vorschriften wie Art. 3 Abs. 2, 3 BayHSchG, § 4 Abs. 1, 2 BbgHG setzen der Kompetenzausübung inhaltliche Grenzen und werden herangezogen, um die Verfassungskonformität organisationsrechtlicher Regelungen zu begründen, s. BayVerfGH, WissR 41 (2008), 160 (170); BVerfGE 111, 333 (357). 140 Zum Begriff s.o. Fn. 135. 141 Für eine verfassungsgemäße Ausgestaltung der kondominialen Bestellung beste- hen sehr verschiedene Wege. Da die Besetzung aufgrund der von der Hochschullei- tung zu treffenden Entscheidungen Wissenschaftsrelevanz aufweist, muss allerdings ein hinreichender Einfluss der Träger der Wissenschaftsfreiheit gewahrt bleiben, BVerfGE 111, 333 (363). Doch schließt dies nicht aus, dass über den staatlichen Bestellungsakt hinaus hochschulexterner Einfluss – etwa durch einen Landeshoch- schulrat, vgl. §§ 63 Abs. 2, 75 Abs. 2 Nr. 4 BbgHG – auf die Bestellung ausgeübt wird (ebd.). Ernsthafte verfassungsrechtliche Schwierigkeiten entstehen erst, wenn der Hochschulrat als maßgebliches Kreationsorgan für das Präsidium fungiert; den Selbstverwaltungsorganen muss zumindest ein Bestätigungsrecht verbleiben, weil sonst das Leitungsorgan nicht mehr als Teil der Selbstverwaltung verstanden werden kann. 142 Näher zur Unterscheidung zwischen autonomen und staatlichen Aufgaben so- wie solchen des Zusammenwirkens Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 207ff.; Kahl Hochschule (Fn. 113), 71ff.; grundlegend H.-J. Schuster/F. Graf Stenbock-Fermor WissR 1 (1968), 28 (31ff.). 143 Vgl. T. Groß DVBl. 2006, 721 (723); B. Frank Die öffentlichen Hochschulen zwi- schen Hochschulautonomie und staatlicher Verantwortung, 2006, 87ff., die einer sol- chen Verlagerung kritisch gegenübersteht. 144 BVerfGE 111, 333 (356). 446 Christian Bumke

Erfordernis gewinnt zwar an Kontur, sobald man es durch das verfas- sungsrechtliche Gebot anreichert, eine funktionsangemessene Organi- sation bereitzustellen und zumindest systemische Gefährdungslagen auszuschließen.145 Gleichwohl lässt sich aus diesem allgemein gehalte- nen Gebot kaum auf konkrete Beteiligungsformen schließen. Damit bleibt es letztlich bei der organisationstheoretischen Einsicht, dass Gestaltungsmacht ohne Kontrolle dazu neigt, Sonderinteressen zu bevorzugen. Dieser strukturellen Gefahr lässt sich auf verschiedene Weise begegnen, doch muss sie jedenfalls so wirkungsvoll sein wie etwa die Abwahl der Präsidiums mit einer qualifizierten Mehrheit durch den Senat oder eine Zuständigkeit des Senats für Entscheidungen von be- sonders großer Tragweite für die Universitätsstruktur.146 c) Einbindung des Hochschulrates und Ausgrenzung des Senats Die verfassungsrechtliche Lage wird noch komplizierter, sobald die Kontrollaufgabe und obendrein ein Teil der Gestaltungsmacht auf den Hochschulrat übertragen werden.147 Als ein auch mit hochschulfremden Mitgliedern besetztes Organ148 verstößt der Hochschulrat gegen den für die Selbstverwaltung typischen Gedanken der Selbstorganschaft.149

145 Vgl. BVerfGE 111, 333 (353ff.). Einem Teil der Lehre gehen die dort entwickel- ten Anforderungen nicht weit genug, s. etwa K. F. Gärditz NVwZ 2005, 407 (409): „Die Verfassung dankt ab!“; P. M. Huber Staat und Wissenschaft, 2008, 63, 67f. Nicht wenige Kritiker sehen in der Konzentration der Gestaltungsmacht bei der Hochschul- leitung und dem Zurückdrängen des Senats auch eine solche Gefährdungslage, vgl. D. Sterzel in: Sterzel/Perels (Fn. 113), 45 (82ff.), 164 (204ff., 234); J. Perels ebd., 236 (259f.), beide zu den Regelungen des NHG v. 24. 06. 2002; kritisch auch M.-E. Geis WissR 37 (2004), 2 (17f.). 146 Zur Notwendigkeit kompensatorischer Maßnahmen s. M. Fehling, Die Verwal- tung 35 (2002), 399 (418); Hendler Universität (Fn. 55), 250. Keinesfalls verfassungs- rechtlich geboten sind allerdings Genehmigungsvorbehalte und Aufhebungsbefug- nisse, so aber Fehling ebd., 419. Dadurch würde ein Vorrang, der verfassungsrechtlich nicht geboten ist, durch die Hintertür wieder eingeführt. 147 Ein nur beratend wirkender Hochschulrat stellt demgegenüber kein verfassungs- rechtliches Problem dar, s. W. Kahl AöR 130 (2005), 225 (227); Mager Universität (Fn. 105), 229 mwN in Fn. 129. 148 Ein mit Entscheidungsbefugnissen ausgestatteter Hochschulrat soll als ein zwi- schen Universität und Staat angesiedeltes Organ das Leitungsorgan kontrollieren und die Interessen der Allgemeinheit in die universitären Entscheidungsprozesse einbin- den. Ihm gehören deshalb hochschulfremde Personen an. Für einen Überblick über verschiedene Modelle s. Laqua Hochschulrat (Fn. 110), 115ff., 124ff. Zu den Fragen demokratischer Legitimation vgl. Hendler Universität (Fn. 55), 251ff. 149 Das Prinzip der Selbstorganschaft entstammt dem Gesellschaftsrecht und be- zeichnet dort ein zwingendes Prinzip im Organisationsrecht der Personengesellschaf- ten: „eine notwendig mitgliedschaftliche Legitimation aller Herrschaftsbefugnisse und Universitäten im Wettbewerb 447

Folgt man den bisherigen Überlegungen, beurteilt sich das gebotene Partizipationsniveau anhand der Faktoren: Wahlakt, Kontrollmöglich- keiten, Funktionsangemessenheit und gesetzgeberischer Zuweisungs- spielraum. Seine entscheidende legitimatorische Abstützung findet der Hochschulrat mit Blick auf die Universität durch den verfassungsrecht- lich gebotenen Wahl- oder Bestätigungsakt des Senats. Der Kontrollge- danke, ergänzt durch das Gebot der Funktionsangemessenheit, verlangt darüber hinaus nach einer Beteiligung universitätszugehöriger Personen im Hochschulrat. Nur wenn wenigstens die Hälfte der Mitglieder der Universität angehört150, wird sichergestellt, dass die universitätseigenen Interessen und Belange nicht überspielt werden können.151 die Beschränkung der Organvertretungsmacht auf persönlich haftende Gesellschaf- ter“; näher K. Schmidt Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, 409ff. (Zitat ebd., 410). Der Begriff hat von dort aus Eingang in die hochschulrechtliche Diskussion gefunden, s. Gärditz Hochschulorganisation (Fn. 113), 491ff.; W. Kahl AöR 130 (2005), 225 (254f.). 150 Wenn dieses Organ entscheidet und kontrolliert, dann muss ein Stück des Ge- meinschaftlichen auch in dem Organ seinen Ausdruck finden. Aus diesem Grund reicht die Wahl nicht allein aus. Außerdem würde sonst eine strukturelle Gefähr- dungslage entstehen, dass die universitätsspezifischen Interessen kein hinreichendes Gehör im Gremium finden. – Die Vertretung der Hochschulseite durch eigene Mit- glieder hält M. Fehling Die Verwaltung 35 (2002), 399 (420) für geboten; einschrän- kend nunmehr ders. (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 223: Vertretung „zumindest teil- weise“ durch eigene Mitglieder, ebenso W. Kahl AöR 130 (2005), 225, 252; a.A. wohl noch ders. Hochschule (Fn. 113), 109. – Eine Zusammensetzung wie die des Auf- sichtsrats nach § 20 Abs. 3 LHG BW oder des Stiftungsrats nach § 60 Abs. 1 S. 1 NHG genügt den hier gestellten Anforderungen nicht und verstößt gegen Art. 5 Abs. 3 GG, vgl. zu Letzterem auch Perels in: Sterzel/Perels (Fn.113), 236 (267). 151 Nach W. Kahl AöR 130 (2005), 225 (253f.) ist verfassungsrechtlich geboten, dass die akademischen Gruppen – vermittelt über den Senat bzw. die Hochschulleitung (ebd., 257) – über die Mehrheit der Hochschulratsmitglieder bestimmen (näher dazu ebd., 254ff. mwN) und mit zumindest je einem Mitglied dort vertreten sind. Ein sol- ches „Gebot der akademischen Gruppenpräsenz“ (ebd., 253; der Sache nach auch T. Groß DÖV 1999, 895 [900]) besteht m.E. jedoch nicht, weil es sich eben nicht um ein Selbstverwaltungsorgan handelt. Der Grundsatz der Selbstorganschaft mag die Selbstverwaltung prägen, aber er besitzt kein verfassungsrechtliches Fundament. M. Fehling Die Verwaltung 35 (2002), 399 (419f.) hält eine Stimmenmehrheit der Staatsvertreter in einem mit Entscheidungskompetenzen ausgestatteten Hochschulrat nur in Angelegenheiten für hinnehmbar, in denen der Staat bislang bei Zusammen- wirken mit der Hochschule aufgabenadäquat eine Letztentscheidungskompetenz be- saß. Einer Mehrheit der Hochschullehrer bedürfte es nur, wenn der Hochschulrat über Angelegenheiten entschiede, die unmittelbar die Forschung und Lehre des einzelnen Wissenschaftlers beträfen (s. BayVerfGH, WissR 41 [2008], 160 [169]; selbst bei der Schließung einer Fakultät liegt dieses unmittelbare Betroffensein wohl nicht vor, vgl. BVerfGE 85, 360 [382]; M.-E. Geis WissR 37 [2004], 2 [21ff.]). 448 Christian Bumke

Mit diesen Maßgaben ist die Ausgangsfrage zu bejahen. Die Befug- nisse dürfen beim Leitungsorgan konzentriert werden, und die Kon- trolle darf, die gebotene Rückbindung vorausgesetzt, dem Hochschul- rat überantwortet werden.

2. Schutz der Forschungsvielfalt und fachspezifischer Evaluationen durch die Forschungsfreiheit a) Evaluationen152 Das drittmittelfinanzierte, interdisziplinäre und evaluierte Forschungs- projekt hat sich als eine Form vorbildlicher Forschung etabliert.153 Die impliziten Kriterien der fachlichen Wertschätzung werden expliziert154 und nach Möglichkeit in messbare Kriterien wie Zitationsindex oder Impactfaktor übersetzt, um die Vergabe von Forschungsmitteln und eine leistungsbezogene Besoldung als weitgehend objektive Tatsachen- entscheidung erscheinen zu lassen.155 Diesem Sog können sich die Kul- turwissenschaften nicht entziehen. Das Verfassungsrecht zieht hier keine prinzipielle Grenze, fordert aber Differenzierungen ein.156

152 Auch Akkreditierung stellt derzeit noch ein verfassungsrechtliches Problem dar, da weitgehend nach formalen Kriterien entschieden wird. Zu den von der Lite- ratur geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Unzulänglich- keit der gesetzlichen Grundlagen vgl. T. Mann/D. Immer RdJB 2007, 334 (341ff.); K. Bieback Zertifizierung und Akkreditierung, 2008, 374ff., insbes. 386ff.; C. Heitsch DÖV 2007, 770 (771ff.); J. Lege JZ 2005, 698 (703ff.); die verfassungsrechtlichen Fragen offen lassend VG Arnsberg, Beschluss vom 19. 11. 2008 – 12 L 576/08, Rz. 16 (juris). 153 Damit ist eine Beschreibung, nicht ein Werturteil gemeint – es lassen sich viele Einwände gegen die Vorbildlichkeit erheben, vgl. etwa die pointierte Kritik von Ko- schorke in: Kimmich/Thumfart (Fn. 42) 142 (146ff.). 154 Jedes Fach hat seine impliziten Rankings. Warum soll dieses Wissen nicht expli- zit gemacht werden? Warum sollen nicht die maßgeblichen Kriterien benannt und nach Möglichkeit in berechenbare Maßstäbe übersetzt werden? Dient ein solches Explizitmachen nicht der Rationalität und Gerechtigkeit von Verteilungsentschei- dungen? Die Angelegenheit ist aber komplizierter, als einen die Befürworter von Eva- luationen Glauben machen möchten. Implizites Wissen ist weicher, offener und an- passungsfähiger als explizites Wissen und ein Teil des impliziten Wissens lässt sich eben nicht in Kennzahlen übersetzen, sodass Zahlen eine Scheinobjektivität erzeugen. Deshalb ist die geltend gemachte Differenz zwischen Natur- und Kulturwissenschaft nicht Ausdruck von Vorurteil, Bequemlichkeit oder persönlicher Bindung. 155 Zur politischen Beeinflussbarkeit der Kriterien s. R. Salais in: H. Matthies/D. Si- mon (Hrsg.) Wissenschaft unter Beobachtung, 2008, 193ff. 156 S. BVerfGE 111, 333 (358ff.); Hendler Universität (Fn. 55), 257. Universitäten im Wettbewerb 449

Evaluationen dienen der Qualitätssicherung und der Kontrolle über den Umgang mit öffentlichen Mitteln.157 Dahinter stehen Güter von Verfassungsrang, die den Eingriff zu rechtfertigen vermögen.158 Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit müssen Evaluationen jedoch sachlich veranlasst sein. Mangels objektiver Kriterien für die Bemessung wis- senschaftlicher Qualität und angesichts des Umstandes, dass die in den Naturwissenschaften erprobten Kriterien durch deren Forschungsei- genheiten bestimmt sind,159 würde deren bloße Adaption durch die Kulturwissenschaften zu sach- und gleichheitswidrigen Bewertungen führen. Es besteht deshalb ein Anspruch darauf, dass die Evaluations- kriterien durch facheigene Konventionen bestimmt werden.160 Dieser Anspruch wird zum Beispiel verletzt, wenn die Beurteilung einer kul- turwissenschaftlichen Forschungseinrichtung maßgeblich von der Höhe der eingeworbenen Drittmittel und der Zahl der Veröffentlichun- gen in einem referierten Journal abhängig gemacht wird.

157 Da Wissenschaft ohne Wettstreit kaum denkbar ist und das Prinzip des Leis- tungswettbewerbs durch Art. 33 Abs. 2 GG jedes Berufungsverfahren bestimmt, bie- tet die Forschungsfreiheit keinen effektiven Schutz vor Evaluationen. Man könnte – parallel zum Wettbewerbsverständnis des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 105, 252 [265ff., insbes. 268]) – daran denken, bereits eine Beeinträchtigung des Ge- währleistungsbereichs zu verneinen. Doch handelt es sich um sehr empfindliche Ein- schränkungen für den Einzelnen, denen sich dieser unterziehen muss. Es geht auch nicht bloß um eine Information für den Wettbewerb der wissenschaftlichen Einsich- ten und Überzeugungen. Vielmehr liegen zu rechtfertigende Grundrechtseingriffe vor, s. M. Fehling Die Verwaltung 35 (2002), 399 (412f.); ders. (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 170; B. Schlink Evaluierte Freiheit?, 1999, 8, 13. 158 S. Mager Universität (Fn. 105), 293 mwN. 159 S. W. Blockmans in: Matthies/Simon (Fn. 155), 213ff.; S. Kuhlmann/T. Heinze WissR 37 (2004), 53 (57f., 67ff.). Wie die Naturwissenschaften zeigen, kann sich die- ses Spiel sehr wohl, insbesondere im Wettbewerb mit den Kulturwissenschaften, als förderlich erweisen. – Empirische Daten zur Bedeutung von Drittmitteln in unter- schiedlichen Disziplinen finden sich bei Hornborstel in: Stölting/Schimank (Fn. 26), 139 (143ff.). 160 S. BVerfGE 111, 333 (359), wo eingefordert wird, „darauf Rücksicht zu nehmen, dass diese Kriterien in den verschiedenen Disziplinen unterschiedlich sein können und gegebenenfalls auch sein müssen.“ Zustimmend Mager Universität (Fn. 105), 293f. Unterscheiden sich aber die Evaluationskriterien zwischen den Fächern, wird ein zahlenbasierter Leistungsvergleich unmöglich. Angesichts der Relativität beziffer- barer Qualitätsstandards und der strukturellen Unterschiede der Disziplinen wird man zu einem verfassungsrechtlichen Verbot von Leistungsvergleichen zwischen Na- tur- und Kulturwissenschaften kommen, sodass die Aufteilung der Finanzmittel zwi- schen Natur- und Kulturwissenschaften nicht auf einem solchen Leistungsvergleich beruhen darf. 450 Christian Bumke b) Interdisziplinarität Aber auch durch das Erfordernis eines interdisziplinären Zugangs werden die Kulturwissenschaften benachteiligt, denn im Gegensatz zu den Naturwissenschaften stößt die interdisziplinäre Arbeit hier auf gravierende Methodenprobleme. Außerdem behalten ungeachtet aller interdisziplinären Forschungsleistungen die traditionellen Forschungs- ansätze in den Kulturwissenschaften ihren Wert.161 Verfassungsrechtliche Grenzen lassen sich aus Art. 3 Abs. 1 GG und der Wissenschaftsfreiheit entnehmen. Aufgrund des weithin anerkann- ten Gebots zur Wissenschaftsförderung sollte es möglich sein, das Ver- bot, wesentlich Ungleiches gleich zu behandeln,162 über das niedrige Maß einer Willkürkontrolle zum Angemessenheitsgebot zu schärfen.163 Ferner wird man sich fragen müssen, ob mit einer einseitigen For- schungsförderung nicht eine strukturelle Gefährdung der Wissen- schaftsfreiheit geschaffen wird. Solange aber eine ausreichende Grund- finanzierung164 gewährleistet ist, um in tradierter Weise disziplinär zu forschen, wird man einen Verfassungsverstoß verneinen müssen.165

3. Lehrfreiheit zwischen Verantwortung, Ausbildung und Wettbewerb Die Umgestaltung des universitären Studiums lässt viele Hochschul- lehrer den Spagat zwischen Forschung und Lehre deutlicher als bisher

161 Damit soll freilich kein Vorbehalt gegen Interdisziplinarität geäußert werden. 162 Zu der Frage, ob Art. 3 GG ein solches Gebot enthält, s. einerseits – bejahend – BVerfGE 49, 148 (165); 98, 365 (385); K. Stern FS Dürig, 1990, 207ff., und anderer- seits – verneinend – A. Podlech Gehalt und Funktionen des allgemeinen verfassungs- rechtlichen Gleichheitssatzes, 1971, 53ff.; W. Rüfner in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Fn. 113), Art. 3 Abs. 1 (1992) Rn. 10. Von den Vertretern der letztgenannten Auffas- sung wird geltend gemacht, jedes Problem der Gleichbehandlung lasse sich auch als Problem der Ungleichbehandlung fassen, vgl. W. Rüfner ebd. 163 Zur Diskussion um die variable Kontrolldichte beim allgemeinen Gleichheits- satz s. B. Pieroth/B. Schlink Grundrechte, 25. Aufl. 2009, Rn. 470ff.; W. Heun in: Dreier (Fn. 113), Art. 3 Rn. 19ff. 164 Zur Notwendigkeit einer Grundausstattung, die unabhängig von im Einzelnen nachgewiesenen Leistungen ist, s. U. Karpen in: Hailbronner/Geis (Hrsg.) HRG, § 5 (1999) Rn. 56. Plastische Formulierung bei Hendler Universität (Fn. 55), 257 m. Fn. 59: „Das wissenschaftliche Existenzminimum ist gleichsam evaluationsfest.“ 165 Es bleibt zu bedenken, dass die Wissenschaftsinstitutionen selbst den vorherr- schenden Modus der Forschungsförderung anpreisen. Außerdem kann man die Knappheit staatlicher Mittel als hinreichend gewichtigen Grund für eine sachliche Mittelkonzentration in Form der Aufteilung in eine allgemeine Grundfinanzierung und eine darauf aufbauende Projektfinanzierung ansehen. Universitäten im Wettbewerb 451 spüren. In dem Maße, in dem der Wettbewerbsgedanke166 zu einer Pro- filierung des Studiums unter dem Diktat von Evaluationen und Ran- kings führt, scheint sich die Freiheit der Lehre aus Art. 5 Abs. 3 GG in eine bloße Lehrpflicht zu verkehren. Wie lässt sich vor diesem Hinter- grund das Leerlaufen des Grundrechts verhindern? a) Lehrfreiheit als verantwortungsgebundenes Grundrecht Keine Abhilfe verspricht die in der Literatur vereinzelt vorgeschla- gene Begrenzung des Schutzbereichs auf das Unterrichten der eigenen Forschungsergebnisse.167 Selbststand und Eigensinn der Lehrfreiheit können auf diese Weise weder begründet noch bewahrt werden.168 Lehre

166 Zunächst fragt sich, warum man – wenn man vom Wettbewerbsgedanken so fas- ziniert ist – nicht einfach die Uhren zurückdreht, reizvolle Hörergelder einführt und die Lehre dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage überlässt. Selbst wenn dies als inneruniversitärer Weg gangbar wäre, setzte der Wettbewerb zwischen Universitä- ten jedoch Informationen für den Vergleich und die Wahl voraus. Da der Preis in Form von Studiengebühren nicht oder nur kaum aussagekräftig ist, bedarf es der in Rede stehenden Mittel. Zu unvollständiger Information und Marktversagen bei Lehr- dienstleistungen s. K. Mause Zum Konsumentenschutz im Hochschulbereich, 2007, 61 ff. 167 S. Scholz (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 104: Auf das Grundrecht der Forschungs- freiheit könne sich nur derjenige berufen, der aufgrund eigenverantwortlicher For- schung lehre (so auch Wendt [Fn. 113], Art. 5 Rn. 102). Als Argument für die Begren- zung wird das Junktim zwischen Forschung und Lehre genannt. Allerdings wird der Bezug bei Scholz qualifikationsmäßig formalisiert: Dass in eine Lehrveranstaltung auch die eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse einer Person einfließen, sei mit der Erteilung der Lehrbefugnis für ein bestimmtes Fach oder der Berufung als Hoch- schullehrer automatisch gegeben, ebd., Rn. 105; ebenso Starck (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 375; dagegen Pernice (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 22 m. Fn. 139. – In die Richtung einer Beschränkung des Schutzbereichs auf die Vermittlung eigener Forschungsergeb- nisse weisen auch die Überlegungen von C. D. Classen Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, 1994, 76, der aber auch die Verbreitung der Forschungsergebnisse anderer für geschützt hält, wenn eine eigene kritische, methodische Überprüfung er- folgt; insoweit ähnlich Dickert Naturwissenschaften (Fn. 25), 289f. 168 Lehre stellte nur eine mögliche Form der Veröffentlichung dar und wäre nicht mehr als ein sonst bereits von der Forschungsfreiheit erfasster Freiheitsaspekt; eine als bloße Forschungskommunikation formulierte Lehrfreiheit wäre überflüssig, A. Schulz-Prießnitz Einheit von Forschung und Lehre, 1981, 96f.; K. F. Gärditz WissR 40 (2007), 67 (78). Zum Schutz der Verbreitung eigener Forschungsergebnisse durch die Forschungsfreiheit s. BVerfGE 35, 79 (113); Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 72, 74; Starck (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 361. – Trute Forschung (Fn. 114), 130f., begründet die Ausdehnung der von Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Lehre auf die Ver- mittlung fremder Forschungsergebnisse mit der Erwägung, dass die Lehre die Kom- munikation wissenschaftlicher Ergebnisse sichere; sie erfülle eine Funktion sowohl 452 Christian Bumke besteht in der Vermittlung von Wissen169 und im Vorleben einer wissen- schaftlichen Haltung;170 sie ist dialogisch171 und gewinnt ihren vollstän- digen Sinn erst durch das Wechselspiel zwischen Lehren und Lernen.172 Lehre bezeichnet einen gemeinschaftlichen Prozess. In dieser Hinsicht zeigt sich eine strukturelle Verwandtschaft mit dem elterlichen Erzie- hungsrecht; ihre Verantwortungsbindung unterscheidet die Lehrfreiheit von den gewöhnlichen Freiheitsrechten, die das Handeln, wie etwas zu glauben oder sich zu versammeln, als solitäre Betätigung des Einzelnen oder Gleichgesinnter schützen.173 Zu lehren, wie man will, ist für sich

für die Autonomie der Wissenschaft als auch für den Schutz des je einzelnen Wissen- schaftlers. Diese Argumentation basiert zu einseitig auf der Forschung und betont den Eigensinn der Lehre nicht ausreichend. Ferner zum Ganzen Franz-Ludwig Knemeyer Lehrfreiheit, 1969. 169 Verstanden als ein die Handlungsfähigkeit einschließendes Verstehen, was über ein Auswendiglernen hinausgeht, s. A.-K. Kaufhold Die Lehrfreiheit – ein verlorenes Grundrecht?, 2006, 196 m. Fn. 63. 170 Vgl. Pernice (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 32; Trute Forschung (Fn. 114), 128ff. – Zu den unterschiedlichen Ansätzen bei der Bestimmung des Verhältnisses von Wissen- schaft, Forschung und Lehre in Art. 5 Abs. 3 GG s. Kaufhold Lehrfreiheit (Fn. 169), 139 ff. 171 Der Begriff findet sich bei Denninger (Fn. 130), Art. 5 Abs. 3 Rn. 38; Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 98. 172 Damit ist nicht die Frage entschieden, ob auch die sog. Lernfreiheit der Studie- renden durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt wird. Näher zu dieser Diskussion Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 96ff.; Scholz (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 113; Kaufhold Lehrfreiheit (Fn. 169), 201ff.; Pernice (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 33. Der enge sach- liche Zusammenhang zwischen Ausbildung und Beruf und der sehr viel geringere zwi- schen dem Studium und der Wissenschaft sprechen für eine Lokalisierung dieses Freiheitsmoments in Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG. 173 Die Formen der Lehre können sehr verschieden sein: Man kann über seine ei- genen Forschungen berichten, im Oberseminar den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern, eine aktuelle Angelegenheit kommentieren oder eine einführende Vorlesung in ein Fachgebiet halten. Kaufhold Lehrfreiheit (Fn. 169), 195ff., sieht die Orientierung am Lernenden als prozessuale Determinante der wissenschaftlichen Lehre an: „Ist primäres Ziel der Lehrfreiheit nicht, den Lehrenden einen weiteren Freiraum zur Selbstverwirklichung zu eröffnen, sondern die freie Vermittlung wissenschaftlichen Wissens zugunsten der Lernenden und der Gesellschaft … zu ermöglichen, so muss es Ziel einer geschützten Lehrtätigkeit sein, den Wissensstand der Lernenden zu er- weitern“ (ebd., 196 – im Original z.T. m. Hervorhebung). Nach Kaufhold trägt die Lehrfreiheit „den Charakter eines (auch) dienenden Grundrechts“ (ebd., 245), wobei die Autorin allerdings den Unterschied zu einem fremdnützigen Grundrecht nach Art des Elternrechts betont (ebd., 245 m. Fn. 256). Zu Konzepten, die Wissenschaftsfreiheit allgemein als dienendes Grundrecht zu be- trachten, s. Kempen in: Hartmer/Detmer (Fn. 50), Kap. I Rn. 14; J. Burmeister FS Stern, 1997, 835 (866ff.); Schiedermair FS Faller, 1984, 217 (221f.). Universitäten im Wettbewerb 453 genommen kein schützenswertes Gut der Lehrfreiheit,174 sondern Aus- übung der eigenen Meinungsfreiheit. Die Verantwortungsbindung führt demnach zu einer sachlichen Begrenzung des Schutzbereichs.175 Gerade weil Lehren wie Erziehen so eine eigentümliche Angelegen- heit ist,176 sind Forschung und Lehre entgegen einem verbreiteten Ver- ständnis in der Literatur177 grundrechtlich nicht notwendig an die Per- son des Professors geknüpft; gute Forscher sind nicht automatisch auch gute Lehrer. Für Savigny war diese Einsicht noch eine Selbstverständ- lichkeit. Das gemeinsame Band von Forschung und Lehre ist nicht personell, sondern sachlich begründet. Es wird durch den gemeinsamen Wissen- schaftscharakter geknüpft. Es besteht im wissenschaftlichen Charakter des Studiums und in der vom Lehrenden verkörperten Haltung. Der

174 Eine Lehrveranstaltung, in der Fragen von Seiten der Studierenden nicht gestellt werden dürfen und vom Dozenten nicht beantwortet werden, wird nicht von der Lehrfreiheit geschützt, s. Oppermann (Fn. 113), § 145 Rn. 40; Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 99, der von einem Missbrauch der Lehrfreiheit spricht, wenn ein Hoch- schullehrer grundsätzlich weder Fragen noch andere in gehöriger Form vorgebrachte studentische Äußerungen zulässt. Gleiches würde für das bloße Vorlesen eines Lehr- buches gelten, auch ein „Leerlesen“ von Kursen wird nicht geschützt. 175 Als Konsequenzen aus der hier entwickelten Konzeption der Lehrfreiheit erge- ben sich: Didaktische Weiterbildung stellt eine legitime Anforderung an die Lehre dar (a.A. Fehling [Fn. 94], Art. 5 Abs. 3 Rn. 96; Starck [Fn. 113], Art. 5 Abs. 3 Rn. 376: der Besuch von Kursen in Didaktik dürfe für Professoren wegen der Lehrfreiheit nicht zur Pflicht gemacht werden). – Auch bedeutet es eine legitime Anforderung an die Lehre, dass sie sich Evaluationen aussetzt. Vgl. zu der kontrovers diskutierten Frage der amtlich veranlassten Lehrevaluation durch Studierende Fehling ebd., Rn. 154, 169; F. Hufen Rechtsfragen der Lehrevaluation an wissenschaftlichen Hochschulen, 1995; Schlink Freiheit (Fn. 157); zu Art. 39a Abs. 3 BayHSchG a.F. (vgl. nunmehr Art. 30 Abs. 3 BayHSchG) s. einerseits K. A. Schachtschneider/T. Beyer BayVBl. 1998, 171ff. (Verfassungsmäßigkeit verneinend), andererseits T. Bauer BayVBl. 1999, 459ff. (Verfassungsmäßigkeit bejahend). – Dienstpflichten unterstreichen solche Anforde- rungen, begründen sie aber nicht. Umgekehrt erschöpft sich das Lernen nicht in einer bloßen Freiheitsbetätigung, son- dern ist auf den Lehrenden ausgerichtet und auf die Aneignung der wissenschaftlichen Grundhaltung – das Bild des Studierenden als Kunden (s. etwa M. Schwaiger Beiträge zur Hochschulforschung 2003, 32ff.; s.a. A. Wolf Reform der Hochschulausbildung durch Wettbewerb, 2001, 32ff.) ist denkbar ungeeignet, um ihn in seiner Hauptrolle, nämlich als Lernenden, zu erfassen. 176 Es sind gerade auch die strukturellen Unterschiede, die das Lehren und For- schen mitunter zu einem mühsamen Spagat werden lassen. 177 Vgl. oben Fn. 167 und H. H. Rupp NJW 1972, 16 (17); s. auch die Darstellung bei Kaufhold Lehrfreiheit (Fn. 169), 164ff.; Kaufhold selbst hält die eigene Forschungs- tätigkeit weder für eine hinreichende (ebd., 167) noch für eine notwendige (ebd., 176ff.) Bedingung der grundrechtlichen Schutzwürdigkeit einer Lehrtätigkeit. 454 Christian Bumke

Lehrende muss wissenschaftlich denken und arbeiten können. Aus die- sem Grund kann zwar die Forschung von der Lehre, aber die Lehre nicht vollständig von der Forschung separiert werden. Verfassungsrecht- lich betrachtet, muss der Lehrende zwar nicht gleichzeitig forschen,178 es muss aber zumindest eine institutionelle Verbindung bestehen.179 b) Lehrfreiheit und universitäre Ausbildungsaufgabe Neben der strukturellen Eigenart als verantwortungsgebundenes Grundrecht ist für die inhaltliche Konturierung der Lehrfreiheit ihr Ver- hältnis zur universitären Ausbildung von entscheidender Bedeutung. In der Konsequenz der oben unternommenen verfassungsrechtlichen Herleitung eines universitären Selbstverwaltungsgebots liegt es, die uni- versitäre Ausbildungsaufgabe180 als ein Gebot anzusehen, das den Ver- antwortungsgehalt der Lehrfreiheit prägt. In dieselbe Richtung weist auch der Umstand, dass sich die Doppelnatur der Wissenschaft beste- hend aus Forschung und Lehre in der Universität verwirklicht.181 Die Ausbildungsaufgabe der Universität ist kein organisatorischer Zufall. In ihr erfüllt die Wissenschaft eine ihrer beiden, sich im Verfassungstext widerspiegelnden gesellschaftlichen Grundfunktionen. Aus diesen Überlegungen folgt indes weder die Notwendigkeit der Universität in ihrer tradierten Gestalt noch die zwingende Anreicherung der Lehrfrei- heit durch die Ausbildungsaufgabe. Letztere bleibt eine Zumutung, die der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf.182 Die Ausbildungsaufgabe schnürt die Hochschullehrer in ein freiheits- beschränkendes Korsett eines Lehr- und Prüfungsprogramms, das nur gemeinsam getragen werden kann. Dieser verfassungsrechtlich ange-

178 Die Verfassungsmäßigkeit der Einführung einer reinen „Lehrprofessur“ wird be- jaht von Fehling (Fn. 94), Art. 5 Abs. 3 Rn. 95, „solange der Forschungsbezug der Lehre insgesamt gewährleistet bleibt“ (ebd.); K. F. Gärditz WissR 40 (2007), 67 (89) bezeichnet die Einrichtung reiner Lehrprofessuren demgegenüber als „verfassungs- rechtlich prekär“; ablehnend Starck (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 375; M. Nettesheim DVBl. 2005, 1072 (1080). 179 Kaufhold Lehrfreiheit (Fn. 169), 186ff., hält nicht einmal eine institutionelle Ver- bindung des Lehrenden zur Forschung für erforderlich, um den Schutzbereich der Lehrfreiheit zu eröffnen; positive Effekte einer solchen Verbindung schließt sie freilich nicht aus. 180 S. dazu BVerfGE 35, 79 (120f.); BVerfG (K), WissR 40 (2007), 434 (437ff.). 181 Diese Doppelnatur spiegelt sich im Verfassungstext wider. 182 Man könnte noch die Verantwortungsausrichtung der Lehrfreiheit auf die Aus- bildungsaufgabe beziehen und versuchen, daraus eine feste Verbindung herzustellen. Dagegen spricht allerdings, dass die Verantwortung zwar offen für Ausbildung ist, aber nicht notwendig darauf gerichtet; sie lässt sich auch auf den wissenschaftlichen Nachwuchs beziehen. Universitäten im Wettbewerb 455 legte Weg ist praktisch alternativlos und schon deshalb hat die Lehrfrei- heit diesen Eingriffen trotz fehlenden Vorbehaltes183 wenig entgegenzu- setzen.184 Alles in allem vermag sie das Feld der wissenschaftlichen Lehre nur schwach zu strukturieren, als zu übermächtig erweist sich die Ausbil- dungsaufgabe. Eine verfassungsrechtliche Grenze zieht die Lehrfreiheit aber einem Ausbildungsverständnis, das den wissenschaftlichen Cha- rakter des Studiums aufgibt und aus Universitäten höhere Lehranstal- ten machen will.

4. Folgerungen für den Gewährleistungsinhalt der Wissenschaftsgarantie Die in Art. 5 Abs. 3 GG anerkannte Wissenschaftsgarantie setzt sich demnach aus drei Gewährleistungen zusammen.185 Zwei von ihnen, nämlich Forschungs- und Lehrfreiheit, sind abwehrrechtlich ausgerich- tet. Ihr Ziel ist es, die Freiheit des einzelnen Forschers und Lehrenden zu schützen, wobei aber die Lehrfreiheit als verantwortungsgebundenes Grundrecht nur Betätigungen erfasst, die sich auch am Lernenden orientieren. Untereinander und mit der Wissenschaftsfreiheit als dritter Gewährleistung verbunden sind die Grundrechte durch das Merkmal der Wissenschaftlichkeit. In der Wissenschaftsfreiheit sind die objektiv- rechtlichen Gehalte gebündelt, die das Feld von Forschung, Lehre und deren Organisation inhaltlich prägen. Hierzu zählen etwa die Pflicht, den Wissenschaftsbetrieb so zu organisieren, dass das wissenschaftliche Arbeiten nicht strukturell gefährdet wird, oder das Gebot, ein Mindest- maß an staatlichen Mitteln für die Forschung bereitzustellen. Die Idee der Universität dient als Verständnishintergrund und Auslegungsfolie, deren Wert sich beispielsweise zeigt, wenn die Funktionsadäquatheit der universitären Organisation zu beurteilen ist; sie ist aber nicht grund- rechtlich garantiert.

183 Genau genommen existiert jedoch ein ungeschriebener Grundrechtsvorbehalt, näher Bumke Grundrechtsvorbehalt (Fn. 126), 171ff. Zu Versuchen, die Schranken aus Art. 5 Abs. 2 oder Art. 2 Abs. 1 GG auf die Meinungsfreiheit zu übertragen, s. die Nw. bei Scholz (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 11; Starck (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 414. 184 Darin ist man sich – ob bloß feststellend oder kritisierend – einig; vgl. W. Höfling WissR 41 (2008), 92 (94, 98); Wendt (Fn. 113), Art. 5 Rn. 105 (Stichwort: Lehr- verpflichtung); Starck (Fn. 113), Art. 5 Abs. 3 Rn. 377. Zu den Grenzen, die aus Art. 5 Abs. 3 GG für solche Bindungen abgeleitet werden, s. Starck ebd.; Denninger (Fn. 130), Art. 5 Abs. 3 Rn. 39. 185 Eine grundlegend abweichende Konzeption hat Hailbronner Freiheit (Fn. 130), entwickelt. Näher dazu Trute, Forschung (Fn. 114), S. 395ff.; Kaufhold Lehrfreiheit (Fn. 169), S. 139ff. 456 Christian Bumke

V. Konstitutionalisierung des Wissenschaftsrechts und ihre Grenzen

Universitäten stehen im Wettbewerb. Dieser besitzt die Wirkungs- macht, aus ihnen Anstalten für höhere Bildung und Forschung zu ma- chen. Das Verfassungsrecht zieht diesem Wettbewerb Grenzen. Doch bleiben diese hinter manchen Erwartungen und Wünschen zurück. Be- vor man freilich weitergehende verfassungsrechtliche Anforderungen formuliert, sollten die nachteiligen Folgen einer zunehmenden Konsti- tutionalisierung bedacht werden. Wird das Maß verfassungsrechtlicher Durchdringung im Bereich des Wissenschaftsrechts spürbar erhöht, stärkt dies die Neigung, auch auf anderen Gebieten den Prozess der Konstitutionalisierung voranzutreiben. Da dieser Prozess kein natür- liches Ende findet, muss sich jede Grenzziehung rechtfertigen. Für die hier befürwortete zurückhaltende Auslegung der Wissenschaftsgarantie sprechen nicht zuletzt die Gefahren, die mit einem heraufziehenden Jurisdiktionsstaat verbunden sind. Statt nur auf das Verfassungsrecht sollten wir deshalb beim Wettbewerb der Universitäten auch auf die Kraft des wissenschaftlich-aufgeklärten Geistes vertrauen. Festeren Halt bietet dabei die Idee der deutschen Universität. Universitäten im Wettbewerb 457

Leitsätze des 2. Berichterstatters über: Universitäten im Wettbewerb

I. Einführung

1. Universitärer Wettbewerb (1) Der Wettbewerb unter den Universitäten ist nicht neu; neu ist ledig- lich die Fokussierung auf den Wettbewerbsgedanken, seine ökonomische Überformung und der Glaube an seine wohlfahrtsfördernde Kraft.

2. Auf der Suche nach einem Maßstab für einen universitätsgerechten Wettbewerb

(2) Innerhalb der Universität stößt man selten auf marktmäßige Wettbe- werbssituationen. Es dominieren künstlich geschaffene Verteilungssituatio- nen. Oft dient der Wettbewerbsbegriff auch nur als Chiffre für verschiedene universitäre Reformansätze. (3) Weder die Wirtschaftswissenschaften noch das Verfassungsrecht bie- ten einen hinreichend geeigneten Maßstab für die Ausgestaltung eines uni- versitätsgerechten Wettbewerbs. (4) Als Maßstab für einen universitätsgerechten Wettbewerb lässt sich auf die Idee der Universität zurückgreifen. Jede gesellschaftsgestaltende Institution bedarf einer Idee, die ihr einen sinnstiftenden Kern verleiht und damit als Maßstab und Kompass zugleich dient.

II. Bestandsaufnahme

1. Forschung (5) Die gegenwärtige Forschungssituation an den Universitäten ist durch vier prägende Elemente bestimmt, nämlich die Kommerzialisierung der Hochschulen, die zunehmende Homogenisierung der Forschungsstrukturen, den Zuwachs der universitären Gestaltungsbefugnisse und deren Konzentra- tion auf der Leitungsebene sowie die Ökonomisierung des Professorenamtes. 458 Christian Bumke

(6) Zu einer erheblichen Veränderung der Wettbewerbsverhältnisse führen die Exzellenzinitiativen von Bund und Ländern. Aufgrund der drei unter- schiedlichen Förderlinien begründen sie zwar keine Zwei-Klassen-Gesell- schaft, doch verstärken und verschärfen sie den ökonomischen Wettbewerb. (7) Eine zentrale Herausforderung für die Universitäten besteht in der Zielbestimmung. Da Exzellenz als Ziel für die meisten Universitäten aus- scheidet, bleibt allein die Profilbildung, ohne dass jedoch eine gemeinsame Grundüberzeugung über die universitären Forschungsaufgaben bestünde.

2. Lehre und Ausbildung (8) Lehre und Ausbildung befinden sich in einem Umbruch, der das Grundverständnis wissenschaftlicher Lehrtätigkeit und die Grundfesten des Hochschulstudiums erfasst. Das neue Leitbild lautet: harmonisierte und ausdifferenzierte höhere Bildung im europäischen Hochschulraum. (9) Da es Studierende im Überfluss gibt und die finanzielle Ausstattung sich nicht nach der Zahl der Hochbegabten bestimmt, ist die Forderung nach einem Wettbewerb um die besten Studierenden nur eingeschränkt sinnvoll. Relevanz behält sie als Imagefaktor. (10) Bislang hat die sog. Bachelorisierung ihre Ziele nicht erreicht. Die Frage ist nur, ob es sich bei den aufgetretenen Schwierigkeiten um struktu- relle Mängel oder heilbare Kinderkrankheiten handelt.

3. Hochschulorganisation (11) Die Hochschulorganisation hat sich elementar verändert. Aus der Gruppenuniversität ist eine Managementuniversität geworden. Als reforme- risches Leitbild dient das Unternehmen, dessen dirigierende Kraft ange- sichts des Handicaps der Hochschulen, weder über nennenswertes Eigenka- pital noch über ein allgemeines Kündigungsrecht zu verfügen, nur sehr begrenzt sein kann. (12) Soweit Hochschulen dem Unternehmensleitbild folgen, werden sie ihr Handeln an ökonomischen Wertmaßstäben ausrichten und sich auf lu- krative Studien- und Weiterbildungsangebote konzentrieren. Inneruniversi- tär wird Wettbewerb zwischen den Fakultäten initiiert oder gefördert. (13) In einer universitären Ordnung, in der lediglich Rentabilität und sichtbarer Erfolg zählen und es an einer darüber hinausgehenden korrigie- renden institutionellen Idee fehlt, ist die disziplinäre Vielfalt bedroht. Universitäten im Wettbewerb 459

III. Grundlegung einer Idee der deutschen Universität

(14) Die geschilderten Entwicklungen lassen die Universität verunsichert zurück. Umso dringlicher ist es, eine Idee der Universität zu entwickeln, die Halt und Orientierung bietet.

1. Vier Elemente der Universitätsidee (15) Die Universität ist ein Ort wissenschaftlicher Haltung und Lebens- form. Sie ist zugleich ein Ort gesellschaftlicher Selbstbeobachtung, der im- mer wieder den Charakter eines bedachtsam-zögerlichen „Widerlagers“ gegenüber dem Zeitgeist anzunehmen vermag. Die Universität ist ferner stets ein praktischer Ort gewesen, an dem erwachsene Menschen geistig er- zogen und wissenschaftlich ausgebildet werden. Sie ist schließlich auch ein Ort transdisziplinärer Begegnung, der auf dem Gedanken partizipatorischer Kooperation aufbaut.

2. Einheitsstiftendes Bildungsideal (16) Die vier skizzierten Elemente bedürfen noch des gesellschaftlichen Bildungsideals, um sie zu einer einzigen Idee zu verbinden. Das Ziel univer- sitärer Bildung ist der freie, gleichberechtigte, würdevolle und damit mün- dige Mensch, dem eine wissenschaftliche Grundhaltung eigen ist.

3. Konsequenzen (17) Die Universitätsidee macht deutlich, dass im Grundsatz jede Univer- sität eine wertvolle und bewahrenswerte Einrichtung ist. Ein zu weit gehen- der Wettbewerb und eine zu markante Profilierung zerstören die Universität als Ort transdisziplinärer Begegnung und kooperativer Partizipation.

IV. Verfassungsrechtliche Grundfragen

1. Partizipation und Leitungsgewalt im Wettbewerb der Universitäten (18) Während das Bundesverfassungsgericht die Frage der Hochschul- autonomie bislang offen gelassen hat, wird sie in der Literatur ganz über- wiegend für grundrechtsgeboten gehalten, wobei jedoch die Begründungs- wege differieren. (19) Das verfassungsrechtliche Gebot universitärer Selbstverwaltung lässt sich nicht aus der Eigengesetzlichkeit der Wissenschaft herleiten. 460 Christian Bumke

(20) Auch der abwehrrechtliche Schutz der individuellen Forschungs- und Lehrfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG bietet keine hinreichende verfas- sungsrechtliche Grundlage für die Selbstverwaltungsgarantie. Denn die ent- scheidende Frage, nach welchen Grundsätzen die gemeinsame Freiheitsbe- tätigung organisiert sein soll, lässt sich nicht allein mit Hilfe einer negativen Freiheitsvorstellung beantworten. (21) Eine verlässliche objektiv-rechtliche Basis findet die Selbstverwal- tungsgarantie ferner nicht in der Deutung der Wissenschaftsfreiheit als Ein- richtungsgarantie. Gegen die Anerkennung einer solchen Garantie spricht, dass die Universität im Grundgesetz nicht erwähnt wird und man in den Materialien des Parlamentarischen Rates vergeblich nach einem entspre- chenden Bekenntnis sucht. (22) Ausgehend von der verfassungsrechtlichen Bereitstellungspflicht für wissenschaftliche Einrichtungen und der gesetzgeberischen Entscheidung für Einrichtungen, die wie die Universitäten unter ihrem Dach Forschung und Ausbildung vereinen, lässt sich die Selbstverwaltungsgarantie aus dem Gebot wissenschaftsadäquater Organisationsform herleiten, wobei als Maß- stab die Idee der deutschen Universität dient. (23) Stecken die Hochschulgesetze einen inhaltlichen Rahmen ab und werden die Entscheidungsträger unmittelbar und mittelbar durch die Uni- versitätsmitglieder gewählt, so lassen sich die Maßnahmen der Leitungsge- walt als partizipatorische Akte legitimieren. Um der strukturellen Gefahr, Sonderinteressen zu verfolgen, entgegenzuwirken, muss darüber hinaus eine hinreichende universitätsinterne Kontrolle gewährleistet sein. (24) Sein legitimatorisches Fundament findet der Hochschulrat durch den verfassungsrechtlich gebotenen Wahl- oder Bestätigungsakt des Senats. Der Kontrollgedanke, ergänzt um das Gebot der Funktionsangemessenheit, verlangt darüber hinaus nach einer Beteiligung universitätszugehöriger Personen im Hochschulrat, die wenigstens die Hälfte der Mitglieder stellen müssen.

2. Schutz der Forschungsvielfalt und fachspezifischer Evaluationen durch die Forschungsfreiheit (25) Das Verfassungsrecht zieht Evaluationen keine prinzipielle Grenze, fordert aber Differenzierungen ein. Es besteht ein Anspruch darauf, dass die Evaluationskriterien durch facheigene Konventionen bestimmt werden. (26) Durch das Erfordernis eines interdisziplinären Forschungsansatzes werden die Kulturwissenschaften gegenüber den Naturwissenschaften be- nachteiligt. Solange aber eine ausreichende Grundfinanzierung gewähr- leistet ist, um traditionelle disziplinäre Forschung zu betreiben, liegt kein Verfassungsverstoß vor. Universitäten im Wettbewerb 461

3. Lehrfreiheit zwischen Verantwortung, Ausbildung und Wettbewerb (27) Die Lehrfreiheit ist ein verantwortungsgebundenes Grundrecht, das seinen Sinn erst durch das Wechselspiel zwischen Lehren und Lernen gewinnt. Die Verantwortungsbindung führt zu einer sachlichen Begrenzung des Schutzbereichs. (28) Die Ausbildungsaufgabe stellt die Hochschullehrer in den freiheits- beschränkenden Rahmen eines Lehr- und Prüfungsprogramms, der nur gemeinsam ausgefüllt werden kann. Dieser Weg ist allerdings praktisch alternativlos, weshalb die Lehrfreiheit diesen Eingriffen trotz fehlenden Vor- behaltes nur wenig entgegenzusetzen vermag.

4. Folgerungen für den Gewährleistungsinhalt der Wissenschaftsgarantie (29) Die in Art. 5 Abs. 3 GG anerkannte Wissenschaftsgarantie setzt sich aus Wissenschafts-, Forschungs- und Lehrfreiheit zusammen. Ziel der Forschungs- und Lehrfreiheit ist es, die Freiheit des einzelnen Forschers und Lehrenden zu schützen. Untereinander und mit der Wissenschaftsfreiheit verbunden sind die Grundrechte durch das Merkmal der Wissenschaftlich- keit. In der Wissenschaftsfreiheit sind die objektiv-rechtlichen Gehalte ge- bündelt, die das Feld von Forschung, Lehre und deren Organisation inhalt- lich prägen. Die Idee der Universität dient dabei als Verständnishintergrund, sie ist aber nicht grundrechtlich garantiert.

V. Konstitutionalisierung des Wissenschaftsrechts und ihre Grenzen (30) Die verfassungsrechtlichen Grenzen für den universitären Wettbe- werb bleiben hinter den Erwartungen zurück. Gegen eine weitgehende Her- leitung gewährleistungsspezifischer Vorgaben aus der Wissenschaftsgarantie sprechen nicht zuletzt die mit dem heraufziehenden Jurisdiktionsstaat ver- bundenen Gefahren. Statt allein auf das Verfassungsrecht müssen wir auch auf die Kraft des wissenschaftlich-aufgeklärten Geistes vertrauen. 462 Aussprache

3. Aussprache und Schlussworte Universitäten im Wettbewerb

Engel: Das Gliedern von Diskussionsbeiträgen ist gefahrgeneigte Arbeit. Ich hoffe, dass es mir trotzdem gelungen ist. Wir haben zunächst eine nicht kleine Zahl von Beiträgen, die sich fragt, ob der analytische oder der normative Zugriff auf das Thema der richtige ist. Dann gibt es zwei Beiträge, die sich mit der Idee der deutschen Universität beschäf- tigen. Daran schließt sich ein größerer Block mit verfassungsdogmati- schen Beiträgen an. Den Abschluss bilden ein paar relativ konkrete Fra- gestellungen. Ich nehme an, die anderen sind auch konkret. Ich habe nur nicht erkennen können, in welcher Weise sie konkret sein wollen.

Baer: Ich habe drei Bemerkungen. Die erste lautet: Was ist mit der au- ßeruniversitären Forschung? Der Wettbewerb, der auf Universitäten sozusagen einhagelt, ist ja auch ein Wettbewerb mit der außeruniver- sitären Forschung – und da gibt es durchaus Entwicklungen, die nicht unproblematisch sind, bis hin zu Erosionserscheinungen der heiligen Rechte gerade der Universitäten oder Fakultäten. Da hätte mich inte- ressiert, an welche verfassungsrechtlichen Maßstäbe eventuell zu den- ken wäre, um letztlich die Komplementarität außer-universitärer For- schung in den Griff zu bekommen. Die zweite Bemerkung: Christian Bumke skizziert die Idee der deut- schen Universität – und da ist wie immer das Problem der Leitbilder. Ein Element dieser Idee der deutschen Universität war das Widerlager gegenüber dem Zeitgeist. Das schätze ich natürlich sehr. Dennoch habe ich kleine Schwierigkeiten mit diesem Element, denn assoziiert man da- mit nicht auch die berühmten Türme, in denen wir doch noch nie saßen und auch nie sitzen werden? Ist Wissenschaft nicht Teil sozialer und eben auch politisch eingebetteter Praxis im Gespräch mit dieser Praxis und insofern nicht der „andere“ Ort? Daher stelle ich die Frage: Sind wir da nicht wie alle anderen auch, und wie alle anderen je spezifisch zu behandeln, aber nicht das eine ideale Gegenüber? Die dritte Bemerkung – zu Herrn Geis und ein Stück weit anknüp- fend an Christian Bumke, der gesagt hat, wir bräuchten wissenschafts- adäquate Organisationsformen und eine rechtlich zwingende Vorgabe bestehe nur in Maßen. Herr Geis, habe ich Sie so verstanden, dass Universitäten im Wettbewerb 463

„peer review“ zu diesen wissenschaftsadäquaten Organisationsformen gehören würde? Sie haben das am Anfang für Lehre und Forschung deutlich eingefordert, wenn ich Ihnen richtig zugehört habe. Plötzlich aber haben Sie dann Fremdsteuerung diagnostiziert und wohl auch ge- geißelt. Die Beispiele, die Sie dort gewählt haben, schienen mir nur nicht überzeugend. Das Beispiel Exzellenzinitiative und – um diese auch zu nennen – die gleichstellungsorientierten Forschungsstandards der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind „peer review“. Die Politik wäre aus der Exzellenzinitiative beinahe ausgestiegen, weil so viel „peer review“ da war. Das war manchen viel zu viel. Insofern halte ich es nicht für plausibel, zum einen „peer review“ zu wollen, aber zum ande- ren, wenn die Ergebnisse so ausfallen, wie es vielleicht die anderen „peers“ wollten und wo man selbst nicht so ganz begeistert ist, das „peer review“ als Fremdsteuerung abzulehnen. Wer oder was genau war oder ist da „fremd“? Schließlich gibt es in der Wissenschaftsforschung auch zahlreiche Be- funde zu den Problemen des „peer review“. „Peer review“ ist keinesfalls Allheilmittel, so sehr wir uns selbst als „peers“ natürlich immer als die berufenen Experten im Feld statuieren wollen würden. „Peer review“ leidet unter „bias“, unter Vorurteilen. Wie geht man damit um? „Peer review“ leidet unter Homo-Sozialität. Wie geht man damit um? „Peer review“ leidet unter einer strukturellen Tendenz, Schulen zu verstärken und Innovationen zu verhindern. Wie geht man damit um? Das hätte mich noch interessiert.

Classen: Beide Referenten, vor allem Max Geis, haben die Rolle des Wettbewerbs vor allem in seinen problematischen Aspekten stark in den Vordergrund gestellt, und beide werden insoweit sicherlich viel Zu- stimmung finden. Auch sind die Probleme sicherlich von beiden Refe- renten, deren Ausführungen ich mit großem Interesse verfolgt habe, zu- treffend dargestellt worden. Bei der am Wettbewerb geübten Kritik ist mir aber nicht so ganz deutlich geworden, ob es insoweit um einzelne, problematische Erscheinungen geht, oder steckt dahinter ein grund- sätzliches Problem, das dazu führt, dass im hier relevanten Bereich das Wettbewerbsprinzip gar nicht zur Anwendung kommen sollte? Bei der Antwort auf diese Frage muss man überlegen, welche Funktion dieses Prinzip erfüllen soll. Kann man auch darauf verzichten? Gibt es irgend- welche Alternativen, vor allem in dem zentralen Bereich, um den es hier geht, den Einsatz, vor allem aber die Verteilung staatlicher Mittel? Klassisch, bis vor nicht allzu vielen Jahren, ging es einfach mittels des Staatshaushalts und damit über die Politik; dort wurde festgelegt, dass das Seminar für Öffentliches Recht x tausend Mark und das für Straf- 464 Aussprache recht y tausend Mark für Bücher ausgeben darf. Mit dieser Methode werden aber weder aus der Sicht der Politik noch aus der der Wissen- schaft sachgerechten Ergebnisse erzielt. Daher resultierte die Idee, die Aufgabe der Mittelverteilung im Grundsatz auf die Hochschulen zu übertragen, weil diese die Mittel wesentlich sachgerechter als die Politik in eigener Verantwortung verteilen können. Bei der Frage nach den Maßstäben für die Binnenverteilung liefert aber die Wissenschaftsfrei- heit als solche vergleichsweise wenige konkrete Aussagen. Die gleich- mäßige Ausschüttung des Füllhorns jedenfalls ist kein tauglicher Weg. Im Verhältnis der Fächer untereinander ist das offenkundig, und auch im Übrigen ist das aus Sicht der Steuerzahler nicht vertretbar. In die- sem Zusammenhang eine Bemerkung zur Wissenschaftsfreiheit als Einschub. Aus meiner Sicht wurde die Bedeutung dieser Freiheit als Abwehrrecht zu stark betont. Es geht im Kern erstens um ein Leis- tungsverhältnis und zweitens haben wir immer das Prinzip der Grund- ausstattung, so dass Mittel nur jenseits dieser Grundausstattung zu ver- teilen sind. Notwendig sind also wissenschaftsgerechte Maßstäbe, aber die individuelle Wissenschaftsfreiheit ist insoweit, glaube ich, nicht wirklich hilfreich. Wenn man dann fragt, wie wissenschaftsgerechte Maßstäbe aussehen können, erlaube ich mir eine Bemerkung zum Thema Quantität und Qualität. Natürlich ist Quantität keine Aussage über die Qualität, aber ich denke, dass auch Quantität – Qualität vorausgesetzt – in dem Sinne einen Wert an sich darstellt, dass natürlich gerade aus der Sicht des Steuerzahlers 5 Aufsätze immer mehr sind als einer, und von daher kann das auch durchaus in die Bewertung mit einfließen. Und bei der Frage der Qualität ist es, denke ich – Frau Baer hat ja schon gerade Pro- bleme des peer review angesprochen – prinzipiell problematisch, sich auf ein einziges Verfahren festzulegen. Letztlich darf man mit einem solchen Modell nicht die Vorstellung verbinden, dass eine Entschei- dung über die Mittelverteilung absolut richtige Ergebnisse produziert. Jedes Modell hat eine Reihe von Fehlern. Die Frage ist einfach, mit welcher Fehleranfälligkeit man leben kann. Wenn man der Mittelvertei- lung mehrere Kriterien zugrunde legt und auch nicht alle Mittel nach dem gleichen Modus verteilt, dann gleicht sich das einigermaßen aus. Insgesamt denke ich daher, dass, wenn wir nicht zu der von allen Seiten als dysfunktional angesehenen staatlichen Steuerung zurückkehren wollen, keine Alternative bleibt. Von daher hätte ich mir von den Refe- raten etwas mehr auch positives Nachdenken über die Wettbewerbskri- terien und sachgerechte Leistungskriterien erhofft; hier muss weiter nachgedacht werden. Universitäten im Wettbewerb 465

Lege: Von meiner Seite einmal ein Plädoyer für den Wettbewerb – und zugleich für die Wissenschaftsfreiheit als Individualgrundrecht! – Ich möchte anknüpfen an den Beginn des Referats von Herrn Bumke, der gesagt hat (ich überspitze): Es gibt Wettbewerb und Pseudo-Wettbe- werb. Man muss daher wohl genau hinschauen, in welcher Weise man von Wettbewerb spricht. Und ich möchte vorschlagen, zwei Modelle zu unterscheiden. Das erste ist der Wettbewerb wie auf einem Markt, das zweite der Wettbewerb wie in einem Song-Contest, in einem Talent- wettbewerb, in einem Wettbewerb um die Gunst des Fürsten (Herr Geis, Sie haben Schillers „Brodgelehrten“ zitiert). Wohin gehört nun die Wissenschaft? Ich denke, Wissenschaft ist ein- deutig ein Wettbewerb wie auf einem Markt. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der Gemeinwohlerfolg der Wissenschaft, wie beim ökonomischen Markt, letztlich von einer invisible hand gesteuert wird. Oder mit anderen Worten: Er lässt sich eigentlich gar nicht unmittelbar „steuern“, sondern ergibt sich aus – der Freiheit. Wenn die Politik daher im Bereich Wissenschaft auf sichtbare, auf schnell verwertbare Erfolge aus ist und die Universitäten dahin steuern will, dann wird das, was die Wahrheit auf lange Sicht konstituiert, gerade unmöglich gemacht. Denn Wahrheit ist, was sich auf lange Sicht – in the long run – in der Gemein- schaft der Forschenden als akzeptiert durchsetzt. (Nebenbei: „Wissen- schaft ist ein Markt, und das eigentliche Wohlfahrtsergebnis liegt in einer unsichtbaren Hand“ – vielleicht lässt sich von hier noch eine Pa- rallele zur Demokratie ziehen. Auch dort ist die entscheidende Instanz eigentlich unsichtbar, Stichwort: Geheimheit der Wahlen.) Wenn nun die Wissenschaft ein Markt ist, fragt sich, wer sind die Anbieter? Wer sind die Nachfrager? Wer ist der Marktveranstalter? Ich glaube, es ist klar, dass Anbieter und Nachfrager nach wahrer Erkennt- nis allein die Wissenschaftler sind. Daher sind auch nur sie die Grund- rechtsträger, sie allein, nicht die Universitäten (und auch nicht nur die Wissenschaftler an den Universitäten!). Jetzt ein kleines Zugeständnis an Herrn Classen: Die Universitäten sind – jedenfalls seit preußischer Zeit – so etwas wie das, was Herr Kersten heute in anderem Zusam- menhang als „staatlich veranstalteten Wettbewerb“ bezeichnet hat. Man mag daher fragen, wie weit in diesem staatlich veranstalteten Wett- bewerb die Freiheitsgarantie reicht. Dabei darf man jedoch nicht aus den Augen verlieren: Wissenschaftsfreiheit gewährt die Verfassung um der Wissenschaft, d.h. um des Erkenntnisgewinns willen. Erkenntnis- gewinn ist und bleibt, wie gesagt, allein Sache der Wissenschaftler. Des- halb muss das Individualgrundrecht auch an Universitäten immer den Primat behalten. 466 Aussprache

Lorz: Die beiden Referenten haben uns die Generaltendenz bestätigt, die wir eigentlich während der ganzen zwei Tage auch bei den anderen Themen gesehen haben, nämlich: das Wettbewerbsparadigma bringt ein paar interessante Aufschlüsse, die man andernfalls vielleicht nicht gewinnen würde oder auf anderen Wegen gewinnen müsste, aber es hat eben, und dafür sind die Universitäten nur ein besonderes Beispiel, zugleich ganz deutliche immanente Grenzen. Wenn ich das mit der Schlussfeststellung des zweiten Referats von Herrn Bumke kombiniere, dass die Wissenschaftsfreiheit als Grundrecht an dieser Stelle relativ wenige Grenzen explizit zum Ausdruck bringt – was ein bisschen trau- rig stimmt, aber ich bin überzeugt, das wird noch Gegenstand weiterer Wortmeldungen sein –, dann möchte ich die Frage stellen: Wie kann man diese Botschaft von den immanenten Grenzen des Wettbewerbs in die Politik transportieren? Wie kann man – wenn ich damit an meinen Vorredner anknüpfen darf – diese unsichtbare Hand sichtbar machen, auch für die Entscheidungsträger, die beispielsweise Entscheidungen über Budgetallokationen treffen? Diejenigen, die mich in diesem Kreis etwas näher kennen, wissen, dass mich diese Aufgabe in den letzten Jahren persönlich sehr beschäftigt hat, und ich sehe hier tatsächlich einen Weg, den Wettbewerbsgedanken und die dahinterstehende, im Kern ökonomische Methodik fruchtbar zu machen: nicht indem man sie verdammt, weil sie nicht das erfüllt, was viele von ihr erwarten – ers- tens hätte sie das so nicht verdient, zweitens kämen wir damit sowieso nicht durch, denn man muss einfach sagen, der Charme scheinbarer Effizienzkriterien und die magische Kraft von Kennzahlen sind zu ver- führerisch, als dass man dem in der politischen Diskussion wirklich etwas entgegensetzen könnte. Aber ich meine, es gibt einen Weg, die ökonomische Methodik im Sinne einer differenzierteren Argumentation zugunsten der Idee der deutschen Universität fruchtbar zu machen, den wir bislang noch zu wenig beschreiten. Ich möchte das – wobei ich weiß, dass Beispiele immer ein kritischer Punkt sind, und ich lade Sie alle herzlich ein, andere zu suchen – an zwei Beispielen illustrieren. Das erste Beispiel habe ich heute der Presse entnommen. Es ist auch schon einmal angesprochen worden. In allen österreichischen Zeitun- gen, die ich heute gesehen habe, war die Titelschlagzeile: „Die öster- reichischen Unis sind ganz fürchterlich auf dem absteigenden Ast“. Warum? Weil – die österreichischen Kollegen mögen mir das verzeihen, ich zitiere ja nur die Zeitungen mit allen dazugehörigen Vorbehalten – in irgendeinem Hochschulranking, dessen Namen ich mir gar nicht ge- merkt habe, die österreichischen Universitäten abgerutscht sind. Aber es ist den Universitäten, genauer gesagt dem Rektor der Universität Wien, an dieser Stelle gelungen, diese eigentlich negative Mitteilung in Universitäten im Wettbewerb 467 der Öffentlichkeit direkt mit einer anderen Botschaft zu koppeln: indem er nämlich gleich darauf hingewiesen hat, das liege nicht an den For- schungsleistungen und nicht an der Bewertung im peer review, sondern ausschließlich an den katastrophal schlechten Betreuungsrelationen, an den mangelnden Aufnahmeverfahren, an dem Verbot von Studien- beiträgen und überhaupt daran, dass die Universitäten zu wenig Geld hätten. Das stand dann direkt hintereinander in demselben Zeitungs- artikel – und das ist für mich ein Beispiel für eine gelungene Kommu- nikationsstrategie unter Ausnutzung der vorgegebenen ökonomisch orientierten Analysemethoden. Das zweite Beispiel spreche ich nur ganz kurz an, weil ich die Ampel schon auf Gelb sehe. Zur Hochschulorganisation. Was spricht eigent- lich dagegen – wenn wir schon am Evaluieren sind –, auch die „Gegen- seite“ zu evaluieren, d.h. gerade wenn sich alle Kompetenzen bei der Hochschulleitung konzentrieren, Kriterien für eine „good governance“ von Hochschulleitungen zu entwickeln? Das wäre nicht nur eine wis- senschaftliche Herausforderung, sondern ich glaube, die Politik und auch die Hochschulräte wären sogar sehr dankbar, wenn sie so etwas an die Hand bekämen.

P. Kirchhof: Mich beschäftigt die Frage, in wie weit der Wissenschaftler vom freien zum gesteuerten Menschen wird, dadurch fundamental an Freiheit verliert. Der Staat wechselt vom Handlungsinstrumentarium des Rechts und steuert den Menschen durch die Macht des Geldes. Er belastet den Wissenschaftler mit Zielvereinbarungen, Bewilligungs- auflagen, Exzellenzbedingungen und fordert Bindungen, die er in der Rationalität eines Gesetzestextes so nie formulieren würde. Er verlangt als Bedingung einer Geldzuwendung, dass der Wissenschaftler das Thema seines Forschens ändert, die Ergebnisse seiner Forschung nur nach Zustimmung eines Unternehmens publiziert, dem an Geschäfts- geheimnissen gelegen ist, dass er mit einem Professor aus einer Region zusammenarbeitet, in dem es keinen Professor des benötigten Faches gibt, dass er sich verpflichtet, seinen Mäzen niemals zu kritisieren. Diese Bedingungen betreffen den Kern des hochsensiblen Rechts der Wissenschaftsfreiheit. Können wir uns damit begnügen, dass der Staat allein durch den Wechsel des Handlungsmittels ein Stück Distanz zum Freiheitsberech- tigten überwindet, ihm seine Freiheit fast unmerklich „abkauft“, weil der Freiheitsberechtigte die Finanzzuweisung wünscht, er ein etwa ent- gegenstehendes wissenschaftliches Motiv zurückstellt, sich vermeint- lich freiwillig dem goldenen Zügel unterwirft? Im Organisationsrecht kennen wird das Konnexitätsprinzip, das dem Bund untersagt, im Län- 468 Aussprache derbereich durch Finanzierung und Finanzauflagen mitzuregieren. Ent- scheiden soll nicht derjenige, der über die Macht des Geldes verfügt, sondern allein derjenige, dem die Sachkompetenz zusteht. Das Geld folgt dem Recht und nicht umgekehrt. Brauchen wir auch in Grund- rechtsbereich eine Art materielles Konnexitätsprinzip? Eine weitere Frage möchte ich an Herrn Bumke richten, der die These diskutiert, die Universität sei ein Unternehmen. Wir haben in Baden-Württemberg ein Gesetz, das von Aufsichtsrat und Vorstand spricht, den Universitätsrat und den Rektor allenfalls zulässt. Wir müs- sen hier mit aller Gewalt für das Konzept einer Universität und gegen das einer Aktiengesellschaft kämpfen. Der Wissenschaftler dient nicht dem Shareholder value, also der Mehrung des Vermögens des Kapital- gebers – des Landes. Wir haben als Vorstand nicht einen Manager, son- dern einen Rektor, der aus dem Kreis der Hochschullehrer gewählt worden ist und in diesen zurückkehrt, also einen sehr persönlichen Be- zug zu Forschung und Lehre bewahrt. Unser Maßstab ist nicht der öko- nomische Erfolg, sondern die Suche nach Wahrheit in Forschung und Lehre. Und zur Besetzung des Hochschulrats stellt sich die Frage, ob Forschung und Lehre nicht die Mehrheit, also eine Stimme mehr als die Hälfte beanspruchen muss, um die forschungserheblichen Entschei- dungen in den Dienst der Grundrechtsträger zu stellen.

Engel: Wir kommen nun zu zwei Beiträgen, die sich mit der Idee der Universität beschäftigen möchten.

R. Hofmann: Zunächst eine Vorbemerkung. Was mir bei beiden Refe- raten etwas gefehlt hat, war das Eingehen auf den internationalen Wett- bewerb. Es gab immer Referenzen zu rankings und den Problemen, die wir damit haben, dass wir mit amerikanischen oder sonstigen Univer- sitäten verglichen werden, ohne die unterschiedlichen Betreuungsrela- tionen zu berücksichtigen, und wie man damit umgehen könnte. Zum Teil kam dieser Punkt in der These 15 von Herrn Geis und auch in den dazugehörigen Ausführungen vor, aber insgesamt fand ich, ist die- ser Problemkreis in beiden Referaten nicht sehr prominent behandelt worden. Der Hauptpunkt allerdings, den ich ansprechen wollte, ist die Idee der deutschen Universität. Zum Glück, möchte ich sagen, ist das Ad- jektiv „deutsch“ nur in der Überschrift vorgekommen. Im restlichen Teil der Thesen von Herrn Bumke wird dann allgemein nur von der Universität gesprochen. Ich finde es etwas schwierig in der Zeit, in der wir leben, zu versuchen, eine Sonderidentität der deutschen Universität zu formulieren. Möglicherweise ist das auch nur ein Missverständnis. Universitäten im Wettbewerb 469

Womit ich aber wirklich Schwierigkeiten habe, ist der Punkt, dass als eines der vier Elemente der Universitätsidee etwas angesprochen wird, was auch Frau Baer schon nannte, nämlich den Charakter eines „be- dachtsam zögerlichen Widerlagers“. Ehrlich gesagt, aber vielleicht ist auch das ein Missverständnis, enttäuscht mich das. Ich hatte ge- dacht oder gehofft, dass wir uns verstehen als Repräsentanten eher der Avantgarde, des Innovativen, des Proaktiven, dass wir diejenigen sein wollen, die den Zeitgeist prägen und uns nicht verstehen als Wider- lager zum Zeitgeist und schon gar nicht als ein bedachtsam zögerliches Widerlager. Hier würde ich gerne einfach wissen, ob ich das richtig ver- standen habe – es würde jedenfalls nicht meinem Verständnis von Uni- versität entsprechen; sei sie nun deutsch oder europäisch oder weltweit.

Huber: Ich kann direkt daran anschließen. Obwohl ich grundrechtstheo- retisch näher bei Herrn Geis bin, hat Herr Bumke uns jedenfalls deutlich gemacht, dass in der Praxis weder Art. 5 Abs. 3 GG noch, wie wir in Bayern vergangenes Jahr leidvoll erfahren haben, die landesverfassungs- rechtlichen Selbstverwaltungsgarantien allzu viel für eine wissenschafts- adäquate Organisation der Hochschulen hergeben. Dennoch habe ich Probleme mit dem etwas defaitistischen Duktus, der – so schön sie wa- ren – beiden Referaten zugrunde liegt. Das Problem ist doch, dass die Leitidee der Universität, von der Herr Bumke gesprochen hat, der Öf- fentlichkeit nicht (mehr) vermittelt werden kann. Man kann dem wie der soeben erwähnte Rektor in Wien mit einem Kommunikationstrick zu be- gegnen versuchen; letztlich bleibt es jedoch dabei, dass es ein ernsthaftes Interesse an einer langfristigen Perspektive für Universität und Wissen- schaft – allen Sonntagsreden und Exzellenz-Initiativen zum Trotz – nicht gibt und dass es in der Öffentlichkeit auch keine nennenswerte Unter- stützung dafür gibt. Die Frage ist: Wie kann man das ändern? Vielleicht müssen wir uns stärker darauf besinnen, was Aufgabe und Funktion der Universität ist. Natürlich ist sie auch eine Einrichtung des tertiären Aus- bildungssektors; aber vor allem und in erster Linie ist sie eine Institution der Kultur, die die Aufgabe hat, das Wissen der Gesellschaft zu bewah- ren, neues Wissen zu schaffen und insoweit Avantgarde zu sein, und bei- des an die künftigen Generationen weiter zu geben. Das, glaube ich, muss man intensiver und proaktiver in die Öffentlichkeit tragen, dafür muss man werben. Wir müssen aufhören, wie ängstliche Mäuse auf die Zeitläufe zu starren, sondern müssen versuchen, offensiv mit diesen He- rausforderungen umzugehen. Was folgt daraus konkret? Natürlich, Max Geis hat uns so einiges aufgelistet, was auch meines Erachtens nicht geht. Nach der Auffassung von Herrn Bumke geht etwas mehr, aber selbst dann bleibt die Frage, in welche Richtung sich die Universität entwickeln 470 Aussprache soll. Ein Problem, wenn man deutsche mit amerikanischen Universitäten vergleicht, ist unsere Abhängigkeit vom Staat. Aber der Staat hat kein Geld und er wird in Zukunft noch viel weniger Geld haben, als das heute der Fall ist. Also muss die Devise doch sein, dass wir möglichst unab- hängig von staatlicher Finanzierung werden. Die LMU München etwa generiert – aus welchen Gründen auch immer – bereits etwa 50 % ihrer Einnahmen außerhalb des staatlichen Budgets. Und in dem Maße, in dem das gelingt, durch unternehmerische Betätigungen etwa, werden wir auch aus der Defensive und aus dieser Lähmung herauskommen. Eine andere Frage ist, wie man als Alternative zu den gesetzgeberischen An- leihen im Aktienrecht innovative Ideen für die Hochschulorganisation entwickeln kann, die die Idee der Selbstverwaltung in ihrer traditionellen, freiheitsfördernden Ausrichtung mit Effizienzaspekten kombinieren. Ei- ner meiner Lieblingsvorschläge ist z.B. die Einrichtung eines hauptamt- lichen Managers in der Fakultät und auf Universitätsebene, der dem Fa- kultätsrat bzw. dem Senat rechenschaftspflichtig ist, von ihm eingestellt wird und von ihm entlassen werden kann. Dieser Manager kann ruhig mehr verdienen als ein W3- oder ein C4-Professor. Etwas mehr Mut würde ich uns allen wünschen.

Engel: Nun habe ich einen etwas größeren Block von Beiträgen, die sich mit der verfassungsrechtlichen Verortung von Universität und Wis- senschaft beschäftigen möchten.

Schoch: Eigentlich wollte ich zu einem anderen Punkt ebenfalls noch etwas sagen. Das werde ich auch tun. Gestatten Sie aber zwei Vorbe- merkungen. Erste Vorbemerkung: Wir sind hier in einer Veranstaltung der Ver- einigung der Deutschen Staatsrechtslehrer – davon möchte ich jeden- falls ausgehen – und nicht in einer Veranstaltung des Deutschen Hoch- schulverbandes. Das eine ist eine wissenschaftliche Vereinigung, das andere ein Interessenverband, der legitime Interessen wahrnimmt. Zweite Vorbemerkung: Sie gestatten, dass ich persönliche Erfahrungen der letzten gut zehn Jahre nicht einfach „abstreifen“ kann. Über vier Jahre habe ich in einem Gremium des Wissenschaftsrates zehn Hoch- schulen begehen und mitevaluieren dürfen, vor allen Dingen die so ge- nannten Geisteswissenschaften; hinzu kommen acht Jahre Arbeit für die DFG und etliche andere vergleichbare Funktionen. Dies erwähne ich, damit Sie den Hintergrund meiner folgenden Ausführungen etwas besser verstehen werden. Zum ersten Punkt: Viele der Detailbeispiele, die in den Referaten ge- bracht worden sind, können wir aus eigener Erfahrung „unterschrei- Universitäten im Wettbewerb 471 ben“, das ist keine Frage. Ist es aber der richtige Zugriff auf die The- matik, wenn hier „Untergangsszenarien“ beschworen werden? Ist es zutreffend, wenn die Erosion der Wissenschaftsfreiheit inszeniert wird? Oder ist dies nicht – Herr Huber hat es bereits angedeutet – eine De- fensivhaltung, die uns keinen Schritt weiter bringt? Was ich völlig ver- misst habe, ist Selbstkritik. Nach wie vor sind wir, d.h. die Universitä- ten, überwiegend durch Steuergelder finanziert. Gibt es Freiheit – ich konzentriere mich auf die Forschungsfreiheit und die Lehrfreiheit – ohne Verantwortung? Wollen wir in einen „Privilegienbereich“ abrut- schen? Wir müssen unsere mit Steuern finanzierte Ausstattung doch verantworten. Schauen wir uns die Ausstattung deutscher – aber auch österreichischer und schweizerischer – Hochschullehrer an und ver- gleichen diese nicht mit irgendwelchen Staaten, sondern mit der Aus- stattung der Kollegen in Frankreich, in England, in den USA. Schauen wir doch einmal auf unsere Arbeitsbedingungen, also auf die perso- nelle, sachliche etc. Ausstattung! Beim besten Willen kann ich nicht er- kennen, dass die Forschungsfreiheit in Deutschland individuell und/ oder institutionell ernsthaft gefährdet ist. Selbstverständlich gibt es eine Reihe kritikwürdiger Einzelpunkte, die auch genannt wurden. Aber im Kern kann doch von einer Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit keine Rede sein. Hier ist ein Gemälde gezeichnet worden, das ich in der Wirklichkeit so nicht erkennen kann. Zum Thema „Lehrfreiheit“, das im zweiten Referat eine gewisse Rolle gespielt hat, sollten wir, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nur einmal die so genannten Geisteswissen- schaften betrachten und aufhören, Dinge zu beschönigen. Wie sehen denn dort die Ausbildungsverhältnisse teilweise aus? Wie lange bleiben Prüfungsarbeiten mitunter liegen? Wie steht es um die Objektivität von Prüfungen? Wie sieht es mit der Studiendauer aus? Dort herrschen doch – verzeihen Sie – zum Teil „verrottete“ Zustände. Die DFG ist mittlerweile dazu übergegangen, bei Graduiertenkollegs für die Bericht- erstattung durch Erst- und Zweitgutachten zu Doktorarbeiten einen klaren Zeitrahmen vorzugeben. Ist die Lehrfreiheit ernsthaft bedroht? Mein Appell an uns lautet: etwas mehr Selbstkritik! Das Thema ver- führt zweifellos dazu, pro domo zu sprechen; dennoch ist etwas weni- ger Selbstgerechtigkeit im raschen Urteilen über politische Entschei- dungen angesagt. Wenn der Kern der Dinge klar benannt wird, können Entwicklungen, die am Rande „ausfransen“, mit Fug und Recht kritisiert werden. Zum zweiten Punkt: Es geht um die relative Unergiebigkeit des Ver- fassungsrechts in unserem Zusammenhang. Im zweiten Referat wur- den, wie Thesen 18ff. zeigen, verdienstvolle Bemühungen unternom- men, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG etwas abzugewinnen. Meine These lautet, 472 Aussprache dass das Bundesverfassungsgericht darüber entscheidet, was die Wis- senschaftsfreiheit institutionell wert ist. Zur Illustration greife ich drei große Autonomiebereiche heraus: Universitäten, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, kommunale Selbstverwaltung. Im Universitätsbe- reich ist die Freiheit in institutioneller Hinsicht bezüglich ihrer Reich- weite offen. Bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist die Freiheit ausgebaut bis zur Förderung der Selbstbedienungsmentalität in den Rundfunkanstalten, der Aspekt der Ausgaben spielt offenbar kaum eine Rolle. Im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung hat das Ge- richt unlängst mit der eigenen Rechtsprechungstradition gebrochen. Legen wir in Art. 5 Abs. 3 GG nicht mehr hinein, als darin steht. Letzt- lich geht es um eine Zuschreibung durch das Bundesverfassungsge- richt.

Scherzberg: Meine Frage bezieht sich auf die verfassungsrechtlichen Maßstäbe. Im Gegensatz zu Herrn Schoch würde ich Herrn Bumke dazu motivieren wollen, diese etwas zu schärfen. Wir können uns ver- mutlich alle darauf einigen, dass der vom Staat zwischen den und in- nerhalb der Universitäten veranstaltete Wettbewerb dem Maßstab der Wissenschaftsadäquanz unterliegen sollte. Mein Wunsch an die Refe- renten wäre, diesen Maßstab etwas stärker zu konkretisieren. Er recht- fertigt sich meiner Meinung nach schon aus dem haushaltsrechtlichen Effizienzgebot, denn die für die Wissenschaft ausgegebenen Mittel er- füllen ihren Zweck nur, wenn sie wissenschaftsadäquat ausgegeben werden, und aus den grundrechtlichen Umhegungspflichten des Art. 5 Abs. 3 GG. Aber was bedeutet eine wissenschaftsadäquate Veranstal- tung von Wettbewerb zwischen Hochschulen? Dabei kann es durchaus zu einem Weiterdenken der Idee von Universität im Sinne von Herrn Huber und Herrn Schoch kommen, wobei allerdings zuvor geklärt wer- den müsste, und das wäre meine Frage an Herrn Bumke, wieweit eine bestimmte Idee der Universität nun verfassungsrechtlich verankert und verfestigt ist. In Ihrer These 29 haben Sie eine Verankerung verneint, in These 22 aber tendenziell bejaht. Mein Beispiel, an dem Sie den Maßstab der Wissenschaftsadäquanz konkretisierten könnten, wäre die von Herrn Geis gegeißelte und von Herrn Bumke geduldete Quantifizierung als Maßstab der Leistungsbe- messung an Universitäten, auch an Forschungsverbünden innerhalb der Universitäten und des einzelnen Wissenschaftlers. In Thüringen gibt es die sogenannte leistungs- und belastungsorientierte Mittelver- gabe, genannt LUBOM. Sie hat zum Inhalt, dass der Gesamthaushalt der Universitäten vom Land derzeit zu 30 % und bis 2011 zu 45 % nach indikatorbezogenen, rein quantitativen Kriterien bemessen wird. Maß- Universitäten im Wettbewerb 473 geblich sind dabei vor allem die Zahl der Absolventen, die Zahl der Doktoranden und die Höhe der eingeworbenen Drittmittel. Durch die Bindung an derartige Indikatoren entfällt nicht nur jede Planungssicher- heit der Hochschulleitungen, es wird auch eine aus meiner Sicht kata- strophale Anreizwirkung erzeugt: 10 gerade eben mit rite oder cum laude bewertete Dissertationen wiegen zehnmal mehr als eine sehr gut bewertete, obwohl die Arbeitsleistung, die man als Hochschullehrer dort investiert, vielleicht die gleiche ist und nur die eine sehr gute Arbeit die Wissenschaft wirklich weiter bringt. Ein zweiter Anreiz geht dahin, möglichst Forschung mit hohen Kosten zu initiieren. Ich frage mich, ist das wissenschaftsadäquat? Und wenn Sie, wie meine Fragestellung insinuiert, diese Frage verneinen, was folgt daraus für solch ein Finan- zierungssystem?

Gärditz: Herr Geis, Sie haben – wie ich finde – sehr eindrucksvoll nach- gezeichnet, wie die wettbewerbsorientiertere Form der Hochschulorga- nisation mit den hehren Zielen von mehr Autonomie, mehr Freiheit gestartet und in formalisierten Leistungsindikatoren, im Traum von der grenzenlosen Arithmetisierbarkeit gesellschaftlich nützlicher Leistun- gen, die die Hochschule zu erbringen hat, und in der Hierarchisierung der Hochschulstrukturen gelandet ist. Dies ist doch bemerkenswert, weil hier Wettbewerb, den wir sonst eher unter freiheitlichen Vorzei- chen diskutiert haben, auf einmal zu einem Grundrechtsproblem wird. Warum ist das so? Auch das, finde ich, wurde von Ihnen, Herr Geis, völlig zu Recht unterstrichen: Weil sich nämlich Probleme, die wir im Außenverhältnis der verschiedenen Universitäten bzw. der verschiede- nen Forschungsinteressierten untereinander haben, durch die genann- ten Reformen zunehmend in den Innenbereich der Hochschulorganisa- tion hineinverlagert haben. D. h. wir sind jetzt auf einmal mit neuen internen Antagonismen und Konflikten konfrontiert, die wir grund- rechtsdogmatisch so richtig bislang noch nicht bewältigt haben. Dies sind also offenbar Herausforderungen in der Hochschulorganisation, die wir auf Grund der Sonderstellung der Universität als staatlich finan- zierte bzw. als staatliche Institution mit dem Ziel, grundrechtliche Frei- heitsausübung zu ermöglichen, nicht ganz in den Griff bekommen haben. Ich denke, wir müssen diese grundrechtsdogmatischen Fragen – und das wäre dann möglicherweise im Kontrast zu Herrn Bumke und Herrn Schoch – sehr ernst nehmen und uns doch stärker darum bemü- hen, auch noch an dem grundrechtlichen Maßstab zu feilen. Was könnte man dort tun? Die Rechtsprechung hat Antworten hierauf bislang verweigert, im Gegenteil, sich im Grunde genommen aus der Kontrolle der Hochschulorganisation stark zurückgezogen. Zu- 474 Aussprache nächst mal ein erster Aspekt: das Landesverfassungsrecht. Dieses hat hier bislang keine zentrale Rolle gespielt. Dort finden sich natürlich in- stitutionelle Gewährleistungen der Selbstverwaltung, die möglicher- weise auch Aussagen für die Binnenorganisation enthalten und damit gegen eine wettbewerbsorientierte Umstrukturierung angeführt werden könnten. Zweiter Punkt: Wir müssen uns darum bemühen, Legitima- tionsstrukturen stärker auszudifferenzieren. Legitimationsstrukturen sind aber naturgemäß nicht mit der abwehrrechtlichen Dimension alleine zu bekommen, sondern da brauchen wir objektiv-institutionelle Gehalte. Dritter Punkt: Wir brauchen – und darauf hat Herr Geis auch zu Recht hingewiesen – eine Art Mehrebenensystem für Grundrechts- bindungen und Grundrechtsverpflichtungen innerhalb der Binnenorga- nisation, denn Freiheit der Hochschule ist in der Tat nicht zwangsläufig auch Freiheit der einzelnen Akteure. Zu guter Letzt eine Frage an Herrn Bumke. Sie haben mit Recht auch auf den Wettbewerb um außeruniversitäre Forschungsförderung aufmerksam gemacht. Dieser findet bislang weitgehend in einem insti- tutionell wenig umhegten und parlamentarisch nicht verantworteten Bereich statt. Wie sieht es hier mit dem Vorbehalt des Gesetzes aus, etwa für die Tätigkeit der DFG?

Oeter: Ich möchte auch noch einmal die Legitimationsfrage aufgreifen, allerdings unter einem anderen Blickwinkel, der anknüpft an das, was Sie, Herr Bumke, in Ihren Bemerkungen zur Hochschulorganisation im Grunde implizit sehr ausführlich thematisiert haben und was Herr Kirchhof vorhin noch einmal in seinen Bemerkungen zur Zusammen- setzung der Hochschulräte aufgegriffen hat. Ich möchte die Anmerkun- gen zur Legitimationsfrage aber beziehen auf die Diskussion, die wir heute Vormittag geführt haben über die Fragen der ministeriellen Wei- sung, der Weisungsfreiheit, der Entscheidung von Regulierungsagentu- ren. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage der Legitimation von Leitungshandeln in Hochschulen – Leitungshandeln, das zentral aus Entscheidungen über die Allokation von öffentlichen Mitteln in einem grundrechtsgeprägten Bereich und über grundrechtssensible Personalauswahlentscheidungen besteht, also prinzipiell legitimations- bedürftig ist. Dieses Leitungshandeln in Hochschulen ist prinzipiell weisungsfrei gegenüber den Ministerialverwaltungen gestellt. Traditio- nell hat man diese Fallkonstellationen weisungsfreien Handelns legiti- miert über Kategorien der funktionalen Selbstverwaltung. Da stellt sich aber im Kontext der neueren Entwicklungen ein Problem. Wir haben heute Nachmittag gedanklich zu vermessen versucht, wo die Grenzen dieses Modells der funktionalen Selbstverwaltung liegen. Kann man Universitäten im Wettbewerb 475 noch von funktionaler Selbstverwaltung sprechen bei paritätischer Zu- sammensetzung der Hochschulräte, vielleicht sogar jenseits der Parität, also bei mehr externen Mitgliedern als Vertretern der Hochschule? Die Frage, die sich mir in diesem Kontext stellt, ist folgende: wenn der Ge- setzgeber über diese Grenzen hinausgeht, habe ich dann Modelle, die überhaupt nicht mehr legitimierbar sind? Der Gesetzgeber ist ja in ein- zelnen Ländern zweifellos über die skizzierten Grenzlinien hinaus ge- gangen, so haben wir etwa in einer Reihe von Ländern Leitungsmodelle mit in der Mehrheit extern besetzten Hochschulräten, und in der Folge Präsidien, die von diesen Hochschulräten primär bestimmt werden. Sind diese Leitungsgremien dann nicht mehr legitimiert im Sinne der tradierten Kriterien demokratischer Legitimation, befindet man sich also jenseits der Grenzen der Legitimation? Dies ist für mich eine of- fene Frage, die dringend der Klärung bedarf. Wenn Sie mir das folgende Gedankenspiel als Schlussbemerkung, im Grunde als eine Art gedankliche Exploration erlauben: Kann man nicht in diesem Kontext doch darüber nachdenken, ein verselbständigtes Modell der Expertenlegitimation zu konstruieren, also über ein Modell des in einem hoch komplexen Verwaltungsverfahren verselbständigten Expertensachverstands? Damit wären wir in einer Konstruktion ähn- lich des Modells organisatorisch verselbständigter Regulierungsagen- turen – Hochschulpräsidium und Hochschulrat als (das klingt jetzt vielleicht absurd) Regulierungsagentur für Forschungs- und Lehrwett- bewerb. Intuitiv einleuchtend mag das vor dem Hintergrund klassi- scher Legitimationstheorien nicht sein, aber zumindest exploratorisch könnte man darüber vielleicht doch nachdenken. Ob das im Ergebnis wirklich trägt, weiß ich nicht. Wenn es nicht trägt, dann hat jedenfalls der Gesetzgeber in bestimmten Bereichen ein Problem mit den Kon- struktionen, die er gewählt hat.

Sachs: Ich möchte ein paar Bemerkungen zur Verletzung individueller Grundrechte einzelner Forscher machen, insbesondere zunächst zu These 34 von Herrn Geis und dann auch zu These 26 von Herrn Bumke. Bei Herrn Geis bin ich zunächst voll einverstanden mit dem zweiten Satz seiner These, wo es darum geht, dass durch die Einwir- kung auf die persönliche Lebensgestaltung – damit sind ja wohl gemeint die Dienstbezüge, die mehr oder weniger hohen Zulagen – ein Grund- rechtseingriff zu Lasten der Wissenschaftsfreiheit möglich ist. Ich bin auch einverstanden, wenn er diese Eingriffe auch dann für möglich hält, wenn es um Vorteilsgewährung geht, wobei es dann wohl um die versprochenen Vorteile gehen muss. Ich habe auch Paul Kirchhof so verstanden, dass er dem zustimmte, obwohl sich die Betroffenen natür- 476 Aussprache lich im Ergebnis nicht beklagen werden. Wenn sie auf dieses ihr Wis- senschaftsgrundrecht verzichten könnten, könnten wir vielleicht einen Grundrechtsverzicht annehmen. Doch ist das Grundrecht der Wissen- schaftsfreiheit für Hochschullehrer möglicherweise nicht disponibel, und wir müssten wohl auch die Freiwilligkeitsfrage näher untersuchen. Ein wenig Bedenken habe ich gegen die dogmatische Resignation im Übrigen, wenn es darum geht, dass durch die Vorenthaltung oder zusätz- liche Gewährung von Forschungsmitteln das wissenschaftliche Verhalten gesteuert wird; auch hier, meine ich, ist auch jenseits der Mindestausstat- tung keineswegs automatisch alles in Ordnung, was beide Referate aber wohl angenommen haben. Denn auch in diesem Bereich ist durch die Verheißung von Mehrausstattung oder durch die Drohung mit Minder- ausstattung natürlich ein Lenkungseffekt zu erzielen, den ich unterhalb und oberhalb der Mindestausstattung für gleich relevant halte, wenn damit Verhalten gesteuert werden kann. Auch wenn es keine originären Ausstattungsgarantien gibt, bleibt doch der Lenkungseffekt unabhängig davon bestehen. Zumindest muss man in diesem Bereich auch an den allgemeinen Gleichheitssatz denken, wobei wir ihn natürlich, weil die Wissenschafts- freiheit berührt wird, in einem strengeren Sinne verstehen müssen als nur als bloßes Willkürverbot, etwa im Sinne der neuen Formel. Die Wissenschaftsfreiheit wird hier tangiert, also müssen Differenzierungen sehr sensibel gehandhabt werden. Gleichheitsgerechte Differenzie- rungskriterien zu finden, ist aber schwierig, da wir ja dahin nur kom- men über die Bewertung der wissenschaftlichen Leistung Einzelner oder ihrer Anträge oder gar über die Bewertung der Leistung einer gan- zen Fachrichtung, mit der der Einzelne mit seinem individuellen wis- senschaftlichen Streben womöglich gar nichts zu tun hat. Insofern habe ich den Gleichheitssatz bei Herrn Bumke ja wieder gefunden; dabei war mir aber nicht ganz klar, wieso er einen Gleich- heitsverstoß ausschließen will, solange nur die Mindestausstattung unberührt bleibt; denn die Unterschiede zwischen denen, die nur die Mindestausstattung haben, und denen, die sehr viel mehr bekommen, bleiben ja auch dann bestehen. Der Fehler liegt wahrscheinlich in dem Rückgriff auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der meines Er- achtens im Rahmen der gleichheitsrechtlichen Vergleiche nichts verlo- ren hat. Die Frage muss sich vielmehr auf die geeigneten und zulässigen Vergleichsmaßstäbe richten. Damit habe ich ein Problem angespro- chen, das sich heute wahrscheinlich wirklich nicht lösen lassen wird. Die Vokabel heißt: Wissenschaftsadäquanz; aber viel mehr als diese Vokabel haben wir bislang nicht gehört. Universitäten im Wettbewerb 477

Engel: Zum Schluss habe ich noch zwei Beiträge zu ganz konkreten Fragen.

Luther: Ich wollte zunächst noch einmal bei der korrigierenden institu- tionellen Idee, wie Herr Bumke sie in den Leitsätzen 13ff. andeutet, nachfragen, wen und wie diese Idee korrigieren soll. Der Wettbewerb in Forschung und Lehre der Professoren produziert ja vielleicht nicht nur kollektive Güter, sondern auch individuelle Güter für das Studium und die Bildung der Studenten, jedenfalls soweit sie um individuelle För- derung rivalisieren. Es gibt vor allen Dingen zunächst einmal einen kulturellen Wettbewerb der Studenten, und es ist der wirtschaftlich verstärkte Druck in diesem Wettbewerb, den auch die Professoren zu spüren bekommen. Der Wettbewerb der Studenten kann wohl nur dann sinnvoll zur Verwirklichung des Universitätsideals führen, wenn auch ein wenig Wettbewerb der Professoren als kulturelles Vorbild hin- zutritt. Wenn beide Komponenten des Wettbewerbs Anteil an der Ge- meinwohlverantwortung der Universität haben, stellt sich nun aber die Frage, wie diese „geistige Erziehung“ erfolgen kann. Hierzu möchte ich auf Bologna hinweisen, nicht weil es für das umstrittene, zwiespältige europäische Reformprojekt steht, sondern eher weil es immer noch, jedenfalls in Italien, einen Mythos vielleicht unerreichbarer mittelalter- licher Exzellenz sowohl in der rechtswissenschaftlichen Forschung als auch in der Juristenausbildung darstellt. In Bologna, hiermit komme ich zur These 28 von Herrn Geis, hat man nun einen Verhaltens-Kodex (codice etico) für die Professoren geschaffen, wohl auch um Situationen des Wettbewerbsversagens zu korrigieren. Inspirierend mag das ameri- kanische Vorbild, speziell die Diskussion in Harvard über die academic duties gewirkt haben, aber vielleicht ist es auch nur ein romantischer Rückgriff auf die Idee einer Wertordnung. Vor allem Soziologen sind eher skeptisch, ob das etwas bringt. Ich hätte zunächst eigentlich nur eine rechtliche Frage. Wenn Sie von der Notwendigkeit einer rechts- satzmäßigen Verankerung sprechen, Herr Geis, welche Rechtsquelle würden Sie damit meinen? Brauchen wir hier auf jeden Fall ein Gesetz oder können wir auch hochschulautonome Rechtsetzung zulassen?

Ebsen: Zunächst möchte ich noch kurz Herrn Schoch antworten. Ich glaube, wir können weder als Individuen, noch als Diskussionsver- sammlung die Sachverhalte trennen, dass wir uns einerseits am heu- tigen Nachmittag wissenschaftlich mit einem Referenzgebiet des Ge- samtthemas unserer Tagung befassen und andererseits zugleich als auch Betroffene über die Bedingungen unserer eigenen Arbeit als Forscher und Lehrer sprechen. In letzterer Hinsicht sind wir auch Träger von 478 Aussprache

Interessen. Dessen sollten wir in unseren verfassungsrechtlichen Argu- mentationen insoweit bewusst bleiben, als wir deren eventuelle strate- gische Dimensionen nicht vergessen sollten. Nun denke ich allerdings, dass selbst dann, wenn man hinsichtlich der Möglichkeiten, aus der in- stitutionellen Dimension der Wissenschaftsfreiheit konkrete Leitlinien zu gewinnen, etwas optimistischer als Herr Bumke wäre, viele der in der bisherigen Diskussion beklagten Punkte verfassungsrechtlich kaum angreifbar sind. Gestatten Sie mir nur zwei Beispiele. In einer Universität, die in den internationalen Rankings übrigens ordentlich platziert ist, gibt es das Verfahren, regelmäßig die Ausstattungen von Fakultäten oder Instituten zu senken, um dann die gewonnenen Ressourcen nach vorgegebenen Erfolgskriterien dahin zu geben, wo man meint, dass sie am effizientes- ten eingesetzt sind. Das kann bei den „Verlierern“ über die Jahre zu ganz erheblichen Ausstattungsausdünnungen führen. Wollte wirklich jemand dagegen verfassungsrechtlich argumentieren? Ein zweites Bei- spiel: An vielen Universitäten gibt es Leitlinien für die Vergabe leis- tungsbezogener Gehaltsanteile bis hin zur unmittelbaren Anknüpfung an Erfolge bei der Einwerbung besonders respektabler Drittmittel. Auch hier wieder: Das mag man wissenschaftspolitisch als Fehlsteue- rung angreifen, aber doch nicht ernsthaft verfassungsrechtlich. All diese Dinge sind den Universitäten ja zumeist nicht von außen aufge- zwungen worden. Sie werden in Selbstverwaltung gemacht, und zwar regelmäßig nicht durch ein Präsidium oder ein Rektorat allein, sondern mit Zustimmung eines Senates. Wir dürfen – und damit komme ich jetzt zur Situation der Juristen in diesem Wissenschaftsbetrieb – nicht vergessen, dass vieles von dem, was heute Nachmittag mit guten Gründen kritisiert worden ist, in an- deren Fächern als Jura auf Akzeptanz stößt. Wir dürften ein Gefälle der Zustimmung zu quantitativen Formen der Leistungsmessung haben, die von den Ingenieurwissenschaften über die harten Naturwissen- schaften und die Lebenswissenschaften zu den Geisteswissenschaften abnimmt. Und zu den kritischsten gehören wahrscheinlich die Juristen. Das ist nicht unehrenhaft, ist aber auch dem Verdacht des Selbstschut- zes ausgesetzt. Jedenfalls aber dürfte die Haltung einer klagenden Kas- sandra nicht viel helfen. Die Kassandra wird nicht gehört. Vielmehr muss ein Fach, welches mit mancherlei Recht gegenwärtig in Mode befindliche Formen der Leistungsmessung beklagt, selber – und hier bin ich bei Herrn Hofmanns Rede von „proaktiv“ – bessere und auch einigermaßen praktikable Leistungsvergleiche hervorbringen. Wer das nicht tut – und da gibt es noch viele Möglichkeiten wie zum Beispiel die Mitwirkung an in vielen anderen Fächern selbstverständlichen einiger- Universitäten im Wettbewerb 479 maßen „hierarchiefernen“ Instrumenten der Qualitätsprüfung bei Pu- blikationen – nimmt der eigenen auch berechtigten Kritik die Chance der Glaubwürdigkeit.

Engel: Damit endet eine engagierte Diskussion. Das Schlusswort ge- bührt den Referenten.

Bumke: Haben Sie ganz herzlichen Dank für die vielen hilfreichen An- regungen und Überlegungen sowie Ihre Kritik. Ich möchte bei der Uni- versitätsidee beginnen: Wer soll auf sie zurückgreifen, wem soll sie zur Orientierung dienen? Wenn das Verfassungsrecht allein uns nicht aus- reichend hilft, die gegenwärtigen Herausforderungen an und mit den Universitäten zu lösen, dann brauchen wir eine Vorstellung von der Universität als einer bewahrenswerten Institution. Über diese Vorstel- lung muss debattiert werden, nur so lassen sich völlig unzureichende Konzeptionen, wie die der Universität als Unternehmen, zurückweisen und gemeinsame Grundgedanken herausarbeiten. Vielleicht gefällt einem die Idee, so wie ich sie skizziert habe, nicht. Ich finde, sie bildet ganz gut das ab, was die Universität unter den heutigen Bedingungen bedeuten kann. Um in der öffentlichen Meinung Fuß zu fassen, wird man die Idee noch ein bisschen „sexier“ gestalten müssen. Wichtig scheint mir nur zu sein, dass man sich nicht auf einen Topos, wie etwa das Wissen, beschränkt, sondern gerade die charakteristische Mehr- dimensionalität betont. Letztlich wendet sich die Universitätsidee also an alle; sie wendet sich ebenso an die Politik wie an uns selbst, die wir die Universität entscheidend ausmachen. Sie wendet sich an die Hoch- schulleitung, die Abstand nehmen soll von Unternehmensleitbildern und sich erinnern soll, worum es bei der Institution der Universität geht oder gehen kann. Ob die Idee allein ausreicht, das wird eben die Kraft der Idee beweisen müssen, aber sicherlich kommen wir ohne diese Vorstellung nicht aus. Das Attribut „deutsch“ habe ich nur aus Bescheidenheit gewählt. Mir fiel es schwer zu sagen, wie die Idee der Universität auf dieser Welt ist. Deshalb habe ich mich auf den Bereich beschränkt, den ich einigerma- ßen überschaue. Daraus erklärt sich die scheinbar nationale Ausrich- tung. Ich will nicht die deutsche Idee in die Welt tragen, sondern ein Angebot unterbreiten, das, wenn es sich als überzeugend erweist, auch von anderer Seite aufgegriffen werden kann. Auch der Begriff des „Widerlagers“ wurde kritisiert. Sicherlich wol- len wir an der Universität stets die Speerspitze der Entwicklung sein. Die Frage ist nur, wo ist die Spitze? Da wir dies nicht wissen, sollte die Universität auch Bedachtsames in den gesellschaftlichen Diskurs ein- 480 Aussprache bringen und damit ihre Aufgabe als eine Stätte gesellschaftlicher Selbst- beobachtung erfüllen. Offen geblieben ist bei alldem, was eine Universität eigentlich ist. Wir sprechen so, als ob diese Institution etwas sehr Klares ist. Das ist sie aber nicht. Immer wieder werden irgendwelche Einrichtungen zu Universitäten erkoren. Die Universitätsidee erlaubt es zwar, solche Ein- richtungen auf einen bestimmten Geist zu verpflichten, doch bleibt die Vorfrage unbeantwortet, wo fängt das an, was wir als Universität auf- fassen wollen? Fächervielfalt – in einem umfassenden Sinne kann dies nicht gemeint sein, dafür gibt es zu viele Fächer. Von der Universitäts- idee her betrachtet, ist die Verbindung zwischen Natur- und Kulturwis- senschaften von entscheidener Bedeutung, da nur so ein transdiszipli- näres Gespräch möglich wird. Doch ist damit erst ein kleiner Teil der konstitutiven Elemente einer konkreten universitären Einrichtung be- stimmt. Ein wichtiges Kriterium auf der Ebene des Verfassungsrechts bildet das Kriterium „wissenschaftsadäquat“. Da sind wir alle dafür; die Frage ist nur, wie weit führt es? Meines Erachtens nicht sehr weit, weil man sonst sehr voraussetzungsvolle verfassungsrechtliche Annahmen auf- stellen muss, für die es schwer fällt, sie zu begründen. Deswegen muss man sich immer wieder fragen, wie lässt sich die Wissenschaftsadäquat- heit inhaltlich anreichern? Ich habe versucht, ein paar Punkte deutlich zu machen. Ansonsten muss man das Kriterium spezifizieren. Greift man zum Beispiel im Bereich von Evaluation nur auf Drittmittel und referierte Journale zurück, dann ist das aus meiner Sicht verfassungs- widrig und muss geändert werden. Aber ich glaube nicht, dass man mit Hilfe des Verfassungsrechts die unangenehmen Prozesse, in denen wir uns befinden, verlässlich steuern kann oder ihnen die Richtung geben könnte, die man gerne hätte. Ich glaube auch nicht, dass sich die Räder zurück drehen lassen, ohne in einer überforderten Verfassung zu enden. Noch ein konkreter Punkt: Warum wird Art. 3 GG obwohl einschlä- gig, doch nicht verletzt? Der Grund dafür ergibt sich aus der Existenz einer – von mir unterstellten – ausreichenden Grundfinanzierung. Dies bildet meines Erachtens einen ausreichenden angemessenen Sach- grund. Wenn ich einem Wissenschaftler oder einer Wissenschaftlerin ein oder zwei Mitarbeiter und vielleicht sogar eine halbe Sekretärin sowie eine größere Menge Geld jedes Jahr gebe, dann ist der Gesetz- geber meines Erachtens weitgehend frei, an wen er nach welchen Kri- terien weitere Mittel vergibt. Zumal sich jeder Einzelne überlegen kann, ob er sich diesen Kriterien unterwerfen will. Dass es einen Anreiz gibt, mehr Geld einzuwerben oder zu verdienen, finde ich menschlich, aber Universitäten im Wettbewerb 481 es erscheint mir verfassungsrechtlich nicht bedenklich zu sein. Aus meiner Sicht sind die verfassungsrechtlich gebotenen Mindeststandards nicht unterschritten. Meine Bemühungen gingen dahin, nicht zu stark von verfassungs- politischen Postulaten zu leben, sondern sich auf jene verfassungsrecht- lichen Gehalte zu beschränken, die sich mit einer gewissen Zuverlässig- keit aus dem Grundgesetz entwickeln lassen. Herzlichen Dank!

Geis: Ich möchte zunächst mit einem Vorspruch beginnen. Teilweise ist hier das Wort gefallen von Untergangsszenarien oder Defätismus. Das ist jetzt vielleicht etwas arg drastisch. Sicherlich habe ich keine Untergangsszenarien entfaltet oder entfalten wollen, sonst hätte ich nicht Friedrich Schiller zitiert, sondern gleich Oswald Spengler und hätte den Wettbewerb an Hochschulen mit dem Untergang des Abend- landes gleichgesetzt. Das habe ich aber nicht gemacht. Ich denke aber, das Aufzeigen von denjenigen Dingen, von denen ich meine, da sind Fehler im System und man kann darüber reden, wie sie zu beheben sind, das hat nichts mit Untergangsszenario zu tun, sondern das ist kon- struktive Kritik, die wir einfach als Anfangspunkt einer Diskussion set- zen sollten. Das war der Vorspruch. Im Übrigen darf ich einzeln chronologisch vorgehen – so schnell ging es jetzt nicht, alles thematisch zu bündeln – und werde dabei punktuell auf Ihre Argumente eingehen. Ich hoffe, dass ich nicht das ein oder andere sehr Wichtige vergesse. Frau Baer, in puncto peer review haben wir uns vielleicht ein bisschen missverstanden. Ich bin, das haben Sie vielleicht bemerkt, im Grunde ein Freund des peer review. Ich weiß um die methodischen Fehlsamkeiten, da gibt es alle möglichen, insbeson- dere Subjektivismen, Schulengläubigkeit usw. Ich denke aber, dass man das durch eine entsprechend geschickte und überlegte Zusammenset- zung der peer-review-Gruppe einigermaßen in den Griff bekommen kann. Das vermute ich zumindest aus eigener Erfahrung, weil ich daran auch schon oft teilgenommen habe. Ich habe dies im Falle der Exzel- lenzinitiative auch nicht als Gegeneinwand gebraucht. Bei der Exzel- lenzinitiative ging es mir vor allem darum, zu zeigen, dass bei den Aus- schreibungsbedingungen von vorneherein auf die Bedingungen der Interdisziplinarität gesetzt wird, ohne dass disziplinäre Forschung hier von vorneherein eine Chance hat. Das war eigentlich der Punkt, den ich ansprechen wollte. Der zweite Punkt: Sie haben angesprochen, was es für rechtliche Maßstäbe für Wettbewerb gibt? Das ist in der Tat relativ schwierig, da der Art. 5 Abs. 3 GG natürlich eine relativ dünne Aus- gangsbasis ist, auch wenn er nach Kollegen Schmidt-Aßmann ein „rocher de bronze“ ist. Das hilft uns nur nicht sehr viel, weil wir diesen 482 Aussprache

Bronzefelsen erst modellieren müssen. Aber ich denke, wir könnten hier schon rechtliche Regelungen ableiten. Solche rechtlichen Regelun- gen über wissenschaftliche Ethik, die wir brauchen, sind eigentlich das wissenschaftliche Wettbewerbsrecht, das in unserem Bereich an die Stelle eines UWG oder eines GWB treten würde. Damit komme ich aber gleich zu Herrn Luther. Die Frage: Wie wird das geregelt? Ich bin der Meinung, wir brauchen eine Rechtssatzrege- lung, insbesondere wenn daran disziplinarrechtliche Folgen geknüpft werden. In dem Fall, den ich angesprochen habe – ohne Namensnen- nung – war es so, dass ein Verstoß gegen wissenschaftliche Ethik auf- grund der DFG-Richtlinien angenommen worden ist und deswegen uni-intern ein beamtenrechtlicher Verweis ausgesprochen wurde. Das halte ich doch für eine sehr externe Steuerung. Im Gegenteil muss die Universität selber eine Satzung erlassen – Richtlinien reichen da nicht aus – und wer muss die Satzung machen? Eben die Kollegen, die Pro- fessoren, die Organe akademischer Selbstverwaltung. Das ist vielleicht einer der letzten Punkte, wo sich akademische Selbstverwaltung noch verwirklichen kann, indem sie eben die Ethik für Forschung und Lehre eigenverantwortlich festlegt und nicht extern verlagert. Herr Classen und Herr Sachs: Als Hauptpunkt habe ich mir die Problematik mit Leistungs- und Eingriffsbereich notiert. Es ist sicher- lich ein dogmatisches Problem, wenn ich hier versuche, gewissermaßen wie ein Taschenspieler eine Leistung in einen Eingriff umzudeuten. So ist es aber nicht gedacht. Herr Kirchhof hat den goldenen Zügel er- wähnt. Das Problem, dass nicht-imperiale Eingriffe auch Eingriffswir- kung haben können, das kennen wir ja schon sehr, sehr lange, es war auch schon Gegenstand dieser Vereinigung zu einem Zeitpunkt, in dem ich noch in den Kinderschuhen steckte. Wir müssen einfach sehen, wie die Gefährdungen und Einflussnahmen in unserer hochkomplexen a) Gesellschaft, b) Wissensgesellschaft immer gravierender werden, die Mechanismen werden immer undurchschaubarer, und deswegen kann es durchaus Wirkungen geben, die kumulierend dazu führen, dass so etwas ähnliches wie eine Eingriffswirkung erreicht wird. Dies ist ja nicht auf meinem eigenen wissenschaftlichen Mist gewachsen, sondern wir haben ja eben diese Entscheidung zum kollektiven Eingriffsbegriff vor- liegen, und die Mosaiksteinchentheorie, die schon seit geraumer Zeit diskutiert wird, wird sich dann irgendwie in einer dogmatischen Form niederschlagen müssen. Ich denke, dies muss man sicherlich noch vorantreiben. Ich erhebe keinen Anspruch darauf, jetzt schon die letzt- endliche, grundrechtslehrbuchreife Passage für den Eingriffsbegriff for- muliert zu haben. Aber ich denke, es lohnt doch, hier weiter zu gehen. Und warum das so ist? Ich glaube, das versuchte ich deutlich zu machen. Universitäten im Wettbewerb 483

Dieses Ineinanderspielen, bei dem also ganz eindeutig Fremdsteuerung eintritt, die eben so nur zu erreichen ist, wenn ich der Macht des Geldes folge. Das war auch beim Wettbewerb durch den goldenen Zügel genau das Problem und ist auch dort eben unter Grundrechtsrelevanz disku- tiert worden. Aber da können wir sicherlich noch weitermachen. Damit bin ich schon bei Herrn Kirchhof, da es daran anknüpft, wie Steuerung vom Recht zum Geld verlagert wird. Das ist ja nun ganz eine heikle Geschichte, weil man das im Grunde parallel zum VwVfG im Öffentlichen Recht sehen kann, wie die Verlagerung von der VA -Steue- rung hin zum öffentlich-rechtlichen Vertrag. Es ist eine Illusion, dass ich durch kontraktuale Regelung dem Empfänger etwas Besseres tue, als wenn ich den „harten“ imperialen Verwaltungsakt walten lasse – das ist ja einer der suggestiven Einwände der Steuerungs- und governance- Diskussion, – das sei überlebt, nicht mehr up-to-date. Das Paradoxe ist, dass der Verwaltungsakt und überhaupt hoheitliche Handlungen einen viel größeren Rechtsschutz gewähren als kontraktuale Regelungen. Es ist die List der kontraktualen Regelung, dass sie sich rechtlich unan- greifbar macht, denn wie soll man dagegen klagen? Man könnte nur auf Vertragsrecht rekurrieren – § 134 oder § 138 BGB analog oder wie auch immer –, und dies ist sehr viel schwieriger zu begründen, als gegen bestehende Strukturen beim Verwaltungsakt, so wie wir sie aus dem Allgemeinen Verwaltungsrecht kennen, angehen zu können. Und des- wegen, denke ich, müssen wir in der Tat scharf hinschauen: Wo sind hier noch konkrete Angriffspunkte, bevor sich der Rechtsschutz in der Sache vollkommen verflüchtigt, durch dieses gallertartige Etwas einer Steuerung durch Geld? Sie, Herr Kirchhof, haben gerade zuvor die 10 Gebote der Fremdsteuerung formuliert: Du sollst dies tun, Du sollst das tun, Du sollst jenes tun etc. und dann kriegst Du Geld! Also im Grunde ein „Anti-Moses“. In der Tat, diesen Gefahren, denen muss man nachgehen. Ich halte deswegen die Steuerung nur und vornehm- lich durch Mammon auch für gefährlich, da Rechtsschutz verloren geht. Rechtsschutz – da gibt es jetzt noch eine Querverbindung zu Herrn Schoch. Im Untergangsszenario waren wir schon einmal vereint. Sie haben natürlich hier sehr stark auf die Verantwortung aufgrund der Steuerfinanzierung gedrängt, d.h. es müsse doch irgendwie nachge- wiesen werden, dass die Mittel effektiv gebraucht werden und – wenn ich Sie richtig verstanden habe – dass man sich auch kontrollieren las- sen müsse und dass deswegen diese Indikatoren letztlich – so fehlsam sie sein mögen – nicht davon abhalten können, dass man sich eben der Verantwortung selber stellen müsse. Das ist natürlich richtig. Auf der anderen Seite ist das natürlich auch eine gewisse Steilvorlage, denn 484 Aussprache wenn Sie sagen, die Forschung ist steuerfinanziert, dann bedeutet das: es sind öffentliche Mittel. Und dann stellt sich natürlich die Gretchen- frage, die im Grunde bis jetzt immer tabuisiert worden ist: Was ist eigentlich, wenn die Entscheidung über Drittmittelförderung abschlägig beschieden wird? Auch die DFG verteilt ja letztlich Steuermittel! Kann ich dann DFG-Entscheidungen anfechten oder gegen den Staat hin- sichtlich der DFG-Entscheidungen gerichtlich vorgehen? Wenn wir das weiter denken, dann machen wir ein riesengroßes Fass auf. Ich weiß nicht, ob wir das wollen. Ob wir das dem akademischen Selbstregulie- rungsmechanismus überantworten wollen? Oder ob das im Zusam- menhang mit der Exzellenzinitiative und sonstigen Förderungen, wenn die Mittel immer noch knapper werden, durchaus mal jemand verleiten könnte, dass er diese einklagt? Ich sehe gerade, die Zeit wird knapp. Zweimal am Tag sich in zeit- licher Disziplin zu üben, das ist fast nicht mehr wissenschaftsadäquat. Jetzt schaue ich gerade noch zu Herrn Scherzberg. Sie haben ja im We- sentlichen durchaus in meine Richtung argumentiert, aber auch hier ist die Frage: Wissenschaftsadäquanz, kann man das mit dem haus- haltsrechtlichen Effizienzgebot verknüpfen? Das hat natürlich etwas Zirkelschlussartiges, weil ich dann sagen muss, wie das Effizienzgebot zu definieren ist und ob dies gerade auf den wissenschaftlichen Prozess passt. Ein letzter Punkt noch, nur einen Moment. Es geht um die Frage der wissenschaftlichen Ethik in Harvard. Da kann man sagen, da sind die Amerikaner sehr viel weitergegangen. Es ist nämlich nicht nur so, dass da Ethik-Codices überlegt werden; ganz konkret existiert in den USA mit dem U.S. Office of Research Integrity sogar eine eigene Behörde im Geschäftsbereich des U.S. Dept. of Health and Human Services, das das Fehlverhalten von Forschern untersucht und sogar unter Namens- nennung Sanktionen verhängen kann wie Gremienausschluss, Versagen von Fördergeldern für einen bestimmten Zeitraum, Verpflichtung zur Rückziehung oder Korrektur von Arbeiten! Also, da sind die Ameri- kaner natürlich noch viel weitergegangen als wir. Ich glaube, auch die Marktbefürworter unter uns würden sich also solchen Sanktionen, wie sie in der toughen amerikanischen Gesellschaft üblich sind, nicht unter- werfen wollen. Jetzt bitte ich diejenigen um Nachsicht, die ich jetzt nicht mehr er- wähnen konnte. Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre fruchtbaren Anmerkungen. Letztlich ist es genau das, was die Staatsrechtslehrer hier bewahren, nämlich den Diskurs als Qualitätsindikator. Das war eigentlich sehr schön zu erleben. Wir müssen uns nicht nur an schnö- den quantitativen Zahlen messen lassen. Herzlichen Dank. Universitäten im Wettbewerb 485

Engel: Bevor wir auseinandergehen, würde ich gern, wie im letzten Jahr, kurz einen Blick zurückwerfen. Ich will natürlich keinen eigenen Beitrag leisten, sondern uns nur an Perspektiven erinnern, die wir ge- hört haben. Das Oberthema hieß „Gemeinwohl durch Wettbewerb?“, und es hatte mit Bedacht ein Fragezeichen. Das Fragezeichen bezeich- net zunächst die Frage, ob der Wettbewerb als analytische Kategorie eigentlich angemessen und fruchtbar ist. Wenn man gelegentlich mit Konstruktivisten spricht, dann weiß man: in welchen Kategorien man über etwas spricht, ist nicht irrelevant für die Frage, wie man es hinter- her beurteilt. Da schien mir, dass – mit der großen Ausnahme der bei- den letzten Referate – die Referenten sehr viel eher nachdenklich als kämpferisch waren, und das, obwohl man durchaus hätte kämpferisch sein können. Beim ersten Thema hätte man Hobbes stark machen kön- nen, beim zweiten Thema z.B. Rousseau, beim dritten Thema z.B. die französische Idee des service public. All das ist nicht geschehen und das sagt, glaube ich, etwas. Das Fragezeichen könnte auch zu verstehen sein als ein normatives Fragezeichen. Ist Wettbewerb in den Bereichen, über die wir gespro- chen haben, wirklich der beste Weg zum Gemeinwohl? Das kann man nur vergleichend beantworten. Gefordert ist ein Institutionenvergleich. Beim ersten Thema haben wir implizit verglichen mit dem Monopol, nämlich der inneren Souveränität, beim zweiten Thema mit regulierten Industrien. Interessant fand ich, dass wir die Diskussion ein Stückchen verschoben haben auf die Frage, in welchen Paradigmen man diese normative Frage sinnvoll behandeln soll. Wir haben uns etwa bei dem zweiten Thema gefragt, ob man Demokratie nicht besser verstehen soll als ein Verfahren für die Suche nach der besten Lösung. Und beim letzten Thema kann man auch sagen: uns hat umgetrieben, ob wir uns nicht stärker konzentrieren sollen auf die intrinsische Motivation der Forscherpersönlichkeit als steuerndes Element. Sehr interessant fand ich und ausgesprochen fruchtbar, dass wir in allen Themen die Frage hatten, ja was ist denn im Lichte der Betrach- tung im Wettbewerbsparadigma eine angemessene Rahmenordnung für den Wettbewerb? Ich selbst bin Kartellrechtler, so dass für mich intuitiv nahe gelegen hätte zu fragen: wie steht es mit dem Schutz des Wettbe- werbs vor der Selbstzerstörung und mit seiner Lauterkeit? Davon war die Rede, etwa bei Frau Peters zum Steuerwettbewerb oder bei Herrn Kotzur mit der Frage des Zugangs zu den Medien. Umgekehrt hat Herrn Hatje gesagt: Vorsicht! Koalitionen sind doch Kartelle, und die finden wir eigentlich gut. Aber da hat die Diskussion nicht aufgehört, sondern wir haben die Suche um die Rahmenordnung bewusst erwei- tert und gefragt: Gibt es nicht umgekehrt sogar eine Pflicht zum Wett- 486 Aussprache bewerb? Herr Kotzur hat diskutiert, ob wir eine Wahlpflicht haben sollen. Ist das Recht gut beraten, den Wettbewerbsdruck zu erhöhen? Etwa haben Herr Giegerich und Frau Peters gesagt, im Völkerrecht, den Menschenrechten, im Europarecht stehen Regeln, die geeignet sind, den Abwanderungsdruck zu erhöhen. Herr Potacs, Herr Kersten haben die Grundrechte und das Europarecht bemüht, um daraus abzu- leiten, dass mehr Wettbewerb hergestellt werden soll. Herr Hatje wollte den Abwahldruck für die Abgeordneten verstärken. Und schließlich in den letzten Referaten die Frage, ob umgekehrt die Verfassung Schutz vor Wettbewerbsdruck gebietet. Das war die Art, wie die beiden Refe- renten, jedenfalls für mein Zuhören, überlegt haben, die Forschungs- freiheit und die Universitätsgarantien zu interpretieren. Ich glaube, es war eine ausgesprochen fruchtbare Tagung und ich beschließe sie mit sehr viel persönlicher Dankbarkeit. Ich habe die Aufgabe sehr genossen und ungemein viel davon gelernt. Herzlichen Dank. 487

Verzeichnis der Redner

Baer 462 Mayer 243 Bullinger 231 Meessen 106, 347 Bumke 479 Mehde 357 Classen 463 Michael 239 Ebsen 477 Möllers 228 Engel 485 Nettesheim 346 Frowein 112, 354 Oeter 474 Gallwas 351, 356 Ohler 227 Gärditz 473 Paulus 244 Geiss 481 Pernice 108 Giegerich 128 Peters 131 Grewlich 123 Pitschas 118, 345 Grimm 342 Potacs 361 Gröschner 117 Rauschning 115 Groß 356 Ress 350 Häberle 107, 232, 241, 352 Ruffert 348 Hatje 248 Sachs 475 Hofmann, Rainer 125, 468 Scherzberg 119, 472 Huber 469 Schmahl 123 Hufen 233 Schneider, Hans-Peter 110, 234, Isensee 120 356 Kahl, Wolfgang 349 Schoch 109, 470 Kämmerer 231 Schorkopf 238 Kersten 358 Schuppert 113, 343 Kirchhof, Paul 341, 467 Schwabe 240 Kotzur 244 Volkmann 229 Küpper 114 von Münch 236 Lege 241, 353, 465 Weiß, Norbert 235, 352 Lehner 116 Wielinger 237 Lorz 122, 466 Wißmann 354 Luther 477 Zacher 127 488 Verzeichnis der Redner Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 489

Verzeichnis der Mitglieder der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer e.V.

(Stand: 5. Februar 2010; ständige Aktualisierung unter www.staatsrechtslehrer.de)

Vorstand

1. Ehlers, Dr. Dirk, Professor, Am Mühlenbach 14, 48308 Senden, (0 25 97) 84 15, Institut für öffentliches Wirtschaftsrecht, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Universitätsstr. 14–16, 48143 Münster, (02 51) 83-2 27 01, Fax (02 51) 83-2 83 15, E-Mail [email protected]

2. Höfling, Dr. Wolfram, M.A., Professor, Bruchweg 2, 52441 Linnich, (0 24 62) 36 16; Universität zu Köln, Institut für Staatsrecht, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln, (02 21) 4 70-33 95, Fax (02 21) 4 70-50 75, E-Mail [email protected]

3. Lepsius, Dr. Oliver, LL.M. (Chicago), Professor, Eckenheimer Landstraße 11, 60318 Frankfurt am Main, (0 69) 95 15 69 35; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Allgemeine und Vergleichende Staatslehre, Universität Bayreuth, Universitätsstr. 30, 95440 Bayreuth, (09 21) 55-29 47, Fax (09 21) 55-20 83, E-Mail [email protected] 490 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

Mitglieder

1. Adamovich, Dr. Dr. h.c. mult. Ludwig, o. Univ.-Prof., Präsident des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs a.D., Rooseveltplatz 4, A-1090 Wien, (00 43) 66 42 42 75 26; Österreichische Präsidentschaftskanzlei, Hofburg, Ballhausplatz, A-1014 Wien, (00 43-15 34 22-3 00, Fax (00 43) 15 34 22-2 48, E-Mail [email protected]

2. Albers, Dr. iur., Dipl. soz. Marion, Professorin, Sulzer Straße 21a, 86159 Augsburg; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschafts-, Informations-, Gesundheits- und Umweltrecht, Universität Augsburg, Universitätsstr. 24, 86159 Augsburg, (08 21) 5 98 45 50, Fax (08 21) 5 98 45 52, E-Mail [email protected]

3. Alexy, Dr. Dr. h.c. mult. Robert, o. Professor, Klausbrooker Weg 122, 24106 Kiel, (04 31) 54 97 42; Universität Kiel, 24098 Kiel, (04 31) 8 80 35 43, Fax (04 31) 8 80 37 45, E-Mail [email protected]

4. Alleweldt, Dr. Ralf, LL.M., Privatdozent, Halbe Stadt 12, 15230 Frankfurt (Oder), (03 35) 6 22 47; Europa-Universität Viadrina, Postfach 1786, 15207 Frankfurt (Oder), (03 35) 55 34 78 75, E-Mail [email protected]

5. Anderheiden, Dr. Michael, Privatdozent, Stephanienstr. 32, 76133 Karlsruhe, (07 21) 4 70 08 17; Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Juristisches Seminar, Friedrich-Ebert-Anlage 6–10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54 74 97, Fax (0 62 21) 54 74 63, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 491

6. Appel, Dr. Ivo, Professor, Eisvogelweg 28, 82140 Olching, (0 81 42) 2 84 23 17; Universität Augsburg, Juristische Fakultät, 86135 Augsburg, (08 21) 5 98 45 35, Fax (08 21) 5 98 45 37, E-Mail [email protected] 7. Arnauld, Dr. Andreas von, Professor, Lange Reihe 103, 20099 Hamburg, (0 40) 31 81 74 17, E-Mail [email protected]; Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Professur für Öffentliches Recht, insb. Völker- und Europarecht, Holstenhofweg 85, 22043 Hamburg, (0 40) 65 41-27 71, Fax (0 40) 65 41-20 21, E-Mail [email protected] 8. Arndt, Dr. Hans-Wolfgang, o. Professor, Waldstr. 34, 67434 Neustadt/Weinstr., (0 63 21) 3 33 85; Universität Mannheim, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Steuerrecht, 68131 Mannheim, (06 21) 1 81 14 36, Fax (06 21) 1 81 14 37 E-Mail [email protected] 9. Arnim, Dr. Hans Herbert von, o. Professor, Im Oberkämmerer 26, 67346 Speyer, (0 62 32) 9 81 23; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, 67324 Speyer, (0 62 32) 6 54 3 43, E-Mail [email protected] 10. Arnold, Dr. Rainer, o. Professor, Plattenweg 7, 93055 Regensburg, (09 41) 7 44 65; Universität Regensburg, 93053 Regensburg, (09 41) 9 43-26 54/5, E-Mail [email protected] 492 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

11. Aschke, Dr. Manfred, Professor, Kantstr. 14, 99425 Weimar, (0 36 43) 40 22 83, Fax (0 36 43) 40 22 84; E-Mail [email protected]; c/o Professur Öffentliches Recht II, Hein-Heckroth-Str. 5, 35390 Gießen oder Thüringer Oberverwaltungsgericht, Kaufstr. 2–4, 99423 Weimar, (0 36 43) 2 06-2 69, E-Mail [email protected] 12. Aulehner, Dr. Josef, Privatdozent, Hans-Böcker-Str. 8, 80995 München, (0 89) 1 23 84 02, Fax (0 89) 12 74 96 88; Ludwig-Maximilians-Universität München, Ref. I A 3 – Rechtsabteilung, Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München, (0 89) 21 80-37 30, Fax (0 89) 21 80-29 85, E-Mail [email protected] 13. Autexier, Dr. Christian, Professor, Egon-Reinert-Str. 19, 66111 Saarbrücken, (06 81) 37 14 87; Universität des Saarlandes, Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02-21 85, E-Mail [email protected] 14. Axer, Dr. Peter, Professor, Marienholzstraße 47 b, 54292 Trier, (06 51) 1 70 18 64; Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Lehrstuhl für Sozialrecht in Verbindung mit dem Öffentlichen Recht, Friedrich-Ebert-Anlage 6–10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54-77 68, Fax (0 62 21) 54-77 69, E-Mail [email protected] 15. Baade, Dr. Hans W., Professor, 6002 Mountain Climb Drive, Austin/Texas, USA, 78 731, (0 01-5 12) 4 52 50 71; dienstl., (0 01-5 12) 4 71 51 51, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 493

16. Badura, Dr. Peter, o. Professor, Am Rothenberg Süd 4, 82431 Kochel am See, (0 88 51) 52 89; Universität München, Professor-Huber-Platz 2, 80539 München, (0 89) 21 80-35 76 17. Baer, Dr. Susanne, LL.M., Professorin, Bleibtreustrasse 55, 10623 Berlin; Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, Unter den Linden 9, 10099 Berlin, (0 30) 20 93 34 67, Fax (0 30) 20 93 34 31, E-Mail [email protected] 18. Baldus, Dr. Manfred, Universitätsprofessor, Herderstr. 41A, 99096 Erfurt, (03 61) 5 54 70 54; Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Neuere Rechtsgeschichte, Staatswissenschaftliche Fakultät, Universität Erfurt, Nordhäuserstr. 63, 99089 Erfurt, (03 61) 7 37 47 11, E-Mail [email protected] 19. Barfuß, Dr. iur. Dr. rer. pol. Walter, o. Universitätsprofessor, Tuchlauben 13, A-1014 Wien; Präsident des Österreichischen Normungsinstituts, Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde der Republik Österreich, Heinestraße 38, A-1020 Wien, (00 43) 12 13 00-6 12, Fax (00 43) 12 13 00-6 09, 20. Bartlsperger, Dr. Richard, o. Professor, Schleifweg 55, 91080 Uttenreuth, (0 91 31) 5 99 16, Fax (0 91 31) 53 33 04, E-Mail [email protected] 21. Battis, Dr. Dr. h.c. Ulrich, Professor, Beiersdorfer Weg 42, 12589 Berlin-Rahnsdorf, (0 30) 6 48 19 47; Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Verwaltungswissenschaften, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-35 33, Fax (0 30) 20 93-36 89, E-Mail [email protected] 494 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

22. Bauer, Dr. Hartmut, Professor, Am Hegereiter 13, 01156 Cossebaude, (03 51) 4 52 16 03; Lehrstuhl für Europäisches und Deutsches Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Sozialrecht und Öffentliches Wirtschaftsrecht, Universität Potsdam, August-Bebel-Straße 89, 14482 Potsdam, (03 31) 9 77-32 64 /-34 16, Fax (03 31) 9 77-33 10, E-Mail [email protected]

23. Baumeister, Dr. Peter, Professor, Langebrücker Str. 24, 68809 Neulußheim, (0 62 05) 39 78 17; SRH Hochschule Heidelberg, Ludwig-Guttmann-Str. 6, 69123 Heidelberg, (0 62 21) 88 22 60, Fax (0 62 21) 88 34 82, E-Mail [email protected]; Schlatter Rechtsanwälte, Kurfürsten-Anlage 59, 69115 Heidelberg, (0 62 21) 98 12 17, Fax (0 62 21) 18 24 75, E-Mail [email protected]

24. Baumgartner, Dr. Gerhard, Univ. Prof., Brückengasse 4/19, A-1060 Wien; Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht (IOER), Wirtschaftsuniversität Wien, Althanstr. 39–45, A-1090 Wien, (00 43) 13 13 36 50 88, Fax (00 43) 13 13 36 92 05, E-Mail [email protected]

25. Bausback, Dr. Winfried, Professor, Im Neurod 8, 63741 Aschaffenburg, (0 60 21) 45 66 06, Fax (0 60 21) 45 66 07; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht, Fachbereich B der Bergischen Universität Wuppertal, Gaußstraße 20, 42097 Wuppertal, (02 02) 4 39 22 81, Fax (02 02) 4 39 38 37, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 495

26. Bayer, Dr. Hermann-Wilfried, Professor, Henkenbergstr. 45a, 44797 Bochum, (02 34) 79 17 44; Universität Bochum, 44780 Bochum, (02 34) 32-2 57 24

27. Beaucamp, Dr. Guy, Professor, Nordstr. 21, 18107 Elmenhorst, (03 81) 7 68 69 50; Department Public Management, Fakultät Wirtschaft und Soziales, HAW Hamburg, Berliner Tor 5, 20099 Hamburg, E-Mail [email protected]

28. Becker, Dr. Florian, LL.M.(Cambridge), Professor, Tentenbrook 75, 24229 Dänischenhagen; Universität Kiel, Olshausenstr. 75, Gebäude II, (Postanschrift: Olshausenstr. 40), 24098 Kiel, (04 31) 8 80-53 78 oder (04 31) 8 80-15 04, Fax (04 31) 8 80-53 74, E-Mail [email protected]

29. Becker, Dr. Joachim, Privatdozent, Kreuznacher Str. 6, 14197 Berlin, (0 30) 8 22 40 12; Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93 33 83, E-Mail [email protected]

30. Becker, Dr. Jürgen, o. Professor, Kellerstr. 7, 81667 München; Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands und Chefsyndikus der GEMA, Rosenheimer Straße 11, 81667 München, (0 89) 4 80 03-00, Fax (0 89) 4 80 03-6 20 E-Mail [email protected] 496 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

31. Becker, Dr. Ulrich, LL.M. (EHI), Professor, Pfarrsiedlungsstr. 9, 93161 Sinzing, (0 94 04) 34 78; Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht, Amalienstr. 33, 80799 München, (0 89) 3 86 02-5 11, Fax (0 89) 3 86 02-5 90, E-Mail [email protected]

32. Belser, Dr. Eva Maria, Professorin, Chemin du Riedelet 7, CH-1723 Marly, (00 41) 2 64 36 22 36; Universität Freiburg i. Ue., Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Institut für Föderalismus, Route d’Englisberg 7, CH-1763 Granges-Paccot, (00 41) 2 63 00 81 30, [email protected]

33. Berchtold, Dr. Klaus, Universitätsprofessor, Bräunerstr. 4–6/22, A-1010 Wien, (00 43) 1 53 14 34

34. Berg, Dr. Wilfried, o. Professor, Waldsteinring 25, 95448 Bayreuth, (09 21) 9 90 08 14; Universität Bayreuth, 95440 Bayreuth, (09 21) 55 28 76, Fax (09 21) 55 84 28 75 oder 55 29 85, E-Mail [email protected]

35. Berka, Dr. Walter, o. Universitätsprofessor, Birkenweg 2, A-5400 Hallein, (00 43) 66 24 57 67 58; Institut für Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Universität Salzburg, Kapitelgasse 5–7, A-5020 Salzburg, (00 43) 6 62-80 44 36 21, Fax (00 43) 6 62-80 44 36 29, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 497

36. Bernhardt, Dr. Dr. h.c. Rudolf, o. Professor, Gustav-Kirchhoff-Str. 2a, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 41 36 99; MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 48 22 53, E-Mail [email protected] 37. Bethge, Dr. Herbert, o. Professor, Am Seidenhof 8, 94034 Passau, (08 51) 4 16 97, Fax (08 51) 4 90 18 97, E-Mail [email protected] 38. Beyerlin, Dr. Ulrich, apl. Professor, Luisenstr. 7, 69151 Neckargmünd; MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 48 22 30, E-Mail [email protected] 39. Biaggini, Dr. Giovanni, o. Professor, Kantstraße 12, CH-8044 Zürich, (00 41) 44 251 11 58; Lehrstuhl für Staats-, Verwaltungs- und Europarecht, Rechtswissenschaftliches Institut, Freiestrasse 15, CH-8032 Zürich, (00 41) 4 46 34-30 11 oder -36 68, Fax (00 41) 4 46 34-43 89, E-Mail [email protected] 40. Bieber, Dr. Uwe Roland, o. Professor, Mainzer Str. 135, 53179 Bonn, (02 28) 35 71 89; Université de Lausanne, Faculté de Droit – CDCE BFSH 1, CH-1015 Lausanne-Dorigny, (00 41) 21-6 92 27 90, Fax (00 41) 21-6 92 27 85, E-Mail [email protected] 41. Binder, Dr. Bruno, Universitätsprofessor, Wischerstr. 30, A-4040 Linz, (00 43) 7 32-71 77 72-0, Fax (00 43) 7 32-71 77 72-4; Universität Linz, Altenbergerstr. 69, A-4020 Linz, (00 43) 73 22 46 80, Fax (00 43) 7 32-24 68 10, E-Mail [email protected] 498 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

42. Birk, Dr. Dieter, o. Professor, Borkumweg 43, 48159 Münster, (02 51) 21 84 78, Fax (02 51) 21 84 76; Universität Münster, 48143 Münster, (02 51) 8 32 27 95, Fax (02 51) 8 32 83 86, E-Mail [email protected]

43. Blanke, Dr. Hermann-Josef, Universitätsprofessor, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europäische Integration, Universität Erfurt, Nordhäuser Straße 63, 99089 Erfurt, (03 61) 7 37-47 51, (03 61) 7 37-47 00 (Sekr.), Fax (03 61) 7 37-47 09, E-Mail [email protected]

44. Blankenagel, Dr. Alexander, Professor, Türksteinstraße 10, 14167 Berlin, (0 30) 8 54 95 82; Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-33 81, Fax (0 30) 20 93-33 45, E-Mail [email protected]

45. Blümel, Dr. Willi, Universitätsprofessor, Angelhofweg 65, 69259 Wilhelmsfeld, (0 62 20) 18 80; Deutsche Hochschule für Verwaltungs- wissenschaften Speyer, 67324 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 62 oder -3 60, Fax (0 62 32) 9 10-2 08 oder 9 10-2 90

46. Bock, Dr. Wolfgang, Privatdozent, Am Ebelfeld 10, 60488 Frankfurt am Main, (0 69) 76 57 17; Landgericht Frankfurt am Main, (0 69) 1367-2642, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 499

47. Böckenförde, Dr. iur. Dr. phil. Dr. h.c. Ernst-Wolfgang, o. Professor, Türkheimstr. 1, 79280 Au bei Freiburg, (07 61) 40 56 23; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 79098 Freiburg, (07 61) 2 03 22 63 oder -22 62

48. Bogdandy, Dr. Armin von, M.A., Professor, Mühltalstr. 117, 69121 Heidelberg, (0 62 21) 58 94 33; Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 48 26 02, Fax (0 62 21) 48 26 03, E-Mail [email protected]

49. Bogs, Dr. Harald, o. Professor, Dresdenerstr. 7, 37120 Bovenden, (05 51) 8 15 95, Fax (05 51) 8 35 98; Universität Göttingen, Platz der Göttinger Sieben 6, 37073 Göttingen, (05 51) 39 73 92, Fax (05 51) 39 48 72, E-Mail [email protected]

50. Böhm, Dr. Monika, Professorin, Lerchenweg 7, 65719 Hofheim/Ts., (0 61 92) 2 48 29, Fax (0 61 92) 2 48 14; Philipps-Universität Marburg, Institut für Öffentliches Recht, Savignyhaus, Raum 404, Universitätsstraße 6, 35032 Marburg/Lahn, (0 64 21) 2 82-38 08 oder -38 08, Fax (0 64 21) 2 82-89 82, E-Mail [email protected]

51. Bohne, Dr. Eberhard, M.A., Professor, Conrad-Hist-Straße 35, 67346 Speyer, (0 62 32) 7 37 04, Fax (0 62 32) 6 01 08 71; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Freiherr-vom-Stein-Straße 2, 67346 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 26, Fax (0 62 32) 6 54-4 16, E-Mail [email protected] 500 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

52. Borowski, Dr. Martin, Privatdozent, Senior Lecturer, 68 High Point, Richmond Hill Road, Edgbaston Birmingham B15 3RS, United Kingdom; University of Birmingham, School of Law, Edgbaston Birmingham B15 2TT, United Kingdom, (00 44) 12 14 14 32 33, Fax (00 44) 12 14 14 35 85, E-Mail [email protected] 53. Bothe, Dr. Michael, Universitätsprofessor, Theodor-Heuss-Str. 6, 64625 Bensheim, (0 62 51) 43 45; Universität Frankfurt am Main, Juridicum Zimmer 916, Senckenberganlage 31, 60054 Frankfurt am Main, (0 69) 7 9 82 22 64, E-Mail [email protected] 54. Brandt, Dr. Edmund, Professor, Technische Universität Clausthal-Zellerfeld, Adolph-Roemer-Straße 2 A, 38678 Clausthal-Zellerfeld, (0 53 23) 72-30 18 E-Mail [email protected] 55. Breitenmoser, Dr. Stephan, Professor, Ordinarius für Europarecht, Juristische Fakultät der Universität Basel, Peter Merian-Weg 8, Postfach, CH-4002 Basel, (00 41) 6 12 67 25 51, Fax (00 41) 6 12 67 25 79, E-Mail [email protected] 56. Brenner, Dr. Michael, Professor, Adlerstraße 29, 73550 Waldstetten, (0 71 71) 99 67 42, Fax (0 71 71) 99 68 65; Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Universität Jena, Carl-Zeiss-Str. 3, 07743 Jena, (0 36 41) 94 22 40 oder -41, Fax (0 36 41) 94 22 42, E-Mail [email protected] 57. Breuer, Dr. Rüdiger, Professor, Buschstr. 56, 53113 Bonn, (02 28) 21 79 72, Fax (02 28) 22 48 32; Köhler & Klett Rechtsanwälte, Köln, (02 21) 42 07-2 91, Fax (02 21) 42 07-2 55, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 501

58. Brinktrine, Dr. Ralf, Privatdozent, Windmühlenweg 11, 04683 Naunhof, (03 42 93) 3 30 75; Juristenfakultät Universität Leipzig, Burgstraße 27, 04109 Leipzig, (03 41) 97 351 32, E-Mail [email protected]

59. Britz, Dr. Gabriele, Professorin, Gutzkowstraße 5, 60594 Frankfurt am Main; Professur für Öffentliches Recht und Europarecht, Justus-Liebig-Universität Gießen, Hein-Heckroth-Straße 5, 35390 Gießen, (06 41) 9 92 10 70, Fax (06 41) 9 92 10 79, E-Mail [email protected]

60. Brohm, Dr. Winfried, o. Professor, Wydenmööslistr. 11, CH-8280 Kreuzlingen, (00 41) 71-6 88 15 25; Universität Konstanz, Postfach 5560 D 100, 78434 Konstanz, (0 75 31) 88 21 69 oder -21 76

61. Bröhmer, Dr. Jürgen, Professor, 11 Kennedy Street, 2350 Armidale, (00 61) 2-67 72-46 47; Head of School, School of Law, University of New England, Armidale, NSW, 2301, Australien, (00 61) 2-67 73-35 98, E-Mail [email protected]

62. Brugger, Dr. Winfried, LL.M., Universitätsprofessor, Vorsitzender der Deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie (IVR), Blumenstr. 16, 69115 Heidelberg, (0 62 21) 16 13 19; Universität Heidelberg, Friedrich-Ebert-Anlage 6–10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54 74 62, Fax (0 62 21) 54 74 63, E-Mail [email protected] 502 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

63. Brühl-Moser, Dr. Denise, Privatdozentin, Unt. Batterieweg 167, CH-4059 Basel, (00 41) 7 65 58 10 42, E-Mail [email protected]

64. Brüning, Dr. Christoph, Professor, Kiebitzredder 12, 24220 Flintbek, (0 43 47) 7 13 42 95; Universität Kiel, Olshausenstr. 75, 24118 Kiel, (04 31) 8 80-45 40 oder -15 05, Fax (04 31) 8 80-45 82, E-Mail [email protected]

65. Brünneck, Dr. Alexander von, Professor, Blumenhagenstr. 5, 30167 Hannover, (05 11) 71 69 11; Europa-Universität Viadrina, 15207 Frankfurt (Oder), Postfach 17 86, (03 35) 55 34-22 64 oder -22 95, Fax (03 35) 55 34-24 18, E-Mail [email protected]

66. Bryde, Dr. Brun-Otto, o. Professor, Richter des Bundesverfassungsgerichts, Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe; Universität Gießen, Hein-Heckroth-Str. 5, 35390 Gießen, (0 64 1) 99-2 10 60/61, Fax (06 41) 99-2 10 69, E-Mail [email protected]

67. Bull, Dr. Hans Peter, o. Professor, Falckweg 16, 22605 Hamburg, (0 40) 8 80 56 52, E-Mail [email protected]

68. Bullinger, Dr. Dr. h.c. (Université de Dijon), Martin, o. Professor, Altschlößleweg 4, 79280 Au bei Freiburg, (07 61) 40 23 89; Universität Freiburg, 79085 Freiburg, (07 61) 2 03 22 48 oder -47, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 503

69. Bultmann, Dr. Peter Friedrich, Privatdozent, Am Pankepark 51, 10115 Berlin, (0 30) 44 05 64 43; Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, E-Mail [email protected]

70. Bumke, Dr. Christian, Professor, Apostel-Paulus-Str. 19, 10825 Berlin, (0 30) 7 82 67 87; Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg, (0 40) 3 07 06-2 37, Fax (0 40) 3 07 06-2 59, E-Mail [email protected]

71. Bungenberg, Dr. Marc, LL.M. (Lausanne), Privatdozent, Pirmasenser Str. 3, 30559 Hannover, (05 11) 5 19 95 38 oder (01 77) 4 34 97 22; Friedrich-Schiller-Universität Jena, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht, Völkerrecht und Internationales Wirtschaftsrecht, Carl-Zeiss-Str. 3, 07743 Jena, (0 36 41) 94 22 60, Fax (0 36 41) 94 22 62, E-Mail [email protected]

72. Burgi, Dr. Martin, Professor, Bernhard-Poether-Str. 59, 48165 Münster, (0 25 01) 92 88 93; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, (02 34) 3 22 52 75, Fax (02 34) 3 21 42 82, E-Mail [email protected]

73. Burkert, Dr. Herbert, Professor, Uferstr. 31, 50996 Köln-Rodenkirchen, (00 49) 2 21 39 77 00, Fax (00 49) 2 21 39 77 11; MCM-HSG, Universität St. Gallen, Müller-Friedberg-Str. 8, CH-9000 St. Gallen, (00 41) 71-2 22 48 75, Fax (00 41) 71-2 22 48 75, E-Mail [email protected] 504 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

74. Bußjäger, Dr. Peter, Privatdozent, Institut für Föderalismus, Maria-Theresien-Straße 38b, A-6020 Innsbruck, (00 43) 5 12-57 45 94, Fax (00 43) 5 12-57 45 94-4

75. Butzer, Dr. iur. Hermann, Professor, Orffstr. 3 C, 30989 Gehrden, (0 51 08) 91 22 85, Fax (0 51 08) 6 07 63 68; Leibniz-Universität Hannover, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Recht der staatlichen Transfersysteme, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62 81 69, Fax (05 11) 7 62 82 03, E-Mail [email protected]

76. Calliess, Dr. Christian, LL.M. Eur., M.A.E.S. (Brügge), Professor, (01 75) 2 05 75 22; Freie Universität Berlin, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Europarecht, Van’t-Hoff-Str. 8, 14195 Berlin, (0 30) 83 8-5 14 56, Fax (0 30) 83 8-5 30 12, E-Mail [email protected]

77. Cancik, Dr. Pascale, Professorin, Martinistr. 33, 49080 Osnabrück, (05 41) 9 70-19 77; Universität Osnabrück, Fachbereich Rechtswissenschaften, Martinistraße 8, 49069 Osnabrück, (05 41) 9 69-60 44, (05 41) 9 69-61 68 (Sekr.), E-Mail [email protected]

78. Caspar, Dr. Johannes, Privatdozent, Tronjeweg 16, 22559 Hamburg, (0 40) 81 96 11 95, Fax (0 40) 81 96 11 21; Universität Hamburg, Fachbereich Rechtswissenschaft, Edmund-Siemers-Allee 1, Flügel West, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-57 60, Fax (0 40) 4 28 38-62 80, E-Mail Johannes.Caspar@.ltsh.de Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 505

79. Classen, Dr. Claus Dieter, Professor, Olchinger Str. 57g, 82178 Puchheim, (0 89) 89 41 88 00, Fax (0 89) 89 41 88 01; Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, 17487 Greifswald, (0 38 34) 86 21 21 oder 21 24, Fax (0 38 34) 86 20 02, E-Mail [email protected]

80. Coelln, Dr. Christian von, Professor, Prinz-Georg-Str. 104, 40479 Düsseldorf, (02 11) 4 74 54 04, E-Mail [email protected]; Universität zu Köln, Institut für Deutsches und Europäisches Wissenschaftsrecht, Albert-Magnus-Platz, 50923 Köln, (02 21) 4 70-40 66, Fax (02 21) 4 70-29 48, E-Mail [email protected]

81. Collin, Dr. Peter, Privatdozent, Rykestr. 18, 10405 Berlin; MPI für europäische Rechtsgeschichte, Hausener Weg 120, 60489 Frankfurt am Main, (0 69) 7 89 78-1 61, (0 30) 40 05 62 92, Fax (0 69) 7 89 78-1 69, E-Mail [email protected]

82. Cornils, Dr. Matthias, Professor, Adelheidstr. 92, 65185 Wiesbaden, (06 11) 9 71 99 97, (01 78) 4 98 73 11, E-Mail [email protected]; Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Jakob-Welder-Weg 9, 55099 Mainz, (0 61 31) 39-2 20 69, E-Mail [email protected]

83. Cremer, Dr. Hans-Joachim, Universitätsprofessor, Steinritzstr. 21, 60437 Frankfurt am Main; Universität Mannheim, Fakultät für Rechtswissenschaft, Schloß, Westflügel, 68131 Mannheim, (06 21) 1 81-14 28, -14 29 (Sekr.), Fax (06 21) 1 81-14 30, E-Mail [email protected] 506 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

84. Cremer, Dr. Wolfram, Professor, Schellstraße 13, 44789 Bochum; Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Europarecht, GC 8/160, 44780 Bochum, (02 34) 32-2 28 18, Fax (02 34) 32-1 42 81, E-Mail [email protected]

85. Czybulka, Dr. Detlef, Universitätsprofessor, Bergstraße 24–25, 18107 Elmenhorst, (03 81) 7 95 39 44, Fax (03 81) 7 95 39 45; Universität Rostock, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Umweltrecht und Öffentliches Wirtschaftsrecht, Universitätsplatz 1, 18051 Rostock; (03 81) 4 98-82 50, Fax (03 81) 4 98-82 52, E-Mail [email protected]

86. Dagtoglou, Dr. Prodromos, Professor, Hippokratous 33, GR-Athen 144, (00 30) 13 22 11 90; dienstl.: (00 30) 13 62 90 65

87. Danwitz, Dr. Thomas von, Professor, Richter am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Klinkenbergsweg 1, 53332 Bornheim, (0 22 27) 90 91 04, Fax (0 22 27) 90 91 05; Institut für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Europarecht, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, (02 21) 4 70-52 80, Fax (02 21) 4 70-51 26, E-Mail [email protected], Sekretariat: [email protected]; Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, L-2925 Luxemburg, (0 03 52) 43 03-22 30, Fax (0 03 52) 43 03-20 71, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 507

88. Davy, Dr. Benjamin, Universitätsprofessor, Korte Geitke 5, 44227 Dortmund, (02 31) 77 99 94; Technische Universität Dortmund, Fakultät Raumplanung, Lehrstuhl für Bodenpolitik, Bodenmanagement und kommunales Vermessungswesen, August-Schmidt-Str. 10, 44221 Dortmund, (02 31) 7 55 22 28, Fax (02 31) 7 55 48 86, E-Mail [email protected]

89. Davy, Dr. Ulrike, Universitätsprofessorin, Korte Geitke 5, 44227 Dortmund, (02 31) 77 99 94 oder 7 94 99 79; Lehrstuhl für öffentliches Recht, deutsches und internationales Sozialrecht und Rechtsvergleichung, Universität Bielefeld, Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld, (05 21) 1 06 44 00 oder 68 93 (Sekr.), Fax (05 21) 1 06 80 83, E-Mail [email protected]

90. Dederer, Dr. Hans-Georg, Professor, Holländerstr. 13c, 94034 Passau; Universität Passau, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht, Innstr. 39, 94032 Passau, (08 51) 5 09-23 40, Fax (08 51) 5 09-23 42, E-Mail [email protected]

91. De Wall, Dr. Heinrich, Professor, Schronfeld 108, 91054 Erlangen, (0 91 31) 97 15 45; Hans-Liermann-Institut für Kirchenrecht der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Hindenburgstraße 34, 91054 Erlangen, (0 91 31) 85-2 22 42, Fax (0 91 31) 85-2 40 64, E-Mail [email protected] 508 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

92. Degenhart, Dr. Christoph, Universitätsprofessor, Stormstr. 3, 90461 Nürnberg, (09 11) 59 24 62, Fax (09 11) 59 24 62; Juristenfakultät, Universität Leipzig, Otto-Schill-Str. 2, 04109 Leipzig, (03 41) 97-3 51 91, Fax (03 41) 97-3 51 99, E-Mail [email protected] 93. Delbanco, Dr. Heike, Privatdozentin, Großbeerenstraße 83 A, 28211 Bremen, (04 21) 2 43 63 81, Fax (04 21) 3 30 49 40; Ärztekammer Bremen, Schwachhauser Heerstraße 30, 28209 Bremen, (04 21) 34 04-2 00, Fax (04 21) 34 04-2 09, E-Mail [email protected] 94. Delbrück, Jost, Dr. Dr. rer.pol.h.c., LL.D.h.c., Professor em., Schoolredder 20, 24161 Altenholz, (04 31) 32 39 95; Universität Kiel, 24098 Kiel, (04 31) 8 80 21 88, Fax (04 31) 8 80 16 19, E-Mail [email protected] 95. Denninger, Dr. Dr. h.c. Erhard, Professor em., Am Wiesenhof 1, 61462 Königstein, (0 61 73) 7 89 88; Universität Frankfurt, Institut für Öffentliches Recht, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt am Main, E-Mail [email protected] 96. Depenheuer, Dr. Otto, Professor, Joachimstraße 4, 53113 Bonn, (0 22 8) 92 89 43 63, Fax (02 28) 92 89 43 64; Universität zu Köln, Seminar für Staatsphilosophie und Rechtspolitik, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln, (02 21) 4 70 22 30, Fax (02 21) 4 70 50 10, E-Mail [email protected] 97. Determann, Dr. Lothar, Privatdozent, 1275 California Street, USA-San Francisco, CA 94109, E-Mail [email protected]; Freie Universität Berlin, Ehrenbergstr. 17, 14195 Berlin Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 509

98. Detterbeck, Dr. Steffen, o. Professor, Stettiner Str. 60, 35274 Kirchhain, (0 64 22) 45 31; Institut für Öffentliches Recht, Universität Marburg, Savignyhaus, Raum 407, Universitätsstr. 6, 35032 Marburg, (0 64 21) 2 82 31 23, Fax (0 64 21) 2 82 32 09, E-Mail [email protected]

99. Di Fabio, Dr. Dr. Udo, Professor, Richter des Bundesverfassungsgerichts, Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe, (07 21) 91 01-0, Fax (07 21) 91 01-3 82; Institut für Öffentliches Recht, Abt. Staatsrecht, Rheinische Friedrich Wilhelms-Universität, Adenauerallee 44, 53113 Bonn, (02 28) 73 55-73, Fax (02 28) 73 79 35, E-Mail [email protected]

100. Dietlein, Dr. Johannes, Professor, Heinrich-Heine-Universität, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre, Zentrum für Informationsrecht, Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf, (02 11) 81-1 14 20, Fax (02 11) 81-1 14 55, E-Mail [email protected]

101. Diggelmann, Dr. Oliver, Professor, Widmerstrasse 62, CH-8038 Zürich, (00 41) 4 44 82 56 35; Professur für Völkerrecht, Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie, Andrassy Universität Budapest, Pollack Mihaly Ter 3, 1088 Budapest, (00 36) 12 66 44 08-1 52, E-Mail [email protected]

102. Dittmann, Dr. Armin, o. Professor, Karl-Brennenstuhl-Str. 11, 72074 Tübingen, (0 70 71) 8 24 56; Universität Hohenheim – Schloß, Postfach 70 05 62, 70593 Stuttgart, (07 11) 4 59-27 91, Fax (07 11) 4 59-34 82, E-Mail [email protected] 510 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

103. Doehring, Dr. Dres. h.c. Karl, o. Professor, Mühltalstr. 117/3, 69121 Heidelberg, (0 62 21) 40 98 80, Universität (0 62 21) 54 74 46; MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 4 82-2 64, Fax (0 62 21)-48-26 77

104. Dolderer, Dr. Michael, Privatdozent, Erwinstr. 48, 79102 Freiburg, (07 61) 7 81 06; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Hauffstraße 5, 70190 Stuttgart, (07 11) 9 21-20 72 oder 921-2066, Fax (07 11) 9 21 20 00

105. Dolzer, Dr. Dr. Rudolf, Professor, Am Pferchelhang 4/1, 69118 Heidelberg, (0 62 21) 80 33 44; Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Universität Bonn, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73 91 72, Fax (02 28) 73 91 71, E-Mail [email protected]

106. Dörr, Dr. Dieter, Universitätsprofessor, Am Stadtwald 6, 66123 Saarbrücken; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Medienrecht, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, 55099 Mainz, (0 61 31) 3 92 26 81 oder 3 92 30 44, Fax (0 61 31) 3 92 56 97, E-Mail [email protected]; Mainzer Medieninstitut (MMI): Mainzer Medieninstitut e.V., Jakob-Welder-Weg 4, 55128 Mainz, (0 61 31) 1 44 92 50, Fax (0 61 31) 1 44 92 60, E-Mail [email protected]

107. Dörr, Dr. Oliver, LL.M. (London), Professor, Universität Osnabrück, Fachbereich Rechtswissenschaft, European Legal Studies Institute, 49069 Osnabrück, (05 41) 9 69 60 50 oder -60 51, Fax (05 41) 9 69 60 49, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 511

108. Dreier, Dr. Horst, o. Professor, Bismarckstr. 13, 21465 Reinbek, (0 40) 7 22 58 34; Lehrstuhl für Rechtsphilosophie, Staats- und Verwaltungsrecht, Universität Würzburg, Domerschulstraße 16, 97070 Würzburg, (09 31) 31-8 23 21, Fax (09 31) 31-29 11, E-Mail [email protected]

109. Dreier, Dr. Ralf, o. Professor, Wilhelm-Weber-Str. 4, 37073 Göttingen, (05 51) 5 91 14; Universität Göttingen, 37073 Göttingen, (05 51) 39 73 84

110. Droege, Dr. Michael, Universitätsprofessor, Victor-Achard-Str. 14a, 61350 Bad Homburg v. d. H., (0 61 72) 8 56 94 76, Fax (0 32 21) 1 29 56 38; Universität Osnabrück, Institut für Finanz- und Steuerrecht, Martinistr. 8, 49078 Osnabrück, (05 41) 9 69 61 68, Fax (05 41) 9 69 61 67, E-Mail [email protected]

111. Drüen, Dr. Klaus-Dieter, Professor, Beguinenstraße 75 b, 47228 Duisburg-Rheinhausen, (0 20 65) 2 57 91 42; Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Lehrstuhl für Unternehmenssteuerrecht, Universitätsstraße 1, 40225 Düsseldorf, (02 11) 81-1 58 68, Fax (02 11) 81-1 58 70, E-Mail [email protected]

112. Durner, Dr. jur., Dr. phil. Wolfgang, LL.M. (London), Professor, Viktoriaplatz 1, 53173 Bonn-Bad Godesberg; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Adenauerallee 44, 53113 Bonn, (02 28) 73 91 51, Fax (02 28) 73 55 82, E-Mail [email protected] 512 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

113. Eberle, Dr. Carl-Eugen, Professor, Justitiar des ZDF, Kapellenstr. 68a, 65193 Wiesbaden, (06 11) 52 04 68; ZDF, 55100 Mainz, (0 61 31) 70-41 00, Fax (0 61 31) 70 54 52, E-Mail Eberle.ce@.de

114. Ebsen, Dr. Ingwer, Professor, Alfred-Mumbächer-Str. 19, 55128 Mainz, (0 61 31) 33 10 20; FB Rechtswissenschaft, Universität Frankfurt, Postfach 11 19 32, 60054 Frankfurt am Main, (0 69) 79 82 27 03, E-Mail [email protected]

115. Eckhoff, Dr. Rolf, Professor, Bornwiesweg 37, 65388 Schlangenbad-Georgenborn, (0 61 29) 48 93 70, Fax (0 61 29) 48 93 72; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Finanz- und Steuerrecht, Universitätsstr. 31, 93040 Regensburg, (09 41) 9 43 26 56/57, Fax (09 41) 9 43 19 74, E-Mail [email protected]

116. Ehlers, Dr. Dirk, Professor, Am Mühlenbach 14, 48308 Senden, (0 25 97) 84 15, E-Mail [email protected]; Institut für öffentliches Wirtschaftsrecht, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Universitätsstr. 14–16, 48143 Münster, (02 51) 83-2 27 01, Fax (02 51) 83-2 83 15, E-Mail [email protected]

117. Ehmke, Dr. Horst, o. Professor, Am Römerlager 4, 53117 Bonn Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 513

118. Ehrenzeller, Dr. Bernhard, o. Professor, Kirchlistraße 36a, CH-9010 St. Gallen; Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis (IRP-HSG), Bodanstr. 4, CH-9000 St. Gallen, (00 41) 71-2 24 24 40 oder -46, Fax (00 41) 71-2 24 24 41, E-Mail [email protected]

119. Eifert, Dr. Martin, Professor, Beethovenstr. 57, 53115 Bonn; Justus-Liebig-Universität Gießen, Professur für Öffentliches Recht II, Hein-Heckroth-Straße 5, 35390 Gießen, (06 41) 9 92 10 90, Fax (06 41) 9 92 10 99, E-Mail [email protected]

120. Ekardt, Dr. Felix, LL.M., M.A., Professor, Könneritzstraße 41, 04229 Leipzig; Universität Rostock, apl. Professur für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie, Möllner Str. 10, 18109 Rostock, (03 41) 9 26 08 83, Fax (03 41) 9 26 08 83, E-Mail [email protected]

121. Elicker, Dr. Michael, Privatdozent, Dunzweiler Straße 6, 66564 Ottweiler, (0 68 58) 69 98 53, Fax (0 68 58) 69 98 53; Universität des Saarlandes, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Wirtschafts-, Finanz- u. Steuerrecht, Im Stadtwald, 66123 Saarbrücken, (06 81) 3 02-21 04, Fax (06 81) 3 02-47 79, E-Mail [email protected]

122. Emmerich-Fritsche, Dr. Angelika, Privatdozentin, Hornschuchpromenade 17, 90762 Fürth, (09 11) 70 66 60; c/o Frau Else Hirschmann, Sekretariat des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, WiSO, Lange Gasse 20, 90403 Nürnberg, (09 11) 5 30 23 11, E-Mail [email protected] 514 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

123. Enders, Dr. Christoph, Universitätsprofessor, Prellerstraße 1A, 04155 Leipzig, (03 41) 5 64 33 71, Fax (03 41) 5 64 33 72; Universität Leipzig, Juristenfakultät, Otto-Schill-Str. 2, 04109 Leipzig, (03 41) 97 35-3 51, Fax (03 41) 97 35-3 59, E-Mail [email protected]

124. Engel, Dr. Christoph, Professor, Königsplatz 25, 53173 Bonn, (02 28) 9 56 34 49, Fax (02 28) 9 56 39 44; Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Kurt-Schumacher-Straße 10, 53113 Bonn, (02 28) 9 14 16-10, Fax (02 28) 9 14 16-11, E-Mail [email protected]

125. Englisch, Dr. Joachim, Professor, Nettelbeckstr. 11, 40477 Düsseldorf, (02 11) 41 65 87 35, E-Mail [email protected]; Lehrstuhl für Steuerrecht, Finanzrecht und Öffentliches Recht, Universitätsstr. 24, 86159 Augsburg, (08 21) 5 98-45 40, Fax (08 21) 5 98-45 41, E-Mail [email protected]

126. Ennuschat, Dr. Jörg, Professor, Elberfelder Str. 23, 58452 Witten, (0 23 02) 39 00 28; Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Europarecht, Universität Konstanz, Universitätsstraße 10, 78464 Konstanz, (0 75 31) 88-36 54, Fax (0 75 31) 88-21 94, E-Mail [email protected]

127. Epiney, Dr. Astrid, Professorin, Avenue du Moléson 18, CH-1700 Fribourg, (00 41) 26-3 23 42 24; Universität Fribourg i.Ue./CH, Lehrstuhl für Europa-, Völker- und Öffentliches Recht, Av. de Beauregard 11, CH-1700 Fribourg, (00 41) 26-3 00 80 90, Fax (00 41) 26-3 00 97 76, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 515

128. Epping, Dr. Volker, Professor, Neddernwanne 38, 30989 Gehrden, (0 51 08) 91 26 97; Leibniz Universität Hannover, Juristische Fakultät, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62 82 48/49, Fax (05 11) 7 62 82 52, E-Mail [email protected]

129. Erbel, Dr. Günter, Professor, Burbacher Str. 10, 53129 Bonn; Universität Bonn, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73 55 83

130. Erbguth, Dr. Wilfried, Professor, Friedrich-Franz-Str. 38, 18119 Rostock-Warnemünde, (03 81) 5 48 67 09, Fax (03 81) 5 48 67 15; Universität Rostock, Juristische Fakultät, Richard-Wagner-Str. 31 (Haus 1), 18119 Rostock-Warnemünde, (03 81) 4 98 82 11, Fax (03 81) 4 98 82 12, E-Mail [email protected]

131. Erichsen, Dr. Hans-Uwe, o. Professor, Falkenhorst 17, 48155 Münster, (02 51) 3 13 12; Kommunalwissenschaftliches Institut, Universität Münster, Universitätsstr. 14–16, 48143 Münster, (02 51) 83 27 41, E-Mail [email protected]

132. Faber, Dr. Angela, apl. Professorin, Am Dörnchesweg 42, 50259 Pulheim, (0 22 34) 6 43 70, Fax (0 22 34) 80 29 93, E-Mail [email protected]; Hauptreferentin beim Deutschen Städtetag, Lindenallee 13–17, 50968 Köln, (02 21) 37 71-1 72, Fax (02 21) 37 71-2 00, E-Mail [email protected] 516 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

133. Faber, Dr. Heiko, Professor, Wunstorfer Str. 1, 30989 Gehrden, (0 51 08) 22 34; Universität Hannover, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62-82 06, E-Mail [email protected]

134. Faßbender, Dr. Bardo, LL.M. (Yale), Universitätsprofessor, Institut für Öffentliches Recht und Völkerrecht, Universität der Bundeswehr München, Werner-Heisenberg-Weg 39, 85577 Neubiberg, (0 89) 60 04-42 62, E-Mail [email protected]

135. Faßbender, Dr. Kurt, Professor, Auenstr. 85, 04178 Leipzig, (03 41) 5 82 01 18; Universität Leipzig, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insb. Umwelt- und Planungsrecht, Otto-Schill-Str. 2, 04109 Leipzig, (03 41) 97 35-1 31, Fax (03 41) 97 35-1 39, E-Mail [email protected]

136. Fastenrath, Dr. Ulrich, Professor, Liliensteinstraße 4, 01277 Dresden, (03 51) 2 54 05 36; Juristische Fakultät der TU Dresden, Bergstr. 53, 01069 Dresden, (03 51) 46 33-73 33, Fax (03 51) 46 33-72 13, E-Mail [email protected]

137. Fechner, Dr. Frank, Professor, Fischersand 57, 99084 Erfurt, (03 61) 6 44 56 96; TU Ilmenau, Institut für Rechtswissenschaft, Postfach 100 565, 98684 Ilmenau, (0 36 77) 69-40 22, E-Mail [email protected] 138. Fehling, Dr. Michael, LL.M. (Berkeley), Professor, Farmsener Landstr. 39 B, 22359 Hamburg, (0 40) 60 95 14 65, E-Mail [email protected]; Bucerius Law School, Hochschule für Rechtswissenschaft, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg, Postfach 30 10 30, (0 40) 3 07 06-2 31, Fax (0 40) 3 07 06-2 35, E-Mail [email protected]

139. Feik, Dr. Rudolf, Ao. Univ.-Prof., Hans Sperl Straße 7, A-5020 Salzburg, (00 43) 6 76 73 04 33 74; Universität Salzburg, Fachbereich Öffentliches Recht, Kapitelgasse 5–7, A-5020 Salzburg, (00 43) 6 62 80 44 36 03, Fax (00 43) 6 62 80 44 36 29, E-Mail [email protected]

140. Felix, Dr. Dagmar, Professorin, An den Fischteichen 47, 21227 Bendestorf, (0 41 83) 50 06 67, Fax (0 41 83) 50 07 29; Universität Hamburg, Öffentliches Recht und Sozialrecht, Fakultät für Rechtswissenschaft, Edmund-Siemers-Allee 1, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-26 65, Fax (0 40) 4 28 38-29 30, E-Mail [email protected]

141. Fetzer, Dr. Thomas, LL.M., Privatdozent, Eduard-Mörike-Str. 13, 68535 Neckarhausen, (0 62 03) 10 83 01, E-Mail [email protected]; Universität Mannheim, Fakultät für Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre, c/o Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Steuerrecht, Schloss Westflügel W140, 68131 Mannheim, (06 21) 1 81-14 35; Fax (06 21) 1 81-14 37, E-Mail [email protected] 142. Fiedler, Dr. Wilfried, o. Professor, Am Löbel 2, 66125 Saarbrücken-Dudweiler, (0 68 97) 76 64 01; Forschungsstelle Internationaler Kulturgüterschutz, Universität des Saarlandes, Gebäude 16, Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02-32 00, Fax (06 81) 3 02-43 30, E-Mail [email protected]

143. Fink, Dr. Udo, Univ.-Professor, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, 55099 Mainz, (0 61 31) 3 92 23 84, E-Mail [email protected]

144. Fisahn, Dr. Andreas, Professor, Grüner Weg 83, 32130 Enger; Universität Bielefeld, Fakultät für Rechtswissenschaft, Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld, (05 21) 1 06-43 84, E-Mail [email protected]

145. Fischer, Dr. Kristian, Privatdozent, Deidesheimer Str. 52, 68309 Mannheim, (06 21) 73 82 45; Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Steuerrecht, Universität Mannheim, Schloss, Westflügel, 68131 Mannheim, (06 21) 1 81-14 35, Fax (06 21) 1 81-14 37, E-Mail [email protected]

146. Fischer-Lescano, Dr. Andreas, LL.M. (EUI, Florenz), Professor, Reederstr. 15, 28203 Bremen, (04 21) 7 90 33 66; Professur für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht, Universität Bremen, Zentrum für Europäische Rechtspolitik (ZERP), Universitätsallee GW 1, 28359 Bremen, (04 21) 2 18 32 13, Fax (04 21) 2 18 34 03, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 519

147. Fleiner, Dr. Dr. h.c. Thomas, o. Professor, rte. Beaumont 9, CH-1700 Fribourg, (00 41) 26-4 24 66 94, Fax (00 41) 26-4 24 66 89; Institut für Föderalismus, Universität Fribourg, Route d’Englisberg 7, CH-1763 Granges-Paccot, (00 41) 26-3 00 81 25 oder -28, Fax (00 41) 26-3 00 97 24, E-Mail [email protected]

148. Folz, Dr. Hans-Ernst, Professor, Bispinger Weg 11, 30625 Hannover, (05 11) 57 57 19 oder 56 28 92; Universität Hannover, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62-82 48 oder -82 49, Fax (05 11) 7 62-82 52

149. Folz, Dr. Hans-Peter, Privatdozent, Christoph von Schmid-Straße 11, 86159 Augsburg, (08 21) 5 89 41 83; Juristische Fakultät, Universität Augsburg, Universitätsstraße 24, 86159 Augsburg, (08 21) 5 98 45 73, Fax (08 21) 5 98 45 72, E-Mail [email protected]

150. Frank, Dr. Dr. h.c. Götz, Professor, Cäcilienplatz 4, 26122 Oldenburg, (04 41) 7 56 89; Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Juristisches Seminar, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 26111 Oldenburg, Paketanschrift: Ammerländer Heerstraße 114–118, 26129 Oldenburg; (04 41) 7 98-41 43, Fax (04 41) 7 98-41 51, E-Mail [email protected]

151. Frankenberg, Dr. Dr. Günter, Professor, Buchrainweg 17, 63069 Offenbach; Institut für Öffentliches Recht, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt, Senckenberganlage 31, 60054 Frankfurt am Main, (0 69) 79 82 29 91, Fax (0 69) 79 82 83 83, E-Mail [email protected] 520 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

152. Franzius, Dr. Claudio, Privatdozent, Sybelstr, 61, 10629 Berlin, (0 30) 88 55 44 89, Fax (0 30) 88 55 48 29; Humboldt-Universität Berlin, Juristische Fakultät, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, E-Mail [email protected]

153. Friauf, Dr. Karl Heinrich, o. Professor, Eichenhainallee 17, 51427 Bergisch-Gladbach, (0 22 04) 6 19 84; Universität Köln, 50923 Köln

154. Fromont, Dr. Dr. h.c. mult. Michel, Professor, 12, Boulevard de Port Royal, F-75005 Paris, (00 33) 1 45 35 73 71, E-Mail [email protected]

155. Frotscher, Dr. Werner, Professor, Habichtstalgasse 32, 35037 Marburg/Lahn, (0 64 21) 3 29 61; Universität Marburg, Universitätsstr. 6, 35032 Marburg/Lahn, (0 64 21) 28-2 31 22/1 26 (Sekr.), Fax (0 64 21) 2 82-38 40, E-Mail [email protected]

156. Frowein, Dr. Dr. h.c. Jochen Abr., o. Professor, Blumenthalstr. 53, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 47 46 82, Fax (0 62 21) 41 39 71; MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 4 82-2 58, Fax (0 62 21) 4 82-6 77, E-Mail [email protected]

157. Führ, Dr. Martin, Professor, Rostockerstr. 17, 63303 Dreieich/Sprendlingen, (0 61 03) 93 66 17, Fax (0 61 03) 93 66 19; Fachhochschule Darmstadt, Haardtring 100, 64295 Darmstadt, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 521

158. Funk, Dr. Bernd-Christian, o. Professor, Franz Grassler Gasse 23, A-1230 Wien, (00 43) 18 89 29 35, Fax (00 43) 18 89 29 35; Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Universität Wien, Juridicum, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien; Institut für Universitätsrecht und Universitätsmanagement, Johannes Kepler Universität Linz, Altenbergerstr. 69, A-4040 Linz, (00 43) 7 32-24 68-93 36, Fax (00 43) 7 32-24 68 93 99, E-Mail [email protected]

159. Gächter, Dr. Thomas, Professor, Ausserdorferstr. 12g, CH-8052 Zürich, (0041) 13 63 37 24; Universität Zürich, Treichlerstr. 10, CH-8032 Zürich, (00 41) 4 46 34 30 62, E-Mail [email protected]

160. Gaitanides, Dr. Charlotte, LL.M. (Barcelona), Privatdozentin, 22041 Hamburg, (0 40) 68 28 48 77; Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg, Institut für Öffentliches Recht, Holstenhofweg 85, 22043 Hamburg, (0 40) 65 41-29 40, E-Mail [email protected]

161. Gallent, DDr. Kurt, Universitätsprofessor, Obersenatsrat i.R., Pestalozzistr. 1/III, A-8010 Graz, (00 43) 3 16-84 76 22

162. Gallwas, Dr. Hans-Ulrich, Professor, Hans-Leipelt-Str. 16, 80805 München, (0 89) 3 22 83 66; Universität München, Professor-Huber-Platz 2, 80539 München, (0 89) 21 80-32 62 522 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

163. Gamper, Dr. Anna, Univ.-Prof., Universität Innsbruck, Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Innrain 52d, A-6020 Innsbruck, (00 43) 51 25 07-82 24, Fax (00 43) 51 25 07-28 28, E-Mail [email protected]

164. Gärditz, Dr. Klaus Ferdinand, Professor, Elliger Höhe 35, 53177 Bonn, (02 28) 28 05 27 97; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Institut für Öffentliches Recht, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73-6 24 03, E-Mail [email protected]

165. Gassner, Dr. Ulrich M., Mag.rer.publ., M.Jur. (Oxon), Professor, Scharnitzer Weg 9, 86163 Augsburg, (08 21) 6 32 50, E-Mail [email protected]; Universität Augsburg, Universitätsstr. 2, 86135 Augsburg, (08 21) 5 98-45 46, Fax (08 21) 5 98-45 47, E-Mail [email protected]

166. Geis, Dr. Max-Emanuel, o. Professor, Valentin-Rathgeber-Str. 1, 96049 Bamberg, (09 51) 51 93-3 05 oder -3 06, Fax (09 51) 51 93-3 08; Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Schillerstr. 1, 91054 Erlangen, (0 91 31) 8 52 28 18, Fax (0 91 31) 8 52 63 82, E-Mail [email protected]

167. Gellermann, Dr. Martin, apl. Professor, Schlesierstraße 14, 49492 Westerkappeln, (0 54 04) 20 47, Fax (0 54 04) 91 94 75; Universität Osnabrück, Fachbereich Rechtswissenschaften, 49069 Osnabrück, (0 54 04) 91 96 95, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 523

168. Germann, Dr. Michael, Professor, Rathenauplatz 13, 06114 Halle, (03 45) 5 23 89 32; Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Staatskirchenrecht und Kirchenrecht, Universitätsplatz 5, 06108 Halle, (03 45) 55-2 32 20, Fax (03 45) 55-2 76 74, E-Mail [email protected]

169. Gersdorf, Dr. Hubertus, Professor, Alte Leipziger Str. 10, 10117 Berlin, (0 30) 20 61 96 61, Fax (0 30) 20 61 96 62; Universität Rostock, Juristische Fakultät, Gerd Bucerius-Stiftungsprofessur, Richard-Wagner-Straße 7, 18055 Rostock, (03 81) 2 03 60 76, Fax (03 81) 2 03 60 75, E-Mail [email protected]

170. Giegerich, Dr. Thomas, Professor, LL.M. (University of Virginia), Birkenweg 90, 24211 Preetz; Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht, Universität Kiel, Westring 400, 24098 Kiel, (04 31) 8 80-21 89 (–17 33 [Sekr.]), E-Mail [email protected]

171. Goerlich, Dr. Helmut, Professor, Universität Leipzig, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Burgstr. 27, 04109 Leipzig, (03 41) 97-3 51 71, Fax (03 41) 97-3 51 79, E-Mail [email protected]

172. Gornig, Dr. Dr. h c. mult. Gilbert, Professor, Pfarracker 4, 35043 Marburg-Bauerbach, (0 64 21) 16 35 66, Fax (0 64 21) 16 37 66; Institut für Öffentliches Recht, Universität Marburg, Universitätsstr. 6, 35032 Marburg, (0 64 21) 2 82 31 31 oder 28-31 27, Fax (0 64 21) 2 82 38 53, E-Mail [email protected] 524 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

173. Görisch, Dr. Christoph, Privatdozent, Martin-Niemöller-Str. 61, 48159 Münster; Westfälische Wilhelms-Universität, Institut für Öffentliches Recht und Politik, Wilmergasse 28, 48143 Münster, (02 51) 83-2 18 61, Fax (02 51) 5 10 49-19 E-Mail [email protected]

174. Götz, Dr. Volkmar, o. Professor, Geismarlandstr. 17a, 37083 Göttingen, (05 51) 4 31 19; Universität Göttingen, Abt. Europarecht des Instituts für Völkerrecht, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen, (05 51) 39-47 61, Fax (05 51) 39-21 96, E-Mail [email protected]

175. Grabenwarter, Dr. Dr. Christoph, Universitätsprofessor, Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht, Wirtschaftsuniversität Wien, Althanstr. 39–45, A-1090 Wien, (00 43) 13 13 36-44 23, Fax (00 43) 13 13 36-92 05; Mitglied des Verfassungsgerichtshofs, Verfassungsgerichtshof, Judenplatz 11, A-1010 Wien, (00 43) 15 31 22, E-Mail [email protected]

176. Gramlich, Dr. Ludwig, Professor, Justus-Liebig-Str. 38 A, 64839 Münster; Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, TU Chemnitz-Zwickau, Postfach 9 64, 09009 Chemnitz, (03 71) 5 31 41 64, -65, Fax (03 71) 5 31 39 61, E-Mail [email protected]

177. Gramm, Dr. Christof, Privatdozent, MinRat, Wilhelmstraße 10, 53604 Bad Honnef, (0 22 24) 48 34; Bundesministerium der Verteidigung, Postfach 1328, 53003 Bonn, (02 28) 12-93 70, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 525

178. Graser, Dr. Alexander, Professor, Brennereistraße 66, 85662 Hohenbrunn, (0 81 02) 77 88 55; Hertie School of Governance, Schlossplatz 1, 10178 Berlin, (0 30) 2 12 31 23 14, Fax (0 30) 2 12 31 28 88, E-Mail [email protected]

179. Grawert, Dr. Dr. h.c. Rolf, o. Professor, Aloysiusstrasse 28, 44795 Bochum, (02 34) 47 36 92, Fax (02 34) 5 16 91 36; Ruhr-Universität Bochum, Juristische Fakultät, Universitätsstrasse 150, GC 8/59, 44721 Bochum, (02 34) 32 22 52 65, Fax (02 34) 3 21 42 36, E-Mail [email protected]

180. Grewlich, Dr. Dr. Klaus W., LL.M. (Berkeley), Professor, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland a.D., Colmantstr. 43, 53115 Bonn; Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät und Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI), Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn; Hertie School of Governance, Berlin; Europakolleg Brügge & Warschau/Schloss Natolin; E-Mail [email protected]

181. Grigoleit, Dr. Klaus Joachim, Privatdozent, Westfälische Straße 38, 10711 Berlin, (0 30) 89 50 40 05, E-Mail [email protected]; Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-35 27, E-Mail [email protected]

182. Griller, Dr. Stefan, Universitätsprofessor, Hungerbergstr. 11–13, A-1190 Wien, (00 43) 1 32 24 05; Europainstitut, Wirtschaftsuniversität Wien, Althanstr. 39–45, A-1090 Wien, (00 43) 13 13 36-41 35 oder 41 36, Fax (00 43) 13 13 36-7 58, E-Mail [email protected] 526 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

183. Grimm, Dr. Dr. h.c. mult., LL.M. (Harvard), Dieter, o. Professor (em.), Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-35 66, Fax (0 30) 20 93-35 78; Wissenschaftskolleg zu Berlin, Institute for Advanced Study, Wallotstr. 19, 14193 Berlin, (0 30) 8 90 01-0 (Zentrale), (0 30) 8 90 01-1 24, Fax (0 30) 8 90 01-1 00, E-Mail [email protected]

184. Gröpl, Dr. Christoph, Professor, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universität des Saarlandes, Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02-32 00, Fax (06 81) 3 02-43 30, E-Mail [email protected]

185. Gröschner, Dr. Rolf, o. Professor, Stormstr. 39, 90491 Nürnberg, (09 11) 59 14 08; Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universität Jena, Carl-Zeiss-Straße 3, 07743 Jena, (0 36 41) 94 22 20 oder -21, Fax (0 36 41) 94 22 22, E-Mail [email protected]

186. Groh, Dr. Kathrin, Privatdozentin, Rohrteichstr. 44, 33602 Bielefeld, (05 21) 5 60 04 45; Universität Bielefeld, Fakultät für Rechtswissenschaft, Universitätsstr. 25, 33615 Bielefeld, (05 21) 1 06-43 97, Fax (05 21) 1 06-15 43 97, E-Mail [email protected]

187. Gromitsaris, Dr. Athanasios, Privatdozent, E-Mail [email protected]; Friedrich-Schiller-Universität, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Carl-Zeiss-Str. 3, 07737 Jena, (0 36 41) 94 22 30, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 527

188. Groß, Dr. Thomas, Professor, Martinistr. 33, 49080 Osnabrück, (05 41) 9 70 19 79; Justus-Liebig-Universität, Fachbereich Rechtswissenschaft, Licher Straße 64, 35394 Gießen, (06 41) 99-2 11 20 /-21, Fax (06 41) 99-2 11 29, E-Mail [email protected]

189. Grote, Dr. Rainer, LL.M. (Edinburgh), Privatdozent, Im Sand 3A, 69115 Heidelberg, (0 62 21) 16 43 46, Fax (0 62 21) 91 47 35; Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 48 22 44, Fax (0 62 21) 48 22 88, E-Mail [email protected]

190. Grupp, Dr. Klaus, Universitätsprofessor, Stephanieufer 5, 68163 Mannheim, (06 21) 82 21 97, Fax (06 21) 82 21 97; Universität des Saarlandes, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Abteilung Rechtswissenschaft, Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02-48 53, Fax (06 81) 3 02-39 49, E-Mail [email protected]

191. Grzeszick, Dr. Bernd, LL.M. (Cambridge), Professor, Henkestraße 74–76, 91052 Erlangen, (0 91 31) 1 23 28 14, E-Mail [email protected]; Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Institut für Rechtsphilosophie und Allgemeine Staatslehre, Schillerstraße 1, 91054 Erlangen, (0 91 31) 8 52 22 60/-59, Fax (0 91 31) 8 52 69 50

192. Guckelberger, Dr. Annette, Professorin, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universität des Saarlandes, Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02-5 74 01, E-Mail [email protected] 528 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

193. Gundel, Dr. Jörg, Professor, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Universität Bayreuth, 95440 Bayreuth, (09 21) 55-29 43, E-Mail [email protected]

194. Gurlit, Dr. Elke, Universitätsprofessorin, Rüdesheimer Straße 18, 65197 Wiesbaden, (06 11) 37 51 52 oder (01 79) 5 92 22 15; Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Jakob-Welder-Weg 9, 55099 Mainz, (0 61 31) 3 92 31 14, Fax (0 61 31) 3 92 40 59, E-Mail [email protected]

195. Gusy, Dr. Christoph, Professor, Wendischhof 14, 33619 Bielefeld, (05 21) 9 67 79 67; Universität Bielefeld, Fakultät für Rechtswissenschaft, Universitätsstr. 25, 33615 Bielefeld, (05 21) 1 06 43 97, Fax (05 21) 1 06 80 61, E-Mail [email protected]

196. Haack, Dr. Stefan, Privatdozent, Universität Leipzig, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Wirtschafts-, Umwelt- und Planungsrecht (Prof. Dr. C. Degenhart), Postfach 100920, 04009 Leipzig, (03 41) 9 73 51 92, Fax (03 41) 9 73 51 99, E-Mail [email protected]

197. Häberle, Dr. Dr. h.c. mult. Peter, o. Professor, Forschungsstelle für Europäisches Verfassungsrecht, Universität Bayreuth, Universitätsstraße 30, Postfach, 95440 Bayreuth, (09 21) 55 70 88, Fax (09 21) 55 70 99, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 529

198. Häde, Dr. Ulrich, Universitätsprofessor, Lennéstraße 15, 15234 Frankfurt (Oder), (03 35) 6 85 74 38; Europa-Universität Viadrina, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insb. Verwaltungsrecht, Finanzrecht und Währungsrecht, Postfach 17 86, 15207 Frankfurt/Oder, Hausanschrift: Große Scharrnstr. 59, 15230 Frankfurt (Oder), (03 35) 55 34-26 70, Fax (03 35) 55 34-25 25, E-Mail [email protected]

199. Haedrich, Dr. Martina, Professorin, Im Ritzetal 20, 07749 Jena, (0 36 41) 44 85 25, Fax (0 36 41) 44 44 14; Rechtswissenschaftliche Fakultät, Friedrich-Schiller-Universität, Carl-Zeiss-Straße 3, 07743 Jena, (0 36 41) 94 22 15, Fax (0 36 41) 9 42 002, E-Mail [email protected]

200. Hafner, Dr. Felix, Professor, Hirzbrunnenschanze 67, CH-4058 Basel, (00 41) 61-6 91 40 64; Universität Basel, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Peter Merian-Weg 8, Postfach, 4002 Basel, (00 41) 6 12 67 25 64, Fax (00 41) 6 12 67 07 95, E-Mail [email protected]

201. Hahn, Dr. Dr. h.c. Hugo J., LL.M. (Harvard), o. Professor, Frankenstr. 63, 97078 Würzburg, (09 31) 28 42 86; Universität Würzburg, (09 31) 31-8 23 10, Fax (09 31) 31-23 17

202. Hailbronner, Dr. Kay, o. Professor, Toggenbühl, CH-8269 Fruthwilen, (00 41) 71-6 64 19 46, Fax (00 41) 71-6 64 16 26; Universität Konstanz, (0 75 31) 88 22 47, E-Mail [email protected] 530 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

203. Hain, Dr. Karl-E., Professor, Herrenstr. 10, 57627 Hachenburg, (0 26 62) 94 20 64; Universität zu Köln, Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Medienrecht, Aachener Str. 197–199, 50931 Köln, (02 21) 2 85 56-1 12, Fax (02 21) 2 85 56-1 22, E-Mail [email protected]

204. Haller, Dr. Herbert, Universitätsprofessor, Felix-Mottl-Str. 48, Haus 2, A-1190 Wien, (00 43) 13 42 93 82; Wirtschaftsuniversität Wien, (00 43) 13 13 36 46 68, E-Mail [email protected]

205. Haller, Dr. Walter, o. Professor, Burgstrasse 264, CH-8706 Meilen, (00 41) 4 49 23 10 14; Forchstr. 59, CH-8032 Zürich, (00 41) 4 33 43 96 00, E-Mail [email protected]

206. Haltern, Dr. Ulrich, LL.M. (Yale), Universitätsprofessor, Bölschestr. 2, 30173 Hannover, (05 11) 3 57 62 59; Universität Hannover, Lehrstuhl für deutsches und europäisches Staats- und Verwaltungsrecht, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62 81 86, Fax (05 11) 7 62 81 73, E-Mail [email protected]

207. Hammer, Dr. Felix, apl. Prof., Gelber Kreidebusen 33/5, 72108 Rottenburg; Justitiar und Kanzler der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Bischöfliches Ordinariat, Eugen-Bolz-Platz 1, 72108 Rottenburg, (0 74 72) 16 93 61, Fax (0 74 72) 16 98 33 61, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 531

208. Hammer, Dr. Stefan, Univ.-Doz., Anton Frank-Gasse 17, A-1180 Wien, (00 43) 14 70 59 76; Universität Wien, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, (00 43) 1 42 77-3 54 65, Fax (00 43) 1 42 77-3 54 69, E-Mail [email protected]

209. Hangartner, Dr. Yvo, o. Professor, Am Gozenberg 2, CH-9202 Gossau, (00 41) 71-85 15 11; Hochschule St. Gallen

210. Hänni, Dr. Peter, o. Professor, Stadtgraben 6, CH-3280 Murten, (00 41) 26-6 70 58 15; Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Universität Fribourg, Les Portes de Fribourg, Route d’Englisberg 7, CH-1763 Granges-Paccot, (00 41) 26-3 00 81 29, Fax (00 41) 26-3 00 97 24, E-Mail [email protected]

211. Haratsch, Dr. Andreas, Universitätsprofessor, Berliner Straße 18c, 58313 Herdecke, (0 23 30) 92 67 13; Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht sowie Völkerrecht, FernUniversität in Hagen, Universitätsstraße 21, 58084 Hagen, (0 23 31) 9 87-28 77 oder -43 89, Fax (0 23 31) 9 87-3 24, E-Mail [email protected]

212. Härtel, Dr. Ines, Professorin, Schinkelstr. 13, 44801 Bochum, (02 34) 8 90 33 63; Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Verwaltungs-, Europa-, Agrar- und Umweltrecht, GC 8/39, Universitätsstr. 150, 44780 Bochum, (02 34) 3 22 22 65, Mobil (01 79) 6 63 64 22, E-Mail [email protected] 532 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

213. Hase, Dr. Friedhelm, Professor, Ewald-Rübsamen-Weg 7, 57076 Siegen, (02 71) 2 50 65 47; Universität Siegen, Fachbereich 5, Wirtschaftswissenschaften, Hölderlinstr. 3, 57068 Siegen, (02 71) 7 40-32 19 oder 7 40-32 08, Fax (02 71) 7 40-24 77, E-Mail [email protected]

214. Hatje, Dr. Armin, Professor, Universität Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft, Abt. Europäisches Gemeinschaftsrecht, Schlüterstr. 28, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-30 46, Fax (0 40) 4 28 38-43 67, E-Mail [email protected]

215. Hebeler, Dr. Timo, Privatdozent, Fortweg 7, 35463 Fernwald-Annerod, (0 15 77) 2 02 94 80; Justus-Liebig-Universität Gießen, Fachbereich Rechtswissenschaft, Licher Straße 64, 35394 Gießen, (06 41) 9 92 11 24, Fax (06 41) 9 92 11 29, E-Mail [email protected]

216. Heckel, Dr. iur. Dr. theol. h.c. Martin, o. Universitätsprofessor, Lieschingstr. 3, 72076 Tübingen, (0 70 71) 6 14 27

217. Hecker, Dr. Jan, LL.M., Privatdozent, Marienstr. 25, 10117 Berlin, (0 30) 44 31 76 85, Mobil (01 76) 23 29 28 26; Bundesministerium des Innern, Alt-Moabit 101, 10559 Berlin, (0 18 88) 6 81 19 65, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 533

218. Heckmann, Dr. Dirk, Universitätsprofessor, stv. Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Schärdinger Straße 11e, 94032 Passau, (08 51) 75 38 83, Fax (08 51) 4 90 58 20; Universität Passau, Ordinarius für Internet- und Sicherheitsrecht, Innstraße 40, 94032 Passau, (08 51) 5 09-22 90, Fax (08 51) 5 09-22 92, E-Mail [email protected] 219. Heinig, Dr. Hans Michael, Professor, Rochstr. 17, 10178 Berlin, (0 30) 78 08 60 59; Kirchenrechtliches Institut der EKD, Goßlerstr. 11, 37073 Göttingen, (05 51) 39-1 06 02; Universität Göttingen, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insb. Kirchen- und Staatskirchenrecht, Goßlerstr. 11, 37073 Göttingen, (05 51) 39-1 06 02, Fax (05 51) 39-1 06 07, E-Mail [email protected] 220. Heintschel von Heinegg, Dr. Wolff, Professor, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder), Lehrstuhl für Öffentliches Recht, August-Bebel-Str. 12, 15234 Frankfurt (Oder), (03 35) 55 34-29 16, Fax (03 35) 55 34-29 15, E-Mail [email protected] 221. Heintzen, Dr. Markus, Professor, Freie Universität Berlin, Fachbereich Rechtswissenschaft, Van’t-Hoff-Str. 8, 14195 Berlin, (0 30) 8 38-5 24 79, Fax (0 30) 8 38-5 21 05, E-Mail [email protected] 222. Heitsch, Dr. Christian, apl. Professor, 72 Queens Road, Caversham, Reading, Berks., RG4 8DL, U.K., (00 44) 11 89 47 49 13, E-Mail [email protected]; Lecturer in Law, Brunel Law School, Brunel University West London, Kingston Lane, Uxbridge, Middlesex UB8 3PH, United Kingdom, (00 44) 18 95 26 76 50, E-Mail [email protected] 534 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

223. Hellermann, Dr. Johannes, Universitätsprofessor, Hardenbergstr. 12a, 33615 Bielefeld, (05 21) 16 00 38; Universität Bielefeld, Fakultät für Rechtswissenschaft, Universitätsstr. 25, 33615 Bielefeld, (05 21) 1 06-44 22, Fax (05 21) 1 06-60 48, E-Mail [email protected]

224. Hendler, Dr. Reinhard, Universitätsprofessor, Laurentius-Zeller-Str. 12, 54294 Trier, (06 51) 9 37 29 44; Universität Trier, Fachbereich Rechtswissenschaft, Universitätsring 15, 54286 Trier, (06 51) 2 01-25 56 oder 25 58, Fax (06 51) 2 01-39 03, E-Mail [email protected]

225. Hengstschläger, Dr. Johann, o. Universitätsprofessor, Steinfeldgasse 7, A-1190 Wien, (00 43) 1 32-8 17 27; Johannes-Kepler-Universität, Altenbergerstr. 69, A-4040 Linz, (00 43) 7 32-24 68-4 01, Fax (00 43) 7 32-2 46 43, E-Mail [email protected]

226. Hense, Dr. Ansgar, Privatdozent, Austraße 5, 53179 Bonn, (02 28) 4 29 53 72; Institut für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands, Adenauerallee 19, 53111 Bonn, (02 28) 26 74-3 61, E-Mail [email protected]

227. Herdegen, Dr. Matthias, Professor, Friedrich-Wilhelm-Str. 35, 53113 Bonn; Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Universität Bonn, Adenauerallee 44, 53113 Bonn, (02 28) 73 55 70/-80, Fax (02 28) 73 79 01, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 535

228. Hermes, Dr. Georg, Professor, Berliner Str. 14a, 61440 Oberursel, (0 61 71) 5 08 19 91, Fax (0 61 71) 6 94 75 70; Universität Frankfurt, Fachbereich Rechtswissenschaft, Campus Westend, Grüneburgplatz 1 (RuW), Postfach 11 19 31, 60054 Frankfurt am Main, (0 69) 7 98-3 42 75, Fax (0 69) 7 98-3 45 12, E-Mail [email protected] 229. Herrmann, Dr. Christoph, LL.M., Professor, Residenzplatz 10, 94032 Passau, (08 51) 2 30 20 18, (01 77) 8 42 75 43; Universität Passau, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht, Innstraße 39, 94032 Passau, E-Mail [email protected] 230. Herrmann, Dr. Günter, Professor, Wankweg 13, 87642 Buching/Allgäu, (0 83 68) 16 96; Universität München, Professor-Huber-Platz 2, 80539 München 231. Herzog, Dr. Roman, Professor, Bundespräsident a.D., Postfach 86 04 45, 81631 München 232. Heselhaus, Dr. Sebastian, Professor, M.A., Kehlhofweg 10, CH-6043 Adligenswil, Schweiz, (00 41) 4 13 70 25 00; Universität Luzern, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Europarecht, Völkerrecht und Öffentliches Recht, Hofstr. 9, Postfach 7464, CH-6000 Luzern 7, Schweiz, (00 41) 4 12 28 74 11, Fax (00 41) 4 12 28 74 31 E-Mail [email protected] 233. Heun, Dr. Werner, Professor, Bürgerstraße 5, 37073 Göttingen, (05 51) 70 62 48; Universität Göttingen, Institut für Allgemeine Staatslehre und Politische Wissenschaften, Goßlerstraße 11, 37073 Göttingen, (05 51) 39-46 93, Fax (05 51) 39-22 39, E-Mail [email protected] 536 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

234. Hey, Dr. Johanna, Professorin, Wiethasestraße 73, 50933 Köln, (02 21) 4 91 17 38, Fax (02 21) 4 91 17 34; Universität zu Köln, Institut für Steuerrecht, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln, (02 21) 4 70-22 71, Fax (02 21) 4 70-50 27, E-Mail [email protected] 235. Heyen, Dr. iur. lic. phil. Erk Volkmar, Universitätsprofessor, Arndtstraße 22, 17489 Greifswald, (0 38 34) 50 27 16; Ernst Moritz Arndt-Universität, Domstr. 20, 17489 Greifswald, (0 38 34) 86-21 08, Fax (0 38 34) 86-20 02, E-Mail [email protected] 236. Hidien, Dr. Jürgen W., Professor, Goebenstr. 33, 48151 Münster, (02 51) 4 78 77 237. Hilf, Dr. Meinhard, Universitätsprofessor, Bahnsenallee 71, 21465 Reinbek bei Hamburg, (0 40) 78 10 75 10, Fax (0 40) 78 10 75 12; Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg, (0 40) 3 07 06-1 58, Fax (0 40) 3 07 06-2 46, E-Mail [email protected] 238. Hill, Dr. Hermann, Professor, Kilianstraße 5, 67373 Dudenhofen; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Postfach 14 09, 67324 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 28, E-Mail [email protected] 239. Hillgruber, Dr. Christian, Professor, Zingsheimstr. 25, 53359 Rheinbach; Institut für Öffentliches Recht, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73 79 25, Fax (02 28) 73 48 69, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 537

240. Hobe, Dr. Stephan, LL.M., Universitätsprofessor, In der Asbach 32, 53347 Alfter-Impekoven, (02 28) 9 48 93 00; Universität zu Köln, Institut für Luft- und Weltraumrecht und Lehrstuhl für Völker- und Europarecht, europäisches und internationales Wirtschaftsrecht, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln, (02 21) 4 70 23 37, E-Mail [email protected] 241. Hochhuth, Dr. Martin, Privatdozent, Kaiser-Joseph-Straße 268, 79098 Freiburg; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Öffentliches Recht, Abteilung III, Staatsrecht, Platz der Alten Synagoge 1, 79085 Freiburg, (07 61) 2 03-22 43, Fax (07 61) 2 03-22 40, E-Mail [email protected] 242. Hoffmann-Riem, Dr. Wolfgang, Professor, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D., Bellevue 23, 22301 Hamburg, (0 40) 60 56 26 72, Fax (0 40) 60 56 26 73, E-Mail [email protected]; Universität Hamburg, Schlüterstr. 28, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-54 16, Fax (0 40) 4 28 38-27 00, E-Mail [email protected] 243. Höfling, Dr. Wolfram, M.A., Professor, Bruchweg 2, 52441 Linnich, (0 24 62) 36 16; Universität zu Köln, Institut für Staatsrecht, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln, (02 21) 4 70-33 95, Fax (02 21) 4 70-50 75, E-Mail [email protected] 244. Hofmann, Dr. Ekkehard, Privatdozent, Scharnhorststr. 16, 04275 Leipzig, (03 41) 3 06 96 03; UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig/Halle GmbH, Department Umwelt- und Planungsrecht, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, (03 41) 2 35 31 46, Fax (03 41) 2 35 28 25, E-Mail [email protected] 538 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

245. Hofmann, Dr. Dr. h. c. Hasso, o. Professor, Christoph-Mayer-Weg 5, 97082 Würzburg, (09 31) 8 73 88, Fax (09 31) 78 32 88, oder Torstr. 176, 10115 Berlin, (0 30) 2 81 30 75, E-Mail [email protected]; Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-35 53

246. Hofmann, Dr. Dr. Rainer, Universitätsprofessor, Bergstr. 83, 69121 Heidelberg, (0 62 21) 40 10 04; Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt am Main, (0 69) 7 98-2 53 17, Fax (0 69) 7 98-2 53 18, E-Mail [email protected]

247. Hohmann, Dr. Harald, Privatdozent, Furthwiese 10, 63654 Büdingen, (0 60 49) 95 29 12, Fax (0 60 49) 95 29 13; Hohmann & Partner Rechtsanwälte, Schloßgasse 2, 63654 Büdingen, (0 60 42) 95 67-0, Fax (0 60 42) 95 67-67, E-Mail [email protected]

248. Hollerbach, Dr. Dr. h.c. Alexander, o. Professor, Runzstraße 86, 79102 Freiburg i.Br., (07 61) 2 17 14 13; Universität Freiburg, Forschungsstelle für Kirchenrecht- und Staatskirchenrecht, Institut für öffentliches Recht Abteilung IV 79085 Freiburg i.Br., (0761) 2 03 22 58 oder -64, Fax (07 61) 2 03 22 97

249. Holoubek, Dr. Michael, Universitätsprofessor, Zehenthofgasse 36/8, A-1190 Wien, (00 43) 13 17 73 72, Fax (00 43) 13 17 73 72 18; Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht, Wirtschaftsuniversität Wien, Althanstraße 39–45, A-1090 Wien, (00 43) 13 13 36-46 60, Fax (00 43) 13 13 36-7 13, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 539

250. Hölscheidt, Dr. Sven, Minsterialrat, apl. Professor, Westfälische Straße 45, 10711 Berlin; Deutscher Bundestag, Fachbereich Verfassung und Verwaltung, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, (0 30) 2 27-3 24 25/3 23 25, Fax (0 30) 2 27-3 64 71/3 62 07, E-Mail [email protected] 251. Holzinger, Dr. Gerhart, Professor, Präsident des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs, Judenplatz 11, A-1010 Wien, (00 43) 1 53 12 24 12, Fax (00 43) 1 53 12 25 12 252. Holznagel, Dr. Bernd, LL.M., Professor, Kronprinzenstraße 105, 44135 Dortmund, (02 31) 5 89 87 06, Fax (02 31) 5 89 87 09; WWU Münster, Juristische Fakultät, ITM, Abt. II, Leonardo-Campus 9, 48149 Münster, (02 51) 83-3 86 41, Fax (02 51) 83-3 86 44, E-Mail [email protected] 253. Horn, Dr. Hans-Detlef, Professor, Am Heier 22, 35096 Weimar (Lahn)-Roth, (0 64 26) 96 71 41, Fax (0 64 26) 96 71 44; Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Rechtswissenschaften, Institut für Öffentliches Recht, Universitätsstr. 6, 35032 Marburg, (0 64 21) 2 82 38 10 oder 2 82 31 26, Fax (0 64 21) 2 82 38 39, E-Mail [email protected] 254. Hösch, Dr. Ulrich, apl. Professor, RA, Kirchenstraße 72, 81675 München; Kanzlei Dr. Gronefeld, Thoma & Kollegen, Prinzregentenplatz 23, 81675 München, (0 89) 96 07 13 80, Fax (03212) 84 63 724 E-Mail [email protected] 255. Huber, Dr. Peter M., o. Professor, Josef-Heppner-Str. 2, 82049 Pullach i. I., (0 89) 74 42 46 62, Fax (0 89) 74 42 48 52; Universität München, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Staatsphilosophie, Professor-Huber-Platz 2, 80539 München, (0 89) 21 80-35 76, Fax (0 89) 21 80-50 63, E-Mail [email protected] 540 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

256. Hufeld, Dr. Ulrich, Universitätsprofessor, Stratenbarg 40a, 22393 Hamburg, (0 40) 21 00 74 40; Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Professur für Öffentliches Recht und Steuerrecht, Holstenhofweg 85, 22043 Hamburg, (0 40) 65 41-28 59, Fax (0 40) 65 41-37 33, E-Mail [email protected]

257. Hufen, Dr. Friedhelm, o. Professor, Backhaushohl 62, 55128 Mainz, (0 61 31) 3 44 44, Fax (0 61 31) 36 14 49; Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, 55099 Mainz, (0 61 31) 39-2 23 54 oder -2 30 45,Fax (0 61 31) 39-2 42 47, E-Mail [email protected]

258. Huster, Dr. Stefan, Professor, Burggrafenstr. 2, 44791 Bochum, (02 34) 5 83 90 74, Fax (02 34) 5 83 90 74, E-Mail [email protected]; Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Öffentliches Recht II: Staats- und Verwaltungsrecht mit bes. Berücksichtigung des Sozialrechts, Universitätsstraße 150, 44780 Bochum, Gebäude GC 7/135, (02 34) 32-2 22 39, Fax (02 34) 32-1 42 71, E-Mail [email protected]

259. Ibler, Dr. Martin, Professor, Lindauer Straße 3, 78464 Konstanz; Universität Konstanz, Fachbereich Rechtswissenschaften, Postfach D 106, Universitätsstraße 10, 78457 Konstanz, (0 75 31) 88-24 80/-23 28, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 541

260. Iliopoulos-Strangas, Dr. Julia, Professorin, A.Metaxa 2, GR-10681 Athen, (00 30) 2 10-3 82 60 83 oder -3 82 33 44, Fax (00 30) 2 10-3 80 54 13, Mobil (00 30) 69 44 59 52 00; Universität Athen, Juristische Fakultät, Ippokratous 33 (5. Stock), GR-10680 Athen, (00 30) 2 10-3 68 84 22, E-Mail [email protected]

261. Ipsen, Dr. Jörn, o. Professor, Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs, Luisenstr. 41, 49565 Bramsche, (0 54 61) 44 96, Fax (0 54 61) 6 34 62; Institut für Kommunalrecht, Universität Osnabrück, 49069 Osnabrück, (05 41) 9 69-61 69 oder -61 58, Fax (05 41) 9 69-61 70, E-Mail [email protected]

262. Ipsen, Dr. Dr. h.c. mult. Knut, o. Professor, Nevelstr. 59, 44795 Bochum, (02 34) 43 12 66; Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Königswinterer Str. 29, 53227 Bonn

263. Isensee, Dr. Dr. h.c. Josef, o. Professor, Meckenheimer Allee 150, 53115 Bonn, (02 28) 69 34 69; Universität Bonn, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73 58 50, Fax (02 28) 73 48 69, E-Mail [email protected]

264. Ismer, Dr. Roland, Professor, Werderstr. 11, 86159 Augsburg; Lehrstuhl für Steuerrecht und Öffentliches Recht, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lange Gasse 20, 90403 Nürnberg, (09 11) 53 02-3 53, Fax (09 11) 53 02-1 65, E-Mail [email protected] 542 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

265. Jaag, Dr. Tobias, o. Professor, Bahnhofstr. 22, Postfach 2957, CH-8022 Zürich, (00 41) 4 42 13 63 63, Fax (00 41) 4 42 13 63 99; Rechtswissenschaftliches Institut, Rämistraße 74/18, CH-8001 Zürich, (00 41) 4 46 34 30 20, Fax (00 41) 4 46 34 43 85, E-Mail [email protected] 266. Jachmann, Dr. Monika, Universitätsprofessorin, Richterin am Bundesfinanzhof, Am Feldkreuz 2a, 82467 Garmisch-Partenkirchen, (01 72) 7 40 44 48, E-Mail [email protected]; Bundesfinanzhof München, Ismaninger Straße 109, 81675 München, (0 89) 92 31-0, Fax (0 89) 92 31-2 01 267. Jaeckel, Dr. Liv, Privatdozentin, Augustusweg 27, 01445 Radebeul, (03 51) 5 63 62 86, Mobil (01 70) 7 06 54 80, E-Mail [email protected] 268. Jahndorf, Dr. Christian, Privatdozent, Brunnenweg 18, 48153 Münster, (02 51) 7 61 96 83; Institut für Steuerrecht, Universitätsstr. 14–16, 48143 Münster, (02 51) 8 32 27 95, Fax (02 51) 8 32 83 86, E-Mail [email protected] 269. Janko, Dr. Andreas, Univ.-Prof., Schwindstraße 4, A-4040 Linz/Auhof; Institut für Staatsrecht und Politische Wissenschaften, Johannes Kepler Universität Linz, Altenberger Straße 69, A-4040 Linz/Auhof, (00 43) 7 32 24 68 84 56, Fax (00 43) 7 32 24 68 89 01, E-Mail [email protected] oder [email protected] 270. Janssen, Dr. Albert, apl. Professor, Landtagsdirektor, Langelinienwall 16, 31134 Hildesheim, (0 51 21) 13 11 12; Niedersächsischer Landtag, Hinrich Wilhelm Kopf-Platz 1, 30159 Hannover, (05 11) 30 30-20 61 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 543

271. Janz, Dr. Norbert, Privatdozent, Pestalozzistr. 88a, 10625 Berlin, (0 30) 2 18 26 16; Landesrechnungshof Brandenburg, Dortusstr. 30–34, 14467 Potsdam (03 31) 8 66-85 35, Fax (03 31) 8 66-85 18, E-Mail [email protected]

272. Jarass, Dr. Hans D., LL.M. (Harvard), o. Professor, Baumhofstr. 37 d, 44799 Bochum, (02 34) 77 20 25; Institut für Umwelt- und Planungsrecht, Universität Münster, Universitätsstr. 14–16, 48143 Münster, (02 51) 8 32 97 93, Fax (02 51) 8 32 92 97, E-Mail [email protected]

273. Jestaedt, Dr. Matthias, Professor, Röntgenstraße 12a, 91080 Uttenreuth, (0 91 31) 40 19 72; Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Friedrich-Alexander-Universität, Schillerstraße 1, 91054 Erlangen, (0 91 31) 8 52 28 20, Fax (0 91 31) 8 52 63 81, E-Mail [email protected]

274. Jouanjan, Dr. Olivier, Professor, 32, rue de Vieux Marché aux Poissons, F-97000 Strasbourg, (00 33) 6 61 33 25 59; Université de Strasbourg, Institut de Recherches Carré de Malberg, 11, rue du Maréchal Juin B.P. 68, F-67046 Strasbourg Cedex, (00 33) 3 88 14 30 34; Albert-Ludwigs-Universität, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Institut für öffentliches Recht (Abt. 2), Platz der Alten Synagoge, 79085 Freiburg i. Br., E-Mail [email protected]

275. Jochum, Dr. Georg, Privatdozent, Zum Klausenhorn 2b, 78465 Konstanz, (01 70) 2 38 67 58; Universität Konstanz, Fach D116, 78457 Konstanz, (0 75 31) 88-27 30, Fax (0 75 31) 88-31 46, E-Mail [email protected] 544 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

276. Jochum, Dr. jur. Heike, Mag. rer. publ., Professorin, Buchsweilerstraße 77, 66953 Pirmasens; Institut für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Osnabrück, Martinistraße 10, 49080 Osnabrück, (05 41) 9 69-61 68 (Sek.), -61 61 (direkt), Fax (05 41) 9 69-61 67, E-Mail [email protected]

277. Kadelbach, Dr. Stefan, LL.M., Professor, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Institut für Öffentliches Recht, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt am Main, (0 69) 79 82-85 83, Fax (0 69) 79 82-86 84, E-Mail [email protected]

278. Kägi-Diener, Dr. Regula, Professorin, Rechtsanwältin, Marktgasse 14, CH-9004 St. Gallen, (00 41) 71-2 23 81 21, Fax (00 41) 71-2 23 81 28, E-Mail [email protected] oder [email protected]

279. Kahl, Dr. Arno, Privatdozent, Lärchenstraße 4a, A-6063 Rum, (00 43) 5 12-26 55 00; Universität Innsbruck, Institut für Öffentliches Recht, Finanzrecht und Politikwissenschaft, Innrain 82, A-6020 Innsbruck, (00 43) 51 25 07 82 04, Fax (00 43) 51 25 07 27 48, E-Mail [email protected]

280. Kahl, Dr. Wolfgang, M.A., o. Professor, Albert-Schweitzer-Straße 2, 95447 Bayreuth, (09 21) 1 50 92 87; Universität Heidelberg, Institut für deutsches und europäisches Verwaltungsrecht, Friedrich-Ebert-Anlage 6–10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54 74 28, Fax (0 62 21) 54 77 43, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 545

281. Kaltenborn, Dr. Markus, Universitätsprofessor, Neue Tremoniastr. 30, 44137 Dortmund, (02 31) 1 81 59 09; Ruhr-Universität Bochum, Juristische Fakultät 44780 Bochum, (02 34) 32-2 52 52 oder -2 52 63, Fax (02 34) 32-1 44 21, E-Mail [email protected] 282. Kämmerer, Dr. Jörn Axel, Professor, Am Kaiserkai 53, 20457 Hamburg, (0 40) 48 09 22 23; Bucerius Law School, Hochschule für Rechtswissenschaft, Jungiusstraße 6, 20335 Hamburg, (0 40) 3 07 06-1 90, Fax (0 40) 30 70 6-1 95, E-Mail [email protected] 283. Karpen, Dr. Ulrich, Professor, Ringstr. 181, 22145 Hamburg, (0 40) 6 77 83 98, E-Mail [email protected]; Universität Hamburg, Schlüterstr. 28, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-30 23 oder -45 14 od. -45 55 284. Kästner, Dr. Karl-Hermann, o. Professor, Alt-Rathausstr. 5, 72511 Bingen, (0 75 71) 32 23, Fax (0 75 71) 32 12; Universität Tübingen, Juristische Fakultät, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, (0 70 71) 2 97 29 71, Fax (0 70 71) 29 50 96, E-Mail [email protected] 285. Kaufmann, Dr. Christine, Professorin, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Völker- und Europarecht, Universität Zürich, Rämistrasse 74/5, CH-8001 Zürich, (00 41) 4 46 34 48 65, Fax (00 41) 4 46 34 43 78, E-Mail [email protected] 546 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

286. Kaufmann, Dr. Marcel, Privatdozent, Rechtsanwalt, Senefelderstraße 7, 10437 Berlin; Freshfields Bruckhaus Deringer, Environment, Planning and Regulatory (EPR), Potsdamer Platz 1, 10785 Berlin, (0 30) 2 02 83-8 57(Sekretariat), (0 30) 2 02 83-6 00, Fax (0 30) 2 02 83-7 66, E-Mail [email protected]

287. Keller, Dr. Helen, Professorin, Eigenstraße 16, CH-8008 Zürich, (00 41) 4 44 22 23 20; Universität Zürich, Rechtswissenschaftliches Institut, Rämistraße 74, CH-8001 Zürich, (00 41) 4 46 34 36 89, Fax (00 41) 4 46 34 43 39, E-Mail [email protected]

288. Kempen, Dr. Bernhard, o. Professor, Rheinblick 1, 53424 Remagen/Oberwinter, (0 22 28) 91 32 91, Fax (0 22 28) 91 32 93; Institut für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht, Universität zu Köln, Gottfried-Keller-Straße 2, 50931 Köln, (02 21) 4 70 23 64, Fax (02 21) 4 70 49 92, E-Mail [email protected]

289. Kersten, Dr. Jens, Professor, Hoheneckstr. 28, 81243 München, (0 89) 95 47 93 40; Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften, Professor-Huber-Platz 2, 80539 München, (0 89) 21 80-21 13, Fax (0 89) 21 80-1 35 15, E-Mail [email protected]

290. Khan, Dr. Daniel-Erasmus, Professor, Institut für Internationale Politik, Sicherheitspolitik, Wehr- und Völkerrecht, Universität der Bundeswehr München, Werner-Heisenberg-Weg 39, 85579 Neubiberg (0 89) 60 04-46 90 oder -42 62 oder -20 48, Fax (0 89) 60 04-46 91, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 547

291. Kilian, Dr. Michael, Professor, Am Burgwall 15, 06198 Brachwitz; Juristische Fakultät, Universität Halle-Wittenberg, Universitätsplatz 3–5, Juridicum, 06099 Halle (Saale), (03 45) 55-2 31 70, Fax (03 45) 55-2 72 69, E-Mail [email protected]

292. Kingreen, Dr. Thorsten, Professor, Agnes-Miegel-Weg 10, 93055 Regensburg, (09 41) 70 402 41; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sozialrecht und Gesundheitsrecht, Universität Regensburg, Universitätsstr. 31, 93053 Regensburg, (09 41) 9 43 26 07 od. 26 08, Fax (09 41) 9 43 36 34, E-Mail [email protected]

293. Kirchhof, Dr. Ferdinand, o. Professor, Walther-Rathenau-Str. 28, 72766 Reutlingen, (0 71 21) 49 02 81, Fax (0 71 21) 47 94 47; Universität Tübingen, Juristische Fakultät, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, (0 70 71) 2 97-25 61 oder -81 18, Fax (0 70 71) 29 43 58, E-Mail [email protected]

294. Kirchhof, Dr. Gregor, LL.M., Privatdozent, Am Kreuter 22, 53177 Bonn, (02 28) 8 86 08 80; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Institut für Öffentliches Recht, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73 55 71, Fax (02 28) 73 79 35, E-Mail [email protected]

295. Kirchhof, Dr. Dr. h.c. mult. Paul, o. Professor, Am Pferchelhang 33/1, 69118 Heidelberg, (0 62 21) 80 14 47; Universität Heidelberg, Friedrich-Ebert-Anlage 6–10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54 74 57, E-Mail [email protected] 548 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

296. Kirn, Dr. Michael, o. Professor, Rummelsburgerstr. 3, 22147 Hamburg, (0 40) 6 47 38 43; Universität der Bundeswehr, Institut für Öffentliches Recht, Postfach 70 08 22, 22043 Hamburg, (0 40) 65 41-27 82 oder (0 40) 65 41-25 90

297. Kirste, Dr. Stephan, Professor, Am Gutleuthofhang 18, 69118 Heidelberg, (0 62 21) 80 45 03, Fax (0 62 21) 80 45 03; Andrássy Gyula Deutschsprachige Universität, Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaft, Professur für Öffentliches Recht, Europarecht und Rechtsphilosophie, H–1088 Budapest, Pollack Mihály tér 3, (+36) 12 66 44 08-137, Fax (+36) 12 66 30 99, E-Mail [email protected]

298. Kischel, Dr. Uwe, LL.M. (Yale), Attorney-at-law (New York), o. Professor, Dorfstraße 34, 17121 Düvier, (03 99 98) 3 15 46; Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Domstr. 20a, 17489 Greifswald, (0 38 34) 86-21 80, Fax (0 38 34) 86-21 82, E-Mail [email protected]

299. Klein, Dr. Eckart, Universitätsprofessor, Heideweg 45, 14482 Potsdam, (03 31) 70 58 47; Lehrstuhl für Staatsrecht, Völkerrecht und Europarecht, Universität Potsdam, August-Bebel-Str. 89, 14482 Potsdam, (03 31) 9 77-35 16, oder-35 11, Fax (03 31) 9 77-32 24, E-Mail [email protected]

300. Klein, Dr. Hans Hugo, Universitätsprofessor, Heilbrunnstr. 4, 76327 Pfinztal, (0 72 40) 73 00, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 549

301. Kley, Dr. Andreas, Professor, Hubelmattstraße 58, CH-3007 Bern, E-Mail [email protected]; Institut für Öffentliches Recht, Hochschulstr. 4, CH-3012 Bern, (00 41) 31-6 31 88 96, Fax (00 41) 31-6 31 38 83

302. Kloepfer, Dr. Michael, o. Professor, Taubertstraße 19, 14193 Berlin, (0 30) 8 25 24 90, Fax (0 30) 8 25 26 90; Institut für Öffentliches Recht und Völkerrecht, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 9–11 (Palais), 10099 Berlin, (0 30) 20 93-33 40 oder -33 31, Fax (0 30) 20 93-34 38, E-Mail [email protected]

303. Kluth, Dr. Winfried, Professor, Blumenstr. 17, 06108 Halle (Saale), (03 45) 2 90 85 10; Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juristische Fakultät, Universitätsplatz 3–5, 06108 Halle, Raum: Juridicum 1.13, 06099 Halle (Saale), (03 45) 5 52 32 23, Fax (03 45) 5 52 72 93, E-Mail [email protected]

304. Kment, Dr. Martin, LL.M. (Cambridge), Privatdozent, Marientalstraße 12, 48149 Münster, (02 51) 29 53 54; Zentralinstitut für Raumplanung an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Wilmergasse 12–13, 48149 Münster, (0251) 83-2 97 85, Fax (0251) 83-2 97 90, E-Mail [email protected]

305. Knauff, Dr. Matthias, LL.M. Eur., Privatdozent, Am Scheuerberg 5, 97222 Rimpar, (0 93 65) 88 90 57; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Umweltrecht und Verwaltungswissenschaften, Universität Würzburg, Domerschulstraße 16, 97070 Würzburg, (09 31) 31-8 23 31, Fax (09 31) 31-26 17, Email [email protected] 550 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

306. Kneihs, Dr. Benjamin, Univ. Professor, Raffaelgasse 5/1, A-1200 Wien; Universität Salzburg, Fachbereich öffentliches Recht, Kapitelgasse 5–7, A-5020 Salzburg, (00 43) 6 62 80 44-36 11, Fax (00 43) 6 62 80 44-3 03, E-Mail [email protected]

307. Knemeyer, Dr. Franz-Ludwig, o. Professor, Unterdürrbacher Str. 353, 97080 Würzburg, (09 31) 9 61 18; Universität Würzburg, Domerschulerstr.16, 97070 Würzburg, (09 31) 31-8 28 99, Fax (09 31) 31-23 17, E-Mail [email protected]

308. Knies, Dr. Wolfgang, o. Professor, Am Botanischen Garten 5, 66123 Saarbrücken, (06 81) 39 98 88, Fax (06 81) 39 98 88; Universität Saarbrücken, Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02-31 58, E-Mail [email protected]

309. Knöpfle, Dr. Franz, em. Professor, Höhenweg 22, 86391 Stadtbergen; Universität Augsburg, Universitätsstr. 2, 86159 Augsburg, (08 21) 5 98-46 59, Fax (08 21) 5 98-45 47

310. Koch, Dr. Hans-Joachim, Professor, Wendlohstr. 80, 22459 Hamburg, (0 40) 5 51 88 04, Fax (0 40) 5 51 88 04; Universität Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft, Edmund-Siemers-Allee 1, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-39 77 oder -54 43, Fax (0 40) 4 28 38-62 80, E-Mail [email protected]

311. Koch, Dr. Thorsten, Privatdozent, Emanuel-Geibel-Str. 4, 49143 Bissendorf-Schledehausen, (0 54 02) 77 74; Institut für Kommunalrecht Universität Osnabrück, Martinistr. 12, 49069 Osnabrück, (0 54 1) 9 69-61 69, Fax (0 54 1) 9 69-61 64, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 551

312. Köck, Dr. Wolfgang, Professor, UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Permoserstraße 15, 04318 Leipzig; Universität Leipzig, Lehrstuhl für Umweltrecht, Postfach 10 09 20, 04009 Leipzig, (03 41) 2 35-31 40, Fax (03 41) 2 35-28 25, E-Mail [email protected] 313. Koenig, Dr. Christian, LL.M. (London), Universitätsprofessor, Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Walter-Flex-Str. 3, 53113 Bonn, (02 28) 73-18-91/-92/-95, Fax (02 28) 73-18 93, E-Mail [email protected] 314. Kokott, Dr. Dr. Juliane, LL.M. (Am. Un.), S.J.D. (Harvard), Universitätsprofessorin, Generalanwältin, (0 62 21) 45 16-17; Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Th. More 2214, Bd. Konrad Adenauer, L-2925, Luxemburg, (0 03 52) 43 03 22 21, E-Mail [email protected] 315. Kolonovits, Dr. Dieter, Mag., M.C.J., ao. Univ.-Professor, Berggasse 17/41 A-1090 Wien, (00 43) 6 99 19 20 28 95; Universität Wien, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien (Juridicum), (00 43) 14 27 73 54 16, Fax (00 43) 14 27 73 54 19, E-Mail [email protected] 316. König, Dr. Doris, Professorin, Bucerius Law School, Hochschule für Rechtswissenschaft, Jungiusstr. 6, 20355 Hamburg, (0 40) 3 07 06-2 01, Fax (0 40) 3 07 06-1 90, E-Mail [email protected] 317. König, Dr. Dr. Klaus, Universitätsprofessor, Albrecht-Dürer-Str. 20, 67346 Speyer, (0 62 32) 29 02 16; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Postfach 14 09, 67324 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 69 oder -3 50 oder -3 55, Fax 06232 654 306, E-Mail [email protected] 552 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

318. Kopetzki, DDr. Christian, Universitätsprofessor, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Medizienrecht, Universität Wien, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, (00 43) 14 27 73 54 11, Fax (00 43) 14 27 73 54 19, E-Mail [email protected]

319. Korinek, Dr. Dr. h.c. Karl, o. Professor, Präsident des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs a.D., Auhofstr. 225–227, A-1130 Wien, (00 43) 18 76 48 76; Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Universität Wien, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, (00 43) 1 42 77-3 54 42, Fax (00 43) 1 42 77-3 54 49

320. Korioth, Dr. Stefan, Professor, Institut für Politik und Öffentliches Recht der Universität München, Professor-Huber-Platz 2/III, 80539 München, (0 89) 21 80-27 37, Fax (0 89) 21 80-39 90, E-Mail [email protected]

321. Kotulla, Dr. Michael, M.A., Professor, Universität Bielefeld, Fakultät für Rechtswissenschaft, Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld, (05 21) 1 06-25 00, Fax (05 21) 1 06-80 91, E-Mail [email protected]

322. Kotzur, Dr. Markus, LL.M. (Duke Univ.), o. Professor, Thomasgasse 4, 04109 Leipzig, (03 41) 2 24 87 96; Lehrstuhl für Europarecht, Völkerrecht, Öffentliches Recht, Universität Leipzig, Burgstr. 27, 04109 Leipzig, (03 41) 97-35 2 10, Fax (03 41) 97-3 52 19, E-Mail [email protected]

323. Krause, Dr. Peter, o. Professor, Weinbergstr. 12, 54317 Korlingen, (0 65 88) 73 33; Universität Trier, 54286 Trier, (06 51) 2 01-25 87, Fax (06 51) 2 01-38 03, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 553

324. Krawietz, Dr. Werner, o. Professor, Nienbergweg 29, 48161 Münster, (02 51) 86 14 51; Lehrstuhl für Rechtssoziologie, Universität Münster, Bispinghof 24–25, 48143 Münster, (02 51) 83 25 91, E-Mail [email protected] 325. Krebs, Dr. Walter, Professor, Waldmannstr. 19, 12247 Berlin, (0 30) 7 71 07 58, Fax (0 30) 7 71 07 58; Freie Universität Berlin, Boltzmannstr. 4, 14195 Berlin, (0 30) 8 38-59 21, Fax (0 30) 8 38-59 22, E-Mail [email protected] 326. Kreßel, Dr. Eckhard, Professor, Körschtalstr. 21, 73760 Ostfildern, (09 31) 3 13 05; Juristische Fakultät der Universität Würzburg, Domerschulstr. 16, 97070 Würzburg, E-Mail [email protected] 327. Krieger, Dr. Heike, Professorin, Freie Universität Berlin, Fachbereich Rechtswissenschaft, Van’t-Hoff-Straße 8, 14195 Berlin, (0 30) 83 85 14 53, E-Mail [email protected] 328. Kriele, Dr. Martin, o. Professor, Dorf 11, A-6900 Möggers, (00 43) 55 73-8 24 96, Fax (00 43) 55 73-8 24 97; Universität Köln, Albertus-Magnus-Platz 1, 50923 Köln, (02 21) 4 70-22 30, Fax (02 21) 4 70-50 10 329. Kröger, Dr. Klaus, Universitätsprofessor, Hölderlinweg 14, 35396 Gießen, (06 41) 5 22 40; Universität Gießen, 35394 Gießen, (06 41) 99 23-1 30, Fax (06 41) 99 23-0 59 330. Krugmann, Dr. Michael, Privatdozent, Stellaustieg 3, 22143 Hamburg, (0 40) 6 77 88 60, Fax (0 40) 6 77 88 60, E-Mail [email protected] 554 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

331. Kube, Dr. Hanno, LL.M. (Cornell), Universitätsprofessor, Am Langenstück 23, 65343 Eltville, (0 61 23) 7 95 78 48; Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Steuerrecht, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Jakob Welder-Weg 9, Zimmernr. 03.214, 55099 Mainz, (0 61 31) 3 92 27 25 / 3 92 30 43 (Sekr.), Fax (0 61 31) 3 92 38 26, E-Mail [email protected]

332. Kucsko-Stadlmayer, Dr. Gabriele, Ao. Universitätsprofessorin, Rooseveltplatz 4–5, A-1090 Wien, (00 43) 14 08 38 59; Universität Wien, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, (00 43) 14 27 73 54 18, Fax (00 43) 1 42 77 93 54, E-Mail [email protected]

333. Kugelmann, Dr. Dieter, Professor, Lindhorster Str. 15, 39326 Samswegen, (03 92 02) 8 49 45, [email protected]; Deutsche Hochschule der Polizei, Zum Roten Berge 18–24, 48165 Münster, (0 25 01) 8 06-4 37, -2 79 (Sekr.), -5 25 (Fax), E-Mail [email protected]

334. Kühling, Dr. Jürgen, LL.M. (Brüssel), Universitätsprofessor, Kellerweg 12 b, 93053 Regensburg, (09 41) 7 05 60 79; Universität Regensburg, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Immobilienrecht, Universitätsstr. 31, 93053 Regensburg, (09 41) 9 43-60 60, Fax (09 41) 9 43-60 62, E-Mail [email protected]

335. Kühne, Dr. Jörg-Detlef, Professor, Münchhausenstr. 2, 30625 Hannover, (05 11) 55 65 63; Universität Hannover, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62-82 25 oder -82 26, Fax (05 11) 7 62-82 28, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 555

336. Kunig, Dr. Philip, Professor, Freie Universität Berlin, Institut für Staatslehre, Boltzmannstraße 3, 14195 Berlin, (0 30) 8 38 53 0-10, Fax (0 30) 8 38 53 0-11, E-Mail [email protected]

337. Küpper, Dr. Herbert, Professor, Arcostr. 1, 80333 München; Institut für Ostrecht, Landshuter Str. 4, 93047 Regensburg, (09 41) 9 43 54 50, Fax (09 41) 9 43 54 65, E-Mail [email protected]

338. Ladeur, Dr. Karl-Heinz, Professor, Universität Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft, Schlüterstraße 28, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-57 52, Fax (0 40) 4 28 38-26 35, E-Mail [email protected]

339. Lang, Dr. Heinrich, Professor, Dipl.-Sozialpädagoge, Nikolausstraße 48, 51149 Köln; Universität Rostock, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sozial- u. Gesundheitsrecht, Möllner Straße 10, 18109 Rostock, (03 81) 4 98-81 70, Fax (03 81) 4 98-81 72, E-Mail [email protected]

340. Lange, Dr. Klaus, Universitätsprofessor, Lilienweg 22, 35423 Lich, (0 64 04) 56 81; Universität Gießen, Fachbereich Rechtswissenschaften, Hein-Heckroth-Straße 5, 35390 Gießen, (06 41) 9 92 11-80 oder -81, Fax (06 41) 9 92 11-89, E-Mail [email protected]

341. Langenfeld, Dr. Christine, Professorin, Schillerweg 34, 04155 Leipzig, E-Mail [email protected]; Juristisches Seminar der Georg-August-Universität, Platz der Göttinger Sieben 6, 37073 Göttingen, (05 51) 39-73 84, Fax (05 51) 39-1 23 92, E-Mail [email protected] 556 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

342. Laskowski, Dr. Silke Ruth, Professorin, Gertigstraße 13, 22303 Hamburg, (0 40) 36 66 15, Fax (0 40) 36 66 15, Mobil (01 79) 2 31 56 63, E-Mail [email protected]; Universität Kassel, Institut für Wirtschaftsrecht – FB 07, Nora-Platiel-Str. 5, 34109 Kassel, (05 61) 8 04 28 74, E-Mail [email protected]

343. Laubinger, Dr. Hans-Werner, M.C.L., Professor, Philipp-Wasserburg-Str. 45, 55122 Mainz, (0 61 31) 4 31 91; Universität Mainz, 55099 Mainz, (0 61 31) 39 59 42, E-Mail [email protected]

344. Laurer, Dr. Hans René, a.o. Universitätsprofessor, Scheffergasse 27a, A-2340 Mödling, (00 43) 2 63 62 04 02; Wirtschafts-Universität, Augasse 2–6, A-1190 Wien, (00 43) 13 13 36 oder 46 69 oder 41 58

345. Lecheler, Dr. Helmut, o. Professor, Freie Universität Berlin, Fachbereich Rechtswissenschaft, Institut für Völkerrecht, Europarecht und ausl. öffentl. Recht, Van’t-Hoff-Str. 8, 14195 Berlin, (030)7 73-63 17, Fax (030)7 73-58 23 E-Mail [email protected]

346. Lege, Dr. Joachim, Professor, Fischstr. 19, 17489 Greifswald, (0 38 34) 77 39 41; Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Domstr. 20, 17489 Greifswald, (0 38 34) 86-21 50, Fax (0 38 34) 86-21 56, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 557

347. Lehner, Dr. Moris, Universitätsprofessor, Kaiserplatz 7, 80803 München, (0 89) 34 02 06 46; Ludwig-Maximilians-Universität, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere öffentliches Wirtschaftsrecht und Steuerrecht, Ludwigstr. 28 (Rgb.), 80539 München, (0 89) 21 80 27 18, Fax (0 89) 33 35 66, E-Mail [email protected]

348. Leisner, Dr. mult. Dr. h.c. Walter, o. Professor, Pienzenauerstr. 99, 81925 München, (0 89) 98 94 05, Fax (0 89) 98 29 09 97; Universität Erlangen, Schillerstr. 1, 91054 Erlangen, (0 91 31) 85 22 60

349. Leisner, Dr. Walter Georg, Privatdozent, Liebigstr. 26, 80538 München, (0 89) 98 94 24, Fax (0 89) 21 56 86 69; Universität Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft, Abteilung für Ostrechtsforschung, Schlüterstr. 28, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38–26 30, Fax (0 40) 4 28 38–32 50, E-Mail [email protected]

350. Leisner-Egensperger, Dr. Anna, Universitätsprofessorin, Bachmairstrasse 15, 81243 München-Pasing, (0 89) 88 90 93 56; Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Steuerrecht, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Carl-Zeiss-Straße 3, 07743 Jena, (0 36 41) 94 22 51, Fax (0 36 41) 94 22 52, E-Mail [email protected]

351. Leitl-Staudinger, Dr. Barbara, Universitätsprofessorin, Hohe Straße 135, A-4040 Linz; Institut für Fernunterricht in den Rechtswissenschaften, Johannes Kepler Universität Linz, Petrinumstraße 12, A-4040 Linz, (00 43) 7 32 24 68 19 00, Fax (00 43) 7 32 24 68 19 10, E-Mail [email protected] 558 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

352. Lenze, Dr. Anne, Privatdozentin, Sandstraße 19, 64625 Bensheim, (0 62 51) 58 08 52; Fachhochschule Darmstadt, Adelungstraße 51, 64283 Darmstadt, (0 61 51) 16 89 65, Fax (0 61 51) 16 89 90, E-Mail [email protected] 353. Lepsius, Dr. Oliver, LL.M. (Chicago), Professor, Eckenheimer Landstraße 11, 60318 Frankfurt am Main, (0 69) 95 15 69 35; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Allgemeine und Vergleichende Staatslehre, Universität Bayreuth, Universitätsstr. 30, 95440 Bayreuth, (09 21) 55-29 47, (09 21) 55-20 83, E-Mail [email protected] 354. Lerche, Dr. Dr. h. c. Peter, o. Professor, Junkersstr. 13, 82131 Gauting, (0 89) 8 50 20 88, Fax (0 89) 8 50 20 88 355. Lienbacher, Dr. Georg, Sektionsleiter, Universitätsprofessor, Obere Donaustr. 43/2/44, A-1020 Wien; Leiter des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt, Ballhausplatz 2, A-1014 Wien, (00 43) 15 31 15-23 75, E-Mail [email protected]; Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht, Wirtschaftsuniversität Wien, Althanstraße 39–45 (UZA 3), A-1090 Wien, (00 43) 13 13 36-54 02, Fax (00 43) 13 13 36-92 22, E-Mail [email protected] 356. Lindner, Dr. Josef Franz, Privatdozent, Großhaderner Straße 14 b, 81375 München, (0 89) 70 32 45, Fax (0 89) 74 00 93 85, E-Mail [email protected] 357. Link, Dr. jur. Dres. theol. h.c. Heinz-Christoph, em. Professor, Rühlstraße 35, 91054 Erlangen, (0 91 31) 20 93 35, Fax (0 91 31) 53 45 66; Hans-Liermann-Institut für Kirchenrecht, Hindenburgstr. 34, 91054 Erlangen, (0 91 31) 8 52 28 25, Fax (0 91 31) 8 52 40 64 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 559

358. Lipphardt, Dr. Hanns-Rudolf, apl. Professor, Auf der Weide 7, 69126 Heidelberg, (0 62 21) 38 23 12; Universität Heidelberg, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 41 11 98, Fax (0 62 21) 40 06 75

359. Listl, Dr. Joseph, o. Professor, Jesuitengemeinschaft Pedro Arrupe, Bibergerstr. 8, 82008 Unterhaching; dienstlich (stets für die Post benutzen!): Institut für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands, Adenauerallee 19, 53111 Bonn

360. Lorenz, Dr. Dieter, o. Professor, Bohlstr. 21, 78465 Konstanz, (0 75 33) 68 22; Universität Konstanz, Postfach 55 60 D 100, 78434 Konstanz, (0 75 31) 88 25 30, E-Mail [email protected]

361. Lorz, Dr. Ralph Alexander, LL.M. (Harvard), Attorney-at-Law (New York), Universitätsprofessor, Paderborner Straße 7, 40468 Düsseldorf, (01 70) 4 12 18 66; Universität Düsseldorf, Lehrstuhl für deutsches und ausländisches öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Universitätsstraße 1, 40225 Düsseldorf, (02 11) 8 11-14 35, Fax (02 11) 8 11-14 56, E-Mail [email protected]

362. Losch, Dr. Dr. Bernhard, Professor, Dürerstr. 9, 42119 Wuppertal, (02 02) 42 35 25

363. Loschelder, Dr. Wolfgang, Professor, Sonnenlandstr. 5, 14471 Potsdam, (03 31) 97 36 80, Fax (03 31) 9 51 19 95; Universität Potsdam, Postfach 90037, August-Bebel-Str. 89, 14439 Potsdam, (03 31) 9 77-34 12 560 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

364. Löwer, Dr. Wolfgang, Professor, Hobsweg 15, 53125 Bonn, (02 28) 25 06 92, Fax (02 28) 25 04 14; Universität Bonn, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73 92 78/73 92 80, Fax (02 28) 73 39 57, E-Mail [email protected]

365. Lübbe-Wolff, Dr. Gertrude, Professorin, (05 21) 88 26 59; Universität Bielefeld, Fakultät Rechtswissenschaft, Universitätsstr. 25, Postfach 100131, 33615 Bielefeld, (05 21) 1 06-43 86, Fax (05 21) 1 06-80 85, E-Mail [email protected]

366. Luchterhandt, Dr. Otto, Professor, Im Wendischen Dorfe 28, 21335 Lüneburg, (0 41 31) 23 29 65, Fax (0 41 31) 23 29 65; Universität Hamburg, Schlüterstr. 28 (Rechtshaus), 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-45 62, E-Mail [email protected]

367. Lühmann, Dr. Hans, Privatdozent, Pannebäcker Str. 7a, 40593 Düsseldorf, (02 11) 2 39 95 34

368. Mächler, Dr. iur. August, Professor, Schindellegistrasse 15, CH-8808 Pfäffikon, (00 41) 5 54 10 43 20; Sicherheitsdepartement des Kt. Schwyz, Postfach 1200, 6431 Schwyz, (00 41) 4 18 19 20 02, Fax (00 41) 4 18 19 20 19, E-Mail [email protected]

369. Mager, Dr. Ute, Universitätsprofessorin, Universität Heidelberg, Juristische Fakultät, Friedrich-Ebert-Anlage 6–10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54 77 37 oder (01 71) 5 54 00 78, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 561

370. Magiera, Dr. Siegfried, Universitätsprofessor, Feuerbachstr. 1, 67354 Römerberg, (0 62 32) 8 48 98; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Freiherr-vom-Stein-Str. 2, 67346 Speyer, (0 62 32) 65 43 48, E-Mail [email protected]

371. Mahlmann, Dr. Matthias, Professor, Rindermarkt 7, CH-8001 Zürich; Lehrstuhl für Rechtstheorie, Rechtssoziologie und Internationales Öffentliches Recht, Universität Zürich, Treichlerstr. 10, CH-8032 Zürich, (00 41) 4 46 34 15 87, Fax (00 41) 4 46 34 43 91, E-Mail [email protected]

372. Majer, Dr. jur. utr. Diemut, Rechtsanwältin, Universitätsprof., Universität Bern; Welfenstr. 35, 76137 Karlsruhe, (07 21) 81 66 50, Fax (07 21) 81 76 63, E-Mail [email protected]

373. Mangoldt, Dr. Hans von, Professor, Goetheweg 1, 72147 Nehren, (0 74 73) 79 08; Universität Tübingen, Juristische Fakultät, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, (0 70 71) 2 97 33 02

374. Mann, Dr. Thomas, Professor, Im Torfveen 19, 46147 Oberhausen, (02 08) 67 54 98; Juristisches Seminar der Georg-August-Universität Göttingen, Platz der Göttinger Sieben 6, 37073 Göttingen, (05 51) 39-47 23, Fax (05 51) 39-79 78, E-Mail [email protected] 562 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

375. Manssen, Dr. Gerrit, Universitätsprofessor, Konrad-Adenauer-Allee 15, 93051 Regensburg, (09 41) 9 28 45; Juristische Fakultät, Universität Regensburg, 93040 Regensburg, (09 41) 9 43-32 55, Fax (09 41) 9 43-32 57, E-Mail [email protected]

376. Mantl, Dr. Wolfgang, o. Universitätsprofessor, Wiener Str. 256/XI/33, A-8051 Graz XIII, (00 43) 3 16-68 13 06; Institut für österreichisches, europäisches und vergleichendes Recht, Karl-Franzens-Universität, Universitätsstr. 15/ C3, A-8010 Graz, (00 43) 3 16-3 80-33 70, E-Mail [email protected]

377. Marauhn, Dr. Thilo, M.Phil., Professor, An der Fels 20, 35435 Wettenberg, (06 41) 8 77 32 75, Fax (06 41) 8 77 32 75, E-Mail [email protected]; Professur für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht, Justus-Liebig-Universität Gießen, Licher Straße 76, 35394 Gießen, (06 41) 9 92 11 50/51, Fax (06 41) 9 92 11 59, E-Mail [email protected]

378. Marko, Dr. Joseph, o. Professor, Kasernstr. 35, A-8010 Graz, (00 43) 3 16-46 22 38; Institute of Austrian, European and Comparative Public Law and Political Sciences, University of Graz, Universitätsstraße 15/B4, A-8010 Graz, (00 43) 3 16 3 80-33 74, Fax (00 43) 3 16 3 80-94 52, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 563

379. Marti, Dr. Arnold, Titularprofessor der Universität Zürich, Fernsichtstraße 5, CH-8200 Schaffhausen, (00 41) 52-6 24 18 10, E-Mail [email protected]; Obergericht des Kantons Schaffhausen, Frauengasse 17, CH-8200 Schaffhausen, (00 41) 52-6 32 74 24, Fax (00 41) 52-6 32 78 36, E-Mail [email protected]

380. Martínez Soria, Dr. José, Privatdozent, Braschzeile 9, 14109 Berlin, (0 30) 80 58 67 66; Institut für Völkerrecht der Universität Göttingen, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen, (05 51) 39 21 97, Fax (05 51) 39 21 96, E-Mail [email protected]

381. Martini, Dr. Mario, Privatdozent, Adams-Lehmann-Str. 8, 80797 München, (0 89) 32 00 26 10; Ludwigs-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Professor-Huber-Platz 2, 80539 München, (0 89) 21 80-32 62, Fax (0 89) 21 80-1 39 96, E-Mail [email protected]

382. März, Dr. Wolfgang, Professor, Zelckstraße 1, 18055 Rostock, (03 81) 3 77 92 55, Fax (03 81) 3 77 92 56; Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte, Universität Rostock, Möllner Str. 10, 18109 Rostock, (03 81) 4 98 81 90, Fax (03 81) 4 98 80 02, E-Mail [email protected]

383. Masing, Dr. Johannes, Professor, Richter des Bundesverfassungsgerichts, Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Platz der Alten Synagoge, 79085 Freiburg, (07 61) 2 03-22 52, Fax (07 61) 2 03 22 93, E-Mail [email protected] 564 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

384. Mastronardi, Dr. Philippe Andrea, Professor, Stadlstrasse 2, CH-6048 Horw, (00 41) 4 13 40 27 67, Fax (00 41) 41 34 08 54; Universität St. Gallen, Rechtswissenschaftliche Abteilung, Bodanstr. 3, CH-9000 St. Gallen, (00 41) 7 12 24 23 34, Fax (00 41) 7 12 24 39 08, E-Mail [email protected] 385. Maurer, Dr. Hartmut, o. Professor, Säntisblick 10, 78465 Konstanz, (0 75 33) 13 12; Universität Konstanz, 78464 Konstanz, (0 75 31) 88 36 57, Fax (0 75 31) 88 31 96, E-Mail [email protected] 386. Mayer, Dr. Franz, LL.M. (Yale), Universitätsprofessor, Lettestr. 3, 10437 Berlin; Universität Bielefeld, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht, Völkerrecht, Rechtsvergleichung und Rechtspolitik, Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld, (05 21) 1 06-44 12, Fax (05 21) 1 06-8 90 16, E-Mail [email protected] 387. Mayer-Tasch, Dr. Peter Cornelius, Professor, Am Seeberg 13, 86938 Schondorf, (0 81 92) 86 68; Hochschule für Politik München, Ludwigstr. 8, 80539 München, (0 89) 2 88 03 99-0, Fax (0 89) 2 88 03 99-22 388. Meessen, Dr. Karl Matthias, Professor, Rotterdamer Straße 45, 40474 Düsseldorf, (02 11) 1 59 42 11, Fax (02 11) 1 59 42 12, E-Mail [email protected] 389. Mehde, Dr. Veith, Mag.rer.publ., Professor, Lilienstr. 23, 30167 Hannover, (05 11) 8 98 29 06; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht, Leibniz Universität Hannover, Königsworter Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62-82 06, Sekr.: -82 07, Fax (05 11) 7 62-1 91 06, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 565

390. Meng, Dr. Werner, Universitätsprofessor, Im Herrengarten 8, 55263 Wackernheim, (0 61 32) 97 70 65; Europa-Institut, Universität des Saarlandes, Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02 66 60, Fax (06 81) 3 02 66 62, E-Mail [email protected]

391. Menzel, Dr. Jörg, Privatdozent, The Senate of the Kingdom of Cambodia, Chamcar Morn, State Palace, Norodom Blvd., Phnom Penh, Cambodia, (0 08 55) 12 33 35 28, Fax (0 08 55) 23 21 14 46, E-Mail [email protected]

392. Merli, Dr. Franz, Universitätsprofessor, Institut für Österreichisches, Europäisches und Vergleichendes Öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre, Karl-Franzens-Universität Graz, Universitätsstraße 15, A-8010 Graz, (00 43) 31 63 80-36 02, Fax (00 43) 31 63 80-94 50, E-Mail [email protected]

393. Merten, Dr. Dr. Detlef, o. Professor, Von-Dalberg-Str. 8, 67487 St. Martin, (0 63 23) 18 75; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Freiherr-vom-Stein-Str. 2–6, 67346 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 49; oder -3 30, E-Mail [email protected]

394. Meßerschmidt, Dr. Klaus, Privatdozent, Hynspergstr. 29, 60322 Frankfurt am Main, (0 69) 55 45 87; University of Latvia, EuroFaculty, Raina bulv. 19, LV-1586 Riga/Lettland, (00 371) 7 82 02 78, Fax (00 371) 7 82 02 60, E-Mail [email protected] 566 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

395. Meyer, Dr. Dr. h. c. Hans, Professor, Georg-Speyer-Str. 28, 60487 Frankfurt am Main, (0 69) 77 01 29 26, Fax (0 69) 77 01 29 27; Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-35 28 (Sekr.) oder -33 47, Fax (0 30) 20 93-27 29, E-Mail [email protected]

396. Meyn, Dr. Karl-Ulrich, Professor, Leyer Str. 36, 49076 Osnabrück, (05 41) 12 64 82; Universität Jena, Schillerhaus, Schillergässchen 2, 07745 Jena, (0 36 41) 93 11 85, Fax (0 36 41) 93 11 87, E-Mail [email protected]

397. Michael, Dr. Lothar, Professor, Niederkasseler Kirchweg 124, 40547 Düsseldorf; Professur für Öffentliches Recht, Universitätsstraße 1, Geb. 24.91, 40225 Düsseldorf, (02 11) 8 11 14 12, E-Mail [email protected]

398. Möllers, Dr. Christoph, LL.M., Professor, Zehdenicker Str. 14, 10119 Berlin; Universität Göttingen, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Staatsrecht, Rechtsvergleichung und Verfassungstheorie, Platz der Göttinger Sieben 7, 37073 Göttingen, (05 51) 3 91 01 56, Fax (05 51) 39 74 14, E-Mail [email protected]

399. Morgenthaler, Dr. Gerd, Professor, Tilsiter Str. 33, 57250 Netphen; Universität Siegen, Fachbereich 5, Hölderlinstr. 3, 57068 Siegen, (02 71) 7 40 24 02, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 567

400. Morlok, Dr. Martin, Professor, Poßbergweg 51, 40629 Düsseldorf, (02 11) 28 68 68; Heinrich-Heine-Universität, Juristische Fakultät, Universitätsstr. 1, Gebäude 24.91, 40225 Düsseldorf, (02 11) 8 11 53 51, Fax (02 11) 81 14 60, E-Mail [email protected]

401. Morscher, Dr. Siegbert, em. Universitätsprofessor, Tschiggyfreystr. 11a, A-6020 Innsbruck, (00 43) 5 12-28 62 10; Leopold-Franzens-Universität, Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Innrain 52d, A-6020 Innsbruck, (00 43) 5 12-5 07 82 10 oder -11, Fax (00 43) 5 12-5 07 28 28, E-Mail [email protected]

402. Möstl, Dr. Markus, Professor, Birkenstraße 77, 95447 Bayreuth, (09 21) 5 07 17 68, E-Mail [email protected]; Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Universitätsstr. 30, 95440 Bayreuth, (09 21) 55-28 66, Fax (09 21) 55 20 41, E-Mail [email protected]

403. Muckel, Dr. Stefan, Universitätsprofessor, Ringstraße 122, 42929 Wermelskirchen, (0 21 93) 53 10 74; Universität zu Köln, Institut für Kirchenrecht, 50923 Köln, (02 21) 4 70-37 77 oder 4 70-26 79, E-Mail [email protected]

404. Mückl, Dr. Stefan, apl. Professor, Adenauerallee 129, 53115 Bonn; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br., Institut für Öffentliches Recht IV, Platz der Universität 3, 79085 Freiburg i.Br., (07 61) 2 03-22 64, Fax (07 61) 2 03-22 97, E-Mail [email protected] 568 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

405. Müller, Dr. Dr. h.c. Georg, o. Professor, Sugenreben 10, CH-5018 Erlinsbach, (00 41) 6 28 44 38 73, Fax (00 41) 6 28 44 42 04 E-Mail [email protected]

406. Müller, Dr. Dr. h.c. Jörg Paul, o. Professor em., Universität Bern, Kappelenring 42a, CH-3032 Hinterkappelen bei Bern, (00 41) 3 19 01 05 70, E-Mail [email protected]

407. Müller-Franken, Dr. Sebastian, Professor, Schützenstr. 1c, 35039 Marburg/Lahn, (0 64 21) 2 07 03 40 oder Westermühlstr. 28, 80469 München, (0 89) 20 23 98 28; Professur für Öffentliches Recht, Phillips-Universität Marburg, Universitätsstraße 6, 35032 Marburg/Lahn, (0 64 21) 2 82 31 22, Fax (0 64 21) 2 82 38 40, E-Mail [email protected]

408. Müller-Terpitz, Dr. Ralf, Professor, Albrecht-Dürer-Str. 11, 40489 Düsseldorf, (02 03) 7 28 18 97, Fax (02 03) 7 28 18 98; Universität Passau, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Wirtschaftsverwaltungs-, Medien- und Informationsrecht, Innstr. 40 (Nikolakloster), 94032 Passau, (08 51) 5 09 22 20, Fax (08 51) 5 09 22 22, E-Mail [email protected]

409. Müller-Volbehr, Dr. Jörg, Universitätsprofessor, Waxensteinstr. 16, 82194 Gröbenzell b. München, (0 81 42) 79 73; Universität Marburg, Universitätsstr. 6, 35037 Marburg, (0 64 21) 2 82 31 26

410. Münch, Dr. Dr. h.c. Ingo von, Professor, Hochrad 9, 22605 Hamburg, (0 40) 82 96 24, Fax (0 40) 82 34 49 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 569

411. Murswiek, Dr. Dietrich, o. Professor, Lindenaustr. 17, 79199 Kirchzarten, (0 76 61) 9 92 37; Institut für Öffentliches Recht, Universität Freiburg, 79085 Freiburg, (07 61) 2 03-22 37 oder -41, Fax (07 61) 2 03-22 40, E-Mail [email protected]

412. Musil, Dr. Andreas, Professor, Mendelssohn-Bartholdy-Str. 34, 14480 Potsdam, (03 31) 7 45 34 53; Universität Potsdam, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungs- und Steuerrecht, August-Bebel-Str 89, 14482 Potsdam, (03 31) 9 77 32 33, E-Mail [email protected]

413. Mußgnug, Dr. Reinhard, o. Professor, Keplerstr. 40, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 43 62 22, Fax (0 62 21) 40 83 09; Universität Heidelberg, Institut für Finanz- und Steuerrecht, Friedrich-Ebert-Anlage 6–10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54 74 66, Fax (0 62 21) 54 76 54, E-Mail [email protected]

414. Mutius, Dr. Albert von, o. Professor, Hof „Frankenthaler Moor“, Poseritz-Ausbau Nr. 8, 18574 Poseritz auf Rügen, (03 83 07) 4 05 99, Mobil (01 76) 21 82 05 81, Fax (03 83 07) 4 03 49, E-Mail [email protected]

415. Nettesheim, Dr. Martin, o. Professor, Horemer 13, 72076 Tübingen, (0 70 71) 25 46 04; Universität Tübingen, Juristische Fakultät, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, (0 70 71) 2 97 25 60, Fax (0 70 71) 29 58 47, E-Mail [email protected] 570 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

416. Neumann, Dr. Volker, Professor, Neckarstaden 10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 16 12 66; Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sozialrecht und Staatstheorie, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93 34 60, Fax (0 30) 20 93 34 52, E-Mail [email protected]

417. Nicolaysen, Dr. Gert, Professor, Bockhorst 68a, 22589 Hamburg, (0 40) 8 70 17 47; Universität Hamburg, Seminar für Öffentliches Recht und Staatslehre, Abteilung Europarecht, Schlüterstraße 28, 20146 Hamburg, E-Mail [email protected]

418. Niedobitek, Dr. Matthias, Universitätsprofessor, Lauergasse 23, 67346 Speyer, (0 62 32) 7 28 51; Professur für Europäische Integration mit dem Schwerpunkt Europäische Verwaltung, Technische Universität Chemnitz, Thüringer Weg 9, 09126 Chemnitz, (03 71) 5 31-3 49 12, E-Mail [email protected]

419. Nierhaus, Dr. Michael, Professor, Am Moosberg 1c, 50997 Köln, (0 22 36) 6 36 29, Fax (0 22 36) 96 37 95, E-Mail [email protected]

420. Nolte, Dr. Georg, Professor, Ansbacher Str. 73, 10777 Berlin, (0 30) 53 67 41 92; Institut für Völker- und Europarecht, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-33 49, Fax (0 30) 20 93-33 84, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 571

421. Nolte, Dr. Martin, Privatdozent, Düppelstraße 1, 24105 Kiel, (04 31) 56 58 22, Fax (04 31) 56 58 22; Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften, Olshausenstraße 40, 24098 Kiel, (04 31) 8 80-45 46, Fax (04 31) 8 80-45 82, E-Mail [email protected]

422. Novak, Dr. Richard, o. Professor, Thadd. Stammel-Str. 8, A-8020 Graz, (00 43) 3 16-5 35 16; Universität (00 43) 3 16-3 80-33 71, E-Mail [email protected]

423. Nowak, Dr. Carsten, Universitätsprofessor, Jevenstedter Str. 69g, 22547 Hamburg, (0 40) 8 80 03 17; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insb. Europarecht, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Große Scharrnstr. 59, 15230 Frankfurt (Oder), (03 35) 55 34-27 10, -27 11, Fax (03 35) 55 34-7 27 11, E-Mail [email protected]

424. Nußberger, Dr. Angelika, Professorin, Eichenhainallee 15, 51427 Bergisch Gladbach; Institut für Ostrecht an der Universität zu Köln, Klosterstr. 79 d, 50931 Köln, (02 21) 4 70 55 83, Fax (02 21) 4 70 55 82, E-Mail [email protected]

425. Odendahl, Dr. Kerstin, Professorin, Magnihalden 6, CH-9000 St. Gallen; Universität St. Gallen, Lehrstuhl für Völker- und Europarecht, Tigerbergstraße 21, CH-9000 St. Gallen; (00 41) 7 12 24 28 37, Fax (00 41) 7 12 24 21 62, E-Mail [email protected] 572 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

426. Oebbecke, Dr. Janbernd, Universitätsprofessor, Huberstr. 13a, 48155 Münster, (02 51) 2 30 51 70; Kommunalwissenschaftliches Institut, Universität Münster, Universitätsstr. 14–16, 48143 Münster, (02 51) 83-2 18 06, Fax (02 51) 83-2 18 33, E-Mail [email protected]

427. Oeter, Dr. Stefan, Professor, Wulfsdorfer Weg 122, 22359 Hamburg, (0 40) 60 95 19 57; Universität Hamburg, Institut für Internationale Angelegenheiten, Rothenbaumchaussee 21/23, 20148 Hamburg, (0 40) 4 28 38 45 65, Fax (0 40) 4 28 38 62 62, E-Mail [email protected]

428. Ohler, Dr. Christoph, LL.M., Professor, Berghoffsweg 4, 07743 Jena, (0 36 41) 20 70 81; Rechtswissenschaftliche Fakultät, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Carl-Zeiß-Str. 3, 07743 Jena (0 36 41) 94 22 60, Fax (0 36 41) 94 22 62, E-Mail [email protected]

429. Öhlinger, Dr. Theo, o. Universitätsprofessor, Tolstojgasse 5/6, A-1130 Wien, (00 43-1) 8 77 12 60; Universität Wien, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, E-Mail [email protected]

430. Oldiges, Dr. Martin, Universitätsprofessor, August-Bebel-Straße 31, 04275 Leipzig, (03 41) 2 11 92 33, Fax (03 41) 1 49 68 16, E-Mail [email protected]; Universität Leipzig, Juristenfakultät, Otto-Schill-Str. 2, 04109 Leipzig, (03 41) 9 73 51 31, Fax (03 41) 9 73 51 39 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 573

431. Oppermann, Dr. Dres. h.c. Thomas, o. Professor, Burgholzweg 122, 72070 Tübingen, (0 70 71) 4 95 33, Fax (0 70 71) 4 47 02, E-Mail [email protected]; Universität Tübingen, Juristische Fakultät, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, (0 70 71) 2 97 25 58, Fax (0 70 71) 29 58 47, E-Mail [email protected]

432. Ossenbühl, Dr. Fritz, Professor, Im Wingert 12, 53340 Meckenheim, (0 22 25) 1 74 82; Universität Bonn, 53113 Bonn, (02 28) 73 55-72 oder -73

433. Osterloh, Dr. Lerke, Professorin, Richterin des Bundesverfassungsgerichts, Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe, (07 21) 91 01-0, Fax (07 21) 91 01-3 82; Institut für Öffentliches Recht, Universität Frankfurt, Postfach 11 19 32, 60054 Frankfurt am Main, (0 69) 79 82 27 11 oder 2 86 11, Fax (0 69) 79 82 25 62, E-Mail [email protected]

434. Pabst, Dr. Heinz-Joachim, Privatdozent, Universität zu Köln, Prüfungsamt der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln, (02 21) 4 70-77 48, Fax (02 21) 4 70-67 22, E-Mail [email protected]

435. Pache, Dr. Eckhard, Professor, Hauptstraße 82, 97218 Gerbrunn; Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Domerschulstraße 16, 97070 Würzburg, (09 31) 31-8 23 09, Fax (0931) 31-23 19, E-Mail [email protected] 574 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

436. Papier, Dr. Dr. h.c. Hans-Jürgen, o. Professor, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Institut für Politik und Öffentliches Recht, Universität München, Professor-Huber-Platz 2, 80539 München, (0 89) 21 80-62 94 oder -62 95, Fax (0 89) 21 80 31 99, E-Mail [email protected]

437. Paulus, Dr. Andreas, Professor, Hermann-Föge-Weg 17, 37073 Göttingen; Institut für Völkerrecht und Europarecht, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen, (05 51) 39 47 51, Fax (05 51) 39 47 67, E-Mail [email protected]

438. Pauly, Dr. Walter, o. Professor, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Rechts- und Verfassungsgeschichte, Rechtsphilosophie, Universität Jena, Carl-Zeiss-Str. 3, 07743 Jena, (0 36 41) 94 22 30 oder -31, Fax (0 36 41) 94 22 32, E-Mail [email protected]

439. Pechstein, Dr. Matthias, Universitätsprofessor, Lindenallee 40, 14050 Berlin, (0 30) 3 01 94 17, Fax (0 30) 3 01 94 17; Jean-Monnet-Institut für Öffentliches Recht und Europarecht, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Große Scharrnstr. 59, 15230 Frankfurt (Oder), (03 35) 55 34-27 61, Fax (03 35) 55 34-27 69, E-Mail [email protected]

440. Peine, Dr. jur. Dr. h.c. Franz-Joseph, Professor, Kurpromenade 56, 14089 Berlin-Kladow, (0 30) 3 65 61 93, Fax (0 30) 3 65 61 93; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Große Scharrnstr. 59, 15230 Frankfurt (Oder), (03 35) 55 34-25 28, Fax (03 35) 55 34-25 69, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 575

441. Pernice, Dr. Ingolf, Universitätsprofessor, Laehrstraße 17a, 14165 Berlin, (0 30) 84 72 36 15, Fax (0 30) 84 50 91 62; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-34 40, Fax (0 30) 20 93-34 49, E-Mail [email protected]

442. Pestalozza, Dr. Christian Graf von, Universitätsprofessor (em.), Freie Universität Berlin, Institut für Staatslehre, Staats-und Verwaltungsrecht, Dienstanschrift: Van’t-Hoff-Str. 8, 14195 Berlin (Dahlem), Postanschrift: Bayernallee 12, 14052 Berlin (Westend), (0 30) 3 04 63 29 oder 83 85 30 14, Fax (0 30) 30 81 31 04, E-Mail [email protected]

443. Peters, Dr. Anne, LL.M., Professorin, Bollwerkstr. 134, CH-4102 Binningen; Lehrstuhl für Völker- und Staatsrecht, Universität Basel, Maiengasse 51, CH-4056 Basel, (00 41) 6 12 67 25 65, Fax (00 41) 6 12 67 25 71, E-Mail [email protected]

444. Pielow, Dr. Johann-Christian, Professor, Stiepeler Str. 96, 44801 Bochum, (02 34) 7 46 33; Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft – Recht der Wirtschaft –, Universitätsstr. 150, 44780 Bochum, (02 34) 32 25 72 34, Fax (02 34) 3 21 40 74, E-Mail [email protected]

445. Pieper, Dr. Stefan Ulrich, apl. Professor, Bundespräsidialamt, Spreeweg 1, 10557 Berlin, (0 18 88) 5 00 21 20, Fax (0 30) 20 00-19 99, E-Mail [email protected] 576 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

446. Pieroth, Dr. Bodo, Professor, Gluckweg 19, 48147 Münster, (02 51) 23 32 91, Fax (02 51) 23 32 94; Institut für Öffentliches Recht und Politik, Universität Münster, Wilmergasse 28, 48143 Münster, (02 51) 51 04 90, Fax (02 51) 5 10 49-19, E-Mail [email protected]

447. Pietzcker, Dr. Jost, Professor, Hausdorffstr. 95, 53129 Bonn, (02 28) 23 39 54; Universität Bonn, 53113 Bonn, (02 28) 73 91 77, E-Mail [email protected]

448. Pirson, Dr. Dr. Dietrich, o. Professor, Brunnenanger 15, 82418 Seehausen, (0 88 41) 4 78 68; Universität München, Professor-Huber-Platz 2, 80539 München, (0 89) 21 80-27 15, E-Mail [email protected]

449. Pitschas, Dr. Rainer, o. Universitätsprofessor, Hermann-Jürgens-Str. 8, 76829 Landau-Godramstein, (0 63 41) 96 93 81, Fax (0 63 41) 96 93 82; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Postfach 14 09, 67324 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 45, Fax (0 62 32) 6 54-3 05, E-Mail [email protected]

450. Pöcker, Dr. Markus, Privatdozent, Zollhofstr. 4, 67061 Ludwigshafen; Lehrstuhl Prof. Dr. G. Hermes, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt am Main, (0 69) 79 82 38 64, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 577

451. Poscher, Dr. Ralf, Universitätsprofessor, Crellestr. 45, 10827 Berlin, (0 30) 6 92 53 98; Ruhr-Universität Bochum, Juristische Fakultät, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Rechtssoziologie und Rechtsphilosophie, Universitätsstraße 150/Gebäude GC 8/135, 44801 Bochum, (02 34) 3 22 28 09, Fax (02 34) 3 21 43 27, E-Mail [email protected]

452. Pöschl, Dr., Magdalena, Univ.-Prof., Klosterwiesgasse 31, A-8010 Graz; Universität Graz, Institut für Österreichisches, Europäisches und Vergleichendes Öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre, Universitätsstr. 15/D3, A-8010 Graz, (00 43) 31 63 80-67 07, Fax (00 43) 31 63 80-94 50, E-Mail [email protected]

453. Potacs, Dr. Michael, Professor, Hartäckerstraße 25–27/3, A-1190 Wien, (00 43-1) 3 24 66 23; Universität Klagenfurt, Universitätsstr. 65–67, A-9020 Klagenfurt, (00 43) 46 32 70 08 79, Fax (00 43) 46 32 70 08 68, E-Mail [email protected]

454. Preuß, Dr. Ulrich K., Professor, Friedbergstraße 47, 14057 Berlin, (0 30) 30 81 94 33; Hertie School of Governance, Schlossplatz 1, 10178 Berlin, (0 30) 2 12 31 23 10, Fax (0 30) 2 12 31 29 99, E-Mail [email protected]

455. Puhl, Dr. Thomas, o. Professor, In der Aue 26a, 69118 Heidelberg, (0 62 21) 80 36 64, Fax (0 62 21) 80 36 69; Universität Mannheim, Fakultät für Rechtswissenschaft, Schloss – Westflügel (W 226), 68131 Mannheim, (06 21) 1 81-13 45/-13 55, Fax (06 21) 1 81 13 61, E-Mail [email protected] 578 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

456. Pünder, Dr. Hermann, LL.M (Iowa), Universitätsprofessor, Hagedornstraße 25, 20149 Hamburg, (0 40) 41 46 69 34; Bucerius Law School, Lehrstuhl für Öffentliches Recht (einschließlich Europarecht), Verwaltungswissenschaft und Rechtsvergleichung, Postfach 30 10 30, 20304 Hamburg, (0 40) 30 70 6-2 60, Fax (0 40) 3 07 06-2 35, E-Mail [email protected]

457. Puttler, Dr. Adelheid, LL.M. (University of Chicago), diplomée de l’E.N.A., Universitätsprofessorin, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Europarecht, Völkerrecht und Internationales Wirtschaftsrecht, Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, (02 34) 3 22 28 20, Fax (02 34) 3 21 41 39, E-Mail [email protected]

458. Püttner, Dr. Dr. h.c. Günter, o. Professor, Schwerdstraße 3, 67346 Speyer, (0 62 32) 7 19 97

459. Quaritsch, Dr. Helmut, o. Professor, Otterstadter Weg 139, 67346 Speyer, (0 62 32) 6 31 81; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Freiherr-vom-Stein-Str. 2–6, 67346 Speyer, (0 62 32) 6 54-2 89, Fax (0 62 32) 6 54-3 05

460. Ramsauer, Dr. Ulrich, Professor, Wiesenstraße 5, 20255 Hamburg, (0 40) 43 18 12 53 52; Universität Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft, Öffentliches Recht, Edmund-Siemers-Allee 1, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-49 65, Fax (0 40) 4 28 38-56 70, E-Mail [email protected]

461. Randelzhofer, Dr. Albrecht, o. Professor, Wulffstr. 12, 12165 Berlin, (0 30) 7 92 60 85 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 579

462. Raschauer, Dr. Bernhard, o. Universitätsprofessor, Pfeilgasse 7/2/6, A-1080 Wien, (00 43-1) 4 08 33 53; Universität Wien, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, (00 43-1) 42 77-3 53 52, Fax (00 43-1) 42 77-3 54 59, E-Mail [email protected]

463. Raschauer, Dr. Nicolas, Universitätsprofessor, Kaltnergasse 7, A-5020 Salzburg, (00 43) 6 99 81 76 97 52; Institut für Staatsrecht und politische Wissenschaften, Abteilung für Öffentliches Unternehmensrecht, Johannes Kepler Universität Linz, Altenbergerstr. 69, A-4040 Linz, (00 43) 7 32 24 68-84 57, Fax (00 43) 7 32 24 68-89 01, E-Mail [email protected]

464. Rasenack, Dr. Christian A.L., LL.M., Professor, Taunusstr. 8, 12309 Berlin, (0 30) 7 45 25 43; TU Berlin, Fakultät VIII, Institut für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsrecht, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, (0 30) 31 42-58 74, Fax (0 30) 7 45 25 43, E-Mail [email protected]

465. Rauschning, Dr. Dr. h.c. Dietrich, o. Professor, Rodetal 1, 37120 Bovenden, (0 55 94) 9 31 74, Fax (0 55 94) 9 31 75; Institut für Völkerrecht, Universität Göttingen, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen, (05 51) 39 47 51, E-Mail [email protected]

466. Reimer, Dr. Ekkehart, Professor, Institut für Finanz- und Steuerrecht, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Prinzipien des Europäischen und Internationalen Steuerrechts, Friedrich-Ebert-Anlage 6–10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54 74 67, Fax (0 62 21) 54 77 91, E-Mail [email protected] 580 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

467. Reimer, Dr. Franz, Professor, Ebelstr. 37, 35392 Gießen; Justus-Liebig-Universität Gießen, Fachbereich 1 (Rechtswissenschaft), Hein-Heckroth-Str. 5, 35390 Gießen, E-Mail [email protected]

468. Reinhardt, Dr. Michael, LL.M. (Cantab.), Professor, Auf dem Stumpelrott 9, 50999 Köln, (02 21) 35 17 30; Universität Trier, Fachbereich V, 54286 Trier, (06 51) 2 01-25 78, Fax (06 51) 2 01 25 80, E-Mail [email protected]

469. Remmert, Dr. Barbara, Universitätsprofessorin, Bei der Fruchtschranne 4, 72070 Tübingen; Eberhard Karls Universität Tübingen, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, E-Mail [email protected]

470. Rengeling, Dr. Hans-Werner, Universitätsprofessor, Langeworth 143, 48159 Münster, (02 51) 21 20 38, Fax (02 51) 21 20 44; European Legal Studies Institute, Universität Osnabrück, Martinistr. 10, 49069 Osnabrück, (05 41) 9 69-45 05 oder -45 04, Fax (05 41) 9 69-62 82, E-Mail [email protected]

471. Rensmann, Dr. Thilo, Privatdozent, Sedanstraße 12, 53173 Bonn, (02 28) 21 44 12; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Institut für Öffentliches Recht, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73-94 48, Fax (02 28) 73-79 01, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 581

472. Ress, Dr. iur. Dr. rer. pol. Dr. iur. h.c. mult., Georg, em. Universitätsprofessor an der Universität der Saarlandes, Professor an der International University Bremen, Richter am EGMR a.D., Am Botanischen Garten 26/6, 66123 Saarbrücken, (06 81) 3 02 30 55 oder 37 25 45, Fax (06 81) 37 25 45, E-Mail [email protected]

473. Rhinow, Dr. René, o. Professor, em. Ordinarius für öffentliches Recht an der Universität Basel, Präsident des Schweizerischen Roten Kreuzes, Jurastrasse 48, CH-4411 Seltisberg, (00 41) 6 19 11 99 35, E-Mail [email protected]

474. Richter, Dr. Dagmar, Privatdozentin, Birkenweg 90, 24211 Preetz; Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht an der CAU Kiel, Westring 400, 24098 Kiel, E-Mail [email protected]

475. Riedel, Dr. Eibe H., Universitätsprofessor, Haagwiesenweg 19, 67434 Neustadt, (0 63 21) 8 48 19; Lehrstuhl für Deutsches und Ausländisches Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht, Universität Mannheim, Schloß/Westflügel, 68131 Mannheim, (06 21) 1 81-14 17 oder 14 18 oder 14 20-22, Fax (06 21) 1 81-14 19, E-Mail [email protected]

476. Rill, Dr. Heinz Peter, em. o. Univ.-Prof., Peter-Jordan-Str. 145, A-1180 Wien, (00 43-1) 4 79-86 74; Forschungsinstitut für Europafragen, Wirtschaftsuniversität Wien, Althanstraße 39–45, A-1090 Wien, (00 43-1) 3 13 36 46-65 oder -66 582 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

477. Rinken, Dr. Alfred, Universitätsprofessor, Präsident des Staatsgerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen, Treseburger Str. 37, 28205 Bremen, (04 21) 44 07 62, E-Mail [email protected]

478. Rixen, Dr. Stephan, Universitätsprofessor, Johann-Hermann-Schein-Str. 10, 34131 Kassel, (05 61) 3 16 75 25; Universität Kassel, Institut für Sozialpolitik und Organisation Sozialer Dienste, Fachbereich 04 (Sozialwesen), Arnold-Bode-Str. 10, 34127 Kassel, (05 61) 8 04-29 54 oder -29 70, Fax (05 61) 8 04-32 65, E-Mail [email protected]

479. Robbers, Dr. Gerhard, Universitätsprofessor, Dagobertstr. 17, 54292 Trier, (06 51) 5 37 10; Universität Trier, Postfach 38 25, 54286 Trier, (06 51) 2 01-25 42, Fax (06 51) 2 01-39 05, E-Mail [email protected]

480. Röben, Dr. Volker, LL.M., Professor, School of Law Swansea University, Singleton Park, Swansea SA2 8PP, Wales, UK, (00 44) 17 92 60 27 23, Fax (00 44) 17 92 29 58 55, E-Mail [email protected]

481. Rodi, Dr. Michael, M.A., Universitätsprofessor, Richardstr. 82, 12043 Berlin; Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht, 17487 Greifswald, (0 38 34) 86 21 00, E-Mail [email protected]

482. Roellecke, Dr. Gerd, o. Professor (em.), Kreuzackerstr. 8, 76228 Karlsruhe, (07 21) 49 17 39, Fax (07 21) 4 76 87 80, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 583

483. Röger, Dr. Ralf, Professor, Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Bundespolizei, Ratzeburger Landstraße 4, 23562 Lübeck, (04 51) 2 03-17 36, Fax (04 51) 2 03-17 09, E-Mail [email protected]

484. Röhl, Dr. Hans Christian, Professor, Mainaustraße 207a, 78464 Konstanz, (0 75 31) 8 07 14 46; Universität Konstanz, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht und Rechtsvergleichung, Fach D 115, Universitätsstr. 10, 78457 Konstanz, (0 75 31) 88-23 13, Fax (0 75 31) 88-25 63, E-Mail [email protected]

485. Ronellenfitsch, Dr. Michael, o. Professor, Augusta-Anlage 15, 68165 Mannheim, (06 21) 41 23 34; Universität Tübingen, Juristische Fakultät, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, (0 70 71) 2 97 21 09, Fax (0 70 71) 2 97 49 05, E-Mail [email protected]

486. Rossen-Stadtfeld, Dr. Helge, Professor, Marklandstraße 17, 81549 München, (0 89) 74 42 79 29; Universität der Bundeswehr München, Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften, Werner-Heisenberg-Weg 39, 85577 Neubiberg, (0 89) 60 04-46 04, Fax (0 89) 60 04-37 00, E-Mail [email protected]

487. Rossi, Dr. Matthias, Professor, Universität Augsburg, Juristische Fakultät, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht sowie Gesetzgebungslehre, Universitätsstr. 2, 86135 Augsburg, (08 21) 598-45 45, Sekr. -45 46, Fax (08 21) 598-45 47, E-Mail [email protected] 584 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

488. Roth, Dr. Wolfgang, LL.M. (Michigan), apl. Prof., An der Elisabethkirche 48, 53113 Bonn, (02 28) 9 12 52 73; RAe Redeker Sellner Dahs & Widmaier, Mozartstraße 4–10, 53115 Bonn, (02 28) 7 26 25-5 42, E-Mail [email protected]

489. Rozek, Dr. Jochen, Universitätsprofessor, Pfaffendorfer Str. 1, 04105 Leipzig, (03 41) 2 25 59 32; Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Verfassungsgeschichte und Staatskirchenrecht, Universität Leipzig, Burgstr. 27, 04109 Leipzig, (03 41) 97 35-1 71, Sekr. -1 70, Fax (03 41) 97 35-1 79, E-Mail [email protected]

490. Ruch, Dr. Alexander, o. Professor, Gartenstr. 85, CH-4052 Basel, (00 41) 6 12 72 36 22; ETH Zürich, Rämistr. 101, CH-8092 Zürich, (00 41-1) 6 32 60 01, Fax (0041) 16 32 10 24, E-Mail [email protected]

491. Rudolf, Dr. Walter, o. Professor, Rubensallee 55a, 55127 Mainz, (0 61 31) 7 19 42; FB Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Universität Mainz, 55099 Mainz, (0 61 31) 39-24 12, Fax (0 61 31) 39-54 39

492. Ruffert, Dr. Matthias, Professor, Naumannstraße 12, 07743 Jena, (0 36 41) 20 72 63; Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universität Jena, Carl-Zeiss-Straße 3, 07743 Jena, (0 36 41) 94 22 01, Fax (0 36 41) 94 22 02, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 585

493. Rüfner, Dr. Wolfgang, Professor, Hagebuttenstr. 26, 53340 Meckenheim, (0 22 25) 71 07, E-Mail [email protected]; Institut für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands, Adenauerallee 19, 53111 Bonn, (02 28) 26 74-3 62, Fax (02 28) 26 74-3 69

494. Rühl, Dr. Ulli F. H., Professor, Hermann-Allmers-Str. 34, 28209 Bremen, (04 21) 3 46 74 84; Universität Bremen, Fachbereich 6 Rechtswissenschaft, Universitätsallee, GW 1, Postfach 33 04 40, 28334 Bremen, (04 21) 2 18-46 06, Sekretariat: (04 21) 2 18-21 27, E-Mail [email protected]

495. Ruland, Dr. Franz, Professor, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger a.D., Honorarprofessor an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt, Strasslacher Straße 1B, 81479 München, (0 89) 72 77 97 92, Fax (0 89) 74 90 94 82, E-Mail [email protected]

496. Rupp, Dr. Hans Heinrich, o. Professor, Am Marienpfad 29, 55128 Mainz, (0 61 31) 3 45 88

497. Ruthig, Dr. Josef, Universitätsprofessor, C8 1, 68159 Mannheim; Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht, 55099 Mainz, (0 61 31) 39-2 096 4, (06 21) 1 81-14 08, Fax (06 21) 1 81-14 11, E-Mail [email protected] 586 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

498. Rütsche, Dr. Bernhard, Professor, Jubiläumsstr. 87, CH-3005 Bern, (00 41) 3 13 11 15 84, E-Mail [email protected]; Universität Zürich, Rechtswissenschaftliches Institut, Treichlerstr. 10, CH-8032 Zürich, (00 41) 4 46 34 61 03, Fax (00 41) 4 46 34 15 89, E-Mail [email protected]

499. Rux, Dr. Johannes, Privatdozent, Sophienstr. 32, 76133 Karlsruhe, (07 21) 3 83 12 47, Fax (07 21) 3 83 12 48, E-Mail [email protected]

500. Sachs, Dr. Michael, Universitätsprofessor, Dattenfelder Str. 7, 51109 Köln, (02 21) 84 46 57, Fax (02 21) 84 06 70; Universität zu Köln, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Albertus-Magnus-Platz,Bauteil V, 2.OG, 50923 Köln, (02 21) 4 70-58 03, Fax (02 21) 4 70-51 35, E-Mail [email protected]

501. Sacksofsky, Dr. Ute, Professorin, Bundenweg 16, 60320 Frankfurt am Main, (0 69) 95 62 20 51, Fax (0 69) 95 62 20 52; Goethe-Universität, Fachbereich Rechtswissenschaft, Senckenberganlage 31, 60054 Frankfurt am Main, Postfach 11 19 32, 60325 Frankfurt am Main, (0 69) 79 82 86 54 oder 2 26 54, E-Mail [email protected]

502. Salzwedel, Dr. Jürgen, o. Professor, Siebengebirgsstr. 86, 53229 Bonn, (02 28) 48 17 10; c/o RAe Norton, Rose, Vieregge, Köln, (02 21) 77 16-2 16, Fax (02 21) 77 16-1 10

503. Sarcevic, Dr. Edin, apl. Professor, Thomasiusstr. 15, 04009 Leipzig, (03 41) 6 01 73 93; Juristenfakultät Leipzig, Postfach 100 920, (03 41) 9 73 52 10, Fax (03 41) 9 73 52 18, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 587

504. Sattler, Dr. Andreas, Professor, Ludwig-Beck-Str. 17, 37075 Göttingen, (05 51) 2 23 40

505. Saxer, Dr. Urs, Titularprofessor, LL.M., Kantstrasse 15, CH-8044 Zürich, (00 41-44) 4 22 40 42; Steinbrüchel Hüssy Rechtsanwälte, Grossmünsterplatz 8, CH-8001 Zürich, (00 41-44) 2 69 40 00, Fax (00 41-44) 2 69 40 01, E-Mail [email protected]

506. Schachtschneider, Dr. Karl Albrecht, o. Professor, Hubertusstraße 6, 94091 Nürnberg, (09 11) 59 94 36; Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Universität Erlangen-Nürnberg, Lange Gasse 20, 90403 Nürnberg, (09 11) 53 02-3 29 oder -3 11, Fax (09 11) 53 02-2 97, E-Mail [email protected]

507. Schambeck, Dr. Dr. h.c. mult. Herbert, o. Universitätsprofessor, Hofzeile 21, A-1190 Wien, (00 43-1) 36 34 94; Universität Linz, (00 43) 73 22 46 84 24

508. Schefer, Dr. Markus, Professor, Gartenstadt 18, CH-4142 Münchenstein/BL, (00 41) 6 14 11 36 28; Universität Basel Juristische Fakultät, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Maiengasse 51, CH-4056 Basel, (00 41) 6 12 67 25 13, E-Mail [email protected]

509. Schefold, Dr. Dian, Universitätsprofessor, Mathildenstraße 93, 28203 Bremen, (04 21) 7 25 76; FB Rechtswissenschaft der Universität Bremen, Universitätsallee, GW 1, Postfach 33 04 40, 28334 Bremen, (04 21) 2 18-6 60 07, Fax (04 21) 2 18-6 60 30, E-Mail [email protected] 588 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

510. Schenke, Dr. Ralf P., o. Professor, Heinestr. 4 A, 97209 Veitshöchheim, (09 31) 30 17 11 31; Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Steuerrecht, Domerschulstr. 16, 97070 Würzburg (09 31) 31-8 23 60, Fax (09 31) 31-60 70, E-Mail [email protected]

511. Schenke, Dr. Wolf-Rüdiger, o. Professor, Beim Hochwald 30, 68305 Mannheim, (06 21) 74 42 00; Universität Mannheim, 68131 Mannheim, (06 21) 1 81 14 10, E-Mail [email protected]

512. Scherer, Dr. Joachim, LL.M., apl. Professor, Privatweg 9, 64342 Seeheim-Jugenheim, (0 62 57) 90 37 39; RAe Baker & McKenzie, Bethmannstr. 50–54, 60311 Frankfurt am Main, (0 69) 29 90 81 89, Fax (0 69) 29 90 81 08, E-Mail [email protected]

513. Scherzberg, Dr. Arno, Professor, Wartburgstr. 34, 99094 Erfurt, (0361) 7 37 47 61; Universität Erfurt, Staatswissenschaftliche Fakultät, Postfach 900 221, 99105 Erfurt; (03 61) 7 37-47 61, (03 61) 7 37-47 60 (Sekr.), Fax (03 61) 7 37-47 09, E-Mail [email protected]

514. Scheuing, Dr. Dieter H., o. Professor, Finkenstr. 17, 97204 Höchberg, (09 31) 4 83 31, Fax (09 31) 40 81 98; Universität Würzburg, 97070 Würzburg, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 589

515. Schiedermair, Dr. Hartmut, o. Professor, Wittelsbacher Str. 7, 53173 Bonn-Bad Godesberg; Institut für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht, Universität Köln, Gottfried-Keller-Str. 2, 50931 Köln, (02 21) 4 70 23 64

516. Schilling, Dr. Theodor, apl. Professor, Le Mas des Roses, Fontcaudette, F-84220 Gordes; Humboldt-Universität zu Berlin, 10117 Berlin; Gerichtshof der EG, L-2925 Luxemburg, (0 03 52) 43 03-34 13, E-Mail [email protected]

517. Schindler, Dr. Dr. h.c. Dietrich, Professor, Lenzenwiesstr. 8, CH-8702 Zollikon; Universität Zürich, (00 41-1) 3 91-71 18 oder -41 40, Fax (00 41-1) 3 91-71 18

518. Schlacke, Dr. Sabine, Professorin, Querstr. 9, 18107 Elmenhorst, (03 81) 5 10 60 82; Universität Bremen, Professur für Öffentliches Recht mit dem Schwerpunkt deutsches, europäisches und internationales Umweltrecht, Verwaltungsrecht Universitätsallee, 28353 Bremen, (04 21) 2 18-72 49, Fax (04 21) 2 18-74 90, E-Mail [email protected]

519. Schlette, Dr. Volker, Privatdozent, Hirberg 4, 37170 Uslar, (0 55 73) 99 98 68; Universität Göttingen, Juristisches Seminar, Platz der Göttinger Sieben 6, 37073 Göttingen, (05 51) 39 44 13, Fax (05 51) 39 74 14

520. Schlieffen, Dr. Katharina Gräfin von, Universitätsprofessorin, FernUniversität Hagen, Fachbereich Rechtswissenschaft, Universitätsstr. 21, 58084 Hagen, (0 23 31) 9 87-28 78, Fax (0 23 31) 9 87-3 95, E-Mail [email protected] 590 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

521. Schliesky, Dr. Utz, apl. Professor, Ministerialdirigent, Goosdiek 22, 24229 Dänischenhagen; Leiter der Abteilung Verwaltungsmodernisierung, Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein, Düsternbrooker Weg 64, 24105 Kiel (04 31) 9 88-39 05; Lorenz-von-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Olshausenstr. 40, 24098 Kiel, E-Mail [email protected]

522. Schlink, Dr. Bernhard, Professor, Viktoria-Luise-Platz 4, 10777 Berlin; Institut für Öffentliches Recht und Völkerrecht, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-34 54 oder -34 72, Fax (0 30) 20 93-34 52, E-Mail [email protected]

523. Schmahl, Dr. Stefanie, LL.M., Professorin, Wittelsbacherstraße 10 A, 10707 Berlin; Lehrstuhl für deutsches und ausländisches öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht, Universität Würzburg, Domerschulstr. 16, 97070 Würzburg, (09 31) 31-8 23 24, Fax (09 31) 31-27 92, E-Mail [email protected]

524. Schmalenbach, Dr. Kirsten, Professorin, Richard Wagner Gasse 13, A-8010 Graz; Institut für Völkerrecht, Paris Lodron Universität Salzburg, Churfürststraße 1, A-5020 Salzburg, (00 43) 6 62 80 44-36 51, Fax (00 43) 66 28 04 41 35, E-Mail [email protected]

525. Schmehl, Dr. Arndt, Universitätsprofessor, Professur für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht, Universität Hamburg, Schlüterstr 28 (Rechtshaus), 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38 -30 26 (Sekr.) und -30 25 (direkt), Fax (0 40) 4 28 38-30 28, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 591

526. Schmid, Dr. Gerhard, Professor, Hochwaldstr. 24, CH-4059 Basel, (00 41) 6 13 31 84 25; c/o Wenger Plattner, Aeschenvorstadt 55, CH-4010 Basel, (00 41) 6 12 79-70 00, Fax (00 41) 6 12 79-70 01, E-Mail [email protected]

527. Schmid, Dr. Viola, LL.M., Universitätsprofessorin, Kirchenweg 3, 91126 Schwabach, (0 91 22) 7 73 82, Fax (0 91 22) 6 23 45; Institut für Öffentliches Recht, Technische Universität Darmstadt, Hochschulstr. 1, 64289 Darmstadt, (0 61 51) 16 64 64, Fax (0 61 51) 16 39 84, E-Mail [email protected]

528. Schmidt, Dr. Reiner, o. Professor, Bachwiesenstr. 5, 86459 Gessertshausen, (0 82 38) 41 11, Fax (0 82 38) 6 09 01, E-Mail [email protected]; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Umweltrecht, Universität Augsburg, Universitätsstr. 24, 86159 Augsburg, (08 21) 5 98-45 26

529. Schmidt, Dr. Thorsten Ingo, Universitätsprofessor, Köhlerstr. 31, 12205 Berlin, (01 63) 1 35 54 87; Professur für Öffentliches Recht, insbesondere Staatsrecht, Verwaltungs- und Kommunalrecht, Universität Potsdam, August-Bebel-Str. 89, 14482 Potsdam (03 31) 9 77-32 84, E-Mail [email protected]

530. Schmidt, Dr. Walter, Universitätsprofessor, Brüder-Knauß-Str. 86, 64285 Darmstadt, (0 61 51) 6 47 10; Universität Frankfurt, 60054 Frankfurt am Main, (0 69) 7 98 2 21 89 592 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

531. Schmidt am Busch, Dr. Birgit, LL.M. (Iowa), Privatdozentin, Schmellerstr. 28, 80337 München, (0 89) 7 25 74 20, E-Mail [email protected]; Ludwig-Maximilians-Universität München, Ludwigstr. 28, Rgb., 80539 München, (0 89) 21 80-20 82, E-Mail [email protected]

532. Schmidt-Aßmann, Dr. Dres. h.c. Eberhard, o. Professor, Höhenstr. 30, 69118 Heidelberg, (0 62 21) 80 08 03; Universität Heidelberg, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54 78 07, E-Mail [email protected]

533. Schmidt-De Caluwe, Reimund, Universitätsprofessor, Unterer Hardthof 17 B, 35398 Gießen, (06 41) 3 45 66, Fax (06 41) 9 60 99 66; Juristische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universitätsplatz 3–5, 06099 Halle (Saale), (03 45) 55-2 31 38 oder -39, E-Mail [email protected]

534. Schmidt-Jortzig, Dr. Edzard, o. Professor, Graf-Spee-Straße 18a, 24105 Kiel, (04 31) 8 95 01 95, Fax (04 31) 80 34 71, E-Mail [email protected]; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Universität Kiel, 24118 Kiel, (04 31) 8 80-35 45

535. Schmidt-Preuß, Dr. Matthias, o. Professor, E.-T.-A.-Hoffmann-Straße 12, 53113 Bonn, (02 28) 67 80 91; Universität Bonn, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73 65 02, Fax (02 28) 73 65 07, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 593

536. Schmidt-Radefeldt, Dr. Roman, Privatdozent, Schleiermacherstr.5, 68165 Mannheim, (06 21) 8 20 75 02, E-Mail [email protected]; Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Bundeswehrverwaltung, Seckenheimer Landstr.30, 68163 Mannheim, (0621) 4 29 54 60, E-Mail [email protected] 537. Schmitt Glaeser, Dr. Alexander, LL.M. (Yale), Privatdozent, Kaulbachstraße 64, 80539 München, (0 89) 38 54 79 31, E-Mail [email protected] 538. Schmitt Glaeser, Dr. Dr. h. c. Walter, o. Professor, Rübezahlweg 9 A, 95447 Bayreuth, (09 21) 3 20 70, Fax (09 21) 7 56 38 66 539. Schmitt-Kammler, Dr. Arnulf, Universitätsprofessor, Katzenberg 6, 96049 Bamberg; Universität zu Köln, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln, (02 21) 4 70-40 66 oder -40 67, E-Mail [email protected] 540. Schmitz, Dr. Thomas, apl. Professor, Kr. Valdemara iela 33–49, LV-1010 Riga; Juridiska fakultate, Rain¸a bulvaris 19, 483. kab., LV-1586 Riga, (00 3 71) 28 30 92 64, E-Mail [email protected] 541. Schnapp, Dr. Friedrich E., o. Professor, Efeuweg 22, 44869 Bochum, (0 23 27) 7 42 13; Universität Bochum, 44780 Bochum, (02 34) 32-2 22 39, Fax (02 34) 32-1 42 71, E-Mail [email protected] 542. Schneider, Dr. Hans, o. Professor, Ludolf-Krehl-Str. 44, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 48 03 81; Universität Heidelberg, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54 74 46 594 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

543. Schneider, Dr. Dr. h.c. Hans-Peter, o. Professor, Rominteweg 1, 30559 Hannover, (05 11) 51 10 50, Fax (05 11) 51 10 50; FB Rechtswissenschaften, Universität Hannover, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62-81 85 oder 81 86, E-Mail [email protected]

544. Schneider, Dr. Jens-Peter, Professor, Lürmannstr. 10, 49076 Osnabrück, (05 41) 6 68 82 08, Fax (05 41) 6 68 82 07; European Legal Studies Institute, Universität Osnabrück; 49069 Osnabrück, (05 41) 9 69-45 00, Fax (05 41) 9 69-45 09, E-Mail [email protected]

545. Schöbener, Dr. Burkhard, Professor, Am Glösberg 27, 97342 Obernbreit, (0 93 32) 50 00 04; Professur für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht, Universität zu Köln, Gottfried-Keller-Straße 2, 50931 Köln, (02 21) 4 70-38 34 oder -38 75, E-Mail [email protected]

546. Schönberger, Dr. Christoph, Professor, Wintererstr. 7, 79104 Freiburg i. Br., (07 61) 3 19 68 72; Universität Konstanz, Fachbereich Rechtswissenschaft, Postfach D 110, Universitätsstr. 10, 78457 Konstanz, (0 75 31) 88 30 04, Fax (0 75 31) 88 40 08, E-Mail [email protected]

547. Schoch, Dr. Friedrich, o. Professor, Kastelbergstr. 19, 79189 Bad Krozingen, (0 76 33) 94 81 04, Fax (0 76 33) 94 81 05; Institut für Öffentliches Recht IV, Universität Freiburg, Postfach, 79085 Freiburg, (07 61) 2 03-22 57 oder -22 58, Fax (07 61) 2 03-22 97, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 595

548. Scholler, Dr. Dr. h. c. Heinrich, Professor, Zwengauerweg 5, 81479 München, (0 89) 79 64 24 (privat), (0 89) 33 20 14 (Büro), Fax (0 89) 79 00 216 549. Scholz, Dr. Rupert, o. Professor, Königsallee 71 a, 14193 Berlin; Universität München, Institut für Politik und Öffentliches Recht, Ludwigstr. 28/RG, 80539 München, (0 89) 21 80-21 13, E-Mail [email protected] 550. Schorkopf, Dr. Frank, Professor, Schillerstr. 49, 37083 Göttingen, E-Mail [email protected]; Georg-August-Universität Göttingen, Juristische Fakultät, Institut für Völkerrecht und Europarecht, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen, (05 51) 39-46 10, Fax (05 51) 39-2 21 96, E-Mail [email protected] 551. Schröder, Dr. Meinhard, o. Professor, Zum Wingert 2, 54318 Mertesdorf, (06 51) 5 78 87; Universität Trier, 54286 Trier, (06 51) 2 01 25 86, E-Mail [email protected] 552. Schröder, Dr. Rainer Johannes, Privatdozent, Wormser Str. 65, 01309 Dresden, (03 51) 6 56 97 00; Technische Universität Dresden, Juristische Fakultät, Bergstr. 53, 01069 Dresden, (03 51) 46 33 73 65, E-Mail [email protected] 553. Schroeder, Dr. Werner, LL.M., Professor, Universität Innsbruck, Institut für Völkerrecht, Europarecht und Internationale Beziehungen, Innrain 52, A-6020 Innsbruck, (00 43) 5 12-5 07-83 20, Fax (00 43) 5 12-5 07-26 51, E-Mail [email protected] 596 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

554. Schuler-Harms, Dr. Margarete, Professorin, Heidkoppel 19, 22145 Hamburg, (0 40) 6 78 60 61, Fax (0 40) 6 78 83 73; Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Institut für Öffentliches Recht, Holstenhofweg 85, 22043 Hamburg, (0 40) 65 41-27 82, Fax (0 40) 65 41-20 87, E-Mail [email protected]

555. Schulev-Steindl, Dr. MMag. Eva, LL.M. (London), a.o. Univ. Prof., Auhofstraße 158/20, A-1130 Wien; Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Universität Wien, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, (00 43-1) 42 77-3 54 53 oder -51, Fax (00 43-1) 42 77-3 54 59, E-Mail [email protected]

556. Schulte, Dr. Martin, Professor, Neuostra 15, 01219 Dresden, (03 51) 4 72 25 50; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Umwelt- und Technikrecht, Juristische Fakultät, TU Dresden, von-Gerber-Bau, Bergstr. 53, 01069 Dresden, (03 51) 46 33-73 62, Fax (03 51) 46 33-72 20, E-Mail [email protected]

557. Schulz, Dr. Wolfgang, Privatdozent, Bismarckstr. 4, 20259 Hamburg, (0 40) 40 40 75; Hans-Bredow-Institut für Medienforschung, Heimhuder Str. 21, 20148 Hamburg, (0 40) 45 02 17 11 (Sekr.), -34 (Durchwahl), Fax (0 40) 45 02 17 77, E-Mail [email protected]

558. Schulze-Fielitz, Dr. Helmuth, Professor, Klara-Löwe-Str. 5, 97082 Würzburg, (09 31) 7 84 10 25, Fax (09 31) 7 84 10 34, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 597

559. Schuppert, Dr. Gunnar Folke, Professor, Kaiserdamm 28, 14057 Berlin, (0 30) 30 61 21 68; Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsprofessur Neue Formen von Governance, Reichpietschufer 50, 10785 Berlin, (0 30) 2 54 91-5 46 oder -246, Fax (0 30) 2 54 91-542, E-Mail [email protected]

560. Schwabe, Dr. Jürgen, Professor, Erlenweg 1, 21614 Buxtehude, (0 41 61) 8 71 41, Fax (0 41 61) 72 26 00; Universität Hamburg, Juristische Fakultät, Schlüterstraße 28, 20146 Hamburg, E-Mail [email protected]

561. Schwartmann, Dr. Rolf, Professor, Brucknerstraße 18, 50931 Köln, (02 21) 4 00 90 94; Fachhochschule Köln, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Claudiusstraße 1, 50678 Köln, (02 21) 82 75-34 46, Fax (02 21) 82 75-7 34 46, E-Mail [email protected]

562. Schwarz, Dr. Kyrill-A., Professor (apl.), Dönersberg 13, 91550 Dinkelsbühl, (01 77) 8 31 07 68; Referatsleiter „Grundsatzfragen des Verfassungsrechts“, Staatskanzlei des Landes NRW, Stadttor 1, 40219 Düsseldorf, (02 11) 8 37-11 06, E-Mail [email protected]

563. Schwarze, Dr. Jürgen, Professor, Universität Freiburg, Institut für Öffentliches Recht Abt. I, Platz der Alten Synagoge 1, 79098 Freiburg, (07 61) 2 03-22 38, oder -22 51, Fax (07 61) 2 03-22 34, E-Mail [email protected] 598 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

564. Schwarzer, Mag., Dr. Stephan, Universitätsdozent, Rodlergasse 7/10, A-1190 Wien, (00 43-1) 3 69 17 46; Bundeswirtschaftskammer, Wiedner Hauptstr. 63, A-1045 Wien, (00 43-1) 5 01 05-41 95

565. Schweitzer, Dr. Michael, Professor, Göttweiger Str. 135, 94032 Passau, (08 51) 3 45 33; Universität Passau, 94032 Passau, (08 51) 5 09-23 30, Fax (08 51) 5 09-23 32, E-Mail [email protected]

566. Schweizer, Dr. Rainer J., o. Professor, Kirchgasse 9, CH-9220 Bischofszell, (00 41) 71-2 23 56 24; Universität St. Gallen, Tigerbergstr. 21, CH-9000 St. Gallen, Forschungsgemeinschaft für Rechtswissenschaften, (00 41) 71-2 24 21 61, Fax (00 41) 71-2 24 21 62, E-Mail [email protected]

567. Schwerdtfeger, Dr. Gunther, Universitätsprofessor, Hülsebrinkstr. 23, 30974 Wennigsen/Deister, (0 51 03) 13 11; Juristische Fakultät, Universität Hannover, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62-81 69

568. Seer, Dr. Roman, Universitätsprofessor, In den Birken 156 d, 42113 Wuppertal, (02 02) 2 72 15 34, Fax (02 02) 2 72 15 35; Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Steuerrecht, Gebäude GC 8/137, Universitätsstr. 150, 44780 Bochum, (02 34) 3 22 82 69, Fax (02 34) 3 21 46 14, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 599

569. Seewald, Dr. Otfried, o. Professor, Schärdingerstraße 21 A, 94032 Passau, (08 51) 3 51 45, Fax (08 51) 3 51 45, E-Mail [email protected]; Universität Passau, Innstr. 40, Postfach 25 40, 94030 Passau, (08 51) 50 9-23 40 oder -41, Fax (08 51) 5 09-23 42, E-Mail [email protected]

570. Seidel, Dr. Gerd, Professor, Donizettistraße 102, 12623 Berlin, (0 30) 56 59 75 56; Humboldt Universität zu Berlin, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-35 17/-12, Fax (0 30) 20 93-33 84, E-Mail [email protected]

571. Seiler, Dr. Christian, Professor, Stauffenbergstr. 70/1, 72074 Tübingen, (0 70 71) 5 49 77 80; Universität Tübingen, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Finanz- und Steuerrecht, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, (0 70 71) 2 97 29 43, E-Mail [email protected]

572. Selmer, Dr. Peter, Professor, Akazienweg 9, 22587 Hamburg, (0 40) 86 47 43; Universität Hamburg, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-45 74 oder -3026, Fax (0 40) 4 28 38-30 28, E-Mail [email protected]

573. Shirvani, Dr. Foroud, Privatdozent, Grafinger Str. 91, 81671 München, (0 89) 49 00 36 63; Ludwig-Maximilians-Universität München, Ludwigstr. 28 (Rgb.), 80539 München, (0 89) 21 80 28 83, Fax (0 89) 21 80 31 99, E-Mail [email protected] 600 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

574. Sieckmann, Dr. Jan-Reinhard, Professor, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Feldkirchenstr. 21, 96051 Bamberg, (09 51) 8 63-27 40, Fax (09 51) 8 63-57 40, E-Mail [email protected]

575. Siedentopf, Dr. Dr. h.c. Heinrich, o. Professor, Langstr. 1, 76829 Landau, (0 63 41) 6 07 57; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Freiherr-vom-Stein-Str. 2–6, 67324 Speyer, E-Mail [email protected]

576. Siegel, Dr. Thorsten, Privatdozent, Dr. Semmelweis-Str. 25, 67433 Neustadt an der Weinstraße, (0 63 21) 48 28 51; Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer, Freiherr-vom-Stein-Str. 2, 67346 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 79, Fax (0 62 32) 6 54-2 90, E-Mail [email protected]

577. Siekmann, Dr. Helmut, Professor, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Professur für Geld-, Währungs- und Notenbankrecht, IMFS im House of Finance, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, (0 69) 7 98-3 40 14, E-Mail [email protected]

578. Silagi, Dr. Dr. Michael, Privatdozent, Institut für Völkerrecht, Universität Göttingen, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen, (05 51) 39-47 34

579. Skouris, Dr. Wassilios, Professor, Nikolaou Manou 18, GR-54643 Thessaloniki, (00 30-31) 83 14 44; Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Palais de la Cour de Justice, L-2925 Luxembourg, (0 03 52) 43 03 22 09, Fax (0 03 52) 43 03 27 36 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 601

580. Sodan, Dr. Helge, Universitätsprofessor, Fachbereich Rechtswissenschaft, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Sozialrecht, Freie Universität Berlin, Van’t-Hoff-Str. 8, 14195 Berlin, (0 30) 8 38-5 39 72 oder -7 39 73, Fax (0 30) 8 38-5 44 44; Präsident des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin, Elßholzstr. 30–33, 10781 Berlin, (0 30) 90 15-26 50, Fax (0 30) 90 15-26 66, E-Mail [email protected]

581. Söhn, Dr. Hartmut, o. Professor, Eppanerstr. 9, 94036 Passau, (08 51) 5 85 20, E-Mail [email protected]; Universität Passau, Lehrstuhl für Staats- u. Verwaltungsrecht insbesondere Finanz- und Steuerrecht, 94032 Passau, (08 51) 5 09-23 50, Fax (08 51) 5 09-23 52

582. Somek, Dr. Alexander, Professor, Görgengasse 23a/8, A-1190 Wien; University of Iowa, College of Law, Melrose and Byington Iowa City, Iowa USA 52242, (3 19) 3 35 90 34, Fax (31 91) 33 59 01 98, E-Mail [email protected]

583. Sommermann, Dr. Karl-Peter, Universitätsprofessor, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Staatslehre und Rechtsvergleichung, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Postfach 14 09, 67346 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 44, Fax (0 62 32) 6 54-4 14, E-Mail [email protected]

584. Spannowsky, Dr. Willy, Universitätsprofessor, Auf dem Kleehügel 17, 67706 Krickenbach, (0 63 07) 99 39 63, Fax (0 63 07) 99 39 49; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Postfach 30 49, 67653 Kaiserslautern, (06 31) 2 05-39 75, Fax (06 31) 2 05-39 77, E-Mail [email protected] 602 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

585. Spiecker genannt Döhmann, Dr. Indra, LL.M. (Georgetown Univ.), Professorin, Institut für Informations- und Wirtschaftsrecht Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft (ZAR) Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Gotthard-Franz-Str. 3, Geb.50.31, 76131 Karlsruhe, (07 21) 6 08-77 59, Fax (07 21) 6 08-80 23, E-Mail [email protected]

586. Spranger, Dr. Dr. Tade Matthias, Privatdozent, Eichhörnchenweg 10, 53125 Bonn; c/o Institut für Wissenschaft und Ethik, Bonner Talweg 57, 53113 Bonn, (02 28) 33 64 19 53, Fax (02 28) 33 64 19 50, E-Mail [email protected]

587. Staff, Dr. Ilse, Universitätsprofessorin, Am Forum 4, 65779 Kelkheim, (0 61 95) 33 08; Universität Frankfurt, 60054 Frankfurt am Main

588. Starck, Dr. Christian, o. Professor, Schlegelweg 10, 37075 Göttingen, (05 51) 5 54 54, E-Mail [email protected]

589. Steiger, Dr. Heinhard, Universitätsprofessor, Oberhof 16, 35440 Linden, (06 41) 2 32 52; Universität Gießen, 35394 Gießen, (06 41) 9 92 11-50 oder -51, Fax (06 41) 9 92 11-59

590. Stein, Dr. Katrin, Privatdozentin, Reinhold-Tiling-Weg 61, 49088 Osnabrück, (05 41) 9 11 84 51; Universität Osnabrück, Institut für Kommunalrecht, Martinistr. 12, 49078 Osnabrück, (05 41) 9 69-61 69, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 603

591. Stein, Dr. Torsten, Universitätsprofessor, Ludolf-Krehl-Str. 1 b, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 48 04 38, Fax (0 62 21) 48 04 38; Universität des Saarlandes, Europa-Institut, Am Stadtwald, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02-45 67 oder -36 95, Fax (06 81) 3 02-48 79, E-Mail [email protected]

592. Steinberg, Dr. Rudolf, Universitätsprofessor, Wingertstr. 2a, 65719 Hofheim, E-Mail [email protected]; Goethe-Universität Frankfurt, Senckenberganlage 31, 60054 Frankfurt am Main

593. Steinberger, Dr. Helmut, o. Professor, Saphirweg 13, 69181 Leimen, (062) 26 99 06 30; MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 4 82-2 61, Fax (0 62 21) 4 82-2 88; Juristisches Seminar, Universität Heidelberg, Friedrich-Ebert-Anlage 6–10, 69117 Heidelberg, (0 62 21) 54-74 54 oder -74 55, Fax (0 62 21) 54-77 44 E-Mail [email protected]

594. Steiner, Dr. Udo, o. Professor, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D., Am Katzenbühl 5, 93055 Regensburg, (09 41) 70 09 13, Fax (09 41) 76 06 19, E-Mail [email protected]; Universität Regensburg, 93040 Regensburg, (09 41) 9 43-42 84, E-Mail [email protected]

595. Stelkens, Dr. Ulrich, Universitätsprofessor, Webergasse 3a, 67346 Speyer; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Freiherr-vom-Stein-Str. 2, 67346 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 65, Fax (0 62 32) 6 54-2 45, E-Mail [email protected] 604 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

596. Stelzer, Dr. Manfred, Universitätsprofessor, Anton-Wildgansgasse 12/4, A-2380 Perchtoldsdorf, (00 43) 6 64 2 12 56 18; Universität Wien, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, (00 43-1) 42 77-3 54 31 oder -32, E-Mail [email protected]

597. Stender-Vorwachs, Dr. Jutta, LL. M. (USA,UVA), apl. Professorin, Am Ortfelde 99A, 30916 Isernhagen N.B., (05 11) 7 24 08 07, Fax (05 11) 7 24 08 54, E-Mail [email protected]; Leibniz Universität Hannover, Juristische Fakultät, Königsworter Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62-82 50 oder -82 49, Fax (05 11) 7 62-82 52, E-Mail [email protected]

598. Stern, Dr. Dr. h.c. mult. Klaus, o. Professor, Am Stockberger Busch 10, 51515 Kürten, (0 22 68) 61 67; Institut für Rundfunkrecht an der Universität zu Köln, Aachener Straße 197–199, 50931 Köln, (02 21) 9 41 54 65, E-Mail [email protected]

599. Stettner, Dr. Rupert, Professor, Alpenstr. 11 a, 85221 Dachau, (0 81 31) 27 89 96, Fax (0 81 31) 27 89 98; Institut für Staatswissenschaften, Universität der Bundeswehr München, Werner-Heisenberg-Weg 39, 85579 Neubiberg, (0 89) 60 04-38 64 oder -37 02 oder -20 43, Fax (0 89) 60 04-28 41, E-Mail [email protected]

600. Stober, Dr. Dr. h.c. mult. Rolf, Professor, Prins-Claus-Str. 50, 48159 Münster, (02 51) 1 62 41 62, Fax (02 51) 1 62 41 63, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 605

601. Stock, Dr. Martin, Professor, Lina-Oetker-Str. 22, 33615 Bielefeld, (05 21) 12 19 95; Fakultät für Rechtswissenschaft, Universität Bielefeld, Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld, (05 21) 1 06 43 90, Fax (05 21) 1 06 15 43 90, E-Mail [email protected]

602. Stöger, Dr. Karl, MJur, Privatdozent, Höhenstr. 24–26, A-3400 Klosterneuburg, (00 43) 06 99 10 36 77 45, E-Mail [email protected]

603. Stoll, Dr. Peter-Tobias, Professor, E-Mail [email protected]; Institut für Völkerrecht, Abteilung für Internationales Wirtschaftsrecht, Universität Göttingen, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen, (05 51) 39 46 61, E-Mail [email protected]

604. Stolleis, Dr. Dr. h.c. mult. Michael, Universitätsprofessor, Waldstr. 15, 61476 Kronberg, (0 61 73) 6 56 51; Universität Frankfurt, MPI für europäische Rechtsgeschichte, Hausener Weg 120, 60489 Frankfurt am Main, (0 69) 7 89 78-2 22, Fax (0 69) 7 89 78-1 69, E-Mail [email protected]

605. Stolzlechner, Dr. Harald, o. Universitätsprofessor, Gneiser Straße 57, A-5020 Salzburg, (00 43) 6 62-82 39 35; Universität Salzburg, (00 43) 6 62-80 44 36 01, E-Mail [email protected] 606 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

606. Storr, Dr. Stefan, Universitätsprofessor, Klosterwiesgasse 72, A-8010 Graz; Institut für Österreichisches, Europäisches und Vergleichendes Öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre, Karl-Franzens-Universität Graz, Universitätsstraße 15 C 3, A-8010 Graz, (00 43) 31 63 80-66 95, Fax (00 43) 31 63 80-94 50, E-Mail [email protected]

607. Streinz, Dr. Rudolf, o. Professor, Waldsteinring 26, 95448 Bayreuth, (09 21) 9 47 30; E-Mail [email protected]; Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Europarecht, Professor-Huber-Platz 2, 80539 München, (0 89) 21 80-33 35, Fax (0 89) 21 80-24 40, E-Mail [email protected]

608. Stumpf, Dr. Dr. Christoph, Privatdozent, Raupach & Wollert-Elmendorff Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Hanse-Forum, Axel-Springer-Platz 3, 20355 Hamburg, (0 40) 37 85 38-0, (0 40) 37 85 38-11, E-Mail [email protected]

609. Suerbaum, Dr. Joachim, o. Professor, In der Uhlenflucht 3, 44795 Bochum, (02 34) 47 26 26, E-Mail [email protected]; Universität Würzburg, Domerschulstraße 16, 97070 Würzburg, (09 31) 31-8 28 97 oder 31-8 28 99, E-Mail [email protected]

610. Sydow, Dr. Gernot, M.A., apl. Prof., Schornstr. 13, 65553 Limburg, (0 64 31) 5 70 95 20; Justitiar des Bistums Limburg, Bischöfliches Ordinariat, Roßmarkt 4, 65549 Limburg, (0 64 31) 29 52 08, Fax (0 64 31) 29 55 21, E-Mail [email protected], [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 607

611. Talmon, D. Phil. (Oxon.) Stefan, LL.M. (Cantab.), Privatdozent, Universität Tübingen, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, E-Mail [email protected]; St Anne’s College, Woodstock Road, Oxford OX2 6HS, (00 44) 18 65 28 45 30, Fax (00 44) 18 65 27 48 99, E-Mail [email protected]

612. Thieme, Dr. Werner, Professor, Berggartenstraße 14, 29223 Celle, (0 51 41) 3 73 69, Fax (0 51 41) 9 313 73; Universität Hamburg, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-45 69

613. Thienel, Dr. Rudolf, Universitätsprofessor, Vizepräsident des Verwaltungsgerichtshofes, Judenplatz 11, A-1010 Wien, (00 43-1) 5 31 11-2 45, Fax (00 43-1) 5 31 11-1 40, E-Mail [email protected]

614. Thürer, Dr. Dr. h.c. Daniel, LL.M., o. Professor, Abeggweg 20, CH-8057 Zürich, (00 41) 13 62 65 47 oder -46, Fax (00 41)13 62 65 46, E-Mail [email protected]; Universität Zürich, Institut für Völkerrecht und Ausländisches Verfassungsrecht, Hirschgraben 40, CH-8001 Zürich, (00 41) 16 34-20 31 oder -2059 oder -2064, Fax (00 41) 16 34-49 92, E-Mail [email protected]

615. Thym, Dr. Daniel, LL.M. (London), Privatdozent, Pallasstr. 22, 10781 Berlin, (01 51) 56 60 69 37; Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93 35 71, Fax (0 30) 20 93 34 49, E-Mail [email protected] 608 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

616. Tietje, Dr. Christian, Professor, Hegelstraße 14, 06114 Halle (Saale), (03 45) 5 48 39 13, Fax (03 45) 54 83 9 14, fax&voice (0 12 12) 5 12 32 26 56, E-Mail [email protected]; Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juristische Fakultät, Juridicum, Universitätsplatz 5, 06108 Halle (Saale), (03 45) 5 52-31 80, Fax (03 45) 5 52-72 01, E-Mail [email protected] 617. Tomuschat, Dr. Christian, Professor, Odilostraße 25a, 13467 Berlin, (0 30) 40 54 14 86, Fax (0 30) 40 54 14 88, E-Mail [email protected]; Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Völker- und Europarecht, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-33 35 oder -33 05 oder -33 22, Fax (0 30) 20 93-33 65, E-Mail [email protected] 618. Trute, Dr. Hans-Heinrich, Universitätsprofessor, Wettinplatz 3, 01896 Pulsnitz, (03 59 55) 4 53 01; Universität Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft, Schlüterstraße 28, 20146 Hamburg, (0 40) 4 28 38-57 21 oder -56 25, Fax (0 40) 4 28 38-27 00, E-Mail [email protected] 619. Tsatsos, Dr. Dimitris Th., o. Professor, Kockenhof 12, 58093 Hagen, (0 23 34) 95 47 47; FernUniversität Hagen, 58097 Hagen, (0 23 31) 9 87-28 76, Fax (0 23 31) 9 87-3 24 620. Tschentscher, Dr. Axel, LL.M., Professor, Lehrstuhl für Staatsrecht, Rechtsphilosophie und Verfassungsgeschichte, Universität Bern, Institut für öffentliches Recht, Schanzeneckstraße 1, CH-3001 Bern, (00 41) 31-6 31 88 99 (direkt), (00 41) 31-6 31 32 36 (Sekretariat), Fax (00 41) 31-6 31 38 83, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 609

621. Uebersax, Dr. Peter, Privatdozent, Chemin des Grands-Champs 19, CH-1033 Cheseaux, (00 41) 2 17 31 29 41; Schweizerisches Bundesgericht, Av. du Tribunal-fédéderal 29, CH-1000 Lausanne 14, (00 41) 2 13 18 91 11, E-Mail [email protected]

622. Uerpmann-Wittzack, Dr. Robert, Professor, Universität Regensburg, Juristische Fakultät, 93040 Regensburg, (09 41) 9 43-26 60 oder 26 59, Fax (09 41) 9 43-19 73, E-Mail [email protected]

623. Uhle, Dr. Arnd, Professor, Stiftungslehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere für Staatsrecht und Staatswissenschaften, Technischen Universität Dresden, 01062 Dresden, (03 51) 46 33 73 14, Fax (03 51) 46 33 72 07, E-Mail [email protected]

624. Uhlmann, Dr. Felix, LL.M., Professor, Bruderholzallee, CH 4059 Basel; Rämistrasse 74 / 33, CH 8001 Zürich, (00 41) 4 46 34 42 24, Fax (00 41) 4 46 34 43 68, E-Mail [email protected]

625. Unruh, Dr. Georg-Christoph von, o. Professor, Steenkamp 2, 24226 Heikendorf, (04 31) 23 14 59; Universität Kiel, Lorenz vom Stein-Institut, 24106 Kiel, (04 31) 8 80 35-22 oder -29

626. Unruh, Dr. Peter, apl. Professor, Hakensoll 8a, 24226 Heikendorf; Nordelbisches Kirchenamt, Dänische Str. 21–35, 24103 Kiel, E-Mail [email protected] 610 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

627. Vallender, Dr. Klaus A., Professor, Unterbach 4, CH-9043 Trogen, (00 41 71) 94 27 69; Universität St. Gallen, Bodanstr. 4, CH-9000 St. Gallen, (00 41 71) 2 24 25 19

628. Vedder, Dr. Christoph, Professor, Sollner Str. 33, 81479 München, (0 89) 79 10 03 83, Fax (0 89) 79 10 03 84; Juristische Fakultät, Universität Augsburg, Postfach, 86135 Augsburg, (08 21) 5 98-45 70, Fax (08 21) 5 98-45 72, E-Mail [email protected]

629. Vesting, Dr. Thomas, Universitätsprofessor, Konradstraße 2, 80801 München, (089) 38 87 95 45, Fax (089) 38 87 95 47 Fachbereich Rechtswissenschaft, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Senckenberganlage 31–33, 60054 Frankfurt am Main, (0 69) 79 82 85 09, Fax (0 69) 79 82 80 73, E-Mail [email protected]

630. Vismann, Dr. Cornelia, Nassauische Str. 23, 10717 Berlin, (0 30) 61 65 12 75; Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Medien, Bauhausstr. 11, 99421 Weimar, (0 36 43) 58 37 18, E-Mail [email protected]

631. Vitzthum, Dr. Dr. h.c. Wolfgang Graf, o. Professor, Im Rotbad 19, 72076 Tübingen, (0 70 71) 6 38 44, Fax (0 70 71) 96 84 89; Universität Tübingen, Juristische Fakultät, Geschwister-Scholl-Platz, 72074 Tübingen, (0 70 71) 2 97 52 66, Fax (0 70 71) 2 97 50 39, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 611

632. Vogel, Dr. Stefan, Privatdozent, Dübendorfstr. 11c, CH-8117 Fällanden, (00 41) 4 33 55 52 29, E-Mail [email protected]

633. Volkmann, Dr. Uwe, Professor, Am Bonifatiusbrunnen 231, 60439 Frankfurt am Main, (0 69) 51 86 73; Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, FB Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht, 55099 Mainz, (0 61 31) 39-2 34 53, Fax (0 61 31) 39-2 30 90, E-Mail [email protected]

634. Voßkuhle, Dr. Andreas, Professor, Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe, (07 21) 91 01-3 13; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie, Postfach, 79085 Freiburg i. Br., (07 61) 2 03-22 09, Fax (07 61) 2 03-91 93, E-Mail [email protected]

635. Waechter, Dr. Kay, Professor, Ceciliengärten 12, 12159 Berlin; FB Rechtswissenschaft, Universität Hannover, Königsworther Platz 1, 30167 Hannover, (05 11) 7 62-82 27, E-Mail [email protected]

636. Wahl, Dr. Rainer, o. Professor, Hagenmattenstr. 6, 79117 Freiburg, (07 61) 6 59 60; Universität Freiburg, Institut für Öffentliches Recht V, Postfach, 79085 Freiburg, (07 61) 2 03 89 61, Fax (07 61) 2 03 22 93, E-Mail [email protected] 612 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

637. Waldhoff, Dr. Christian, Professor, Lennéstraße 47, 53113 Bonn, (02 28) 2 89 10 64; Universität Bonn, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Kirchenrechtliches Institut, Adenauerallee 24–42, 53113 Bonn, (02 28) 73-91 25, Fax (02 28) 73-40 49, E-Mail [email protected] 638. Waldmann, Dr. Bernhard, Professor, RA Alfons-Aebystrasse 29, CH-3186 Düdingen, (00 41) 2 64 93 57 05; Universität Freiburg i. Üe. Route d’Englisberg 7, CH-1763 Granges-Paccot, (00 41) 2 63 00 81 56, E-Mail [email protected] 639. Wallerath, Dr. Maximilian, Universitätsprofessor, Gudenauer Weg 86, 53127 Bonn, (02 28) 28 32 02, E-Mail [email protected]; Universität Greifswald, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, 17487 Greifswald, (0 38 34) 86 21 44, Fax (0 38 34) 8 68 00 77 640. Wallrabenstein, Dr. Astrid, Professorin, Prälat-Diehl-Str. 17, 64285 Darmstadt, (0 61 51) 6 51 09; Universität Bielefeld, Professur für öffentliches Recht, Bildungsrecht und Recht der sozialen Sicherung, Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld, (05 21) 1 06-44 30 oder -69 57 (Sekr.), Fax (05 21) 1 06-60 48, E-Mail [email protected] 641. Walter, Dr. Christian, Professor, Finkenstr. 5, 48147 Münster, (02 51) 2 00 75 01; Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Lehrstuhl für Öffentliches Recht einschließlich Völker- und Europarecht, Bispinghof 24/25, 48143 Münster, (02 51) 83-2 20 21, Fax (02 51) 83-2 20 43, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 613

642. Weber, Dr. Albrecht, Professor, Weidenweg 20, 49143 Bissendorf, (0 54 02) 39 07; Universität Osnabrück, 49069 Osnabrück, (05 41) 9 69-61 88, E-Mail [email protected]

643. Weber, Dr. Karl, o. Universitätsprofessor, Noldinstr. 14, A-6020 Innsbruck, (00 43) 06 64-1 62 57 39; Universität Innsbruck, Institut für Öffentliches Recht, Finanzrecht und Politikwissenschaft, Innrain 80, A-6020 Innsbruck, (00 43) 5 12-5 07-82 30, E-Mail [email protected]

644. Weber-Dürler, Dr. Beatrice, o. Professorin, Ackermannstr. 24, CH-8044 Zürich, (00 41) 4 42 62 04 20; E-Mail [email protected]

645. Wegener, Dr. Bernhard W., Professor, Friedrich-Alexander-Universität, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Schillerstraße 1, 91054 Erlangen, (0 91 31) 8 52 92 85, Fax (0 91 31) 8 52 64 39, E-Mail [email protected]

646. Wehr, Dr. Matthias, Privatdozent, Am Schwarzenberg 37, 97078 Würzburg, (09 31) 2 16 30; Hochschule für Öffentliche Verwaltung Bremen (HfÖV), Doventorscontrescarpe 172 C, 28195 Bremen, E-Mail [email protected]

647. Weiß, Dr. Norman, Privatdozent, Martin-Luther-Str. 56, 10779 Berlin; MenschenRechtsZentrum der Universität Potsdam, August-Bebel-Str. 89, 14482 Potsdam, (03 31) 9 77 34 50, Fax (03 31) 9 77 34 51, E-Mail [email protected] 614 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

648. Weiß, Dr. Wolfgang, Universitätsprofessor, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Freiherr-vom-Stein-Str. 2, 67346 Speyer, (0 62 32) 6 54-3 31, Fax (0 62 32) 6 54-1 23, E-Mail [email protected]

649. Welti, Dr. Felix, Professor, Marquardplatz 3, 23554 Lübeck, (04 51) 8 13 27 42, Fax (04 51) 8 13 27 43; Sozialrecht und Verwaltungsrecht, Hochschule Neubrandenburg, Fachbereich Gesundheit und Pflege, Management, Brodaer Str. 2, 17033 Neubrandenburg, (03 95) 5 69 34 69, E-Mail [email protected]

650. Wendt, Dr. Rudolf, o. Professor, Schulstr. 45, 66386 St. Ingbert-Hassel, (0 68 94) 5 32 87, Fax (0 68 94) 5 32 50; Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Wirtschafts-, Finanz- und Steuerrecht, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universität des Saarlandes, Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02-21 04 oder -31 04, Fax (06 81) 302-47 79, E-Mail [email protected]

651. Wernsmann, Dr. Rainer, Professor, Johann-Bergler-Straße 8, 94032 Passau; Universität Passau, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, insb. Finanz- und Steuerrecht, Innstr. 40, 94032 Passau, (08 51) 5 09-23 51, Fax (08 51) 5 09-23 52, E-Mail [email protected]

652. Wiederin, Dr. Ewald, Universitätsprofessor, Universität Wien, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, (00 43) 14 27 73 54 82, Fax (00 43) 14 27 73 54 89, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 615

653. Wieland, Dr. Joachim, LL.M., Universitätsprofessor, Gregor-Mendel-Straße 13, 53115 Bonn, (02 28) 6 19 59 98, Fax (02 28) 3 49 48 98; Lehrstuhl für öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Postfach 1409, 67324 Speyer, (0 62 32) 65 43 55, Fax (0 62 32) 65 43 06, E-Mail [email protected]

654. Wielinger, Dr. Gerhard, Universitätsdozent, Bergmanngasse 22, A-8010 Graz, (00 43) 3 16-31 87 14, dienstl. (00 43) 3 16-70 31 24 28

655. Wieser, DDr. Bernd, a.o. Universitätsprofessor, Wittenbauerstr. 76, A-8010 Graz; Institut für Öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre, Karl-Franzens-Universität Graz, Universitätsstr. 15/C3, A-8010 Graz, (00 43) 3 16-3 80-33 81 oder -33 83, Fax (00 43) 3 16-3 80-94 50, E-Mail [email protected]

656. Wildhaber, Dr. Luzius, LL.M., J.S.D., Dres. h.c., LL.D.h.c., o. Professor, Auf der Wacht 21, CH-4104 Oberwil, (0 041) 61 4 01 25 21, E-Mail [email protected]

657. Wilke, Dr. Dieter, Präsident des OVG Berlin a.D., Universitätsprofessor a.D., apl. Professor an der Freien Universität Berlin, Schweinfurthstr.10, 14195 Berlin

658. Will, Dr. Martin, M.A., LL.M., Privatdozent, Albert-Schweitzer-Str. 24, 35091 Cölbe; Institut für Öffentliches Recht, Philipps-Universität Marburg, Universitätsstr. 6, 35037 Marburg, (0 64 21) 2 82 37 04, Fax (0 64 21) 2 82 32 09, E-Mail [email protected]

659. Will, Dr. Rosemarie, Professorin, Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93 33 00-36 82, Fax (0 30) 20 93 34 53, E-Mail [email protected] 616 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

660. Wilms, Dr. Heinrich, o. Professor Maybachplatz 5, 88045 Friedrichshafen, (0 75 41) 38 85 90, E-Mail [email protected]; Lehrstuhl für Öff. Recht, Rechtsphilosophie und Medienrecht, Am Seemoser Horn 20, 88045 Friedrichshafen, (0 75 41) 60 09-13 51, Fax (0 75 41) 60 09-12 99, E-Mail [email protected]

661. Wimmer, Dr. Norbert, o. Universitätsprofessor, Heiliggeiststr. 16, A-6020 Innsbruck, (00 43) 5 12-58 61 44; Universität Innsbruck, Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaften, Innrain 80/82, A-6020 Innsbruck, (00 43) 5 12-82 00 oder -82 01, E-Mail [email protected]

662. Windthorst, Dr. Kay, Professor, Prinzregentenstr. 75, 81675 München, (01 62) 9 02 00 76; Professur für Öffentliches Recht, Universität Bayreuth, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universitätsstr. 30, Gebäude B 9, 95447 Bayreuth, (09 21) 55-35 19, Fax (09 21) 55-43 31, E-Mail [email protected]

663. Winkler, Dr. DDr. h.c. Günther, a.o. Universitätsprofessor, Reisnerstr. 22/5/11, A-1030 Wien, (00 43) 17 13 44 15; Universität Wien, Schottenbastei 10–16, A-1010 Wien, (00 43) 14 01 03-31 31

664. Winkler, Dr. Markus, Privatdozent, Bornwiesweg 12, 65388 Schlangenbad, (0 61 29) 50 20 99, E-Mail [email protected]; Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, 55099 Mainz, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 617

665. Winkler, Dr. Roland, a.o. Univ.-Prof., Borromäumstraße 10/2, A-5020 Salzburg, (00 43) 6 62 64 12 60 oder (00 43) 67 69 07 01 71; Fachbereich Öffentliches Recht, Universität Salzburg, Kapitelgasse 5–7, A-5020 Salzburg, (00 43) 6 62 80 44 36 24, Fax (00 43) 6 62 80 44 36 29, E-Mail [email protected]

666. Winter, Dr. Gerd, Professor, FB 6: Rechtswissenschaft, Universität Bremen, Postfach 33 04 40, 28334 Bremen, (04 21) 2 18-28 40, Fax (04 21) 2 18-34 94, E-Mail [email protected]

667. Winterhoff, Dr. Christian, apl. Prof., Theodor-Storm-Straße 1, 22869 Schenefeld, (0 40) 85 40 03 76, Fax (0 40) 85 41 48 80, E-Mail [email protected]; Graf von Westphalen, Große Bleichen 21, 20354 Hamburg, (0 40) 3 59 22-2 64, Fax (0 40) 3 59 22-2 93, E-Mail [email protected]

668. Winzeler, Dr. Christoph, LL. M. (Harv.) Privatdozent, St.-Jakobs-Strasse 96, CH-4052 Basel, (00 41) 6 12 95 93 93 (Büro), Fax (00 41) 6 12 72 53 82 (Büro), E-Mail [email protected]; Universität Fribourg, Institut für Religionsrecht, Miséricorde, Büro 4119, CH-1700 Fribourg, (00 41) 2 63 00 80 23, Fax (00 41) 2 63 00 96 66, E-Mail [email protected]

669. Wißmann, Dr. Hinnerk, Professor, Universität Bayreuth, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Wirtschaftsrecht, 95440 Bayreuth, (09 21) 55-2876 oder -2875 (Sekr.), Fax (09 21) 55-58 23, E-Mail [email protected] 618 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

670. Wittinger, Dr. Michaela, Privatdozentin, Schauinslandstraße 1, 76199 Karlsruhe, (07 21) 59 16 81, Fax (07 21) 9 59 77 40, E-Mail [email protected]; Universität des Saarlandes, c/o Forschungsstelle Internationaler Kulturgüterschutz Prof. Dr. W. Fiedler, Postfach 15 11 50, 66041 Saarbrücken, (06 81) 3 02-32 00

671. Wittmann, Dr. Heinz, a.o. Universitätsprofessor, Steinböckengasse 4/14, A-1140 Wien, (00 43) 19 14 31 75; Verlag Medien und Recht GmbH, Danhausergasse 6, A-1040 Wien, (00 43) 15 05 27 66, Fax (00 43)15 05 27 66-15

672. Wittreck, Dr. Fabian, Professor, Cheruskerring 51, 48147 Münster, (02 51) 2 00 62 88, E-Mail [email protected]; Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Professur für Öffentliches Recht, Bispinghof 25/25, 48143 Münster, (02 51) 8 32 11 99, Fax (02 51) 8 32 24 03, E-Mail [email protected]

673. Wolf, Dr. Joachim, Professor, Von-Velsen-Straße 17, 44625 Herne, (0 23 23) 45 96 25; Juristische Fakultät, Ruhr-Universität Bochum, Umweltrecht, Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, Gebäude GC, Universitätsstr. 150, 44789 Bochum, (02 34) 3 22-52 52, Fax (02 34) 3 21 44 21, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 619

674. Wolff, Dr. Heinrich Amadeus, Professor, Rudolf-Ditzen-Weg 12, 13156 Berlin, (0 30) 48 09 79 48; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Staatsrecht und Verfassungsgeschichte, Europa-Universität Viadrina, Große Scharrnstr. 59, 15230 Frankfurt (Oder), (03 35) 55 34 22 95, Fax (03 35) 55 34 24 18, Mobil (01 63) 9 01 24 45, E-Mail [email protected]

675. Wolfrum, Dr. Dr. h.c. Rüdiger, o. Professor, Mühltalstr. 129 b, 69121 Heidelberg, (0 62 21) 47 52 36; MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg, (0 62 21) 48 22-55 oder -56, Fax (0 62 21) 48 22 88, E-Mail [email protected]

676. Wolter, Dr. Henner, Privatdozent, RA, Rechtsanwälte Hensche & Wolter, Knesebeckstr. 76, 10623 Berlin (0 30) 9 39 33 30, Fax (0 30) 9 393 33 33, E-Mail [email protected]; Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, (0 30) 20 93-34 72, Fax (0 30) 20 93-34 52

677. Würtenberger, Dr. Thomas, o. Professor, Beethovenstr. 9, 79100 Freiburg, (07 61) 7 86 23; Universität Freiburg, Postfach, 79085 Freiburg (07 61) 2 03-22 46 oder -22 49, E-Mail [email protected]

678. Wyduckel, Dr. Dieter, Professor, Juristische Fakultät, TU Dresden, 01062 Dresden, (03 51) 4 63-73 21, Fax (03 51) 4 63-72 09, E-Mail [email protected] 620 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

679. Wyss, Dr. iur. Martin, Professor, Höheweg 62, CH-3097 Liebefeld, (00 41) 31 9 72 99 93, Fax (00 41) 31 9 72 99 91, E-Mail [email protected]; Stellvertretender Chef Fachbereich II für Rechtsetzung, Bundesamt für Justiz, Bundeshaus West, CH-3003 Bern, (00 41) 31 3 22 75 75, Fax (00 41) 31 3 22 78 37, E-Mail [email protected]

680. Zacher, Dr. Dr. h.c. mult. Hans F., o. Professor, Starnberger Straße 47, 82343 Pöcking, (0 81 57) 13 84; MPI für ausländisches und internationales Sozialrecht Amalienstr. 33, 80799 München, Postfach 34 01 21, 80098 München, (0 89) 3 86 02-5 02, Fax (0 89) 3 86 02-5 90

681. Zeh, Dr. Wolfgang, Professor, Ministerialdirektor a.D., Marktstr. 10, 72359 Dotternhausen, E-Mail [email protected]

682. Zezschwitz, Dr. Friedrich von, Universitätsprofessor, Petersweiher 47, 35394 Gießen, (06 41) 4 51 52; Universität Gießen, 35390 Gießen, (06 41) 7 02 50 20

683. Ziegler, Dr. Andreas R., LL.M., Professor, Gründenstraße 66, CH-8247 Flurlingen; Universität Lausanne, Juristische Fakultät, BFSH 1, CH-1015 Lausanne, E-Mail [email protected]

684. Ziekow, Dr. Jan, Universitätsprofessor, Gartenstraße 3, 67361 Freisbach, (0 63 44) 59 02, Fax (0 63 44) 59 02; Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Postfach 14 09, 67324 Speyer, (0 62 32) 65 40, E-Mail [email protected] Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 621

685. Zimmer, Dr. Gerhard, Professor, Waldschützpfad 9, 12589 Berlin, (0 30) 6 48 95 90; Universität der Bundeswehr, 22043 Hamburg, (0 40) 65 41 27 71 686. Zimmermann, Dr. Andreas, Professor, Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht, E-Mail [email protected]; Universität Potsdam, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Staatsrecht, Europa- und Völkerrecht sowie Europäisches Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsvölkerrecht, August-Bebel-Str. 89, 14482 Potsdam, (03 31) 9 77-35 16, Fax (03 31) 9 77-32 24, E-Mail [email protected] 687. Zippelius, Dr. Dr. h.c. Reinhold, o. Professor, Niendorfstr. 5, 91054 Erlangen, (0 91 31) 5 57 26; Universität Erlangen-Nürnberg, 91054 Erlangen, (0 91 31) 85 28 20 688. Zuleeg, Dr. Dr. h.c. Manfred, Professor, Kaiser-Sigmund-Str. 32, 60320 Frankfurt am Main, (0 69) 56 43 93; Institut für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Universität Frankfurt, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt am Main, (0 69) 7 98 2 23 82, Fax (0 69) 7 98 2 87 50, E-Mail [email protected] 622 Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Satzung 623

Satzung

(Nach den Beschlüssen vom 21. Oktober 1949, 19. Oktober 1951, 14. Oktober 1954, 10. Oktober 1956, 13. Oktober 1960, 5. Oktober 1962, 1. Oktober 1971, 6. Oktober 1976, 3. Oktober 1979, 6. Oktober 1999, 4. Oktober 2006 und 3. Oktober 2007)

§1 Die Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer stellt sich die Aufgabe: 1. wissenschaftliche und Gesetzgebungsfragen aus dem Gebiet des Öffentlichen Rechts durch Aussprache in Versammlungen der Mit- glieder zu klären; 2. auf die ausreichende Berücksichtigung des Öffentlichen Rechts im Hochschulunterricht und bei staatlichen und akademischen Prüfun- gen hinzuwirken; 3. in wichtigen Fällen zu Fragen des Öffentlichen Rechts durch Ein- gaben an Regierungen oder Volksvertretungen oder durch schrift- liche Kundgebungen Stellung zu nehmen.

§2 (1) 1Der Verein führt den Namen „Vereinigung der Deutschen Staats- rechtslehrer“. 2Er soll in das Vereinsregister eingetragen werden; nach der Eintragung führt er den Zusatz „e. V.“. (2) Der Verein hat seinen Sitz in Heidelberg. (3) Das Geschäftsjahr des Vereins ist das Kalenderjahr.

§3 (1) Mitglied der Vereinigung kann werden, wer auf dem Gebiet des Staatsrechts und mindestens eines weiteren öffentlich-rechtlichen Fachs a) seine Befähigung zu Forschung und Lehre durch hervorragende wis- senschaftliche Leistung nachgewiesen hat1 und

1 Mit der oben abgedruckten, am 1. 10. 1971 in Regensburg beschlossenen Fas- sung des § 3 hat die Mitgliederversammlung den folgenden erläuternden Zusatz ange- nommen: „Eine hervorragende wissenschaftliche Leistung im Sinne dieser Vorschrift ist eine den bisher üblichen Anforderungen an die Habilitation entsprechende Leistung.“ 624 Satzung b) an einer deutschen oder deutschsprachigen Universität2 einschließ- lich der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer als Forscher und Lehrer tätig ist oder gewesen ist. (2) 1Das Aufnahmeverfahren wird durch schriftlichen Vorschlag von drei Mitgliedern der Vereinigung eingeleitet. 2Ist der Vorstand einstim- mig der Auffassung, dass die Voraussetzungen für den Erwerb der Mit- gliedschaft erfüllt sind, so verständigt er in einem Rundschreiben die Mitglieder von seiner Absicht, dem Vorgeschlagenen die Mitgliedschaft anzutragen. 3Erheben mindestens fünf Mitglieder binnen Monatsfrist gegen die Absicht des Vorstandes Einspruch oder beantragen sie münd- liche Erörterung, so beschließt die Mitgliederversammlung über die Aufnahme. 4Die Mitgliederversammlung beschließt ferner, wenn sich im Vorstand Zweifel erheben, ob die Voraussetzungen der Mitglied- schaft erfüllt sind. 5Von jeder Neuaufnahme außerhalb einer Mitglieder- versammlung sind die Mitglieder zu unterrichten.

§4 1Abweichend von § 3 kann Mitglied der Vereinigung werden, wer, ohne die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 lit. b) zu erfüllen, a) eine Professur inne hat, die einer Professur an einer juristischen Fakultät einer deutschen oder deutschsprachigen Universität ent- spricht, b) seine Befähigung zu Forschung und Lehre durch hervorragende wissenschaftliche Veröffentlichungen auch in deutscher Sprache zum Öffentlichen Recht Deutschlands, Österreichs oder der Schweiz nachgewiesen und c) seine Verbundenheit mit der Vereinigung durch mehrmalige Teil- nahme als Gast an den Jahrestagungen bekundet hat. 2Das Aufnahmeverfahren wird durch schriftlich begründeten Vorschlag von mindestens zehn Mitgliedern der Vereinigung eingeleitet. 3Für das weitere Verfahren findet § 3 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 entsprechende An- wendung.

2 In Berlin hat die Mitgliederversammlung am 3. 10. 1979 die folgende zusätzliche Erläuterung aufgenommen: „Universität im Sinne dieser Vorschrift ist eine wissenschaftliche Hochschule, die das Habilitationsrecht in den Fächern des Öffentlichen Rechts und die Promotions- befugnis zum Doctor iuris besitzt und an der Juristen durch einen Lehrkörper her- kömmlicher Besetzung ausgebildet werden.“ Satzung 625

§5 (1) 1Eine Mitgliederversammlung soll regelmäßig einmal in jedem Jahr an einem vom Vorstand zu bestimmenden Ort stattfinden. 2In dringen- den Fällen können außerordentliche Versammlungen einberufen wer- den. 3Die Mitgliederversammlung wird vom Vorstand unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen schriftlich oder in elektronischer Form un- ter Angabe der Tagesordnung einberufen. 4Auf jeder ordentlichen Mit- gliederversammlung muss mindestens ein wissenschaftlicher Vortrag mit anschließender Aussprache gehalten werden. (2) Eine außerordentliche Mitgliederversammlung wird außer in den nach Absatz 1 Satz 2 vorgesehenen Fällen auch dann einberufen, wenn dies von einem Zehntel der Mitglieder beim Vorstand schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe beantragt wird. (3) 1Verlauf und Beschlüsse der Mitgliederversammlung werden pro- tokolliert. 2Der Protokollführer wird vom Versammlungsleiter bestimmt. 3Das Protokoll ist vom Versammlungsleiter und vom Protokollführer zu unterzeichnen. 4Es wird mit dem nächsten nach der Mitgliederver- sammlung erfolgenden Rundschreiben den Mitgliedern übermittelt. (4) Für Satzungsänderungen, die Änderung des Vereinszwecks und für die Auflösung des Vereins gelten die gesetzlichen Mehrheitserfor- dernisse (§§ 33, 41 BGB).

§63 (1) 1Der Vorstand der Vereinigung besteht aus einem Vorsitzenden und zwei Stellvertretern. 2Die Vorstandsmitglieder teilen die Geschäfte un- tereinander nach eigenem Ermessen. 3Der Vorstand wird von der Mit- gliederversammlung auf zwei Jahre gewählt; er bleibt jedoch bis zur Bestellung eines neuen Vorstandes im Amt. 4Zur Vorbereitung der Jah- restagung ergänzt sich der Vorstand um ein Mitglied, das kein Stimm- recht hat. 5Auch ist Selbstergänzung zulässig, wenn ein Mitglied des Vorstandes in der Zeit zwischen zwei Mitgliederversammlungen aus- scheidet. 6Auf der nächsten Mitgliederversammlung findet eine Nach- wahl für den Rest der Amtszeit des Ausgeschiedenen statt. (2) 1Der Verein wird gerichtlich und außergerichtlich durch ein Mit- glied des Vorstandes, in der Regel durch den Vorsitzenden, vertreten. 2Innerhalb seines ihm nach Absatz 1 Satz 2 zugewiesenen Aufgaben- bereichs ist das jeweilige Vorstandsmitglied alleinvertretungsberech- tigt; insbesondere ist in allen finanziellen Angelegenheiten dasjenige

3 § 6 Abs. 1 in der Fassung des Beschlusses der Mitgliederversammlung in Heidel- berg vom 6. 10. 1999; in Kraft getreten am 1. 10. 2001. 626 Satzung

Vorstandsmitglied alleinvertretungsberechtigt, dem der Vorstand nach Absatz 1 Satz 2 die Funktion des Schatzmeisters übertragen hat. 3Das nach Absatz 1 Satz 4 kooptierte Mitglied des Vorstandes ist in allen Angelegenheiten alleinvertretungsberechtigt, die die Vorbereitung und Durchführung der Jahrestagung betreffen. 4Ist in den Fällen des Sat- zes 2 oder 3 das vertretungsberechtigte Vorstandsmitglied verhindert, übernimmt der Vorsitzende die Vertretung, im Falle seiner Verhinde- rung ist eines der gewählten Vorstandsmitglieder alleinvertretungs- berechtigt.

§7 Zur Vorbereitung ihrer Beratungen kann die Mitgliederversammlung, in eiligen Fällen auch der Vorstand, besondere Ausschüsse bestellen.

§8 1Über Eingaben in den Fällen des § 1 Ziffer 2 und 3 und über öffent- liche Kundgebungen kann nach Vorbereitung durch den Vorstand oder einen Ausschuss im Wege schriftlicher Abstimmung der Mitglieder be- schlossen werden. 2Ein solcher Beschluss bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitgliederzahl; die Namen der Zustimmenden müs- sen unter das Schriftstück gesetzt werden.

§9 1Der Mitgliedsbeitrag wird von der Mitgliederversammlung festgesetzt. 2Der Vorstand kann den Beitrag aus Billigkeitsgründen erlassen.

§10 (1) Die Mitgliedschaft endet durch Tod, Austritt aus dem Verein, Strei- chung von der Mitgliederliste oder Ausschluss aus dem Verein. (2) 1Der Austritt erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber einem Mitglied des Vorstandes. 2Für die Erklärung ist eine Frist nicht einzuhalten. 3Der Austritt wird zum Schluss des Kalenderjahres voll- zogen. (3) 1Ein Mitglied kann durch Beschluss des Vorstandes von der Mit- gliederliste gestrichen werden, wenn es trotz zweimaliger schriftlicher Mahnung mit der Beitragszahlung in Rückstand ist. 2Die Streichung wird erst beschlossen, wenn nach der Absendung der zweiten Mah- nung zwei Monate verstrichen sind, in dieser Mahnung die Streichung angedroht wurde und die Beitragsschulden nicht beglichen sind. 3Die Streichung ist dem Mitglied mitzuteilen. Satzung 627

(4) 1Ein Mitglied kann durch Beschluss des Vorstandes aus dem Ver- ein ausgeschlossen werden, wenn es in grober Weise gegen die Vereins- interessen verstoßen hat. 2Vor der Beschlussfassung ist dem Mitglied unter Einräumung einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellung- nahme zu geben. 3Der Beschluss über den Ausschluss ist schriftlich zu begründen und dem Mitglied zuzusenden. 4Gegen den Beschluss des Vorstandes kann das Mitglied innerhalb eines Monats nach Zugang der Entscheidung des Vorstandes die Mitgliederversammlung anrufen. 5Die Anrufung der Mitgliederversammlung hat bis zu deren abschließender Entscheidung aufschiebende Wirkung.

§11 (1) Im Falle der Auflösung des Vereins sind die Mitglieder des Vorstan- des gemeinsam vertretungsberechtigte Liquidatoren, falls die Mitglie- derversammlung nichts anderes beschließt. (2) Das nach Beendigung der Liquidation vorhandene Vermögen fällt an die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die es unmittelbar und ausschließlich für Zwecke des Fachkollegiums Rechtswissenschaft zu verwenden hat.