Der Galgen Von Matten Bei Interlaken
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Der Galgen von Matten bei Interlaken Autor(en): Ulrich-Bochsler, Susi / Gutscher, Daniel Objekttyp: Article Zeitschrift: Archäologie der Schweiz = Archéologie suisse = Archeologia svizzera Band (Jahr): 16 (1993) Heft 2: Kanton Bern PDF erstellt am: 10.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-14107 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch Der Galgen von Matten bei Interlaken Susi Ulrich-Bochsler und Daniel Gutscher Auf einem markanten Felssporn am Nordende mm m Abb. 1 r des Rügen traten wegen Bodenerosion Steingerechter Plan der beiden Pfeilerfundamente, im Wald seit Zeit Mauerreste zä einiger >\ der Umfassungsmauer. zum Vorschein1. Um dem totalen Verlust Zwischen den Pfeilern das durch Frosteinwirkung vorzubeugen, A Skelett eines Gehängten. M. 1:100. Zeichnung führte der Archäologische Dienst des m D. KisslingICh. Rungger. Kantons Bern im Herbst 1991 eine kleine Plan pierre-ä-pierre des SKMJ Rettungsgrabung durch; die freigelegten fondations des deux piliers ; et du d'enclos. Entre les Mauern 1992 mur wurde an Ort und Stelle deux piliers se trouve le konserviert. squelette d'un pendu. Planimetria della base dei due del di Die pilastri e muro Vermutung, es handle sich dabei um cinta. Fra i due pilastri lo den mittelalterlichen Galgen, bestätigte scheletro di un impiccato. sich rasch. In west-östlicher Richtung lagen zwei quadratische Pfeilerfundamente von 1,4 m Seitenlänge. An sie schlössen bündig mit der Aussenflucht die Schenkel ¦^ •--;¦. •mmm der Umfassungsmäuerchen von 50 cm Stärke an. Sie folgen dem unregelmässigen, gut 6 m weiten Rund der Felskuppe (Abb. 1). Über den Pfeilern ist der Galgenbalken zu denken. Die Ausrichtung der Gehängten mit Blickrichtung nordwärts direkt auf den Kirchturm des Unterseen siSmiii, und gegenüberliegenden ...ii' 107, So* ; aus der Hüftbeinpfanne ausgedrehten und Seitenblick zur Burg Weissenau und I 'S- mm im Kniegelenk stark gebeugten rechten Lmm dem Kloster Interlaken, ist wohl nicht zufällig, Bein. Aus der Lage der Knochen ist zu ebenso die Situierung des Galgens auf .sm si'; folgern, dass man zuerst die Leichenreste " der weithin sichtbaren Kuppe. Ostwärts lag '••• ].. } des Oberkörpers mit Arm in die Grube in Sichtweite das Siechenhaus. brachte und dann die Hüftbeine mit Die Befunde des neuentdeckten2 Hochgerichts anhängendem Bein darüberwarf. Diese unsorgfältige entsprechen präzise den Angaben entspricht den : -sDUilm Bestattungsweise der alten Bild- und Kartenwerke, die deutlich /rs rrsüi ¦ /¦ vielen historischen Beschreibungen, die inter. zwischen Dreipfeileranlagen (Bern s s s t vom »Verscharren« oder »Verlochen« der mit zwei und Zweipfeileranlagen berichten. Auch die Bauchlage gleich Anlagen) \C s « S';S3'ff--„„ Hingerichteten unterscheiden (Wimmis, Matten). ist eine häufige Beobachtung an // .-¦-. ;•¦'. r?EN Den ersten Beleg für diese Gerichtsstätte s Skeletten Hingerichteter4. Sie wird auf die finden wir in der 1577/78 erschienenen Angst vor Wiedergängertum zurückgeführt, NDEKS Bernerkarte des Berner Stadtarztes Thomas SliP m- vor dem man sich auf diese Weise Schoepf (Abb. 2). schützen wollte. iis - v Beim Hingerichteten handelte es sich um - P -fff- Mitten unter dem Galgen fand sich in einer ms einen relativ robust gebauten, nur knapp grubenartigen Vertiefung im felsigen m 166 cm grossen Mann. An den Skelettresten üRi«4 '¦is ' fif Untergrund ein einziges, jedoch in zwei Teilen mm. sind neben einigen alters- und verscharrtes Skelett (Abb. 3). Alle belastungsbedingten Veränderungen keine Abb.2 Knochenreste stammen von der gleichen Ausschnitt aus der Karte des pathologischen Besonderheiten - etwa Person, einem 40- bis 45jährigen Mann3. Teile Thomas Schoepf, 1577/78, mit Folterspuren oder Spuren vom Rädern des Oberkörpers mit dem gestreckten dem Galgen von Matten (Pfeil). oder vom Vierteilen ausgebildet. Wegen Foto Burgerbibliothek Bern. rechten Arm befanden sich noch im richtigen Extrait de la carte de Thomas der Unvollständigkeit des Skelettes kann anatomischen Verband und in Rük- Schoepf, 1577178, avec le gibet auch die Möglichkeit ausgeschlossen kenlage. Auf diesen Rumpfresten, jedoch de Matten (fleche). werden, dass es sich um einen Selbstmörder Dettaglio della pianta di Thomas etwa im Rechten Winkel dazu und in könnte. wie quer Schoepf, 1577/78, con ilpatibolo handeln Selbstmörder Bauchlage, lag das Becken mit dem leicht di Matten (freccia). auch andere, eines unnatürlichen Todes 103 Personen gestorbene wurden im Kanton ii Bern wie andernorts oft am Galgenplatz .*«** HÜB verscharrt5. Nach dem Gesamtbefund nehmen wir an, *¦* i dass es sich bei den Skeletteilen Matten von Wmm um die Überreste eines Gehängten >£ k fit, handelt, den man nach dem Tod weisungs- gemäss6 so lange am Galgen liess, bis er »vermodert« und von »Vögeln dezimiert« war. Die übriggebliebenen, vielleicht vom m ¦ Galgen herabgefallenen Teile verscharrte u - »Ä mm/m/Lmrmßm!y.:mrmmmfwm/r man schliesslich unter dem Hochgericht, % soweit sie I nicht schon von Tieren ss verschleppt worden waren. Obwohl wir in den : Ämterbüchern von Interlaken einen »tf, Wm m zuverlässigen Spiegel dessen haben, was 1528- m*«.ri. i«\^m 1798 und in wv nachher 1803-1831 der Land- »'" vogtei bzw. im Oberamt Interlaken gefehlt \r* wurde, fanden sich keine auf unseren ,.,' i Skelettfund zutreffenden Angaben7. ssss - Alm In Matten war der Boden direkt unter dem ^;i::ssil Galgen denkbar ungeeignet zum Abb.3 »Verscharren« von Leichen, weil es felsiger Bestattung eines Gehängten. Grund ist. Dieser Umstand dürfte weitgehend Foto A. Ueltschi. d'un erklären, weshalb im unmittelbaren & Sepulture pendu. ern Inumazione di un impiccato. Bereich des Galgens nur ein einziges Skelett £S%^/± gefunden wurde. ^A-ämi Zweifellos wurde die Hochgerichtsstätte von Matten während der ganzen Dauer der fo Landvogteizeit von Interlaken (1528- im Abb. 4 1798), wahrscheinlich aber schon im Mattener Galgen, Mitte Mittelalter, für die Ahndung todeswürdiger 17. Jahrhundert. Die Feder- Verfehlungen benutzt. Der jüngste schriftliche p Zeichnung hält eine Hinrichtung " auf ihrem Höhepunkt fest: Henker Hinweis bezieht sich auf das 19. J) und Gerichteter haben die Jahrhundert: Am 29. 1812 wurde September --~^S^ ---. Doppelleiter bestiegen, zahl- ein wegen Mordes verurteilter Mann m- reiche Schaulustige verfolgen das S^ Geschehen. hingerichtet, wobei das vom Amtsgericht Gibet de Matten, milieu du 17eme Interlaken angeordnete Rädern vom Kleinen K siecle. Rat auf vorheriges Erwürgen gemildert •_ II patibolo di Matten, metä del wurde8. XVII secolo. Den vorderhand einzigen Anhaltspunkt zur Datierung des Skelettes von Matten geben die drei Gewandhäftli, die bei den Knochen lagen. Da solche Gewandhaken aber ab dem 14. Jahrhundert bis ins 19. senplatz in Emmenbrücke (16.-19. Jahrhundert): Le gibet de Matten Archäologische und historische pres Jahrhundert hinein benutzt erlauben wurden, Untersuchungen zur Geschichte von Strafrechtspflege d'lnterlaken sie keine genaue Zuordnung. und Tierhaltung in Luzern. Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie Retrouves en 1991, les vestiges de la po- des Mittelalters 18 u. 19 (Basel 1992). tence de Matten, constituee de deux Dazu ein Beleg für Matten/Interlaken aus piliers, ä l'on voit la bernischen Quellen: Am 4. Mai 1697 setzte correspondent ce que sur 1 LK 1228, Koordinaten 631 875/169 825, Höhe der Kleine Rat fest, der Körper der Gattin des plus ancienne representation figuree 585 m ü.M. Michel Fuchs in Lauterbrunnen, die sich (1577/78) et pourraient dater de la fin du 2 Bereits früher wurden im Kanton Bern selbst stranguliert hat, solle »anderen zum Moyen Age. C.M.C. Skelettreste eines Hingerichteten gefunden. exempel und schrecken an verschmachten Siehe dazu: S. Ulrich-Bochsler, Der Spiezer orten« verscharrt werden. Fund. Anthropologische Betrachtungen zum R Sommer, Scharfrichter von Bern (Bern II patibolo di Matten Grab eines vermutlich Hingerichteten. Berner 1969). H.-F v. Tscharner, Die Todesstrafe im presso Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde alten Staate Bern. Diss. Bern 1936. Interlaken 1984, 180-188. Die entsprechenden Nachforschungen im 3 Eine ausführliche Arbeit mit detaillierter Be¬ Staatsarchiv Bern verdanken wir Hermann Nel 1991 sono State scoperte le strutture, der Skelettreste und deren schreibung Specker. formate da due pilastri, dell'alta corte di Erhaltung wird demnächst