Mitteilungen Aus Dem Brenner-Archiv Nr. 37/2018
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Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv Nr. 37/2018 innsbruck university press Hg. v. Ursula A. Schneider und Ulrike Tanzer: Brenner-Archiv, Universität Innsbruck Gedruckt mit Unterstützung des Vereins Brenner-Forum ISSN 1027-5649 Eigentümer: Brenner-Forum und Forschungsinstitut Brenner-Archiv Innsbruck 2018 Bestellungen sind zu richten an: Forschungsinstitut Brenner-Archiv Universität Innsbruck (Tel. +43 512 507-45001) A-6020 Innsbruck, Josef-Hirn-Str. 5 [email protected] Druck: Steigerdruck, 6094 Axams, Lindenweg 37 Satz: Barbara Halder Umschlaggestaltung nach Entwürfen von Christoph Wild Nachdruck oder Vervielfältigung nur mit Genehmigung der Herausgebenden gestattet. © innsbruck university press, 2018 Universität Innsbruck 1. Auflage Alle Rechte vorbehalten. Inhalt Editorial 5 Texte Anita Pichler: Tanna 9 Rut Bernardi: Regina di Fanes 11 Brunamaria Dal Lago Veneri: Die Königin-Mutter 12 Anna Rottensteiner: NOCH DA 13 Beiträge Ulrike Kindl: Bei Vater Johann Wolff in der Schule: Einblick in die Ent- 17 stehung der Denkmuster von Karl Felix Wolff Christoph Hartung von Hartungen: „Romanen“ und „Germanen“ im na- 41 tionalen Spannungsfeld Tirols des 19. und 20. Jahrhunderts Ulrike Kindl: Dolomitensagen und Dolomitenführer. Karl Felix Wolff als 99 Journalist im Dienst der frühen Tourismus-Werbung des Dolomitengebietes Michael Wedekind: Von Fabelwesen und Führerrassen: Der Tiroler Alpen- 113 forscher Karl Felix Wolff Ulrike Kindl und Fabio Chiocchetti: Die Briefwechsel von Karl Felix Wolff 149 mit ladinischen Aktivisten aus Fassa Rut Bernardi: Karl Felix Wolff und die Literatur der Dolomitenladiner, 163 „das Volk der leidvollen Schönheit“ Aus dem Archiv Michael Klein: „das Fenster“. Aus gegebenem Anlass und zur Erinnerung 195 an die „Tiroler Kulturzeitschrift“ (1967–2000) 3 Rezensionen Else Jerusalem: Der heilige Skarabäus und Marta Karlweis: Ein österreichi- 213 scher Don Juan (Irene Zanol) Gerda Lerner: Es gibt keinen Abschied (Maria Heidegger) 216 Federico Memola, Federico Vicentini, Teresa Marzia: Im Reich der Fanes. 220 Graphic Novel (D. Hg.) Norbert Bachleitner: Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848 220 (Anton Unterkircher) Notiz 225 Neuerscheinungen 226 Abbildungsverzeichnis 228 Kontaktadressen 232 4 Editorial Das Heft 2018 – das aufgrund vielfältiger Aktivitäten erst im Januar 2019 erscheint – ist wieder mit einem Dossier einem Spezialgebiet des Forschungsinstituts Brenner- Archiv gewidmet: Karl Felix Wolff, dessen umfangreicher Nachlass in 62 Archiv- kassetten in unserem Haus aufbewahrt und der Forschung zur Verfügung gestellt wird. Bereits Ende 2016 fand zum 50. Todestag von Karl Felix Wolff ein Abend statt, der den von Wolff gesammelten und für die Nachwelt gerettetenDolomiten-Sagen ge- widmet war: Einem einführenden Vortrag der Wolff-Spezialistin Ulrike Kindl folgte eine Lesung von Neuinterpretationen der Dolomiten-Sagen: Texte von Rut Bernardi, Brunamaria Dal Lago Veneri, Anna Rottensteiner und Anita Pichler wurden von den Autorinnen bzw. im Fall von Anita Pichler von Ulrike Kindl gelesen. Damit waren alle drei Sprachen und Literaturen, die für die Überlieferung und das Fortleben der Dolomiten-Sagen maßgeblich waren, beteiligt: Das Dolomiten-Ladinische, die italie- nische und die deutsche Sprache. Abdrucke von vier Texten dieser Autorinnen finden sich – alle auch in deutscher Sprache nachzulesen – am Beginn dieses Heftes. Wir danken den Autorinnen bzw. dem Haymon-Verlag für die Abdruckgenehmigungen! In der Tat erzählt die Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte der von Wolff gesammelten Sagen der ladinischen Bevölkerung der Dolomiten die Geschichte des historischen Tirol. Auch an der Biographie des Sammlers Wolff – er lebte von 1882 bis 1966 – und seinen intellektuellen und künstlerischen Beschäftigungen kann die politische sowie die Geistes-Geschichte des 20. Jahrhunderts im lokalen wie auch im überregionalen Zusammenhang beinahe exemplarisch gezeigt werden. Immerhin war Wolff nicht nur ein Sagen-Sammler, sondern er wirkte als Schriftsteller und au- todidaktischer Wissenschaftler über mehr als sechs Jahrzehnte. Die in diesem Band versammelten Beiträge fokussieren einige dieser Tätigkeiten und sollen zu weiteren Forschungen Anregungen geben. Ulrike Kindl widmet sich einem Text, den sie im Nachlass von Karl Felix Wolff entdeckt hat: Der Staatstheorie von Wolffs Vater Johann. Kindl setzt das 1899 an- onym erschienene Werk in Verbindung mit der staats- und wirtschaftstheoretischen Literatur seiner Zeit in der Habsburgermonarchie. Sie will aber auch zeigen, wo der Sohn Karl Felix – der gemeinsam mit seinen Brüdern vom Vater unterrichtet wurde – beim Vater Wolff in die Schule ging. Der treue Habsburger Untertan Johann Wolff hat aber mit Sicherheit Einflüsse von weiter her erhalten – ob es sich, wie der Beitrag von Kindl andeutet, um theosophische Literatur und/oder die amerikanischen Transzendentalisten handelt, muss weiteren Forschungen vorbehalten bleiben. Die reichhaltige Nachlassbibliothek seines Sohnes gibt darüber diesbezüglich keine Auskünfte. Allerdings ist es durchaus wahrscheinlich, dass der Nachlass für eine Übergabe in ein Archiv vorbereitet wurde. Wolff hatte in seinem hohen Alter die Zeit, seinen Nachlass vorzubereiten, wie unter vielem anderen eine bereits von ihm 5 beschriftete und vorbereitete Mappe für die Nachrufe („Nachrufe für K. F. Wolff“) bezeugt (Sig. 246-09-07). Seine Erbin und zuvor langjährige Mitarbeiterin wollte den Nachlass ganz im Sinne des Meisters überliefern, und auch von daher wird an etlichen Stellen deutlich, dass aussortiert wurde. Auf der Suche nach einem Beiträger, der Wolff und die Südtiroler Geschichte in einem breiteren Kontext darstellen wollte/sollte/könnte, wandten wir uns an Dr. Josef Steurer. Dieser gab in einem längeren Telefongespräch etliche Hinweise und Anregungen, und wies uns auf den Aufsatz des 2013 verstorbenen Südtiroler Historikers Christoph Hartung von Hartungens hin – der Beitrag, den wir such- ten, war bereits geschrieben. Dass der Beitrag in einem Ausstellungskatalog über die Völkerwanderungszeit (!) versteckt gewesen und dass es durchaus herausfor dernd war, diesen Katalog physisch zu bekommen, bestärkte uns darin, eine Wieder- veröffentlichung ins Auge zu fassen. Vielen Dank an die Witwe Christoph von Hartungens für die freundliche Abdruckgenehmigung. Hartungen bietet ein Panorama des kulturellen Wettstreits von „Romanen“ und „Germanen“, d.h. eigentlich von italienisch- und deutschsprachigen Kultur- wissenschaftlern, im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Sie wollten allesamt beweisen, dass Südtirol und das Trentino ‚seit Urzeiten‘ ihrem jeweiligen Machtbereich zuge- hörten. Archäologie und ‚Rassenkunde‘, Sagen und Volkskunde wurden dafür auf bei- den Seiten zur Zeugenschaft gerufen, und Karl Felix Wolff war Teil dieses Diskurses. Der Aufsatz zeigt auf eindrucksvolle Weise – als kleine ‚Kulturgeschichte des Alpen- glühens‘ –, dass selbst Naturphänomene in den nationalen Dienst gestellt wurden. Dass sie daneben in den ökonomischen Dienst genommen wurden, wie dies geschah und welchen Anteil Karl Felix Wolff daran hatte, präsentiert Ulrike Kindl in dem Beitrag über ihn als Tourismus-Autor. Dieser Aspekt wird zumeist vergessen, doch er sicherte Wolff (und seine von ihm finanziell weitgehend abhängigen Brüder) finanziell ab. Buchstäblich tausende Artikel von Wolff erschienen zwischen 1900 und 1960 in deutsch- und italienischsprachigen Zeitungen und Zeitschriften; -zig Bücher und Broschüren, angefangen von der inhaltlich und materaliter schwergewichtigen Monografie der Dolomitenstraße bis zu nur wenige Seiten dicken Broschüre über die eine oder andere Bergbahn dienten der Förderung des Tourismus in Südtirol und vor allem dem Raum Bozen und den Dolomiten. Kindl bietet im Anhang eine Bibliographie der selbständigen Tourismus-Veröffentlichungen Wolffs. Alle Bücher und Artikel können im Brenner-Archiv konsultiert werden. Dass Karl Felix Wolff beileibe kein „Märchenonkel“ war, wie man oft denkt – und wie insbesonders die Fotografien, die ihn im Alter zeigen, nahelegen –, sollte bereits klar geworden sein. Michael Wedekind widmet sich in seinem Beitrag einer besonders gern vergessenen Seite von Wolff, den ‚rassekundlichen‘ Forschungen und Veröffentlichungen, die 1927 in der Publikation des BuchesRassenkunde kulminierten und die Wedekind von einer biographischen und einer wissen- schaftshistorischen Seite betrachtet. Insbesonders antwortet er auf die Frage nach 6 dem Nationalsozialismus und nach der inhaltlichen Beteiligung Wolffs. In der Interpretation der Frage danach, warum Wolff sich – obwohl ‚Rassenkundler‘ – nicht beteiligt hat, werden sich die Geister scheiden. Ob es sich tatsächlich um ein durch die Dolomiten-Sagen und die in ihnen erzählten Geschichten vermitteltes, wenn auch nur imaginiertes, ideales Zusammenleben von drei Bevölkerungs- und Sprachgruppen auf einem doch recht beschränkten Raum handelt oder (oder und?) um ein Nachwirken der idealisierten Vielvölkermonarchie (eine These Ulrike Kindls, der Michael Wedekind widerspricht) müssen die Leserinnen und Leser, muss die wei- tere Forschung entscheiden. Ulrike Kindl und Fabio Chiochetti untersuchen in dem darauf folgenden Beitrag eine nur scheinbar nebensächliche wissenschaftliche Auseinandersetzung der 1950er Jahre, die über Südtiroler Tageszeitungen ausgetragen wurde. Die Polemik zwischen Carlo Battisti und Karl Felix Wolff entzündete sich an der Frage, ob denn die Ladiner- Innen sprachhistorisch „ItalienerInnen“ seien. Denn darauf stützte sich ein italieni- scher Anspruch auf die