Teil 5: 1939–1943 Stalin-Hitler-Pakt, Angriff Auf Die Sowjetunion Und Neuausrichtung Von Komintern Und KPD Im Zweiten Weltkrieg
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Teil 5: 1939–1943 Stalin-Hitler-Pakt, Angriff auf die Sowjetunion und Neuausrichtung von Komintern und KPD im Zweiten Weltkrieg Dok. 456 Die Komintern zur „antisowjetischen Kampagne im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen der UdSSR und Deutschland“ Moskau, 22.8.1939 Typoskript in russischer Sprache. RGASPI, Moskau, 495/18/1291, 141–143. In deutscher Sprache publ. in: Bernhard H. Bayerlein: „Der Verräter, Stalin, bist Du!“ Vom Ende der linken Solidarität. Komintern und kommunistische Parteien im Zweiten Weltkrieg, Berlin, Aufbau, 2008 (Archive des Kommunismus. Pfade des XX. Jahrhunderts. 4), S. 105. In russischer Sprache publ. in: Lebedeva/ Narinskij: Komintern i Vtoraja mirovaja vojna, I, S. 69–71. Protokoll (B) Nr. 477 der sitzung des sekretariats des Ekki 22.8.1939 ANWESEND: Gen. Gottwald, Dimitrov, Kuusinen, Manuilski, Marty, Florin. ENTGEGENGENOMMEN: 1 (1155). Zur antisowjetischen Kampagne im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen der UdSSR und Deutschland. BESCHLOSSEN: 1. Den Parteien wird empfohlen, gegen die bürgerliche und sozialdemokratische1 Presse in die Offensive zu gehen und dabei folgendermaßen zu argumentieren: a) Der eventuelle Abschluß eines Nichtangriffspaktes zwischen der UdSSR und Deutschland schließt die Möglichkeit und Notwendigkeit eines Abkommens zwi- schen England, Frankreich und der UdSSR nicht aus, um die Aggressoren gemeinsam zurückzuschlagen. 2 1 Ursprünglich: „sozialistische“, von Dimitrov handschriftlich korrigiert. 2 Am 19.8.1939 übergab Molotov dem deutschen Botschafter in Moskau, Graf von der Schulenburg, den Entwurf eines Nichtangriffspaktes mitsamt einer geheimen Klausel, die ein Protokoll über ge- meinsame außenpolitische Interessen konkreter enthielt. Am 21.8.1939 teilte Stalin auf Drängen Hit- lers mit, die sowjetische Regierung habe zugestimmt, dass der deutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop nach Moskau reise, um einen Nichtangriffspakt zwischen beiden Staaten abzuschließen. Am 22.8.1939 gab TASS eine offizielle Verlautbarung über das bevorstehende Eintreffen des deutschen Außenministers in Moskau zu Verhandlungen mit dem Ziel heraus, „die Kriegsgefahr zu bannen und einen Nichtangriffspakt zu schließen“. Mit Datum des 23.8.1939 wurde am 24.8.1939 in Moskau von Hitlers Außenminister von Ribbentrop und dem Außenkommissar Stalins, Molotov, der „deutsch- sowjetische Nichtangriffspakt“ unterzeichnet („Stalin-Hitler-Pakt“, „Molotov-Ribbentrop-Pakt“). In einem geheimen Zusatzprotokoll erfolgte die Neuaufteilung Ost- und Südosteuropas nach den Vor- stellungen der beiden Diktatoren. Der Paktabschluß war eine Voraussetzung für den Beginn des 2. Weltkriegs mit dem Überfall der Wehrmacht auf Polen am 1.9.1939. Am 28.9.1939, nachdem die Rote Armee ab dem 17.9.1939 in Ostpolen einmarschiert war, wurde der Nichtangriffspakt zum „Deutsch- sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag“ ergänzt, der wiederum mit einem geheimen Zusatz- 1526 1939–1943 b) Ausgehend von den Interessen des Sozialismus und der Sache des Friedens betreibt die UdSSR eine selbständige Politik, deren Grundsätze Gen. Stalin auf dem XIII. Parteitag formuliert hat.3 c) Die UdSSR ist ein entschiedener Gegner der Aggressoren, ein Freund des tschechoslowakischen Volkes und der Spanischen Republik, die von England und Frankreich im Stich gelassen worden sind. Sie verteidigt die Völker, die für ihre Unab- hängigkeit kämpfen. Seit vielen Monaten versucht sie ein Abkommen mit England und Frankreich über gemeinsame Aktionen gegen die Aggressoren zu erzielen. Die englische und die französische Regierung haben die Verhandlungen bewusst hinge- zogen und wollten sie als Mittel nutzen, um einen Kompromiß mit Deutschland auf Kosten der UdSSR zu erreichen. Unter ihrem Einfluß hat Polen eine mögliche wirk- same Hilfe der UdSSR zurückgewiesen.4 Die Männer von München5 – Chamberlain und Bonnet – sind das Haupthindernis für ein Abkommen zwischen England und Frankreich einerseits sowie der UdSSR andererseits. d) Die Bereitschaft der UdSSR, mit Deutschland einen Nichtangriffspakt zu schließen, hilft den kleinen baltischen Nachbarstaaten und trägt zur Sicherung des allgemeinen Friedens bei. e) Damit vereitelt die UdSSR die Pläne bürgerlicher, reaktionärer Kreise und der Kapitulanten der Zweiten Internationale, die die Aggression gegen die Länder des Sozialismus lenken wollen. protokoll verbunden war, das u.a die Aufteilung Polens zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion regelte. Zu den Reaktionen und Veränderungen innerhalb der internationalen kommu- nistischen Bewegung durch den Paktabschluß und zu den folgenden Dokumenten siehe: Bayerlein: Stalin, der Verräter bist Du, S. 103ff. 3 „XIII. Parteitag“ ist ein Druckfehler im Dokument. Es handelt sich um den XVIII. Parteitag der VKP(b), vom 10. bis zum 21.3.1939. Im Rechenschaftsbericht des ZK der VKP(b) erklärte Stalin: „Die Aufgaben der Partei auf dem Gebiet der Außenpolitik bestehen in folgendem: 1. auch in Zukunft eine Politik des Friedens und der Festigung sachlicher Beziehungen mit allen Ländern zu betreiben; 2. Vorsicht an den Tag zu legen und den Kriegsprovokateuren, die es gewohnt sind, sich von anderen die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen, nicht die Möglichkeit zu geben, unser Land in Konflikte hineinzuziehen; 3. die Kampfkraft unserer Roten Armee und unserer Roten Kriegsmarine mit allen Mitteln zu stärken; 4. die internationalen Freundschaftsbeziehungen mit den Werktätigen aller Län- der, die am Frieden und an der Freundschaft zwischen den Völkern interessiert sind, zu festigen.“ (J. Stalin: Fragen des Leninismus, Moskau, Verlag für fremdsprachige Literatur, 1947, S. 692). 4 Am 11.8.1939 hatte die Sowjetunion Polen bei Verhandlungen auf militärischer Ebene in Moskau angeboten, die polnische Westgrenze mit großem militärischen Aufgebot gegen eine deutsche Aggression zu schützen – allerdings unter Einräumung eines Durchmarschrechtes für sowjetische Truppen auf polnischem Territorium, und dies jederzeit, unabhängig von einer deutschen Aggression. Dies war für die polnische Führung nicht hinnehmbar. Am 21.8.1939 wurden die Verhandlungen vertagt und nach dem Abschluss des Stalin-Hitler-Pakts schließlich abgebrochen. 5 Männer von München: Gemeint ist das Münchner Abkommen vom 30.9.1938.. Dok. 456: Moskau, 22.8.1939 1527 f) Die UdSSR entzweit6 die Aggressoren, bekommt die Hände frei, um gegen die Aggression Japans vorzugehen und dem chinesischen Volk zu helfen.7 g) Verhandlungen mit Deutschland können schließlich die Regierungen Eng- lands und Frankreichs dazu bewegen, von hohlen Worten zum raschen Abschluß eines Paktes mit der UdSSR zu kommen. Bei alledem sind die Parteien darauf hinzuweisen, daß der Kampf gegen die Aggressoren, besonders gegen den deutschen Faschismus, mit gesteigertem Einsatz fortgesetzt werden muß. Gen. MARTY wird beauftragt, in diesem Sinne einen Artikel für die Zeitschrift „K[ommunistische] I[nternationale]“ zu schreiben.8 [...] 22.8.39 Generalsekretär des EKKI: [Sign.] /G. DIMITROV/ Als Revision eines Beschlusses vom 26.8.1939 entschied das Politbüro des ZK der KP der Sowjetuni- on am 2.9.1939, Aleksej Škvarcev als Bevollmächtigten Vertreter, Amajak Kobulov als Zweiten Rat und Vladimir Pavlov als Sekretär der Bevollmächtigten Vertretung der UdSSR in Deutschland einzusetzen.9 Am 2.9.1939 ernannte das Politbüro des ZK der KP der Sowjetunion Ivan Majskij, Aleksandra Kollontaj und Mark Gelʼfand zu sowjetischen Vertretern auf der Septembersession des Völkerbundes.10 Am 2.9.1939, einen Tag nach dem deutschen Überfall auf Polen, befasste sich das Politbüro des ZK der KP der Sowjetunion mit den Fragen der Radiosender. Es wurde beschlossen, neue Sendeanlagen in Sibirien und im Fernen Osten zu errichten, die zum Hauptziel hatten, antisowjetische Radiosen- dungen zu stören, jedoch auch die Bevölkerung mit Rundfunk zu versorgen. Das Volkskommissariat für Verbindungswesen wurde angewiesen, diese insofern geheimen Sendeanlagen nicht beim Berner Internationalen Rundfunkbüro oder bei anderen internationalen Stellen zu registrieren. Auch sollte das Volkskommissariat binnen 15 Tagen eine Maßnahmenliste zur Bekämpfung antisowjetischer Ra- diosendungen aus dem Ausland erstellen.11 6 Von Dimitrov durchgestrichen: „erneut“. 7 Am 7.7.1937 begann Japan eine großangelegte Invasion gegen China, was den Zweiten Japanisch- Chinesischen Krieg auslöste, der bis zur Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg 1945 andauerte. Nationalistische Kräfte, aber auch die KP Chinas unter Mao Zedong, führten einen Guerilla-Krieg gegen die japanischen Besatzer. 8 Der nächstfolgende eruierte Artikel von Marty, der eruiert werden konnte, wurde in der Oktoberausgabe 1939 der Zeitschrift veröffentlicht. Hierbei handelt es sich sich um den „Offenen Brief an Herrn Léon Blum, Herausgeber des ‚Populaire’“ und Führer der französischen Sozialisten. Darin versuchte Marty nachdem u.a. die Parteizeitung l’Humanité in Frankreich aufgrund des Stalin-Hitler- Paktes verboten wurde, in z.Tl. heftigen und groben Anklagen auf seine Weise, den Spieß umzudrehen: „Sie haben einen nichtswürdigen Pakt mit der schlimmsten Reaktion gegen die französische Arbeiterklasse und ihre Partei, die Kommunistische Partei, gegen das Land des Sozialismus und des Friedens, gegen die Sowjetunion, geschlossen!“. In: Kommunistische Internationale 20 (1939), Oktober, S. 1056–1066, hier S. 1057. 9 RGASPI, Moskau, 17/3/1013, 63. 10 RGASPI, Moskau, 117/162/25, 165. 11 RGASPI, Moskau, 117/162/25, 165–166. 1528 1939–1943 Dok. 457 Vorschläge Walter Ulbrichts zu den Änderungen der Politik der KPD-Politik nach dem Stalin-Hitler-Pakt Moskau,