Kinderarmut in Der Kommune
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Kinderarmut in der Kommune Handreichung für kommunale Mandatsträger*innen mit Konzept- und Netzwerkideen sowie Argumentationshilfen V.i.S.d.P.: Eva von Angern & Konstantin Bender DIE LINKE. Fraktionsvorsitzendenkonferenz Weydingerstraße 1 4-1 8 1 01 78 Berlin Layout: Marten Dietrich Stand: 1 8. September 201 9 Foto: DBT/Inga Haar Liebe kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger, liebe an Kommunalpolitik Interessierte, bereits im vierten Armuts- und Reichtumsbericht regierung gestellt werden. Doch auch in den Lan- stellte die Bundesregierung im Jahr 201 3 fest, es desparlamenten und auf kommunaler Ebene kön- könne nicht darüber hinweggesehen werden, dass nen Folgen von Armut minimiert werden. Deshalb „Personen mit niedrigen Einkommenspositionen ist das vorliegende Papier vor allem für die Unter- stärker von gesundheitlichen Beeinträchtigungen stützung eurer täglichen Arbeit gedacht. Es soll betroffen sind bzw. ihren gesundheitlichen Zu- Denkanstöße, Konzeptideen und Argumentations- stand schlechter einschätzen als Menschen mit hilfen griffbereit vorhalten. mittleren oder hohen Einkommenspositionen“1 . Das ist nur eines von vielen Problemen, wenn wir Ich habe am 1 . Dezember 201 6 das „Netzwerk über die Folgen von Armut reden. Es ist wichtig, gegen Kinderarmut“ ins Leben gerufen, weil es mir dass sich DIE LINKE. als ein Kernthema die Be- persönlich wichtig ist, dass wir in unserer Gesell- kämpfung von Armut auf die Fahne geschrieben schaft vor allem den jüngsten Mitgliedern alle Tü- hat. ren öffnen und Wege ebnen. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und erst recht keine kleinen Armut hat viele Gesichter. Es gibt nicht die EINE Arbeitslosen. Sie müssen aus dem SGB II-System Lösung zu ihrer Bekämpfung. Natürlich werden herausgeholt und individuell mit ihren Rechten und und müssen die wesentlichen Weichen auf Bun- Bedürfnissen betrachtet werden. desebene, durch den Bundestag und die Bundes- 1 Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, S. 36 Die KIGGS-Studie (Studie zur Gesundheit von Kin- politisch zu verantwortender, nachgewiesener Ge- dern und Jugendlichen in Deutschland) des Robert- sundheits- und Bildungsbenachteiligungen wird die Koch-Instituts aus dem Jahr 201 5 zeigt, dass die individuelle und soziale Entwicklung junger Men- soziale Herkunft direkte Auswirkungen auf die Ge- schen behindert. Dadurch sind Kinder weniger sundheit von Kindern und Jugendlichen hat2. So stark vor Gefahren für ihr Wohl geschützt. Kinder seien bei Kindern aus einkommensschwachen Fa- sollen eine glückliche Kindheit erleben können – milien Bewegungsmangel, Übergewicht und Rau- frei von Ängsten oder Sorgen um die finanzielle Si- chen stärker verbreitet als beim Nachwuchs in der tuation ihrer Familie. Mittel- und Oberschicht. Genau hier beginnt das Problem. Wenn eine Gesellschaft es zulässt oder Wie das gehen kann und wie das vor allem durch akzeptiert, dass die Bildungsabschlüsse der Eltern Kommunen unterstützt werden kann und wie wir und die finanziellen Mitteln eines Haushaltes, in gemeinsam es schaffen, eine Gesellschaft für alle dem ein Kind aufwächst, darüber bestimmen, wie Kinder in ihrer individuellen Lebenssituation und lange ein Neugeborenes in einem guten gesund- mit ihrer Perspektive zu sensibilisieren, wollen wir heitlichen Zustand leben kann, dann hat das mit mit der vorliegenden Publikation als Vorschlag un- der Schaffung von gleichwertigen Lebensverhält- terbreiten. nissen nichts mehr zu tun. Mehr noch: die Akzep- tanz dieses Umstandes führt zu einem Unterlassen Wir freuen uns auf Rückmeldungen aller Art! und damit zur Missachtung des im Grundgesetz verankerten Gleichbehandlungsgrundsatzes. Mit Für das »Netzwerk gegen Kinderarmut«: allen Folgen für unsere Gesellschaft; unter ande- rem ihrer Spaltung. Umgekehrt wird hieraus eine Handlungsaufforderung an uns als politische Ak- teur/innen. Ich freue mich sehr, dass der frühere Oberbürger- Dr. Dietmar Bartsch meister von Dormagen und heutige Präsident des Fraktionsvorsitzender DIE LINKE. im Bundestag Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, diese Publikation nicht nur mit einem Grußwort bereichert, sondern auch seine in Dormagen um- gesetzte Idee des „Netzwerkes Frühe Hilfen“ vor- stellt. Eine Kommune ist einen mutigen und erfolgreichen Schritt gegangen: Kinder, Jugendli- che und ihre Familien profitieren in Dormagen da- von und unterm Strich wird sogar gespart. Lest selbst und macht´s nach! Kinderarmut im reichen Deutschland ist ein Ar- mutszeugnis! Der Deutsche Kinderschutzbund spricht von unfassbaren 4,4 Millionen Kindern und Jugendlichen, die in Armut leben oder von Armut bedroht sind. Als (politisch herbeigeführte) Kin- deswohlgefährdung schränkt dies das Recht jun- ger Menschen auf Förderung ihrer Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit ein. Aufgrund 2www.kiggs-studie.de/deutsch/home.html Das Netzwerk gegen Kinderarmut Ein Netzwerk der Chancengerechtigkeit Inhaltsverzeichnis Kommt das Geld bei den Kindern an? (Eine Publikation des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) Dormagener Modell (von Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes) Kindergrundsicherung Kinder brauchen mehr Armut hat ein Gesicht: Auge. Nase. Mund. (KiGGS – Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland) Kinderarmut und Reichtum in Deutschland (Eine Studie von Prof. Dr. Michael Klundt, Hochschule Magdeburg-Stendal) Wir haben die besseren gesellschaftlichen Ideen – aber wie erklären wir das verständlich? (Werkzeugkasten der Öffentlichkeitsarbeit) Wer wir sind Die Köpfe hinter der Broschüre Das Netzwerk gegen Kinderarmut – Ein Netzwerk der Chancengerechtigkeit Das von mir im Jahr 201 6 ins Leben gerufene · Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des „Netzwerk gegen Kinderarmut“ soll Menschen an Paritätischen Gesamtverbandes einen Tisch bringen, die sich überparteilich für die »Wer Kinderarmut duldet, vergeht sich an Interessen von Kindern und Jugendlichen in unse- Wehrlosen. Alle Kinder sind frei und gleich rem Land einsetzen. Das Netzwerk gegen Kinder- geboren, alle haben sie das gleiche Recht auf armut soll Lebensfelder und Probleme von Kindern Entfaltung ihrer Persönlichkeit und den Anspruch und Jugendlichen identifizieren, die eine gleichbe- aufeine glückliche Kindheit.« rechtigte und zukunftsfeste Entwicklung ver- oder behindern. Die Möglichkeiten eines wirklichen So- · Dr. Christoph Butterwegge, zialstaates sollen umrissen werden, um diesem Politikwissenschaftler Problem zu begegnen. Das Thema »Kampf gegen »In einer so reichen Gesellschaft wie der unseren Kinderarmut« soll stärker in das politische Be- ist die Armut von Kindern strukturelle Gewalt wusstsein der Gesellschaft und Politik gerückt gegenüber den Schwächsten. Wenn größere Teile werden und zu einem zentralen Auseinanderset- der jungen Generation auf Dauer abgehängt zungspunkt der Gegenwart und Zukunft entwickelt werden, kann sich die Bundesrepublik nicht human, werden. friedlich und demokratisch entwickeln.« Netzwerke bieten immer die Chance, sich auszut- · Diana Golze, Sozialministerin Brandenburg auschen, sich gegenseitig zu stärken, sich im ei- (201 4-201 8) gentlichen Sinne zu vernetzen. Dies ist die Aufgabe »Arm zu sein, heißt, nicht dabei sein zu können, unseres und weiterer Netzwerke gegen Kinderar- heißt Mangel an Alltäglichem. Darum leiden Kinder mut. besonders stark unter Armut. Arme Kinder leben in armen Familien. Mit der Initiative ›Starke Familien – An dieser Stelle sollen zunächst noch einmal die Starke Kinder – Runder Tisch gegen Kinderarmut‹ Mitglieder des Netzwerkes kurz vorgestellt werden: wollen wir Handlungsmöglichkeiten entwickeln, die es braucht, um die Lebenssituation von Kindern zu · Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender DIE verbessern.« LINKE. im Deutschen Bundestag »Kinderarmut wirkt oft lebenslang; Knappheit · Jacqueline Bernhardt, MdL Mecklenburg- bedeutet meist eine Kindheit voller Konflikte und Vorpommern, Stellv. Fraktionsvorsitzende Angst. Eine unbeschwerte Kindheit sieht anders aus. »Edith Rimkus-Beseler sagte einmal: ›Ohne Kinder Es ist höchste Zeit, dass wieder gilt: ›Unseren gibt es keine Zukunft. Zukunft aber braucht Kindern soll es einmal besser gehen‹. Deshalb muss Verantwortung. Verantwortung tragen alle.‹ SPD alles dafür getan werden, dass kein Kind in Armut und CDU dürfen vor Kinderarmut nicht die Augen aufwachsen muss – das ist keine Utopie.« verschließen oder das Problem wegdiskutieren. Hinschauen und endlich die Verantwortung · Elke Breitenbach, Sozialsenatorin Berlin übernehmen – das ist das Wichtigste! Jetzt!« »Arme Kinder haben arme Eltern. Wenn wir Kinderarmut wirksam bekämpfen wollen, müssen wir · Eva von Angern, MdL Sachsen-Anhalt, Stellv. an die Armut generell ran. Wir gehen wichtige Fraktionsvorsitzende Schritte in diese Richtung. Dazu gehören ein »Kinderarmut ist in einer reichen Gesellschaft ein Armutsbericht und die Einrichtung einer Armutszeugnis! Kinder haben einen Anspruch auf Landeskommission gegen Kinderarmut. Wir wollen eine sorgenfreie, wohl behütete Kindheit. Diese Kinder und ihre Familien aus Armut befreien.« Selbstverständlichkeit wird unser Netzwerk klar und deutlich in die Gesellschaft tragen.« In den vergangenen Jahren haben wir uns bereits dem auch Heike Werner, die Familienministerin mit weiteren gesellschaftlichen Akteur*innen ver- des Landes Thüringen, teilnahm, deutlich, dass netzt. Sei es bei Treffen in Berlin im Bundestag Kinderarmut in Deutschland nicht oder bei verschiedenen dezentralen Veranstaltun- selbstverschuldet ist und die Gesellschaft