100 JAHRE ° EIN JAHRHUNDERT FUR ZWEI RADER

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rechnung, gab die Idee, aber es dauerte lange, sehr lange sogar, bis erst im 100 Jahre 17./18. Jahrhundert sich die Ideen um das Zweirad zu konzentrieren begannen. Hercules Viele versuchten sich, viele verzweifelten an der Idee. Viele wurden verlacht und verspottet, einige wurden bewun- dert, wie der Baron de Sivrac, der 1790 ganz Paris mit seinem Reitpferd- chen „Celerifer“ überraschte. Aber weder er, noch der Grazer Trexler mit seinem „Pirutsch“ oder der Schwein- furter Fischer wurden ernst genommen. Drais und die Folgen

Originalbriedefs Freiherrn von Drais, in dem Erst am 10. Juli 1813 war es dann so weit, daß der Badische Forstmeister Freiherr er die Vorzüge Seiner Laufmaschine erläutert (Im Besitz der Hercules- Werke) Karl Friedrich Drais von Sauerbronn in Carl Marschütz Gründer der Nürnberger Hercules-Werke Mannheim seine „Laufmaschine“ vor- stellte und das Patent erhielt. Das Fahrrad Doch so sehr auch der Baron verzweifelt war erfunden. Aber dem armen Baron war, seine Idee hatte gezündet. Vor Hundert Jahre Hercules, das ist mehr als brachte seine Erfindung nichts ein, nur allem im Ausland regten sich die Geister, irgend ein herkömmliches Firmenjubi- Hohn und Spott waren sein Lohn. Ver- 1868 entstand in Paris die erste Fahr- läum. Diese 100 Jahre umfassen gleich- armt und vergrämt starb er, bevor seine radfabrik der Welt. Der Gründer hieß zeitig die Zweiradgeschichte Deutsch- Umwelt die Tragweite seiner Erfindung Michaux und er war es auch, der das lands und sie bedeuten weltweit, daß die in vollem Umfang begriff. erste Motorrad baute - mit einer Dampf- Nürnberger Hercules Werke mit das maschine angetrieben, da der Verbren- älteste noch existierende und ununter- nungsmotor noch gar nicht erfunden war. brochen produzierende Zweiradwerk der Welt sind. Darum ist die Firmenge- Etwa zu dieser Zeit begab es sich, daß schichte auch ein kleiner Rückblick der 1863 als Lehrerssohn in Burghaslach auf die Entwicklung der Zweiräder, und bei Nürnberg geborene und später in es ist die Geschichte des Carl Mar- Fürth zur Schule gehende Carl Marschütz schütz, des Begründers der Nürnberger ein altes Holzfahrrad „System Drais“ und der Deutschen Zweiradindustrie. geschenkt bekam. Von diesem neuen Fort- bewegungsmittel war er fasziniert. Der Schon seit altersher versuchte der Zufall wollte es, daß durch Neumarkt, wo Mensch, mit eigener Kraft sich schneller Marschütz mittlerweile in der Eisen- fortzubewegen als ihn seine eigenen handlung und Ofenfabrik Goldschmidt Beine tragen konnten. Die Erfindung des als Volontär tätig war, ein Engländer Rades, 5000 Jahre vor unserer Zeit- kam. Hoch zu „Stahlross“ kam er und war auf der Fahrt von London nach Wien.

Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. wendige kaufmännische Wissen angeeig- handenen 5 Maschinen diente ein 4-PS- net hatte, war es am 5. April 1886 so Gasmotor. Beschäftigt wurden im Marschütz weit: er gründete seine eigene Velozi- ersten Jahr 10 Arbeiter, die im Anfangs- pedfabrik. jahr bereits 120 Hochräder produzier- ten. Im Jahr 1887 schaffte man 186 Rä- und die = nm IM. u der und 1888 stieg die Produktion gar Aumeldefdein. auf 400 Räder, womit die Werksräume m Hr Herd Rang = Begeisterung Ped man SFGPA La s zu klein wurden. Man übersiedelte in mpu die Obere Fürther Straße Nr. 61 und die ee) für eine neue er Hier Firma hieß nun ab 15.2.1887 Nürn-

berger Velozipedfabrik Hercules, vor- mals Carl Marschütz & Co.

Dynamik A Der erstmals auftauchende Markenname Hercules war, wie man sich erzählt, In seiner Freude am Radfahren merkte symbolisch für Kraft und Ausdauer der Marschütz-Räder vom Volksmund Marschütz rasch, wie groß das Interesse Der Gewerbeschein vom 5. April 1886 an diesem neuen Sport war und daß geprägt worden. Und die Änderung des nur der hohe Preis der Velozipede eine Firmennamens ergab sich auch aus rasche Verbreitung dieser Fahrzeuge der Tatsache, daß der Bruder Heinrich bremste. Immer wieder dachte er nach, Marschütz als kaufmännischer Leiter wie man wohl den Preis senken könn- 120 Fahrräder in die Firma eintrat. te und immer klarer sah er als einzigen Weg, daß man hier in Deutschland im ersten Jahr Die Firma entwickelte sich weiter gut beginnen müßte, Fahrräder zu produzie- und Nürnberg selbst wurde mehr ren. Das war die Lösung und dieser und mehr zum Mittelpunkt der deut- Diese neue Firma Marschütz & Co. eta- schen Zweiradindustrie. Aufgabe stellte er sich. Er, der 19jährige blierte sich zuerst in einer kleinen Volontär Carl Marschütz! gemieteten Werkstatt in der Nürnberger Bleichstraße. Zum Antrieb der vor- Werksansicht Fürther Straße Nr. 61 Geholfen hat ihm dabei die Bekannt- schaft mit dem Ansbacher Mechaniker NÜRNBERGER VÉLOCIPEDFABRIK Eduard Pirzer, der in Nürnberg eine Werkstatt eröffnete. Diesen Fachmann CARL MARSCHÜTS & C2 brachte Marschütz mit seinem Chef, Herrn Goldschmidt, in Verbindung, be- geisterte beide für seine Idee und die erste Fahrradfabrik Deutschlands, die späteren Express-Werke in Neu-

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markt bei Nürnberg, wurde gegründet.

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u Bereits für das Jahr 1882 wird in den j

s Annalen verzeichnet, daß in diesem Jahr w

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e 20 Räder produziert wurden. Der j

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Anfang war also gemacht. {

Hier lernte der junge Marschütz, wie man Fahrräder baut. Sein Lehrmeister war ein englischer Ingenieur, der den Betrieb leitete. Nachdem er sich auch das not-

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seit 18. Juni 1900) kaum merklich. Dank der vorzüglichen Geschäftsleitung, der Drei große ...und großen Vorsicht in der Fabrikation und der alten anhänglichen Kundschaft gin- gen diese Krisisjahre so gut vorüber, daß Konkurrenten erfolgreich die Fabrik zu den wenigen deutschen Zweiradfabriken gezählt werden muß, Als erste Konkurrenz von Hercules ent- durch die welche nie mit einer Unterbilanz standen bereits im Herbst 1886 die arbeiteten ...“. Nein, Hercules hatte zu Werke. Mit Express hatten sich erste Krise dieser Zeit sogar expandiert. Das so im mittelfränkischen Raum bereits gemietete Werksgelände an der Fürther 3 Fahrradfabriken konzentriert. Diese Straße 61 war zu klein geworden, ein Entwicklung beobachteten die Eng- Um 1900 setzte jedoch die erste schwere neues Gelände, Fürther Straße 191-193, länder sehr genau und bereits 1888 er- Krise in der Fahrradbranche ein. Zu wurde erworben, eine neue Fabrik richteten die englische Premier & Co viele Betriebe versuchten ihr Glück im gebaut und 1895 bezogen. Ltd., London, in Nürnberg ein Zweitwerk, Fahrradgeschäft, und die Einfuhr das bis zur Übersiedlung nach Eger Fahr- billiger amerikanischer Räder verschärf- Marschütz war als aktiver Radfahrer räder baute. 1894 begann die Herdfabrik te den Wettbewerb. gerade an den Themen der Technik be- AG in Nürnberg-Doos mit der sonders interessiert. Aus der Praxis Fahrradfabrikation. 1895 entstanden in Daß Hercules festen Boden unter den heraus erkannte er darum die Zukunft Nürnberg die Sirius-Fahrradwerke, Füßen behielt, darüber lesen wir in dem des Niederrades und bereits 1891/92 die bis 1899 produzierten und 1896 grün- Büchlein „Die bayrische Fahrrad- liefert er diese neuen Räder. Und die ete eine weitere englische Firma, die Industrie“ von R. Ritter von Paller, der Hercules-Fahrräder der damaligen [riumph Cycle & Co Ltd., Coventry, ein schreibt: „...Die Ende der 90er Jahre Zeit zeigen, wie nach der günstigsten /,weigwerk, das dann 1897 in der über die deutsche Fahrradindustrie her- Form und Konstruktion gesucht wurde. Fürther Straße die Produktion aufnahm. eingebrochene Krisis, welche schwere

Opfer forderte, berührte die Nürnberger Die Werksanlage Fürtber Straße 191/193 im Hercules ging es bergauf. Im Jahre Hercules Werke AG (so heißt die Firma Jahre 1908 1889 wurden bereits 70 Arbeiter yeschäftigt, die Zahl der Maschinen stieg auf 45 und die Chronik verzeichnete, laß 800 Fahrräder im Jahr gebaut wur- den. Und so positiv zeigten sich auch lie folgenden Jahre: 1890| 1891 |1892 11893 11894 Beschäftigte | 85 | 110 | 135 | 146 | 170 laschinen 54 | 56 ı 63 | 90 | 97 Produktion 1000| 1600|2400|3600|4700 Fahrräder

Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. Bau von Dreirädern aller Art begann. stand zur Verfügung. Beide wurden Diese Fahrzeuge waren für den Trans- von zwei Cornwallkesseln mit zusammen port leichter Güter sehr gefragt und 250 m? Heizfläche gespeist. Die Kraft- es gab die verschiedensten Modelle bis übertragung erfolgte elektrisch durch zu einer Personendroschke - einer GruppenantrieJbed.e einzelne Maschi- Art „Rischka“ - und als Spezialität wur- nengruppe konnte durch Elektromotore den auch Fahrräder zum Invaliden- ein- und ausgeschaltet werden. Außer- und Krankentransport gebaut. dem waren Akkumulatorenbatterien vor- handen, die z.B. bei Überstunden Aber auch branchenfremde Artikel einzelner Abteilungen ohne Mithilfe der wurden aufgenommen, denn es ging Dampfmaschinen den Betrieb aufrecht darum, Arbeit zu schaffen. Leider erhalten konnten. Übrigens, das ganze existiert keine vollständige Zusammen- Fabrikterrain umfaßte im Jahr 1908 stellung der Hercules-Zusatzartikel, insgesamt 17 670 m’, wovon 7 345 m’ denn in den Bombennächten ist das bebaut waren. Hercules-Archiv genauso wie das kleine Werksmuseum vollkommen aus- gebrannt. Aus Überlieferungen wissen wir aber, daß z.B. 1902 sogenannte Stau- Das erste ferbüchsen gefertigt wurden. 1904 kamen Hängelager für Riemenantriebe Hercules- dazu. Dann gab es Schraubenschlüssel- Sortimente, Fahrrad-Doppellenker, Kin- derschlitten aus Stahlrohren (1909), Auto: umwelt- Hercules-Fahrradmodelle der Jahre 1891 und 1892 fahrbare Krankentragen und Tischchen für Krankenhäuser. Es wurden aber freundlich! Marschütz erkannte aber auch rechtzeitig auch Stiefelputzmaschinen (1908), Glie- die Schwankungen der Branche und, derstreckapparate, Stahlmöbel gefertigt daß die Fahrradbranche zum Überleben Im Jahre 1898 überraschte Hercules die und auch die Säbel der Kürassiere des ganze Branche, als das erste Vierradfahr- auch andere Artikel in die Produktion Nürnberger Hausregiments der Chevaux zeug, eine viersitzige Elektro-Chaise, nehmen mußte, denn die Zeit im Jahr war leger wurden bei Hercules geschliffen. zu kurz, in der Fahrräder gekauft wur- vorgestellt wurde. Dieses erste Hercules- Außerdem war dem Werk von 1905 bis Auto war 40 km/h schnell und konnte den. Darum war es zu jener Zeit um die 1936 eine Sonderabteilung für isolierte mit einer Batterieladung 40 km weit fah- Jahrhundertwende üblich, daß die Leitungsrohre (die sogenannten Bougier- ren. Dann mußten über Nacht die Bat- Fahrradproduktion im Spätherbst be- Rohre) und die diversen Verteilerdosen gann und bis Ostern, höchstens bis terien wieder aufgeladen werden. Auch für elektrische Leitungen angeschlossen. aus heutiger Sicht war dies eine groß- Pfingsten, anhielt. Dann wurden die Aber auch Rüstungsmaterial mußte artige technische Leistung. meisten Arbeiter entlassen und nur Hercules im Ersten Weltkrieg fertigen, der sogenannte „Stamm“ blieb im Werk. 2.B. Radkufen für Geschütze, Steig- Die Hercules-Electro-Chaise bügel für die Kavallerie und Klemmbol- zen für die Artillerie. Die Hercules- Das Werk selbst war natürlich mit der technischen Entwicklung stets mit- Rikscha gewachsen. Den Antrieb aller Maschinen (1908 waren es bereits stolze 213 Was die Erweiterung des Fertigungspro- Stück) übernahm eine 180-PS-Konden- gramms anbelangte, so war es nahe- sations-Dampfmaschine und auch eine 60-PS-Reserve-Dampfmaschine

liegend, daß Hercules sehr bald mit dem

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Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. J ahr Beschäftigte Maschin en Produktion Dividende Und dann 1895 190 112 4100 E 1896 250 | 120 6500 Z

das Motorrad, 1897 340 | 135 8000 16% 1898 | 260 | 146 7200 16%

der erfolg- 1899 220 | 147 6500 | 12%

reiche Start ın 1900 190 | 150 6300 8%

1901 195 | 159 6600 4% eine neue 1902 | 200 163 7200 ohne Unterbilanz 1 903 240 170 Tr ee E Bewegung 1904 Peer] Sa SN Ja, und dann kam das Motorrad. Natürlich [00 EREN SEREN URRNNTOTE 9800 | 12% konnte Marschütz an dieser neuen Idee 1906 a 270 À 204 es: 12000 12% nicht vorübergehen, um so mehr, als sein Konkurrent, die Victoria-Werke, gleich- 1907 | 276 | 250 14600 12% falls an so einem hochmodernen Gefährt 1906 220 213 13.000 10% bastelten. Im Jahre 1904 war es dann so- weit, daß beide Firmen ihre Prototypen vorstellten und ab 1905 wurden Motor- gebot nach Leistung und Qualität räder in Nürnberg serienmäßig gebaut. wählte. All die Jahre wurde diese Ent- /000 Mark scheidung beibehalten. für einen Parallel zur technischen Entwicklung des Werkes ist auch der wirtschaftliche Aufschwung zu sehen. Eine kleine Stati- Brummi stik zeigt, was der bereits zitierte Ritter von Paller über die Hercules-Entwicklung Ja, Hercules baute LKW'S bereits Seit 1908. zu berichten weiß. Begonnen hat es mit einem leichten Lastwagen bis 1250 kg Nutzlast, der als rste Hercules Motorrad Modell 1905 Deutlich zeichnen sich die Schwankun- Stadtfahrzeug konzipiert war. Laut Dieses Hercules-Motorrad war mit einem gen ab, denen die Zweiradbranche schon einem erhaltenen Angebotsschreiben aus belgischen FN-Motor ausgerüstet, hatte immer unterworfen war. Geschäftsbe- dem Jahre 1909 war der LKW mit einem eine Leistung von 4,5 PS, Magnetzündung, richten kann aber entnommen werden, 2-Zylinder-Motor von 14 PS ausgerüstet, Spritzvergaser und Keilriemenantrieb daß z.B. im Geschäftsjahr 1911/12 ein der eine Höchstgeschwindigkeit von In Folge wurden auch deutsche Fafnir- Bruttogewinn von 484.547,- Mark ausge- 18 - 20 km/h brachte. Gekostet hat die- Motoren eingebaut und schon damals wiesen wurde. Und im Bericht über ses Modell übrigens 7 000 Mark und entschied man sich, daß Hercules selbst 1914/15 wird von einem neuen Fabrik- der Mehrpreis für Doppelzündung, also keine Motoren bauen wollte, sondern neubau auf dem gegenüberliegenden Magnet und Batterie, betrug 200 Mark. sich lieber nur auf das Fahrwerk konzen- Gelände an der Adam-Klein-Straße be- trierte und entsprechende bewährte richtet. Ein Neubau für die LKW-Fer- Bald folgte ein schwereres Modell für 3000 - 4000 kg Nutzlast und dann tigung! Motoren aus dem damaligen großen An-

Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. wuchs der LKW-Bau zu einem wichtigen Erwin Trakatsch kann man entnehmen, 1933 gab es aber noch etwas ganz ande- Nebenzweig des Unternehmens. Fahr- daß in diesen Jahren nicht weniger als res - den dreirädrigen „Motorradwagen“ räder waren und blieben aber in all den 43 Firmen in und um Nürnberg mit dem mit 200 ccm JLO-Motor, 5,5 PS und Jahren stets das Hauptprodukt. Bau von Motorrädern beschäftigt waren! Hurth-4-Gang-Getriebe mit Schnellgang Wie sich der Bau von Lastwagen auswei- Diese Neugründungen hielten sich oft und Rückwärtsgang. Ein Dreirad- tete, zeigt nicht nur der Neubau der nicht länger als ein bis zwei Jahre. Die wagen also, für 2 Personen, Höchstge- bereits erwähnten Halle, sondern vor Namen der Firmen sind längst ver- schwindigkeit 51 km/h - und was allem die Preisliste III aus dem Jahre klungen. Wer kennt schon Namen wie ganz wichtig war - steuer- und führer- 1916. Nicht weniger als 6 Grundmodelle ABAKO, ASTORIA, ENAG, EPA, ERKA scheinfrei! mit Motoren zwischen 22 und 44 PS oder ERMAG? Und so ging es weiter im und einem Ladegewicht von 1500 bis Alphabet bis ZIEJANU, einer Firma, die Verweilen wir aber erst noch bei den 5000 kg waren im Angebot. Auf diese 1.B. 1924 begann und 1926 die Fabrika- stärkeren Motorradmodellen, mit denen Chassis wurden entsprechend den Käufer- tion wieder einstellte. Hercules so sehr an der Geschichte des wünschen die Karosserie-Aufbauten deutschen Motorradbaues beteiligt war. montiert. Die genannte Preisliste zeigt Hercules begann mit dem Motorradbau In all den Jahren entstanden mit den bebildert 36 verschiedene Ausführun- wieder 1929 und wiederum auf der Basis genannten „Einbaumotoren“ neue präch- gen als Beispiele auf. Es gab Variationen des „Konfektionärs“, d.h., daß Hercules tige Motorradmodelle, die zu Ihrer Zeit für alle Wünsche und alle Zwecke. weiterhin nicht daran dachte, eigene einen hervorragenden Namen hatten und Selbst für die Königlich Bayerische Post Motoren zu entwickeln. Es gab eine gan- deren Qualität hoch geschätzt wurde. lieferte Hercules LKW’s. Auch spezielle ze Palette hervorragender „Einbau- Bevorzugt war natürlich die damals steu- Sanitätsautos waren im Programm. motoren“, unter denen man ganz nach erfreie Klasse bis 200 ccm. Aber auch Wunsch wählen konnte. Um so inten- Modelle der 250-, 350- und 500-ccm- siver widmete sich aber Hercules den Klasse standen im Angebot. Leider Fahrwerken und so entstanden Jahr für sind komplette Listen mit all den notwen- Jahr neue Modelle, die allgemein großen digen technischen Angaben nicht mehr Der Motor- Anklang fanden und die auch heute erhalten - sie verbrannten wie das Werk noch, wie z.B. im Rückblick der bekannt in den Bombennächten des Zweiten kritischen Fachzeitschrift „Das Motor- Weltkrieges. rad-Boom rad“ als „Glanzstücke des deutschen Vor- kriegs-Motorradbaues” bezeichnet Lesen wir, was Dr. H. Krakowizer in der 20er und werden. seinem Buch „Motorräder“ (erschienen 1981 im Verlag Welsermühl, Wels- München) gerade über diese Zeit sagt: 30er Jahre el Anfang der 30er Jahre, als die Klasse bis 200 ccm zur Ankurbelung der Wirt- Die ersten schaft steuerfrei wurde, gab es natürlich Krieg und Inflation wurden gut über- standen. Die Auslastung mit diesen Pro- Hercules-Motorräder der 30er Jahre - Beispiele dukten war die Erklärung dafür, daß Motoren deutschen Motorradbaues Hercules erst spät wieder mit dem Motor- Hercules Maschine mit 5 PS, 1930 radbau begann. In den späten 20er von Sachs und 30er Jahren erlebte Nürnberg und seine engste Umgebung einen wahren Motorradboom, den auch Hercules für All diese Modelle waren mit den besten sich nutzen konnte. Zu den bereits und bewährtesten Motoren ausgerüstet. genannten Nürnberger Motorrad-Firmen Namen wie JAP, VILLIERS, COLUMBUS, waren die Zändapp-Werke und die BARK. MOSER, KUCHER, JLO waren selbst- Ardic-Werke.gekommen. Und dann ging verständlich und dann ab 1930 natür- lich Sachs-Motoren aus Schweinfurt. es Schlag auf Schlag. Dem Buch von

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In der Motorfahrradklasse mit 98-cem- te Fahrrad etwa 35 kg. Die Leistung Fichtel & Sachs-Motor je ein Herren- und der Saxonette betrug 1,2 PS, was für ein Damenmodell. Das erstere mit einer Tempo von 30 km/h reichte. Auch die kräftigen Parallelogramm-Gabel, das unumgängliche Kupplung war in diesen letztere mit einer Pendelgabel. Füh- „Naben-Motor“ mit eingebaut und über- rerscheinfreie und steuerfreie Modelle dies lieferte die Zünd-Lichtanlage auch unter 200 ccm gab es mit 2-Takt- genügend Strom für die Fahrradbeleuch- Motoren von Bark mit angeblocktem tung. 3-Gang-Getriebe in zwei Ausführun- Saxonette B gen und ebenso mit Bark-4-Takt-Moto- ren und Kette im Ölbad, jedoch schon mit 3-Gang-Getriebe versehen. Das Ge- wicht wurde mit 120 kg beziffert, die Höchstgeschwindigkeit mit 96 km/h. In der 350-ccm-Klasse gab es ebenfalls zwei Geländesportmodelle, wie man damals jene Motorräder nannte, die 1936, Columbus-Motor hochgezogene Auspuffrohre aufwiesen. Eines dieser mit Columbus-Motoren bei Hercules auch noch größere Modelle, versehenen 350er Modelle hatte ein mit den steuerfreien 200-cem-Maschinen 3-Gang-Getriebe mit „Schwertschal- Krieg und insgesamt vier. Je eines mit sv- und tung“, wie man die Handschaltung auch ohv-JAP-Motor, je eines mit 2-Takt-Moto- nannte. Das andere war mit einem ren von Villiers und Bark. Dann kamen fußgeschalteten 4-Gang-Getriebe ausge- Emigration noch größere 250-ccm-, 350-ccm-Bark rüstet. In der Halbliterklasse wurde und 200- bis 500-cem-JAP-Modelle nurmehr ein seitengesteuertes Modell 1939 wurde das Hercules-Programm, das hinzu. Auch solche mit kopfgesteuerten mit Kücher-Motor gezeigt. sich inzwischen ausschließlich auf Sport- und Renn-Motoren sowie ein Motorfahrräder und Kleinkrafträder be- Halbliter-sv-Modell mit Kücher-Motor. schränkte, durch ein neues 125er Modell Mit173 und 198 ccm Hubraum gab (3,5 PS) ergänzt, mit dem Fichtel &Sachs es auch ohv-Modelle mit dem Schweizer eben noch auf dem Markt kam, bevor Moser-Motor. Alles zusammen eine Und die der 2. Weltkrieg ausbrach. ['ypenvielfalt, die nicht lange durchge- halten werden konnte und bald dem legendäre Vorher aber noch, 1938, mußte Carl Motorfahrrad-Programm mit Fichtel & Marschütz sein Werk, Nürnberg und Sachs-Motoren wich...“ Saxonette Deutschland verlassen. Er war Jude, sein Werk wurde „arisiert“ und ihn selbst verschlug es nach Kalifornien. Von dort 1938 gab es bei Fichtel & Sachs einen aus nahm er noch regen Anteil am neuen Motoren-Schlager: die Saxonette. Wiederaufbau „seines“ Werkes, meldete Das große Das war ein nur 60 ccm großer 2-Takt- sich in diversen Briefen an Fachzeit- Motor, der zusammen mit der Torpedo- schriften zu Wort und verstarb in Los An- Programm Freilaufnabe in das Hinterrad eines geles am 19. April 1957 im 94. Lebens- normalen Fahrrades integriert war. Man jahr. konnte damit jedes stärkere Ballonrad 1935 stellte Hercules anläßlich der Berli- motorisieren. Ein komplettes Hinterrad Fern der Heimat hat Carl Marschütz die ner Automobil- und Motorradausstellung mit Saxonette-Eingangmotor wog ca. Augen für immer geschlossen, aber sein 14,5 kg und das ganze damit motorisier- Herz hing, trotz aller bitteren Erfahrun- das folgende Programm vor:

Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. gen, an Deutschland, an Nürnberg. Als Und trotzdem wurde begonnen - mit der Wiedergutmachung von der letzten Wunsch hat man seine Urne in 30 Mann. Zuerst mußte der Schutt besei- Besatzungsmacht die Totaldemontage Nürnberg in aller Stille an der Seite sei- tigt werden, dann wurden Maschinen angeordnet worden! Ein englischer ner Gemahlin auf dem Westfriedhof freigeschaufelt, Wände neu errichtet, Captain überbrachte die Schreckens- beigesetzt. Die Fürther Firma Dr. Carl Decken eingezogen, Dächer aufge- nachricht. Das hieß also, daß die so Soldan erwarb 1941 den Besitz, 1944 setzt. Und dann wurde nach Arbeit ge- mühsam geborgenenMaschinenbeschlag- wurde die Hercules AG in die Nürnber- sucht, um die Mitarbeiter zu bezahlen. nahmt wurden und in das Ausland ge- ger Hercules Werke GmbH umgewan- So fing man an, Fahrräder zu reparieren. bracht werden sollten. Hercules sollte als delt. Ja, und man baute sogar Geräte für Firma ausradiert werden. Sollte all die die Dentalindustrie. Man baute „Wasser- Mühe umsonst gewesen sein? Zum Glück Mit dem Krieg begann eine furchtbare wagen" zum Transport von Wasser, gelang es in zähen Verhandlungen, das Zeit und sie endete mit einem zerstörten das Wasserleitungsnetz der Stadt war ja Urteil auf „Teildemontage“ abzumildern. Deutschland, einem ausgebrannten ebenfalls schwer beschädigt worden. Da waren aber die wichtigsten Maschi- Nürnberg, und auch die Hercules-Werke nen bereits in das Ausland gebracht wor- waren zu 75% vernichtet. Bombardiert, Man suchte und suchte nach Arbeit, und den. ausgebrannt und letztlich ausgeplündert man hatte Glück. Man bekam die Ge- stand nur noch ein Torso des Werkes da. nehmigung der Besatzungsmacht für die Sowohl diesen Schlag wie auch die zwi- Fertigung von Molkereigeräten und schenzeitlich angesetzte „Zwangsver- Aber es gab Menschen, die das Inferno man bekam für dieses so lebenswichtige waltung“ haben die Hercules-Leute ver- überlebten. Menschen, die an die Zu- Gut die notwendigen „Eisenscheine”, kraftet. Im Gegenteil, der Aufbauwille kunft glaubten, die arbeiten wollten, um die den Materialeinkauf erst ermöglich- wurde nur noch mehr gesteigert und da zu überleben. Und es gab eine Geschäfts- ten. Diese Molkereigeräte wurden üb- sich in allen Teilen Deutschlands diese leitung, die Ziele setzte, den Glauben rigens bis in das Jahr 1950 bei Hercules unbändige Kraft rührte, zeigte es sich stärkte und die Möglichkeit zum Wieder- gefertigt. bald, daß man Rohre, Bleche, dies und aufbau schuf. das gegen „Eisenscheine” kaufen konnte. Hercules arbeitete wieder, konnte Men- Und „Eisenscheine“ blieben zum Glück schen einstellen und konnte seine bei geschickter Disposition aus der Milch- Leute bezahlen. Der erste Silberstreifen kannenfertigung übrig. Langsam, ganz zeigte sich am Horizont, wenn auch langsam hatte man Material beisammen, Ein Anfang bis dato die Amerikaner als Besatzungs- um mit der Fahrradfertigung zu begin- macht immer noch keine „Eisenschei- nen. Die ersten Nachkriegsräder bei Her- mit „Wasser- ne“ für Fahrräder übrig hatten. Fahrrä- cules waren allesamt in brauner Farbe der, das waren für die motorisierten gehalten, denn auch diese Farbe blieb von Amerikaner damals nur Spielzeuge, da- den Milchkannen übrig. Aber es gab wagen“ und für hatte man keine Eisenscheine übrig. wieder Hercules-Fahrräder - die Produk- Molkerei- tion lief an! Im April 1950 berichtete die „Fränkische geraten Demontage Tagespost" über Hercules und verzeich- nete mit Erstaunen die Tatsache, daß der Betrieb zwei Jahre nach der Währungs- Das Erbe, das man 1945 vorfand, war und Zwangs- reform 400 Menschen beschäftigte gegen- erschreckend. 75% Kriegsschaden durch über 250 vor dem Kriege. Und es wird 4 Bombentreffer und Phosphorkanister. verwaltung noch besonders hervorgehoben, daß ein Kein Quadratmeter heiles Dach. Überall Viertel davon Heimatvertriebene waren nur Schutt, verkohlte Balken, einge- Trotzdem, man war bei Hercules optimi- stürzte Mauern, verschüttete Maschinen. stisch, bis auf einmal das Unfaßbare Diese genaugenommen 257 Beschäftig- eintraf. Für Hercules war im Zeichen ten, davon 66 Angestellte, waren in dem Ein Chaos!

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Rechnungsjahr 1937/38 bei Hercules wie sich die Nachkriegsentwicklung in lung organisiert, und auf breiter Basis tätig. Die nachfolgende Statistik zeigt, der Beschäftigtenzahl wiederspiegelte: wurden Fahrradhändler zu Sachs- Kundendienststellen, die für einen 653 648 mustergültigen Sevice sorgten. Der [F=] rm] ges. Beschäftigte 590 | | Hercules-Fahrer war in ganz Deutsch- davon Angestellte 524 ns] ee) land, ja in ganz Europa, engmaschig Verkaufsargu- ! 400 435 || | | technisch betreut - ein 394 -- | ment, das nicht zu überbieten war, umso mehr, als die hohe Qualität der „Saxer“ weltweite Anerkennung 114 114 | | [FE] [527] gefunden hatte. 72 83 89 9 | | 32 35 43 53 = — [5 2] [29] [SS In Deutschland entstand eine Verkaufs- FD iz | | | W BEE BE ME mm organisation, die mit mehr als 3 000 Ver- 1948 1949 1950 195 1952 1953 1954 1955 1945 1946 1947 tragshändlern das ganze Bundesgebiet erfaßte. Der Kontakt zwischem dem Werk und den Vertragshändlern war so Das Auto Hercules eng, daß man mit Recht von der „Hercules-Familie“ sprach. Diese enge und Sachs Zusammenarbeit, ja diese Partner- kommt schaft, brachte beiden Teilen größten Die Partnerschaft Hercules-Sachs begann Nutzen und Erfolg. Der Begriff „Mar- Das Sind die Zahlen, die die Nachkriegs- keting“ war damals fast noch ein Fremd- Hochkonjunktur der Zweiradindustrie bereits im Jahre 1905, als Geheimrat Ernst Sachs die Torpedo-Bremsnabe er- wort, aber was man aus Sach- und einschließen. Dann änderte Sich das Bild. Fachkenntnis alles plante und in enger Das Zweirad war nicht mehr so gefragt, fand und für eine Revolution im Fahr- radbau sorgte. Diese Zusammenarbeit Zusammenarbeit mit der Technik so- ıs Auto kam in Mode und der Verkaufs- wohl in Schweinfurt, wie in Nürnberg, slogan für Fahrräder „Auf zwei Rädern wurde wesentlich ausgeweitet, als 1930 Fichtel & Sachs in den Motorenbau ein- Jahr für Jahr auf den Markt brachte, bleibt man jung“ war noch nicht aktuell. entsprach so sehr den Marktanforderun- Wie schon öfter in der Geschichte war stieg; gerade der 98 ccm-Motor gab das Startzeichen für die immer enger wer- gen, daß der Erfolgskurs für Hercules der Fahrradboom gebrochen, eine Krise und auch Sachs vorgezeichnet war. Wie setzte ein, die viele Firmen erfaßte - dende Zusammenarbeit. Wie jeder Motor verlangte er einen geschulten Kun- diese Entwicklung verlief, zeigt sehr nicht aber Hercules. Ganz im Gegenteil! deutlich die Graphik der Jahre 1955 bis Gerade jetzt zeigte sich, wie grundsolide dendienst und eine fachkundige Händ- lerschaft. Gemeinsam mit Sachs 1960, als es doch in Deutschland zeit- das gemeinsame Konzept Hercules- weilig noch 35 Motorradhersteller gab. Sachs geplant war und wie weit die ge- wurde eine vorbildliche Händlerschu- meinsame Zusammenarbeit beider Die Hercules-Werke Ende der 50er Jahre, nach dem Umbau Firmen gediehen war. Und noch etwas zeigte sich: die mustergültige und ver- trauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Handel und den beiden Firmen trieb Früchte. Hercules blieb auf Erfolgs- kurs HistorischeQuelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Fahrraeder e.V. Hercules 32% es die Geländefahrer Geffers - Berlin, nicht nur Klassensieger, sondern erran- Motorrad-Zulassungen Grenz - Nürnberg und viele andere, die gen auch im Gesamtklassement 1971 1955-1960 auf der damals so beliebten Reichs- die Plätze 2 und 5! 21,1% Langstrecke und den späteren Gelände- fahrten Hercules-Technik und Zuver-

lässigkeit demonstrierten. Und nach dem

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e 14,1% Krieg begann es zuerst mit den Deutsch-

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u 10,5% landfahrten und dann ging es ins Gelände.

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l Die Deutsche Geländemeisterschaft

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t wurde ausgeschrieben, 2- und 3-Tage-

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s Fahrten gab es in Deutschland, Italien, e

1,9% % G EZ in Österreich und natürlich alljährlich 1955 1956 1957 1958 1959 1960 die Internationalen 6-Tage-Fahrten.

Sonntag für Sonntag waren sie unter- wegs, die Werks- und die Privatfahrer, Sporterfolge und sie zeigten nicht nur das eigene Können, sondern auch die Zuverlässig- keit und das Leistungsvermögen der auf der Lang- Hercules-Maschinen und der Sachs- strecke und Motoren. Die Erfolge dieser Jahre aufzuzählen, über- Heinz Brinkmann im Gelände schreitet den Umfang dieses Druckes. Als kleines Beispiel soll aber wenigstens herausgestellt werden, daß z.B. im Das waren Sporterfolge, die nicht nur 322, 250 ccm Jahre 1964 die 222 Hercules-Werks- und für Schlagzeilen in der Sportpresse sorg- Privatfahrer nicht weniger als 1049 ten. Diese Erfolge waren gleichzeitig Gold-, 151 Silber- und 58 Bronzemedail- die Bestätigung der Hercules- und Sachs- len errangen. 1960 war Hercules bei Qualität. Darum wurde die Betreuung der Internationalen 6-Tage-Fahrt das ein- der Fahrer von Hercules und Sachs ge- zige Fabrikat, das alle 16 gestarteten meinsam durchgeführt. Der Hercules- Fahrer ohne Ausfall ins Ziel brachte. Bei Sachs-Sportpokal war ein Wettbewerb, den Six Days auf der Isle of Man war der von den Fahrern höchsten Einsatz Hercules unter 86 gestarteten Mannschaf- forderte. Dafür gab es für die Privatfah- K 100 ten die einzige, die den goldenen rer nicht nur Pokale, sondern auch Mannschaftspreis der FIM errang. Hercu- beachtliche Geldpreise und unter beson- les-Fahrer waren sowohl beim Gewinn derer Bestimmung das Hercules-Sachs- der Trophy, als auch der Silbervase be- Sportabzeichen - ein Auszeichnung be- teiligt, und bei der so gefürchteten sonderer Art. 3-Tage-Fahrt in Bergamo gewann Hercu- les sowohl den Mannschaftspreis, als Hercules-GS-Maschinen wurden übrigens auch den Absolutsieg aller Klassen. Ja, ab 1961 serienmäßig hergestellt und Zu diesem Erfolg trug das Engagement selbst bei der schwersten Motorrad- aus dem Hercules-GS-Modell entstand im Geländesport bei. Vor dem Krieg war veranstaltung der Welt - der Baja Mexi- auch die „Military“ - das Krad der es der Name Kahrmann-Fulda, der Deut- cana in den USA - waren Hercules- Bundeswehr, das auch heute noch in scher Straßenmeister auf Hercules mit Maschinen (unter dem Exportnamen technisch aktualisierter Form im Ein- satz steht. DKW) drei Jahre hintereinander 250 cem-JAP-Motor wurde. Dann waren

Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. Leider konnte Sachs anfangs noch kei- nen passenden Motor liefern. Da ergab Die berühmte sich eine Zusammenarbeit mit Zündapp, die einen Motor anboten. Triumph Zerreißprobe schloß sich an und Hercules baute für alle drei Firmen die Fahrzeuge.

All diese Sporterfolge waren ein ganz wesentlicher Teil der Hercules-Werbung, wie überhaupt Hercules in der Öffent- Seit 1963: lichkeitsarbeit vor allem aktionsbezo- gene Aussagen in den Vordergrund Sachs-Iochter stellte. So z.B. die damals (1952) so populäre „Zerreißprobe“: Von Journa- listen wurde der laufenden Fertigung ein Ein Meilenstein in der Geschichte von Umzug in Fahrrad entnommen und mit 2 Haken Hercules war der Zeitpunkt, da Fichtel & sozusagen als Kupplung zwischen eine Sachs sich entschloß, das Unternehmen die Nopitsch- Lokomotive und 8 vollbeladenen Wag- zu kaufen. Ganz ohne Probleme war das gons gehängt. Mühelos widerstand der Vorhaben aber nicht - vor allem mit Rahmen dieser Belastung. Erst als ein Rücksicht auf all die anderen Firmen, die Straße sogenannter Bremsschuh die rollenden Sachs-Motoren einbauten. So kaufte Sachs über die Schweizer Holding-Firma Waggons jäh stoppte und die Loko- 1962 kam der Sachs 50/S-Motor mit motive weiter zog, dehnte sich das Ober- Kurotag 1963 die Nürnberger Hercules- 5 Gängen und 4,5 PS auf den Markt und Werke und ein neuer Abschnitt des Wer- rohr des Rahmens und riß, ohne daß Hercules baute das Erfolgsmodell, die kes begann - die Zusammenarbeit die Lötung der Muffen nachgab. Eine K 50, mit dem das Werk seine Position wurde noch enger und der Hercules- plausible Demonstration der Hercules- festigte. Als 1965 die Mofas in Mode Erfolgskurs noch steiler. Rahmenlötung. kamen, da war es wieder einmal so weit Es war die Zeit der Mopeds und Mokicks, - das Werk war zu klein geworden. Und um zu zeigen, wie genügsam Man dachte an einen Neubau, ein ent- dann der Kleinkrafträder und ab 1965 Hercules-Mopeds mit Sachs-Motoren sprechendes Areal war in Fürth gefun- gab es die führerscheinfreien Mofas. Das waren, fuhr man mit einer Tankfül- den. Da ergab sich für Sachs und Hercu- Motorradprogramm dieser Jahre stützte lung gleich durch 4 Länder, und zwar les eine andere Chance. Die Zweirad sich auch weiterhin noch auf die 98 ccm- von Lindau über Österreich nach Union, die die Marken Victoria, Express Modelle mit und ohne Kickstarter. Er- Liechtenstein und über die Schweiz und DKW vereinte, war in Schwierig- folgreich war das Modell mit dem 150 cem- wieder zurück keiten geraten und stand zum Verkauf. Sachs-Motor und dann bekam die so Kurz entschloß sich Sachs und kaufte erfolgreiche Hercules K 100 ihre Nachfol- 1966 das Werk an der Nopitschstraße, gemodelle. Die 175 ccm-Maschinen gab um dort die Produktion zusammenzu- es mit Kickstarter und auch mit elek- trischem Anlasser, und nach wie vor gab fassen. es den Hercules-Roller R 200. Nach einer schwierigen Phase der Neu- Moped 220 Y organisation begannen die Umsätze zu steigen. Zuerst lief die Fertigung unter "6 AEI den Marken der Zweirad Union, also un- Hercules-Moped mit Zündapp-Motor ter Victoria, Express und DKW parallel Ab 1953 begann Hercules mit Mopeds. zur Hercules-Modellreihe. Dann wurden Sie wurden immer aktueller und Victoria die Modelle vereint, die Zweirad Union übernahm nun den Vertrieb der und NSU waren die großen Vorbilder.

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Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. eigenen Marken, bis sich schließlich Marke Hercules konzentrierten. Sachs-Wankelmotor, serienmäßig alle Anstrengungen nur noch auf die Die Werksanlage in der Nopitschstrafe 70 geliefert wurde.

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Hercules-Accubike

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Hercules W 2000 mit Sachs- Wankelmotor

Immer wieder gab und gibt es neue Fahrradmodelle. Klappräder z. B., die in Spezialitäten: Immer neue einen Koffer passen, superleichte Rennsporträder für allerhöchste Ansprü- che, Fahrräder für den täglichen Ge- Mofa und Modelle - das brauch, angepaßt den hochgesteckten Marktanforderungen, und natürlich Kleinkraftrad Programm Fahrräder, die den Freizeitbedürfnissen der Kunden gerecht wurden. Die Mofa-, Moped-, Mokick-Modelle wurden immer Mit einer umfassenden Angebotspalette wachst wieder den Wünschen des Marktes war Hercules im motorisierten Bereich angepaßt. Ja sogar ein Elektro-Mofa, das bis zu 50 ccm Marktführer vor seinen hart- So entstanden Jahr für Jahr neue Modelle. sogenannte Accubike, kam 1974 auf näckigen Mitbewerbern Zündapp und Die Angebotspalette wurde den Markt- den Markt. . Im Fahrradbereich wurde be- bedürfnissen angepaßt. Neues wurde er- wußt nur das qualitativ hochwertige dacht, vieles gewagt, nicht alles brachte Motorräder bereiteten der deutschen Marktsegment ausschließlich über den den gewünschten Verkaufserfolg. Aber Industrie Sorgen - die Japaner machten, Fachhandel bedient. Der Trend zum Hercules demonstrierte Jahr für Jahr insbesondere wegen der Lohnkosten- billigen Massenrad wurde seit jeher ab- den Mut zum Fortschritt. So z.B. 1971, als vorteile und des eigenen großen Heimat- gelehnt, weil dies den Firmengrund- die Schneeschlitten (natürlich mit marktes, das Rennen. Aber auch sätzen widersprochen hätte. Sachs-Motor) in Mode kamen, übernahm Hercules trumpft noch einmal auf, als Hercules den Verkauf für den schwe- gemeinsam mit Sachs die Hercules Die Zweiradbranche befand sich zum Ausgang der siebziger Jahre auf ihrem W 2000, das erste Motorrad der Welt mit dischen Snotric.

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Höhepunkt. Zwar hatten sich japa- ihrer kleinen Produktionsbasis bei ver- verringerte. Dennoch wurde von nische Anbieter über das aufblühende gleichsweise sehr hohem Lohn- Hercules mit voller Überzeugung das Motorradgeschäft auch in der deut- niveau wurden in eine Nebenrolle ge- Konzept der fachhandelstreuen Belie- schen Mokick-Klasse etablieren können, drängt. Gleichzeitig ging die Nachfrage ferung aufrechterhalten. das Mofa und das Kleinkraftrad blie- nach Mofas dramatisch zurück. So belief ben jedoch eine Domäne der deutschen sich die deutsche Mofa-Produktion Der Anpassungsprozeß im Unternehmen Industrie. So wurden zwischen 1977 schon 1981 auf nur noch 50% (!) des nahm insgesamt die Jahre 1981 bis 1985 und 1980 in Deutschland zwischen Niveaus von 1978. in Anspruch. Er wurde konsequent, ziel- 150.000 und 200 000 Mofas produziert, strebig und erfolgreich für das Unter- und gerade hier unterstrich Hercules Diese in schnellem Tempo sich vollzie- nehmen durchgesetzt. Damit konnte die seine führende Rolle. hende Strukturverschiebung am Existenz von Hercules gesichert wer- deutschen Markt konnte nicht von allen den, obwohl das Marktvolumen weiter Doch plötzlich setzte eine Trendwende deutschen Anbietern verkraftet wer- zurückging. Im Gegensatz dazu mußte ein: Am 1.4.80 wurde vom Gesetzgeber den: So mußte 1981 die renommierte der Mitbewerber Zündapp, ein Unter- eine Prüfbescheinigung für Mofa-Fah- Firma Kreidler aus dem Markt aus- nehmen mit glanzvoller Geschichte, rer und damit eine erste Reglementierung scheiden, aber auch die verbleibenden 1984 das Schicksal von Kreidler teilen: eingeführt mit der deutlich erkenn- deutschen Unternehmen konnten die Die Pforten des Unternehmens wurden baren Folge, daß das Interesse der brei- finanzielle Krise nicht vermeiden. Für wegen mangelnder Rentabilität geschlos- ten Bevölkerung am Mofa nachließ. Hercules begann ein schmerzvoller sen. Ebenso erging es dem Hersteller Mit dem 1.1.1981 wurde weiterhin die Anpassungsprozeß an die veränderten , und auch manche Zulieferfirma Klasse der „Leichtkrafträder“ mit Marktverhältnisse: mit der Schrump- konnte sich der Strukturkrise im Zwei- 80 ccm als Ersatz für die bisherigen, in fung des Zweiradmarktes ging eine not- radbereich nicht entziehen und mußte der Leistung unbegrenzten Kleinkraft- wendige Schrumpfung der Betriebs- aufgeben. Damit vollzog sich wieder- räder mit 50 ccm eingeführt. Diese neue kapazität einher. In dankenswerter um ein Wellental in der wechselhaften Klasse war für die japanischen Motor- Weise unterstützte die Muttergesell- Geschichte der deutschen Zweirad- radriesen aufgrund der festgelegten schaft, die Fichtel & Sachs AG in Schwein- industrie, das von Hercules nur durch technischen Kriterien geeignet, mit furt, die Bemühungen, die Existenz des konsequente und schmerzvolle, letzt- Billigmodellen die deutschen Hersteller Unternehmens zu sichern. endlich aber doch erfolgreiche Sanie- nahezu zu verdrängen; die vormals rungsmaßnahmen durchgestanden bestehende deutsche Überlegenheit ins- werden konnte. Hercules wurde damit besonders bei der Motorleistung zum einzigen überlebenden Zweirad- wurde durch gesetzliche Drehzahl- und Jahr der werk in Deutschland mit einer Produkt- Geschwindigkeitsgrenzen egalisiert. palette vom Kinderfahrrad bis zum Anpassung Motorrad. Konkurrenz Für Hercules komplizierte sich diese Ent- wicklung noch durch zusätzlich entstan- Die Marke dene Schwierigkeiten im Fahrradgeschäft, aus Fernost dem zweiten Standbein des Unterneh- mens. Betrug die Inlandsanlieferung von und der Fach- Im Laufe der Jahre 1981 bis 1983 erlebte Fahrrädern 1980 4,8 Mio Einheiten, der Markt für Leichtkrafträder in so verringerte sich das Niveau in den Deutschland einen beispiellosen Boom. Folgejahren erheblich bis auf rund handel als Die Absatzzahlen stiegen 1982 auf 3 Mio Einheiten 1985. Parallel dazu sank 135000 Einheiten vor allem wegen der der Anteil des Fachhandels gegenüber solide Basıs Niedrigpreispolitik der Japaner und branchenfremden Vertriebswegen mit der sehr günstigen Versicherungsprä- der Folge, daß sich die Absatzbasis Ab 1983 begann auch für Leichtkraft- mien. Die deutschen Anbieter mit für Hercules-Fahrräder in doppeltem Sinn räder eine steile Talfahrt, deren Ende

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Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. 1985 mit nur noch 37 000 Zulassungen mit gleichem Schwung und gleicher Ein- noch nicht erreicht war. Lag der Markt- satzbereitschaft anzugehen wie die anteil von Hercules 1980 in der Klasse Nach ersten hundert Jahre. Die Politik von bis 80 ccm noch bei 20%, so konnte Hercules steht als Fortsetzung des trotz ausländischer Konkurrenz 1985 der 100 Jahren: Willens von Carl Marschütz, der 100 Jahre Anteil auf 31% erhöht werden, eine zuvor gewagt, gearbeitet und schließlich Quote, die niemals zuvor erreicht wurde. gesiegt hatte. Oder anders ausgedrückt: Durch konse- Stark auf zwei quente Markt- und Produktpolitik wurde Ein hundertjähriges Jubiläum: in der erreicht, daß erstmals fast jedes dritte Rädern mit deutschen Industriegeschichte ein nicht Motorfahrzeug bis 80 ccm in Deutschland häufiges Ereignis. Das es gelingen unter dem Markenzeichen „Hercules“ konnte, dafür sei an dieser Stelle allen verkauft wurde. Daneben wurde das Fahr- Technik plus früheren und derzeitigen Mitarbeitern radgeschäft forciert. Durch eine erfolg- herzlich gedankt. Der Dank gilt ebenso reiche Werbestrategie, die gleichzeitig den Kunden von Hercules; und hier zur Unterstützung des Fachhandels EB vor allem dem deutschen Zweirad-Fach- beitrug, wurde Hercules auch bei Fahr- handel, zu dem eine besonders herz- rädern die bekannteste Marke in Das Sanierungskonzept ist inzwischen liche, partnerschaftliche Beziehung be- Deutschland, sicherlich auch ein Hinweis nahezu abgeschlossen. Es liegt nicht im steht, zum Wohle beider Seiten, auch dafür, daß eine fachhandelsorientierte, Einflußbereichvon Hercules, mit des älte- und gerade in schwierigen Zeiten. Am 5. April 1886 wurde Hercules gegrün- qualitativ und optisch anspruchsvolle sten Zweiradunternehmens der Welt, Produktpolitik Erfolg hat. den massiven Marktrückgang aufzuhal- det; am 5. April 1986, hundert Jahre spä- ten. Wurden 1979 noch rund 450 000 ter, ist Hercules ein modernes, leistungs- Motorfahrzeuge bis 50/80 ccm in Deutsch- orientiertes Unternehmen. So soll und land verkauft, so waren es 1985 nur wird es bleiben. noch 118000 Einheiten. Dies entspricht einem Rückgang von 75 %, eine Schrump- fung, die kaum jemals von einer Bran- che in so kurzer Zeit hingenommen wer- den mußte. Sehr wohl konnte aber das Unternehmen auch die jüngste Zweirad- krise durch den energischen Einsatz Hercules Prima 5 S aller Mitarbeiter und die Unterstützung Das meistgekaufte Mofa der letzten Jahre der Fichtel & Sachs AG durchstehen. 1985 wurden in Deutschland nur noch Ja, es fand sogar die Kraft und den Hercules Monte Carlo, gut 40.000 Mofas produziert bei einem Mut, neben den klassischen Produktions- Fahrradtechnik in Bestform Gesamtmarkt von rund 85 000 Einhei- bereichen Motorrad und Fahrrad ein ten. Hercules hatte mit seiner erfolg- drittes Standbein aufzubauen: Seit Mitte reichen Geschäftspolitik erreicht, der mit 1985 wird mit wachsendem Produktions- Abstand wichtigste Lieferant für den volumen ein Bereich „Sonderfertigung“ deutschen Markt bis 80 ccm zu werden. eingerichtet, in dem vorwiegend Zu- lieferteile für die Automobilindustrie Mit immer neuen Ideen versucht Hercu- hergestellt werden. Diese Maßnahme les das Geschäft zu forcieren. Jüngstes dient der weiteren längerfristigen Ab- Zeugnis ist hier die Entwicklung eines stützung des Unternehmens und zeigt, „Lärmarmen Mofas“ in Zusammen- daß Hercules trotz aller durchlebten arbeit mit dem Umweltbundesamt, das Schwierigkeiten gewillt ist, das zweite Jahrhundert der Firmengeschichte im Frühjahr 1986 in Produktion geht.

Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. Ein Unternehmen der Fichtel & Sachs-Gruppe 8500 Nürnberg, Postfach 33 36

Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V.