Hercules, Broschüre 100 Jahre Hercules 1990

Hercules, Broschüre 100 Jahre Hercules 1990

100 JAHRE HERCULES° EIN JAHRHUNDERT FUR ZWEI RADER Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. rechnung, gab die Idee, aber es dauerte lange, sehr lange sogar, bis erst im 100 Jahre 17./18. Jahrhundert sich die Ideen um das Zweirad zu konzentrieren begannen. Hercules Viele versuchten sich, viele verzweifelten an der Idee. Viele wurden verlacht und verspottet, einige wurden bewun- dert, wie der Baron de Sivrac, der 1790 ganz Paris mit seinem Reitpferd- chen „Celerifer“ überraschte. Aber weder er, noch der Grazer Trexler mit seinem „Pirutsch“ oder der Schwein- furter Fischer wurden ernst genommen. Drais und die Folgen Erst am 10. Juli 1813 war es dann so weit, Originalbriedefs Freiherrn von Drais, in dem daß der Badische Forstmeister Freiherr er die Vorzüge Seiner Laufmaschine erläutert (Im Besitz der Hercules- Werke) Karl Friedrich Drais von Sauerbronn in Carl Marschütz Gründer der Nürnberger Hercules-Werke Mannheim seine „Laufmaschine“ vor- stellte und das Patent erhielt. Das Fahrrad Doch so sehr auch der Baron verzweifelt war erfunden. Aber dem armen Baron war, seine Idee hatte gezündet. Vor Hundert Jahre Hercules, das ist mehr als brachte seine Erfindung nichts ein, nur allem im Ausland regten sich die Geister, irgend ein herkömmliches Firmenjubi- Hohn und Spott waren sein Lohn. Ver- 1868 entstand in Paris die erste Fahr- läum. Diese 100 Jahre umfassen gleich- armt und vergrämt starb er, bevor seine radfabrik der Welt. Der Gründer hieß zeitig die Zweiradgeschichte Deutsch- Umwelt die Tragweite seiner Erfindung Michaux und er war es auch, der das lands und sie bedeuten weltweit, daß die in vollem Umfang begriff. erste Motorrad baute - mit einer Dampf- Nürnberger Hercules Werke mit das maschine angetrieben, da der Verbren- älteste noch existierende und ununter- nungsmotor noch gar nicht erfunden war. brochen produzierende Zweiradwerk der Welt sind. Darum ist die Firmenge- Etwa zu dieser Zeit begab es sich, daß schichte auch ein kleiner Rückblick der 1863 als Lehrerssohn in Burghaslach auf die Entwicklung der Zweiräder, und bei Nürnberg geborene und später in es ist die Geschichte des Carl Mar- Fürth zur Schule gehende Carl Marschütz schütz, des Begründers der Nürnberger ein altes Holzfahrrad „System Drais“ und der Deutschen Zweiradindustrie. geschenkt bekam. Von diesem neuen Fort- bewegungsmittel war er fasziniert. Der Schon seit altersher versuchte der Zufall wollte es, daß durch Neumarkt, wo Mensch, mit eigener Kraft sich schneller Marschütz mittlerweile in der Eisen- fortzubewegen als ihn seine eigenen handlung und Ofenfabrik Goldschmidt Beine tragen konnten. Die Erfindung des als Volontär tätig war, ein Engländer Rades, 5000 Jahre vor unserer Zeit- kam. Hoch zu „Stahlross“ kam er und war auf der Fahrt von London nach Wien. Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. wendige kaufmännische Wissen angeeig- handenen 5 Maschinen diente ein 4-PS- net hatte, war es am 5. April 1886 so Gasmotor. Beschäftigt wurden im Marschütz weit: er gründete seine eigene Velozi- ersten Jahr 10 Arbeiter, die im Anfangs- pedfabrik. jahr bereits 120 Hochräder produzier- ten. Im Jahr 1887 schaffte man 186 Rä- und die = nm IM. u der und 1888 stieg die Produktion gar Aumeldefdein. auf 400 Räder, womit die Werksräume m Hr Herd Rang = Begeisterung Ped man SFGPA La s zu klein wurden. Man übersiedelte in mpu die Obere Fürther Straße Nr. 61 und die ee) für eine neue er Hier Firma hieß nun ab 15.2.1887 Nürn- berger Velozipedfabrik Hercules, vor- mals Carl Marschütz & Co. Dynamik A Der erstmals auftauchende Markenname Hercules war, wie man sich erzählt, In seiner Freude am Radfahren merkte symbolisch für Kraft und Ausdauer der Marschütz-Räder vom Volksmund Marschütz rasch, wie groß das Interesse Der Gewerbeschein vom 5. April 1886 an diesem neuen Sport war und daß geprägt worden. Und die Änderung des nur der hohe Preis der Velozipede eine Firmennamens ergab sich auch aus rasche Verbreitung dieser Fahrzeuge der Tatsache, daß der Bruder Heinrich bremste. Immer wieder dachte er nach, Marschütz als kaufmännischer Leiter wie man wohl den Preis senken könn- 120 Fahrräder in die Firma eintrat. te und immer klarer sah er als einzigen Weg, daß man hier in Deutschland im ersten Jahr Die Firma entwickelte sich weiter gut beginnen müßte, Fahrräder zu produzie- und Nürnberg selbst wurde mehr ren. Das war die Lösung und dieser und mehr zum Mittelpunkt der deut- Diese neue Firma Marschütz & Co. eta- schen Zweiradindustrie. Aufgabe stellte er sich. Er, der 19jährige blierte sich zuerst in einer kleinen Volontär Carl Marschütz! gemieteten Werkstatt in der Nürnberger Bleichstraße. Zum Antrieb der vor- Werksansicht Fürther Straße Nr. 61 Geholfen hat ihm dabei die Bekannt- schaft mit dem Ansbacher Mechaniker NÜRNBERGER VÉLOCIPEDFABRIK Eduard Pirzer, der in Nürnberg eine Werkstatt eröffnete. Diesen Fachmann CARL MARSCHÜTS & C2 brachte Marschütz mit seinem Chef, Herrn Goldschmidt, in Verbindung, be- geisterte beide für seine Idee und die erste Fahrradfabrik Deutschlands, die späteren Express-Werke in Neu- N D markt bei Nürnberg, wurde gegründet. s u Bereits für das Jahr 1882 wird in den j s Annalen verzeichnet, daß in diesem Jahr w m e 20 Räder produziert wurden. Der j a u z Anfang war also gemacht. { Hier lernte der junge Marschütz, wie man Fahrräder baut. Sein Lehrmeister war ein englischer Ingenieur, der den Betrieb leitete. Nachdem er sich auch das not- Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. seit 18. Juni 1900) kaum merklich. Dank der vorzüglichen Geschäftsleitung, der Drei große ...und großen Vorsicht in der Fabrikation und der alten anhänglichen Kundschaft gin- gen diese Krisisjahre so gut vorüber, daß Konkurrenten erfolgreich die Fabrik zu den wenigen deutschen Zweiradfabriken gezählt werden muß, Als erste Konkurrenz von Hercules ent- durch die welche nie mit einer Unterbilanz standen bereits im Herbst 1886 die arbeiteten ...“. Nein, Hercules hatte zu Victoria Werke. Mit Express hatten sich erste Krise dieser Zeit sogar expandiert. Das so im mittelfränkischen Raum bereits gemietete Werksgelände an der Fürther 3 Fahrradfabriken konzentriert. Diese Straße 61 war zu klein geworden, ein Entwicklung beobachteten die Eng- Um 1900 setzte jedoch die erste schwere neues Gelände, Fürther Straße 191-193, länder sehr genau und bereits 1888 er- Krise in der Fahrradbranche ein. Zu wurde erworben, eine neue Fabrik richteten die englische Premier & Co viele Betriebe versuchten ihr Glück im gebaut und 1895 bezogen. Ltd., London, in Nürnberg ein Zweitwerk, Fahrradgeschäft, und die Einfuhr das bis zur Übersiedlung nach Eger Fahr- billiger amerikanischer Räder verschärf- Marschütz war als aktiver Radfahrer räder baute. 1894 begann die Herdfabrik te den Wettbewerb. gerade an den Themen der Technik be- Mars AG in Nürnberg-Doos mit der sonders interessiert. Aus der Praxis Fahrradfabrikation. 1895 entstanden in Daß Hercules festen Boden unter den heraus erkannte er darum die Zukunft Nürnberg die Sirius-Fahrradwerke, Füßen behielt, darüber lesen wir in dem des Niederrades und bereits 1891/92 die bis 1899 produzierten und 1896 grün- Büchlein „Die bayrische Fahrrad- liefert er diese neuen Räder. Und die ete eine weitere englische Firma, die Industrie“ von R. Ritter von Paller, der Hercules-Fahrräder der damaligen [riumph Cycle & Co Ltd., Coventry, ein schreibt: „...Die Ende der 90er Jahre Zeit zeigen, wie nach der günstigsten /,weigwerk, das dann 1897 in der über die deutsche Fahrradindustrie her- Form und Konstruktion gesucht wurde. Fürther Straße die Produktion aufnahm. eingebrochene Krisis, welche schwere Opfer forderte, berührte die Nürnberger Die Werksanlage Fürtber Straße 191/193 im Hercules ging es bergauf. Im Jahre Hercules Werke AG (so heißt die Firma Jahre 1908 1889 wurden bereits 70 Arbeiter yeschäftigt, die Zahl der Maschinen stieg auf 45 und die Chronik verzeichnete, laß 800 Fahrräder im Jahr gebaut wur- den. Und so positiv zeigten sich auch lie folgenden Jahre: 1890| 1891 |1892 11893 11894 Beschäftigte | 85 | 110 | 135 | 146 | 170 laschinen 54 | 56 ı 63 | 90 | 97 Produktion 1000| 1600|2400|3600|4700 Fahrräder Quelle: Heinz Fingerhut, www.velo−classic.de | velopedia.online Historische Fahrraeder e.V. Bau von Dreirädern aller Art begann. stand zur Verfügung. Beide wurden Diese Fahrzeuge waren für den Trans- von zwei Cornwallkesseln mit zusammen port leichter Güter sehr gefragt und 250 m? Heizfläche gespeist. Die Kraft- es gab die verschiedensten Modelle bis übertragung erfolgte elektrisch durch zu einer Personendroschke - einer GruppenantrieJbed.e einzelne Maschi- Art „Rischka“ - und als Spezialität wur- nengruppe konnte durch Elektromotore den auch Fahrräder zum Invaliden- ein- und ausgeschaltet werden. Außer- und Krankentransport gebaut. dem waren Akkumulatorenbatterien vor- handen, die z.B. bei Überstunden Aber auch branchenfremde Artikel einzelner Abteilungen ohne Mithilfe der wurden aufgenommen, denn es ging Dampfmaschinen den Betrieb aufrecht darum, Arbeit zu schaffen. Leider erhalten konnten. Übrigens, das ganze existiert keine vollständige Zusammen- Fabrikterrain umfaßte im Jahr 1908 stellung der Hercules-Zusatzartikel, insgesamt 17 670 m’, wovon 7 345 m’ denn in den Bombennächten ist das bebaut waren. Hercules-Archiv genauso wie das kleine Werksmuseum vollkommen aus- gebrannt. Aus Überlieferungen wissen wir aber, daß z.B. 1902 sogenannte Stau- Das erste ferbüchsen gefertigt wurden. 1904 kamen Hängelager für Riemenantriebe

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