SEHEN STATT HÖREN

...12. November 2011 1533. Sendung

In dieser Sendung: Martin Zierold – erster gehörloser Politiker in Deutschland Reportage aus -Mitte

Gehörloser Abgeordneter

Präsentation Anke Klingemann: Hallo, herzlich willkommen bei Sehen statt Hören! Heute steigen wir voll ein in die Politik. Im Mo- ment sind ja viele Bücher von Politikern auf dem Markt, von denen auch einige Bestseller sind. Das Buch, das ich hier vor mir habe, wurde von einer Politikerin geschrieben, die allerdings noch nicht so bekannt ist wie die anderen: Es ist Helene Jarmer, Abgeordnete des Österreichischen Parla- ments und eine der wenigen gehörlosen Politiker in Europa! (Buch groß: „Schreien nützt nichts“) Ein lesenswertes Buch, in dem Frau Jarmer auch ihren Weg beschreibt, wie sie in die Politik ge- kommen ist. In dieser Sendung steht aber nicht sie im Mittelpunkt, sondern ein junger deutscher Politiker. Er hat noch kein Buch geschrieben. Aber er ist der erste Gehörlose, der bisher bei uns in ein politisches Amt gewählt wurde! Alles Weitere erfahren wir jetzt von Thomas Zander aus Ber- lin…

Martin Zierold geht mit Dolmetscher zur Martin bei Abstimmung BVV im Rathaus Berlin-Mitte: (Stimme im OFF:) Eindeutig die Mehrheit. Hallo. – Hallo! Schön, dich zu sehen. Geht’s Thorsten Reschke / CDU- dir gut? Fraktionsvorsitzender BVV-Mitte: Ich hab Ja, danke. – Und, aufgeregt? ihn bisher jetzt noch nicht kennenlernen kön- Das bin ich. – Das ist normal. nen, freue mich aber sehr, halte das für einen Zur BVV müssen wir in den 1. Stock, dann großen Vorteil. Es ist jetzt tatsächlich für alle, nach rechts und immer gerade aus. bei jeder Sitzung, wo Herr Zierold mit dabei – Okay, dann lass uns reingehen. ist, immer dieses Thema auch präsent. Man Begrüßung im Fraktionsbüro Bündnis 90/Die kann immer sehr schön an einem Arbeitstisch Grünen, Jutta Schauer-Oldenburg gebärdet davon reden, man kann Drucksachen schrei- Herzlich willkommen! (Zu einem Nebenste- ben, jetzt hat man jemand, der tatsächlich henden:) Das bringt er uns bei. andauernd damit ankommt. Und andauernd Martin nimmt im BVV-Saal seinen Platz ein muss man darauf auch reagieren. Und das ist Moderation Thomas Zander: Die Parlamen- sehr schön, das erhöht den Druck auf alle, te, die wir kennen, sind meistens groß, so wie und das kann nur helfen. der Bundestag. Dieses hier ist kleiner – es ist Martin unterhält sich mit Kollegin: Es ist das Stadtparlament von Berlin-Mitte. Genauer komisch, hier als einziger Gehörloser zu sit- gesagt nennt es sich: Bezirksverordneten- zen. Bisher bin ich immer die Sitzungen mit Versammlung (BVV), und die Abgeordneten Gehörlosen gewöhnt, aber hier ist es voll- heißen hier: Bezirksverordnete. Es ist der 27. kommen anders. Oktober 2011. Ein wichtiger Termin für alle Konstituierende Sitzung der Bezirksverordne- hier. Aber für einen der Verordneten ist es ein tenversammlung Mitte von Berlin besonders großer Tag. Er hält heute hier Ein- Rede von Jutta Schauer-Oldenburg, Al- zug als frisch gewählter Kommunalpolitiker terspräsidentin der BVV Mitte, Martin und ist damit der erste gehörlose Politiker in Zierold schaut auf Dolmetscher: „Wir benö- Deutschland: Martin Zierold! tigen eine gerechte Finanzierungsdebatte, eine ressortübergreifende Schwerpunktset- Wie er zur Politik gekommen ist, interessiert zung durch das Bezirksamt. Und Bürgerbetei- mich. Und auch, wie er in der Partei wahrge- ligungen bieten vielfältige Chancen für eine nommen wird und wie er dort auch ankommt zukunftsfähige kommunale Entwicklung. Des- und wie er integriert ist in die Partei, bezie- halb muss der Bürger verstärkt in eine kon- hungsweise generell, wie Gehörlose in die krete politische Gestaltung seiner Umwelt mit Politik integriert sein können. einbezogen werden. Er hat ein Recht auf poli- Fotoshooting tische Mitgestaltung und Mitsprache bei The- Silke Gebel (Bündnis 90/Die Grünen, Di- men, die er global oder lokal für wichtig hält. rektkandidatin Berlin-Mitte): Für mich geht Unser Gemeinwesen bedarf einer bürger- es darum: Wenn ich Wirtschaftspolitik mache, schaftlich gestärkten Demokratie.“ dann schaue ich darauf, was die ökologische Thomas: Wie hat es Martin auf diesen Platz Komponente ist, ich schaue, was die sozialen hier geschafft? Ich habe ihn schon einige Wo- Bedingungen sind, und ich schau halt auch, chen vorher getroffen und ihn beim Wahl- dass man verschiedene Menschen mit einbe- kampf begleitet, als noch niemand wusste, ob zieht und ihnen da eben ermöglicht, dran teil- er wirklich gewählt wird, weil ich sehen wollte, zunehmen am Berufsleben. Und das sind wie sein politischer Weg begonnen hat. dann Menschen, die gehörlos sind, das sind Wahlkampf in Berlin, Plakate / Straßenwahl- Menschen, die im Rollstuhl sind, dass sind kampf der Grünen in Berlin-Mitte, September Menschen, die alleinerziehende Mütter sind… 2011, Martin räumt auf E-Mobil kommt, Stand wird aufgebaut Martin Zierold geht in die Geschäftsstelle Martin Zierold: Die Grünen in der BVV haben Bündnis 90/Die Grünen Berlin-Mitte und ar- heute per Mail dazu aufgerufen, in der letzten beitet an seinem Schreibtisch heißen Phase des Wahlkampfes noch einmal Martin: Ich bin in einem kleinen Dorf auf ei- alles zu mobilisieren, also Flyer zu verteilen, nem Bauernhof aufgewachsen. Meine Eltern bei Bewohnern zu klingeln, hier am Infostand und Großeltern haben damals schon bei der zu sein und bei Podiumsdiskussionen vertre- Ernährung auf Biosachen geachtet. Sie haben ten zu sein. Die Aufgaben werden aufgeteilt. Gemüse nicht irgendwo eingekauft, sondern Heute bin ich hier, um auf der Straße Leute alles im eigenen Garten angepflanzt. Sie ha- anzusprechen. ben immer davon gesprochen, dass sie die Martin verteilt Prospekte / Martin gibt Inter- Lebensmittel nicht woanders einkaufen müs- view für Reporterin der SZ / Jetzt sen, sondern alles selbst anbauen können. Martin: Alleine geht das nicht. Ich brauche an Ich habe auch gemerkt, dass die Sachen aus meiner Seite einen Dolmetscher. Ich bin mehr dem eigenen Garten viel besser schmecken. oder weniger immer in einem Team. Das wird Da habe ich schon ein Bewusstsein für Öko- bis ins hohe Alter so sein. Der Dolmetscher logie bekommen, dass man sich für die Pflan- bildet die Brücke zwischen Hörenden und zen und die Natur einsetzen muss und dann Gehörlosen, weil er so die Kommunikation auch etwas zurückbekommt. Ökologie ist ein vermitteln kann. wichtiger Bestandteil im Programm der Grü- Reporterin der SZ interviewt Martin: Und nen. Deshalb gab es für mich schon einen wo dozierst du? Was machst du beruflich? Anknüpfungspunkt. Martin: Ich bin sozialpädagogischer Assis- Internetseiten / Martin Zierold tent, also so eine Art Jugendbetreuer. Im Ge- Martin: Das ist Alessa, durch sie bin ich mit hörlosenzentrum gibt es viele verschiedene den Grünen in Kontakt gekommen. Im Pro- Bereiche. Der, bei dem ich arbeite, heißt gramm der Grünen ist der Begriff „Bildung“ „Sinneswandel“. Ich war im Raum Berlin bis- sehr klar erklärt, dass zum Beispiel Bildung her der einzige Gehörlose bei den Grünen. für ALLE sein soll. Alessa hat mir immer wie- Vor kurzem sind noch drei dazu gekommen. der davon erzählt, dass dieses Recht auf Bil- In gibt es aber mehr. Ich bin froh, dung für Jugendliche oder Kinder selbstver- wenn wir mehr sind, weil wir Gehörlose uns ständlich ist. Aber für Gehörlose sieht die dadurch besser austauschen können. Praxis vollkommen anders aus. Das war der Anne Fromm (Reporterin Süddeutsche Zei- Moment, wo ich mich zu den Grünen hinge- tung): Mir geht es darum, wie er arbeitet, was zogen gefühlt habe. genau er macht, wofür er sich einsetzen will. Internetseite: Wahlprogramm „10 für Berlin“ in schafts- und Bildungsentwicklung braucht. Ich Gebärdensprache würde mal sagen: Eine Vision für Berlin! „Ein solidarisches Berlin, in dem keine und Zuschauer applaudieren keiner zurückbleibt. Wir nehmen nicht hin, Rotes Rathaus mit Berliner Fernsehturm, Ber- dass Menschen an den Rand gedrängt wer- liner Fahne flattert den.“ Thomas vor dem Roten Rathaus: Bei der Martin über seine politischen Ziele: Für Wahl in Berlin am 18. September wurde es mich sind vor allem drei Ziele wichtig. Im dann richtig spannend. Schafft es Renate Schulbereich gibt es die Gehörlosenschulen. Künast, Regierende Bürgermeisterin von Ber- Darüber hinaus sollen die Gehörlosen aber lin zu werden? Und schafft es unser Martin auch die Möglichkeit haben, Regelschulen zu Zierold, als Kandidat auf dem Listenplatz 14 besuchen. Dafür müssen zusätzlich Dolmet- zum Bezirksverordneten der Grünen in Berlin- scher und Sozialpädagogen bereitstehen. Mitte gewählt zu werden? Zweitens: Behörden müssen durch eigenes Martin mit seinen Eltern auf dem Weg zum gebärdensprachkompetentes Personal oder Wahllokal / Martin holt Wahlunterlagen ab und durch Dolmetscher die Kommunikation für geht zum Wählen in die Kabine / Martin er- gehörlose Bürger sicherstellen. Drittens sollen klärt Stimmzettel und zeigt die Berlinkarte im Kiezbereich, also im persönlichen Woh- Martin: Es gibt die Bezirks- und die Landes- numfeld, Gehörlose auch bürgerliche Teilha- liste, und dann die Liste mit den Direktkandi- be erfahren, mitdiskutieren können. Dafür daten. Man kann drei Kreuze machen: Einmal brauchen wir Barrierefreiheit. für einen Direktkandidaten, dann auf der Lan- Freitag 16. September 2011: Martin kommt desliste (das ist die Zweitstimme), und für den mit Fahrrad zur Wahlkundgebung auf dem Bezirksverordneten. Das ist die Karte von Winterfeldplatz in Berlin-Kreuzberg / Martin Berlin. Ich wohne hier im Bezirk Mitte. Dort mit GSD-Dolmetscher Daniel Meixner bin ich bei den Grünen in der BVV auf Listen- und Winfried Kretschmann platz 14. Martin über letzten Wahlkampftag: Heute Passkontrolle / Martin zur Wahlurne findet der Abschluss lange und sehr intensive Martin (zu seinen Eltern:) Daumen drücken! Wahlkampf seinen Anschluss. Morgen gibt es Martins Eltern: Viel Erfolg! Viel Glück! keine Veranstaltungen mehr und wir können Martin steckt Stimmzettel in die Wahlurne: uns ausruhen. Am Sonntag ist dann die Wahl. Vielen Dank. Danke. Wiedersehen! Bei der heutigen Abschlusskundgebung sol- Martin mit seinen Eltern am Ausgang: Es len alle noch mal ein bisschen Energie be- fühlt sich komisch an, nach diesem langen kommen. Wahlkampf, meine eigene Stimme abgege- Renate Künast, Winfried Kretschmann, Vol- ben zu haben. Jetzt ist alles vorbei. Heute ker Beck und Jürgen Trittin applaudieren Abend wird es sehr spannend. Das war für Claudia Roth, Bundesvorsitzende Bündnis mich meine erste Wahl in Berlin. Vorher habe 90/Die Grünen bei Wahlkampfrede mit GSD ich in Sachsen gelebt, wo meine Eltern heute D. Meixner: Ganz viele sind überhaupt noch noch wohnen. nicht sicher, ob sie zum Wählen gehen wol- Festsaal Kreuzberg (Skalitzer Straße 130) len, wen sie wählen, und deswegen haben wir Wahlparty von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN jetzt noch zwei Tage und zwei Nächte vor am 18. September 2011 / Martin mit Kerstin uns, zu mobilisieren, zu politisieren und dieser Reiner-Berthold/ Deutsche Gehörlosen Zei- Weichspülerei eines Herrn Wowereit was ent- tung gegen zu setzen, liebe Freundinnen und Wolfgang Reiner, Geschäftsführer Deut- Freunde! sche Gehörlosenzeitung: Das ist ein No- Martin und Publikum schauen zu vum, das erste Mal ist ein Gehörloser dabei. Renate Künast´s Wahlkampfrede mit GSD Ich hoffe, Martin schafft es. Dann könnten es Daniel Meixner: Und wir haben viel vor. Wir ihm auch andere Gehörlose nachmachen. haben nämlich vor, dass es endlich in diesem Martin tippt bei Facebook Land mal um die Zukunft der Berlinerinnen Martins Vater, Stefan Zierold: Es wird be- und Berliner geht. Winfried hat dazu ein paar stimmt sehr knapp. Vorhin gab es die zweite Sachen gesagt, dass man dann auch Wirt- Prognose, wo man auch Martins Bezirk sehen konnte. Ich denke, es wird eine knappe Ent- scheidung. Wenn die Grünen in Mitte 23 Pro- hat es nicht geklappt. Jetzt sind die Grünen in zent erzielen, dann kommt Martin als Abge- der Opposition. In Berlin-Mitte sah das schon ordneter rein. anders aus: Dort haben es die Grünen auf 24 Martins Mutter, Sabine Zierold: Ich glaube % geschafft. Für Martin Zierold bedeutet das: nicht. Vielleicht wird es ganz knapp reichen. Er ist in das Kommunalparlament gekommen! Ich hoffe natürlich, dass es klappt. Mal sehen, Wie geht’s jetzt weiter? ob die Grünen in Mitte noch mehr als 12 Sitze Fraktionssitzung Bündnis 90/Die Grünen, bekommen. Rathaus Berlin-Mitte, am 27.10.2011 Partygäste schauen auf die Großleinwand Jutta Schauer-Oldenburg, Martin + Gebär- Kurz vor der Wahlprognose um 18 Uhr densprachdolmetscher: Ich muss dann ab- Alle zählen: Sieben, sechs, fünf, vier, drei, stimmen lassen. Nach der zur Zeit noch gel- zwei, eins – null!!! tenden und später zu beschließenden Ge- Wahlprognose auf der Leinwand schäftsordnung muss ich abstimmen lassen. SPD: 29,5 %, CDU: 23,5 %, Grüne: 18,0 % Dann muss Jenny und der Herr Freitag na- Jubel auf der Wahlparty mentlich aufrufen, dann muss ich die Be- ARD-Moderator im Saal und Live auf der schlussfähigkeit feststellen und dass die BVV Leinwand: „Große Begeisterung, als das Er- sich in Mitte konstituiert hat. gebnis bei den Grünen bekannt gegeben Martin´s Frage: Die Frage ist, was machen wurde: 18 %, das ist das beste Ergebnis, das die Besucher? Die müssen ja dann erst vor- sie jemals hatten hier in Berlin…“ bei. Und wenn es voll ist, ist natürlich die Fra- Renate Künast kommt und umarmt Martin: ge, ob man die Tür offen lassen kann, damit Aah, Martin!!! sie auch reinschauen können… Martin über das Wahlergebnis: Das Ergeb- Antwort eines anderen Verordneten: …da nis entspricht den Umfragewerten, die wir müssen wir die SPD fragen, ob sie etwas da- vorher hatten; also die 18 Prozent. Soweit das gegen hat, dass die Tür offen bleibt für die Ergebnis für Gesamt-Berlin. Die Zahlen für Öffentlichkeit, die draußen wartet. meinen Bezirk sind noch nicht bekannt. So Martin Zierold geht mit Danny Canal zum gegen halb zehn, zehn kommen dann die Er- Kongress gebnisse. Mal schauen, was rauskommt. Es Gelsenkirchen, 8. Oktober 2011 wird auf jeden Fall spannend. Danny und Martin kommen rein zu Lutz Pep- Renate Künast auf der Bühne ping Martin und Alessa Berkenkamp: Ich hab Treffen des „AK SIGN“ auf dem Bundeskon- sehr viel gekämpft. Ich hab Wahlkampf ge- gress der Grünen Jugend macht im Wedding, hab da einen Direkt- Thomas´ Frage über AK SIGN: Was sind so Wahlkreis, hab da einen Dreistimmen- die Aufgaben eures „AK SIGN“? Wahlkampf gemacht, damit Martin und ich Danny Canal, Hamburg: Unser Ziel ist es, reinkommen, und ich bin da sehr sehr guter bei politischen Aktivitäten endlich involviert zu Dinge. sein. Das war bisher nicht so. Wir wollen uns Vorläufiges Wahlergebnis BVV Berlin-Mitte mehr Gehör verschaffen. Zudem fordern wir, auf Leinwand Bündnis 90/Die Grünen: 23,7 % dass mehr Dolmetscher eingesetzt werden Martin applaudiert, weint Freudentränen und dass Barrierefreiheit für Gehörlose ge- Silke Gebel über Martin´s Einzug ins BVV: schaffen wird. Es geht also um Teilhabe und Also, ich bin froh, dass der Wahlkampf vorbei Inklusion. Wir wollen auch den Bundesvor- ist, aber ich finde, wir haben ein total super stand mehr darüber informieren, was wir Ge- Ergebnis in Mitte bekommen, und ich bin total hörlose brauchen. Das sind unsere Ziele, die froh, dass Martin drin ist, finde das total cool, wir uns vorgenommen haben. ich freu mich da total drüber! Und ich glaube, Martin Zierold: Der AK Sign hat sich auch wir werden hier gleich noch total krass feiern! überlegt, dass zum Bundeskongress, der Thomas am Roten Rathaus: Ja, die Grünen zweimal im Jahr – meistens im Mai und Okto- haben kräftig dazu gewonnen und sich auf ber – stattfindet, auch Dolmetscher dabei 17,6 % gesteigert. Aber für Renate Künast hat sind. Nur so können wir auch gemeinsam mit es dann doch nicht gereicht, um Regierende den hörenden Abgeordneten kommunizieren. Bürgermeisterin zu werden. Und auch mit der Bisher gab es dafür auch Zuschüsse, doch Koalition zwischen der SPD und den Grünen seit geraumer Zeit sind immer mehr Gehörlo- se in den verschiedenen Bereichen wie Öko- Herausforderung nicht scheuen. Und ich finde logie, Wirtschaft oder Recht aktiv und brau- es auch unheimlich gut, dass die BVV in Mitte chen dafür Dolmetscher. So haben wir uns jetzt hier das Instrument des Gebärdendol- überlegt, dass wir die im Haushalt dafür be- metschers einsetzt, um dafür Sorge zu tra- reitgestellten Mittel erhöhen wollen. Darüber gen, dass alle Dialoge in dieser BVV auch bei machen wir uns im Moment Gedanken, wie dem gehörlosen Kollegen ankommen, so wir das gestalten können. dass er mitmachen kann und jederzeit weiß, Thomas: Die Wahl von Martin in die BVV und worum es geht. damit zum ersten gehörlosen Politiker , Fraktionssprecherin Mitte, Deutschlands – hat die auch Auswirkungen Bündnis 90/Die Grünen: Bislang hat unsere auf den AK Sign und auf Bundesebene? Fraktion da sehr willkommen heißend darauf Lutz Pepping´s: Auf jeden Fall hat das auf reagiert. Aber wir machen noch Fehler. Ich Bundesebene Auswirkungen. Für uns ist das habe bei der ersten Fraktionssitzung, die ich der Beweis, dass der AK SIGN und die per- geleitet habe, übersehen, dass nach andert- sönlichen Mitgliedschaft als Sprungbrett für halb Stunden die Dolmetscher eine Pause die Kommunalpolitik, für die Bundes- oder für brauchen. Aber das sind kleinere Schwierig- die Landespolitik genutzt werden können. keiten am Anfang. Das kriegen wir hin! Durch den Arbeitskreis kann man gute Kon- Martin, Bezirksverordneter, Bündnis 90 / takte knüpfen und Netzwerke nutzen. So fin- Die Grünen: Wir haben bei unserer Frakti- det man vielleicht auch seinen eigenen politi- onsklausur am letzten Wochenende darüber schen Schwerpunkt. Wir sind über Martins diskutiert und ich werde in drei Fachaus- Erfolg sehr froh, so haben wir es uns vorge- schüssen vertreten sein. Der erste Ausschuss stellt. beschäftigt sich mit dem Bereich Schule. Da Rathaus Berlin-Mitte, 27. Oktober. 2011 geht es also um Bildung, Inklusion und Migra- Konstituierende Sitzung der Bezirksverordne- tion. Der zweite Ausschuss ist Bürgerbeteili- ten-Versammlung gung und Transparenz, wo ich mit der Pira- Ernennung von Herrn Ulrich Davids zum Be- tenpartei zusammenarbeiten werde. zirksstadtrat für Jugend, Schule, Sport Fotoshooting mit Fraktionsgruppe Bündnis 90/ Im Namen des Senats von Berlin ernenne ich Die Grünen unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Martin weiter: Der dritte ist der Jugendhil- Zeit für die Dauer vom 27. Oktober 2011 bis feausschuss. Durch meine bisherige Arbeit im zum 31. Mai 2016… Jugendverein und als Jugendbetreuer ist mir Urkundenüberreichung an Ulrich Davids der Bereich sehr vertraut. Der Fokus ist mehr Alles Gute, ich wünsche Ihnen viel Erfolg! auf die Jugendämter gesetzt. Es geht aber Gratulationen an Ulrich Davids auch um die Zusammenarbeit zwischen Ju- Martin gratuliert Ulrich Davids: Super! Auf gendvereinen und Schule. Da ist es von Vor- gute Zusammenarbeit! teil, dass ich in beiden Ausschüssen vertreten Ulrich Davids, Bezirksstadtrat, SPD: Es war bin. für mich auch mal ein Lernprozess, jemanden Gruppenbild der Fraktion mit Martin im Vor- anzugucken, wenn jemand anders spricht, dergrund wie jetzt auch. Das ist für mich auch ein neu- es Lernfeld, aber ich glaube, ich werde das Eine Reportage von Thomas Zander schaffen. Ich weiß auch, dass Herr Zierold Kamera Thomas Mayer, mich unterstützen wird und möchte auch eine Markus Schmidt, Zusammenarbeit mit Herrn Zierold anstreben, Thomas Henkel, zumal die Behindertenbeauftragte des Bezirks Dany Hunger Mitte dies auch schon zugesagt hat, und ich Schnitt Kirsten Liesenborghs glaube, wir werden eng zusammenarbeiten. Dolmetscher Daniel Meixner, Frank Henkel, Spitzenkandidat für Berlin, Janine Rieger, CDU: Ich glaube, dass, wenn man gehörlos Rita Wangemann, ist, dass das eine besondere Herausforde- Holger Ruppert rung ist, sich der politischen kommunalen Ar- beit zu stellen. Und insofern bin ich stark be- www.martin-zierold.de eindruckt, dass es Menschen gibt, die diese Moderation Anke Klingemann: Die politische Arbeit, die für Martin Zierold jetzt begonnen hat, stelle ich mir einerseits recht schwie- rig, aber andererseits auch ziemlich spannend vor. Er muss für die Ziele seiner Partei arbeiten, und er muss gleichzeitig – wie z. B. bei der Barrierefreiheit – mit anderen zusammenarbeiten und Ver- besserungen für alle Menschen verwirklichen, auch für die, die ihn nicht gewählt haben. Dafür wünschen wir ihm alles Gute! Ab dem nächsten Wochenende sehen Sie bei uns drei Sendungen, die sich mit der Kunst der Gebärdensprach-Poesie beschäftigen: Eine zweiteilige Dokumentation aus den USA über junge Gehörlose, die mit großer Begeisterung bei einem Workshop für ASL- Poetry mitmachen, und danach das Porträt des deutschen Poesie-Künstlers Jürgen Endress, der ebenfalls versucht, als „Dichter in Gebärdensprache“ neue Ausdrucksformen zu finden. Tschüss – bis nächste Woche!

Manuskripte können auf Wunsch zugemailt oder –gefaxt werden.

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Redaktion: Gerhard Schatzdorfer, Bayer. Rundfunk, ! BR 2011 in Co-Produktion mit WDR Herausgeber: Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten – Selbsthilfe und Fachverbände e. V. Hollesenstr. 14, 24768 Rendsburg, Tel.: 04331/589750, Fax: 04331-589751 Einzel-Exemplar: 1,46 Euro