Jahresbericht 1987-1996
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Das Archiv für Zeitgeschichte (AfZ) hat als Forschungs- und Doku- EIDGENÖSSISCHE TECHNISCHE HOCHSCHULE ZÜRICH mentationsstelle des Instituts für Geschichte der ETH Zürich auch im Berichtsjahr sowohl bei seinen Dienstleistungen wie auch im Bereich Institut für Geschichte der Quellensicherung den seit Anfang der achtziger Jahre in- Archiv für Zeitgeschichte tensivierten Ausbau fortsetzen können. Insgesamt verfügt nun das Ar- ETH Zentrum chiv über eine breite Dokumentationsbasis zur neuesten, insbesondere 8092 Zürich zur schweizerischen Zeitgeschichte, deren Umfang wie inhaltliche Vielfalt die Anwendung moderner Erschliessungstechniken auch für unser Archiv unabdingbar macht. Im Berichtsjahr wurden erste Schritte zur Anwendung der EDV im AfZ eingeleitet. Bis die damit verbun- denen erheblichen Vorteile einer zentralen Quellenerschliessung mit- JAHRESBERICHT 1987 tels EDV voll genutzt werden können, erfordert diese zusätzliche Auf- gabe einen Mehraufwand, der in den nächsten Jahren einen be- trächtlichen Teil unserer Arbeitskapazitäten beanspruchen wird. Ueber DES die einzelnen Abteilungen des Archives ist für 1987 wie folgt zu berich- ten: PRIVATNACHLASSE / SCHENKUNGEN ARCHIVS FÜR ZEITGESCHICHTE Unter den kleineren und grösseren Schenkungen, die das AfZ 1987 er- halten hat, ist ein Quellenbestand seiner internationalen Bedeutung wegen besonders hervorzuheben: der Nachlass von Avner W. Less. Avner W. Less (1916-1987) ist als jener israelische Polizeioffizier be- kannt geworden, der Ende Mai 1960 bis Anfang 1961 im Auftrag des Zürich, März 1988 Generalstaatsanwalts des Staates Israel Adolf Eichmann, den berüch- tigten Leiter des Referates IV B 4 RSHA ("Juden- und Räu- mungsangelegenheiten"), verhört hat. Diese Einvernahmen, die Less mit Eichmann alleine und in deutscher Sprache durchgeführt hat, dau- erten insgesamt 275 Stunden; die Niederschriften füllen sechs Bande von insgesamt 3564 Seiten. Zusammen mit den übrigen Unterlagen zum Eichmann-Prozess enthält der Nachlass eine in dieser umfassen- den Weise äusserst wertvolle wie in ihrem Inhalt bewegende Dokumen- tation zur Verfolgung und Vernichtung der Juden in sämtlichen vom Dritten Reich beherrschten Ländern. Die Archivierung dieses Bestan- des ist noch nicht ganz abgeschlossen und setzt sich wie folgt zusam- dem bis jetzt offen bleibt, ob wichtige Teile endgültig verloren oder men: doch noch beizubringen sind. Folgenden Donatoren danken wir für ihre Schenkungen im Berichtsjahr: - Dokumentensammlung zur Judenvernichtung (vervielfältigte Um- drucke), zusammengetragen vom 6. Bureau der israelischen Polizei aus Frau L. Bodmer; Dr.h.c. Willy Bretscher, a. Chefredaktor NZZ; Dr. allen einschlägigen Archiven der Welt; Alfred Cattani; Divisionär Gustav Däniker; Theodor Dietzi; Albert - Protokolle des Verhörs von Adolf Eichmann, 29. Mai 1960 - 16. Ja- Frei; Dr.Dr.h.c. Christian Gasser; Dr. Beat Glaus; Alexander nuar 1961, 6 Bde., 3564 S., mit zusätzlichen Unterlagen; Grossman; Dr. Daniel Heller; Melitta Hieber; Jean Hugli; Dr. Kurt - Protokolle zum Eichmann-Prozess (unvollständig); Urteil des Be- Humbel; a. Nationalrat Dr. Erwin Jaeckle; a. Botschafter Dr. Hans zirksgerichts Jerusalem sowie Protokolle der Berufungsverhandlung vor Keller; Prof. Dr.med. Huldrych Koelbing; Alon Less; Gertrud Lutz; Dr. dem Obersten Gericht März-Mai 1962; Hans Joachim Meyer-Marsilius; Prof.Dr.med. Carl Müller; Dr. Beat - Unterlagen zu Buchpublikationen, an denen Avner W. Less mitge- Näf; René Nordmann; Botschafter Remo Paolini; a. Botschafter Dr. wirkt hat (z.B. "Eichmann par Eichmann", Paris, 1970; "Das Eichmann- Fritz Real; Annemarie Reinhart-Born; a. Botschafter Dr. Paul Rueg- Protokoll", Berlin, 1982; "Schuldig. Das Urteil gegen Adolf Eichmann", ger; Christian Salvisberg; Dr. Cécile Schenk; Dr. Christian Schmid; Dr. Frankfurt a.M., 1987); Materialen zur Eichmann-Thematik in Presse, Jenny Schneider; Prof. Dr. Albert Schoop; Schweizerisches Sozi- Theater, Radio und Fernsehen. alarchiv, Zürich; Dr. Hans R. Suter; Dr.Dr.h.c. Victor Umbricht; Olga Weber; a. Divisionär Kurt Werner; Wissenschaftshistorische Sammlun- Seit seinem Ausscheiden aus dem Regierungsdienst Anfang 1968 lebte gen ETHZ; Dipl.Ing. Otto Zaugg; Zentralbibliothek Zürich; Prof. Dr. Avner W. Less in der Schweiz. Er starb am 7. Januar 1987 in Zürich. Heinrich Zollinger. Sein Nachlass war akut gefährdet und konnte, nachdem das AfZ darauf aufmerksam gemacht worden war, dank des Verständnisses der Nach- ERSCHLOSSENE QUELLENBESTÄNDE kommen intakt erhalten bleiben. Zusammen mit den vom Schweizeri- schen Israelitischen Gemeindebund überlassenen Unterlagen aus dem Bei zwei umfangreichen Privatbeständen worde die definitive Archi- Nachlass von Dr. Benjamin Sagalowitz insbesondere zu den Nürnberger vierung abgeschlossen. Dank der mit grosser Sorgfalt und Sachkunde Kriegsverbrecherprozessen liegt nun auch in der Schweiz eine einge- geleisteten Erschliessungsarbeit von Frau Dr. Marie-Claire Däniker hende Dokumentation über die vom Dritten Reich betriebene liegt nun als Ergebnis ein detailliertes Nachlassverzeichnis zum Presse- Judenvernichtungspolitik zur Benutzung bereit. Dass hier das syste- archiv von Max Nef (1899 - 1982) mit einem Umfang von 177 Seiten matische Genozid bis ins Einzelne auf Grund von Primärzeugnissen vor. Max Nef, der Verfasser des bekannten Berichtes des Bundesrates belegt wird, ist angesichts verschiedener Verdrängungs- und Relativie- an die Bundesversammlung über die schweizerische Pressepolitik 1939 - rungstendenzen trotz einer immensen Sekundärliteratur in seiner Be- 1945, nahm bis 1969 im Rahmen der schweizerischen und internatio- deutung kaum zu überschätzen. nalen Presseorganisationen zentrale, zum Teil präsidierende Funktio- Auf weitere wertvolle Schenkungen wird zurückzukommen sein, nach- nen wahr. Er hatte sich als Arbeitsdokumentation ein eigentliches, al- dem mit den ersten Ordnungarbeiten begonnen werden konnte. Dazu lerdings kaum geordnetes Archiv zu allen Fragen der Pressepolitik an- gehört der Nachlass des Berner Nationalrates und Grossrats Fritz Big- gelegt - ein Bereich, der in den an der Akutalität orientierten Re- ler (1899 - 1983) mit informativen Materialien zur Bauernheimat- daktions- und Verbandsarchiven, so weit uns bekannt, für weiter zu- bewegung - ein Bestand, der sich bereits in Auflösung befand und bei rückliegende Jahre überraschend dürftig dokumentiert ist. Um so wert- voller sind Nefs Dokumentationen zur Tätigkeit der Gemischten Pres- des Basler AZ-Redaktors Werner Hungerbühler. Auf deren Bedeu- sepolitischen Kommission des Vereins der Schweizer Presse und des tung ist bereits in früheren Jahresberichten hingewiesen worden. Schweizerischen Zeitungsverlegerverbandes, deren Arbeit von 1946 bis 1969 chronologisch nach den einzelnen behandelten Traktanden aufge- MIKROFILME zeigt wird. Nef war als erster Schweizer von 1960 - 1964 Zentral- präsident der "Fédération Internationale des Journalistes", und es Zusammen mit dem für dieses Projekt wegleitenden Centre d'Etudes kennzeichnet auch den informativen Charakter seiner Bestände, dass sur les Relations franco-suisses, Neuchâtel, und dem Schweizerischen sie zu den einzelnen Fragestellungen Vergleiche über die nationale Per- Bundesarchiv, Bern, konnten wir uns an der Verfilmung von Beständen spektive hinaus ermöglichen. Wer sich mit Themen der Pressepolitik, im Archiv des französischen Aussenministeriums in Paris beteiligen. der Presseförderung, der Informationsfreiheit, mit Urheberrechtsfragen, Unser Mitarbeiter Herr lic.phil. Theo Stich hat im Frühjahr 1987 in Pa- und anderen einschlägigen Aspekten befasst, wird hierzu im Nachlass ris einen grossen Teil der Akten zu den französisch-schweizerischen Nef ein reichhaltiges Quellenmaterial finden. Beziehungen der Jahre 1918-1940 und 1944-1955 auf 16mm-Film aufge- Ebenso konnte der Teilbestand Dr.med. Eugen Bircher (1882 - 1956), nommen. Entsprechend der mit Herrn Prof. Dr. Philippe Henry und der der ETHZ vor Jahren geschenkt und nun durch unser Archiv ge- mit Herrn Direktor Dr.Oscar Gauye getroffenen Uebereinkunft verfü- ordnet worden ist, nach Vorarbeiten dank der Mithilfe von Herrn Dr. gen wir nun auch im AfZ über folgende verfilmte Bestände, die für die Daniel Heller vollständig erschlossen werden. Bircher selbst hatte die Schweiz von Interesse sind: Aufteilung seiner Bestände veranlasst; die auch nach Umfang gewich- tigsten Teile befinden sich in der Kantonsbibliothek Solothurn sowie im Série "Guerre 1914 - 1918": vol. 792-844 AfZ, weitere Materialien haben das Schweizerische Bundesarchiv in Série "Guerre 1939 -1945": vol. 279 Bern, das Staatsarchiv des Kanton Aargau sowie die Wissen- Série "Vichy Europe": vol. 730 - 771; 773 - 782; 784 - 787; 791 - 798. schaftshistorischen Sammlungen der ETHZ erhalten. Der im AfZ er- Aus der ''Direction des Affaires politiques et commerciales", Abteilung schlossene Teilbestand enthält Materialien zu den Bereichen Medizin, Europe, entstammen folgende umfangreiche Dossiers zur Schweiz: Politik, Militär, insbesondere zur umstrittenen Ostfrontmission, sowie Série "Z": Europe/Suisse: 1918-1929; 1930-1940; 1944-1949; 1949-1955. zur publizistischen Tätigkeit Birchers. Soweit möglich waren wir be- müht, den Gesamtnachlass wenigstens durch ergänzende Findmittel zu Glücklicherweise haben die Dossiers zur Schweiz durch den Krieg nicht rekonstruieren. derartige Schäden erlitten wie sie bei anderen Länderserien festzustel- Auch der nach Umfang kleine Nachlass des verstorbenen a. Botschaf- len sind. ters Dr. Max Grässli, die Schenkung von a.Botschafter Pierre Micheli, Im italienischen