Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg e. V. – KZ-Gedenkstätte – Mitteilungen Heft 55 / November 2011

Archive – Speicher der Erinnerung

Neue Herausforderungen für NS-Archive

Grünes Licht für Modellprojekt am DZOK

Das Erbe der Zeitzeugen sichern

Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte · So., 13. November 2011 · 11 Uhr Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte Vorwort für den Widerstand von 1933 bis 1945 und die Opfer der Liebe Leserinnen und Leser, nationalsozialistischen Gewaltherrschaft das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg steht Sonntag, 13. November 2011, 11 Uhr in den kommenden Jahren vor großen Aufgaben und hat ein ehrgeiziges Programm entwickelt, um diesen Konzentrationslager produktiv zu begegnen. Eine zentrale Herausforderung, im Gespräch von Wehrmachtsoldaten die uns (gemeinsam mit vielen anderen Gedenkstätten) abgehört in amerikanischer umtreibt, liegt darin, das materielle Erbe der Zeitzeugen Kriegsgefangenschaft 1940-1945 für die Zukunft zu sichern und zum Sprechen zu bringen. Worum es dabei genau geht, wird im inhaltlichen Schwer- Dr. Michaela Christ bietet neue Innensichten zu punktthema „Archive der Erinnerung“ aus verschiedenen einem zentralen Thema unserer Erinnerungskultur Blickwinkeln beleuchtet. Ab 12.30 Uhr: Führung durch die Gedenkstätte Als ausgewiesener Experte stellt Thomas Lutz (Topo- graphie des Terrors) vor, wie aktuell und drängend die Arbeitsbereiche Archiv und Sammlung für die Gedenk- stätten und deren Weiterentwicklung sind. Wie diese Inhalt Arbeiten auch von kleineren, bürgerschaftlich getragenen Erinnerungsorten angegangen werden können, steht im Vorwort 2 Zentrum unseres neuen dreijährigen Bundesprojekts, dem Archive der Erinnerung: Aktuelle ich einen eigenen Artikel widme. Das Projekt zielt unter Herausforderungen und Notwendigkeiten 3 anderem darauf ab, Angehörige von Verfolgten mit neu fundierten Informationen zu versorgen. Wie eine familien- Das neue Archivprojekt am DZOK: biografische Recherche heute aussieht, schildert Gudrun Quellen der Zeitzeugen zugänglich machen 5 Lambrecht-Rauscher im Interview. Sie war im Internet auf das KZ Oberer Kuhberg gestoßen und hat online den Familienrecherche zu Kuhberghäftling Namen ihres Großvaters entdeckt. Über den verantwor- Benno Fischer 7 tungsvollen Umgang mit Opferdaten im Internet schreibt Opferdaten im Internet: Alles online? 8 Johannes Ibel (KZ-Gedenkstätte Flossenbürg). Schließlich verdeutlicht Silvester Lechner (ehemaliger Leiter) mit Archivalische Quellen – die Voraussetzung seinem persönlich gehaltenen Rückblick auf die Archivar- des Gedenkens: Kleiner Rückblick 10 beit des DZOK, welch langen Weg das Dokumentations- zentrum hierbei bis zum Bundesprojekt gegangen ist. Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte 11 Spurensuche im Zillertal: Im zweiten Teil der Mitteilungen berichten wir über unsere Jüdischer Alpinismus und Antisemitismus 12 praktische Arbeit. Zu den besonderen Veranstaltungen und Projekten gehören die kommende Gedenkfeier und Impressum 13 die Exkursionen. Einen kleinen eigenen Schwerpunkt Exkursion ins Elsass 14 bilden die Artikel rund um die Gedenkstättenpädagogik, in denen wir Neuerungen – etwa zur interkulturellen „Ferienexpress“: Was Steine Arbeit – vorstellen. Nun ist aber auch am Dokumentati- von Gefangenen erzählen 15 onszentrum nicht alles eitel Sonnenschein. Wegen des deutlichen Spendenrückgangs weist unser Vereinsvorsit- Interkulturelle Arbeit am DZOK 16 zender Wolfgang Keck auf unsere Haushaltsituation hin Zur Haushaltslage des DZOK 17 und bittet Sie, liebe Leserin und Leser, um Unterstützung. Ebenso wichtig ist Ihre freiwillige Mitarbeit. Um Sie hierzu Neuauflage der didaktischen Materialien 17 einzuladen, liegt ein Faltblatt bei. Dass wir in diesem Heft gleich drei Nachrufe aufnehmen mussten, ist ein trauriges Leserbriefe 18 Zeichen dafür, dass wir uns nun wirklich von der Genera- Nachruf auf Lotte Frenkel 19 tion der Miterlebenden verabschieden müssen, von hoch geschätzten Wegbegleitern und Zeitzeugen. Nachruf auf Roman Sobkowiak 20

Noch ein Wort in eigener Sache. Unser neues Redaktions- Nachruf auf Johannes Heinzelmann 21 mitglied Thomas Vogel hat einige grafische Vereinheitli- Rückblick 2011 22 chungen und Innovationen angestoßen. Wir freuen uns diesmal also auf Rückmeldung nicht nur zu den Inhalten, Neues in Kürze 26 sondern auch zur Gestaltung. Mein Dank geht an alle Autoren, Rezensenten und Redaktionsmitglieder sowie Neue Bücher 30 an die Fotografin Reintraud Semmler für die geleistete Veröffentlichungen des DZOK 34 Arbeit – Dank auch an das scheidende Redaktionsmitglied Uli Klemm für seine über zweijährige Mithilfe. DZOK-Veranstaltungen Winter/Frühjahr 2011/2012 35 Zum Schluss möchte ich Sie noch einmal persönlich zu unserer Gedenkveranstaltung am Sonntag, den 13. Förderer dieser Nummer 36 November einladen. Mit den besten Wünschen für Weih- Beitrittserklärung 36 nachten und das neue Jahr 2012 grüßt Sie herzlich Nicola Wenge Titelbild: R. Semmler, A-DZOK.

2 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 3 Archive der Erinnerung Aktuelle Herausforderungen und Notwendigkeiten

Nach 1989 erhielten die Gedenk- stätten zur NS-Geschichte neuen Auftrieb, das historische Wissen ist seither stark angestiegen. Beson- ders kleinere Einrichtungen aber brachte die deutliche Zunahme an archivalischen Quellen deut- lich an ihre Kapazitätsgrenzen. Ein Modellprojekt am DZOK soll Lösungen erarbeiten.

Thomas Lutz

Zum Verständnis wie aktuell und drängend die Arbeitsbereiche Archiv und Sammlung für die Gedenk- stätten für NS-Opfer und deren Wei- terentwicklung sind, soll ein kurzer Rückblick auf die Entwicklung in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten dienen.

Die kleinen westdeutschen Insti- tutionen, die in den 1980er Jahren Eine Auswahl noch nicht veröffentlichter Dokumente aus dem Archiv des DZOK. aus zivilgesellschaftlichen Initiativen Foto: R. Semmler, A-DZOK. hervor gingen, legten ihren Schwer- punkt auf die Aufklärung über die Geschichte des historischen Ortes. Die Etablierung der neuen Instituti- Mahn- und Gedenkstätten in der Seither sind bei der fortschreitenden onen vor allem durch Bildungsarbeit DDR wurden neu konzipiert und sie Etablierung der Gedenkstätten vier und das Sich-Einmischen in aktuelle wurden zu Stiftungen in Landes- und wichtige Entwicklungen zu beob- erinnerungspolitische Debatten Bundesträgerschaft umgewandelt. achten: machten einen Großteil des Sie hatten den strukturellen Vorteil, 1. Die Quellenbasis für die Gedenk- Arbeitsalltags aus. dass sie von Beginn an als zeithis- stättenarbeit ist in großem Umfang Die in den Anfangsjahren geschaf- torische Museen mit verschiedenen angewachsen. Nach dem System- fenen zeithistorischen Ausstellungen Abteilungen aufgebaut worden wechsel in Mittel- und Osteuropa als Grundlage für die Bildungsarbeit waren und über entsprechendes waren neue Einsichten in Archive, entstanden im Angesicht verschie- Personal verfügten. vor allem in der (ehemaligen) Sowjet- dener Schwierigkeiten. Das Wissen Dank des Bundesgedenkstättenkon- union möglich. Umfangreiche Doku- über die historischen Tatorte konnte zeptes konnten Gedenkstätten in mentensammlungen sind erhoben erst allmählich erarbeitet werden den alten Bundesländern im letzten und Kopien in den Gedenkstätten und die verschiedenen Gruppen Jahrzehnt eine Projektförderung gesammelt worden. der Opfer wurden häufig nur holz- erhalten, die vor allem zur Neuge- 2. In den letzten eineinhalb Jahr- schnittartig präsentiert. Den ersten staltung der Ausstellungen und zehnten wurden verstärkt biographi- Ausstellungen mangelte es zudem für Gebäudesanierungen genutzt sche Interviews mit Überlebenden an Objekten. Die Dokumentationen werden konnte. Der Dauerbetrieb des NS-Terrors geführt und zumeist mussten einfach gestaltet werden, muss jedoch angesichts des Kultur- auf Video aufgezeichnet. Überle- da wenig Geld zur Verfügung stand. pluralismus von den Körperschaften bende oder deren Angehörige haben Weder waren die Gedenkstätten in in den Bundesländern getragen außerdem in den letzten Jahren ver- der Lage, eigene Mitarbeiterinnen werden, die hier zumeist sehr stärkt Artefakte, die im Zusammen- und Mitarbeiter für das Anlegen knauserig sind. Immerhin ist 2008 hang mit der Verfolgung stehen, an von Archiven und Sammlungen ein zehn Jahre alter Bundestagsbe- die Gedenkstätten abgegeben. anzustellen, noch hatten diese Auf- schluss umgesetzt worden, nach 3. Das Wissen um die historischen gaben eine hohe Priorität. So fehlte dem die Gedenkstätten in den ehe- Stätten ist dank archäologischer und es häufig an Fachpersonal und Zeit, maligen selbständigen KZ Bergen- bauhistorischer Untersuchungen, die um die materiellen Zeugnisse in den Belsen, Dachau, Flossenbürg und auch Funde mit sich gebracht haben, Gedenkstättenarchiven fachgerecht Neuengamme auch institutionelle stark gewachsen. zu ordnen und zu sammeln sowie Bundeszuschüsse erhalten. 4. Darüber hinaus hat eine profes- digital zu verzeichnen. Für die Orte von NS-Massenverbre- sionelle Sensibilisierung für die Art chen fehlen Förderstrukturen völlig, und Weise der Präsentation von Mit der deutschen Einheit erhielt wie sie im Bereich der sowjetischen Dokumenten, Fotos und Artefakten die Entwicklung der Gedenkstätten Besatzungszeit und DDR-Diktatur mit stark zugenommen. Die im letzten in Gesamtdeutschland dann einen der Stiftung Aufarbeitung geschaffen Jahrzehnt entstandenen neuen neuen Schub: Die nationalen wurden. musealen Ausstellungen (insgesamt

2 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 3 Archivarbeit zu professionalisieren – und zwar in enger Kooperation mit den anderen Gedenkstätten. Noch ist die Gedenkstättenlandschaft in Deutschland erfreulich vielfältig. Es ist kein Widerspruch zu dieser Dezentralität, sondern hilft sie zu erhalten, wenn die Institutionen auf unterschiedlichem Niveau bei dem Aufbau elektronisch erfasster Samm- lungen von Artefakten, Abbildungen und Dokumenten weiträumig zusammen arbeiten. Das hilft die inhaltlichen Fragen zu klären, ermög- licht einen Austausch in der Zukunft und spart Mittel.

Kurzum: Die Gedenkstätten für Opfer des Nationalsozialismus können heute das Schicksal der NS- Opfer mit viel größerem historischen Dr. Thomas Lutz. Foto: T. Lutz. Wissen, umfangreichen Zeugnissen der Überlebenden und einer hohen professionellen Sensibilität dar- stellen. Hierfür ist aber eine exakte Quel- lenkunde und die lückenlose Doku- 21, in Baden-Württemberg u. a. Zum ersten wird es allmählich auch mentation der Materialien von der Grafeneck und Ulm) haben in der in den Gedenkstätten einen Gene- Entstehung bis zur Übergabe an die Zwischenzeit ein Niveau erreicht, rationswechsel geben. Wenn die Gedenkstätte erforderlich. Für die das sich mit anderen Museumsgat- Menschen, die das „biologische zukünftige Entwicklung der Gedenk- tungen messen kann. Die verschie- Gedächtnis“ der Einrichtungen dar- stätten ist die Bewahrung dieser denen Opfergruppen werden in den stellen, nicht mehr ansprechbar sein Quellen und ihre exakte, lückenlose aktuellen Ausstellungen differenziert werden, kann ihr Wissen – gerade Beschreibung eine zentrale Aufgabe. mit ihrer Verfolgungsgeschichte über die Herkunft der Quellen Wenn es nicht gelingt, diese Quellen während der NS-Zeit dargestellt. und Materialien – nicht mehr auf- mit den hohen Standards von Samm- Dank des Zusammentragens vieler gezeichnet werden. Daher ist es lungs- und Archivverzeichnissen zu biographischer Zugänge können wichtig, so schnell wie möglich das erfassen, werden sie in Zukunft nicht die Auswirkungen dieser Gruppen- bei den Mitarbeitern vorhandene mehr genutzt werden können. schicksale auf einzelne Menschen Wissen festzuhalten – die biologi- In diesem Sinne wünsche ich dem – auch lebensgeschichtlich – gut sche in die elektronische Datenspei- Archivprojekt des DZOK ein erfolgrei- nachvollziehbar beschrieben werden. cherung zu überführen. ches Gelingen. In Folge der besseren Finanzierung Zum zweiten müssen die digitalen für neue Ausstellungsvorhaben Verzeichnisse in Formen entwickelt konnte das Design mit mehr Auf- werden, die den Bedürfnissen der wand erstellt und den Inhalten adä- Gedenkstätten gerecht werden. Sie quat gestaltet werden. müssen den inhaltlichen Standards Derzeit können vor allem die klei- von Archiven und Dokumentationen neren Einrichtungen ihre vielfältigen entsprechen. Es macht jedoch keinen und tendenziell zunehmenden Auf- Sinn, hierfür Programme zu nutzen, gaben aber nur durch das kolossale die zu kompliziert und umfangreich Engagement der wenigen haupt- und sind und die Möglichkeiten der vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter Gedenkstätten überfordern. bewältigen. Die alltägliche Arbeit ist Zum dritten ergibt sich gerade aus so umfangreich, dass keine Zeit mehr dieser Dichotomie zwischen den bleibt, die – auch in den kleineren wenigen zur Verfügung stehenden Einrichtungen – in der Zwischenzeit Mitteln und der Dringlichkeit, für erworbenen Dokumente und Objekte die Erstellung von Verzeichnissen ordnungsgemäß zu verzeichnen. der Archive und Sammlungen der INFO Viele Gedenkstätten beschreiben Gedenkstätten adäquate Lösungen Dr. Thomas Lutz ist seit fast dreißig das Manko, dass auch sie in den zu finden, die Notwendigkeit, bei der Jahren in der bundesdeutschen Gedenk- letzten Jahren wichtige Quellen und Erarbeitung sowie Implementierung stättenarbeit aktiv und einer der erfah- Artefakte erhalten haben, diese aber und dem kontinuierlichen Gebrauch rensten und bekanntesten Experten in noch im „Giftraum“ liegen und nicht zusammen zu arbeiten. Deutschland. Er organisiert die bundes- für das Publikum zugänglich gemacht weiten Gedenkstätten-Tagungen, gibt werden können. Ich halte es vor dieser skizzierten den „Gedenkstätten-Rundbrief“ heraus Gesamtentwicklung für eine wichtige und ist u. a. Geschäftsführer der Arbeits- Aus drei Gründen ist es notwendig, Entscheidung, dass die Bundesge- gemeinschaft der KZ-Gedenkstätten. rasch eine Veränderung herbei- denkstättenförderung das Dokumen- Seit 1993 arbeitet Thomas Lutz für die zuführen, um dieses Manko zu tationszentrum Oberer Kuhberg mit Stiftung Topographie des Terrors. beheben: einem Modellprojekt befähigt, seine

4 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 5 Das neue Archivprojekt des DZOK / KZ-Gedenkstätte Quellen der Zeitzeugen zugänglich machen

Thomas Lutz brachte es in seinem Beitrag auf den Punkt: Wir müssen unsere Archivarbeit professionali- sieren, um die wertvollen privaten Nachlässe, Zeitzeugeninterviews und historischen Dokumente, die heute in vielen Gedenkstätten noch als ungehobene Schätze in Kartons verborgen sind, für die Zukunft zu sichern.

Nicola Wenge

Dies ist umso dringlicher, als die Zeitzeugen bald ganz verstummt sind und ein Generationswechsel in den Gedenkstätten ansteht. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den 1980er Jahren ihre Ein- richtungen aufgebaut und denen die Quellen von den Überlebenden der NS-Zeit anvertraut wurden, ziehen sich altersbedingt aus der Arbeit zurück. Sie können bald nicht mehr Auch Alltagsgegenstände sind wertvolle Erinnerungsträger. Einige Objekte aus dem Archiv des DZOK. Auskunft geben über die Herkunft Foto: R. Semmler, A-DZOK. und Hintergründe dieser wertvollen Dokumente. Es droht damit ein nicht wieder gut zu machender Aderlass der Erinnerung.

Diese besorgniserregende Bestands- aus vier Hauptaufgabenfeldern, von Adams auf dem damaligen Stand aufnahme war Ausgangspunkt für denen drei eng mit dem Ist-Zustand der Technik sachgerecht geordnet, mich als Leiterin des Dokumenta- unseres Archivs zusammenhängen. gelagert und edv-basiert verzeichnet. tionszentrums gemeinsam mit der Deshalb will ich zunächst kurz auf Zur Vorbereitung der Dauerausstel- die Landeszentrale für politische diesen Zustand eingehen, bevor ich lung in der KZ-Gedenkstätte 2001 Bildung BW, im Herbst 2010 einen die Projektaufgaben vorstelle. erarbeitete sie gemeinsam mit Chris- Antrag bei der Bundesgedenkstät- tian Loyal auch eine Häftlingsdatei. tenförderung einzureichen. Der Titel Das Dokumentationszentrum hat in Doch seit 2000 ist die Stelle eines lautet: „Quellen und Dokumente der jahrzehntelanger, umfangreicher und Archivars bzw. einer Dokumentarin Zeitzeugen des Nationalsozialismus tiefgreifender Sammlungstätigkeit wieder verwaist. Die seitdem erwor- zugänglich machen. Ein Modell- ein wertvolles Spezialarchiv zur Vor-, benen Quellen und durchgeführten Archivprojekt für bürgerschaftlich Verlaufs- und Nachgeschichte des Zeitzeugeninterviews konnten nur organisierte KZ-Gedenkstätten“. Nationalsozialismus in der Region noch provisorisch abgelegt, jedoch Der Modellcharakter des Pro- Ulm/Neu-Ulm aufgebaut. Das Archiv nicht mehr erschlossen werden. Die jekts besteht darin, exemplarisch verfügt über eine einzigartige biogra- in den 1990er Jahren angelegten moderne, kostengünstige und fische Sammlung mit Zeugnissen Datenbanken wurden nicht weiter- nachhaltige Mittel für die Professi- württembergischer KZ-Häftlinge geführt, so dass sie heute als veraltet onalisierung unserer Archivarbeit zu sowie über eine breit angelegte gelten müssen. Dies gilt nicht nur für erproben und dabei Wege zu finden, Materialsammlung zur NS-Zeit in der die Foto- und Sammlungsdatenbank, die auch für andere bürgerschaftlich Region und in Württemberg/Hohen- sondern auch für die Häftlingsdatei. getragene Einrichtungen mit einem zollern. Trotz der großen Bedeutung An bestandserhaltende Digitalisie- hohen Anteil ehrenamtlicher Mitar- dieser Sammlung ist es seit Bestehen rungs-Projekte oder eine Online-Stel- beiter realisierbar sind. Dabei soll des DZOK nicht gelungen, eine kon- lung der Dateien war unter diesen gezielt auf den Erfahrungsschatz tinuierliche Archiv-/Dokumentarstelle Bedingungen erst recht nicht zu anderer Gedenkstätten (und Archive) einzurichten, so dass bis in die 1990er denken. Wir stehen damit vor Defi- zurückgegriffen werden. Das im Jahre hinein die sehr heterogenen ziten, die wir mit vielen bürgerschaft- Projekt gewonnene Wissen soll Quellen in keiner Weise katalogisiert lichen Gedenkstätten teilen. exemplarisch an die Anforderungen oder auch nur geordnet waren. Dank und Überlieferungssituation bürger- der Förderung der Stiftung Kulturgut Mit dem Archivprojekt, das im August schaftlich getragener Gedenkstätten Baden-Württemberg konnte hier 2011 offiziell bewilligt wurde, sollen zur NS-Zeit angepasst und das in zwei gesonderten Archivpro- diese Defizite nun in vier Schritten erworbene KnowHow an interes- jekten (1993-1995 und 1998-2000) gezielt angegangen werden: sierte Einrichtungen weiter gegeben Abhilfe geschaffen werden. Die Zunächst gilt es, das Problem der werden. Im Kern besteht das Projekt Archivbestände wurden von Myrah veralteten Datenbanken zu lösen.

4 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 5 stätten die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse durch Handbuch, Presseartikel und Fachvorträge zur Verfügung zu stellen.

Das Projekt ist auf drei Jahre ange- legt – auf die Zeit zwischen Januar 2012 und Dezember 2014. Die beschriebenen Projektinhalte werden in dieser Zeit von einer vollen haupt- amtlichen Stelle aus geleistet bzw. koordiniert, unter Betreuung der wissenschaftlichen Leitung und mit Unterstützung des übrigen haupt- und ehrenamtlichen Personals. Vor- aussetzung ist eine Fachausbildung zum Archivar/Dokumentarin oder eine vergleichbare Qualifikation, z. B. Historiker/-in mit Erfahrung in der praktischen Archivarbeit. Nach einem bundesweiten Ausschreibungsver- fahren wird eine Findungsgruppe des DZOK (bestehend aus Wolf- gang Keck, Annette Lein, Michael Wettengel, Leiter des Ulmer Stadt- archivs, und mir) die neue Kolleg/in auswählen. Zur Drucklegung dieses Hefts läuft das Verfahren noch.

Möglich wird dieses Projekt nur dank der finanziellen Förderung von Bund und Land, auch dank der Stiftung Erinnerung Ulm und einem großzü- gigen anonymen Spender, die uns dazu verhelfen, die erforderlichen Eigenmittel einzubringen. Herzlicher Dank geht an dieser Stelle auch an die KollegInnen, mit denen ich mich für die Antragstellung inhaltlich aus- tauschen konnte und die meinen Blick für das Wesentliche schärften. Dazu gehören aus dem Gedenkstät- Nicola Wenge an den geordneten Beständen des DZOK. Foto: M. Stohrer, A-DZOK. tennetzwerk Thomas Lutz (Topografie des Terrors), Nina Matuszewski (NS- Dokumentationszentrum der Stadt Köln), Detlef Garbe (KZ-Gedenkstätte Zu diesem Zweck soll eine moderne, und Ton-/Videobänder exemplarisch Neuengamme) und Matthias Buch- leistungsfähige, aber nicht zu teure digitalisiert. holz (Bundesstiftung Aufarbeitung Archivsoftware eingeführt und Das dritte Aufgabengebiet widmet SED-Diktatur) sowie als Experten vor (unter Berücksichtigung der alten sich dem Kernbestand und Herz- Ort Michael Wettengel und Ulrich Struktur) ein neues Datenbank- stück des Archivs: Der biografischen Seemüller, Silvester Lechner und system angelegt werden, in das die Sammlung der Kuhberg-Häftlinge. Konrad Pflug. alten Daten zu importieren sind. Die Diese Sammlung soll durch gezielte neue Datenbank soll es zukünftig Recherchen neu zugänglicher Schon bei der Beantragung wurde auch ehrenamtlichen Mitarbeiter/- Quellengruppen beispielhaft für mir rasch klar, dass dieses Projekt innen ermöglichen, Quellen einfach einzelne Häftlingsgruppen erweitert nicht ohne viele Unterstützer und und sachgerecht zu verzeichnen. werden. Zu diesem Zweck werden in einem breiten Netzwerk gelingen Um dies zu gewährleisten, wird ein vertiefende lebensgeschichtliche könnte und so will ich auch Sie, liebe Handbuch für die Benutzung der Informationen und historische Leser/-in, dazu einladen, unser Pro- Datenbank erstellt. Zusatzdokumente in die Häftlings- jekt zu begleiten. Geplant ist, nach In einem zweiten Arbeitsschritt datei eingegeben und Kurzbiografien Projektbeginn eine Informations- sollen die ungehobenen Schätze verfasst. Zusätzlich zum Handbuch veranstaltung durchführen, um das des Archivs geborgen werden. Die ist die Online-Stellung der Datei auf hier Angerissene nachvollziehbarer noch nicht verzeichneten Bestände unserer Website das zweite geplante zu machen und konkrete Unterstüt- werden geordnet, in der neuen Projektergebnis. zungsangebote für Vereinsmitglieder Datenbank erfasst und fachgerecht Das vierte und letzte Aufgabengebiet und Freunde aufzuzeigen. Wir halten gelagert; eine Auswahl von Fotos besteht darin, interessierten Gedenk- Sie auf dem Laufenden!

6 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 7 Eine Familienrecherche zum Kuhberg-Häftling Benno Fischer Das ist so eine Lawine, die ins Rollen kommt

Seit Herbst 2010 recherchiert Gudrun Lambrecht-Rauscher, ihre Töchter Tabea und Anna-Lena in ihre Suche mit einbeziehend, die Lebensgeschichte ihres Groß- vaters Benno Fischer, der von Dezember 1933 bis Juni 1934 Häft- ling am Kuhberg war. Im Gespräch mit Nicola Wenge berichtet sie über ihre Spurensuche.

Können Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen? Lambrecht-Rauscher: Wir wohnen als vierköpfige Familie in einem kleinen katholisch-konservativen Dorf mit etwa 1600 Einwohnern in der Nähe von Rottenburg. Hier hatten schon die Eltern meines Großvaters einen Bauernhof, hierher kehrte Benno bereits in Kriegszeiten, dann noch einmal 1946 nach seiner Kriegsgefangenschaft zurück. Mein Mann und ich führen heute hier einen Installationsbetrieb. Von links nach rechts: Tabea Rauscher, Gudrun Lambrecht-Rauscher und Anna-Lena Rauscher bei ihrem Besuch im Dokumentationszentrum am 29.9.2011. Foto: N. Wenge, A-DZOK. Was hat den Anstoß für Ihre Suche gegeben? Lambrecht-Rauscher: Obwohl meine Hand geschriebene Briefe und ein Mutter nie über die Verfolgungsge- von der verhaftet und über das KZ-Heuberg zum Kuh- von ihm geschnitztes Schachspiel schichte ihres Vaters gesprochen existieren. Das war plötzlich so nah, hat, dachte ich, ich könnte sie jetzt berg kam? Lambrecht-Rauscher: Kurz vor da brauchte ich wieder Zeit um das vielleicht doch noch dazu bewegen, zu verarbeiten. solange sie noch lebt, einfach was seinem Tod hat er mit mir darüber erfragen und ein paar Daten auf- geredet. Durch die Pflegesituation Welche Rolle spielt denn der Groß- schreiben. Denn über Jahrzehnte in seinem letzten Lebensjahr, die vater für Sie? gab es ja dieses große Schweigen in ich übernommen hatte, sind wir uns der Familie und im Dorf. näher gekommen und dann hat er Lambrecht-Rauscher: Für mich war darüber gesprochen, aber nur ganz er immer ein wichtiges Korrektiv, Tabea und Anna-Lena bringen sich wenig, ganz rudimentär. Ich wusste wenn die Leute im Dorf oder die ins Gespräch ein. auch nur, dass er am Heuberg war. Lehrer in der Schule gesagt haben: Das war der Ausgangspunkt meiner „Wir haben nichts gewusst.“ Er hat Tabea: Die Oma sagt selbst: „Ich immer gesagt. „Die Leute wussten wurde erzogen zur Schweigsam- Recherche, da mal im Internet nach- zuschauen, was ich dazu finde. alles.“ Er hat mir dann zum Beispiel keit“. In der Nazizeit war sie wohl erzählt, dass die Zwangsarbeiter nicht vom BDM ziemlich begeistert und in den Luftschutzkeller durften und sie hat auch erzählt, dass sie an Wie sind Sie bei Ihrer Suche auf das Dokumentationszentrum man im Keller die Schreie von oben Großveranstaltungen der Nazis gehört habe, auch die Leichen nach teilgenommen hat, was ihr Vater Oberer Kuhberg gestoßen? Lambrecht-Rauscher: Ich bin dann den Luftangriffen gesehen hätte. Das auf keinen Fall wissen durfte. Und hat bei mir bewirkt, dass ich mich als nach 1945 hat sie nur noch über die bei meiner Heuberg-Recherche ganz schnell auf den Kuhberg gekommen „späte“ 1968erin in gewisser Weise Nazizeit geschwiegen und war total in seinen Fußstapfen bewege. Für unpolitisch. Ich finde das schwierig (über Wikipedia nur zwei Mausklicks) und habe auf Ihrer Website den mich war er ein großes Vorbild darin, mit Oma zu reden, weil ich mehr von eine eigene Meinung zu haben, zu ihr wissen will. Namen Benno Fischer entdeckt, was ich einerseits gehofft hatte, hinterfragen und nachzudenken. Anna-Lena: Heute ist sie total traurig, aber dann auch wieder nicht. Als Wie reagiert Ihr Umfeld in See- weil sie sich überlegt hat, ob sie ich seinen Namen gesehen habe, bronn auf Ihre Spurensuche? mitkommen soll zum Dokumenta- hat mich echt der Schlag getroffen. tionszentrum, aber sie hat es nicht Ich brauchte erst mal ein paar Tage Lambrecht-Rauscher: Leider stoße geschafft. Das tut mir leid, dass sie Bedenkzeit, bevor ich Ihnen mailen ich im Dorf immer noch auf große so viel verdrängt. konnte und um weitere Informati- Widerstände und die Leute sprechen onen bat. Ich war von Ihrer schnellen mich immer noch auf den alten Kom- Wie haben Sie überhaupt erfahren, Antwort sehr gerührt. Mir kamen munisten an - und zwar abschätzig. dass Ihr Großvater im März 1933 die Tränen, als ich las, dass da noch Als mein Großvater 1946 zurück nach

6 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 7 Seebronn kam, war er gesellschaft- unseres Jahrhunderts lebendig lich stark isoliert. Er hat noch nicht und diese Suche hat mich auch in einmal im Dorf Mittag gegessen und meinem Verhältnis zu meiner Mutter ist immer nach Hause gekommen, entspannt: Ich suche jetzt meinen weil er sich so unwohl gefühlt hat. Weg allein bzw. mit meinen Töch- Nur im Schützenverein hatte er eine tern. Jetzt sind eben die anderen Nische gefunden. Und diese Verach- Generationen dran. tung gegenüber meinem Opa hat sich auch auf mich übertragen. Ich gelte Nachwort von Nicola Wenge hier ein bisschen als Querulantin. Als Noch immer erreichen uns Anfragen ich neulich zur Anti-AKW-Demo nach hoch betagter Opfer des NS- Ulm gefahren bin (und erstmalig im Regimes, z. B. von Zwangsarbeite- Dokumentationszentrum war), sagte rinnen und Zwangsarbeitern sowie mir ein Nachbar: Ganz die Enkelin von ehemaligen jüdischen Bürgern ihres Opas... Mich hat das lange aus der Region, die um Hilfe bei der belastet, aber jetzt nicht mehr. Klärung ihrer eigenen Biografie und Familiengeschichte bitten. Verstärkt Was hat Ihnen die Suche persön- bekommen wir aber Anfragen aus lich gebracht? der Enkel- und Urenkelgeneration, Anna-Lena: Zufälligerweise haben nicht zuletzt von Nachfahren ehema- wir in der Schule das Thema liger Heuberg- und Kuhberghäftlinge. „Machtübernahme“ gehabt, als die Viele – wie Frau Lambrecht-Rauscher Mama mit der Suche begonnen hat. – kennen die Verfolgungsgeschichte Benno Fischer mit seinem Sohn Benno, ca. Eigentlich habe ich mich nicht so für ihrer (Ur-)Großväter nur nebulös, 1946 in Seebronn. Hier war er 1905 geboren und aufgewachsen, bevor er um 1920 arbeits- Geschichte interessiert, aber das weil in der Familie nicht oder kaum suchend nach zog. Als gelernter wurde dann auf einmal total span- darüber gesprochen wurde. Ein Wagner fand er Arbeit in einer Kugellagerwa- nend auch für mich. Und jetzt will ich wichtiges Ziel unserer Archivarbeit renfabrik, wurde Mitglied in der KPD und im auch mehr wissen. ist es, diese Angehörigen präzise Kampfbund gegen den Faschismus. Wegen und umfassend zu informieren des Verteilens kommunistischer Flugblätter Lambrecht-Rauscher: Als ich mit wurde Fischer im Sommer 1931 4 Monate und sie bei ihrer Spurensuche zu in Ulm inhaftiert. Erneute Verhaftung am der Suche begonnen habe, war ich unterstützen. Wenn wir dabei neue 11.3.1933, Verlegung am 25.3.1933 von der sehr verunsichert. Aber jetzt merke Materialien (wie das Foto von Benno Strafanstalt Ludwigsburg zum KZ Heuberg, am ich, das ist eine Spirale, die einen Fischer) für das Archiv erhalten oder 8.12.1933 zum Kuhberg. Entlassung am 8. Juni immer weiter zieht, eine Lawine, neue Vereinsmitglieder (wie Frau 1934. Benno Fischer überlebte den Krieg und die ins Rollen kommt. Über meinen kehrte 1946 aus frz. Kriegsgefangenschaft nach Lambrecht-Rauscher) gewinnen, ist Seebronn zurück, wo er den Hof seines Schwie- Großvater werden für mich auch das ein wunderbarer Rückkopplungs- gervaters übernahm und bis zu seinem Tod im die allgemeinen politischen Themen effekt, für den wir dankbar sind. September 1981 lebte.

Über den verantwortungsvollen Umgang mit Opferdaten im Internet Alles online?

Sollen die Namen der NS-Opfer des mühseligen Durchblätterns stätten fortlaufend diskutiert wird. vollständig im Internet publik von Karteikarten oder Listen in den Regelmäßig treffen sich Experten gemacht werden? Eine Frage, die Archiven. Manchmal konnten sogar aus der ganzen Welt auf dem auch unter den Gedenkstätten fort- schon digitale Bilder der Dokumente „Workshop zur Digitalisierung von laufend diskutiert wird. Entspre- am Monitor angezeigt werden. Und Opferdaten der NS-Zeit“, um sich chende Datenbanken müssen die die Qualität der Ergebnisse stieg über Quellen, Dokumentenerschlie- Würde der Verfolgten bewahren. ernorm, war man nun endlich befreit ßung, Datenerfassung, laufende von der rein alphabetischen oder Projekte und die Zugänglichkeit und Johannes Ibel numerischen Suche. Was damals das Öffentlichmachen von Informati- eine Besonderheit war, ist heute onen über die Opfer auszutauschen. Noch vor zehn Jahren waren KZ- auf vielen Gebieten eine Selbstver- Resultate ihrer Arbeit sind nicht nur Gedenkstätten und andere Einrich- ständlichkeit. Die digitale Bilder- und sehr umfangreiche Datenbanken tungen, die sich mit umfangreichen Datenflut ist jederzeit an jedem für Recherchezwecke, sondern Namenslisten von NS-Opfern zu Ort verfügbar und wirft nun immer auch Namens- und Totenbücher, die befassen hatten, sehr stolz auf drängender die Frage auf, warum die auch digital in Ausstellungen und im ihre ersten Datenbanken. Sekun- Namen der NS-Opfer noch nicht voll- Internet präsentiert werden. Hierbei denschnelle Recherchen am ständig publik gemacht wurden. Eine steht häufig der Gedenkcharakter im Schreibtisch traten an die Stelle Frage, die auch unter den Gedenk- Vordergrund. Die dann nur sehr rudi-

8 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 9 mentären Recherchemöglichkeiten – meist nach den Personenbasisdaten: Name, Vorname, Geburtsdatum und -ort – können aber über eine Anfrage an die Gedenkstätten zu näheren Informationen führen.

Entscheidende Voraussetzung für eine Publikation ist natürlich der Nach- weis, aus welchem Dokument und welchem Archiv die Informationen stammen und welche archivrecht- lichen Auflagen damit verbunden sind. Doch immer mehr Einrich- tungen stellen ganze Archivbestände für das Internet zur Verfügung. Kom- merzielle und nicht-kommerzielle Online-Angebote haben in kürzester Zeit umfangreiche Datenbanken mit hinterlegten Dokumenten aufgebaut, die kopiert, gespeichert, gedruckt und versandt werden können Besucher der Ausstellung „Das Konzentrationslager Flossenbürg 1938-1945“ am Namensbuch der (etwa die Holocaust Collection auf Häftlinge. Foto: P. Wentzler. www.fold3.com – bis vor Kurzem unter dem label „footnote“ zu finden – oder die überaus umfangreichen Unterlagen zu sowjetischen Soldaten auf www.obd-memorial.ru). Diese rasante Vervielfachung auf digitaler Europa Personen geschützt, deren stätte bzw. an ein Archiv nötig. Die Ebene in Form von Bilddateien Verbleib unbekannt ist und die vor Hemmschwelle hierzu wird offenbar und Datensätzen kann sich auch weniger als 90 Jahren (in Berlin deutlich niedriger, wenn die Namen problematisch potenzieren, wenn sind es 110 Jahre) geboren wurden. im öffentlichen Raum – etwa in einer der Bezug zur zugrundeliegenden Außerhalb Europas sind die Normen Ausstellung – präsentiert werden. originalen Quelle verlorengeht und sehr viel weniger streng. Hierzulande Die Hürde ist natürlich noch wesent- unerkannte Dubletten die Abfra- aber bilden diese 90 Jahre, aktuell lich niedriger, wenn die Opfernamen geergebnisse verfälschen. Bereits also der Geburtsjahrgang 1921, in im Internet öffentlich zugänglich sind ohne diese künstliche Vermehrung den meisten Fällen die juristisch fest- und jederzeit an jedem Ort einge- stellt die schiere Masse an Daten die gelegte Grenze zur Öffentlichkeit; es sehen werden können. Insofern ist Bearbeiter vor eine gewaltige Auf- sei denn, der Tod vor über 30 Jahren dies nur zu begrüßen, nicht nur im gabe. Soll nicht nur eine möglichst ist bekannt, die Person ist mit einer Interesse der Angehörigen; auch hohe Anzahl an Datensätzen erzielt Veröffentlichung ihrer Daten einver- der wissenschaftlichen Forschung werden, sondern qualitativ hoch- standen oder die Informationen sind wird mit Online-Archiven ein großer wertige Daten aufbereitet werden, bereits öffentlich – was im Internet Dienst erwiesen. Doch die beson- so sind aufwändige Verifizierungen sehr häufig der Fall ist (und weitere ders sensiblen Informationen über der Informationen nötig. Allein z. B. Ausnahmeregelungen). Auch sen- Opfer des NS-Regimes sollten im Ortsnamen, die als Geburts-, Wohn-, sible Daten, etwa Häftlingskategorien Internet nur in eingeschränkten Haft- oder Todesorte erscheinen, wie Zigeuner, Homosexueller oder Namensdatenbanken erscheinen, müssen mühselig lokalisiert werden, Berufsverbrecher, sind dann nicht bei denen der Gedenkcharakter im um falsche Angaben zu vermeiden. mehr geschützt, müssen deswegen Vordergrund steht. So können die Dies kann zwar zunehmend auto- aber nicht notwendigerweise öffent- Würde der Opfer und die Interessen matisiert geschehen, die Arbeit ist lich gemacht werden. Die Vorgaben der Angehörigen berücksichtigt dennoch enorm. des Gesetzgebers lassen einen doch werden. recht großen Handlungsspielraum, Eines der großen Schlagwörter bei der im Einzelfall aus Rücksicht auf den Diskussionen über das Öffent- die Familien auch nicht ausgeschöpft lichmachen von Opfernamen war werden muss. In diesen Fällen ist und ist der Datenschutz. Nicht ohne persönliches Verantwortungsgefühl Grund hat der Gesetzgeber eine gefordert. In der Praxis kommt es INFO ganze Reihe datenschutzrechtlicher nur äußerst selten zu Konflikten Johannes Ibel M.A., geb. 1966, Leiter Normen auf Länder-, Bundes- und wegen des Datenschutzes, dagegen der historischen Abteilung der KZ- europäischer Ebene erlassen, um die häufig zu Beschwerden, wenn ein Gedenkstätte Flossenbürg. Seit 2000 – berechtigten – Interessen betrof- NS-Opfer nicht in einer öffentlichen wissenschaftlicher Mitarbeiter der KZ- fener Menschen – Überlebender und Liste zu finden ist. Gedenkstätte Flossenbürg. Aufbau der Familienangehöriger – zu wahren. So Häftlingsdatenbank, Digitalisierung der gestattet das Bundesarchivgesetz Äußerst positiv ist das Feedback Häftlingskartei des Wirtschafts-Verwal- die volle Namensnennung aus den der Angehörigen auf die Veröffentli- tungshauptamtes, Ausstellung „Konzen- Patientenakten von Euthanasieopfern chung der Daten. Für eine Korrektur trationslager Flossenbürg 1938 - 1945“ nur mit Zustimmung der nächsten und Ergänzung von Informationen (eröffnet 2007), Ausstellung „was bleibt lebenden Verwandten. Nicht immer durch enge Verwandte ist eine – Nachwirkungen des Konzentrationsla- sind die Regeln so eindeutig zu vorhergehende Kontaktaufnahme gers Flossenbürg“ (eröffnet 2010). interpretieren. Überwiegend sind in durch eine Anfrage an eine Gedenk-

8 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 9 Archivalische Quellen – die Voraussetzung des Gedenkens Kleiner Rückblick auf die Archivarbeit des DZOK

Als ich vor gut 35 Jahren, in den frühen 1970ern, als junger His- toriker in Ulm eintraf und mein Berufsleben begann, wusste ich zwar einiges über den National- sozialismus, sein Entstehen und seine Folgen, aber nichts über die Region Ulm in dieser Zeit. Mich diesem Thema über die lokalen Erscheinungen der „Weißen Rose“ und des KZ auf dem Oberen Kuh- berg annähernd, wurde mir bald bewusst, was ich hier in drei Stich- worten zusammenfassen möchte.

Silvester Lechner

„Schweigen und Beschweigen“ Die große Mehrheit der Stadtgesell- schaft und ihrer Institutionen konnte und wollte das konkrete Erinnern (noch) nicht zulassen, wiewohl fast überall die Präsenz des Vergangenen spürbar war. Silvester Lechner und Roman Sobkowiak im Archiv des DZOK in der König-Wilhelm-Straße. Mai 2006. Foto: L. Sobkowiak. „Material des Erinnerns“ Die übrig gebliebenen Zeugen dieser Zeit waren lebendig und aktiv, in jedem Haushalt lagen zahl- lose persönliche Erinnerungsstücke Personen von Widerstand und Ver- Einige Beispiele von Materialien, und in den öffentlichen Archiven folgung zum Gegenstand des Sam- die im letzten Jahrzehnt zu den ruhten – ziemlich verborgen – die melns und Dokumentierens, bald Beständen dazu gekommen sind: Dokumente staatlichen Handelns. ebenso die Belege vom alltäglichen Die Bereitschaft, zu berichten und „Funktionieren“ der Bevölkerung • Dokumente zu Häftlingen und das Berichtete mit Dokumenten zu und schließlich der Machtausübung Verantwortlichen der KZ Heu- unterfüttern, war freilich – mit dem bzw. der Täter. berg und Kuhberg und ihres moralisch-politischen Appell des Die Methoden des Sammelns, politischen Umfeldes; „Nie wieder!“ – auch schon da; sie Bewahrens und Zugänglichmachens • Erinnerungen und Dokumente kam aus dem Kreis der ehemals haben sich freilich von Entwick- zu Angehörigen der jüdischen Widerständigen und Verfolgten. lungsschritt zu Entwicklungsschritt Ulmer Gemeinde und der als in unvorstellbarer Weise fortentwi- Juden Verfolgten, sowie zu „Sammeln und Bewahren“ ckelt: von den Schuhschachteln im anderen Gruppen rassistisch So war für alles weitere Befassen feuchten Gemäuer des Fort Oberer Verfolgter; mit dieser Zeit und ihren Folgen - vor Kuhberg bis zur digitalen Aufberei- • Gespräche, Erinnerungen, allem durch die fragende Generation tung im Internet. Nachlässe zu den Geschwistern der Nachgeborenen – grundlegend Scholl und ihrem Umfeld; das Aufspüren mündlicher und mate- • Erinnerungen und Dokumente rieller Überlieferung und deren syste- Fazit zur „Hitlerjugend“, also der zwi- matisches Sammeln, Bewahren und Soll das Ulmer Dokumentations- schen 1915 und 1930 geborenen schließlich Öffentlich-Zugänglich- zentrum ein ernsthafter Ort der Generation; Machen. fundierten Auseinandersetzung • Gedruckte Publikationen aus der mit dem Nationalsozialismus und Zeit des NS; Zur regionalen Institution, an der seinem Erbe für eine demokratische • Materialien aus diversen For- diese Aufgaben bis heute gültiges Gesellschaft bleiben, ist eine konti- schungsprojekten, u. a. von Programm wurden, entwickelte nuierliche, professionelle Archivar- Walter Wuttke und Markus sich das in den 1970er Jahren auf- beit die Voraussetzung dafür. Was Kienle; gebaute Dokumentationszentrum jetzt im Januar 2012 beginnt, ist ein • Korrespondenzen zum Ent- Oberer Kuhberg. Ausgehend von viel versprechender neuer Anfang, stehen und zum Fortgang der den Zeugnissen der Häftlinge des bedeutsames Vergangenes für die Ulmer Erinnerungsarbeit von frühen Landes-KZ von Württem- Generationen nach uns begreiflich den Anfängen bis heute. berg auf dem „Oberen Kuhberg“, zu machen. wurden zunehmend alle Formen und

10 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 11 Einladung zur Gedenkfeier 2011 Konzentrationslager im Gespräch von Wehrmachtsoldaten

Dr. Michaela Christ bietet neue Historiker Sönke Neitzel entdeckt vor allem die Gewalterzählungen der Innensichten zu einem zentralen wurden. Das Besondere an den Soldaten im Krieg – das Kämpfen, Thema unserer Erinnerungskultur. Soldatenerzählungen: Sie sind unge- Töten und Sterben an und hinter der filtert und zeitnah am Geschehen Front –, die das Leiden der Opfer Nicola Wenge – sehr offen, ohne historische Dis- ausblendeten. Bei der Gedenkfeier tanz oder politische Vorsicht, ohne am Kuhberg stehen diese nun mit im moralische Bedenken, ungehindert Mittelpunkt, wenn es um die Fragen von äußerer Zensur oder adressa- geht: Wer hat was gewusst? Wie tenbezogener Rücksichtnahme. Der wurde über die Verbrechen in den Wert der Quellen wird noch dadurch Lagern gesprochen? Wie sprachen gesteigert, dass es sich nicht um Ein- die Täter? Und wie die aus der KZ- zelaussagen, sondern um massen- Haft entlassenen Soldaten? haft überlieferte Dokumente handelt. Insgesamt wurden im geheimen Wer kennt ihn nicht, diesen Satz, der amerikanischen Verhörlager Fort früher oder später in den Gesprä- Hunt Gespräche von über 3.300 chen mit unseren Eltern oder Groß- deutschen Soldaten aufgezeichnet, eltern fiel: „Davon haben wir nichts die in mehr als 100.000 Schriftseiten gewusst!“ Ein Satz, mit dem sich festgehalten sind. eine ganze Generation ent-schul- dete und der die Häftlinge in einem Vakuum der Gleichgültigkeit und Missachtung zurückließ. Der Vortrag von Michaela Christ bietet eine hoch- aktuelle Gelegenheit, die Legende von der Ahnungslosigkeit kritisch zu hinterfragen, wissenschaftliche Forschung und Erinnerungskultur zu Dr. Michaela Christ. Foto: privat. verknüpfen und damit das Andenken an die Opfer neu zu unterlegen.

Zur Erinnerung an die Opfer der nati- onalsozialistischen Gewaltherrschaft findet am Sonntag, 13. November um 11 Uhr wieder die traditionelle Gedenkstunde statt. INFO In diesem Jahr wird die Soziologin Dr. Dr. Michaela Christ war nach Michaela Christ – auf der Grundlage einem Studium der Soziologie, eines herausragenden Quellenfunds Politikwissenschaft und Päd- – neue Einblicke darin geben, was Propagandafoto aus: „Mit uns im Osten. Eine agogik seit 2000 in der histo- in der deutschen Bevölkerung vor Bildfolge vom Einsatz der Ulmer Infanterie- risch-politischen Bildungsarbeit Kriegsende über die Konzentrations- Division“. Bearbeitet von Rittmeister Köstlin, für Gewerkschaften und freie und Vernichtungslager bekannt war Stuttgart 1942, S. 14. Bildungsträger tätig. Themen- und wie Wehrmachtsoldaten über schwerpunkte: Antisemitismus, die Verbrechen sprachen. Dabei Nationalsozialismus und Anti- geht es nicht nur um Wissen vom Michaela Christ kennt diese Quellen rassismus. Im Jahr 2009 pro- Hörensagen. Die Gastrednerin wird sehr genau, weil sie zu dem For- movierte sie zum Thema: Die vielmehr auch Berichte über KZ- schungsteam gehört, das unter der Dynamik des Tötens. Die Ermor- Erfahrungen von Tätern und Opfern Leitung von Sönke Neitzel und dem dung der Juden von Berdit- mit einbeziehen. Sozialpsychologen Harald Welzer schew. Ukraine 1941-1944. Seit Für ihren Vortrag wertet sie gezielt die Abhörprotokolle sichtete und 2010 ist sie Research Fellow Gespräche von Wehrmachtangehö- wissenschaftlich aufbereitete. Erste am Center for Interdisciplinary rigen aus, die 1940-1945 in amerikani- Ergebnisse veröffentlichten Neitzel Memory Research, Essen und scher Kriegsgefangenschaft heimlich und Welzer im Frühjahr 2011 in dem Stipendiatin der Fritz Thyssen abgehört wurden. Die Abhörproto- Buch: „Soldaten. Protokolle vom Stiftung im Forschungsprojekt kolle fristeten über Jahrzehnte in den Kämpfen, Töten und Sterben“, das Referenzrahmen von Kriegsver- National Archives in Washington ein ungeheure öffentliche Aufmerksam- brechen. Schattendasein, bevor sie von dem keit erhielt. Im Fokus standen dabei

10 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 11 DZOK-Projekt auf Spurensuche im Zillertal Authentisches Zeugnis des jüdischen Alpinismus

Das „alpinistische Gefühl“ und eine historische Spurensuche zum Thema „Juden und Alpinismus“, dies verknüpfte Anfang Juli eine Exkursion des DZOK zum Friesen- berghaus in den Zillertaler Alpen. Eine 13-köpfige Gruppe brachte von den drei erlebnisreichen Tagen eine Fülle an Eindrücken und neuen Erkenntnissen mit.

Thomas Vogel

Zuvorderst: Die Alpen sind eine hero- ische Gebirgslandschaft, vor deren Hintergrund sich ab den 1920ern und in der darauffolgenden NS-Zeit eine erbittert geführte rassenideologische Auseinandersetzung abgespielt hat. Institutioneller Hauptprotagonist war der damals grenzüberschreitende „Deutsche und Österreichische Alpenverein“ („DÖAV“), der, ausge- hend von seinen österreichischen Die Teilnehmer der Exkursion vor dem Friesenberghaus. Thomas Vogel, neues Redaktionsmitglied der Sektionen, schon wenige Jahre Mitteilungen, in der ersten Reihe sitzend links. A-DZOK. nach dem Ersten Weltkrieg den Antisemitismus als Vereinslinie und nachfolgend den Ausschluss seiner jüdischen Mitglieder qua „Arierpara- graph“ aus dem Gros seiner Sekti- im SSV Ulm 1846. Inhaltlich hatten kann der Hüttenwirt Gästegruppen, onen durchgesetzt hat. sich insbesondere DZOK-Leiterin die das historische Interesse in sein Das Friesenberghaus hängt Nicola Wenge und Silvester Lechner, Haus führt, bislang noch an einer unmittelbar mit den dramatischen ihr Vorgänger, ins Thema vertieft, so Hand abzählen. Sehr zum Bedauern ideologischen Entwicklungen im dass die beiden Diskussionsabende der Tourteilnehmer war zudem die organisierten rechtsbürgerlichen auf 2.500 Metern Höhe an diesem Resonanz der Ulm/Neu-Ulmer Alpen- Alpinismus zusammen. Als es 1932 sehr authentischen Ort eines „jüdi- vereinssektionen auf das Projekt bis nach vierjähriger Bauzeit eröffnet schen Alpinismus“ einen profunden dahin sehr überschaubar, obwohl sie wurde, war es ein einsamer Hort fachlichen Rahmen hatten. Mitveranstalter der Unternehmung der Toleranz inmitten der bereits Hüttenwirt Hubert Fritzenwallner waren. Die Bergwelt zu lieben, alpi- tiefbraunen Alpen. Bauherr war der („Ich bin der Hubert“) kam der nistischen Herausforderungen zu 1924 vom Hauptverein abgespaltene Gruppe nicht nur sehr entgegen in frönen, sich aber ebenso den hässli- „Deutsche Alpenverein Berlin e. V.“, Raumfragen. Der 60-Jährige erwies chen Flecken in der eigenen Vereins- der nach seinem antisemitischen sich dazu als historisch hellhöriger historie zu stellen, fiel aber offenbar Ausschluss bei diesem Kraftakt Gastgeber, dem die Vermittlung der noch immer etwas schwer. Unterstützung fand bei der Sek- sehr besonderen Geschichte seines tion „Donauland“, die sich 1921 in Hauses Herzensangelegenheit Der Buchpublikation „125 Jahre Sek- Reaktion auf den Ausschlusses der ist und der auch einen aufgeklärt- tion Ulm“ von Uwe Schmidt nach zu jüdischen Mitglieder aus der Wiener fortschrittlichen Standpunkt dazu schließen, zählten die drei örtlichen Sektion „Austria“ gegründet hatte. einnimmt – beides keine Selbstver- Sektionen zu den eher unauffälligen 1938, kurz nach ihrem Einmarsch in ständlichkeiten. in den Jahren der antisemitischen Österreich, konfiszierte die Wehr- Obwohl der Deutsche Alpenverein Hetze. „Dennoch“, fand Historiker macht das für damalige Verhältnisse dieses trübe Vereinskapitel vor 10, 15 Schmidt heraus, „kann auch in der recht kommod ausgestattete Haus, Jahren vorbildlich aufgearbeitet hat, Ulmer Sektion“ – welche zugleich die das als gebautes Zeugnis von der und obwohl das heute der Sektion elitärste der drei lokalen Sektionen Niedertracht und Borniertheit des Berlin gehörende Friesenberghaus war – „das im Gesamtverband weit Antisemitismus, aber gleichermaßen seit Abschluss einer grundlegenden verbreitete völkische Gedankengut auch von der Begeisterung maßgeb- Sanierung 2003 zur „Begegnungs- nachgewiesen werden“. lich der großstädtischen Jüdinnen stätte gegen Vorurteile“ erklärt Als Fritzenwallner vor 16 Jahren und Juden für die Bergwelt kündet. wurde, hält sich das Interesse von die Regie im Friesenberghaus über- Alpinistisch geleitet wurde die auch Besuchern am dazugehörenden nahm, musste er nach Spuren dieser altersmäßig buntgemischte und geschichtlichen Hintergrund in kontaminierten Geschichte nicht wohlbehalten zurückgekehrte Ulmer Grenzen. Und obwohl mit über lange suchen. In Geschirrtüchern, Gruppe von Wolfgang Schmidtner, 4.000 Übernachtungen in der kurzen auf dem Geschirr und sogar an einem Fachübungsleiter bei der DAV-Sektion Sommersaison sehr gut frequentiert, Fenster entdeckte er Hakenkreuze,

12 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 13 die aus dem -Interim Gleichzeitig aber waren die Alpen stammten. Nach einer späten „Ent- gerade bei der großstädtischen jüdi- Hinweis nazifizierung“ huldigt das Haus heute schen Bevölkerung bis weit hinein Das Friesenberghaus, gelegen auf 2478 verdienten Persönlichkeiten des in intellektuelle und künstlerische Meter Höhe in einer Scharte unter jüdischen Alpinismus, etwa in einer Kreise Projektionsfläche einer roman- dem Hohen Riffler (3.231 M.), ist als kleinen Fotogalerie. tischen Stadtflucht. In Folge konnten ganz normale Berghütte in Funktion. 32 sich in Davos, St. Moritz oder Meran Matratzen gibt es im Lager, 24 Betten Profund eingeführt in die The- Destinationen für ein betuchtes jüdi- in Zimmern. Der Aufstieg ab dem matik durch einen Vortrag von sches Klientel herausbilden. Schlegeisspeichersee dauert knapp Hanno Loewy, Leiter des jüdischen Mit praktizierter oder lediglich pros- drei Stunden. Es wird von Anfang Juni Museums in Hohenems, wenige pektiver Berg-Begeisterung erhoffte bis Ende September bewirtschaftet. Tage vor der Exkursion, war allen dieses, das antisemitische Kli- Kontakt: 0043/67 67 49 7550. Teilnehmern klar, dass viele Spuren scheebild als „entwurzelte Städter“ zu verfolgen sind, wenn es um die entkräften zu können. „Juden und vielschichtige Beziehungsgeschichte Tracht“ ist ein weiterer Aspekt in des Judentums zu den Alpen geht. ihrem Bestreben, ihre Zugehörigkeit Silvester, gewappnet mit einem zu Land und Leuten auszudrücken. 13.07.-15.07.2012 Alpenverein dicht beschriebenen „Spickzettel“, 1938 verbot das NS-Regime Juden bietet Folgeprojekt an verwies auf die religiösen Schichten das Tragen von Tracht. Der hochal- Ermutigt durch den Erfolg der Unter- ebenso wie auf die zahlreichen jüdi- pine Bereich war nun längst Austra- nehmung werden die Ulmer/Neu-Ulmer schen Pioniere im Alpinismus. Wur- gungsort eines „Nationenkampfes“, Alpenvereinssektionen im kommenden zeln des Antisemitismus gerade der zu dem im damaligen Deutschland Sommer eine Dreitages-Tour zum österreichischen Ausprägung fand er der Wettlauf um Erstbesteigungen Thema „Jüdischer Alpinismus und Anti- im „abergläubisch geprägten katho- (vor allem mit Engländern und im semitismus im Alpenverein“ anbieten. lischen Antijudaismus, von Jugend Himalaya geführt), ideologisch stili- Dieses Mal soll es zwar wieder ins Zil- an eingetrichtert“, ebenso wie in siert wurde. lertal, aber über den Berliner Höhenweg der Stadt-Land-Konkurrenz. Obwohl gehen, mit je einer Übernachtung in der Tirol kaum jüdische Bevölkerung Weiterführende Literatur: Berliner Hütte und im Friesenberghaus. hatte, gedieh der Antisemitismus „Hast du meine Alpen gesehen. Eine Das DZOK ist Mitveranstalter und hier besonders heftig. Missgünstig jüdische Beziehungsgeschichte“ richtet erneut das inhaltliche Programm und misstrauisch blickte man von (Ausstellungskatalog), Hohenems aus.Wolfgang Schmidtner übernimmt hier aus gen Wien, dem „Großstadt- 2009, 29,80 ∑. die organisatorische Vorbereitung und Moloch“, der auch noch das Ziel der Einige Hinweise enthält das Buch Tourenführung. Nähere Informationen Zuwanderung zahlreicher verarmter von Uwe Schmidt: „125 Jahre Sek- folgen. Ostjuden gewesen war. tion Ulm“, Ulm 2003.

Impressum Druck: Eintritt: 2 ∑ / 0,50 ∑ Offsetdruck Martin, Blaustein Führung: 40 ∑ / Gruppe Herausgeber: Auflage: 1 500 Dokumentationszentrum Spendenkonto: 764 90 62 KZ Oberer Kuhberg Ulm e. V.; Mitarbeiterinnen: Sonderkonto „Stiftung“: 272 07 04 Postfach 2066, 89010 Ulm; Dr. Nicola Wenge (Leiterin), beide bei der Sparkasse Ulm (BLZ 630 500 [email protected] Annette Lein, Ilona Walosczyk 00) www.dzok-ulm.de (dort Infos zur Mitgliedschaft) Bürozeiten: Mitteilungen des DZOK: 1 ∑ / Heft Mo-Do 9 – 16 Uhr, Fr 9 – 12 Uhr DZOK-Büro mit Archiv, Bibliothek: Büchsengasse 13, 89073 Ulm, Öffnungszeiten der KZ-Gedenkstätte: Tel.: 0731 / 2 13 12, Fax: 9 21 40 56 So 14 - 17 Uhr. Führungen sonntags um 14:30 Uhr, Redaktion: für Gruppen nach Vereinbarung auch werk- Dr. Nicola Wenge (verantwortlich), tags (mind. zwei Wochen vorher anmelden). Annette Lein, Thomas Vogel, Ilona Walosczyk Details unter www.dzok-ulm.de

Beachten Sie bitte das beiliegende Spendenformular! Unser Haushalt kann nur durch Spenden gedeckt werden, jeder Euro zählt! Zur Haushaltslage vgl. auch den Artikel von W. Keck in diesem Heft!

12 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 13 Exkursion ins Elsass vom 11. bis 13. Mai 2012 Geschichtliche Verbindungslinien knüpfen

Am Wochenende vom 11. bis 13. Mai 2012 wird das DZOK für Ver- einsmitglieder eine Elsass-Exkur- sion mit historischen Erkundungen anbieten, die zentrale Bezüge zwischen Ulmer NS-Geschichte und französisch/europäischer Geschichte des 20. Jahrhunderts herstellt.

Annette Lein, Hansjörg Greimel und Martin König

Das Verbindungsglied dieser Geschichte liegt in der Person des KZ-Kommandanten Karl Buck, der nicht nur das Ulmer KZ am Kuhberg (1933-1935) leitete, sondern auch ein so genanntes „Umerziehungs- und Sicherungslager“ in Schirmeck-Vor- KZ-Kommandant Karl Buck in Uniform hinter dem Steuer eines Automobils; Kommandant der KZ bruck (1940-1944) kommandierte. Heuberg, Kuhberg und Welzheim und Inspekteur mehrerer KZ im Elsass, u. a. Schirmeck; 1945 als Ziel dieses Lagers war es, im Kriegsverbrecher wegen der Tötung französischer Häftlinge in Frankreich zum Tode verurteilt, später besetzten Elsass die nationalsozia- begnadigt und nach Deutschland entlassen. A-DZOK. listische Politik der „Zwangsgermani- sierung“ zu forcieren und der Bevöl- kerung die NS-Ideologie mit Terror aufzuzwingen. In dem Lager wurden Zeitzeugen und Mitgliedern des scher Baudenkmäler aus der Zeit des Widerständige oder als widerständig Geschichtsvereins Schirmeck über Ersten und Zweiten Weltkriegs, die angesehene Einwohner aus dem die konkrete (Erinnerungs-)arbeit in die ungeheure Dimension der Kriegs- Elsass interniert und sollten in der Region sein. führung im Jahrhundert der Extreme ihrem politischen Willen gebrochen vor Ort greifbar macht. werden. Ein zweiter Schwerpunkt mit NS- Als Kommandant des KZ Oberer Bezug bildet der Besuch der KZ- Kuhberg Ulm und des Polizeige- Gedenkstätte Natzweiler-Struthof in Bisherige Reiseplanung fängnisses Welzheim (1935-1940) unmittelbarer Nähe Schirmecks, der ist Buck in den Erinnerungen der wir uns auf dem 6 Kilometer langen Freitag, 11. Mai 2012: Ab Ulm württembergischen Häftlinge als „Weg der Erinnerung und der Men- in Fahrgemeinschaften zur „Ferme besonders zynischer und kalter Täter schenrechte“ annähern werden. In Auberge Belle Fosse“, gemeinsames beschrieben, der in Leidenszeug- den Jahren 1941 bis 1945 ließ das Abendessen. nissen der Häftlinge eine zentrale NS-Regime etwa 52.000 Häftlinge Samstag, 12. Mai: Stadtrund- Rolle spielt. Aus den Berichten aus allen Teilen Europas hierher gang in Schirmeck, Spurensuche zum französischer Häftlinge über ihre deportieren. Sie sollten im nahebei ehemaligen „Sicherungslager“. Von (Gewalt-)Erfahrungen in Schirmeck gelegenen Steinbruch und in den dort „Weg der Erinnerung und der entsteht das Bild eines Mannes, der angegliederten Außenlagern auf Menschenrechte“ zur KZ-Gedenkstätte konsequent der NS-Ideologie folgte, beiden Seiten des Rheins Zwangsar- Natzweiler-Struthof mit anschließender z. B. was die Verfolgung Homosexu- beit leisten. Im Laufe seines Beste- Führung.(www.struthof.fr) eller durch das NS-Regime angeht. hens entwickelte sich Struthof von Begegnungsabend mit Mitgliedern des Hierfür stehen insbesondere die einem Arbeits- zu einem Todeslager. Geschichtsvereins Schirmeck. Erinnerungen des ehemaligen Schir- Die Häftlinge wurden von deut- Sonntag, 13. Mai: Besuch des meck-Häftlings Pierre Seels an Karl schen Unternehmen, insbesondere neuen Regionalmuseums in Schirmeck Buck. Eine kleine Lesung aus diesem in Baden-Württemberg und dem (www.memorial-alsace-moselle.com) Buch bereiten wir für die Exkursion Elsass, erbarmungslos ausgebeutet. mit Schwerpunkt der Zeit von 1870 bis vor. 1945. Erkundungen zur elsässischen Doch auch über die engere NS- Geschichte auf einem „Bunkerweg“ Im kollektiven Bewusstsein der zwi- Geschichte hinaus bietet die Exkur- durch Schützengräben des Ersten schen Frankreich und Deutschland sion Gelegenheit sich mit der span- Weltkrieges und auf einem „Weg der seit 1871 hin- und hergerissenen nungsreichen deutsch-französischen Fluchthelfer“ zum Dorf Moussey. Provinz haben die Haftstätten für Geschichte des 20. Jahrhunderts im Kosten: ca. 150 ∑ mit Übernachtung, politische Häftlinge und ihr Kom- Grenzgebiet auseinanderzusetzen. HP, Führungen und Fahrtkostenbeteili- mandant tiefe Spuren hinterlassen, Hervorragende Möglichkeiten dazu gung. (Unverbindliche Schätzung) die wir thematisieren wollen. Ein bieten das neu eröffnete regionalhis- Anmeldungen bis Dienstag, spannender Höhepunkt wird die torische Museum in Schirmeck und 15.12.2011, im DZOK-Büro. Begegnung und der Austausch mit die Besichtigung militärischhistori-

14 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 15 „Ferienexpress“: Grundschüler in der KZ-Gedenkstätte Was Steine von Gefangenen erzählen

Gute Erfahrungen hat das Doku- Gemäß diesen Überlegungen bietet mentationszentrum einmal mehr das DZOK seit drei Jahren ein Feri- mit seinem „Ferienexpress“ enangebot für Kinder zwischen 6-12 gemacht. Auf kindgerechte Weise Jahren an, im Rahmen eines gemein- werden dabei Grundschüler mit samen Ferienprogramms der Neu- dem Themenfeld „Nationalsozi- Ulmer und Ulmer Museen. Im Fol- alismus“ in Berührung gebracht genden möchten wir von unserem - wobei diese immer wieder durch diesjährigen „Ferienexpress“ ihre Detailkenntnisse verblüffen. berichten. Einige Kinder nahmen bereits das dritte Mal an Programm Edeltraud Aubele und Annette Lein teil. Sie haben sich wieder – ebenso wie die Neuankömmlinge – mit Die Debatte, ob sich Nationalsozia- großem Interesse eingebracht. Wir lismus und Holocaust überhaupt als bemühten uns zunächst, die Kinder Themen für Kinder eignen, wird in auf ihrem jeweiligen Wissenstand Deutschland – anders als in den Nie- abzuholen und sie in die Thematik derlanden oder in Israel – eher zag- einzuführen. Für diesen ersten haft geführt: Wenige Gedenkstätten Schritt fragten wir unsere kleinen haben bisher entsprechende Ange- Besucher, was sie über den Ort bote entwickelt. Lange Erfahrung in Oberer Kuhberg wissen. Die Reso- nanz war groß. Die Kinder liebten Ulmer Kinder im Alter von acht bis elf Jahren der Arbeit mit Kindern bringen wohl lernen im Rahmen des „Ferienexpresses“ vor allem die Mitarbeiter/-innen der es sich mitzuteilen und zu zeigen, was sie schon alles wussten. Es galt am 4. August 2011 zum ersten Mal eine KZ- Euthanasie-Gedenkstätte Hadamar Gedenkstätte kennen. A-DZOK. sowie Pädagog/-innen am Fritz- lediglich das Gesagte in eine Ord- Bauer-Institut und dem Jüdischen nung zu bringen. Museum Frankfurt am Main mit ein. Als Leitobjekt wählten wir in diesem nehmen. Die Kinder erfuhren in aus- Sie haben für ihre Arbeit wichtige Jahr einen Stein und besprachen führlichen Gesprächen vom Alltag Maximen für einen verantwortungs- mit den Kindern, warum Menschen der Häftlinge. Der letzte Arbeitsauf- vollen und kindgemäßen Zugang zu Steine, Muscheln und dergleichen trag war, auf dem mitgenommenen so schwierigen Themen wie „Eutha- sammeln. Wir fragten, ob sie selber Stein oder auf Papier zeichnerisch nasie“ und Holocaust entwickelt. auch schon mal einen Stein von darzustellen, was der Stein ihnen einem Ausflug mitgebracht hätten, erzählte. Selbstverständlich durften Bei allen berechtigten Ängsten und um z. B. der Mutter von dem sie ihre Werke dann ihren Eltern Zweifeln, warum Kinder in dem Erlebten zu berichten. So wurden zeigen und die Steine zur Erinnerung Alter sich überhaupt an Themen die Steine allgemein zu Erinnerungs- mit nach Hause nehmen. über die Zeit des Nationalsozia- trägern für die Kinder. Die nächste lismus annähern sollten, spricht Aufgabe bestand darin in den Zusammenfassend kann festgestellt doch auch einiges dafür, solche Ausstellungsräumen nach einem werden, dass Grundschulkinder Angebote zu gestalten. In der neu- ausgestellten Stein zu suchen. grundsätzlich an der Thematik inte- eren Holocaust Education wird etwa Schnell fanden die Kinder die „Heu- ressiert sind, ja geradezu begierig auf entwicklungspsychologische bergsteine“ (Erinnerungsobjekte von sind zu lernen. Sie nehmen alles Gründe hingewiesen, dass Kinder Häftlingen) und entdeckten, dass sie auf, erkunden auch selber die Aus- gerade in diesem Alter ein soziales bemalt und beschrieben waren. Nun stellung und stellen viele Fragen. Gewissen bilden und der Besuch in galt es die Bedeutung dieser Steine Grundsätzlich gilt, dass die Kinder einer Gedenkstätte hierfür hilfreich herauszufinden. Was erzählen die ein tiefgreifendes Verständnis von sein könnte. Außerdem haben viele Steine? Wer wollte, dass was erin- Recht und Unrecht mitbringen und Kinder schon im Grundschulalter Ver- nert wurde? Auf diese Weise lernten nicht von der Thematik überfordert satzstücke vom Nationalsozialismus die Kinder die Gefangenen kennen sind. Es bleibt jedoch anzumerken, im Kopf, dazu gehören Krieg, Hitler und erfuhren dass es bei uns nicht dass bei uns im Gegensatz zu der und Judenmord und sie haben ein immer rechtsstaatliche Verhältnisse eingangs thematisierten Holocaust starkes Bedürfnis sich mit Fragen gab. Erstaunlicherweise brachten Education das Augenmerk nicht auf von Gerechtigkeit im Zusammen- einige Kinder sehr detaillierte Kennt- die Vermittlung von Massenmord leben von Menschen auseinander zu nisse des gegenwärtigen politischen gerichtet ist, sondern auf die poli- setzen. Gedenkstättenpädagog/innen Systems mit. Die Kinder erfassten tischen Häftlinge und die frühen können diese kindlichen Denkbilder den Unterschied von Diktatur und Konzentrationslager. Politische und Bedürfnisse verantwortungsvoll Demokratie und erkannten, warum Bildungsarbeit und Demokratieer- aufgreifen und in eine behutsame die Häftlinge inhaftiert waren. ziehung kann dieser Altersgruppe Auseinandersetzung lenken, wenn Im dritten Teil unseres Lernangebots angeboten werden, sie muss jedoch sie sorgsam mit der Vorstellungs- gingen wir mit den Kindern in die gewissen Anforderungen gerecht kraft der Kinder, ihrer grundsätzlichen Kasematten. Dort hatten wir bereits werden. Wichtigste Voraussetzung Neugier und ihrem kreativen Aus- vereinfachte Zitate und Steine auf einer kindgerechten Annäherung druckswillen am authentischen Ort den Zitattafeln ausgelegt. Jedes sind kleine Gruppen, in denen auf die umgehen. Kind durfte ein Zitat lesen, eine Bedürfnisse der Kleinen individuell Kerze anzünden und einen Stein mit- eingegangen werden kann.

14 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 15 Paul-Lechler-Stiftung und das Land fördern interkulturelle Arbeit am DZOK Multiperspektivischer Zugang zur NS-Geschichte für Hauptschüler

Gute Nachricht: Die Paul-Lechler- Stiftung wird von Januar 2012 bis Dezember 2014 – gemeinsam mit dem Land die interkulturelle Arbeit des DZOK großzügig unterstützen. Ein Pilotprojekt am DZOK für Hauptschüler kann somit Früchte tragen.

Nicola Wenge und Annette Lein

Im November 2009 präsentierten Ulmer HauptschülerInnen in der KZ-Gedenkstätte im Rahmen der jährlichen Gedenkfeier einen selbst produzierten Film und zwei Hip- Hop-Stücke zum Thema „Was geht mich Eure Geschichte an?“. Die Vorführung bildete den Höhepunkt eines dreitägigen Projekts, das in Kooperation mit der Adalbert-Stifter- Schule und dem Stadtjugendring Ulm durchgeführt und in Heft 52 der Mitteilungen ausführlich mit Hinter- gründen, Zielen, positivem Verlauf Pilotprojekt 2009 – die Schüler mit den Coaches bei der Erarbeitung der Hip-Hop-Texte. Foto: D. Fumy. A-DZOK. und erstem Resümee vorgestellt wurde.

Das Pilotprojekt wurde zwar sehr aufmerksam wahrgenommen und in Stuttgart gegründet und hat heute werden. Auch die Produktion didak- fand in Baden-Württemberg auch ihren Sitz in Ludwigsburg. Sie för- tischer Materialien ist geplant. Das viel Anerkennung, war aber hinsicht- dert ausschließlich Projekte und Projekt richtet sich natürlich in erster lich der interkulturellen Öffnung der Modellversuche gemeinnütziger und Linie an die Hauptschüler aus Ulm Gedenkstättenarbeit in Ulm und auch kirchlicher Einrichtungen, vorrangig und anderen Städten sowie an ihre landesweit nur ein erster wichtiger Bildungs- und Inklusionsprojekte für Lehrer und Sozialarbeiter, aber auch Schritt. Für eine nachhaltige Weiter- Kinder, Jugendliche und Erwachsene an ihre Familien und Freunde sowie entwicklung und Verstetigung am in Baden-Württemberg. externe Partner, z. B. Migrantenver- DZOK war eine finanzielle Förderung eine. zwingend erforderlich. Und so haben Was ist nun für die nächsten drei wir – nach einem internen Abstim- Jahre am DZOK geplant? Wir wollen Für uns ist das Projekt weit mehr mungsprozess über Ziele und Wege am außerschulischen Lernort Oberer als nur ein gedenkstättenpädago- der weiteren Arbeit – einen Antrag Kuhberg für Hauptschülerinnen und gischer Griff in die Methodenkiste. bei der Paul-Lechler-Stiftung gestellt, -schüler einen multiperspektivischen Die Arbeit mit Jugendlichen, die aus weil diese uns von ihrem Profil her Zugang zur NS-Geschichte entwi- vielen gesellschaftlichen Bereichen als potenzieller Partner und Förderer ckeln, der ihre unterschiedliche Fami- schon ausgeschlossen sind oder nur passend erschien. Im August kam die liengeschichten und Zuschreibungen sehr wenig Zugangschancen haben, Nachricht, dass die Stiftung das Pro- auf- und ernst nimmt. Hierzu sollen ist auch ein politisches und gesell- jekt für besonders förderungswürdig geeignete Angebote entwickelt schaftliches Emanzipationsangebot. hält und die beantragten Mittel in werden, die den Schülerinnen das Es soll Mut machen zur gesellschaft- vollem Umfang zur Verfügung stellen historische und gegenwartsbezo- lichen Teilhabe, zur Suche nach den wird. Sie wird von Januar 2012 bis gene Lernen erleichtern, z. B. durch eigenen Wurzeln und dem Platz in Dezember 2014 – gemeinsam mit den Einsatz von Handykameras oder dieser Stadt und in diesem Land. In dem Land – die interkulturelle Arbeit Musik. Diese Angebote sollen teils diesem Sinne ist das interkulturelle des DZOK großzügig unterstützen. in Projektform stattfinden, teils als Projekt vielleicht die folgerichtige Die Stiftung selbst wurde 1928 von Bausteine in Führungen und päda- Fortsetzung der Graswurzelprojekte dem Sozialreformer Dr. Paul Lechler gogische Basisangebote integriert aus den 1970er und 1980er Jahren.

16 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 17 Zuschusskürzungen, Spendenrückgänge Zur Haushaltslage des DZOK

Unsere aktuelle Situation ist Etwa 15 Prozent davon müssen von insgesamt 90.000 ∑ abgedeckt, paradox: Besucherzahlen, Vernet- durch Spenden finanziert werden: die Mittel für das Pädagogikprojekt zung in Stadt und Land und inhalt- Bei dem aktuellen Spendenrückgang müssen jedoch aus dem Haushalt liche Arbeit sind sehr gut, finanziell klafft hier im Haushalt eine Lücke finanziert werden. könnten wir aber mittelfristig einen von 15.000 ∑, die bald geschlossen Rettungsschirm brauchen, wenn werden muss. Neben den geschilderten laufenden nichts geschieht. Ausgaben stehen dringende Inves- Angesichts der angespannten finanzi- titionen an: Der Servicevertrag für Wolfgang Keck, Vereinsvorsitzender ellen Situation beschlossen Vorstand den Fotokopierer wurde von der und Geschäftsführerin im Juli, sich Firma zum November gekündigt, da Die Gründe hierfür liegen im Wegfall verstärkt um die Einwerbung von das Gerät älter als 12 Jahre ist. Es von Projektgeldern (Pädagogikpro- Spenden und Drittmitteln zu küm- muss also Ersatz beschafft werden. jekt 2007-2010), Kürzungen des städ- mern. Es ist uns zwar gelungen, für Die Computer sind über 7 Jahre alt, tischen Zuschusses um 3 Prozent die Unterstützung der pädagogischen der erste Rechner ist bereits irre- (2011 und wohl auch 2012) sowie Arbeit von der Paul-Lechler-Stiftung parabel ausgefallen. Auch da ist in einem massiven Spendenrückgang. eine großzügige Förderung für ein Kürze mit notwendigen Ausgaben Der Haushalt des DZOK wird deshalb interkulturelles Pädagogikprojekt zu zu rechnen. Dringend benötigt wird dieses Jahr, wie auch im Kassenbe- erhalten, aber die Spendenlage hat eine zumindest elementare Ausstat- richt auf der Mitgliederversammlung sich trotz unserer bisherigen Bemü- tung mit Geräten für die modernen dargestellt, mit einem Verlust von hungen nicht verbessert. Medien (Fotoapparat, Videokamera ca. 15.000 ∑ abgeschlossen. Dieser und Beamer). Für keine dieser Inves- Verlust kann noch aus dem Kas- Auch hier stehen wir also wieder vor titionen haben wir derzeit die dafür senbestand ausgeglichen werden. einer paradoxen Situation: Einerseits notwendigen Mittel. Allerdings beträgt dann der Bestand ist die erfolgreiche Einwerbung von lediglich noch 9.000 ∑. Das ist das Projektmitteln sehr erfreulich und Meine dringende Bitte an alle Lese- absolut notwendige Minimum, da wir wir sehen darin auch eine Anerken- rinnen und Leser dieser Zeilen ist, monatliche Zahlungsverpflichtungen nung der Arbeit des DZOK. Auf der dass Sie auch in diesen wirtschaft- wie Gehälter und Miete haben. anderen Seite muss das DZOK bei lich angespannten Zeiten prüfen, beiden Projekten neben der stär- ob Sie nicht mit einer kleinen oder Auch bei sparsamster Haushaltsfüh- keren Arbeitsbelastung für die Mit- größeren Spende die finanzielle rung durch die haupt- und ehrenamt- arbeiterinnen auch erhebliche finan- Situation des DZOK verbessern und lichen Mitarbeiter benötigt das DZOK zielle Eigenleistungen aufbringen. damit unsere gerade in dieser Zeit ca. 200.000 ∑ jährlich für die Bezah- Diese sind für das Archivprojekt notwendige politische Bildungsarbeit lung der laufenden Verpflichtungen. durch eine sehr großzügige Spende unterstützen wollen.

„Württembergisches Schutzhaftlager Ulm“: Ein frühes KZ im Nationalsozialismus (1933-1935) Neuauflage der didaktischen Materialien

Die 1995 erschienene und 2004 allem diejenigen jüngeren Datums, Gleichwohl besteht nach wie vor neu bearbeitete Handreichung längst vergriffen. Das gilt auch für die das verständliche Bedürfnis, vor über das KZ Oberer Kuhberg wird Handreichung „Württembergisches Ort – aber nicht nur dort – etwas derzeit überarbeitet. Die Neuauf- Schutzhaftlager Ulm“. Gedrucktes zum besuchten Lernort lage soll im Frühsommer 2012 in Die Aktivitäten zur Unterstützung der erwerben zu können beziehungs- Druck gehen. Unterrichtspraxis, die seinerzeit in weise in der Hand zu haben. Und diese Publikationsreihe mündeten, so freut es mich ganz besonders, Stephan Podes sind inzwischen in die „Arbeitskreise dass es dem Dokumentationszen- Landeskunde/Landesgeschichte im trum Oberer Kuhberg und dem Viele Jahre hat das frühere Ober- Unterricht“ der Regierungspräsidien Regierungspräsidium Tübingen nach schulamt Tübingen in unregelmäßiger integriert. Neben Fortbildungen gemeinsamen, immer äußerst koo- Folge die Reihe „Materialien zur Lan- werden die Ergebnisse dieser perativen Anstrengungen im Vorfeld, deskunde und Landesgeschichte“ Arbeitskreise für die einzelne Lehr- vor allem zur Frage der Finanzierung, herausgegeben. Es handelte sich kraft in erster Linie durch die zahl- gelungen ist, eine Neubearbeitung um Handreichungen für den landes- reichen, im Internet verfügbaren der Handreichung „Württembergi- kundlich-historischen Unterricht im Unterrichtsmodule fruchtbar (Landes- sches Schutzhaftlager Ulm“ nun- Regierungsbezirk Tübingen. Sie sind bildungsserver: www.landeskunde- mehr in Angriff zu nehmen. sehr begehrt gewesen und so sind bw.de), nicht jedoch durch gedruckte Frau Dr. Ruep, damals Präsidentin die meisten dieser Publikationen, vor Publikationen. des Oberschulamts Tübingen und

16 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 17 heute Ministerialdirektorin im Kul- über unterschiedliche Möglichkeiten, tusministerium, schreibt 2004 im den Besuch in der Gedenkstätte zu INFO Vorwort: „Gedenkstätten wie die gestalten. Sie eröffnet ein Spektrum Dr. Stephan Podes arbeitet am Regie- auf dem Ulmer Kuhberg können analytischer und kreativer Lernange- rungspräsidium Tübingen als Fachre- kein Mittel direkter Bekämpfung von bote, die auf Jugendliche der ver- ferent in der Abteilung Schule und demokratiefeindlichem Radikalismus schiedenen Alters- und Schulstufen Bildung. und Neonazismus sein, aber sie zugeschnitten sind. Damit ist die können vor allem jungen Menschen Handreichung für Multiplikatoren die Bedeutung von Humanität und als Arbeitsunterstützung unentbehr- Toleranz für einen demokratischen lich und zugleich eine unerlässliche Die 2. Auflage der Handreichung Rechtsstaat aufzeigen. Die Desorien- Grundlage für einen aktiven, selbst soll in leicht überarbeiteter Fassung tierung vieler junger Deutscher zeigt erkundenden Zugang zur Gedenk- erscheinen. Bei gleichem Umfang sollen noch heute, wie wenig bei manchen stätte. Sie hat sich im gedenkstät- manche Passagen des alten Hefts ent- das nationalsozialistische Erbe ver- tenpädagogischen Alltag – in ihrem fallen, viele übernommen, einige leicht, standen oder kritisch verarbeitet ist.“ bisherigen Umfang und als Printme- andere komplett neu bearbeitet werden. Diese Einschätzung halte ich auch dium – außerordentlich bewährt. Ein besonderer Neuakzent liegt auf der heute noch für voll gültig, so dass Der sehr ambitionierte Zeitplan hat Entwicklung von Arbeitsbögen, die zum diese Publikation nach wie vor ihre für die Drucklegung der Neuauflage selbst erkundenden Lernen mit den uneingeschränkte Berechtigung hat. den Frühsommer 2012 ins Auge Biografiealben einladen. Die Redaktion Diese Handreichung bietet Lehrer/ gefasst. Ich wünsche allen, die daran für die zweite Auflage setzt sich aus -innen und Schüler/innen Informa- beteiligt sind, die Handreichung zu nebenamtlich an der Gedenkstätte tions- und Arbeitshilfen für den aktualisieren, eine glückliche Hand arbeitenden Lehrern, dem hauptamt- Besuch in der KZ-Gedenkstätte. Die und würde mich freuen, wenn ich lichen Team und einigen Freiwilligen ausgewählten Hintergrundinformati- Frau Dr. Wenge persönlich das erste zusammen. Die Finanzierung wird vom onen dienen der gezielten Vor- und druckfrische Exemplar in Ulm über- Regierungspräsidium und der Stiftung Nachbereitung des Besuchs. Die reichen könnte. Erinnerung Ulm getragen. Handreichung informiert zudem

+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+Leserbriefe+++Leser

„Eigentlich alles lesenswert“ habe ich erfahren, dass ihr wieder wurde meines Wissens gemeinsam eine Praktikantin der Frauenaka- mit seiner schwangeren Freundin in Ich fand mehrere für mich höchst demie genommen habt. Das finde Naumburg festgenommen. Während interessante Texte, alles gut ich klasse. Zum Mitteilungsheft Juli Henne nach Ulm überstellt wurde, geschrieben, klar, verständlich, 2011: ich habe das Gefühl, dass das saß sie in Halle in Untersuchungs- ohne Fehler! eigentlich alles lesens- Mitteilungsheft immer noch besser haft. Bei einem Bombenangriff, der wert, soweit ich beim Überfliegen wird. Das Schwerpunktthema Ulmer einige Gebäude des Gerichtsgefäng- erkannte. Sehr gut fand ich das Justiz ist hoch interessant, ebenso nisses zerstörte, wurde sie zunächst Interview zum Thema „Justiz in Ulm gefallen mir die wunderbaren Buch- verschüttet, am Nachmittag des während des Nationalsozialismus“. besprechungen. Angriffstages (Ostersamstag, 31. Die Interviewerin hatte wohl die März 1945) jedoch „ausgegraben“, in offenherzigsten unter den möglichen Elke Ruff, Ulm den „Roten Ochsen“ überstellt und Befragbaren aufgetan, wobei sogar hat drei Tage später hier entbunden. diese nicht völlig frei von apologe- In unserer Ausstellung befindet tischen Tendenzen sind … Vielen sich ein Foto der Frau gemeinsam Dank auch für den Text von Oliver Von Naumburg nach Ulm überstellt mit ihrer Tochter. Das Foto wurde Thron über seine Nachforschungen am 17. April 1945 von einem der und sein Buch. Beschämt muss ich Liebe Kolleginnen und Kollegen, berühmtesten amerikanischen immer neu erkennen, wie wenig ich mit großem Interesse habe ich in Frontfotografen aufgenommen, von noch immer von jener Zeit weiß und Ihren neuesten Mitteilungen (Heft Johnny Florea. Ich habe die Frau wie wenig viele meiner Zeitgenossen 54/Juli 2011) die Vorstellung des noch kennen gelernt. Die 1945 gebo- wissen wollen. Auch die Kurznach- Buches Deserteure und „Wehrkraft- rene Tochter ist bereits Ende der richten und die Rezensionen sind zersetzer“ in Ulm – Ein Gedenkbuch 1980er Jahre verstorben, hat aber durchweg lesenswert – für mich also für die Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm einen Sohn hinterlassen, der somit noch mehr als genug Lese-Arbeit bis (Oliver Thron) gelesen. (…) Kurt Hennes Enkel ist. Er ist jetzt 41 zum nächsten Heft! Hintergrund meines besonderen Jahre alt und weiß nichts von seinem Euch allen: DANKESCHÖN! Interesses an dem Gedenkbuch ist Großvater. Mit der Übersendung zunächst der Sachverhalt, dass im der Publikation würden Sie mir sehr Veit Feger, Ehingen „Roten Ochsen“ 275 Todesurteile helfen, wichtige Informationen zu von Wehrmachtgerichten vollstreckt bekommen. Für Ihre Unterstützung wurden und wir intensiv darüber herzlichen Dank. forschen. Darüber hinaus bringen „Immer noch besser“ Sie in dem o. g. Artikel als eines Michael, Viebig, Gedenkstätte Roter der Einzelbeispiele den 30-jährigen Ochse Halle (Saale) Danke für die Zusendung der Nach- Soldaten Kurt Henne. Ich kenne Teile richten aus dem DZOK. Daraus seiner Fahnenfluchtgeschichte. Er

18 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 19 Lotte Frenkel, Tochter eines jüdischen Ulmer Bankiers, 102-jährig verstorben Von Ulm nach Palästina und dann nach New York

Im hohen Alter von 102 Jahren ist vergangenen Januar in New York die in Ulm geborene Jüdin Lotte Frenkel verstorben. Die aus- gebildete Krankenschwester war Tochter eines Bankiers, der sein Institut am Weinhof hatte.

Silvester Lechner

Am Ulmer Weinhof, wo sich bis November 1938 die Synagoge der jüdischen Gemeinde befand und an deren Stelle heute ein Gebäude der größten Ulmer Bank, der Sparkasse, steht, gab es von 1901 bis in die Nazi- Zeit hinein auch einmal eine kleine Privatbank, die jüdische Besitzer hatte. Die Adresse war Weinhof 6 (nordwestlicher Teil des Weinhofs, zwischen Schwörhaus und Wein- hofberg) und der Eigentümer hieß Das Foto von 1992 zeigt ganz links Lotte Frenkel mit Teilen ihrer Familie, darunter hinten rechts ihr Emil Mayer, geboren 1871 in Ulm Neffe Henry Frankel (geb. 1933 in Ulm) und seine Frau Helene. Foto: S. Lechner, A-DZOK. und dort 1937 gestorben. Verheiratet war er mit Julie Kiefe, geboren 1881 in Baisingen. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Fritz, Marie und Lotte. Die jüngste Tochter der Mayers, Lottes ältere Schwester Marie (geb. Nachbemerkung: Wenn in den Lotte, ist im vergangenen Januar im 7. Januar 1908) war auch von Beruf nächsten Jahren am Weinhof eine Alter von 102 Jahren in Manhattan/ Krankenschwester und blieb nach neue Synagoge der gegenwärtigen New York verstorben. Geboren dem Krieg bis zu ihrem Tod 1980 in jüdischen Gemeinde Ulms entstehen wurde sie am 16. Dezember 1908 Israel. wird, ist auch des Schicksals der jüdi- in Ulm. Sie war ausgebildete „Für- Das älteste Kind der Mayers war schen Familie Mayer zu gedenken, sorgerin“ bzw. Krankenschwester Friedrich, ein Leben lang Fritz die ihr Geschäft und ihre Wohnung („nurse“) und arbeitete bis zu ihrem genannt. Er wurde am 20. Januar keinen Steinwurf weit von der neuen Ruhestand in diesem Beruf; u .a. in 1906 in Ulm geboren. Er starb mit Synagoge entfernt hatte. Ulm, und nach der „Machtergrei- 33 Jahren. Friedrich Mayer hatte fung“ der Nazis in Bagdad, in Tel eine Banklehre gemacht und hatte Aviv und schließlich ab den 1950er 1937 zusammen mit seiner Mutter Jahren in New York. In Palästina traf die Leitung des Ulmer Bankhauses sie ihren Ulmer Jugendfreund, Willi übernommen, das freilich zu dieser Frenkel (1908-1991), dessen Vater Zeit infolge des Boykotts jüdischer Die Daten sind entnommen: Jakob und später dessen älterer Geschäfte im Niedergang begriffen Ingo Bergmann: Und erinnere dich Bruder Abraham/ Adolf in Ulm meh- war. immer an mich. Gedenkbuch für die rere Zigarrenläden besaßen. Lotte In der Ulmer „Kristallnacht“ (9. Ulmer Opfer des Holocaust. Ulm Mayer und Willi Frenkel heirateten in November 1938) wurde Fritz Mayer 2009, S. 109. Tel Aviv 1936 und gingen im Sommer aus dem Bett geholt, schwer miss- Ingo Bergmann, Silvester Lechner: 1950 in die USA. Frenkel hatte seine handelt und mit ca. 52 anderen Lodz – Ulm – New Jersey. Die kaufmännische Ausbildung im Ulmer männlichen Juden aus Laupheim, Geschichte der jüdischen Familie „Kaufhaus Brüder Landauer“, in der Buttenhausen und Ulm ins KZ Frenkel, die 1938 aus Ulm vertrieben Donaustraße 4, gemacht und ging Dachau verschleppt. In Dachau wurde. Manuskript, Ulm 2006, später zum berühmten Kaufhaus wurde er nicht nur weiter misshan- S. 28 f Schocken nach Frankfurt. 1934 delt, sondern es wurde ihm, der seit Heinz Keil: Dokumentation über die schickte ihn Schocken nach Paläs- Jahren an Leukämie erkrankt war, verfolgten jüdischen Bürger von tina, wo er an der heute noch beste- jedes lebensnotwendige Medika- Ulm. Manuskript, Ulm 1961, u. a. henden damaligen Schocken-Zeitung ment verweigert. Infolge dieser Tor- S. 161, 329. Haaretz in der Geschäftsführung tätig turen starb er wenige Wochen nach Zu danken ist Henry Frankel und war. In den USA arbeitete Frenkel bis der Rückkehr aus dem KZ im März seinem Sohn Alan für weitere Infor- zum Ruhestand als Börsenmakler an 1939 in Ulm. mationen. der Wall-Street.

18 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 19 Nachruf auf Roman Sobkowiak Ein besonderer Zeitzeuge ist verstummt

Roman Sobkowiak ist tot. Seine nicht vergessen zu lassen und sich Lebensgeschichte ist nicht nur eine zugleich für eine deutsch-polnische bewegende polnisch-deutsche Versöhnung einzusetzen. In Ulm Biografie. Von 1942 an war sie eng war er ein wichtiger Partner und mit der Region Ulm verflochten. gefragter Referent des Dokumenta- Seit zwei Jahrzehnten bestanden tionszentrums und der Ulmer Volks- enge Bande mit dem Dokumentati- hochschule. Seine Biografie ist im onszentrum Oberer Kuhberg. EinsteinHaus im Rahmen der Dau- erausstellung zum Ulmer Jugend- Silvester Lechner und Nicola Wenge widerstand im Zweiten Weltkrieg vorgestellt. Am 11. August 1923 im Städtchen Dafür dass Roman nicht geschwiegen Szkaradowo, im deutsch-polnischen hat, sondern mit Leidenschaft und Grenzbereich der ehemaligen preu- Ausdauer, mit Geduld und großer ßischen, damals polnischen Provinz Menschenfreundlichkeit durch seine Posen (heute Woiwodschaft Poznan) persönliche Geschichte die große geboren, änderte sich sein Leben Geschichte des 20. Jahrhunderts ver- und das seiner Familie radikal mit stehbarer gemacht hat, sind wir ihm dem Einmarsch der dankbar. Er hat das in einer Gesell- am 1. September 1939 und der fol- schaft getan, die „ von einem Polen“ genden Besetzung Polens. Da die Roman Sobkowiak. A-DZOK. wahrhaft anderes hören wollte als Deutschen alle polnischen Schulen „die alten Nazigeschichten“. schlossen, war auch Romans Schul- Am 15. September ist Roman Sobko- zeit als Gymnasiast beendet. wiak 88-jährig in einem Ulmer Kran- kenhaus verstorben, Vor Monaten Die Sobkowiaks wurden 1941 „aus- April 1942 im Musikhaus Reisser hat er zugestimmt, dass große Teile gesiedelt“, d. h. vertrieben, vorher am ehemaligen Hauptwachplatz als seines wertvollen Nachlasses in das aber noch bekamen sie in Lodz, in Radiomechaniker. Hier erlebte er Archiv des Dokumentationszentrums der Außenstelle des „Rasse- und Nationalsozialismus, Bombenkrieg aufgenommen werden. Siedlungshauptamtes“ (Berlin), von und Nachkriegszeit unmittelbar. Nach Roman bleibt somit unvergessen: in deutschen „Rasseexperten“ eine dem Krieg wurde er Mitarbeiter der hunderten von Dokumenten, aber „Sippennummer“ und mit ihr das alliierten Verwaltung und Mitgründer vor allem in den Herzen derjenigen, Etikett „eindeutschungsfähig“, d. h. der ersten Ulmer Kinos. Von 1951 die ihn erleben durften. für die nationalsozialistische Gesell- bis zur Rente 1983 war er im ehe- schaft brauchbar und nützlich zu maligen Telefunken- Röhrenwerk in sein. Ulm, zunächst als „Radiomeister“, Dieses Wort „eindeutschungsfähig“ schließlich in der Forschungsabtei- weist auf den besonderen, für die lung von AEG-Telefunken, u.a. bei Region Ulm einzigartigen Charakter der Entwicklung der Laser-Übertra- von Romans lebendiger Zeitzeugen- gungstechnik, angestellt. schaft hin; eine Zeitzeugenschaft Vor allem die Liebe und Ehe mit einer für eine – neben Antisemitismus, Schelklingerin und seine Familie, die Antiziganismus und Erbhygiene bis heute in Schelklingen lebt, halfen – zentrale Dimension des nationalso- ihm dabei, vom „heimatlosen Aus- zialistischen Rassismus. Denn in der länder“ zum deutschen Staatsbürger angemaßten Machtvollkommenheit zu werden und in der Region Ulm der „deutschen Herrenrasse“ wurde eine neue Heimat zu finden. Polen nicht nur als Staat aufgelöst Roman Sobkowiak begann im Ruhe- und als Land zerstört, sondern es stand seine Lebenserinnerungen wurde auch die gesamte polnische aufzuschreiben, die unter dem Gesellschaft in Kategorien eingeteilt Titel „Eindeutschungsfähig?!“ im und danach aus-, um- und ange- Jahr 2009 vom Dokumentations- siedelt und zu einem großen Teil zentrum Oberer Kuhberg im Verlag Roman Sobkowiak: Eindeutschungsfähig?! ermordet oder versklavt. Klemm + Oelschläger als Buch Eine polnisch-deutsche Biografie im NS-Staat So wurde Roman mit Teilen seiner herausgegeben wurden. In den und in der jungen Bundesrepublik. Ulm, 2007, 116 S. 19,80 ∑. Familie fast 1 000 km südwestlich letzten beiden Jahrzehnten seines deportiert, in das SS-„Umsiedlungs- Lebens gab er seine schmerzhaften lager“ im Schelklinger Konradihaus Erinnerungen in zahlreichen Zeitzeu- und dort unter Zwang „einge- gengesprächen und Veranstaltungen deutscht“. In Ulm arbeitete er ab weiter, um das erlittene Unrecht

20 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 21 Nachruf auf Johannes Heinzelmann Das KZ am Oberen Kuhberg und der Bub mit den Schneeglöckchen

Am 29. September ist Johannes Heinzelmann mit 84 Jahren in seiner Geburtsstadt Leutkirch im Allgäu gestorben. Er war tief geprägt von der Ulmer KZ-Haft seines Vaters und großzügiger Förderer des DZOK, zu dem er nach anfänglicher Skepsis großes Vertrauen gewonnen hatte.

Silvester Lechner

Vor etwa 20 Jahren waren wir vom DZOK in Kontakt zu ihm gekommen. Er hat uns damals seine Geschichte und die seiner Familie erzählt - anvertraut, muss man besser sagen; zunächst durchaus mit Misstrauen demgegenüber, was wir damit anfangen würden. Denn was er uns sagte, hatte sein Leben tief geprägt. Demütigungen, Ängste und Aggres- sionen gegenüber wirklichen und imaginären Feinden waren eigentlich unverarbeitet präsent bis in seine letzten Tage. Daneben aber gewann er Vertrauen zu uns, war liebens- würdig, anhänglich und großzügig. Er besuchte uns regelmäßig, brachte Pralinen, lud uns zum Essen ein, spendete immer wieder Geldbeträge fürs DZOK, förderte regelmäßig unsere Freiwilligen der Aktion Sühne- Johannes Heinzelmann. A-DZOK. zeichen Friedensdienst und nahm an allen Veranstaltungen, insbesondere an den Gedenkveranstaltungen am Volkstrauertag in der Gedenkstätte am Oberen Kuhberg teil. Am Wachhäuschen vor dem KZ behandelt, das Erholungsheim wurde Denn dort hat kurz nach seinem wurden sie angehalten, der Wach- beschlagnahmt und alle zusammen 7. Geburtstag, im Jahr 1934, die mann riss die Sachen aus dem Koffer flohen noch 1934 ins Herzogtum zentrale Geschichte seines Lebens und sagte bei jedem Stück, ehe er es Liechtenstein, wo sie bis Kriegsende begonnen. Sein Vater, er hieß eben- auf den Boden warf:, „braucht er it blieben. Der Vater starb bald und falls Johannes, hatte in den frühen (nicht)“. Der kleine Johannes aber für den kleinen Johannes begann 1920er-Jahren eine freikirchliche streckte dem Uniformierten einen ein schwieriges, unstetes Leben. Er Gemeinde gegründet, wurde Pre- Strauß mit Schneeglöckchen, die er blieb unverheiratet. Den Satz des diger und führte in Leutkirch ein daheim im Garten gepflückt hatte, Wachmanns aber wiederholte er bei christliches Erholungsheim. Als die entgegen mit den Worten, „für den fast jeder Begegnung mit ihm bis Nazis an die Macht kamen, ignorierte Vater“. Der Wachmann wiederholte, ins letzte Lebensjahr und man hatte er deren Embleme und Rituale und „braucht er it“, ergriff sie, warf sie den Eindruck, diese Botschaft des verweigerte den „Hitlergruß“ mit der auf den Boden und trampelte drauf „Nicht-Gebraucht-Werdens“ behielt Begründung, „das Heil kommt nur herum. Mutter und Sohn mussten Bedeutung für ihn ein Leben lang. von Gott“. Er wurde von der Gestapo gehen, ohne den Vater, der erst Vielleicht waren wir vom DZOK in verhaftet und ins Ulmer KZ auf dem einige Wochen später entlassen seinem Ruhestand ein Stück Ersatz- Oberen Kuhberg gebracht. Erst drei wurde. familie für ihn. Für uns jedenfalls war Tage später erfuhr die Familie, wo Im Rückblick kann man fast sagen: er Freund und Begleiter über viele der Vater sich befand. Die Mutter von diesem Tag an war ein großer Jahre hin. Und mit seiner Geschichte, packte einen kleinen Koffer mit den Teil der Welt unbegreiflich und böse die ergreifend wie kaum eine andere wichtigsten Utensilien, nahm den für den kleinen Johannes geworden. die KZ-Realität spiegelt, wurde er ein Sohn Johannes an der Hand, fuhr Die Familienmitglieder (es gab noch Stück Kuhberg-Geschichte. Und das mit dem Zug nach Ulm und ging vom zwei ältere Geschwister) wurden bleibt sie und auch der, der sie erlebt Bahnhof auf den Oberen Kuhberg. in Leutkirch fortan wie Aussätzige und uns erzählt hat.

20 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 21 Rückblick auf Veranstaltungen und Ereignisse des Ulmer Dokumentationszentrums und der Stiftung Erinnerung Ulm, im Jahr 2011

Unsere Arbeit in Zahlen 31. Januar: Studientag in der - ca. 355 begleitete pädagogische Gedenkstätte für Studierende der PH Angebote (270 Führungen, 44 Heidelberg mit Dr. A. Hettinger. pädagogische Projekte zusätz- 2. Februar: Präsentation der revi- lich zum Basisangebot, 41 dierten Dauerausstellung und des Schülerpräsentationen in der Leitfadens zu „Jugendarbeit und KZ-Gedenkstätte und über die Demokratieerziehung an KZ-Gedenk- Themen der Gedenkstätte und stätten Baden-Württemberg“ für die des DZOK in Schulen, mit inten- Presse und interessierte Öffentlich- siver und individueller Betreuung keit. durch ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter (35 GFS als Führung 14. Januar: Günther Merkle bei den Drehar- durch die Gedenkstätte, 6 Abi- beiten in der KZ-Gedenkstätte. Foto: M. Stohrer, turpräsentationen) A-DZOK. - ca. 8.000 Besucher in der Gedenkstätte, darunter 6.200 Jugendliche 18. Januar: Gerhard Mayer und Nicola Wenge zu Gast bei der SWP- - regelmäßige Öffnungszeiten für Veranstaltung „Wir lesen“ im Stadt- Einzelbesucher: sonntags 14- haus. G. Mayer hatte ein Förderabo 17 Uhr, Führungen 14.30 Uhr des DZOK für die Berblinger Haupt- - Durchführung von ca. 40 Semi- schule gestiftet. naren, Vorträgen, Gesprächs- 2. Februar: Blick in die revidierte Dauerausstel- 19. Januar: Verleihung des Bun- lung mit neuer Medienstation im Eingangsbe- gruppen, Veranstaltungen etc. desverdienstkreuzes an Sibylle reich. Foto: G. Braun. zur Geschichte des National- Goldmann, wichtige Mitarbeiterin sozialismus in der Region Ulm/ der Gedenkstätte KZ Auschwitz-Bir- Neu-Ulm und zur Gewalt- und kenau und langjähriges DZOK-Ver- 11. Februar: Projekttag in der Rechtsradikalismus-Prävention einsmitglied. Gedenkstätte für Studierende zur für ca. 2.500 Personen 20. Januar: Das erste von fünfzehn Bildungsarbeit an NS-Gedenkorten - ca. 1.300 Anfragen von Institu- Treffen der Jugendgruppe des der Universität Augsburg mit Dr. A. tionen und Einzelpersonen des DZOK. Eberle. In-und Auslands, vor allem von 14. Februar: 8. Jahrestag der Stif- Forschern, Studenten, Schülern, 24. Januar: Verleihung des „Ober- tung Erinnerung Ulm im Stadthaus: Opfer-Angehörigen, interes- mayer-German Jewish History „Demokratie und Freiheit in Süd- sierten Bürgern, Journalisten Award“ in Berlin an Filmemacherin osteuropa noch immer gefährdet“ sowie KollegInnen aus anderen Sibylle Tiedemann, deren Arbeit das mit Klaus Prömpers und Jürgen Gedenkstätten Doku-Zentrum und die Stiftung Erin- nerung Ulm seit Jahren begleiten Dieringer. und fördern. 24. Januar: Arbeitstreffen von Nicola Eine Auswahl wichtiger Aktivitäten Wenge mit Dr. Thomas Lutz, Topo- 7. Januar: Neujahrstreffen des graphie des Terrors in Berlin sowie Gedenkstättenteams. mit Dr. Matthias Buchholz, Archivar der Stiftung zu Aufarbeitung der 11. Januar: Ein Vorstandsmitglied SED-Diktatur und K. Pflug, LpB-BW, des Lernorts Synagoge Hainsfarth zur Vorbereitung des Archivprojekts e.V. besucht das DZOK, um sich über des DZOK. zeitgemäße Bildungsangebote zu informieren. 27. Januar: Nationaler Gedenktag, in Ulm mit einer Gedenkstunde am 14. Februar: Klaus Prömpers (links) und Jürgen 14. Januar: Günther Merkle Nachmittag in der KZ-Gedenkstätte Dieringer (dritter von links) bei der Podi- („Protel-Medien“) macht Filmauf- Oberer Kuhberg und am Abend mit umsdiskussion mit Ivo Gönner und Wilhelm nahmen für die neue Medienstation einer Veranstaltung im Stadthaus Hölkemeier/SWP. Foto: D. Nülle, A-DZOK. in der Gedenkstätte. Einer von 6 Ulm:„Der nationalsozialistische Völ- Drehtagen, begleitet von redaktio- kermord an den Sinti und Roma“ nellen Treffen. mit Dr. Karola Fings, NS-Dokumenta- 17. Februar: Vernissage der Aus- 17. Januar: Die erste von zwei tionszentrum der Stadt Köln, Daniel stellung „Bilder aus dem Exil“ und Jahressitzungen der „Stiftung Erin- Strauß, Vorsitzender des Landesver- Filmvorführung „Briefe aus Chicago“ nerung Ulm“. bandes der Sinti und Roma in BW, von und mit Sibylle Tiedemann im 18. Januar: Die erste von zehn Vor- u. a. Donauschwäbischen Zentralmu- standssitzungen des Trägervereins 30. Januar: Die Gedenkstätte öffnet seum, gefördert von der Stiftung im Jahr 2011. wieder nach der Winterpause. Erinnerung Ulm.

22 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 23 19. Februar: Ehrenamtliche 9.-10. April: Jahrestagung der Mitarbeiter/-innen vertreten das Gedenkstätten des Landes in Bad DZOK auf der 3. Ulmer Freiwilligen- Urach. Verabschiedung von Konrad messe in der vh. Pflug in den Ruhestand. 24. Februar: „Die Nacht ist des 14. April: Büchse 13: „KZ-Außen- Freien Freund“. Thematischer Stadt- lager Horgau – Zwangsarbeit nahe rundgang zur Weißen Rose mit Julian der Reichsautobahn Ulm-Augsburg Aicher und Nicola Wenge. 1944/45.“ Wolfgang Kucera stellt ein 17. Februar: Besuch der dzokkis in aktuelles Geschichtsprojekt zur NS- der städtischen Kontaktstelle „Mig- Rüstungsproduktion vor. ration“, um sich über die Lebens- wirklichkeit Ulmer Migrantinnen und 27. März: Die DZOK-Gruppe erhielt eine pro- -migranten zu informieren. funde Führung durch Dr. Roland Müller (3. v. rechts). A-DZOK. 28. Februar - 4. März: Martin B. absolviert ein 1-wöchiges Sozialprak- tikum im Doku-Zentrum. 28. März: „Innere Bilder wird man 28. Februar - 4. März: Ein Doktorand nicht los. Die Frauen in KZ-Außen- der Universität Jena (Prof. Norbert lager Daimler-Benz Genshagen“. Frey) recherchiert im DZOK-Archiv Buchpräsentation mit Helmuth Bauer zum Thema Gedenkstättenbewe- in der vh. gung in den 1980er Jahren. 29. März: Eines von acht Treffen des 3. März: Das Eberhardt-Gymnasium Arbeitskreises „Gedenken an die Bad Urach besucht die Gedenkstätte Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm“ mit vier Schulklassen. Immer mehr im DZOK. Schulen kommen mit mehreren 30.-31. März: Ilona Walosczyk nimmt Gruppen gleichzeitig. Ein Trend, der an der Jahrestagung der Arbeitsge- die Besucherzahlen steigen lässt, meinschaft der Gedenkstättenbiblio- aber auch schwierigere Vermittlungs- theken in Köln teil. situationen schafft. 30. März: Kooperationsgespräch mit 11. März: M. Kienle ergänzt unsere Prof. Fangerau, Direktor des Instituts Materialsammlung zum KZ Heuberg für Geschichte, Theorie und Ethik der 14. April: Historiker und DZOK-Vereinsmitglied und zu Gotteszell durch die Übergabe Medizin an der Uni Ulm. Wolfgang Kucera. A-DZOK. seiner Forschungsdokumente. 30. März: Nicola Wenge führt im 14. März: Besuch von Bürgermeis- Rahmen der Frühlingsakademie des terin Mayer-Dölle in der Geschäfts- ZAWiW / Universität Ulm durch die 16. April: Sonderführung von N. stelle. KZ-Gedenkstätte. Wenge für die Mitglieder des Förder- kreises Bundesfestung Ulm zur KZ- 16. März: Das Anna-Essinger- 2. April: Gleiselstetten: (Garten-) Dimension im Fort Oberer Kuhberg. Schulzentrum in unmittelbarer Arbeitstag mit Freiwilligen und den Nachbarschaft der KZ-Gedenkstätte: Nutzergruppen. 18. April: Mitglieder der Stuttgarter Eine besondere Verbindung für die Initiative „Hotel Silber“ wollen vor Zukunft. Erstes Kooperationsge- Ort mehr über die konkrete Arbeit spräch mit dem Schulleiter Bernd des DZOK erfahren. Weinkauf. 1. Mai: Das DZOK ist auf dem Müns- 16. März: Ortstermin von N. Wenge terplatz mit einem Stand vertreten. mit Journalistin Dagmar Hub auf dem Gelände des ehemaligen Dachauer KZ-Außenlagers Unterfahlheim. 17. März: Büchse 13: „Mädchen und Frauen in der rechten Szene.“ Vortrag von Ellen Esen, Politikwis- senschaftlerin aus Karlsruhe. 2. April: Zwei Freiwillige bei der Arbeit. A- 17. März: Spatenstich für die neue DZOK. Synagoge am Weinhof unter Teil- nahme auch der Jugendgruppe des 3. April: Eröffnung des Film- und DZOK und vieler Vereinsmitglieder. Ausstellungsprojekts „Briefe aus Chicago - Bilder aus dem Exil“ von 21. März: Angehörige eines ehema- 1. Mai: Von links nach rechts: Nicola Wenge, ligen Wehrmachtsoldaten übergeben Sibylle Tiedemann in der Kreisspar- Anna Eble, Annette Lein und Fritz Glauninger. einen umfangreichen Bestand von kasse in Bad Buchau. Mit einer Ein- A-DZOK Feldpostbriefen, Fotos und persönli- führung von Silvester Lechner. chen Dokumenten an das Archiv des 5. April: Vorstandsitzung zum Thema DZOK. Spendenrückgang beim DZOK. 27. März: „Vor aller Augen. Fotodo- 7.-8. April: „Das KZ Kuhberg: Tatort 4. Mai: „Verlorene Jugendzeit. Als kumente des nationalsozialistischen und Gedenkstätte“. Landesweites Luftwaffenhelfer.“ Ein Zeitzeugenge- Terrors in der Provinz“. Ausstellungs- Seminar für Lehrer aller Schultypen spräch mit Wolfgang Finkbeiner und besuch des Gedenkstättenteams im mit der Landeszentrale für politische Manfred Eger in der vh. Ludwigsburger Staatsarchiv mit Füh- Bildung, zum ersten Mal auch im 8. Mai: Sonderführung in der KZ- rung durch Archivleiter Dr. Müller. Anna-Essinger-Gymnasium. Gedenkstätte zum Kriegsende.

22 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 23 15. Mai: „Museen und Gedenk- 10. Juni: „Das Gelände zum Spre- 22. Juli: Mitgliederversammlung mit stätten – unser Gedächtnis!“ Son- chen bringen: Führungen im Außen- Vorstandswahlen. derführung zum Internationalen gelände“. Eine von 12 Guideschu- 22.-26. Juli: Projekttage des Gym- Museumstag. lungen im Jahr 2011. nasiums Wiblingen in der Ulmer 18. Mai: „Täter - Helfer - Trittbrett- 15. Juni: Vortrag von Nicola Wenge Gedenkstätte. fahrer. NS-Belastete von der Ostalb.“ am Institut für Geschichte und Ethik 25. Juli: N. Matuszewski, Dokumen- Buchpräsentation mit H. Wenz und der Medizin an der Uni Ulm zum tarin des NS-Doku-Zentrums Köln, Dr. W. Proske in der KZ-Gedenk- frühen KZ Oberer Kuhberg und den kommt zur Beratung für das neue stätte. heutigen Arbeitsschwerpunkten des Archivprojekt des DZOK nach Ulm. DZOK. 18. Mai: Zweite „Infobörse Netz- 28. Juli: Markus Stohrer lädt seinen werk kulturelle Bildung“ im Roxy, 23.-25. Juni: Täterforschung ist das Ulmer Förderkreis zum Abschied in Austausch im Rahmen des Netz- Schwerpunktthema des 55. bun- die Geschäftsstelle ein. werkes. desweiten Gedenkstättenseminars 3. August: Der offizielle Bewilli- 21. Mai: Sonderführung für Ulmer in der Wewelsburg, Teilnahme der DZOK-Leiterin. gungsbescheid für das Archivprojekt Jugendliche und Ulmer Presse durch erreicht das DZOK. die Gedenkstätte. 7. Juli: „Hast du meine Alpen gesehen? Eine jüdische Beziehungs- 3. August: Sibylle Thelen, neue 24. Mai: „Es gibt keine Gerechtigkeit Leiterin des Gedenkstättenreferats auf Erden – Zeitzeugenbericht von geschichte“ Vortrag von Dr. Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen der LpB in Ulm, besucht die Gedenk- Oldrich Stránsky über seine Verfol- stätte und kommt zu einem Kennen- gungsgeschichte als tschechischer Museum Hohenems im Ulmer Museum. lerngespräch mit Wolfgang Keck und Jude (im Rahmen der tschechischen Nicola Wenge in die Büchsengasse. Kulturtage 2011). 7. Juli: 2. Studientag des Seminars Weingarten mit Referendaren und 4. August: „Wo unschuldige Men- Fachleiter Christian Schulz in der schen eingesperrt waren. Eine Spu- Gedenkstätte. rensuche für Kinder im Alter von 8-12 Jahren.“ im Rahmen des Ferienex- 8.-10. Juli: Historisch-thematische press Ulm/Neu-Ulm. In bewährter Bergtour im Zillertal zum jüdischen Zusammenarbeit von Annette Lein Alpinismus und zum Antisemitismus und Adel Aubele. des Alpenvereins. 23. August: Paul-Lechler-Stiftung sagt Förderung für das interkultu- relle Projekt „Was geht mich Eure Geschichte an?“ zu. 4. September: Stadtführung von 24. Mai: Annette Lein und Laszlo Kelemen Nicola Wenge und Ingo Bergmann (Mitglied der Jugendgruppe des DZOK) im Gespräch mit Oldrich Stransky. A-DZOK. „Jüdisches Ulm vom Mittelalter bis zur Gegenwart“ im Rahmen des Europäischen Tags der jüdischen Kultur. 26. Mai: Annette Meyer zur Bexten beginnt ihre Einarbeitung als „Depu- 14. September: Exkursion der Mit- tatslehrerin“ am DZOK. arbeiter des Instituts für Geschichte Bergtour im Zillertal. Foto: M. Nogherom und Ethik der Medizin der Uni 28. Mai: Besuch der Enkelin des A.DZOK. Ulm in die Gedenkstätte. Schwer- Kuhberghäftlings Benno Fischer am punktthema der Führung von Nicola Dokumentationszentrum. Wenge: Medizin im KZ-System: Die 30. Mai-17. Juni: F. Folli beginnt ein 12. Juli: Präsentation der interkul- frühen Lager. turellen Arbeit des DZOK vor dem zweiwöchiges Praktikum am DZOK 14. September: Treffen des AK Internationalen Ausschuss der Stadt im Rahmen der Weiterbildung „Frau Ulmer Menschenrechtsbildung in Ulm. und Beruf“ der vh. der Büchsengasse zur Vorbereitung 31. Mai: Vortrag von Klaus Beer: 14. Juli: Gedenkstättenbesuch von der 2. Auflage ihrer Broschüre. „Der Menschenzüchtungswahn in Mitarbeitern des Kultusministeriums der Vergangenheit der Deutschen“ Ba-Wü. in der vh. 20. Juli: Jahrestag des Stauffenberg- 5. Juni: „Tag der Festung“ mit Attentats: Hochrangige Vertreter der hunderten von Besuchern in der Bundeswehr am Ulmer Standort Gedenkstätte. (auch der Standortälteste Konterad- miral von Dambrowski) zu Besuch in 5. Juni: Präsentation des Gedenk- der Gedenkstätte. buchs für die Opfer der NS-Militär- justiz in Ulm mit Autor Oliver Thron, 22. Juli: Arbeitstreffen mit Thomas Zeitzeugen, Bürgermeisterin Mayer- Heldt, Aktion Sühnezeichen Frie- Dölle und Landgerichtspräsident densdienste Berlin in der Büchsen- von Au. gasse, zugleich Abschlussgespräch mit dem Zivildienstleistenden 8. Juni: Prof. Michael Wettengel, Markus Stohrer. Leiter des Ulmer Stadtarchivs, und Nicola Wenge stellen im Gemein- derat das Projekt „Erinnern in Ulm. 20. Juli: Nicola Wenge führt die Besucher der Nationalsozialismus, Krieg und Bundeswehr durch Ausstellung und Gelände. demokratischer Neubeginn“ vor. A-DZOK.

24 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 25 15. September: „Was damals Recht und Gespräch von Nicola Wenge mit 13. November: Filmvorführung war …“ Soldaten und Zivilisten vor Regisseur Christoph Weber in der „Briefe aus Chicago“ im Rahmen der Gerichten der Wehrmacht. Vertreter Lichtburg. Gedenkveranstaltung zur Reichspo- des Ulmer AK „Gedenken an die 8. Oktober: Trauerfeier für den gromnacht in der ehemaligen Syna- Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm“ 1927 geb. Johannes Heinzelmann goge Ichenhausen. prüfen die Wanderausstellung im in Leutkirch, der das DZOK als Sohn 19. November: Ganztägige Klausur Armee-Museum Ingolstadt auf ihre eines Kuhberghäftlings langjährig der Redaktion für die Neuauflage Eignung für Ulm. begleitete. der pädagogischen Handreichung. 17. September: „Die Bilderwelten 9. Oktober: Englischsprachige Son- Erstmalig trat die Redaktion Anfang des Jan Svankmajer.“ Kurzfilmper- derführung durch die Gedenkstätte Juli zusammen. fomance in der Gedenkstätte mit von Christian Renner im Rahmen 28. November: „Vor 70 Jahren. Texten und Livemusik von Thomas der Ulm/Neu-Ulmer Tage der Begeg- Nachbarn von nebenan – verschollen Grieser, dramaturgisches Konzept: nung. in Riga.“ Vortrag anlässlich der Hilde Steinfurth. Im Rahmen der ersten Deportation von Ulmer Juden Ulmer Kulturnacht. 15. Oktober: Guide-Fortbildung von M. Burger, Förderkreis Bundesfes- über Stuttgart nach Riga. Eine Veran- tung Ulm, zur Baugeschichte und staltung des Ulmer/Neu-Ulmer AK Anlage des Forts Oberer Kuhberg. 27. Januar.

17. September. Filmperformance zur Kultur- nacht in der KZ-Gedenkstätte. Foto: T. Walter, A-DZOK.

18. September: Der katholische Arbeitnehmerverband Biberach informiert sich in der Gedenkstätte über die Häftlingsgruppen und den Haftalltag im KZ. 21. September: Trauerfeier für Roman Sobkowiak in Schelklingen. Silvester Lechner hält eine Trauer- rede für den 1923 geborenen Zeit- zeugen und langjährigen Freund des Nachfragen zur Führung: Das Gedenkstättenteam mit Matthias Burger (2. v. l.). Foto: K. Jasbar. DZOK. 23.-24. September: Annette Lein 1. Dezember: Gedenkaktion am nimmt an der Fortbildung „Verunsi- 17. Oktober: Schulung von Mitarbeiter/-innen der Ulmer Tou- Stuttgarter Nordbahnhof anlässlich chernde Orte“ des Fritz Bauer Insti- der ersten Deportation der württem- tuts in Stuttgart teil. rismus-Zentrale in der KZ-Gedenk- stätte und in der Büchsengasse zu bergischen Juden von dort nach 23. September: Mitglieder des Ver- Angeboten des DZOK.. Riga. Auch die dzokkis nehmen an eins „Rosige Zeiten. Ulm/Neu-Ulm“ dieser Aktion teil. 30./31. Oktober: „Der Holocaust in besuchen eine Sonderführung zum 2. Dezember: „Zeitgemäße Bildungs- Thema Verfolgung Homosexueller der deutschsprachigen Geschichts- wissenschaft. Bilanz und Perspek- konzepte zum Nationalsozialismus“. im NS (Martin König) in der Gedenk- Fachtag der LpB und der Stuttgarter stätte. tiven.“ Karin Jasbar vertritt das DZOK beim 12. Dachauer Symposium zur Jugendhaus-Gesellschaft, u. a. mit 24. September: Fest der Kulturen Zeitgeschichte. dem Gedenkstättenteam des Ulmer auf dem Ulmer Marktplatz. Das Doku-Zentrums. 6. November: Vernissage der Aus- DZOK ist mit dem Arbeitskreis Men- 4. Dezember: Letzte Sonntagsfüh- schenrechtsbildung Ulm vertreten. stellung „Bilder aus dem Exil“ von und mit Sibylle Tiedemann im Baye- rung für Einzelbesucher vor der Win- 29. September: „Fritz Bauer – Tod rischen Schulmuseum Ichenhausen, terpause. Die Gedenkstätte öffnet auf Raten.“ Dokumentarfilm mit Schlossplatz 3-5. Einführung: Dr. sonntags wieder am 29.1.2012. Zeitzeugengespräch (Klaus Beer) im Silvester Lechner. 9. Dezember: Tag der Menschen- Rahmen des Filmfestivals ÜberMut. 10. November: Büchse 13: Zeit- rechte in der KZ-Gedenkstätte. 30. September: Bewerbungsschluss zeugengespräch mit Dr. Irmgard 15. Dezember: Büchse 13: „Vom für die wiss. Mitarbeiterstelle im Schmidt-Sommer über ihr Zusam- Wissen der Bilder – KZ-Zeichnungen Rahmen des Archivprojekts. menleben mit den jüdischen Nach- am Beispiel von Karel Kasak“. M. 5. Oktober: Stille Andacht und Lieder barn in der Neutorstraße 15 und Haibl, Universität Wien, stellt ihr in der Gedenkstätte mit M. Weiler. deren Verfolgungsgeschichte. Habilitationsvorhaben vor und geht Einführung durch Annette Lein. 13. November: Gedenkstunde zur besonders auf unseren Archivbe- 6. Oktober: „Fliegen heißt Siegen.“ Erinnerung an die Opfer der NS- stand zu Kasak ein. Die verdrängte Geschichte der Deut- Gewaltherrschaft und an die Wider- 20. Dezember: Jahresausklang für schen Lufthansa. Filmvorführung standskämpfer 1933-1945. Mitarbeiter und Freunde des DZOK.

24 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 25 +Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kü es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+

Vor 70 Jahren – Deportationen Riga · DZOK-Vorstandswahlen · Jan Peters (†) Vor 70 Jahren: Beginn der Depor- Erinnerungsveranstaltungen in Stutt- · Theater Ulm und DZOK · AK Gedenken tationen von Juden aus Ulm gart am 1. Dezember Wehrmachtdeserteure · Bundesver- und Württemberg nach Riga – Unter Mitwirkung der Landesregie- dienstkreuz S. Goldmann · 20 Jahre Gedenken in Ulm und Stuttgart rung wird in Stuttgart am Abend Klemm & Oelschläger · Führung „Rosige 28.11.2011.-2.12.2012 des 1. Dezember 2011 eine zentrale Zeiten“ · Verunsichernde Orte · Eröffnung Gedenkfeier auf dem Stuttgarter KZ-Gedenkstätte Neckarelz · Fund jüdi- Vor 70 Jahren, am 1. Dezember Killesberg und am „Zeichen der scher Steuerakten · Gedenkstättenför- 1941, verließ der erste Deporta- Erinnerung“, der Gedenkstätte am derung im Koalitionsvertrag · Interfrak- tionszug den Stuttgarter Inneren Nordbahnhof, stattfinden. Jugend- tionelle Anfrage und Stellungnahme des Nordbahnhof. Rund 1000 Men- liche aus ganz Württemberg sind Staatsministeriums · Neue KZ-Gedenk- schen wurden in das Lager Jung- tagsüber vom Lernort Gedenkstätte stätte Esterwegen · Nachrichten aus fernhof bei Riga verschleppt, ein eingeladen, an Führungen zu dieser Polen · Sinti und Roma Großteil von ihnen wurde im März ersten Deportation der Juden teil- 1942 ermordet. Mit dem Trans- zunehmen. Die dzokkis, die sich port begann auch für die Juden in derzeit mit den Biografien einzelner Württemberg und Hohenzollern der Ulmer Deportierter beschäftigen, Holocaust. Wir wollen der Opfer werden dieses Angebot wahr- Vorstandswahlen beim DZOK: Wolfgang dieses Verbrechens gedenken – in nehmen. Keck bleibt Erster Vorsitzender Ulm und Stuttgart. (Gedenkveran- Am 22. Juli fand in der Ulmer vh die staltungen finden natürlich auch in Fachtag Zeitgemäße Bildungskonzepte Mitgliederversammlung des DZOK den fast 50 übrigen württembergi- zum Nationalsozialismus, 2. Dezember statt, in diesem Jahr wieder mit schen Orten statt, aus denen Juden Nach den Gedenkfeierlichkeiten Vorstandswahlen. Einstimmig wurde deportiert wurden). schließt sich ein Fachtag für Lehrer/ dabei der erste Vorsitzende, Prof. innen und Pädagog/innen mit Vor- Wolfgang Keck, im Amt bestätigt. trägen, Fachforen und Diskussionen Mit großer Mehrheit wieder gewählt „Nachbarn von Nebenan – verschollen an. Auch das Gedenkstättenteam wurden auch die bisherigen Stell- in Riga. Gedenkabend des AK 27. des DZOK nimmt an diesem vertreter Martin König und Hansjörg Januar in Ulm/Neu-Ulm mit Winfried Fachtag teil. Weitere Interessierte Greimel, die Kassiererin Elke Reuther Nachtwei, MdB a. D., Schwörhaus, können sich im Büro des Dokuzent- und die Beisitzer Uli Klemm und 18.30 Uhr rums melden. Wolfgang Traub. Als Beisitzerinnen Am frühen Morgen des 28. Der Fachtag stellt Vermittlungskon- verzichteten Myrah Adams, Dagmar November mussten sich die für den zepte zur NS-Geschichte in Museen, Orths und Ingrid Siegl auf eine ersten Transport nach Riga vorgese- Gedenkstätten und Archiven vor. erneute Kandidatur. Die beiden erst henen Ulmer Jüdinnen und Juden genannten zogen aus Ulm fort. Ingrid unter Bewachung der Gestapo im Zeitzeugengespräch in der Büchsen- Siegl ließ ihr Amt aus gesundheit- Schwörhaus melden. Sie wurden gasse, 10. November, 18.00 Uhr lichen Gründen ruhen. Wir danken von hier aus nach Stuttgart in das Bereits am 10. November findet den dreien für ihre jahrelange, wich- Sammellager Killesberg verschleppt am Doku-Zentrum jenseits der tige Mitarbeit und schicken Ingrid und von dort mit dem Zug nach offiziellen Gedenkveranstaltungen Siegl auf diesem Weg beste Gene- Riga deportiert. Am Abend des 28. ein Gespräch mit der Zeitzeugin Dr. sungswünsche. NW November geht Winfried Nachtwei Irmgard Schmidt-Sommer statt. Sie den Spuren der Verschleppten nach wird über ihr Zusammenleben den und beschreibt den Beginn des jüdischen Nachbarn in der Ulmer Massenmords an den deutschen Neutorstr. 15 und deren Verfol- und österreichischen Juden im gungsgeschichte (auch der Depor- Baltikum. tation nach Riga) erzählen.

Der neue Vorstand: von links: Wolfgang Keck, herausgegeben. Er bietet ein Schwule und Lesben besuchen die KZ- Nicola Wenge (Leiterin), Wolfgang Traub, anspruchsvolles Sachbuchprogramm Gedenkstätte Oberer Kuhberg Hansjörg Greimel, Martin König, Elke Reuther. in den Bereichen Geschichte, Kultur Der Verein „Rosige Zeiten Ulm/ Vorstandsmitglied Uli Klemm ist nicht auf dem und Gesellschaft, insbesondere Neu-Ulm“ feierte Ende September Bild. A-DZOK. der Region Ulm/Neu-Ulm bzw. sein 10-jähriges Bestehen mit einer Süddeutschlands. Die Zusammen- „Kulturwoche“. Mit auf dem Pro- arbeit mit der KZ-Gedenkstätte/ gramm stand eine Führung durch Dokumentationszentrum Oberer die KZ-Gedenkstätte Oberer Kuh- Glückwünsche: 20 Jahre Verlag Klemm + Kuhberg begann 1998 und ist auch berg. Die dreißig Teilnehmerinnen Oelschläger, ein Dank und Weiter so an im Jahr 2011 von konstruktiver und Teilnehmer – alle zum ersten unseren Verleger Uli Klemm Zusammenarbeit geprägt. Wir wün- Mal auf dem Kuhberg – waren eine Seit seiner Gründung im September schen den Verlegern und dem Verlag sehr interessierte und nachdenkliche 1991 hat der Verlag Klemm und alles Gute für die kommenden 20 Besuchergruppe. Auch für mich als Ölschläger über 100 Buchtitel Jahre. NW Guide konnte die Vorbereitung auf

26 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 27 +Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kü es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+

das Thema „Verfolgung von Homo- Theater Ulm und DZOK: Begleitprogramm Bundesverdienstkreuz für DZOK-Ver- sexuellen“ im Nationalsozialismus zu ROMMEL/HOMBURG/TOD/TRAUM einsmitglied Sibylle Goldmann inhaltlich neue, wichtige Aspekt Das Theater Ulm plant am Über Jahrzehnte und mit großer unserer Arbeit öffnen, auch wenn 26.01.2012 die Uraufführung eines Energie trieb Sybille Goldmann die am Kuhberg niemand wegen seiner eigens geschriebenen Schauspiels gesellschaftliche Beschäftigung sexuellen Orientierung inhaftiert über die letzten 24 Stunden im Leben mit dem Nationalsozialismus und war. So stammen die wenigen des Feldmarschall Erwin Rommel, seinen Verbrechen voran - in Ulm Informationen, die wir zum Lager- ROMMEL/HOMBURG/TOD/ ebenso wie an der Gedenkstätte alltag im „Sicherungslager“ Schir- TRAUM. Erarbeitet wird das Stück KZ-Auschwitz-Birkenau, wo sie u. a. meck-Vorbruck im Elsass unter dem gemeinsam von Stephan Suschke, am Gedenkbuch für die in Auschwitz Kommando des ehemaligen Ulmer Regisseur, und Michael Sommer, ermordeten Sinti und Roma mitarbei- KZ-Kommandanten Buck haben, aus Leitender Schauspieldramaturg. Die tete. Am 19. Januar 2011 erhielt sie Schriften von Pierre Seel, der wegen Begleitveranstaltungen werden als für ihr Engagement im Ulmer Rathaus seiner Homosexualität dort inhaftiert Kooperationen von Theater Ulm und das Bundesverdienstkreuz. Unter war. Beim Abschluss der Führung DZOK geplant und umgesetzt. Ziel den vielen Publikationen, Zeitzeugen- wurde die Hoffnung ausgesprochen, ist es, interessierten Bürgerinnen projekten und Dokumentationen, die dass beide Vereine künftig enger und Bürgern eine kritische Ausein- sie anstieß und realisierte, verdient zusammenarbeiten. Hierfür war andersetzung mit der historischen ein Projekt besondere Erwähnung: dieser Abend ganz sicher ein guter Person Erwin Rommels und dem bis Gemeinsam mit Myrah Adams - Anstoß. heute wirksamen Rommel-Mythos langjährige Mitarbeiterin am DZOK MKö zu ermöglichen. Dabei setzten wir - entwickelte sie die Ausstellung auf offene, dialogische und kreative „Kunst zum Überleben - gezeichnet Formen und gehen auch räumlich auf in Auschwitz“, die zuerst in Ulm zu Spurensuche. Das Begleitprogramm sehen war und von dort durch ganz Zum Gedenken an DZOK-Vereinsmitglied im Februar / März 2012 setzt sich Europa zog. Sibylle Goldmann gehört Jan Peters aus Lesung, Exkursion nach Herr- seit Jahrzehnten zu den kritisch-soli- Im August dieses Jahres ist unser lingen (in Kooperation mit dem Haus darischen Freunden des Dokumenta- aktives und hochgeschätztes Ver- der Stadtgeschichte Ulm) Podiums- tionszentrums. Wir gratulieren noch einsmitglied Jan Peters im Alter von diskussion und Filmvorführungen einmal von Herzen! NW 38 Jahren nach schwerer Krankheit zusammen. Näheres folgt. NW in Erlangen verstorben, wo er auf- wuchs und wo seine Eltern noch heute wohnen. Jan war bei vielen Veranstaltungen der letzten Jahre durch seine Herzlichkeit und Groß- zügigkeit, durch seine klugen Kom- Arbeitskreis zum Gedenken der Opfer mentare und umfassende Hilfsbe- der NS-Militärjustiz in Ulm reitschaft präsent. Wir haben mit ihm Bei der Präsentation des Gedenk- einen Menschen verloren, der sich buchs für die Opfer der NS-Militär- klug und uneitel für die Belange des justiz in Ulm im Juli dieses Jahres Landesministerin Dr. Monika Stolz verleiht Dokuzentrums und für eine gerech- war es bereits angekündigt worden. Sibylle Goldmann das Bundesverdienstkreuz. tere Gesellschaft der Gegenwart ein- Es soll nicht bei einer papiernen Foto: S. Goldmann. setzte. Ein politischer Mensch, der Ehrung der Opfer bleiben. Vielmehr Geschichte und Gegenwart zusam- bemüht sich ein Arbeitskreis darum, mendachte. Wir vermissen ihn. NW dass an der ehemaligen Haftstätte Verunsichernde Orte … der Deserteure und der Hinrichtungs- … ist der Titel eines Weiterbildungs- stätte am Lehrer Tal erläuternde angebots, das im Rahmen des Hinweise und Erinnerungsstelen Bundesprojektes „Gedenkstätten- angebracht werden, damit Tatorte pädagogik und Gegenwartsbezug und Opfer nicht in Vergessenheit – Selbstverständigung und Konzept- geraten. Angedacht ist auch, auf der entwicklung“ (2007-2010) in Zusam- Grundlage der neuen Erkenntnisse menarbeit mit zwölf Gedenk- und eine kleine Ausstellung zum Thema Bildungsstätten aus Deutschland, zu entwickeln und die vergessene Österreich und Polen entwickelt Opfergruppe in Form didaktischer wurde. Träger des Projekts sind das Materialien bzw. in Form eines Stadt- Fritz Bauer Institut, das Jüdische rundgangs auch jüngeren Menschen Museum Frankfurt sowie das Max nahe zu bringen. Sobald sich die Mannheimer Studienzentrum/ Inter- Pläne konkretisieren, wird der AK nationales Jugendgästehaus Dachau. an die Öffentlichkeit gehen, auch Ziel des Weiterbildungsangebots um dringend erforderliche finanzielle ist es, einen konstruktiven Verstän- Unterstützung einzuwerben. NW digungsprozess zwischen Gedenk- stättenmitarbeiterInnen anzustoßen. Am 23. und 24. September 2011 fand in Stuttgart auf Einladung von „lernort gedenkstätte“ eine solche links: Jan Peters. Foto: privat

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Weiterbildung statt, an der auch die sozialismus und enden 1941/42 als Arbeit der Gedenkstätten aus. Die Gedenkstättenpädagogin der Ulmer die jüdische Bevölkerung deportiert Folge ist, dass notwendige Innova- KZ-Gedenkstätte teilnahm. Es war wurde. Jüdische Steuerakten aus tionen etwa in der pädagogischen eine intensive Möglichkeit, das der NS-Zeit haben sich – nach bishe- Vermittlung lediglich unzureichend eigene Selbstverständnis und den rigem Kenntnisstand – nur bei ganz umgesetzt, zeitlich aufgeschoben Umgang mit den Teilnehmenden zu wenigen Finanzämtern erhalten. Der oder womöglich gar nicht auf den reflektieren. Wer mehr über das Pro- überwiegende Teil wurde vernichtet. Weg gebracht werden. … Die Lan- jekt erfahren möchte: 2010 erschien Das Staatsarchiv Ludwigsburg, das desregierung wird sich im Rahmen ein Sammelband mit dem Titel Verun- den Bestand übernahm, verwahrt ihrer finanziellen Möglichkeiten -ent sichernde Orte, herausgegeben von bislang nur zwei kleinere Bestände sprechenden Überlegungen nicht B. Timm in der Schriftenreihe des aus den Finanzämtern Heilbronn und verschließen.“ NW Fritz-Bauer-Instituts. Auch in unserer Schwäbisch-Gmünd. Insofern besitzt Bibliothek einsehbar. AL der Aktenfund große Bedeutung nicht nur für die lokale Forschung. Was den Fund noch aussagekräftiger Neue KZ-Gedenkstätte Esterwegen … macht sind Dokumente, die es sonst … wurde am 21. Oktober eröffnet. Über die Eröffnung der neuen KZ- in Nordwürttemberg anscheinend Auf diese Nachricht haben die Gedenkstätte Neckarelz … nicht mehr gibt: Er zeigt, dass und auf wenigen noch lebenden „Moorsol- … hatten wir schon in unserem welche Weise in manchen Orten der daten“ und all diejenigen gewartet, letzten Mitteilungsheft berichtet. Besitz der Deportierten versteigert die sich in den vergangenen Jahr- Am Sonntag, den 16. Oktober, war wurde. Und er zeigt, dass auch heute zehnten für eine Erinnerungsstätte es dann soweit. Im Mittelpunkt noch wertvolle Quellen zur NS-Zeit an diesem Ort eingesetzt haben. der Eröffnungsfeier um 11 Uhr in auf ihre Entdeckung warten. NW Nach dreijähriger Vorbereitungszeit der Turnhalle der Clemens-Bren- Quelle: www.landesarchiv-bw.de/ wurde nun auf dem Gelände des tano-Grundschule standen die web/52895 ehemaligen Konzentrations- und internationalen Gäste. Es hatten Strafgefangenenlagers Esterwegen sich insgesamt zwölf hoch betagte in Niedersachsen ein moderner Überlebende der »Neckarlager« Gedenkort errichtet, der an die oder anderer Außenkommandos Würdigung der Gedenkstättenarbeit im Geschichte der insgesamt 15 Ems- von Natzweiler-Struthof angemeldet, Koalitionsvertrag der rot-grünen Lan- landlager von 1933-1945 und an außerdem viele Familienangehörige desregierung ihre Opfer erinnert. Tausende von der zweiten und der dritten Gene- Der Koalitionsvertrag von 2011 Menschen wurden in den Lagern ration. Diese internationale Gruppe würdigt die dezentrale Struktur und gefangen gehalten, darunter zahl- aus Polen, Frankreich, der Ukraine, die Vielfalt der Gedenkstätten. „Die reiche „politische Gefangene“, Italien, Slowenien und Luxembourg Erinnerungskultur, die in zahlreichen die den Nationalsozialisten bei der zählte allein bereits über 60 Per- lokalen und regionalen Initiativen Durchsetzung ihrer Herrschaft im sonen. Darüber hinaus begrüßte in den vergangenen Jahren einen Wege waren. Zu den prominenten die Stadt Mosbach und der Verein neuen und gewichtigen Stellenwert Häftlingen in Esterwegen gehörte KZ-Gedenkstätte die unmittelbar am im öffentlichen Leben bekommen der Friedensnobelpreisträger Carl Bau Beteiligten und die vielen För- hat, braucht Verstetigung und Ver- von Ossietzky, der am 4. Mai 1938 an derer und Unterstützer des Projekts. lässlichkeit“. In welcher Form diese den Folgen der „Schutzhaft“ starb. Natürlich gab es auch Ehrengäste Verstetigung auch finanziell gestützt Weitere Infos: www.gedenkstaette- aus Politik, Gesellschaft, dem Bil- würde, war Gegenstand einer … esterwegen.de NW dungsbereich, der Wissenschaft und dem Netzwerk der Gedenkstätten in … interfraktionellen Anfrage zur Carl von Ossietzky Baden-Württemberg. Ein würdiger Gedenkstättenförderung in Ba-Wü und Ob wir überleben, ist weder Start für eine Ausstellung, die viele Stellungnahme des Staatsministeriums sicher noch die Hauptsache. Besucher verdient hat. Wie ange- Am 27. Juli 2011 stellten die Frak- Wie man später von uns denken kündigt wollen wir im kommenden tionen von CDU, Grünen, SPD wird ist so wichtig wie dass man Jahr eine Exkursion nach Neckarelz und FDP/DVP eine Anfrage an die an uns denken wird. anbieten. NW Landesregierung mit der Bitte zu Darin liegt auch unsere Zukunft. berichten, in welchem Umfang das Danach müssen wir leben, Land die Gedenkstätten finanziell solange wir atmen. unterstützen will und ob die Regie- Ein Deutschland, das an uns Jüdische Steuerakten entdeckt – sen- rung eine Ausweitung ihrer Förde- denkt, wird auch ein besseres sationeller Fund im Finanzamt Bad Mer- rung in Betracht zieht. Deutschland sein. gentheim Am 1. Juli antwortete das Staats- Auf dem Dachboden des Finanzamts ministerium: „Es bedarf einer Bad Mergentheim entdeckte ein angemessenen und auskömmlichen Heimathistoriker im September die Förderung dieser Bürgerprojekte Akten von mehr als 100 jüdischen durch das Land, die Landkreise und Nachrichten aus Polen … Gewerbebetrieben oder steuer- Kommunen. … In den letzten Jahren … bekamen wir im Februar 2011 pflichtigen jüdischen Bewohnern hat die finanzielle Ausstattung der durch einen Brief von Frau Irena des ehemaligen Oberamtes bzw. Gedenkstätten mit ihrer wachsenden Pilawska aus Brzozow in Ostpolen. Kreises Mergentheim. Sie stammen Bedeutung als politischer und histori- Frau Pilawska, die mit 13 Jahren in überwiegend aus der Zeit der Wei- scher Lernort nicht Schritt gehalten. Telefunken-Werken in Lodz (damals marer Republik und des National- Dies wirkt sich bremsend auf die Litzmannstadt) arbeiten musste,

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war die jüngste in ihrer Gruppe. Im Sommer 1944 hat man sie nach Sinti und Roma der Öffentlichkeit vorgestellt und Ulm verschleppt. Ihre Erinnerungen ist einsehbar auf der Website der aus dieser düsteren Zeit sind im Baden-Württemberg hat Abschie- Stiftung Erinnerung Verantwortung Buch „Schönes schreckliches Ulm“. bungen von Roma ins Kosovo gestoppt Zukunft (www.stiftung-evz.de/w/ DZOK, 1996 zu lesen. Irena Pilawska Eine wichtige und erfreuliche files/roma/2011_strauss_studie_ war auch die Teilnehmerin des Aus- Nachricht: Nach Medienberichten sinti_bildung.pdf) Nach einleitenden söhnungstreffen in Ulm 1996: setzte Baden-Württemberg im methodischen Vorbemerkungen „Meine lieben Freunde, August 2011 die Abschiebungen und einer Auswertung der quan- ich freue mich sehr über jede Nach- von Roma ins Kosovo und Serbien titativen Daten kommen die richt von Euch, und entschuldigt aus; es wurden aber kein konkreter Autoren in der Zusammenfassung bitte, dass ich nicht jeden Eurer Zeitraum und auch keine Aus- der Ergebnisse zu dramatischen Briefe beantwortet habe. Aber ich schlussgründe genannt. Einzelne Schlussfolgerungen. Sie diagnosti- hoffe, jetzt wird es besser, da sich Bundesländer können Abschie- zieren eine „desolate Bildungslage“ mein Sehvermögen nach zwei bungsstopps einmalig für längs- der deutschen Sinti und Roma und Augenbehandlungen verbessert hat tens sechs Monate anordnen. Zur stellen fest, dass das deutsche und ich wieder gut lesen und auch Begründung der Entscheidung hier Bildungssystem gravierend versagt schreiben kann. (...) Das Schicksal die Südwestpresse nach DPA am habe. Dringend empfohlen wird von Frau Gabriela Turant [ihre 4.8.2011: „Baden-Württembergs ein „nationaler Aktionsplan für Geschichte wurde in den Mittei- Innenminister Reinhold Gall (SPD) eine generationenübergreifende lungen 53 vorgestellt] hat mich sehr hat die Abschiebung von Roma Bildungsförderung für Sinti und interessiert, weil ich sie aus der Zeit in das Kosovo und nach Serbien Roma“. (S. 103) NW bei Telefunken in Ulm kenne. Sie hat gestoppt. Sein Sprecher sagte in der Aufbau-Abteilung gearbeitet. am Donnerstag auf Anfrage, dass Man kann uns auf einem Gruppen- wegen des wieder aufgeflammten foto aus Ludwigsburg sehen. Ich Kosovo-Konflikts Roma nicht mehr Gewalt gegen Roma in Tschechien und weiß noch, dass Gabriela sehr schön abgeschoben werden. ‚Die Lage Bulgarien eskaliert malen konnte. Ich hätte gern mehr dort ist besonders für Roma unsi- Wie unglaublich brisant die Situa- über sie erfahren. cher‘, sagte der Sprecher von Gall. tion der Sinti und Roma in Europa Eine sehr traurige Nachricht hat mich Eine Delegation des Petitionsaus- ist, zeigen Besorgnis erregende erreicht. Meine Freundin Jadzia Krolik schusses wolle sich bei einer Reise Nachrichten aus Tschechien und ist gestorben. Sie war auch Teilneh- in die Region über die Lebenssitua- Bulgarien. Seit Wochen sind Roma merin des Ulm-Besuchs 1996. Ihr tion von Minderheiten informieren. in Bulgarien und Tschechien natio- Sohn hat sie damals begleitet. Leider Nach abschließender Bewertung nalistischen und rechtsextremisti- wurde er zwei Jahre später in Polen der für den Herbst geplanten Reise schen Übergriffen ausgesetzt. Im ermordet. solle über den weiteren Aufenthalt Oktober eskalierte die Situation Ich bitte Euch sehr, vergesst mich der Roma-Flüchtlinge entschieden weiter mit Brandschatzungen nicht. werden. In Baden-Württemberg von Roma-Häusern. Politologen Herzliche Grüße Irena Pilawska mit leben nach Angaben des Innen- bringen die rassistischen Exzesse Mann ministeriums derzeit rund 1200 in Bulgarien in Zusammenhang IW geduldete Roma.“ Wir hatten in mit den Präsidentschafts- und Heft 52 über die prekäre Situation Kommunalwahlen, am 23. Oktober der Roma im Kosovo berichtet und stattfanden. Die nationalistischen über die Bemühungen des Ulmer Parteien, die immer mehr Zulauf Flüchtlingsrats die Abschiebung erhalten, würden den Konflikt einer jungen Roma-Familie dorthin bewusst instrumentalisieren. Auch zu verhindern. NW in Tschechien sind Roma-Familien Opfer von Gewalttaten. In der Stadt Varnsdorf an der der deutschen Grenze marschieren Rechtsextreme Die Studie zur aktuellen Bildungssitua- Wochenende für Wochenende mit tion deutscher Sinti und Roma … Roma-feindlichen Parolen durchs Irena Pilawska (erste links sitzend) mit der … die Daniel Strauß, Verband deut- Dorf. Sie skandieren „Tschechien Tochter Marysia (erste links stehend) bei der scher Sinti und Roma, auf dem den Tschechen, Zigeuner ins Gas!“ Familie Lechner 1996. Neben Irena sitzt der Balkansalon in Um im November Die erschütternden Darstellungen vor kurzem verstorbene Roman Sobkowiak. zeigt die elementare Bedrohung A-DZOK. 2010 vorstellte, ist nun erschienen. Sie wurde am 8. September im Kul- dieser Minderheit. turhaus Romno Kher (in Mannheim) Quelle:www.nachrichten.at

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Samuel Salzborn: Im zweiten Teil der Darstellung KZ-Gedenkstätte Dachau (Hrsg.): Antisemitismus als negative Leit- wertet Salzborn - nach intensiven Gedenkbuch für die Toten des idee der Moderne. Frankfurt a. M Darlegungen zu seinem empirischen Konzentrationslagers Dachau. 2010; 380 Seiten, 29,90 ∑ Forschungsdesign – systematisch Redaktion: Albert Knoll. Dachau Interviews aus, die im Rahmen des 2011, 1.312 Seiten (Das Buch wurde Einführungswerke zum Thema Anti- DFG-Graduiertenkollegs „Gruppen- zunächst in einer Auflage von 150 semitismus sind zahlreich. So exis- bezogene Menschenfeindlichkeit“ Stück gedruckt, die unter anderem tiert eine schier unendliche Menge unter Leitung von Ulrich Wagner und an Präsenzbibliotheken gehen sollen; an historischen Darlegungen, aktuell Wilhelm Heitmeyer geführt wurden es ist nicht im Handel erhältlich.) beispielsweise der bei Reclam ver- und ergänzt diese um vertiefende legte Einführungstext Steven Bellers Interviews mit bereits befragten Per- 33.205 Menschen sind in diesem unter dem Titel „Antisemitismus“ sonen, die mittlere und hohe Werte Buch auf weit über tausend engst aus dem Jahr 2010. bzgl. antisemitischer Äußerungen bedruckten Seiten aufgelistet, mit Das Phänomen Antisemitismus zeigten. Dabei weist Salzborn auch Namen und Vornamen, Geburts- und ist aber nicht nur historisch zu ver- gegenwärtig noch den längst tot Sterbedatum, Beruf, Nationalität stehen: Auch SoziologInnen und geglaubten religiös-grundierten Anti- und Wohnort, sofern diese Daten zu PsychoanalytikerInnen haben auf judaismus nach. Ebenso konstatiert eruieren waren. Es handelt sich um verschiedene Weise versucht, Anti- er den Drang von AntisemitInnen, Menschen, die im Zusammenhang semitismus bzw. die AntisemitInnen komplexe Herrschafts- und Wirt- mit dem Konzentrationslager Dachau, theoretisch fassbar zu machen. schaftsverhältnisse zu konkretisieren dieser europäischen „Drehscheibe“ Ebenso gibt es kontinuierliche empi- und zu personalisieren. (S. 10) des Nazi-Terrors, systematisch rische Untersuchungen, wie die Es gelingt Salzborn also für den ermordet wurden oder im Elend der des Bielefelder Soziologen Wilhelm projektiven Charakter des Antisemi- Verhältnisse zugrunde gingen. Insge- Heitmeyer, der mit der Langzeit- tismus auch in der Empirie Belege samt starben in Dachau und seinen studie „Deutsche Zustände“ über zu finden. Damit bestätigt er eine 140 Außenlagern wohl 41.000 Men- zehn Jahre das Ausmaß u. a. von Grundannahme der Antisemitismus- schen, aber im absoluten Chaos Rassismus, Nationalismus und eben forschung und verdeutlicht auf der des letzten Jahres vor der Befreiung auch Antisemitismus in der Bundes- Basis des empirischen Materials, wurden viele Neuankömmlinge und republik ermittelte. Was hingegen dass der Antisemitismus mit dem Tote nicht mehr registriert. Insge- bisher fehlte, war eine Darstellung, Verhalten von Jüdinnen und Juden samt waren im KZ-Komplex Dachau, die versuchte, die soziologische bzw. nichts zu tun hat, sondern mit dem der zwischen dem 22. März 1933 psychoanalytische Theorie mit der Denken und der Bildproduktion der und dem 29. April 1945 bestand, ca. soziologischen Empirie zu verbinden. AntisemitInnen – und zwar nicht nur 200.000 Häftlinge gefangen. Nicht Genau diesen Versuch tritt Samuel bei Neonazis, sondern auch in der erwähnt in diesem Buch sind Häft- Salzborn mit seiner Habilitations- Mitte der Gesellschaft. Die Formu- linge, die auf Transporten aus oder schrift „Antisemitismus als negative lierung einer politischen Theorie des nach Dachau ums Leben kamen, Leitidee der Moderne“ an, die 2010 Antisemitismus, die auf interessante wie z.B. jene Menschen, die im April im Campus-Verlag erschienen ist. Die Weise die zuvor empirisch über- 1945 auf einem 21 Tage währenden Monographie besteht aus drei Teilen: prüften Thesen der verschiedenen Transport von Buchenwald nach Zu Beginn der Arbeit stellt Salzborn Antisemitismus-Theorien im dritten Dachau zugrunde gingen: von 5080 die Kernpunkte elf zentraler Anti- Teil miteinander verbindet, beschließt Häftlingen erreichten einen Tag vor semitismus-Theorien von Hannah nun die Überlegungen Salzborns. der Befreiung nur noch 861 lebend Arendt über den Psychoanalytiker Durch die Verbindung von sozio- Dachau. Ernst Simmel bis hin zu dem marxis- logischen mit psychoanalytischen tischen Theoretiker Moishe Postone Ansätzen gelingt es dem Autor, den Die Dachau-Häftlinge kamen aus zusammen, stellt deren Rezeption in Antisemitismus in der politischen fast allen europäischen Ländern, der bisherigen Forschung dar und Theorie „nicht nur als einen Aspekt allein etwa je ein Viertel aus Polen versucht Kernthesen zu formulieren, bürgerlicher Vergesellschaftung zu und dem „Deutschen Reich“ in den die im zweiten Teil der Darstellung begreifen, sondern als Theorie der Grenzen von 1939. 51.300 Häftlinge mittels qualitativer Interviews über- bürgerlichen Gesellschaft selbst“ sind als Juden verschiedener Natio- prüft werden. Zum Ende wird eine (S. 317). nalität registriert, wovon in Dachau Synthese der beiden vorherigen Teile Für eine fundierte Auseinanderset- nachweislich 11.474 gestorben sind. hergestellt, um skizzenhaft eine poli- zung mit dem Verständnis von Anti- Etwas bedauerlich erscheint an tische Theorie des Antisemitismus semitismus als negativer Leitidee dieser Edition, dass weder ein zu formulieren. der (westlichen) Moderne sei die Verzeichnis zur wichtigsten weiter Insbesondere im ersten Teil gelingt Lektüre des Bandes dringend emp- führenden Literatur, noch ein Ortsre- es Salzborn, die teilweise recht fohlen. Wer nicht das ganze Buch gister zur Herkunft der Häftlinge ent- komplexen Theorien sehr gut nach- lesen mag, sollte sich besonderes halten ist. Deshalb sind auch die aus vollziehbar darzulegen, ganz gleich ob dem ersten Teil widmen, da eine Ulm und seiner Region stammenden es sich hierbei um eine Darstellung kompakte und verständliche Dar- Häftlinge nicht heraus zu finden. Ein der Texte von Jean Peaul Sartre, Zyg- stellung soziologischer und psycho- Hinweis auf den einführenden Seiten munt Bauman oder der „Elemente analytischer Antisemitismustheorien ist freilich für Ulm und seine KZ- des Antisemitismus“ von Adorno und bisher fehlte. Gedenkstätte von Bedeutung: allein Horkheimer handelt. Ebenfalls viele Tobias Edling 27.313 Tote im KZ Dachau wurden als interessante Ideen zum Weiterlesen „Schutzhäftlinge“ registriert (S. 23). lassen sich aus der Darstellung der Dies ist für viele Ulmer Zeitgenossen Rezeptionsgeschichte gewinnen. von Interesse, von denen bis heute

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die Nazi-Bezeichnung „Schutzhaft“ an und von Schmorell und Probst wurden ab 1942 politische Taten, und und „Schutzhaftlager“ für das ehe- heraus gegeben. Da die Briefe zwar im engen Freundschaftsbund malige KZ auf dem Kuhberg mit auf den ersten und zweiten Blick mit Hans und Sophie Scholl. Schmo- der Bemerkung verharmlost wird: sehr „privat“, manchmal intim und rell war mit Hans Scholl Verfasser der „das war ja kein KZ., sondern nur ein wenig politisch wirken, hat sich ersten vier Flugblätter der „Weißen Schutzhaftlager“. die Herausgeberin der Mühe unter- Rose“, die Ende Juni/ Anfang Juli Zusammenfassend ist zu sagen: zogen, sie historisch und politisch 1942 in der elterlichen Wohnung Das Dachauer Totenbuch, das nun zum Sprechen zu bringen. So hat von Schmorell hergestellt und an je 66 Jahre nach der Befreiung - nach sie die einzelnen Dokumente nicht etwa 100 Adressaten verteilt bzw. jahrzehntelangen Vorarbeiten zu nur ausführlich kommentiert, son- verschickt wurden. Das fünfte Flug- verschiedenen Nationalitäten und dern sie hat auch die ganze Edition blatt verfasste Hans Scholl allein, Häftlingskategorien - vorliegt, ist mit Biografien von Schmorell und das sechste Kurt Huber. Nachdem ein Denkmal, das verstummen Probst versehen, wie es sie in dieser die Geschwister Scholl ohne Wissen lässt. Jedenfalls erscheint eine Genauigkeit bisher nicht gab. Damit von Probst und Schmorell am 18. Beschreibung mit nackten Zahlen ist es möglich geworden, auch diese Februar 1943 in der Münchener völlig unangemessen. Alle Leser/- beiden zentralen Repräsentanten der Universität das letzte Flugblatt ver- innen dieser Zeilen sind deshalb „Weißen Rose“, die bisher in der teilt hatten, wurden sie verhaftet, aufgefordert, einmal im Ulmer Doku- einschlägigen Literatur im Schatten bald danach auch Schmorell und Zentrum in der Büchsengasse vorbei der Geschwister Scholl standen, in Probst. Die Scholls und Probst, zu kommen und ein paar Seiten zu ihren Persönlichkeiten und Motiven dessen jüngstes von insgesamt drei lesen, Name für Name … besser verstehen und würdigen zu Kindern 14 Tage vor der Hinrichtung Silvester Lechner können. geboren worden war, wurden am 22. Februar, Alexander Schmorell am 13. Alexander Schmorell wurde am Juli 1943 hingerichtet. Probsts Frau 16. September 1917, nur wenige Herta, geb. Dohrn, lebt heute noch, Christiane Moll (Hrsg.): Tage vor der Oktober-Revolution, in scheint sich aber an dieser Edition Alexander Schmorell, Christoph der russischen Stadt Orenburg am nicht beteiligt zu haben. Probst. Gesammelte Briefe. Berlin Ural geboren. Seine Mutter, die ein Zwei Anmerkungen: 2011, 944 Seiten, 34,80 ∑ Jahr nach seiner Geburt starb, war Um als Leser den Überblick zur (Schriftenreihe der Gedenkstätte Russin. Der Vater stammte aus einer zeitlichen Abfolge der Weiße-Rose- Deutscher Widerstand, Reihe B: deutschen Familie, deren Vorfahren Geschehnisse bzw. zu den Bio- Quellen und Berichte, Bd. 3) im 19. Jahrhundert ins Land gerufen grafien der Protagonisten nicht zu worden waren. Die Familie musste in verlieren, wäre eine Zeittafel hilfreich „Unsere höchsten Führer – alle Folge der Revolution 1921 das Land gewesen. – haben in ihren Gesichtern eher verlassen und siedelte sich danach Im Gegensatz zu den Materialien den Ausdruck wilder Tiere als von in München an. Dennoch blieben rund um die Geschwister Scholl Menschen.“ Diese Äußerung vom in ihr die russische Sprache und die aus dem Nachlass von Inge Aicher- 1. Mai 1937 zu seinen ersten Arbeits- bürgerliche Kultur des vorrevolutio- Scholl, die im Münchener „Institut diensterfahrungen markiert definitiv nären Russland lebendig. Obwohl für Zeitgeschichte“ liegen und im den Abschied Alexander Schmorells Alexander Schmorell in Russland nur Internet zugänglich sind, waren und von seiner jugendlichen Begeiste- in seinen ersten vier Lebensjahren sind weitgehend die biografischen rung für das System der Hitlerjugend und dann erst wieder 1942 für drei Materialien zu Probst und Schmorell und sie markiert den Beginn einer Monate als Soldat gewesen war, noch nicht zugänglich. Vieles liegt radikalen Abkehr von aller Nazi-Ide- lebte „das alte Russland“ in ihm als heute im Münchener „Weiße-Rose- ologie und -Praxis. Er schrieb das Mythos und romantische Sehnsucht Institut“ (nicht zu verwechseln mit an seine Freundin Angelika Probst, fort. Dieses Russland war für ihn das der „Weiße-Rose-Stiftung“) und kurz nachdem er Abitur gemacht absolute Gegenbild zum westlichen soll demnächst über das Bayeri- und seinen Arbeitsdienst begonnen Materialismus und vor allem auch sche Hauptstaatsarchiv in München hatte. zum Nazi-Staat. zugänglich gemacht werden. Alexander Schmorell und Christoph Christoph Probst (geboren am 6. Silvester Lechner Probst bildeten zusammen mit Hans November 1919 in Murnau in Ober- und Sophie Scholl sowie Willi Graf bayern) und Schmorell gingen ab den engsten Kreis der studentischen dem Schuljahr 1935/36 in die gleiche Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Klasse des Münchener „Neuen Gabriele Zander (Hrsg.): Die fünf haben 1942/43 vor allem Realgymnasiums“ und wurden enge „Meine Seele sucht Dich!“ mit Flugblättern von München aus Freunde. Zu dieser Freundschaftsbe- Liebesbriefe aus dem Zweiten das nationalsozialistische Regime ziehung gehörte auch Probsts ältere Weltkrieg zwischen Heimat und bekämpft und sind deshalb 1943, Schwester Angelika, in die sich Ostfront zusammen mit dem eine Generation Schmorell leidenschaftlich verliebte. Baden-Baden, 2010, 296 Seiten, älteren Kurt Huber, der das sechste Der Briefwechsel zwischen den 14,80 ∑ und damit letzte Flugblatt verfasst beiden bildet ein Kernstück der Edi- hatte, hingerichtet worden. tion. Auch die Probst-Geschwister Von der Kassette unter dem Ehebett stammten aus einer bildungsbür- der Eltern wusste Gabriele Zander Die Münchener Historikerin Chris- gerlichen Familie, deren Lebensstil immer; dass sie Teile eines Brief- tiane Moll hat jetzt nach jahrzehnte- und Prägungen weitgehend Gegen- wechsels ihrer Eltern während des langen Recherchen in einem Werk welten zum NS-Staat darstellten. Zweiten Weltkriegs enthielt, daraus von fast tausend Seiten 300 Briefe Aus den widerständigen Gefühlen hatten ihre Eltern kein Geheimnis

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gemacht. Der Vater, der die Briefe Sohn Werner geboren - und für Monate hinziehenden und äußerst irgendwann „wenn Frieden ist“ beide beginnen Jahre, in denen sie erbittert geführten innerparteilichen in eine feinere Form hatte bringen nur noch auf Alois Urlaube hin leben, Machtkampf bedrohte die örtliche wollen, starb früh. Nach dem Tod in denen Werner zum Unterpfand Kreisleitung opponente „Pg“ schließ- der Mutter fasste Gabriele Zander dieser Liebe wird. „Ich, meine ganze lich sogar mit „Schutzhaft“ als Mittel Mut und las die Briefe in der Kas- Seele sucht Dich, und möchte Dich in der innerparteilichen Disziplinierung. sette. Die acht erhaltenen Monate Liebe umarmen, um Dich nie, gar nie Hauptgegner waren der Kreisleiter eines oftmals täglichen Briefwech- mehr zu lassen“, schreibt Clara im und der Ortsgruppenführer, letzterer sels während der Jahre der durch Februar 1945 an Alois. Alois kehrte ein Vertreter der „alten Kämpfer“, den Krieg erzwungenen Trennung zurück im Sommer 1945. Mitten auf ersterer ein forscher Karrierist, der konfrontierten die Lehrerin aus dem der Straße, vor einem französischen in seinem Bestreben, seine Macht- baden-württembergischen Upfingen, Soldaten, begegnete sich das Paar basis auf- und auszubauen, keine 1954 als viertes und letztes Kind am 15. August 1945 wieder. „Ich Rücksicht auf die „Verdienste“ der ihrer Eltern Alois und Clara geboren, konnte es kaum fassen, so ein Glück, örtlichen Funktionärselite nahm. mit der Intensität einer Liebe, die so ein unsagbar großes Glück! Nein, Beide hatten sie ihre Verbündeten, sie beim Lesen überwältigte. Die Gottes Segen und Gnade! Endlich beide waren sie überörtlich ver- ergreifenden Briefe sind getragen zusammen! Kein Fortgehen, kein netzt im Gefüge der Partei. Das von inniger Nähe und von Verstehen. Krieg, keine Angst um sein Leben!“, erschwerte dem einen den kurzen Gabriele Zander entschloss sich notierte Clara in ihrem Tagebuch. „Durchgriff“ auf die sich seinem bewusst, die Sammlung der Liebes- Machtanspruch widersetzende Orts- briefe herauszugeben, einerseits Ein Kriegsbuch fast ohne Erwähnung gruppe, und bot dem anderen einen ermutigt durch den geäußerten des Kriegsgeschehens: Dies aber ist gewissen Schutz, den er aber selbst Willen des Vaters, den Briefen eine wohl symptomatisch für Feldpost- als unsicher erachtete, seit ihm mit Form zu geben, andererseits, weil briefe. Ein Briefwechsel mit sehr „Schutzhaft“ gedroht wurde. Die jene Schriftstücke authentische persönlichen und gefühlvollen Mit- Kreisleitung unterhielt ein innerpar- Zeitdokumente sind. So entstand teilungen war durchaus im Sinne teiliches Spitzelsystem, durch das „Meine Seele sucht Dich!“, betitelt des Regimes, bedeuteten diese sie gut im Bilde über das Vorgehen nach einem Satz aus einem der doch enge Bande zwischen Front ihrer Gegner war. Briefe gegen Kriegsende, als weder und Heimatfront, was der Auf- Ebenso zeigt der Autor, wie die Alois noch Clara wussten, ob der rechterhaltung der Moral auf beiden Kreisleitung ihre Macht zur syste- geliebte Adressat noch am Leben ist. Seiten förderlich war. Bisher wenig matischen Erpressung von Geld Von Ängsten und Nöten berichten die beschrieben, gelang es dem Regime, einzusetzen verstand. Ins Getriebe Briefe, vom Tod naher Menschen, die Feldpost fast bis Kriegsende geraten konnten nicht allein durch vom behinderten zweiten Sohn verlässlich zuzustellen; auch dieses vermeintlich politische „Vergehen“ Manfred, der 1940 als Frühgeburt zur zeigt, dass das Regime in diesen aufgefallene Personen, denen Welt gekommen war. Die Umstände Briefkontakten einen Stabilisierungs- nicht selten mit „Schutzhaft“ und seines Todes in einem Kinderheim faktor sah, ebenso wie im Paket- „Dachau“ gedroht wurde, sollten sie bleiben im Ungewissen. Das, was Verkehr zwischen Front und Heimat. zu keinem „Bussgeld“ bereit sein. die Briefe von Alois und Clara aber Soldaten kamen durch solche Betroffen konnte im Grunde jeder eigentlich trägt, ist die Sehnsucht, Sendungen an Dinge und Waren, sein, der mit einem Anliegen an die die beide unter aller Bedrohung am die sie vermissten, und umgekehrt Kreisleitung verwiesen war. Diese Leben festhalten ließ. Die Hoffnung, besaßen ihre Sendungen, oft Gegen- war durch und durch korrupt. Die die Zärtlichkeit leben zu dürfen, die stände aus der „anderen Welt“ der mit System eingetriebenen Gelder Leidenschaft, von der sie einander besetzten Länder enthaltend, eine wurden in keiner Kasse verbucht, in ihren Briefen erzählen, gab beiden Wertigkeit als Statussymbol. sondern sie wanderten in schwarze Kraft zum Überleben. Es ist vor allem Dagmar Hub Kassen von SA und SS - oder direkt in eine innere Wirklichkeit, die das Paar die privaten Taschen des Kreisleiters einander erzählt: Als der Kontakt und Konsorten. über die Feldpostbriefe zum Kriegs- Die „Günzburger Vorgänge“ waren ende hin immer schwieriger wird Zdenek Zofka: schließlich so gravierend, dass sie und Alois nicht weiß, wohin sich sein „… und hätten manchen zu KZ auf höherer Parteiebene nicht länger Clärle flüchten würde, beginnt er in verhelfen können.“ Günzburg in ignoriert werden konnten, worauf den Briefen, die Geschichte ihrer der NS-Zeit, Historischer Verein ein „Reichsrevisor“ zur Untersu- Liebe aufzuschreiben, von der ersten Günzburg e. V. (Hrsg.).Bd.2. Günz- chung entsandt wurde. „Betrug“, Begegnung zu Lichtmess 1929 an, burg 2010, 280 Seiten, 10 ∑. „Untreue“, „Missbrauch der Amts- als Clara 16 und er selbst 19 Jahre Zu beziehen über: Historischer gewalt“, „Erpressung“, „Freiheits- alt war. Umstände trennten das noch Verein Günzburg, Bergstr. 13, 89312 beraubung“ und „Meineid“ wurde sehr junge Paar, das sich so stark Günzburg einem „inner circle“ um den Kreis- zueinander hingezogen gefühlt hatte, leiter in dessen Abschlussbericht dass die Liebe nach einem Briefkon- Dass das NS-Regime nicht allein schlussendlich vorgehalten. Die Vor- takt drei Jahre später sofort wieder für seine politischen Gegner eine gänge schienen so gravierend, dass aufflammte. Im Sommer 1936- hei tödliche Gefahr war, dies erhellt der sie vors „Oberste Parteigericht“ in raten beide, sie genießen die Freiheit Autor in seiner akribischen Nach- München kamen. Anhand der über- einer von den Eltern unabhängigen zeichnung von Vorgängen im schwä- kommenen „Gerichts“-akten ent- Wohnung, die ihnen zum Nest ihres bischen Günzburg, die sich in der larvt Zofka den „Prozess“ als reine Glückes wird. In den Tagen des Frühphase des Regimes zugetragen Farce. Sein Ziel sei alles andere als Überfalls auf Polen wird der erste haben. In einem sich über viele die Wahrheitsfindung und die - Her

32 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 33 ++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Büc cher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neu

stellung von Gerechtigkeit gewesen, gefängnis Stuttgart-Bad Cannstatt. 1938 geheirateten Mann Walter sondern das Austarieren des inner- Gerichtet war der Brief an eine Lutz (der im Oktober 1942 an der parteilichen Machtgefüges. Familie in Grabenstetten bei Reut- „Ostfront“ gefallen ist) gerichtet. Die Dem heutigen Leser führt die Studie lingen, bei der ihre damals zweijäh- Briefe sind zwischen Oktober 1933 die kriminelle Energie der NSDAP rige Tochter Wilfriede in Pflege war. und November 1944 entstanden im Alltag vor Augen, ihre Korrup- Gertrud Lutz war am 10. Juni 44 von und haben alle als Absende-Ort tion, ihre Willkür, die im Grunde alle der Gestapo verhaftet worden und Haftstätten des Nazi-Regimes: Stutt- treffen konnte und die keineswegs wurde am 30.11.1944 zusammen garter Gestapo-Gefängnisse (1933/ auf Günzburg beschränkt war. mit acht weiteren Personen, dar- 34, 1939, 1944) das Frauengefängnis Zofka führt weit hinein ins Geäst des unter ihre Eltern Gotthilf und Maria Gotteszell (1934 - 36) sowie das örtlichen Parteigefüges. In der Veröf- Schlotterbeck, ohne voran gegan- Frauen-KZ Moringen (1936). fentlichung begegnen dem Leser so genen Strafprozess im KZ Dachau Es sind Briefe einer gefangenen viele Personen und Ereignisse, dass hingerichtet. Das Todesurteil war ein „Staatsfeindin“, d.h. sie sind einer es stellenweise aber etwas mühsam Terrorakt der Stuttgarter Gestapo, strengen Selbst- und Fremd-Zensur ist, den Überblick auf die Hauptli- der Vorwand war die Denunziation unterworfen und deshalb fast ohne nien zu behalten. Besser wäre es eines vorgeblichen sowjetrussischen jede politische Anspielung. Das gewesen, die oft sehr langen Zitate Spions. Die Schlotterbecks und ihre Elend der Haftsituation freilich geht und Paraphrasen aus den Quellen Freunde waren Arbeiter und schon aus den hunderterlei Bitten ums zusammenzufassen und die Quel- in der Weimarer Zeit in der Gewerk- Notwendigste, vom Flickzeug bis lentexte dafür in einem Anhang zu schaft und der Kommunistischen zu Lebensmitteln, hervor. Die Briefe dokumentieren. Vermisst werden Partei aktiv. Sie gaben Widerstand sind dennoch tief berührend, spürt Angaben zum Autor. Am Fazit, eine und Gesinnung auch in der NS-Zeit man doch, dass es Überlebens- profunde und sehr gründliche Lokal- nicht auf und wurden zum Teil schon Mittel einer kämpferisch-sensiblen studie mit verallgemeinerbarem Aus- in den frühen württembergischen Frau sind, die im Räderwerk der sagewert in den Händen zu halten, KZs Heuberg und Oberer Kuhberg nationalsozialistischen Diktatur zer- ändern die kleinen Schwächen frei- eingekerkert. brochen wurde. lich nichts. Thomas Vogel Das damalige Kind Wilfriede Da die Briefe nur sehr kursorisch von (bewusst anklingend an den Ausruf den Herausgebern erläutert sind, „Will Friede“), auf das sich das Zitat sei hier noch verwiesen auf viele bezieht, wurde am 2. August 1942 weiter führende Erläuterungen bei Günter Randecker, Michael Horla- geboren und lebt heute in Berlin. Wikipedia sowie den Bericht von cher (Hrsg.): Im September 2009 übergab sie an Friedrich Schlotterbeck (1909-1979), „Behalten Sie es lieb für mich“ Günter Randecker und Michael Hor- Gertruds Bruder, dem die Flucht 100 Jahre Gertrud Lutz, geb. lacher ein großes Paket mit Briefen in die Schweiz gelungen war: „Je Schlotterbeck. Briefe - Dokumente und Dokumenten zur Geschichte der dunkler die Nacht.... Erinnerungen - Bilder. 2. Aufl. Familie Schlotterbeck. Aus diesem eines deutschen Arbeiters 1933 Stuttgart 2011, 135 Seiten, 25  Paket haben die beiden anlässlich - 1945“, bisher letzte Auflage Stutt- Zu bestellen per mail: des hundertsten Geburtstags von gart 1986. [email protected] Gertrud Lutz am 17. September Am 5.Oktober 2009 wurde vor 2010 circa 70 Briefe und Dokumente Gertrud Lutz‘ einstiger Wohnung in „Behalten Sie es lieb für mich.“ als Buch heraus gegeben, von dem Stuttgart-Degerloch eine Stolper- Dies schrieb die 34-jährige Gertrud jetzt eine zweite Auflage erschienen stein-Tafel angebracht. Lutz, geborene Schlotterbeck, am ist. Der Großteil der Briefe stammt Silvester Lechner 5. November 1944 aus der Unter- von Gertrud Lutz und ist meist an suchungshaft im ehemaligen Polizei- deren Mutter Maria, später an ihren

32 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 33 Veröffentlichungen des DZOK

DZOK-Manuskripte Sonderveröffentlichungen

Bd. 1: Ulmer Geschichtswerkstatt „… daß es so etwas gibt, wo man Ulm/Neu-Ulmer Arbeitskreis zur NS-Zeit (Hrsg.), Menschen einsperrt …“. 27. Januar (Hrsg.): Die „Hitlerjugend“ am Beispiel der Das KZ Oberer Kuhberg bei Ulm. Łódz – Ulm – New Jersey. Die Region Ulm/Neu-Ulm. Ein Aspekt Ein Film von Bernhard Häusle und Geschiche der jüdischen Familie im Umfeld der „Weißen Rose“, Siegi Jonas. Frenkel, die 1938 aus Ulm ver- 1942/43. Eine kommentierte Doku- DVD, Stuttgart 1995, 33 Min., 18 ∑ trieben wurde. menten- und Materialien-Sammlung, Manuskript; Ulm (DZOK) 2006, 6. Aufl., Ulm 2004, 170 S., 10 ∑ „Ich bin ja jetzt der Letzte …“ 72 S., 8 ∑ Arbeiterkultur – Jugendwider- Bd. 2: Claudia Dauerer, stand – Konzentrationslager. Hans Lebrecht: Alfred Moos, ein Ulmer Jude auf Hans Gasparitsch, geboren 1918 in Gekrümmte Wege, doch ein Ziel. der Flucht vor dem NS-Staat. Ein Stuttgart, erzählt. Erinnerungen eines deutsch-isra- Beitrag zur deutschen Emigration Ein Film von Silvester Lechner und elischen Kommunisten. Herausge- nach Palästina. Roland Barth. Ulm 1999, geben von Silvester Lechner, Doku- 2. Aufl.,Ulm 1995, 150 S., 8 ∑ VHS-Video, 40 Min., 25 ∑ Zentrum. Ulm (Klemm & Oelschläger) 2007, 144 S., 30 Fotos, 19,80 ∑ Bd. 3: Silvester Lechner (Hrsg.), Silvester Lechner (Hrsg.): Schönes, schreckliches Ulm. Die Kraft, nein zu sagen. Zeitzeu- Roman Sobkowiak: 130 Berichte ehemaliger polni- genberichte, Dokumente, Mate- Eindeutschungsfähig?! Eine scher Zwangsarbeiterinnen und rialien zu Kurt Schumachers 100. polnisch-deutsche Biografie im Zwangsarbeiter, die in den Jahren Geburtstag. NS-Staat und in der jungen Bun- 1940 bis 1945 in die Region Ulm/ Ulm (DZOK) 1995, desrepublik. Neu-Ulm verschleppt worden waren, 80 S., 10 ∑ (zurzeit vergriffen!) Herusgegeben von Silvester Lechner, 2. Aufl., Ulm 1997, 420 S., 20 ∑ Doku-Zentrum. (zurzeit vergriffen!) Markus Kienle: Ulm (Klemm & Oelschläger) 2009, Das Konzentrationslager Heuberg 116 S., 60 Fotos, 19,80 ∑ Bd. 4: Silvester Lechner, bei Stetten am kalten Markt. Ulm im Nationalsozialismus. Stadt- Ulm (Klemm & Oelschläger) 1998, Dokumentationszentrum führer auf den Spuren des Regimes, 220 S., 50 Abb., 10 ∑ Oberer Kuhberg Ulm e. V. (Hrsg.): der Verfolgten, des Widerstands. Ulm – die KZ-Gedenkstätte und Ulm 1997, 120 S., 8 ∑ Markus Kienle: der Nationalsozialismus. Fest- (zurzeit vergriffen!) Gotteszell – das frühe Konzentra- schrift zur Verabschiedung von Sil- tionslager für Frauen in Württem- vester Lechner in den Ruhestand. Bd. 5: Myrah Adams, berg. Die Schutzhaftabteilung Ulm (Klemm & Oelschläger) 2009, Die Würde des Menschen ist unan- im Frauengefängnis Gotteszell in 184 S., 17,80 ∑ tastbar. Das KZ Oberer Kuhberg in Schwäbisch Gmünd. Ulm (Klemm & Ulm, 1933 – 1935, Katalog zur Dauer- Oelschläger) 2002, 90 S.,12 ∑ Markus Heckmann: ausstellung 2001. (zurzeit vergriffen!) NS-Täter und Bürger der Bundes- Ulm 2002, 64 S., 138 Abb., 10 ∑ republik. Das Beispiel des Dr. Ger- Vorstand Stiftung Erinnerung Ulm hard Klopfer. Bd. 6: Oberschulamt Tübingen, (Hrsg.): Herausgegeben von Silvester Dokumentationszentrum Oberer Die Stiftung Erinnerung Ulm – Lechner und Nicola Wenge, Doku- Kuhberg (Hrsg.), für Demokratie, Toleranz und Men- mentationszentrum Oberer Kuhberg. „Württembergisches Schutzhaft- schenwürde. Ulm (Klemm & Oelschläger) 2010, lager Ulm“. Ein frühes Konzentra- Ihre Gründung, ihr Zweck, ihre Ziele. 120 S., 19,80 ∑ tionslager im Nationalsozialismus Ulm 2004, 64 S., 22 Abb., 10 ∑ (1933-1935). Materialien für den Annette Lein/Nicola Wenge: Besuch der Ulmer KZ-Gedenkstätte Ulm/Neu-Ulmer Arbeitskreis Jugendarbeit und Demokratie- mit Schülern, 27. Januar (Hrsg.): erziehung an KZ-Gedenkstätten Tübingen/Ulm 2004, 120 S., Als der Sport in Ulm 1933 natio- in Baden-Württemberg. Ein Leit- 15 Abbildungen, 8 ∑ nalsozialistisch wurde … faden des Dokumentationszentrums (zurzeit vergriffen!) Aufsätze und Dokumente. Oberer Kuhberg Ulm für bürger- Manuskript; Ulm (DZOK) 2005, schaftlich getragene Erinnerungs- 68 S., 8 ∑ orte, Ulm 2010, 40 S., Versand über (zurzeit vergriffen!) LpB oder DZOK

Oliver Thron: Deserteure und „Wehrkraftzer- setzer“. Ein Gedenkbuch für die Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm. Herausgegeben von Nicola Wenge, Bestellung und Versand (zusätzlich Versandkosten) Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg. Ulm (Klemm & Oelschläger) sind auch über das DZOK möglich! 2011, 84 S., 16,80 ∑

34 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 35 DZOK-Veranstaltungen Winter/Frühjahr 2011/2012

Donnerstag, 10. November 2011 Büchse 13 Büchse 13, 18 Uhr Nationaler Gedenktag für Veranstaltungen zur kritischen Zeitzeugengespräch mit Dr. Irm- die Opfer des Nationalsozia- Geschichtskultur gard Schmidt-Sommer über ihr lismus in der Regel dritter Donnerstag im Zusammenleben mit den jüdischen Monat, 20 Uhr Nachbarn in der Ulmer Neutorstraße Freitag, 27. Januar 2012 Ort: Büchsengasse 13 15 und deren Verfolgungsgeschichte KZ-Gedenkstätte Oberer Kuh- berg, 14.30 Uhr Was in Ulm am Oberen Kuh- berg begann … 67 Jahre nach dzokki-Treff der Befreiung von Auschwitz. Monatl. Treffen der Jugendgruppe Dr. Nicola Wenge des Dokumentationszentrums Sonntag, 13. November 2011 In der Regel zweiter und vierter KZ-Gedenkstätte, 11 Uhr Stadthaus, Ulm, 20 Uhr Montag im Monat, 13.30 Uhr Gedenkstunde für den Widerstand Die Ulmer Rabbinerfamilie Ort: Büchsengasse 13 von 1933 bis 1945 und die Opfer Strassburger der NS-Gewaltherrschaft mit Dr. Eine Spurensuche Michaela Christ zum Thema: „Kon- - zum liberalen Judentum vor zentrationslager im Gespräch von 1933 (Prof. Michael Brenner, Ulmer Geschichte Wehrmachtsoldaten – abgehört in LMU München) zum Anfassen: amerikanischer Kriegsgefangen- - zu den lokalen Wurzeln der Die KZ-Gedenkstätte im schaft 1940-1945.“ Familie und ihrer Verfolgungs- Fort Oberer Kuhberg 12.30 Uhr: Führung geschichte (Ingo Bergmann, Historiker Ulm) Öffnungszeiten der Gedenkstätte - zur Annäherung der israeli- für Einzelbesucher: schen Enkel an eine verschüt- sonntags 14 - 17 Uhr tete Welt (Avner Kantor, Alfei Führung: sonntags 14.30 Uhr Menashe, Israel) Winterschließung: Montag, 28. November 2011 Sonntag, 11. Dezember 2011 bis Schwörhaus (Gewölbekeller), 18.30 Uhr Sonntag, 22. Januar 2012 Vor 70 Jahren. Nachbarn von Dienstag, 14. Februar 2012 Gruppen-/Klassen-Besuche sind nebenan – verschollen in Riga Stadthaus Ulm, 19 Uhr nach Vereinbarung (mindestens Vortrag von Winfried Nachtwei 9. Jahrestag der Stiftung Erinne- zwei Woche vorher) jederzeit anlässlich der ersten Deportation rung Ulm möglich; von Ulmer Juden über Stuttgart nach Festvortrag der Theologin Margot Gebühr für die Führung: 40 ∑ Riga. Eine Veranstaltung des Ulmer/ Käßmann Eintritt: 2 ∑ / 0,50 ∑ Neu-Ulmer AK 27. Januar Anmeldung über das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Februar-März 2012 Tel. 0731-21312 Begleitprogramm zum Theater- Freitag, 9. Dezember 2011 stück ROMMEL/HOMBURG/TOD/ KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg, TRAUM 9-14 Uhr Mit Lesung, Exkursion nach Herr- Programm zum Tag der Men- lingen, Podiumsdiskussion und schenrechte Filmvorführungen In Kooperation mit dem Theater Ulm Das Novemberpogrom 1938 Ein Angebot mit Workshops, Infor- – auch in Ulm mationen und Gesprächen für Schulen. Ein Kooperationsprojekt Mittwoch, 9. November 2011 des Arbeitskreises Ulmer Menschen- Do./Fr., 29./30. März 2012 Weinhof, Ulm, 19 Uhr rechtsbildung KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg Gedenkfeier Lehrer-Fortbildung in Sachen KZ Oberer Kuhberg: Tatort und Haus der Gewerkschaft, 20 Uhr Gedenkstätte Vortrag von Sebastian Wert- Anmeldung im DZOK oder bei der müller: LpB: Jahrestag Reichspogromnacht Donnerstag, 15. Dezember 2011 [email protected] 1938 … Nicht nur Erinnerung. Büchse 13, 20.00 Uhr Tel.: 07125-152 148 Zur Aktualität des Kampfes Vom Wissen der Bilder – KZ-Zeich- gegen den Antisemitismus nungen am Beispiel Karel Kasaks heute“ Ein besonderer Bestand im Archiv Eine Veranstaltung der Deutsch- des DZOK Weitere Termine entnehmen Sie Israelischen Gesellschaft (DIG), Dr. Michaela Haibl, Habilitandin an bitte der Tagespresse, unserem des DGB und des Bündnis der Universität Wien Newsletter oder der Website gegen Rechts www.dzok-ulm.de!

34 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 35 Diese Nummer der Mitteilungen wird mit unten Kulturbuchhandlung Jastram stehenden Anzeigen gefördert von: Am Judenhof, Tel. 0731 - 6 71 37 [email protected]

OffsetDruck Martin Braun Engels Gestaltung Erhard-Grözinger-Straße 1, 89134 Blaustein Judenhof 11, 89073 Ulm Tel. 0731 - 954 02 11 Tel. 0731 - 14 00 73-0 www.braun-engels.de protel Film & Medien GmbH Münchner Straße 1, 89073 Ulm Café Omar Tel. 0731 - 9 26 64 44 König-Wilhelm-Straße 5, 89073 Ulm [email protected], www.protel-film.de Tel. 0731 - 921 31 66 Rechtsanwälte CDU im Ulmer Gemeinderat Filius – Bodenmüller – Ruß Rathaus, Marktplatz 1, Tel. 0731 - 61 82 20 Münchner Straße 15, 89073 Ulm www.cdu-fraktion-ulm.de, [email protected] Tel. 0731 - 9 66 42 - 0, Fax 0731 - 9 66 42 - 22 [email protected] Engel-Apotheke Ulm Apotheker Timo Ried Sparkasse Ulm Hafengasse 9, Tel. 0731 - 6 38 84 Neue Straße 66, Tel. 0731 - 101 - 0

FDP-Fraktion SPD-Fraktion im Ulmer Gemeinderat im Ulmer Gemeinderat Rathaus, Marktplatz 1, Tel. 0731 - 161 10 94 Rathaus, Marktplatz 1, Tel. 921 77 00 www.fdpfraktion-ulm.de [email protected], www.spd-ulm.de

FWG-Fraktion steuer berater HIRSCHER im Ulmer Gemeinderat Elke Reuther 0731 - 61 88 52, 0731 - 161 10 95 Virchowstraße 1, 89075 Ulm www.fwg-ulm.de Tel. 0731 - 509 77 81

GRÜNE Fraktion Ulm Verlag Klemm + Oelschläger Tel. 0731 - 161 - 1096, www.gruene-fraktion-ulm.de Pappelauer Weg 15, Tel. 0731 - 38 51 36 [email protected] www.klemm-oelschlaeger.de

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36 DZOK-Mitteilungen Heft 55, 2011 (Überhang)