Über Den Umgang Mit Der NS-Zeit: Bürger Und Experten Im Dialog
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HEARING AM 17. JULI 2010 Über den Umgang mit der NS-Zeit: Bürger und Experten im Dialog Dokumentation E ER R ERINN UNGSORT ENFÜUNGI H IN STUTTGART AM 17. JULI 2010 Dr. Wolfgang Schuster, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart E inladung zum Dialog Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster Impressum Mit der vorliegenden Schrift dokumentieren wir die Bei- men. Die formulierten Fragen und Anregungen der träge der Referentinnen und Referenten bei einem öf- Bürgerinnen und Bürger wurden während des Hea- fentlichen Hearing zur künftigen Gestaltung des Stadt- rings diskutiert. Nach der Anhörung hat sich eine Ar- Herausgeberin Hausanschrift quartiers am Stuttgarter Karlsplatz. Die Anhörung fand beitsgruppe konstituiert; dort werden die Anregungen Landeshauptstadt Stuttgart Landeshauptstadt Stuttgart im Sommer 2010 unter reger Beteiligung der Bürger- weiterbehandelt. Auch die Ergebnisse einer Straßenum- Marktplatz 1 schaft im Stuttgarter Rathaus statt. frage fließen in die weiteren Überlegungen ein. Das In- Konzeption 70173 Stuttgart ternet wird als Forum des Austausches genutzt. Landeshauptstadt Stuttgart Telefon: (0711) 216-0 Die Debatte um die künftige Gestalt des Stadtquartiers Kulturamt Fax: (0711) 216-4773 ist seitdem weitergegangen und noch nicht abgeschlos- Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart hat Planungsstab Stadtmuseum E-Mail: [email protected] sen. Es gibt noch keine definitiven Planungen. nach dem Hearing einen Beirat einberufen. Seine Mit- Dr. Anja Dauschek glieder sind Experten aus Stuttgart und Vertreter der Postanschrift Der mögliche Abriss des ehemaligen „Hotel Silber“ in bürgerschaftlichen Initiativen. Der Dialog soll, unter Be- in Zusammenarbeit mit Landeshauptstadt Stuttgart der Dorotheenstraße 10 hat die grundsätzliche Frage teiligung der Bürgerschaft, weitergehen. Die Dokumen- Sabine Haack und Veronika Brugger, 70161 Stuttgart aufgeworfen, wie wir in Stuttgart mit Erinnerungsor- tation versteht sich als eine Grundlage für die weitere Büro für Kultur und Konzept, Potsdam ten umgehen wollen und sollen. Das im Krieg stark Diskussion. zerstörte Gebäude befindet sich im Besitz des Landes Redaktion Weitere Informationen Baden-Württemberg und wird von drei Ministerien als Ich danke allen, die sich bei dem Thema engagieren Büro für Kultur und Konzept, Potsdam Audiodokumentation des Hearings: Büroraum genutzt. Von 1936 bis 1945 war das Haus und hoffe, dass wir gemeinsam eine Lösung finden, ein www.stuttgart.de/item/show/402994 Sitz der nationalsozialistischen Geheimen Staatspolizei. neues und attraktives Stadtquartier am Karlsplatz zu Gestaltungskonzept und Layout In den Zellen im Keller wurden Menschen gefoltert und gründen und zugleich unserer Verantwortung aus der Stephanie Kreber, Stuttgart Filmbeiträge auch erhängt. Durch die Kriegszerstörung und spätere Vergangenheit und gegenüber den heutigen und den Straßenumfrage zu Erinnerungsorten in Stuttgart Umbauten sind die Zellen nicht mehr vorhanden. Doch künftigen Generationen gerecht zu werden. Bildnachweis Interview mit OB Dr. Wolfgang Schuster der Ort bleibt ein historisch wichtiger Ort für Stuttgart. s. letzte Seite Interview mit Prof. Micha Brumlik An dem Hearing haben rund 300 Bürgerinnen und Bür- www.youtube.com/user/stuttgartlhs ger teilgenommen. Eine Auswahl ihrer Beiträge ist in © Landeshauptstadt Stuttgart unserer Dokumentation ebenfalls enthalten, denn die Beteiligung der Bürgerschaft war uns von Beginn an ein Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in Diese Dokumentation ist erhältlich an wichtiges Anliegen. elektronische Datenbanken sowie sonstige Verviel- der Infothek im Rathaus und online unter fältigungen nur mit schriftlicher Genehmigung der www.stuttgart.de/hearing verfügbar. Bereits im Vorfeld der Anhörung bestand die Möglich- Landeshauptstadt Stuttgart. keit, mittels Dialogkarten an der Diskussion teilzuneh- Dr. Wolfgang Schuster, Oberbürgermeister 2 3 E ER ERINN UNGSORT ILNHA T IN STUTTGART Prof. Micha Brumlik war Mentor des Hearings und Mo- Inhalt derator der Podiumsdiskussion 6 Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster 46 Positionen zur Dorotheenstraße 10 Zur Einführung in Stuttgart Geleitwort „Wie wollen wir uns erinnern?” ➜ Jürgen Schulz-Lorch A cht Stunden konzentriertes Interesse: Rund 300 Teil- 10 Prof. Micha Brumlik Ergebnisse der restauratorischen Untersuchung nehmer fanden den Weg in den Rathaussaal Impulsvortrag ➜ Prof. Roland Ostertag Orte und Dinge der Erinnerung Vorstellung der Recherchen 14 Podiumsdiskussion: Perspektiven zum Umgang 54 Wünsche und Konzepte für Stuttgart: mit der Geschichte des Nationalsozialismus Beiträge der Initiativen Beiträge von ➜ Alexander Schell und Jörg Titze ➜ Prof. Dr. Astrid Messerschmidt Stadtjugendring Stuttgart ➜ Prof. Dr. Alfons Kenkmann Politisch-historische Jugendbildung in Stuttgart ➜ Prof. Dr. Volkhard Knigge ➜ Jupp Klegraf ➜ Prof. Dr. Peter Steinbach Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber ➜ Prof. Dr. Wolfram Pyta Ziele und Konzept eines NS-Dokumentations- zentrums für Stuttgart Konrad Pflug ➜ Sieghard Kelle 23 Landeszentrale für politische Bildung Stuttgarter Jugendhaus gGmbH, Das Gedenkstättenkonzept des Landes Das Projekt „lernort gedenkstätte“ Baden-Württemberg ➜ Dr. Michael Kienzle Stiftung Geissstraße 7 29 Der Umgang mit Erinnerung: Wege stadtgeschichtlicher Erinnerung Erfahrungen aus anderen Städten ➜ Holger Viereck Anne-Frank-Realschule Stuttgart-Möhringen Beiträge von Was brauchen Schulen, um das Thema ➜ Dr. Thomas Brehm angemessen bearbeiten zu können? Ehemaliges Reichsparteitagsgelände Nürnberg ➜ Prof. Wolfgang Lorch 74 Abschlussdiskussion Architektur für die Erinnerung – Beispiele aus Frankfurt/M., Berlin, Dresden, 80 Stimmen aus dem Publikum Diskussionsfreudiges Publikum: Hinzert (Luxemburg) Die Veranstaltung verstand sich ➜ Dr. Thomas Lutz 84 Pressestimmen auch als Einladung zum Dialog Topographie des Terrors Berlin ➜ Dr. Linde Apel 90 Anhang Die engagierten Vorträge der Referenten machten es nicht immer Deportationsort Hannoverscher Bahnhof, Übersicht der Gedenkstätten in Stuttgart ganz leicht, die Zeitdisziplin einzuhalten Hamburg Literatur 4 5 E M 17. JULI 2010 ER R A ERINN UNGSORT ENFÜ UNGI H IN STUTTGART ➜ Wir unterstützen nach Kräften die verschiedenen ➜ Die Stauffenberg-Gedenkstätte ist zwar klein, aber jüdischen Gemeinden in Stuttgart hinterlässt bei den Besuchern einen nachhaltigen Eindruck ➜ Aus Anlass des 100. Geburtstags von Dr. Hirsch wurde 1985 die Otto-Hirsch-Medaille gestiftet, die ➜ Stuttgart pflegt seit Jahrzehnten eine Städtefreund- E in Thema, das bewegt: seither jährlich vergeben wird schaft mit Shavei Zion. Überhaupt weisen die Pro- Der große Ratssaal war gut gefüllt jekte, die im Rahmen unserer Städtepartnerschaf- ➜ Es gibt die jüdischen Kulturwochen ten entstanden sind, immer auch in die Zukunft: So unterstützen wir in unseren Partnerstädten Brünn, Wie wollen wir uns erinnern? ➜ Über 20 Jahre lang lief ein Besuchsprogramm, das Lodz und Samara Generationen häuser, um einer- E inführung von Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster viele ehemalige jüdische Einwohner wieder nach seits den ehemaligen Zwangsarbeitern zu helfen – Stuttgart gebracht hat zum anderen aber auch das Miteinander von Alt und Jung zu fördern ➜ Es gibt am Killesberg ein Denkmal für die Opfer der Wie wollen wir uns erinnern? Wir wissen, dass dort schenrechts- und Demokratieerziehung sind ständige Schoa – dort, wo sich das Sammellager für die drei Der konzeptionelle Ansatz wies immer schon in beide drüben am Karlsplatz, in der Dorotheenstraße 10 der Aufgaben – und die Geschichte des Nationalsozialis- großen Deportationen von 1941 und 1942 befand Richtungen: Einerseits wurden Gedenkorte geschaffen, ehemalige Sitz der Gestapo war. Wir wissen, dass dort mus zwingt uns dazu, uns damit immer wieder ausei- um der Opfer zu gedenken, als Orte der Reflexion und Unschuldige inhaftiert, gefoltert, ermordet wurden. nander zu setzen. ➜ Eine große Ausstellungsserie Anfang der achtziger des Nachdenkens. Andererseits ging es stets auch dar- Über diese und andere historische Tatsachen aus dem Jahre thematisierte die NS-Geschichte in Stuttgart um, konkrete Hilfe und Wiedergutmachung zu leisten. Dritten Reich dürfen wir nicht hinwegsehen. Die Frage ist jedoch: Wie gehen wir mit diesem Teil unserer Ge- Orte des Erinnerns und des Lernens ➜ Zahlreiche Namen von Straßen und Plätzen erin- Eine zentrale Lehre aus der Vergangenheit ist sicherlich schichte um? nern an jüdische Persönlichkeiten, die Stuttgart das Selbstverständnis Stuttgarts als offene, tolerante Wie wollen wir uns erinnern? Bürgerinnen und Bürger, mitgeprägt haben und internationale Stadt, in der es ein Miteinander Für die Stadt, das Land, und auch für den Partner Initiativen und Experten sind heute eingeladen, darü- von Menschen aus 170 Nationen, ein Miteinander der Breuninger war immer klar, dass der Neubau eine ber zu diskutieren, welcher Rahmen für die nachhalti- ➜ Ein großes „Zeichen der Erinnerung“ steht am Generationen und der sozialen Schichten gibt. Dazu Gedenkstätte enthalten muss – verbunden mit einem ge Vermittlung der Geschichte des Nationalsozialismus Nord bahnhof: 2006 ermöglicht durch das großar- gehört auch, dass wir keine Menschen ausgrenzen, Informationszentrum. Schon der Architektenwettbe- in Stuttgart in Zukunft notwendig und angemessen tige pri vate Engagement von Stuttgarterinnen und wegen ihrer Nationalität, ihres Glaubens oder ihrer werb schreibt das vor. Aber auf welche Weise soll die ist – auch mit Blick auf die Opfer. Es geht heute nicht Stuttgartern mit städtischer Unterstützung sexuellen Orientierung.