Gruppe der Frauen Ausgabe 2 | 10. September 2015

Liebe Leserinnen, nach einem schönen Sommer erhal- der Frauen Union beendet, uns in ten Sie in unserer zweiten Ausgabe der Gruppe der Frauen aber aktiv des Newsletters der Gruppe der erhalten bleibt. Als Vorsitzende der Frauen einen kleinen Einblick, wo- Gruppe der Frauen kann ich da- ran wir jüngst gearbeitet haben und her sagen: Wir freuen uns auf die was frauenpolitisch auf der Agenda weitere Zusammenarbeit! Am 26. steht, wenn wir jetzt den „Berliner September wird in Kassel auf der Sitzungsbetrieb“ wieder aufnehmen: Bundesdelegiertenversammlung Eines unserer zentralen Projek- der Frauen Union die Neuwahl der te, der bessere Schutz von Frauen Vorsitzenden erfolgen. Wir freuen (und wenigen Männern), die in der uns, dass dafür unser Mitglied, die Prostitution tätig sind, geht endlich Parlamentarische Staatssekretärin in das parlamentarische Verfahren! Annette Widmann-Mauz kandidiert. An der Reform des Sexualstrafrechts Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion MdB, wird hart gearbeitet. Im Rahmen wird auf dem Bundesdelegiertentag Vorsitzende der Gruppe der Frauen der der deutschen G7-Präsidentschaft der Frauen Union übrigens erstmals CDU/CSU-Fraktion im Deutschen lädt unsere Bundeskanzlerin Dr. mit einem eigenen Stand vertreten Bild: Andreas Krüger am 16. September sein. Dort sind Sie selbstverständ- internationale Vertreterinnen lich herzlich willkommen! zum Dialogforum mit Frauen ein. INHALT

Mit großer Dankbarkeit feiern wir Ansprechen möchte ich noch etwas, Digitalisierung im Gesundheitswesen zudem 25 Jahre friedliche Wieder- was Ihnen sicherlich genauso auf PST‘in Annette Widmann-Mauz MdB 2 vereinigung – und das in besonderer der Seele brennt wie mir: Mit großer Verbundenheit mit unseren beiden Betroffenheit und Abscheu erleben Deutsche Einheit als klarer Wählerauftrag Mitgliedern, die 1990 in der ersten wir derzeit, wie in unserem Land ge- MdB 3 frei gewählten Volkskammer vertre- gen Flüchtlinge gehetzt, Brandsätze ten waren: Katharina Landgraf und auf geplante Unterkünfte geworfen Die Hand reichen beim Sterben . werden und zunehmend Gewalt ver- Dr. Claudia Lücking-Michel MdB 4

übt wird. Tausende aber zeigen ein Jesidinnen – Ein Jahr nach den Angriffen Danken möchten wir Staatsminis- anderes Gesicht und setzen sich seit MdB 5 terin Prof. Dr. Maria Böhmer für Ihr Wochen mit großer Hilfsbereitschaft großes Engagement als Bundesvor- ehrenamtlich für die Menschen ein, Frauengesundheit Dr. MdB 6 sitzende der Frauen Union. Nach die zu uns geflüchtet sind. Aus- vierzehn Jahren im Amt hat sie sich drücklich möchte ich diesen vielen Koalition senkt Steuerbelastungen entschieden, nicht wieder zur Wahl Frauen und Männern von ganzem von Familien anzutreten. In den Jahren ihres Herzen danken. MdB 7

Vorsitzes haben wir frauenpolitisch Frauen schützen. Ausbeutung und viel erreicht, sehr vieles davon ist Ihre Menschenhandel bekämpfen – Maria Böhmers Beharrlichkeit und Das neue Prostituiertenschutzgesetz Stehvermögen zu verdanken. Dazu MdB 8 gehört vor allem, dass seit letztem Frauenpolitik auf der Agenda der Juli auch Mütter, die vor 1992 ein deutschen G7-Präsidentschaft Kind großgezogen haben, dafür Karin Maag MdB 9 einen Rentenpunkt erhalten. Wir Mehr Frauen als Unternehmerinnen sind froh, dass Maria Böhmer zwar Barbara Lanzinger MdB 10 ihr Amt als Bundesvorsitzende Digitalisierung im Gesundheitswesen Balanceakt zwischen Datenschutz und Erkenntnisgewinn

nsere Gesellschaft verändert sich durch die ra- Es gibt kaum Sensibleres als Patientendaten. Der Aufbau Usante Digitalisierung. Das betrifft fast alle der Telematikinfrastruktur erfüllt daher die höchsten Lebensbereiche und natürlich auch unser Gesundheits- Sicherheitsstandards. Der Zugriff der Ärzte auf Daten system. Damit sind große Chancen verbunden. Mit wird protokolliert, Krankenkassen sind zur Information „Big Data“ werden ganz neue Diagnosemöglichkeiten verpflichtet. Medizinische Daten werden doppelt ver- erschlossen. Was vor wenigen Jahren noch undenkbar schlüsselt und der Patient kann Daten löschen lassen. erschien, steht heute in der Bio- und Medizininformatik Unberechtigte Zugriffe werden bestraft. beispielsweise mit der Sequenzierung von Genen vor dem Durchbruch. Dazu müssen die Potenziale in der Entscheidend ist: Das Vertrauensverhältnis zwischen Biotechnologie mit den neuen digitalen Möglichkeiten Arzt und Patient bleibt unangetastet! In Zukunft verknüpft werden. wollen wir die sichere Telematikinfrastruktur für weite- re Anwendungen öffnen, z. B. für elektronische Arzt- Die Erwartungen briefe oder für Bereiche in der Pflege. Sie soll so zur der der Menschen an Kommunikationsinfrastruktur unseres Gesundheits- diesen medizini- wesens werden. schen Fortschritt sind hoch, z. B. Mit dem Aufbau der Telematikinfrastruktur für fast beim Kampf ge- 200.000 Ärzte, 20.000 Apotheken, 2.000 Krankenhäu- gen Krebs, gegen ser und nicht zuletzt für über 70 Millionen Versicherte Alzheimer, gegen schieben wir eines der größten IT-Projekte weltweit Diabetes und an. Damit es gelingt, müssen Politik, Selbstverwaltung Im Gespräch zum neuen „E-Health-Gesetz“: die seltene Krank- Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz und Industrie an einem Strang ziehen. Darum enthält heiten. Für den MdB (Mitte), 20. Juli 2015 (Bild: Uwe Venth) das „E-Health-Gesetz“ einen einfachen Grundsatz: Wer Erfolg braucht es blockiert, zahlt. Das bedeutet: Die zentralen Akteure eine große Menge anonymisierter Patientendaten. Der der Selbstverwaltung erhalten Fristen, bis zu denen die sensible Umgang mit diesen Daten ist eine große Her- Arbeiten abgeschlossen sein müssen. Ansonsten drohen ausforderung. Mittelkürzungen. Nur so können wir Fahrt aufnehmen.

Mit dem „E-Health-Gesetz“ wird erstmals ein Gesamt- Für E-Health gibt es also viele gute Gründe. Ziel ist, dass plan für alle Beteiligten zur Nutzung der Digitalisierung wir alle technischen Möglichkeiten nutzen, damit der im Gesundheitswesen vorgelegt, der die Interessen der medizinische Fortschritt den Patienten wirklich zugu- Patienten (z. B. Notfalldaten, Medikationsplan), der tekommt, unabhängig von Wohnort und Geldbeutel. Ärzte (z. B. Arztbrief, Entlassbrief, Teleradiologie) und Deutschland muss hier Vorreiter sein. Als einer der der Krankenkassen (Versichertenstammdaten) berück- Weltmarktführer in der Medizintechnik haben wir das sichtigt. Potenzial, eine sichere und effiziente Datenverwaltung für Bürger und Patienten zu entwickeln. So schaffen wir jetzt u. a. die Grundlage dafür, dass ein Medikationsplan auf der elektronischen Gesundheits- karte gespeichert werden kann. Dieser Medikationsplan Annette Widmann-Mauz MdB soll den Patienten, die mehrere Medikamente nehmen, ausgehändigt werden. Der Arzt kann so prüfen, welche Medikamente eingenommen werden und gefährliche Parlamentarische Staatssekretärin Wechselwirkungen verhindern. Das hilft besonders beim Bundesminister für Gesundheit älteren und alleinstehenden Menschen.

Digitale Vernetzung rettet Leben, vor allem in Notfällen. Bei einem Unfall kann der Arzt künftig wichtige Notfall- daten direkt von der elektronischen Gesundheitskarte abrufen. Das geht nur mit der Speicherung grundlegen- der Daten z. B. über Allergien, Unverträglichkeiten oder chronische Erkrankungen. Mit den Notfalldaten schaf- fen wir aber auch die notwendigen Online-Strukturen für medizinische Anwendungen wie etwa die elektroni- sche Patientenakte.

Bild: Laurence Chaperon

2 | Gruppe der Frauen 2 | 10. September 2015 Deutsche Einheit als klarer Wählerauftrag Persönliche Reflexionen von Katharina Landgraf zum Jahr 1990

n wenigen Wochen feiern wir in Ost und West, in zum Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grund- INord und Süd unseres Vaterlandes den 25. Jahres- gesetzes der Bundesrepublik Deutschland setzten die tag der deutschen Einheit. Dieses Jubiläum hat für jeden berühmten i-Tüpfelchen in einer unglaublich rasanten von uns in Politik und in Gesellschaft eine persönliche Entwicklung. Dimension. Angesichts des bevorstehenden Jubiläums können wir Noch heute ist der historische erste Tag der Einheit so nur innehalten und demütig „Danke!“ sagen. Wir haben fest in meiner Erinnerung verankert wie kaum ein an- demokratisch alle Möglichkeiten genutzt, um in Frieden deres politisches Ereignis. In der Nacht vom 2. auf den und Freiheit die Einheit zu erlangen und auszugestal- 3. Oktober stand ich auf den Stufen des Reichstages in ten. Das geschah friedlich und ohne Blutvergießen. Un- Berlin – als junge Volkskammerabgeordnete, berufstä- ser damaliges Erleben und Tun erscheint angesichts der tige Mutter von vier Kindern zwischen 8 und 14 Jah- heutigen Situation in Europa und in der Welt geradezu ren alt. Ringsum Jubel, Freudentränen und glückliche als unglaublich und als unschätzbar. Menschen. Als Frau in der Politik damals Hinter mir lag damals ein halbes Jahr und heute betrachte ich diese Turbo-Politik. Mit dem Überraschungs- spannende Zeit aus noch einem sieg der „Allianz für Deutschland“ zu weiteren Blickwinkel. Im Jahre den ersten freien Volkskammerwahlen 1990 habe ich ein Gesellschafts- am 18. März öffnete sich mir die Welt system mit begraben dürfen, der Politik – plötzlich und unerwartet. das den Frauen vorgaukelte, Am 3. Oktober fühlte ich mich wie ein ihre Gleichberechtigung in allen Etappensieger im Radrennen: froh und Sphären des Lebens zu gewähr- dennoch etwas erschöpft. Katharina Landgraf MdB (2. v. l.) in der gemein- leisten. Diese Art der Emanzi- samen Sitzung der Gruppe der Frauen mit der pation war verordnet von der Wir waren im Frühjahr als freige- Arbeitnehmer-Gruppe zum Thema „Entgeltgleich- herrschenden SED, die für alle wähltes Parlament gestartet, um uns heit“, 17. März 2015 festlegte, was gut und recht ist. (Bild: CDU/CSU-Bundestagsfraktion) selbst abzuschaffen. Der Auftrag der Wir kamen am Ende aus einer Wählerinnen und Wähler hieß nämlich quotierten, festgelegten Gesell- fortan „Deutsche Einheit“. Wie aber sollten wir das als schaft, die nichts gemein hatte mit Freiheit und Selbst- Neue in der Politik machen? Wir konnten nicht nach verwirklichung. Diese DDR-Scheinwelt haben wir hinter Leipzig fahren, um uns dort in der Deutschen Bücherei uns gelassen. Das ist schon lange Geschichte, aber eine, dafür einschlägige Literatur und Rezepte auszuleihen. die wir nicht einfach „zu den Akten legen“ sollten und Auch der Weg zur Nationalbibliothek nach Frankfurt am nicht vergessen dürfen. Main wäre ergebnislos geblieben.

Wir kannten das Ziel, nicht aber den Weg dorthin. Ein Aufbruch ins Ungewisse. Also haben wir einfach Katharina Landgraf MdB losgelegt. Lernen durch Handeln war die Devise. Da gab es keine Konjunktur für Bedenkenträger. Auch deshalb nicht, weil die Situation des Landes dramatisch schlecht Vorstandsmitglied der Gruppe der Frauen war, an jedem Tag neues Denken, neues Handeln, neue der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Hiobsbotschaften. Eine solche Situation musste ich seither nicht wieder erleben. Unsere politische Kreativi- tät verirrte sich damals nicht in einem dichten Paragra- fendschungel. Die Leitplanken für unser Tun waren klar zu erkennen. Sie wiesen uns die Richtung und den Weg zur deutschen Einheit. Unklar war damals nur, wie viele Stationen und wie viel Zeit noch verbleiben.

Das Ziel hat uns Kraft gegeben zu immer mutigeren Beschlüssen in der Volkskammer. Das Vertragswerk über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion und deren Realisierung zum 1. Juli war das Kern-Fundament, das wir gemeinsam für die Einheit gegossen haben. Die Parlamentsbeschlüsse zum Einigungsvertrag und zuvor Bild: Büro Katharina Landgraf MdB 3 | Gruppe der Frauen 2 | 10. September 2015 Die Hand reichen beim Sterben Beim Thema Sterbehilfe geht es vor allem um die Frage der Autonomie des Einzelnen

eit der Orientierungsdebatte im November 2014 konnten. Was ich darüber hinaus verhindern möchte, Sist es gelungen, das schwierige Thema „Sterbe- ist, dass Menschen sich selbst als Last empfinden und begleitung“ aus der Tabuzone unserer Gesellschaft zu unter Druck gesetzt fühlen, sich aus dem Weg zu räu- holen und zu einem Gegenstand nicht nur zahlreicher men. Dies kann leicht geschehen, wenn Beihilfe zum politischer, sondern vor allem auch zwischenmensch- Suizid zum Standardrepertoire bei uns gehört. Denn licher Erörterungen zu machen. Das laut Bundestags- dann bin ich als Mensch gezwungen, mich zu entschei- präsident „anspruchsvollste und den und muss mich zu dieser Option verhalten. Aus schwierigste Gesetzgebungsverfahren dieser Legislatur- diesem Grund habe ich mich an der Erarbeitung des periode“ ist zu einem gesellschaftlichen Thema gewor- Gesetzentwurfes beteiligt, der organisierte, genauer den. Darauf können wir Parlamentarier stolz sein, ganz geschäftsmäßige Formen von Suizidbeihilfe unter Strafe unabhängig von unseren persönlichen Positionen. stellt.

Auch ich habe in den ver- Das Strafrecht wie auch die gangenen Monaten an vielen ärztliche Berufsordnung erlau- Veranstaltungen zur Sterbebe- ben viele Möglichkeiten, Leiden gleitung teilgenommen. Fast am Lebensende effektiv zu lin- immer wurden dabei Stim- dern und potenziell lebensver- men laut, die forderten, dass längernde Behandlungsmaß- die Entscheidung über den nahmen, die der Patient nicht eigenen Tod zur Selbstbestim- wünscht, zu beenden oder gar mung und Autonomie jedes nicht erst damit zu beginnen. Menschen gehören müsse. Es bleiben nur wenige Einzel- Womit wir bei der Frage sind, fälle, in denen die Optionen die mich im Augenblick am Prof. Dr. Christiane Woopen (3. v. l.), Vorsitzende des Deutschen der Palliativversorgung nicht meisten umtreibt: Autono- Ethikrates, in unserer Sitzung zum Thema „Sterbehilfe“, ausreichen – und auch andere 10. April 2014 (Bild: CDU/CSU-Bundestagsfraktion) mie über alles? Natürlich gilt: Optionen der Leidminderung Niemals darf ein Mensch zum nicht genügen. Ein Gesetz soll- bloßen Objekt fremder Interessen herabgewürdigt und te aber nicht für Einzel- und Ausnahmefälle gemacht durch sie fremdbestimmt werden. Selbstbestimmung werden. ist ein hohes Gut und unmittelbarer Ausfluss der Würde des Menschen. Aber gleichzeitig hat unsere Selbstbe- Eine Gesellschaft mit menschlichem Gesicht muss Men- stimmung auch ihre Grenzen. Denn niemand lebt für schen in Not einen menschlichen Ausweg anbieten, kei- sich allein auf einer Insel. Jeder von uns ist von Anfang nen technischen. Die Hand reichen beim Sterben, nicht bis Ende, von der Geburt bis zum Tod auf andere ange- Hand anlegen zum Sterben – das sollte Leitgedanke sein wiesen und wird durch sein soziales Umfeld bestimmt. bei all unseren Bemühungen. Wo spricht dann wirklich unser Selbst? Wo entscheiden wir tatsächlich autonom? Jede Entscheidung muss nicht nur mit den Konsequenzen für einen selbst, sondern Dr. Claudia Lücking-Michel MdB auch in ihrer Wirkung auf andere nach bestem Wissen und Gewissen verantwortet werden. Menschliche Auto- nomie wäre aus meiner Sicht ganz klar missverstanden, Vorstandsmitglied der Gruppe der Frauen wenn man sie mit Beliebigkeit oder gar Bindungslosig- der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag keit gleichsetzte.

Sterben muss jeder von uns alleine. Aber als Gesell- schaft sind wir verantwortlich dafür, unter welchen Umständen Menschen sterben: ob sie liebevoll beglei- tet, schwer leidend oder optimal palliativ versorgt sind. Es ist ein ganz wichtiger Schritt, dass wir die Palliativ- und Hospizversorgung ausbauen. Denn hier geht es um Lebensqualität und Leidensminderung bei unheilbaren Erkrankungen. Mir macht Hoffnung, wenn Palliativme- diziner berichten, dass sie die allermeisten „Todeskan- Bild: CDU/CSU- didaten“ von der Chance des Weiterlebens überzeugen Bundestagsfraktion

4 | Gruppe der Frauen 2 | 10. September 2015 Jesidinnen – Ein Jahr nach den Angriffen Tausende werden noch vermisst und Hunderte sind schwer traumatisiert

m August 2014 ging ein Aufschrei um die Welt. werden konnten, ist das Leid nicht überwunden. Schwer IEs war der Aufschrei der Jesiden, einer religiösen traumatisiert leben sie in Flüchtlingslagern. Minderheit im Nordirak. Sie mussten fliehen vor der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS). Insgesamt Die deutsche Bundesregierung unterstützt mit umfang- tötete der IS in der Bergregion Sindschar 3.000 jesi- reichen Hilfsmaßnahmen die Flüchtlinge vor Ort v. a. dische Männer und entführte über 5.000 Frauen und in der Region Nord-Irak. In Deutschland versucht man, Kinder. den bereits befreiten Frauen zu helfen. In Baden-Würt- temberg wurde ein spezielles Therapieprogramm für Die Jesiden werden von den IS-Kämpfern als „Teufels- 700 schwer traumatisierte jesidische und christliche anbeter“ angesehen. Aus diesem Grund sollen sie zum Frauen eingerichtet. Dieses Hilfsprogramm sieht vor, Islam konvertieren. Wer sich weigert, muss Schutzgeld dass die Frauen an verschiedenen Standorten medizi- bezahlen oder wird umgebracht. Ein Jahr ist seitdem nisch und psychologisch betreut werden. Insgesamt vergangen und es stellen sich viele Fragen: Wie geht es hat das Land für dieses Programm 30 Millionen Euro den Menschen? Was ist mit den über 5.000 entführten eingeplant. Transport, Unterkunft und Therapien sind Frauen und Kindern geschehen? darin enthalten.

Mehr als die Hälfte der 800.000 irakischen Jesiden hat Ob es jemals gelingen kann, dass die betroffenen während des Infernos alles verloren. In der Stadt Dohuk Frauen – ob Jesidinnen oder Christinnen – ihre leid- sind 750.00 Flüchtlinge gestrandet, darunter auch zehn- vollen Erfahrungen auch nur halbwegs verarbeiten oder tausende irakische Christen. Bisher konnten nur ca. gar überwinden können, bleibt dennoch fraglich. Diese 1.500 der entführten jesidischen Frauen und Mädchen Frauen sind körperlich und psychisch so erschöpft, aus den Fängen des IS befreit werden. Diese hatten das dass sie meist keine Kraft haben, um ein neues Leben Glück, dass ihnen kurdische Geheimdienstler halfen. zu beginnen. Das darf uns jedoch nicht entmutigen. Es Andere konnten mit Hilfe ihrer Verwandtschaft ausrei- ist nicht nur unsere Pflicht, diesen Menschen zu helfen, chend Geld auftreiben, um sich freizukaufen. Doch nur ihnen Zuflucht zu bieten, sie zu beherbergen, bis sie die wenigsten Familien konnten die hohe Summe von in ihre Heimat zurückkehren können – es sollte auch 500 bis zu 10.000 US-Dollar aufbringen. selbstverständlich sein.

Die große Mehrheit hatte dieses Glück nicht. Sie erlei- Nächstenliebe darf keine leere Worthülse sein. Wort den Tag für Tag unvorstellbare Qualen. Erschreckend und Tat gehören in der Flüchtlingshilfe zusammen. lesen sich die Berichte von „Amnesty International“ oder „Human Rights Watch“. So wird zum Beispiel von einem 12-jährigen Mädchen berichtet, das von den IS-Kämpfern entführt wurde, tagelang Vergewaltigun- Elisabeth Motschmann MdB gen erleiden musste, anschließend verkauft und danach einem IS-Kämpfer „geschenkt“ wurde. Ordentliches Mitglied Über 3.000 Frauen sollen sich derzeit noch in den im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages Händen des IS befinden. Um diese Frauen zu befrei- en, sammeln Hilfsorganisationen Geld – trotz aller moralischer Bedenken. Dies bestätigt Simon Jacob, Vorsitzender des Zentralrats Orientalischer Christen in Deutschland: „Auf der einen Seite müssen wir etwas für die leidenden Menschen tun. (...) Aber es ist auch eine Spirale, die eigentlich teuflisch ist, weil wir nämlich genau das Gegenteil erreichen, indem wir diese Funda- mentalisten nämlich mit dem Geld leider unterstützen.“

Ein Jahr nach den Angriffen wird es zunehmend schwie- riger, die entführten Frauen überhaupt wiederzufinden. Durch Weiterverkäufe in Länder wie Tunesien, Bahrain Bild: Büro Motschmann MdB oder Saudi-Arabien verliert sich ihre Spur. Das Zeitfens- ter, die Frauen ausfindig zu machen, schließt sich mit jedem Tag weiter. Aber auch für diejenigen, die befreit

5 | Gruppe der Frauen 2 | 10. September 2015 Frauengesundheit Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Medizin und die Forderung, Frauen mit Brustkrebs eine bestmögliche Therapie zu ermöglichen

rauen und Männer sind anders – in der Medizin aggressiv der Tumor ist. Daraus können wiederum Faber gibt es in den meisten Fachgebieten nur „den Rückschlüsse auf die Gefahr einer Neuerkrankung Patienten“, den Menschen als medizinisches Neutrum. gezogen werden. Nach Einschätzung von Fachleuten Man unterteilt in klassische Frauenkrankheiten und könnte in Deutschland pro Jahr rund 15.000 Frauen typische Männererkrankungen, dazu kommen all die eine Chemotherapie erspart bleiben, würden diese Tests Krankheiten, die beide Geschlechter gleichermaßen generell angewendet. treffen können. Diagnose und Behandlung sind in der Regel die gleichen. Dabei zeigen Männer und Frauen bei Die Chemotherapie ist eine besonders belastende Phase vielen Erkrankungen unterschiedliche Symptome und für die Patientinnen. Wenn mittels eines Tests einem reagieren unterschiedlich auf die Therapie. Teil der Frauen diese Prozedur erspart bleiben könn- te, sollte er auch angewendet werden. In Deutschland Beispiel Herzinfarkt – kämpfen wir noch um Standards, die in anderen euro- ein gemeinhin typi- päischen Ländern längst Versorgungsalltag sind: Bislang sches Männerleiden. sind gesetzliche Krankenkassen nicht verpflichtet, die Während die Gesamt- Kosten für den Test zu übernehmen. Der Gemeinsame zahl der Herzinfarkte Bundesausschuss (G-BA) hat einen entsprechenden in den letzten Jahren Prüfungsantrag angenommen, doch eine Lösung für zurückgegangen ist, eine flächendeckende Erstattung der Tests scheint nicht ist das Infarkt-Risiko in Sicht. Das muss sich ändern. Am Rande der Sitzung der Gruppe der bei Frauen gestiegen. Frauen zum Thema, Dr. Katja Leikert Patientinnen sterben Zwar können seit April 2015 gesetzlich versicherte MdB (Mitte) mit Karin Maag MdB und Maria Michalk MdB (v. l. n. r.), öfter an den Folgen Patientinnen mit Brustkrebs im Rahmen der Ambulan- 5. Feb. 2015 (Bild: Büro Dr. Leikert MdB) eines Herzinfarktes ten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) mit einem als Männer. Ein Grund Gen-Expressionstest untersucht werden, der in Frage dafür: Die Symptome, die Frauen zeigen, unterscheiden kommende Patientinnenkreis ist allerdings viel zu eng sich deutlich von denen der männlichen Patienten. Der gefasst. Zu viele Frauen fallen bei der Vorauswahl nach Herzinfarkt wird oftmals nicht als solcher diagnostiziert Tumor-Größe durch das Versorgungs-Raster. und entsprechend nicht behandelt. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass die Anwen- Neben der Diagnostik spielt bei der geschlechtsspezi- dung von Prognosetests nach der Diagnose Brustkrebs fischen Medizin die Medikation eine Schlüsselrolle. allen Patientinnen zur Verfügung steht, um ihnen so Medikamente wirken bei Frauen und Männern unter- ein objektives Entscheidungskriterium für oder gegen schiedlich. Hauptgrund ist der unterschiedliche Stoff- eine Chemotherapie an die Hand zu geben. Es müssen wechsel bei den beiden Geschlechtern. Auch soziale endlich alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, damit Faktoren spielen eine Rolle – Frauen und Männern im Falle eines Tumor-Befundes die richtigen Behand- gehen mit Krankheiten anders um. lungsschritte eingeleitet werden können.

Die Forderung nach einer Ausweitung der geschlechts- spezifischen Medizin sollte nicht in die feministi- Dr. Katja Leikert MdB sche Ecke geschoben werden. Letztlich haben beide Geschlechter einen Nutzen von der Etablierung der Ordentliches Mitglied geschlechtsspezifischen Medizin. im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages Eine typische Frauenkrankheit ist mit rund 70.000 Dia- gnosen pro Jahr bei Frauen und etwa 600 Diagnosen bei Männern der Brustkrebs. Ist ein Tumor diagnostiziert worden, besteht die Behandlung meist aus Operation, Bestrahlung und Chemotherapie. Allerdings könnte in vielen Fällen auf eine Chemotherapie verzichtet werden, wenn gleich nach der Tumor-Diagnose ein Prognosetest vorgenommen würde. Mit so genannten Gen-Expressionstests kann festgestellt werden, wie Bild: Büro Dr. Leikert MdB 6 | Gruppe der Frauen 2 | 10. September 2015 Koalition senkt Steuerbelastung von Familien Noch stärkere Unterstützung Alleinerziehender

er strikte Kurs der Haushaltskonsolidierung der schlag vorlegen müssen. Das hat sie nicht getan. DKoalitionen unter Angela Merkel und Wolfgang Schäuble nach zwei Konjunkturprogrammen in Folge Entlastungsbetrag für Alleinerziehende der Finanzkrise zahlt sich aus. Neben der guten Wirt- Erstmals seit 2004 steigt auch der Entlastungsbetrag für schaftslage ist die Haushalts- und Finanzpolitik der die fast 2,7 Millionen Alleinerziehenden rückwirkend Garant dafür, dass sich politische Gestaltungsmöglich- zum 1. Januar 2015 um 600 Euro auf 1.908 Euro. Er keiten in Bereichen eröffnen, die uns wichtig sind: So richtet sich nun zudem nach der Anzahl der Kinder: Mit zuletzt bei der steuerlichen Entlastung der Bürgerinnen jedem weiteren Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag und Bürger und insbesondere von Familien. Deren Be- um 240 Euro. lastung wird künftig pro Jahr um mehr als 5 Mrd. Euro niedriger ausfallen. Kinderzuschlag Auch Geringverdiener profitieren: Grundfreibetrag und Wir heben den Kinderzuschlag ab kalte Progression 1. Juli 2016 von 140 Euro auf dann Wir haben den steuer- 160 Euro an. Ihn erhalten Eltern, die lichen Grundfreibetrag zwar den eigenen Bedarf mit ihrem für die Jahre 2015 Einkommen bestreiten können, und 2016 angehoben. nicht aber über ausreichende Mittel Rückwirkend zum verfügen, um auch den Bedarf ihrer 1. Januar 2015 steigt Kinder zu decken. Wünschenswert er um 118 Euro auf wäre eine Erhöhung ab Januar 2016. 8.472 Euro. 2016 ist Antje Tillmann MdB informiert in der Gruppe der Frauen über Hierzu müssen aber seitens der eine weitere Anhebung Fragen des Steuerrechts, speziell über das Ehegattensplitting, Familienministerin Finanzierungs- um 180 Euro auf dann 13. Nov. 2014 (Bild: CDU/CSU-Bundestagsfraktion) vorschläge vorgelegt werden. 8.652 Euro vorgesehen. Daneben hat die Koalition erstmals seit 2010 Entlas- Bürokratie tungsmaßnahmen wegen der negativen Folgen, die sich Bei den rückwirkenden Regelungen tragen wir der Bü- durch das Zusammenspiel von Lohnerhöhungen und rokratie Rechnung: Die nachträgliche Auszahlung von Inflation ergeben („kalte Progression“) beschlossen. Kindergeld führt nicht zu einer Änderung von Sozial- Konkret befreien wir die Steuerzahlerinnen und Steu- und Unterhaltsleistungen. Der Aufwand für Arbeitgeber erzahler von der kalten Progression der Jahre 2014 und hält sich ebenfalls in Grenzen, weil alle Änderungen 2015, indem wir die Tarifeckwerte um rund 1,5 Prozent einzelner Lohnabrechnungen infolge der rückwirken- verschieben. Höhere Steuerbelastungen setzen dann den Anhebung unterbleiben und die Nachberechnung erst später ein. Der von der Bundesregierung erstmals einzig im Dezember erfolgen wird. vorgelegte Steuerprogressionsbericht zeigt also Wirkun- gen. Antje Tillmann MdB Kinderfreibetrag und Kindergeld Den Kinderfreibetrag – der durch den so genannten Erziehungsfreibetrag ergänzt wird – heben wir für Finanzpolitische Sprecherin 2015 von 4.368 Euro auf 4.512 Euro und für 2016 auf der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag 4.608 Euro an. Alle kindbedingten Freibeträge erhöhen sich damit zusammengerechnet von 7.008 Euro auf 7.248 Euro. Das Kindergeld beträgt derzeit monatlich 184 Euro für das erste und das zweite Kind, 190 Euro für das dritte und 215 Euro für jedes weitere Kind. Auch dieses erhöhen wir rückwirkend ab Januar 2015 monat- lich um 4 Euro und 2016 um weitere 2 Euro je Kind. Da- rüber, ob eine rückwirkende Anhebung des Kinderfrei- betrags für 2014 verfassungsrechtlich geboten gewesen wäre, wird gestritten. Wir haben einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt. Unser Koalitionspartner war jedoch zu einer isolierten Anhebung – ohne Kinder- Bild: Michael Voigt gelderhöhung – nicht bereit. Da eine Kindergelderhö- hung aber nicht im Koalitionsvertrag ausgewiesen ist, hätte die Familienministerin einen Finanzierungsvor-

7 | Gruppe der Frauen 2 | 10. September 2015 Frauen schützen. Ausbeutung und Menschenhandel bekämpfen Das neue Prostituiertenschutzgesetz löst die durch das rot-grüne Prostitutionsgesetz entstandenen Probleme

or Kurzem wurde der Referentenentwurf des müssen. Auch die von uns durchgesetzten verbind- Vneuen Prostituiertenschutzgesetzes vorgelegt. lichen Gesundheitsberatungen werden den Prostitu- Das Ziel der Union ist klar. Wir werden durch dieses ierten helfen, sich über Risiken ihrer Tätigkeit besser Gesetz Frauen vor Ausbeutung und widrigen Arbeits- aufklären zu lassen und Kontakte zu Hilfseinrichtungen bedingungen schützen. Das Prostitutionsgesetz von zu bekommen. Die Frauen sollen wissen, an wen sie Rot-Grün aus dem Jahr 2002 sich bei Problemen wenden können, welche Rechte sie hat die Sittenwidrigkeit der haben und dass es Hilfe gibt, wenn Sie aus dem Gewerbe Prostitution abgeschafft, aber aussteigen wollen. die in der Prostitution Täti- gen völlig ohne Struktur und Die Kondompflicht zwingt vor allem die Betreiber von Schutz gelassen. Die absolute Prostitutionsstätten, entsprechende Präservative vor- Liberalisierung ohne Regeln zuhalten und gibt den Prostituierten ein zusätzliches hat Deutschland innerhalb Argument, ungeschützten Geschlechtsverkehr abzuleh- weniger Jahre zum „Bordell nen. Ebenso wird jedes Werben für Sex ohne Kondom Europas“ werden lassen. verboten sein. Die Missachtung dieser Vorschriften wird Touristen kommen aus aller mit hohen Bußgeldern belegt. Welt nach Deutschland, weil es hier so einfach ist, käuf- Sitzung zu aktuellen Themen mit Trotz harter und aus Sicht der Unionsfraktion er- lichen und ungeschützten der 1. Stellv. Fraktionsvorsitzenden folgreicher Verhandlungen sind wir noch nicht ganz Geschlechtsverkehr zu be- MdB (2. v. r.): am Ziel. Der Teufel liegt im Detail und aus dem nun Sylvia Pantel MdB (1. v. r.), kommen. Dabei scheint der 26. Juni 2014 vorliegenden Referentenentwurf ergeben sich noch Nachschub an sehr jungen (Bild: CDU/CSU-Bundestagsfraktion) einige Punkte, die genauer ausgeführt und abgestimmt Frauen unbegrenzt zu sein. werden müssen. So versuchen wir zum Beispiel sicher- In den Verhandlungen mit der SPD zeigte sich schnell, zustellen, dass in der Prostitution Tätige eine anständi- dass wir sehr unterschiedliche Wahrnehmungen hatten ge Krankenversicherung haben. Die von der Union im und unterschiedliche Prioritäten für das neue Gesetz neuen Gesetz verankerten Regeln schützen Prostituierte setzen wollten. Wo die Verhandlungsführer der SPD das so gut wie nie zuvor. Beispiel einer jungen, selbstbestimmten Studentin in der Gelegenheitsprostitution anführten, die ihnen von den Prostituiertenverbänden vorgeführt wurde, haben Sylvia Pantel MdB wir uns mit der harten und nicht so schönen Wirklich- keit befasst. Experten von Polizei und Frauenhilfsor- ganisationen berichteten uns von jungen Frauen aus Ordentliches Mitglied Südosteuropa, EU-Bürgerinnen, die mit der Aussicht auf im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einen Job nach Deutschland gelockt wurden und nun in des Deutschen Bundestages Bordellen wie am Fließband arbeiten, um ihre Familien zu Hause zu ernähren.

Das neue Prostituiertenschutzgesetz ist einzigartig in Europa: es verlangt die Anmeldung der in der Pros- titution Tätigen bei einer zuständigen Behörde, eine Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten und eine Zu- verlässigkeitsprüfung für Betreiber von Bordellen sowie verbindliche Gesundheitsuntersuchungen in kurzen Intervallen für die unter 21-jährigen Prostituierten.

Die Anmeldung der Prostituierten wird dafür sorgen, dass Aufsichts- und Ordnungsbehörden die Einhaltung der Schutzvorschriften besser überprüfen können. Der- zeit ist mit der SPD noch strittig, wie wir diese Anmel- dung so ausgestalten können, dass die Prostituierten Bild: Büro Sylvia Pantel MdB schon bei der Anmeldung ihre Tätigkeitsorte eingrenzen

8 | Gruppe der Frauen 2 | 10. September 2015 Frauenpolitik auf der Agenda der deutschen G7- Präsidentschaft Gruppe der Frauen im Gespräch mit der Leiterin des G7/G20 Sherpa Stabs im Bundeskanzleramt, Frau Dr. Gesa Miehe-Nordmeyer

n unserer letzten Sitzung vor der Sommerpause Ihaben wir uns über die frauenpolitische Agenda der deutschen G7-Präsidentschaft informiert. Dazu berichte- te uns Frau Dr. Gesa Miehe-Nordmeyer, Leiterin des G7/ G20 Sherpa Stabs im Bundeskanzleramt.

Unter dem Motto „An morgen denken. Gemeinsam han- deln“ tagten die Staats- und Regierungschefs der G7 am 7./8. Juni auf Schloss Elmau zu ihrem jährlichen Gipfel. Auf ihrer Tagesordnung standen neben Weltwirt- Kanadas Premierminister Stephen Harper, Liberias Präsidentin Ellen schaft, Außen- und Sicherheitspolitik, Terrorismusbe- Johnson Sirleaf (2. v. l.), Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union Nkosazana Dlamini-Zuma (r.) und die Bundeskanzlerin Dr. Angela kämpfung, Klima- und Energiepolitik, Gesundheits- und Merkel MdB (l.) beim G7-Gipfel in Schloss Elmau, 8. Juni 2015

Entwicklungspolitik auch Frauen und Afrika im Mittel- (Foto: https://://www.flickr.com.photos/pmwebphotos/,https://creativecommons.org/licenses/ punkt. by-nc-nd/2.0/de/ keine Änderungen)

Warum die Stärkung von Frauen einen Schwerpunkt des Die G7 unterstützt die UN-Grundsätze zur Stärkung diesjährigen Gipfelprozesses bildet, hat Bundeskanzlerin der Frauen in Unternehmen („Women´s Empowerment Dr. Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung am 21. Principles“). Mai prägnant zusammengefasst: „Wenn weltweit mehr Frauen aktiv am Wirtschaftsleben teilhaben, nutzt das Wichtig ist den Gipfelländern, die Umsetzung auch allen.“ Es ist bekannt, dass bei steigender wirtschaftli- weiter zu beobachten. Daher wurde die Einrichtung cher Teilhabe von Frauen ebenso ein Rückgang an Armut einer G7-Arbeitsgruppe zu den Frauenthemen und Ungleichheit zu verzeichnen ist wie steigendes beschlossen. Zudem wird Japan, das 2016 die G7-Prä- Wachstum und Innovation. Beispielsweise belegen sidentschaft übernimmt, den Themenschwerpunkt Studien, dass Frauen von jedem zusätzlich verdienten „Stärkung von Frauen“ fortsetzen. US-Dollar über 90 Prozent in Ernährung, Bildung und Gesundheitsvorsorge investieren – mehr als Männer. Für die deutsche G7-Präsidentschaft bildet die Stär- kung von Frauen durchgehend und nicht nur in Elmau Trotz Fortschritten in den letzten Jahren sind weiter- einen Themenschwerpunkt. Daher gehören als hin zwei Drittel der Analphabeten weltweit weiblich. weitere Veranstaltungen der Bundesregierung das Immer noch werden weitaus mehr Frauen als Männer G7-Dialogforum mit Frauen im Bundeskanzleramt am Zugang zu Bildung und Ausbildung gehindert – und am 16./17. September 2015 und die Konferenz des zwar alleine wegen ihres Geschlechts. Die G7 hat daher BMZ am 19./20. November 2015 zum Empowerment von beschlossen, vor allem in Entwicklungsländern die Frauen ebenfalls in diesen Kontext. Für das G7-Dialog- Zugangsbarrieren für Mädchen und Frauen zu (Aus-) forum mit Frauen werden über 50 Teilnehmerinnen aus Bildung abzubauen und ihre berufliche Bildung weiter verschiedenen Ländern und verschiedenen Bereichen zu unterstützen. Dazu betont die Gipfelerklärung auch erwartet. Sie werden im Bundeskanzleramt vorrangig den Kampf gegen Diskriminierung und (sexuelle) Gewalt über politische und wirtschaftliche Teilhabe, Chancen sowie das Bestreben, kulturelle, gesellschaftliche und der Digitalisierung sowie Gesundheit diskutieren. wirtschaftliche Hürden zu überwinden. Konkret ver- pflichtete sich die G7, die Anzahl der durch sie qualifi- Hintergrundinformation: zierten Mädchen und Frauen bis 2030 um ein Drittel zu Das Gipfel-Communiqué sowie weitere Informationen zur erhöhen. deutschen G7-Präsidentschaft sind unter http://www.g7germany.de abrufbar. Gerade in ihren eigenen Ländern sehen sie sich in der Pflicht, dieunternehmerische Selbständigkeit von Frauen zu fördern und dazu ihren Zugang zu Karin Maag MdB Finanzierung und Netzwerken zu fördern und ver- stärkt frühzeitig über entsprechende Möglichkeiten zu informieren. Ein entsprechender Passus mit Annex zu Vorsitzende der Gruppe der Frauen den Prinzipien ist im Communiqué verankert worden. der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

9 | Gruppe der Frauen 2 | 10. September 2015 Mehr Frauen als Unternehmerinnen Gründungen durch Frauen stärker fördern

nternehmerinnen sind wichtig für die deutsche wichtigen Schritt. Das allein reicht aber noch nicht. UWirtschaft. Frauen sind vor allem Klein- und Kleinstunternehmerinnen, bilden also einen großen Frauen brauchen einen besseren Zugang zu Finanzmit- Teil des Mittelstands – dem Rückgrat der deutschen teln, Bürokratieerleichterungen für junge Unternehmen Wirtschaft. Ihr Anteil am Unternehmertum ist aber in den ersten Geschäftsjahren und eine frauenspezifi- noch zu gering: Nur ein Viertel der Selbständigen sind sche Existenzgründungsberatung und -förderung im Frauen. Auch der Frauenanteil bei Unternehmensneu- Bereich des produzierenden Gewerbes. Ebenso wichtig gründungen hat sich im letzten Jahrzehnt nicht wesent- ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, denn unzu- lich erhöht, er liegt bei rund einem Drittel. reichende Betreuungsmöglichkeiten und unflexible Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen sind eine große Hürde. Hier gibt es dringenden Hand- lungsbedarf hinsichtlich von Betreuungsmöglichkeiten, die dem Bedarf von Kindern und Eltern entsprechen und mit denen auch Unternehmerinnen die externe Betreuung ihrer Kinder privat und flexibel gestalten können.

Barbara Lanzinger MdB

„Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ war das Thema der Sitzung der Gruppe der Frauen mit Bundesministerin (stehend) Vorstandsmitglied der Gruppe der Frauen und u. a. Barbara Lanzinger MdB (2. v. r.), 29. Januar 2015 der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag (Bild: CDU/CSU-Bundestagsfraktion)

Das muss sich ändern, denn Frauen sind gute Unterneh- merinnen. Sie sind weniger risikofreudig als Männer, dafür aber nachhaltiger und seltener von Insolvenz betroffen – ein Potenzial, das unsere Wirtschaft drin- gend braucht, denn 2014 gab es mehr Unternehmens- schließungen als Neugründungen. Außerdem ermög- licht die Existenzgründung, Karriere und Familie nach individuellen Vorstellungen zu gestalten. Dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen, Hürden für Grün- dungen und Unternehmensentwicklungen müssen wir weiter abbauen. Die Bundesregierung bietet bereits spe- zifische Informations- und Beratungsangebote, z. B. das Bild: bundesweite Netzwerk „Frauen unternehmen“. Mit dem Büro Barbara Lanzinger MdB Bürokratieentlastungsgesetz gehen wir einen weiteren

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Herausgeber: V.i.S.d.P.: Karin Maag MdB Michael Grosse-Brömer MdB Redaktion: Christine Boehl (verantw.) MdB Telefon: (030) 227 59122 CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Telefax: (030) 227 56093 Platz der Republik 1 E-Mail: [email protected] 11011 Berlin Homepage: www.cducsu.de

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10 | Gruppe der Frauen 2 | 10. September 2015