Magischer Monumentalismus
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Magischer Monumentalismus Ein neues Verhältnis zur Wirklichkeit im Werk von Bruno Goller, Domenico Gnoli, Konrad Klapheck und Peter Klasen Dissertation zur Erlangung des akademischen Doktorgrades (Dr. phil.) des Fachbereichs Kultur- und Geowissenschaften, Fachgebiet Kunstgeschichte, der Universität Osnabrück vorgelegt von Viola Tallowitz-Scharf. Osnabrück, 2011 Erstgutachterin: Prof. Dr. Uta Schedler Zweitgutachterin: Prof. Dr. Helen Koriath Viola Tallowitz-Scharf Hauptstr. 509 26683 Saterland Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort 1 2. Einführung in das Thema, Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit 2 I. Begriffsklärung und Historischer Bezug 10 2.1 Der Begriff „Monumentalität“ 10 2.2 Der Begriff „magisch“ 11 2.3 Der Begriff „Realismus“ 13 2.4 Künstlerische Strömungen im zwanzigsten Jahrhundert und die Situation der Künstler nach 1945 15 II. Leben und Werk der vier Künstler Bruno Goller, Domenico Gnoli, Konrad Klapheck und Peter Klasen 22 3. Bruno Goller – Leise Beständigkeit 22 3.1 Leben und Werk: Zwischen Tradition und Moderne 22 3.2 Der Entstehungsprozess eines Bildes 27 3.3 Die Entwicklung einer geistigen Ordnung 31 4. Domenico Gnoli – Die Hervorhebung des Banalen 38 4.1 Leben und Werk: Der Spätentwickler 38 4.2 Die solide häusliche Welt 41 4.3 Das „Wie“ der Bilder 44 5. Konrad Klapheck – Eine besondere Synthese von Mensch und Maschine 48 5.1 Leben und Werk: Der Einzelgänger 48 5.2 Die Gegenstände 51 5.3 Von der Zeichnung zum fertigen Bild 57 6. Peter Klasen – Eine persönliche Wirklichkeit 63 6.1 Eine kleine Einleitung (Peter Klasen) 63 6.2 Leben und Werk: Der Wahlfranzose 63 6.3 Der rote Faden: Entfremdung, Einsamkeit und Beklommenheit 66 6.4 Die Werkphasen 72 III. Vergleichende Gegenüberstellung 81 7. Kurzer Vergleich mit einigen gegenständlichen Stilrichtungen des zwanzigsten Jahrhunderts 81 7.1 Die Ansätze Gollers, Gnolis, Klaphecks und Klasens und ihre Etablierung im Vergleich mit den künstlerischen Ansätzen der Pop-Art 84 8. Berührungspunkte und Gegensätze 93 8.1 Der Bezug der Werke Gollers, Gnolis, Klaphecks und Klasens zur Stilllebentradition 93 8.2 Die Bedeutung des Monumentalen 96 8.2.1 Die Monumentalität der Bilder und Motive im Werk Bruno Gollers 97 8.2.1.1 Zahlenkompositionen 100 8.2.2 Monumentalität durch Ornamente und Strukturen bei Gnoli 105 8.2.3 Klaphecks und Klasens Perfektionismus im Monumentalen 109 8.2.4 Die Bildtitel im Hinblick auf Monumentalität 111 8.3 Die Besonderheiten der Bildmotive 121 8.3.1 Kurze Zusammenfassung des direkten Stellenwertes des Menschen in der Malerei von der Romantik bis zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts 121 8.3.2 An- und Abwesenheit des Menschen in den Werken Domenico Gnolis und Bruno Gollers 122 8.3.2.1 Das Charakteristikum der Wiederholung 125 8.3.2.2 Der Mensch in den immer wiederkehrenden Motiven 129 8.3.3 Die Beziehung der Werke Konrad Klaphecks und Peter Klasens zur Bedeutung des Menschen in der Industrie und Konsumgesellschaft 139 8.3.3.1 Der Mensch in der Maschine 142 8.3.3.2 Das fremde Bild 150 8.4 Die Aktualität der Werke 155 8.4.1 Erinnerungsbilder: Ein etwas anderer Zeitbezug 155 8.4.2 Die schlichte Gegenwart der Dinge 160 8.4.3 Die indirekte Autobiografie 166 8.4.4 Eine neue Realität 171 8.4.4.1 Das Wesen der Gegenstände 176 8.5 Vergleichbare Künstler und ihre Werke 180 8.5.1 Claes Oldenburgs und Coosje van Bruggens „Large Scale Projects“ 180 8.5.2 Karin Kneffel 187 8.5.3 Katharina Fritsch 193 9. Schlussbemerkung und die Definition des Magischen Monumentalismus als Strömung 197 10. Anhang 202 10.1 Abbildungen 202 10.2 Abbildungsverzeichnis 244 10.3 Interview mit Peter Klasen (PK) 249 10.4 Interview mit Eva Poll (EP) 262 10.5 Ausstellungsverzeichnisse 264 10.5.1 Bruno Goller 264 10.5.2 Domenico Gnoli 266 10.5.3 Konrad Klapheck 268 10.5.4 Peter Klasen 269 10.6 Quellen- und Literaturverzeichnis 274 Copyright- und Fotonachweis 285 1. Vorwort Ausgehend von meiner Magisterarbeit zum Thema „Mystifikation und Entmystifikation von Alltagsgegenständen Ŕ Studien zum Werk von Konrad Klapheck und Domenico Gnoli“ bildet diese Dissertation eine Erweiterung der Thematik und der behandelten Künstler mit dem Schwerpunkt auf einem „Magischen Monumentalismus“. Dieser Be- griff vereint die Werke der vier Gegenwartskünstler Bruno Goller, Domenico Gnoli, Konrad Klapheck und Peter Klasen. Er ist jedoch keinesfalls mit dem Monumentalis- mus des Dritten Reichs gleichzusetzen. Hingegen bezieht er sich auf die Besonderheiten von Alltagsgegenständen, ihre Darstellung und Wirkung. Die Schwer- punkte der Analyse und Untersuchung liegen auf den Aspekten Monumentalität, An- und Abwesenheit des Menschen und Aktualität der Werke. Die Arbeit richtet sich an alle, die sich besonders für „gegenständliche“ Kunst interes- sieren: vollständig oder ausschnitthaft, isoliert oder gruppiert, perfekt oder spontan, konstruiert oder vegetativ, groß oder klein, seriös oder humorvoll, hintergründig oder direkt. Möglicherweise sollten diese Gegensätze eher mit einem Und verbunden wer- den… Bedanken möchte ich mich insbesondere bei meiner Promotionsbetreuerin Frau Prof. Dr. Uta Schedler, die mir mit Rat und Tat zur Seite stand, und bei dem deutsch- französischen Künstler Peter Klasen für das Interview und die Gespräche. Für ein wei- teres Interview danke ich Eva Poll. Auch Matthias Koeppel danke ich für das Gegenlesen der Arbeit und für so manche hilfreiche Idee sowie schließlich Friedrich A. Giese für das Lektorat der Arbeit. Weiterhin danke ich meinem Mann, meinen Eltern, Großeltern und meiner Schwester, die mich während der letzten Jahre durchgängig unterstützt, ermuntert und mir beigestanden haben. Zusätzlich möchte ich für die Ge- nehmigung zur Verwendung der Abbildungen bzw. für das zur Verfügung gestellte Bildmaterial allen beteiligten Personen und Einrichtungen danken. Leider konnten aus verschiedenen Gründen einige der besprochenen oder erwähnten Werke nicht in die Arbeit integriert werden. Es befinden sich im Abbildungsverzeichnis jedoch Hinweise zu entsprechender Literatur. Viola Tallowitz-Scharf 1 2. Einführung in das Thema, Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit Monumentalisierung und die Hinwendung zum Phantastischen ab der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts spielen nicht nur in der Kunst eine immer größer werden- de Rolle, sondern auch im privaten Leben durch die Einführung von Computerspielen1 und die zunehmende Digitalisierung und deren Ausbau bis hin zu fiktionalen Welten. Viele Dinge sind größer, komplexer und schneller ge- worden, Gebäude, Autos, Skulpturen etc. Kunst ist immer ein Ausdruck dessen, was die Umwelt des Künstlers bietet und wie er die Dinge und Situationen, mit denen er zu tun hat, verarbeitet und um- setzt. Verschiedene Sichtweisen auf die Welt führen zu den unterschiedlichsten Kunstrichtungen, deren Vielfältigkeit vor allem in der heutigen Zeit besonders stark ausgeprägt und nicht mehr mit einem einzigen Oberbegriff als Stilrichtung zu erfassen ist. Die immer schneller werdenden technischen Geräte und die damit verbundene rasante Informationsleistung und Ŕvermittlung machen sich deutlich in der Kunst bemerkbar. Die Vergangenheit, im Sinne von biblischen und mythologischen Geschichten und die Verherrlichung von Epochen und Personen, findet in der Kunstszene wesentlich weniger ausgeprägt statt. Die Mechanik wurde teilweise von der Elektronik verdrängt. Heute bezieht sich die Kunst hauptsächlich auf die Gegenwart, die digitalisierte und technische Welt und die Verarbeitung der schnellen Veränderungen der Welt auf dieser Ebene. Globalisierung und Beschleunigung haben einen wesentlichen Anteil an den vielen Realismen, die sich im Laufe des letzten Jahrhunderts in der Kunst her- vorgetan haben. Es gab in dieser Zeit eine regelrechte Überflutung von Kunstrichtungen mit dem Anspruch, realistisch zu sein und es entwickelte sich nahezu sogar eine Art Beliebigkeit. In dieser Dissertation werden vier Sonderfälle der Malerei herausgestellt, die in die bisherigen Kategorien nicht einzuordnen sind: Bruno Goller, Domenico Gno- li, Konrad Klapheck und Peter Klasen. Ihre Kunst stellt durch monumentale Vergrößerungen und die besondere Hervorhebung von Alltagsgegenständen, 1 Computer sind zwar das Rationalste überhaupt, doch der Inhalt von Computerspielen bezieht sich häufig auf phantastische Dinge. 2 nicht selten auch mit magisch-realistisch erscheinenden Bezügen und vor allem unter Auslassung des Menschen ein neues Verhältnis zur Wirklichkeit dar. Im Folgenden soll ein kurzer Einblick in den bisherigen Forschungsstand bezüglich des Werkes der genannten Künstler gegeben werden. Jedes Œuvre der vier Künstler beinhaltet Aspekte verschiedener Stilrichtungen, in die sie sich jedoch nicht vollständig integrieren lassen. Volker Kahmen be- schreibt Goller beispielsweise als einen Künstler, „dessen Bildmotive sich nirgends so recht einordnen ließen“2, so wie Anna Klapheck über ihn als „Maler, der in allem ein Einzelgänger ist (…)“3 schreibt. Lediglich sein Frühwerk weise einige Anklänge an den Surrealismus auf.4 Karl Ruhrberg sieht „Spurenele- mente von Dada, Pittura metafisica, Surrealismus und Magischem Realismus“ in Gollers Werken, doch durch die „betonte Zweidimensionalität verweigern sie sich der kunsthistorischen Etikettierung“5. Domenico Gnoli wurde bisher haupt- sächlich in die Pop-Art eingereiht, doch Pecci stellt fest, dass das, was ihn von den Pop-Künstlern trenne, nicht mehr richtig diskutiert werde 6. Sein Werk bein- haltet zwar, aufgrund des Einflusses der New Yorker Kunstszene, einige Merkmale der Pop-Art und war auch gemeinsam mit Konrad Klapheck im Zu- sammenhang mit dem „Europop“