Umberto Eco, Das Offene Kunstwerk

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Umberto Eco, Das Offene Kunstwerk Das Formelle in der informellen Malerei Eine methodologische Untersuchung zur Malerei des deutschen Informel Gutachter: Prof. Dr. Christoph Zuschlag Prof. Dr. Raphael Rosenberg - 2 - INAUGURAL Ŕ DISSERTATION zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Vorgelegt von Christine Baus Neunkirchen/Saar Tag der mündlichen Prüfung: 15. Februar 2008 - 3 - Vorwort Mein Interesse an informeller Malerei begann bereits während meiner Schulzeit, ausgelöst durch einen im Kunst-Leistungskurs gezeigten Dokumentarfilm über Emil Schumacher. Fasziniert von der Künstlerpersönlichkeit und verwirrt ob der Wirkung dieser Bildwerke auf mich als Betrachter, eignete ich mir einiges Wissen über die informelle Kunst an. Allerdings blieb diese Beschäftigung über mehrere Jahre hinweg, auch über den größten Teil meines Studiums, reines Privatvergnügen. Dies lag nicht nur an dem Mangel an Seminaren und Vorlesungen zu diesem Thema, sondern auch an dem Unverständnis, auf das man stößt, wenn man sich unter anderem auch für das Informel interessiert. Eine erste Möglichkeit, das Infomel auch „offiziell“ zu behandeln, eröffnete sich mir dann in einem Seminar bei Frau Prof. Dr. Anne-Marie Bonnet mit dem Titel „Kunst der 60er Jahre“. Im Zuge dessen fand ich das Thema meiner Magisterarbeit, in der ich mich mit der Rezeption von Wols und seinem Werk auseinandergesetzt habe. Dabei stellte sich heraus, wie veraltet der Blick auf das Informel auch heute noch ist und mir wurde klar, dass ich unbedingt an diesem Thema weiter arbeiten wollte. Die Schriften von Prof. Dr. Christoph Zuschlag, mit den Ideen einer neuen Herangehensweise an das Informel, waren Ausgangspunkt und Anreiz für meine Arbeit. Für seine Hilfe und Unterstützung möchte ich mich an dieser Stelle recht herzlich bedanken. Mein weiterer Dank gilt auch Prof. Raphael Rosenberg dafür, dass er sich als Zweitgutachter zur Verfügung gestellt hat. Des Weiteren bedanke ich mich bei denen, die mir ihre Zeit geopfert haben, um mir ihre Kenntnisse zur Verfügung zu stellen wie Katrin Baltes, Alexandra Broszeit, Susanne Mehrgardt, Dr. Dagmar Beate Müller und meine Mutter Margot Baus. Nicht zuletzt gilt mein größter Dank meiner Familie, die mich immer bedingungslos unterstützt hat. Ihr und insbesondere meinen Eltern und meinem Ehemann widme ich diese Arbeit. Neunkirchen, 17. Januar 2007 - 4 - Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 7 2. Informel – eine rezeptionshistorische Skizze 13 2.1 Informel Ŕ eine Begriffsannäherung 13 2.2 Die Beschäftigung mit dem Informel in den 1950er- und 1960er-Jahren 15 2.2.1 Das Informel als existentialistische Kunstform: Jean-Paul Sartres Auseinandersetzung mit informeller Kunst 19 2.2.2 Eine neue Form der Verbalisierung: Rolf Wedewers Theorie der Bildbegriffe 23 2.2.3 Interpretative Pluralität: Umberto Ecos Theorie des offenen Kunstwerks 27 2.3 Die Beschäftigung mit dem Informel in den 1970er- und 1980er-Jahren 38 2.3.1 Repräsentant ästhetischer Ausdrucksqualität: Gabriele Luegs Analyse des deutschen Informel 40 2.4 Die Beschäftigung mit dem Informel von den 1990er- Jahren bis heute 47 2.4.1 Befreite Malerei: der methodische Ansatz von Stephan Schmidt-Wulffen 48 2.4.2 Die informelle Malerei als Text: die Interpretationsmethode von Roswitha Heinze 49 2.4.3 Die Symbolfähigkeit informeller Kunstwerke: der Interpretationsansatz von Christoph Zuschlag 57 2.5 Resümee der Rezeption 63 3. Das Formelle in der informellen Malerei 66 3.1 Vorbemerkung 69 3.2 Der Werkkatalog 71 3.3 Die Auswertung des Werkkatalogs 92 3.3.1 Die numerische Auswertung 92 3.3.2 Die inhaltliche Auswertung 93 3.3.3 Die temporelle Auswertung 97 3.3.4 Die Auswertung unter Berücksichtigung der künstlerischen Entwicklungen 101 3.3.5 Schlussfolgerungen 110 - 5 - 4. Verweisende Bildelemente als Mittel und Methode 111 4.1 Konkretes innerhalb informeller Bildwerke 111 4.2 Der Titel des informellen Bildwerks 113 4.2.1 Forschungsstand 113 4.2.2 Der informelle Bildtitel 118 4.2.3 Titelverwendung als Mittel und Methode 121 5. Formelle Verweise in informeller Malerei 123 5.1. Literarische Verweise informeller Malerei anhand exemplarischer Werke von Karl Fred Dahmen 123 5.1.1 Karl Fred Dahmen: Die 5 Sonnen des Ezra Pound 123 5.1.2 Karl Fred Dahmen: Hommage an Hemingway 129 5.1.3 Karl Fred Dahmen: Tod des Matadors 131 5.2 Religiöse Verweise informeller Malerei anhand exemplarischer Werke von Hans Platschek und Gerhard Hoehme 135 5.2.1 Hans Platschek: Höllensturz 135 5.2.2 Gerhard Hoehme: Jesus meine Zuversicht 137 5.3 Informelle Wortbilder anhand exemplarischer Werke von Gerhard Hoehme und Hann Trier 140 5.3.1 Gerhard Hoehme: Jesus meine Zuversicht 140 5.3.2 Hann Trier: Wieso 141 5.4 Beispiele kunsthistorischer Verweise informeller Malerei anhand exemplarischer Werke von Hans Platschek und Hann Trier 145 5.4.1 Hans Platschek: Höllensturz 145 5.4.2 Hans Platschek: Hélène Fourmento 146 5.4.3 Hann Trier: Les Demoiselles d’Avignon 149 5.5 Historische Verweise informeller Malerei anhand exemplarischer Werke von K.O. Götz und K.R.H. Sonderborg 153 5.5.1 Karl Otto Götz: Jonction – 3.10.90 153 5.5.2 K.R.H. Sonderborg: President Kennedy s Golf Club 155 5.5.3 Resümee 159 5.7 Mythologische Verweise informeller Malerei anhand von sechs Variationen des Ikarus-Themas 160 - 6 - 5.7.1 Otto Greis: Ikarus 161 5.7.2 K.O. Götz: Ikarus’ Grab 162 5.7.3 Albert Fürst: Ikaros 164 5.7.4 Hann Trier: Ikaros 166 5.7.5 Bernard Schultze: Ikarus 167 5.7.6 Vergleichende Gegenüberstellung der Ikarus-Versionen 169 5.8 Resümee 170 6. Schlussbetrachtung 172 7. Literaturverzeichnis 180 8. Abbildungskatalog 190 8.1 Abbildungsverzeichnis mit Nachweis 190 8.2 Abbildungen 196 - 7 - 1. Einleitung Die Suche nach dem Formellen in der informellen Malerei ist der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit. Die auf den ersten Blick widersprüchliche Aufgabenstellung weist auf die Diskrepanz zwischen der Begrifflichkeit auf der einen und der dieser Begrifflichkeit zugeordneten Kunst auf der anderen Seite hin. Nicht nur, dass der Informel-Begriff eine Homogenität suggeriert, die weder in einem formalen noch in einem inhaltlichen Sinn jemals bestand, bewertet er auch jedes als Informel benannte Kunstwerk als per se ungegenständlich. So wird der Deutungsweg in diese Richtung von vornherein abgeschnitten. Ursächlich verbunden mit dieser Diskrepanz ist die Informel-Rezeption. Bereits in ihren Anfängen entstehen Interpretationsansätze, die vorrangig die Autonomie des Kunstwerks in den Mittelpunkt der Informel-Betrachtung rücken und es von seiner abbildenden Funktion loslösen. Um dieser Kunst-an-sich einen geistigen Überbau zu geben, wird immer wieder auf die dahinter stehende Künstlerpersönlichkeit zurückgegriffen, die sich in dem informellen Kunstwerk ausdrücke. Diese Herangehensweise an das Informel ist vor dem Hintergrund der ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte in Deutschland nachvollziehbar, in denen die Rechtfertigung dieser neuen Kunstform vorrangig betrieben wurde. Doch ist es erstaunlich, wie lange sich diese subjektive Informel-Sicht gehalten hat. Bis heute ist die Sicht auf informelle Kunst geprägt von der Vorstellung einer Kunstform, die mit dem Betrachter nur auf assoziativ-emotionaler Ebene durch Farbe, offene Formgestaltung und Materialität kommuniziert. Jeder Ansatz von gegenständlichen Andeutungen im Bild selbst wird ausgeblendet, weil Ŕ nach Christian Morgenstern Ŕ „nicht sein kann, was nicht sein darf“.1 So herrscht in den Köpfen die Sicht auf das Informel als subjektive Darstellung der Künstlerpsyche oder als eine auf sich selbst verweisende Kunstform noch immer vor. Betrachtet man jedoch (vor-)urteilsfrei die informellen Werke, wird deutlich, dass solche Verweise auf eine außerbildliche Wirklichkeit doch existent sind. Ziel dieser Untersuchung ist es, einerseits den Nachweis zu erbringen, dass es in der informellen Malerei derartige Verweise gibt, und andererseits diesen als Ausgangspunkt einer neuen Lesart der informellen Malerei zu nehmen. Unter den verweisenden Bildelementen werden sowohl eine angedeutete Gegenständlichkeit im Bild selbst verstanden als auch Verweise, die in informellen Bildtiteln transportiert werden. Im Zuge der Untersuchung stellte sich heraus, dass der Bildtitel in der informellen Malerei einen hohen Stellenwert besitzt, jedoch bisher in der Beschäftigung mit dem Informel kaum wahrgenommen wurde. Zu sehr hat man sich an die unbetitelten und nummerierten Werke des 20. Jahrhunderts gewöhnt, als dass man 1 MORGENSTERN, Christian: Palmström, München 1985, S. 10. - 8 - einen inhaltlich, relevanten Titel noch erwarten würde. Führt ein Werk dann doch einen solchen Bildtitel, ignorierten ihn die Rezipienten bisher beharrlich. Jedoch gerade diesem verweisenden und bislang vernachlässigten Bildtitel des Informel wird im Folgenden verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt. Am Beginn der Untersuchung steht eine Annäherung an den Begriff des Informel. Hier werden die Fakten zum Phänomen Informel zusammengetragen. Behandelt werden die Entwicklung des Begriffs ebenso wie die zeitliche Eingrenzung und die inhaltliche Annäherung. Dem folgt eine ausführliche Betrachtung der Informel-Rezeption von den 1950er-Jahren bis heute. Hierbei wird chronologisch die Entwicklung der Informel- Rezeption nachgezeichnet und hinterfragt. Dabei werden jeweils zwei Jahrzehnte innerhalb eines Kapitels behandelt. Einer allgemeinen Beschreibung der zeitgenössischen Haltung gegenüber dem Informel folgen Darstellungen herausragender Interpretationsansätze aus diesen Zeiträumen und eine kritische Auseinandersetzung. Begonnen wird die Einzelfallbetrachtung
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