PDF Genussreise Mosel
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18 Slow Food 05_2009 Genussreise | Die herrliche Tochter des Rheins Unzählige Dichter haben die Mosel besungen, der erste war wohl der Römer Ausonius, dessen Epos „Mosella“ bereits im 4. Jahrhundert die Moselaner als „arbeitsfreudiges Volk und fleißig sich mühende Winzer“ beschrieb, die sich hier „auf der Höhe“ tummeln. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Auf ihrer Reise an die Mosel hat Barbara Goerlich nicht nur engagierte Winzer sondern auch ebensolche Köche getroffen. Rezept Schoales (Geriebene Kartoffeln aus dem Ofen) Zutaten für 1 Auflaufform 3 kg festkochende Kartof- Foto © Lubentiushof feln, 2 Eier, 2 TL Salz, frisch geriebener Pfeffer, Muskat- nuss, 2 Zwiebeln, 125 g durchwachsener Speck, Öl. Die Kartoffeln schälen, reiben und zum Abtropfen in ein Sieb geben. Danach mit den Eiern vermengen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen. Die Zwiebeln schälen und würfeln, den Speck klein- schneiden. Beides in einer Pfanne ca. 5 Minuten anbraten und unter die Kartoffelmasse rühren. Die Mosel – la moselle – ist eine gebür- Eine Auflaufform mit Öl einfetten, den Kartoffelteig ver- teilen und im vorgeheizten Backofen bei 220 °C etwa tige Französin und eine Dame mit aufre- 2 Stunden backen, bis die Oberfläche knusprig ist. genden Kurven, für die sich schon die al- Den heißen Schoales mit Apfelmus servieren. Dazu ten Römer und Kelten begeisterten. Sie passt sowohl Kaffee als auch ein Riesling von der Mosel. hat sich ein spektakuläres tal geschaf- fen, dessen Mäander, die Moselschleifen, weltberühmt sind. In dieser Jahrtausende Schon die Kelten besiedelten die- alten Kulturlandschaft hausten Germa- se spektakuläre Naturkulisse, die Rö- nen, Kelten und vor allem die Römer. Sie mer brachten den Weinbau. Und auch hinterließen Bau- und Kunstdenkmäler, die mittelalterlichen Feudalherren Foto © Stefan Abtmeyer, www.fishinheaven.de die heute noch erhalten sind. Die trink- schätzten die Weine von den steilen kultur wurde ebenfalls von den Römern Hängen und bauten Burgen und Schlös- geprägt, ein bestimmtes Weinglas, der ser, die noch heute über dem Flusstal Römer, beweist das. thronen. Keltische Festungen, römische Villen, Kelteranlagen, mittelalterliche Klosterhöfe, Fachwerkhäuser, mal im- posant, mal putzig, bis zu eleganten Jugendstilvillen und den UNESCO- Welterbestätten in der ältesten deut- schen Stadt Trier. Wer an die Mosel will, muss sich entscheiden. 19 Foto © Barbara Goerlich Vielfalt an der Mosel Schon die Römer ließen gen, Kelteranlagen und Kalkbrennereien. sich begeistern – Ruine des Klosters Stuben in Bremm. (oben) Wir könnten uns im Kanu auf dem Fluss Winzer fanden ideale Vorraussetzungen für treiben lassen oder entlang des Fluss- große Weine – Weingut Lubentiushof. (ganz links) laufs radeln auf elf verschiedenen Routen Urlaubsparadies – Familienpaddeln (unten) Foto © Mosellandtouristik von 1.250 Kilometern Länge. Oder doch zu DIe MoSel trinKenD erwanDeRn merhin sind die einzelnen Weinlagen so oDeR Doch lIeBeR tReiben lassen unterschiedlich wie das Moselfränkisch, Fuß über den 390 Kilometer langen Mo- das lokale „Platt“, das hier gesprochen selhöhenweg? Oder ganz individuell zu wird: von Ort zu Ort klingt und schmeckt Etwa zwischen 47 Themen- und Kultur- den schönsten Orten der Region, geführt es ein bisschen anders. wanderwegen, die die Mosel-Erlebnis- von IHK-zertfizierten „WeinErlebnisBe- Wir beginnen mit den Steillagen der Route bilden. Die „Straße der Römer“ gleitern“? Eine weitere Variante schlägt Terrassenmosel. Dort ist das Ende 2008 führt vorbei an 120 Schätzen – in Museen, Ökowinzer Rudolf Trossen vor: „Die Mosel gegründete Convivium Rhein-Mosel mit Römischen Villen, Tempeln und Grabanla- trinkend erwandern“, lautet sein Tipp. Im- Leiter Martin Fuchs aus Andernach aktiv. 20 Slow Food 05_2009 Foto © Thosten Blum Foto © Barbara Goerlich highland cattle hochlandrind wohl die Stollenbacken in der handwerklich arbei- viele andere originelle Touren – abseits älteste europäische Rinderrasse. tenden Bäckerei Herres in Neuwied steht üblicher Touristenpfade – organisiert die patenkind Slow Food kümmert sich um ebenso auf dem Programm wie Besuche begeisterte Moselanerin Petra Kessler-Ha- Reben in Steillagen. bei den schottischen Highland Cattle genau: per Paddel, Pedal oder per Pedes. Hochlandrindern auf Schloss Schöneck bei Boppard. Auf das Biofleisch dieser SteIllaGen WeIn Im Weinberg der Rebstockpatenschaften wohl ältesten europäischen Rinderrasse In der Landeshauptstadt Mainz regiert von Slow Food hoch über Traben-Trarbach, setzen auch Top-Gastronomen der Region Kurt Beck. An der Mosel regiert der Ries- zwischen Trier und Koblenz, bekommen wie Thomas Balmes in seiner gemütlichen ling. Die Moselaner sind wahre Riesling- wir nochmal einen Eindruck von den Steil- „Halferschenke“ in Dieblich. spezialisten, viele Winzer haben sich hun- lagen. Bei Steigungen bis zu 70 Grad müs- Susanne Barth vom Weingut dertprozentig dem Riesling verschrieben. sen Winzer hart im Nehmen und wahre Lubentius hof – fünf Hektar Steillagen! – Obwohl auch andere Rebsorten Zuwächse Bergsteiger sein, um ihre Arbeit zu verrich- empfiehlt eine fünfstündige Wanderung verzeichnen, vor allem Rotwein mit Dorn- ten, heißt es. Die Steigungen sind so dra- über den Schwalberstieg. Dieser Mosel- felder und Spätburgunder. draMatische SteigunGen unD Traumpfad führt über dschungelartige Rieslinge brauchen Schieferböden, hanDarbeIt SchMecKt Man Pfade und Bachtäler zu phantastischen wie sie die Mosel hat, Steilhänge mit in- Aussichten bei der Mönch-Felix-Hütte. Wer tensiver Sonnenbestrahlung, eine lange matisch, dass sich schon mancher Winzer den Einkehrschwung lieber ohne Wan- Verweildauer – und besessene Winzer. in den Tod gestürzt hat. Der späteren, be- derung bei Kultur und Kulinaria einlegt, Schiefer bietet den mineralstoffreichen sonders hohen Weinqualität kommt aber sollte die „Gutsschänke Schaaf“ in Win- und wärmespeichernden Untergrund für auch noch die selektive Handlese zugute, ningen besuchen. Die Kunstgalerie im alten die Rebstöcke, deren Wurzelwerk tief sozusagen Grundvoraussetzung und i-Tüp- Kelterhaus mit wechselnden Ausstellungen in den Fels reicht. Die Gefahr des Aus- felchen in einem. Das Ergebnis: Top-Weine steht den Krea tionen aus Küche und Keller trocknens der Rebstöcke besteht daher von Top-Winzern – allerdings oft auch zu nicht nach. selbst bei extremen Hitzeperioden nicht. Top-Preisen. Denn die Bewirtschaftung Auf den Spuren der Kräuterhexen und Die Sonne scheint im Jahresschnitt über der Steillagen ist natürlich teuer, so teuer unter Anleitung Wildkräuter suchen und 1.500 Stunden bei vergleichsweise ho- wie in kaum einem anderen Anbaugebiet zu einem schmackhaften Menü verwan- hen Niederschlägen. Dieser „Kampf der Deutschlands. deln, und dabei „Slow Food“ in Perfek- Reben“ mit den natürlichen Vorausset- So werden seit Jahren immer häufiger tion erleben? Die Mosel bietet auch das: zungen der Lage (Terroir) erbringt zwar ge- Weinberge stillgelegt, weil ihre Bewirt- Nach einer Wildkräuter-Wanderung durch ringe Erntemengen, allerdings mit außer- schaftung zu mühsam ist. Hier kommen Wald und Weinberge rund um Zell werden gewöhnlich hoher Qualität der frucht- und die Slow Food Rebstockpatenschaften die Zutaten, die im „Schneckenhaus“ in- aromareichen, filigranen Weine. „Steilla- zur Rettung und Pflege wertvoller, aufge- mitten der Weinberge geschnippelt, ge- gen bringen eine Qualität hervor, die die lassener Weinberge in Steil- und Steilst- hackt und gerührt und auf der Terrasse Ebene nicht leisten kann“, bestätigt Ru- lagen zum Tragen, die Ulrike Böcking ko- mit Traumaussicht verspeist. Solche und dolf Trossen. ordiniert. Die Leiterin des Conviviums 21 Foto © Barbara Goerlich Foto © Mosellandtouristik Steillagen erklären Öko-Winzer Rudolf Tros- Mosel Hunsrück Eifel beackert darüber mauern bietet auch seltenen Tieren einen sen schätzt die Qualität der Steillagenweine. hinaus mit neun Winzer-Kollegen im „Klit- natürlichen Lebensraum. Steillagen erklettern können Touristen am zekleinen Ring“ eine wiederbelebte Wein- Kein Wunder, dass auch die Leiwener Bremmer Calmont-Klettersteig. lage. Sie keltern daraus gemeinsam den Winzer Annette und Nick Köwerich Mo- Riesling mit dem Namen „Bergrettung“. selbesuchern die Steillagen ans Herz le- rer können den Klettersteig über fünf Ki- Die erste gerettete Lage hat jetzt ein lokaler gen: „Klettern Sie rauf in die Weinberge, lometer hinauf absolvieren. Zwei Stun- Winzer übernommen und will ihn weiter be- fühlen Sie die Höhenangst, riechen Sie den braucht man für den Aufstieg über wirtschaften. „Ein großer Erfolg für das Pro- Sonne und Regen auf dem Schiefer, und schmale Pfade und schroffe Felsen, über jekt“, freut sich Böcking. Die nächste auf- prägen Sie sich das mit dem Geschmack Steilpassagen. Eine Nummer kleiner und gelassene Lage haben die Mitglieder des und Geruch des Mosel-Rieslings ein.“ Am weniger anstrengend ist der Kletter-Wan- Rings bereits wieder auf klassische Mosel- spektakulärsten dürfte sich dieses Gefühl derweg Erden (www.kletterweg.de) mit Einzelpfahl-Erziehung umgeschnitten. Es am Bremmer Calmont einstellen. „Euro- der berühmten Römerkelter Erden. Die braucht viele kleine Schritte, doch der An- pas steilste Einzellage“ schreiben die Win- 1998 hier entdeckte Kelteranlage ist der fang ist gemacht. Und noch etwas: Das Mi- zer, die ihren Riesling dort anbauen, stolz derzeit älteste Nachweis römischen Wein- kroklima innerhalb der Felsen und Trocken- auf die Etiketten. Schwindelfreie Wande- baus an der Mosel. 22 Slow Food 05_2009 Foto © Bellevue Foto © Weinromantikhotel Richtershof Die Mosel