STADT HEILBAD HEILIGENSTADT
Flächennutzungsplan 2006 - Erläuterungsbericht -
Im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der Stadt Heilbad Heiligenstadt
Arbeitsgruppe Stadt Büro für Stadt- und Regionalplanung Sickingenstraße 10 34117 Kassel Tel. 0561 / 77 83 57 Fax. 0561 / 10 75 68 E-Mail: [email protected] Bearbeitung: Dipl.-Ing. Dieter Hennicken Dipl.-Ing. Markus Briehle
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 9 1.1 Allgemeines 9 1.1.1 Kartengrundlagen 9 1.1.2 Darstellung nachrichtlicher Übernahmen 9 1.2 Rechtliche Grundlagen - Inhalt des Flächennutzungsplans (FNP) 10 1.3 Planungsanlass und Verfahren 10 1.4 Allgemeine Ziele der Flächennutzungsplanung - Anforderungen an den Flächennutzungsplan 12 1.5 Lage im Raum - Geschichtliche Entwicklung 13 1.5.1 Kurzportrait der Stadt Heilbad Heiligenstadt 13 1.5.2 Landkreis Eichsfeld 13 1.5.3 Historische Entwicklung Heilbad Heiligenstadts 14 1.5.4 Kurzportrait der Ortsteile 15 2 Übergeordnete und vorangegangene Planungen 17 2.1 Landesentwicklungsplan Thüringen 2004 (LEP) 17 2.2 Regionaler Raumordnungsplan Nordthüringen 1999 (RROP) 18 2.2.1 Allgemeines 18 2.2.2 Entwicklungsziele 18 2.3 Landschaftsplan 20 2.4 Verkehrsplanung 21 2.4.1 Verkehrsentwicklungsplan Heilbad Heiligenstadt 1993 21 2.4.2 Bundesautobahn A 38 Göttingen-Halle 21 2.4.3 Konzept für den Aufbau eines Radwegenetzes im Landkreis Eichsfeld 2000 21 2.5 Bahnflächen 22 2.6 Schallimmissionsplan 1995 22 2.7 Gutachten zur Luftqualität 1999 22 2.8 Klimaanalyse Heilbad Heiligenstadt (2001) 23 2.9 Flurneuordnung / Agrarstrukturelle Planung 23 2.10 Standortanalyse Lebensmitteleinzelhandel 23 2.11 Stadtentwicklungskonzept (SEK) 24 3 Bestandsaufnahme und -analyse 27 3.1 Umwelt 27 3.1.1 Naturräumliche Gliederung 27 3.1.2 Geologie und Böden 27 3.1.3 Gewässer 28 3.1.4 Klima 28 3.1.5 Schutzgebiete 29 3.1.6 Altablagerungen, Altlasten und –verdachtsflächen 33 3.2 Bevölkerung und Soziales 34 3.2.1 Bevölkerungsentwicklung und –struktur 34 3.2.2 Wohnungsmarkt, Wohnungsversorgung 36 3.2.3 Soziale Infrastruktur, kulturelle Einrichtungen 39 3.3 Wirtschaft 41 3.3.1 Allgemeine Entwicklung nach 1989 41 3.3.2 Beschäftigungsstruktur 41 3.3.3 Wirtschaftliche Entwicklung 43 3.3.4 Kur- und Tourismus 45 3.3.5 Landwirtschaft 46
5 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
3.3.6 Technische Infrastruktur 46 3.4 Siedlungsstruktur 47 3.4.1 Städtebauliche Struktur Heilbad Heiligenstadt 47 3.4.2 Städtebauliche Struktur der Ortsteile 48 3.4.3 Stadtbildpflege, Sanierung, Denkmalschutz 50 3.4.4 Bau- und Bodendenkmale 52 3.5 Verkehrsinfrastruktur 52 3.5.1 Straßennetz 52 3.5.2 Parkplätze 54 3.5.3 Fuß- und Radwegenetz 54 3.5.4 Öffentlicher Personenverkehr 57 3.5.5 Luftfahrt 58 3.5.6 Lärmbelastungen 58 4 Vorausschätzung des Flächenbedarfes 61 4.1 Vorausschätzung der Bevölkerungsentwicklung 61 4.1.1 Bevölkerungsprognose 63 4.1.2 Schlussfolgerung 65 4.2 Allgemeine Trends der Flächeninanspruchnahme 65 4.2.1 Entwicklung der Wohnflächennachfrage 65 4.2.2 Entwicklung der Gewerbeflächennachfrage 65 4.2.3 Entwicklung der übrigen Flächennachfrage 67 4.3 Vorausschätzung der Bauflächennachfrage 68 4.3.1 Vorausschätzung der Wohnbauflächenachfrage 68 4.3.2 Zur Vorausschätzung der Nachfrage nach gewerblichen Bauflächen 73 4.4 Entwicklungsmaßnahmen des Stadtentwicklungskonzeptes 74 4.4.1 Entwicklungsbereich Wohnen 74 4.4.2 Entwicklungsbereich Handel und Gewerbe 76 4.4.3 Entwicklungsbereich Kur, Tourismus, Tagung, Freizeit 78 5 Planung 81 5.1 Planungsziele 81 5.1.1 Innenentwicklung vor Außenentwicklung 82 5.1.2 Siedlungskonzentration - kurze Wege 82 5.1.3 Flexibilität der Flächenausweisung 83 5.1.4 Sicherung und Entwicklung der innerörtlichen Freiräume 83 5.1.5 Sicherung und Entwicklung der natürlichen Umgebung 83 5.1.6 Sicherung und Entwicklung der Eigenarten von Stadt / Dorf und Landschaft 83 5.1.7 Sicherung der Rohstoffvorkommen 83 5.1.8 Flächenpool 84 5.1.9 Kooperation - Kommunikation 84 5.2 Flächendarstellungen für bauliche Nutzungen 84 5.2.1 Flächendarstellungen in bestehenden Siedlungsgebieten 84 5.2.2 Flächendarstellungen in Bebauungsplangebieten 88 5.2.3 Darstellung von Entwicklungsflächen für bauliche Nutzungen 88 5.2.4 Darstellung perspektivischer Entwicklungsflächen 98 5.3 Rohstoffsicherung, Rohstoffgewinnung 101 5.4 Flächendarstellungen für Grünflächen 102 5.4.1 Parkanlagen 102 5.4.2 Friedhöfe 102 5.4.3 Sportflächen 102 5.4.4 Kleingärten, private Gärten 104
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5.4.5 Städtischer Grünzug 105 5.4.6 Tourismus und Erholung in Natur und Landschaft 105 5.4.7 Ausgleichsflächen 105 5.5 Flächendarstellungen für die Landwirtschaft und für Wald 106 5.6 Bilanzierung der Entwicklungsflächen 107 5.7 Resümee 110 6 Verzeichnisse 113 6.1 Abbildungsverzeichnis 113 6.2 Tabellenverzeichnis 113 6.3 Literatur- und Quellenverzeichnis 114 7 Anhang 117 7.1 Baudenkmale 117 7.2 Bodendenkmale und archäologische Fundstellen 124 7.3 Verzeichnis der Gewässer 2. Ordnung 126 7.4 Altlastverdächtige Flächen 127 7.5 Vorschlagsliste für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft (Ausgleichsflächen) gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB 130 7.6 Soziale Infrastruktur, infrastrukturelle Einrichtungen 133 7.7 Naturdenkmale / Flächennaturdenkmale 139 7.8 Themenkarten 140
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Grundlagen
1 Grundlagen
1.1 Allgemeines
1.1.1 Kartengrundlagen Als Grundlage für die zeichnerische Darstellung des Flächennutzungsplanes wird das Digitale Landschaftsmodell (DLM) des Amtlichen Topographisch-Kartographischen In- formationssystems (ATKIS) verwendet. Die vektorbasierten Daten werden beim Thürin- ger Landesamt für Vermessung und Geoinformation geführt und wurden mit Stand vom Januar 2005 an die Stadt Heiligenstadt übergeben. Das Anwendungsspektrum des DLM für raumbezogene Fachplanung wird für einen Maßstabsbereich von 1:10.000 – 1:50.000 angegeben. Die verwendete Grundlage entspricht somit der gewählten Darstellungstiefe des Flächennutzungsplanes und gibt, wie im Folgenden erläutert wird, den aktuellsten verfügbaren Planstand wieder und ist somit als rechtgültige Plangrundlage zu bewerten. Das DLM dient auch als Grundlage zur Erstellung von „zeitgemäßen“ Topographischen Karten in einer Maßstabsebene von 1:10.000. Eine wesentliche Neuerung dieser Darstel- lung im Vergleich zur herkömmlichen, im Rasterformat geführten Topographischen Kar- ten dieser Maßstabsebene (DTK 10) ist die Reduzierung der Darstellung von Baustruktu- ren. Die frühere gebäudescharfe Abbildung von Einzelgebäuden und Gebäudeanlagen wird nicht mehr geführt, sondern es erfolgt eine flächige Darstellung der bebauten Berei- che/Quartiere. Ausgenommen hiervon ist die Darstellung von Gebäuden mit besonderer funktionaler Prägung (Verwaltung, Gesundheit und Soziales, Bildung, Kultur etc.), die weiterhin als Gebäudekontur geführt werden. Um im Flächennutzungsplan in den Grundzügen die Erkennbarkeit der Gebäudestruktu- ren herzustellen und damit den Informationsgehalt der Plandarstellung zu erhöhen, wur- de die Darstellung auf Basis des DLM mit Topographischen Karten (Deutsche Topogra- phische Karte (DTK-10 V), Rasterformat; Originalmaßstab 1:10.000) mit einer detaillierten Gebäudedarstellung überlagert. Die Flurkarten wurden durch das Thüringer Landesamt für Vermessung und Geoinformation bereit gestellt und entsprechen mit einem Planstand von ca. 1995 den aktuellsten in dieser Form verfügbaren Planunterlagen. Hieraus erge- ben sich naturgemäß Darstellungsabweichungen. So stellt der Flächennutzungsplan z.B. Wohnbauflächen (u.a. Wohngebiet Auf dem Hohen Rott) als Bestand dar, die lt. topogra- phischer Karte als nicht bebaute Bereiche gezeigt werden.
1.1.2 Darstellung nachrichtlicher Übernahmen Planinhalte, die nur nachrichtlich übernommen wurden (z.B. Abgrenzung Landschafts- schutzgebiet, nach §18 ThürNatG geschützte Biotope usw.) wurde von den zuständigen Behörden zumeist digital zur Verfügung gestellt. Diese Daten sind georeferenziert und wurden ohne Veränderungen in den Flächennutzungsplan übernommen, da sie, in der den Planverfassern übergeben Form, rechtsgültig sind. Bei der Darstellung kann es zu geringfügigen Abweichungen des Grenzverlaufes kommen. Dies ist bedingt durch die unterschiedlichen Maßstäbe und ggf. auch Grundlagen, in denen die Planinhalte geführt werden. Dies bedeutet, dass wenn die Digitalisierung von Daten wie beispielsweise der Landschaftsschutzgebietsabgrenzung, die meist in Maßstabsebenen von ca. 1:25.000 – 1:50.000 oder größer geführt werden, auf Basis einer DTK 50 erfolgte, sie sich ggf. nicht exakt mit den Darstellungen einer detaillierteren DTK 10 deckt.
9 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Für die Darstellung im Flächennutzungsplan bedeutet das, dass mit der Übernahme der Daten lediglich eine Darstellung von durch andere Rechtswerke festgestellte Planinhalte übernommen werden. Eine Anpassung an die Plangrundlage des Flächennutzungspla- nes aus Gründen der graphischen Konsistenz ist rechtlich unzulässig, da die übernom- menen Rechtstitel für sich in der übernommenen Form existieren. Damit erfolgt rechtlich durch die Darstellung im Flächennutzungsplan auch keine zusätzliche Verfestigung.
1.2 Rechtliche Grundlagen - Inhalt des Flächennutzungsplans (FNP) Städtebauliche Planung hat die Aufgabe, die bauliche und räumliche Entwicklung in der Gemeinde den Bedürfnissen der Allgemeinheit entsprechend zu ordnen. Rechtsgrundla- ge dafür sowie für die Übertragung der städtebaulichen Planung auf die Gemeinden bil- det das Baugesetzbuch in der Fassung Rechtsstand 1. Januar 1998. Danach sind die Bauleitpläne (Flächennutzungs- und Bebauungspläne) den Zielen der Raumordnung anzupassen (§ 1 (4) BauGB); sie sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewähr- leisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern sowie die natürli- chen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 (5) BauGB). Im Flächennut- zungsplan ist für das gesamte Gemeindegebiet die beabsichtigte Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen (§ 5 (1) BauGB). Er hat bindende Wirkung für die verbindliche Bauleitplanung der Ge- meinde; für andere öffentliche Planungsträger begründet er einen Anpassungszwang (§ 7 BauGB).
1.3 Planungsanlass und Verfahren Aus den politischen Veränderungen der Jahre 1989 und 1990 und der Übernahme der bundesdeutschen Baugesetzgebung ergibt sich die Notwendigkeit zur Aufstellung des Flächennutzungsplans der Stadt Heilbad Heiligenstadt. Planerisch begründet sich diese Notwendigkeit zusätzlich aus den damit einhergehenden erheblichen Veränderungen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Heilbad Heiligenstadt hat in der Sitzung am 30.10.1990 die Aufstellung des Flächennutzungsplanes Stadt Heilbad Heiligenstadt be- schlossen. Die ortsübliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses erfolgte durch die Bekanntmachung im amtlichen Mitteilungsblatt der Stadt Heilbad Heiligenstadt, dem Heiligenstadt Anzeiger am 08.06.1991. Die frühzeitige Bürgerbeteiligung zum Vorentwurf des Flächennutzungsplans gem. § 3(1) Baugesetzbuch (BauGB) wurde vom 22.04.1991 bis 20.05.1991 durchgeführt. Im Rah- men der frühzeitigen Bürgerbeteiligung wurde am 18.06.1991 eine öffentliche Informati- onsveranstaltung durchgeführt; die Pläne waren anschließend zur Anhörung und Information bis zum 26.06.1991 einsehbar. Parallel dazu fand im April 1991 die frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 4(1) BauGB statt. Der Vorentwurf wurde in der Zwischenzeit mehrfach überarbeitet, das formelle Aufstel- lungsverfahren wurde jedoch nicht weitergeführt. Das Aufstellungsverfahren wurde im Januar 2005 wieder aufgenommen und gemäß den Bestimmungen des Baugesetzbu- ches in der Fassung vom 27.07.2001 bis Juli 2006 abgeschlossen. Da das Verfahren bereits vor dem Inkrafttreten des BauGB (1998) eingeleitet wurde, wurde es nach § 233 BauGB (1998) in Verbindung mit § 244 BauGB Überleitungsvor-
10 Grundlagen
schrift nach den geltenden Rechtvorschriften des BauGB 1987 und dem Maßnahmenge- setz zum Baugesetzbuch durchgeführt. Da der Vorentwurf des FNP nach der Auslegung wesentlich geändert wurde (§ 3 (3) BauGB (1987)), wird er nach § 3 (2) erneut ausgelegt. Das Verfahren nach §§ 3 (1); 3 (2), 4 (1) BauGB (1987) wird erneut durchgeführt. Dazu wurden am 10.5.2005 die Bür- ger nach § 3(1) BauGB über die allgemeinen Ziele und Zwecke und die voraussichtlichen Auswirkungen unterrichtet und ihnen wurde die Möglichkeit zur Äußerung gegeben. Der Stadtrat der Stadt Heilbad Heiligenstadt hat in seiner Sitzung am 18.05.2005 den 2. Vorentwurf des Flächennutzungsplanes der Stadt Heilbad Heiligenstadt und den Erläute- rungsbericht gebilligt. Der 2. Vorentwurf des Flächennutzungsplanes und der Erläuterungsbericht sind gem. § 3 Abs. 1 BauGB in der Zeit vom 13.06.2005 bis zum 14.07.2005 öffentlich im Flur des Bau- amtes der Stadtverwaltung ausgelegt worden. Die Art und die Dauer der Auslegung sind gemäß § 3 Abs. 1 BauGB im amtlichen Mitteilungsblatt der Stadt Heilbad Heiligenstadt "Heiligenstadt-Anzeiger" am 03.06.2005 mit dem Hinweis öffentlich bekannt gemacht worden, dass während der Auslegung Stellungnahmen abgegeben werden können. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sind nach § 4 Abs. 1 BauGB mit Schreiben vom 22.06.2005 von der Auslegung des 2. Vorentwurfes benachrichtigt und unter Berücksichtigung ihres Aufgabenbereiches zur Abgabe einer Stellungnahme aufge- fordert worden. Der Stadtrat der Stadt Heilbad Heiligenstadt in seiner Sitzung am 21.09.2005 den Ent- wurf des Flächennutzungsplanes der Stadt Heilbad Heiligenstadt und den Erläuterungs- bericht gebilligt. Der Entwurf des Flächenutzungsplanes und der Erläuterungsbericht sind gem. § 3 Abs. 2 BauGB in der Zeit vom 04.10.2005 bis 11.11.2005 öffentlich im Flur des Bauamtes der Stadtverwaltung ausgelegt worden. Die Art und die Dauer der Auslegung sind gemäß § 3 Abs. 2 BauGB im amtlichen Mitteilungsblatt der Stadt Heilbad Heiligenstadt "Heiligen- stadt-Anzeiger" am 23.09.2005 mit dem Hinweis öffentlich bekannt gemacht worden, dass während der Auslegung Stellungnahmen abgegeben werden können. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sind nach § 4 Abs. 1 BauGB mit Schreiben vom 13.10.2005 von der Auslegung benachrichtigt und unter Berücksichtigung ihres Aufgabenbereiches zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert worden. Die fristgemäß vorgebrachten Stellungnahmen sind vom Stadtrat der Stadt Heilbad Heili- genstadt in der Sitzung am 14.12.2005 geprüft worden. Das Ergebnis ist denjenigen, die Stellungnahmen abgegeben haben, mit Schreiben vom 16.01.2006 mitgeteilt worden. Der Stadtrat hat den Flächennutzungsplan der Stadt Heilbad Heiligenstadt nach § 6 BauGB in seiner Sitzung am 14.12.2005 beschlossen und den Inhalt des Erläuterungsbe- richtes gebilligt. Die Genehmigung des Flächennutzungsplanes der Stadt Heilbad Heiligenstadt wurde durch Verfügung des Landesverwaltungsamtes vom 10.04.2006 mit Nebenbestimmun- gen erteilt. Die Nebenbestimmungen wurden erfüllt. Dies wurde mit Verfügung des Landesverwal- tungsamtes vom 06.06.2006 bestätigt. Der Flächennutzungsplan der Stadt Heilbad Heiligenstadt ist am 20.06.2006 vom Bür- germeister der Stadt Heilbad Heiligenstadt zum Zwecke der ortsüblichen Bekanntma- chung nach § 6 BauGB ausgefertigt worden.
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Die Erteilung der Genehmigung des Flächennutzungsplanes sowie die Stelle, bei der der Plan auf Dauer während der Dienststunden von jedermann eingesehen werden kann und über den Inhalt Auskunft zu erhalten ist, sind am 30.06.2006 im Heiligenstadt-Anzeiger ortsüblich bekannt gemacht worden. In der Bekanntmachung ist auf die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften und Mängel der Abwägung sowie auf die Rechtsfolgen (§ 215 BauGB) hingewiesen worden. Der Flächennutzungsplan der Stadt Heilbad Heiligenstadt ist seit dem 01.07.2006 wirksam.
1.4 Allgemeine Ziele der Flächennutzungsplanung - Anforderungen an den Flächennutzungsplan Entsprechend den in §§ 1 und 1a BauGB formulierten allgemeinen Zielen der Bauleitpla- nung sowie des in die Baugesetzgebung aufgenommenen Begriffs der Nachhaltigkeit muss sich auch der Flächennutzungsplan als Grundlage für die städtebauliche Entwick- lung an den darin enthaltenen Zielen orientieren. Die zukunftsbeständige Entwicklung beinhaltet gleichermaßen ökologische, ökonomische und soziale Zielsetzungen. Die Schwierigkeiten eines entsprechenden räumlichen Kon- zeptes liegt in den Widersprüchen, die sich aus den Zielsetzungen und den Anforderun- gen zu deren Umsetzung ergeben: So ist es die sozialpolitische Aufgabe, allen Bewoh- nern einer Stadt möglichst gleichartige, ihren Bedürfnissen entsprechend differenzierte Lebenschancen zu ermöglichen. Die ökologische Aufgabe zielt darauf ab, die natürlichen Ressourcen zu schonen, also insbesondere den Flächenverbrauch und die Umweltbelas- tung zu reduzieren. Dem gegenüber implizieren individuelle Lebensweisen beispielswei- se einen steigenden Pro-Kopf-Verbrauch an Wohnfläche und eine fast uneingeschränkte Mobilität. Ähnlich gravierende Widersprüche lassen sich zwischen ökonomischen Zielset- zungen auf der einen Seite und ökologischen oder sozialen auf der anderen Seite aufzei- gen. Zugleich ist eine sozial und ökologisch ausgeglichene Entwicklung nur auf einer soliden wirtschaftlichen Basis umsetzbar. Die Zielsetzungen einer ökologisch orientierten Entwicklung umfassen die Bereiche der ressourcenschonenden räumlichen Entwicklung, der umweltschonenden Verkehrsbewäl- tigung, der Sicherung und Entwicklung der innerörtlichen Grün- und Freiflächen und der natürlichen Umgebung sowie der Lebensräume Stadt und Dorf. Anknüpfend an die Zielsetzung der Sicherung und Entwicklung der Lebensräume Stadt und Dorf für ihre Bewohnerinnen und Bewohner gehen die Ziele der sozialen Stadtent- wicklung in Richtung einer ausgeglichenen Wohnungsversorgung und einer bedarfsge- rechten Versorgung mit Einrichtungen für die unterschiedlichen sozialen Gruppen. Die ausgeglichene Versorgung mit Arbeitsplätzen ist sowohl Ziel der sozialen wie der öko- nomischen Entwicklung. Als Aufgabe für die Flächennutzungsplanung leitet sich hieraus eine bedarfsgerechte Ausweisung von Entwicklungsflächen für alle Bereiche ab, die den ihr gegebenen Spielraum im Kontext einer flächensparenden Entwicklung ausschöpft. Die Ausführungen verdeutlichen die Notwendigkeit zur intensiven Beteiligung der Bürge- rinnen und Bürger am Entwicklungsprozess ihrer Stadt, d.h. eine Einbindung aller gesell- schaftlichen Gruppen in den Planungsprozess sowie eine frühzeitige und intensive Betei- ligung der Bürgerinnen und Bürger und der Träger öffentlicher Belange, um neben der Feststellung der jeweiligen Flächenbedarfe und -ansprüche auch um Verständnis für die Entwicklungsziele und deren Umsetzung zu werben. Letztlich ist jedoch auch die nur geringe Steuerungsmöglichkeit der Flächennutzungspla- nung bezogen auf den allgemeinen Flächenverbrauch zu berücksichtigen, die daraus resultiert, dass große Teile des Flächenzuwachses wohlstandsabhängig sind und so
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allein für den steigenden Pro-Kopf-Verbrauch an Wohnfläche und pro Arbeitsplatz mit den jeweiligen Folgeeinrichtungen (Verkehrsflächen, Infrastruktur) benötigt werden. Kommunaler Einfluss auf derartige Entwicklungen ist jedoch kaum gegeben. Dennoch muss der Flächennutzungsplan im Rahmen seiner Regelungsmöglichkeiten die Flächen- disposition und die Entwicklungspotentiale der Gemeinde optimieren. Trotz des allgemeinen Anstiegs des Flächenverbrauches in der Bundesrepublik ist den demographischen Entwicklungen sowohl bezogen auf prognostizierte Schrumpfungspro- zesse, wie auf eine verschärfte räumliche Disparität und Entwicklung der Gemeinden Rechnung zu tragen. Das bedeutet für bestimmte Räume auch die Notwendigkeit zur Stadtschrumpfung. Zugleich sind die Konversionsprozesse in den bestehenden Flächen zu berücksichtigen. Für die einzelnen Gemeinden bedeutet dies, dass sie ihre Anforde- rung und Chancen präzise erfassen und bewerten müssen. Heilbad Heiligenstadt wird in der Zukunft schon auf Grund seiner geographischen Lage nicht zu den großen Gewin- nern dieser Umverteilungsprozesse gehören können, aber innerhalb des regionalen Kon- textes sind reale Chancen zu einer sehr positiven Entwicklung gegeben; hierfür muss der Flächennutzungsplan die Flächen bereitstellen.
1.5 Lage im Raum - Geschichtliche Entwicklung
1.5.1 Kurzportrait der Stadt Heilbad Heiligenstadt1 Heilbad Heiligenstadt ist Kreisstadt des Landkreises Eichsfeld und liegt im Nordwesten des Freistaates Thüringen im Dreiländereck Hessen-Niedersachsen-Thüringen. Das Mit- telzentrum, mit seinen vier Ortsteilen, ist die geographische Mitte Deutschlands unweit der Städte Göttingen, Kassel, Mühlhausen und Nordhausen. Die Ortsteile Flinsberg, Günterode, Kalteneber und Rengelrode sind gewachsene Dörfer, sie sind Wohnstandort und zugleich Produktionsstätte landwirtschaftlicher Güter. Die Entwicklung der Ortsteile geschieht in Eigenentwicklung, sie besitzen keine kernörtliche Funktion. Durch die zentrale Lage und die gute Anbindung über Schiene (Bahnlinien Frankfurt/M.- Kassel-Göttingen-Halle-Leipzig-Berlin) und Straße (B 80, B 27, A 7 und B 247) ist Heil- bad Heiligenstadt sehr gut erreichbar. Mit dem Bau der unmittelbar nördlich von Heilbad Heiligenstadt verlaufenden Bundesautobahn A 38 Göttingen-Halle (geplante Verkehrs- freigabe Ende 2006) und dem Autobahnzubringer L 1005 zur Anschlussstelle Heilbad Heiligenstadt wird sich die Erreichbarkeit der Stadt noch weiter verbessern und die Be- deutung der Stadt als zentraler Standort in Deutschland gestärkt.
1.5.2 Landkreis Eichsfeld2 Der Landkreis Eichsfeld ist eingebettet zwischen Harz, Hessischem Bergland sowie Thü- ringer Wald und umfasst eine Gemarkungsfläche von 93.982 ha. Im Landkreis leben 110.843 Menschen (Stand 31.12.2004), die sich auf 3 Städte und 92 Gemeinden vertei- len. Die Einwohnerdichte beträgt 118 Einwohner/km² und liegt deutlich unter dem bun- desdeutschen (231 Einwohner/km²), aber auch unter dem thüringischen Durchschnitts- wert (146 Einwohner/km²) 37% (ca. 42.000 Einwohner) der Bevölkerung des Landkreises konzentrieren sich in den drei Städten Heilbad Heiligenstadt, Leinefelde-Worbis und Dingelstädt. Heilbad Heiligen- stadt ist mit einer Einwohnerzahl von 17.177 (31.08.2005) nach Leinefelde-Worbis mit
1 Vgl.: Stadtentwicklungskonzept Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost – Perspektiven für Heiligenstadt; Heil- bad Heiligenstadt, 2004 2 ebenda
13 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
etwa 21.000 Einwohnern die zweitgrößte Agglomeration im Landkreis. Die zentrale Lage und die gute Anbindung der Region verhinderten in der Vergangenheit eine ausgeprägt negative Gesamtentwicklung, wie sie in vergleichbaren Landkreisen in den neuen Bun- desländern zu beobachten war. Zwar dokumentieren die einzelnen Eckdaten, wie Arbeitslosenquote (16,1%) Bevölkerungsentwicklung (von 2000 bis 2004 von 114.109 auf 110.843 Einwohner (ca. –3%) gesunken), Entwicklung der Erwerbstätigen (1991-1997 Abnahme um 24%) auch einen Negativtrend, jedoch im weitaus geringeren Maße, als in anderen ostdeutschen Regionen. Die Wirtschaftsstruktur des Eichsfeldkreises wird dominiert durch den Handels- und Dienstleistungssektor (71% aller Gewerbebetriebe), gefolgt von den Sektoren Produktion (27%) und Landwirtschaft (2%). Bezüglich der Gewerbeentwicklung waren in den letzten Jahren Zuwächse zu verzeichnen, auch wenn diese nun langsam zurückgehen. Insge- samt verfügt der Landkreis über 725 ha Gewerbeflächen, von denen sich allein in Heili- genstadt 75,6 ha (2003) befinden.
1.5.3 Historische Entwicklung Heilbad Heiligenstadts3 Durch die Kolonisation der Franken wird Heiligenstadt vermutlich im achten Jahrhundert n. Chr. gegründet. Zwischen 847 und 856 weiht der Mainzer Erzbischof Hrabanus Mau- rus die St. Martins Kirche, die damit das älteste Gotteshaus der Region ist. Am 23.11. 973 wird Heiligenstadt erstmals in einer Urkunde des Kaisers Otto II. erwähnt. Durch die günstige Lage an der alten Ost-West Handelsstraße im Leinetal und nach dem Bau des Kollegiatsstiftes nimmt die Entwicklung der Stadt einen schnellen Aufschwung. Um das Jahr 1000 erhält Heiligenstadt Marktrechte. Die Stadtrechte werden um 1227, während der Amtszeit des Mainzer Erzbischofs Siegfried II. verliehen, der erste Stadtrat wird um 1280 berufen. Die aufstrebende Stadt erfährt im hohen Mittelalter ihre Blütezeit, um 1240 wird eine doppelte Stadtmauer fertig gestellt. 1333 werden große Teile der Stadt durch einen Brand zerstört. Mit der Willkür erhält die Stadt Heiligenstadt bereits 1335 eine eigene Rechtsnorm. Um 1460 wird Tilman Riemenschneider als Sohn des Heiligenstädter Münzmeisters in der Stadt geboren. Auf dem Eichsfeld hält sich während des Bauernkrieges Thomas Müntzer auf und predigt in Heiligenstadt. Durch die Jesuiten wird ab 1575 die Gegenreformation vorangetrieben. Kulturell profitiert die Stadt von der hervorragenden Schule der Jesuiten, die bis zum Jahre 1773 betrieben wird. 1739 wird die Stadt durch einen Brand verwüstet, nur wenige Gebäude wie das Schloss, das alte Rathaus, die Zehntscheune, das Mainzer Haus und die Kirchen überstehen die Feuersbrunst. Die Kirche St. Martin, Stiftsberg und Knickhagen sind der Ursprung der alten Siedlung, das Schloss wird 1738 fertig gestellt. Zudem wird das neue Rathaus nach dem Brand gebaut. Aus den Siedlungsgebieten am Stiftsberg, am Heimenstein, um den alten Markt, der heutigen Lindenallee, und der neuen Stadt mit dem Zentrum Wilhelmstraße wächst die Stadt zusammen. Bald verlagerte sich das Geschäftsleben in die neue Wilhelmstra- ße, ehemals Lange Straße. Mit der Auflösung der geistlichen Fürstentümer am 3.8.1802 gelangt das Eichsfeld an die Krone Preußens. Mit der preußischen Herrschaft findet das ortsansässige Webereige- werbe seinen Niedergang, nach 1856 bringt die Zigarrenfabrikation einen zeitweiligen wirtschaftlichen Aufschwung. Im Jahr 1867 wurde die Eisenbahnstrecke Halle/Saale – Kassel in Betrieb genommen.
3 ebenda
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An der Geislede und dem Mühlgraben werden mehrere Mühlen und die erste Papierfab- rik errichtet. Parallel entsteht die Nadelfabrik (Firma Engelmann) und das Baugewerbe fasst in der Stadt Fuß. 1929 erlangte die Stadt Heiligenstadt die Anerkennung Kneipp-Kurort, 1950 wurde das Prädikat Heilbad verliehen. Nach dem zweiten Weltkrieg sind nur unwesentliche Kriegsschäden zu verzeichnen. Das Obereichsfeld wird zunächst von den Amerikanischen Streitkräften besetzt, der Gebiets- tausch führt aber am 5.7.1945 letztendlich zur Besatzung durch die Rote Armee. Nach dem zweiten Weltkrieg liegt Heilbad Heiligenstadt nahe der innerdeutschen Grenze und verliert damit die traditionellen Verbindungen nach Hessen und Südniedersachsen. Mit dem Eichsfeldplan versucht die DDR 1959 „aus dem industriellen Notstandsgebiet kapitalistischer Zeit“ ein modernes, sozialistisches Industrie-Agrar Gebiet werden zu las- sen. Die Wirtschaft der Stadt wird geprägt durch die Großbetriebe Kombinat Solidor, VEB Eichsfelder Bekleidungswerke, VEB ESDA, VEB Schraubenwerk, VEB Papierfabrik und dem Baugewerbe. Erst 1989 nach der Öffnung der Grenze nimmt der Verkehr und Handel Richtung Westen wieder zu, Gewerbe und Industrie müssen auf eine neue Basis gestellt werden. Die Stadt reagiert mit der Ausweisung von Gewerbeflächen zur Sicherung der weiteren Entwick- lung, gleichzeitig werden alle Bemühungen unternommen, um in den ehemals volkseige- nen Betrieben Umwandlungen vorzunehmen, die Betriebe in den Altstandorten zu halten und neue Gewerbe anzusiedeln. Zwischen 1991 und 1992 erfolgt die Eingemeindung der Dörfer Flinsberg, Günterode, Kalteneber und Rengelrode.
1.5.4 Kurzportrait der Ortsteile
1.5.4.1 Flinsberg Flinsberg ist ein katholisches Kirchdorf mit 173 Einwohnern (Stand 31.12.2004), etwa 10 km südöstlich von Heiligenstadt am Fuße des Warteberges gelegen. Das Dorf Flins- berg gehörte 1341 zur Vogtei Heiligenstadt, in kirchlicher Hinsicht gehörte es zum Banne Dingelstädt. Historisch belegbar ist, dass sich auf dem Warteberg bei Flinsberg (516 m über NN) das Zentrum des Systems der Eichsfelder Burgen und Warten befand. Der Warteberg ließ Signalverbindungen zu den Burgen bzw. Warttürmen zu. Am 1. Juli 1991 hat Flinsberg im Rahmen der 650-Jahrfeier den Anschluss an die Stadt Heilbad Heiligenstadt vollzogen. Aufgrund der Größe der Ortschaft sind nur wenige Infrastruktureinrichtungen zu finden. Im Wesentlichen sind dies das Dorfgemeinschaftshaus mit Jugendräumen sowie ein im Jahr 2003 errichtetes Feuerwehrgebäude mit Mehrzweckraum. Ergänzt werden die An- gebote um einen Bolz- sowie einen Kinderspielplatz. Laut geographischem Gutachten der Universität Bonn, Fachschaft Geodäsie, liegt der geographische Mittelpunkt Deutschlands anhand der errechneten Koordinaten im Ortsteil Flinsberg. Symbolisch wurde hierfür ein Platz mit einem Felsstein eingeweiht.
1.5.4.2 Günterode Günterode hat 537 Einwohner (Stand 31.12.2004) und liegt ca. 6 km nordöstlich der Kernstadt. Das Dorf ist seit 1. Juli 1992 ein Ortsteil von Heilbad Heiligenstadt.
15 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
In einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs Heinrich des I. aus dem Jahre 1146 wurde Günterode als „Guntererothe“ erstmals urkundlich erwähnt. Im Zentrum des Ortes befin- det sich die katholische Kirche, die dem hl. Georg geweiht ist. Die Kirche beherbergt ein besonderes Kleinod sakraler Kunst im Eichsfeld, einen gotischen Flügelaltar. An sozial-infrastrukturellen Einrichtungen verfügt Günterode über ein Freibad, das Dorf- gemeinschaftshaus mit neu gebautem Feuerwehrstützpunkt, einen Gemeindesaal, eine komplett sanierte Turnhalle, ein Jugendzentrum sowie einen katholischen Kindergarten. Die Grund- und Regelschule wurde im Jahr 2004 durch den Landkreis abgerissen.
1.5.4.3 Kalteneber Das auf der Eichsfelder Höhe gelegene Kalteneber war einst Zubehör der Burg Glei- chenstein und gehörte in geistlicher Hinsicht zum Banne Ershausen. Zur urkundlichen Ersterwähnung der Ortschaft gibt es keine gesicherten Daten. Der Name „Kaltenebra“ wurde vermutlich 1283 erstmals dokumentiert. Die Ortschaft liegt etwa 8 km südlich der Kernstadt und hat 387 (Stand 31.12.2004) Ein- wohner. Die Eingemeindung fand im Jahr 1991 statt. Ein Dorfgemeinschaftshaus mit Feuerwehrstützpunkt, das Jugendzentrum, eine Gaststät- te sowie der Sportplatz stellen die wesentliche soziale Infrastruktur der Ortschaft dar.
1.5.4.4 Rengelrode Das katholische Pfarrkirchdorf hat 373 Einwohner und liegt 3 km westlich von Heiligen- stadt, eingebettet zwischen Steinberg und Dietzenberg. Durch den Ort fließt der Bachlauf der Beber, der in die Leine mündet. Die Ortschaft wurde 1184 erstmalig urkundlich erwähnt. Die Rengelröder Warte aus dem 15. Jahrhundert war Bestandteil des Verteidigungssystems von Heiligenstadt. Eine Ritter- familie, die sich nach dem Dorfe nannte, hatte hier ihren Stammsitz. Die soziale Infrastruktur Rengelrodes wird im Wesentlichen durch das Dorfgemein- schaftshaus mit Jugendräumen und den Sportplatz geprägt. Das Dorf wurde am 11.11.1991 ein Ortsteil von Heilbad Heiligenstadt.
16 Übergeordnete und vorangegangene Planungen
2 Übergeordnete und vorangegangene Planungen
2.1 Landesentwicklungsplan Thüringen 2004 (LEP) In der Definition des Landesentwicklungsplans 2004 des Freistaates Thüringen wird Heil- bad Heiligenstadt als Mittelzentrum im ländlichen Raum zwischen den Oberzentren Göt- tingen und Kassel sowie den Mittelzentren mit Teilfunktionen eines Oberzentrums Nord- hausen und Mühlhausen/Thür. ausgewiesen. Damit wird Heilbad Heiligenstadt im engen Netz der Thüringer Mittelzentren als Standort von regional bedeutsamen Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sowie als wichtiges Verwaltungs- und Arbeitsplatzzentrum definiert, das in das überregionale Verkehrsnetz eingebunden ist. Demnach hat die Stadt die Aufgabe, zentrale Einrichtungen und Angebote zur Deckung des gehobenen Bedar- fes bereitzustellen. Heilbad Heiligenstadt liegt zudem in einer landesbedeutsamen Entwicklungsachse, die länderübergreifend die Standortgunst Thüringens und seiner Teilräume in Hinblick auf den Infrastrukturausbau und die Siedlungsentwicklung, insbesondere der Zentralen Orte, stärken soll. In diesen soll durch die Verbindung der Verkehrsinfrastrukturen mit der be- stehenden und geplanten Schwerpunktsetzung von Wohn- und Arbeitsstätten auf Ebene der Regionalplanung zu einer wirtschaftlichen und dauerhaft tragfähigen Entwicklung öffentlicher Infrastrukturen beigetragen sowie einer dispergierenden Siedlungsentwick- lung entgegengewirkt werden. „Die Rolle der Zentralen Orte als Wohn-, Arbeits-, Dienstleistungs- und Versorgungs- standort erfordert eine der Zentralitätsstufe des Ortes und der Größe des Versorgungsbe- reiches angemessene Bereitstellung von Bauland über eine Eigenentwicklung hinaus. (...) Für eine über die Eigenentwicklung hinausgehende Ansiedlung sind auch die Sied- lungsschwerpunkte in den Entwicklungsachsen vorgesehen, die als Konzentrationspunk- te eine tragfähige nachhaltige Entwicklung der Siedlungstätigkeit unterstützen sollen. (...) bei Städten und Gemeinden mit mehreren Stadt- bzw. Ortsteilen stellt das im Konzept der Zentralen Orte enthaltene Konzentrationsprinzip die Grundlage dar. Die Konzentrati- on der Siedlungstätigkeit auf die Siedlungs- und Versorgungskerne und weitere Standor- te, die Zugangsstellen zum ÖPNV besitzen, trägt zur Verkehrsreduzierung und zur bes- seren Auslastung der öffentlichen Einrichtungen und zentralörtlichen Versorgungsstruktu- ren bei.“ Dabei soll der Erneuerung im Bestand Vorzug vor der Erweiterung im Freiraum gegeben werden. „Die bauliche Nutzung von Freiraum ist verbunden mit steigender Flä- cheninanspruchnahme, Zunahme des Versiegelungsgrades und oft auch mit erhöhten Infrastrukturaufwendungen. Zur Sicherung einer hohen Umwelt- und Lebensqualität für die Bevölkerung bedarf es insbesondere auch angesichts der rückläufigen Bevölke- rungsentwicklung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung, die mit Ressourcen (Fläche, Naturgüter, Infrastrukturen) und verfügbaren Finanzmitteln sparsam umgeht, d. h. die Siedlungstätigkeit im Rahmen des städtebaulich Möglichen im Bestand realisiert und damit den Flächenverbrauch reduziert.“4
4 vgl. Landesentwicklungsplan Thüringen 2004, S. 31-32
17 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
2.2 Regionaler Raumordnungsplan Nordthüringen 1999 (RROP)
2.2.1 Allgemeines Heiligenstadt ist im RROP als eines von fünf Mittelzentren der Region Nordthüringen ausgewiesen und hat somit die Funktion, die Grundversorgung sowie die gehobenen und qualifizierten Bedarfe des Verflechtungsraumes zu decken. Zudem liegt die Stadt in ei- nem Raum mit Verdichtungstendenzen. In diesen Räumen sollen zukünftig die sekundä- ren und tertiären Wirtschaftsbereiche einschließlich der erforderlichen Infrastruktur entwi- ckelt werden, um die landesweiten Einkommens- und Versorgungsdisparitäten abzubau- en und die Verdichtungsräume zu entlasten. Die Schwerpunktaufgabe der Sicherung und Entwicklung von Wohnstätten umfasst die Bereitstellung von Wohnbau- und Erholungsflächen und weitere Maßnahmen für ein ent- sprechend umfangreiches Angebot an Wohnungen. Dazu zählen Maßnahmen des Um- weltschutzes und der Verkehrsberuhigung und -lenkung, die grundlegende Verbesserung der Lebensbedingungen in den vorhandenen Siedlungsbereichen unter Einbeziehung von baulicher und struktureller Bestandsveränderung, die Wiederverwertung / Umnut- zung von Siedlungsflächen sowie die Ausweisung von Siedlungserweiterungsflächen. Die Schwerpunktaufgabe der Sicherung und Entwicklung von Arbeitsstätten umfasst neben der Bereitstellung von Flächen für die Industrie- und Gewerbeansiedlung die Ver- besserung der Verkehrsverhältnisse und der wirtschaftsnahen Infrastruktur auch die Schaffung von Fort- und Ausbildungsstätten. Dazu gehören Maßnahmen wie Erhaltung, Umstrukturierung oder Wiederverwendung vorhandener gewerblicher Siedlungsflächen. Darüber hinaus ist die ausreichende Wohnraumversorgung der voraussichtlich am Standort arbeitenden Menschen zu gewährleisten. Neben diesen die Entwicklung der Stadt betreffenden Aussagen umfasst das Regionale Raumordnungsprogramm auch weiterreichende Aussagen zu den Sektoren Kur und Tou- rismus sowie zur Entwicklung von Natur und Landschaft, die sich räumlich vor allem in der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten niederschlagen. Die Ausweisung der Flächennutzungen innerhalb der im RROP als Vorrang- und Vorbe- haltsgebiete gekennzeichneten Flächen erfolgte nur mit nicht widersprechenden Nutzun- gen (z.B. Landwirtschaft, Wald) oder mit Darstellungen, die rechtlich gesichert sind, wie beispielsweise das Vorranggebiet für den Rohstoffabbau im Ochsenkopfgrund aufgrund der Abbaugenehmigung. Abweichende Darstellungen wurden bei bereits bestehenden Nutzungen sowie bei Entwicklungsflächen vorgenommen. Die Benennung und detaillierte textliche Konkretisierung von entstehenden Planungskonflikten wird für die Entwicklungs- flächen in Kapitel 5 vorgenommen. Eine Übersicht über die festgesetzten Vorrang- und Vorbehaltsgebiete ist der entspre- chenden Themenkarte im Anhang sowie den nachfolgend dargestellten Entwicklungszie- len zu entnehmen.
2.2.2 Entwicklungsziele
2.2.2.1 Verkehr Das Straßennetz soll sich zur Erfüllung der unterschiedlichen Funktionen in großräumige und überregionale Straßenverbindungen, regionale Straßenverbindungen (Hauptnetz und Ergänzungsnetz) sowie bedeutende kleinräumige Straßenverbindungen gliedern. Die großräumigen Straßenverbindungen sollen nach den übergeordneten Entwicklungs- zielen des Bundes und der Länder aufrecht erhalten und ausgebaut werden. Beim Neu-
18 Übergeordnete und vorangegangene Planungen
bau der großräumig bedeutsamen Straßen soll auf eine möglichst direkte Anbindung der zentralen Orte und Erschließung der strukturschwachen Teilräume der Region geachtet werden. Im Zuge des Neubaus der überregionalen Verbindungsachse Autobahn A 38, sollen Neu- und Ausbaumaßnahmen an den Zubringerstraßen zu den Anschlussstellen vorgenom- men werden. In Heiligenstadt ist der Bau einer Ost- und Westspange von der Anschluss- stelle der Autobahn zur B 80 vorgesehen. Die regionalen Straßenverbindungen im Ergänzungsnetz sollen durch einen bedarfs- und funktionsgerechten Ausbau für den Schwerlastverkehr verbessert werden. Durch einen Ausbau der Landesstraßen L 1005/L 1009 im Bereich von Heiligenstadt soll die Anbin- dung an die A 38 und die Verbesserung der Verbindungen nach Niedersachsen sowie in Richtung Dingelstädt gewährleistet werden. Die L 1006 zwischen Heiligenstadt und Geismar/Ershausen soll entsprechend der natur- räumlichen Gegebenheiten im südlichen Eichsfeld ausgebaut werden. Der Funktion einer regionalen Straßenverbindung im Ergänzungsnetz unterliegt auch der westlich von Heiligenstadt liegende Abschnitt der B 80. Der östlich der Stadt liegende Abschnitt ist als bedeutende kleinräumige Straßenverbindung ausgewiesen. Die Schienenverbindung Halle – Nordhausen – Eichenberg – Kassel/Göttingen ist als großräumige Verkehrsverbindung im Fernverkehrsnetz ausgewiesen. Durch die Bau- maßnahme „Eichenberger Kurve“ soll der Bedienungsstandard nachhaltig verbessert werden. Zusätzlich zum verkehrenden Regional-Express soll das InterRegio-Angebot mit Systemhaltepunkten in Nordhausen, Leinefelde und Heilbad Heiligenstadt wiederherge- stellt werden.
2.2.2.2 Siedlungsentwicklung Die Siedlungsentwicklung soll auf die Mittelzentren konzentriert werden. Das heißt, der künftige Erweiterungsbedarf der Gemeinde soll in der Kernstadt abgedeckt werden. Die dörflichen Ortsteile sollen nur gemäß der Erhaltung ihrer Eigenart entwickelt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine interkommunale Abstimmung der Siedlungsflä- chenentwicklung zwischen den Städten Heiligenstadt und Leinefelde-Worbis erfolgen soll, wobei der Schwerpunkt der Gewerbeentwicklung auf Grund der verkehrsgeogra- phisch günstigen Lage der Stadt Leinefelde-Worbis zukommen soll. Die Entwicklung der Städte und Gemeinden soll so erfolgen, dass eine Abwanderung aus den Kernbereichen gebremst wird. Flächenumnutzung und –nachnutzungen bereits vor- handener Siedlungsflächen sollen sowohl bei der Wohnbau-, als auch bei der Gewerbe- flächenentwicklung vorrangig berücksichtigt werden. Damit soll eine Zersiedelung der Landschaft vermieden werden.
2.2.2.3 Bildung, Wissenschaft, Kultur Das Angebot an beruflichen Gymnasien soll in Mittelzentren erhöht werden. Das Institut für Bioprozess- und Analysemesstechnik in Heiligenstadt soll erhalten und bei Bedarf ausgebaut werden.
2.2.2.4 Naturraum Der Steilhang Westabfall im Heiligenstädter Stadtwald (Nr. 58; Landschaftsschutz- und Nah- erholungsgebietgebiet), das Pferdebachtal (Nr. 64) südlich der Kernstadt sowie die Steil- hänge nördlich und östlich der Ortschaft Martinfeld (Nr. 57), deren Ausläufer sich bis an den südlichen Siedlungsrand des Ortsteiles Flinsberg ziehen, gehören zu den Vorrang- gebieten zur Entwicklung von Natur und Landschaft.
19 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Die Muschelkalksteilhänge des Naturraum Dün, der die Kernstadt im Osten tangiert, ist als Vorbehaltsgebiet (Nr. 28) für Natur und Landschaft deklariert und soll vor der Durch- schneidung durch Achsen (Straßen, oberirdische Leitungen) bewahrt werden. Weitere Vorbehaltsgebiete sind die Leineaue (Nr. 14) sowie „offenzuhaltende Freiräume zwischen Siedlungen“ (Nr. 75).5 In letztgenannten sollen u.a. Lebensräume bedrohter Arten ge- schützt und Biotopverbundstrukturen erhalten bzw. entwickelt sowie das Landschaftsbild prägende Landschaftsteile erhalten werden. Nördlich des Heiligenstädter Ortsteiles Rengelrode sowie südöstlich des Ortsteiles Kal- teneber stellt der RROP zwei Vorranggebiete (Nr. 64 und Nr. 73) zur Aufforstung dar. Hier sollen zur Sicherung der Funktion des Waldes „stabile, standortgerechte, arten- und strukturreiche naturnahe Waldökosysteme erhalten, gepflegt, entwickelt und geschaffen werden.“6 Die Flächen werden entsprechend dieser Zielsetzungen in den Flächennut- zungsplan übernommen. Nördlich der Kernstadt weist der RROP zwei Teilbereiche eines regionalen Grünzuges (RGZ C) aus. Im Sinne der Freiraumsicherung soll hier „der Erhaltung der Freiräume und ihrer ökologischen sowie sozialen Funktionen ein besonderes Gewicht bei der raumord- nerischen Abwägung mit anderen Nutzungsansprüchen beigemessen werden. Insbeson- dere soll eine weitere Siedlungstätigkeit vermieden werden.“7 Annähernd der gesamte nördliche Bereich Heiligenstadts ist als Vorrang- oder Vorbe- haltsgebiet für die Landwirtschaft ausgewiesen. Wesentliche Ausnahmen bilden die Ortsteile Rengelrode und Günterode sowie die Flächen innerhalb der Wasserschutzzo- nen der Kategorie II. Durch die Festlegung der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete zum Schutz des Bodens als landwirtschaftlichen Produktionsmittels, werden die Grundlagen und raumordnerischen Bedingungen zur Entwicklung leistungsfähiger Landwirtschaftsbe- triebe mit rationellen und landschaftsverträglichen Feldstrukturen geschaffen.
2.2.2.5 Fremdenverkehr Der Dün gehört zu den attraktiven Fremdenverkehrsgebieten und Naherholungsgebieten der Region. Der südlich der Kernstadt und der B 80 liegende Bereich Heiligenstadts ist als Vorbehaltsgebiet für Fremdenverkehr und Erholung ausgewiesen. Für die an diese Gebiete angrenzenden Städte ist ein Ausbau der Fremdenverkehrswirtschaft vorgesehen d.h. Ausbau und Verbesserung der erholungswirksamen Infrastruktureinrichtungen. Wei- terhin soll für die Stadt die Prädikatisierung „Heilbad“ gefestigt werden. Die Gemeinde gehört zu den Städten mit Bedeutung für den Stadt-, Bildungs- und Kultur- tourismus. In diesen Städten soll die touristische Infrastruktur verbessert werden und hinsichtlich des Einsatzes von Fördermitteln (Sanierung, Städtebauförderung) vorrangig behandelt werden.
2.3 Landschaftsplan Der für die Gemeinde Heilbad Heiligenstadt gültige Landschaftsplan aus dem Jahr 1996 behandelt neben der Verwaltungseinheit Heiligenstadt auch die Verwaltungseinheit Uder. Da die Ausprägung dieses Landschaftsplans heutigen Anforderungen nicht mehr genügt und nach Angaben der Unteren Naturschutzbehörde in wesentlichen Teilen überarbeitet und fortgeschrieben werden muss, werden für die Flächennutzungsplanung lediglich
5 vgl. Regionaler Raumordnungsplan Nordthüringen 1999, S. 59 6 vgl. Regionaler Raumordnungsplan Nordthüringen 1999, S. 37 7 vgl. Regionaler Raumordnungsplan Nordthüringen 1999, S. 158
20 Übergeordnete und vorangegangene Planungen
allgemeine Aussagen zu Flächennutzungen sowie „stabile“ Faktoren wie geologische und bodengeologische Gegebenheiten der Raumeinheiten Günterode, Dietzenberg, Heiligen- stadt und Heiligenstädter Stadtwald in die Bestandanalyse übernommen. (vgl. 3.1) Die Darstellung von seit der Aufstellung des Landschaftsplans realisierten Planungen, die nachrichtliche Übernahme von Schutzgebieten sowie Planungen, die in die Fortschrei- bung des Landschaftsplans einfließen sollen, erfolgt in Abstimmung mit den entspre- chenden Planungsträgern. Die abgestimmten Inhalte werden entsprechend in die Flä- chennutzungsplanung übernommen.
2.4 Verkehrsplanung
2.4.1 Verkehrsentwicklungsplan Heilbad Heiligenstadt 1993 Die im Verkehrsentwicklungsplan von 1993 vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesse- rung des Verkehrsgeschehens in der Kernstadt sind heute im Wesentlichen abgeschlos- sen oder befinden sich in einem absehbaren Planungsstadium. Hier war neben der Ver- besserung der Fuß- und Radwegesituation vor allem die Entlastung der Altstadtbereiche durch die Anlage von Stellplätzen außerhalb des historischen Kerns und einen „kleinen Ring“ sowie eine Ortsumfahrung vorgesehen. Diese ergibt sich aus den Zubringern ab der B 80 zu der im Bau befindlichen A 38. Im Rahmen der ÖPNV-Optimierung erfolgte auch die Verlegung des zentralen Omnibushaltepunktes vom südwestlichen Stadtgebiet zum Bahnhof.
2.4.2 Bundesautobahn A 38 Göttingen-Halle Im Zuge des Ausbaus der überregionalen Verkehrsinfrastruktur zur Förderung des Zu- sammenwachsen der neuen und alten Bundesländer (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 13), werden nördlich der Kernstadt und des Ortsteiles Rengelrode sowie südlich des Ortsteiles Günterode zwei Teilabschnitte (Verkehrseinheiten (VKE) 5611.2 und 5612) der Autobahn A 38 realisiert, die der Entlastung der B 80 dienen sollen. Beide Teilabschnitte befinden sich in der Realisierung und sollen bis Ende 2006 fertiggestellt werden. Etwa 1,5 km nördlich der Kernstadt entsteht die Anschlussstelle Heilbad Heiligenstadt, mit der die Stadt über die L 1005 direkt an das überörtliche Straßenverkehrsnetz ange- schlossen wird. Um die Erschließung der Anschlussstelle von der B 80 aus zu verbes- sern wurden westlich und östlich von Heilbad Heiligenstadt Zubringer vorgesehen. Die L 1005n (Ostspange) ist bereits in Betrieb, die L 1074n (Zubringer West) wird derzeit planerisch vorbereitet. 2006 soll das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Im Zusammenwirken erfüllen sie gleichzeitig die Funktion einer Ortsumfahrung, wodurch die Kernstadt zusätzlich erheblich entlastet werden kann.
2.4.3 Konzept für den Aufbau eines Radwegenetzes im Landkreis Eichs- feld 2000 Das mit Stand vom September 2000 vom Landkreis Eichsfeld veröffentlichte Konzept für den Aufbau eines Radwegenetzes im Landkreis Eichsfeld nennt als oberste Zielsetzung die „Errichtung eines geeigneten Radroutennetzes (Kernnetz)“ als Voraussetzung für den Aufbau des Fahrradtourismus. Aufbauend auf den überregional bedeutsamen Radwegen (z.B. Leinetalradweg, Unstrut-Radwanderweg) wird anhand von Bestand und Planungen zu regionalen und kleinräumigen Radwegeverbindungen ein Handlungsrahmen formu- liert. Dieser wurde im Rahmen der Konzeptionierung unter Einbeziehung betroffener
21 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Verwaltungsorgane, u.a. Stadtverwaltungen, Straßenbauamt, Tourismusverband, Land- wirtschaftsamt und Thüringer Forstamt, abgestimmt. Die für die Flächennutzungsplanung relevanten Planungen werden im Kapitel 3.5.3 erläu- tert.
2.5 Bahnflächen Alle bahneigenen Flächen, die in der Vergangenheit in den Bahnbetrieb einbezogen wur- den, gelten im eisenbahnrechtlichen Sinne als diesem Zweck gewidmet. Auch wenn die- se Flächen inzwischen stillgelegt oder fremdverpachtet sind, unterliegen sie bis zur for- mellen Entwidmung einem Fachplanungsvorbehalt. Damit sind diese Flächen grundsätz- lich der Planungshoheit der Kommunen entzogen. In Heiligenstadt stehen folgende Flächen zur Disposition: Gütergleistrasse ab dem Abzweig von der in Ost-West-Richtung verlaufenden Stre- cke Halle/Saale nach Hann. Münden im Bereich der Straße Leineberg bis zum ehem. Güterbahnhof, die Flächen und Gleisanlagen des ehemaligen Güterbahnhofes sowie der weitere Trassenverlauf im Gewerbegebiet Süd-Ost
2.6 Schallimmissionsplan 1995 Im Rahmen einer gezielten Lärmminderungsplanung nach § 47a BImSchG wurde im Auftrag der Stadt Heilbad Heiligenstadt für den Bereich der Kernstadt ein Schallimmissi- onsplan erstellt. Dieser behandelt die Emittentenarten Straßen-/Schienenverkehr, Indust- rie-/Gewerbeanlagen sowie Freizeit- und Sportanlagen. Eine überschlägige Darstellung der Ergebnisse der beiden erstgenannten Emittentengruppen erfolgt in Kapitel 3.5.6.
2.7 Gutachten zur Luftqualität 1999 Das Gutachten wurde 1999 auf Basis einer über den Zeitraum eines Jahres durchgeführ- ten Messung typischer Leitsubstanzen - Grobstaubpartikel wie Ruß und Flugasche sowie
Stickstoffoxid (NO2) - der Luftverunreinigung erstellt. Es sollte aus lufthygienischer Sicht die Eignung der Stadt als Kurort beurteilen. Es wurden drei Messstationen in unterschied- lichen Stadtbereichen eingerichtet: Klimatherapeutisch genutzter Standort: Kurklinik I, Kurpark Verkehrsreicher Standort im Ortszentrum: Aegidienstraße Zentrale Ortslage ohne unmittelbaren Verkehrsfluss: Robert-Koch-Straße Zusammenfassend stellt das Gutachten fest, dass Heiligenstadt die lufthygienischen Anforderungen an ein Heilbad im Wesentlichen erfüllt. Vereinzelt aufgetretene Über- schreitungen von Grenzwerten waren auf besondere Ereignisse wie Baustellen oder au- ßergewöhnliche Witterungseinflüsse zurückzuführen. Eine Ausnahme bei der Bewertung bildet die Ortsdurchfahrt B80 die eine sehr hohe Grobstaubbelastung aufweist. Hier wird jedoch eine erhebliche Entlastung mit Realisierung der Umgehungsstraße erwartet. Zu- sätzlich wird zur Entlastung des Kurbereiches empfohlen noch vorhandene schadstoffin- tensive Feststoffheizungen durch umweltfreundliche Gasheizungen zu ersetzen. Für den Jahreszeitraum 2006/2007 ist eine erneute gutachterliche Überprüfung der Luft- qualität der Kernstadt vorgesehen.
22 Übergeordnete und vorangegangene Planungen
2.8 Klimaanalyse Heilbad Heiligenstadt (2001) Das im Jahr 2001 erstellte Amtliche Gutachten bewertet auf Basis von durchgeführten Messungen vor Ort sowie allgemein erfassten Wetterdaten die örtlichen Klimaverhältnis- se. Das Lokalklima wird allgemein als gut, wenn auch nicht immer optimal bewertet. Als wesentlicher Störfaktor wird, wie auch im o.g. Gutachten zur Luftqualität (1999), die durch die B 80 verursachten Belastungen benannt. Hier sieht die Klimaanalyse ebenfalls ein hohes Entlastungspotential mit der Realisierung der geplanten Autobahnzubringer als Ortsumfahrungen. Ab dem 2. Halbjahr 2006 wird in der Kernstadt eine erneute Analyse des örtlichen Klimas durchgeführt, um u.a. die Auswirkungen der realisierten Straßenbaumaßnahmen auf die Luftqualität zu untersuchen. Bei den Messungen wird eine wesentliche Verbesserung der Luftqualität erwartet, da mit dem bereits realisierten Ostzubringer eine Teilverlagerung des Durchgangsverkehrs erfolgt ist.
2.9 Flurneuordnung / Agrarstrukturelle Planung Mit dem Neubau der Bundesautobahn A 38, die innerhalb der Gemarkungen der Kern- stadt sowie der Ortsteile Günterode und Rengelrode verläuft, sind größere Eingriffe in die vorhandenen Nutzungsstrukturen, vorwiegend landwirtschaftliche Nutzfläche, notwendig. Auf Basis der Trassenvariante mit der im November 1993 das Raumordnungsverfahren eröffnet wurde, wurde durch die Thüringer Landgesellschaft mbH eine Agrarstrukturelle Vorplanung erstellt, welche die notwendigen Eingriffe analysiert und Entwicklungsziele formuliert. Diese wurde im März 1996 abgeschlossen. Entsprechend der Planfeststel- lungsbeschlüsse - als letzter wurde am 27.05.2004 der Beschluss für den Abschnitt VKE 5612 erreicht - befinden sich beide Autobahnabschnitte (VKE 5611.2 und VKE 5612) im Bau und sollen bis Ende 2006 abgeschlossen sein. In diesem Zuge werden Änderungen am Wege- und Gewässernetz im unmittelbaren Trassenbereich als Bestandteil der Maß- nahmen gemäß Planfeststellung umgesetzt. Flurneuordnungsmaßnahmen gemäß Flur- bereinigungsgesetz (FlurbG) sind damit nicht notwendig. In der Gemarkung Kalteneber ist seit dem Jahr 2002 ein Verfahren nach § 64 Landwirt- schaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) zur Zusammenführung getrennten Eigentums an- geordnet.
2.10 Standortanalyse Lebensmitteleinzelhandel Zu Beginn des Jahres 2005 wurde durch die Gutberlet Stiftung & Co. (tegut) bezüglich der geplanten Ansiedlung eines weiteren SB-Warenhauses (Fa. Kaufland mit ca. 3.000m² Verkaufsfläche) eine Standortanalyse erarbeitet. Die Gesamtverkaufsraumfläche für Lebensmittel8 wird im Heilbad Heiligenstadt mit 11.115m² angegeben. Im betrachteten Einzuggebiet (Stadt Heilbad Heiligenstadt plus 10km Umkreis) wurde eine Bevölkerung von 18.574 Einwohner ermittelt. Aus diesen Zahlen ergibt sich eine Verkaufsraumfläche von 598m²/1.000 Einwohner. Diese liegt 81% über dem Bundesdeutschen Durchschnitt (330m²/1.000 Einwohner). Der geplante Bau des Warenhauses würde diesen Wert auf 738m²/1.000 Einwohner anheben und somit mehr als doppelt so hoch liegen wie der Durchschnitt auf Bundesebene.
8 Diese resultiert aus der Addition der entsprechenden Verkaufsflächen in Einkaufsmärkten (Rewe, Lidl, Aldi Edeka etc.) sowie Drogeriemärkten (Schlecker, Rossmann)
23 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Dies wird in der Standortanalyse wesentlich als Verdrängungswettbewerb bewertet, der zu Lasten der kleineren Märkte gehen werde. Weiterhin wird prognostiziert, dass ein neuer Arbeitsplatz im geplanten Markt zwei bis zweieinhalb in kleineren Märkten ersetzen werde.
2.11 Stadtentwicklungskonzept (SEK) Im Rahmen des Bundeswettbewerbes Stadtumbau Ost im Jahre 2002 erstellte die Ar- beitsgruppe Stadt im Auftrag der Stadtverwaltung ein Stadtentwicklungskonzept als Bei- trag zu o.g. Wettbewerb. Die Wettbewerbsergebnisse wurden in den folgenden zwei Jah- ren fortgeschrieben und sind zusammengefasst in der von der Stadtverwaltung veröffent- lichten Broschüre ´Stadtentwicklungskonzept Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost – Per- spektiven für Heilbad Heiligenstadt´ dokumentiert. Das Stadtentwicklungskonzept liefert wesentliche Ergebnisse und Planungsansätze für das Flächennutzungsplanverfahren. Auf Basis einer ausführlichen Analyse und Untersuchungen, u.a. zu Bevölkerungsstruktur und –prognose, Wohnstandorten und wirtschaftlichen Gegebenheiten, wurden für unter- schiedliche Entwicklungsbereiche Strategien und städtebauliche Leitprojekte definiert, die im Zusammenwirken Synergien erzeugen und auf eine koordinierte Gesamtentwicklung ausgerichtet sind. Die Wesentlichen Ergebnisse wurden in der nachfolgend zitierten „Perspektive zur Gesamtentwicklung“ zusammengefasst: „Die Probleme des strukturellen Wandels nach der Wiedervereinigung hat Heilbad Heili- genstadt bisher gut bewältigt. Auf der Grundlage der positiven Entwicklungen der Stadt sollen auch zukünftig die konkreten Entwicklungschancen ergriffen werden, damit Heil- bad Heiligenstadt seine Position im Wettbewerb mit anderen Regionen halten, wenn möglich ausbauen kann. Dabei kann auf schon erreichte Erfolge aufgebaut werden, wie: die sanierte Altstadt, den voll ausgelasteten Kurbetrieb, die in wesentlichen Teilen schon geordnete und gegliederte räumliche Verteilung der Gewerbe- und Dienstleistungsflächen in alten und neu entwickelten Gewerbegebie- ten, neu ausgewiesene Einfamilienhausgebiete im engeren Weichbild der Stadt.
Entgegen dem allgemeinen Trend in Ostdeutschland sind in Heilbad Heiligenstadt die Entwicklungsparameter sowohl der Wirtschaft als auch der Bevölkerung stabil bis wach- send und durch die geplante Bundesautobahn A 38 und der in diesem Zusammenhang projektierten Umgehungsstraßen Westzubringer und der bereits fertiggestellten Ostspan- ge wird der Standort nachhaltig gestärkt, so dass auch in Zukunft mit der Neuansiedlung von Betrieben zu rechnen ist. Die Stadt hat eine realistische Chance in den nächsten 12 bis 15 Jahren ihre Bevölke- rungszahl leicht zu erhöhen oder zumindest zu halten und in der Größenordnung 19.000 Einwohner zu stabilisieren. Voraussetzung hierfür ist die Entwicklung entsprechender Wohnungsangebote in Verbindung mit einem weiter zu fördernden, positiven Wohn- image. Analog zu anderen Städten stellen die Bestände des komplexen Wohnungsbaus eine erhebliche Hypothek für die zukünftige Gesamtentwicklung der Stadt dar. Dieser kann die bestehende und zukünftige Nachfrage qualitativ nicht befriedigen. Rückbau- und Abrissmaßnahmen sind notwendig, um ergänzt durch Umbau und Neubau ein breites, qualitatives Wohnungsspektrum bereit stellen zu können, welches die Nachfrage nach
24 Übergeordnete und vorangegangene Planungen
individuellen und altersspezifischen Wohn- und Eigentumsformen in Heilbad Heiligen- stadt mit attraktiven Angeboten befriedigen kann. Aus städtebaulicher Sicht hat die Altstadtsanierung der Stadt eine erhebliche Attraktivität und Ausstrahlung verschafft und mit der Prädikatisierung der Stadt als Heilbad sind wich- tige entwicklungspolitische Grundsteine gelegt. Die Kurentwicklung muss zukünftig noch enger mit der touristischen Inwertsetzung der Stadt verkoppelt werden, die sich zudem auch positiv auf die Wohnqualität auswirkt. Mit dem Heinrich-Heine-Kurpark, dem Ba- rockgarten und der Leineaue besitzt die Stadt schon heute einen sehr attraktiven Grün- raum, der in seiner gesamtstädtischen Funktion weiter zu stärken ist (Imageverbesse- rung). Gerade die Orientierung der Stadtentwicklung auf den erweiterten Kur- und Erholungsbe- trieb und eine hochwertige Wohnentwicklung lassen es notwendig erscheinen, frühzeitig Strategien zur Qualifizierung des Wohnungsbestandes einzuleiten. Hierzu gehören ne- ben einer sinnvollen und mit den Interessen der Altstadt abgestimmten Weiterentwick- lung, Differenzierung und Verbesserung der Einkaufsmöglichkeiten auch die funktionale Gliederung der Gewerbeflächen, mit dem Ziel, die zentralörtliche Funktion der Stadt zu stärken.“9 Für den weiteren Ausbau des Kur- und Erholungsbereiches sind weitere Hotelstandorte im Kernstadtbereich und der Ausbau bestehender Hotels erforderlich. Auf eine ausführli- che Darstellung der Entwicklungsbereiche wird an dieser Stelle verzichtet, da diese stra- tegische Zielsetzungen verfolgen, die auf Ebene des Flächennutzungsplans nicht mit konkretem Flächenbezug einzuordnen sind. Daher beschränkt sich die nachfolgende Erläuterung auf die für die Entwicklungsbereiche benannten Leitprojekte, da diese sich teils bereits in fortgeschrittenen Planungsstadien befinden und somit in die Flächennut- zungsplanung zu integrieren sind. Eine ausführliche Beschreibung der Projekte erfolgt im Kapitel 5.
9 vgl. Stadtentwicklungskonzept Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost – Perspektiven für Heilbad Heiligenstadt, S. 15ff
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Bestandsaufnahme und Analyse
3 Bestandsaufnahme und -analyse
3.1 Umwelt Die Darstellung der naturräumlichen Gliederung, der Geologie und des Klimas erfolgt in Anlehnung an den Landschaftsplan Heiligenstadt/Uder vom 15.03.1996, der Grundlagen differenziert aufnimmt und bewertet. Für diese Darstellung nimmt der Landschaftsplan eine Raumaufteilung der Verwaltungseinheit Heiligenstadt und der Verwaltungseinheit Uder vor, die sich neben der Form der Flächennutzung vor allem an geologischen und bodengeologischen Kriterien orientieren. Beachtung finden im Folgenden die Raumein- heiten Günterode, Dietzenberg, Heiligenstadt und Heiligenstädter Stadtwald. Ergänzt wird die Darstellung durch Angaben der betroffenen Fachbehörden, die im Rah- men des formellen Beteiligungsverfahrens zum Flächennutzungsplan formuliert wurden.
3.1.1 Naturräumliche Gliederung Die nördliche von Heiligenstadt und Rengelrode gelegene weitläufige Raumeinheit um Günterode wird geprägt durch intensiven, großflächigen Ackerbau, der nur wenige glie- dernde Gehölzstrukturen zulässt. Die Strukturvielfalt ist in dieser stark ausgeräumten Landschaft sehr gering. Lediglich vereinzelte Feldgehölze und kleinere Waldbereiche, Obstbaumreihen an Straßen und Ufergehölze der naturnahen Bachläufe gliedern die leicht reliefierte Kulturlandschaft. Eine Verwerfung aus Muschelkalk bildet westlich von Günterode die beiden Erhebungen Steinberg und Dietzenberg und gleichermaßen eine geologische Besonderheit in der ansonsten von Buntsandstein geprägten Umgebung. So treten hier Biotoptypen wie Kalkbuchenwälder, größere Kalkackerbereiche und Halbtro- ckenrasengesellschaften auf Geologie und Böden. Der gehölzbestandene, mäandrierende Lauf der Leine besitzt eine besondere gliedernde Wirkung innerhalb der strukturarmen Kulturlandschaft nördlich von Heiligenstadt. Die im Leinetal gelegenen Ansiedlungen Rengelrode und Heiligenstadt prägen die Raumeinheit Heiligenstadt. Die Hanglagen dieser hauptsächlich durch die Nutzungsform begründeten Raumeinheit sind geologisch geprägt vom Mittleren bis Oberen Buntsandstein und wer- den hier als Ansiedlungsflächen oder als stadtnaher Erholungsraum (z.B. Kurpark oder Grünzug) genutzt. Die in den Auenstandorten der Leine vorkommenden Lößpolster mit ihren tiefgründigen Böden stellen die Flächen vorwiegend intensiv landwirtschaftlich ge- nutzter Acker- und Grünlandstandorte außerhalb des bebauten Bereiches dar. Nach Südwesten hin schließt sich eine strukturreiche Kulturlandschaft mit kleinflächigen Grün- ländern, Obstwiesen, Kleingartenanlagen, Gehölzen sowie einem naturnahen Kleinge- wässer ('Paradiesteich') an. Dieser vielgestaltige Raum erlangt durch seine Siedlungsnä- he Potentiale für die Naherholung. Die Raumeinheit Heiligenstädter Stadtwald südlich von Heiligenstadt stellt ein großes zusammenhängendes Waldgebiet aus überwiegend Kalkbuchenwald mit kleineren Na- delwaldbereichen über dem geologischen Boden des Muschelkalks dar. Zahlreiche schroffe Felsformationen werden durch die Hänge der bewaldeten Hochflächen gebildet und weisen somit eine sehr hohe Reliefierung auf. Offene Bereiche schließen lediglich südlich mit der Feldflur bei Kalteneber und des Wartebergs bei Flinsberg an.
3.1.2 Geologie und Böden Der Aufbau des Naturraums ist auch im Aufbau von Geologie und Böden ablesbar: Im nördlichen strukturarmen Bereich überwiegen Braunerden und Braunerdegleye, die
27 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
sich auf dem Mittleren Buntsandstein entwickelt haben. Diese anstehenden Gesteine sind als gute Grundwasserleiter mit hoher Förderleistung einzustufen. Eine bis zu mehre- ren Metern mächtige Lößauflage hat sich auf weiten Bereichen erhalten und bringt Pa- rabraunerden und Fahlerden hervor. Aufgrund der intensiven ackerbaulichen Nutzung ist eine besondere Gefährdung der Böden durch Erosion, eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Verdichtung und eine Gefährdung durch Schadstoffeinträge ins Grundwasser gegeben. In den Bachtälern sind sandige bis schluffige Aueböden entstanden. In der Raumeinheit Dietzenberg zwischen Steinheuterode und Rengelrode verläuft eine Reihe von Störungen in Form von Schichtversenkung, in der Schichten des Muschelkalks und des Röt innerhalb des Mittleren Buntsandsteines stehen. Entsprechend der Geologie dominieren hier Rendzinen auf Muschelkalk. Eine mittlere bis hohe Bodengüte ist im Bereich des Leinetals, Pferdebachtal und bei Rengelrode zu finden, da dort überwiegend alluviale Talsedimente, bestehend aus tonig- lehmigen Buntsandsteinmaterialvorkommen. Im Stadtbereich von Heiligenstadt, nördlich und südlich der Leineaue und bei Rengelrode sind in Teilen Lößböden erhalten geblie- ben. Gegenüber Versiegelung und Boden- bzw. Rohstoffabbau ist die Empfindlichkeit der Böden aufgrund der starken Erweiterungstendenzen der Ansiedlungen als hoch einzustu- fen. Innerhalb der Raumeinheit des Heiligenstädter Stadtwaldes ist das geologische Aus- gangsmaterial der Mittlere bis Untere Muschelkalk. Auf den Hochflächen ist eine Lößde- cke erhalten, auf der sich Parabraunerden und Fahlerden gebildet haben. Rendzinen und Rendzina-Braunerden sind an den Talhängen des Kalkbuchenwaldes über Muschelkalk- decken entstanden. Sie weisen eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Schadstoffanrei- cherung, jedoch eine geringe Empfindlichkeit gegenüber Schadstoffverlagerung auf.
3.1.3 Gewässer Der Landschaftsraum Heiligenstadts ist von zahlreichen Gewässerarmen durchzogen. Bedeutsamstes Gewässer ist die „Leine“, die in zentralen Grünbereichen die Kernstadt durchfließt. Als Gewässer 1. Ordnung ist die „Leine“ mit ihren wichtigsten Nebenbächen („Beber“, „Geislede“ und „Pferdebach“) dem Weser-Flusssystem zuzuordnen. Die „Leine“ ist als Pilotprojekt zur Durchsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie 2000/EG für das Land Thüringen vorgesehen. Von ihrer Gewässerstruktur ist sie der oberen Forellenregi- on zuzuordnen und bietet zahlreichen Arten (u.a. Bachforelle, Westgroppe, Kleinlebewe- sen) Lebensraum und Laichhabitat. Das Bett des Gewässers 1. Ordnung steht im Eigentum des Landes Thüringen und ob- liegt der Zuständigkeit der Oberen Wasserbehörde Die weiteren Gewässer im Bereich der Gemarkungen Heiligenstadt, Günterode, Kalten- eber und Rengelrode sind dem Flussgebiet der „Leine“, die Gewässer im Bereich Flins- berg dem Flussgebiet der „Frieda“ zuzuordnen. Die weitere Darstellung ist auf die Ge- wässer 2. Ordnung reduziert. Das Bett der Gewässer 2. Ordnung steht im Eigentum der jeweiligen Gemeinde und obliegt der Zuständigkeit der Unteren Wasserbehörde. Die Gewässer 2. Ordnung sind in einer Tabelle im Anhang (vgl. 7.3) unter Angabe der Gewässernamen und Gewässerkennzahl im Anhang aufgelistet.
3.1.4 Klima Die Raumeinheiten rund um Heilbad Heiligenstadt liegen im Übergangsbereich vom sub- atlantisch zum subkontinental geprägten Klimaraum mit vorwiegend westlichen bis süd- westlichen Winden. Nach dem Landschaftsplan haben neben den Hauptwindrichtungen vor allem kleinräumige Windsysteme lokalklimatische Bedeutung, die durch Zufuhr von
28 Bestandsaufnahme und Analyse
Kalt- und Frischluft zur Verbesserung der lufthygienischen und mikroklimatischen Situati- on der Siedlungen beitragen. Ausgeprägte Leistungsfähigkeit bezüglich der Kaltluftpro- duktion besitzen die weiten Freiflächen der nördlichen Kulturlandschaft. Dagegen haben die südlich von Heiligenstadt liegenden, ausgedehnten Waldgebiete ein hohes Potential zur Filterung von Luftschadstoffen und stellen somit potentielle Frischluftentstehungsge- biete dar. Die Ausrichtung des Leinetals in der Hauptwindrichtung (West-Ost) hat einen positiven Einfluss auf den Abtransport schadstoffbelasteter und überwärmter Luft aus Heiligenstadt nach Inversionswetterlagen. Als besonders ausgeprägt bezüglich der Emp- findlichkeit von Schadstoffeinträgen stuft der Landschaftsplan die Bereiche von Kaltluftabflussbahnen und die Bereiche siedlungsnaher Acker- und Waldflächen ein. Hohe Empfindlichkeit bezüglich Flächenverlust und Zerschneidung haben die überwiegend ackerbaulich genutzten Hanglagen nördlich von Heiligenstadt und die großräumigen Waldflächen im Süden. Zur Sicherung der Luftqualität muss sich die Darstellung zusätzlicher Bauflächen im Flä- chennutzungsplan an den klimatischen Gegebenheiten orientieren und insbesondere die Luftleitbahnen (entlang des Leinetals und von den Hängen in die Talbereiche) in ihrer Wirksamkeit erhalten. Darüber hinaus sind Kalt- und Frischluftentstehungsgebiete mög- lichst von Bebauung freizuhalten.
3.1.5 Schutzgebiete
3.1.5.1 Natur- und Landschaftsschutz
Bestand Der großräumige südliche Bereich von Heiligenstadt, weite Teile des Heiligenstädter Stadtwaldes und der Dün, sind als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Des Weiteren sind eine Vielzahl von Schutzobjekten und -flächen nach § 18 ThürNatG vorzufinden. Diese besonders geschützten § 18 Biotope, Flächennaturdenkmale, naturnahe Fließge- wässer und naturnahe Quellbereiche sind im Wesentlichen im Muschelkalkgebiet südlich von Heiligenstadt zu finden. Insbesondere werden das "Pferdebachtal" mit seinen an- grenzenden Steilhängen und der Westabfall des "Heiligenstädter Stadtwaldes" in denen sich ein Großteil der Flächennaturdenkmäler befindet, durch den Landschaftsplan als Vorranggebiete für Natur und Landschaft qualifiziert und als zukünftige Naturschutzgebie- te vorgeschlagen. Die ausgeübte und genehmigte Nutzung des Schießplatzes sowie die Einrichtung des Technischen Hilfswerkes im "Pferdebachtal" stellen jeweils Ausnahmen dar. Detaillierte Beschreibungen der einzelnen Schutzgebiete sowie die Verortungen der Bio- tope finden sich im Landschaftsplan Heiligenstadt / Uder.
Leitbild und Entwicklung Durch den Landschaftsplan Heiligenstadt/ Uder wurden Planungen und Maßnahmenkon- zepte entwickelt, die einem Leitbild über den wünschenswerten Zustand von Natur und Landschaft folgen. Für die weiteren Betrachtungen werden die Raumeinheiten in drei Landschaftseinheiten weitgehend zusammengefasst: Der nördliche Bereich von Heiligenstadt wird als Buntsandsteingebiet deklariert, indem derzeit die intensiv betriebene Landwirtschaft prägendster Faktor ist. Reduzierung des Düngemittel- und Pestizideinsatzes, Schonung der Bodenfruchtbarkeit und der Boden- struktur und Ausweitung und Vernetzung der Gehölzstrukturen als raumgliederndes Ele- ment werden als die vordringlichen Entwicklungsmaßnahmen angesehen. Durch die Ausweitung des Rad- und Wanderwegenetzes insbesondere im Bereich Heiligenstadt-
29 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Günterode soll die aufgewertete Landschaft erfahrbar sein. Hierbei ist der weitere Aus- bau und Qualifizierung des Leineradwanderwegs von besonderer Bedeutung. Das Auen- und Talsystem der Leine ist durch die Fließgewässer und die wesentlichen Ansiedlungen und Verkehrswege geprägt. Vordringliches Ziel ist hier die Sicherung bzw. Wiederherstellung naturnaher Oberflächengewässer mit geringer Wasserbelastung. Die für die Auenbereiche charakteristischen Feucht- und Nasswiesen werden in standortan- gepasster Weise genutzt und gepflegt und durch Erhalt und Ergänzung von Gehölzstruk- turen und durch Grüneinbindung von Siedlungsrändern sichergestellt. Der große Waldanteil in den südlich von Heiligenstadt liegenden Muschelkalkgebieten wird zur Sicherung der Frischluftversorgung klimatisch belasteter Siedlungsbereiche si- chergestellt. Die forstliche Nutzung erfolgt nach den Richtlinien der PEFC (Pan- Europäische Forstzertifizierung), eine Selbstverpflichtung zur nachhaltigen Forstwirt- schaft. Die Zielstellung richtet sich hier auf die Erhaltung eines gesunden und vitalen Forstökosystems mit der Sicherung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Funk- tion des Waldes. Die Waldbewirtschaftung orientiert sich an der Verbesserung der Schutzfunktion vor allem für Boden und Wasser. Insbesondere der Heiligenstädter Stadtwald soll durch seine Landschaftsqualität in Bezug auf Erlebnisreichtum und Erho- lungswert Touristen und Kurgästen als Erholungswald dienen. In den Offenlandbereichen setzt sich eine standortangepasste Nutzung fort, indem im Rahmen von Pflegekonzepten schützenswerte Magerstandorte erhalten bleiben und bewahrt werden. Der kleinräumige Wechsel unterschiedlicher Biotopformen (Halbtrockenrasen, Streuobstwiesen) und hoher Strukturreichtum ergeben ein außergewöhnliches Landschaftsbild und bieten auch hier einen hohen Erholungswert. Innerhalb dieser Landschaftseinheit werden neben dem bereits bestehenden Land- schaftsschutzgebiet "Heiligenstädter Stadtwald" (2.037ha; Teile liegen außerhalb des Stadtgebietes) Vorranggebiete festgestellt und als Naturschutzgebiete vorgeschlagen: das Pferdebachtal mit seinen östlich angrenzenden Steilhängen (220,5 ha) der Westabfall des Heiligenstädter Stadtwaldes (347,9 ha)
Eine Umsetzung dieser Vorschläge erscheint innerhalb der Geltungsdauer des Flächen- nutzungsplanes eher unwahrscheinlich, da bisher keine entsprechenden Planverfahren eingeleitet wurden. Der Flächennutzungsplan stellt dennoch keine konkurrierende Flä- chenneuausweisung in der genannten Bereichen dar. Mit einer Ausweisung der Flächen als Naturschutzgebiete kann jedoch ggf. ein Pla- nungskonflikt mit der Bewirtschaftung der Waldflächen entstehen. An der Gemarkungsgrenze des Ortsteiles Flinsberg und der Nachbargemeinde Heuthen befindet sich im Bereich des Warteberges das Landschaftsschutzgebiet „Flinsberger Warte“. Am südlich Rand der Kernstadt im Bereich Ibergrandweg besteht eine Überschneidung des Landschaftsschutzgebietes „Heiligenstädter Stadtwald“ mit bestehenden Wohnbau- flächen. Diese sind jedoch nach § 26 Abs. 4 des ThürNatG zu beurteilen, wonach Flä- chen, die innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 Abs. 1 BauGB) liegen, nicht mehr Bestandteil des Landschaftsschutzgebietes sind. Eine dem Sachverhalt angepasste Änderung der Abgrenzung des Landschaftsschutzge- bietes im Flächennutzungsplan ist jedoch nicht möglich, da diese durch andere Rechts- verordnungen festgesetzt ist. Der Flächennutzungsplan stellt das Landschaftsschutzge- biet somit unverändert als nachrichtliche Übernahme dar.
30 Bestandsaufnahme und Analyse
Landschaftsschutzgebiet „Eichsfeld“ Die Obere Naturschutzbehörde betreibt die Planungsabsicht für ein großräumiges Land- schaftsschutzgebiet „Eichsfeld“, welches den südwestlichen Eichsfeldkreis umfasst. Das geplante Gebiet beinhaltet u.a. das o.g. Landschaftsschutzgebiet „Heiligenstädter Stadt- wald“ sowie den gesamten südlich anschließenden Geltungsbereich des Flächenut- zungsplans einschließlich der Ortsteile Kalteneber und Flinsberg. Da die Planung noch keine Rechtsverbindlichkeit erlangt hat, wird an dieser Stelle darauf hingewiesen und es erfolgt keine Eintragung in den Flächenutzungsplan. Der Schutzwür- digkeit des Landschaftsraumes wird jedoch insoweit Rechnung getragen, dass der Flä- chenutzungsplan auf die Ausweisung von Entwicklungsflächen zur baulichen Erweiterung im genannten weitestgehend Bereich verzichtet.
3.1.5.2 Naturdenkmale / Flächennaturdenkmale Im Geltungsbereich befinden sich einige wertvolle Schutzobjekte die als Naturdenkmale geschützt sind. Nach § 16 ThürNatG sind die Beseitigung „sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung, Veränderung oder nachhaltigen Störung des Natur- denkmals oder seiner geschützten sowie zum Erhalt notwendigen Umgebung führen können, sind nach Maßgabe einer Rechtsverordnung verboten.“ Die Naturdenkmale wur- den nachrichtlich in den Flächennutzungsplan übernommen und eine Auflistung in den Anhang zum Erläuterungsbericht aufgenommen. Weiterhin befinden sich im Plangebiet mit dem Entenpfuhl und dem Paradiesteich zwei Flächennaturdenkmale. Dieser Schutzstatus ist aus der DDR-Rechtssprechung überge- leitet und gilt nach § 26 Abs. 2 bis zum Erlass neuer Rechtsverordnungen und unbe- schadet ihrer bisherigen Bezeichnung fort, soweit sie dem Bundesnaturschutzgesetz nicht widersprechen. Die Natur- und Flächennaturdenkmale wurden nachrichtlich in den Flächennutzungsplan übernommen und eine Auflistung in den Anhang zum Erläuterungsbericht aufgenommen.
3.1.5.3 Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH) Im Plangebiet befinden sich mehrere Bereiche, die gemäß EU-Richtlinie Natura 2000 als Fauna-Flora-Habitat-Gebiete gemeldet wurden: Teile des Gebietes Leinetalhänge westlich der Stadt Heilbad Heiligenstadt (Ge- bietsnr. 198) Das Fledermausquartier in der Bunkeranlage Pferdebachtal (Gebietsnr. 35a) Das Fledermausquartier Braunsches Loch im südlichen Pferdebachtal (Ge- bietsnr. 35b)10 Teile des Gebietes Ibenkuppe – Thomasbrücke –östlicher Westerwald (Ge- bietsnr. 20)
Innerhalb der Abgrenzung der Gebietsnr. 198 befindet sich ein öffentlicher Parkplatz. Dieser dient vorwiegend den Besuchern der anliegenden Außenbereichsgaststätte. Der
10 Die Standorte der FFH-Gebiete wurden der Stadt Heilbad Heiligenstadt durch das Thüringer Landesamt für Umwelt und Geologie (TLUG) zu Verfügung gestellt und nachrichtlich in den Flächennutzungsplan über- nommen. Die Untere Naturschutz beim Landkreis Eichsfeld hat darauf hingewiesen, dass bei der Meldung der Gebiets-Nr. 35b ein falscher Standort angegeben wurde. Der korrekte Standort wurde der Stadt mitgeteilt und entsprechend abweichend von den Daten der TLUG im Flächennutzungsplan eingetragen. Eine Klärung des Sachverhaltes mit den Oberen Planungsträgern erfolgt seitens der UNB.
31 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Parkplatz existierte bereits vor der Ausweisung des FFH-Gebietes und ist gemäß des Bestandes dargestellt. Eine Erweiterung der Stellplatzanlage ist nicht vorgesehen.
3.1.5.4 Biotope Im Gemeindegebiet befinden sich zahlreiche Biotope unterschiedlicher Typen, die die Bedingungen des § 18 des ThürNatG erfüllen. Zur Erlangung des Schutzstatus ist keine förmliche Festlegung erforderlich; dieser ergibt sich allein aus dem Vorhandensein der schützenswerten Strukturen. Es sind alle Handlungen verboten, die zur Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung des Biotops führen können. Die Biotope werden nachrichtlich in den Flächennutzungsplan übernommen. Dargestellt werden alle derzeit aufgenommenen Biotope der Offenland- sowie Waldbiotopkartierung sowie Ergänzungen der Unteren Naturschutzbehörde. Die Darstellung ist jedoch nicht als abschließend zu betrachten, da gerade in privaten Gärten / Gartenanlagen im städti- schen Bereich noch nicht aufgenommene Biotope zu vermuten sind.
3.1.5.5 Wasserschutz
Wasserschutzgebiete Zur dauerhaften Sicherung der Versorgung mit Trinkwasser in hoher Qualität sind im Gemeindegebiet verschiedene Wasserschutzgebiete festgelegt bzw. ihre Festlegung geplant. Die Darstellungen wurden nachrichtlich nach den Angaben der Oberen Wasser- behörde übernommen. Entsprechend der Empfindlichkeit der Gebiete sind unterschiedliche Handlungen wie Stoffeinträge (z.B. Abwasser, Düngemittel oder durch Beweidung und Lagerung von Stof- fen) und Bodeneingriffe (z.B. Straßenbau, Bohrungen) nicht oder nur eingeschränkt zu- lässig. Bei möglichen Eingriffen sind entsprechende Verordnungen und Richtlinien zu beachten. Bauliche Anlagen (Gebäude, Wegebefestigungen u.ä.) sind in der Schutzzone III eingeschränkt bzw. nur mit Auflagen zulässig. Die Wasserschutzgebiete Heiligenstadts befinden sich zu etwa gleichen Teilen auf Wald und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Während die sich im Wald befindlichen Schutzbereiche weitestgehend vor Schadstoffeintrag gesichert sind, ist bei landwirtschaftlich genutzten Flächen insbesondere der Schadstoffeintrag durch Düngung (insbesondere Nitrat) problematisch, der bei intensiver Landwirtschaft das Rückhaltevermögen des Bodens übersteigen kann. Neben den bereits bestehenden Wasserschutzgebieten stellt der Flächennutzungsplan auch geplante Anlagen dar. In der Gemarkung Rengelrode, nördlich der Ortslage werden die geplanten Brunnenanlagen Hy Rengelrode 101/84 (Fassungs-Nr. 2.3) und Hy Ren- gelrode 102/84 (Fassungs-Nr. 2.4) mit ihren Schutzzonen II und III dargestellt. In die Gemarkungen Rengelrode und Heiligenstadt reicht die künftige Schutzzone des Brunnens Hy Uder 501/88 (Fassungs-Nr. 3.7). Die Abgrenzung wird entsprechend über- nommen. Die Schutzzonen I und II der Springmühlenquelle (Fassungs-Nr. 4626 / 4.1) sollen geän- dert und weitere Flächen im Wesentlichen westlich und südlich der Ortslage Kalteneber unter Schutz gestellt werden. Der Flächennutzungsplan stellt diese geänderte Abgren- zung dar. Entsprechend befindet sich das Sondergebiet Landwirtschaft im westlichen Bereich der Ortslage künftig in der Schutzzone II. Hieraus können sich entsprechende Restriktionen ergeben.
32 Bestandsaufnahme und Analyse
Überschwemmungsgebiet Im Gemeindegebiet befindet sich das Überschwemmungsgebiet der Leine. Dies wurde mit Rechtsverordnung zur Feststellung des Überschwemmungsgebietes der Leine im Eichsfeldkreis vom 19.07.2004 (ThürStAnz Nr. 34/2004, S. 2080) ausgewiesen. Die Ab- grenzung wurde nachrichtlich nach den Angaben der Oberen Wasserbehörde übernom- men. Überschwemmungsgebiete unterliegen u.a. nach §§ 81 und 82 ThürWG besonde- ren Schutzbestimmungen. Hiernach sind Veränderungen der Erdoberfläche nicht oder nur mit besonderer Genehmigung der Wasserbehörde zulässig. Somit bedarf z.B. die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach §34 BauGB der Genehmigung der Wasserbehörde. Entsprechend ist im Flächennutzungsplan die Darstellung von baulich zu nutzenden Entwicklungsflächen nicht möglich. Bei bestehenden Nutzungen die prinzi- piell in Konflikt mit dem festgestellten Überschwemmungsgebiet stehen, wird von einer durch die Fachbehörden genehmigten Nutzung ausgegangen, so dass eine entspre- chende Darstellung erfolgt. Mit der o.g. Rechtsverordnung ist gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 RVO festgeschrieben, dass innerhalb von drei Jahren nach In-Kraft-Treten die Umwandlung von Ackerflächen in auf Dauer ganzjährig begrünte Flächen zu erfolgen hat. Dies ist durch eine Umwandlung in Grünlandflächen möglich. Da dieser Sachverhalt durch die Rechtsverordnung festge- schrieben ist, wird eine spezifizierte Ausweisung im Flächennutzungsplan nicht für not- wendig erachtet. Die betroffenen Flächen werden weiterhin als Flächen für die Landwirt- schaft ohne Zeckbestimmung ausgewiesen.
3.1.6 Altablagerungen, Altlasten und –verdachtsflächen Im Flächennutzungsplan sollen die für bauliche Nutzungen vorgesehenen Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind, gekennzeichnet werden (§ 5 Abs. 3 Nr. 3 BauGB). Für die Stadt Heilbad Heiligenstadt existiert kein vollständiges Altlastenkataster, so dass hier auf die vorliegenden Recherchen11 zu Altstandorten und Ablagerungen zurückgegriffen werden muss und somit die Darstellung der Altlastenver- dachtsflächen nicht abschließend und vollständig erfolgen kann. Gutachten zu bestimm- ten Verdachtsflächen wurden lediglich für einzelne Flächen erstellt (z.B. ehemalige Tank- stelle Dingelstädter Straße, ehem. Kasernengelände). Die gesetzliche Kennzeichnungspflicht beschränkt sich für den Flächennutzungsplan auf für bauliche Nutzungen vorgesehene Flächen, bei denen nachgewiesen ist oder der be- gründete Verdacht besteht, dass erhebliche Bodenverunreinigungen vorliegen. Gleich- wohl muss sicher gestellt sein, dass durch die Darstellung kein Missstand geplant wird; d.h. der Konflikt zwischen Altlast und beabsichtigten baulichen Nutzungen muss im Rah- men der verbindlichen Bauleitplanung oder des Baugenehmigungsverfahrens ausge- räumt werden können. Im Geltungsbereich des Flächennutzungsplanes sind Betriebs- und Ablagerungsflächen bekannt, bei denen Kontaminationsverdacht besteht bzw. eine Kontamination nicht voll- ständig ausgeschlossen werden kann. Im Rahmen der Darstellung von Bauflächen und Grünflächen innerhalb der Siedlungsgebiete wurden alle bekannten Flächen anhand des vorhandenen Materials auf ihre mögliche Belastung hin überprüft. Aufgrund des vagen Verdachts bei der überwiegenden Mehrzahl der Flächen bzw. einer nicht genauer quanti- fizierten Belastung wurde auf eine zeichnerische Darstellung im Flächennutzungsplan verzichtet. Neuausweisungen von baulichen Nutzungen oder Freiflächennutzungen auf Flächen mit Altlastenverdacht werden nicht getroffen. Lediglich im Bereich des Gewerbe-
11 Altlastverdächtige Flächen gemäß Thüringer Altlastinformationssystem (THALIS), Stand November 2004
33 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
gebietes Süd-Ost ergibt sich durch die im Flächennutzungsplan dargestellte Wandlung von bestehenden Gewerbeflächen in ein Sondergebiet Handel (vgl. 5.2.4.3) ein eventuel- ler Konflikt mit einem Altstandort. (vgl. 7.3, THALIS-Nr. 1917) Bei einer Änderung der Flächennutzung ist eine Altlastenerkundung und –bewertung durchzuführen. Wesentliche Konflikte sind nicht zu erwarten, da sich die umwelttechnischen Anforderungen zwischen Gewerbegebietsflächen und Flächen für Sondergebiet Handel nur unwesentlich unter- scheiden. Die Verdachtsflächen werden im Anhang des Flächennutzungsplans aufgelistet, um bei konkreten Nachnutzungsvorhaben ggf. auf mögliche Konflikte hinzuweisen und diese im Rahmen einer verbindlichen Bauleitplanung ausräumen zu können. Bei allen baulichen Aktivitäten wie Erschließungs-, Abbruch- und Baumaßnahmen einschl. Umnutzung von Gebäuden bzw. Gebäudeteilen auf den als Altlastenverdächtige Flächen erfassten Flurstücken ist vor Beginn der Ausführung das Staatliche Umweltamt Sondershausen, Abteilung 3, Referat Bodenschutz, Altlasten einzubeziehen.
3.2 Bevölkerung und Soziales
3.2.1 Bevölkerungsentwicklung und –struktur Die Bevölkerungsentwicklung ist eine zentrale Planungsgrundlage für die Gemeinde. Sie setzt wesentliche Parameter der Siedlungsentwicklung, des Arbeitsmarktes, der gemeindlichen Infrastruktur etc. und bildet die Grundlage zur Bewertung der zukünftigen Flächenbedarfe der Gemeinde.
Bevölkerungsentwicklung 1995-2004 Die Kernstadt zählte am 31.12.2004 17.151 Einwohner. Dies entspricht, gemessen am Wert des Jahres 2003 (17.260, Stand 31.12.2003), einen Bevölkerungsrückgang um 109 Einwohner. Dieser relativ hohe Rückgang ist im Wesentlichen auf die aktuelle Sanierung einer größeren Zahl von Altenwohnungen und die damit verbundene temporäre Unter- bringung der Bewohner außerhalb der Stadt zurückzuführen und bedeutet keine generel- le Umkehrung des unten dargestellten positiven Trends. Zum 31.08.2005 waren in Heilbad Heiligenstadt 17.12712 Einwohner gemeldet. (Quelle: Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt) Auf Landkreisebene hingegen ist seit 1995 eine kontinuierliche Schrumpfung der Ge- samtbevölkerung um fast 6% zu verzeichnen. Dieser Wert entspricht in etwa dem des Freistaates Thüringen. Damit hat sich Heilbad Heiligenstadt spätestens seit 1999 deutlich von der negativen Bevölkerungsentwicklung des Eichsfeldkreises abkoppeln können, und entsprechend seinen Anteil an der Gesamtbevölkerung des Kreises gesteigert. Der Stadt ist damit eine weitgehende Stabilisierung ihrer Bevölkerungszahl gelungen. Wäre Heili- genstadt dem Trend des Landkreises (ca. –5,75%) gefolgt, hätte dies zu einer deutlichen Reduzierung um fast 1.000 Einwohner von 17.239 (1995) auf etwa 16.250 (2004) geführt.
12 Diese aktuelle Einwohnerzahl entspricht den Werten der örtlichen Meldebehörde. Die sonst aufgeführten Einwohnerzahlen basieren auf den Angaben des Thüringer Landesamt für Statistik. Hierbei ist zu bemerken, dass die beim Land geführten Werte im Rückblick auf die vergangenen 10 Jahre im Durchschnitt um rd. 50 Einwohner über den Werten der örtlichen Meldebehörde lagen. Insofern wird im Folgenden der Wert der ört- lichen Meldebehörde entsprechend auf 17.177 erhöht, um die Vergleichbarkeit der Zahlen herzustellen.
34 Bestandsaufnahme und Analyse
Land Thüringen Landkreis Eichsfeld Heilbad Heiligenstadt
104,00
102,00
100,00
98,00
96,00
94,00
92,00 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung Heilbad Heiligenstadt 1995 – 2004 im Vergleich (1995 = 100%); Quelle: Thür. LA für Statistik, eigene Darstellung
Die Stabilisierung der Bevölkerung ist in erster Linie auf den insgesamt positiven Wande- rungssaldo der vergangenen 10 Jahre zurückzuführen, der die negativen Salden der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, die auch auf Landes- und Kreisebene zu finden sind, weitgehend hat ausgleichen können. Der Trend der Wanderungsgewinne ist ein wichtiges Indiz für die positive Entwicklung in Heilbad Heiligenstadt. Während die Kom- mune ihre Bevölkerungszahl bezogen auf den Wert von 1995 um annähernd ein Prozent durch Wanderungsgewinne steigern konnte, sind sowohl auf Kreis- (rd. –4,2%) als auch auf Landesebene (rd. –2,0%) negative Wanderungssalden zu verzeichnen.
Lebend geborene Gestorbene
180 170 160 150 140 130 120 110 100 90 80 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Abb. 2: Natürliche Bevölkerungsentwicklung Heilbad Heiligenstadt 1995 – 2003; Quelle: Thür. LA für Statistik, eigene Darstellung
Bei näherer Betrachtung der Wanderungsverflechtungen ist bemerkenswert, dass, mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns, aus allen östlichen Bundesländern Wande- rungsgewinne zu verzeichnen sind. Besonders hoch sind die Wanderungsgewinne aus Thüringen. In der Summe sind zwischen 1995 und 2000 345 Personen nach Heilbad Heiligenstadt gezogen, wovon wiederum 292 aus dem Eichsfeldkreis kamen.
35 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Zuzüge Fortzüge
800 750 700 650 600 550 500 450 400 350 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Abb. 3: Wanderungssalden Heilbad Heiligenstadt 1995 – 2004; Quelle: Stadtverwaltung Heiligenstadt, eigene Darstellung
Auffällig ist, dass sich die Wanderungsgewinne der Stadt ausschließlich auf die Alters- klasse der 50-jährigen und älter beschränken. Hier spielen Rückkehrer aus den alten Bundesländern, die im Anschluss an die Erwerbsphase wieder in die angestammte Eichsfelder Heimat zurückkehren, eine Rolle. Bedeutend sind auch die Wanderungs- überschüsse aus den kleineren Gemeinden im Landkreis Eichsfeld. Gerade für ältere Menschen ist die infrastrukturelle Ausstattung des Kurortes Heilbad Heiligenstadt von Vorteil, so dass auch in Zukunft mit einem weiteren Anhalten und einer Verstärkung die- ses Trends zu rechnen ist.
Altersklasse Zuzüge Fortzüge Saldo unter 20 Jahre 1.419 1.497 -78 20 bis unter 40 Jahre 2.926 3.325 -399 40 bis unter 65 Jahre 1.023 832 191 65 bis unter 75 Jahre 297 109 188 75 und älter 360 175 185 Gesamtsummen 6.025 5.938 87
Tab. 1: Wanderungssalden nach Altersklassen 1995 – 2004; Quelle: Stadtverwaltung Heiligenstadt, eigene Darstellung
3.2.2 Wohnungsmarkt, Wohnungsversorgung13 Neben der Entwicklung der Bevölkerungszahlen spielt die aktuelle Wohnraumversor- gungssituation sowie die Bedarfe der Bevölkerung eine besondere Rolle bei der Voraus- schätzung der Wohnbauflächenentwicklung.
3.2.2.1 Gesamtsituation Kernstadt Heilbad Heiligenstadt gilt als besonders attraktiver Wohnstandort im Eichsfeld bzw. Thü- ringen. Insbesondere im Vergleich zum ländlichen Umfeld zeichnet sich Heilbad Heili- genstadt durch seine vorhandene Kreisstadt-Infrastruktur (Handel, Kultur, Bildung, Ver- waltung) positiv aus.
13 ebenda
36 Bestandsaufnahme und Analyse
Die Anzahl der Wohnungen belief sich zum Jahresende 2004 auf insgesamt 7.802 Wohneinheiten, ein Anstieg von insgesamt rd. 12% gegenüber 1995. Dies ist durch die Ausweisung von relativ günstigem und attraktivem Bauland zu begründen.
1995 2000 2004 Bevölkerung 17.239 17.291 17.151 Wohnungsbestand 6.937 7.708 7.802 Leerstand 227 878 ca. 880 Wohnfläche in m² 518.300 587.200 k. A. durchschnittliche Wohnungsgröße in m² 73,4 76,18 k. A. Haushaltsgröße k. A. 2,64 k. A. Anzahl der Haushalte k. A. 6.631 k. A. Wohnfläche in m² je EW 30,07 33,96 k. A. Tab. 2: Kerndaten des Wohnungsmarktes 1995 / 2000 / 2004; Quelle: Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt, Wohnungsbedarfsprognose Heilbad Heiligenstadt, InWIS Forschung & Beratung GmbH, Bochum 2002, eigene Darstellung
Etwa ein Drittel der Wohnungen (2.430 WE) der Stadt befinden sich in den beiden Groß- wohnsiedlungen Auf den Liethen und Auf der Rinne. Diese sind fast ausschließlich im Eigentum der lokalen Großvermieter Kommunale Wohnungsgesellschaft Obereichsfeld mbH und Wohnungsgenossenschaft Heiligenstadt e.G. In den Großwohnsiedlungen ist auch der größte Anteil des Wohnungsleerstandes Heilbad Heiligenstadts (insgesamt rd. 880 Wohneinheiten) zu verzeichnen.
Mietwohnungsmarkt Der Mietwohnungsmarkt in Heilbad Heiligenstadt ist durch ein Defizit an nachfragege- rechten Wohnungen gekennzeichnet. Die Nachfrage, auch aus dem Umland, konzentriert sich auf qualitativ hochwertigen und gut modernisierten Wohnraum in attraktiven Lagen zu angemessenen Mieten. Der Großteil des Wohnungsleerstandes besteht aus Wohnun- gen, die teilweise noch unsaniert oder lediglich teilsaniert sind und / oder sich in den mitt- leren (Auf der Rinne) bis einfachen (Liethen II) Lagen befinden. Die Wohnraumnachfrage rekrutiert sich aus folgenden Gruppen: Haushaltsneugründer zwischen 18-25 Jahren aus Heilbad Heiligenstadt oder dem Umland. Personen mit Wunsch nach Ortswechsel (Umland – Heilbad Heiligenstadt). Familien, die den Wunsch haben aus den Großwohnsiedlungen in andere Quartiere umzuziehen. Ehemalige Eichsfelder, die in der alten Heimat ihren Lebensabend verbringen möch- ten.
Zur Bindung dieser Nachfragepotentiale wurden von den Großvermietern zielgruppen- spezifische Wohnangebote wie z.B. „Junges Wohnen“ geschaffen, die bisher eine positi- ve Entwicklung aufzeigen und zudem zusätzliche Nachfrage induzieren können. Auch der Bau von altengerechten Wohnungen in verschiedenen Wohnmodellen wird gut ange- nommen und rege nachgefragt. Bis Ende 2004 hat die Kommunale Wohnungsgesellschaft Obereichsfeld mbH insgesamt 84 Wohneinheiten im Wohngebiet Liethen zurückgebaut, ein Abriss durch die Woh- nungsgenossenschaft ist bisher nicht erfolgt.
37 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Eigenheimmarkt Der Eigenheimmarkt ist in Heilbad Heiligenstadt ähnlich strukturiert wie in anderen ländli- chen Räumen. Die Nachfrage bezieht sich im Wesentlichen auf freistehende Einfamilien- häuser, da die Eichsfelder ihre eigenen „vier Wände“ mit Garten anstreben. Entspre- chend ist das Interesse an Doppel- und Reihenhauseigenheimen oder auch Eigentums- wohnungen relativ gering. Insgesamt sind derzeit zwischen 20 und 30 Eigentumswoh- nungen auf dem freien Markt im Angebot. Bei den nachgefragten sog. Second-Hand Einfamilienhäusern besteht kein Angebot. Mit der konsequenten Ausweisung von Wohn- bauflächen im Einfamilienhaussegment hat die Stadt Heilbad Heiligenstadt dieses Nach- fragesegment gut bedienen und einige Familien an die Stadt binden können. Auf den klassischen Eigenheimmarkt entfällt ein Großteil der Nachfrage auf Familien mit ein oder zwei Kindern (meist Doppelverdienerhaushalte) und auf die jungen Alten zwi- schen 60 und 65 Jahren. Die Nachfrage konzentriert sich auf Objekte mit Kaufpreisen zwischen 175.000 und 200.000 Euro. Jenseits der „Schallgrenze“ von 200.000 Euro flacht die Nachfrage enorm ab.
3.2.2.2 Gesamtsituation Ortsteile
Flinsberg Der Ortsteil Flinsberg ist mit 173 (Stand 31.12.2004) Einwohnern die kleinste Gemeinde im Stadtgebiet und verfügt über eine sehr konstante Bevölkerungsentwicklung. Dies be- legen beispielhaft die Zahlen der Jahre 1991 (170 Einwohner) und 1995 (171 Einwoh- ner). Nach Aussagen der Ortsbürgermeisterin ist vor Ort ausschließlich privater und von den Eigentümern genutzter Wohnraum vorhanden. Eine Nachfrage nach freiem Wohnraum in Flinsberg besteht nicht.
Kalteneber Im Dorf Kalteneber sind 387 Personen (Stand 31.12.2004) ansässig. Die Bevölkerungs- entwicklung der letzten Jahre verläuft sehr konstant. Zum Vergleich, 1995 hatte die Ort- schaft 388 Einwohner und im Jahr 2000 392 Einwohner. Die Zu- und Abgänge waren nach Angaben des Ortsbürgermeisters vorwiegend in den Mietwohnungen zu verzeich- nen. In der Ortschaft befinden sich insgesamt 13 Mietwohnungseinheiten, wovon 11 durch die Kommunale Wohnungsgesellschaft Obereichsfeld mbH verwaltet werden. Mit sechs Wohneinheiten steht fast die Hälfte des Mietwohnungsbestandes in Kalteneber leer.
Rengelrode Der Ortsteil Rengelrode zählte am 31.12.2004 373 Einwohner. Nach Angaben des örtli- chen Bürgermeisters sind in der Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre nur unwe- sentliche Veränderungen feststellbar. Am örtlichen Wohnungsmarkt befinden sich lediglich 10 Mietwohneinheiten.
Günterode Günterode ist mit 537 Einwohnern (Stand 31.12.2004) der größte Ortsteil im Gemeinde- gebiet. In den 1990er Jahren hatte der Ortsteil stärkere Bevölkerungszuwächse (540 Einwohner in 1990, 586 Einwohner in 1996) zu verzeichnen, die auf kleinere Ausweisun- gen von Neubaubereichen zurückzuführen sind. Die Bevölkerungsentwicklung ist seit einigen Jahren jedoch wieder rückläufig. In Günterode befinden sich insgesamt 16 Mietwohnungseinheiten der Kommunalen Wohnungsgesellschaft Obereichsfeld mbH.
38 Bestandsaufnahme und Analyse
3.2.3 Soziale Infrastruktur, kulturelle Einrichtungen14 Der Darstellung der sozialen und kulturellen Infrastruktur kommt im Rahmen der Flä- chennutzungsplanung insbesondere unter der Zielsetzung der sozial und ökologisch aus- gewogenen Entwicklung eine hohe Bedeutung zu. Neue Wohn- und Arbeitsstätten sollten nach Möglichkeit in fußläufiger Erreichbarkeit bestehender Infrastruktureinrichtungen angesiedelt werden, um notwendige Wege zu verkürzen und so nicht nur ökologische Effekte zu erzielen, sondern vor allem auch die Nutzung der Einrichtungen durch möglichst breite Schichten der Bevölkerung zu ermöglichen, also auch durch Menschen, denen kein Auto zur Verfügung steht. 3.2.3.1 Öffentliche Einrichtungen / Behörden Die Funktion Heilbad Heiligenstadts als Kreisstadt des Landkreises Eichsfeld hat zur Folge, dass sich neben den ortsüblichen Einrichtungen der kommunalen Verwaltung zahlreiche Landkreisbehörden im Stadtgebiet befinden. Heilbad Heiligenstadt ist Haupt- standort der Landkreisverwaltung, darüber hinaus sind lediglich in Leinefelde und Worbis noch Verwaltungseinheiten zu finden. Die landkreiseigenen Einrichtungen sind auf 5 Standorte im Stadtgebiet verteilt. Einen Großteil der Ämter findet der Bürger in zentraler Lage nahe bzw. innerhalb der Altstadt. Nach Übernahme der Betreuung der Arbeitslo- sengeld II-Empfänger ab 01.01.2005 durch den Landkreis wurde das neue Grundsiche- rungsamt am Standort Leinegasse eingerichtet. Die Agentur für Arbeit wurde zu diesem Zeitpunkt nach Leinefelde verlegt. In der Altstadt befindet sich weiterhin das Amtsgericht für den Altkreis Heiligenstadt. Es ist beabsichtigt, das Amtsgericht Worbis nach Heiligenstadt zu verlegen. 3.2.3.2 Schulen / Bildungseinrichtungen Ähnlich wie im Bereich Handel und Dienstleistung fungiert Heilbad Heiligenstadt auch im Bildungsbereich als zentraler Versorgungsstandort für den Landkreis. Das Angebot an staatlichen Bildungseinrichtungen wird ergänzt durch kirchliche Institutionen. Neben den 3 Grundschulen und 3 Regelschulen sowie den 2 Gymnasien, die insgesamt auf fünf Standorte im Stadtgebiet verteilt sind, befinden sich in Heiligenstadt auch zahlreiche Be- rufsbildungs-, Fortbildungs- und Sonderbildungseinrichtungen. Es handelt sich dabei unter anderem um das Berufsbildungszentrum für Heilberufe sowie die Katholische Fachschule für Sozialpädagogik. Weiterhin befindet sich in Heiligenstadt die Außenstelle der Kreismusikschule sowie der Hauptsitz der Kreisvolkshochschule. 3.2.3.3 Versorgungseinrichtungen Der Bedarf an Kinderbetreuung wird durch 7 vorhandene Kindertagesstätten, von den sich zwei in kommunaler Trägerschaft befinden, gedeckt. Auch zukünftig kann, laut Fort- schreibung des Bedarfsplans für Kinder- und Tagespflege aus dem Jahr 2000, der Bedarf an Betreuungsplätzen durch die vorhandenen Einrichtungen befriedigt werden. Auch die Betreuung alter und behinderter Menschen ist gut abgedeckt. Es gibt verschie- dene Angebote, insbesondere der katholischen und evangelischen Kirchen. Neben 3 Senioren- und Pflegeheimen kann die Bevölkerung außerdem auf ca. 8 weitere soziale und gemeinnützige Einrichtungen zurückgreifen. Darunter 2 Pflegeeinrichtungen für Be- hinderte sowie Jugendeinrichtungen und Seniorenzentren. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung wird durch insgesamt ca. 70 Ärzte aus den unterschiedlichsten Bereichen sowie dem zentralen Kreiskrankenhaus St. Vincenz (Eichsfeldklinikum) und der Kurparkklinik gesichert.
14 vgl. Beitrag der Stadt Heilbad Heiligenstadt zum Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost, Teil 1 – Gesamtkon- zept, Heiligenstadt u. Kassel 2002
39 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Die Versorgungseinrichtungen werden zukünftig durch seit kurzem bestehende oder sich in der Realisierung befindliche Einrichtungen mit Angeboten des „Betreuten Wohnens“ ergänzt. 3.2.3.4 Kulturelle Einrichtungen Die Rolle Heiligenstadts als kulturelles Zentrum des Eichsfeldes begründet sich nicht allein durch das Vorhandensein des Eichsfelder Kulturhauses, in dem regelmäßig Thea- ter- und Musikstücke aufgeführt und Sonderausstellungen durchgeführt werden, sondern auch durch die beiden städtischen Museen, die Stadtbibliothek und zahlreiche Sehens- würdigkeiten in der Altstadt. Gestärkt wird diese Rolle durch die jährlich stattfindenden Veranstaltungen insbesondere in den Sommermonaten (z. B. Stormtage, Konzert im Barockgarten, wöchentliche Kurparkkonzerte), die sowohl zahlreiche Kurgäste als auch die Bevölkerung aus Stadt und Umland anziehen. Der Umbau des ehemaligen Hallenbades in der Nähe des Kulturhauses zu einem Bür- ger- und Gemeindehaus, sowie die Einrichtung eines Veranstaltungssaales im Alten Rat- haus, wurden seit 2001 realisiert. Zudem betreibt ein örtlicher Verein das Vorhaben, ein Eisenbahnmuseum auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes und der zugehöri- gen Gleisanlagen einzurichten. Der Verein ist Pächter dieser Anlagen. Dieses Vorhaben kollidiert jedoch mit Vorstellungen zur geplanten Verlagerung der Dingelstädter Straße auf die Bahntrasse. (vgl. 5.2.3.5) 3.2.3.5 Sport- und Freizeiteinrichtungen Die Sport- und Freizeiteinrichtungen sind grob in zwei Kategorien einzuteilen: kommer- zielle Einrichtungen und Sportanlagen, die den jeweiligen Schulstandorten bzw. Vereinen zugeordnet sind und eine Nutzung nur im Zusammenhang mit einer Vereinszugehörigkeit ermöglichen. An öffentlichen Sport- und Freizeiteinrichtungen sind die Skater-Bahn im Wohngebiet „Auf den Liethen“ und einige Bolzplätze zu nennen. Zukünftig soll das Ange- bot durch öffentlich zugängliche Sportanlagen im Nordosten des Stadtgebietes (nahe Vital-Park) ergänzt werden. Vorgesehen sind an diesem Standort ein neues Sportstadion sowie ein Golfplatz. Die Planungen werden im Kapitel 5.4.3 näher erläutert. Im kommerziellen Bereich ist vor allem der Vital-Park mit Sauna, Thermalbad, Fitness- Bereich und Bowlingbahn zu nennen, der durch einen Hotelneubau, Baubeginn Ende 2005, ergänzt werden soll. Diese Angebote sollen zukünftig erweitert werden, wofür be- reits verbindliches Planungsrecht in Form eines Bebauungsplans besteht. Möglich wäre hier beispielsweise die Realisierung einer Tennishallenanlage o.ä. Darüber hinaus befin- den sich weitere Sport- und Fitnesseinrichtungen sowie eine weitere Bowlingbahn im Stadtgebiet.
Kindergarten Kinderheim Grundschule Regelschule Gymnasien sonst. Schulen & Bildungseinrichtung Jugendzimmer öffentl. Spielplatz Sportstätte Sporthalle Schwimmhalle / Freibad Bürgerhaus / Dorf- gemeinschaftshaus Kirche / Kapelle Kirchliche Veran- staltungsräume Museum / Ausstel- lungsraum Heilbad Heiligenstadt 6 1 3 3 2 7 4 37 16 7 2 1 6 5 2 Flinsberg 1 1 1 1 1 Günterode 1 1 1 1 1 1 1 1 Kalteneber 1 1 1 1 1 Rengelrode 1 1 1 1 1 Tab. 3: Soziale und kulturelle Einrichtungen; Quelle: Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt, eigene Darstellung
40 Bestandsaufnahme und Analyse
3.3 Wirtschaft
3.3.1 Allgemeine Entwicklung nach 1989 Die Wirtschaftsstruktur Heilbad Heiligenstadts war bis 1989 geprägt durch zahlreiche Großbetriebe des produzierenden Gewerbes (z.B. VEB Kombinat Solidor, VEB Eichsfel- der Bekleidungswerke, VEB Papierfabrik, VEB Strumpfwarenfabrik), die insgesamt etwa 7.500 Mitarbeiter beschäftigten. Ein Großteil der Betriebe des produzierenden Gewerbes fiel nach der politischen Wende dem wirtschaftlichen Strukturwandel zum Opfer. Durch Umstrukturierungsmaßnahmen, initiiert durch Kommunalverwaltung und Treuhandgesell- schaft, konnte der Betrieb einiger Unternehmen fortgeführt und die Mitarbeiter teilweise weiterbeschäftigt werden. Daneben verfügen die Ortsteile auch heute noch über wirt- schaftlich arbeitende Landwirtschaftsbetriebe. Die Stadtpolitik reagierte auf die negative Wirtschaftsentwicklung mit dem Kauf von Bau- land und Ausweisung von Gewerbegebieten, um Voraussetzungen für die Neuansiedlung von Gewerbebetrieben zu schaffen. Ein Ziel der Gewerbeentwicklung Heilbad Heili- genstadts war und ist, störendes Gewerbe aus dem Innenstadtbereich in die Gewerbe- gebiete an die Ortsränder zu verlagern, um für Handel und Kurwesen Platz zu schaffen und die Attraktivität des Stadtzentrums zu stärken. Insgesamt wurden nach 1989 ca. 50 ha Gewerbeflächen neu ausgewiesen; der Bestand beträgt heute 93,2 ha. Die Stadt Heilbad Heiligenstadt konnte in den letzten Jahren im Gegensatz zu vielen anderen ostdeutschen Kommunen eine positive wirtschaftliche Entwicklung aufweisen. Im Landkreis Eichsfeld hat Heilbad Heiligenstadt in der jüngsten Vergangenheit die meis- ten Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert. 3.3.2 Beschäftigungsstruktur Im Jahr 2004 verfügte Heiligenstadt über 6.904 Arbeitsplätze (2003: 6.781) für sozialver- sicherungspflichtig beschäftigte Personen. Damit konnte die Stadt nach langer Zeit wie- der eine Zunahme an Arbeitsplätzen verzeichnen. 1997 lag die Zahl mit 7.434 Arbeitsplätzen noch deutlich höher. Bis zum Jahr 2001 (7.371) verlief der Rückgang mit einem durchschnittlichen Verlust von 26 Arbeitplät- zen/Jahr sehr gemäßigt. Zwischen 1998 und 1999 konnte sogar einen Zuwachs von 15 Arbeitsplätzen verzeichnet werden. Der stärkste Einbruch kam im Jahr 2002 mit einem Minus von 477 Arbeitsplätzen auf 6.894. Im Jahr 2003 ging die Zahl der Arbeitsplätze um weitere 113 zurück. Beim Vergleich der Daten der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen nach Wirtschaftsgruppen zeigt sich, dass vor allem das Verarbeitende Gewerbe und der Dienstleistungsbereich (Schwerpunkt Kur- und Tourismussektor) die Wirtschaftsstruktur Heiligenstadts bestimmen. Klein- und mittelständische Industrieunternehmen aus den Branchen Automobilzulieferindustrie und Oberflächenveredelung sind für den Wirt- schaftsstandort Heiligenstadt von besonderer Bedeutung. Im Bereich der Kur sind ca. 240 Personen beschäftigt. Im Verarbeitenden Gewerbe gibt es seit dem Jahr 1996 einen relativ gleichmäßigen An- stieg von 3.485 auf 3.685 Beschäftigte (1999) zu verzeichnen. Das Wachstum der Be- schäftigtenzahlen liegt mit knapp 6 Prozent lediglich leicht vor der Beschäftigtenentwick- lung in den Dienstleistungsberufen (1996: 3.269 Beschäftigte; 1999: 3.429 Beschäftigte), die in demselben Zeitraum eine Steigerung von knapp 5% aufweisen. Die positive Entwicklung der Beschäftigtenzahlen im Verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor spiegelt sich in der speziellen Nachfrage nach Gewerbeflächen in Heiligenstadt wieder. Die Wirtschaftsförderung Heiligenstadt sieht die Ursachen dieser
41 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
vergleichsweise positiven gewerblichen Entwicklung zum einen in der „Überschaubarkeit“ der Stadt15 und ihrer verkehrsgünstigen Lage, insbesondere nach der Fertigstellung der A 38 Ende 2006. Zum anderen ist die zentrale Lage mitten in Deutschland ein weiterer Gunstfaktor, der die Ansiedlung zusätzlicher Unternehmen aus den Branchen Verarbeitendes Gewerbe und Handel befördert. Die Anzahl der im Handel tätigen Beschäftigten ist nahezu konstant geblieben, obgleich der Wert von 1999 (1.188 Beschäftigte) etwas unter dem 1996er-Wert (1.194 Beschäftig- te) liegt. Einen besonders ausgeprägten rückläufigen Trend weist neben dem Energie- und Bergbausektor noch das Baugewerbe (seit 1996 rückläufig von 1.937 auf 1.762 Be- schäftigte 1999) auf. Insgesamt sind die Möglichkeiten für die weitere Entwicklung der Beschäftigung tenden- ziell positiv einzuschätzen. Mit den noch verfügbaren und geplanten Gewerbeflächen sind die Voraussetzungen für weitere Ansiedlungen und eine Ausweitung der Beschäfti- gung gegeben.
3.3.2.1 Pendlerverflechtungen Im Jahr 2004 arbeiteten 3.215 der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer nicht in Heilbad Heiligenstadt. Die wichtigsten Zielorte der Auspendler sind das Eichsfeld, die Stadt Göttingen sowie der Werra-Meißner-Kreis. Die Zahl der Einpendler übertrifft mit 4.056 Arbeitnehmern im Jahr 2004 die der Auspendler, so dass ein positiver Pendlersal- do besteht. Die vorwiegenden Quellgebiete für Einpendler sind das Eichsfeld, der Unstrut-Hainich-Kreis sowie die Stadt Göttingen.
3.3.2.2 Arbeitslosigkeit Die Arbeitslosenquote Heilbad Heiligenstadts verläuft in ihrer Entwicklung weitestgehend analog zu den Trends auf Ebene des Landes Thüringen sowie des Eichsfeldkreises. Je- doch lag die Quote hierbei in den vergangenen gut 10 Jahren immer etwa 2-3% niedriger als die Landes- und Kreiswerte. In dieser Zeit näherte man sich eher den westlich an- grenzenden Landkreisen Werra-Meißner (2000: 13,5%) und Göttingen (1999: 11,5). Während die Quote zwischen 1998 und 2002 bei durchschnittlich 13,5% relativ konstant blieb, sind seit 2003 wieder ein stärkerer Anstieg und eine Annäherung an den Wert des Landkreises zu verzeichnen. Im Dezember 2004 lag die Arbeitslosenquote Heilbad Heili- genstadts bei 15,8%. Damit liegt die Stadt aber weiterhin unterhalb der Durchschnittswer- te vergleichbarer Kommunen (Leinefelde 18,2%) sowie des Eichsfeldkreises (16,1%) und des Landes Thüringen (18,5%), jedoch 5% über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 10,8%. In der Stadt Heilbad Heiligenstadt fehlen im Hinblick auf die qualitative Ausprägung der Arbeitsplätze besonders im Bereich Forschung und Entwicklung Kapazitäten. Abgesehen von diesem Defizit ist von einer relativen Durchmischung des Arbeitsmarkts mit unter- schiedlichen Branchen auszugehen. Die in den - vom Strukturwandel der Nachwendezeit - besonders betroffenen Branchen (wie beispielsweise in der Metallverarbeitung, hier gab es Betriebsaufgaben) arbeitslos gewordenen Personen konnten dank zahlreicher Unter- nehmensneugründungen relativ rasch wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Durch die Anbindung Heilbad Heiligenstadts an das Bundesautobahnnetz, die Auswei- sung des neuen Gewerbegebietes an der A 38, unter Ausnutzung der vorhandenen Po- tentiale im Gewerbe- und Dienstleistungsbereich sowie des Kurbetriebes wird eine weite- re Verbesserung der Beschäftigtensituation erwartet.
15 diese wird von potentiellen Investoren zumeist positiv gewertet (kurze Wege z. B. zu Behörden)
42 Bestandsaufnahme und Analyse
Heilbad Heiligenstadt Leinefelde Landkreis Eichsfeld Land Thüringen
22
20
18
16
14
12
10 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Abb. 4: Arbeitslosenquote Heilbad Heiligenstadt 1995 – 2004 im Vergleich; Quelle: Thür. LA für Statistik, eigene Darstellung
3.3.3 Wirtschaftliche Entwicklung Die Betrachtung der wirtschaftlichen Entwicklung Heilbad Heiligenstadts erfolgt auf Basis des vorhandenen statistischen Datenmaterials anhand der Indikatoren Kaufkraftentwick- lung sowie der kommunalen Finanzsituation (Steuereinnahmen und Schuldenentwick- lung).
3.3.3.1 Kaufkraftentwicklung Die durchschnittliche Kaufkraft16 lag im Jahr 2003 bei 1.843 € je Bürger. Dieser Wert wird als Index zugrunde gelegt. Im Vergleich lag die durchschnittliche Kaufkraft in Heiligen- stadt mit 1.574€ bei 85,4 %. Damit liegt Heiligenstadt oberhalb der Durchschnittswerte des Landkreises Eichsfeld (1.544 € = 83,8 %) sowie des Landes Thüringen (1.498 % = 81,3 %). Thüringenweit rangiert Heiligenstadt damit an 5. Stelle und weist eine ver- gleichsweise hohe Kaufkraft auf.
3.3.3.2 Finanzausstattung der Kommune Der Haushalt der Stadt Heilbad Heiligenstadt entwickelt sich im Wesentlichen kontinuier- lich. Stärkeren Schwankungen ist der Vermögenshaushalt unterworfen. Das ergibt sich unter anderem schon aus dem Nachweis der Umschuldungen im Vermögenshaushalt. Zu Beginn der Neunziger Jahre wurde eine größere Anzahl an Krediten aufgenommen, die jetzt verstärkt zur Umschuldung anstehen. Im Jahr 2002 wurde letztmalig ein kleinerer Kredit aufgenommen. Für die Investitionstätigkeit wird stets versucht, die bestehenden Fördermöglichkeiten auszuschöpfen. Im Jahr 2004 wurden annähernd 2,7 Mio. Euro an Zuschüssen für Investitionen im Haushalt vereinnahmt.
Steuereinnahmen Im Jahr 2005 werden insgesamt fast 4,1 Mio. Euro Grund- und Gewerbesteuern erwartet. Dies entspricht pro Kopf einer Einnahme von 238 Euro. Die Stadt Heilbad Heiligenstadt lag im Jahr 2005 mit fast 300 € je Einwohner um etwa 8,4 % über der durchschnittlichen Steuerkraftmesszahl des Landes Thüringen.
16 bezogen auf die Sparte Nahrungs- und Genussmittel, die im Jahr 2003 etwa 35 % der Gesamtkaufkraft betrug
43 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Planung Im Jahr 2006 wird mit einer Stagnation der Entwicklung gerechnet. Das Gesamtvolumen des Haushaltes wurde auf 21,5 Mio. Euro festgesetzt. Grundlage der Planung der Ein- nahmen war die vorliegende Steuerschätzung und die Berechnung der zu erwartenden eigenen Einnahmen sowie der zweckgebundenen Einnahmen. Seitens des Landes wird von einem weitergehenden Rückgang der Steuereinnahmen ausgegangen. Im Bereich der eigenen Steuereinnahmen wird im Jahr 2006 nicht mit einem Rückgang der Gewerbesteuer gegenüber dem sehr guten Ergebnis von 2004 und 2005 gerechnet. Für das Haushaltsjahr 2006 werden die Steuereinnahmen in gleicher Höhe wie in den Vorjahren prognostiziert.
Verwaltungshaushalt Vermögenshaushalt Gesamthaushalt Schuldenstand 32.500.000 € 30.000.000 € 27.500.000 € 25.000.000 € 22.500.000 € 20.000.000 € 17.500.000 € 15.000.000 € 12.500.000 € 10.000.000 € 7.500.000 € 5.000.000 € 2.500.000 € 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Abb. 5: Entwicklung der Finanzausstattung Heilbad Heiligenstadt 1995-2005; Quelle: Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt
Schuldenstand Der Schuldenstand ist seit dem Jahr 2000 rückläufig. Betrug die Pro-Kopf-Verschuldung im Jahr 1999 noch 1.587 Euro, so wurde im Jahr 2002 noch 1.518 Euro pro Kopf der Bevölkerung ausgewiesen. Damit liegt Heilbad Heiligenstadt zwar über dem Landes- durchschnitt, im Gegensatz zur negativen Tendenz der allgemeinen Verschuldung im Freistaat Thüringen weist die Entwicklung in Heilbad Heiligenstadt jedoch eine sinkende Tendenz auf.
Heiligenstadt Landkreis Eichsfeld Land Thüringen 1.700,00 €
1.600,00 €
1.500,00 €
1.400,00 €
1.300,00 €
1.200,00 €
1.100,00 €
1.000,00 €
900,00 € 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Abb. 6: Entwicklung der Pro Kopf-Verschuldung Heilbad Heiligenstadt im Vergleich 1996 – 2004; Quelle: Thür. LA für Statistik, eigene Darstellung
Der Schuldenstand hat sich im Jahr 2004 auf 24,8 Mio. Euro reduziert und betrug Ende 2005 23,9 Mio. Euro. Die Pro-Kopf-Verschuldung sank folglich auf 1.386 Euro.
44 Bestandsaufnahme und Analyse
3.3.4 Kur- und Tourismus Heilbad Heiligenstadt gehört zu den beliebtesten Kurorten in Thüringen. Der Kurbereich ist ein wichtiges Standbein des Wirtschaftsstandortes Heilbad Heiligenstadt und der Re- gion. Dies zeigt sich an der Anzahl der Beschäftigten in diesem Sektor und den zahlrei- chen, das Stadtbild prägenden Kureinrichtungen. Wesentlicher Bestandteil des Kurwesens ist der Klinikbereich, der trotz eines leichten Rückgangs mit gut 75.000 Übernachtungen im Jahr 2004 sehr gut ausgelastet ist. Neben dem stationären Kurbereich hat sich in den letzten Jahren auch der „Gesundheitsurlaub“, also Hotelurlaub mit Nutzung der örtlichen Kureinrichtungen, etabliert. Dies hat sich posi- tiv auf die Auslastung der örtlichen Beherbergungsbetriebe (Gesamtkapazität etwa 400 Betten) ausgewirkt. Die Übernachtungszahlen stiegen zwischen 1994 und 2002 um gut 100% auf über 126.000. Die Beliebtheit der Stadt führte zu Engpässen bei den Übernachtungsangeboten. In den Jahren 2003 und 2004 war ein Rückgang auf rd. 124.000 bzw. 119.000 Übernachtungen zu verzeichnen, die jedoch zum Großteil aus dem o.g. Rückgang im Klinikbereich resultieren. Für die Kurgäste und Gesundheitsurlauber stehen u.a. folgende Angebote zur Verfügung: „Klassische“ Kuren bei Herz- und Kreislauferkrankungen, Orthopädie, Atemwegser- krankungen oder psychosomatischen Störungen. Pauschalangebote, wie Gesundheitskurse, ambulante Badekuren und Urlaubspau- schalen; ergänzende Leistungen, wie Gymnastik, Massagen, Rückenschule und Ent- spannungsbäder.
Neben Kurwesen und Gesundheitstourismus spielt auch der Wander- und Radwander- tourismus zunehmend eine Rolle. Hierbei profitiert Heilbad Heiligenstadt einerseits von seiner sehenswerten historischen Altstadt. Andererseits profitiert die Stadt von einer at- traktiven naturräumlichen Umgebung mit dem gut ausgebauten Wanderwegenetz. In der topographisch bewegten Landschaft ergeben sich zahlreiche interessante Aussichts- punkte, die dem Besucher vielfältige Eindrücke der Stadt und des Eichsfeldes eröffnen. Im weiteren Umfeld der Stadt (Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal) finden sich zusätzli- che Anziehungspunkte, wie beispielsweise der Ortsteil Flinsberg, geographischer Mittel- punkt Deutschlands, die Burgruine Hanstein, die Burg Gleichenstein (Greifvogelschau), die Grenzmuseen in Asbach-Sickenberg und Teistungen und die Stockmacher- Manufaktur in Lindewerra. Eine Besonderheit im Tourismusbereich sind die Angebote für geistig sowie körperlich behinderte Menschen, die hier ausgesprochen gute Bedingungen vorfinden. So ist nicht nur ein Großteil der Stadt baulich barrierefrei gestaltet (abgesenkte Bordsteine etc.), son- dern es gibt spezielle Wanderwege, die auch für Rollstuhlfahrer nutzbar sind. Das Gast- geberverzeichnis weist behindertenfreundliche Unterkünfte gesondert aus und es wird ein spezifischer Betreuungsservice angeboten. Die unter Denkmalschutz stehenden Anlagen des ehem. Güterbahnhofes, heute Eisen- bahnmuseum mit Parkbahn, sollen erhalten und im Sinne der Tourismusentwicklung der Stadt gefördert werden. Die Fahrstrecke südlich des Knotenpunktes Dingelstädter Straße soll erhalten bleiben und perspektivisch ausgebaut werden. Der nördliche Bereich soll als Fläche zugunsten der Straßenplanung (L 1005n) des Straßenbauamtes Nordthüringen dargestellt und gesichert werden, da sie im Sinne einer gesamtstadtverträglichen Ver- kehrsentwicklung hohe Bedeutung hat. Bei einer Realisierung dieses Vorhabens, was eher gegen Ende der Geltungsdauer des Flächennutzungsplanes zu erwarten ist, ist die Fläche bedarfsorientiert zu entwidmen. Gegebenenfalls sind geringfügige Anpassungen
45 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
an den Gleisanlagen im Bereich des Bahnhofes sowie des Knotenpunktes erforderlich. Diese sind im Rahmen einer verbindlichen Bauleitplanung zu spezifizieren.
3.3.5 Landwirtschaft In Heiligenstadt sind Flächen mit einer Gesamtgröße von etwa 3.000 ha für landwirt- schaftliche Zwecke ausgewiesen. Hiervon sind etwa 87% beim Landwirtschaftsamt Lei- nefelde zur Nutzung registriert. Diese werden größtenteils von den gut 30 Betrieben be- wirtschaftet, die ihren Betriebssitz im Plangebiet haben. Nur etwa 6% werden von in Nachbargemeinden ansässigen Betrieben bewirtschaftet. Im Plangebiet befinden sich drei größere Stallanlagen zur Rinderhaltung (Günterode, Kalteneber und Flinsberg), sowie eine Anlage zur Haltung von Schweinen in Günterode. Teils werden von den im Plangebiet ansässigen Landwirten auch Anlagen in Nachbar- gemeinden betrieben.
3.3.6 Technische Infrastruktur Eine Bestandsaufnahme der technischen Infrastruktur im Rahmen der Flächennutzungs- planung ist aus zwei Gründen erforderlich: Zum einen gehen von technischen Infrastruktureinrichtungen Emissionen aus und ent- sprechend müssen Schutzabstände eingehalten werden wie z.B. von Kläranlagen oder Hochspannungsfreileitungen. Zum anderen macht die Kostenintensität der technischen Infrastruktur eine Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf die Bereiche erforderlich, die mit vorhandenen Infrastruktureinrichtungen (Ver- und Entsorgungsanlagen) bzw. mit sol- chen, die mit Investitionen im üblichen Rahmen zu errichten sind, zusätzliche Wohnun- gen bzw. Arbeitsstätten aufnehmen können.
3.3.6.1 Elektrizitätsfreileitungen Im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans verlaufen verschiedene Elektrizitätsfreilei- tungen, von denen unterschiedliche Beeinträchtigungen für die Bevölkerung ausgehen können. Ausgehend vom Umspannwerk im Gewerbegebiet an der B 80 verläuft die Hochspannungsfreileitung (110 kV) Heiligenstadt-Nordhausen in östlicher Richtung. Daneben gibt es noch verschiedene Mittelspannungsfreileitungen (20 kV) die vorwiegend im Gemarkungsbereich nördlich der Kernstadt sowie der Ortsteile Günterode und Ren- gelrode zu finden sind. Im südlichen Geltungsbereich weist der Flächennutzungsplan in der Gemarkung Flinsberg weitere Mittelspannungsfreileitungen aus. Die Leitungen sind im Flächennutzungsplan nachrichtlich übernommen.
3.3.6.2 Richtfunkstrecken Der Regionale Raumordnungsplan 1999 weist auf den Flächen des Gemeindegebietes Heiligenstadt keine Richtfunkstrecken aus.
3.3.6.3 Windenergieanlagen Seitens der Stadt bestehen keine Zielsetzungen zur Einrichtungen von Windenergieanla- gen im Geltungsbereich des Flächennutzungsplanes. Die Voraussetzungen für ein sol- ches Vorhaben sind in Heiligenstadt auch als ungünstig einzuschätzen: Der südliche Geltungsbereich ist sehr stark von Waldgebieten durchzogen. Im ackerbaulich geprägten Norden der Kernstadt bestehen u.a. Restriktionen durch den vorhandenen Segelflug- platz.
46 Bestandsaufnahme und Analyse
Auch auf Ebene der Raumordnung gibt es keine Bestrebungen zur Anlage von Wind- energieanlagen in Heiligenstadt. Für den Planungsraum Nordthüringen wurden im Regi- onalen Raumordnungsplan Nordthüringen (1999) 20 Vorranggebiete zur Nutzung von Windenergie ausgewiesen, von denen der Großteil bereits realisiert wurde. Der Raumordnungsplan befindet sich derzeit in der Fortschreibung. Nach Aussagen des Planungsträgers sind im Geltungsbereich des Flächennutzungsplanes weiterhin keine Standorte für Windenergieanlagen vorgesehen.
3.3.6.4 Ver- und Entsorgung von Baugebieten Grundsätzlich ist im Bestand davon auszugehen, dass die vorhandene technische Infra- struktur für die vorhandenen Nutzungen ausreichend dimensioniert ist und sich Engpässe erst bei einer wesentlichen Intensivierung oder Erweiterung der Nutzungen ergeben. Engpässe in der Wasserversorgung entstehen in der Regel bei nicht ausreichend dimen- sionierten Wasserbehältern. Darüber hinaus sind bauliche Entwicklungen in Bereichen problematisch, die im Vergleich zu bestehenden Wasserbehältern verhältnismäßig hoch liegen und so ohne zusätzliche Pumpstation die Wasserversorgung nicht sicher gestellt werden kann. Gleichzeitig sollten neue Baugebiete verhältnismäßig hoch gegenüber den bestehenden Hauptabwasserleitungen liegen. Die Entsorgung von Abwasser ist im Geltungsbereich wie folgt strukturiert: Die Stadt Heiligenstadt entwässert im Trennsystem über den Leinetalsammler in die Kläranlage Leinetal in Uder/Schönau. Die Entwässerung des Ortsteiles Flinsberg erfolgt derzeit in Kleinkläranlagen und Ableitung in einen Mischwasserkanal und Vorfluter. Eine dezentrale Abwasserbe- handlungsanlage ist vorgesehen. Im Ortsteil Günterode erfolgt die Entwässerung im Mischsystem in einen vorhande- nen Oxydationsteich. Der Ortsteil Kalteneber entwässert im Trennsystem in einen vorhandenen Oxydati- onsteich. Für den Ortsteil Rengelrode ist die Entwässerung im Trennsystem sowie der An- schluss an die Kläranlage Leinetal vorgesehen. Derzeitig erfolgt die Entwässerung über Kleinkläranlagen bzw. Vorfluter. Die baulichen Anlagen außerhalb der Ortslagen, vorwiegend landwirtschaftliche Nut- zungen, verfügen über eigene Entsorgungsanlagen.
3.4 Siedlungsstruktur
3.4.1 Städtebauliche Struktur Heilbad Heiligenstadt Die Morphologie des Heilbades Heiligenstadt ist wesentlich aus der historischen Stadt- struktur bestimmt. Der Stadtkörper wird geprägt von der Anlage des Klosterberges mit der Altstadt, einigen barocken Bauten sowie den drei mittelalterlichen Kirchen St. Aegi- dien, St. Marien und St. Martin. Der Altstadtbereich ist umgeben von einer zu weiten Tei- len erhaltenen Stadtmauer. Seit dem 19. Jahrhundert wurde die Stadt außerhalb der Stadtmauer weiterentwickelt. Aus dieser Zeit stammen einige Gründerzeitvillen südlich und südwestlich der Altstadt entlang der Iberg- und Petristraße. Eine intensive Bautätigkeit außerhalb der Altstadt ist jedoch erst seit den letzten 50 Jahren zu verzeichnen.
47 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Vom westlichen Ortseingang zieht sich bandartig entlang der Leineaue und der Bahn- trasse das Gewerbegebiet West bis hin zum Bereich des ehemaligen Schlachthofes nördlich des Heinrich-Heine-Parks. Partiell wird dieses Band durch kleinere Flächen mit Wohn- und Mischnutzungen unterbrochen. Nordwestlich des Gewerbebandes befinden sich verschiedene Wohnstandorte, die teils noch, wie oberhalb des Bahnhofes, durch gründerzeitliche Bauten geprägt sind und die neu entwickelten Wohngebiete „Hohes Rott“ und „Am Richteberg“, in denen Einfamilien- hausstrukturen der Nachwendezeit dominieren. Im weiteren Verlauf Richtung Osten, über das Gelände der ehemaligen Kaserne hinweg, schließt der Stadtteil „Auf den Liethen“ an. Die Siedlung bildet den nördlichen Stadtrand und prägt durch die Südhanglage und die wuchtige Komplexbauweise entscheidend das Stadtbild. Östlich der „Liethen“, im weiteren Verlauf der Leineaue, befinden sich das städtische Freibad und der Ende der neunziger Jahre neu errichtete Vital-Park sowie der Industrie- und Gewerbepark an der B 80. In Richtung Süden, entlang dem stillgelegten Gewerbegleis und dem Naturraum Dün, sind in eher dörflichen Wohnstrukturen Ein- bis Zweifamilienhäuser, im Verlauf zum an- schließenden Gewerbe- und Industriegebiet Süd-Ost aber auch Mehrfamilienhausstruktu- ren im komplexen Wohnungsbau zu finden. Westlich an das Gewerbegebiet Süd-Ost, das den südlichen Stadtrand prägt, schließt das Wohngebiet „Auf der Rinne“ an, das Anfang der achtziger Jahre in Plattenbauweise erstellt wurde. Der südliche Teil Heiligenstadts, zwischen Iberg und historischer Altstadt bis hin zum westlichen Ortseingang, ist im Wesentlichen durch das Wohnen geprägt. Vorwiegend sind hier Ein- bis Zweifamilienhäuser gemischt mit vereinzelter Mehrfamilienhausbebau- ung verschiedener Bauzeiten zu finden. Zum südlichen Ortsrand hin befinden sich zahl- reiche Kleingärten in denen jedoch auch vermehrt rechtswidrig dauerhaftes Wohnen stattfindet. Der südwestliche Siedlungsrand wird durch neu ausgewiesene Einfamilien- hausgebiete, u.a. das Baugebiet „Honiggrube“, bestimmt. 3.4.2 Städtebauliche Struktur der Ortsteile In diesem Abschnitt werden die einzelnen Ortsteile in ihrer baulichen Struktur dargestellt. Es werden örtliche Charakteristika hervorgehoben, die im Rahmen der Flächennutzungs- planung besonderer Beachtung bedürfen.
3.4.2.1 Flinsberg Das Dorf Flinsberg ist durch einen verhältnismäßig hohen Anteil an gut erhaltenen Fach- werkbauten, jedoch teils mit starken Überformungen geprägt. Der Siedlungskörper passt sich harmonisch in die topographisch sehr bewegte Landschaft ein. Die Randbereiche sind vorwiegend mit Grabeland- und Wiesenstrukturen ausgebildet, die teils in Waldflä- chen übergehen. Am nordwestlichen Ortsrand befindet sich auf einer Anhöhe die Kirche mit dem anliegenden kommunalem Friedhof. Durch die Ortschaft führen insgesamt drei Landesstraßen, die auch die wesentliche Bin- nenerschließung bilden. Die Bauten orientieren sich vorwiegend zu den genannten Hauptstraßen und es gibt nur wenige Stichstraßen, die zumeist in landwirtschaftliche Wege übergehen. Am westlichen Ortseingang befinden sich, sehr markant an einem Hang gelegen, die Anlagen eines ehemaligen LPG-Betriebes, die in einem relativ sanierungsbedürftigem Zustand sind und das Ortsbild negativ beeinträchtigen.
48 Bestandsaufnahme und Analyse
3.4.2.2 Günterode Günterode entstand in der Siedlungsform eines sog. Haufendorfes. Im Kern befindet sich neben der Kirche der Dorfanger. Dieser wurde bereits 1922 zerstört und ab 1995 nach historischem Vorbild wieder hergestellt. Im Ortskern, der durch den Verlauf der Landes- straße L 1009 (Heiligenstädter Straße / Duderstädter Straße) durchschnitten wird, sind vorwiegend historische Baustrukturen zu finden. Die Gebäudestruktur bilden aufgelocker- te, größtenteils als Fachwerkbauten errichtete, drei- bzw. vierseitige Hofensembles mit an der Straße stehenden Wohngebäuden, mit teils überdachten bzw. überbauten Toreinfahr- ten sowie anschließenden Scheunen und Hausgärten. Auf den Flächen abgerissener Hofstellen befinden sich einige in Blockbauweise errichtete Wohngebäude (1967) sowie Reihenhäuser (1989-1991). Nordöstlich und südlich des Ortskernes sind vorwiegend Einfamilienhäuser in offener Bauweise zu finden. Mit der Stationierung von Grenztruppen entstanden ebenfalls im südlichen Bereich einige Geschossbauten für deren Unterbringung. Südwestlich und nördlich außerhalb der Ortsbebauung befinden sich zwei größere Stall- anlagen eines landwirtschaftlichen Betriebes.
3.4.2.3 Kalteneber Kalteneber weist eine sehr gut erhaltene historische Baustruktur im Ortskern auf. Prä- gend sind vor allem die zahlreichen Bauernhäuser bzw. Gehöfte mit teils gut erhaltenem Sichtfachwerk oder traditionellen handwerklichen Behangmaterialien. Weitere ortsbild- prägende Gebäude sind die Kirche und der Dorfanger. Neben den historischen Strukturen sind im Ortskern aber auch zahlreiche „untypische“ Gebäude aus neuerer Zeit zu finden. Besonders auffällig sind die großen Hallenanlagen der landwirtschaftlichen Betriebe am nördlichen und östlichen Ortsrand sowie im Bereich des ehemaligen Bahnhofes im Westen, welche die Ortslage an drei Seiten umschließen. Durch die damit verbauten typischen Baustrukturen wird die harmonische Einbindung in den umgebenden Landschaftsraum beeinträchtigt.
3.4.2.4 Rengelrode Das Dorf Rengelrode liegt im Talraum der Beber, welche die Ortschaft in südöstlicher Richtung durchfließt. Die historische Ortsstruktur wird durch einen fast intakten Grüngür- tel aus Streuobstwiesen eingerahmt, der den Übergang in die Landschaft formuliert. Das Ortsbild Rengelrodes ist traditionell durch Fachwerkbauten – und anlagen mit teils land- wirtschaftlichem Bezug geprägt. Besonders hervorzuheben sind die Kirche mit dem Pfarr- und Gemeindehaus, die Mehrseithofanlagen im Ortskern sowie die Hofanlagen im histo- rischen Ortsrandbereich. Bauliche Erweiterungen wurden überwiegend im westlichen und nordwestlichen Bereich des Dorfes vorgenommen, wodurch die gewachsene Ortseinfassung beeinträchtigt ist. Vereinzelt sind auch Neubauten im Ortskern entstanden. Im Juni 2005 haben die Er- schließungsarbeiten für das neue Wohngebiet „Unterm Steinberg“ am nordwestlichen Ortsrand begonnen, diese werden bis Ende 2005 abgeschlossen. Die verkehrliche Anbindung des Ortes erfolgt von Süden ab der B 80 über die Kreisstra- ße K 102. Der Rengelröder Weg führt in östlicher Richtung zur Kernstadt. Eine weitere Straßenanbindung an die umliegenden Dörfer ist nicht gegeben, da sich hier nur Feld- und Wirtschaftswege befinden.
49 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
3.4.3 Stadtbildpflege, Sanierung, Denkmalschutz
3.4.3.1 Altstadt Heilbad Heiligenstadt Die Altstadt der Stadt Heilbad Heiligenstadt bildet heute hinsichtlich ihrer Funktion, aber auch als dicht besiedeltes Wohngebiet mit einer Größe von 38ha den Kern- und Zentral- bereich der Gesamtstadt. Heilbad Heiligenstadt gehört zu den wenigen Städten in den neuen Bundesländern, in denen der historische Altstadtkern ohne größere Zerstörung und Maßstabsverletzungen erhalten blieb. Weder Folgen des 2. Weltkrieges noch Erneuerungsmaßnahmen nach im Wesentlichen auf industrielles Bauen beschränkten Leitbildern der DDR-Städtebaupolitik wirkten sich in bedeutendem Maße negativ auf das bestehende historische Stadtbild aus. Lediglich die Vernachlässigung der historischen Bausubstanz ist heute noch an wenigen Objekten feststellbar. Mit der Aufnahme der Stadt Heilbad Heiligenstadt in das allgemeine Bund-Länder- Städtebauförderungsprogramm sowie in das Bund-Länder-Programm Städtebaulicher Denkmalschutz im Jahre 1991 wurde die Stadt in die Lage versetzt, die städtebauliche Situation der Altstadt durch Sanierungsmaßnahmen zu verbessern. Aufbauend auf den Empfehlungen der nach BauGB geforderten Vorbereitenden Untersuchungen (1991) wurde die Altstadt 1993 als förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet „Historische Altstadt“ ausgewiesen. (Sanierungssatzung nach § 142 BauGB; Satzungserlass 30.06.1993) Die ermittelten Gesamtkosten für die Sanierungsmaßnahmen wurden lt. den vorbereitenden Untersuchungen mit rd. 33 Mio. DM veranschlagt. Um einen in seinen Zielstellungen ausgewogenen und optimierten Sanierungsprozess durchführen zu können wurde Ende 1995 ein Städtebaulicher Rahmenplan beschlossen, um formelle Planungsverfahren (Bauleitplanung, Baugenehmigungsverfahren etc.) zu beschleunigen und somit die Planungssicherheit zu erhöhen. Von 1990 bis einschl. 2004 wurden gut 32 Mio. € aus Mitteln von Städtebauförderungspro- grammen sowie Eigenanteilen der Stadt investiert, so dass ca. 80% der Gebäude im förm- lich festgesetzten Sanierungsgebiet instand gesetzt und modernisiert werden konnten. Entsprechend der unterschiedlichen Nutzungsanforderungen die an den Stadtkern ge- stellt werden (Wohnen, Arbeiten, Handel, Freizeit, Erholung etc.), muss sich die Altstadt gegenüber zahlreichen Konkurrenzstandorten behaupten, um nicht ihre wesentlichen Funktionen zu verlieren. Um die Erhaltung der Kernfunktionen unter den heutigen Anfor- derungen und der weitgehenden Berücksichtigung der historischen Substanz zu sichern, bedarf es einer abgestimmten Entwicklungsstrategie, die sich in folgendem Leitbild zu- sammenfassen lässt: „Die ganze Altstadt ist in ihrer Erscheinung als Komposition zu verstehen. Die Erhaltung des örtlichen Charakters gehört zu den Hauptaufgaben einer zukünftigen Entwicklung der Altstadt. In diesem Rahmen sind ortsbildprägende Merkmale zu erhalten und behutsam weiterzuentwickeln. Die Erscheinungsqualität des Altstadtbereiches ist nachhaltig zu sichern (Gemütlichkeit, Ordnung, Überschaubarkeit, Tradition und Vielfalt). Die den Stadtkörper in seinem Erscheinungsbild beeinträchtigenden Gemengelagen sollten wei- testgehend flächensaniert werden. Hier müssen Wohnen, Handel und nicht störendes Gewerbe sowie die Heilbadentwicklung mit einer behutsamen Altstadtsanierung langfris- tig weiter koordiniert werden.“17
17 vgl. Beitrag der Stadt Heilbad Heiligenstadt zum Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost, Teil 1 – Gesamtkon- zept, Heiligenstadt u. Kassel 2002, S. 5
50 Bestandsaufnahme und Analyse
Kurzgefasst muss die städtebauliche Erneuerung der historischen Altstadt störende Funktionen beseitigen und hierdurch brachliegende Strukturen mit dem Ziel wiederbele- ben, dass die Elemente der städtischen Vielfalt äußerlich und innerlich gewahrt bleiben und für die Zukunft weiter entwickelt werden.
3.4.3.2 Dorferneuerung Ortsteil Günterode Im Mai 1996 wurde für den Ortsteil Günterode eine Dorfentwicklungsplanung fertigge- stellt, der eine Aufnahme als Förderschwerpunkt in das Thüringische Dorferneuerungs- programm vorausgegangen war. Die Planung wird in ihren für die Flächenutzungspla- nung relevanten Aspekten übernommen. Auf Basis einer Analyse wurden zunächst unterschiedliche Maßnahmenbereiche formu- liert, die in einem Rahmenplan zusammengefasst wurden. Die Rahmenplanung benennt neben kleinteiligen, standortbezogenen Eingriffen im Wesentlichen Maßnahmen zum Umgang mit vorhandener und zukünftiger Bebauung sowie zur Gestaltung des Ortsran- des als Übergang zu Landschaft. Für die Ebene der Flächennutzungsplanung sind lediglich die beiden vorgeschlagenen Erweiterungsflächen für Wohnbebauung relevant, über die der Siedlungskörper arrondiert und der Ortsrand als Übergang zur Landschaft neu definiert werden soll. Eine dieser Flächen befindet sich bereits in der Entwicklung, hierfür wurde der Bebauungsplan Nr. 18 „Hinter Griethes Hof“ aufgestellt. Von der Ausweisung der zweiten, östlich hiervon gele- genen Fläche als Reservefläche für die bauliche Eigenentwicklung des Ortsteils wird zu Gunsten der bestehenden Grabelandstrukturen, der noch vorhandenen Baulandpotentia- le sowie der Konzentration der Siedlungsentwicklung auf die Kernstadt verzichtet.
3.4.3.3 Dorferneuerung Ortsteil Rengelrode Im Jahr 2003 wurde der Ortsteil Rengelrode der Stadt Heilbad Heiligenstadt als Förder- schwerpunkt in das Dorferneuerungsprogramm des Landes Thüringen aufgenommen. Ein im Mai 2004 fertiggestellter Dorfentwicklungsplan behandelt die Fortschreibung der nach dem 1. Dorfentwicklungsplan zwischen 1993 – 1996 umgesetzten Erneuerungs- maßnahmen. In diesem Zeitraum wurde ein Investitionsvolumen von ca. 415.000 € durch private Bauherren und ca. 365.000 € aus kommunalen Mitteln aufgebracht. Die Fort- schreibung wurde vom Stadtrat am 26.05.2004 beschlossen und wird als „selbstbinden- de“ Planung in den Prozess der Flächenutzungsplanung eingebunden. Die Fortschreibung des Dorfentwicklungsplans Rengelrode führt mit Ausnahme der Sa- nierung des Dorfgemeinschaftshauses keine gebäudebezogenen Maßnahmen auf. Je- doch werden im Rahmen einer künftigen Wohnbaulandentwicklung potentielle Erweite- rungsflächen innerhalb sowie in den Randbereichen des Siedlungskörpers benannt. Der Flächennutzungsplan beschränkt sich in der Neuausweisung im Ortsteil auf eine Fläche, für die bereits ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan vorliegt. (vgl. 5.2.3.1) Innerhalb des Siedlungskörpers werden im Wesentlichen Maßnahmen im Bereich des öffentlichen Freiraumes, z.B. Straßenraumgestaltung und Aufwertung von Plätzen, vor- geschlagen. Die dargestellten Maßnahmen im Siedlungsbereich sind ausnahmslos als kleinteilige Eingriffe in bestehende Strukturen zu bewerten und somit nicht als Planung auf Ebene des Flächennutzungsplans relevant. Außerhalb des Siedlungskörpers werden zahlreiche und großräumige Maßnahmen vor- geschlagen, die jedoch keine den Regelungsinhalt des Flächennutzungsplans betreffen- den Nutzungsänderungen nach sich ziehen.
51 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
3.4.4 Bau- und Bodendenkmale Bau- und Bodendenkmale sind gemäß Thüringischem Denkmalschutzgesetz (ThürDSchG) vor Zerstörung zu schützen. Die Kulturdenkmale sind nach § 1 ThürDSchG „als Quellen und Zeugnisse menschlicher Geschichte und erdgeschichtlicher Entwicklung zu schützen und zu erhalten sowie darauf hinzuwirken, dass sie in die städtebauliche und dörfliche Entwicklung sowie in die Raumordnung und Landschaftspflege einbezogen werden“. Dieses Gebot wird durch die Zielsetzungen auf Ebene der Raumordnung gestützt: „Die zahlreichen Bau-, Kultur- und Bodendenkmale in der Region sollen erhalten, gepflegt, vor Beeinträchtigungen bewahrt und durch rücksichtsvolle Planung in ihrer Bedeutung erhal- ten und gefördert werden.“18 Aus der Flächenneuausweisung ergeben sich keine Planungskonflikte mit Boden- oder Baudenkmalen. Daher wird auf eine Darstellung der Anlagen und Fundorte im zeichneri- schen Teil des Flächennutzungsplans verzichtet. Zur Information erfolgt im Anhang (7.1 und 7.2) eine Auflistung der rechtlich gesicherten Denkmale auf Basis der Angaben der zuständigen Behörden. Ab Anfang des Jahres 2006 wird eine Überarbeitung des Denkmalbuches der Stadt Hei- ligenstadt vorgenommen.
3.5 Verkehrsinfrastruktur Im Kapitel Verkehrsinfrastruktur wird für die verschiedenen Netze zunächst jeweils der Bestand sowie bestehende Defizite erläutert. Als Planung werden die noch umzusetzen- den Ergebnisse und Zielsetzungen des 1993 beschlossenen Verkehrsentwicklungsplans Heilbad Heiligenstadt (Datenstand 1991/92) sowie ergänzende Planungen übernommen
3.5.1 Straßennetz Die Stadt Heilbad Heiligenstadt ist gut an das regionale und überregionale Straßennetz angebunden. Die Bundesstraße B 80 durchquert die Kernstadt und bindet sie in östlicher Richtung in Leinefelde an die B 247 (Richtung Mühlhausen) sowie im weiteren Verlauf an Nordhausen an. In westlicher Richtung erschließt die B 80 die in Nord-Süd-Richtung ver- laufende Bundesautobahn A 7 und führt weiter bis nach Kassel. Die vier Ortsteile liegen direkt an oder in unmittelbarer Nähe zu klassifizierten Landes- und Kreisstraßen. Die räumliche Nähe zur Kernstadt ermöglicht eine schnelle Anknüp- fung an das überregionale Straßenverkehrsnetz. Mit dem Bau der A 38 (Göttingen-Halle), die Ende 2006 freigegeben werden soll, und dem Autobahnzubringer L1005 erhält Heilbad Heiligenstadt einen direkten Anschluss an das Bundesautobahnnetz, wodurch sich die Erschließung für den Kraftfahrzeugverkehr enorm verbessern wird. Der Verkehrsentwicklungsplan sieht im Wesentlichen nur eine Planungsmaßnahme vor, die die Ebene der Flächennutzungsplanung betrifft. Im Zuge des Baus der geplanten Autobahn A38 (damals A82) sollen die Autobahnzubringer West und Ost ab der Bundes- straße B80 gemeinsam die Funktion einer Umgehung für das bebaute Stadtgebiet erfül- len. Dadurch soll insbesondere die Ortsdurchfahrt (B80) entlastet werden.
18 vgl. Regionaler Raumordnungsplan Nordthüringen, S. 153
52 Bestandsaufnahme und Analyse
Mit der Fertigstellung des Autobahnzubringers Ost („Ostspange“) wurde bereits ein Teil dieser Planung realisiert. Die Beschreibung des Sachstandes zur Planung des Zubrin- gers West ist dem folgenden Kapitel zu entnehmen.
3.5.1.1 Weitere Planungen Das Straßenbauamt Nordthüringen als Baulastträger des klassifizierten Straßennetzes betreibt folgende das Gemeindegebiet betreffende Planungen: Verlegung und Ausbau der L 1005 nördlich Knoten L 1005/L 1009 und der Ortschaft Siemerode auf der alten Chausseestraße. Verlegung der L 1005n (Dingelstädter Straße). Neubau auf der Trasse des stillgeleg- ten Güterbahnhofes ab Kreuzungspunkt Dingelstädter Straße mit Anschluss an die B 80 südöstlich des Stadions Gesundbrunnen Ausbau der L 1006 zwischen Kernstadt und Flinsberg mit Neugestaltung des Kno- tenpunktes L 1005/L 1006 Autobahnzubringer West (L 1074n) zwischen B 80 und L 2006
Die beiden erstgenannten Planungen befinden sich derzeit in einem sehr frühen Pla- nungsstadium und es wurde noch kein formelles Beteiligungsverfahren durchgeführt. Für die erstgenannte Planung werden verschiedene Varianten der Trassenführung geprüft, so dass noch keine konkrete Flächeninanspruchnahme abgeleitet werden kann, die eine Übernahme in den Flächenutzungsplan rechtfertigt. Daher bleibt die Darstellung auf den Hinweis an dieser Stelle beschränkt und das Vorhaben wird nicht als Planung in den Entwicklungsteil des Flächenutzungsplans übernommen. Der Neubau eines Abschnitts der L 1005n auf der Schienentrasse hingegen ist räumlich verortbar und bietet mit einer möglichen Immissionsentlastung des Quartiers um die Din- gelstädter Straße Potentiale zur Aufwertung dieses Stadtbereichs. Da eine planungs- rechtliche Absicherung (Planfeststellung) innerhalb der Geltungsdauer des Flächennut- zungsplanes möglicht erscheint und die Stadt diese Zielstellung befürwortet, wird die Straßentrasse als Planung übernommen. Der Ausbau der L 1006 mit dem Ausbau des Knotenspunktes L 1005 / L 1006 befindet sich derzeit im Planfeststellungsverfahren. Für den Autobahnzubringer West sind die Planungen relativ weit fortgeschritten. Eine Vorplanung wurde erarbeitet und seitens des Straßenbauamtes mit den betroffenen Be- trieben an der B 80 abgestimmt. Ein Planfeststellungsverfahren soll 2006 eingeleitet wer- den. Die bisher vorliegende Planung wird in die Flächennutzungsplanung integriert. Die vertiefende Darstellung der Vorhaben L 1005n sowie L 1074n erfolgt im Kapitel 5.2.3.5.
3.5.1.2 Erschließungsprobleme Die wesentlichste Barriere der Erschließung ist die in Ost-West-Richtung verlaufende Bahntrasse, welche die nördlichen Wohngebiete Auf den Liethen, Richteberg und Hohes Rott vom Altstadtbereich trennt. In vielen Abschnitten wird diese Barrierewirkung durch den weitgehend parallel verlaufenden Grünzug der Leineaue, sowie die teils erheblichen topographischen Höhenunterschiede verstärkt. Neben einem niveaugleichen Bahnüber- gang im Gewerbegebiet West ist die Bahnstrecke im Stadtgebiet nur über Brücken auf den Straßen Leineberg und Richteberg / Göttinger Straße querbar. Eine weitere Barriere ist der südlich von o.g. Bahntrasse abzweigende, stillgelegte Gleis- körper im südöstlichen Stadtgebiet. Dieser bindet einen brachliegenden Güterbahnhof
53 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
sowie das Gewerbegebiet Süd-Ost an. Die Gleisanlagen verlaufen im Kreuzungsbereich mit der B 80 getunnelt, südlich des ehemaligen Güterbahnhofes (Dingelstädter Straße) ist eine niveaugleiche Querungsmöglichkeit gegeben. Weitere kleinräumige Erschließungsprobleme werden ggf. im Rahmen der Bewertung der einzelnen Entwicklungsflächen in Kapitel 5 thematisiert.
3.5.2 Parkplätze Eine besondere Untersuchung der Anforderungen des ruhenden Individualverkehrs auf der Ebene der Flächennutzungsplanung ist nicht erforderlich. Für die Ortsteile sind Park- plätze mit einer im Maßstab 1:12.500 darstellbaren Größe nicht notwendig; die erforderli- chen Stellplätze sind problemlos in die Bauflächen integrierbar. Die Betrachtung des ruhenden Verkehrs im Flächennutzungsplan konzentriert sich daher auf die Altstadt, da dort der Bedarf am größten und durch die Mischgebietsstruktur am vielfältigsten (Besucher, Anwohner, Kunden) ist. Die anderen Bereiche der Kernstadt sind ausreichend bis gut versorgt. Im Flächennutzungsplan werden jedoch nur die öffentlichen Stellplatzanlagen dargestellt, da Kundenparkplätze beispielsweise von Einkaufseinrichtungen oder auch private Stell- platzanlagen in die Bauflächen integriert sind. Die Darstellung der öffentlichen Stellplätze wird zudem auf größere Stellplatzanlagen reduziert, da Parkbuchten u.ä. Anlagen in Straßenräumen auf Flächennutzungsplanebene nicht zweckmäßig darstellbar sind. Nach dem Verkehrsentwicklungsplan sollen folgende Ziele vorrangig umgesetzt werden: Das Straßenrandparken soll im Zuge der Verkehrsberuhigungsmaßnahmen einge- schränkt werden. Den motorisierten Einpendlern (Arbeitnehmer, Kunden, Gäste usw.) sollen Auffang- parkplätze außerhalb der Altstadt angeboten werden. Den Einwohnern sollen ausreichend wohnungsnahe Stellplätze angeboten werden.
Die vorgenannten Maßnahmen sind bis heute weitgehend realisiert, so dass die Umstruk- turierung der Stellplatzangebote, insbesondere für Einpendler, im Wesentlichen abge- schlossen ist und absehbar keine Planungen zur Einrichtung größerer öffentlicher Stell- platzanlagen bestehen. Für Reisebusse besteht nach Abschluss der Bauarbeiten in der Schlachthofstraße ein zusätzlicher Parkplatz mit direkter Anbindung an den Kurpark und die Altstadt.
3.5.3 Fuß- und Radwegenetz
3.5.3.1 Bestand
Fußwege Die Fußwege entlang der Straßen sind zumeist ausreichend dimensioniert und stellen so grundsätzlich die Erreichbarkeit aller besiedelten Bereiche des Gemeindegebietes sicher. Der Verkehrsentwicklungsplan (1993) bezeichnet die Qualität der Gehwegausstattung bezogen auf das gesamte Stadtgebiet als verbesserungsfähig. Mittlerweile zeigt sich der Zustand der Gehwege zwar deutlich verbessert, jedoch ist nach wie vor Entwicklungsbe- darf vorhanden. Beispielsweise gibt es kaum direkte und gesicherte Wegeverbindungen zwischen den Stadtgebieten nördlich der Bahnlinie und der Altstadt. Hier existieren mit Ausnahme einer Unterführung der Bahnlinie im Bereich Bahnhofstraße / Verlängerung Leinegasse nur die Wegeführungen entlang des MIV-Netzes (Motorisierter Individualver- kehr). Weiterhin fehlen geschlossene Wegeverbindungen entlang der Flussauen von
54 Bestandsaufnahme und Analyse
Leine und Geislede. Gut ausgestattet ist hingegen die Altstadt, die nach ihrer Sanierung gute Bedingungen für den Fußgänger und durch den barrierefreien Ausbau auch für Be- hinderte bietet. Die Sicherung eines barrierefreien Ausbaus der gesamten Fußwege stellt eine wesentliche Zielstellung und Daueraufgabe der Gemeinde dar, die bei allen kommu- nalen Baumaßnahmen umgesetzt werden soll, die aber auf der Ebene des Flächennut- zungsplans nicht dargestellt werden kann. Im nicht besiedelten Bereich ist das Gemeindegebiet mit einem dichten und gut beschil- derten Netz von Wanderwegen durchzogen. Diese sind teils speziell auf die Anforderun- gen behinderter Menschen ausgerichtet und entsprechend gekennzeichnet. Das Wanderwegenetz berührt jedoch keine planungsrelevanten Faktoren, weshalb auf eine Darstellung im Flächennutzungsplan verzichtet wird.
Radwege Das Radwegenetz weist größere qualitative Mängel auf. Ähnlich wie bei den Fußwegen sind die Verknüpfungspunkte zum nördlichen Stadtgebiet auf die des MIV-Netzes be- schränkt. Insgesamt gibt es nur lückenhaft ausgewiesene Radfahrbereiche und es be- steht kein zusammenhängendes Radwegenetz. Dies ist beispielhaft in Teilbereichen der stark befahrenen B 80 zu erkennen, in denen kein getrennt geführter Radweg vorhanden ist, wodurch die Sicherheit der Radfahrer stark beeinträchtigt wird. Ein Ausbau in diesem Bereich ist in den kommenden Jahren durch das Straßenbauamt vorgesehen. Positiv zu bewerten ist der direkte Anschluss der Stadt an den Leinetalradweg, der die Stadt quert und indirekt (Abzweig in südlicher Richtung in Leinefelde) an den Unstrut- Radwanderweg anbindet. Von Leinefelde kommend wird er innerhalb der Kernstadt zu- nächst durch das Gewerbegebiet An der B 80 zur Eichsfeld-Therme / Vital-Park geführt. Derzeit wird eine geänderte Trassenführung nördlich der Bahn (unterhalb des Heidelber- ges) in Abstimmung mit der Gemeinde Westhausen geprüft. Ab dem Vital-Park verläuft ein kurzer Abschnitt zunächst „zweispurig“ nördlich und südlich der Leine bis zur Straße Leineberg, wo er nördlich der Leine über Schlachthofstraße und Bahnhofstraße zur B 80 Abschnitt Liesebühl führt. Parallel zur B 80 und Leine verläuft er von hier in westlicher Richtung nach Uder. Ein weiterer Radwanderweg, parallel zur L 2018, verbindet den Ortsteil Günterode mit der Nachbargemeinde Reinholterode, von der aus weitere bestehende und geplante Radwegeverbindungen teils von regionaler Bedeutung erschlossen werden. Weitere Radwegeverbindungen im Plangebiet bestehen ab Radwege Richteberg und Leineberg der Kernstadt in Richtung Mengelrode im Mischverkehr auf L 1005 und L 2006 als Teil der Nordthüringen-Tour, in Richtung Rengelrode ab Leinetalradweg (B 80 Anschluss Rengelrode) im Misch- verkehr auf der K 102, auf der Dingelstädter Straße in Richtung Geisleden als getrennter Fuß-/Radweg bis Abzweig L 1006, anschließend weiter auf land- und forstwirtschaftlichem Weg sowie ab o.g. Abzweig in Richtung Flinsberg auf L 1006 im Mischverkehr bis Naherholungsgebiet Neun Brunnen
55 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
3.5.3.2 Planung
Verkehrsentwicklungsplan 1993 Zur Verbesserung des Zustandes des Wegenetzes definiert der Verkehrentwicklungsplan folgende Zielsetzungen: Der Fußgänger- und Radverkehr soll möglichst getrennt vom übrigen Verkehr auf gesicherten Wegen geführt werden. Alle öffentlichen Einrichtungen, wichtige Arbeitstätten und insbesondere die Altstadt sollen von allen Stadtteilen aus gut erreichbar sein.
Der Verkehrsentwicklungsplan sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, die sich vor allem auf die Ergänzung des lückenhaften Wegenetzes beziehen. Kernpunkte sind hierbei die Vervollständigung des Radweges an der B 80 sowie die Verknüpfung des Wohngebietes Auf den Liethen mit der Altstadt. Zudem wird ausdrücklich empfohlen, die Einbahnstra- ßen im Altstadtbereich für den Radverkehr in beiden Richtungen frei zu geben und einen durchgehenden Radweg entlang der Geislede anzulegen. Eine forcierte Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen und die Verbesserung von Komfort und Sicherheit würde den Anreiz zum gelegentlichen Umstieg vom MIV für Heili- genstädter Bürger erhöhen und die Attraktivität Heiligenstadts als Fremdenverkehrsort (Radtourismus) steigern.
Konzept für den Aufbau eines Radwegenetzes im Landkreis Eichsfeld 2000 Folgende Maßnahmen sind nach dem Konzept für den Aufbau eines Radwegenetzes im Landkreis Eichsfeld 2000 im Bereich der Stadt Heilbad Heiligenstadt vorgesehen: Innerhalb Ortslage Heilbad Heiligenstadt straßenbegleitend zur B 80 (vgl. Verkehrsentwicklungsplan 1993). Ab Liesebühl / Ecke Bahnhofstraße entlang der Leine bis Sperberwiese / Von-Zwehl- Weg (Sanierung und Ausbau). Weiterführung der Verbindung von Rengelrode nach Mengelrode über auszubauende Feldwege.
Weitere Planungen Im Rahmen zweier o.g. Planungen des Straßenbauamtes Nordthüringen ist auch die Anlage begleitender Radwege vorgesehen. Mit Verlegung und Ausbau der L 1005 zwischen Knoten L 1005/L 1009 und der Ort- schaft Siemerode auf der alten Chausseestraße, werden zwei Varianten einer Rad- wegeführung untersucht. Zum einen die Anlage eines Radweges auf der alten L 1005, zum anderen eine Parallelführung mit der Neubautrasse der L 1005 Im Rahmen des Ausbaus der L 1006 zwischen Kernstadt und Flinsberg sind eben- falls zwei Varianten einer Radwegetrasse vorgesehen. Die Grundvariante wird zu- nächst durch den westlich anliegenden Wald. Ab dessen südlichen Ausläufern mün- det er an der L 1006 und wird von hier parallel zum Ortsteil Flinsberg geführt. Die zweite Variante sieht eine weitgehende Parallelführung zur L 1006 vor.
Die Darstellung im zeichnerischen Teil des Flächennutzungsplans beschränkt sich auf die Hauptradwegetrassen, die getrennt vom MIV-Netz geführt werden.
56 Bestandsaufnahme und Analyse
3.5.4 Öffentlicher Personenverkehr
3.5.4.1 Schienengebundener Personenverkehr (Bahn) Heilbad Heiligenstadt ist gut an das öffentliche Schienennetz angebunden. Im Stunden- takt werden täglich Direktverbindungen nach Göttingen und Kassel angeboten. In beiden Oberzentren hat man Anschluss an ICE-Verbindungen. Darüber hinaus verkehren im Zwei-Stunden-Takt Züge nach Halle, Nordhausen und Erfurt, wo ebenfalls der Umstieg auf den Fernverkehr möglich ist. Ergänzt wird dieses Angebot durch vertaktete Verbin- dungen nach Gotha. Es handelt bei allen Angeboten entweder um die Produkte Regionalexpress / Regional- bahn der Deutschen Bahn oder um die Erfurter Industriebahn (EIB). Interregio bzw. IC- Züge verkehren auf dieser Strecke nicht. Die gute Erreichbarkeit der Stadt Heiligenstadt über den schienengebundenen Perso- nenverkehr ist gerade für viele Ein- und Auspendler ein wichtiges Kriterium und stellt somit ein bedeutendes Standortpotential für Heiligenstadt als Wohn- und Arbeitsstandort dar. Auch im Hinblick auf den Fremdenverkehr wirkt sich die gute Anbindungsqualität über die Schiene sehr positiv aus. Demgegenüber ist das vorhandene Serviceangebot am Bahnhof stark verbesserungsbedürftig. Der ehemalige Fahrkartenschalter wurde 2004 endgültig geschlossen. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf zur Aufwertung und Attraktivitätssteigerung.
3.5.4.2 Bus
Regionalverkehr Heiligenstadt wird aufgrund seiner Funktion als Mittelzentrum und der guten Anbindung an den schiengebundenen Personenverkehr stark von Regionalbuslinien frequentiert. Die Stadt ist Haltepunkt von insgesamt 14 Regionalbuslinien, die die Funktion der Verteilung der Fahrgäste auf das Umland übernehmen. Außerdem stellen sie Direktverbindungen zu den Städten im Eichsfeldkreis her, die nicht direkt über die Schiene erreichbar sind (z.B. Worbis und Dingelstädt). Die zentrale Haltestelle im Stadtgebiet ist seit 2003 der Omnibusbahnhof (ZOB) am Heili- genstädter Bahnhof, der von allen Linien angefahren wird. Hier existieren direkte An- schlussmöglichkeiten an den Fernreiseverkehr der Deutschen Bahn und der Erfurter Industriebahn. Darüber hinaus bestehen verschiedene Verknüpfungspunkte mit den Stadtbuslinien im Stadtgebiet.
Stadtbus Der Öffentliche Personennahverkehr innerhalb des Stadtgebietes wird über ein Stadtbus- system abgewickelt. Dieses wurde 1997 eingeführt und verfügt über zwei Linien, die das Siedlungsgebiet fast vollständig erschließen. Einzige Ausnahmen sind die Wohngebiete „Richteberg“ und „Hohes Rott“ im Nordosten, sowie die Bereiche am „Holzweg“ im Süd- westen der Ortslage, die aufgrund ihrer geringen Bevölkerungsdichte momentan nicht ökonomisch an das Liniennetz angebunden werden können. Die Linien verkehren werk- tags von 6:00 Uhr bis 19:00 Uhr und samstags von 8:00 Uhr bis 13.00 Uhr im 30 Minu- ten-Takt. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen werden sonntags keine Fahrten angebo- ten. Eine zentrale „Rendezvoushaltestelle“ am Rathaus im Zentrum der Altstadt verknüpft beide Linien miteinander und dient als zentraler Umsteigepunkt.
57 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Eine Besonderheit des Stadtbuskonzeptes in Heiligenstadt sind die Fahrzeuge, die mit Erdgas betrieben werden, um dem Umweltaspekt und der Luftreinhaltung in einem Kurort gerecht zu werden.
Wanderbus6 Der Wanderbus ist ein spezielles Mobilitätsangebot der Verkehrsgesellschaft Landkreis Eichsfeld, das insbesondere für Touristen zur Verfügung gestellt wurde. Er befördert den Wanderer zu den verschiedenen Startpunkten der Wanderrouten im Eichsfeld. Im be- grenzten Rahmen ist auch die Mitnahme von Fahrrädern möglich. Eingeführt wurde die- ses System 1998, damals noch mit Fahrten an jedem Samstag und Sonntag. Dieses Angebot wurde jedoch seit der Saison 2002 aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf 10 feste Termine zwischen April und Oktober reduziert.
3.5.5 Luftfahrt Auf dem Gebiet der Stadt Heilbad Heiligenstadt befinden sich zwei Luftfahrteinrichtun- gen. Neben dem Hubschrauber-Sonderlandeplatz der Eichsfeld Klinikum gGmbH auf dem Dach des St. Vincenz-Krankenhauses in der Kernstadt ist vor allem der Flugplatz in Günterode von Bedeutung. Dieser ist als Segelfluggelände kategorisiert. Dementspre- chend ist die Nutzung Segelflugzeugen, Motorseglern und anderen Luftfahrzeugen nur zum Zweck des Schleppens von Segelflugzeugen gestattet. Derzeit wird das Segelfluggelände mit einer 700 m langen, befestigten Landebahn aus- gebaut. Um dieses Vorhaben planungsrechtlich abzusichern, wurde der Bebauungsplan Nr. 25 „Über dem Rießbache“ der Stadt Heilbad Heiligenstadt aufgestellt, der am 06.12.2002 die Rechtverbindlichkeit erlangte. Damit verbunden ist die Ausweisung des Areals als Sondergebiet Segelfluggelände.
3.5.6 Lärmbelastungen Für die Kernstadt liegt ein umfassender Schallimmissionsplan aus dem Jahr 1995 vor. Die folgende Bewertung der Lärmbelastungen basiert auf den im Gutachten enthalten Pegeldifferenzkarten. Diese entstanden aus der arithmetischen Subtraktion der gemäß Nutzungskategorisierung (Wohngebiet, Mischgebiet, Gewerbegebiet, etc.) empfohlenen Richtwerte nach 16. BImSchV sowie DIN 18005 und den im Gutachten errechneten Beur- teilungspegeln.
3.5.6.1 Straßen-/Schienenverkehr Im Verkehrsnetz der Kernstadt treten vor allem die Eisenbahntrasse sowie das Netz der Hauptverkehrsstraßen als Lärmemittenten hervor. Im direkten Bereich der Bahntrasse liegt der Lärmbeurteilungspegel zu Tages- und Nachtzeiten zwischen 65 und 75 dB(A). Hieraus ergeben sich insbesondere für die anlie- gende Bebauung leichte und mittlere (Tags ca. 1 – 9 dB(A)) bis teils erhebliche (Nachts bis zu 21 dB(A)) Überschreitungen der Richtwerte. Als betroffene Bereiche sind hier im Wesentlichen die südlichen Bereiche des Wohngebietes Auf den Liethen, das Wohnge- biet Gartenstraße östlich des Jahnsportplatzes sowie der Kurpark und die anliegende Kurklinik zu nennen. Seit der Erstellung des Gutachtens sind jedoch für diese Bereiche Lärmschutzmaßnahmen getroffen worden, so dass von einer deutlichen Besserung der Situation auszugehen ist. Dies ist beispielhaft auf Basis des Gutachtens für eine bereits realisierte Lärmschutzmaßnahme im Bereich des Kurparks dargestellt, das eine Reduzie- rung um etwa 8 dB(A) im Bereich des Parks und etwa 6 dB(A) im Bereich der Kurklinik berechnet (Schallschutzwand Schlachthofstraße).
58 Bestandsaufnahme und Analyse
Im Hauptstraßennetz ist die B 80 von besonderer Bedeutung. Im westlichen Bereich gibt es nur kaum direkt anliegende Bebauung wodurch nur in geringem Maße Belastungen festgestellt werden. Im Bereich der Altstadt (Petristraße) ergeben sich für die Direktanlie- ger sowohl zu Tages- wie zu Nachtzeiten Belastungen zwischen etwa 6 und 15 dB(A) über den Richtwerten. Die relativ dichte Bebauung parallel zur Straße wirkt sich teils er- heblich lärmmindernd auf die rückwärtig anschließenden Siedlungsbereiche aus, so dass hier wenn überhaupt nur sehr geringe Überschreitungen (Tag und Nacht bis ca. 3 dB(A)) messbar sind. Mit dem Bau der Bundesautobahn A 38 und den entsprechenden Zubrin- gern (Ortsumfahrungen) wird mit einer deutlichen Verkehrsentlastung der B 80 gerech- net, so dass auch eine entsprechende Reduzierung der Emissionen zu erwarten ist. Die Straße Richteberg ist als wichtigste überörtliche Nord-Süd-Achse ebenfalls ein we- sentlicher Emittent im Verkehrsnetz der Kernstadt. Die Emissionen werden durch die starke Hangneigung (Südhang) zusätzlich verstärkt. Durch den in Teilen kurvigen Verlauf der Straße und die Einbettung in beidseitig verlaufende Böschungen wird die Ausbreitung der Schallemission jedoch etwas „gebremst“, so dass sich für die anliegende Bebauung nur geringe bis mittlere Überschreitungen (bis 9 dB(A)) ergeben. Höhere Werte sind nur vereinzelt zu finden.
3.5.6.2 Industrie-/Gewerbeanlagen Die wichtigsten untersuchten Gewerbebereiche sind die Gewerbegebiete Süd-Ost, West sowie die Gemengelage rund um den Bahnhof und den Bereich Solidor. Das Gewerbegebiet an der B 80 war zum Zeitpunkt der Untersuchungen noch nicht reali- siert. Das Gebiet weist jedoch einen ausreichenden Abstand zu anderen Siedlungsberei- chen auf, so dass davon auszugehen ist, dass das Gebiet keine bedeutsamen Emissio- nen freisetzt. Das Gewerbegebiet West weist während der Tageszeiten keine Überschreitungen der gegebenen Richtwerte auf. Während der Nachtzeiten wurden vor allem südlich des Ge- werbegebietes im Bereich des geplanten Wohngebietes Auf dem Hohen Raine Über- schreitungen von bis zu 12 dB(A) gemessen. Auch das Gewerbegebiet Süd-Ost weist zu den Tageszeiten keine Überschreitungen der gegebenen Richtwerte auf. In den Nachtzeiten sind einzelne Bereiche der Wohngebiete Am Dün, Albert-Schweitzer-Straße und Auf der Rinne von erhöhten Immissionen betrof- fen. Die sind jedoch mit bis zu 6 dB(A) als gering einzustufen. Lediglich der südliche Be- reich des betroffenen Bereiches des Wohngebietes Am Dün weist aufgrund der räumli- chen Nähe sowie der deutlich geringeren Bebauungsdichte einen Wert bis zu 15 dB(A) auf. Der Bereich um den Bahnhof weist im Gutachten keine erhöhten Werte auf, da große Teile der Gewerbeflächen zur Zeit der Aufstellung bereits aufgegeben waren. Als Emit- tenten bestehen im Wesentlichen noch das Solidor-Werk sowie nördlich angrenzende vereinzelte Gewerbebetriebe. Nennenswerte negative Belastungen sind jedoch nur im Bereich Solidor zu finden um das ein verhältnismäßig geringer Wohnanteil zu finden ist. Hier sind tags keine, nachts Überschreitungen von meist 1 – 9 dB(A), vereinzelt bis zu 15 dB(A) zu messen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Lärmemissionen sich im Wesentlichen als Vorbelastung darstellen, die vor allem auf der Bestandssituation der Vorwendezeit basie- ren. Auf diese Vorbelastungen kann durch die Flächennutzungsplanung kein Einfluss genommen werden, da die Nutzungen rechtskonform entstanden sind. Gegenüber der Bestandserfassung von 1995 haben sich insbesondere im Bereich der Belastung durch den Autoverkehr durch den Autobahnzubringer Ost deutliche Verbesse-
59 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
rungen ergeben. Mit der absehbaren Realisierung des Westzubringers wird insbesondere die Belastung im Bereich Richteberg entfallen. Auch bezogen auf die Lärmbelastung durch innerstädtische Gewerbegrundstücke hat sich die Situation durch Ausweisung von entsprechenden peripheren Gewerbeflächen außerhalb der Kernstadt und eine erkenn- bare Tendenz zur „Randwanderung“ der erweiterungswilligen Betriebe deutlich ent- schärft. Insbesondere in den für die Kur- und Gesundheitsnutzungen relevanten Berei- chen sind keine Störungen durch Straßenverkehr und Gewerbenutzungen vorhanden. Lediglich die Eisenbahn ist als Lärmemittent im Kerngebiet der Stadt Heilbad Heiligen- stadt langfristig zu berücksichtigen. Die Lärmbelastung durch Eisenbahn wird aber in der Regel als weniger störend empfunden und ist unter Aspekten der umweltfreundlichen Erschließung und einer guten Anbindung der Stadt abzuwägen. Dennoch sind die Aspek- te der Lärmminderung für den weiteren Ausbau der Infrastruktur, als Baustein zur Siche- rung der Prädikatisierung als Heil- und Kurort wesentliche Planungsvorgaben. Bei der Neuausweisung von Flächen im Flächenutzungsplan und auf der Ebene der ver- bindlichen Bauleitplanung sind Maßnahmen zum Schutz vor Lärmimmissionen zu treffen. Auf der Grundlage des Gutachtens sind bei allen kommunalen Baumaßnahmen und Nut- zungsänderungen in den als immissionsempfindlich dargestellten Bereichen, die aktuel- len Belastungen zu prüfen und ggf. Schallschutzmaßnahmen zu ergreifen. Weitere detaillierte Darstellungen bezogen auf die Erweiterungsflächen erfolgen im Kapi- tel 5.
60 Vorausschätzung des Flächenbedarfes
4 Vorausschätzung des Flächenbedarfes Keine wissenschaftliche Methode kann wirklich verlässliche Ergebnisse zur Vorausschät- zung der Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung sowie der darauf basierenden Ent- wicklung auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt mit den entsprechenden Flächenbedar- fen bzw. der entsprechenden Flächennachfrage liefern. Das liegt weniger an den Metho- den selbst als an der Vielzahl der die Entwicklung beeinflussenden Faktoren, die auch für die nähere Zukunft nicht zu definieren sind. Bevölkerungsprognosen basieren auf einer modifizierten Trendfortschreibung. Das heißt, der sich aus den vergangenen Jahren ergebende Trend wird unter Einbeziehung der für relevant erachteten Rahmenbedingungen überprüft und angepasst. Diese Trendfort- schreibung fällt für die natürliche Bevölkerungsentwicklung noch relativ leicht: Die gerade Geborenen benötigen in 6 Jahren Schulplätze, 15 - 20 Jahren Arbeitsstätten etc.; auch die Trendverläufe der Geburten- und Sterberaten werden sich voraussichtlich nicht gra- vierend verändern. Problematischer hingegen sind Prognosen der Wanderungsbilanz. Diese ist schon für Wanderungen innerhalb Deutschlands schwer abzuschätzen, da sie wesentlich von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig ist. Noch schwieriger zu quanti- fizieren sind die Zuwanderungen aus dem Ausland und deren Verteilung auf die Länder und Gemeinden, die nicht nur von der nationalen Einwanderungsgesetzgebung, sondern insbesondere von der weltpolitischen und -wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Im Rahmen einer Prognose der notwendigen Siedlungserweiterungsflächen stellen diese relativ unsicheren Zahlen der Bevölkerungsentwicklung die Basis dar, die mit ähnlichen Unsicherheiten bezüglich der Entwicklung des Flächenverbrauchs pro Einwohner, der zu einem großen Teil wohlstandsabhängig ist, kombiniert werden. Deshalb soll hier ein Entwicklungskorridor aufgezeigt werden, innerhalb dessen die Flä- cheninanspruchnahme voraussichtlich verlaufen wird. Auf Grundlage u.a. der Bevölkerungsentwicklung und der aktuellen Wohnraumversor- gungssituation sollen unter Annahmen der prognostizierten Entwicklung der Bevölke- rungszahlen und der Flächeninanspruchnahme für Wohnungen (Anzahl der Haushalte, m² Wohnfläche pro Kopf) mit den entsprechenden Folgeeinrichtungen (Infrastruktur, Ver- kehr, etc.) Anhaltspunkte für den Umfang der notwendigen Entwicklungsflächen gegeben werden. Die nachfolgenden Vorausschätzungen zur Entwicklung der Bevölkerung sowie der Wohnflächenbedarfe in der Kernstadt sind im Wesentlichen aus der Wohnungsbedarfs- prognose Heilbad Heiligenstadt der InWIS Forschung & Beratung GmbH aus dem Jahr 2002 abgeleitet, die für die Stadtentwicklungsplanung im Rahmen des Bundeswettbe- werbes Stadtumbau Ost 2002 erstellt wurde. Diese Untersuchung, basierend u.a. auf der 9. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (9. KBV) wurde an die geänderten Prognosen der 10. KBV angepasst und mit den aktualisierten Werten fortgeschrieben.
4.1 Vorausschätzung der Bevölkerungsentwicklung Grundlage für die Vorausschätzungen der Bevölkerungsentwicklung im Rahmen des o.g. Gutachtens sind die verschiedenen Prognosen des Thüringer Landesamtes für Statistik sowie die tatsächliche Bevölkerungsentwicklung des Heilbades Heiligenstadt. Im Ergeb- nis zeigt das Gutachten der InWIS GmbH anhand von drei Varianten (pessimistische Variante, Basisvariante, optimistische Variante) die mögliche Bandbreite der Bevölke- rungsentwicklung der Gemeinde bis zum Jahre 2015 bzw. 2020 auf. Nachfolgend werden die Ergebnisse der Basisvariante, als die von den Gutachtern als wahrscheinlichste Ent-
61 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
wicklung eingeschätzte, dargestellt. Diese diente auch als Grundlage des Stadtentwick- lungskonzeptes (2002). Den Aussagen zur Bevölkerungsentwicklung des Prognosegutachtens der InWIS GmbH lagen u.a. die Ergebnisse der 9. KBV zugrunde. Im Jahr 2004 erfolgte die Fortschreibung der Bevölkerungsvorausberechnung (10. KBV) die eine negativere Entwicklung des Be- völkerungsstandes prognostiziert. Im Vergleich zur 9. KBV weist die 10. KBV für die Gesamtbevölkerungszahl im Landkreis Eichsfeld (2003: 111.500) bis zum Jahr 2015 einen etwa 5,5% (104.400 statt 110.500 Einwohner) niedrigeren Wert, und bis zum Jahr 2020 einen etwa 8% (101.400 statt 110.400 Einwohner) niedrigeren Wert auf. Im Folgenden werden zur Bevölkerungsprognose die Daten der 10. KBV in der für die Thüringer Landesbehörden als Planungsgrundlage festgelegten „Mittleren Variante“ die relativ dicht an der pessimistischsten Variante (W1) der 10. KBV orientiert ist, zugrunde gelegt. Die Zahlen der Wohnungsbedarfsprognose der InWIS GmbH (2002) wurden an die von den Thüringer Landesbehörden verwendete Variante angepasst. Andere Bevölkerungsvorausschätzungen gehen, abweichend von der 10. KBV, von einer deutlich positiveren Bevölkerungsentwicklung aus. So erwartet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seiner pessimistischen Variante für das Jahr 2020 für Ost- deutschland eine stabile, gleichbleibende Population gegenüber dem Jahr 2001 (ca. 15 Mio. Einwohner)19. Ein Wert der etwa der Positivvariante W3 der 10. KBV entspricht. Da- mit ist festzustellen, dass die von der Landesentwicklung Thüringen verwendete Variante der 10. KBV sich weitgehend am negativsten Trend orientiert. Die vom Thüringer Landesverwaltungsamt Referat 460 der Gemeinde übergebene „Be- völkerungsprognose der Stadt Heilbad Heiligenstadt“ vom April 2005 geht in der als wahrscheinlich bewerteten 2. Variante von einer stark sinkenden Bevölkerung für Heilbad Heiligenstadt aus und überträgt den Trend des Eichsfeldkreises als Durchschnitt auf Heilbad Heiligenstadt.
Zeitraum 1. Variante 2. Variante 3. Variante Ist 30.06.2004 17.297 17.297 17.297 (Thür. LA für Statistik) Ist 15.04.2005 17.050 17.050 17.050 (Meldebehörde HIG) 31.12.2005 17.100 17.000 17.000 31.12.2010 17.000 16.500 16.300 31.12.2015 16.500 15.500 14.500 Tab. 4: Bevölkerungsprognose für Heilbad Heiligenstadt des Thüringer Landesverwaltungsamtes; Quelle: Thüringer Landesverwaltungsamt
Es zeigt sich aber, dass schon innerhalb des kurzen Zeitraums zwischen der Prognose aus dem April 2005 und dem heutigen Stand der Bevölkerung (31.08.2005: 17.127 lt. Meldebehörde Heiligenstadt) eine deutliche Differenz festzustellen ist. Dem ab 15.04.2005 bis 31.12.2005 prognostizierten Rückgang um 50 Einwohner steht real be- reits ein Zuwachs von 77 Einwohnern bis zum 31.08.2005 gegenüber. Dies ist eine Prog- nosedifferenz von +127 Einwohnern zwischen dem Ist-Wert und dem Prognosewert für Ende 2005. Diesen Zuwachs jetzt als Grundannahme einer langfristigen rasanten Bevöl- kerungsentwicklung zu prognostizieren ist sowenig anzuraten wie die negativen Trends
19 DIW Berlin Wochenbericht 33/ 2004 Erika Schulz,„Bevölkerungsentwicklung in West- und Ostdeutschland- Vorausschätzung bis 2050“
62 Vorausschätzung des Flächenbedarfes
des Landes Thüringen sowie des Kreises Eichsfeld (vgl. 3.2.1) kumulierend auf Heilbad Heiligenstadt zu projizieren. Da die Fortschreibung von der 9. KBV zur 10. KBV bezüglich der Quoten der haushalts- führenden Altergruppen (Personen ab etwa 20 Jahre) keine wesentlichen Verschiebun- gen aufweist, wurde hier keine differenzierte Anpassung vorgenommen.
4.1.1 Bevölkerungsprognose20 Die bis zum Jahr 2015 reichende Bevölkerungsprognose des InWIS-Gutachten sieht trotz des Bevölkerungsrückganges auf Landkreisebene ein weiteres Ansteigen der Einwoh- nerzahl Heilbad Heiligenstadts voraus. Ausgehend von einem Bevölkerungsbestand von 17.283 (Stand 2002) wird ein Anstieg um 1.593 Personen auf 18.876 Einwohner prognostiziert. Die Prognose basiert u.a. auf folgenden Annahmen: Die natürliche Bevölkerungsentwicklung wird durch die Annäherung von Geburtenra- te und Lebenserwartung auf Westniveau positiv beeinflusst. Die Gemeinde kann den insgesamt positiven Wanderungssaldo der vergangenen Jahre halten um die negative natürliche Bevölkerungsentwicklung weitgehend aus- zugleichen. Die positive wirtschaftliche Entwicklung wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Es gelingt der Stadt Heilbad Heiligenstadt ein zusätzliches, nachfragegerechtes Wohnungsangebot zu schaffen.
Die prognostizierte Einwohnerzahl von 18.876 wurde auf die aktuelle Prognose der 10. KBV angepasst. Entsprechend des o.g. Bevölkerungsrückgangs auf Ebene des Land- kreises Eichsfeld ergibt sich für Heiligenstadt eine Bevölkerungszahl von 17.838 für das Jahr 2015. Dieser Wert entspricht in etwa dem Wert der pessimistischen Variante der Wohnungsbedarfsprognose (2002) auf Basis der 9. KBV. Unter Anerkennung der besonderen Situation der Stadt Heilbad Heiligenstadt kommt die Bevölkerungsprognose zu einem positiven Ergebnis. Die Stadt geht dabei davon aus, dass sich der Trend zur Abkopplung von der negativen Entwicklung im Eichsfeld und im Land Thüringen weiter fortsetzt und dass es der Stadt durch ein gezieltes Angebot nach- frageorientierten Wohnungsbaus gelingt die Wanderungssalden noch positiver zu gestal- ten. Das bedeutet aber auch, dass sich die disparitäre räumliche Entwicklung weiter ver- schärfen wird und Heilbad Heiligenstadt kleinteilig zu den Gewinnern dieses Prozesses gehört. Damit wird zugleich die Funktion als Kreisstadt weiter gestärkt. Mit der Auswei- sung des neuen Gewerbegebietes an der BAB A38 wird ein zusätzlicher Entwicklungs- schub erwartet. Auch die zunächst als eher negativ zu bewertende Tatsache der positi- ven Wanderungssalden älterer Menschen ab 40 Jahren bietet auf lange Sicht Entwick- lungschancen (vgl. Tab. 1). Diese Bevölkerungsgruppen sind eher ortsstabil und werden zusätzlich auf Dauer Bedarfe an Dienstleitungs- und Pflegeeinrichtungen generieren, die sich positiv auf das Arbeitsplatzangebot auswirken werden und längerfristig dem Zuzug auch jüngerer Menschen Vorschub leisten. Insofern ist die Stadt Heilbad Heiligenstadt mit den vorhandenen, nachhaltigen Kur- und Tourismusangeboten im Wettbewerb um Einwohner und Arbeitsplätze sehr gut positioniert.
20 vgl. Wohnungsbedarfsprognose Heilbad Heiligenstadt, InWIS Forschung & Beratung GmbH, Bochum 2002
63 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
4.1.1.1 Entwicklung der Altersstruktur Die amtliche bis zum Jahr 2020 reichende Prognose für den Landkreis Eichsfeld21 wird trotz der prognostizierten Zunahme das Durchschnittsalter im Landkreis mit 45,6 Jahren unter dem Schnitt von 47,8 Jahren der umliegenden Kreise bzw. des Landes Thüringen bleiben. Diese Prognose ist prinzipiell auf Heilbad Heiligenstadt übertragbar, wobei in Heilbad Heiligenstadt insgesamt eine positivere Entwicklung zu erwarten ist. Mit dann 16,2% werden relativ gesehen mehr junge Menschen unter 15 Jahren in Heilbad Heiligenstadt wohnen, wohingegen die Altersgruppe der über 65-jährigen unterdurchschnittlich (=Thüringen-Durchschnitt) besetzt sein wird. Die mittlere Altersgruppe (15- bis 65-jährige) bleibt hingegen auf Landkreis-Niveau. Dies bedeutet, dass der Altersaufbau der Bevölke- rung in Heiligenstadt im Vergleich zum Landkreis Eichsfeld, viel stärker aber noch in Re- lation zu den übrigen Kreisen Thüringens vorteilhaft ist, wo die Bevölkerung durchschnitt- lich älter ist und bleiben wird.
4.1.1.2 Entwicklung der Haushalte Da keine einzelnen Personen sondern Haushalte als Nachfrager auf dem Wohnungs- markt auftreten, ist es notwendig, neben der künftigen Bevölkerungsentwicklung auch die Zahl der Privathaushalte vorauszuschätzen. Der stetige Trend der Verkleinerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße, verursacht u.a. durch demographische Entwicklungen sowie Veränderung der Lebensstile und Fami- lienformen, wird sich aller Voraussicht nach auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Hieraus ergibt sich eine Zunahme der Zahl der Haushalte, die selbst bei konstanten oder leicht rückläufigen Einwohnerzahlen zu einem steigenden Wohnungsbedarf führt. Anhand verschiedener Prognosen22 wurde im Prognosegutachten für Heiligenstadt eine durch- schnittliche Haushaltsgröße von 2,481 Personen abgeleitet. Auf Basis der Bevölkerungsprognose sowie der prognostizierten Entwicklung der Haus- haltszahl, ist bis 2015 eine erkennbare Zunahme der Haushalte auf 7.190 (2000: 6.482) zu erwarten.
4.1.1.3 Wohnbedarfsprognose 2005 - 2015 Durch den prognostizierten Anstieg der Haushalte von 6.482 (2000) bis zum Jahr 2015 auf 7.190 Haushalte und unter Berücksichtigung einer Mobilitätsreserve von 3,5% ergibt sich für das Prognosejahr 2015 ein quantitativer Wohnungsbedarf von insgesamt 7.442 Wohneinheiten. Es ist davon auszugehen, dass nicht alle leerstehenden Wohneinheiten (2004: ca. 880 Einheiten) wieder für den Wohnungsmarkt aktiviert werden können. Basierend auf den Aussagen der beiden ortsansässigen Großvermieter können etwa 36% (316 WE) des Wohnungsüberhanges noch als nachfragegerecht bzw. für den Markt als reaktivierbar eingestuft werden23. Dadurch baut sich auf Basis eines marktgerechten Wohnungsbe- standes24 von 7.187 (2002) bis zum Ende des Prognosezeitraumes kontinuierlich ein Neubaubedarf von 254 Einheiten auf.
21 „regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung“ des Thüringer Landesamtes für Statistik auf Basis der 9. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (KBV) 22 des Thüringer Landesamtes für Statistik (TLS) und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) 23 Für die Leerstände in privaten Gebäuden können keine Angaben gemacht werden. 24 Ausgehend von einem Gesamtwohnungsbestand von 7.749 Wohnungen abzüglich der als nicht mehr für den Wohnungsmarkt aktivierbaren Leerstände von 562 Einheiten. (2002)
64 Vorausschätzung des Flächenbedarfes
4.1.2 Schlussfolgerung Die Prognosen zur quantitativen und qualitativen Wohnflächenbedarfsentwicklung und zur Entwicklung des Wohnungsmarktes verdeutlichen ein Dilemma. Mittel- bis langfristig besteht ein Bedarf an Wohnflächen, denen ein angemessenes quantitatives Angebot in den Großsiedlungsgebieten gegenübersteht. Dieses Angebot geht qualitativ jedoch weit am Markt vorbei, muss nachhaltig mit einem schlechten Standortimage, insbesondere bezogen auf den Wohnstandort Liethen II, fertig werden und wirkt sich auf die Gesamt- stadt eher negativ aus. Die kommunale Wohnungsbaupolitik muss gezielt diese qualitativen Defizite aufnehmen und gegensteuern, um die an sich positive Bevölkerungsentwicklung durch eine nachfra- georientierte Bau- und Planungspolitik zu fördern. Faktisch bedeutet dies: Abriss oder Vollsanierung unattraktiver Bestände, Weiterführung der Stadterneuerung zur weiteren Stabilisierung des Wohnungsmark- tes in der Altstadt und Ausweisung von familiengerechten Bauflächen auch für Einfamilienhäuser im Weich- bild der Stadt.
4.2 Allgemeine Trends der Flächeninanspruchnahme Neben der voraussichtlichen Bevölkerungsentwicklung sind allgemeine Trends der Flä- cheninanspruchnahme für Wohnen und Gewerbe mit den jeweiligen Folgeeinrichtungen für Verkehr und Infrastruktur ausschlaggebend für die Vorausschätzung der notwendigen Erweiterungsflächen. Dabei ist zwischen tatsächlichem Bedarf und der im Wesentlichen von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängigen Nachfrage zu unterscheiden.
4.2.1 Entwicklung der Wohnflächennachfrage Der allgemeine Wohnflächenbedarf bzw. die -nachfrage ist nicht allein durch die nominel- le Bevölkerungsentwicklung verursacht. Große Teile der Nachfrage ergeben sich aus der Verkleinerung der Haushalte und der damit einhergehenden Vergrößerung der individuel- len Wohnflächenansprüche sowie steigenden Wohnqualitätsanforderungen (Wohnfor- men). Somit ist auch bei stagnierenden oder sinkenden Einwohnerzahlen von einer zu- sätzlichen Wohnflächennachfrage auszugehen. Heilbad Heiligenstadt hatte mit einer Pro- Kopf-Wohnfläche von gut 34 m² im Jahr 2000 eine deutliche Steigerung gegenüber dem Jahr 1995 (30 m²) zu verzeichnen. Die Kommune lag somit im Jahr 2000 immer noch deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts von 39,5 m² (Ost 36,0 m² / West 40,2 m²). Somit ist davon auszugehen, dass der Nachholbedarf im Bereich der Wohnflächennach- frage weiter anhalten wird.
4.2.2 Entwicklung der Gewerbeflächennachfrage Die Entwicklung der Flächennachfrage im gewerblichen Bereich ist von verschiedenen Faktoren abhängig: So sind es vor allem die allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen und die der ansässigen Betriebe sowie der Erfolg der städtischen bzw. regionalen Wirt- schaftsförderung, die im Wesentlichen die Entwicklung der Arbeitsplatzsituation bestim- men. Die Entwicklung des Flächenbedarfs pro Arbeitsplatz bestimmt den daraus resultie- renden Bauflächenbedarf. Eine Prognose hierzu ist jedoch noch mehr wie die Abschät- zung der Wohnbauflächenachfrage sehr unsicheren Faktoren unterlegen.
65 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Dies betrifft sowohl die Flächenentwicklung durch Neuansiedlung wie den Umgang mit den bestehenden Betrieben. So sollen beispielsweise, der Strategie der Gewerbeent- wicklung des Stadtentwicklungskonzeptes folgend (vgl. 4.4.2), Betriebe mit eventuellem Erweiterungsbedarf und stark emittierende Gewerbebetriebe zur Entlastung der betroffe- nen Bereiche im neuen Gewerbegebiet an der BAB 38 untergebracht werden. Dies ist wiederum von der wirtschaftlichen Situation sowie der Veränderungsbereitschaft der Be- triebe abhängig und wirft die Frage der Nachnutzungsmöglichkeiten und -potentiale auf. Andererseits erhofft sich die Stadt mit der Fertigstellung der BAB A 38 und der Bereitstel- lung anliegender Gewerbeflächen eine vermehrte Neuansiedlung von Betrieben, für die ebenfalls ausreichende Flächenpotentiale zu Verfügung gestellt werden müssen. Einen Schwerpunkt bei der Ansiedlung sollen verarbeitende Betriebe darstellen. Bei einer posi- tiven Entwicklung beider genannten Bereiche kann es im Falle einer zu geringen Auswei- sung von Gewerbeflächen zu Konflikten kommen, die im Rahmen der Flächennutzungs- planung auszuräumen sind.
Gewerbegebiet Bruttofläche Nettofläche belegte Flä- Freie Fläche che West 15,3 ha 10,2 ha 10,2 ha 0 ha Süd-Ost 31,2 ha 25,4 ha 21,3 ha 0 ha An der B 80 48,0 ha 26,0 ha 26,0 ha 0 ha An der B 80 II 11,0 ha 5,9 ha 1,0 ha 4,9 ha An der BAB 38 56,4 ha 42,5 ha 0 ha 42,5 ha (in Planung) Summe 161,9 110,0 58,5 47,4
Tab. 5: Belegung der Gewerbegebiete der Stadt Heilbad Heiligenstadt; Quelle: Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt
Die bestehenden Gewerbeflächen Heiligenstadts sind weitgehend ausgelastet. Hier be- finden sich 59 Betriebe mit gut 1.800 Beschäftigten. Flächenreserven bestehen derzeit in den Erweiterungsflächen des Gewerbegebietes An der B80 II, für das jedoch erst seit Anfang des Jahres 2005 verbindliches Planungsrecht besteht. Diese Flächen werden jedoch größtenteils für Betriebserweiterungen benötigt. Zwei bestehende Betriebe haben hier entsprechende Flächen erworben. Für das sich noch in Planung befindliche Gewerbegebiet An der BAB 38 gibt es nach Aussagen der örtlichen Wirtschaftsförderung bereits verschiedene Interessenten. Ein Betrieb der bisher im Gewerbegebiet Süd-Ost ansässig ist, möchte sich an diesem Standort neu positionieren. Weiterhin gibt es Anfragen von bisher nicht in Heiligenstadt ansässigen Unternehmen, die hier einen Standort gründen wollen. Weiterhin gibt es Flächenbedarfe durch bestehende Betriebe im Gewerbegebiet West, hier wird für einen Betrieb eine etwa 1,5 ha große Erweiterungsfläche ausgewiesen, so- wie im Gewerbegebiet Süd-Ost von etwa 2,0 ha. (vgl. 5.2.3.2) Die Nachfrage nach Flächen reduziert sich jedoch nicht nur auf Arbeitsplätze im gewerb- lichen Bereich. Die Entwicklung hin zu mehr Dienstleistungen sowohl im gewerblichen wie im privaten Bereich, zu größeren Anteilen Tele- und Heimarbeit, zu kleinteiligeren Betriebsstrukturen und zu mehr Selbstständigkeit macht die Ausweisung von gemischten Bauflächen im Kontext von Wohngebieten möglich und aufgrund der wohnungsähnlichen Tätigkeiten verträglich. Darüber hinaus können gemischte Quartiere Beiträge zur not-
66 Vorausschätzung des Flächenbedarfes
wendigen Verbesserungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf leisten. Der Flächen- nutzungsplan weist deshalb auch in Bezug auf den Bestand im engeren Einzugsbereich der Altstadt einen höheren Anteil an Mischbauflächen aus, um die Tendenz der Entwick- lung von Dienstleistungsangeboten, gerade auch im Kontext der Kur- und Tourismuswirt- schaft positiv aufzunehmen.
4.2.3 Entwicklung der übrigen Flächennachfrage
4.2.3.1 Großflächiger Einzelhandel Die Flächennachfrage bezüglich des großflächigen Einzelhandels wird trotz der deutlich höheren durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausstattung in Ostdeutschland weiterhin ungebro- chen sein. Dies lässt sich beispielhaft an der vom Betreiber geplanten Neuansiedlung eines Lebensmittel-Verbrauchermarktes in Heiligenstadt, was letztlich als Verdrängungs- wettbewerb einzustufen ist, verdeutlichen (vgl. 2.10). Trotz der rechnerischen „Überaus- stattung“ weist die Stadt Heilbad Heiligenstadt Defizite in einzelnen Segmenten auf. Ent- sprechend wird im Stadtentwicklungskonzept als Ergänzung zur Innenstadt die Ansied- lung „eines mittelgroßen Angebots in den Bereichen NonFood, Bekleidung, HiFi und Technik sowie Haushaltsgeräte“25 im engen räumlichen Kontext der Kernstadt (Bereich ZOB / Solidor) als sinnvolle Ergänzung des Angebotes der Kreisstadt erachtet, wenn „langfristig die Funktionalität der Kreisstadt, vor allem in Konkurrenz zu Göttingen und Kassel, gesichert werden soll.“26
4.2.3.2 Ver- und Entsorgung Im Bereich der Ver- und Entsorgungsanlagen ergibt sich nach Aussagen der zuständigen Träger keine zusätzliche Flächennachfrage. Die Stadtwerke als Nutzer bzw. die Thürin- ger Energie AG (TEAG) als Eigentümer planen zwar eine Erweiterung der bestehenden Anlage im Gewerbegebiet an der B 80, diese soll jedoch auf der bereits im Bestand ge- nutzten Fläche realisiert werden.
4.2.3.3 Kur, Tourismus, Freizeit Die Flächenwirksamkeit von Kur-, Tourismus und Freizeitnutzungen beschränkt sich im Wesentlichen auf flächenintensive Sport- und Freizeitanlagen, weniger auf naturnahe Erholungs- und Freizeitnutzungen. Aufgrund der wertvollen Landschaft vor allem im Sü- den des Gemeindegebietes, die zudem als Landschaftsschutzgebiet gesichert ist, muss sich die Entwicklung von Sport-, Freizeit- und Tourismuseinrichtungen in Heiligenstadt im Wesentlichen auf die bestehenden Flächen konzentrieren. Eine Ausnahme bildet hier die geplante Entwicklung einer flächenextensiven Sport- und Freizeitanlage sowie die Verla- gerung des Sportstadions Gesundbrunnen in den nördlichen Stadtbereich. (vgl. 5.4.3)
4.2.3.4 Landwirtschaft In der Landwirtschaft führt der allgemeine Trend zur kleinteiligen Extensivierung stadtna- her landwirtschaftlicher Nutzflächen und gegebenenfalls zu Betriebsaufgaben u.a. auf- grund von EU-programmbedingten Flächenstillegungen, gleichzeitig aber auch zur Inten- sivierung durch größere Landwirtschaftsbetriebe. In Zukunft erscheint es möglich, dass der Anteil intensiv genutzter landwirtschaftlicher Flächen im unmittelbaren Umfeld der Stadt eher zurückgehen wird.
25 vgl. Stadtentwicklungskonzept Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost – Perspektiven für Heilbad Heiligenstadt, S. 24 26 ebenda
67 Stadt Heilbad Heiligenstadt – Flächennutzungsplan 2006
Der Flächennutzungsplan sichert die Forderungen und Zielsetzungen der Raumord- nungsplanung, den Boden als nicht vermehrbare Naturressource, Hauptproduktionsmittel und Grundlage jeder land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung zu bewahren und den ländlichen Raum durch Erhalt und Neuschaffung von Arbeitsplätzen zu stärken. Ent- sprechend wird die Ausweisung von baulichen Entwicklungsflächen im Bereich landwirt- schaftlicher Nutzflächen auf das für die nachhaltige Entwicklung der Gemeinde notwen- dige Maß beschränkt.
4.3 Vorausschätzung der Bauflächennachfrage Auf der Grundlage der Vorausschätzung der Bevölkerungsentwicklung werden unter Ein- beziehung der allgemeinen Trends der Flächennachfrage in diesem Abschnitt Aussagen über die notwendigen Entwicklungsflächen für den Wohnungs- und Gewerbebau getroffen. 4.3.1 Vorausschätzung der Wohnbauflächenachfrage Zur Überführung der beschriebenen Bevölkerungsprognose in die Wohnbauflächennach- frage wurde für den Bruttobaulandbedarf pro Wohneinheit ein Durchschnittswert einge- setzt. Dieser wurde ermittelt aus den bereits weitgehend vermarkteten Flächen innerhalb bestehender Bebauungspläne, deren Zielsetzung die Entwicklung von Wohnbauflächen war. Mit dieser Vorgehensweise wurden die spezifischen, die realen Bedarfe widerspie- gelnden quantitative Flächennachfrage der Bauwilligen ermittelt sowie dem ggf. erhöhten Flächenbedarf beispielsweise für Erschließungsmaßnahmen auf Grund der spezifischen topographischen Gegebenheiten Rechnung getragen. So wurden zwei wesentliche, den Bruttobaulandbedarf beeinflussende Faktoren berücksichtigt: In den zehn rechtskräftigen Bebauungsplänen der Kernstadt wurden auf einer Gesamt- plangebietsgröße von 44,4 ha 561Wohneinheiten auf 508 Baugrundstücken ausgewie- sen. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Bruttobaulandbedarf von 791 m² pro Wohneinheit. Dabei ist die anteilige Verhältnismäßigkeit zwischen Ein- und Mehrfamilien- häusern (etwa 90% zu 10%) - die unterschiedliche Durchschnittswerte bezüglich des Bruttobaulandbedarfes pro Wohneinheit aufweisen - berücksichtigt. Aus diesen Werten errechnet sich auf Grundlage der vorstehenden Wohnbedarfsprogno- se eine Bruttowohnbaulandnachfrage von 20,1 ha, die aus der abgeleiteten Nachfrage bis 2015 von 254 Wohneinheiten resultiert.
4.3.1.1 Bauflächenpotentiale nach § 34 BauGB sowie in rechtsgültigen Bebauungsplänen Neben der Ermittlung der Bruttowohnbauflächennachfrage spielen für die Ausweisung von Erweiterungsflächen auch die Baulücken innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB) bzw. in rechtsgültigen Bebauungsplänen eine wichtige Rolle. Die eingeschränkte Verfügbarkeit von Baulücken lässt eine volle Anrechnung auf den ermittelten Wohnbaulandbedarf nicht sinnvoll erscheinen. Dies ist damit zu begründen, dass sich diese Flächen größtenteils in privatem Besitz befinden und meist nur im Rah- men der familiären Entwicklung aktiviert werden. Dem Einfluss der Kommune auf die bauliche Nutzung bzw. Entwicklung sind diese Flächen somit weitgehend entzogen. Nach Einschätzung der Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt sind von den insgesamt 39 Potentialflächen im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans 15 innerhalb des Pla- nungszeitraumes bis 2015 mobilisierbar. Dies entspricht einem Anteil von fast 40 %. Aus- gehend von dem ausgeprägten Wunsch der Heiligenstädter nach Einfamilienhäusern ist damit zu rechnen, dass hier keine Mehrfamilienhäuser entstehen werden und nur zwei der mobilisierbaren Grundstücke mit Gebäuden mit einer zweiten Wohneinheit belegt werden. Daraus ergibt sich ein Potential von 17 Wohneinheiten im unbeplanten Innenbereich.
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Ortsteil Baulücken nach §34 davon im prozentualer Anteil BauGB Planungszeitraum mobilisierbar Flinsberg 2 1 50,0 % Günterode 6 4 66,6 % Heilbad Heiligenstadt 25 8 30,0 % Kalteneber 3 1 33,3 % Rengelrode 3 1 33,3 % Summe 39 15 38, 5 % Tab. 6: mobilisierbare Bauflächen nach §34 BauGB; Quelle: Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt
Die übrigen Flächen werden als Flächen für die genannte familiäre „Eigenentwicklung“ sowie als notwendige Baugrundstücksreserve angesehen, die die erforderliche Flexibilität auf dem Grundstücksmarkt sicherstellen soll. In den rechtsgültigen Bebauungsplänen besteht aktuell eine durchschnittliche Auslastung von rund 85%. Bei bereits länger bestehenden Baugebieten zeichnet sich ab einer Schwelle zwischen 80% und 90% eine Sättigung der Nachfrage für die entsprechenden Baugebieten ab. Daraus ist zu schließen, dass diese Flächen aus unterschiedlichen Gründen, z.B. Lage des Grundstücks innerhalb des Baugebietes, Grundstückserschlie- ßung, ungünstiger Grundstückszuschnitt, Eigentumsverhältnisse (Rückhaltung durch Eigentümer für evtl. Eigenbedarf/Erbfolge), ab einer Auslastung von rd. 80% nur noch schwer vermarktbar sind. Daher werden Potentialflächen innerhalb der Bebauungspläne nur anteilig bis zu einer Auslastung von 90% auf die zusätzliche Wohnbauflächennach- frage angerechnet.
Planbezeichnung Größe geplante Baugrund- bereits prozentua- in ha WE stücke bebaut ler Anteil Nr. 07 „Honiggrube“ 9,8 94 94 80 85 % Nr. 08 „Hohes Rott“ 13,6 139 139 115 83 % Nr. 10 „Auf dem Hungra- 6,9 96 96 90 94 % ben / Auf dem Richteberg“ Nr. 11 „Ibergrandweg / 3,0 52 52 38 73 % Gehrengrund Nr. 21 „Dünwiese“ 2,1 27 27 22 81 % Nr. 39 „Südliche Iberg- 0,9 14 7 5 71 % straße“ Nr. VE 15 „Liethen West / 3,6 79 40 26 65 % Auf dem Richteberg“ Nr. VE 08 „Paradiesweg“ 1,0 14 11 10 91 % Nr. 18 „Hinter Griethes 1,4 21 17 8 47 % Hof“ (OT Günterode) Nr. 43 „Unterm Steinberg“ 2,1 25 25 10 40 % (OT Rengelrode) Summe 44,4 561 508 431 85 % Tab. 7: Belegung der Wohnbaugebiete der Stadt Heilbad Heiligenstadt (12.2005); Quelle: Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt; eigene Darstellung
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Daraus ergeben sich folgende anzurechnende Werte:
Planbezeichnung anzurechnender Anteil in Anteil in m² (nach Anteil in % Wohneinheiten Gebietsdurchschnitt) Nr. 07 „Honiggrube“ 5 5 5.200 Nr. 08 „Hohes Rott“ 7 10 9.800 Nr. 11 „Ibergrandweg / Geh- 17 9 4.600 rengrund Nr. 21 „Dünwiese“ 9 2 1.600 Nr. 39 „Südliche Ibergstraße“ 19 3 1.900 Nr. VE 15 „Liethen West / Auf 25 20 9.100 dem Richteberg“ Nr. 18 „Hinter Griethes Hof“ 43 9 6.000 Nr. 43 „Unterm Steinberg“ 50 13 11.000 Gesamt - 40 28.800 = 2,9 ha Tab. 8: anzurechnendes Baulandpotential rechtsgültiger Bebauungspläne; Quelle: eigene Berechnung
4.3.1.2 Leerstände Neben Baulücken gibt es auch Leerstände, die potentiell für die Wohnnutzung zur Verfü- gung stehen (vgl. 3.2.2). Auf eine kleinteilige Bestandsaufnahme leerstehender Wohnun- gen und Einzelgebäude wird jedoch verzichtet, da sich die vorhandenen Leerstände, insbesondere die nicht mehr oder nur schwer aktivierbaren, größtenteils im Besitz der örtlichen Wohnungsgesellschaften befinden. Diese sind räumlich konzentriert im Wohn- gebiet „Auf den Liethen“ vorzufinden. Die 316 leerstehenden Wohneinheiten die nach Aussagen der örtlichen Wohnungsge- sellschaften wieder für den Markt zu reaktivieren sind, wurden bereits im Kapitel 4.1.1.3 auf den prognostizierten Neubaubedarf angerechnet, so dass hier keine weitere Berück- sichtigung notwendig ist. Die konkrete Entwicklung zeigt sich hier aber negativer als im Flächennutzungsplan und dem Gutachten der InWIS GmbH angenommen. Gingen die Wohnungsgesellschaften 2002 noch davon aus, dass sich bis 2015 ca. 316 Wohnungen wieder an den Markt brin- gen lassen würden, so zeigt sich, dass aktuell der Leerstand auf dem Stand von ca. 880 WE verharrt. Dies ist positiv, insofern als sich darin die Stabilisierung des Bestandes – vor allem in den Großsiedlungen – zeigt. Diese Stabilität entspricht aber nicht den Erwar- tungen, die die sowohl die Wohnungsgesellschaften als auch die Stadt an die Reaktivie- rung der Bestände hat. Das mögliche Flächenpotential, welches sich aus dem Rückbau nicht mehr zu vermark- tender Wohneinheiten ggf. für eine Neuentwicklung gewinnen lässt, kann ebenfalls nicht auf die oben genannte Bruttowohnbaulandnachfrage von 20,1 ha angerechnet werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass derzeit weder in zeitlicher noch räumlicher Dimensi- onierung ein konkretes Rückbaukonzept besteht. Daher sollten diese Flächen zunächst „nur“ als weitere potentielle Reserveflächen ange- sehen werden. Zudem ist an dieser Stelle die Bedeutung des Flächennutzungsplans als vorbereitende Bauleitplanung hervorzuheben, die nicht unmittelbar Baurecht schafft. Die Nichtrealisierung einer Entwicklungsfläche zugunsten der integrierten Lage des Standor- tes „Auf den Liethen“ erscheint unproblematisch und kann später gezielt nachgesteuert werden. Auf Basis der vorausgeschätzten Wohnbauflächennachfrage von 20,1 ha und unter An- rechnung der Bauflächenpotentiale nach § 34 BauGB sowie in rechtsgültigen Bebau-
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ungsplänen ergibt sich ein Bedarf von rd. 16 ha neu auszuweisender Wohnbauflächen. Dieser Wert wird der in Kapitel 5 folgenden Bewertung von Entwicklungsflächen zu Grunde gelegt.
Bestand Prognose 2015 Null-Variante
2015 Ermittlung des Flächenbedarfes Bevölkerungsstand 17.177 17.838 17.200 Wohnungsbedarf 6.869 7.441 7.175 Zusätzlicher Bedarf an Wohneinheiten 572 306 Flächenbedarf in ha (791m²/WE) 45,42 ha 24,3 ha abzüglich Entwicklungsflächen im Bestand Reaktivierung von Leerständen ca. 316 WE 25,09 ha 25,09 ha Reserveflächen B-Pläne 2,9 ha 2,9 ha Baulücken n. §34 BauGB 1,4 ha 1,4 ha Bruttowohnbaulandbedarf 16,03 ha -5,69 ha
Tab. 9: Bruttowohnbaulandbedarf im Vergleich; Quelle: eigene Berechnung
In der zusammenfassenden Tabelle wird noch einmal deutlich, dass die Stadt Heilbad Heiligenstadt in ihrer Entwicklung stark auf die Innenentwicklung und die Reaktivierung des vorhandenen Wohnungsbestandes orientiert ist. Über die Hälfte der potentiellen Flä- chen- und Wohnungsnachfrage die sich aus der prognostizierten Bevölkerungsentwick- lung und der Entwicklung der Wohnflächennachfrage ergibt, soll über die Bestandsent- wicklung gedeckt werden. Lediglich rd. 16 ha sollen über Neuausweisungen realisiert werden. Hier liegt insofern ein Risiko, da sich, wie oben dargestellt, zwischen 2002 und 2005 im Wohnungsbestand wegen der nicht nachfragegerechten Bestände so gut wie keine Veränderungen ergeben haben. Andererseits liegt das Flächenrisiko innerhalb eines Entwicklungskorridors, der zwischen einer konstanten Bevölkerungszahl und der angestrebten, prognostizierten Variante eines geringen Bevölkerungswachstums auf 17.838 Einwohner variiert. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass die ausge- wiesenen Entwicklungsflächen für Wohnungsbau einen angemessenen Rahmen für die räumliche Entwicklung der Stadt Heilbad Heiligenstadt darstellen. Das oben dargestellte Berechnung geht davon aus, dass sowohl bei der Variante „Prog- nose 2015“ als auch bei der „Null-Variante 2015“ die Reaktivierung der 316 als marktfä- hig eingestuften Wohneinheiten erfolgt. Sollte dies nicht vollständig gelingen ist, was in derzeitiger Tendenz ablesbar ist, so würde sich dies auch bei geringen Bevölkerungszu- wächsen oder einer Stabilisierung der gegenwärtigen Bevölkerungszahl in einem ent- sprechenden Zuwachs des Bruttowohnbaulandbedarfes niederschlagen. Zusammenfassend ist in nachfolgender Abbildung die Herleitung des Bruttowohnbau- landbedarfes dargestellt.
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Abb. 7: Herleitung des Bruttowohnbaulandbedarfes Quelle: eigene Berechung; eigene Darstellung
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4.3.2 Zur Vorausschätzung der Nachfrage nach gewerblichen Bauflächen Die Prognose der Gewerbeflächennachfrage ist wie bereits erwähnt mit noch größeren Unsicherheiten verbunden als die Prognose der Wohnflächennachfrage, da deren Ent- wicklung noch deutlicher mit dem Strukturwandel verknüpft ist; d.h. auf der einen Seite ist zwar aufgrund des steigenden Anteils der Arbeitsplätze im tertiären Sektor (insbesondere Logistik und Handel, sowie Kur und Tourismus) durchschnittlich mit einem höheren Flä- chenbedarf pro Arbeitsplatz zu rechnen, jedoch gewinnen gleichzeitig neue Formen der Beschäftigung (wie z.B. Heimarbeit u.ä.) für immer breitere Schichten der Bevölkerung zumindest zeitweise an Bedeutung. Hier sind die Flächennachfragen kaum kalkulierbar. In den 1980er Jahren wurde aus verschiedenen Berechnungsmethoden (angebotsorien- tierte Prognosemethode und nachfrageorientierte Prognosemethode) eine Kombination für die räumliche Planung entwickelt. Diese ist jedoch im Wesentlichen auf das produzie- rende Gewerbe ausgerichtet. Mit dieser Methode wird versucht anhand allgemeiner Er- fahrungswerte/Kennziffern in Kombination mit den entsprechenden örtlichen Betriebsver- hältnissen (Art der Betriebe, Beschäftigte in Produktion und Verwaltung, etc.) differenzier- te Ergebnisse zu erzielen. Gleichzeitig ist dies aber auch mit hohen Anforderungen an die Datenerhebung und –auswertung verbunden um damit die Angriffspunkte für Unsicher- heiten zu reduzieren. Eine Kleinteiligkeit der Daten kann so zur besseren Nachvollzieh- barkeit und zu einer höheren Treffsicherheit dieser Prognosemethode beitragen. Jedoch kann auch diese spezifischere Bestimmung der Determinanten der Formel - Beschäftigte x Flächenkennziffer = Fläche - die Unzulänglichkeit einer Verlängerung der bisherigen Entwicklung in die Zukunft nicht ausgleichen. Ein wesentliches zusätzliches Manko einer solchen Prognose ist deren Nichtberücksich- tigung neuer oder sich ändernder Formen der Arbeit/Beschäftigung, deren Flächenbedarf auch mit Hilfe von Befragungen kaum zu ermitteln ist und sich hauptsächlich auf beste- hende Gebäude konzentrieren wird, da derartige Unternehmen nur selten in der Lage sein werden, einen Flächenankauf oder auch nur die Miete für einen Neubau zu finanzie- ren. Darüber hinaus zeigt die Beschäftigungsentwicklung auch für Heiligenstadt entsprechend dem allgemeinen Strukturwandel einen Rückgang der Beschäftigten im produzieren- den/verarbeitenden Gewerbe und gleichzeitig eine Zunahme der Beschäftigten im Dienst- leistungssektor. Dennoch verfolgt die Stadt weiterhin einen aktiven Ansatz zur Entwick- lung der Arbeitsplatzentwicklung im produzierenden / verarbeitenden Gewerbe. Eine Reihe von Nachfragen aus diesem Bereich konnte aufgrund fehlender Angebote in den vergangenen Jahren nicht befriedigt werden. Diesem Defizit soll mit einer aktiven und vorausschauenden Gewerbeflächenentwicklung entgegengewirkt werden. Mit der Ausweisung der Flächen soll zugleich ein Angebot an großflächigen, gewerblich / industriell nutzbaren Flächen für das gesamte Eichsfeld angeboten werden. Damit ist auch ein erster wichtiger Schritt zur interkommunalen Kooperation unternommen worden. Der Anteil privater Dienstleistungen, der in Heiligenstadt aufgrund des besonderen Be- darfs an Kur- und Pflegeeinrichtungen bzw. entsprechenden Dienstleistungen über dem Durchschnitt liegt, wird weiter zunehmen. Derartige Einrichtungen sind aufgrund ihres geringen Störungspotentials größtenteils problemlos in gemischten oder auch in Wohn- gebieten unterzubringen. In diesem Teilsektor wird die Nachfrage nach gewerblichen Flächen voraussichtlich weniger stark sein als in der Vergangenheit. Letztlich hängt aber die Entscheidung für oder gegen einen Standort seitens eines Unternehmens von unter- schiedlichen, nicht immer von der Kommune zu beeinflussenden Faktoren ab.
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Entsprechend problematisch oder auch wenig sinnvoll ist die Vorausschätzung des Flä- chenbedarfs und die daraus abgeleitete Ausweisung von Entwicklungsflächen. Aus den genannten Gründen wird für die Gewerbeentwicklung keine Flächenprognose durchge- führt. Der Flächennutzungsplan orientiert sich also an den Gegebenheiten vor Ort sowie den Anforderungen aus der Region und ermittelt Flächen, deren bauliche Entwicklung in Abwägung mit anderen Belangen sinnvoll ist.
4.4 Entwicklungsmaßnahmen des Stadtentwicklungskonzeptes Im Folgenden werden die wesentlichen Maßnahmen des Stadtentwicklungskonzeptes dargestellt, die in die Flächennutzungsplanung übernommen werden und somit teilweise als Entscheidungsgrundlage für die Verortung der ausgewiesenen Entwicklungsflächen dienen. Einige der dargestellten Maßnahmen befinden sich schon in einem fortgeschrit- tenen Planungsstadium und die planungsrechtliche Absicherung wird bereits mit der Auf- stellung von z.T. bereits rechtkräftigen Bebauungsplänen betrieben Die folgend dargestellten Maßnahmen werden, soweit sie eine Flächennutzungsände- rung zur Folge haben, als Entwicklungsflächen in Kapitel 5 näher erläutert. Nicht alle hier dargestellten Maßnahmen und Entwicklungsperspektiven sind unmittelbar für die Darstel- lung des Flächennutzungsplans relevant, da sie teils eher auf einer strategischen Pla- nungsebene angesiedelt sind. Sie bilden aber wesentliche Bausteine der Planungspolitik der Stadt und sind als eine strategische Gesamtkonzeption zu sehen, deren Ziele soweit möglich auch im Flächennutzungsplan konkretisiert werden.
4.4.1 Entwicklungsbereich Wohnen Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland fordert neue Strategien auf dem Woh- nungsmarkt. Die Diversifikation der Nachfrage einerseits und das zumeist schlechte Image des komplexen Wohnungsbaus andererseits zwingen die Kommunen zu drasti- schen Maßnahmen. Während im traditionellen Wohnungsbau erhebliche Absatzprobleme bestehen, ist auf dem Markt des Eigenheimbaus immer noch eine, wenn auch abflachen- de, Nachfrage zu verzeichnen. Die Gründe liegen im Wunsch nach Individualität, den Vorteilen dieser Wohnform für Familien und in der Attraktivität der Immobilie als Geldan- lage und Alterssicherung. Aufbauend auf der Bevölkerungsprognose und den formulierten Anforderungen wird die Entwicklung eines hochwertigen diversifizierten Wohnstandortes Heilbad Heiligenstadt verfolgt. Daraus leiten sich die folgenden Grundanforderungen ab: Familien müssen im Weichbild der Stadt die Möglichkeit zur Realisierung ihres Wun- sches nach Einfamilienhäusern erhalten, um eine Abwanderung in die Region zu verhindern und um die städtischen Infrastrukturen auszulasten. Parallel muss ein Angebot für Ein- und Zweipersonenhaushalte sowohl für alte Men- schen wie für junge Menschen in einer attraktiven Innenstadt bereitgestellt werden. Bei der zukünftigen baulichen Entwicklung ist generationenübergreifend zu denken. Dies geht von der Ausgestaltung des Wohnumfeldes bis hin zur Grundrissgestaltung der Wohnungen. Neue Arbeitsformen, das Arbeiten zu Hause etc. in Folge der Entwicklungen der In- formationsmedien, sind weitere wichtige Parameter zukünftiger Wohnungspolitik.
Den genannten Anforderungen kann der Wohnungsbestand des komplexen Wohnungs- baus mit einem Anteil von einem Drittel des gesamten Wohnungsmarktes der Stadt aktu- ell nicht genügen und die Bestände in der historischen Altstadt sind aufgrund der kleintei- ligen Eigentümerstruktur gezielt nur begrenzt zu mobilisieren. Deshalb konzentriert sich
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das planerische Interesse zunächst auf die Weiterentwicklung dieser stadtnahen, groß- flächigen Wohnquartiere. Darin wird die Chance gesehen mit einer langfristigen Stadt- entwicklung, durch gezielten Abriss einzelner Wohnblöcke und –zeilen die Bausubstanz in nachfrageorientierte Wohnungsformen zu überführen und ein ansprechendes, städte- bauliches Ambiente zu realisieren.
4.4.1.1 Leitprojekt Wohngebiet Auf den Liethen Für das Wohngebiet Auf den Liethen ergeben sich mit der Sanierungsstrategie für den Wohnungsbau sowie der Qualifizierung des öffentlichen Raumes zwei zentrale Maßnah- menbereiche. Beide Aspekte sind in der Umsetzung und den strategischen Überlegun- gen der konkreten Entwürfe eng verwoben. In der Aufgabenverteilung ergeben sich ent- sprechend der Verantwortlichkeit allerdings unterschiedliche Schwerpunkte. Während die Frage der Sanierung der Wohnungsbestände vor allem eine Aufgabenstellung der priva- ten Wohnungsgesellschaften ist, ist die Qualifizierung des öffentlichen Raumes eine zent- rale Aufgabe der Stadt. Das Entwicklungskonzept konzentriert sich im Wesentlichen auf die westlichen Bestände des Wohngebietes (Liethen II), da diese den zentralen strategischen Schlüssel zur Lö- sung beider Probleme liefern. Ziel der Neuordnung des Gebietes ist die Integration des Siedlungsraumes von Liethen West, bis hin zum Neubaugebiet Am Richteberg. Damit soll ein gleitender Übergang von den Bauflächen des Eigenheimbaus in die sanierten Bestände des komplexen Wohnungsbaus geschaffen, der Gesamtstandort Liethen neu zoniert und die unterschiedlichen Wohnbauflächen zu einer neuen Einheit zusammenge- fügt werden. Mit der Konzentration auf Liethen II erhält man eine klare räumliche Begrenzung der In- terventionsfläche. Die gesamte technische und verkehrliche Infrastruktur kann weitge- hend beibehalten werden. Das ermöglicht eine kostengünstige und modulare Neustruktu- rierung der beräumten Flächen, in flexiblen Zeitfenstern. Anzustreben ist auf der Fläche eine deutliche Aufwertung. Hier können die Wohnungsgesellschaften Modellvorhaben in verdichteten, preiswerten Eigentumsmaßnahmen für junge Familien und Schwellenhaus- halte, altengerechtes Wohnen oder ähnliche Modellprogramme realisieren. Auch eine normale Verwertung der Flächen für kleinteilige Eigentumsmaßnahmen sind denkbar. Strategisch wichtig ist neben der Schaffung von Bauland vor allem die Imageverbesse- rung der Fläche als wichtige, wenn nicht notwendige, Voraussetzungen für die Stabilisie- rung der Gesamtsiedlung Auf den Liethen. Die Qualifizierung des öffentlichen Raumes soll auf mehreren Ebenen geschehen: Neuordnung der Erschließung zur besseren Erkennbarkeit und Orientierung Formulierung einer neuen, grünen und sozialen Mitte Aufwertung der privaten Freiräume im Rahmen der baulichen Qualifizierung der Wohngebäude. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind als Stützungsmaßnahmen zur Stabilisierung des Wohnungsstandortes Liethen zu sehen. Ein höherwertiges Wohnumfeld kann eine deut- lich positive Wirkung auf die Wohnzufriedenheit haben, es verbessert das Image des Standortes nach Innen und nach Außen.
4.4.1.2 Perspektive Wohngebiet Auf der Rinne Im Wohngebiet Auf der Rinne sind, wie auch Auf den Liethen, größere Leerstände vorzu- finden. Diese sind jedoch weniger auf städtebauliche oder soziale „Missstände“ zurückzu- führen, sondern im Wesentlichen durch den Sanierungsstand der Wohnbebauung verur- sacht.
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Die Wohnungen wurden überwiegend nur teilsaniert und verfügen teilweise über ungüns- tige Grundrisse. Der Großteil der Wohnungen bietet mit innenliegenden, fensterlosen Küchen und Bädern wenig Wohnkomfort und entspricht nicht der aktuellen Nachfrage. Die ersten vollsanierten und modern hergerichteten Wohnungen hingegen wurden bisher gut vermarktet. Die Perspektive des Wohngebietes liegt daher deutlich stärker in der Attraktivierung der vorhandenen Bausubstanz durch verschiedenartige hausbezogene Um- und Rückbau- maßnahmen, z.B. neue Grundrissgestaltung, Teilrückbau mit Anlage von Dachgärten, Anbau von Balkonen, kleinteilige Verbesserung des hausbezogenen Wohnumfeldes etc. Die Strategie zur Aufwertung der Wohnsiedlung Auf der Rinne kann kleinteilig und suk- zessive mit hausbezogenen Sanierungsmaßnahmen erfolgen. Großflächiger Abriss ist Auf der Rinne nicht notwendig. Dennoch ist eine intensive Fortführung der begonnenen Modernisierung erforderlich, um einem weiteren Anwachsen des Wohnungsleerstandes entgegenzuwirken. Zur langfristigen Stabilisierung des gesamtstädtischen Wohnungsmarktes wie auch der kontinuierlichen Aufwertung der Bestände ist daher auch das Wohngebiet Auf der Rinne neben dem Wohngebiet Liethen über die Fördermöglichkeiten im Rahmen des Pro- gramms Stadtumbau Ost zu unterstützen und zu entwickeln.
4.4.2 Entwicklungsbereich Handel und Gewerbe Die zukünftige Entwicklung von Gewerbe und Handel ist im Einklang mit der gesamtstäd- tischen Entwicklung so abzustimmen, dass sie zur Steigerung der Attraktivität der Stadt beiträgt. Hierzu gehört ein hochwertiges nicht beeinträchtigtes Wohnambiente und eine adäquate, differenzierte Versorgungsstruktur. Gesondert betrachtet werden muss die Entwicklung der Dienstleistungs- und Handelseinrichtungen. Mit der Ausweisung neuer Gewerbegebietsflächen im Nordwesten nahe der künftigen A 38 sowie im Osten an der B 80 sind bereits wichtige Schritte zur differenzierten und stadtverträglichen Gewerbean- siedlung eingeleitet worden. Handlungs- und Ordnungsbedarf ergibt sich vor allem bei den Altbeständen. Die Betriebe sind ökonomisch weitgehend stabil, die räumlichen Expansionsmöglichkeiten jedoch häufig eingeschränkt. Hinsichtlich der verkehrlichen Erschließung, der gestalterischen Ausformung und einer langfristigen integrierten stadtverträglichen Entwicklungsperspekti- ve sind die Gebiete jedoch zu optimieren. Das Gewerbegebiet Süd-Ost ist durch eine unzureichende interne Erschließung und ein defizitäres städtebauliches Erscheinungsbild gekennzeichnet. Die Gewerbestruktur be- steht im Wesentlichen aus Betrieben der Sparten Service sowie großflächigem Einzel- handel und wird durch einige Betriebe des verarbeitenden Gewerbes und des Handwerks ergänzt. Insgesamt ist die Mischung jedoch wenig konsistent und die vorhandenen An- gebote für die Kunden nur schwierig zu erfassen. Perspektivisch muss die Erschließung bezogen auf die Erkennbarkeit, die Gestaltung und Übersichtlichkeit des Straßenraumes und des Straßennetzes qualifiziert werden. Im Gewerbegebiet Süd-Ost sollte die Möglichkeit zur Entwicklung eines Einkaufs- und Dienstleistungszentrums im Bereich flächenintensiver Nutzungen - größer als 3.000 qm Nutz- bzw. Verkaufsfläche – aktiv unterstützt werden. Damit kann ein An- gebot an großflächigen Handelseinrichtungen im Bereich nicht zentrenrelevanter An- gebote stadtnah und verträglich entwickelt werden. Ergänzt werden sollte der großflächige Einzelhandel mit Servicedienstleistungen für Endkunden (Autohäuser etc.).
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