Sommer 2016 Orff-Schulwerk Elementare Musik- und Tanzpädagogik Elemental Music and Pedagogy

94 Interkulturalität in der Elementaren Musik- und Tanzerziehung II

Interculturality in Elemental Music and Dance Pedagogy II Publikationen II Publications - Winter 2015 CHANGES?! Orff-Schulwerk Elementare Musik- und Tanzpädagogik 9. INTERNATIONALES Elemental Music and Dance Pedagogy ORFF-SCHULWERK SYMPOSIUM Elementare Musik- und Tanzpädagogik im WANDEL der Medien 93 Interkulturalität in der Elementaren Musik- und Tanzerziehung

Interculturality in the Elemental Music and

Interculturality in the Elemental Music and Dance Pedagogy in the Elemental Music / Interculturality und Tanzpädagogik Musik- in der Elementaren Interkulturalität Dance Pedagogy

Weitere Informationen siehe Rückseite. Informationen siehe Weitere furtherFor information see back page. ISSNISSN 2312-8895 2305-9079 Schutzgebühr 5,– Euro Orff-Schulwerk Orff-Schulwerk 93

odh93_umschlag_def.indd 1 02.12.15 16:32 Zum Titelthema werden in Theorie und Praxis Three main questions have been asked in “The- drei großen Fragen nachgegangen: Warum, ory and Practice”: Why, what and how? Reports Was und Wie? Projektberichte ergänzen das of projects expand the theme clearly. They have Thema anschaulich. Dabei geht es vor allem to do above all with advocating music, dance and darum Musik, Tanz und Sprache und die an- speech and the other arts to further a sensibility deren Künste auch einzusetzen um interkul- to intercultural competence in thinking, feeling turelle Kompetenzen zu fördern, d. h. Sensi- and activities with people from other cultures – bilisierung zu fördern um Denken, Fühlen to learn understanding and respect. und Handeln von Menschen aus anderen Kul- turen verstehen und respektieren zu lernen. This approach has been distinctive to the Orff Institute for years. The open concept of elemental Dieser Ansatz hat die Arbeit es Orff-Instituts music and dance and dance pedagogy according und des Orff-Schulwerk Forums Salzburg seit to Orff Schulwerk has been understood world wide jeher geprägt. Das offene Konzept der Elemen- and adapted to the respective characteristics of taren Musik- und Tanzpädagogik im Sinne des different countries which confirms the transcultu- Orff-Schulwerks wurde weltweit verstanden ral idea of the concept. und an die jeweiligen Besonderheiten verschie- denster Länder angepasst, was die transkultu- relle Idee des Konzeptes bestätigt. ☞ http://shop.uni-mozarteum.at/de/books.html Orff-Schulwerk Elementare Musik- und Tanzpädagogik Elemental Music and Dance Pedagogy

Interkulturalität in der Elementaren Musik- und Tanzerziehung II Interculturality in Elemental Music and Dance pedagogy II

Mit freundlicher Unterstützung durch // Kindly supported by: Editorial // Editorial

Liebe Leserinnen und Leser

Mit dieser Ausgabe Nr. 94 „Interkulturalität II“ Gemeinsame“ hat Hilarion Petzold in seinem erstreckt sich – zum ersten Mal in der Geschichte Eröffnungsvortrag „Fremdheit, Entfremdung der Zeitschrift Orff-Schulwerk Informati- und die Sehnsucht nach Verbundenheit“ auf an- onen / Orff-Schulwerk heute – ein Schwer- thropologische, philosophische und psychologi- punktthema auf zwei unmittelbar aufeinander sche Hintergründe hingewiesen, auf Gefahren, folgende Nummern. Das Thema der multikultu- aber auch auf mögliche hilfreiche Maßnahmen rellen Wirklichkeit, der interkulturellen Begeg- gegen Entfremdung und politisch inszenierte, nung und der transkulturellen Entwicklung in aber auch wirkliche Angst vor dem und den Nr. 93 hat ein so großes Echo bei unseren Auto- Fremden. Seine Reflexionen unterstützen ein ren und Kollegen gefunden hat, dass die eingegan- tieferes Verständnis der Problematik, so dass genen Beiträge den Rahmen des geplanten Heftes wir uns für einen Nachdruck dieses wichtigen sprengten und wir uns für die konsequente Dokumentes in autorisiert gekürzter Version Fortsetzung in der nächsten Ausgabe entschie- entschlossen haben. den haben. Sonja Stibi, Leiterin des Orff-Instituts seit 2011, Wir Herausgeber von Orff-Schulwerk heute gibt in ihrem Artikel „Der Beitrag der Elemen- wollen damit ganz dezidiert einen Beitrag zur taren Musik- und Tanzpädagogik (EMTP) zur Unterstützung der Flüchtlingsarbeit und den Interkulturalität – eine kritisch-konstruktive damit verbundenen Herausforderungen in unse- Bestandsaufnahme“ ausgewählte Einblicke in rem Arbeitsfeld leisten. Schon beim 5. Interna- inter- und multikulturelle Facetten der EMTP, tionalen Orff-Schulwerk Symposion 1995 mit erörtert die grundsätzliche Transkulturalität in dem Thema „Das Eigene – das Fremde – das unserem Fachgebiet und nimmt Anforderun-

Dear Readers,

With this issue, number 94 “Interculturality II” our field of work. At the Orff Schulwerk Symposium a theme stretches over two consecutive numbers 1995 with the theme of “The Inherent – the Foreign for the first time in the history of Orff-Schulwerk – in Common”, Hilarion Petzold pointed out an- Heute/ Orff-Schulwerk Informationen. In the thropological, philosophical and psychological back- editorial for number 93 we reported about how the grounds in his opening address: “Unfamiliarity, Alie- theme of the reality of multiculturalism, intercul- nation and the Ardent Desire for Bonds”. He pointed tural encounters and transcultural developments to the dangers and also to possible helpful means received such a positive echo from our authors against alienation, politically driven fears and and colleagues that the contributions extended the the real anxiety about the foreign and foreigners. capacity of the planned volume. Consequently we His reflections supported a deep understanding of decided to continue in the next issue. the problem so we decided to reprint his address in an authorized shorter form. We, the publishers of Orff-Schulwerk heute, want to contribute decisively to supporting work Sonja Stibi, director of the Orff Institute since 2011, with refugees and to incorporate the challenge into gives some constructive criticism in her article gen, Chancen und Perspektiven für das künst- Wir hoffen, mit diesen Modellen manchen lerisch-pädagogische Handeln „unter die Lupe“. Leserinnen und Lesern Mut zu eigenen Projek- ten solcher Art zu machen. Aber auch kritische Immer wieder wird uns von zahlreichen Initiati- Beiträge haben uns erreicht, die davor warnen, ven der Arbeit mit Minoritäten und Flüchtlin- die Realität außer Acht zu lassen, und die Kurs- gen berichtet. Dozenten und Studierende an tätigkeit von Orff-Schulwerk Lehrenden im Aus- Musikhochschulen und Universitäten, an Musik- land kritisch hinterfragen. schulen und im privaten Bereich haben ein- malige Veranstaltungen oder kontinuierliche Wie man sich als Fremde/r in einer anderen Projekte organisiert, um die Nähe mit Flüchtlin- Kultur fühlt, erzählen uns einige Absolventin- gen und Asylbewerbern aller Altersgruppen zu nen und Absolventen des Orff-Instituts in ihren suchen und ihnen motivierende, kommunikative Kurzporträts. Sie kommen aus oder arbeiten in wie auch integrative Angebote zu bieten. Damit Österreich, Deutschland, Dänemark, England, folgen sie der Forderung Petzolds: „Wir müssen Frankreich, Griechenland, Iran und Spanien. Möglichkeiten zur Begegnung finden (…) in der Welche Aufgaben, Anregungen und Schwierig- gute Zwischenleiblichkeit erfahrbar wird“ (S. 11). keiten mit dem Unterricht an einer Internationa- Einige ausgewählte Beiträge solcher Aktivitäten len Schule oder Auslandsschule verbunden sind, finden sich in der Rubrik „Aus der Praxis“. Wie darüber berichten Kollegen, die seit Jahren an sich „heimische“ Kinder und Lehrkräfte mit dem solchen Institutionen unterrichten. Thema Flucht und Obdachsuche auseinanderset- zen können zeigt zudem ein Beitrag zu einem Bilderbuchprojekt.

“A contribution from Elemental Music and Dance Education to interculturalism” (EMDE). She pre- sents selected glimpses into the intercultural and multicultural facets of EMDE, argues about the basic transculturality in our subject area and ex- amines closely the requirements, chances and per- spectives for handling in an artistic-pedagogical way. all age groups by offering them motivating, com- municative and integrative activities. By doing this We have often received reports about initiatives in this they are following Petzold’s demands: “We must work with minority groups and refugees. Teachers find opportunities for encounter, for being together, and students in colleges of music and universities, where good intercorporality is experienced (p. 17). in music schools and private institutions have orga- nized single events or continuing projects to come A few chosen examples of such activities can be closer to refugees and those seeking asylum from found under the rubric “From Practical Work”. In „Wir stellen vor“ wird eine weitere Schule Lesermeinung: im Netzwerk der assoziierten Schulen des Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser uns Orff-Schulwerk Forums Salzburg porträtiert: ihre Meinung zum Thema Interkultura- die Carl Orff Grundschule Altenerding. lität, zu einzelnen Beiträgen der Ausga- ben 93 und 94 mitteilen oder über eigene Wie immer wünschen wir Ihnen eine anregende Erfahrungen ihrer Arbeit mit Flücht- Lektüre. lingen berichten wollen, so bitten wir um Kontaktaufnahme und Proposals bis zum 15. September 2016 unter

Barbara Haselbach und Micaela Grüner [email protected]

How “local” children and teachers can discuss the Readers’ opinion: theme of fleeing from home and looking for a shel- If you wish to share your opinions about the ter is shown using the example of a picture book theme of interculturality or on the individual project. We hope that many of our readers will find articles of issues 93 and 94, or if you wish to the courage to make similar projects of their own. report about your own work with refugees, please contact us an send proposals by 15th Articles have also reached us that warn us about September 2016 at disregarding reality and that critically reflect the teaching of Orff-Schulwerk teachers abroad. [email protected]

A few graduates of the Orff Institute tell us about how one feels as a foreigner in another culture in their short portraits. They come from or work in Austria, , , England, , , Iran and . Other colleagues who have worked for many years in International Schools abroad report on which tasks, challenges and diffi- culties are part of teaching in a foreign school.

In “We Introduce” another school in the network of associated schools of the Orff Schulwerk Forum is portrayed: The Carl Orff Elementary School in Altenerding, Germany.

As always, we wish you stimulating reading,

Barbara Haselbach and Micaela Grüner Inhalt 5 Index

2 Editorial // Editorial [Barbara Haselbach, Micaela Grüner]

THEMENSCHWERPUNKT // MAIN THEME

Interkulturalität Interculturality

9 Fremdheit, Entfremdung und die Sehnsucht nach Verbundenheit – anthropologische Reflexionen Unfamiliarity, Alienation and the ardent Desire for Bonds – anthropological Reflections Hilarion Petzold

20 Der Beitrag der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik zur Interkulturalität – eine kritisch-konstruktive Bestandsaufnahme The contribution of Elemental Music and Dance Education to interculturalism – A critical and contructive survey Sonja Stibi

Aus der Praxis // From practical work

32 „Was erleben die Kinder in … ?”– Reflexionen über Kursarbeit im Ausland ”What do children experience in … ?“ – Reflecting on courses abroad Wolfgang Hartmann

36 Finding Rona: When Pa¯keha¯ and Ma¯ori meet Rona – oder: Wenn Pa¯keha¯ und Ma¯ori sich treffen Christoph Maubach

41 Musik als Verbindung. Zum bindungsfördernden Aspekt einer Eltern-Kind-Musikgruppe für Familien mit und ohne Fluchterfahrung Music as a Connector. Aspects that promote bonding in parent-child music groups for families with or without the experience of displacement Christine Knoll-Kaserer

47 Kunst als Schutzraum. Musik- und Tanzunterricht und Konzerte für und mit Flüchtlingskindern in München Art as refugee. Music and dance classes and concerts for and with refugee children in Munich Christa Coogan

49 Musik und Tanz im Flüchtlingshaus. Ein Projekt mit Studierenden des Orff-Institus Michel Widmer Inhalt 6 Index

50 Elementares Musizieren mit unbegleiteten minderjähringen Flüchtlingen. Ein Projekt mit Studentinnen des Kärntner Landeskonservatoriums Elemental Music Making with young unaccompanied refugees. A project with students of the Carinthian Provincial Conservatory Dieter Bucher

54 Erste Begegnung zwischen Flüchtlingen und hochbetagten Senioren First encounter between refugees and elderly citizens Christine Schönherr

56 „Hieronymus Nussknacker“ – ein besonderer Asylbewerber. Ein Bilderbuchprojekt mit Musik, Tanz und Szene Hieronymus Nutcracker – a very special person applying for asylum. A project about a picture book with music, dance and drama Micaela Grüner

59 Gedanken zur Interkulturalität im Unterricht mit Kindern mit Migrationshintergrund Thoughts about interculturality when teaching children with immigrant backgrounds Esther Bacher

Lesermeinung // Feedback 63 Each group establishes its own culture [Carol Richards]

Historischer Exkurs // Historical Excursus 64 „Mit Xylophon und Fantasie“ Dokumentarfilmreihe über das Orff-Schulwerk von Werner Lütje “With Xylophone and Fantasy” A series of films about Orff Schulwerk by Werner Lütje Coloman Kallós

Kurzportraits // Brief Portraits 68 Emigranten – Immigranten. Absolventen des Orff-Instituts als Wanderer zwischen den Kulturen Emigrants – Immigrants. Graduates of the Orff Institute as wanderers between cultures 69 Neue Wurzeln in Dänemark [Mariann Bromenne] 70 Von Teheran nach Salzburg [Mandana Farsani] 71 From Salzburg via Helsinki to London [Nadja Kraft] 72 Französischer Österreicher, österreichischer Franzose, oder? [Eric Lebeau] 74 A wanderer between cultures [Verena Maschat] 75 Säulen im Hintergrund [Angelika Panagopoulos-Slavik] Inhalt 7 Index

Aus aller Welt // From around the world 76 Teachers at International or Overseas Schools report about the aspect and importance of Interculturality in Elemental Music and Dance Pedagogy in their schools [Alfonso Alvarez u.a.] 82 DEUTSCHLAND: Neue Geschäftsführung OSG [Annabell Opelt] 83 CHINA: Orff-Schulwerk in China. Wolfgang Hartmann's work and contribution [Cheng Rong] 85 : Studienreise nach Peru [Katrin Rohlfs] 87 : New publications about Orff-Schulwerk [Verena Maschat] 88 TSCHECHIEN: 20 Jahre Tschechische Orff-Schulwerk Gesellschaft [Jitka Koprˇivová]

Wir stellen vor … // We present … 90 Carl Orff-Grundschule Altenerding, Deutschland Carl Orff Primaray School Altenerding, Germany [Robert Grüner / Barbara Schock]

Aus dem Orff-Institut // From the Orff Institute 94 Bericht [Micaela Grüner] 96 Personelles: Neu im Kollegium Erik Esterbauer, Zaida Ballesteros Parejo 98 The Special Time – the intercultural experience of studying in the Special Course [Bethany Rowe]

Aus dem Orff-Schulwerk Forum Salzburg // From the Orff-Schulwerk Forum Salzburg 100 GEORFF – The New Orff-Schulwerk Association in Georgia [Ekaterine Chubinidze] 101 Tagung 2016 / Convention 2016

Aus der Carl Orff-Stiftung // From the Carl Orff Foundation 103 Neue Mitarbeiterin Sabine Bauer [Ute Hermann]

Aus dem Orff-Zentrum München // From the Orff-Zentrum München 102 Kabinettausstellung: Komponist und Kosmopolit – Carl Orff auf Reisen

Die einzelnen Beiträge stellen die individuellen Erfahrungen und Meinungen der Autorinnen und Autoren, nicht die offizielle Meinung des Orff-Instituts oder des Orff-Schulwerk Forums Salzburg dar.

The single articles present the individual experiences and opinions of the authors and not necessarily those of the Orff Institute or the Orff-Schulwerk Forum Salzburg. Inhalt 8 Index

Publikationen // Publications 104 Charlotte Fröhlich: „Hör-Rituale“ [Shirley Salmon] 105 Regula Leupold: „Tanzen“ [Andrea Ostertag] Martin Loritz / Claudia Schott: „Musik – Didaktik für die Grundschule“ [Anna Maria Kalcher] 106 Penny Ritscher: „Nachhaltige Erziehung in Krippe und “ 108 Gabriele Westhoff: „Herbst- und Martinslieder“ [Doris Valtiner] Rudolf Nykrin: „Mit Musik kenn ich mich aus 5“ [Robert Grüner]

112 Impressum // Imprint

Umschlag hinten // Back cover – Mitarbeiter dieser Ausgabe // Collaborators of this issue – Internationales Orff-Schulwerk-Symposion 2016 // International Orff-Schulwerk Symposium 2016

Themen der nächsten Ausgaben

Heft 95 / Winter 2016 – Effektive Formen von Evaluierung und Bewertung in der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik

Heft 96 / Sommer 2017 – Musik- und Tanzvermittlung (Arbeitstitel)

Themes for the next magazines

Number 95 / Winter 2016 – Effective Forms of Evaluation and Assessment in Elemental Music and Dance Pedagogy

Number 96 / Summer 2017 – Mediating Music and Dance. (working title) Interkulturaliät 9 Interculturality

Das Eigene – das Fremde – das Gemeinsame war der Titel des 5. Internationalen Orff-Schulwerk Symposions 1995 in Salzburg, das sich intensiv mit interkultureller Begegnung und transkulturellen Entwicklungen auseinandersetzte. Prof. DDDr. Hilarion Petzold hielt den Eröffnungsvortrag, der in seiner eindringlichen Auseinandersetzung mit der Thematik – obwohl auf jenes Symposions bezugnehmend – auch heute unverändert aktuell und tiefgründig ist. Aus diesem Grund möchten wir ihn im Zusammenhang mit unserem Schwerpunktthema unseren Lesern in gekürzter Form erneut zugänglich machen.1

Fremdheit, Entfremdung und die Sehnsucht nach Verbundenheit – anthropologische Reflexionen2

Hilarion Petzold

Für mich war die Begegnung mit dem Orff-Insti- Ich möchte mich in meinem Vortrag mit diesen tut, als ich vor Jahren als Gastdozent eingeladen Fragen der Fremdheit und der Verbundenheit wurde, keine Begegnung mit etwas Fremdem. befassen, weil dies nicht nur heute, sondern Es war mir von Anfang an vertraut. Als ich das zu allen Zeiten ganz essentielle Fragen waren. erste Mal das Gebäude betrat, hörte ich Klänge Der Fremde, der Barbar, der erschlagen vor den und die Klänge haben mich angesprochen. Es Toren der Stadt liegt und dann doch bestattet ist in mir etwas Ähnliches passiert, wie jetzt wird – auch wenn er ein Barbar war – ist ein eben als diese Gruppe gesungen hat. Ich bin be- Beispiel dafür, dass Menschen irgendwie fühlen, rührt worden und ich habe an Ihrem Beifall ge- auch dieser Fremde gehört uns in einer gewissen merkt, dass auch Sie berührt worden sind. Hier Weise zu, auch er ist ein Mensch. Wo immer wir wurde Musik gemacht, hier wurde gesungen, existentiell spüren können, nicht nur „im Kopf“ mit Melodien aus anderen Zeiten, die wir nie denken, dass wir Mit-Menschen sind, „consor- mehr erreichen können und Texten in fremden tes“, die das gleiche „sors“, das gleiche Schicksal Sprachen. Trotzdem ist über die Klänge, über haben, wo immer das geschieht, können wir die Form der leiblichen Darbietung, über die miteinander friedlich leben. Und wo immer wir menschliche Stimme und die Emotionen, die den anderen als von uns Geschiedenen und po- in den Sängern waren, etwas geschehen. Es ist tentiell Bedrohlichen sehen, spüren, erleben, ist durch diese Emotion eine Atmosphäre entstan- Frieden nicht möglich. Das Bewusstwerden der den. Es ist etwas geschehen, was in uns allen uns gemeinsamen menschlichen Natur war durch Resonanz bewirkt hat und da diese Resonanz in die gesamte Geschichte und ist auch heute ei- uns allen war, ist trotz des Fremden, trotz der gentlich die einzige Chance, in Fremdheit und fremden Sprache, trotz der fernen Zeit Verbun- Verschiedenheit miteinander friedlich zu leben. denheit entstanden. Offensichtlich gibt es Qua- Die Basis des liebevollen Umgangs, des Tröstens, litäten, die zwischen Menschen Verbundenheit Stützens, Pflegens und die Basis des kreativen stiften können, und zwar über Kulturen hinweg, Handelns im Tanz, im Musizieren ist der Leib, die über Zeiten hinweg, über Territorien hinweg. leibliche Natur, die uns alle verbindet. Und über Leiblichkeit und Fremdheit, Leiblichkeit und Entfremdung werde ich hier nachdenken. InterkulturaliätPublikationen 10 InterculturalityPublications

Ich möchte zunächst von einigen Thesen THESE 2 ausgehen. LEIBLICHKEIT ENTSTEHT ALS EIN „ANKOMMEN IM EIGENEN“ THESE 1 und dieses Ankommen im Eigenen ist ein An- DAS EIGENE WIRD AM FREMDEN kommen im anderen. Incarnation, in der embryo- Das heißt, das, was ich bin, meine eigene Iden- nalen Entwicklung sich zu einem Menschen tität, mein eigenes Wesen, braucht das Fremde, auszuformen, zu einem Menschen zu werden, um sich als Eigenes bestimmen zu können. Inso- zu einem persönlichen Selbst, einem Eigenen fern ist das Fremde uns fremd und dennoch als zu werden, geschieht in einem Anderen, im Fremdes vertraut. Das ist etwas ganz Paradoxes. mütterlichen Leib, im Schoße der Familie. Man Wir kennen das Fremde, weil es einen Kontrast muss sich deutlich machen, dass das Eigene aus setzt zum Eigenen. Nun, Sie sitzen hier und Sie dem Anderen wächst und wir am Anderen zum sind verbunden durch Ihre Absicht, zu diesem Eigenen finden. Denn trotz aller genetischen Symposion zu kommen. Sie sind auch verbun- Spezifität werden wir geformt durch den Ande- den durch die Idee, die Carl Orff und seine ren. Deshalb ist das Andere letztendlich etwas Mitarbeiter, die Idee, die das Orff-Institut in Vertrautes und etwas Fremdes. Das letztendlich die Welt gesetzt hat. Eine Idee, mit der Sie sich Fremde im nächsten Menschen zu erfahren und identifiziert haben, sonst säßen Sie nicht hier. anzunehmen (Adorno), in einem Respekt vor Hier ist offenbar Verbundenheit. Die Frage ist der Andersheit des anderen (Levinas) gilt selbst nur, wie stark auch die Fremdheit anwesend für Menschen, die sich lieben. Aristoteles hat ist. Ich nehme nun an, dass manche von Ihnen einmal Freundschaft definiert als zwei „Körper nebeneinander sitzen, weil Sie sich kennen. Es und eine Seele“. Es gibt solch tiefe innerseeli- wird hier aber auch viele Leute geben, die sich sche Verbundenheiten und trotzdem werden Sie nicht kennen und so möchte ich Sie einfach selbst bei diesen intimsten Vertrautheiten auch auffordern, nach links oder nach rechts, nach im Anderen immer Bereiche finden, in denen er hinten oder nach vorne zu schauen, wer denn fremd ist und fremd bleibt, und das ist gut so! da sitzt. Nehmen Sie sich ruhig Zeit dafür. Ich Dennoch bedroht uns das Fremde oft genug in sehe, dass manche Leute Kontakt aufnehmen. unserem innersten Wesen? Warum? Weil das Kontakt heißt immer, einen anderen Leib, Fremde letztlich für uns das Unverfügbare ist. Es leibhaftig – denn anders geht es gar nicht – zu liefert uns an Situationen aus, die wir nicht gänz- berühren („contingere“ = berühren): Mit den lich kontrollieren können, Abgründigkeiten und Augen, mit den Händen. Kontaktaufnehmen be- Tiefen in uns selbst, die uns nicht vertraut sind. deutet, den anderen leibhaftig wahrzunehmen. Im Laufe eines Lebens werden uns diese Tiefen Sie nehmen immer, wenn Sie einen anderen allmählich vertrauter – das, was Schelling, Menschen sehen, eine zwischenleibliche Bezie- Carus, Janet, Nietzsche und nach ihnen hung auf. Zwischenleiblichkeit ist ein Kernbegriff. Freud und andere als das „Unbewusste“ be- Sie werden in Zwischenleiblichkeit gezeugt und zeichnet haben. Sie werden in Zwischenleiblichkeit geboren, Sie Im Laufe eines Lebens erkennen wir uns zu- werden in Zwischenleiblichkeit großgezogen, nehmend selbst – unser Selbst – und insofern Ihre glücklichsten Momente im Leben sind, so ist der Prozess der incarnation, des Ankommens hoffe ich, Momente der Zwischenleiblichkeit im Eigenen, in einer eigenen Leiblichkeit kein und wenn Sie ein gutes Schicksal haben, werden Geschehen, das mit der Schwangerschaft, der Sie in Zwischenleiblichkeit sterben, gehalten in Embryonal- und Fötalzeit abgeschlossen ist. Wir den Armen von Menschen, aufgehoben, beglei- sind beständig auf dem Weg zu uns selbst. Deshalb tet – zwischenleiblich. Offensichtlich ist dieser kann man wirklich vom „homo absconditus“ – Moment, mit einem anderen Leib in der Welt zu vom unergründlichen Menschen – sprechen, sein, für uns die zentralste Erfahrung überhaupt. der auch mit sich ein Leben lang in Zwiesprache Interkulturaliät 10 Interculturality Interkulturaliät 11 Interculturality

ist: der Dialog ist älter als der Monolog. Ich kann bewohnt, der Mensch, der erfüllt ist von anderen nur Monologisieren, weil ich in dialogischen Menschen und von der Welt, der durchdrungen Situationen war. Ich kann nur zu mir kommen, ist von Mundanität und von personaler Subjek- in Gedanken, in einer Sprache reflektierend, tivität (Petzold 2015k). Diese Personalität ist nachsinnend, nachspürend, in einer musikali- zum einen rückgebunden an genetische Aus- schen Emotion (die ich dann vielleicht in Noten stattung, zum anderen aber ist sie der Ausdruck setze), weil diese Notationen, weil die Musik und interpersonaler Erfahrung, denn Leiblichkeit die Formen der Musik, weil die Sprache und die wächst in Zwischenleiblichkeit. Formen der Sprache gemeinsames Gut sind. Spre- Das kann man einmal ganz biologisch verstehen chen können, denken können, ästhetisch erleben (Hüther, Petzold 2012). Wir, jeder von uns, können ist nur möglich, weil es Fremde, Andere steht im Strom des Lebens, in jener roten Linie, und zugleich Verbundene gibt. von der die Biologen sprechen, die durch die Es geht nicht darum, dass wir unterschiedliche gesamte Evolution strömt. Auch hier haben wir Formen kulturspezifischer Kunst haben, es geht etwas Verbindendes: Wir sind Belebte, denn das darum, dass wir künstlerisch schaffende, künst- Lebendige ist synontisch, hat also ein gemeinsa- lerisch tätige, kreative Menschen sind. Das ist mes Sein, hat gemeinsame Strukturen bis in die etwas, was uns insgesamt als menschliche Natur Physiologie. Meine Leiblichkeit ist Partizipation verbindet. Wenn uns dieses klar und erlebbar an allgemeiner Leiblichkeit – und nicht nur des wird, dann wird das Fremde wahrscheinlich menschlichen Lebens, sondern des Lebens ins- weniger bedrohlich. gesamt in einer Welt des Lebendigen. Menschen haben vielfach das Bewusstsein und das Erleben THESE 3 dieser Gemeinsamkeit und dieser Verbundenheit FREMDHEIT ERFORDERT KONTAKT. verloren. Wir spüren sie nicht mehr. Vielleicht Kontakt ist immer Berührung und Abgrenzung haben wir sie jetzt unter dem Eindruck der sich in einem. Wenn zwei Lösungen ineinander flie- anbahnenden ökologischen Katastrophen wieder ßen und sich vermischen, ist kein Kontakt da, etwas im Blick. Überprüfen Sie bei sich selbst aber in dem Moment, wo ich eine Grenze habe, einmal, wie sehr Sie sich dem „Lebendigen als wo sich die Dinge wieder trennen, habe ich Be- Gesamt“ verbunden fühlen? Wir gliedern uns rührung und Abgrenzung, Verbundenheit und in der incarnation, in der Leibwerdung, der Ent- Fremdheit in einem. Das Leben zwischen Men- wicklung eines „exzentrischen Ich“ (Plessner) schen vollzieht sich im Kontakt, im Aushandeln als Person aus dem Strom der Evolution aus. Wir von Grenzen. Erziehung, Kulturarbeit, eigenes meinen, dass wir etwas eigenes, etwas besonde- Wachstum ist Aushandeln von Grenzen und Positi- res sind, und dennoch: Ich atme und Sie atmen, onen im Kontakt, weil Kontakt immer auch Grenze mein Herz pulst und Ihr Herz pulst. Wir sind auf ist. Es muss also um „Angrenzungen“ gehen statt einer ganz existentiellen, vitalen Ebene mitein- um Abgrenzungen oder Ausgrenzungen (Petzold, ander verbunden. Orth 2014). Wiederum wird die Dialektik von Leiblichkeit hat eine Sprachlichkeit (Petzold Eigenem und Fremdem deutlich. 2010f), eine Sprache, die transkulturell gültig ist ∫∫∫ und die uns verbindet. Es gibt viele Forschungs- arbeiten, von Eckman u.a., die transkulturell Gehen wir noch einmal zurück zum Begriff Gefühle beobachtet haben, in tausenden, zehn- der Leiblichkeit. Leiblichkeit ist ein anthropolo- tausenden von Aufzeichnungen. Sie fanden: Die gischer Kernbegriff. Er bedeutet nicht Körper- „großen Gefühle“ sind jenseits aller verbalen lichkeit, nicht den Dingkörper. Der lebendige Sprache von Menschen lesbar. Warum? Weil Leib hingegen, der die „Informationen der Welt“ wir mit ihnen in der Leiblichkeit verbunden sind. aufnimmt, der „informierte Leib“ ist der inkarnierte Diese leibhaftige Verbindung im Emotionalen Mensch (Petzold 2009c), der Mensch, der sich hat Charles Darwin in seinem bahnbrechen- InterkulturaliätPublikationen 12 InterculturalityPublications

den Buch „Emotion in animal and man“ gezeigt. der wachsenden Fremdheit und Entfremdung, Wir haben als Menschen eine fundamentale die durch das Heranwachsen, durch befremd- Sprache miteinander zu sein, eine fundamen- liche Erfahrungen auf der Lebensstrecke eintre- tale, zwischenleibliche Sprache. Diese Art des ten, Wege, die auch wieder zusammenführen. Sprechens prägt sich aus in unserem Gesicht, in Vor dem Hintergrund dieser anthropologischen der Art, wie wir miteinander reden. Sie prägt Ausführungen über Leiblichkeit und Zwischen- sich aus in Mimik, Gestik, in jeder Lach- und leiblichkeit wird sehr leicht klar, was Not tut: Gramfalte. Sie wird in unseren Zügen sichtbar Wir brauchen Möglichkeiten der Begegnung, des (Petzold 2004h). Zusammenseins, in denen gute Zwischenleiblich- keit erfahren wird. Musik, gemeinsames Singen, Wie kommt es nun bei aller faktischen Ver- auch gemeinsames instrumentales Musizieren ist bundenheit zur Ablehnung von Fremdheit? eine Bewegung auf die Welt zu, wodurch Klänge Das Fremde wird in dem Moment problema- miteinander erfahren und gestaltet werden tisch, wo es als bedrohlich erfahren wird. Babys, können zum Zusammenklang. kleine Kinder haben keine Angst vor Fremden. Multikulturelle Arbeit, interkulturelle Arbeit, Irgendwann aber kommt in ihrer Entwicklung transkulturelle Arbeit, Verbindungsarbeit muss der Zeitpunkt, wo sie bemerken, dass das Andere deshalb bei diesen Möglichkeiten gemeinsamen Macht über sie hat. Sehr oft ist diese Macht eine Tuns ansetzen, bei Möglichkeiten gemeinsamen schmerzliche und gewaltsame. Das Erleben von Bewegens oder Singens, um etwas zum Klingen Macht und Gewalt (Petzold 2009d) – und die zu bringen. In Zwischenleiblichkeit geschieht Bewe- ist zum Teil sehr subtil –, die Erfahrung von ri- gung, einmal in den eigenen, selbstinitiierten Be- giden Begrenzungen, die nicht in einem Aushan- wegungen und zum anderen in Mitbewegungen. deln von Grenzen gründen, sondern die verfügt „Kommotilität“ findet sich schon in der fötalen wurden, diese Erfahrungen führen im Verlauf Entwicklung mit ihren zwei Formen von Bewe- der Sozialisation und der menschlichen Entwick- gungsmustern: die selbstinitiierten Bewegungen lung dazu, dass man sich vor den Anderen vorzu- des Kindes und die Mitbewegungen (Petzold, sehen beginnt. Es ist eine Frage, unter welchen van Beek, van der Hoek 1994). Schon in diesen Entwicklungsbedingungen wir aufwachsen, wie frühen Anfängen eines persönlichen Lebens stark dann diese Vorsicht wird. Man sieht voraus, haben wir das Eigene und das Fremde in der das sagt das Wort Vor-sicht, dass etwas Böses auf Bewegung. Und das Eigene, die selbstinitiier- mich zukommen wird, und das führt dann zu ten Bewegungen, stehen manchmal gegen das Strategien der Sicherung, zu Gegenmaßnahmen Fremde und manchmal gehen sie mit dem Frem- und vielleicht sogar zu Formen der kriegerischen den. Wenn Sie Ihre Lebensrhythmen betrachten, Abgrenzung. Sicherung besteht zunächst einmal Ihre Rhythmen in Beziehungen, in der Partner- darin, dass man sich vom Anderen möglichst schaft, so finden Sie genau diese beiden Bewe- abschottet. Das bedeutet damit aber auch einen gungsmöglichkeiten. Menschliche Beziehungen Verlust von Zwischenleiblichkeit. Nur wenn uns sind so gut und so schlecht, wie die Möglichkeiten nahe Menschen Wunden zufügen, dann wird die der an ihr Beteiligten, Bewegungen voneinander Verwundung oftmals wieder aufgefangen durch aufzunehmen, anzunehmen, sich erfassen und gute Zwischenleiblichkeit, „protektive Faktoren“, bewegen zu lassen in einer Mitbewegung, Eigen- die „Resilienzen“ möglich machen (Petzold, bewegungen und Mitbewegungen nicht zu deter- Müller 2004d). Wann immer das Maß an Ver- minieren. Streit, Dissens, Diskordanz, Dissonanz bundenheit, an Zuwendung zurückgeht, je weiter entsteht in dem Moment, wo ich mein Fremdes wir also auseinanderrücken, desto schwerer wird gegen das Eigene eines Anderen in einer Art und es möglich, die Schärfen und Verletzungen von Weise setze, dass er sich nicht mehr bewegen Fremdheit auszuhalten. Deswegen brauchen kann. Es geht nicht darum, dass alles harmonis- Kinder, Jugendliche – Menschen insgesamt – mit tisch sein muss, im Gegenteil: Die Möglichkeit, Interkulturaliät 12 Interculturality Interkulturaliät 13 Interculturality

Dissens oder Dissonanz miteinander auszutragen Entfremdung von den Möglichkeiten des Leibes in einer Art und Weise, die ertragbar ist für den „eine Welt“ zu haben, denn mein Leib ist die einzige Einen wie für den Anderen, um dann wieder Möglichkeit, Welt zu haben, die einzige Möglich- zu Möglichkeiten der Mitbewegung, des sich keit, in Verbundenheit zu sein. Unser Leib mit Zusammenbewegens zu finden, um nach einer seinen Sinnen ist mit Fenstern auf die Welt ausge- Zeit lang sich wieder Freiraum zu geben, wo es stattet und mit Händen und Füßen ausgerüstet, notwendig ist, und die eigenen Grenzen deutlich die Dinge der Welt zu ergreifen und ihre Räume zu machen, darum geht es. Dieses beständige zu durchmessen. Er ist damit die Grundlage aller Miteinander-In-Bewegung-Sein, um zueinander Verbundenheit. Die Entfremdung vom Leib als zu finden oder sich zu lassen – für eine Zeit lang „totalem Sinnesorgan“, d. h. Organ eines totalen – ist Voraussetzung für friedliches, vertrautes Kontaktes mit der Welt und der damit häufig Miteinander (Petzold 2010q). Fremdheit und einhergehende Verlust von Sinnlichkeit, ist eine Verbundenheit wurzeln in der Frage nach den zentrale Ursache von abspaltender, zerstörender Möglichkeiten des Teilens. Wenn wir Gedanken, Entfremdung. Entfremdung ist aber nicht nur wenn wir Gefühle teilen, wenn wir Geschichte etwas Schlechtes. Sie ist ja die Möglichkeit, um teilen, wenn wir Essen teilen, wenn wir unsere auf Hegel zurückzukommen, durch die wir zu Körper teilen – etwa in der Liebe, nicht nur in uns in Distanz gehen können und uns abständig der Sexualität, in der Zärtlichkeit zwischen betrachten können. Diese Fähigkeit nennen wir Freundinnen und Freunden, in der Zärtlichkeit Exzentrizität (Plessner). Exzentrizität ermög- zwischen Kindern –, wenn wir all dieses teilen, licht Kultur, ermöglicht Philosophie, ermöglicht dann ist Verbundenheit bei aller Fremdheit. Wir all das, was Menschsein ausmacht und ist den- müssen die Möglichkeiten des Teilens, Aufteilens, noch eine Gefährdung, weil dadurch auch Zentri- betrachten, müssen uns anschauen, wo wir uns zität – Zentriertheit in der Zwischenleiblichkeit, dissoziiert haben, wo der Sozius, der Mitmensch in der eigenen Leiblichkeit, Zentriertheit in der uns fremd geworden ist und welche Bereiche des Lebenswelt – verlorengehen kann. Das ist die Lebens es sind, wo wir uns entfremdet haben. vielleicht tragische Struktur des menschlichen Wesens, dass es die Möglichkeit hat, sich zu ent- Ich will noch auf dieses Konzept der „Entfrem- fernen von seinem Eigensten in entfremdender dung“ eingehen, das eine große philosophische Dissoziierung und dass genau diese Möglichkeit Tradition hat. Einer der wichtigsten Gedanken, ihn zum Menschen werden lässt. Diese sehr die wir bei Hegel finden, begründet dieses vornehme, kostbare Möglichkeit birgt also die Konzept. Entfremdung wird hier gefasst als eine Gefahr der Zerstörung von Leiblichkeit und Zwi- unumgängliche Grundbedingung menschlichen schenleiblichkeit und der Zerstörung von Lebens- Seins: Ich kann zu mir in Distanz gehen. Ich welt mit sich, die letztendlich zu unserer eigenen kann über mich reden, nachdenken, mich gleich- Zerstörung führt (Petzold, Orth-Petzold, sam „von außen“, wie ein Fremdes betrachten. Orth 2013a). Dagegen müssen wir neue Formen Einer meiner philosophischen Lehrer, Gabriel Entfremdung abbauender und Verbindungen Marcel, hat die wesentliche Unterscheidung herstellender „Kulturarbeit“ setzen (Petzold, zwischen „Leib sein“ und „Leib haben“ gemacht. Orth, Sieper 2014). Wir müssen die Dialektik, Ich kann durch die Tätigkeit des selbst-bewussten die zwischen Exzentrizität und Zentrierung, ab- Ich einen Leib haben, jedenfalls kann ich so tun ständigem Sein und verwurzeltem Sein besteht, als ob ich ihn habe, indem ich ihn zum Gegen- auf neue, bessere Art und Weise leben lernen. stand der Betrachtung mache. Ich kann ihn sogar zur Maschine verdinglichen, ich kann ihn ver- Man könnte sehr viele Dinge aufführen, die dazu brauchen, aber in dem Moment, wo er verbraucht führen, dass die Entfremdung zunimmt und wird, erfahre ich, dass der Leib mich hat. Sich von Mitmenschlichkeit abnimmt, etwa durch die seiner Leiblichkeit entfremden, bedeutet auch Entfremdung von der Zeit, von der Sprache, vom InterkulturaliätPublikationen 14 InterculturalityPublications

gemeinsamen Erzählen (Petzold 2003g). Wir Gestaltungsmöglichkeiten“ von Carl Orff und haben durch den Verlust an „geteilter Zeit“, einen der von ihm begründeten Bewegung geschieht, gravierenden Verlust an Narrativität in unserer als Chance des kreativen Miteinanders genutzt Kultur. Man schreibt sich keine Briefe mehr, werden, als Möglichkeit, leibliche, emotionale, man nimmt sich nicht die Zeit, miteinander zu schöpferische Erfahrungen miteinander zu sitzen und Alltagsleben zu teilen, zu besprechen, teilen. Ich wünsche Ihnen auf diesem Symposion, zu verstehen, um dann wieder das Verstandene, dass Sie nicht nur dargebotene Schönheit auf- Erfasste in die Gestaltung des Lebens hinein- nehmen, sondern dass Sie miteinander singen, zutragen. Marx hat gezeigt, dass wir von der tanzen und musizieren, dass Sie Eintreten in Arbeit entfremdet sind. Die Wahrheit in seinen gestaltendes Miteinander oder in ein aktives Überlegungen ist nicht von der Hand zu weisen, Aufnehmen, welches im aristotelischen Sinne dass das gemeinsame Tun, das geteilte Tun in der ansteckt und Gefühle der Verbundenheit und Arbeit zur Gestaltung von Welt zum Wohle aller, emotionalen Bewegtheit – Katharsis – bewirkt. Verbundenheit schafft. Es ist wichtig, miteinander schöpferisch zu sein, Wir haben in unserer Zeit eine einzigartige zu kreieren und nicht nur Kreationen zu konsu- Chance, die die durch den „Prozess der Zivi- mieren. Und so möchte ich Sie ermutigen, dass lisation“ so immens gewachsene Exzentrizität Sie wirklich zu Ihrer Kreativität finden, dass Sie uns gebracht hat, nämlich die Möglichkeit mun- Ihre „Ko-kreativität“ entdecken, weil Sie damit daler Information und Mobilität, die Möglich- zusammenfinden in dem großen schöpferischen keit, heute und hier an einem anderen Teil der Impuls, der Evolution kennzeichnet (Iljine, Pet- Welt zu sein, nicht nur mit dem Flugzeug, auch zold, Sieper 1967/2012; Petzold 2009a). durch die neuen, weltumspannenden Medien. Wir haben die Chance, andere Kulturen zu Hilarion Petzold, DDDr. goutieren, und ich meine das ganz sinnenhaft. Mitbegründer des Fritz Der „synästhetische Leib“, der als „totales Sin- Perls Institutes für Integra- nesorgan“, all dies wahrnehmen kann, bietet die tive Therapie, Gestaltthera- pie und Kreativitätsförde- Möglichkeit, auch Brücken zur anderen Kultur rung und der Europäischen zu finden und diese Brücken sollten und dürfen Akademie für psychosozi- nicht mediatisiert bleiben, sondern müssen sich in ale Gesundheit. Bis 2004 konkreter Begegnung vollziehen mit Menschen Professor für Psychologie, aus einer anderen Kultur, rückbesinnend auf die klinische Bewegungs- gemeinsamen Möglichkeiten von Zwischenleib- therapie und Psychomotorik an der Freien Univer- lichkeit, die mich innerlich bereichert, weil mir sität , Gastprofessor für Supervision hier geteilte Lebenswelt die Möglichkeit eröffnet, und Psychotraumatologie an der Donau-Universität am Leben anderer – und das ist immer auch das Krems. Autor zahlreicher Bücher und Fachveröf- fentlichungen aus den Bereichen Psychotherapie, Erleben einer anderen Kultur, teilzunehmen. Kunst- und Bewegungstherapie etc. Diese Chance zur gemeinschaftsstiftenden Be- gegnung ist vielleicht auch unsere Rettung vor den selbst-produzierten ökologischen und sozia- 1 Petzold, Hilarion: Fremdheit, Entfremdung und len Desastern. die Sehnsucht nach Verbundenheit – anthropologische Reflexionen, in: Orff-Institut der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mozarteum und Orff-Schulwerk Dieses Symposion hier ist eines von vielen Er- Forum Salzburg (Hg.) 1995: Das Eigene – das Fremde eignissen, die Menschen immer wieder aus ver- – das Gemeinsame. Dokumentation Internationales schiedensten „verbindenden Anlässen“ schaffen, Orff-Schulwerk Symposion 1995, S. 20–32. um einander zu begegnen. Insofern kann das, 2 Siehe auch die Gesamtbibliographie des Autors http://www.fpi-publikation.de/images/stories/downloads/ was hier in einer sehr einzigartigen Weise auf polyloge/petzold-2014-wissenschaftliche-gesamtbiblio- dem Hintergrund der „verbindenden Idee und graphie-1958-2014-polyloge-01-2014-pdf.pdf). Interkulturaliät 14 Interculturality Interkulturaliät 15 Interculturality

The Inherent – the Foreign – in Common was the title of the 5th International Orff-Schulwerk Sympo- sion 1995 in Salzburg, that dealt with the theme of intercultural encounter and transcultural development. Prof. Hilarion DDDr. Petzold gave the opening lecture. It’s actuality until today motivated us to reprint this article in a slightly shortened version as an psychological-philosophical introduction to our overall theme1.

Unfamiliarity, alienation and the ardent desire for bonds – anthropological reflections2

Hilarion Petzold

My first encounter with the Orff Institute, when I the other as separate from us and as a potential was invited many years ago to be a guest lecturer, threat, peace is not possible. Consciousness of our was not an encounter of something strange. It was common human nature has been, and is still the familiar to me from the very start. When I entered only means that we have of living together peace- the building for the first time, I heard sound, and fully in strangeness and difference. those sounds spoke to me. Something happened that was similar to the situation just now when this The basis of loving care and the basis of creative group was singing. I was touched, and I could see activity is the body (der Leib: the phenomenal from your applause that you were touched, too. body), bodily nature, which binds us all. And in this lecture I should like to offer some reflections Something happened as the result of these sounds, on phenomenal body nature and strangeness, the form of performance with the body, the human phenomenal body nature and alienation. voice, the way in which the emotions that were inside the singers were brought out. Through this I should like to start with a few propositions. emotion, an atmosphere came into being. Something happened which produced resonance in all of us, in spite of the strange language, in spite of the FIRST distance in time, bonds were generated. Evidently THE INHERENT BECOMES INHERENT there are factors, which can create bonds between THROUGH THE STRANGE persons, even across cultures. This means that what I am, my own identity, my own being, needs what is strange, in order to In my lecture I should like to explore these ques- determine itself as something inherent. In this tions of strangeness and bonds, because these are way, the strange is strange to us and yet familiar essential questions, not only for today but for all as something strange. This is very paradoxical. times. The stranger, the barbarian, who lies slain We know the strange because it provides a contrast before the gates of the city and is then given burial to the inherent. in the end, even though he was a barbarian, is an example of how people feel in some way that even Now you are sitting here, bound by your intention this stranger belongs to us in a certain way: he too is to come to this symposium and by the idea of Carl a person. Wherever we can sense, not only thinking Orff and his colleagues, the idea propagated by the “in our head”, that we are co-persons, “consortes”, Orff Institute. The question is simply how strong is who have the same “sors”, the same destiny, we the presence of strangeness as well. I should like to can live together peacefully. And wherever we see, ask you to look around, simply to see who is sitting InterkulturaliätPublikationen 16 InterculturalityPublications

around you. Take your time over this. I can see that selves gradually become more familiar to us – what some people are making contact. Contact always Schelling, Carus, Janet, Nietzsche and later means touching another body – there is no other Freud and others have called “unconscious”. way (“contigere” means to touch): with the eyes, with the hands. Making contact means perceiving In the course of our life we come to recognize our the other through the body. When you see another very selves. We are constantly on the way to person, you always establish an intercorporal re- ourselves. Thus one can indeed speak of “homo lationship. Intercorporality is a crucial concept. absconditus” – the unfathomable human being – You are conceived in intercorporalita and you are who is in dialogue with himself all his life. For one born in intercorporality, and if your destiny is good thing is certain: the dialogue is older than the you will die in intercorporality, held in the arms of monologue. I can only hold a monologue because other people – intercorporally. Evidently this condi- I have been in situations of dialogue. I can only tion, being in the world together with another body, reach myself in thought, reflect in a language, ex- is for us the most essential thing, the most important plore a musical emotion (which I then might put into experience of all. notes), because music and the forms of music, like language and the forms of language, are common SECOND property. The capacity to speak, to think, to have PHENOMENAL BODY NATURE an aesthetic experience, is only possible because COMES INTO BEING AS AN there are persons who are strangers, others and at “ARRIVING IN THE INHERENT” the same time bound together. It is not important This arriving in the inherent is an arriving in the that our languages are different; what matters is other. Incarnation, being shaped into a person in that we are persons who speak. It is not important the development of the embryo, becoming a personal that we have different forms of culturally specific self, takes place in others, in the mother’s body, in art; what matters is that we are artistically active, the bosom of the family. We must understand that creative persons. This is something, which binds us the inherent grows out of the other and that we together in human nature. When this can become find our way to the inherent by means of the other. clear and amenable to experience, then the strange For in spite of all our genetic attributes we are will probably become less threatening. formed through the other. Thus the other is ulti- mately something familiar and something strange. THIRD Adorno said that it is the most difficult thing in STRANGENESS CALLS FOR CONTACT human life to experience and accept the ultimately Contact is always touch and demarcation simulta- strange in our neighbor. This applies even to neously. If two solutions are combined and mixed, persons who have an inner bond, persons who are there is no contact, but at the point where I have a one heart and one soul, lovers or intimate friends. boundary, where things separate again, I have touch Aristotle defined friendship as “two bodies and and demarcation, bonding and strangeness in one. one soul”. There can be such deep internal spiritual Life between persons takes place in contact, in the bonds, and nonetheless even in these greatest inti- “negotiation of boundaries”. Upbringing the work macies you will always find, in the other, ways in of culture, one’s own growth, is the negotiation which he is strange and remains strange, and this of boundaries in contact, because contact always is something positive. involves a boundary, too.

Nonetheless, the strange is threatening. Why should Let us return to the concept of the phenomenal this be? Because ultimately the strange exposes us body nature (Leiblichkeit). Bodily nature is a key to the ultimately unmanageable, namely to abysses anthropological concept. It does not mean purely and depths within ourselves which are not familiar material nature (Körperlichkeit). The phenom- to us. In the course of a life, these depths within our- enal body is the incarnate person: The person Interkulturaliät 16 Interculturality Interkulturaliät 17 Interculturality

who inhabits himself, the person who is filled and one another. It leaves its mark in facial expressions, infused with personality. This personality is on the gestures, in every wrinkle of laughter and worry. one hand bound to its genetic constitution, yet on It becomes visible in our features. the other hand it is the expression of interpersonal experience. The phenomenal body nature grows in With all this intentionally, how does the rejection intercorporality. of strangeness come about? The strange turns into a problem when it is experienced threatening. Babies This can be understood in biological terms. Each one and small children have no fear of strangers. Yet at of us is located in the stream of life, of which biolo- some point in their development they notice that the gists speak and which runs the whole of evolution. other has power over them. This power is very often Here too we have something that binds: we have painful and forceful. The experience of force (and been given life. The living creature is “synontic”, this can be very subtle), the experience of rigid de- it thus has a common being, has common structures marcations which are not the result of a negotiation right down to its physiology. My phenomenal body of boundaries but which are imposed, these experi- nature is a participation in common phenomenal ence lead in the course of socialization and human body nature. Many people have lost the conscious- development to circumspection vis-à-vis the other. ness and the experience of this shared nature and It depends on what conditions of development we bond. We do not sense this anymore. Perhaps we are grow up in, how strong this circumspection becomes. a little more aware of it now that we have an idea of Protection consists first of all in separation from the threatening ecological disasters. Just ask yourselves other as much as possible. Yet this also means a loss how strongly you feel bound to every living, as a of intercorporality. However, when close persons totality. In incarnation, in becoming a phenome- inflict wounds on us, the blow is often cushioned nal body, in the development of an “ex-centric ego” by good intercorporality. Whenever the degree of (Plessner) as a person, we step out of the stream bonding and affection is reduced, the further we of evolution. We believe that we are something of move apart, the harder it becomes to endure the se- our own, something particular, and yet: I breathe verities and injuries of strangeness. Thus with the and you breathe. We are bound to another on an increasing strangeness and alienation which occur existential, very vital level. in the process of growing up, and disconcerting experiences along the path of life, it is evident that Phenomenal body nature has a linguistic aspect, children, teenagers, indeed everyone needs ways to a language which is transculturally valid and which bring us back together. binds us together. There are many research stud- ies, by Eckman, Friesen a.m. scientists who have Against the background of these anthropological studied transcultural feelings in thousands or tens reflections on the phenomenal body nature and of thousands of instances. They found that the intercorporality, it becomes quite clear what is “great feelings” are legible, from the Eskimos right needed: we must find opportunities for encounter, through to the Bushmen of the Kalahari Desert, for being together, where good intercorporality is beyond all verbal language. How is this possible? experienced. Music, singing, dancing together, Because we are bound to them in our phenomenal also communal music making with instruments, body nature. This bodily bond in the emotional is a movement into the world. Intercultural work, sphere was demonstrated by Charles Darwin in transcultural work, work of establishing bonds must his pioneering book “Emotion in Animal and Man”. therefore start out from these possibilities of commu- This bond is thus intrinsic to evolution. nal activity, communal dancing or singing, so as to make something resonate. As human beings we have a fundamental inter- corporal language. This way of speaking reveals In intercorporality there is movement, both in itself in our faces, in the way in which we talk to one’s own, self-induced movements and in joint InterkulturaliätPublikationen 18 InterculturalityPublications

movements. Even during the development of the find in Hegel, underlies this concept. Alienation fetus we find two forms of movement patterns: the is understood here as an inevitable fundamental self-induced movements of the child, and joint condition of human existence: I can attain distance movements that follow the body and the rhythms from myself, I can talk about myself, think about of the mother. Even in these early expressions of a myself, observe myself as if it were “from outside”. personal life we have the inherent and the strange in One of my philosophical mentors, Gabriel Marcel, movement. And the inherent, the self-induced move- made the fundamental distinction between “being ments, are sometimes in opposition to the strange, a body” and “having a body”. Through the capacity and sometimes they follow it. of the self-conscious ego, I can act as if I have one, by making it into the object of contemplation. I can If you look at your life rhythms, your movements even reify it into a machine, I can exhaust it, but in friendship, in a relationship, you will find pre- at the moment when it is exhausted, I experience cisely these possibilities in movement. Human how the body possesses me. Alienating oneself from relationships are as good and bad as the possibili- one’s phenomenal body nature also means aliena- ties which the people involved have of taking up and tion from the body’s means of having “a world”, for accepting movements from one another, of creating my body is the only means of having a world, joint movements and not determining autonomous the only means of being bound. Our body with movements and joint movements. Strife, dissent, all its senses is thus provided with windows on to discord, dissonance arise at the moment when I set the world, and is equipped with hands and feet so my strangeness against the intrinsicality of another as to grasp the things of the world and to perceive person in such a way that they can no longer move. its spaces. Thus it forms the basis of all bonds. It is not that everything has to be harmonious; on The alienation of the body as a “total sensory organ” the contrary: what is important is the capacity to and the frequently concomitant loss of sensuality are express dissent or dissonance with one another in a thus a central cause of alienation, which divides and way that can be endured by the one and the other destroys bonds. Yet alienation is not only something so as to return to possibilities of joint movement, bad. It is indeed a means by which we can attain dis- of going along together and to make one’s own bound- tance from ourselves and observe ourselves as if we aries clear. This constant being-together-in-move- were another person. We call this capacity ex-centric- ment so as to reach one another – for a while – ity. Ex-centricity is a prerequisite for culture, philo- is the prerequisite for peaceful coexistence. sophy, everything that goes to make up being a person, yet it is a source of danger, for it can lead Strangeness and bonds are rooted in the question to the loss of centeredness – centeredness in inter- of capacity for sharing. When we share thoughts, corporality, in one’s own phenomenal body nature, feelings, history, food, when we share our bodies – in centeredness in the life-world. This is the potentially love, not only sexuality, in the tenderness between tragic structure of human nature, that the human intimate friends, in tenderness between children – being has the possibility of moving away from his when we share all this, then there are bonds in spite most intrinsic and most important aspects in al- of all the strangeness. We must consider the oppor- ienated dissociation, and that this very capacity tunities for sharing, we must look at ourselves and makes him become a person. This sublime, precious see where we have dis-sociated ourselves, where our opportunity thus contains the danger of destruction, co-person has become strange to us, and we must of self-destruction, the destruction of the phenom- look at the spheres of life where we have alienated enal body nature and intercorporality, and the ourselves. destruction of the life-world that is ultimately the destruction of our own. This means that we need I should like to explore this concept of “alienation”, a better way to live out the dialectics between ex- which of course has a great philosophical tradi- centricity and centeredness, distanced being and tion. One of the most important ideas, which we rooted being. Interkulturaliät 18 Interculturality Interkulturaliät 19 Interculturality

One could enumerate many things, which contri- he founded, can be used as means of productive bute to the increase of alienation and the reduction co-existence, as an opportunity to share bodily, of co-personhood (Mitmenschlichkeit), such as emotional, creative experiences with one another. alienation from time. How much of our lifetime do I hope that you do not only absorb the beauty we spend with one another nowadays, shared time which is presented to you, but that you enter into in which we give attention to one another? People a shaping co-existence or active reception, which is no longer take time to sit down together and share contagious in the Aristotelian sense and generates and talk about their everyday life, to understand feelings of bonding and being emotionally moved – it, so as to carry what has been understood into catharsis, as it is also called. It is important to be the shaping of their lives. Karl Marx has shown productive with one another, to create and not only how we are alienated from work. The truth in this to be a consumer of creations. And so I should like reflection cannot be denied that communal activ- to ask you to shape activity together so that you can ity, shared involvement in work to shape the world truly find your way to your co-creativity, because in to the benefit of all, creates bonds. It is necessary to this way you can meet in the great creative impulse, constantly observe the reality of one’s own work, to which is the mark of evolution. strive constantly for meaningful, communal, shared, (Translation: David Abbott) emotionally fulfilling work.

In our time we have a great, unique chance, DDDr. Hilarion Petzold the opportunity which, along with the “process Co-founder of ‘Fritz Perls Institute for Integrative of civilization” has brought us such an enormous Therapy, Gestalt Therapy and Creativity Promotion’ amount of ex-centricity, namely the potential of and the ’European Academy for Psychosocial Health’. From 1979 to 2004 professor of psychology, clinical global information and mobility, the possibility of movement therapy and psychomotoric at the Free Uni- being immediately in another part of the world, not versity of Amsterdam and since 2001 visiting professor only using the airplane, but also the new, global for supervision and psychotraumatology at the Danube media. We have the opportunity to taste other cul- University Krems. He is author and editor of numerous tures with our senses. The “synesthetic body” which books on psychotherapy, art and movement therapy. can perceive so much, also provides the means of finding bridges to another culture, and these bridges should not be and must not remain mediatized. The encounter with a person from another culture, recalling the communal capacity for intercorporal- ity, becomes an experience of inner enrichment, because here a shared life-world opens up the opportunity to participate in the life of another culture. This opportunity of encounter which creates community is possibly our means of escape from the ecological and social disasters which we have produced ourselves. 1 Petzold, Hilarion: Unfamiliarity, Alienation and the This meeting, this symposium here, is one of many Ardent Desire for Bonds – Anthropological Reflections. In: Orff-Institut der Hochschule für Musik und Darstellende events which people are constantly developing out Kunst Mozarteum und Orff-Schulwerk Forum Salzburg (Ed.) of different “binding motives”, so as to encounter 1995: The Inherent – the Foreign – in Common. Documen- one another: Thus what is taking place here in a tation International Orff-Schulwerk Symposion 1995 in very distinctive way, against the background of Salzburg, p. 20–31. 2 See also: http://www.fpi-publikation.de/images/stories/ “The ideas which bind and the way of shaping” downloads/polyloge/petzold-2014-wissenschaftliche- propagated by Carl Orff and the movement which gesamtbibliographie-1958-2014-polyloge-01-2014-pdf.pdf). InterkulturaliätPublikationen 20 InterculturalityPublications

Der Beitrag der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik zur Interkulturalität – eine kritisch-konstruktive Bestandsaufnahme

Sonja Stibi

Interkulturalität – eine Zauberformel? Damit einher geht auch eine kritische Betrach- Interaktion der Kulturen und kulturelle Viel- tung interkulturellen Handelns in unserem Fach falt sind längst Leitlinien europäischer Kultur- Als AUSBLICK werden schließlich Anforderun- politik geworden (vgl. Höppner 2010b). Müsste gen, Chancen und Perspektiven formuliert. es im Sinne der Ausgabe 1/2010 der Zeitschrift Musikforum aber nicht eher heißen Über Gren- zen hinaus. Multikulti ade – Wege in transkultu- I. EINBLICKE INS relle Welten? INTER- UND MULTI- „Multikulti ist mausetot“ ließ die deutsche KULTURELLE FELD Bundeskanzlerin Angela Merkel im Oktober 2010 verlauten und wurde deshalb stark kriti- DER EMTP siert. Globalisierung und Dialog der Kulturen waren ungeachtet dessen angesagt und oft 1. Interkulturalität bezüglich der Inhalte mit aufbruchsfrohen Konnotationen beladen. Musikformen, Lieder, Tänze, Rhythmen und Spätestens seit der im Laufe des Jahres 2015 Spielformen verschiedener Kulturen der Welt enorm angewachsenen Welle von Flüchtlingen sind seit jeher Gegenstand der EMTP in allen und Asylsuchenden ist nun eines ganz offen- Bereichen und Arbeitsfeldern. Davon zeugt sichtlich: Unsere Gesellschaft war, ist und wird auch die bunte Vielfalt der Materialien und mehr denn je multikulturell zusammen gesetzt Publikationen. Welchen Stellenwert haben sein. Dies macht interkulturelle Handlungs- solche interkulturellen Inhalte in der EMTP? kompetenz in allen Bereichen zur gesellschaft- Mit welcher Zielsetzung und in welcher Art und lichen Notwendigkeit. Weise werden sie eingesetzt?

Inwiefern kann gerade die Elementare Musik- 2. Multikulturalität hinsichtlich des und Tanzpädagogik (EMTP) 1 hierzu einen Umfeldes Beitrag leisten? Ich bin der Ansicht: einen we- Multikulturell zusammengesetzt sind heute sentlichen, denn: Elementare Musik- und Tanz- nicht nur Schulklassen in Ballungsräumen, son- pädagogik ist prinzipiell transkulturell. Das dern ebenso Tanzklassen oder Früherziehungs- Transkulturelle ist ihr inhärent! gruppen. Die internationale Zusammensetzung seiner Anhand ausgewählter EINBLICKE wird zu- Lehrenden und Studierenden war schon immer nächst ein Überblick über inter- und multikul- ein besonderes Merkmal des Orff-Instituts und turelle Facetten der EMTP gegeben. Unter dem der Universität Mozarteum.2 Sie alle agieren mit- Motto DURCHBLICKE wird daran anknüpfend einander, kommunizieren durch und über Musik und bezugnehmend auf das Konzept der Trans- und Tanz. Welche Rolle spielt deren persönlicher kulturalität von Wolfgang Welsch die grund- kultureller Erfahrungsschatz im Musik- und sätzliche Transkulturalität der EMTP erörtert. Tanzunterricht? Interkulturaliät 20 Interculturality Interkulturaliät 21 Interculturality

3. Interkulturalität durch internationale 2. Kulturtheoretisch-philosophische Begegnungen Begründung: Musik- und Tanzlehrende unterschiedlicher DIE VERÄNDERTE VERFASSTHEIT Nationalität unterrichten international auf HEUTIGER KULTUREN Konferenzen und Kursen, an denen wiederum Die an künstlerisch-pädagogischen Prozessen Menschen verschiedener Nationalitäten teil- beteiligten Menschen bringen stets ihre eigene, nehmen. Sie tauschen sich aus, tragen metho- subjektiv gewachsene und durch Enkultura- disch-didaktische Konzepte und Inhalte nach tion und Sozialisation erworbene Vorstellung, außen und bringen Kulturfremdes mit nach Wahrnehmung und Praxis von Musik und Tanz Hause, das in die eigene musikalisch-tänzerische mit ein. Eher selten haben wir es mit einer kul- Identität einverleibt wird. Inwiefern können turhomogenen Gruppe zu tun, sondern häufig solche Erfahrungen das Fach bereichern und und künftig noch mehr mit Menschen verschie- inwieweit funktioniert EMTP in der Schnitt- dener Nationalität, die ganz unterschiedlich stelle der Kulturen? musikalisch-tänzerisch sozialisiert sind. Das ursprüngliche Konzept der Interkulturellen Erziehung basiert auf der aus dem Idealismus II. DURCHBLICKE: stammenden traditionellen Herderschen Kultur- vorstellung, welche Kulturen als hermetisch EMTP IST PRINZIPIELL geschlossene und homogene Kugelsysteme TRANSKULTURELL! betrachtet, die sich durch einheitliche Lebens- formen territorial, ethnisch und sprachlich von anderen Kulturen abgrenzen – und somit eigent- Drei Begründungen für die Transkulturalität der lich kommunikationsunfähig sind (vgl. Höppner EMTP im Allgemeinen vor dem Hintergrund 2010a:8). Ein solch separatistisches Verständnis eines dynamischen Kulturbegriffs: ist jedoch angesichts multikulturell zusammen- gesetzter Gesellschaften schon lange nicht mehr 1. Anthropologische Begründung: tragfähig. Überzeugend ist vielmehr das Konzept MUSIK, SPRACHE & TANZ ALS KULTUR- der Transkulturalität, welches vom Philosoph IMMANENTE UND KULTURKONSTITUIE- Wolfgang Welsch 1994 begrifflich angeregt RENDE PHÄNOMENE wurde und Herders Kulturverständnis als auch Musik, Sprache und Tanz sowie deren Ver- die in den 1990er Jahren populären Konzepten bindung stellen grundlegende menschliche der Interkulturalität und Multikulturalität kri- Ausdrucksformen dar, die sich in jeder Kultur tisiert, da sie – so Welsch – angesichts der in- wieder finden. So betrachtet die philosophische neren Komplexität und der äußeren Vernetzung Anthropologie das Gestaltende und Schöpferi- heutiger Kulturen unbrauchbar geworden sind sche als einen festen Bestandteil des ‚Mensch- (vgl. Welsch 1994:10). lichen’. DIE TRANSKULTURELLE VERFASSUNG Musik, Tanz und Sprache sind kulturkonstitu- DER GESELLSCHAFT ierende und kulturübergreifende Phänomene, Kulturen – insbesondere westliche – sind in wenngleich sie in jeder Kultur unterschiedliche ihrer Binnenstruktur durch eine Vielfalt un- Funktionen, Bedeutungen und Erscheinungs- terschiedlicher Lebensformen und Lebensstile formen aufweisen. Im Spielfeld von Musik, Tanz gekennzeichnet. Moderne Kulturen sind u.a. und Sprache bewegt sich die EMTP gewisser- durch Wanderungsbewegungen, Reisetätigkeit, maßen in einem Schnittfeld der Kulturen. Globalisierung sowie moderne Kommunikati- onsmedien hochgradig miteinander verflochten. Lebensformen enden daher nicht an den Gren- InterkulturaliätPublikationen 22 InterculturalityPublications

zen der Nationalkulturen, sondern überschreiten 3. Phänomenologische sowie musik- und diese (vgl. ebd. 11). Austauschprozesse führen zur tanzwissenschaftliche Begründung: Vermischung unterschiedlicher Lebensformen, TRANSKULTURALITÄT DER MUSIK- UND Werte und Weltanschauungen, welche Welsch TANZKULTUREN als transkulturell bezeichnet. Dabei entstehende Wer nach gegenseitigen Einflüssen von Musik- neue Formen kultureller Verbindungen werden kulturen sucht, wird schnell fündig: Die Musik in einer Art Netzwerk miteinander verwoben. anderer Kontinente war schon immer von großer Dabei handelt es sich nach Welsch aber weni- Bedeutung für die Entwicklung der europä- ger um eine uniforme Globalkultur, sondern ischen Musik. Zu denken ist hierbei nicht nur an vielmehr um Gesellschaften und Individuen, Mozarts „Rondo alla turca“, sondern auch an die „die transkulturelle Elemente in sich tragen“ Einflüsse der Gamelanmusik z.B. bei Debussy, (Höppner 2010a, 8). Messiaen, Britten, Boulez, Stockhausen, Cage, Kagel u.a. (vgl. Gradenwitz 1977). Auch das Als ein System von Verhaltensschemata im Sinne europäische Orchester-Instrumentarium ist seit von Denk-, Empfindungs- und Handlungsformen jeher durch Instrumente anderer Kontinente einschließlich der vom Menschen entwickelten bereichert worden. Die Kombination diverser Gegenstände und Techniken, das sich Men- musikalischer Stile führt zu neuen spannenden schen zur Gestaltung ihres Daseins aufbauen, Formen, besonders gut zu beobachten im Bereich ist Kultur ein „prinzipiell unabgeschlossenes der Popularmusik und der World Music. Gleiches System“ und somit dynamisch und permanent gilt für den Bereich des zeitgenössischen Tanzes, in Veränderung befindlich Schütz( 1998:2). der Einflüsse vielfältiger Bewegungskünste und -techniken erkennen lässt und je nach Choreo- DIE TRANSKULTURELLE BINNENVERFAS- graphin und Choreograph individuelle trans- SUNG ODER „PATCHWORK-IDENTITÄT“ kulturelle Züge trägt. DES INDIVIDUUMS Musik und Tanz sind demnach Phänomene mit Transkulturell sind Gesellschaften nach Welsch transkultureller Natur. nicht nur auf der Makro- „sondern ebenso auf der Mikroebene der Individuen“ (Welsch Vor diesem Hintergrund werden fachimmanente 1994:12). Was die subjektinterne Identitätsstruk- Begründungen für die Transkulturalität der tur angeht, so sind für die meisten von uns mehr- EMTP entfaltet: fache kulturelle Anschlüsse möglich. Unsere musikalisch-tänzerische Prägung betreffend 4. Historische Begründung: werden vielfach Einflüsse anderer Musik- und TRANSKULTURALITÄT DER GRUNDIDEE Tanzkulturen aufgenommen und „zu eigen“ UND DIE TRANSKULTURELLEN WUR- gemacht, ohne dass wir uns dessen bewusst ZELN DER EMTP sind. Unsere kulturelle Identität besteht daher Das von Carl Orff und Gunild Keetman 1932–35 zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aus „frem- entwickelte Schulwerk und die 1950–54 publi- den“ Elementen. Welsch spricht von „patchwork- zierte Materialsammlung „Musik für Kinder“ Identität“ (2010), Daniel Bell, der Theoretiker der führten zu einer interkulturellen Rezeption, die postindustriellen Gesellschaft von „cross-cutting bis heute anhält. Die Intention des Schulwerks, identities“ (Bell 1980:243). anthropogenes Ausdruckspotential zu entfal- Hier liegt die Herausforderung und die Chance ten und Besonderheiten in jeder Musikkultur der EMTP: In der transkulturellen Verfassung aufzugreifen, ermöglichte vielerorts eine Rück- ihrer Gruppen und Individuen liegt die Möglich- besinnung auf authentische kulturelle Tradi- keit, das kulturell „Andere“ oder „Fremde“, das tionen. Aus der Musiziertradition verschiedener individuell „Eigene“, das „Fremde im Eigenen“ Sprach- und Kulturräume gingen so nicht nur und das „Eigene im Fremden“ zu erkunden.3 länderspezifische Ausgaben des Schulwerks Interkulturaliät 22 Interculturality Interkulturaliät 23 Interculturality

hervor, sondern weltweit auch über 40 verschie- migkeit, Notation und Zeichen, Tonräume, dene Orff-Schulwerk-Gesellschaften, die sich Dynamik, Raum, der eigene Körper und dessen die Verbreitung dieser musikpädagogischen Ausdrucksmöglichkeiten etc. – eingesetzt. Die Konzeption zum Ziel setzen. Erfahrung solcher Grundphänomene sollte neben Improvisation und Gestaltung auch über Mit seiner Idee einer Elementaren Musik im verschiedene kulturspezifische Formen des Mu- Orff-Schulwerk und seinem auf interkulturel- sizierens und Tanzens erfolgen, da jene jeweils len Austausch hin angelegten Musikbegriff verschiedene Möglichkeiten musikalisch-tänze- säte Orff den Samen für die Entstehung einer rischer Erfahrung bereitstellen. So verstanden transkulturellen EMTP. Die Wurzeln sind ist Transkulturalität in der EMTP mehr als nur nicht linear, sondern vielschichtig. Einflüsse Unterrichtsthema und -gegenstand, sie wird kamen von Curt Sachs und dessen Erforschung zum Unterrichtsprinzip. außereuropäischer Musik, von der Ausdrucks- Auch der Blick auf das Elementare Instrumen- tänzerin Mary Wigman, welche wiederum von tarium fördert wahrhaft Transkulturelles zu Aspekten fremder Tanzkulturen inspiriert war, Tage. Schon im Zuge der Entwicklung seiner von der rhythmischen Gymnastik Emile-Jaques „Orff-Instrumente“ und auf der Suche nach dem Dalcrozes als auch von Dorothee Günther und Elementaren griff Orff ausschließlich nicht-euro- Gunild Keetman. Das Orff-Schulwerk und damit päisches Instrumentarium auf, welches im Laufe die EMTP sind „das Ergebnis eines interkulturel- der Jahre durch weitere Instrumente anderer len Musikaustauschs“ (Kugler 2005:11). Kulturen sowie neu entwickelte Instrumente ergänzt wurde. Was als interkulturelle Perspektive bereits in der Arbeit von Orff und Keetman angelegt 6. Methodisch-didaktische Begründung: war, entfaltet sich in den Ausbildungsaktivi- DIE TRANSKULTURELLE GESTALT DER IM täten des Orff-Instituts und den internationalen INTERAKTIVEN UNTERRICHTSPROZESS Tätigkeiten seiner Alumni an verschiedensten ENTSTEHENDEN „PRODUKTE“ UND Institutionen weltweit bis heute. Insofern ist die VERWENDETEN METHODEN Grundidee einer EMTP transkulturell und damit Vom aktiven und produktiven Umgang mit ein Medium für interkulturelle Begegnung und Musik und Tanz ausgehend, liegt der Fokus der transkulturellen Austausch weltweit. EMTP auf der Ausdrucksebene und dem Her- vorbringen individueller Bewegungs- und Klang- 5. Inhaltlich-mediale Begründung: gestaltungen. Transkulturelles Handeln ist MUSIK UND TANZ ANDERER KULTUREN damit von vornherein angelegt und indiziert. ALS MEDIUM MUSIKALISCH-TÄNZERI- In Spiel und Gestaltung, welche von Sensibili- SCHER ERFAHRUNG sierung und Exploration über Improvisation und Bereits im Orff-Schulwerk finden sich musi- Variation bis hin zur Transformation führen kalisches Material, welches nicht als typisch kann, aber auch in Phasen der Reproduktion, „deutsch“ bzw. „österreichisch“ bezeichnet Rezeption und Reflexion können die Teilneh- werden kann, wie z. B. Bordunbegleitung, Penta- menden gar nicht anders, als ihre transkulturel- tonik und Ostinati. Multikulturell durchmischt len Identitäten einzubringen, zu kommunizieren sind die teils mehr, teils weniger aufbereiteten und auszutauschen. Insofern haben die im inter- Unterrichtsmaterialien und Lehrwerke. Lieder, aktiven Unterrichtsprozess entstehenden Pro- Spielformen, Tänze, Texte, Verse und Hör- dukte einzelner Teilnehmenden oder der Gruppe beispiele aus verschiedenen Kulturen werden auch immer transkulturelle Gestalt. exemplarisch für musikalisch-tänzerische Gestalterische und kommunikative Prozesse Grunderscheinungen – wie Metrum, Takt, bieten Möglichkeiten, eigene kulturelle Normen, Rhythmus, Phrase, Form, Ein- und Mehrstim- Wertvorstellungen und Wahrnehmungen zu InterkulturaliätPublikationen 24 InterculturalityPublications

entdecken, zu reflektieren und durch die Er- III. UNTER DER LUPE: fahrung des „Fremden“ zu verändern. Dabei CHANCEN UND GE- geforderte und geförderte Verhaltensweisen wie Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit, FAHREN. EINE KRITI- Improvisationsgabe, Toleranz und Akzeptanz, SCHE BETRACHTUNG Selbsttätigkeit, Offenheit, Vielfalt, Flexibilität, Mut oder Urteilskraft, aber auch Wertschätzung des Anderen und Respekt, sind von Grund auf 1. Vielfältigkeit der Inhalte versus zentrale Zielsetzungen der EMTP und müssen exemplarische Auswahl nicht extra als „interkulturelle Kompetenzen“ In der Fülle und Vielfältigkeit der Inhalte liegt akzentuiert werden. zugleich die Gefahr der Beliebigkeit, des leicht- fertigen gegeneinander Auswechselns inter- Auch sind Lehr- und Musiziermethoden anderer kultureller Inhalte im Unterricht. Auch eine Kulturen teils als konstitutive Elemente in das Beschränkung auf Exotisches und Folkloristi- Methodenrepertoire der EMTP übergegangen, sches würde der Grundidee einer Elementaren wie z. B. Musik- und Tanzpädagogik zuwiderlaufen. • das Call & Response-Prinzip und die Es muss immer darum gehen, eine exemplari- mündliche Tradierung von Musik über sche und begründete Auswahl zu treffen, warum das Gehör unter Verzicht auf Notation, und inwiefern ein gewähltes Beispiel einer ande- • das Imitationslernen im Tanz durch ren Kultur bestimmte musikalisch-tänzerische Beobachtung und Nachahmung, Grunderscheinungen erfahrbar macht oder • die wiederholte nonverbale Demonstration aber den Ausgangspunkt für das Erfinden und des Lehrers anstelle von Verbalisierung Gestalten bildet und auf diese Weise den Prozess • Improvisation ästhetischer Erfahrungsgewinnung befördert. Es kann also nicht mehr darum gehen, ob Ma- Elementare Musik- und Tanzpädagogik terial aus anderen Kulturen verwendet wird, • basiert auf Musik, Sprache + Tanz als sondern vielmehr darum, wie und wozu das ge- kulturkonstituierende Phänomene schehen soll. • findet statt in einer (musikalisch-tänze- risch) transkulturell geprägten Welt 2. Affinitives Verstehen versus • vollzieht sich in der Begegnung von Wissen und Kenntnis Menschen mit transkultureller Identität In der weltweiten Verfügbarkeit vieler Musik- • hat transkulturelle Wurzeln und Tanzformen liegt zugleich die Problematik. 4 • verwendet multi- und interkulturelle Dies mag das Beispiel Oye como va? von Celia Inhalte und Materialien Cruz verdeutlichen. Gefällt Ihnen dieses Lied? • gebraucht transkulturelle Methoden Haben Sie es womöglich schon im Unterricht • und realisiert sich in transkulturellen eingesetzt? Kennen Sie seinen Titel, Komponis- Gestaltungsprozessen und -produkten. ten, Interpreten, die Stilrichtung, seinen sozio- kulturellen Background, seine musikkulturellen EMTP ist ein kulturübergreifender Wurzeln, seine charakteristischen Rhythmen Ansatz! Oder anders gesagt: und deren Fachbezeichnung oder die verwende- Die EMTP kommt an ihrer Trans- ten Instrumente im Einzelnen? Nein? kulturalität nicht vorbei! Wenn es Ihnen trotzdem vertraut klingt, unter- liegen Sie dem Vorgang des „affinitiven Verste- hens“, welches Schormann als ein Verstehen be- Welche Schwierigkeiten können sich daraus schreibt, „bei dem das Moment der Entferntheit ergeben? im Bezug zum Fremden übersehen oder einfach Interkulturaliät 24 Interculturality Interkulturaliät 25 Interculturality

übersprungen wird, dann fühlt man sich so- • Einseitige Quellenlage zusagen ‚angesprochen’ […]“. Die ausgewählte - Lateinamerikanische und afrikanische Musik oder Tanzform finde „eine Resonanz, Angebote dominieren die es einem ermöglicht, diese Musik scheinbar - Herkunftsländer der Migrantinnen und nahtlos an seine eigene Vorstellungswelt anzu- Migranten werden kaum bis gar nicht schließen. So fühlt man sich irgendwie ‚nahe’, ist berücksichtigt aber vom Verständnis der Musik noch recht weit - Nachbarländer von D/A werden nur entfernt“ (Schormann 1996). wenig berücksichtigt

Lehrende dürfen nicht bei der oberflächlichen, • Häufig unzureichende Kommentierung unreflektierten Verwendung eines Musikstücks - Deutsche Textfassung oder Tanzstils verbleiben, weil der Song eben „so - Verzicht auf Text in Originalsprache schön“, „so rhythmisch“, „so beruhigend“ oder mit Übersetzung des Textinhaltes und „so bewegungsanregend“ ist, oder weil er gerade der Textbedeutung gut ins künstlerisch-pädagogische Konzept passt. - Unzureichende Darstellung der sozio- Stattdessen gilt es, sich stets bewusst zu machen kulturellen Einbettung und Verwendung und zu begründen, nach welchen Kriterien eine - Kaum Informationen zu Herkunft, solche Wahl erfolgt, und die gewählten Materia- Komponist, Interpreten, Musizierweise etc. lien auch aus einer musik- oder tanzanalytischen Perspektive zu behandeln.5 • Praktische Umsetzung verläuft häufig nach ähnlichem Schema 3. Erfahrungsorientierter Unterricht - Lernen des Liedes in Originalsprache versus reflexive Auseinandersetzung oder dt. Übersetzung mit Klavier/Gitarre mit Fremdkultur - Begleitender Percussionsatz Unser Fach geht vom musizierenden, singenden und tanzenden Menschen aus und stellt die Zahlreiche Tanz- und Musikformen sind nicht Eigentätigkeit ins Zentrum. Der Weg zu ästhe- durch Vereinfachung oder über elementare Per- tischer Erfahrung führt stets über den vielfäl- cussion-Instrumente erfassbar. Natürlich führt tigen Umgang mit Musik, Sprache und Tanz. der Weg der Erfahrung des Fremden vorzugs- Hinsichtlich interkultureller Inhalte gilt es dabei weise über das eigene Tun wie beispielsweise zu beachten, dass der Unterricht nicht zu einer Mitmachmusiken und -tänze, das hörende bloßen Imitation fremder Tanz- und Musizier- Mitvollziehen oder der Weg vom vermittelten, formen verflacht, denn „das bloße Nachsingen, erlernten Endprodukt hin zur gebundenen oder Nachtanzen oder Nachspielen hat [noch, A.d.V.] freien Improvisation, die das Ausgangsmaterial nichts mit dem Verständnis fremder Kulturen zu nicht mehr erkennen lassen muss. tun“ (Schormann 1996). Will die EMTP verantwortungsbewusst mit ihrer Transkulturalität umgehen und sich als Interkul- Kritik sei in diesem Zusammenhang an der turelle Erziehung verstehen, muss es immer auch Aufbereitung interkultureller Materialien ange- Raum für ein Quäntchen Reflexion geben, damit bracht (vgl. Stroh 2007). Zu beobachten sind ein musikalisch-tänzerisches sowie kulturbezo- vielfach: genes Verständnis der gewählten Musik- und Tanzformen angebahnt werden kann.Natürlich kann das nicht mit jeder Zielgruppe, in jeder Un- terrichtsstunde und in jedem Detail erfolgen.6 Vielmehr gilt es, besondere musikalische und tänzerische Phänomene exemplarisch aufzugrei- fen. Das kann in der Arbeit mit Studierenden InterkulturaliätPublikationen 26 InterculturalityPublications

sowohl auf einer wissenschaftlich-theoretischen 5. Exotische Ferne versus Fremdheit Ebene, in der Arbeit mit Kindern oder Menschen im Eigenen mit besonderen Bedürfnissen eher in anschauli- Was meinen wir, wenn wir von „eigener“ und cher Form anhand einer Erzählung, einer szeni- „fremder“ Kultur sprechen? Wie vielfältig sind schen Interpretation 7 oder anhand von Bildern unsere Inhalte angesichts der Vielfalt der Musik- oder Videos erfolgen. und Tanzformen weltweit? Kursangebote wie Unterrichtsmaterialien 4. Musik anderer Kulturen zwischen zeigen: Musik- und Tanzformen aus dem afro- Folklorismus und Globalisierung und lateinamerikanischen Raum erfreuen sich Hinter der Buntheit interkultureller Materialien, großer Beliebtheit. Deutlich seltener werden deren Auswahl, Aufbereitung und Titel verbirgt Musik- und Tanzformen der im deutschspra- sich mitunter eine Tendenz zur eurozentristi- chigen Raum lebenden Ethnien aus Osteuropa, schen Sicht auf andere (Musik)Kulturen. Capol arabischen Ländern, Türkei, Nordafrika und bemängelt die Orientierung an archaischen, Vietnam, unserer europäischen Nachbarländer, vermeintlich authentisch-traditionellen Kli- populäre Mischformen wie Türkenrap, Russen- scheevorstellungen und die Tatsache, dass disko und Balkanbeats oder weltmusikalische kulturelle Andersartigkeit und Exotik häufig Crossover-Songs angeboten. mehr interessieren, als die Entwicklung neuer Musikstile in den Kulturen der Welt (vgl. Capol Will die EMTP ihrem transkulturellen Wesen 2008:97). So wird die Musik bestimmter Länder gerecht werden, muss sie sich „der fremden nicht selten als naturgegeben, ursprünglich und Welt im eigenen Lande stellen“ (Barth 2008:11). seit Jahrhunderten unverändert dargestellt unter Dazu gehört, die eigene kulturelle Identität zu Missachtung der historischen und aktuellen zeit- überprüfen, zu re- und dekonstruieren. So kann genössischen Dimension der Musikpraxis. das Typische und Charakteristische eigener Musizierweisen und Tanzarten herausgeschält Ertappen wir uns dabei, welche Assoziationen und mit dem „Fremden“ verglichen werden. Der uns zu afrikanischer Musik als erstes in den methodische Weg – z. B. in Form eines interkul- Sinn kommen …? Der Großteil afrikanischer turellen Vergleiches von Instrumentalklängen Jugendlicher wird im 21. Jahrhundert hingegen und Spielweisen oder Themen – führt zum Ent- weit mehr über Popmusik sozialisiert als über die decken von Gemeinsamkeiten und Unterschie- Trommler im dörflichen Kral, und verfügt über den zwischen dem Eigenen und dem Fremden. ein unterschiedlich breites und durchaus trans- Ein solcher Ansatz setzt allerdings voraus, dass kulturelles Repertoire eigener ästhetischer zeit- die Gemeinsamkeiten nicht äußerlich oder zu- genössischer Ausdrucksformen. Musik anderer fällig, sondern essentiell und wesentlich sind. Kulturen ist je nach Sichtweise „globale Musik Mit anderen Worten: Dass in den Musiken mit lokalem Sound oder lokale Musik mit globa- und Tänzen unterschiedlicher Kulturen Arche- lem Sound“ (ebd. 99), und bei weitem nicht nur typisches, ja Elementares enthalten ist. Solche auf Folklore begrenzt.8 Dies gilt gleichsam für Archetypen, elementare Grundbausteine oder die Musikkultur von Migrantinnen und Migran- universelle Strukturen, die auch losgelöst von ten. Sie sind Experten ihrer eigenen Herkunfts- einer Kultur betrachtet werden können – dazu kultur – und damit in unterschiedlicher Weise gehören z. B. der 5er Takt, der Bordun, das auch ihrer Popular- wie Hochkultur. Sie waren Patternprinzip, monoklangliche Strukturen, Experten und Gestalter ihres kulturellen Umfeldes Pendelklänge und einfache Mischklänge, pen- im Herkunftsland und sind dies auch im Zielland tatonische und modale Skalenmodelle, sowie der Migration (vgl. Merkt 2001:4). Hand- und Armgesten – bilden den Anknüp- fungspunkt für musikalisch-tänzerisches Arbei- ten und damit Anlass für ästhetische Erfahrung. Interkulturaliät 26 Interculturality Interkulturaliät 27 Interculturality

Multikulturalität versus Fremdheit im Eigenen IV. AUSBLICK: wirft zugleich die Frage auf, welchen Stellenwert ANFORDERUNGEN, die eigene Kultur angesichts der globalen Kultur hat. Es gibt sicher Regionen, in denen Volksmu- CHANCEN UND sik und -tanz noch wesentlich lebendiger sind PERSPEKTIVEN und mehr gepflegt werden, als das im deutsch- sprachigen Raum der Fall ist. Das „Eigene“ zu entdecken könnte also auch bedeuten, sich auf ◗ (AN-)FORDERUNGEN die Suche zu begeben nach interessanten Rhyth- muswelten und „fremden“ Musik- und Tanzfor- 1. Konzeptionell gedacht … men in der eigenen Kultur. Auch und gerade Berücksichtigung des transkulturellen dann, wenn uns afrikanische und lateinameri- Aspekts in Konzeptionen und Lehrwer- kanische Musizier- und Tanzformen vielleicht ken der EMTP näher sind als eigene regionale und nationale Wir müssen uns von traditionellen Konzepten Traditionen. der Interkulturellen Kommunikation verabschie- den, die unser Weltbild von kugelartig voneinan- der abgesetzten Kulturkreisen noch weitgehend Folgerungen für die Auswahl bestimmen, denn die Welt der Elementaren von Unterrichtsmaterial Musik- und Tanzpädagogik ist eine Welt in Miniatur. • Aufgabe der eurozentristischen Die Berücksichtigung des transkulturellen Sichtweise zugunsten einer kulturre- Aspekts – also der mannigfaltigen historischen, lativistischen Position, die von einer gesellschaftlich-kulturellen, inhaltlichen und grundsätzlichen Gleichwertigkeit aller methodischen Verflechtungen und Überschnei- Kulturen ausgeht. dungen – ist daher notwendige Grundvoraus- setzung für eine Weiterentwicklung des Faches. • Beachtung der Vielfalt und Band- breite der Musikkultur verschiedener 2. Wissenschaftlich gedacht … Länder statt Fokussierung auf traditio- Transkulturalität in Universität und wis- nelle Volkskultur >> Keine Aussparung senschaftlicher Forschung der länderspezifischen Popkultur Die Anregung von Forschungsarbeiten zum (vgl. Kautny 2010) Thema „Inter- und Transkulturalität in der EMTP“ wäre dienlich und in diesem Kontext • Berücksichtigung der Herkunftskul- der akademische Übergang zu transkulturellem turen der inländischen Migrantinnen Denken und Forschen, zur Vernetzung unter- und Migranten, sowie der kulturellen schiedlicher Wissenskulturen geboten. Gerade Vielfalt der direkten Nachbarländer statt für die EMTP im Schnittfeld benachbarter Wis- Fokussierung auf die exotische Ferne senschaften gilt: „Die alten Kugeln müssen auf- gebrochen, Verbindungen müssen wahrgenom- men und hergestellt werden.“ (Welsch 2010:12)

3. Pädagogisch gedacht … Ausbildung transkultureller Handlungs- kompetenz von Pädagogen Angehende Elementare Musik- und Tanz- pädagogen müssen die Fähigkeit erwerben, inter- und transkulturelle Dimensionen sinnvoll und InterkulturaliätPublikationen 28 InterculturalityPublications

gezielt in ihren Unterricht einfließen zu lassen. 3. Identitätsbildende Perspektive: Sie müssen transkulturell handlungskompetent EMTP kann somit ein Ort sein, an dem Men- sein. Dafür müssen sie innerhalb des Studiums schen nicht nur die Fähigkeit erwerben, trans- die Möglichkeit haben, Erfahrungen mit ande- kulturell kommunizieren zu können, sondern ren Kulturen zu machen und ihre eigene musika- die Fähigkeit ausbilden, ihre musikalisch- lisch-tänzerische Identität auszubilden. Auf der tänzerischen Identitäten bewusst, aktiv, selbst- unterrichtsdidaktischen Ebene müssen sie in der bestimmt und sozial verträglich, vor allem aber Lage sein, aus der Vielfalt der in ihrem Kultur- eigenschöpferisch „aushandeln“ zu können. raum existierenden musikalischen und tänzeri- schen Praxen gezielt und sinnvoll auswählen zu Elementare Musik- und Tanzpädagogik können. Darin liegen zugleich die kann dazu beitragen, das „Transkultu- relle“ in sich und anderen zu entdecken ◗ CHANCEN & PERSPEKTIVEN der EMTP und wirkt damit „über Grenzen hinaus“.

1. Musik- und tanzkulturelle Perspektive Die „Auseinandersetzung mit dem Fremden Sonja Stibi [in anderen Musikkulturen] könnte zum Weg- Mag. art. Univ.Prof., weiser werden in bisher ungeahnte und unent- Professorin für Elementare deckte Landschaften und Bereiche unserer ei- Musik- & Tanzpädagogik genen Kreativität und Phantasie […]“ (Schütz und Leiterin des Orff-In- stituts an der Universität 1998:1). Aufbauend auf dem Grundsatz der Mozarteum Salzburg. Gleichwertigkeit der Kulturen kann die EMTP Zuvor Lehrtätigkeiten in durch die Entwicklung respektvoller Akzeptanz den Fächern EMP, MBE und offener Lernbereitschaft Wege aufzeigen zu und Musikpädagogik an neuen Herangehensweisen in der Begegnung Hochschulen und Universitäten in Linz, Augsburg verschiedener Kulturen. Im Sinne einer trans- und München sowie in Tanzstudios und Musik- kulturellen Integration können im Zusammen- schulen. Internationale künstl.-päd. Projekte und treffen mit anderen musikalisch-tänzerischen Referententätigkeit im Rahmen der Aus- und Ausdrucksformen nicht nur Divergenzen, son- Weiterbildung. dern vielmehr Anschlussmöglichkeiten geschaf- Mag. Art. Univ. Prof. Professor for Elemental Music and fen werden, welche das Entstehen von bisher Dance Pedagogy and Head of the Orff Institute at the nicht existenten, genuin neuen transkulturellen University Mozarteum Salzburg. Taught at the Universities Verbindungen anregen. in Linz, Augsburg and Munich as well as dance in dance studios and music schools. International projects and 2. Transkulturelle Perspektive: teachings in the context of education and advanced EMTP führt Menschen unterschiedlicher qualification. Länder zusammen und ermöglicht so einen pädagogisch-künstlerischen Austausch und transkulturelle Vernetzung. Im vielfältigen Spielfeld von Musik, Sprache und Tanz sowie in der Begegnung von Menschen befördert die EMTP die Erfahrung der kulturellen Anders- artigkeit des Gegenübers. Vor allem aber akti- viert sie ein anthropogenes Ausdruckspotential und kulturübergreifende – sozusagen trans- kulturelle – musikalisch-tänzerische Verhaltens- weisen. Interkulturaliät 28 Interculturality Interkulturaliät 29 Interculturality

1 Im Folgenden wird die Abkürzung EMTP anstelle 5 Anregungen hierzu gibt Vallejo, Polo (2015): What to von Elementare Musik- und Tanzpädagogik verwendet. use? The importance of the material in its cultural cont- 2 Vgl. Darowska, Lucyna / Lüttenberg, Thomas / ext. In: Orff-Schulwerk Heute Nr. 93/2015, S. 21–27. Machold, Claudia (Hg.) (2010): Hochschule als trans- 6 Vgl. Harding, James (2015): How? Models of intercul- kultureller Raum? Kultur, Bildung und Differenz in der tural teaching and learning. In: Orff-Schulwerk Heute Universität. Bielefeld: transcript Nr. 93/2015, S. 28–33. 3 Vgl. Haselbach, Barbara et al. (Hg.) (2006): Im Dialog. 7 Zur szenischen Interpretation vgl. Stroh, Wolfgang Elementare Musik- und Tanzpädagogik im Interdisziplinä- Martin (2011): Der erweiterte Schnittstellenansatz. ren Kontext. Dokumentation Orff-Schulwerk Symposium Online verfügbar: http://www.interkulturelle-musik- Salzburg 2006. Mainz: Schott. erziehung.de/texte/stroh2009.pdf (Zugriff am 5.1.2016) 4 Cruz, Celia: Oye como va? Aus dem Album: Siempre 8 Fehrenbach, G. (2002): Afrika rappt, nur hier weiß vivire. Coverversion 2000. Geschrieben von Cachao und kaum einer davon. Telepolis. http://www.heise.de/tp/ von Latin Jazz und Mambo-Musiker Tito Puente 1963 artikel/11/11651/1.html (Zugriff am 26.11.2015). gecovered. Wurde populär durch Carlos Santanas Cover- version 1970 auf seinem Album Abraxas. Der Song hat den klassischen Rhythmus und das Tempo des Cha-Cha-Cha.

SUMMARY

The Contribution of Elemental Music and Dance Education to Interculturalism – A critical and contructive survey

Through globalization and the mass migration of 2. The explanation found in cultural theory refugees, the resulting current and future multicul- and philosophy references the concept of “trans- tural society make intercultural skills in all areas a culturality” of Wolfgang Welsch, the altered state social necessity. of today's cultures and the transcultural “patch- It is Elemental Music and Dance Education (EDME) work-identity” of the individual as providing both in particular that can make a significant contribu- opportunities and challenges for EMDE. tion since: Elemental Music and Dance Education is fundamentally transcultural. Transculturalism 3. The explanation found in phenome- is inherent in it! nology and music- references the mutual influence of music cultures and dance Selected INSIGHTS into the inter- and multicultural cultures and describes music and dance as phenom- field of EMDE establish an opportunity to discuss ena of a transcultural nature. the thesis of a fundamental transculturality of EMDE under the heading PERSPECTIVES, which is 4. The historical explanation describes EMDE centrally linked to the concept of transculturality of and Orff Schulwerk as “the result of an intercultural Wolfgang Welsch. Sonja Stibi’s theorem is deduced exchange of music“ (Kugler 2005:11) with a trans- from six premises, three general and three inherent cultural basis and as a medium for intercultural in the field of EMDE: encounters worldwide.

1. The anthropological explanation sees 5. The content-related / medial explanation music, speech and dance as being found in every examines media or objects as material for music and culture and therefore a phenomenon that consti- dance experiences in EMDE: the teaching mate- tutes and is immanent in culture. Seen in this way, rials – frequently mingling multicultural music and EMDE operates in "the cross-section of cultures". dance – as well as the instrumentarium, consis- InterkulturaliätPublikationen 30 InterculturalityPublications

ting almost exclusively of non-European elemental π Folklorism (pseudo-folklore) and the eurocentric instruments. perspective of supposedly authentic music and dance forms versus the globalization of musical 6. The methodical and pedagogical expla- cultures as “global music with a local sound and nation illustrates the transcultural form of both local music with a global sound“ (Capo 2008: 99). the methods used and results created through the π Attractiveness of the exotic afar versus foreign- interactive teaching process. ness in the familiar and the importance of ones’ own culture in the face of global culture.

Elemental Music and Dance Education Sonja Stibi derives guidelines for selecting teaching • is based on music, speech and dance as materials from: a phenomenon that makes up culture π The task of shifting the eurocentric perspective • takes place in a (musical-dancing) world towards a culturally relativistic position characterized by transculturalism π Observation of the range and diversity of the • is found in encounters with people of musical culture of different countries instead of transcultural identity focusing on traditional folk culture • has transcultural roots π Being considerate of domestic migrant cultures • uses multi- and intercultural contents and the cultural diversity of neighboring coun- and materials tries instead of focusing on the exotic afar • applies transcultural methods • is realized through transcultural creative Finally, challenges, opportunities and processes and results prospects for the future are formulated: π Conceptual perspective: Promoting the integra- EMDE is a transcultural and tion of a transcultural aspect in the concepts and cross-cultural approach! teaching materials of EMDE π Scientific perspectives: Transculturality in academic and scientific research The question of potential difficulties leads into a π Educational perspectives: Training of teachers critical discussion and juxtaposition of potential in transcultural competence opportunities and dangers, such as π Diversity of content and arbitrariness versus an Stibi concludes her article by stating that in the illustrative and justified selection of intercultural diverse field of music, speech and dance, EMDE content and materials incites respectful, appreciative encounters between π Assumed understanding and superficial use of people with anthropogenic potential for expression intercultural types of music and dance versus sci- and also cross-cultural, transcultural music and entific and knowledge-based use for sociocultural dance practices, not yet existent. By genuinely integration and cultural understanding stimulating new transcultural connections, it can π Experience-based teaching and mere imitation contribute to ”transculturalism”in itself and others. (of simplified) foreign music and dance forms (YH) versus reflective, analytical confrontation and the inception of an appreciation of culture Interkulturaliät 30 Interculturality Interkulturaliät 31 Interculturality

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AUS DER PRAXIS // FROM PRACTICAL WORK

“Was erleben die Kinder in …?” Reflexionen über Kursarbeit im Ausland

Wolfgang Hartmann

„Wenn ihr’s im Ausland macht, müsst ihr wieder ganz von dem ausgehen, was diese Kinder erleben. Und die in Afrika erleben was anderes als die in Hamburg oder in Stralsund, etwas anderes als in Paris – und in Tokyo wieder etwas anderes.“ Carl Orff

Mit diesen Worten antwortete Carl Orff im Jahre Weise nahebringen, so dass sie es als zu ihrer 1975 im Rahmen eines Rundfunkinterviews mit Welt gehörend verstehen? Hermann Regner 1, angesprochen auf die Tat- sache, dass sein Schulwerk ein solch weites und Dass diese Übertragung möglich ist, dafür vor allem überraschendes Echo in aller Welt gibt es zahlreiche Belege, angefangen bei gefunden hatte. Da ist nicht von Kulturtrans- den gedruckten Orff-Schulwerk-Adaptionen: fer und Interkulturalität die Rede. Abgesehen In der britischen Ausgabe von Margaret Murray davon, dass diese Terminologie erst in den letz- wurden selbstverständlich englische Lieder und ten Jahrzehnten an Bedeutung und folglich an Texte gewählt und die tschechische Ausgabe von Verwendungsfrequenz gewonnen hat, war das Petr Eben und Ilja Hurnik adaptierte die Idee Theoretisieren Orffs Sache nicht. Das überließ des Schulwerk in Form einer komplett neuge- er anderen. Ihm ging es um ein ganz konkretes stalteten Version. Die drei Bände der „Ameri- Anliegen: Die Kinder sollten das Orff-Schulwerk can Edition“ der Vereinigten Staaten zeigen in als etwas ihnen Nahestehendes empfinden, um anschaulicher Weise wiederum die Vielfalt einer sich in vertrauter Weise ausdrücken zu können. multikulturellen Gesellschaft. Weitere Beispiele Daher machte er sich in einfachen Worten zu finden sich in der TV-Serie „Mit Xylophon und deren Anwalt. Fantasie“ (vgl. S. 64), wo etwa im spanischen Beitrag Ester Bonal mit ihrer „Sardana Catalán“ Nun, was erleben die Kinder in Tokyo, Tallin, und Elisa Roche mit der musikalisch-szenischen Porto oder Bogotá? – Es ist eine Frage, die auf die Bearbeitung eines Textes von Federico Garcia große Verantwortung hinweist, die jene haben, Lorca die Verbindung zu der landeseigenen die eingeladen sind, in einem fernen Land einen Kultur herstellen. Die Reihe der Belege ließe sich Orff-Schulwerk-Kurs zu geben. Nur zu groß ist noch weiter fortsetzen. die Gefahr, die Begegnung mit einer anderen Kultur auf die eigene Erlebensperspektive zu Was in allen Beispielen, unabhängig von Spra- verengen und nicht die besondere Bedingung che und Kontinent zu erkennen ist: Die Autoren in Bezug auf Inhalt und Unterrichtsweise zu sind „Insider“, d. h. sie gehören ausnahmslos der reflektieren. Wie kann man aber den Kindern kulturellen Zielgruppe an, für welche die Adap- (und deren Lehrern, die ja die direkten Adressa- tionen vorgesehen sind. ten der Kurse sind) das Orff-Schulwerk in einer Interkulturaliät 32 Interculturality Interkulturaliät 33 Interculturality

Damit besitzen sie eine Qualität, mit der ich als schließlich pianistische Monokultur handelt. kurzzeitig anwesender Gastlehrer nicht dienen Einmal gelang es mir eine Studentin zu gewin- kann. Wie aber kann ich wenigstens in Ansätzen nen, ihre Pipa (chinesische „Gitarre“) im Unter- der Zielstellung gerecht werden, die Carl Orff in richt bei kreativen Klangspielen zu verwenden. seinem angesprochenen Zitat vorgegeben hat? Als ich sie dann bat, ihr Instrument auch einmal Wie kann ich mich auf diese besondere Schwie- mit blossen Fingern (also ohne den üblichen rigkeit meiner Arbeit vorbereiten? Fingerpicks) zu spielen, da erntete ich blankes Unverständnis. Immerhin, als wir unsere mittlerweile wohl „historische“ erste Pekingreise im Jahre 1988 Beim Nachdenken über dieses Ereignis ist mir vorbereiteten (Manuela Widmer, Peter Cubasch klar geworden, dass bei der Vermittlung des und ich), haben wir uns von einer Sinologin Orff-Schulwerk zwei Faktoren bedeutsam sind, beraten lassen. Sie hat uns Hilfen gegeben, um die mitunter in einer gewissen Spannung zuei- wenigstens im kommunikativen Umgang und nander stehen: Lehrverhalten die größten Fettnäpfchen zu ver- meiden … Mehr war nicht möglich, wir waren π Da ist auf der einen Seite der anfänglich von Exoten – und das war in dieser Pioniersituation Carl Orff eingeforderte Anspruch, auf dem auch nicht schlecht, denn wir genossen dadurch aufzubauen, „was schon da ist“ (Rätsel, Aus- eine große Aufmerksamkeit. Wir brachten ja zählreime, Lieder, Tanzspiele und Tanzlieder). „etwas Neues“. Dies bezieht sich vor allem auf die inhaltliche Ebene. Nach nahezu dreißig Jahren und fast ebenso π Da ist aber auf der anderen Seite die Art und vielen Reisen nach China hat sich natürlich Weise, in der das Orff-Schulwerk unterrichtet sehr vieles geändert, manche Schwierigkeiten werden sollte, d. h. das prozessuale Vorgehen, sind aber geblieben: Wenn ich zu Beginn eines in dem Kreativität als entscheidendes Krite- Kurses den Bestand der vorhandenen Orff-In- rium gefördert werden sollte. Dieses Ziel, die strumente überprüfe, bitte ich immer, chinesi- gestaltende Mitarbeit der Schüler in Form sche Perkussionsinstrumente miteinzubeziehen. der Improvisation zu fordern und in das Un- Das erfordert zwar eine genauere Erklärung terrichtsgeschehen einzubeziehen, ist aber in und Begründung, aber schließlich kommen sie vielen Kulturen noch immer etwas Ungewohn- aus dem Instrumentendepot: wunderschöne tes. Bedenken wir, dass das Orff-Schulwerk bei rote Fasstrommeln in allen Größen, Gongs und seiner Einführung in Form des Schulfunkpro- Becken. Wenn ich dann aber im Laufe des Un- grammes im Bayerischen Rundfunk (im Jahr terrichts die Studenten auffordere, ein beliebiges 1948 noch „Radio München“ genannt), sogar Instrument zu wählen, dann sind es genau diese bei einer großen Zahl der bayerischen Lehrer von mir eingeforderten Instrumente, die übrig- auf starke Skepsis stieß, manchmal sogar auf bleiben. Erst nach einer Eloge meinerseits über offene Ablehnung. Der Anspruch, den das Klangreichtum und Ästhetik dieser Instrumente Schulwerk in der Unterrichtsweise forderte, finden sich ein paar Studenten, die (dem Lehrer war für manche Pädagogen einfach zu neu, zu zuliebe) auch diese Instrumente hinzunehmen. weit entfernt von den gewohnten Strukturen Man kann sich fragen, warum dies so ist: Ist es des Schulunterrichts. der Reiz des Neuen, nach einem der ungewohn- ten „Orff-Instrumente“ zu greifen? Oder ist es Ich denke da an eine Aufzeichnung der ersten der Respekt vor den ehrwürdigen Instrumente, Schulwerk-Sendungen im Fernsehen: Gunild die man nur im traditionellen Kontext kennt? Keetman hält ein Glockenspiel in ihren Händen Eigene Instrumente der Studenten einzubezie- und zeigt ihrer Mitpräsentatorin Godela Orff, hen ist schwierig, da es sich um eine fast aus- welche Alternativen zur Improvisation der InterkulturaliätPublikationen 34 InterculturalityPublications

Dreitonraum e – g – a bietet. „Siehst Du, man Dies ist aber nur der erste Schritt. Gleichzeitig kann auch mit dem a enden … .“ Das klingt un- gilt es für einen Gastlehrer im jeweiligen Land gewohnt, fast provokant, gegen die bestehenden die Personen zu finden, die in der Lage sind, die Konventionen verstoßend. Es ist aber ein signi- Philosophie und Prinzipien des Orff-Schulwerks fikantes Beispiel, das auf den künstlerischen anhand von landeseigenen Liedern, Tänzen und Anspruch des Orff-Schulwerks hinweist: Es ist Aktivitäten jeglicher Art darzustellen. Dies ist die Suche nach dem Neuen, nach Lösungen, die ein Prozess, der unter Umständen Jahre dauert sich bewusst von bestehenden Normen absetzen. und im permanenten beratenden Austausch Es gilt also, zwei unterschiedliche Ansprüche im mit Salzburg (Orff-Institut und Orff-Schulwerk Auge zu behalten: Forum) geschehen sollte. π einerseits (dazu das Eingangszitat Carl Orffs, S. 32) auf dem Material aufzubauen, das im Als Carl Orff darüber nachdachte, „was die jeweiligen Lande im Gebrauch der Kinder ist, Kinder erleben“, hatte er natürlich seine ober- π andererseits sich damit künstlerisch ausein- bayrischen Kinder vor Augen. Wenn ich aber ander zu setzen, es unter Umständen auch zu bedenke, dass sich im Orff-Schulwerk das Lied „verfremden“. Z’Minka steht a neubauts Haus 2 findet, dann bin ich mir sicher, dass dies bereits im Norden Bay- Ob dazu ein Gastlehrer wirklich in der Lage ist? erns, etwa im fränkischen Coburg, schon in den Ist es da nicht besser, Kreativität und künstleri- ersten Jahren der Ausstrahlung der Schulwerk- sche Auseinandersetzung auf einem eher „neu- sendungen als reichlich exotisch empfunden tralen Feld“ exemplarisch vorzustellen, um wurde …. Für Carl Orff und Gunild Keetman war Missverständnisse zu vermeiden (Siehe Pipas- wohl klar, dass fränkische Lehrer andere Aus- pielerin ohne Fingerpicks)? zählreime und Tanzspiele verwenden würden, nämlich solche, die ihrem Umfeld entsprachen. Aufbauend auf diesen Überlegungen sehe ich Heute ist in allen Ländern durch die globalisier- in der Arbeit des ausländischen Gastlehrers nur ten Kommunikationsmitteln die Situation viel den ersten Schritt eines länger dauernden Pro- komplizierter geworden und ich befürchte, dass zesses. Er sollte die Haltung zeigen „Seht, wie durch den Einfluss elektronischer Spielgeräte wir es machen …“ und nicht „Seht, so müsst ihr von klein auf die Erlebniswelt der Kinder in den es machen“ (Hermann Regners Worte in einem verschiedenen Zonen der Welt sich ähnlicher Gespräch vor unserer ersten Chinareise). Hierzu geworden ist. Das sollte uns nicht beruhigen, sollte der Gastlehrer Unterrichtsmaterialien sondern nachdenklich machen. Dennoch, oder verwenden, die vor allem ästhetischen Krite- gerade deshalb: Der Anspruch von Carl Orff gilt rien entsprechen. Sie können meines Erachtens noch immer. Er fordert nur ein koordiniertes, auch aus anderen Teilen der Welt stammen, doch gemeinsames und längerfristigen Vorgehen, um sollte deren Provenienz erklärt werden. Wenn den Kindern in jedem Land das Schulwerk als dabei aber Anklänge an das Gastland gemacht etwas ihnen nahestehendes zu vermitteln. Der werden können, um so besser (Barbara Hasel- Gastlehrer macht dabei den ersten Schritt und bach erzählte, wie landestypische Formen und trägt eine große Verantwortung. Ornamente, wahrgenommen im Strassenbild Seouls, sie inspiriert haben, diese als Beispiele 1 Regner, Hermann (1975): „Musik für Kinder – Music für graphische Ostinati in ihren Unterrichts- for Children – Musique pour Enfants“. Anmerkungen zur stunden zu verwenden). Es ist also vor allem die Rezeption und Adaption des Orff-Schulwerks in anderen Sensibilität des Gastlehrers angesprochen, um Ländern. In: Haselbach, Barbara (Hg.): Studientexte zu Einflüsse aus Kultur und Tagesgeschehen des Theorie und Praxis des Orff-Schulwerks. Basistexte aus den Jahren 1932–2010. Mainz, S. 221–247 Gastlandes wahrzunehmen und diese (vorsichtig 2 Orff, Carl / Keetman, Gunild (1950): Orff-Schulwerk. und respektvoll) zu verwenden. Musik für Kinder. Bd. I, Mainz, Schott, S. 37 Interkulturaliät 34 Interculturality Interkulturaliät 35 Interculturality

Wolfgang Hartmann, SUMMARY Prof., seit 2007 Profes- sor für Musikalische Früherziehung am Centro „What do children experience...“ Superior de Música del País Vasco MUSIKENE in Carl Orff expresses in an interview with Hermann San Sebastián-Donostia, Regner a clear demand: The Orff-Schulwerk has to pädagogischer Berater der be taught in every country in a way that it includes Fundación Barenboim-Said “the experiences of the children” in their own world in Sevilla, Gastprofessor an (see Texts on Theory and Practice or Orff-Schul- den Konservatorien Peking und Shanghai. Vormals werk. Mainz 2011, p. 220). Many examples show Lehrer an “Orff-Modellschulen“ in München, Leiter that it is possible to adapt the ideas of Orff-Schul- der Musikschule Klagenfurt, 10 Jahre Leiter der Abteilung Instrumental- und Gesangspädagogik am werk by offering materials that belong to the world Kärntner Landeskonservatorium, Lehrtätigkeit an of the addressed children (see Margaret Murray, den Musikuniversitäten Wien und Salzburg (Orff-In- Ilja Hurnik and Petr Ebn, Elisa Roche and Dolors stitut). Schulfunkprogramme beim Bayerischen Bonal and many others). But it is also obvious that Rundfunk. it has to be done by someone who belongs to – or at least is very familiar with – the “receiving culture”. Since 2007 professor for Early Childhood Music Educa- This put the question in the centre, “What can an tion at the Centro Superior de Música del País Vasco ‘international teacher’, who is missing the quality MUSIKENE in San Sebastián-Donostia, pedagogic mentioned above, do to bring Orff-Schulwerk to a counselling at the Fundación Barenboim-Said in Sevilla, foreign culture?”. Just to be “exotic” is not enough, guest professor at the conservatories of Beijing and Shanghai. Former teacher at “Orff-Schools” in Munich, there is a great responsibility: From the beginning principal of the music school in Klagenfurt, for 10 years there has to be the intention to start this process of head of the department of instrumental pedagogy at the incorporating the Schulwerk into the reality of the Carinthian State Conservatory in Klagenfurt, lecturer new place. at the Universities of Music in Vienna and Salzburg What, however, complicates this process is the im- (Orff-Institute); author of educational programmes for portance of creativity, also a very central demand of the Bavarian broadcasting company. Orff-Schulwerk: It is not just the material, the songs and the , that count in Orff-Schulwerk. It is also the way of teaching them. Letting the students participate in finding a final authentic musical result is for many teachers in other cultures a big and unaccustomed step. This approach does not belong to the traditional pedagogical thinking in every country. Also the request to use a traditional instrument in an alternative way can be found dis- concerting, something that we are used to doing with the Orff instruments. It is a long jouney to integrate the Orff-Schulwerk into a different culture and the first encounter with this concept by an “international teacher” is only the first step. People from the new country have to be found who understand the principles of Orff-Schul- werk a n d know the right use of their own cultural material. This process of integrating can last over years but first the teacher has to know about his/ her responsibility. [MS] InterkulturaliätPublikationen 36 InterculturalityPublications

Finding Rona: When Pa–keha– and Ma–ori meet

Christoph Maubach

Music and dance examples from different cultures The following narrative about my search for the provide opportunities to engage with some of the Ma¯ori song Rona serves as a case in point. I ap- “exotic” qualities of non-western music styles. How- proached my Ma¯ori colleague Shirley Tuteao here ever, the encounter with different rhythms, foreign on the North Island of New Zealand to help our choir scale patterns and other languages should also lead with text, translation, pronunciation and Poi dance to a deeper understanding of people’s cultural expres- for the song Rona. Poi is a popular sions and way of life. As millions of people seek refuge Ma¯ori performance art with roped weights. It was in other countries and as they move from war-torn very obvious from the start that learning about regions into different language and cultural spheres text and technicalities alone would leave our choir the development of a genuine and deep understand- members only with a superficial understanding. ing of diversity must rank high on the education Spending time together with my Ma¯ori colleague agenda. How people live and how they relate to each and sharing experiences provided us with insights other with all their differences and commonalities into Maoridom and an opportunity to show how should be a central theme in music, dance and arts Pa¯keha¯s would make and create music in a choir. education. The arts can contribute significantly to Pa¯keha¯ is the Ma¯ori expression for European origin the transforming of human consciousness, a process New Zealanders. For Shirley, the building of a rela- also essential to achieve peaceful coexistance. Eisner tionship over quite a period of time with our singing (2002) writes about the arts: group members played a very important role.

“They refine our senses so that our ability to expe- Elisabeth MacKinlay (2008) writes about the rience the world is made more complex and subtle; centrality of relationship in pedagogy: they promote the use of our imaginative capacities so that we can envison what we cannot actually see, “Relationship as pedagogical method is performed taste, touch, hear and smell; they provide models through an ‘ethic of friendship’, of mutual respect through which we can experience the world in new and trust, of coming to know Self in relation to the ways; and they provide the materials and occasions Other, of shared histories and experiences, of feeling for learning to grapple with problems that depend empathy, and of on-going dialogue.” on arts-related forms of thinking.”

The act of musical improvisation involves this form Shirley and I had met occasionally in our hallway of thinking. Creative endeavour requires an engage- and chatted informally and she always pointed out ment with the new, the suprising, the unpredictable. that she would be happy to share some of her cul- This kind of subtle, accute and perceptive awareness tural expressions. She also wanted to hear where is also an ingredient in the development of empathy I came from and what the songs from my region for one another. The person to person approach, the would sound like. I began to realise how important building of relationships and the way we try to find it is to really get to know one another when we share out more who we are as people that can lead to a ideas and educational content. When we want to better understanding of the new, the unfamiliar, the learn about other peoples’ cultures, songs, dances foreign in others. A personal encounter can fire up and artistic expressions we first share aspects an authentic and meaningful exchange personally of who we all are. That includes exchange of our and artistically. In a thumbnail sketch one could family background explaining where we come from, say: Meaning rather than sound. what important geographical features such as rivers Interkulturaliät 36 Interculturality Interkulturaliät 37 Interculturality

Rona – the song Rona – the translation Takoto ana au ki te moenga uriuri As I am lying down my mind is wondering. Tu ake au Titiro ki te atarau And after a while I get up and look at the moonlight. Kei runga ra, Te marama e whiti ana It’s up there the full moon. kei hea Rona kei roto ra There I can see Rona in the center of the moon. Piri ki te taha, Piri ki te ngaio She is holding the calabash and the Ngaio tree. Aue ra e Rona e, Aue Rona e How sad for Rona! Alas, she is totally alone! InterkulturaliätPublikationen 38 InterculturalityPublications

and mountains surround us and shape us. And we varying movements. The Poi movements describe share aspects of how we live. And sharing means meaningful gestures, which are almost mime like. also listening and waiting. Shirley brought the 17- Students composed the song in 1972 in Christchurch year old Ma¯ori high school student Waiarani to our on the South Island with their teacher Mrs. Honor singing practice. Waiarani taught us the song Rona Goldsmith. and showed us the Poi movements. The members of the adult choir World Voices are almost all Pa¯keha¯ Rona – some meaning and have mixed ages. Some of the Poi movements of the dance movements were challenging to perform for our members. We The gestures and dance movements in Poi chore- persisted and we agreed to meet more often for ographies often convey meaning through mime Ma¯ori song and Poi practice. Shirley and Waiarani actions. The body language in the choreography for are of Tainui descent. Tainui are a group of Ma¯ori Rona is also determined by the timing of the music who share a common ancestry with other Polynesian and by the way the short string Poi is held. But there migrants who arrived in New Zealand on the Tainui are many distinct gestures, which reflect the text of waka (watercraft) about 800 years ago. The Tainui the song. For instance, there are distinct gestures group is mostly situated in the central North island representing the text line: “And after a while I get up region of Waikato, named after the Waikato River. and look at the moonlight”. At this point, standing in The song Rona is popular with Ma¯ori youth groups, an upright position, the dancers hold their left hand school groups and is often performed at Kapa Poi by the left hip and with their right hand Poi by haka festivals (Ma¯ori performing arts festivals). the right forehead they undertake a slight flicking Kapa haka literally means line (kapa) and dance motion with Poi and head towards the right of the (haka). There are a number of choreographies for body. This symbolizes the action of a person looking, this song available for short Poi or long Poi with in this case at the moon. Interkulturaliät 38 Interculturality Interkulturaliät 39 Interculturality

Rona – the story others it was a new and refreshing reminder of New During one dark night Rona was called by her hus- Zealand’s bicultural and multicultural character. band, asking her would she please go and get him For all of us it was a wonderful opportunity to meet some water. They were staying in the small fishing Shirley and Waiarani and learn some of their way of village of Kawhia on the west coast of the North life. The process of meeting, the personal exchange, Island. Rona set off to get some water. It was quite the way we talked, sang and moved was our way dark and the only light available along the rugged of creating intercultural exchange. This took time path was coming from the moon. Midway between and careful attention. “All in good time”, as Shirley her whare (house) and the awa (stream), the path Tuteao would say. It was useful for us to undertake went dark: A cloud had drifted in front of the moon. a kind of Passportisation of the musical example Unable to see her way, Rona fell dropping her Taha/ Rona. With the help of Shirley and Waiarani we Tahaaroa (water vessel). She got quite angry and she were able to collect details, the origin of the song, swore at the moon: “Wicked Moon, you are taking the where, when, why and how that attaches to this away the light”. The moon was quite offended by her example. And, most importantly, in the process we curses and proceeded to drag her away to pull her learned something about the culture bearers, the right up to himself in the sky. Rona just managed to people who own these musical items and for whom grab hold of a Ngaio bush, but the bush was pulled these cultural expressions are a natural, communal out at its roots and now she in the moon. From her and spiritual part of their life. new home in the moon, Rona could hear her people calling, “Rona, where are you?”. And she answered Christoph Maubach back “Here I am, among the stars”. A graduate of the Orff Institute has taught Music Poi and Rona and Dance Education in Australia, New Zealand and many other parts of the world. He is music education lecturer at University of Waikato in Hamilton, New Zealand.

Studium am Orff-Institut, seit 1980 unterrichtet er Musik- und Tanzpädagogik in Australien, Poi was once made with Raupo leaves (rushes from New Zealand und vielen anderen Ländern der Welt. the Raupo bush). However, they are now made with Er ist Senior Lecturer für Musikpädagogik an der Waikato Universität in Hamilton, New Zealand. convenient and modern materials – plastic, foam, plaited wool/twine, string and sticky tape. Maori the Poi as a percussion instrument off LITERATUR // REFERENCES the body and as they do so they sing their Poi actions Eisner, E. (2002). The arts and the creation of mind. tell a story. Each move has a special meaning. Poi Yale, USA, Yale University Press Flinthoff, B. (2004). Taonga Puoro Singing continues to provide much joy for many groups in Treasures. The musical Instruments of the Ma¯ori. New Zealand. The Poi activities and Kapa haka at Nelson, New Zealand, Craig Potton Publishing large helps building relationships as the members of Goldsmith, Honor. (1972/2006): Rona. Songs for the choir World Voices experienced. Hui Gatherings Audio CD. Cambridge, New Zealand, Wotz Wot. The song Rona, the story and the Poi activities MacKinlay, E. (2008): Making space as white music brought the members of the World Voices Choir educators for Indigenous Australian holders of song, closer to Ma¯ori culture. For some of the Pa¯keha¯ it dance and performance knowledge: The centrality of was a happy trip down memory lane as they remem- relationship as pedagogy. In: The Australian Journal of Music Education, 1, 2–6. bered Poi activities from their high school years. For

InterkulturaliätPublikationen 40 InterculturalityPublications

ZUSAMMENFASSUNG Sie half uns bei der Interpretation der Poi- Bewegungen und der dazugehörenden Legende von Rona und dem Mond, die zum Lied gehört. Rona – oder: wenn Pa–keha– – und Maori sich treffen Rona – die Übersetzung Musik und Tanz aus anderen Kulturbereichen Wie ich mich niederlege laufen mir meine Gedanken bieten Möglichkeiten sich mit andersartigen davon. Musikstilen und Lebensweisen auseinanderzu- Ich stehe auf, sehe das Mondlicht und schaue mir den setzen. Dieser Beitrag über die Begegnung mit Mond an. der Kultur der Ma¯ori (der indigenen Bevölkerung Dort oben steht der Vollmond. Neuseelands) zeigt, dass es dabei aber nicht nur Ich kann Rona ganz in der Mitte des Mondes sehen. um die Auseinandersetzung mit einer fremden Sie hält den Wasserkübel in der einen Hand. Sprache, Mythologie und Elementen von Musik Und in der anderen Hand hält sie den Ngaio-Baum. und Tanz geht. Mit dem Beispiel des Poi-Liedes Wie traurig das ist für Rona! Ach, sie ist ganz allein! Rona wird dargestellt, dass persönliche Begeg- nung eine zentrale Funktion in der Auseinander- setzung mit fremdem Kulturgut hat. Das Lied basiert auf der Legende von Rona. Die ästhetische Erziehung, vor allem jene mit bi- In einer dunklen Nacht wurde Rona von ihrem und multikulturellen Beispielen kann wesentlich Mann geweckt und der rief: “Bitte Rona, ich zur Bewusstseinsveränderung beitragen und bin durstig, hol mir etwas Wasser.“ Die Beiden somit einen besonderen Beitrag zum friedlichen lebten in dem kleinen Fischerdorf Kawhia an der Miteinander leisten. Der Erziehungs-wissen- Westküste der Nordinsel. Und Rona musste ein schaftler Elliot Eisner (Yale University) erläutert gutes Stück laufen um Wasser zu holen. Es war in seinem Buch The Arts and the Creation of Mind ziemlich dunkel und das einzige Licht auf dem (2002) wie die Künste zur Veränderung von zerklüfteten Pfad war ein wenig Mondlicht. Auf Bewusstsein und Einstellung beitragen können. halbem Weg zwischen ihrem Whare (Haus) und Ich wollte mit meinem Chor ein Maori Lied dem Awa (Fluss) wurde es plötzlich sehr dunkel, singen. Das Erlernen von Ma¯ori-Liedern und eine Wolke hatte den Mond verdeckt. Rona -Tänzen braucht als erstes die Entwicklung einer konnte plötzlich ihren Weg nicht mehr finden, respektvollen und persönlichen Beziehung zu sie stürzte und verletzte ihren Fuß an einem einem Vertreter dieser Kultur. Über das Interesse Felsbrocken, dabei verlor sie den Wasserbehälter an dem Lied Rona, an der Poi-Choreographie und (Taha / Tahaaroa). Sie stand ziemlich wütend auf der Legende von Rona habe ich die Ma¯ori-Lehre- und fluchte auf den Mond: „Du böser Mond, dass rin Shirley Tuteao kennengelernt. Nach einigen du mir das Licht wegnimmst!“ Der Mond war interessanten Gesprächen – dazu gehört auch von ihrem Fluchen sehr beleidigt; er packte Rona der Austausch von Einzelheiten aus der persön- und zog sie zu sich. Rona versuchte gerade noch lichen Geschichte der Gesprächspartner, denn in sich an einem Ngaio-Baum festzuhalten. Aber der Ma¯ori-Kultur spielt dieser Prozess eine sehr wie der Mond Rona zu sich hinaufzog wurde wichtige Rolle – brachte die Kollegin Shirley die der Ngaio-Baum entwurzelt und ebenfalls vom 17-jährig Gymnasiastin Waiarani zu einem un- Mond hinaufgezogen. Und jetzt sind beide, Rona serer Singabende mit. Waiarani brachte uns das und der Ngaio-Baum im Mond. Wen man genau Lied Rona und die Poi-Choreographie bei (Poi ist hinschaut kann man Rona und den Baum sehen. eine typische Darstellungskunst der Maori mit Von ihrem neuen Zuhause im Mond aus konnte an Seilen befestigten Kugeln, die nach bestimm- Rona hören wie die Menschen ihr zuriefen, ten Regeln bewegt werden. Mit diesen bewegten „Rona, wo bist du?“ Und sie antwortete, „Ich bin Kugeln kann man auch Geschichten erzählen). am Himmel, unter den Sternen!“. [C. Maubach] Interkulturaliät 40 Interculturality Interkulturaliät 41 Interculturality

Musik als Verbindung. Zum bindungsfördernden Aspekt einer Eltern-Kind-Musikgruppe für Familien mit und ohne Fluchterfahrung

Christine Knoll-Kaserer

Musik und Tanz können uns vielfältig und Bewegung folgt eine Wiederholung von Liedern mannigfach berühren – das gilt für das Hören bzw. Rhythmen. Daran schließt der neue Haupt- von Musik, aber noch viel mehr für das aktive teil der Stunde an, der häufig mit dem Erkunden Musizieren und Tanzen sowie das elementare eines Objektes beginnt. Am Ende der Stunde Gestalten. Dieser Artikel möchte die Bedeu- stimmen wir in das Schlusslied ein, das wech- tung einer interkulturellen Eltern-Kind- selnd in Deutsch und auch Englisch angeboten Musikgruppe für 2 bis 3-jährige Kinder und wird. ihre Bezugspersonen beschreiben. Im Anschluss an diesen musikalischen Prozess in der Gruppe, der sich über einen Zeitraum von Zur Organisation ca. 45 Minuten erstreckt, sind alle Teilnehmen- Bei der Ausschreibung des Musikkurses über das den zu einer Jause im angrenzenden Gruppen- Eltern-Kind-Zentrum wurde auf die Kooperation raum, der eine Küche und einen Spielbereich mit dem Flüchtlingsheim in Zirl (Tirol) hinge- für die Kinder vereint, eingeladen. Hier soll wiesen. Zwei Plätze wurden für Familien aus Raum und Zeit für das gemeinsame Essen und dem AsylwerberInnenheim reserviert, die ersten Trinken und den gegenseitigen Austausch sein. Male wurden die beiden Frauen von der Heim- Die Kinder haben die Möglichkeit, nach einer betreuerin hinbegleitet – das Überwinden der kurzen Stärkung in ein freies Spiel in der vorbe- ersten Hemmschwelle wurde somit erleichtert. reiteten Umgebung zu finden. Die EKI-Gruppe endet nach ca. 90 Minuten, Die Eltern-Kind-Gruppe – zeitlicher wenn alle Teilnehmenden gestärkt und gesättigt Rahmen und musikpädagogische sind. Wir verabschieden uns in die Garderobe, Inhaltsbereiche manche mit einer Melodie auf den Lippen. Die Teilnehmenden der Eltern-Kind-Gruppe (EKI) treffen sich zum Beginn vormittags um 9.30 Uhr im Bewegungsraum. Nach dem gemeinsamen Begrüßungslied hören die Teilnehmenden rhythmische Pattern im ge- raden oder ungeraden Takt und tonale Pattern in Dur oder Moll. Anschließend nimmt die Hand- puppe Leni in Form einer musikalischen Kom- munikation Kontakt mit jedem Kind einzeln auf. Im Bewegungsteil wird der Raum zu vielfälti- gen Trommelrhythmen mit Bewegung erfüllt … Phasen der Bewegung und der Pause, der Spannung und Entspannung wechseln einander ab. Langsame und schnelle Rhythmen werden auf unterschiedliche Weise von den Eltern und den Kindern in Bewegung umgesetzt. Nach der InterkulturaliätPublikationen 42 InterculturalityPublications

Zur Situation von Menschen, In der Literatur kann man auch von einem ‚root die geflüchtet sind shock‘ lesen, „vom Verlust des emotionalen Ohne auf die jeweils sehr spezielle und indivi- Ökosystems, um dieses gleichzeitige Zusam- duelle Situation von Menschen auf der Flucht menbrechen von Bindungsbeziehungen zu den pauschal eingehen zu wollen, können doch geografischen, historischen, kulturellen und einige grundlegende Bedingungsfelder skizziert sozialen Kennzeichen eines Ortes zu beschrei- werden: ben“ (Aroche/Coello, 2016: 137). Zusammen- Der unfreiwilligen Flucht, der Zwangsmigration fassend lässt sich Zwangsmigration als ein kom- „geht ein wirtschaftlicher, politischer oder so- plexer psychosozialer Prozess mit Auswirkungen zialer Druck voraus, der die Migration als ein- auf die Identität des Menschen verstehen. zigen Ausweg erscheinen lässt“ (Zimmermann, Für die Verarbeitung der mitunter trauma- 2015: 20). Für den Publizisten und Philosophen tischen Vorerfahrungen der Menschen sind Edward Said ist das Leben im Exil: „… der er- sicherheit- und schutzgewährende Rahmen- zwungene und unheilbare Riss zwischen dem bedingungen von größter Wichtigkeit. Die Reali- Menschen und seiner Heimat, zwischen dem tät zeigt jedoch häufig ein anderes Bild: Ein Blick Selbst und seinem wahren Zuhause“ (Aroche/ auf das fremdbestimmte Leben der Menschen in Coello, 2016: 133). Diese Erfahrung geht oft den überfüllten AsylwerberInnenheimen, unter einher mit einem „Verlust der selbstverständ- Ausschluss von Bildungs- und Arbeitsmöglich- lichen Geborgenheit in der eigenen Kultur“ keiten lässt wenig Gestaltungs- und Handlungs- (Meurs/Jullian, 2016: 231). raum für die Menschen aufkommen. Interkulturaliät 42 Interculturality Interkulturaliät 43 Interculturality

Die Eltern-Kind-Musikgruppe die Gruppenteilnehmenden umschließt: „Das als sicherer Ort Singen der Erwachsenen hüllt Mutter und Kind Asylwerbende Familien befinden sich in einem in eine klanglich wohltuende und schützende At- ‚Zwischen-Raum‘: Sie haben ihre Heimat verlas- mosphäre“ (Seeliger 2002: S. 38). „Auch die Er- sen und sind abgeschnitten von ihren kulturellen wachsenen erfahren in der Eltern-Kind-Gruppe Wurzeln. In den engen Räumen des Asylwerber- eine Intensivierung ihrer Beziehung zum Kind Innenheims sind sie mit der Ungewissheit des sowie zu sich selbst“ (Seeliger 2002: 35). Ausgangs ihres Asylverfahrens und einer damit Dieses Miteinander offenbart sich in vielen einhergehenden Machtlosigkeit konfrontiert. Facetten: im füreinander Singen, im miteinan- Für dieses ‚Dazwischen-Sein‘ bietet die EKI- der Sprechen, in der Bewegung und im Tanz. Gruppe für kurze Zeit einen sicheren Ort, indem Das ‚sich-gegenseitig-Halt-geben‘ wird im Tragen sie sich als aktive GestalterInnen in der Interak- und Schaukeln der Kinder ganz konkret erleb- tion mit ihrem Kind erleben können – um sich und erfahrbar. Um diese Erfahrungen noch zu selbst „… als handelndes oder mithandelndes verstärken, wurde jede teilnehmende Familie Subjekt in einer Welt der Klänge zu erleben, eingeladen, eine Decke von zu Hause mit in die Klänge zu erzeugen und zu interpretieren und EKI-Stunde zunehmen. damit auch etwas über sich selbst zu erfah- ren“ (Ribke, 1995: 38). Die klare Struktur, die Wiederholungen und Rituale geben Halt. Eine Bindungsfördernde Aspekte der entspannte Atmosphäre, die ein Gefühl von EKI-Gruppe Geborgenheit vermitteln kann, sind ein weite- Auf Grundlage der Erkenntnisse von John res Kennzeichen eines sicheren Ortes, und zu- Bowlby und seiner Bindungstheorie können An- gleich die Voraussetzung für ein gegenseitiges, gebote zur Stärkung der Bindungsqualität auch vorsichtiges Wahrnehmen und Sich-Öffnen in in der EKI-Gruppe ermöglicht und eingebaut der Gruppe. Doch über den Raum als solchen werden. Dem Erkundungs- und Bindungssys- hinaus, kann das gemeinsame Musizieren als tem wird in den wechselnden Phasen der EKI- eine Art ‚Schutzhülle‘ beschrieben werden. Gruppe mit unterschiedlichsten musikalischen Maria Rebhahn (vormals Seeliger) beschreibt Angeboten Rechnung getragen: Abwechselnd das gemeinsame Singen als eine Art Hülle, die folgen aufeinander Interaktionen zwischen Kind

DECKE als Objekt

Psychosoziale Zielebene Motorische Zielebene Musikalische Zielebene beschützend, haltgebend Sich zudecken, einzelne Die Decke als sicherer Ort, Körperteile verstecken, seine als Platz für das Kind und Die Decke als vertrautes, eigenen Körpergrenzen seine Bezugsperson lädt mitgebrachtes Objekt von zu umschließen, sich mit der Be- beide ein zum Singen des Hause, als eine Art ‚Über- zugsperson unter der Decke Begrüßungsliedes, zum gangsobjekt‘ einhüllen, stimmlichen Äußern und Erfahrungen im Raum sam- rhythmischen Gestalten. meln: z. B. durch den Raum ziehen Beim Abschlusslied im schwingenden ¾ Takt wird das Kind in der Decke liegend von der Gruppe gewiegt. InterkulturaliätPublikationen 44 InterculturalityPublications

und Bezugsperson im engen, körperlichen Kon- In der EKI-Gruppe können eben diese Momente takt, z. B. mit Berührung bei den tonalen Pat- im Zusammenwirken mit folgenden Merkmalen tern, und freie Bewegung des Kindes im Raum. beobachtet werden: Wenn sich Kinder sicher fühlen, können sie sich von ihrer Bezugsperson lösen und gehen auf π Körperliche Nähe und Körperkontakt: Entdeckungsreise im Raum, nehmen Kontakt Streicheln und Berühren z.B. bei den rhyth- mit anderen Kindern auf, erkunden neugierig mischen Pattern, zum Puls der Musik, und lustvoll Objekte und lauschen den Klängen Tragen und Schaukeln des Kindes, gemein- im Raum. Das Erleben von Bindungssicherheit sam Objekte erkunden kann somit „… als wichtige Voraussetzung für π Verstärkter Blickkontakt im Sinne einer die Entwicklung echter Autonomie“ (Mogk, 2016: Triangulierung: das Kind blickt zur Bezugs- 60) gesehen werden. person im Sinne einer Rückbindung „Der Mensch kann in der Elementaren Musikpä- π Dialog über den Körper: gemeinsames dagogik Verbindungen eingehen, die ihm Bezie- Atmen & Singen, Phrasieren & Gestalten hungen auf drei Ebenen ermöglichen. Als erste π Offenheit, Fokussierung und hohe Aufmerk- Verbindung ist die von Mensch und Musik zu samkeit der Teilnehmenden nennen, als zweite die von Mensch und Mensch π Affektiver Austausch in emotional „dichten“ und als dritte die vom Menschen zu sich selbst“ Momenten, meist in gegenseitiger Resonanz (Ribke, 2002: 11). empfunden, z. B. ein hörbares Lachen des Musik und Tanz können bindungs- und bezie- Kindes, das sich im Gesicht der Bezugs- hungsfördernde Momente zwischen dem Kind person widerspiegelt und seiner Bezugsperson ermöglichen, die sich meist inmitten musikalisch „dichter“ Erfahrun- Die Musik- (und Tanz)pädagogin stellt sich gen offenbaren. auch als Bindungsfigur für die Teilnehmenden zur Verfügung. Ihre Haltung soll von Geduld, Akzeptanz und Verlässlichkeit geprägt sein. Doch zudem können auch Gefühle der Hilflo- sigkeit und der Aussichtslosigkeit aufkommen: „Menschen in Krisensituationen zu begleiten, heißt zunächst einmal, ihre Ohnmacht wahrzu- nehmen und sie gemeinsam eine Weile auszu- halten. Das Aushalten und Mittragen, das Wahr- nehmen und Wissen stellt die Anerkennung der inneren Dimension des Migrantenschicksals dar und ist etwas, das wirkt“ (Krueger, 2013: 13).

Herausforderungen Die fachpädagogische Arbeit mit solch hetero- genen Gruppen erfordert eine hohe Flexibilität und Reflexionsfähigkeit. Die Zusammenarbeit mit den HeimbetreuerInnen vor Ort ist ganz we- sentlich für die Durchführung und das Gelingen der EKI-Gruppe. Das Begleiten der Familien aus dem Flüchtlingsheim erwies sich als wichtiges ‚Brückenbauen‘ hin zu einem neuen Ort. Interkulturaliät 44 Interculturality Interkulturaliät 45 Interculturality

Das sprachliche In-Kontakt-Kommen gestal- 2014/15 Flüchtlingsheim Zirl. Sie unterrichtet Lehr- tet sich oft schwierig. Selbst einfache, orga- praxis und Didaktik der Musikalischen Früherzie- nisatorische Punkte führen manchmal zu hung am Tiroler Landeskonservatorium. Verwirrungen auf beiden Seiten. Mit Hilfe von Übersetzungs-Apps und Bildmaterial soll Special education kindergarten educator and early intervention specialist, studies in educational sciences das gegenseitige Verständigen zwischen den at the University of Innsbruck (B.A.), program of study Müttern und der Pädagogin, aber auch der in Elemental Music Education at the Tyrolean State Austausch unter den Eltern erleichtert bzw. Conservatory, university course—Music and Dance ermöglicht werden. Neben den musik- bzw. in Social Work and Inclusive Pedagogy—at the Orff tanzpädagogischen Kenntnissen und künstle- Institute in Salzburg. Volunteer work at refugee homes rischen Fähigkeiten der Gruppenleiterin bedarf since 2009; Director of Project Spielraum [Play Space], es Hintergrundwissens von der Situation der Zirl refugee home, 2014/15. She teaches methods and asylwerbenden Familien, ihren möglichen trau- practices of Early Music Education at the Tyrolean matischen Erlebnissen und ihren psychosozialen State Conservatory. Herausforderungen. LITERATUR // REFERENCES Aroche, Jorge und Coello, Mariano (2016): Schlussbemerkung Das komplexe Wechselspiel zwischen Bindung, Die Eltern-Kind-Musikgruppe kann insbe- Kultur und Flüchtlingstrauma – eine Herausforde- sondere für Familien mit Fluchterfahrungen rung für die klinische Praxis. In: Brisch, Karl-Heinz: zu einem sicheren Ort des aktiven musischen Bindung und Migration, Stuttgart: Klett-Cotta, S. 129–158. Gestaltens werden. Diese zeitlich begrenzte Krueger, Antje (2013): Flucht-Räume. Neue Ansätze ‚Oase‘ des Musizierens und Tanzens in stimmi- in der Betreuung von psychisch belasteten Asylsuchen- ger Interaktion zwischen dem Kind und seiner den, Frankfurt am Main: Campus. Bezugsperson kann als ein bindungsfördernder Meurs, Patrick und Jullian, Gül (2016): Das Projekt „Erste Schritte“-kultursensible und bindungsgerichtete Beitrag in einer Situation der massiven Verlust- präventive Entwicklungsberatung für Migranteneltern und Entwurzelungserfahrungen dieser Familien und Kleinkinder. In: Brisch, Karl-Heinz: Bindung und gesehen werden. Migration, Stuttgart: Klett-Cotta, S. 222–248. Für mich persönlich bleiben die EKI-Stunden Mogk, Carolin (2016): Allein in Deutschland – Psychotherapie und psychosoziale Arbeit mit minder- mit ihrer Fülle der Musik und der lebendigen jährigen, unbegleiteten Flüchtlingen. In: Brisch, Aufmerksamkeit ein nur annähernd zu beschrei- Karl-Heinz: Bindung und Migration, Stuttgart: bendes, geheimnisvolles Geschenk. Klett-Cotta, S. 44–82. Denn schon Rainer Maria Rilke wusste: „Musik Ribke, Juliane (1995): Elementare Musikpädagogik (Band 3). Persönlichkeitsbildung als musikerzieheri- ist eine Sprache, wo andere Sprachen enden.“ sches Konzept, Regensburg: ConBrio Verlag. Ribke, Juliane, Dartsch, Michael (Hrsg.) (2002): Christine Knoll-Kaserer, Facetten der Elementaren Musikpädagogik (Band 9). B.A., Sonderkindergarten- Erfahrungen, Verbindungen, Hintergründe. pädagogin und Früh- Regensburg: ConBrio. förderin, Studium der Er- Seeliger, Maria (2002): Das „musikalische Mitein- ander“ in der Eltern-Kind-Gruppe. In: Facetten der ziehungswissenschaften an Elementaren Musikpädagogik (Band 9). Erfahrungen, der Universität Innsbruck Verbindungen, Hintergründe. Regensburg: ConBrio, (B.A.), Lehrgang für Ele- S. 35–48. mentare Musikpädagogik Seeliger, Maria (2003): Das Musikschiff. Kinder und am Tiroler Landeskonser- Eltern erleben Musik. Von der pränatalen Zeit bis ins vatorium, Universitäts- vierte Lebensjahr. Regensburg: ConBrio. lehrgang „Musik und Tanz in sozialer Arbeit und Zimmermann, David (2015): Migration und Trauma. inklusiver Pädagogik“ am Orff Institut Salzburg. Pädagogisches Verstehen und Handeln in der Arbeit mit jungen Flüchtlingen. Gießen: Psychosozial, Ehrenamtliche Tätigkeit im AsylwerberInnenheim 3. Auflage. seit 2009; Leiterin des Projektes „Spielraum“ InterkulturaliätPublikationen 46 InterculturalityPublications

SUMMARY

Music as a Connector. Aspects that promote bonding in parent-child music groups for families with or without the experience of displacement

The description of a recent music course offered at the Parent-Child Center in Zirl (Tirol), Austria, emphasized a special cooperation. Two spots were reserved for families from the local home for refu- gees. The parent-child music group for two to three year olds and their caregivers takes place over a 90-minute time slot: After making music together for 45-minutes (welcome song, rhythmic and tonal Within the parent-child group, the connecting bond patterns, a portion highlighting movement, a main of the child to his or her caregiver can be promoted section, and a closing song), all of the participants and strengthened by means of non-verbal, physi- are invited for refreshments in the adjacent break cal and emotional interactions – the collaboration room: providing the time and place to eat and between musical play and an offering of delicate drink together while mingling and exchanging ideas contact. amongst the other participants. Challenges Regarding the situation of those who have One of the challenges of working with heterogeneous had to flee groups is linguistic exchange – in the future, the help People who have involuntarily fled due to economic, of translation apps and artwork for mutual under- political or social misfortunes often experience the standing should help to facilitate communication. loss of the natural security of their culture. Cooperation with home supervisors on-site is essen- For persons who in many cases have had very trau- tial for the implementation and the success of the matic prior experiences, the assurance and condi- parent-child groups. In addition to their artistic abili- tions of security and protection are of the utmost ties and expertise in music and dance education, the importance. Additionally, a realistic look at the professional educator needs to have sufficient back- externally controlled life of people in crowded refu- ground information about the situation of asylum gee centers, with the absence of educational and job seeking families, the possible traumatic experiences opportunities reveals what little freedom and room they have had and their psychosocial challenges. for action these persons have. Closing remarks Aspects that promote bonding in A parent-child music/dance group can be a safe parent-child music groups place of active creative action, especially for fam- Families who have had to flee and apply for asylum ilies who have had the traumatic experience of are often faced with feelings of dependency and fleeing their homeland. This temporary "haven" of powerlessness. The parent-child group can be a mo- harmonious interaction between the child and his mentary haven in the lives of these people – a safe or her caregiver through music making and dancing place, which allows them to experience themselves promotes bonding in the situations of massive loss in the role of active designers in the interaction with and uprooting that these families have experienced. their child. (YH) Interkulturaliät 46 Interculturality Interkulturaliät 47 Interculturality

Kunst als Schutzraum. Musik- und Tanzunterricht und Konzerte für und mit Flüchtlingskindern in München

Christa Coogan

Seit 2004 arbeite ich mit Flüchtlingen. Meine Tätigkeit mit den Kindern und Jugendlichen umfasst Tanzunterricht im Sinne des Orff-Schulwerks in zahlreichen Musik- und Tanzpro- jekten in Flüchtlingsheimen und Schulen. 2014 begann unsere erste Kooperation zwischen Studierenden der Elementare Musikpädagogik (EMP) im Rahmen ihrer Ausbildung an der Hoch- schule für Musik und Theater München und Flüchtlingskindern im Münchner Waisenhaus.

Motivation Zusammenarbeit mit dem Waisenhaus Für mich liegt der Sinn künstlerischer Arbeit Das Ziel unserer Arbeit im Waisenhaus ist es, mit diesen Kindern und Jugendlichen darin, dass eine enge Beziehung zwischen Hochschule und sie sich mit Kommunikations- und Ausdrucks- Waisenhaus auf verschiedenen musikalischen möglichkeiten beschäftigen, ohne direkt über Ebenen (EMP, Chor, und Instrumentalunter- die eigene Erfahrungen sprechen zu müssen. richt) zu schaffen und zu hoffen, dass unsere Studenten längerfristig im Waisenhaus unter- Im Dezember 2015 hat Prof. Dr. Redmann, der richten. Wir bieten informelle Konzerte von Stu- Präsident der Hochschule für Musik und Theater dierenden und Dozenten im Waisenhaus an und in München, einen Roundtable zu diesem Thema arrangieren Konzertbesuche in der Hochschule. zusammengerufen, um Ideen zu entwickeln wie die Hochschule sich am besten engagieren Das Münchner Waisenhaus liegt im Stadtteil könnte. Er betonte, dass es vordringliches Ziel Neuhausen-Nymphenburg und hat sich zu der Arbeit in der Hochschule sein sollte, viele einer modernen Kinder-, Jugend- und Familien- Kinder mit instrumentaler und vokaler Arbeit zu hilfeeinrichtung entwickelt. Es beherbergt erreichen und gruppendynamische Aktivitäten ca. 180 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 zu entfalten. bis 20 Jahren, die von ca. 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut werden. Die Kinder Bestimmte Aspekte der Arbeit mit Flüchtlingen und Jugendlichen leben aus den unterschiedlich- wurden in der Vergangenheit durch Benefiz- sten Gründen für einen kürzeren oder längeren konzerte unterstützt – dies wird fortgesetzt. Zeitraum tagsüber oder rund um die Uhr in der Einrichtung. Heute sind knapp zwei Drittel von Unsere Absicht: ihnen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge π nicht nur hier und da Impulse zu setzen, (UMF), die sich ohne ihre Eltern auf den Weg sondern unsere Zusammenarbeit nachhaltig gemacht haben oder ihre Eltern auf der Flucht zu gestalten und auch auf institutioneller verloren haben. Die meisten der aufgenommenen Ebene zu verankern, Kinder und Jugendlichen sind hoch traumatisiert. π den Kindern verlässliche Partner zu sein und Diese Kinder sind unsere Zielgruppe. mit ihnen eine Beziehung aufzubauen, π ihnen Sicherheit zu geben und unseren Rahmenbedingungen Studierenden einen tiefen Einblick in die Der Unterricht findet in den Räumen des Waisen- Situation zu ermöglichen. hauses statt. Dort stehen verschiedene Instru- InterkulturaliätPublikationen 48 InterculturalityPublications

mente zur Verfügung. Das Projekt finanziert π Das Projekt steht und fällt mit der Zusam- sich momentan aus zweckgebundenen Spenden menarbeit. Alleine ist es praktisch nicht für die Flüchtlingsarbeit und aus Mitteln des machbar. Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und π Am Ende wollen wir den Flüchtlingen, mit Kultus, Wissenschaft und Kunst. denen wir arbeiten, die Möglichkeit geben, sich von Hoffnunglosigkeit hin zur Hoffnung Unterrichts- und Konzertangebote zu bewegen, Zugehörigkeit zu erfahren und π Gruppenunterricht Zuwendung zu erleben. > Wöchentlicher EMP-Gruppenunterricht für π Zusammen mit diesen Kindern und Jugend- unbegleitete minderjährige Flüchtlinge lichen gestalten wir einen Schutzraum durch (UMF); EMP-Früherziehungsgruppe für Vor- Musik und Tanz. schulkinder; Orff Gruppe für 6 bis 9-jährige > Percussion/Samba: offenes Spiel mit UMF Christa Coogan und Kindern vom Waisenhaus einmal im Dozentin an der Hoch- Monat schule für Musik und π Einzelunterricht Theater München, Institut für künstlerisch-pädago- > Klavier, Flöte und Geige gische Studiengänge in π Konzertangebote mit einleitenden Elementarer Musikpäda- Workshops gogik und Koordinatorin > mit Dozenten und Studierenden des für die Aktivitäten der Jazzinstitutes Hochschule mit Flücht- lingen. Verbunden mit dem Orff-Institut seit über Die mitwirkenden Studierenden kommen aus 20 Jahren. Tanzstudium (BFA), The Juilliard School, folgenden Instituten der Hochschule: NYC und Tanzwissenschaft (MA) an der Universität EMP, Instrumental- und Gesangspädagogik, Salzburg. Schulmusik, Jazz und Konzertfächer. Inhalte und Methoden im Gruppenunterricht orientieren sich an den Grundperspektiven der SUMMARY Elementaren Musikpädagogik und des Orff- Schulwerks. Art as refugee

Ziele unserer Tätigkeit Christa Coogan has worked with refugees since Musik- und Tanzunterricht mit diesem Zugang 2004. Her activities with young children and teen- fördert ein Zugehörigkeitsgefühl durch das agers includes dance classes according to Orff Schul- Miteinander. Das Gemeinschaftsgefühl wird werk in many music and dance projects in refugee gestärkt. homes and schools. In 2014 she started a community project with students from the Elementary Music Perspektiven für die Zukunft Pedagogy Department of the University for Music Wir sind am Anfang eines Pilotprojekts, in dem and Theatre in Munich and with refugee children unterschiedliche Institute der Musikhochschule from the Munich orphanage in order to further their einbezogen sind. possibilities for expression and to strengthen their Bisherige Erkenntnisse: feelings within the community. π Man braucht einen langen Atem und einen Blick für kleine Ergebnisse. Sie sind moti- vierend. Größere, sichtbare Ergebnisse Mehr über dieses Projekt unter bekommt man – wenn überhaupt – nicht www.bayerischer-musikrat.de und unmittelbar. www.youtube.com/watch?v=g0vedTqjLg4 Interkulturaliät 48 Interculturality Interkulturaliät 49 Interculturality

Musik und Tanz im Flüchtlingshaus. Ein Projekt mit Studierenden des Orff-Instituts

Michel Widmer

Mit Beginn der großen Flüchtlingswelle nach auch Keyboard und Darabuka seitens der Flücht- Österreich und dem sich entwickelnden Hotspot linge. Wir boten Spielideen an, in die sich die Salzburg wurde beim Orff-Institut um Mitarbeit Teilnehmer auch mit ihren eigenen Einfällen, bei der Betreuung von Flüchtlingen im kulturpä- Talenten, Fertigkeiten und auch Rhythmen und dagogischen Bereich gebeten. Liedern aus ihrer Heimat einbringen konnten. Noch in den Sommersemesterferien konnte ein Dabei kamen Echo-Spiele, Call & Response, os- erster Besuch in einem Zeltlager neben dem tinate Rondo-Spiele mit viel Improvisation und Orff-Institut durchgeführt werden. Manuela und Kanon zum Tragen. Michel Widmer luden ihr Auto mit Trommeln Besonders beliebt waren die österreichischen und Kleinpercussion unterschiedlichster natio- Volkslieder, die die Studierendengruppe immer zum Abschluss der Werkstätten sang. Mehrmals bedankten sich die Flüchtlinge dann durch ein Lied aus ihrer Heimat. Stets machten zwischen 10 bis 20 Personen mit, weitere Interessierte schauten zu und ließen sich immer wieder in die Aktivitäten einbinden.

Es war durchwegs eine fröhliche Angelegenheit mit viel Lachen und freundschaftlicher Begeg- nung. Von einer Betreuerin des Flüchtlingshaus naler Herkunft voll und trafen auf viele interes- hörten wir nach einer Werkstatt: “So viel la- sierte Mitspielende aus Vorderasien und Afrika. chende Gesichter auf einmal habe ich in diesem Im darauffolgenden Wintersemester 2015/16 Hause noch nie gesehen.“ Trotz der zeitlich führte Michel Widmer mit ca. 15 Studierenden begrenzten Möglichkeiten im Studienalltag be- des Bachelorstudiums mit Schwerpunkt Musik mühen wir uns immer wieder Werkstätten und und Tanz in Integrativer Pädagogik und Sozia- Konzerte anzubieten. ler Arbeit und des Master II-Studiums noch drei weitere Werkstätten und ein Konzert in einem Widmer Michel, Flüchtlingshaus für Männer der Diakonie Salz- Dipl. Soz. Päd. burg durch. Dabei standen kommunikative und Sozialpädagoge mit kooperative Aspekte im Vordergrund. Schwerpunkt Musik und Theater. Clown und Begonnen wurde immer mit Trommelrunden, Theatermacher, seit 1995 anschließend wurden die Spiele mit Klein- zahlreiche Aufführungen percussion, Stabspielen, Boomwhackern und mit seinem „Theater aus dem Koffer“. Gaststudium Gesang erweitert. Dazu kamen Angebote mit 1987/88 am Orff-Institut Volkstanz und spontanem Tanzen zur selbstge- der Universität Mozarteum Salzburg. Seit 1990 machten Musik. Integriert wurde auch das Spiel Lehrer am Orff-Institut mit Schwerpunkt Musik auf eigenen Instrumenten der Studierenden wie und Tanz in der Sozialen Arbeit und Integrativen Klarinette, Querflöte, Geige und Gitarre sowie Pädagogik. Internationale Kurs- und Spieltätigkeit. InterkulturaliätPublikationen 50 InterculturalityPublications

Elementares Musizieren mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Ein Projekt mit Studentinnen des Kärntner Landeskonservatoriums

Dieter Bucher

Mit Jugendlichen in Extremsituationen hab ich VORBEREITUNG ja einige Erfahrung im musikalischen Dialog, Unsere Strategie war schnell geklärt: Teams von wobei jugendlich zu sein ja an sich bereits eine zwei bis drei Studentinnen gehen in die jeweilige Extremsituation darstellt: von extrem privi- Einrichtung, nehmen Kontakt auf, lernen die legierten jungen Menschen im Musik-Som- jungen Menschen und deren Zugang zu Musik mercamp bis zu extrem benachteiligten, erst kennen und verlegen dann die Tätigkeit nach selbst traumatisierten und nun wieder trauma- außen, schließen sich Jugendgruppen an, holen tisierenden männlichen Jugendlichen in der so die neuen Mitbürger in die Mitte der Gesell- Jugendabteilung der Justizanstalt. Als dann im schaft, ermöglichen Begegnungen und unter- vergangenen Herbst bekannt wurde, wie viele stützen mithin das Erlernen der Sprache, unse- unbegleitete Minderjährige unsere Gesellschaft rer Kultur, unserer vielbeschworenen Werte. Wo als neue Mitbürger gewonnen hat und immer soll dies sonst so effizient und freudvoll gelingen noch gewinnt, lag es auf der Hand, diese Exper- wie im gemeinsamen Muszieren und Tanzen mit tise in die Integrationsarbeit einzubringen. gleichaltrigen Menschen? In den Musikschulen des Landes Kärnten fand Das waren die Mühen der Berge. Dann kamen sich eine Arbeitsgruppe, die von Benefizkon- die Mühen der Ebene. zerten bis zur Öffnung der Eltern-Kind- und MFE-Gruppen Menschlichkeit und Gemeinsam- ORGANISATION keit organisiert: Musik verbindet – Projekte für In allen Einrichtungen trafen wir auf engagierte, Kinder auf der Flucht. Und am Kärntner Konser- professionelle Menschen, hierbei Frauen in der vatorium in Klagenfurt waren die Studentinnen Mehrzahl. Überall war unser Angebot willkom- der Elementaren Musikpädagogik gleich bereit, men, bloß mit den Terminen gab es Probleme: Konzepte für Elementare Musizierangebote mit Vormittags sind die Jungen mit Schule und unbegleiteten minderjährigen Schutzsuchenden Kursen beschäftigt, nachmittags die Studentin- unter meiner Leitung zu entwickeln. nen. Es gibt die einheimischen Jugendgruppen, Die Partnerorganisationen waren rasch ge- kirchliche Gruppen und Jugendchöre, bloß sind funden: drei Einrichtungen, die männlichen die handelnden Personen wochentags in alle Jugendlichen vorwiegend aus Afghanistan und Winde verstreut und finden gerade noch Zeit Syrien beherbergen sowie eine Halle in Klagen- für die eigenen Zusammenkünfte. Dass in jeder furt, in der Menschen untergebracht sind, die Gruppe in der Startphase meine Anwesenheit sich im Zulassungsverfahren befinden. Darunter erforderlich war, verkomplizierte die Ange- sind auch viele Familien mit kleinen Kindern, legenheit. Obendrein sind die Einrichtungen ohne wirkliche Abtrennung zu den übrigen dezentral im Land verstreut, mit schlechter An- Schutzsuchenden, ohne wirkliche Beschäfti- bindung an das öffentliche Verkehrsnetz – eine gungsmöglichkeiten, oft monatelang. zusätzliche Hürde. Interkulturaliät 50 Interculturality Interkulturaliät 51 Interculturality

Mit den Kleinkindern und Familien im Mas- finden einen Rap, der unsere Gruppe beschreibt, senquartier war es überhaupt ein besonderes finden Gesten zu unseren Namen Mohamad, Unterfangen: Wir trafen allenthalben auf Abdallah, Said, Jahya, Christine, Dieter. Wir freundliche Telefonbeantworter, doch das Zu- lachen viel, wir schaffen wenig. Die einfache ständigkeits-Pingpong zwischen Bund, Land, Bodypercussion überfordert. Egal. Betreuungseinrichtungen und privaten Helfern Dann bringen wir Djemben und Darbouken ins ist noch im Gange. Wir hoffen und telefonieren Spiel. Plötzlich spielt Mohamad eine schnelle weiter … Triolenbewegung, Abdallah steigt ein, wir auch. Mehr als das Metrum schaffen Christine TAG X und ich nicht, nun sind wir es, die überfordert Die erste Begegnung: Eine Frau empfängt uns, sind. In rascher Folge wechseln die Rhythmen, sie macht ein freiwilliges soziales Jahr, neunzehn sehr schnelle Figuren, Finger-Arpeggi, Synkopen Jahre alt, wirkt eher jünger, grazil, offenes Ge- und Überlagerungen. Wir lernen: Viertelbewe- sicht, offenes Haar, keine Spur von Befangenheit, gungen sind offenbar schwer begreifbar, mögli- keine Rede davon, sich mit Schals und Over- cherweise zu unmusikalisch? size-Jacke zu verhüllen. Sie springt die Stiege hoch, in die Zimmer, ruft die Jugendlichen zu- ZWEITES TREFFEN, sammen, die sie ‚Buben‘ nennt. Christine, der EINE WOCHE DANACH Studentin, fällt ein Stein vom Herzen: Die vielen Wir wiederholen die Bodypercussion, den Rap Berichte, die seit der Kölner Silvesternacht 2015 und die Gesten. Es geht alles viel besser, die die Medien bestimmen, hatten ihre Wirkung Stimmung ist äußerst freundlich, wir fühlen getan – natürlich, was sonst. Die Erleichterung uns willkommen. Dann Trommeln: Ich sorge ist spürbar. für Struktur, die Jungs für Leichtfüßigkeit. Die Jungendlichen treffen ein, sehr höflich, sehr Wow! Endlich schlägt Christines Stunde: Ich adrett, etwas verlegen, etwas deutsch. Wir be- gebe eine Schlitztrommel aus (F-Pentatonik) ginnen mit Bodypercussion, gerade Viertel, er- und Wah-Wah-Tubes (ebenfalls F-Pentatonik). Dabei denke ich an den historischen Exkurs von Michael Kugler über die interkulturellen InterkulturaliätPublikationen 52 InterculturalityPublications

Aspekte des Orff-Schulwerks in der letzten Mal zwei, drei Liedvorschläge als Youtube-Link Ausgabe von Orff-Schulwerk heute 93 1 und übermittelt bekommen, damit wir diese Stücke muss schmunzeln: Wir bewegen uns in einem vorbereiten und in eine gemeinsame Form brin- Kontinuum: Was 1921 galt, gilt heute noch. gen können. Christine setzt ihre Querflöte an und packt ihr Repertoire an Jazzriffs und experimentellen FAZIT Spieltechniken aus. Der Soundwechsel bewirkt Naturgemäß gelingt ein solches Tun nur im di- ein Wunder: Eine Jam-Session bricht los: melo- alogischen Prinzip, ein starres Konzept funkti- diös, rhythmisch, zart, vielschichtig. Die Klänge oniert hier gar nicht. Völlig überrascht hat uns, locken jene Jugendlichen herbei, die eben erst dass die jungen Freunde vor allem am Singen nach Hause gekommen waren. Sie setzen sich interessiert sind, nicht am Rappen oder gar dazu, lachen und klatschen. Heimo, ein Freund Gröhlen. In Zukunft werden wir an Liedern und ehemaliger Student, teilt afrikanische Per- arbeiten und elektronische Instrumente einset- kussionsinstrumente aus und wir spielen, spie- zen: Drumpads, Synthesizer, E-Bass, Mikros. len, spielen … Als ich vom Beenden spreche, Wir werden einheimische Jugendgruppen moti- setzt eine neue Welle ein, dann noch eine. Wir vieren. Und wir hängen uns wieder ans Telefon finden kein Ende. Ines, die zweite Studentin, … meint beim Raustragen der Instrumente, da wäre heute etwas Großes geschehen. Dieter Bucher, Dipl. Päd., unterrichtet Elementare DRITTES TREFFEN, Musikpädagogik am WIEDER EINE WOCHE SPÄTER Landeskonservatorium Klagenfurt und leitet die Ich hab eine kleine Anlage mitgebracht sowie Fachgruppe Elementare zwei Mikros, ein Keyboard, eine Bassgitarre Musikpädagogik der mit Verstärker, Djemben und Darbouken, die Musikschulen des Landes Schlitztrommel. Gemeinsam bauen wir auf Kärnten. Er arbeitet und wir kommen gar nicht dazu, unsere me- musikalisch unter anderem thodischen Vorhaben umzusetzen: Die Experi- mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen, in der mentierphase wird von den Jugendlichen ohne Ausbildung für Sozialbetreuungsberufe, mit jugend- unser Zutun eingeleitet und sofort in freies lichen Straftätern an der Justizanstalt Klagenfurt Musizieren weitergeleitet. Sie singen, suchen sowie in Fort- und Weiterbildung und ist Autor zahlreicher Lieder und Musiktheaterstücke. nach Liedern, ein Lied ergibt das andere. As- soziationsketten entstehen, unterbrochen von Dipl. Päd., Teaches elemental music pedagogy at the Text-‚hängern‘, immer mit rhythmischer Beglei- provincial Conservatory in Klagenfurt, Austria and tung, Schlitztrommel und Keyboard. directs the subject of elemental music pedagogy in the Die Studentin und ich sind Gäste, Passagiere, music schools of Carinthia. He also works with people wohlgelitten, aber völlig ohne Bedeutung. with special needs, in teacher training for social ser- Manchmal versuchen sozial sensible und selbst- vices occupations, with young criminal offenders at the bewusste Jungs uns einzubeziehen – aus Höf- judicial facility in Klagenfurt as well as further training lichkeit, nicht aus Notwendigkeit. Wir zeigen courses. He is the author of many songs and musical theatre productions. Möglichkeiten der Bassgitarre und des Key- boards, damit wir nicht ganz umsonst da sind. Wieder ist es zu früh, als wir die Session been- den. Wir machen aus, dass wir bis zum nächsten

1 Vgl. Orff-Schulwerk HEUTE, Heft 93, Salzburg 2015, S. 52-59 Interkulturaliät 52 Interculturality Interkulturaliät 53 Interculturality

SUMMARY SECOND MEETING A WEEK LATER The atmosphere is friendly and we feel welcome. Repetition and then we take drums – a slit drum Elemental Music Making with young and Wah wah tubes in F pentatonic. I worried about unaccompanied refugees. structure and kids for light- footedness. Wow! Then A project with students of the Carin- I thought about the historical excursion by Michael Kugler in the last edition of Orff-Schulwerk thian Provincial Conservatory today – No. 93: What was valid in 1921 was still When it was known how many unaccompanied valid today. minors have been accepted into our society as new Christine played her flute, some jazz riffs and -ex “fellow citizens” a wish came from the students of perimental playing techniques. A many- sided jazz elemental music pedagogy in Klagenfurt to help session broke loose. New youngsters joined the them with integration work. I was asked to accom- group, took percussion instruments and we played pany them in this direction. and played and played … Ines, the second student said when we were bringing the instruments out: STRATEGY that a great thing is happening today. Teams of two or three students got to know the boys, where they lived and their approach to music. THIRD MEETING AGAIN A WEEK LATER They then transferred the activity outwards, joined We used a small setup: micros, a keyboard, a bass the group of youngsters and thus brought the new guitar, djembes and darbuks, the slit drum. The “fellow citizens” into the center of the circle. experimental phase glided almost immediately into free music making. The boys sang one song after DAY X the other always with rhythmic accompaniment, the A young, unbiased worker welcomed us. Christine, slit drum and keyboard. Once again we ended the the student, is relieved because the media reports session too soon. The next time we’ll prepare two since the New Year’s Eve happening in Cologne or three song suggestions from YouTube links. had, of course, effect. We began with body percus- sion, made up a rap, found gestures for our names: CONCLUSION Mohamad, Abdallah, Said, Jahya, Christine, Dieter. Naturally such an activity happens only as a prin- We laughed a lot and didn’t create much. Then we ciple of dialogue. A strict concept does not function introduced djembes and darbuks. Suddenly things in this case. It had surprised us completely that began to happen: one after the other rhythms, the boys had the most enjoyment in singing. In the finger arpeggios, syncopations and layers changed. future we’ll work on songs and use electronic instru- We learned that rhythmically things became ments. And we will also motivate local youth groups interesting! to join the music making. [MS] InterkulturaliätPublikationen 54 InterculturalityPublications

Erste Begegnung zwischen Flüchtlingen und hochbetagten SeniorenInnen

Christine Schönherr

Die Idee entwickelte sich auf einem Spaziergang alle drei wollten gerne zur Musikstunde in das mit einer Freundin, die in einem Flüchtlings- Seniorenheim mitkommen. Zu Hause schaute heim in Salzburg Deutschunterricht anbietet. ich in meiner CD Sammlung nach geeigneten Sie erzählte von Mike Omo, einem Nigerianer, Musikstücken aus den entsprechenden Regionen der mit Freude einen Stuhl betrommelte. Dar- Afrikas, denn für solistische Auftritte waren aufhin verabredeten wir, dass ich zum Ende der meine drei Afrikaner nicht ausgebildet. Deutschstunde mit zwei Djemben in das Flücht- lingshaus komme, um mit ihm zu trommeln und Natürlich gingen mir einige Fragen durch den unter anderem zu eruieren, ob Mike zu einer Kopf: wie würden die Senioren reagieren – ich meiner Musik- und Bewegungsstunden im Se- hatte ihnen von meinem Plan erzählt – , wird es niorenheim mitkommen möchte. Vielleicht für die drei jungen Männer möglich sein, sich auf könnte sich unter seiner Leitung eine mitreis- diese für sie völlig neue Situation einzulassen? sende Trommelstunde entwickeln. Wird das Medium Musik seinen vielgerühmten Fähigkeiten „Musik verbindet und öffnet die Diese Idee bekam nach kurzer Zeit eine andere Herzen“ gerecht werden? Diese Frage kann ich Ausrichtung: Mikes Freude am Trommeln auf sofort mit einem eindeutigen JA beantworten. der Djembe war offensichtlich, sein Können allerdings war es weniger. Zu unserem Djem- Unsere drei Besucher wurden von dem Kreis der be-Duo gesellten sich nach kurzer Zeit noch Ali rund zwanzig Heimbewohner herzlich willkom- und Ali Abdulahi aus Somalia hinzu, die auf men geheißen und das Interesse wuchs, als die meinen mitgebrachten Rhythmusinstrumenten Drei auf einer großen, von mir mitgebrachten den Grundschlag oder einfache Pattern spielten. Weltkarte zeigten, woher sie kommen und wie Das Ergebnis dieser kleinen Zusammenkunft: weit ihr Land vom kleinen Österreich entfernt Interkulturaliät 54 Interculturality Interkulturaliät 55 Interculturality

ist. Mike, Ali und Ali Abdulahi hatten, mit im Christine Schönherr Kreise sitzend, keine Scheu, sich in unseren tän- Studien: Schulmusik, zerischen Begrüßungsablauf zu einer Musik von Pädagogik, Privat- musiklehrerexamen in Mozart zu integrieren, um dann beim Singen ei- Rhythmik und Blockflöte niger Lieder interessiert zuzuhören. Die beiden in Hamburg. B-Studium Somalier schlossen mit einer Art „Bänkellied“ am Orff-Institut, ebendort an, allerdings in einer für uns eher ungewöhn- Lehrtätigkeit in den lichen Tongebung, wobei ich mich fragte, ob Fächern Sprecherziehung diese vom Original so vorgegeben ist (mündli- und Sprachgestaltung, che Tradierung führt zu vielen Variationen) oder Bewegungsbegleitung, Lehrübung. Zusätzlicher von einer eher individuellen Stimm-Einfärbung Schwerpunkt: Arbeit mit Senioren. Yogalehrer-Dip- herrührt. Ich habe es nicht erfragt. Gerne gaben lom BDY/EYU. Kurstätigkeit im In- und Ausland. Mike und die beiden Alis eine Kostprobe von Studied school music, pedagogy, rhythmics and recor- ihrer Muttersprache, wobei letztere mir ihren der in Hamburg. B-course at the Orff Institute, taught Gesprächsinhalt auf Englisch übersetzten, mit there in the areas of speech pedagogy, speech forms, der Bitte, ihn den Senioren mitzuteilen: „Wir movement accompaniment and practice teaching. freuen uns, dass wir hier in Eurer Gruppe sein Working with senior citizens is another focal point. dürfen“. Damit waren natürlich eventuelle „Rest- Yoga teacher with a diploma BDY/EYU). Teaches Eise“ vollends geschmolzen und mit offensicht- courses at home and abroad. licher Freude stellten sich nun die Senioren auf das afrikanische Musikstück von der CD ein, das wir mit kurzen Gesangseinschüben sowie mit rhythmischen Ostinati und Improvisationsteilen SUMMARY begleiteten. Die drei Besucher spielten auf den Djemben, die Senioren auf Instrumenten des First encounter between refugees kleinen Schlagwerks und man kann wohl sagen: and elderly citizens da ging die Post ab! Als Krönung und zur Freude von allen tanzte Mike wie ein tapsiger Bär in der When the author heard about the Nigerian drum Kreismitte zu unserer Musik enthusiast Mike Omo, she invited him and two of his friends from Somalia who live in a refugee house in Fazit: Freude, Offenheit, Respekt und Akzep- Salzburg, to visit her group of seniors and play with tanz auf beiden Seiten bestimmten unsere and for them. She questions whether the medium Stunde. Für die Flüchtlinge ermöglichte dieses of music with its highly praised powers deserves Zusammenkommen das Kennenlernen einer the statement that it “unifies and opens the heart.” Institution, die ihnen bis dato unbekannt war; The question was immediately affirmed. die wohltuende Erfahrung, zum Gelingen einer Stunde wesentlich beigetragen zu haben; mit The three Africans found themselves in a lively Offenheit und Interesse aufgenommen worden discussion with the seniors who had agreed to the zu sein und Einblicke bekommen zu haben, wie visit beforehand. The visitors told stories and sang betagte Menschen durch Musik zu kreativem Tun songs from their homeland and drummed to a CD angeregt werden und Gemeinschaft entsteht. of African music. Finally they danced to the music. Für die Heimbewohner gab dieses Zusam- The refugees learned for themselves a completely mentreffen die Möglichkeit für eine „Live- new situation being active with older people and Begegnung“ mit Menschen, deren Situation und the seniors enjoyed the animated visit. In this way Schicksal die Berichterstattung in den Medien joy, openness, respect and acceptance evolved on bestimmt. Weitere Stunden mit Flüchtlingen both sides. A second meeting with refugees is being aus anderen Ländern sind in Planung. planned. (BH/MS) InterkulturaliätPublikationen 56 InterculturalityPublications

„Hieronymus Nussknacker“ – ein besonderer Asylbewerber. Ein Bilderbuchprojekt mit Musik, Tanz und Szene

Micaela Grüner

Eine Geschichte – viele Themen Ein alter heruntergekommener Nussknacker macht sich im Winter auf die Suche nach einem neuen Zuhause. Dabei fragt er bei verschiedenen Waldtieren stets freundlich an:

„Grüß Gott ich bin Hieronymus, ich knacke fleißig jede Nuss, sag, kann ich bei Dir wohnen?“.

Sah ich in diesem Bilderbuch anfänglich „nur“ eine ansprechende Erzählung passend zur Winter- und Weihnachtszeit (u. a. mit möglicher Bezugnahme zur biblischen Herbergssuche), so Bei all den zahlreichen Projekten, die derzeit bekam die Geschichte wenig später ungeahnte mit Flüchtlingen und Asylsuchenden unter- Aktualität durch die Flüchtlingssituation vor der nommen werden, darf natürlich die „heimi- „eigenen Haustüre“. Denn: auch Hieronymus sche“ Bevölkerung nicht vergessen werden, bangt in seiner Heimat plötzlich um sein Leben die vor hohen gesellschaftlichen und sozial- und begibt sich auf die Flucht, die immer be- integrativen Aufgaben steht. In diesem Zu- schwerlicher und gefährlicher wird. sammenhang sei hier ein Bilderbuchprojekt vorgestellt, bei dem sich Kinder im Vor- und „Sein Herz ist schwer, sein Mut dahin Grundschulalter und Pädagogen mit Sprache, und ohne Kraft sein ganzer Sinn.“ Musik, Bewegung und Szene zum Thema Flucht, Asyl und Integration auseinanderset- Nach vielen Erlebnissen (und Erkenntnissen) zen können. und letztlich beherzter Hilfe findet er endlich Aufnahme an einem unbekannten Ort. In meiner Arbeit mit Kindern wie auch in der Aus- und Weiterbildung bin ich ständig auf „Willkommen bist Du hier im Haus, der Suche nach geeigneten Bilderbüchern, die tritt ein und ruh dich erst mal aus.“ sich für musik- und tanzpädagogische Projekt- arbeiten anbieten. Als ich zum ersten Mal Wo ist er wohl angekommen? Wer geht so offen Hieronymus Nussknacker von Ulrike Schrott und und zugewandt auf ihn zu? Alfons Eder (Edition Tandem, Salzburg 2009) begegnete, war mir sofort klar, dass sich dieses Hieronymus‘ Geschichte gibt neben den Haupt- Buch dafür wunderbar eignet – idealerweise zur themen Vertreibung, Obdachsuche und huma- kalten Jahreszeit. nitäre Hilfe zugleich Anlass über Not, Mut, Vertrauen und Hoffnung zu sprechen. Sie stiftet Interkulturaliät 56 Interculturality Interkulturaliät 57 Interculturality

theaters mit verschiedenen Gruppen erarbeitet, so z. B. • mit einer Gruppe 6 bis 7-jähriger (Grund- ausbildung Musik und Tanz)2 Über mehrere Wochen wurden die Kinder abschnittweise mit der Geschichte vertraut gemacht. Nach und nach wurden die einzel- nen Figuren vorgestellt, mit Musik, Sprache, Bewegung wurden die Akteure lebendig. Lieder und Musizierstücke erzählten oder illustrierten sprachlich-musikalisch die Er- lebnisse des Nussknackers. Anfang und Ende unserer Geschichten wurden mit Tänzen gestaltet. Alle Stationen, die in den einzelnen Unter- an auch über Willkommenskultur, Hilfeleistung, richtseinheiten erarbeitet wurden, mündeten Abgrenzung, Integration, Gewalt(androhung), letztlich in einer Gesamtgestaltung vor Konsum- und Wegwerfgesellschaft bzw. Wert- Eltern, Geschwistern und Freunden.3 schätzung und Recycling nachzudenken – • mit Pädagoginnen und Pädagogen ja warum nicht sogar über Jung-Alt-Sein und Aufbauend auf den gemachten Erfahrungen Lebensabend (Rente). mit den Kindern kam es später zu Projekt- arbeiten mit erwachsenen Teilnehmern im Zum Buch – Anlage und Potential Rahmen von pädagogischen Fort- und Wei- Hieronymus Nussknacker widmet sich all terbildungskursen, die zur Umsetzung im diesen Themen in einer packenden Geschichte eigenen Arbeitsfeld mit Kindern motivieren in Reimen und Bildern mit großem musi- sollten. kalisch-szenischen Gestaltungspotential. Der Autorin Ulrike Schrott merkt man ihre Pro- Projektarbeit mit Lehrenden fession und langjährige Erfahrung an 1, denn Im Rahmen einer mehrteiligen Lehrenden- sie erzählt die Geschichte in einer Sprache mit fortbildung „Musik und Szene zur Winter- und hohem musikalischem Gehalt. Der Aufbau des Weihnachtszeit. Ein Bilderbuchprojekt“ 4, Buches folgt musikalischen Formprinzipien wurde das Stück mit einer Gruppe von zirka wie z. B. Refrain und Couplet (Hauptteil) sowie 20 Lehrerinnen und Lehrern in der Primarstufe Introduktion, Finale und Coda. Alfons Eder hat entwickelt und am Ende vor Kinderpublikum dazu feinfühlig, humorig und auch eigenwillig illustriert (sein Hieronymus ist schon ein unge- wöhnlicher Nussknacker). Wort und Bild bilden eine Einheit, die für Kinder wie Erwachsene eine besondere Anziehungskraft hat. Durch die Reimform können die Kinder durchaus auch län- gere Textpassagen (mit)sprechen – was sichtlich Freude macht.

Bilderbuchprojekte – von Kindern, für Kinder Hieronymus Nussknacker habe ich inzwischen mehrmals im Sinne eines Elementaren Musik- InterkulturaliätPublikationen 58 InterculturalityPublications

aufgeführt (der Prolog wurde gastweise von 1 Ulrike Schrott ist Musik- und Bewegungspädagogin einer Kindertanzgruppe übernommen). Es war und unterrichtete von 1976–2005 am Orff-Institut im erstaunlich, mit welcher Intensität und Freude, Bereich Lehrpraxis. Vielen ist sie auch als Mitautorin und Liedkomponistin für „Musik und Tanz für Kinder. die Lehrkräfte ins Spiel kamen und das Finale Unterrichtswerk zur Früherziehung“ (Schott, Mainz auch mit spontanem schauspielerischem Esprit 1985/86 bzw. Neuauflage 2007/08) bekannt. gestalteten. Anschließend gab es eine Reflexion 2 im Rahmen der Lehrveranstaltung „Didaktischen zur Aufführung und didaktisch-methodische Praktikum“ am Orff-Institut, WS 2014/15, im Umfang von ca. 10 Wochenstunden Überlegungen zur Projektarbeit mit Kindergrup- 3 Eine ausführliche Projektbeschreibung für die pen/Klassen. Erarbeitung in einer Früherziehungsgruppe 4 bis 6-jährige (inklusive Liedmaterial) gibt Ulrike Meyerholz in: Ein gutes Ende „Musikpraxis“ Nr. 131, Fidula, Boppard am Rhein, 2011 4 U. a. Lehrerfortbildung am Orff-Institut in Kooperation Einige Lehrkräfte haben zeitgleich oder im mit der Pädagogischen Hochschule Stefan Zweig in Nachgang zur Fortbildung den Hieronymus Nuss- Salzburg WS 2015/16 (an 3 Nachmittagen im Oktober knacker in ihren eigenen Gruppen bzw. Klas- und November, á 4 Einheiten). sen als fächerübergreifende musische Projekte 5 … so sie das wollen. (vgl. Coogan in Orff-Schulwerk heute, Heft 93, Salzburg 2015, S. 38-43) erprobt. Dabei kamen viele neue musikalische, tänzerische, darstellende und bildnerische Gestaltungsideen hinzu. Einige kleinere und größere Inszenierungen kamen letztlich in SUMMARY den Schulen zur Aufführung. Am Ende der Ge- schichte heißt es: Hieronymus Nutcracker – a very „Jetzt hat er Freunde und ein Heim, special person applying for asylum jetzt ist er nie mehr ganz allein. Jetzt knackt er glücklich Nuss für Nuss, der Nussknacker Hieronymus“

So hoffe ich, dass dieser besondere Asylbewerber vielleicht auch bei Ihnen im Unterricht „aufge- nommen wird“ und viele neue Freunde gewinnt. Hieronymus‘ Geschichte kann gegebenenfalls auch Flüchtlingskindern helfen, über ihre Er- lebnisse und Gefühle zu sprechen.5

Micaela Grüner, Mag. art., MAS What with all the numerous projects that have been Studium der Musik- und undertaken with refugees and those seeking asylum, Bewegungserziehung am the local citizens should of course not be forgotten. Orff-Institut in Salzburg They have very important social and integrative sowie Kulturmanagement tasks to fulfill. In with this, Micaela an der Joh.-Kepler-Uni- Grüner presents the picture-book project “Hierony- versität Linz. Seit 2003 mus Nussknacker” (Nutcracker) with text by Ulrike Dozentin am Orff-Institut der Universität Mozarteum. Schrott and illustrations by Alfons Eder. (Edition Langjährige Erfahrung im Fort- und Weiterbildungs- Tandem, 2009) Children of pre-school and primary bereich unterschiedlicher pädagogischer Zielgrup- school age along with their teachers are able to deal pen. Autoren- und Herausgebertätigkeit. Seit 2014 with the themes of flight, asylum and integration Co-Redakteurin von Orff-Schulwerk heute. with speech, music, movement and drama. Interkulturaliät 58 Interculturality Interkulturaliät 59 Interculturality

Gedanken zur Interkulturalität im Unterricht mit Kindern mit Migrationshintergrund

Esther Bacher

Tamilisch“, „ich komme aus Russland und spre- In diesem Beitrag möchte ich meine Erfah- che Russisch“. rung mit der Arbeit in Klassen mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrations- Es gab jedoch auch verwirrende Situationen. hintergrund darstellen, die mich zu einer Ein Junge sagte: „Ich bin aus Brasilien, meine kritischen Haltung gegenüber dem vorherr- Sprache ist Brasilianisch“. Auf meine Entgeg- schenden Bild brachte, Unterricht in diesen nung „então você fala português“ [dann sprichst Klassen führe automatisch zu interkulturel- du also Portugiesisch], sagte er, das hätte er nicht lem Unterricht. verstanden, so gut könne er die Sprache nicht. Ähnliches geschah bei einem „italienischen“ Meine Primarschule liegt in einem bunt Schüler, der eine einfache Frage auf Italienisch durchmischten Stadtviertel Basels mit einem nicht verstand. Das machte mich stutzig. Ausländeranteil von 39,6 % 1; der städtische Irgendwann war ein Mädchen dran, das per- Durchschnitt liegt bei 35,3 %. Der Migrations- fekt Deutsch sprach. Sie sagte: „Oh, ich bin nur hintergrund liegt um Einiges höher, da etwa die Schweizerin und spreche nur Schweizerdeutsch Hälfte der Secondos 2 einen Schweizer Pass be- und Deutsch.“ Über diese Bemerkung dachte sitzt und nicht zu den Ausländern zählt. ich lange nach. Warum hatte sich dieses Mäd- Basel ist d i e Stadt mit den „heterogensten Klas- chen fast dafür entschuldigt, „nur“ Schweizerin sen Europas“ 3, es gibt „in keiner europäischen zu sein? Sie war eine der wenigen, die wirklich Stadt […] Schulklassen mit einer so hohen Diver- fehlerfrei Deutsch sprechen und Liedtexte sofort sität an Schülern unterschiedlicher Nationen“ 4. verstehen konnte. Als ich hier zu arbeiten begann, kamen mir un- Ich begann, die Kinder nicht länger „Woher zählige Ideen, wie ich meine Fächer (Sprachen / kommst du?” zu fragen, sondern „Wo bist du Musik und Bewegung) verbinden könnte. Ich geboren?“, „Woher kommen deine Eltern?“, wollte alle Kulturen und Sprachen der Schüler „Welche Muttersprache haben deine Mutter, und Schülerinnen in den Unterricht integrieren dein Vater, in welcher Sprache reden sie mit- und fragte jedes Kind, woher es komme und einander, in welcher mit dir, wie sprichst du welche Sprache/n es beherrsche. Ich bekam Ant- mit ihnen, wie mit deinen Geschwistern?“ Die worten wie: „Ich bin aus Sri Lanka und spreche Antworten waren komplett anders: Die meisten Kinder kamen plötzlich aus der Schweiz und sprachen mehrheitlich Schweizerdeutsch. 1 sämtliche Zahlen vgl. Statistisches Amt des Kantons Basel-Stadt: http://www.statistik.bs.ch (Stand: 13.3.2016) 2 die „Zweite Generation“: Kinder von Migranten, Fast alle meine Schulkinder sind in der Schweiz die in der Schweiz geboren, hier wohnhaft oder ein- geboren. Kinder, deren Eltern aus weit entfern- gebürgert sind ten Ländern stammen, kennen das Herkunfts- 3 P. Hofmeier / M. Zehnder: „Die Aufgabe der Schule ist die Bildung des Menschen“. Interview mit Christoph land ihrer Eltern kaum, die, deren Eltern aus Eymann, Präsident der Schweizerischen Erziehungs- politisch instabilen oder im Krieg befindlichen direktorenkonferenz. In: Basellandschaftliche Zeitung, Ländern geflüchtet sind, kennen diese in der Ausgabe vom 28.11.2013 Regel gar nicht. Manche Familien machen nur 4 http://bazonline.ch/basel/stadt/Basel-hat-die- heterogensten-Klassen-Europas/story/29635850 alle paar Jahre in der Heimat Urlaub. Nicht (Stand: 13.3.2016) immer bedeutet ein Urlaub im Heimatland der InterkulturaliätPublikationen 60 InterculturalityPublications

Eltern auch Kontakt mit dortiger Familie oder Wann wird man damit aufhören, Kinder mit Freunden und das Miterleben von Traditionen, schwarzen Haaren und dunklen Augen als im Gegenteil, einige logieren in Ferienhotels am „Ausländerkinder“ zu bezeichnen? Meer. Was ist bei solchen Urlauben der Unter- schied zwischen den Kindern mit Migrations- Einige Jahre habe ich Deutschkurse für Eltern hintergrund und den sogenannten „Schweizer“ von Schulkindern geleitet. Die Gruppen waren Kindern? Ist es für die einen ein „Heimkommen“ sehr heterogen, sowohl Alter, Bildung und Her- in „ihre“ Kultur, für die anderen ein Urlaub in kunftskulturen betreffend. Das Gemeinsame einer fremden Kultur? war, dass sie alle Kinder hatten, Deutsch lernen mussten und im Ausland in einer ihnen fremden Meiner Meinung nach sind zu viele Lehrerinnen Kultur lebten. Wir besprachen die unterschiedli- und Lehrer auf die Herkunftsländer fixiert, und chen Grußformen in der Schweiz und verglichen übersehen, dass die meisten Kinder hier gebo- sie mit denen ihrer Heimatländer, wir sprachen ren und aufgewachsen sind. Immer wieder höre darüber, was in den einzelnen Kulturen als höf- ich, wir sollten die Kulturen und Sprachen der lich und unhöflich galt, über Schule, Bräuche, Schülerinnen und Schüler wertschätzen, her- Erziehungsfragen. Diese Diskussionen waren vorheben, in den Unterricht integrieren. Doch: sehr spannend. Interkultureller Unterricht im Welche sind denn die Kulturen dieser Kinder? eigentlichen Sinne. Um ehrlich zu sein: Mit Sprechen sie wirklich zwei Sprachen gleicher- meinen Schülern habe ich keinen solchen in- maßen? Einige Kinder besuchen den freiwilligen terkulturellen Austausch. Meist wissen sie viel „Unterricht in heimatlicher Sprache und Kultur“, über die Speisen der Heimat ihrer Eltern und der von privaten Trägern, auch Botschaften oder auch über religiöse Traditionen, die sie mitle- Konsulaten, organisiert und finanziert wird und ben. Traditionelle Lieder haben jedoch oft mit dessen Ziel ist, dass die Kinder ihre Erstsprache anderen Themen zu tun, wie etwa mit der Ge- festigen, Wesentliches über die Kultur des Her- schichte, dem Klima, der Landschaft, dem täg- kunftslandes erfahren, unterschiedliche Werte lichen Leben. Meine Schulkinder haben wenig und Normen kennen und respektieren lernen Kenntnis von diesen Themen. Ich kann sie und über Geschichte, Geografie, Bräuche Be- bitten, zu Hause die Aussprache mit den Eltern scheid wissen. Meines Erachtens ist es ein Kli- zu üben und dann im Unterricht den Text vorzu- schee, dass Kinder mit Migrationshintergrund sprechen, auf inhaltliche Fragen zum Text darf viel Wissen über andere Sprachen und Kulturen ich jedoch keine Antworten erwarten. Ich hatte mitbringen. Ich kenne Eltern, die mit ihren Kin- mich gefreut, in einer Schule zu arbeiten, die dern nie in ihrer Muttersprache sprechen, weil sich durch einen hohen Migrationshintergrund sie wissen, wie schwierig Integration sein kann auszeichnet. Ich freute mich auf einen inter- und dass Deutsch ein Schlüssel dazu ist. Viele kulturellen Unterricht, den Austausch mit den Kinder sind wenig in der Kultur ihrer Eltern Kindern, ihren Eltern. Diesen erlebe ich jedoch beheimatet und können sich daher wenig damit nicht. Klar ist es spannend, wenn bei Schulfes- identifizieren. Mit „der Türke“ oder „die Albane- ten ein internationales Buffet aufgetischt wird rin“ drücken wir ihnen einen Stempel auf. oder wenn Kinder nach religiösen Festtagen von den Feiern erzählen. Seit Jahren bitte ich Schüren wir nicht Konflikte, in dem wir uns Eltern, mir ein Lieblingslied aus ihrer Kindheit so auf die unterschiedlichen Herkunftskul- zu nennen, ich würde es im Unterricht ihres turen fokussieren? Sollen wir wirklich die Kindes aufgreifen, habe aber erst zwei Lieder Unterschiede anstelle des Gemeinsamen be- erhalten. Viele Eltern sagen, sie seien schon zu tonen? Haben Kinder, deren Eltern oftmals lange von der Heimat weg, würden sich an kein schon heimatlos sind, nicht das dringende Lied erinnern und schon gar keinen Volkstanz Bedürfnis nach Zugehörigkeit? kennen. Manche erzählen, dass es schwer sei, in Interkulturaliät 60 Interculturality Interkulturaliät 61 Interculturality

einer Stadt, in der so viele Kulturen nebeneinan- Können zeigen können. Ich erlebe das nicht so. der leben, aber nicht genügend Austausch in der Die meisten meiner Schulkinder bringen diese eigenen Kultur besteht, diese auch zu pflegen. musikalisch-tänzerischen Erfahrungen nicht Ich habe viele Schulkinder mit Migrationshin- mit. tergrund gefragt, ob sie mir Lieder vorsingen oder Tänze vorzeigen könnten, die sie von ihren Ganz anders stellt sich die Situation derzeit in Eltern gelernt hätten. Es gab wenig positive Re- den Fremdsprachenklassen dar, Klassen für sonanz. Ein Mädchen aus Eritrea sang mir ein Kinder im Alter von 4 bis 13 Jahren, die neu in Lied vor: Es war die Melodie von Bruder Jakob der Schweiz sind, in der Regel im Migrations- mit einem Text auf Tigrinya. Ein Junge, seine haus wohnen und noch keine Kenntnisse der Mutter kommt von der Dominikanischen Repu- deutschen Sprache haben. Derzeit stammen blik, sagte, er hätte von seiner Mutter einen Tanz viele Kinder aus Syrien. Sie bilden nicht nur gelernt. Es war eine Salsa. sprachlich eine relativ homogene Gruppe. In einer dieser Klassen habe ich es erlebt, dass ein Ähnlich ist die Lage beim Instrumentalunter- Junge einen Trommelrhythmus gespielt hat, der richt aus anderen Kulturen: Ein Schüler spielt den anderen Kindern vertraut war. Plötzlich indische Sarod, ein Mädchen lernt Geige auf begann ein Kind ein Lied zu singen, alle syri- tamilische Art, ein Junge Tarabuka/Darbonha. schen Kinder sangen mit. Vielleicht entsteht mit Eine meiner Aufgaben ist, die Kulturen der der aktuellen Flüchtlingswelle eine ähnliche Schülerinnen und Schüler zu wahren. Welche Situation wie zu der Zeit, als viele Gastarbei- ist die kulturelle Identität meiner Schülerinnen ter gleichzeitig einwanderten, ihre Traditionen und Schüler? Haben die Kinder wirklich eine mitbrachten und sie in der neuen Umgebung in tschechische, ecuadorianische, britische kultu- einer homogenen Gruppe pflegen konnten. relle Identität? Und wenn sie mir nichts davon vorzeigen können – wie soll ich ihnen helfen, Esther Bacher, sie zu „erhalten“? Haben sie eine Schweizer kul- Mag. phil., Bakk. art. turelle Identität? Soll ich mit ihnen Schweizer Studien: Romanistik an der Volkslieder singen? Keines von den Kindern Paris Lodron Universität, hört Schweizer Volksmusik, zum Alltag meiner Elementaren Musik- und Schulkinder zählt diese Musik keinesfalls. Tanzpädagogik am Orff- Institut der Universität Womit identifizieren sie sich also? Was ist ihre Mozarteum, Salzburg. Mitarbeiterin im Orff- Kultur? Sind es die Poplieder, die sie alle auf Schulwerk Forum Salzburg ihren Smartphones gespeichert haben? Die und in der Schweizer Orff-Schulwerk-Gesellschaft. Tänze, die sie aus dem Fernsehen kennen? Wenn Seit 2009 wohnhaft in Basel, Schweiz, als Fachleh- Schulkinder ihre aktuelle Lieblingsmusik mit- rerin für Musik und Bewegung und Französisch in bringen, ist der Großteil in englischer Sprache, der Primarschule sowie in der Fort- und Ausbildung Lieder in anderen Sprachen sind in einem ähn- tätig. lichen musikalischen Stil. Darin unterscheiden sich übrigens die Kinder mit Schweizer Wurzeln Mag. phil, Bakk.art, Studies: humanities at the Paris und die mit Migrationshintergrund überhaupt Lodron University, Elemental Music and Dance Education at the Orff Institute, Mozarteum University, nicht. Salzburg.Works for the Orff-Schulwerk Forum Salzburg and the Orff-Schulwerk Association . Lives Immer wieder lese und höre ich davon, wie toll in Basel, Switzerland since 2009, works as a specialist man Kinder mit unterschiedlichen Kulturen und teacher for music and movement and French in elemen- Sprachen gerade in den Musik- und Bewegungs- tary school, as well as in teacher-training and in-service. unterricht integrieren kann, wie sie hier ihr InterkulturaliätPublikationen 62 InterculturalityPublications

SUMMARY

Thoughts about interculturality when teaching children with immigrant backgrounds

The primary school in which the author works is The author is of the opinion that too often the focus situated in a quarter of Basel with a 39.6 % immi- is on the countries of origin and less often on the grant population. The proportion of schoolchildren fact that most of the children with a migrant back- with immigrant backgrounds is even higher. ground were born in Switzerland. She calls for more emphasis to be placed on the similarities of children The intent of the author to integrate all cultures and rather than on their differences in order to give the languages of the students in her classes is not so easy. children, whose parents are often already homeless, Not all children with an immigrant background are the much needed sense of belonging. fluent in the languages of their parents, and not all of them are really familiar with the traditions and Furthermore, the author shows with reference to cultures of the countries of origin of their parents. a German course she gave for parents, that inter- cultural education in a narrower sense took place Many children can neither sing a song nor present a when the adults exchanged and learned from one dance from the parental culture. Often this is even another on various topics such as customs, tradi- hard for the parents themselves. Parents who have tions, and education. lived for many years far from their home countries tell how difficult it is to maintain their culture if However, she does not experience this intercultural there is no larger community. exchange with her schoolchildren.

Some children attend the voluntary "lessons in native She considers it a cliché when it is stated that chil- language and culture", which are organized and dren with different cultural and linguistic back- financed by private organizations, including embas- grounds could particularly be integrated in the sies or consulates, and whose aim is that the children music and movement lessons and show their skills in consolidate their first language, learn important facts these classes. She raises the question of the cultural about the culture of their country of origin, get to identity of the children and whether this is more know and respect different values and standards and likely to be found in the pop songs that all children learn about the history, geography and customs. – regardless their origin – listen to and know and which connects them with each other. [EB] On the other hand, there are parents who never talk to their children in their native language, but only in German, because they want to give their children a better chance of integration than they experienced and because they know that the German language is the key to it. Interkulturaliät 62 Interculturality Interkulturaliät 63 Interculturality

LESERMEINUNG // FEEDBACK

To “Interculturality” in ORFF-SCHULWERK HEUTE issue 93 EACH GROUP ESTABLISHES ITS OWN CULTURE

Until I retired in 2007, I enjoyed a music teaching feel competent. Emotions always get in the way of career in schools and at university that spanned learning, so students who were angry, unhappy, nearly forty years. Although I have not been in the scared, or despairing needed to be helped so that classroom since 2007, this request has brought back learning could continue. vivid memories of my first year of teaching in Aus- tralia. My classroom in many respects was a micro- How does interculturality play in all of this? A class- cosm of the world. I had girls from Serbia, , room establishes its own culture. Mine was one of Vietnam, Greece, and Australia. They all respect and learning. I tried to establish ways to had their own cultures, prejudices, belief systems assist the students to achieve when they entered the and they all had no desire to socialise with anyone workforce. In many ways we all walked in the same out of their own culture. direction, down the same road toward the same destination. But while we moved, we kept our own When the boys joined the classes from the techni- identify. Did we all learn about different cultures? cal college, another set of cultural beliefs came into Yes, we did. But it was a by-product of the musical play. Cooking was fun, but washing up was women’s learning. It was also a by-product of social learning. work, for example. My job was to ensure every stu- The aim was to find ways to co-exist and enrich dent learned the curriculum and was well equipped each other’s lives without tearing each other apart? to face the world. But the complex social fabric of I don’t believe people can be forced to appreciate the classroom was a huge hurdle to leap. On top of the culture of someone else. Understanding only this, I met with each class only 45 minutes a week. came through working together – even apart - in the same space, with significant people such as teachers I dealt with the cultural differences by implement- modeling tolerance, respect and interest. ing the Maslow hierarchy in my own classroom and Carol Richards ensuring that the students learned about the culture of working in Australia – the land in which they had all chosen to live. Maslow’s research on needs sug- Carol Richards, Prof. Dr. gests that people will not reach their potential if their attended the Special Course in 1980 and taught Orff physical needs aren’t met. If they are hungry, tired, in in primary, secondary and special schools and finally sick, they will not learn. So those students had to university. She has presented workshops nationally have those needs addressed. People will not learn if and internationally for 30 years. A past president of the Australian National Council of Orff they do not feel safe in the environment, so I worked Schulwerk ANCOS she currently is the hard to establish a classroom of respect among all Chair of their Levels Courses. students and a willingness to support each other even though they may have disagreements.

This was not easy and I had days when I despaired, but eventually prevailed. Students would not learn if they felt the content of the class was too difficult or not important – so it was always a challenge to prepare lessons that allowed them to succeed and Historischer Exkurs Historical Excursus

„Mit Xylophon und Fantasie“

Coloman Kallós

historischen Filmen, besonders wenn es darum ging, auf die gewachsenen Entwicklungen des Orff-Instituts hinzuweisen. Dr. Werner Lütje war ein Filmemacher und Kameramann aus Leidenschaft. Er studierte zu- nächst Medizin und promovierte im Jahr 1945. Unter schwierigen wirtschaftlichen Verhältnis- sen der Nachkriegszeit baute er sich ein neues Berufsfeld als Filmproduzent auf, zunächst die Firma „Feuilleton Film“ Hamburg. Es ist Werner Lütjes Selbstvertrauen und Mut zu verdanken, dass sich die FIB in München zu einer bundes- Carl Orff und Werner Lütje weit erfolgreichen und angesehenen Dokumen- tarfilmproduktion entwickelte. Über die Zu- „Mit Xylophon und Fantasie“ heißt eine Serie sammenarbeit mit Wieland Wagner in Bayreuth von Dokumentarfilmen über das Orff-Schul- und die Verfilmung von Wagner Inszenierungen werk, die im Auftrag des Zweiten Deutschen lernte Lütje schließlich auch Carl Orff kennen. Fernsehens (ZDF) in den 1970er Jahren von Dr. Werner Lütje1, Inhaber der Produktions- Getragen von großer Bewunderung und gegen- firma „Film für Information und Bildung“ (FIB) seitigem Verständnis entstand zwischen Carl entstanden sind. Diese Filme mit unterschied- Orff und Werner Lütje eine dauerhafte Freund- lichem Focus beleuchten die interkulturelle schaft. Das führte zu Filmproduktionen, die Entwicklung und Verbreitung des Schulwerks sowohl Carl Orffs künstlerisches Schaffen als in verschiedenen Ländern der Welt, zu denen auch die internationale Entwicklung des Schul- das Orff-Institut schon sehr früh Kontakte werks erschließen. knüpfte. Als Lehrer für Mediendidaktik und Produzent von Dokumentation am Orff- „Musik für die Kinder der Welt“ – Institut in den Jahren 1987–2014 verwendete Erinnerungen an Erkundungsreisen ich immer wieder Zitate aus diesen wertvollen Unter diesem Titel entstand in den Jahren 1973–1975 eine erste Serie dieser Dokumentar- 1 Werner Lütje, Arzt und Filmproduzent (21. Juli 1917 in filme. Die wechselseitigen Beziehungen des Orff- Göttingen – 18. April 2001 in München) Instituts mit Pädagoginnen und Pädagogen aus Historischer Exkurs 65 Historical Excursus Historischer Exkurs 66 Historical Excursus

verschiedenen europäischen und außereuropä- Eine frühe Begegnung mit außereuropäischen ischen Ländern wird in diesen Filmen nach- Kulturen knüpfte Carl Orff bereits in den Jahren vollzogen und aufgezeigt. Hermann Regner der Gründung der Günther-Schule in München, war weitgehend Initiator und dramaturgischer als er für sein Orff-Schulwerk ein elementares Berater dieser eindrucksvollen Produktionen. In Instrumentarium zu konzipieren begann. Der der Pionierzeit des Orff-Instituts sind Hermann Ursprung vieler elementarer Schlaginstrumente Regner und Barbara Haselbach viel gereist, ist in Afrika, aber auch in Indonesien zu suchen, manchmal in Begleitung von Absolventinnen was in den Filmen von Lütje ebenso aufgegriffen und Absolventen des Orff-Instituts, um in ver- wird wie die kulturellen und spirituellen Hinter- schiedenen Ländern der Welt Seminare und gründe dieser Länder. Das Orff-Schulwerk hat Workshops zu leiten. Auch Karin Schumacher, dort vielfach die Funktion übernommen, eine Lehrstuhl für Musiktherapie an der Universität Brücke zu den eigenen Wurzeln, Mythen und der Künste Berlin, unterrichtete damals nach Traditionen zu bauen. Diese kulturellen Werte, ihrer Ausbildung am Orff-Institut bei Seminaren die in einer globalisierten und profitorientierten in Thailand, Korea, Japan. In einem Interview Welt immer weniger Bedeutung haben, kommen von Barbara Haselbach schildert das Hermann wieder ans Licht. In Interviews und Gesprächen Regner so: mit Musikern, Pädagogen und Professoren dieser „Von Anfang an waren nicht nur Studierende aus Länder werden spezielle Probleme der Musiker- Österreich und Deutschland am Orff-Institut, ziehung erörtert, z. B., dass die vorherrschende sondern auch Menschen mit fremden Sprachen Musikausübung und Musikpädagogik zu stark aus fremden Kulturen. Dass wir dann natürlich und einseitig auf die Reproduktion ausgerichtet auch ergründen wollten, wo kommen die her, ist, sei es in der Pflege der Jahrhunderte alten aus welchen musikpädagogischen Situationen eigenen Kunstmusik, wie in Japan, Korea u.a. kommen die, das war verständlich und dann oder in der Ausübung der rein westlichen und haben wir über das Goethe-Institut die Mög- lichkeit erhalten draußen Kurse zu geben. Und dieses Hinausgehen und dieses reich werden 2 In: Coloman Kallós (2008): Hermann Regner. Ein Leben durch Erfahren, was andere Menschen tun, für die Musik – zum 80. Geburtstag. DVD produziert mit können, haben, das war wohl der größte Schatz Unterstützung der Universität Mozarteum/Orff-Institut und für mich in meinem Leben“.2 der Carl Orff-Stiftung. www.uni-mozarteum.at/unishop Historischer Exkurs 67 Historical Excursus

europäischen Musikkultur. In eindrucksvoller Filme aus der Produktion Weise beleuchtet der Filmbeitrag aus Ghana in Westafrika (1977) künstlerische und pädago- von Werner Lütje: gische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Carl Orff – Ein Portrait Der natürliche und authentische Bezug zu Musik Studienprogramm des Bayerischen und Tanz, zum Singen und Spielen war hier noch Rundfunks, gesendet am 13.4.1969 selbstverständlich und ungebrochener Bestand- teil des täglichen Lebens. Das musikalisch-tänze- Carl Orff: Die Kluge rische und sprachliche Inszenieren von Märchen, Inszenierung des Münchener wie es in den Stammeskulturen verankert war, Marionettentheaters 1974 Hergestellt für Inter-Nationes wurde in den Musikunterricht ebenso einbezo- gen. Die zahlreichen Spiele und Rituale zeig- Der Mann, der Carmina Burana ten, wie sie mit den täglichen Arbeitsprozessen schrieb einer noch vorwiegend archaisch-bäuerlichen ZDF, gesendet am 8.7.1990 Gesellschaft verbunden waren. Viele Menschen in aller Welt halten diese interkulturellen Ver- knüpfungen aufrecht und tragen zur weiteren Verbreitung des Orff-Schulwerks bei. Pädago- ginnen und Pädagogen aus vielen Ländern und Kulturen haben seit Bestehen des Orff-Instituts in Salzburg das Orff-Schulwerk kennen, ausüben und verstehen gelernt.

Die Filme befinden sich im Archiv des Orff-Zen- trums München. Alle Rechte der Nutzung und Vervielfältigung liegen bei der Carl-Orff-Stif- Musik für die Kinder der Welt – tung, Dießen am Ammersee. Sollte durch diesen Bericht über das Orff-Institut Bericht angeregt das Interesse entstehen, diese in Salzburg Filme für wissenschaftliche, historisch-pädago- Folge 1 1994 für das ZDF, gesendet am 3.4.1994 gische und nicht kommerzielle Zwecke zu erwer- ben, so wäre daran zu denken, Neuauflagen in Erinnerungen an eine Form von DVD-Ausgaben herzustellen. Erkundungsreise 1973 – 1975 Folge 2, 1995 für das ZDF, gesendet am 17.7.1995 auf 3sat.

Coloman Kallós Studium am Orff-Institut Mit Xylophon und Fantasie – der Universität Mozar- Das Orff-Schulwerk und seine teum Salzburg, danach Verbreitung in aller Welt vielfältige Erfahrungen in eine Produktion in verschiedenen Folgen, Bereichen der Jugendar- gesendet im ZDF im Jahr 1977 beit, Fernsehen und Video- – Das Orff-Schulwerk in Afrika (Ghana), technik. Leitung eines Mu- Argentinien, Spanien und Griechenland, sikinstituts in Icking u. ä. – Das Orff-Schulwerk in Thailand, 1987–2014 Lehrtätigkeit Indonesien, Korea und Japan, am Orff-Institut und an der Schauspielabteilung (Mediendidaktik, Video- und Bühnentechnik), seit – Das Orff-Schulwerk in Mexiko, 1987 internationale Lehrerfortbildung, Leiter der in- USA und Kanada. ternationalen Sommerkurse „Treffen der Nachbarn“. Kurzportraits Brief Portraits

Emigranten – Immigranten Absolventinnen und Absolventen des Orff-Instituts als Wanderer zwischen Kulturen

Absolventinnen und Absolventen des Orff-Instituts unterrichten in vielen Ländern der Welt. Die meisten suchen und finden eine Stelle in ihrem eigenen Lande, aber es gibt auch erstaunlich viele, die aus privaten oder beruflichen Gründen „in die Fremde” ziehen und sich dort eine neue Existenz aufbauen. Das mag manche aus weitentfernten Kulturen in Österreich eine neue Heimat finden lassen oder andere aus dem deutschsprachigen Raum in europäische oder außereuropäische Länder führen. Wir haben einige von ihnen gebeten, uns über ihre Erfahrungen zu berichten. Es war uns wichtig von Emigrierenden u n d Immigrierenden zu erfahren, welche Erfahrungen sie in der Begegnung mit einer anderen Kultur und Sprache gemacht haben. Dabei haben wir Kolleginnen und Kollegen gefragt, die schon seit Jahrzehnten oder erst seit einigen Jahren in dieser anderen Kultur leben. (BH)

Emigrants – Immigrants Graduates of the Orff-Instituts as wanderers between cultures

Graduates of the Orff Institute teach in many countries around the world. Most of them look for and find jobs in their own country but there are an astonishing number who are drawn to foreign countries for private or professional reasons and build a new existence. We have asked a few of them to tell us about what experiences in encountering another culture and language they have had. The alumni presented come from or work in Germany, Denmark, England, France, Greece, Iran, Austria and Spain. (BH) Kurzportraits 69 Brief Portraits

Neue Wurzeln in Dänemark MARIANN BROMENNE

Es war Liebe auf den ersten Blick, die mich nach Da beide Elternteile arbeiten, bleiben die jünge- Dänemark führte. Im Sommer 1984 war ich in ren Kinder nach der Schule in „Freizeitheimen“ Ungarn zu internationalen Chorwochen. Dort und kommen erst spät nach Hause. Als Kon- traf ich meinen Mann, der einem Spanier glich, zept für den Instrumentalunterricht gilt also: aber Däne war. 1985 bin ich dann mit meinem vermittle so viel wie möglich in kurzen Unter- druckfrischen Abschlusszeugnis nach Kopenha- richtseinheiten und hoffe darauf, dass die Kinder gen umgesiedelt. Als Erstes galt es, die Sprache damit zu Hause „Spaß haben“, denn Musikschu- zu lernen. Die dänische Aussprache läuft darauf lunterricht gilt als Freizeitbeschäftigung. Mein hinaus, zu lernen, was man alles an Buchstaben Abschluss wurde ohne Probleme anerkannt. und Endungen verschlucken muss, damit es Gleichzeitig verbreiteten sich in den 1980/90er richtig klingt. In der ersten Zeit habe ich mich Jahren in ganz Dänemark die Musikschulen. Die nicht wie 24, sondern oft wie 14 Jahre gefühlt: Popkultur war der Aufhänger für gemeinsames unsicher, anders, verkehrt. Hier sollte ich „Du“ Musizieren. Ich habe dazulernen müssen, u.a. sagen zum Bankangestellten, Zahnarzt oder nach Akkordbezeichnungen zu spielen. In allen Professor! Aber der Sprachunterricht war effek- Schulen gab es zwar Xylofone, aber verstaubt und tiv, und bald konnte ich an zwei Nachmittagen kaum gebraucht. Seit 1990 habe ich eine feste Unterricht für Blockflöten- und Klavierschüler Stelle an der Musikschule in Køge, unterrichte an einer Musikschule geben. Diese ersten Schü- heute Musikkarussell, Klavier, Tangent-Ensem- ler waren gleichzeitig der letzte Schliff meiner ble und bin vormittags in Vorschulklassen. Feste Sprachschulung: „Warum sagst du immer Fisch? Jahresprojekte: 700 Vorschüler singen mitein- Es heißt doch Fisch!“ Mit der Zeit wurden meine ander und 30 Klavieranfänger musizieren an 10 Ohren wacher für Konsonantenfärbungen, und Klavieren. Jeden Monat gibt es das „Musikcafé“ mein Mund williger, auch die merkwürdigsten für groß und klein. Am liebsten lehre ich an der Laute zu formen. Ich habe in den ersten Jahren Ellemarkskole mit 40 % Kindern aus anderen in Kammerchören gesungen, Kurse am Konser- Kulturen. Mein Puls schlägt höher; wenn diese vatorium und Musikwissenschaftlichen Institut Kinder dort singen, ich fühle mich den zweispra- besucht, bei einer erfahrenen Musikpädagogin chigen Kindern verbunden. Wenn ein syrischer hospitiert, und mit all dem Skandinavien und Junge plötzlich mit im Kreis sitzt, dann ahne seine Musikwelt absorbiert. Ein Hauch von ich, wie es sich anfühlt, sprachlos in einer Akzent ist geblieben, ansonsten fühle neuen Welt. Sein vorsichtiges Lächeln in ich mich sprachlich vogelfrei und der dritten Stunde ist wie eine erste sicher. Die Begegnung mit dem däni- Wurzel in neuem Boden. schen Schulsystem und den sehr frei erzogenen Kindern war zunächst Mariann Bromenne, Studium der Ele- ein Kulturschock. Die folkeskoler mentaren Musik- und Bewegungser- in Dänemark sind Gesamtschu- ziehung am Orff-Institut (1981–85), len, wo Zensuren erst ab der Schwerpunkt Musik, Sonderprüfung Klavier. 1985 Umzug nach Dänemark. 7. Klasse gegeben werden und Ge- Unterrichtstätigkeit an Musikschulen, meinschaft, Gruppenarbeit und seit 1990 Køge Musikskole. Kurstätigkeit Projektarbeit tragende Säulen des rund um das Fach Musikkarussell. Unterrichts sind. Niemand kann Deutschlehrerausbildung 1998– sitzen bleiben, Hausauf- 2000. Lehrtätigkeit in der däni- gaben gibt es nur minimal. schen folkeskole. Kurzportraits 70 Brief Portraits

Von Teheran nach Salzburg

MANDANA FARSANI

Ich habe in Teheran meinen Bachelor in klas- sen. Ich bin mir sicher, dass die Sprache des Landes sischer Musik (viola, tombak) gemacht und eine der wichtigsten Faktoren zur Integration dar- gleichzeitig an einer privaten Musikschule stellt und das Bemühen um ständige Verbesserung Orff-Schulwerk unterrichtet. Nach dem Besuch ein kontinuierlicher Prozess sein muss. eines Sommerkurses am Orff-Institut entschied ich mich, ein Vertiefungsstudium im Special Als ich zum ersten Mal österreichische Kinder Course zu beginnen. unterrichtete, realisierte ich, dass es nicht genug ist, eine gute und kompetente Pädago- Während dieser Zeit habe ich meinen Mann gin zu sein! Die Kommunikation mit Kindern kennen gelernt, und das war auch der Haupt- geht nicht nur über die Sprache. Ich bemerkte, grund, weshalb ich in Salzburg geblieben dass der Unterricht in einer fremden Kultur es bin. Seit sieben Jahren lebe ich nun bereits in notwendig macht, die Märchen und Geschich- Österreich und anfangs war das aus vielerlei ten der Kinder, ihre Spiele und Scherze, ihre Gründen gar nicht leicht. Es war nicht fehlende Lebensweise und sogar die Fernsehprogramme, fachliche Kompetenz sondern die Unsicherheit die sie sehen, zu kennen. Durch die Arbeit mit in der Kommunikation, die für mich schwierig den Kindern hier lernte ich, dass die Verhaltens- war. Abgesehen von kulturellen, sprachlichen kultur der jeweiligen Gesellschaft auch auf die und Mentalitätsunterschieden traten weitere Kinder einen großen Einfluss hat. Zum Beispiel Verschiedenheiten auf, von denen ich nicht ge- sind die Kinder im Iran offener gegenüber Bewe- dacht hätte, dass sie jemals im täglichen Leben gung, Tanz und Gesang, sie sind auch freier im im Ausland eine Rolle spielen könnten. Als Ira- körperlichen Kontakt, sowohl untereinander wie nerin fühlte ich den anderen Lebensrhythmus auch mit den Pädagogen. (früherer Arbeitsbeginn, frühere Essens- und Schlafenszeit) sehr stark und brauchte Zeit mich Aufgrund der offenen Natur der Kinder, konnte daran zu gewöhnen. Ebenso belastete mich die ich auch Musik- und Tanzmaterial aus meiner subjektiv geringere Intensität der sozialen Kon- eigenen Kultur mit ihnen verwenden. Zur Zeit takte, darum fühlte ich mich anfangs sehr allein. unterrichte ich an einem Montessori Kinder- Manchmal glaubte ich eine gewisse Distanz garten und eine Gruppe von syrischen Flücht- und Scheu einiger Menschen mir gegen- lingskindern am Orff-Institut, letzteres ist über zu verspüren, weil sie mein Land für mich ein Höhepunkt meiner beruf- und meine Kultur nur aus der negativen lichen Arbeit. Meine Gemeinsamkeit Berichterstattung der Medien kannten. mit diesen Kindern ist das Gefühl, ein Aber dies änderte sich, sobald sie mich neues Zuhause zu haben, welches wir besser kennen lernten und wir sogar mit jedem Tag mehr lieben. Freundschaften schlossen. Mandana Farsani ist Musikpädago- Seitdem ich mich auf Deutsch gin aus dem Iran, sie studierte am besser verständigen kann, ist Orff-Institut / Special Course 2009 mein Gefühl, nur Gast in und lebt mit ihrer Familie in Salz- burg. Nach einer Kinder-Auszeit diesem Land zu sein, viel unterrichtet sie nun in Kinder- geringer geworden, das gärten und Flüchtlingsgruppen Gefühl hier zu Hause zu (vgl. S. 96). sein ist hingegen gewach- Kurzportraits 71 Brief Portraits

From Salzburg via Helsinki to London

NADJA KRAFT (KÖLLICH)

After graduating from the Orff Institute, I first went in Education) should I want to apply for a perma- to to study at Sibelius Academy for two nent position as a school teacher. years, at the same time I was teaching at the German school in Helsinki. While writing my Master thesis I remember my first lesson at the Colourstrings I was observing teachers who are members of the music school in North London, a parent-toddler Finnish Orff Association Jasesoi, who were working group with children aged 2-3: after some songs and with baby/toddler-parent groups. And because I games to get to know each other I handed out some wanted to find out what sort of classes concerning scarves and asked the participants to dance freely this age group are offered in an English speaking to the music. All parents sat there staring at me, not country, I moved to London. interacting with their children. Some of the parents even complained to the music school office about I only wanted to stay for a few months. London is such a 'free' lesson. So I had to stick to their old quite expensive, and to be able to afford the expen- routine at first (at least seven !! songs per lesson), sive cost of living I had to work as a nanny at first. and then I slowly started to change some parts here That gave me the chance to attend many different and there to be more free and playful. music classes with „my“ children and to learn first English nursery rhymes. The variety of music classes In my classes I teach children from all over the for children under the age of 4 is incredible. The world, and therefore I try to include as many ma- majority of classes are offered through Franchise or- terials from different cultures and in different lan- ganisations though, who send a fixed lesson plan to guages as possible. The preparation is sometimes their teachers who then teach to a CD also provided a little time consuming, but songs, rhymes, musi- through the Franchise. But what most classes unfor- cal games, listening examples and especially folk tunately are missing is creativeness, improvisation, dances from all over the world are a great hit with exploration, individuality. both young and old and offer something personal to participants. In Summer 2011 I started teaching classes as a self employed music- and dance teacher at schools. Tea- Nadja Kraft, Bakk.art. MA, studied Elemental Music ching in English wasn't a problem any more, as and Dance Pedagogy at the Orff-Institute Salz- I had enough experience already. My tea- burg Mozarteum University (2002–2008) ching certificates from the Orff Institute and as Erasmus and Postgraduate Student at the department for Music Education at are accepted here without problems. Sibelius Academy Helsinki (2007–2009). However I would need to finish a Lives in London since 2009, committee PGCE, (Postgraduate Certificate member of Orff Society UK. On mater- nity leave at the moment. Kurzportraits 72 Brief Portraits

Französischer Österreicher, österreichischer Franzose, oder?

ERIC LEBEAU

Ich bin zufällig nach Österreich und an das Sommer im Salzburg: Ich war Assistent bei Orff-Institut gekommen. Als ich als Beamter einem Symposion und zwei Sommerkursen. Da- und Computerfachmann an einem Gesangskurs durch lernte ich viele ehemalige Lehrende und teilgenommen habe, traf ich zwei Tage nach Studierende des Orff-Instituts kennen. Sie kamen diesem Workshop die größte Entscheidung aus der ganzen Welt, es gab mir das Gefühl, Teil meines Lebens: Ich karenzierte mich für 2 Jahre einer bunten Familie von Sprachen und Kulturen und folgte der Dozentin an die Berufsfachschule zu sein. Dieses Gefühl bedeutet mir auch heute für Musik in Altötting (Deutschland). Außer noch sehr viel. Ich hatte das Glück, bei dem während meines Urlaubs hatte ich keinen Kon- MTSI-Sommerkurs Referenten kennenzuler- takt mit dem Ausland gehabt. Deutschland nen, die mich durch ihre Vision von der Welt war meine erste Begegnung mit einer anderen prägten und inspirierten. Dafür möchte ich Sprache und einer anderen Kultur. Da kam der Shirley Salmon, Karin Schumacher, Wolfgang große Schock, ich bemerkte es sind sogar zwei Stange und Gerda Bächli danken. Ich wählte Sprachen zu lernen: Hochdeutsch und oberbaye- den Studienschwerpunkt „Musik und Tanz in rischer Dialekt. Schock auf Schock, Sprachlosig- der Sozial und Heilpädagogik“ und beschäftigte keit, Verzweiflung! Es war eine Zeit in meinem mich intensiv mit schwerhörigen und gehörlosen Leben, in der ich mich sehr verloren und einsam Kindern und der Gebärdensprache. Kinetik und fühlte. Ausdruck dieser nonverbalen Sprache faszinier- Zweimal habe ich die Hospitationswoche am ten mich. Zwei Jahre später studierte ich für fünf Orff-Institut besucht. Danach war ich 100 % Monate an der Gallaudet University in Washing- sicher: Da will ich studieren. Damals erkannte ton D. C., der weltweit einzigen Universität nur ich zweierlei: für Gehörlose. Die Hauptsprache ist die ASL - Man kann also doch spielerisch lernen! (American Sign Language), die Gebärdenspra- Das hatte ich in meinem ganzen Schulleben che in den USA. Als ich dort ankam, fühlte ich gesucht, ohne es zu finden. mich klein, behindert, sprachlos, weil ich diese - Innerlich spürte ich, dass ich dort alles aus- Gebärdensprache nicht kannte. Ich fühlte mich probieren könnte, von dem ich vorher aus doppelt als „Ausländer“. Wie schwer Integration Angst immer gesagt hatte: „ich hasse es“ (z. B. doch sein kann … Tanzen, Bewegen, auf eine Bühne stehen, ex- trovertiert sein). Ich erkannte, dass erst durch das Wahrnehmen Ich dachte: jetzt beginnt die Reise zu mir – ich und Erkennen der Unterschiedlichkeit meiner ei- will mich selbst entdecken! genen kulturellen Prägung im Vergleich zu einer anderen Kultur eine bewusste Identitätsbildung Orff-Institut 1994: Wir waren eine internatio- entsteht, aus der heraus ich für Transkulturalität nale Klasse und tauschten uns gern über unsere reif wurde. Ich erlebte, was Shirley Salmon mich Verschiedenheit, Kulturen und Sprachen aus. in ihrem Unterricht gelehrt hat: Offen für An- Gemeinsam war uns, dass wir die Deutsche deres und Andere zu sein, Unterschiedlichkeit Sprache nicht gut beherrschten. Untereinander als etwas Positives, Konstruktives zu erleben – verstanden wir uns viel leichter als mit Deutsch- egal zu welcher „Minderheit“ oder Gruppe man sprachigen. Warum? Weil wir langsam sprachen gehört. Nach meiner Rückkehr bekam ich eine und einfaches Vokabular benützten. Mein erster Stelle in Graz an einer Schule für hörbeeinträch- Kurzportraits 73 Brief Portraits

tigte Kinder und an einer integrativen Schule. 17 Jahre habe ich gebraucht, um zu sagen „Ich Das Verlangen mich zu integrieren hat mich über fahre nach Hause zurück“ wenn ich von meinen die Jahre von meiner eigenen Sprache entfernt. Ferien in Frankreich nach Österreich zurück- Ich hatte quasi keine französischen Freunde und reise. Heute weiß ich, wo meine Wurzeln sind sprach nur selten Französisch. Die „Rückkehr“ und ich weiß auch, wo meine (Gast-)Heimat zu meiner Muttersprache und ihre Integration ist. Ich fühle mich nicht zerrissen und teile die in meine neue Lebensumgebung in Österreich Ideen von Amin Maalouf (libanesisch-franzö- begann erst langsam wieder mit verschiedenen sischer Schriftsteller) aus seinem Buch „Les Ereignissen: identités meurtrières“ (1998). Ich fühle mich - Zuerst durch das Wiedererwachen meiner nicht mehr als Franzose denn als Österreicher. Liebe zum „Chanson Française“. In mir lebt beides. Aber meine Muttersprache ist 1995 gründete ich mein eigenes Trio mit Französisch. Durch mein Trio trete ich gern als populären französischen Lieder. Franzose auf und drücke mich mit Leidenschaft - 1998 traf ich Christian Ollivier, einen Franzo- auf Französisch aus. Die französische Sprache sen. Er bot mir an, Theater auf Französisch zu gehört zu mir seit meiner Geburt, Frankreich ist spielen. Durch die „Spielabende“ auf Franzö- mein Geburtsland. Beide sind die Kultur meiner sisch entdeckte ich wieder wie schön es ist, in Kindheit und Jugend und die Kultur meiner Fa- seiner Muttersprache zu sprechen, zu lachen milie. Frankreich und Französisch gehört zu und Witze zu machen. mir. Aber im Alltag drücke ich mich zu mehr - 1999 kam die erste meiner zwei Töchter zur als 90 % auf Deutsch aus, ich lese und singe auf Welt und es war mir klar: Ich möchte mit Deutsch, ich wohne seit vielen Jahren in Öster- meinen Kindern in meiner Muttersprache reich, ich esse Wienerschnitzel und trinke gern sprechen. österreichische Weine. Ich habe auch manche österreichischen Gewohnheiten und Gebräuche Man braucht viele Jahre um seinen sprachlichen adoptiert. Ich müsste mich amputieren, wenn Minderwertigkeitskomplex zu bewältigen und ich mich für eine Seite entscheiden müsste. Ich zu erkennen, dass es etwas Besonders ist, ein habe nicht mehrere Identitäten. Alles, was ich bisschen exotisch zu sein und die „Schwäche“ erlebe, als Franzose und als Österreicher, als in eine „Stärke“ zu transformieren. Das können „transkultureller“ Mensch, ist mein und ich Clowns besonders gut und daher bin ich seit 22 habe so nur eine einzige Identität. Ich bin wie Jahren Clowndoctor! Als ich im Jahre 2000 im ich bin. Musikum Salzburg als musikalischer Früher- zieher zu arbeiten begann, sagte die Mutter Eric Lebeau war Computerfachmann am eines Kind zu mir: „Es ist süß, wie meine Justizministerium in Paris. Nach dem Kinder von deinen Musikstunden nach Studium Elementare Musik und Hause kommen und deutsche Lieder Tanzerziehung (Schwerpunkt: Musik und Tanz in der Sozial- und mit französischem Akzent singen!“ Heilpädagogik, Abschluss 1999) Oje! Ich weiß, dass ich mein Deutsch am Orff-Institut der Universität verbessern muss, aber soweit ich Mozarteum Salzburg war er mich erinnern kann, gab es nie oder Lehrer für Hörbeeinträchtigte und fast nie ein Kind, das sagte: „Eric, ich inklusive Gruppen. Heute arbeitet verstehe dich nicht…!“ Bei Erwachse- er als Lehrer für Früherziehung nen ist das manchmal anders. am Musikum Salzburg und ist als Chansonnier und Clowndoktor tätig. Kurzportraits 74 Brief Portraits

A wanderer between cultures

VERENA MASCHAT

My origins are a mixture between Austria, Ger- Orff teachers from various countries. many and Switzerland, a true Alpine dweller. These are close cultures, same language, similar traditions Spain is one of those European countries with the and way of understanding life. greatest richness and variety of folk music and dances, mostly still alive due to the numerous ce- My father’s work brought musicians from many lebrations, deeply rooted customs and associations different countries to our home and I soon started dedicated to preserve the heritage. There are 17 to collect folksongs from them. Still in Secondary autonomous communities, as far distanced as the School, I got involved with dances from other Euro- Pyrenees and the Canary Islands, and four official pean countries and eventually travelled to some of languages. So there is a lot to learn and share. those countries to learn first-hand about the music and dances that moved me most. In the same way When I started to teach here I found some excellent I got interested in languages in order to be able to collections of folksongs, and traditional music of the communicate, which opened new possibilities to get different regions of Spain was well represented in to know more about the people and their culture. the textbooks (not so much in the actual classroom Over the years following my studies at the Orff In- work). However, there was no such material for the stitute, I started projects in various countries and dances, so I began to study and notate traditional it felt easy to adapt myself to the different challen- dances while my colleagues who had taken part in ges involved, both in cultural and linguistic terms. my courses applied some of the less complicated ones I never felt a stranger anywhere. Consequently, I in their music classes in Primary and Secondary had no problems to adapt myself to life and work in schools. For most of them the material had been Spain, accepting that the character of Mediterra- unknown and the didactic process was new. nean people is different but working hard to improve certain aspects like organization, lack of formality If possible, my Spanish experience has deepened or punctuality. The language I learnt as I went my respect for traditional music and dance of any along, slowly but surely. culture, and this respect I am trying to convey to my students and fellow teachers. I started to give workshops in 1982 and moved here permanently in 1991. From the beginning, I felt Verena Maschat, studied at the Orff Institute Salz- my work in teacher training as a mutual burg. Setted up and directed a school of enrichment. To teach at the Dance Music in Malta. Assistant Professor at the Conservatory Madrid (Educational/ Orff-Institute. Since 2003 in charge of the area “Educational Dance” in the Dance Creative Dance) I had to apply for Pedagogy programme at the Royal state recognition of my teaching Conservatory of Dance in Madrid. diploma from the Institute. My con- Award 2006 of the Carl Orff Foundation. tinuous collaboration with the Orff International lectures and publications Schulwerk Association Spain since its foundation in 1996 has been enriched by the intercultural exchange with many Kurzportraits 75 Brief Portraits

Säulen im Hintergrund

ANGELIKA PANAGOPOULOS-SLAVIK

„… also bist du nicht wegen einem Mann nach Tanzes sowie der Musik ist die Improvisation. Griechenland gegangen?“ „Nein, wegen einer In meinem Unterricht hatten auch die Selbst- Frau! Und als Gastarbeiterin!“ bauinstrumente stets einen festen Platz. 1986 Im Winter 1980/81 folgte ich einer Einladung von wurde an der Moraitis-Schule in Zusammenar- Polyxene Mathey (1902–98) an ihrer Privatschule, beit mit dem Orff-Schulwerk Forum unter dem an anderere Schulen sowie an der an der Staatli- Patronat von Dr. HermannRegner ein profes- chen Schule für Tanz Elementare Musik und Tanz sioneller Fortbildungslehrgang für Elementare zu unterrichten. Innovationen im pädagogischen Musik- und Tanzpädagogik eingerichtet, den ich und kulturellen Bereich wurden in den 1980er bis 1990 leitete und an dem ich bis heute mitwirke. Jahren in Griechenland in erster Linie von pri- Aus dessen Absolventen entstand später ESMA, vaten Institutionen angeregt und durchgeführt. die griechische Orff-Schulwerk Gesellschaft. Frau Mathey, die unter anderem an der Günther- Erschwerend war und ist immer noch das Fehlen schule in München studiert hatte, erweckte von Fachliteratur in der Arbeit mit Studierenden. schon vor dem Zweiten Weltkrieg das Inter- Lehranleitungen und Materialien müssen an esse für das Orff-Schulwerk in ihrer Heimat. die griechische Kultur angepasst und erarbei- Der aufregendste Teil meines Sprunges in die tet werden. Gemeinsam mit Polyxene Mathey Fremde war die Begegnung mit der unbekannten durfte ich eine Veröffentlichung herausgeben Sprache, da ich ausschließlich mit griechischen (P. Mathey / A. Panagopoulos-Slavik: Rrro … Kindern und Studenten arbeitete und zunächst A supplement to Music for Children. 1993, Schott). kein Griechisch konnte. Da half alles, was wir Die Unterrichtsbedingungen sind an privaten am Orff-Institut zum Thema Imitation und non- Institutionen sehr anders als an staatlichen: die verbale Kommunikation gelernt hatten, und den- Musiklehrer haben oft keinen eigenen Musik- noch war das Sprachlos-Sein oftmals eine schier raum und ziehen mit einer Tasche voll Instru- unüberwindliche Hürde. Die griechische Kultur menten und CD-Spieler von Klasse zu Klasse. faszinierte mich durch ihre Rhythmen, die so Für mich war es nicht leicht, in meiner neuen anders klingenden Melodien, durch Instrumente Heimat fachlich aufzutanken und an Fortbildun- und Tänze. Mathey, meine Mentorin war immer gen zum Berufsfeld teilzunehmen; oft musste bereit, Details zu erklären, auch andere hervorra- ich nach Mitteleuropa zurückkehren um so den gende Lehrer wie L. Drandakis, Z.Nikoloudi, M. Anschluss an die Entwicklungen nicht zu Klapakis halfen mir Zugang zu finden. verlieren. In tradierter Musik und im Volks- tanz Griechenlands gibt es viele Angelika Panagopoulos-Sla- Parallelen zum Orff-Schulwerk: vik Nach dem A-Studium am Bordun und ostinate Schemata Orff-Institut 1975–79 begann zur Melodiebegleitung, rhyth- sie 1980 ihre Lehrtätigkeit in Griechenland: Kindergärten, mische Ostinati, einfache Me- Grundschulen, Musikschulen, lodieinstrumente wie Hirten- Musikgymnasium, Instrumenten- flöte, Rhythmusinstrumente museum, bei Lehrerfortbildungen zur Begleitung (Doppelfell- und Kursen. Mitarbeit beim Aufbau trommel, große Handtrommel, des Fortbildungslehrgangs an der Toumbeleki, Schellentrommel, Moraitis-Schule / Athen, 1986–90 Fingerzimbeln, Holzlöffel). dessen Leiterin. Wichtiger Bestandteil des Publikationen 76 Publications

Aus aller Welt From around the world

Interculturality in Music and Dance Pedagogy at International Schools?

There is a large number of so-called "Foreign Schools" and 'International Schools' all over the world – some private and some run by the state. We were interested to know whether music (and dance) lessons in such schools particularly offered intercultural approaches. We asked colleagues who teach at international schools in Eygpt, Argentinia, , Palistine, Switzerland, Spain and the Czech Republik to report on their work and to answer a few questions.

Participants: Barbara Haselbach, ORFF-SCHULWERK HEUTE (OSH) Alfonso Alvarez, Dear Colleagues, Colegio Suizo de Madrid (CSM) In connection with the main theme of this issue María Cristina Castro, we are interested to learn from you – as you Pestalozzi Schule (PSBA) are all specialists in this area – what role inter- Carla Grosso, culturality plays in music and dance pedagogy Scuola Italiana Cristoforo Colombo at international schools. May I first ask you to Buenos Aires (SICC) introduce yourself and your school briefly. Jarka Kotu° lková, International School Praque (ISP) Alfonso Alvarez, Karl Kronthaler, Colegio Suizo de Madrid (CSM) Deutsche Schule Rom (DSR), I have been a music teacher at the Swiss School Deutsche Schule Alexandria, (DSBA), of Madrid since 2003, teaching classes from 2 to Schmidtschule Jerusalem (SSJ) 10 years old. CSM is a German-Spanish bilingual Maria Voicu, school. The three pillars of education are academic, International School Basel (ISB) social and personal competence, all in a familiar Barbara Haselbach, and friendly atmosphere, where we cultivate tole- Orff-Schulwerk Heute (OSH) rance and mutual respect. At CSM, students are mostly of Spanish nationality (50 %), followed by Swiss (25 %) and Germans, Austrians and other nationalities (25 %). Most subjects are taught in German, but there are also classes in Spanish. English is taught from class 5 and French from class 8. Aus aller Welt 77 From around the world

Maria Voicu, and only a few are Germans residing for a limited International School Basel (ISB) time in (children of diplomatic staff or of I began my teaching career as an Elementary Music German teachers who work in the school). Teacher at the American International School of Bucharest and ended up accepting a position at the Carla Grosso, International School Basel, Switzerland ten years Escuela Cristoforo Colombo, Buenos Aires ago. At ISB, I teach music to students ages 3–12. (ECCBA) Students from over 50 countries bring a wealth of The Cristoforo Colombo School, founded in 1952, languages, cultures and educational experiences to is a bicultural Italo-Argentine institution where, the school, which makes it a unique institution in apart from Italian and Spanish, English is taught Basel. The language of instruction is English. as a main language. It offers all levels, preschool, In my years of teaching, I’ve produced numerous primary, secondary and Lyceum. The managing performances and concerts, as well as directed and administrative body of the school is the Italian choreographies and prepared students for a number Cultural Association Cristoforo Colombo, a civil of musicals. I implemented curriculum and inno- non-profit organization. Its student population are vation, organized and participated in youth music Italo-Argentine families and some Italian families festivals and shared my passion for the Orff appro- living in the country. ach to music education by offering a workshop as part of the Primary Music Teachers Conference in Karl Kronthaler (DSBA, DSR, SSJ) Switzerland. After teaching at a Lyzeum and the Musikhoch- schule in Würzburg, Germany I became a music Jarka Kotu° lková, teacher at the following German schools in foreign International School Prague (ISP) countries: Since 2010 I have been working as an Elemental Deutsche Schule Rom (1991–1999), Deutsche Schule School Music specialist (students of the age between der Borromäerinnen Alexandria (2002–2010) and 3 and 7 years) at the International School Prague, Deutsche Schule (Schmidtschule) Jerusalem after 30 years of experience in the Czech Music (2010–2013). education system. ISP provides education in Eng- At the school in Egypt, I was also responsible for lish. The 60 nationalities of students and teachers „Coordination of Intercultural Exchange between generate a highly intercultural environment. Egypt and Germany“. In Jerusalem besides my work We perform once or twice during the year for the at the German school, I also teach correpetition and Elementary School audience (500 students). Once a choral conducting at the Al quds University year I do a demonstration class for parents. During In one third of the students were German, one a student led session, children show their parents third Italian and the rest binational. In Alexandria what they have experienced in their lessons. and Jerusalem most of the students with few excep- tions were from the country. Maria Cristina Castro, In my endeavours, a broadly set up systematic Escuela Pestalozzi, Buenos Aires (EPBA) singing training stood in the foreground next to the The Pestalozzi School was founded in 1934 as a bi- theoretically bound instruction that ended in single cultural educational institution. It is administered cases with a university entrance diploma. This was by the Cultural Association Pestalozzi, a non-profit not dependent on a curriculum but represented my civil organization. Its educational project includes personally invested teaching concept. the intensive teaching of two foreign languages (German as bilingual education and English) on In connection with this: three levels, preschool, primary and secondary. Daily volunteer singing of those choir members The majority of students are Argentinians. Some during school recesses; selection of the strongest come from German families based in the country singers for a chamber choir; individual furthering

Karl Kronthaler crucial point? crucial work a Isyour intercultural school represents? that land the or country host the of curriculum The teach? you do curriculum which to According HaselbachBarbara (OSH) the European culture. to relationships personal lasting and found versities – at theEuropean exchanges by excited been uni –having later studied Many of choir my members and Weimar. Reichenhall Bad Istanbul, Athens, in Rome, schools led to other secondary programs Choir tours and exchange in their country. music with acareer Arabian or made pop or have houses in European today sing opera still Afew contests. song international and national in prize-winners were contest. Many students of my or ensemble solo existing an for preparation goal-oriented and

Carla Grosso Aus aller Welt aller Aus Jarka Kotu° lková -

Maria Cristina Castro 78 main mission of the school. main mission in the based is and the tolerancecial and respect cru work is monthly. intecutural lessons The music 6–7 PK3 to G5 attend children from All personality. the whole can Education develop and Dance Music School of ISP that Elemental believes Elementary in the education child-centred The Czech system. from the different very is of the vision realization but the practical documents, state educational the Czech official from in only details vary may of ISP vision of the proclamation educational The programme. curiccular their create own Teachers department of the music Baccalaureate (IB) in G11, diploma programme 12. the and CollegesSchools and offers International of and theEngland New Schools Association tional the Council of accredited by Interna school is Our Jarka Kotu Jarka

From around the world the From around ° lková (ISP)

Alfonso Alvarez

Barbara Haselbach

- - Maria Voicu Aus aller Welt 79 From around the world

Alfonso Alvarez (CSM) Maria Cristina Castro (EPBA) The curriculum structure of the CSM responds to The music programme is the one of the official cur- the Swiss. Once studies are completed students have riculum of the Republic of Argentina. The repertoire access to the Swiss Maturity Tests which enables includes songs in all three languages, especially for direct access to Swiss universities. This maturity language practice. test also allows access to Spanish and international universities. Barbara Haselbach (OSH) The Spanish curriculum focusses more on academic What possibilities do you have for an inter- learning while the CSM model seeks for a holistic cultural set-up as to choice of material and diver- education of the student where academic compe- sity of methods? Do you have support from the tition harmonizes with social and personal compe- head teacher? How important are wishes from tences. This method encourages students to develop parents or students?. independent thinking. The intercultural learning is part of the ideology Carla Grosso (CCSBA) and of the CSM. The confluence of the Swiss education Maria Cristina Castro (PSBA) project with the Spanish culture shows the idea in In both our institutions, there is academic freedom. which the project is developed. Children learn by The music teachers give their classes following playing and experimenting – in the whole group, their individual criteria, but with a similar didactic in small groups or in pairs – they learn from each approach to that of their colleagues. other and they learn to organize themselves and to assume responsibilities. Karl Kronthaler (DSBA, DSR, SSJ) My working concept, which started already in Karl Kronthaler (DSBA, DSR, SSJ) Rome and developed further in Egypt and Pales- In the German ‘Exchange Schools Abroad’, classes in tine, needed to be accepted by head teachers and the German departments are fundamentally taught colleagues. Especially rehearsing during the breaks according to German curricula. In the departments was a struggle with every change of the director. of the host countries, they are taught according to Given that parents and students accepted my con- the host country’s curricula. All students are con- cept, all the head teachers had to give in and finally fronted with both educational systems. were proud of the success of their students. In the non-exchange schools (for example Schmidt School in Jerusalem) the German curriculum is ex- Alfons Alvarez (CSM) tended by a professional commission with contents Within the teaching of music, we look for the pre- relevant to the country. In comparison: German sence of the signs of German-Swiss cultural identity curricula contain approximately the same weight through the German language, songs, dances and of theoretical and practical learning goals. In Italy rhymes of this traditional cultural environment. and Egypt practical music-making – practicing Naturally, we also look for the presence of music solfeggio – during lessons is scarcely provided. This and dances of the world. is left up to the conservatories there or to private Fortunately, I have the possibility of organizing my initiatives. own work plan and choose materials myself. In this In Palestine it’s just the opposite: Music classes are regard, I maintain an intense and constant search limited to singing local and mostly patriotic songs for world music materials and adapt them to my within the subject of regional studies and are not teaching system based on Orff Schulwerk. relevant for examinations. Music classes are usually In the CSM we give great importance to work on taught by non-specialists. projects. These projects of music, theater and dance where tutors and several specialists are involved are a hallmark of the CSM. Aus aller Welt 80 From around the world

The head teacher usually supports the projects that Barbara Haselbach (OSH) I propose. That is important since the projects imply What role does elemental music and dance significant challenges for both students and for the pedagogy according to Orff Schulwerk play in whole school and require special logistics. your teaching? I also try to be open to suggestions from students and on many occasions we work with materials they Maria Cristina Castro (EPBA) propose. Of course, the opinion of parents is always Given the nature of the training of the music teachers important and taken into account. at the Pestalozzi as well as the Cristoforo Colombo school, the Orff-Schulwerk plays an essential role in Maria Voicu (ISB) our teaching, which is reflected in the interest and ISB is authorized to offer the official International enjoyment the students show in each class. Baccalaureate (IB) programme. The arts are an important area in the Primary Years Programme Jarka Kotu° lková (ISP) (PYP). The PYP framework for music promotes Being allowed to create my own programme and creativity and imagination and links the process of choose appropriate material, I often ask Orff friends learning that is inquiry-driven to other disciplines. from all over the world for help in finding authentic Creating and composing, performing, notation, materials. They help, they answer, they share, they listening and appreciation are the main contents of visit to see my work – all that is an intercultural my music teaching. experience in itself! Music enables students, especially students who In my elementary school curriculum all aspects of come into our school with little to no English, to OS are included (singing, movement, dance, speech, communicate in powerful ways that go beyond games, instruments). Luckily I have a large space for their spoken language ability. Through our units, my creative work. we expose students to music and dances from va- As many children spend 1 to 4 years with me, I am rious cultures, allowing them to make personal trying to open for them the Czech culture through connections to different culture. songs, rhymes, children games, fairy tales and Czech Through music, students hear patterns and de- dances. On the other hand, Mother Goose of Old velop a sense of rhythm, which applies to language, England gives me and the children the chance to through songs and rhymes. This can be especially create our own music and movement patterns for important when learning a new language. English rhymes. Both our administrators and the parent community All editions of English speaking “Music for children” are supportive of our programme; we offer plenty are for me the basic sources of materials. The US of opportunities throughout the year for children to edition of “Music Making” text books, teachers’ show their learning in music. For some of our stu- books and CD collection are also of high importance dents they represent the highlight of their academic to me. I found there a lot of inspiration and music of year. different cultures.

Jarka Kotu° lková (ISP) Maria Voicu (ISB) I am free to choose materials and to prepare all year In the Primary Years Program (PYP), learning lessons according to my own goals and plans. The is driven by inquiry. In a very similar way, the social dimension of Orff Schulwerk (OS) is naturally Orff-Schulwerk approach to music and movement included in the world of ISP. Partnership, the open- education builds new skills on prior knowledge by ness of the school towards parents and guests, res- entering the world of play, chant and movement that pect and tolerance are for me the great differences is so familiar to every child. to the Czech system. The same I could say about the Our music classrooms are equipped with many Orff school’s and parents’ appreciation and valuation of instruments. The Orff approach naturally fosters the teachers’ work. musical creativity and independence and highlights Aus aller Welt 81 From around the world

individual student’s success; these attributes perfec- Alfonso Alvarez (CSM) tly blend into the PYP framework which provides The work environment at CSM is markedly multi- students with opportunities to be actively involved cultural. This is a very enriching characteristic of in creating and performing as well as to reflect upon our school, and not usually seen in schools in Spain. their work and the work of others Different languages coexist: Spanish, Swiss-Ger- man, High German, English, French, Portuguese, Karl Kronthaler (DSBA, DSR, SSJ) Dutch, Russian, etc. The special accent given to singing in classes per- We, both children and teachers, learn from other mits a relative high level –even in learning of theo- cultures everyday by telling about traditions from retical basic skills. Thus I have tried by example our families, by sharing games from our countries, in the middle and upper levels, to make the work etc. This is an important added value to the con- in question an experience through singing with an ventional education, and also contributes to main- examination of the score. taining open-minded students. Dance and Orff-Schulwerk, even in the lower levels, In summary, the possibility of coexistence among play a rather secondary role in my teaching because a great variety of nationalities offers interesting of a lack of fundamental knowledge. opportunities to develop intercultural work in the field of music. Alfonso Alvarez (CSM) I started to work at CSM after finishing my studies Jarka Kotu° lková (ISP) at the Orff Institute in Salzburg, and, from the The English speaking environment as well as the beginning, Orff Schulwerk ideas have been the focus friendly help of English native speakers pushed me of my teaching practice. Initially I used the models to translate songs of Pavel Jurkovic into English (they learned at the Orff Institute. Then, over time, I could exist already in German, Hungarian and Russian) develop my own projection of OS in the classroom. as they are becoming popular not only in ISP. I am lucky to have the chance to use and develop all I appreciate the initiative of other colleagues to my learning at the Orff Institute in a school where cooperate with me in projects. For instance, the this approach is highly valued, and where I can con- production of “Making Music Instruments” with tribute my own ideas and projects. 6 year olds. The aim of the project was to show what children could produce together; how they could Barbara Haselbach (OSH) plan and execute their ideas; how a little surprise Would you like to add some personal thoughts could make each other happy; to understand the be- about the intercultural approach to your nefits of such activities and finally to enjoy a great teaching? moment of making music on “their” instruments together. When at the end I suggested some rhymes, Carla Grosso (CCSBA) the children created movement, and the whole group The pedagogical project is enriched by the ampli- did a composition together. tude of the Orff process, which permits addressing I also initiated and realized the local Czech commu- multiple cultures in accordance with the objecti- nity programme. We performed in the local Home ves of the institution. Besides, immigration comes for Elderly People. We also have an exchange pro- mainly from Spanish speaking countries with simi- gramme with a Czech Kindergarten which is direc- lar cultural characteristics, so integration is not a ted by a member of the Czech Orff Society. major problem. And the numerous children from Asian countries try to learn Spanish and assimilate Karl Kronthaler (DSBA, DSR, SSJ) the local culture as quickly as possible. The endeavour for interculturality was always in the foreground of my teaching.The basis for the realisa- tion of intercultural projects which on the whole I found satisfying, was my work with choirs. In Rome Aus aller Welt 82 From around the world

and Alexandria there existed the so called “choir Deutschland exchange” with other schools from abroad as well as numerous participations at music competitions for young people, The invitation to a Festival of the Neue Geschäftsführung “West-Östlicher Divan”, to concerts in Weimar and Im September 2015 habe ich die Geschäftsfüh- Eisenach and to the opening of the football world rung der Orff-Schulwerk Gesellschaft Deutsch- cup in Munich 2006 were highlights. land e. V. von Ella Marksteiner übernommen. In Jerusalem my aim was to bring Israeli and Pales- Die Orff-Schulwerkgesellschaft kenne ich seit tinians together through music. Unfortunately this meinem 8. Lebensjahr, denn ich habe als Kind endeavour was often interrupted by the politics of schon regelmäßig den Familienkurs besucht. the day. However there were still highlights touring „Die fürchterlichen Fünf“ – das war mein erstes with my Palestinian youth choir to Italy and Ger- Projekt, und ich kann mich heute immer noch many (the later with the Israeli clarinettist Giora lebhaft daran erinnern. Seither gibt es kein Jahr, Feidmann and the State Orchestra Kassel). in dem ich die Karwoche nicht in Hammel-, Frede- oder Walden- Maria Voicu (ISB) burg verbracht habe I like giving my students lots of opportunities to – erst bei den Kin- play instruments (Orff ensembles as well as guitars, dern, dann bei den ukulele or recorders). There aren’t many occasions Teenies, dann als later in their lives where they can sit down and make Assistentin und music together or just have a go at a new instrument schließlich, nach and enjoy playing music as part of a group. In my meinem Bachelor- class, it does not matter what language my students Studium am Orff- speak, or what country they come from. We all get Institut in Salzburg, together and play music. Students that struggle als Dozentin. in other disciplines or socially (due to the lack of Künstlerisch bin ich English language) have the opportunity to feel suc- in der Alten und Neuen Musik zu Hause. Neben cessful in my music class. Music is the beginning of der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik the process of making friends, creating a community habe ich bei Dorothee Oberlinger Blockflöte and working as a team without necessarily speaking studiert und setze mein Studium z. Zt in Wien the same language. bei Carsten Eckert fort. Gerade in der heute zu- I have many students with no English in my choirs, nehmend digitalisierten Welt sind Methoden, they are happy to come and sing because they know die den Menschen in seiner Ganzheit erfassen, that the songs will be in different languages (French, von größter Bedeutung. Die Orff-Schulwerkge- Japanese, Hebrew, German or Spanish). They feel sellschaft leistet hier einen wichtigen Beitrag. encouraged to come as they know we will all go Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, die Ak- through the same learning process. tualität unseres pädagogischen Ansatzes nach My students are teachers when we’re learning new außen zu transportieren und besonders junge repertoire - they will help me with the pronuncia- Nachwuchspädagoginnen und -pädagogen auf tion of a song, or tell me some significant knowledge unser Fortbildungsprogramm aufmerksam zu about the music of their home country, or a tradi- machen. Zu diesem Zweck haben wir die Home- tional instrument. The beauty of an international page aktualisiert und für die modernen Kom- school and intercultural work is that while teaching munikationsmedien kompatibel gemacht. Ich you learn so much from your students. freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Orff-Schulwerkgesellschaft im In- und Ausland. Annabell Opelt Aus aller Welt 83 From around the world

China to carry out the the first Orff-Schulwerk (OSW) teacher training course which was sponsored by the COF and held in Beijing on August 15th to 25th, Orff-Schulwerk in China. 1988 with more than 400 participates. Prof. Regner Prof. Wolfgang Hartmann’s work had clearly realized that promoting Orff-Schulwerk and contribution (OSW) in China needed experts with theoretical foundation and practice experience. In the course, Since the Orff-Schulwerk was introduced to China in the demonstration turned over the traditional tea- the 1980s, the idea of “Elementare Musik und Tanz” ching ideas then in China. Prof. Yong Dunquan, the (Elemental Music and Dance) has influenced tens of current Head of Music Education Department in thousands of music educators at an amazing speed Sichuan Conservatory of Music (SHCM) recalled: in the recent 30 years. One of the pioneers, Prof. Wolfgang Hartmann, has brought the concept and “For some political reasons in China, we were still practice of Orff- Schulwerk to China and has spared on an exploration stage of music education in the no effort to promote the rapid development of Chi- 1980s. It was a difficult time, we had big problems in the teaching approaches. When Prof. Hartmann nese music education. He trained numerous music led us to sing and dance together, I felt more than educators, and helped two major conservatories to happy, I laughed like a child. I clearly realized the build their music pedagogy curriculum: Shanghai power of music, it helps everybody to realize the Conservatory of Music and Central Conservatory of beauty of life.” (August 4, 2015) Music in Beijing. Some teachers felt confused about what Prof. Hart- Prof. Hartmann’s first visit to China in 1980s mann had done, however the other teachers thought they obtained happiness. They started to consider where music comes from and what the aim of music education is. Hartmann introduced the barred inst- ruments which was a great shock to the participants. Prof. Ying Youqin, the Head of Musical Instruments Museum of SHCM recalled:

“I was deeply ashamed as an expert of Chinese traditional musical instruments. I have studied Chinese instruments for a long time, but I never thought about letting our children play them in the classroom. Chinese traditional musical instruments cannot be persevered only by musicians. When I saw Prof. Hartmann introducing xylophones, I was cheered up.” (September 20, 2015)

Courses during 1995 to 2005 Undoubtedly, OSW flourished most in China from the 1990s. Prof. Hartmann frequently held workshops and training courses in Beijing, Shanghai, and Hangz- hou. In 1998, Shanghai Conservatory of Music invited In 1988, Prof. Hermann Regner, the director of the Prof. Hartmann to start an OSW training course. Orff-Institute and the President of the Carl Orff Prof. Jiang Mingdun, the former president of SHCM Foundation (COF) designated Prof. Hartmann to- recalled: gether with Manuela Widmer and Peter Cubasch Aus aller Welt 84 From around the world

“The Shanghai Conservatory of Music was Orff-Schulwerk activities in the new century established in 1927. For some political reasons, the At the beginning of the 21st century, all the con- conservatory suspended the establishment of a music education department until 1997. Therefore, servatories of music and the normal universities in we invited Prof. Hartmann to give a 2-week OSW China have offered OSW as a main course in music training for the freshmen.” (Sep. 13, 2015) education departments. Most have Orff lessons for children in the big cities of China. Since 1998, Prof. Hartmann comes to China at least once a year, teaching students, participating in cur- riculum building as well as in the young teachers training project of Shanghai Government. Over the years, over 500 music teachers have attended and admired Prof. Hartmann’s work.

Having witnessed the development of OSW in China over the past three decades, Hartmann felt grati- fied, but worried at the same time. In 2010, at the international conference of OSW Week held by the Prof. Wolfgang Hartmann in Beijing in 1995 SHCM, Prof. Hartmann said:

SHCM signed a 4-year agreement with the Carl Orff “The basic ideas of the Orff-Schulwerk are timeless Foundation. On March 24th, 1998, Prof. He LvTing, and do not depend on trends. Elemental Music and the late celebrated Chinese composer and former Dance Pedagogy aims for the development of the President of SHCM, met Prof. Hartmann. In the whole personality, therefore it combines general educational goals with aesthetic and musical ones.” meeting, Prof. Hartmann said:

“The Orff Foundation is very interested in the Chen Rong, Music Education Department, cooperation with the Shanghai Conservatory of Shanghai Conservatory of Music Music. Our joint efforts want to sustain the essence of Orff-Schulwerk and to connect it with the Chinese culture. Only if the teachers are successful in this task will Orff-Schulwerk have a future in China.“ Three 2-week OSW training courses started at the Central Conservatory of Music (CCOM) in Beijing from 2002 to 2004. Three teachers from the Orff Institute taught there: Wolfgang Hartmann, Manu- ela Widmer and Andrea Ostertag. Prof. Hartmann taught there every year, he is loved by all the stu- dents for his sense of humour and professional music performance. The students friendly called him “刚刚” (GANG GANG). In this decade, the OSW took root in China and, to a great part, it was a result of Wolfgang Hartmann’s work.

Prof. Wolfgang Hartmann in SHCM in 1998. Left 1 (up): Prof. Wang Shaohua, left 2: Prof. Wolfgang Hartmann, middle: Prof. Liao Naixiong; right 2: Prof. Jiang Mingdun Aus aller Welt 85 From around the world

Peru Prozession zu Ehren der Virgen Asunta wird fünf Tage lang getanzt. In allen Gassen und auf den Plätzen sind Tänzerinnen und Tänzer in bunten Eine Studienreise nach Peru Kostümen und Masken zu sehen. Alle Tänze erzählen Geschichten über das Dorf, über die Zentrum Apulaya in Calca Besiedlung der Spanier, aber auch ältere Mythen Im Sommer 2014 führte mich eine Reise nach und Geschichten, etwa über den „Ukuku“, der Peru. Apulaya nennt sich das Zentrum für andine aus der Inkatradition kommt und den „oso“ (Bär) Kunst und Kultur in Calca. Ich hatte es im In- darstellt und sich mit der Kraft des Berges „Apu ternet 1 entdeckt und das Angebot spannend Quyllur Ritty“ verbindet. Ich hatte das Vergnü- gefunden, das versprach, die Tradition der dort gen, mit einem Tänzer am letzten Abend zu lebenden Menschen („Indios“ hören sie nicht tanzen. Nach fünf Tagen Dauerhüpfschritt war gerne) nachzuempfinden.Apulaya liegt am Fuße ihm die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben. des „Pitu Sirai“, eines markanten Berges, um den Tanzen bedeutet Opfer, Danksagung an Pacha- sich das „Valle sagrado“, das heilige Tal, herum- mama, Zurückgeben von Erhaltenem in Form schlängelt. Folgt man dem Tal abwärts, gelangt von Energie. Das ist die Reziprozität. man nach Machu Pichu.

Am Dorfende von Calca haben sich Emerita und Valerio in einem zauberhaften Garten ein klei- nes Paradies aufgebaut. Im Seminarhaus wird unten Musik unterrichtet, oben bildende Kunst. Die Familie lebt ihre Traditionen und nimmt sie ernst. Quechua, die Sprache der Indios dieser Gegend, sprechen sie untereinander, sie wird auch gelehrt. Mamacha Apolonia, Valerios Mutter, unterrichtet die Gäste in traditioneller Webkunst, der Vater Modesto ist für die Land- wirtschaft zuständig, für die Schafe sowie für die Rituale in der Familie. Danksagungen rich- tet man an „Pachamama“, die Mutter Erde, die Grundprinzipien der Andinen Kultur Bitte um Schutz an die „Apus“, die Berge. Der erste Schluck eines Getränkes wird Pachamama Reziprozität geopfert, über die Speisen bläst man symbolisch Um Pachamama dreht sich alles, sie ist heilig, in drei Richtungen. Zu Saat und Ernte spielt göttlich. Die Inkas sind bekannt für ihre ex- Valerio Flöte, in der Trockenzeit die Zampoña tensive Landwirtschaft. Sie haben nicht nur (Panflöte), in der Regenzeit Pinkillu, Quena Nahrung zum Essen angebaut, sondern auch oder Tarka (verschiedene Flötentypen). Ein- Forschungen betrieben. In den kalten Anden fache Trommelrhythmen begleiten die Musik, haben sie entdeckt wie man Mikroklimen der Grundschlag der Melodie wird meist mitge- nutzen und mit ausgeklügelten Bewässerungs- spielt. Die Melodien basieren auf der Naturton- systemen eine reichhaltige Vielfalt an Pflanzen leiter, häufig sind sie pentatonisch. züchten kann. Noch heute gibt es über 1000 Sorten Kartoffeln und viele Getreidearten, die Um den 15. August herum verwandelt sich das auch bei uns in den letzten Jahrzehnten be- Dorf in ein einziges großes Festgelage. Nach der kannt geworden sind (z. B. Quinoa, Amarant). Außer zum Essen wurden Lebensmittel aber 1 www.apulaya.com auch für Rituale und als Grabbeigaben verwen- Aus aller Welt 86 From around the world

det. Von Pachamama erhalten die Menschen alles, was sie materiell zum Leben brauchen: Kleidung, Essen, Wohnraum. Dafür sind sie angehalten, ihr zu danken. Reziprozität ist ein Grundprinzip der Andinen Kultur: Weil man selbst beschenkt wird, gibt man auch wieder zurück, was man erhalten hat. Jeder Mensch soll Respekt zeigen und Opfergaben geben. Aber nicht nur Pachamama sondern auch den Bergen, dem Wasser, der Sonne und den Mit- menschen wird gedankt. Energie geben und sich einbringen heißt auf Quechuan „Mita“, die Steuern „Minka“ und die Reziprozität, das Das Bild oben zeigt einen „Silbados“, ein Dop- Zurückbekommen „Ayni“. pelgefäß, das mit Wasser gefüllt wird und auch wie eine Okarina klingen kann. Die Dualität Musik und Tanz sind ebenfalls Opfergaben. wird hier gleich mehrfach dargestellt: Durch Wenn auf der Zampoña ein Ton gespielt, wird die beiden Gefäßteile und Vogel und Hufe, die so wird er mit einem kleinen Crescendo, mit Himmel und Erde bedeuten. Instrumente dieser Nachdruck geblasen, damit ist das Zurückgeben Art werden zur Nachahmung der Tierstimmen der Energie angedeutet. So ist das Musizieren auf der Jagd, aber auch im Rahmen von Ritualen und Tanzen auf ganz andere Füße gestellt, als verwendet. Tiere gelten als Symbole ihres Welt- in unserer Welt künstlerischer Darstellungen. bildes. Steht der Puma für die präsente Welt, Beim Musizieren eines traditionell orientierten in der wir jetzt gerade leben, so repräsentiert andinen Musikers geht es niemals um Selbst- die Schlange die Unterwelt und der Kondor die darstellung und Virtuosität, sondern um eine Überwelt, die geistige Welt. Alle drei Welten Opfergabe an den Ursprung des Lebens. existieren parallel. Durch das Nachahmen der Tierklänge verbinden sich die Menschen mit Dualität diesen Parallelwelten. Ein weiteres Grundprinzip ist die Dualität. Von jedem Lebewesen und Gegenstand gibt es einen Nachgedanken Schatten, Energie, die uns am Leben hält und Ich sehe es als Geschenk an, dass ich einer gesund macht und uns wie einen Bruder beglei- Kultur so nahe kommen durfte, so viel Wissen tet. Die Natur fängt diese Energie auf. Die Dua- und praktische Erfahrung sammeln konnte. lität findet sich auch in der Musik wieder. Zum Das besondere für mich war zu erleben und zu einen sind die unterschiedlichen Klänge, also verstehen, wie sehr Musik und Tanz mit den die Instrumente in Peru den zwei Jahreszeiten Grundsätzen der andinen Kultur verwoben sind zugeordnet. Darüber hinaus werden Melodien und wie Bewegung, Klang und Spiel diese aus- auf zwei Teile einer Zampoña aufgeteilt. Jeder drücken. Teil der Zampoña hat nur ein paar Töne der pen- tatonischen Leiter. „Ira“ (weiblich) und „Arca“ Im Nachdenken darüber, ob und wie ich diese (männlich). Ursprünglich werden die Melodien Erfahrungen und musikalisch-tänzerischen In- dann von zwei Spielern abwechselnd gespielt. halte in meine pädagogische Tätigkeit einbrin- Die Melodie wandert zwischen den Spielern hin gen könnte, habe ich festgestellt, dass ich genau und her. In der modernen, auf den traditionellen diese Musik, diese Tänze ungern an meine Stu- Melodien basierenden Musik sind die Flötenteile dierenden weitergeben möchte. Das mag zum übereinander angeordnet und jeder Spieler hat einen an den traurig anmutenden Melodien alle Töne zur Verfügung. oder dem vorherrschenden Liedthema „Liebes- Aus aller Welt 87 From around the world

kummer“ liegen. Aber das ist wohl nicht der tiefere Grund. Vielmehr ist der Respekt für die Gesamtheit dieser Kultur bei mir so gewachsen, dass ich Musik und Tanz ungern aus dem Zu- sammenhang lösen möchte. Keine Situation in meiner Unterrichtstätigkeit ist rein und heilig genug, um dieser Kultur gerecht zu werden. Jede Musikstunde bei uns ist nur ein Spiel. In Peru aber meinen die Menschen es ernst, Musi- zieren und Tanzen sind Teil ihrer Religion, ihres spirituellen Lebens. Ich habe den Eindruck, dass ich weit weg von der eindrucksvollen Landschaft Katrin Rohlfs, und ihrer Atmosphäre der Kultur ihrer Men- Studium der Musik- und Bewegungspädagogik am schen nicht gerecht werden könnte. Orff-Institut, Universität Mozarteum, Salzburg. Lehrt an der Fachakademie für Sozialpädagogik in In meiner pädagogischen Tätigkeit – und ich München und an der Hochschule in Regensburg. denke, meine Kolleginnen und Kollegen prakti- Freiberufliche Kinder- und Jugendarbeit. Fort- und zieren das ebenso – kommen jede Menge Lieder Weiterbildung für Erzieherinnen. Instrumental- und Tänze anderer Kulturkreise vor. Warum pädagogin, aktive Mitarbeit in der Orff-Schulwerk lässt sich eine russische Troika so viel leichter Gesellschaft Deutschland. Clownin mit Auftritten vermitteln, als ein andiner Tanz? Ich denke, es bei unterschiedlichsten Zielgruppen. liegt daran, dass ich über die anderen Lieder und Tänze und ihre Einbettung in ihre jewei- lige Kultur noch viel weniger Bescheid weiß, als über das umfassende Thema „andine Musik“! Um ganz ehrlich zu sein: Wie oft spielen wir im Portugal Unterricht „Reise durch die Welt“, ohne genau zu wissen, was für Tiefen wir anrühren und welche Zusammenhänge wir (nicht!) ansprechen? New publikations about Und ich frage mich, mit welcher Berechtigung Orff-Schulwerk dürfen wir uns der Elemente fremder Kulturen bedienen? Wen sollen wir um Erlaubnis fragen? Orff Schulwerk in Portugal has a long history. Seit meinen Erfahrungen in Peru bin ich in der A book about it was presented by António Vas- Auswahl von Unterrichtsmaterial aus anderen concelos, president of the Associação Portuguesa Kulturen sehr viel vorsichtiger geworden, ganz de Educação Musical (ISME Portugal) on March besonders, wenn es sich um sakrale Musik han- 5, 2016, completing an “Orff Day” at the Univer- delt. Dennoch bin ich überzeugt, dass wir über sity of Aveiro with workshops by João Cunha and Musik Empathie, Sympathie und Verständnis Verena Maschat: ”Abordagem Orff-Schulwerk. für etwas Fremdes entwickeln können. Wenn História, Filosofia e Princípios Pedagógicos“bUni- ich zu Menschen anderer Kulturen hingehe, versidade de Aveiro, 2015. Interesse bekunde, respektvoll Fragen stelle, aufmerksam zuhöre und mich in die lernende Its content is the first part of the thesis of João Position begebe, kann ich einen Kulturaustausch Cristiano Rodrigues Cunha initiieren. “Da abordagem Orff-Schulwerk ao desenvolvi- mento do ‘Eu Musical’: Flow em processos de Wie schön, dass wir dieser Tage dafür noch nicht Ensino/Aprendizagem em Educação Musical” einmal weit reisen müssen. Die Welt strömt in (Universidade de Aveiro, 2013). unser Europa … Nutzen wir die Chance! Verena Maschat Aus aller Welt 88 From around the world

Tschechien the anniversary cake and after that a singing, dan- cing and playing of traditional Czech music went on till after midnight. CˇESKÁ ORFF-OVA SPOLECˇNOST It was a very joyous and emotional party with (COS) – Tschechische Orff-Schul- people of all generations, old members and former werk Gesellschaft feierte ihren cooperators together with new students and young teachers. We are looking to the future with pride 20. Geburtstag! and hope.

Im Dezember 2015 erhielten wir ein Email von Jarka Kotu˚lková: Den „Grundstein“ der Tschechischen Orff- Gesellschaft legte im Jahre 1995, ziemlich genau … Two weeks ago from Nov. 27th–29th, the Czech vor 20 Jahren, ihr erster Präsident Pavel Jurko- Orff Society organized a big celebration in Prague. vicˇ, (der am Orff-Institut in Salzburg das Fortbil- 80 participants from the whole with dungsstudium absolviert hatte), als er gemeinsam guests from Slovakia took part in a three day work- mit anderen Orff-Pädagogen wie Vladimír Poš, shop, remembering Pavel Jurkovicˇ and the Czech Petr Jistel, Miroslav Strˇelák, Jan Dostál, Eva version of the Schulwerk. During this weekend the Kröschlová, Libusˇe Kurková und Bozˇena Vis- general Assembly also took place. Jitka Koprˇivová kupová eine Sektion in der Tschechischen introduced a new version of the web site and other Musikgesellschaft eröffnete. Nicht unwesent- projects. lich war dabei ebenso die Unterstützung der On Saturday evening we started the celebration Autoren des Tschechischen Orff-Schulwerks, with my presentation about Carl Orff and Gunild der Komponisten Petr Eben und Ilja Hurník. Keetman followed by the history of the Czech Orff Die junge Gesellschaft verbreitete die Ge- Society and the life of Pavel Jurkovicˇ. Lenka Pospíši- danken der Elementaren Musik- und Tanz- lová performed works by Pavel and Gunild Keetman pädagogik unermüdlich mit den ersten regelmä- with participants but also with parents of her pupils. ßigen Fortbildungsangeboten, die in verschiede- The official part of the evening was closed by eating nen Städten stattfanden. In Tschechien wurden Aus aller Welt 89 From around the world

auch die ersten „Internationale Orff-Sommer- ganisatorin, unterrichteten in diesen Workshops kurse der Begegnung“ durchgeführt, die im auch bereits zahlreiche internationale Lektoren Jahre 1997 von Coloman Kallós und Hana wie z. B. Ulrike Meyerholz, Malina Sarnowska, Kallós-Weihs gegründet wurden, deren Konzept Andrea Sangiorgo, Insuk Lee, Danai Gagne oder im Jahre 2001 für den ganzen osteuropäischen Judith Thomas. Raum erweitert wurde. Nun findet der Sommer- kurs jedes Jahr in einem anderen Land statt. Die Tschechische Orff-Gesellschaft befindet sich gerade inmitten einem Transformationsprozess mit dem Ziel einer Stärkung der Mitgliederbasis. Dies soll vor allem durch ein erhöhtes Angebot an Workshops erreicht werden. Momentan wird ein modernes zweisprachiges Websys- tems entwickelt. Zukünftige Pläne beinhalten eine verstärkte internationale Kooperation mit anderen Orff-Gesellschaften und die Neuauflage des Tschechischen Orff-Schulwerks. Die Tsche- chische Orff-Gesellschaft hat ihren Geburtstag am 28. November 2015 gefeiert. Wir wünschen ihr zu ihrem Jubiläum ALLES GUTE! Jitka Koprˇivová Im Jahre 2000 übernahm die neue Präsidentin Jarka Kotu˚lková den imaginären Dirigentenstock Ad multos anos, dear COS! [BH/MG] der Tschechischen Orff-Gesellschaft, die am 21. Dezember 2006 zur einen selbstständigen Jitka Koprˇivová, Vereinigung wurde. Mag. art. et Mgr. Fortbildungsstudium am Die letzten organisatorischen Veränderungen Orff-Institut, Lehramt wurden mit der Annahme des Vereinsstatus Musikerziehung und Instru- mentalmusikerziehung für im 2014 durchgeführt. Gegenwärtig umfasst allgemeinbildende höhere die Tschechische Orff-Gesellschaft 110 aktive Schulen, Universität Mozar- Mitglieder und seit dem Jahre 2014 besteht teum Salzburg. Lehramt ihr Vorstand aus fünf Mitgliedern: Lenka Musikerziehung-Chor- Pospíšilová (Präsident), Jitka Koprˇivová leitung, Karlsuniversität Prag. Unterrichtet in (1. Vizepräsident), Pavla Sovová (2. Vizeprä- Linz am Adalbert Stifter Gymnasium und in Wels sident), Rafaela Drgácˇová (Pressesprecherin) am einem Bundes-Realgymnasium. Im Rahmen und Václav Salvet (Fachtexte, Archivfundus). ihres Doktoratsstudiums ist sie als Lektorin der Regelmäßige Fortbildungsseminare, Koopera- Elementare Musik- und Bewegungspädagogik an der Karlsuniversität Prag tätig. tion mit Jugendprogrammen, die Verbreitung des Orff-Schulwerks in Theorie und Praxis, sowie seine Vertretung in verschiedenen Fachgremien bilden ihre aktuellen Arbeitsschwerpunkte. Jedes Halbjahr findet an Prager Grundschulen eine dreitägige Schulung mit jeweils ca. 90 Teilnehmenden statt, die bereits zum festen Be- standteil des Fortbildungsangebotes der Tsche- chischen Orff-Gesellschaft wurde. Dank der Kontakte von Lenka Pospíšilová, der Hauptor- Publikationen 90 Publications

Wir stellen vor … We present …

Carl Orff-Grundschule Altenerding

Robert Grüner und Barbara Schock

Vielleicht darf auch der Wunsch zum Ausdruck kommen, dass es ein harmonischer Ort ist, an dem Kinder unterschiedlicher Couleur Freude am Lernen und am gemeinsamen Tun finden.

Unsere Schule ist die größte von sechs Grund- schulen in der Stadt Erding (Oberbayern). Wir haben im Schuljahr 2015/2016 18 Klassen Rote Ziegelplatten in unterschiedlichen Größen mit 400 Schülerinnen und Schülern, die von reihen sich als neues Blendwerk an den Wänden 33 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet der 2010 renovierten Schule aneinander. werden. Das besondere an unserer Schule ist Die scheinbar unüberlegte Ziegelfolge fügt die musische und ganzheitliche Ausrichtung sich jedoch in ein harmonisches Gesamtbild. und das seit vielen Jahren. Im Jahre 2002 wurde Der Architekt griff dabei das Leitbild der Schule der Grundschule Altenerding der Titel Carl auf und macht es für all jene, die mit einem of- Orff-Grundschule verliehen und damit die Erlaub- fenen Blick auf das Gebäude zugehen, sinnbild- nis, den erweiterten Musikunterricht einzufüh- lich: Der Rhythmus, darf in dieser Schule nicht ren. Jede 1. und 2. Klasse hat pro Woche eine fehlen. Stunde mehr Pflichtunterricht im Fach Musik.

Das Leitbild unserer Schule besagt: „Musik bewegt Körper Geist und Seele, belebt Sinne, Kreativität und Fantasie, ordnet und harmoni- siert den Menschen. Die Carl Orff-Grundschule Altenerding legt besonderen Wert auf eine mu- sische und ganzheitliche Erziehung, die zum einen durch den erweiterten Musikunterricht und zum anderen durch ein Lehren und Lernen mit Kopf, Herz, Hand und Humor geprägt ist.“ Durch die Langzeitstudie von Hans Günther Bastian 1 ist eindeutig belegt, dass Musizieren Wir stellen vor … 91 We present …

Kinder intelligent und sozial kompetent macht ANGEBOTE DER CARL ORFF- und ihre Konzentrationsfähigkeit durch Musik- GRUNDSCHULE ALTENERDING erziehung gefördert wird. Musikunterricht ge- währleistet eine optimale Entfaltung der kindli- Arbeitsgemeinschaften chen Anlagen und hat einen positiven Einfluss Neben dem Fachunterricht gibt es auch ein auf die gesamte Persönlichkeitsentwicklung. großes Angebot an musischen Arbeitsgemein- Darüber hinaus bietet Musikerziehung eine gute schaften: Die Kinder können sich für Instru- Chance zur Verringerung von Aggression und mente wie Flöte, Gitarre (in Kooperation mit Gewalt unter Kindern und Jugendlichen in unse- der Kreismusikschule Erding), Percussion, rer Gesellschaft. Musizieren ist zweifelsfrei ein Geige, für die AG Singen-Spielen-Tanzen oder Königsweg jener Erziehung die eine umfassend dem Schulchor anmelden. In Gruppen bis zu gebildete Persönlichkeit zum Ziel hat. 10 Kindern wird einmal pro Woche ein Inst- Aus diesen angeführten Gründen haben wir rumentallehrgang Flöte angeboten. Zum Teil uns an der Carl Orff-Grundschule auf den Weg bieten auch Klassenlehrer Klassenmusizieren gemacht, bei unseren Schulkindern die Liebe mit der Blockflöte an, wo dann alle Kinder einer zur Musik zu entfachen und zu pflegen. Klasse ganz langsam im Laufe des Jahres das Die Grundsätze Carl Orffs spielen an unserer Flötenspiel erlernen können. Schule eine wichtige Rolle. Sie beinhalten die Neu ist seit einem Jahr die Arbeitsgemeinschaft Einsicht, dass Musizieren und Tanzen elemen- Bläserbande. Kinder der 2. und 3. Klassen erler- tare Ausdrucksformen des ganzen Menschen, nen über zwei Jahre ein Blasinstrument (Trom- all seiner körperlichen, seelischen und geistigen pete, Querflöte, Klarinette, Saxofon, Bariton, Kräfte sind. Sprache, Tanz und Musik sind für Posaune, Tuba, Horn). Sie haben pro Woche zwei das Kind ein noch nicht differenziertes Hand- Stunden Orchesterspiel und in ihrer Instrumen- lungsfeld. Somit gehört zum Singen von Anfang tengruppe eine Stunde Instrumentalunterricht an auch das Spielen auf Instrumenten. Dazu bei ausgebildeten Musiklehrern. kommt, dass zum Wiedergeben von gehörter oder notierter Musik oder zum Tanzen tradierter Formen auch das Selbsterfinden und -gestalten gehört. Wir stellen vor … 92 We present …

Rituale und Projekte Wie sagt Carl Orff? „Elementare Musik ist nie Bei Festen und Feiern bildet die Musik einen Musik allein, sie ist mit Bewegung, Tanz und Spra- festen Bestandteil. Beim traditionellen Mo- che verbunden …“ (1963). Darüber hinaus hat natslied-Singen (gemeinsames Singen und Musik die Kraft, Menschen zu verbinden, und Musizieren aller Klassen einmal im Monat in das macht die Musik so wertvoll. Welches Fach der Aula) wird deutlich, dass die Liedkultur in ist mehr dazu imstande? der Schule einen hohen Stellenwert hat. Hier und auch zu anderen Veranstaltungen wirkt Im Schulsong, dessen Anfangsmotiv täglich die Musik verbindend, ist sie klassen- und auch als Schulgong aus den Lautsprechern tönt, fächerübergreifend. So auch bei Projektveran- singen unsere Schülerinnen und Schüler: staltungen, in denen Schüler und Lehrer gemein- sam für einen Auftritt aktiv werden. Manchmal „Das ist unser Schulsong, wird die Bühne dann zum Mittelpunkt und von klingt denn das nicht wunderbar? allen Seiten bespielt, so z.B. bei einer Szene aus Wer in unsre Schule kommt, Carl Orff’sAstutuli, bei der Großen Instrumen- dem wird alles klar. ten-Quizshow, dem Zaubersprüche-Wettbewerb Schreiben, Rechnen und Lesen oder beim Projekt-Musical Sophie macht Musik. lernen wir wie alle Leut‘. Nicht selten werden dann die zuschauenden Aber unsre Musik ist die größte Freud!“ Schüler selbst zu Mitwirkenden (durch Einla- (Text: Catarina Carsten, dung zum Mitsingen, durch die spontane Über- Musik: Hermann Regner). nahme von kleinen Rollen, zu gemeinsamen Akklamationen und Bewegungen). Noch ein Aspekt, der die Schule zu einem erstrebenswerten Ort macht, oder? Es gab aber auch schon Kooperationen mit an- deren Schulen, so z.B. ein Weihnachtsspiel oder Mozarts Zauberflöte für Kinder bearbeitet und 1 Bastian, Hans Günther (2000): Musik(erziehung) und von zwei Schulchören gemeinsam aufgeführt. ihre Wirkung: Eine Langzeitstudie an Berliner Grund- Ein Auftritt der eigenen Bläserbande mit den schulen. Mainz: Schott Bläserklassen der Erdinger Mädchenrealschule war ebenfalls ein motivierendes Projekt für alle Beteiligten. Wir stellen vor … 93 We present …

Robert Grüner, Mag.art. Studium der Kirchenmusik SUMMARY und der Instrumentalpäda- gogik in München und der Musik- und Tanzpädago- Carl Orff School Altenerding gik am Orff-Institut in Salzburg (1998–2003). The Carl Orff primary school Altenerding near Fachlehrer für Musik an Munich carries its name since 2002 as a school der Carl-Orff-Grundschule with extended music classes. It is holistically set Altenerding, Kirchenmusi- up and places a special value on music education. ker in einer Erdinger Stadtpfarrei. Zahlreiche Kom- The concept of the school states: Music moves the positionen. Referententätigkeit in der kirchlichen und schulischen Arbeit. body, spirit and soul, awakens the senses, creativity and fantasy, organizes and harmonizes people. The Studies: church music and instrumental pedagogy in basic statements of Carl Orff play an important role Munich, elemental music and dance pedagogy at the in arousing the children to a love for music and to Orff Institute in Salzburg (1998-2003). Music teacher cultivate it. There are presently 400 students at the at the Carl Orff Primary School in Altenerding, church school with 33 teachers. Among them are Barbara musician in an Erding parish. Many compositions. Schock (director of the school) and Robert Grüner Active as a lecturer in parochial and pedagogical work. (specialist for music), both of whom studied at the Orff Institute. Barbara Schock Studierte Pädagogik in In addition to the special music teaching in each München und absolvierte class, there is a great choice of musical workshops danach das zweijährige like singing-playing-dancing, choir, wind and other Fortbildungsstudium instrumental classes for the most part in coopera- (1977–1979) am Orff- tion with teachers in the local music schools. Institut in Salzburg. The school song says Unsre Musik ist die größte Sie ist seit 1973 im Freud! (Our music is the greatest joy). With the Schuldienst und seit ‘Song of the Month’ together with the whole school 2005 Rektorin an der and also in other events, the music serves as a bin- Carl Orff-Grundschule in Altenerding bei München. ding source and is interdisciplinary in classes and Studies: pedagogy in Munich, Elemental Music and subjects. It is also so with projects in which students Dance Pedagogy (two-year training course) at the Orff and teachers are active in coming together for a per- Institute in Salzburg. She works as a primary school formance. Sometimes the stage becomes the center teacher since 1973, and is Head Mistress of the Carl and is documented, for example, with scenes from Orff Primary School in Altenerding since 2005. Carl Orff’s Astutuli, with the Great instruments quiz show, The Magic Words Contest or with musical projects like Sophie makes music. (MG /MS) Aus dem Orff-Institut From the Orff Institute

Bericht zusammengestellt von Micaela Grüner

der Beziehungsqualität, das auf entwicklungs- Forschung psychologischen Erkenntnissen aufbaut und in der musiktherapeutischen Arbeit mit Kindern, Wissenschaftliche Qualifizierungsstelle die an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung für EBQ leiden, eingesetzt wird. Es wird seit 1990 von Im Rahmen der Förderung des hochqualifizier- Karin Schumacher (u. a. Absolventin des Orff- ten wissenschaftlichen Nachwuchses hat die Instituts) und Claudine Calvet entwickelt und Universität Mozarteum Salzburg im Studienjahr soll im Rahmen des Habilitationsprojektes für 2013/14 vier wissenschaftliche Qualifizierungs- den künstlerisch-pädagogischen Bereich adap- stellen als Post-Doc stellen eingerichtet, die je- tiert werden. weils zu einer Habilitation führen sollen und im Die Stelle wurde am 1. Januar 2016 mit Anschluss die Position eines / einer „Assoziierten Dr. Erik Esterbauer besetzt (vgl. S. 96). Professors / Professorin“ ermöglichen. Sonja Stibi und Shirley Salmon In einer universitätsinternen Ausschreibung wurden schriftliche Konzepte für Forschungs- schwerpunkte aus den einzelnen Fachbereichen Künstlerische Projekte an das Rektorat eingereicht. Unter Berücksich- tigung unabhängiger externer Expertenstellung- nahmen wählte das Rektorat die entsprechenden CUTS – Schnittpunkte zwischen Bildender Forschungsschwerpunkte aus. Das Orff-Institut Kunst, Mode und Performance erhielt den Zuschlag für eine wissenschaftliche Seit einigen Jahren kooperiert das Orff-Institut Qualifizierungsstelle im Bereich „Musik und erfolgreich mit dem Ausstellungsort Berchtold- Tanz in Sozialer Arbeit und Inklusiver Päda- Villa in Salzburg. Anlässlich der Vernissage zur gogik“, die im April 2014 international ausge- neuesten Ausstellung „Cuts“ am 13. Mai 2016 schrieben wurde. wurden vier Choreographien von Studierenden gezeigt. Ziel des Forschungsprojekts ist die empirische Ausgangspunkt war die Ausschreibung der Wirkungsüberprüfung spezifischer künstle- Berchtold-Villa zu dem Thema: Cuts – Schnitt- risch-pädagogischer Interventionen im Elemen- punkte zwischen Kunst und Mode, die letztlich taren Musik- und Tanzunterricht in der Alters- um den Teil „… und Performance“ ergänzt gruppe der 6 bis 10-jährigen Kindern mittels wurde. Nach einer intensiven gemeinsamen des EBQ – einer qualitativ-quantitativen For- theoretischen Auseinandersetzung mit dem schungsmethode. Das EBQ ist ein Beobachtungs- Thema gab es ein Treffen mit den ausstellenden und Einschätzungsinstrument zur Einschätzung KünstlerInnen. In diesem Zusammenhang konn- Aus dem Orff-Institut 95 From the Orff Institute

rischen Arbeiten am Orff-Institut aufzeigen wird. In vielen Lehrveranstaltungen liefen dazu im Sommersemester die Vorbereitungen. Auch das Collectif, die Performancegruppe des Instituts, wird bei diesem „Hausabend“ mit der neuen Produktion Limes vertreten sein. Großes Studio der Universität Mozarteum, 7. Juli 2016, 18.30 Eröffnung 19.30 MOSAIK – Performanceabend 10. Juli 2016, 18 Uhr

Neuer Imagefilm Das Orff-Institut stellt sich seit Mai 2016 mit einem neuen Video-Clip vor. Er entstand in Zusammenarbeit mit der Medienabteilung der Universität. Die Musik zum Clip komponierte Florian Müller, Lehrer für Schlagzeug am Insti- tut. Wir freuen uns, wenn Sie diesen Clip auch auf Ihren Social Media Accounts, Webpages usw. ten die Studierenden Bilder als Vorlage für ihre verlinken: Choreographien auswählen. Die Arbeiten ent- https://vimeo.com/166938287 standen im Rahmen der Lehrveranstaltungen „Didaktisches Praktikum“ mit Schülerinnen des Aktuell ist der Clip auch auf der Slideshow der Ursulinen-Gymnasiums Salzburg, sowie in den Homepage des Mozarteums einsehbar: hierfür zusammengefassten Fächern „Tanzen- www.uni-mozarteum.at/de/ semble“ und „Modelle tänzerischen Gestaltens“ (hierzu entsprechendes Bild auf unterer Leiste bei Ruth Burmann, die für das Gesamtkonzept anklicken) und die choreografische Leitung verantwortlich zeichnete. Berchtold-Villa Salzburg, 13. Mai 2016 CHANGES?! 9. INTERNATIONALES ORFF-SCHULWERK SYMPOSIUM Elementare Musik- und Tanzpädagogik im WANDEL der Medien

„Mosaik“- Performanceabend Im Rahmen der Eröffnung des 9. Internationa- len Orff-Schulwerk Symposiums 2016 gestal- ten Studierende und Lehrende einen Perfor- manceabend, der einen Querschnitt der künstle- Aus dem Orff-Institut 96 From the Orff Institute

Initiativen π Exkursion „Auf den Spuren von Carl Orff“ Am 26. Mai begaben sich 12 Studierende π Musik- und Tanz mit Flüchtlingskindern des ersten Studienjahres unter Leitung von Seit Herbst 2015 findet (mit Unterstützung der Micaela Grüner auf eine Spurensuche von Universität Mozarteum) ein wöchentliches ihrem Institutsgründer nach Dießen am Am- Musizier- und Tanzangebot für eine Gruppe mersee. Nach einem Besuch im Orff-Museum, mit syrischen Flüchtlingskindern am Orff-In- das heuer sein 25-jähriges Bestehen feiert, stitut statt. Die Leitung hat Mandana Farsani ging es zum Orff-Anwesen. Dort führten sei- (vgl. S. 70). tens der Carl Orff-Stiftung Ute Hermann und Dr. Michael Kugler durch die Wirkungs- und Lebensstätte, die derzeit renoviert und u. a. zur Begegnungsstätte umgebaut wird. Im Wintersemester 2015/16 wird die Spurensuche mit Besuchen in München, Gräfelfing und An- dechs fortgesetzt.

PERSONELLES π Musik und Tanz im Flüchtlingshaus Ein Projekt mit Studierenden des Orff-Insti- tuts in Salzburg unter der Leitung von Michel Neu im Kollegium Widmer (vgl. S. 49).

Gastkurse und Streiflichter

π Überleben im Musikbusiness, mit Referent Helmut Hinteregger (mica – music informa- tion center austria). Ein Überblick und In- formationen zu allen wichtigen Themen, mit denen sich Studierende/Absolventinnen und Absolventen der Musik- und Tanzpädagogik neben dem kreativen Schaffen auf ihrem Weg in die Berufswelt auseinandersetzen müssen. Erik Esterbauer 3. März 2016 Mag. phil., Dr. rer. nat., MA Erik Esterbauer ist seit Januar 2016 als Universitätsassistent (Post- π Nordic Lights “Songs, games and dances from doc) im Rahmen einer wissenschaftlichen Qua- Nordic Countries. Experience the variety of lifizierungsstelle im Fachbereich „Musik und Nordic cultures with the native teachers“: Work- Tanz in Sozialer Arbeit und inklusiver Pädagogik shops with Soili Perkiö und Elisa Seppänen (MTSI)“ am Orff-Institut tätig. Sein Hauptaufga- (Finland), Elfa Lilja Gísladóttir, Nanna Hlif benfeld liegt in der Stärkung der wissenschaft- Ingvadóttir, Krisín Valsdóttir (Island), Navarana lichen Aspekte und der musikpädagogischen Berthelsin (Greenland) und Katrin Jørgensen Forschung, sowohl am Orff-Institut als auch am (Faroe Inlands). Department für Musikpädagogik der Universität 9. Mai 2016 Mozarteum Salzburg (vgl. S 94). Aus dem Orff-Institut 97 From the Orff Institute

Geboren 1969 im gebirgigen St. Michael im der Leitung von Dieter Heitkamp und William Lungau, wo er auch seine erste musikalische Forsythe als Honorarprofessor. Zusätzlich zu und tänzerische Ausbildung erhielt, studierte er ihrem Tanzstudium belegte sie Gesang als Psychologie in Salzburg und Wien sowie Tonsatz Nebenfach und sang im Hochschul-Ensemble und Komposition am Konservatorium Wien. für Alte Musik in Frankfurt “Señores Anónimos” Sehr bald erwiesen sich zwei Bereiche als be- spanische Renaissance. Stimme und Körper sonders relevant für das weitere Arbeitsleben: sind ihrer Meinung nach Instrumente, die sich zum einen der Bereich der Beratung, Betreu- ergänzen; beide brauchen Öffnung, Elastizität ung, Begleitung und Assistenz von Menschen und stabilen Krafteinsatz. mit Beeinträchtigungen und zum anderen der Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit im außerschulischen Kontext. So war Erik Esterbauer 20 Jahre in einem Zent- rum für Entwicklungs- und Lernförderung mit Schwerpunkt auf ambulanter Familienbetreu- ung tätig. Zudem arbeitete er über 15 Jahre in der Begleitung von psychisch erkrankten Erwach- senen und war am Aufbau eines Angebotes zur psycho-sozialen Rehabilitation in Salzburg betei- ligt. Daneben beschäftigte er sich wissenschaft- lich an der Christian Doppler Klinik Salzburg Zaida Ballesteros Parejo tanzt seit 2004 in pro- mit Auswirkungen von Stress als Risikofaktor fessionellen Ensembles: Sasha and Guest für Kreislauferkrankungen. (Dialoge 04), Theater Osnabrück und Theater Im Jahr 2009 absolvierte Erik Esterbauer St. Gallen unter der Leitung von M. Santi und schließlich noch das Masterstudium der Musik- Constanza Macras / Dorky Park sind einige der und Bewegungserziehung am Orff-Institut und Kompanien, in denen sie als Tänzerin tätig war. konnte seiner musikalischen Seite sowohl in Seit 2014 ist sie freischaffende Tänzerin, Choreo- gelegentlichen Auftritten als auch als freier Mu- grafin und Tanzdozentin. Ihre Arbeiten als sikpädagoge Raum geben. Choreografin wurden unter anderem in Alle diese wichtigen bisherigen Erfahrungs- “Certamen Coreográfico” in Madrid, Masdanza und Wissensfelder miteinander lassen sich nun (Gran Canaria), in St. Gallen, in Zürich und in im Arbeitsbereich von MTSI verknüpfen, was Winterthur gezeigt. Zaida liebt die Bewegung zu einer Erweiterung und Weiterentwicklung und die Energie, eine Form von Vibration, die dieses einzigartigen Studienschwerpunktes bei- sie überall und in mehreren Kunst- und Wissen- tragen soll. schaftsformen findet. So arbeitet sie mit anderen Künstlern wie z. B. Theaterregisseuren und Musikdirektoren zu- sammen. Zur Zeit verfasst sie ihre Masterarbeit Zaida Ballesteros Parejo im Fach “European Theatre Arts”. wurde in Granada geboren. Dort studierte Ihre „Liebe” zur Pädagogik hat Zaida erst sie am Real Conservario de Granada Ballett, kürzlich entdeckt. Sie ist begeistert von ihrem und klassischen spanischen Tanz. Tun und gibt das mit Leidenschaft und Freude Nach dem Abitur entschied sie sich im Ausland weiter. Im Studienjahr 2015/16 übernahm sie zu studieren. 2004 absolvierte sie ihr Diplom einen Lehrauftrag im Fach „Tanztechnik“ am für Bühnentanz in klassischem und zeitgenös- Orff-Institut. sischem Tanz an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main unter Aus dem Orff-Institut 98 From the Orff Institute

The Special Time. The intercultural experience of studying in the Special Course at the Orff Institute

Bethany Rowe

Once upon a time, there were thirteen special ladies write a memorable story. However, every story has who left their homes to visit a special place, to do a a period of conflict – Snow White was thrown out very special course. They came from far off places of the castle, Cinderella lost her shoe, there are so like Australia, Finland, Jamaica, , South many influencing factors. You can’t control all the Korea, Spain and Thailand. They came to sing, elements, especially when working with others, but dance, play and grow through the creative approach you can certainly search for ways to coexist. called the Orff -Schulwerk. It is a journey that many have travelled and many more will embark upon but 1. The Schulwerk is not bound by culture. the question is, how can thirteen individuals from At the very core of this humanistic approach is a seven different countries meet and work cohesively sharing of oneself. With this comes a cross-cultural in a foreign land? exchange, especially when you have a multicultural group. It is here that the members of the Special The very nature of the ‘Special Course’ is the perfect Course worked together most freely. When we were example of interculturalism. When it was described in the flow of an activity, interculturalism was at its at the convention of the Orff-Schulwerk Forum 2015 finest. However, this ‘peaceful coexistence’ may only as ‘a peaceful coexistence of different cultures and exist for that particular moment. lifestyles, through respect, recognition and toler- ance’ I immediately reflected upon the 9-month Within the classroom we often connected cohesively Post-Graduate course of Music and Dance Educa- but we needed to come into the space open to do tion, Orff-Schulwerk. so. It certainly doesn’t happen naturally but over- time we developed a deeper understanding of each The 2014 / 2015 Special Course didn’t have a magical other, our place within the group and established a beginning or ending but it was always a workable workable dialogue. However, it is a choice for each environment. Interacting closely together is not easy, individual as to whether to make the situation work and when you look at the fact that the individuals in or not. the group came from different cultures, communi- cated in six different first languages, varied in ages, 2. Our basic instinct to belong had different educational backgrounds and ranged As human beings, there is a survival instinct that from experienced to novice teachers, then it is no drives us to seek to belong to the group. It is safer wonder that ‘a peaceful coexistence’ was not always to remain with the herd than not. We desire to be evident. accepted rather than being excluded.

So how did it work? However, working so intensely together for so long Primarily each individual had invested time and did take its toll. The physical and emotional de- money into this opportunity and all were searching mands of being continuously observed and assessed for a meaningful experience. The teachers were also generated division within the group. Sometimes seeking ways to promote a positive and successful these moments had the capacity to bond people into learning experience. Together we were trying to academic groupings or establish new friendships. Aus dem Orff-Institut 99 From the Orff Institute

Even though you find your place and are welcomed So how did the story end? openly at the Institute there are times that you still Each time any new group comes together to learn feel completely misunderstood and alone. No one and work, a level of care must be taken so that knows you like the special people from your culture everyone feels safe to interact and with that comes that you left behind. However, there were many a need to form relationships and establish a dia- situations that allowed us to share a little of who logue. Inclusive practices that aim towards ensur- we are and this lead to further recognition of the ing everyone can reach their true potential need individuals within the group. to be considered. Culture must be acknowledged, respected, made room for and permitted in the 3. Culture is imbedded in music and dance learning environment. We had the opportunity to share part of our self and our culture, through a ‘Cultural Evening’. Here we The participants of the Special Course 2014 / 2015 worked together to present an item from our own formed a common place to work together and de- countries. The concert was interactive to include the veloped an understanding and acceptance of each audience and we musically introduced ourselves to other, to allow the group to ‘peacefully coexist’. the others studying at the Institute. However, culture need not be the only focal point to bring people of various cultures together, the focus The teachers of the Special Course regularly in- should be on the people within the group. We are all cluded opportunities to reach into our various cul- more than our background culture. tures by inviting us to share a song or activity. This allowed us to experience similarities and differences The Special Course contains more than a learning within the group, and have a unique taste of music of pedagogy, skills and techniques. It is a unique op- from around the world. portunity to work with remarkable music and dance teachers from all areas of the world. To sing, dance The Mini Studies task seemed to burst with culture. and learn with another builds upon your under- When a person creates the music, choreography standing of self. To acknowledge we are the same and story for an artistic project, they expose a little and different, and yet we can always find a peaceful more of themselves, and with that emerges a clear place to coexist through creative music and dance. reference to their individual culture. Once upon a time, there were thirteen very special 4. Breaking bread together ladies … One of the easiest ways to connect to the human herd is to graze with the human herd. (“The Art of Bethany Rowe Belonging” by Hugh Mackay, p. 87) past vice-president of Queensland Orff-Schulwerk We often went out for meals and drinks, especially Association. She regularly presents OS workshops in after a long day of classes. It was a time to debrief Australia. She completed but also a social time to get to know each other out- Level 4 training in New Zea- side of the music and dance spaces. A tradition was land and is a graduate of the established to have a meal together at one of the Postgraduate Course at the participant’s units. Many took the bus to attend and Orff Institute. Currenrtly she the journey in itself was a fun expedition. Different is a primary school music teacher, working also in early people cooked each time and shared a dish from childhood, special education and aged care sectors. their culture. These events bought us even closer, so when we had issues with cohesion we would plan another dinner party. Publikationen 100 Publications

Aus dem Orff-Schulwerk Forum Salzburg From the Orff-Schulwerk Forum Salzburg

a scholarship from the Carl Orff Foundation. Thus, GEORFF – The new Orff-Schulwerk in 2003 I went for a visit to Germany and Austria. Association in Georgia It was an impressive, emotionally and professionally full period of my life. I shall never forget becoming Despite its small size Georgia beautifies and en- acquainted with the Carl Orff Centre in Munich and riches mankind with its diverse culture. Although Mrs. Liselotte Orff, various Orff courses I attended due to a cascade of dramatic historical develop- throughout Germany and Austria, the hospitality ments we had not had our own colour on the world of the Orff Institute in Salzburg and qualification map until 1991, our ancestors however used to knit trainings in Orff schools and kindergartens. My first unique rugs from the ancient times with colours bor- unforgettable visit was followed by almost annual rowed from nature. Already in the 5th century they participation in the International Summer Courses used to ‘draw’ and carve roundish Georgian letters for teachers in Salzburg and in 2006, additionally, (Georgian alphabet is among the 14 most ancient al- attending the International Orff-Schulwerk Sym- phabets in the world) in the rock. A renowned poem posium “In Dialogue.” of the 12th century ‘The Knight in the Panther’s Skin’ was written in my country. When we did not have our anthem yet, the Georgian song Chakrulo was re- corded into the ‘Golden Disk’ and sent into space as one of the best samples of music on Earth (by advice of the famous American collector of folk music Alan Lomax). Everybody sings and dances in this small country, situated in the Caucasus mountain ranges, in-between the Caspian and Black Seas. The GEORFF Team: Vakhtang "Wakho" Zhorzholiani Today, the Georgian Orff-Schulwerk Association – (Public Relations), Ekaterine "Eka" Chubinidze GEORFF is taking its first steps in Georgia. Estab- (President), Nana Gvarmiani (Course Organiser), lishment of the Association is an important novelty Maka Chachkhiani (Foreign Contact), Tea (Teko) and a great joy for the music loving country. It all Chubinidze (Publication) became a reality gradually and some of our steps that initially seemed invisible later on turned out For many years I and my colleague artists carried to be essential. out educational projects throughout Georgia in part- nership with famous international organizations, Casual events make the life diverse and inter- such as UNICEF, World Vision, etc. The application esting at a glance. When several lines cross each of the Orff approach in schools and kindergartens, other, lots of things may change in one’s life. Such as well as in houses for homeless and handicapped a fundamental change happened in my life also. children has brought great results, which imme- I was a student at Tbilisi State Conservatoire when, diately drew the attention of professional circles. thanks to Ms. Elisabeth Gast, I became a grantee of In 2006, as a result of a joint initiative of the Carl Aus dem Orff-Schulwerk Forum Salzburg 101 From the Orff-Schulwerk Forum Salzburg

Orff Foundation and the Elisabeth Gast Foundation, Ankündigung / Announcement Tbilisi Goethe Institute hosted the first large-scale Orff course delivered by Professor Wolfgang Hart- mann. That was followed by other highly impressive courses carried out by Leonardo Riveiro Holgado Tagung des Orff-Schulwerk and Polo Vallejo. The latter is a great friend of Forums Salzburg 2016 Georgia. Since 2006 he has conducted scien- Convention of the Orff- tific-research activities related to Georgian folklore Schulwerk Forum Salzburg 2016 and polyphony. In parallel, Mr. Vallejo has carried out extensive work in the Orff-Schulwerk approach visiting Georgia every year to collaborate with Geor- Die Jahrestagung des internationalen Netz- gian teachers and students. Regular meetings have werks aller Orff-Schulwerk Gesellschaften intensified professional interest towards Orff meth- und Assoziierten Schulen und Institutionen odology, which led to a natural need for creation of findet von 4.–6. Juli 2016 in den Räumen des a Georgian Orff Association. Orff-Instituts der Universität Mozarteum Salzburg statt. Das Thema der in englischer Thus, in 2011 the first ideas of creating GEORFF Sprache durchgeführten Tagung were born. However, the organization was estab- lautet: lished officially only in October 2015. The yearly convention of the international network of all Orff-Schulwerk associations, The Georgian Orff Association plans three major associated schools and institutions will take events in May 2016 (workshop, conference and place from July 4th–6th at the Orff Institute, GEORFF presentation), which are organized to- Mozarteum University, Salzburg. The theme gether with our partners the Tbilisi State Conser- of the meeting, which will be held in English is: vatoire and the Georgian Folklore Centre. The above-mentioned events have already been an- Effective Forms of Evaluation nounced and have raised a huge interest in the and Assessment in Elemental Georgian society. Music and Dance Education In the end, on behalf of GEORFF I would like to express our great respect and gratitude towards Ms. Teilnehmer sind Delegierte der internatio- Ute Hermann and the Carl Orff Foundation, which nalen Orff-Schulwerk Gesellschaften und has provided great assistance to Georgia. It has Direktoren oder Lehrer der assoziierten financed multiple educational projects, as well as Schulen und Institutionen. Die Ergebnisse sponsored many Georgian students and teachers to der Diskussionen werden zusammen mit attend Orff courses in Germany and Austria. Artikeln und Berichten zum Thema in der Also, I would like to thank Ms. Barbara Haselbach nächsten Ausgabe von Orff-Schulwerk and the Orff-Schulwerk Forum Salzburg for the con- heute, Nr. 95 veröffentlicht. tinuous support to GEORFF in all directions, since Participants are delegates from the internatio- the very first day of our establishment. nal Orff-Schulwerk associations and directors or teachers from the associated schools and We strongly believe that Orff pedagogy will find institutions. The outcome of the discussions its place in Georgia and will play a crucial role in will be published together with articles and education and development of future generations. reports concerning the theme in the next issue Orff-Schulwerk heute, Nr. 95. Ekaterine Chubinidze, GEORFF President Barbara Haselbach / Shirley Salmon Aus der Carl Orff-Stiftung From the Carl Orff Foundation

Neue Mitarbeiterin Sabine Bauer

Sabine Bauer arbeitet seit zwei Jahren als Assis- tentin des Vorstands der Carl Orff-Stiftung. Zuvor leitete sie 18 Jahre als freiberufliche Unternehmerin ihren eigenen Veranstaltungs- service sowie einen Weinladen mit Espressobar in Dießen am Ammersee.

Während dieser Zeit richtete sie 600 Events aus, von Firmenjubiläen und Familienfeiern bis hin zu internationalen Kongressen, und war dabei verantwortlich für Idee, Konzept, Gestaltung und die organisatorische Durchführung.

Um ihr Wissen im Fach Gestaltung zu vertiefen, belegte Frau Bauer regelmäßig Workshops und Kurse nach Professor Ittens Farbtheorie, Prof. Lüschers Farbdiagnostik und Johann Wolfgang Begegnungs- und Tagungsstätte im Sinne Carl von Goethes Farbenlehre. Parallel dazu enga- Orffs. Hierzu zählt schon jetzt die Betreuung der gierte sie sich 4 Jahre in Südindien und eröff- Räumlichkeiten, das Umsorgen der Tages- und nete dort ein Internetcafe mit Restaurant und Hausgäste sowie die Planung, Gestaltung und Meetingpoint als soziale Einrichtung für Jugend- Durchführung aller hauseigenen Veranstaltun- liche und junge Erwachsene. gen, zu denen auch die regelmäßigen Vorstands- und Kuratoriumssitzungen gehören. Seit 2014 ist Sabine Bauer nun im Anwesen Carl Orffs, in welchem sich die Geschäftsräume Frau Bauer hat in den zurückliegenden Jahren der Carl Orff-Stiftung befinden, tätig. Zu ihren u.a. den Empfang der Carl Orff-Stiftung aus Aufgaben in Dießen am Ammersee gehören die Anlass des 75. Geburtstags des Vorsitzenden, tägliche, administrative Assistenz für den Vor- Wilfried Hiller, im Orff Zentrum München stand der Carl Orff-Stiftung. Sie ist außerdem ausgerichtet und wird auch den Empfang der verantwortlich für die Terminierung des Gäste- Stiftung für die Gäste des Symposiums und der kalenders. Sie unterstützt die Stiftung mit ihren Tagung des Orff-Schulwerk Forums 2016 in Salz- vielseitigen Erfahrungen beim Aufbau einer burg gestalten. im Rahmen des Nutzungskonzeptes geplanten Ute Hermann Aus dem Orff-Zentrum München From the Orff-Zentrum München

Kabinettausstellung Komponist und Kosmopolit – Carl Orff auf Reisen

Guiro, Bin Sasara, Hyoshigi … Exotische Inst- rumente spielen in Carl Orffs Klangwelten eine herausragende Rolle. Genauso wie der Kompo- nist in seinen Werken auf musikalische und the- matische Weltreise ging, unternahm er auch in seinem Leben Touren durch fast alle Kontinente. Einerseits führten diese Reisen Orff zu den Wur- zeln seines musikalischen und theatralen Den- kens, andererseits besuchte der Komponist mit großem Interesse Aufführungen seiner Stücke; nicht zuletzt dienten ihm die Reisen zur globalen Verbreitung des Schulwerks.

So eröffnete er in Toronto die erste Orff-Schul- werk-Tagung auf dem amerikanischen Kon- tinent, rezitierte in Japan sein Osterspiel und besuchte in Athen an historischen Stätten Auf- führungen seiner Griechendramen Antigonae Ausstellungstermine und Oedipus der Tyrann; unerwartet entdeckte er im Senegal eine afrikanische Maske, die für Orff-Zentrum München, die Uraufführung seinesPrometheus von tiefgrei- Kaulbachstraße 16, 80539 München fender Bedeutung werden sollte. - bis 30. September 2016 Mo–Do 9–16 Uhr, Fr 9–14 Uhr; Eine Ausstellung, die auf den Spuren des Kosmo- Sonn- und Feiertage geschlossen politen Orff rund um den Globus führt. www.orff-zentrum.de

Werfen Sie einen Blick in die Reisekoffer Carl Carl Orff Museum Dießen, Orffs und folgen Sie seinen musikalischen Hofmark 3, 86911 Dießen am Ammersee Spuren in einige ferne Länder! 30. Oktober 2016 – 18. Dezember 2016 Sonn- und Feiertage 14–17 Uhr Johannes Schindlbeck www.orff.de/institutionen/carl-orff-museum Publikationen Publications

sprucht ca. 15–20 Minuten Unter- vom Rag zum Blues, Stimmen). richtszeit. Dieses praxisnahe Buch Zu jedem Hör-Ritual gibt es einige für die 1. – 6. Klasse bietet einen Hörbeispiele zur Auswahl, eine neuen Zugang zum Musikhören Kurzbeschreibung des Rituals, sowohl für Klassenlehrende als Bemerkungen über die musikpä- auch für MusikpädagogInnen mit dagogische Grundidee, zum Hin- vielen Anregungen für die Gestal- tergrundwissen, zum nonverbalen tung von Hör-Ritualen. In den drei Beginn und Ende, zu Verlauf und beiliegenden CDs sind 67 kurze Dramaturgie des Rituals und über Musikbeispiele (von 1’01 – 5’08) Variationen und Fortführungs- aus verschiedenen Epochen und möglichkeiten. Ergänzend gibt in verschiedenen musikalischen es Information über Hörtypolo- Stilen – Bekanntes und Neues – gie, eine Vorlage zur Erstellung zu finden. Die Beispiele sind spe- eines eigenen Hör-Rituals sowie ziell für Hörrituale gedacht, aber ein Überblick über die Rituale Charlotte Fröhlich können durchaus auch für andere im Jahresablauf. Auf CD 3 findet HörRituale. Musikhören in Teile des Unterrichts gut einge- man pdf-Dateien zum Ausdrucken den ersten Schuljahren. setzt werden. mit u.a. Begriffskarten, Flaggen, Buch mit 3 CDs. Im Vorwort findet der Leser Infor- Würfel, Windkarten. Die Fotos Fidula Verlag, Boppard am mationen über Rituale, Hören und aus dem Unterricht, die Bilder- Rhein, 2015 Sehen, Ritual und Lernziel, Stille sammlung und Zeichnungen ISBN 978-3-87226-951-5 und Neugier, Gütekriterien für ein machen das Buch für die Leser Hör-Rituale und noch mehr, die als sehr lebendig. Was sind Hör-Rituale? „Hör-Ritu- Hintergrund für diesen für viele Die HörRituale sind das Ergebnis ale sind inszeniertes Musikhören neuen Bereich dienen. Der Haupt- langjähriger Zusammenarbeit der und bieten einen stabilisierenden teil des Buches stellt 14 Hörritua- Autorin mit Kollegen und Studie- Rahmen im Musikunterricht. Sie len vor – angefangen mit Themen renden und entstanden aus dem entfalten sowohl körperliche, sze- vorwiegend für Kindergarten und Bedürfnis, mit gut durchdachten, nische als auch expressive Dimen- 1. Klasse (Body Sounds, Im Fluss variantenreichen und vertiefen- sionen. So bilden sich neue Hör- des Klanges, Europa mit Bär und den ritualisierten Sequenzen gewohnheiten; mehr und mehr Maus) über Themen für 1. – 3. klarere Linien in die frühe Musik- erleben die Kinder den Wert des Klasse (Flüchtige farbige Klang- pädagogik zu bringen. Die Rituale stillen und konzentrierten Musik- spuren, die horchende Eule, die wollen Musik nicht funktionali- hörens.“ galanten M’s, Stürmisch bis heiter), sieren, sondern dazu beitragen, Rituale sind für das Leben und für die 3. und 4. Klasse (Siziliani- Musik lieben zu lernen. Das Buch für das Lernen von großer Bedeu- sche Füße, der Herbst tanzt, Tan- ist eine Fundgrube von Ideen, die tung. In dieser Publikation geht es zende Klänge – tönende bewegte Kindergarten- und Grundschulpä- speziell um Hör-Rituale für den Formen) bis zu Themen für die dagogInnen sowie Musikpädago- Musikunterricht in den ersten 4. – 6. Klasse (mein Musikalbum, gInnen anregend und inspirierend Schuljahren, ihre Bedeutung und in vierzig Wochen durch die Mu- finden werden. ihre Gestaltung. Ein Ritual bean- sikgeschichte, mit Hand und Fuß Shirley Salmon Publikationen 105 Publications

gen Erfahrung als Tanzleiterin Werk mit Zielgruppe Jugendliche erprobte Tipps zur Tanzdidaktik. bis Senioren, für Anfänger wie Die gewählte Reihenfolge der für Fortgeschrittene gleicher- Tänze für Jugendliche, Erwach- maßen geeignet, wobei hin und sene und Senioren ist auch sehr wieder auch Vereinfachungen für gut für ein Tanzfest geeignet. Grundschulkinder vorgeschlagen Beginnend mit einer „Einsam- werden. Die Musik auf der CD melpolonaise“, über Mixer-Tänze, ist auch ohne die dazugehörigen schritttechnisch und musikalisch Tänze ein Ohrenschmaus! herausfordernde Paar- und Krei- Andrea Ostertag stänze, auch Tänze im Viereck oder in der Schlange bis hin zu ruhigen Walzern oder Branles. Bekannte Melodien und Tänze sind neu arrangiert und choreo- Regula Leupold graphiert, auch Tänze zu gestalte- Tanzen mit Titlá. rischen Themen, die einen impro- Tradition meets Invention. visatorischen Aspekt beinhalten, 18 neue Tänze von Alpen- kann man finden. Zwei meditative Irish bis Klezmer für Jugend- Kreistänze bilden den Abschluss. liche und Erwachsene. In Leupolds schon bewährter, Fidula Verlag, übersichtlicher und spezieller Boppard am Rhein 2015 Art, Tänze zu notieren und Struk- ISBN 978 -3-87226-572, turen deutlich zu machen, wird 2 CD 7772 jede Tanzform in derselben Weise visualisiert. Dazu verwendet Martin D. Loritz / Dass tradierte Tanzformen durch- die Autorin Grafiken, die Raum, Claudia Schott (Hg.) aus lebendig sind und sich erfri- Zeit, Position, Schritte und Ab- Musik – Didaktik für schende, herausfordernde und läufe, aber auch die musikalische die Grundschule spannende neue Kreationen Gesamtstruktur auf einen Blick Cornelsen Schulverlage, daraus entwickeln können, zeigt erkennen lassen. Kurze Texte er- Berlin 2015 Regula Leupold in ihrem neues- läutern die Abläufe und eventuelle ISBN: 978-3-589-15675-7 ten Buch. Basierend auf Tanzhaus Besonderheiten. (2004) werden 18 neu choreogra- Noten mit Gitarre Akkorden Das Anliegen dieser Publika- phierte Tänze vorgestellt. und Liedtexten regen zum Selbst- tion besteht darin, innovative In der Einleitung betont Leupold musizieren an und bieten auch didaktische Ansätze für den die Wichtigkeit der Innovation – eine Orientierungshilfe beim Musikunterricht an Grundschu- im traditionellen Volkstanz durch- Erarbeiten der Tanzform. len vorzustellen und dabei einer aus eine Ausnahme. Inspiriert Im zweiten Teil des Buches handlungsorientierten Didaktik durch die südtiroler Musikgruppe widmet die Autorin einige Seiten zu folgen. Titlá (im Pustertaler Dialekt: tut der Einführung in die grafi- Ausführungen von Eckart Alten- nur!), die ihren Arrangements schen Tanzdarstellungen, der müller eröffnen die Aufsatz- von tradiertem Material wie ausführlichen Beschreibung von sammlung. Er referiert neurophys- auch ihren Neukompositionen Sozial- und Raumformen sowie iologische Aspekte musikalischen ein außergewöhnlich frisches Handfassungen (oft mithilfe von Lernens und daraus abzuleitende und humorvolles Flair verleiht, liebevollen Zeichnungen) und der Implikationen. Sonja Stibi zeich- trägt diese Musik die Tänzer- Erklärung von Grund- und spezi- net die Diskussion musikalischer Innen durch ein buntes Programm ellen Tanzschritten. Kompetenzen im bildungspoli- (2 CDs). tischen Kontext nach. Schon bevor man die Tanzbe- Fazit: Den größten Teil der Publikation schreibungen liest, gibt Leupold Ein äußerst umfangreiches, fun- bilden insgesamt elf Beiträge zu wertvolle und aus der langjähri- diertes, abwechslungsreiches den Arbeitsfeldern Produktion, Publikationen 106 Publications

Reproduktion, Transformation scheint jedoch der Hinweis, dass terin für Krippen in der Toskana. und Rezeption. Hier fällt auf, für die Umsetzung „grundlegende Dieses Buch beschäftigt sich mit dass der Bereich Reproduktion didaktische und musikalische den Altersstufen 0 bis 3- und 3 bis mit fünf Aufsätzen am stärk- Kenntnisse“ (S. 7) vorauszusetzen 6-jährige. Da in manchen Ländern sten vertreten ist, den anderen sind. bereits in diesen Altersstufen von Feldern werden jeweils zwei In manchen Artikeln wäre es in- „Schule“ gesprochen wird, ist der Artikel zugeteilt. Innerhalb des teressant, aktuelle englischspra- Begriff „School“ im Titel zu finden. Arbeitsfeldes Produktion werden chige Literatur einzubinden oder „Slow School“ soll aber hauptsäch- Überlegungen zur instrumen- Expertinnen und Experten zu in- lich eine Anlehnung an die „Slow talen Gruppenimprovisation und tegrieren, die sich explizit mit dem Food“ Bewegung sein. Diese For- Beispiele für improvisatorische musikalischen Selbstkonzept oder derung nach gesundem und sozial und experimentelle Zugänge mit musikbezogener Lernforschung gerecht erzeugtem Essen ist Penny Körper, Stimme und Instrument befasst haben. Sowohl theore- Ritscher sehr wichtig. Eine ge- präsentiert. tische als auch handlungsorienti- meinsame Mahlzeit, so sagt sie, ist Martin Loritz liefert in seinem erte Überlegungen der Musik- und eine wichtig soziale Situation. Es Aufsatz eine differenzierte Be- Tanzpädagogik könnten ebenfalls bedeutet für sie gemeinsam zu ge- gründung für das Konzept „Klas- vertieft werden, um die Potenziale nießen, willkommen zu sein und senmusizieren“, ohne die damit dieser Konzeption zu verdeutli- in der jeweiligen Persönlichkeit verbundenen Herausforderungen chen. angenommen. Diese „Entschleu- auszuklammern. Claudia Schott Insgesamt bietet der Band wich- nigung“ des Alltages ist eines ihrer beschreibt Förderprogramme tige Impulse für die Musikdidak- Hauptanliegen in diesem Buch. wie JeKi und JeKisS und dies- tik und regt an, sich näher mit den Ihren Beobachtungen zufolge sind bezügliche Forschungsarbeiten. diversen Konzepten zu befassen. die Jüngsten bereits unselbststän- Im Arbeitsfeld Reproduktion Anna Maria Kalcher dig, verwöhnt und konsumfixiert. werden zudem vokalpädagogische Demnach ist eine Zusammenar- Konzepte dargestellt. beit zwischen Eltern und Päda- Aus dem Blickwinkel der Rhyth- gogInnen der unterschiedlichen mik werden methodische Ansätze Betreuungseinrichtungen unab- zur Transformation von Musik dingbar - dazu enthält das Buch in Bewegung beschrieben und zahlreiche praktische Beispiele. aus theaterpädagogischer Sicht Am Anfang des Buches erklärt Möglichkeiten der Szenischen die Autorin das Schlagwort der Interpretation von Musiktheater modernen Pädagogik: „Kompe- vorgestellt. Im Arbeitsfeld Rezep- tentes Kind“. Dabei handelt es tion werden unter anderem sich um Kinder, die nicht passiv Umsetzungsmöglichkeiten eines Lernstoff empfangen und davon aktiven Musikhörens aufgezeigt. überschüttet werden, sondern Darüber hinaus werden die erlebte Dinge die sie gesehen Konzepte Fächerübergreifendes und erfahren haben, selbständig Lernen, Projektarbeit und Visible verarbeiten. Daraus entwickeln Learning im Klassenmusizieren Penny Ritscher sie nach eigenem Lehrplan neue – dem Sichtbar-Machen von Lern- Nachhaltige Erziehung in Kompetenzen. prozessen und Lernfortschritten Krippe und Kindergarten Dem Gegenüber steht das „pau- – erörtert. Das Slow School Konzept kende oder überschüttete“ Kind. Loritz und Schott wollen mit der Bananenblau – Der Praxisverlag Hierbei wird das Kind mit einer Publikation erreichen, „aktuelle für Pädagogen, Berlin 2015 Vielzahl an Lernangeboten über- […] gesellschaftliche [...] Ent- ISBN 978-942334-46-4 häuft mit methodisch zum Teil wicklungen und Erwartungen“ zweifelhaften Lernmaterialien. In (S. 7) ins Bewusstsein zu rücken, Penny Ritscher arbeitet in Italien einem weiteren Kapitel beschreibt was ihnen gelingt. Es werden als international anerkannte Ex- sie das oberflächliche Halbwissen vielfältige Ansätze präsentiert und pertin für die frühe Kindheit und welches in Lernprogrammen des theoretisch eingerahmt. Wichtig ist eine pädagogische Fachbera- Bildungssystems unkritisch wei- Publikationen 107 Publications

tergegeben wird. Sie plädiert hier die Kinder in einem wichtigen für einen direkten Kontakt mit von der Konsumwelt manipulier- der Natur, echten Menschen und ten Lebensbereich völlig alleine einer damit verbunden Entwick- zu lassen. Sehr wichtig ist es, die lung von Strategien fürs Leben. Eltern für diese Thematik zu sen- So müsse sich, sagt sie, der Kin- sibilisieren. dergarten von heute neu orientie- Eines der letzten Kapitel heißt ren, innehalten und einen „Weg „Spielen Lernen“ – auch hier gibt gegen den Wind suchen“. In unse- es Tipps für die nötigen Bedin- rer vom Konsum getriebenen, vor gungen: lauter Leistungsanspruch kalten Zuerst wird beschrieben, dass Welt, ist es umso wichtiger, dass sich das freie Spiel stets in einem Krippen und Kindergärten eine konkreten spezifischen Rahmen Verbindung von Alltagsleben und entwickelt und von Raum, Mate- Lernen schaffen. Dies bedeutet rialen und Mitspielern beeinflusst viel Aufmerksamkeit auf die Or- ist. Ein guter Raum für das Spiel ganisation von Raum und Zeit, auf sollte daher sich ändernde Grup- die Lernmomente die sich aus den pen, ausgedehnte Zeiträume, ein Beziehungen der Kinder ergeben Mindestmaß an verfügbaren Spiel- und auf ihre Interaktionen und materialien (z. B. ein altes Telefon, Gespräche zu richten. Außerdem Mehl und Wasser, ein Topf, ein den Aufenthalt im Freien neu zu Tisch, ein Handtuch, ein Arzt- entdecken um aus einer Erho- koffer, eine Damenhandtasche, lungssituation einen wertvollen Baustein aus Holz …) und eine Lernmoment zu gestalten. aufmerksame, nicht aufdringliche Praktische Tipps zur Frage „Wie Begleitung eines Erwachsenen be- kann man Spielzeuge der Mas- inhalten. senmedien aus dem Kindergarten So beschreibt Ritscher bildhaft: verbannen?“ beschreibt Penny „Zur Fähigkeit spielen zu können, Ritscher folgendermaßen: Auch gehört es, gemeinsam mit den wenn die „Helden“ dieser Figu- Mitspielern eine Art Skript für ren trotzdem in den Köpfen der die Spielhandlung zu entwickeln, Kinder präsent sind, kann man um sich mit verwandelten Dingen versuchen dieser Faszination über das Spiel gegenseitig eine Ge- etwas entgegenzusetzen: Es kann schichte zu erzählen“. ein Ort festgelegt werden, an dem mitgebrachte Spielzeuge bis zum Fazit: Abholen verwahrt bleiben. Es Penny Ritschers Buch ist eine kann eine Zeit festgelegt werden, Aufforderung, mit viel Geduld in der die Spannung der Kinder, sehr genau hinzuschauen und den die während des häufigen mor- Kindern das Vertrauen zu geben, gendlichen Fernsehens zu Hause ihre eigene Zeit zu erleben, auch aufgebaut wurden, abgebaut einmal Langeweile zu genießen werden. Dafür sollten einfache und Herausforderungen selbst- Spielzeuge zur Verfügung stehen. ständig zu meistern. Außerdem sollten unbedingt Doris Valtiner-Pühringer Gespräche über die Figuren und Helden des Alltages stattfinden. Es ist wichtig, so schreibt sie, nicht aus Abneigung oder Scheu diese Thematik zu verdrängen, denn das würde wiederum bedeuteten, Publikationen 108 Publications

die stimmliche Vorbildwirkung der Pädagogin. Für die Liedge- staltung werden unterschiedliche Möglichkeiten aufgezählt von der Stabspielbegleitung über selbst gebaute Instrumente und Materi- alien bis hin zu Tänzen, die Lied- formen und musikalische Formen sichtbar machen. Beim Thema Stimmbildung wird darauf hinge- wiesen, dass bei jeder Übung die damit verbundene Intention an- gegeben wird, damit verständlich Rudolf Nykrin Gabriele Westhoff ist, warum eine Übung gemacht Mit Musik kenn ich Herbst- und Martinslieder. wird und was dabei im Körper pas- mich aus 5. Erleben und Gestalten siert. Die Stimmübungen werden Musikgeschichte – ganz klar mit Stimme, Instrumenten, immer in Bilder und Geschichten Schott Music, Mainz 2015 Bewegung und Material verpackt und sollen in der Groß- Buch mit CD Fidula-Verlag, Boppard am bewegung spielerisch umgesetzt ISBN 978-3-7957-0874-0 Rhein, 2014 werden. Bei den Ablaufvorschlä- ISBN 978-3-87226-907-2 gen geht es um die Kombinations- Alles klar? Ganz klar und verständ- möglichkeiten mit Gedichten und lich meinen die beiden personifi- Zusammenfassend geht es in Textteilen. zierten Notenköpfe des Titelbildes Westhoffs Buch darum, Lieder mit Im Anschluss gibt es eine umfang- von Mit Musik kenn ich mich aus 5, vielen Sinnen zu erleben. Dazu reiche Liedsammlung. Darunter das neue Schulbuch von Rudolf gibt es etliche Anregungen für sind bekannte und eher unbe- Nykrin für Einsteiger in die Sekun- Stimm-Klang-Körper & Material- kannte Lieder, Lieder aus anderen darstufe. Der Herr aus der Barock- erfahrung, Stimmbildungstipps, Ländern sowie überlieferte Melo- zeit und der coole Teenie unserer Stimmgeschichten & Sensibili- dien aus verschiedenen Epochen. Tage führen durch das Buch, das sierungsbeispiele. Das Buch bein- Jedes einzelne Lied ist mit einem wiederum durch die Zeit führt. haltet hauptsächlich Herbst- und passenden Schwerpunkt auf Und so wandelbar wie sich die Martinslieder. Es gibt aber auch Stimmbildung, Gestaltung oder Musik durch die Jahrhunderte Windlieder, Lieder über Nebel Materialerfahrung etc. versehen, hindurch zeigt, so sind es auch und Regen, sodass es sich auch verbunden mit entsprechenden die beiden Notenköpfe, die jeweils lohnt, in anderen Jahreszeiten Übungen, Kopiervorlagen oder in entsprechendem Outfit durch durch das Buch zu blättern. Tanzbeschreibungen. Der unter- verständliche Textblöcke hinwei- Als Zielgruppen für ihr Buch schiedliche Fokus zu jedem Lied, sen, was die Zeit an der Musik nennt Gabriele Westhoff El- macht das Buch spannend und verändert: Ganz klar, aber auch tern-Kind-Gruppen, Kita und lebendig. kurz und knapp – werden Formen, Musikalische Früherziehung, Neben der CD, die 32 Lieder des Musikmerkmale und wichtige Grundschule und Chor, integra- Buches beinhaltet, gibt es am Parameter erklärt. Dass diese tive Gruppen, Singkreise für Er- Ende ein Glossar in dem musika- Erklärungen nicht den Anspruch wachsene sowie Aufführungen lische Begriffe erläutert werden. erheben können, ein musikge- und Veranstaltungen mit alters- Außerdem findet man ein alpha- schichtliches Kompendium zu gemischten Gruppen. betisches Verzeichnis der Lieder ersetzen, wird an den fettgedruck- Zu allererst gibt es ein erklä- und Verse bei dem auch die Takt- ten Musikbegriffen deutlich. Sie rendes Vorwort zu den Themen art und Tonalität hinzugefügt ist. weisen darauf hin, dass Musik- Liedeinführung, Liedgestaltung, So ist es ein Leichtes, ein entspre- geschichte im Detail jenen vorbe- Stimmbildung und Ablauf. Bei chendes Lied zu finden. halten bleibt, die sich intensiver der Liedeinführung geht es um Ein sehr praktisches und hoch- damit auseinandersetzen wollen. eine künstlerisch hochwertige wertiges Buch. Diesbezüglich könnte dieses Buch ganzheitliche Vermittlung und Doris Valtiner-Pühringer auch wegbegleitend für weitere Publikationen 109 Publications

Klassenstufen bleiben. Die Musik- wichtigsten sind die mit Bedacht epochen des Buches und ihre ausgesuchten Hör-Tipps der beilie- Formen werden sich den Schüler- genden CD. Gemeinsam mit den innen und Schülern, an Erkennt- Erklärungen des Buches wird die nis wachsend, in einer Wiederho- Musik im Kontext der Zeit erleb- lung sicher ganz neu erschließen. bar und begreifbar. Dieses kurz- Das Vorwort liefert einen Hinweis gefasste Kompendium der Musik- auf die Uhr, die ebenfalls auf dem geschichte weckt Lust, einen Blick Cover des Buches abgebildet ist: „Zurück in die Vergangenheit“ und „Die Geschichte der Musik … an darüber hinaus zu wagen. jedem Tag beginnt sie neu“. Ganz Robert Grüner neu und frisch erschließt sich so jedes neue Kapitel, in das man durch den Bilderreichtum, die kurzen und prägnanten Informa- tionsabschnitte und Schautafeln einen griffigen Zugang zu den Besonderheiten und Neuerungen einer Epoche und deren Kom- ponisten erfährt. Wohl aber am

Branle, Ballett oder Breakdance? Alles zum Thema Tanz und mehr auf der neuen Dreiklang-DVD

Frisch erschienen: Die DVD für die Sekundarstufe I ist perfekt auf die Schülerbände der Reihe Dreiklang abgestimmt. Sie unterstützt den handlungsorientierten und interaktiven Unterricht. Hilfreiche Lehrer- Mithilfe der anschaulichen Clips historischer Tänze lassen sich Choreografien leichter umsetzen: Schauen Sie sich die Tänze kommentare entweder zur Unterrichtsvorbereitung an oder gleich zusammen im Booklet mit Ihrer Klasse.

N Dreiklang · Video-DVD Für alle 3 Schülerbände der SEK I 978-3-06-249970-8 7 19,50 €

Willkommen in der Welt des Lernens Publikationen 110 Publications Spring ins Spiel – mit allen Sinnen

Jetzt auch als DVD Manuela Widmer Spring ins Spiel Elementares Musiktheater mit schulischen und außerschulischen Gruppen Buch incl. CD, 260 Seiten Best.-Nr. 925 • 3 34,80 DVD zum gleichnamigen Arbeitsbuch Best.-Nr. 7725 • 3 19,90

Macht Mut, den Sprung ins szenische Spiel mit Musik, Bewegung und Sprache zu wagen. Wie entsteht ein Elementares Musikthea- ter mit einer Grundschulklasse? Was muss bedacht und vorbereitet werden? Wie viel Zeit benötigt man? Wie hält man die Kinder während eines längeren Arbeitspro- zesses „bei der Stange“? Antworten auf diese Fragen gibt Manuela Widmer in ihrem umfassenden Buch „Spring ins Spiel“. Die DVD dokumentiert den Arbeitsprozess exemplarisch an dem Stück „Die Mäusebraut“, begleitet zwei Auffüh- Advertisement

/ rungen und macht Mut zum Abenteuer „Musiktheater mit Kindern“. Das DVD-Booklet enthält ausführliche Materialien für eine eigene Inszenierung. Anzeige

Stimmen zum Handbuch: Die langjährige Erfahrung der Autorin für elementares Musiktheater (EMT) ist dem Handbuch von Fidula anzumerken. … ein gelungenes Buch, die Lust der 8- bis 12-jährigen am Musik- theater zu wecken. (Mirjam Schlemmer in „Musik in der Grundschule”)

Manuela Widmer versteht es hervorragend, die Angst zu nehmen vor zu viel Aufwand und (Dr. Ludger Kowal-Summek in „klein & groß”) Ansprüchen.

Musik bewegt! Weitere Titel für Ihre pädagogische Arbeit finden Sie auf www.fidula.de Publikationen 111 Publications Spring ins Spiel – mit allen Sinnen

Jetzt auch als DVD Manuela Widmer Spring ins Spiel Elementares Musiktheater mit schulischen und außerschulischen Gruppen Buch incl. CD, 260 Seiten F DE 3 I L I O Best.-Nr. 925 • 34,80 DVD zum gleichnamigen Arbeitsbuch Advertisement

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Best.-Nr. 7725 • 3 19,90 Für Musik begeistern! Anzeige Macht Mut, den Sprung ins szenische Spiel mit Musik, Bewegung und Sprache zu wagen. • Musikalisch aktiv mit jeder Seite Wie entsteht ein Elementares Musikthea- • Spielerisch alle Kompetenzen erreichen ter mit einer Grundschulklasse? Was muss • Musikunterricht flexibel und abwechslungsreich bedacht und vorbereitet werden? Wie gestalten viel Zeit benötigt man? Wie hält man die • Schnelle Planungshilfen – auch für Fachfremde Kinder während eines längeren Arbeitspro- zesses „bei der Stange“? Antworten auf diese Fragen gibt Manuela Widmer in ihrem umfassenden Buch „Spring ins Spiel“. Die DVD dokumentiert den Schlüssig und flexibel: Der Doppelband für Arbeitsprozess exemplarisch an dem Stück „Die Mäusebraut“, begleitet zwei Auffüh- die Jahrgangsstufen 1 und 2 Advertisement

/ rungen und macht Mut zum Abenteuer „Musiktheater mit Kindern“. Das DVD-Booklet enthält ausführliche Materialien für eine eigene Inszenierung. Anzeige

Stimmen zum Handbuch: Die langjährige Erfahrung der Autorin für elementares Musiktheater (EMT) ist dem Handbuch von Fidula anzumerken. … ein gelungenes Buch, die Lust der 8- bis 12-jährigen am Musik- Strukturiert und ergiebig: theater zu wecken. (Mirjam Schlemmer in „Musik in der Grundschule”) Die Einzelbände für die Jahrgangsstufen 3 und 4

Manuela Widmer versteht es hervorragend, die Angst zu nehmen vor zu viel Aufwand und (Dr. Ludger Kowal-Summek in „klein & groß”) Ansprüchen.

Musik bewegt! Weitere Informationen und Weitere Titel für Ihre pädagogische Arbeit finden Sie auf Probeseiten finden Sie unter www.fidula.de www.grundschulklick.de/fidelio. Impressum 112 Imprint

Orff-Schulwerk Nr. 94 – Sommer 2016 // No. 94 – Summer 2016

Herausgeber // Publisher Orff-Institut für Elementare Musik- und Tanzpädagogik Abteilung Musikpädagogik Universität Mozarteum Salzburg Frohnburgweg 55 A–5020 Salzburg Sekretariat: [email protected] www.orffinstitut.at www.uni-mozarteum.at und // and Orff-Schulwerk Forum Salzburg Frohnburgweg 55 A–5020 Salzburg [email protected] www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org

Redaktion // Editor Micaela Grüner ([email protected]) Barbara Haselbach ([email protected])

Übersetzungen // Translations David Abbott, Esther Bacher, Yvonne Douthat-Hartinger, Diese Publikation wurde Christoph Maubach, Shirley Salmon, Miriam Samuelson ermöglicht durch // This publication has been Gestaltung und Satz // Design and composition made possible by Anne Schmidt Design, München Carl Orff-Stiftung Korrektur // Proofreading Ziegelstadel 1 Micaela Grüner, Barbara Haselbach, 86911 Dießen am Ammersee Thomas Hauschka, Shirley Salmon, Sonja Stibi www.orff-stiftung.de Fotos // Photos Iris Gil Botana (S. 3); Günter Holzleitner (S. 41–46); Dieter Bucher (S. 50–52); Willy Minder (S. 54); Heidi Hohensinn (S. 56/57); Heinz Speckmeyer (S. 63); Werner Lütje (S. 65–67); Jonas Burmann © 2016 Alle Rechte vorbehalten (S. 96, links); © Univ. Mozarteum (S. 96, rechts); All rights reserved Soweit nicht anders angegeben: privat // those without credtis: privat Nachdruck, Vervielfältigung und Zeichnungen // Drawings Übersetzung nur nach Rück- Anne Schmidt S. 69–75 sprache und mit Genehmigung der Redaktion . // Any reprints, Druck // Print copies and translations­ only with OrtmannnTeam GmbH, D-83404 Ainring permission of the editor . - Publikationen cxiii Publications CHANGES?! 9. INTERNATIONALES ORFF-SCHULWERK SYMPOSIUM Elementare Musik- und Tanzpädagogik im WANDEL der Medien

Anmeldung möglich bis 30. Juni unter ☞ www.uni-mozarteum.at/de/kunst/osw.php und www.uni-mozarteum.at/en/kunst/osw.php Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ausgabe Collaborators of this issue

Alvarez, Alfonso Kalcher, Anna Maria, Dr. phil., Mag. art. [email protected] [email protected] Bacher, Esther, Mag. phil., BA Kallós, Coloman [email protected] [email protected] Ballesteros Parejo, Zaida Kronthaler, Karl [email protected] [email protected] Bucher, Dieter, Soz. Päd. Kraft-Köllich, Nadja, Bakk. art. MA [email protected] [email protected] Burmann, Ruth, MA Koprˇivová, Jitka, Mag. art. et Mgr. [email protected] [email protected] Bromenne, Mariann Lebeau, Eric [email protected] [email protected] Castro, Maria Cristina Maschat, Verena [email protected] [email protected] Coogan, Christa, B.F.A., MA Maubach, Christoph, Senior Lecturer [email protected] [email protected] Esterbauer, Erik, Univ. Ass., Mag. Dr., MA Opelt, Annabell, Mag. art. [email protected] [email protected] Farsani, Mandana Ostertag, Andrea, MA [email protected] [email protected] Grosso, Carla Petzold, Hilarion Gottfried, DDDr. [email protected] [email protected] Grüner, Micaela, Mag. art., MAS Pospísˇilová, Lenka [email protected] [email protected] Grüner, Robert, Mag. art. Rohlfs, Katrin [email protected] [email protected] Hartmann, Wolfgang, Prof. Rowe, Bethany [email protected] [email protected] Haselbach, Barbara, Univ. Prof. em. Salmon, Shirley, Mag. phil. [email protected] [email protected] Hermann, Ute Samuelson, Miriam [email protected] [email protected] Knoll-Kaserer Christine, BA Schindlbeck, Johannes, MA [email protected] [email protected] Kalcher, Anna Maria, Dr. phil., Mag. art. Schmidt, Anne, Dipl.-Des. [email protected] [email protected] Kallós, Coloman Schock, Barbara [email protected] [email protected] Kronthaler, Karl Schönherr, Christine [email protected] [email protected] Kraft-Köllich, Nadja, Bakk. art. MA Stibi, Sonja, Univ. Prof., Mag. art. [email protected] [email protected] Koprˇivová, Jitka, Mag. art. et Mgr. Valtiner, Doris, Mag. art. [email protected] [email protected] Lebeau, Eric Voicu, Maria [email protected] [email protected] Maschat, Verena Widmer, Michel, Dipl. Soz.-Päd. (FH) [email protected] [email protected] Maubach, Christoph, Senior Lecturer [email protected] Opelt, Annabell, Mag. art. [email protected] Ostertag, Andrea, MA [email protected] Petzold, Hilarion Gottfried, DDDr. [email protected] Pospísˇilová, Lenka Richtigstellung // Correction [email protected] Wir bedauern, dass uns in der letzten Ausgabe von Rohlfs, Katrin Orff-Schulwerk heute, Nr. 93, S. 72 und 109 [email protected] ein Fehler unterlaufen ist. // We regret the misspelling of Rowe, Bethany Dr. Gbolonyo’s contact information on pages 72 and 109 [email protected] in the last issue of Orff-Schulwerk heute, No. 93. Salmon, Shirley, Mag. phil. [email protected] es muss heißen / it should read Samuelson, Miriam Dr. Kofi J. S. Gbolonyo [email protected] [email protected] Schindlbeck, Johannes, MA [email protected] ISSN 2312-8895 Schutzgebühr 5,– Euro