Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm e. V. – KZ-Gedenkstätte – Mitteilungen Heft 44 / November 2005

Gottlob Kamm aus Schorndorf: Inhalt Vom Ulmer KZ-Häftling Gottlob Kamm: Kuhberg- zum Befreiungsminister Häftling und Befreiungsminister 1 Endlich: ein Platz fürs von Württemberg-Baden Deserteurs-Denkmal in Ulm 5 „Weiße Flecken”: zwei Schülerprojekte 7 Wolfgang Keck wieder Vor- sitzender: Jahresmitgliederver- sammlung des Trägervereins 8 „Bücherverbrennung”: im Juli 1933 auch in Ulm 9 Rückblick auf die DZOK-Ereignisse 2005 10 Neues in Kürze 14 Ulmer Abiturient als „Freiwilliger” gesucht – Fall-Album Karl Buck – Absage Comic- workshop – Tag des offenen Denkmals – „Buch-Male”: Ausstellung von Achs FisGhal – Ursula Krause- Schmitt – Geschichte der KZs bei C. H. Beck – Lina Haags „Eine Hand voll Staub” als Taschenbuch – Ein Holocaust- Leugner – Tolle Spende – Buch-Projekt Hans Lebrecht – Landesstiftung Baden- Württemberg – Grüße aus Lodz – Verbrechen der Nazis in Oberschwaben – Annette Schavan und Monika Stolz Gottlob Kamm (rechts) mit einem Parteifreund vor dem von ihm Neue Bücher 18 gemieteten Bahnhofs-Kiosk von Schorndorf, um 1928. (Foto: privat). Th. Hartnagel: Briefwechsel / (Fortsetzung S. 2) Fritz Hartnagel – Katalog zu den neuen Neuengamme-Ausstellungen – J. Hahn u. a.: Medizin und KZs – A. Ziegler: Jürgen Wittenstein und Falk Harnack – D. Bald: Weiße Rose – E. Schäll: Friedrich Adler – J. u. R. Breuer: Das Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte Weihnachtsfest in der politischen Propaganda für den Widerstand von 1933 bis 1945 – Crailsheim und die Weiße Rose und die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Veröffentlichungen des DZOK 21 Sonntag, 13. November 2005, 11 Uhr Veranstaltungen „Meinem Bertold zu seinem 8. Geburtstag Winter/Frühjahr 2005/06 22 die herzlichsten Glückwünsche (…) Ein selbst gebastelter Ulmer Spatz soll ihn an mich erinnern.” Beitrittserklärung Zum Leben des Gottlob Kamm (1897 – 1973) zum Trägerverein 23 Sozialdemokrat, Kuhberg-Häftling, Befreiungsminister Förderer dieser Nummer 24 * Historische Einführung Impressum/ Besuchszeiten * Lesung: Briefe an seine Frau Rosa aus dem Ulmer KZ in Gedenkstätte 24 * Gedenkrede: Das Leben des Gottlob Kamm, von seinem Sohn Bertold Kamm Liebe/-r Leser/-in: wir brauchen Sie! 24 Nach der Feier,1230 und 1430 Uhr: Führungen durch die Gedenkstätte

DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 1 Vom Ulmer KZ-Häftling zum Befreiungsminister von Württemberg-Baden

Am 19. April wurde im Landtag von Baden-Württemberg ein neues Buch vorgestellt, das mit Gottlob Kamm aus Schorndorf (1897 – 1973) einen Menschen historisch beschreibt, der im Frühjahr 1934 vier Monate im KZ Oberer Kuhberg eingekerkert war. Wie sich herausstellte, waren bei Kamms ältestem Sohn Bertold noch die Briefe vorhanden, die Kamm in der Ulmer KZ-Zeit mit seiner Frau Rosa in Schorndorf gewechselt hatte. Damit war die Idee geboren, Bertold Kamm zu bitten, bei der traditionellen Gedenkfeier für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus seinen Vater in einigen wichtigen Zügen zu beschreiben. Bertold Kamm, der heute in Nürnberg wohnt und 20 Jahre lang bis 1986 als Sozialdemokrat dem Bayerischen Landtag ange- hörte (dessen Vizepräsident er acht Jahre lang gewesen war), sagte zu.

Auf den folgenden Seiten wollen wir mit Daten zum Leben Kamms und mit Zitaten aus den KZ-Briefen diesen ehemaligen Kuhberg-Häftling beschreiben. Das Buch und die Briefe vertiefen nicht nur Information und Material zu einem sozialdemokra- tischen Häftling des Kuhbergs. Sie erweitern auch grundlegend das Wissen um die politische Situation der Sozialdemokratie in Württemberg vor 33, um die Haftbedingungen auf dem Kuhberg, und vor allem um die von heute aus so unübersichtlich wirkende Situation der „Entnazifizierung” nach 1945. Denn Kamm war von August 1946 bis Februar 1948 im amerikanisch besetzten Württemberg-Baden „Staatsminister für politische Befreiung”. Damit war er im Auftrag der Alliierten zuständig dafür, über die so genannten „Spruchkammern” die mili- tärisch und politisch Verantwortlichen des untergegangenen NS-Regimes ausfindig zu machen und nach Möglichkeit aus allen einflussreichen Positionen zu entfernen. (sl)

Stationen aus Gottlob Kamms Leben, von seiner Geburt bis 1946 (aus: Bertold Kamm/ Wolfgang Mayer: Der Befreiungsminister, Tübingen 2005)

21. Oktober 1897: Geburt als zwölftes Kind von Marie und Wilhelm Kamm in Schorndorf. Die Mutter erarbeitete sich die Werke von Kant bis Marx im Eigenstudium und wurde zur überzeugten Anhängerin der Arbeiterbewegung. Der Vater, Metzger von Beruf, war weniger an Politik interessiert. Ostern 1904 bis 1912: Besuch der Volksschule in Schorndorf, talen- tierter Fußballer; 1913: Mitglied der sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und der Gewerkschaft; 1914: Gesellenprüfung nach einer Feinmechaniker-Lehre; 1. August 1916: zum Militär eingezogen; 29. Juli 1917: Schwere Verwundung, danach Amputation des rechten Beines, er überlebt. Seine Prothese aber wurde von nun an „zu seinem äußeren Kennzeichen, ebenso wie seine markante Stimme und später die Zigarre”. Oktober 1918: Leiter der Bezirksorganisation des Reichsbunds der Kriegsbeschädigten; danach Fachbeamter im württ. Arbeitsministe- rium im Bereich „Schwerbeschädigte”; April 1919: Streikführer in einem „Generalstreik”; ca. 1920: Vorsitzender des Schorndorfer Arbeitersportvereins; 24. September 1922: Mitglied der SPD, nachdem er vorher bei der USPD gewesen war; 1. August 1925: Heirat mit der „Handelsschülerin” Rosa Baumhauer (17); 1925: Gemeinderatsmitglied, danach Vorsitzender des Ortsvereins der SPD in Schorndorf; Vorsitzender des örtlichen „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold”; 1925: Anmietung des Schorndorfer Bahnhofskiosks, den er mit seiner Frau betreibt; Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann; 10. Mai 1926: Geburt seines ersten Sohnes, Bertold (1927: Anneliese; 1929: Walter; 1942: Ursula) 1931: Rosa Kamm nimmt am SAJ-Treffen in Frankfurt teil; ein Trans- parent: „Hitler = Krieg” 25. März 1933: die Schorndorfer NSDAP legt Kamm nahe, nicht mehr im Gemeinderat zu erscheinen; am 30. März legt er sein Mandat nieder. Titelseite des Buches: Bertold Kamm, Wolfgang Mayer, Der Befreiungsminister. Gottlob Kamm und die Entnazifizierung in 2. Februar 1934: Die verhaftet Kamm in seiner Wohnung. Württemberg-Baden, Tübingen (Silberburg) 2005

2 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 3 5. Februar: Einlieferung ins KZ Oberer Kuhberg, zuerst in Stufe III; dann Stufe II, dann Stufe I; 5. Mai 1934: Nachdem Rosa Kamm an Hitler wegen der Entlassung ihres Mannes geschrieben hatte, antwortet das württem- bergische Innenministerium, „daß dieser Bitte zur Zeit noch nicht entsprochen werden kann.” 19. Mai 1934: Entlassung aus dem Ulmer KZ; 1. August 1934: Anstellung als Feinmechaniker bei den Fortunawerken in -Bad Cannstatt; am 18. Januar 35 Entlas- sung aus „politischen Gründen”; 31. Januar 1935: Anstellung bei der Firma Terrot in Bad Cannstatt, bis Kriegsende; 1939: Anzeige bei der Gestapo, Verhandlung vor dem Volksgerichtshof, keine Verurteilung; 21. April 1945: die US-Army kommt in Schorndorf an; 25. Juni 1945: Kamm wird zum Bürgermeister von Schorndorf ernannt; er bleibt in diesem Amt bis 23. Juli 1948; 24. September 1945: Reinhold Maier, ebenfalls aus Schorndorf, wird als Ministerpräsident das Landes Württemberg-Baden vereidigt. 8. September 1945: Kamm gründet in Schorndorf die SPD neu. 13. Oktober 1945: Kamm initiiert den Transport von Äpfeln auf mehreren Pferdewägen an die hungernde Bevölkerung von Stuttgart. März 1946: Kamm wird als Staatssekretär in die Landesregierung berufen; August 1946: Kamm wird „Staatsminister für politische Befreiung”; er bleibt es bis Februar 1948. 19. Juni 1946: Kamm sagt als Staatssekretär vor der vorläufigen Volksvertretung Württemberg-Badens: „Ich habe, als ich im Jahre 1934 aus dem Konzentrationslager entlassen wurde, und sah, wie meine Frau und meine drei Kinder hilf- und schutzlos waren, mir geschworen: Wenn du später einmal die gleiche Aufgabe zu erfüllen hast, dann darf sich dies unter gar keinen Umständen an unschuldigen Kindern und Frauen auswirken.”

„Meinem Bertold zu seinem 8. Geburtstag …” Auszüge aus dem Briefwechsel zwischen Gottlob Kamm im KZ Oberer Kuhberg und seiner Frau Rosa, daheim in Schorndorf, 1934

Die folgenden Briefauszüge entstammen Briefen Gottlob Kamms und seiner Frau Rosa, die zwischen dem 15. Februar und dem 13. Mai 1934 geschrieben wurden. Die Originale der Briefe befinden sich in Besitz von Bertold Kamm. Zitiert wird hier einerseits – was die Briefe von Gottlob Kamm betrifft – aus Kopien der Originale im DZOK-Archiv, und andererseits – was die Briefe seiner Frau betrifft – aus der erwähnten, im Silberburg-Verlag erschienenen Biografie „Der Befreiungsminister”. Die Briefe Kamms bestehen etwa zu einem Drittel aus Anweisungen zum Umgang mit Behörden, mit Geschäftspartnern und Kreditgebern, zu einem Drittel aus Bitten um die Zusendung von Medikamenten und Alltagsutensilien und zu einem Drittel aus Persönlichem. Letzteres wurde im folgenden in erster Linie ausgewählt. Die Unterstreichungen sind so im Original vorgenommen.

Der Anfang des ersten Briefes von Gottlob Kamm aus dem Ulmer KZ. Er war am 5. Februar 1934 eingeliefert worden und bekam erst zehn Tage später zum ersten Mal die Erlaubnis, an seine Frau zu schreiben. Er befand sich anfangs in der härtesten Haft-Stufe III, sein Brief musste natürlich durch die Lager-Zensur. (A-DZOK, G. Kamm)

Kamm, Gottlob Stufe III Württ. Schutzhaftlager Ulm a.D. Postfach 287 den 15.2.1934

Liebe Rosa, erledige bitte folgendes: 1.) Schreibe an die Landeskreditanstalt in Stuttgart, daß Du jeden 17. eines jeden Monats 20 Mark dorthin schickst. Schreibe besonders dazu, daß wenn ich Arbeit habe, die Restschuld rasch abgetragen wird und dazu, daß ich mich schon längere Zeit um eine Arbeitsstelle bemüht habe. 2.) Schreibe an Bezirksnotar Gross, Stuttgart, Breitestr. 7, daß die Erledigung meiner Karte sich verzögert hat, weil ich mich hier befinde. Frage an, um was für eine Forderung sich’s handelt, da mir nicht bekannt ist, daß ich dem Arb. Turn- und Sportbund jemals etwas schuldig war. Sofern es sich um eine Forderung der aufgelösten Firma „S”. [?].handelt, wäre dieselbe an das Bezirksnotariat I Schorndorf zu verweisen. 3.) In das nächste Paket bitte ich mir folgendes reinzupacken: 1 große Dose Nivea Creme, Kölnisch Wasser für die Augen, 2 Paar Schuhnestel, 1 Nachthemd, 4 sonstige Hemden, 4 Socken, 4 Taschentücher, 1 Gesichts- und eine Kernseife. 1 Haus- schuh (45) mit Absatz, 2 Unterhosen, die Hemden können auch Schillerhemden sein, 1 kleines Kopfkissen, 1 alten Teppich, 1

2 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 3 oder 2 Traggerüste für meine Prothese und die Hose wie [Palmer?] den gleichen Anzug hat und einen Spiegel zum Aufstellen beim Rasieren usw., 2 Taschentücher, 5 Paketadressen mit Klebezwirnen [?] Dann gehe bitte zu Dr. Schmid, der einen Reichs- behandlungsschein von mir noch hat bis 30.3.34. Falls er ihn weggeschickt hat, hole einen bei der Krankenkasse und lasse dir folgendes verschreiben für meine wunde Seite des Stumpfes und schicke es zugleich mit: Kampfer vergällt, (Dessitinsalbe), Schwefelpuder, 2 Idealbinden, 4 Mullbinden, Watte, […]. Das packe bei. Behandeln kann ich mich selber. [...]”

Kamm, Gottlob Stufe II Württ, Schutzhaftlager Ulm a. D. Ulm, den 19.3.34 Liebe Rosa! Schon wieder sind 14 Tage dahin. Deine Hoffnungen auf meine baldige Freilassung haben sich nicht erfüllt. Um meinetwillen und um des Geschäftes willen gehe doch noch einmal persönlich nach Stuttgart. Was für ein[en] Gesunden 1 Monat Schutz- haft sind, sind für mich 4 Monate. Wenn einer gar nichts tun kann, während andere Schutzhäftlinge zum Arbeitsdienst dürfen, wenn Du weißt, daß mir jeder Schritt wegen meiner schweren Beschädigung Schmerzen durch das Wundsein bereitet, dann musst Du alles für mich tun, was meine Freilassung herbeiführen kann. Falls meine Freilassung bis Ostern nicht von Dir erwirkt werden kann, musst Du mir am Gründonnerstag wieder ein Paket schicken. [...]

Rosa Kamm an ihren Mann (21. März 1934)

„Tag für Tag warten wir, daß Du endlich kommst. Morgen sind schon sieben Wochen, daß man Dich fortgeholt hat. Auf jedem Zug sehen wir nach, ob Du nicht mitkommst. Es ist einfach schrecklich[...]Das Finanzamt hat mir auch eine Mahnung geschickt zur Abgabe der Steuererklärung”[...] Von Firma Marthaler habe ich gestern einen Zahlungsbefehl bekommen. Ich wäre so froh, wenn du hier wärest. Bertold sagte gestern, weißt du, Mama, was mir jetzt das Liebste wäre, wenn der Papa jetzt kommen würde. Es ist so: Wenn du jetzt hier wärest, wären alle Sorgen keine Sorgen mehr.”

Abs.: Gottl. Kamm Schutzhaftlager Ulm a. D. Postfach 287 / Stufe I Ulm, den 6.5.1934

Liebste Rosl! Zunächst teile ich Dir mit, daß [ich]alle deine letzten Briefe , einschließlich dessen vom 3.5.34 erhalten habe, ebenso das Paket. [...] Nun zunächst zum Geschäftlichen: [...] Nun zum Persönlichen: Erstens. Meinem Bertold zu seinem 8. Geburtstag die herzlichsten Glückwünsche. Himmelfahrt fällt ja mit seinem Geburtstag zusammen. Ein selbst gebastelter Ulmer Spatz soll ihn an mich erinnern, (ebenso gebe ihm die kleine Zeichnung, die ich bei- gelegt habe und nachträglich um Genehmigung nachgesucht habe.) [Einklammerung vom Verfasser!] Küsse ihn an seinem Geburtstag von mir und er soll hübsch brav bleiben, seiner Mutter und seiner Oma immer folgen und auch sonst folgsam sein. Hoffentlich kommt der Brief noch rechtzeitig an, das Paket mit dem Ulmer Spatzen wird zwar erst am Samstag oder Montag ankommen. Herzlichen Dank auch an Anneliese, sie meint’s zwar gut mit mir, aber sag ihr, daß ihr Vater Entbehrungen gewöhnt ist und deshalb sein Schicksal leichter trägt, als dies sonst der Fall wäre. Und den kleinen Walterle, der mit seiner Maiprophe- zeiung nur recht hatte, nimm in Deine Arme und sage ihm, dass ihn sein Vater nicht vergisst, sondern immer an ihn denkt. Zweitens. Was jetzt auf der letzten Seite steht, gehört Dir vollends, liebste Rosl, es soll Dir einen Halt geben, es soll Dich beru- higen, soll Dich in der Kraft wieder groß machen. Ich muss mich kurz fassen: Siehst Du, wenn man alles nimmt, weil ich ein angeblicher Staatsfeind sein soll, dann finde ich mich damit ab. Ich stand schon einmal in der gleichen Lage, wo ich Nächte um mein Schicksal rang, ob es noch lebenswert ist, damals als ich im Feldlazarett unter die Decke schaute und feststellte, daß ich Krüppel geworden war. Damals schien mir das Leben nicht mehr lebenswert, damals als mir die Tränen eintrockneten, die seither nicht wieder kommen. Damals wurde ich hart gegen mich selbst. Der Aufstieg kam, weil neben dem Willen, Charakter da war. Der Abstieg begann als ich mich mit Parteipolitik befasste, als ich als Idealist für andere lebte und dabei oft Geschäft und Familie vergaß! So war’s doch und nicht anders. Innere Weichheit ist abgelegt und Du wirst wieder einen stahlharten Mann bekommen, von dessen Leistungen Du selbst, trotz seinem Zustand staunen wirst. Mein Wille, Tatkraft und meine geistige Kraft werden die Not überwinden, die vor Euch steht. Ich werde Dir der Mann und den Kindern [der Vater]sein, der nur für Dich und für die Kinder lebt, der Dir das alles ganz sein wird. Mutter wird staunen, wenn ihr mich wieder bekommt, einerlei wie die Sache mit dem Verkaufsstand ausgehen wird. Mit diesem Willen werde ich es zeigen. Man muss mich für einen Staatsfeind halten, weil ich hier war, mein deutsches Gefühl reißt mir niemand aus dem Herzen - ich hab’s mit der Tat bewiesen, trage es aber nicht zur Schau, sondern bleibe der arme Sohn im deutschen Vaterlande, denn die ärmsten Söhne waren immer die Treuesten und die Besten, das wird sich so vielleicht nocheinmal zeigen müssen. So küsse und grüße ich Dich und die Kinder Euer Gottlob

4 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 5 Und doch: ein Deserteursdenkmal für Ulm! Am Samstag, 19. November, um 15 Uhr wird es öffentlich im Lehrer Tal installiert

Der Sachverhalt in Kürze standen wurde: das ZDF-Magazin „Monitor” berichtete, die Vor fast 20 Jahren gab es in Ulm die Idee, auf besondere Süddeutsche Zeitung und schließlich sogar die „New York Weise der Deserteure im Zweiten Weltkrieg zu gedenken. Times” genau am 8. Mai 2005 – auf einer halben Seite. An Die Ulmer Bildhauerin Hannah Stütz-Menzel schuf 1989 ein diesem Tag wurde im Rahmen des Ulmer Befreiungsfestes Denkmal. Allerdings hat es damals der Ulmer Gemeinderat rund um die KZ-Gedenkstätte am Oberen Kuhberg eine abgelehnt, dafür einen öffentlichen Ort in der Stadt zur Ver- Ausstellung zum Thema Desertion und Deserteure aus Ulm fügung zu stellen. Es begann ein zähes Ringen, das nach eröffnet. einigen Jahren erlahmte. Das Denkmal landete – nach einer kurzfristigen Installierung vor dem Ulmer „Roxy” – auf einem Hinter den Kulissen der Öffentlichkeit rumorte es, aber es privaten Grundstück in Ludwigsfeld, wo es bis Juli diesen bahnte sich eine neue, einvernehmliche Lösung an, an der Jahres stand. insbesondere OB Ivo Gönner und der Ulmer Gemeinderat In den Monaten vor der 60. Wiederkehr des 8. Mai 1945, der Grünen, Markus Kienle, beteiligt waren. entdeckten junge Ulmer das Denkmal neu und erhoben So wurde das Denkmal im Juli auf einem kleinen Grundstück erneut die Forderung, es an einem öffentlichen Platz in Ulm der Stadt im Lehrer Tal aufgestellt, und zwar an dem histo- aufzustellen. rischen -Schießplatz, an dem im letzten Krieg – bisher namentlich unbekannte – Deserteure hingerichtet worden waren.

Kommentar Es wurde schon viel darüber spekuliert, was das Besondere an Ulm und seiner Bevölkerung sei. Lokalpatrioten jeder Couleur und Profession, gebürtige Ulmer und natürlich die zahllosen „Rein-Gschmeckten” beschäftigen sich regel- mäßig mit Definitionsversuchen, preisen den einen und verwerfen den anderen. Sind auch die Geschichte und deren Überbleibsel – die so genannten Traditionen – ein wunderbarer Selbstbedienungs- laden, aus dem sich fast alles holen lässt, so bleiben doch ein paar Charakteristika, die sich durch genaues Betrachten der (oft auf den ersten Blick gar nicht so sichtbaren) Tatsa- chen festhalten lassen. Dazu gehören die Charakteristika einer Militär- und Solda- tenstadt, gültig bis in die Gegenwart. Allein wer die Lokalzei- tungen der ersten Oktoberwoche 2005 gelesen hat, findet ein paar bezeichnende Hinweise:

- Große Erinnerungsveranstaltungen an „200 Jahre Schlacht bei Elchingen 1805” mit dem Triumph der Am 28. Juli wurde das Ulmer Deserteurs-Denkmal von Hannah Stütz-Menzel napoleonischen Truppen; ein für das Ulm des 19. Jahr- an seinem Platz im Lehrer Tal aufgestellt, am 19. November wird es „einge- weiht”. (Foto Volkmar Könneke, SüdwestPresse, 29.7.2005) hunderts folgenreicher Triumph, aus dem schließlich nach Napoleons Untergang der gigantische Bau der Das zähe Ringen kam wieder in Gang, die Gegner von einst Bundesfestung resultierte; positionierten sich und die Grünen im Gemeinderat stellten - Nach fast 50 Jahren das Ende der in Ulm ange- erneut einen Antrag, das Denkmal auf einem öffentlichen siedelten Führung des II. Korps der Bundeswehr Platz aufzustellen. Der Oberbürgermeister und die Mehrheit zugunsten eines „Kommandos Operative Führung im Ulmer Gemeinderat lehnten jedoch am 17. März erneut Eingreifkräfte”; ab. OB Ivo Gönner und die ablehnenden Fraktionen beriefen - und schließlich „Großer Zapfenstreich” von Bundes- sich dabei auf eine Beschlusslage des Ulmer Gemeinderates wehr-Einheiten vor dem Ulmer Münster am Abend des vom 11. Oktober 1955, der zufolge aller Opfer des Zweiten 7. Oktober, anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Weltkrieges ausschließlich in einem „Gedächtnisfeld” der Bundeswehr. Stadt auf dem Ulmer Neuen Friedhof gedacht werden sollte. In diesem Rahmen wurden im November 1955 sechs Tafeln Ist die militärische Prägung der Stadt nicht zu bestreiten, enthüllt – vorwiegend für militärische und zivile Kriegsopfer so ist die Frage, ob nun „der Ulmer” militärgeprägt oder –, zu der 1962 eine weitere Tafel explizit für die Opfer des gar „militaristisch” sei, natürlich generell nicht zu beant- Nationalsozialismus kam. worten. Gern schmückt man sich mit reichsstädtischer, durchaus „wehrhafter” Liberalität und setzt sich völlig vom Vor und nach der erneuten Ablehnung vom 17. März 2005 „preußischen” Militär-Gehabe ab. Ulm, die „gemütliche Sol- reagierten Medien von außerhalb Ulms und signalisierten, datenstadt” - so klingts vom 19. Jahrhundert bis fast in die dass anderswo die offizielle Ulmer Abwehrhaltung nicht ver- Gegenwart.

4 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 5 Allerdings: dass diese „gemütliche Sol- Einige Dokumente zum Streit (und dessen Ende) datenstadt” um 1933 gerade in dieser ums Ulmer Deserteursdenkmal Eigenschaft zu einer „Hochburg” des Nationalsozialismus wurde, kann man 17. März: 27. Juli: als historische Tatsache bezeichnen. OB und Gemeinderat sagen Nein „Die Stadt, die Deserteure und ein Auch wenn - was behauptet wird Auszüge aus einem Bericht der Süd- Denkmal kehren zurück” - Fanatismus (auch Nazi-Fanatismus) westPresse vom 18. März Pressemitteilung von Markus Kienle nicht zu den Wesensmerkmalen „der Ulmer” gehört, so gab es doch „CDU, FDP, FWG und der OB haben „Sechzehn Jahre nach seiner Ver- quantitativ keinen nennenswerten gestern ohne Diskussion den Antrag treibung aus der Stadt Ulm kehrt Widerstand gegen Hitlers militaris- von Bündnis 90/Die Grünen abge- das Deserteurs-Denkmal dieser Tage tischen und völkisch-rassistischen lehnt, das Deserteur-Denkmal in Ulm zurück in seine Heimatstadt. Möglich Staat mit seiner fast global wirksamen öffentlich aufzustellen.” […] ist dies durch eine Nutzungsverein- und schließlich selbstzerstörerischen „Der Oberbürgermeister hatte zu barung, die der Oberbürgermeister Kriegs-Dynamik. Beginn des Hauptausschusses die Ivo Gönner als Chef der Ulmer Stadt- Diese Selbstzerstörung einer ganzen Richtung klar vorgegeben. Gönner verwaltung mit den Eigentümern Generation ist in großen Teilen der erinnerte an einen wenige Jahre nach des Denkmals geschlossen hat. Als deutschen Gesellschaft ein Trauma, Kriegsende gefassten Beschluss, Eigentümer gelten die Mitglieder der ein Tabu geblieben, das bis in die wonach auf dem Neuen Friedhof ein Gruppe, die das Denkmal 1989 mit Gegenwart und fast in jede Familie Gräberfeld und eine Gedächtnisanlage der Ulmer Künstlerin Hannah Stütz- hineinreicht. Verstörung und Trauer, für alle Opfer des Zweiten Weltkriegs Menzel konzipiert und erstellt haben. Scham und Beschämung und daraus geschaffen und ansonsten keine wei- Zu dieser Gruppe gehörte schon folgend Sprachlosigkeit sind die Kenn- teren Denkmäler zugelassen werden damals auch Markus Kienle, der den zeichen dieses Traumas. sollten.” […] Vertrag deshalb im Auftrag der Gruppe Nur in diesem Kontext lässt sich hier Markus Kienle von den Grünen im mit Ivo Gönner unterschrieben hat. in Ulm der von außen kaum nachvoll- Gemeinderat, und seit 1989 ein Spre- Inhalt der Vereinbarung ist die Nut- ziehbare öffentliche Umgang mit einem cher der Denkmals-Initiative dagegen: zungsüberlassung eines Grundstü- Deserteursdenkmal, einem Denkmal „Man könne nicht ein Denkmal für ckes im Ausmaß von 25 qm, um dort für „Antihelden”, die ihre Verstörung alle Opfer gleichermaßen schaffen. das Denkmal aufzustellen. Entgegen zur Tat werden ließen, verstehen. Es mache einen Unterschied, ob ein anders lautenden Meldungen wurden Nun aber steht das Denkmal dem- Mensch im Bombenhagel der Alli- die Fraktionsvorsitzenden der Frakti- nächst, eine unverrückbare Auffor- ierten oder im KZ gestorben sei. Es onen über jeden Schritt zeitnah infor- derung zum „denk mal!” und „sprich mache einen Unterschied, ob man miert und um Stellungnahme gebeten, mal!”. wegen eines Widerstands – wie die falls sie mit diesem Vorhaben nicht Vielleicht können nun endlich, 60 Geschwister Scholl – hingerichtet einverstanden seien. Deshalb gilt es Jahre später, einige schmerzhafte wurde, oder als NS-Blockwart beim nicht nur dem Oberbürgermeister für Fragen gestellt und - wenigstens noch Häuserkampf gefallen sei. Und es dieses Vorgehen zu danken, sondern aus den Akten - beantwortet werden. mache einen Unterschied, ob jemand auch den Fraktionen im Stadtrat, die Ermutigende Begleiter könnten dabei als Deserteur erschossen wurde oder dieses Vorgehen zumindest toleriert so einzigartige Ulmer Gestalten sein, als Frontsoldat in der Sowjetunion haben. Das Lehrer Tal wurde deshalb die den Verbrechenskrieg schon zu zugrunde ging. Kienle nannte Gönners gewählt, weil dort ehemals ein Schieß- seiner Zeit durchschaut hatten, wie Einstellung ein „falsches, weil nivellie- platz angelegt war, auf dem, so eine Eberhard Finckh, wie Fritz Hartnagel, rendes historisches Verständnis” und Reihe unterschiedlicher Augenzeugen, wie die Geschwister Scholl. Beispiele sagte, dass auch der nach Kriegsende auch Deserteure hingerichtet wurden. für solche Fragen wären zum Beispiel: hoch geschätzte Otl Aicher ein Deser- […]” - der wirkliche „Weg” der Ulmer teur gewesen sei.” […] Einheiten im Zweiten Weltkrieg; - die Ulmer Militärgerichtsbarkeit; Die Einweihung des Denkmals für Deserteure, - die Geschichte der Ulmer Anti- Kriegsdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer helden, die aus welchen Motiven findet am Samstag, 19. November 2005, 15 Uhr am Ort des Denkmals im auch immer sich der Kriegsma- Lehrer Tal (nahe Kindergarten, gegenüber Eingang des botanischen Gartens) schine verweigert haben … statt. (sl) Geplant sind Beiträge zur Geschichte des Denkmals und seiner Auseinander- setzung, zu seiner künstlerischen Bedeutung und zur Besonderheit des Ortes Und hier ein Hinweis auf das seiner Aufstellung. neueste, grundlegende Werk zum Außerdem wird es Musik geben und Texte zum Thema, ausgewählt und vorge- Thema „Deserteure im Zweiten tragen von der „Jugend für den Frieden”. Weltkrieg“: Die Aufstellung des Denkmals hat bisher etwas über 5.000 € gekostet. Dieses Geld muss über Spenden wieder in die Kasse des Vereins für Friedensarbeit, Manfred Messerschmidt: Die der es vorgestreckt hat, hineinkommen. Wehrmachtsjustiz 1933 – 1945, Deshalb bitten wir alle zu spenden auf: hrsg. vom Militärgeschichtlichen Konto Nr. 116 035 Forschungsamt der Bundeswehr, Sparkasse Ulm, BLZ 630 500 00 Paderborn (= Schöningh) 2005; 511 S., 39,90 € Pressemitteilung Markus Kienle vom 5. Oktober

6 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 7 NS-Publizistik und ihre „weißen Flecken”: Beispiel Ulm Ulmer Schüler/-innen forschten erfolgreich, das DZOK half dabei

Zwei Schülergruppen des Ulmer Anna-Essinger-Gymnasiums und ihr Betreuer, der Lehrer Hansjörg Greimel, sind im Frühjahr dieses Jahres an Silvester Lechner, den Historiker des DZOK, herangetreten und haben um Unterstützung gebeten. Sie wollten sich an dem europaweiten Projekt „Weiße Flecken” der Initiative „Step 21. Die Jugendinitiative für Toleranz und Verantwortung” (www.step21.de) beteiligen. Die allgemeine Aufgabe war es, die „Regionalzeitung aus der Zeit des Nationalsozialismus bzw. der Besatzung ihres Landes” nach „weißen Flecken” in der „damaligen Berichterstattung” zu untersuchen und diese weißen Flecken mit den historischen Tatsachen so weit wie möglich auszufüllen. Aus den Ergebnissen wurde dann in Das Weiße Flecken-Team, das die Hintergründe den vergangenen Wochen eine neue, Robert Scholl die eigentliche Schuld der „Drei Morde” bei Kriegsende recherchiert hat: v.l. Eva Paulen, Katharina Sauter, Johanna gemeinsame Zeitung zusammenge- an den Münchener Aktionen seiner Brüssermann, Nicola Missel, Sarah Brockmann. stellt. Kinder zuschrieb und die Kinder als (A-DZOK 9/05; Foto: privat) „Verführte” darstellte. Die Unterzeile Aus mehreren von Lechner vorge- des Artikels drückt das aus: „Das schlagenen Themen nahmen die zersetzende Vorbild des Vaters stürzte Das Thema der anderen Schüler- beiden Schülergruppen, folgende an: die ganze Familie ins Verhängnis.” gruppe waren „Drei Morde” in Ulm in Am 8. Oktober 1943 war im „Ulmer Die allgemein-politischen, die histo- der zweiten April-Hälfte 1945. Über Tagblatt” unter der Überschrift „Wie risch-situativen und die regionalen die Vorgänge wurde in den Wirren des lange noch Scholl? - eine berech- Hintergründe dieses Hetzartikels zu Kriegsendes (am 24. April wurde Ulm tigte Frage” ein Artikel erschienen, recherchieren und die Ulmer Lage der von den Alliierten besetzt) gar nicht der ein gutes halbes Jahr nach der überlebenden Mitglieder der Scholl- berichtet. Erst einige Artikel des Ulmer Hinrichtung von Hans und Sophie Familie zu beschreiben, war das Journalisten Rudi Kübler in der Ulmer Scholl am 22. Februar dem Vater Thema der einen Schülergruppe. Südwest-Presse 60 Jahre später brachte erstes Licht in die Vorgänge. Die groben Fakten: ein aus dem Elsass stammender Kriegsgefangener oder Zwangsarbeiter wurde dabei beobachtet, wie er – zusammen mit Dutzenden Ulmern – sich an der Plün- derung eines von Bomben getroffenen Güterwaggons am Ulmer Bahnhof beteiligte. Er wurde denunziert und kurz danach auf einem öffentlichen Platz – wohl ohne jedes Verfahren aufgehängt. In die Hände wurde ihm ein Schild gegeben mit den Worten: „Ich habe geplündert.” Wenige Tage danach haben Mitglieder der französischen Besatzungsgruppen zwei der Denunzianten mit 14 und 19 Jahren ausfindig gemacht und in einem Hinterhof tot geprügelt. Die Schüler sollten die historischen Hintergründe, den Tatverlauf und die Geschichten der beteiligten Personen Das Weiße-Flecken-Team, das die Hintergründe des NS-Zeitungsartikels „Wie lange noch Scholl?” vom 8. Oktober 1943 erforschte, am 23. Juli beim Interview mit Elisabeth Hartnagel, der letzten noch lebenden recherchieren. Schwester der Geschwister Scholl. Von links: Sarah Manz, Elisabeth Hartnagel, Teresa Krätschmer, Arka- (sl) diusz Blaszczyk, Maximilian Rodorff. (A-DZOK 9/05; Foto: S. Lechner)

6 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 7 Wolfgang Keck bleibt Erster Vorsitzender Neue Räume für Büro, Archiv, Bibliothek gesucht !

In der Jahreshauptversammlung 30 Teilnehmern der Versammlung seien noch gering – ca. 4.000 Euro pro wählten die Mitglieder des Vereins zustimmend entgegengenommen. Jahr. Stifter seien dringend gesucht, „Dokumentationszentrum Oberer Professor Keck dankte der Landes- führte Wolfgang Keck aus. Kuhberg” am Freitag, 8. Juli, einen stiftung Baden-Württemberg, dass Professor Keck sagte weiter, dass ihm neuen Vorstand. Der bisherige Erste sie noch bis Anfang des Jahres insbesondere die Jugendarbeit, die Ver- Vorsitzende, der Professor an der 2007 durch ihren Zuschuss die päd- öffentlichungen des Vereins und die auf Fachhochschule Ulm, Dr. Wolfgang agogische Arbeit an der Gedenk- aktuelle politische Fragen eingehende Keck, wurde wieder gewählt. stätte (ca 8.000 Besucher jährlich) Veranstaltungsreihe „DZOK-Treff” am Bestätigt in ihren Ämtern wurden die ermögliche. Die Kassiererin berich- Herzen lägen. weiteren drei Mitglieder des geschäfts- tete, dass im Haushaltsjahr 2004 Außerdem suche die Institution im führenden Vorstands: als Kassiererin Einnahmen in Höhe von 210.000 € kommenden Jahr neue Räume in der Ingrid Siegl und als die beiden Stell- Ausgaben in Höhe von 242.000 € Stadtmitte. vertreter Manfred Eger und Martin gegenüberstünden. Der Verlust Silvester Lechner wies in seinem Beitrag König. Als Beisitzer wurden gewählt: konnte allerdings durch Rücklagen darauf hin, dass auch 60 Jahre nach Erika Tanner, Fritz Bauer, Hansjörg – die jetzt freilich vollständig aufge- der Befreiung vom Nationalsozialismus Greimel. Neu dazugewählt wurde Dr. braucht sind – und Spenden aus- dessen vielgestaltiges Erbe sich täglich Ulrich Klemm. geglichen werden. neu als Herausforderung für Demokratie, Um den Haushalt in den Jahren Frieden und Toleranz zeige. Als regio- Die Berichte des Vorsitzenden Wolf- 2005 und 2006 ausgeglichen zu nales Kompetenzzentrum in Sachen gang Keck, der Kassiererin Ingrid Siegl gestalten, bedürfe es dringend Nationalsozialismus und dessen Folgen und des Wissenschaftlichen Leiters, privater Spenden und zusätzlicher bleibe die Arbeit aktuell und nötig. (sl) Silvester Lechner, zum zurücklie- öffentlicher Mittel. Die Erträge aus genden Arbeitsjahr wurden von den der „Ulmer Stiftung Erinnerung” Der geschäftsführende Vorstand mit (von rechts) dem Vorsitzenden Wolfgang Keck, der Kassiererin Ingrid Siegl, den beiden Stellvertretern Martin König und Manfred Eger und dem neu gewählten Beisitzer Dr. Ulrich Klemm. (Foto Loyal; A-DZOK 7/05)

8 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 9 Die „Bücherverbrennung” vom 10. Mai 1933 – etwas „verspätet” auch in Ulm

Im Rahmen der Eröffnung der Aus- übergetretener Gruppen in die Hitlerju- stellung „Postscriptum - Die Sprache gend vor. Sie wollen mit uns das große Sechs Beispiele aktueller der Worte” des Künstler Achs FisGhal Ziel erkämpfen: Eine einige deutsche Formen des Gedenkens an die in der Ulmer Stadtbibliothek (vgl. Jugend. Aber nicht nur einzelne „Bücherverbrennung” 1933 S. 15) am 14. Oktober, hielt Silvester Gruppen sollen in die Hitlerjugend • Ausstellung „Postscriptum Lechner einen kleinen Vortrag über übertreten, nein, die ganze deut- - Die Sprache der Worte” die „Bücherverbrennung” der Nazis sche Jugend muß am Wiederaufbau des Künstlers AchsFisGhal vom 10. Mai 1933. Davon sei hier das Deutschlands mitarbeiten. in der Ulmer Stadtbibliothek, Kapitel über Ulm wiedergegeben. Der An diese feierliche Eingliederung 14. Oktober bis 25. November ganze Aufsatz findet sich im Katalog schließt sich ein Propagandamarsch (mail: [email protected]) zur Ausstellung (auch zu beziehen durch folgende Straßen Ulms an: • In (am ehemaligen Opern- über das DZOK). Bockgasse, Frauen-, Langestraße, platz, Unter den Linden) befindet Sattlergasse, Münsterplatz, Hirsch-, sich seit 1994 an der Stelle der Horst-Wessel- [vorher Bahnhofstraße], historischen Aktion ein Denkmal Adolf-Hitler- [vorher Promenade], des israelischen Bildhauers Glöcklerstraße, Wengen-, Stern-, Micha Ullmann. Der unterir- Herrenkellergasse , Hafenbad, Müns- dische, durch eine Glasplatte terplatz. einsehbare Raum stellt eine ima- Auf dem Münsterplatz findet dann ginäre Bibliothek dar, mit weißen, eine Verbrennung von volksfeindli- leeren Regalen. chen Flaggen und volksverderbender • Der Münchener Künstler Wolfram Schund- und Schmutzliteratur statt. P. Kastner erinnert seit 1995 Die Hitlerjugend hat es sich zur Auf- zunächst auf dem Münchner gabe gemacht, alles der heutigen Zeit Königsplatz und später in vielen nicht mehr Angepasste zu vernichten, anderen Städten mit seiner um die junge Generation mit einem Aktion „Brandfleck” („Damit neuen, edleren Geist zu erfüllen.” kein Gras über die Geschichte wachse”) an die Scheiterhaufen Der konkrete Anlass des Spektakels der Bücherverbrennungen. ist, dass in diesen Wochen verschie- Seine Installation besteht aus dene Jugendorganisationen aufgelöst einem kreisrunden Brandmal und mittels spektakulär inszenierter und einer Erläuterungstafel. öffentlicher Gelöbnisse in die HJ (Tel. 089-157 32 19) übernommen wurden. Ein Beispiel ist • Eine „Aktion Patenschaften die „Scharnhorst-Jugend”, wie sich für verbrannte Bücher” gibt es „Bücherverbrennung”: die Jugend des „Stahlhelm-Bundes seit 2005. Es geht darum, eine auch am Ulmer Münsterplatz der Frontsoldaten” nennt, deren 10.000 Bände umfassende Bibli- Unter den etwa 50 deutschen Städten, Erscheinen bei der Veranstaltung im othek mit Werken „verbrannter in denen Bücherverbrennungen insze- „Ulmer Tagblatt” des gleichen Tages Literaten” zu kaufen und in einer niert wurden, befindet sich auch Ulm. der „Gauscharnhorstführer Müller” eigenen Gedenkstätte zu prä- Ulm hatte zwar keine Universität, anordnet. sentieren. aber es war, gemessen an den Wahl- Der Bericht über die Aktion zwei Tage (www.aktion-patenschaften.de) erfolgen der NSDAP seit 1930, doch später (Ulmer Tagblatt, 17.Juli) hat • „Lest, was die Nazis ver- eine „Hochburg der Bewegung”. Dies die Überschrift „Jugend im neuen brannten!” Ein Verzeichnis zu demonstrieren und dem Vorbild der Geist” und die Unterzeile “Schmutz lieferbarer Bücher „verbrannter „Bewegung” in anderen Städten fol- und Schund im Feuer”. Der Bericht Dichter” (www.stiftunglesen.de). gend, wurde eine Bücherverbrennung offenbart, dass zu den 800 Teilneh- • Eine wissenschaftliche Tagung gut zwei Monate später, am Samstag, mern auch ein „Bibelkreis [für Schüler über die Bücherverbrennungen dem 15. Juli 1933, vollzogen, organi- höh. Lehranstalten]” gehörte, der sich der Gesellschaft für Geistes- siert von der regionalen „Hitlerjugend”. im Ulmer Adressbuch von 1933 (S. geschichte fand an der Uni Die Veranstaltung wird im Ulmer Tag- 558) als Institution der evangelischen Potsdam (Hist. Institut) von 27. – blatt vom 15. Juli unter der Rubrik „Die Kirchengemeinde unter Leitung der 29. Oktober 2005 statt. (mail: nationale Front” mit der Überschrift „Stadtvikare” zu erkennen gibt. Der [email protected]) „Jugend bekennt” wie folgt angekün- „Ortsgruppenleiter Freudenberger” digt, vgl. Abbildung oben: hielt die Ansprache, die sich inhaltlich Außer den Berichten aus dem eng an die Rede von Goebbels vom Ulmer Tagblatt sind bisher keine „Heute abend nimmt die Hitlerjugend 10. Mai („Reinheit und edle Gesinnung Quellen bekannt. Falls jemand Ulm, Unterbann 27, in feierlicher der Volksgenossen” contra „Entsittli- mehr weiß, bittet das DZOK um kameradschaftlicher Weise [am Zeug- chung und Entartung”) hielt. Kontaktaufnahme. haus] die Eingliederung verschiedener

8 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 9 Rückblick auf Veranstaltungen und Ereignisse des Dokumentationszentrums und der Stiftung Erinnerung Ulm im Jahr 2005 Eine Auswahl

Gedenkstätten-Besuche 27. Januar: „Was am Oberen Kuh- 20. Februar: In der Gedenkstätte wird - 156 Schulklassen, 100 andere berg begann. Zur Geschichte des KZ- eine Tafel der Stifter für die Ulmer Stif- Gruppen: ca. 5000 Teilnehmer Systems 60 Jahre nach der Befreiung tung Erinnerung angebracht. von Auschwitz” (Nationaler Gedenktag - Einzelbesucher (Ausstellung): in der Gedenkstätte). 22. Februar: Preview und Diskussion 1.300 des Films „Sophie Scholl – die letzten - Einzelbesucher (Veranstaltungen): 27.Januar, Stadthaus Ulm: Ulmer Tage” in der Ulmer Lichtburg, mit 1600 Zentralveranstaltung zum Nationalen Sophies Schwester Elisabeth Hart- - Gesamtzahl: ca. 7.700 Besucher Gedenktag: „Sport in Ulm 1933”; nagel. Erscheinen einer Begleitbroschüre - Besucher von DZOK-Veranstal- zum Thema. tungen an anderen Orten: 22. Februar: Eröffnung von drei ca. 1.500 Ausstellungs-Stelen im Eingang des 29. Januar: Die Gedenkstätte öffnet ehemaligen Wohnhauses der Familie wieder nach der Winterpause. Scholl (1933 – 38) in der Ulmer Olga- straße 139 (Mitarbeit des DZOK) 11. Januar: Erster von zehn dzokki- 31. Januar: Die seit November lau- Treffs (Jugendgruppe des DZOK) fende Ausstellung über die Arbeit des 25. Februar: Zeitzeugen-Interview Dokumentationszentrums in der Ulmer mit Jutta Gauss und A. Mader über 13. Januar: Gespräch im Ulmer Stadtbibliothek wird abgebaut. Liegenschaftsamt über die künftigen den Ulmer Arbeitersport im NS und Mietverhältnisse im Fort Oberer Kuh- 1. Februar: Erste Vorstandssitzung danach berg 2005 des Trägervereins; es folgen acht weitere. 26. Februar: Eine Projektgruppe der 18. Januar: Erste von fünf Jahressit- Christoph-Probst-Realschule Neu- zungen von Vorstand und Beirat der 2. Februar: Gespräch zum Thema Ulm besucht zur Vorbereitung der „Stiftung Erinnerung Ulm” „Bessere Koordination der regionalen Namensgebung die Gedenkstätte. Aktivitäten in Sachen NS-Gedenken” 20. Januar: DZOK-Treff, Besuch des in der vh; u.a.mit Dr. Alfred Geisel von 27. Februar: Matinee und Diskussion Filmes „Napola” und Diskussion der Regionalgruppe Baden Württem- des Films „Sophie Scholl – die letzten berg des Vereins „Gegen Vergessen Tage” in der Ulmer Lichtburg. 21. Januar: Eleonore Diehl, 91, aktive – für Demokratie”. Antifaschistin und Freundin des DZOK, 2. März: Erstes von vier Jahrestreffen stirbt in Göppingen. 7. Februar: Deutsch-Französisches des Ulmer „AK 27. Januar” (Mitarbeit) Seminar der Landeszentrale politische 21. Januar: Pressekonferenz zur Ver- Bildung zum Thema Gedenkstätten; 8. März: Hermann Vinke stellt in der anstaltung am Nationalen Gedenktag Besuch in der Ulmer Gedenkstätte. vh sein neues Buch „Fritz Hartnagel. 22. Januar: Besuch des Filmes Der Freund von Sophie Scholl” vor. 11. Februar: Emilie M. übergibt his- „Napola” mit der DZOK-Jugend- torisches Material zur Geschichte der gruppe 9. März: Einweihung der Christoph- Zwangsarbeit in Ulm. Probst- Realschule in Neu-Ulm 23. Januar: Eine Gruppe von Stu- 14. Februar: Zweiter Jahrestag der denten der sozialwissenschaftlichen 10. März: Neues Material über die Gründung der „Stiftung Erinnerung Fachhochschule Tokio besucht die ehemalige „Heeres-Munitionsanstalt” Ulm” im Ulmer Stadthaus, in Mode- Gedenkstätte. in Strass bei Neu-Ulm. ration von Amelie Fried:” Die einzige 24. Januar: Die erste von 25 „GFS”- Art von Unsterblichkeit liegt in den 12./13. März: Teilnahme an der Jah- Arbeiten (= Gleichwertige Feststellung Kindern … und im Stiften”; Konstanze restagung der „Alemannia Judaica” in von Schülerleistung, gemäß Landes- Ihle, Sibylle Schleicher, Markus- Hohenems. Bildungsplan 2004”, im Jahr 2005: Munzer-Dorn: Gedichte von Selma eine Schülerin vom Gymnasium Meerbaum-Eisinger. 14. März: Beginn eines zweiwöchigen Göppingen führt ihren Kurs durch die 17. Februar: DZOK-Treff, „Wie Praktikums von Victor Gerstner und Gedenkstätte. umgehen mit den Rechtsradikalen in Jacob Schneikart (Humboldt-Gym- nasium) 25. Januar: Eine Projektgruppe mit Deutschland?” Ellwanger Schülern verschiedener 21. Februar: Marcel Rodens, Schüler 17. März: Erster Besuch der neuen Schultypen bereitet eine Gedenkver- des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums Ulmer Sozial- und Kulturbürger- anstaltung zum Nationalen Gedenktag in Neu-Ulm beginnt ein Wochenprak- meisterin Sabine Mayer-Dölle in der am 27. Januar in Ellwangen vor. tikum. Gedenkstätte

10 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 11 17. März: Benefiz-Vorstellung fürs 9. April: Seminar der dzokkis, 19. April: Vorstellung des Buches DZOK des Films „Sophie Scholl – die „Umgang mit Stammtischparolen” „Der Befreiungsminister” über Gottlob letzten Tage” in der Lichtburg, mit Kamm, ehemaligem sozialdemokra- Julian Aicher. 10. April: Warum ein Befreiungsfest tischen Kuhberg-Häftling im baden- am 8. Mai? Gespräch zwischen Prof. württembergischen Landtag. 22. März: Victor Gerstner und Jacob Helmuth Zenz und Silvester Lechner Schneikart führen am Ende ihres im Radio Free f-m. 25. April: „Ulm befreit”/2: „Die letzten DZOK-Pratikums eine Klasse des Wochen des Nationalsozialismus in Humboldt-Gymnasiums durch die 11. April: Projekt-Vormittag in der Ulm: Volkssturm, Kindersoldaten, Wei- Gedenkstätte. (Foto: A. Lein, A-DZOK, Gedenkstätte mit 120 Schülern des terleben in Trümmern”. Ein Gespräch 3/05) Staufer-Gymnasiums Waiblingen mit Elisabeth Steger, Karl Frank, Roman Sobkowiak, August Welte; mit vh Ulm 2. Mai: „Ulm befreit”/3, „Trümmer von gestern und neue Einflüsse. Erinne- rungen an die erste Nachkriegszeit in Ulm”(mit Arbeitskreis „Zeitzeugenar- beit” am ZAWiW der Universität Ulm) 3. Mai: Klasse 10 des Hohenzollern- Gymnasiums Sigmaringen besucht im Rahmen ihres Projektes „Ausländer- feindlichkeit” die Gedenkstätte. 6. Mai: Eine italienisiche Schüler- gruppe besucht auf Einladung des „Initiativkreises 8. Mai, Langenau” die Gedenkstätte. 8. Mai: Ulmer Befreiungsfest rund um die KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg, von 11 bis 17 Uhr. Sonder- ausstellung: „Das Schweigen brechen – der Deserteure gedenken”; Lesung: „Ulmer Texte zum Kriegsende und zur 30. März: Patienten der Psychosoma- 15. April: Biographisches Interview Befreiung”; (28 Gruppen, zehn Zeit- tischen Tagesklinik am Klinikum der (und Materialübergabe) mit dem Enkel zeugen, u. a. Elisabeth Hartnagel) Uni Ulm besuchen die Gedenkstätte. des Ulmer Leiters des „Reichbanners 9. Mai: Zum wiederholten Mal rumä- Schwarz-Rot-Gold” Württemberg, nische Schülergruppe in der Gedenk- 4. April: Wochenpraktikum des Schü- Wilhelm Wirthle, in der Weimarer Zeit. lers Julian Mittermeier aus Schliengen stätte, auf Einladung der Essinger- 18. April: Beginn der Veranstal- Realschule, Ulm 7. / 8. April: Lehrer-Seminar der Lan- tunsgreihe „Ulm befreit! – 60 Jahre 23. Mai: In der Steinhövelstraße 5, der deszentrale für politische Bildung Ba- später: Ulm 1945”: Die Stimmung in ehemaligen Villa der Ulmer jüdischen Wü. in der Gedenkstätte Deutschland bei Kriegsende, Vortrag Fabrikantenfamilie Lebrecht, heute in Heinz Boberach (mit Stadtarchiv) Besitz der Uni Ulm, wird eine Gedenk- tafel angebracht.

23. Mai: Zur Enthüllung einer Gedenktafel an der „Lebrecht-Villa” in der Steinhövelstraße waren viele Besucher gekommen. Im Bild u. a. der Ulmer Rabbiner Shneor Trebnik, die Enkelinnen von Rosa und Wilhelm Lebrecht, Ruth und Margalith, Oberbürgermeister Ivo Gönner (Foto: Pozniak, A-DZOK, 5/05)

10 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 11 28. Mai: Biographisches Interview 29. Juni: Die Nummer 43 der „Mittei- 17. August: Die 90-jährige Johanna V. zum Leben des ab 1933 in Ulm lungen” erscheint mit 32 Seiten aus Ulm besucht an ihrem Geburtstag ansässigen jüdischen Arztes Hans- mit Kindern und Enkeln die Gedenk- Martin Hinrichsen 8. Juli: Jahresmitgliederversammlung stätte. des Trägervereins mit Neuwahlen 1. Juni: Schüler/-innen der Johanna- 25. August: R.B., Sohn eines ehe- Wittum-Berufsschule aus Pforzheim 8. Juli: Die „Stiftung Erinnerung Ulm” maligen Kuhberg-Häftlings, spendet verbringen einen Projekt-Vormittag in beteiligt sich an einer Ausstellung einen vierstelligen Betrag an die Stif- der Gedenkstätte; Thema: Lina und über Ulmer Stiftungen in der Ulmer tung Erinnerung. Alfred Haag. (Foto: Klöbel, A-DZOK, Sparkasse. 6/05) 1. September: Max Ludi beginnt sein „Freiwilligen-Jahr” im Rahmen der Aktion Sühnezeichen-Friedensdienste beim Ulmer Dokumentationszentrum.

4. September: Europäischer Tag der jüdischen Kultur, auch in Ulm: Jüdisches Ulm; Mazzen und gefilte Fisch;Jüdische Grabsteine im Ulmer Münster

11. September: Europäischer Tag des Offenen Denkmals („Krieg und Frieden”) im ehemaligen KZ-Außen- lager Gleiselstetten

15. September: DZOK-Treff, Götz Alys neues Buch „Hitlers Volksstaat” - pro und contra

8. Juni: die erste von vier Sitzungen 14. Juli: An den Diskussionen und 17. September: Workshop für des Bauausschusses bezüglich dem Vorarbeiten zu einer neuen Ulmer Jugendliche: „Von der Kuhberg- ehemaligen Außenlager Gleiselstetten Kulturkonzeption beteiligt sich auch Gedenkstätte zum Anne-Frank-Haus des KZ Oberer Kuhberg. das DZOK. in Amsterdam”

9. Juni: Eines von zwei Jahrestreffen 19. Juli: Austauschklasse aus den der ehemaligen DZOK-Geschichts- USA am Hölderlin-Gymnasium Nür- werkstatt, „Hitlers Ulmer Kindersol- tingen startet ihr „Holocaust-Projekt” daten” (Jg. 1929) in der Ulmer Gedenkstätte.

13. Juni: Materialübergabe aus dem 23. Juli: Das DZOK unterstützt Nachlass des ehemaligen Leiters des zwei Schüler-Gruppen des Anna- Ulmer „Rasse-Hauptamtes” Essinger-Gymnasiums, die sich an dem Geschichtswettbewerb „Weiße 13. Juni: Ganztages-Projekt mit dem Flecken” beteiligen. Carlo-Schmid-Gymnasium Tübingen zum Thema „Das Ulmer KZ und seine 26. Juli: Übergabe historischer Mate- 17. September: Jugendliche Besu- Wirkung auf die Familien” rialien aus dem Nachlass eines überle- cher des workshops „Gedenkarbeit ist benden KZ-Häftlings aus der Region 16. Juni: Eine Erbacher Firmlings- spannend - aber wie macht man’s?” gruppe diskutiert über „Menschen- 31. Juli: Internationales Sommerlager im Rahmen der Ulmer Kulturnacht. würde” in der KZ-Gedenkstätte der „Kriegsgräberfürsorge” besucht (Foto: A. Lein, A-DZOK 9/05) Gedenkstätte und diskutiert über Erin- 17. September: Ulmer Kulturnacht, 16. Juni: DZOK-Treff, Helmuth Bauer nerungspolitik in Deutschland zeigt seine beiden Filme zu dem auch in der Gedenkstätte; Sonder- Jugendprojekt über die Deportation führungen für Ulmer/-innen, die noch der ungarischen Jüdin Agnes Bartha. nie da waren; „Wohin ich immer reise, ich fahr nach Nirgendland”: Sibylle 20. Juni: Sabine Guth, Mitglied der Schleicher, Markus Munzer-Dorn prä- Jugendgruppe des DZOK, führt im sentieren Lyrik jüdischer Dichter. Rahmen einer „GFS“ ihre Klasse des Ulmer Hildegard-Gymnasiums durch 19. September - 4. Oktober: die Gedenkstätte. (Foto: A. Lein, A- Betreuung eines muslimischen tür- DZOK, 6/05) kischen Kurden bei der Erarbeitung einer schulischen Abschlussarbeit 23. Juni: Israelische Offiziere als zum ehemaligen Ulmer KZ. Gäste der Bundeswehr besuchen die Gedenkstätte und diskutieren die 20. September: „Globalisierung, was Entstehung des Holocaust. ist das?“ dzokkis, vh

12 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 13 26. September: „Das deutsche 14. Oktober: Bei der Eröffnung der 25. Oktober: Julius Baum – Stati- Geld”, Lesung von Lev Raphael aus Ausstellung „Postscriptum” des onen einer jüdischen Biografie, Myrah seinem neuen Roman (vh) Künstlers Achs FisGhal in der Ulmer Adams, Stadtbibliothek Stadtbibliothek referiert Silvester 1. Oktober: Festakt 50 Jahre Ulmer Lechner über „Die Bücherverbrennung 27. Oktober: Asylsuchende in Ulm, „Museum der Brotkultur” 1933 – am Beispiel Ulms” dzokkis, vh 8. Oktober: „Argumentationstraining 15. Oktober: Fortbildungsbesuch von 28. Oktober: Die Abteilung „Gebäude- gegen rechte Parolen”, dzokkis, vh 40 ehrenamtlichen Mitarbeitern der Management” der Stadt Ulm besucht Ulm KZ-Gedenkstätte Dachau. Am Vor- Gedenkstätte. 10. Oktober: Im Rahmen der Pro- mittag lernten sie die Ulmer Gedenk- duktion eines Dokumentarfilmes über stätte kennen und diskutierten päda- 31. Oktober / 1. November: Am den Jakobsweg macht der SWR gogische Fragen; am Nachmittag bot Gedenkstättenkongress in Karlsruhe Aufnahmen und Interviews in der Silvester Lechner eine Stadtführung stellt das DZOK seine Jugendarbeit Gedenkstätte zum Aspekt „Ulm im Nationalsozia- vor. lismus”. Hier steht die Gruppe vor der 11. Oktober - 22. November: Nati- Tafel am Weinhof, die an die ermor- 2. November: Erscheinen der Nr. 44 onalsozialismus, Widerstand, Juden- deten Ulmer Juden erinnert. der „Mitteilungen” des DZOK. verfolgung. Sechs Abende (Foto: Schulz, DZOK-Archiv 10/05) 5. November: Referat Silvester Lechner „Perspektiven der Gedenk- stättenarbeit” in der KZ-Gedenkstätte Neckarelz.

8. November: „Die alten Bilder der Judenfeindschaft“, Fritz Endemann, vh Ulm

9. November: Gedenkfeier am Ulmer Weinhof zum Pogrom vom 9. November 1938.

13. November: Gedenkfeier in der Ulmer KZ-Gedenkstätte am Volkstrau- ertag; Gottlob Kamm: Sozialdemokrat, Kuhberg-Häftling, Befreiungsminister.

15. November: „Der Gezeichnete” – eine späte Rückkehr nach Ulm; Lesung aus dem Buch des jüdischen Autors Jacob Picard (1883 – 1967)

19. November: Das bisher umstrit- tene Deserteurs-Denkmal bekommt einen offiziellen Platz in Ulm, im Lehrer-Tal.

22. November: Schulpräsident Fritz Gugel besucht die Ulmer Gedenk- stätte.

22. November: Die Deportation der badischen Juden 1940 – eine „Generalprobe” der „Endlösung”. Zeit- 11. Oktober: „Damit wir uns nicht 18. Oktober: Im Schatten des Holo- zeugengespräch mit Hanna Meyer- verlieren”. Der Briefwechsel zwischen caust. Jugendliche württembergische Moses, vh Ulm Sophie Scholl und Fritz Hartnagel; „Flak-Helfer” in Auschwitz 1944/45, Buch-Vorstellung, vh Ulm Konrad Plieninger, vh 24. November: Prof. Julie M. Cito, Professorin für Kinder- und Jugend- 12. Oktober: »Der ewige Jude«. NS- 20. Oktober: DZOK-Treff, Gedenk- Psychiatrie an der Universität Mary- Propaganda im Film, vh Ulm stätten zur NS-Zeit in Frankreich land, besucht die Gedenkstätte

13. Oktober: Der Landesvorstand 21. Oktober: Referat von Silvester 24. November: DZOK-Treff, „Fami- der Gewerkschaft „NGG” besucht Lechner über die KZs Heuberg und lienromane“: Neue Erinnerungsliteratur die Gedenkstätte und diskutiert deren Kuhberg im Rahmen der Tagung in Deutschland. Botschaften für die politische Gegen- „Opfer des Unrechts” im Kloster Mari- wart und Zukunft. aberg zu „Stigmatisierung, Verfolgung 12. Dezember – 22. Januar: Gedenk- und Vernichtung von Gegnern durch stätten-Winterpause die NS-Gewaltherrschaft an Fallbei- spielen aus Oberschwaben” (sl)

12 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 13 ++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze++Neues in Kü

Eilig: wir suchen einen Bewerber Lager Heuberg, Kuhberg, Welzheim Das DZOK hatte in dem Seminar eine für ein „Freiwilliges Jahr” am und später Kommandant des Lagers Chance gesehen, die Erinnerungsar- DZOK ab September 2006 ... Schirmeck-Vorbruck im Elsaß, Er ist beit mit einer unkonventionellen Form ... insbesondere unter solchen Abituri- vor allem auf Grund der Darstellung auch für junge Menschen attraktiver zu enten der Region Ulm, die als Kriegs- derer, die – vor allem auch am Oberen machen. (sl) dienstverweigerer anerkannt sind. Kuhberg – unter ihm gelitten haben, Eben hat das „Freiwillige Jahr” von eine der absoluten Negativ-Figuren Maximilian Ludi begonnen, da müssen des Nationalsozialismus im Süd- wir schon für das darauf folgende Jahr, westen Deutschlands. In dieser Täter- Am „Tag des offenen Denkmals” September 2006 bis August 2007, Biografie soll mit Dokumenten, Fotos am 11. September ... einen Bewerber suchen und historischen Erläuterungen insbe- ...,initiiert vom Europarat und in ganz Wie bisher auch, gilt dieses „freiwillige sondere Schülern vermittelt werden, Europa durchgeführt, wurde in Ulm Jahr” als Ersatz für den Zivildienst. was einen NS-Täter ausmachte, wie auch der um 1902 erbaute „Infante- Träger ist wieder die „Aktion Sühnezei- er dazu wurde und wie er nach seiner riestützpunkt Gleiselstetten”, der in chen - Friedensdienste” in Berlin. Inhaftierung 1945 bis zu seinem Tod der NS-Zeit als Außenlager des KZ Wer sich dafür interessiert, kann sich 1977 weiter lebte. Oberer Kuhberg genutzt wurde, der über www.asf-ev.de näher informieren Im Rahmen der DZOK-Reihe an der Öffentlichkeit präsentiert. Etwa 300 und dann zum Dokumentationszen- Ulmer Volkshochschule wird Myrah Besucher folgten den im Halbstunden- trum (Telefon: 0731-21312) Kontakt Adams am Dienstag, 14. März das Rhythmus angebotenen Führungen, aufnehmen. Leben des Karl Buck der Ulmer die einerseits in die ursprüngliche, Bitte möglichst umgehend, bis Öffentlichkeit vorstellen (vgl. S. 23). (sl) militärhistorische Dimension des Bau- spätestens 14. November!!! werks und andererseits in die weitere Unter der genannten DZOK-Tele- Nutzungsgeschichte einführten. Dabei fonnummer steht für Infos auch der kam es zu einer gedeihlichen Zusam- gegenwärtige Freiwillige Max bereit. Einen Comic-workshop auf der menarbeit zwischen dem „Förderkreis Um eine Stellungnahme zu seinen Grundlage von Lina Haags Buch Bundesfestung Ulm” und dem „Doku- bisherigen Eindrücken beim DZOK „Eine Hand voll Staub” ... mentationszentrum Oberer Kuhberg”. gebeten, notierte er: „Sehr warm- ... hatten wir in den letzten beiden herziger Empfang, sowohl von den Nummern unserer „Mitteilungen”, Das Foto zeigt eine Besuchergruppe, Mitarbeitern im Büro, als auch von den November 2004 und Juli 2005, jeweils der einerseits die militärische Funk- Ehrenamtlichen. Die ersten Wochen auf der Titelseite angekündigt. Der tion des „Infanteriestützpunktes” und brachten mir sehr viel Spaß und Inte- workshop sollte von 1. bis 3. Oktober andererseits dessen Funktion von ressantes. Ich blick gespannt auf die stattfinden. Er wurde am 7. Sep- 1933 bis 1935 als „Eingangsstufe” des Zukunft, was da noch kommen wird.” tember aus verschiedenen Gründen KZ Oberer Kuhberg erklärt wird. (Foto: Übrigens: der Aufruf, die Finanzierung abgesagt. Ein Grund war das geringe Christian Loyal, A-DZOK 9/05) der Stelle zu unterstützen war recht Interesse bei der von uns bis dahin erfolgreich. Aber es fehlen noch angesprochenen Öffentlichkeit. ca. 1.500 €. Machen Sie mit: Über- weisen Sie 300 € aufs DZOK-Konto Nr. 764 90 62 bei de Sparkasse Ulm: Kennwort „Freiwilliger Max”. (sl)

Karl Buck – zum KZ-Komman- danten geboren? ... lautet der Arbeitstitel eines so genannten „Fallalbums” für die pädagogische Arbeit der Ulmer KZ- Gedenkstätte. Myrah Adams, die Projektleiterin der gegenwärtig zu sehenden, 2001 eröffneten Dauer- ausstellung, ist Autorin der Publika- tion. Sie arbeitet im Rahmen eines Werkvertrags, der aus einer privaten Spende finanziert wird. Karl Buck (1894 - 1977) ist wohl der einzige KZ-Kommandant gewesen, der dieses Amt während der gesamten NS-Zeit ausgeübt hat. Er war von Frühjahr 1933 an Kom- mandant der württembergischen KZ-

14 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 15 es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+

„Postscriptum – Die Sprache der Eine siebenbändige „Geschichte Worte” ... der nationalsozialistischen Kon- ... ist der Titel einer neuen Ausstel- zentrationslager” ... lung des Künstlers Achs FisGhal. ... erscheint seit diesem Jahr im Verlag Die Eröffnung war am 14. Oktober C. H. Beck in München. in der Ulmer Stadtbibliothek, wo sie Das Werk wird herausgegeben von noch bis 25. November gezeigt wird. Wolfgang Benz und Barbara Distel. Die Bilder – der Künstler nennt sie Bd. 1 und Bd. 2 („Frühe Lager”, auch „Buch-Male” – greifen Schlüsselworte Heuberg und Kuhberg) sind heuer der Nazisprache auf, verfremden sie, erschienen. schwärzen/verkohlen sie, lassen sie Nun folgen in halbjährlichem Abstand nur partiell kenntlich werden. Zur Aus- bis Frühjahr 2008 die restlichen stellung ist auch ein schöner Katalog Bände. Im DZOK (Gedenkstätte und erschienen (10 €), der u. a. die Repro- Büro) liegen Prospekte mit Bestell- duktion aller Bilder und Text-Beiträge scheinen zur Subskription aus. Jeder über Nazisprache und Bücherver- Band kostet einzeln ca. 59,90 €, bei brennung enthält. Der Beitrag über Subskription bis 31.12. zehn Euro die Bücherverbrennung – die es, um weniger. zwei Monate verzögert, auch in Ulm gab – stammt von Silvester Lechner. Das Ulm-Kapitel dieses Beitrags ist in diesen Mitteilungen auf S. 9 wieder- Lina Haags gegeben. (sl) „Eine Hand voll Staub”, ... … 2004 im Silberburg-Verlag (Tübingen) in einer Neuauflage erschienen, hat wieder viele Men- Dr. Ursula Krause-Schmitt vom schen erreicht und berührt. Deshalb „Studienkreis Deutscher Wider- hat nun auch in diesen Tagen dtv stand” in Frankfurt ... eine Taschenbuchausgabe heraus ... war über gut 30 Jahre eine prä- gebracht – als „Sachbuch des gende Persönlichkeit, ja fast eine Monats”. Sie kostet 9,50 €. Institution unter den Menschen in Übrigens: Lina Haag hat im Januar Die Redaktion des „Antifaschistischen Info- Deutschland, die sich hauptberuflich Geburtstag, einen ziemlich runden … Blattes” in Berlin hat uns gebeten, eine Werbe- mit Erforschung und Vermittlung der Wir sind nicht abergläubisch und gra- Anzeige zu ihrer neuesten Nummer aufzu- nehmen. Erfahrungen aus dem Nationalsozia- tulieren von Herzen! Das machen wir gerne, da das „AIB” sehr genau lismus beschäftigt haben. die Lupe über das rechtsradikale Spektrum in Erfahrungen, die insbesondere von Deutschland hält und es so kenntlich macht. (sl) denjenigen kamen, die mit sozialis- tisch-kommunistischem Hintergrund Ein Holocaust-Leugner ... Widerstand gegen das NS-Regime ... wurde Ende September vom Ulmer geleistet hatten. Schöffengericht zu einer zweijährigen Nun ist Frau Krause-Schmitt in den Haftstrafe - ohne Bewährung - ver- 150 Jahre Diakonie in Württem- Ruhestand getreten, Thomas Altmeyer urteilt. (vgl. den Bericht von Hans-Uli berg ... ist ihr Nachfolger geworden. Mayer in der SüdwestPresse Ulm, ... wurde am 3. Juli rund um die Zahlreiche Publikationen und beson- vom 28.9.2005; auch NeuUlmer ehemalige Ulmer Dreifaltigkeitskirche, ders die von ihr betreute Zeitschrift Zeitung, 29.9.2005). Der 61-jäh- das heutige „Haus der Begegnung”, „Informationen” des „Studienkreises” rige Angeklagte aus einem Ulmer gefeiert. Der Erlös dieses Festes in - nun im 30. Jahrgang erscheinend Vorort hatte sich nicht nur durch ein Höhe von über 643,60 € ging als - gehören weitgehend zum Grund- Manuskript, das den Holocaust als Spende an die Projektarbeit des bestand gediegener, - und „Erfindung der Alliierten” bezeichnet, Dokumentationszentrums Oberer Leidenszeugen des Faschismus der „Volksverhetzung” schuldig Kuhberg. Dies teilte der Geschäfts- ernst nehmender Forschungen der gemacht. Er hatte überdies 2003 führer des Diakonieverbandes Ulm/ letzten Jahrzehnte. Als „Zeugin der versucht, den „Zentralrat der Juden Alb-Donau, Otto Frey, am 4. Oktober Zeitzeugen” gehört sie einer Gene- in Deutschland” zu erpressen, ihm mit. In diesem Zusammenhang wies ration an, die nun für den Ruhestand eine bestimmte Summe zu bezahlen, Frey auch darauf hin, dass ab 4. ansteht. Der Generationswechsel ist damit er das Manuskript nicht ver- November im Ulmer Münster die in der angesagt, ganz ähnlich übrigens wie öffentliche. Der Zentralrat erstattete „Euthanasie-Gedenkstätte Grafeneck” beim Ulmer Dokumentationszentrum. Anzeige. Der Angeklagte hatte schon erstellte Ausstellung über „Kranken- Wir danken Ursula Krause-Schmitt für mehrfach wegen Betruges vor Gericht mord im Dritten Reich” gezeigt wird – viele anregende Kontakte und wün- gestanden, noch nicht aber wegen eingedenk der historischen Tatsache, schen ihr und ihrem Nachfolger das dieser Form von „Volksverhetzung”. dass die Diakonie vielfach in diese Beste. (sl) (sl) NS-Verbrechen verwickelt war.

14 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 15 ++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze++Neues in Kü

„Das Leben des Hans Lebrecht Hans Lebrecht wird am 6. Aufgabe die Vermittlung der histori- aus Ulm” ... November an seinem Wohnort schen Inhalte an die Besucher, dar- ... ist der Arbeitstitel der Autobiogra- in Israel 90 Jahre alt. Wir vom unter ca. 5.000 Schüler jährlich, ist. phie von Hans Lebrecht, der 1915 in Doku-Zentrum, dem er, ebenso Wie uns auf unseren Antrag von Ulm geboren wurde. Wir haben schon wie seiner Vaterstadt Ulm, seit Januar 2005 hin mitgeteilt wurde, mehrfach in den Mitteilungen auf das Jahrzehnten eng verbunden ist, kann die Maßnahme noch ein Jahr, Entstehen dieses Buches, dessen gratulieren ihm von Herzen!! d.h. bis Mai 2007 verlängert werden. Erscheinen nun für 2006 geplant ist, Die Lebenserinnerungen des Hans Da die Landesstiftung keine Dauer- hingewiesen. Lebrecht sind die Chronik eines Finanzierung leisten darf, ist dann „deutsch-jüdischen Lebens” des 20. diese Form der Finanzierung definitiv Jahrhunderts: Die wichtigsten Sta- beendet. Allerdings müssen wir uns tionen: Geburt im Ersten Weltkrieg; jetzt schon Gedanken über eine glückliche Kindheit und Jugend in Anschlussfinanzierung machen. Das Ulm; Sohn einer wohlhabenden ersatzlose Streichen der Stelle würde liberal-jüdischen Fabrikanten-Familie; das weitestgehende Einstellen der aus der Bahn geworfen mit dem Gedenkstättenarbeit zur Folge haben. Machtantritt der Nazis 1933; Schul- Wer kann uns weiter helfen??? (sl) abbruch; Schlosser-Lehre; Tosca – eine Liebe fürs Leben; Widerstand; Emigration nach Palästina; Friedens- kämpfer und Zeitzeuge des Staates Israel von dessen Anfängen bis ins 21. Jahrhundert. Das DZOK Ulm nimmt Vorbestellungen des Buches jetzt schon entgegen, der Preis steht noch nicht fest. „Ich bedanke mich sehr herzlich ...... für eure Nachrichten, die mich in der letzten Zeit erreichten und die mich Die Landesstiftung immer sehr rühren.” So schrieb uns Baden-Württemberg ... Waclawa Galazka am 21. August aus ... unterstützt seit 1. Mai 2003 unser Lodz. Sie war 1944/45 Zwangsarbei- „Projekt Gedenkstättenpädagogik”, terin bei Telefunken in der Ulmer Wil- das in den ersten beiden von insge- helmsburg gewesen. Und sie hat mit samt drei Förder-Jahren sehr erfolg- 160 weiteren ehemaligen polnischen reich Gestalt angenommen hat. Für Zwangsarbeiterinnen 1996/97 auf Die beiden Fotos aus der wohl 2006 als Buch die Förderung sind wir sehr dankbar. unsere Einladung hin Ulm besucht und erscheinenden Autobiographie von Hans Leb- ist seither – zusammen mit anderen recht zeigen ihn zwei Mal mit seiner Lebensge- Die Fördersumme deckt etwa 80 % fährtin Tosca Loewy, Tochter des Ulmer Kantors: der Personalausgaben für die Stelle – eine sehr liebe Freundin und Beglei- 1937 frisch verliebt in Ulm, und etwa 50 Jahre der Gedenkstättenpädagogin, deren terin unserer Arbeit geworden. Sie fuhr später daheim, im Kibbutz Beit Oren in Israel. in ihrem Brief fort: (M. Pozniak) „Unsere Generation hat nach dem, was sie erleben musste, geglaubt, dass der Mensch niemals, niemals mehr seine Hand gegen einen anderen erhebt. Umso schmerzlicher erleben wir die aktuellen Ereignisse. Wie weit haben wir uns von unseren Träumen entfernt!!! Auf der einen Seite Gewalt und Grau- samkeit; aber auf der anderen streben vor allem junge Menschen nach Frieden und Freundschaft - das gibt uns ein bisschen Hoffnung. Vielleicht kommt nach uns eine neue Genera- tion, die in der Liebe und Toleranz den Sinn des Lebens neu findet. Möge das kein Traum sein!! ...” (iw)

16 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 17 es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+

Der Gedenkort des Künstlers Harald Walter in den „Mariaberger Heimen” (72501 Gammertingen), der an die 61 am 1. Oktober und 13. Dezember 1940 deportierten und in Grafeneck ermordeten Bewohner der Anstalt Maria Berg erinnert. (Foto: Mariaberger Heime)

Dr. Annette Schavan und Dr. Monika Stolz … … sind nicht nur zwei Politikerinnen, die in den letzten Wochen Karriere gemacht haben. Sie sind beide auch der Region Ulm mit ihren neuen Auf- gaben eng verbunden. Annette Schavan, bis Ende September baden-württembergische Kultusminis- terin, wurde im September für den Wahlkreis Ulm per Direktmandat für die CDU in den Bundestag gewählt. Sie steht bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe unmittelbar davor, „Bundes- ministerin für Bildung und Forschung“ zu werden. Damit wäre sie künftig Verbrechen der Nazis an Hand von die sogenannte „Entschädigung bzw. auch für die Gedenkstättenförderung Beispielen aus Oberschwaben ... Wiedergutmachung” in der Bundesre- der Bundesrepublik zuständig. ... war das Thema einer Tagung am publik an NS-Verfolgten stammte von Monika Stolz, bisher schon Ulms 21. und 22. Oktober 2005 in Maria Roland Müller, dem Leiter des Stutt- Landtagsabgeordnete der CDU, Berg, unweit Sigmaringen. Maria Berg, garter Stadtarchivs. Ein Tagungsband wurde am 5. Oktober als Staatssekre- ehemals Kloster, ist seit 160 Jahren soll 2007 erscheinen. (sl) tärin im Kultusministerium Mitglied der ein Behinderten-Heim, aus dem in der Landsregierung . Sie tritt die Nachfolge NS-Zeit 61 Bewohner nach Grafeneck von Helmut Rau an, der gleichzeitig deportiert worden waren. zum Kultusminister Die Tagung wurde von der Regionalge- ernannt wurde. schichte verpflichteten Organisationen Da fast 80 Prozent veranstaltet, die sich in den ersten 60 der Besucher des Jahren nach der Befreiung vom NS- Ulmer Dokumen- Regime vorwiegend mit „schöneren t a t i o n s z e n t r u m s Aspekten” der Geschichte beschäftigt Schüler/-innen des hatten. Landes sind, rückt Immerhin: ein guter Anfang wurde nun auch Frau Dr. unter der engagierten Leitung des Stolz dem DZOK ein Sigmaringer Kreisarchivars Dr. Edwin gutes Stück näher. Ernst Weber – und mit einem Gruß- Wir wünschen beiden wort einer veritablen Ministerin, Tanja Frauen viel Glück, Gönner, versehen – gemacht. Erfolg und persön- 14 Aspekte wurden exemplarisch liche zufriedenheit in behandelt, u. a.: die frühen KZs Heu- den neuen Ämtern. berg und Kuhberg, die späten KZs Und uns wünschen des „Unternehmens Wüste”; Verfol- wir viele gute, freund- gung und Vernichtung von Juden und liche Kontakte … (sl) Sinti und Roma; verfolgte Künstler und Pfarrer; der Mord an Behinderten. Besonders bemerkenswert waren die Fallbeispiele der Morde an alliierten Piloten in der Endphase des Krieges und auch das Referat über „Rassen- Annette Schavan am 14. schande-Aktionen” am Beispiel des Februar 2004 im Ulmer öffentlichen Haare-Scherens einer Stadthaus. Als Mitglied des Ehrenrates der „Stiftung jungen Frau am Ulmer Marktplatz Erinnerung Ulm“ hielt sie Ende August 1940. Das so wichtige an diesem Abend die Fest- wie komplizierte Schlussreferat über rede. (Foto Nülle; A-DZOK, Stiftung 2004)

16 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 17 ++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Bücher+++Neue Bücher++

Sophie Scholl bei Kriegsbeginn ist in der Tat das fast zeitlos Anrüh- ckel gefasste Ausstellung, sondern 1939: „Sag nicht, es ist für’s Vater- rende dieses Briefwechsels. auch ein ausgezeichnetes Lesebuch land” Für die Auswahl der 313 ungekürzt und Nachschlagewerk darstellt. wiedergegeben Briefe (von insgesamt Der Band dokumentiert vier Dauer- Thomas Hartnagel (Hg.): 400) seien vier Aspekte Ausschlag ausstellungen, die sich an den authen- Sophie Scholl, Fritz Hartnagel. gebend gewesen: Die Entwicklung tischen Tatorten befinden: Geschichte Damit wir uns nicht verlieren. der Liebesbeziehung; die Grundzüge und Nachgeschichte des Lagers; das Briefwechsel 1937 – 1943, Frankfurt der religiösen und philosophischen KZ als Dienststelle der SS; Zwangsar- (S. Fischer) 2005. 494 S., 25,00 € Fragen; die Persönlichkeitsentwick- beit in der Rüstungsproduktion; KZ- lung der beiden; die zeitgeschichtli- Zwangsarbeit in der Ziegelproduktion. Das vielleicht wichtigste Buch zur chen Umstände. Bemerkenswert an diesem Katalog Geschichte der „Weißen Rose” seit Wichtig in dieser Briefausgabe sind ist, dass nicht etwa Ausstellungstafeln längerer Zeit ist vor wenigen Wochen auch Hartnagels Erläuterungen zu abgebildet sind, sondern dass exem- erschienen und in Ulm am 11. Personen, Begriffen und Ereignissen. plarische Abbildungen herausgegriffen Oktober von seinem Herausgeber Erläuterungen, die primär aus Gesprä- sind, um die jeweils auf einer Seite Thomas Hartnagel vorgestellt worden. chen mit seiner Mutter (und Sophies skizzierten Einzelaspekte zu illust- Der Superlativ „wichtigstes Buch” Schwester) Elisabeth und aus anderen rieren. erscheint dadurch gerechtfertigt, dass Familienerinnerungen stammen. Ergänzend zum Ausstellungsband hier auf fast 500 Seiten bisher nur Fazit: Zusammen mit Hermann Vinkes ist eine CD (19,90 €) mit den bisher bruchstückhaft publizierte, in Privatbe- ein halbes Jahr zuvor erschienener bekannten Namen von 23.000 in Neu- sitz befindliche Original-Quellen, näm- Biografie, „Fritz Hartnagel. Der Freund engamme ums Leben gekommenen lich der Briefwechsel zwischen Fritz von Sophie Scholl”, ergänzen diese Häftlingen herausgekommen- dar- Hartnagel und Sophie Scholl zwischen Briefe das Wissen um die Weiße unter der ehemalige Kuhberg-Häftling November 1937 und Februar 1943, Rose und Sophie Scholl erheblich. Ludwig Herr aus Kornwestheim. veröffentlicht wurden. Sie bringen mit Fritz Hartnagel, dem Hinzuweisen ist überdies auf den Thomas Hartnagel ist der 1947 in Ulm im Einfluss Sophies immer mehr an sehr verdienstvollen „Wegweiser zu geborene älteste von vier Söhnen seiner Situation verzweifelnden Ulmer Stätten der Erinnerung an die Jahre von Elisabeth Scholl (Sophies älterer Berufs-Offizier, eine Dimension in 1933 – 1945” in , der insge- Schwester) und Fritz Hartnagel. das Verständnis der Weißen Rose, samt 65 Gedenkstätten und Mahn- Er arbeitet heute als Studienrat für die bisher weitgehend unbekannt male auflistet. Geschichte an einem Hamburger war. Beide Bücher sind wunderbare Kontakte über die KZ-Gedenkstätte Gymnasium. Weihnachtsgeschenke – nicht nur für Neuengamme, Jean-Dolidier-Weg 39a, Thomas Hartnagel skizzierte bei Ulmerinnen und Ulmer, aber für die 21039 Hamburg; tel. 040-428131- seiner Ulmer Buch-Präsentation bzw. ganz besonders! (sl) 500; e-mail: info@kz-gedenkstaette- in seiner Einleitung seine Motive und neuengamme.de Kriterien für die Edition der Briefe. (sl) Sein Vater habe die Briefe immer als ein Stück seiner „intimen Sphäre” Die neu gestaltete KZ-Gedenk- betrachtet und hätte einer Veröffent- stätte Neuengamme lichung nicht zugestimmt. Deshalb Medizin und KZs habe er, der Sohn, sich erst nach KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hg.): langen Überlegungen dazu ent- Die Ausstellungen, Hamburg (Edi- Judith Hahn, Silvija Kavcic, Christoph schieden. Gründe waren die eigene tion Temmen) 2005, 240 S., 14,90 €. Kopke (Hgg.): Neugier gegenüber einem Stück Fami- Medizin im Nationalsozialismus liengeschichte, aber vor allem auch Am 4. Mai wurde zum 60. Jahrestag und das System der Konzentrati- das Anliegen des Historikers, das Bild der Befreiung nach jahrelangen inten- onslager. Beiträge eines interdis- des Vaters und auch Sophie Scholls siven Arbeiten die als Begegnungs-, ziplinären Symposiums, Frankfurt/ zurecht zu rücken bzw. zu ergänzen. Ausstellungs- und Studienzentrum Main (Mabuse) 2005; 215 S., 23,00 € Als Geschichtslehrer kenne er über- neu gestaltete KZ-Gedenkstätte Neu- dies die Faszination, die von konkreten engamme eröffnet. Da dieses 1938 Dies ist ein Band einer Tagung historischen Gestalten und Schick- als Aussenlager von Sachsenhausen „Medizin und Konzentrationslager”, salen und insbesondere von Sophie gegründete und 1940 selbständig die in Zusammenarbeit mit dem „Zen- Scholl ausgehe. Dazu komme, dass gewordene zentrale KZ für Nord- trum für Human- und Gesundheitswis- die Briefe Sophie nicht als die alles deutschland bis zum Kriegsende senschaften” der Berliner Hochschul- überragende „Heldin”, sondern als bestand, sind heute noch über tau- medizin 2003 durchgeführt wurde. „ganz normale junge Frau” erscheinen send (von insgesamt über 100.000) Zwölf Autorinnen und Autoren kreisen lassen, die in ihren Gefühlslagen gar Häftlinge am Leben. Viele waren mit von verschiedenen historischen Orten nicht weit von heutigen Mädchen Angehörigen aus über 20 Staaten zur aus und in unterschiedlichen Perspek- entfernt sei. „Das Ringen zweier sehr Eröffnungsfeier gekommen. tiven , aber auch mit unterschiedlichen unterschiedlicher junger Menschen Gleichzeitig erschien der dreisprachige Frageansätzen die Thematik einer um eine gelungene Liebesbeziehung” Katalog, der nicht nur eine in Buchde- „Medizin im KZ” ein.

18 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 19 cher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neu

Berührt werden dabei insbesondere Spürsinn und Leidenschaft, viel Kom- Die Weiße Rose, u. a. in theologi- die Lager von Mittelbau-Dora, Sach- petenz in philologisch-historischer scher Perspektive senhausen und Natzweiler-Struthof. Quellenkritik und ein von Mal zu Mal Aspekte sind die „Krankenbauten” größeres Wissen zeichnen diese Detlef Bald (Hg.): der Häftlinge, „Sterilisierung und beiden Publikationen zu Wittenstein „Wider die Kriegsmaschinerie”. Kastration von Häftlingen”, Men- und Harnack aus. Kriegserfahrungen und Motive schenversuche mit Malaria-Erregern. Jürgen Wittenstein (geboren 1919 in des Widerstandes der „Weißen Auch wichtige NS-Institutionen wie Tübingen, heute in Santa Barbara, Rose”, Essen (Klartext) 2005, 210 S., die „Rassenhygienische Forschungs- Kalifornien, lebend) lernte im Winter 14,90 € stelle”, die medizinische Fakultät der 1938/39 in München Alexander Universität Straßburg und die „Preu- Schmorell kennen und kam im Juni/ Sie erinnern sich vielleicht, liebe Leser, ßische Landesanstalt für Wasser-, Juli 1942 in Kontakt zum engeren Kreis vor zwei Jahren erschien ein Weiße- Boden- und Lufthygiene” werden der Weißen Rose. Zu einem Zeitpunkt Rose-Buch des Militärhistorikers detailreich dargestellt. also, als die ersten vier Flugblätter pro- Detlef Bald mit dem Untertitel „Von Was – aus der Ulmer Kuhberg-Per- duziert und verteilt wurden. Er gehörte der Front in den Widerstand”. Bald spektive – zu fehlen scheint: der zu der „Studentenkompanie”, deren versuchte darin nachzuweisen, dass Stellenwert der Medizin in den frühen Weiße-Rose- Teil ab Ende Juli für fast die Kriegserfahrung an der Ostfront Lagern bis hin zu den Lagern der Vor- drei Monate an die Ostfront geschickt im August/September 1942 den kriegszeit. wurde. Und Wittenstein ist es, von Widerstand der Gruppe entscheidend Fazit: wissenschaftlich kompetent, dem die berühmten Fotos mit Sophie radikalisiert hätte. Es war von drei inhaltsreich und weiterführend. (sl) Scholl stammen, die beim Abschied Studenten aus dem inneren Weiße- der Studenten-Soldaten am Mün- Rose-Kreis (Scholl, Graf, Schmorell) chener Ostbahnhof gemacht wurden. und zwei Freunden in dessen Nähe Wittenstein hat sich seit Kriegsende (Furtwängler, Wittenstein) die Rede. Jürgen Wittenstein und Falk bis in die Gegenwart in vielfachen Diese These war damals von kom- Harnack: wichtige „Randfiguren” Zusammenhängen zur Weißen Rose petenten Weiße-Rose-Forschern wie der Weißen Rose und seinem Beitrag dazu geäußert. Armin Ziegler und Johannes Tuchel Widersprüchlich, wie Ziegler meint, und auch in den „Mitteilungen 40” Armin Ziegler: weshalb er mit Wittenstein in Kontakt zurückgewiesen worden, da die Jürgen Wittenstein und die getreten ist und ihn damit konfron- Belege fehlten. Geschichte der „Weiße Rose” tiert hat. Wittenstein hat geantwortet Im einleitenden Aufsatz zu einem jetzt (Manuskript), Schönaich 2005; 55 S. und diese Antwort ist nun in Zieglers erschienenen und von ihm heraus- plus Anhang. Beitrag eingegangen. Äußerst lesens- gegebenen Sammelband wiederholt Ders.: wert! Bald die These in leicht veränderter Dramaturg des Widerstands: Die zweite Publikation behandelt Falk Form. Deshalb ist sie freilich nicht Falk Harnack und die Geschichte Harnack (geboren 1913 in Stuttgart, glaubwürdiger geworden, wie auch der „Weiße Rose”, Manuskript, verstorben 1991), dessen Aussagen Ziegler jüngst akribisch nachgewiesen Schönaich 2005; 35 S. plus Anhang. zu seiner Sicht der Weißen Rose hat: www.weisse-rose-studien.de. (vgl. auch: www.weisse-rose- ebenfalls einer kritischen Prüfung Allerdings: der vorliegende Sammel- studien.de) unterzogen werden. Harnacks zwölf band enthält auch anderes, das zwar Jahre älterer Bruder Arvid war füh- weitgehend nicht neu ist in der weiten Fast jede Nummer der Mitteilungen rendes Mitglied der von den Nazis Weiße-Rose-Literatur, das aber doch (zuletzt die Nr. 43) der letzten Jahre so genannten Berliner Widerstands- – oft in theologisch-geistesgeschichtli- enthält die Besprechung einer gruppe „Rote Kapelle” gewesen, cher Perspektive – einige gute Zusam- neuen Publikation von Armin Ziegler wurde verhaftet und am 22. Dezember menfassungen zu den zentralen Per- zu seinem Themenkomplex, der 1942 hingerichtet. Falk Harnack sonen der Gruppe (mit Ausnahme von Geschichte der Weißen Rose. Der hat sich um Weihnachten 1942 in Christoph Probst) bringt: unglaublich produktive Weiße-Rose- Chemnitz mit So schreibt Jakob Knab über „Religion Forscher hat in kürzester Zeit neue und getroffen, um über als Leitlinie bei Hans Scholl” und über Studien in Form zweier überaus span- eine reichsweite Aktivität der Weißen Sophie Scholls „Suche nach Sinn und nender Manuskripte vorgelegt. Und Rose zu sprechen. Er wurde deshalb Bekenntnis zum Widerstand”; Win- das Kennzeichnende daran ist, dass am 6. März 1943 verhaftet und stand fried Vogel über „Alexander Schmo- da nicht ein weiterer mehr gefühliger im zweiten Weiße-Rose-Prozess, 19. rell und Russland”; Detlef Bald über als historisch-konkreter Ansatz zu April 1943, als Angeklagter vor Freisler die „Deutung des Widerstands bei registrieren ist, sondern die Bemü- – wurde aber freigesprochen. ”; Wolfgang Huber über die hung um größte wissenschaftliche Ziegler stellt nun Aussagen von Zeit- Widerstandsmotive seines Vaters Kurt Faktentreue und Überprüfbarkeit zeugen, Historikern und Harnack Huber. Dazu kommen drei Aufsätze, überall spürbar wird. Was immer man gegenüber, ohne in allem eine schlüs- die der Weißen Rose nahe gelegene in Sachen „Weißer Rose” unternimmt, sige Antwort zu finden. So ist der Aspekte behandeln. Arno Lustiger es lohnt sich immer, „beim Ziegler” auf Leser gefragt, sich eine Meinung zu schreibt über den „deutschen Wider- der website nachzuschauen … bilden. (sl) stand und den Holocaust” sowie über

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den „Widerstandswillen der deutschen Innenarchitektur; Architektur; Kerami- ganz oder partiell umgemünzt: Aus Juden”; Manfred Messerschmidt über kentwürfe; Textilien; Kunststoffobjekte; „Stille Nacht” wurde „Hohe Nacht die Volksgerichtshof-Urteile zu den vier Graphik. der klaren Sterne”, „Tochter Zion, Soldaten im inneren Kreis der Weißen Zwei Hinweise: Im Laupheimer freue dich” wurde ganz verboten; Rose; und Karl Heinz Jahnke über den „Museum zur Geschichte von Christen aus „Christ, der Retter ist da” wurde Platz der Weißen Rose innerhalb des und Juden” befindet sich im Rahmen „Unser Führer, der Retter ist da!” Jugend-Widerstands gegen das NS- der Dauerausstellung ein Friedrich- Besondere Anstrengungen zur NS- Regime. (sl) Adler-Zimmer. Transformation forderte natürlich der Und wer am Thema „jüdisch-deutsche Krieg: einerseits „Deutsche Weihnacht Künstler und Jugendstil” interessiert an allen Fronten”, andererseits die Friedrich Adler, ist, der sei auf die von 10. November unvollständige Familie. Ein Beispiel ein großer Künstler aus Laupheim bis 11. Dezember 2005 in der „Alten aus einem Weihnachtsbilderbuch für Synagoge Essen” laufende Ausstel- Soldatenkinder: Ernst Schäll: lung „Ephraim Moses Lilien – Jugend- „Der Vati grüßt euch alle schön, Friedrich Adler. Leben und Werk, stil und Zionismus” hingewiesen. (sl) er freut sich auf das Wiedersehn, Bad Buchau (Federsee-Verlag) 2004, auf Euch, auf Mutti und Zuhaus. 136 S., 34,50 €. Und ist der große Krieg erst aus, „Deutsche Weihnacht!” dann feiert ihr nicht mehr allein, Ernst Schäll, der hochverdiente Erfor- dann wird der Vati bei euch sein.” scher und Vermittler der jüdischen Breuer, Judith; Breuer, Rita: Wie es dann Weihnachten 1945 – jetzt Geschichte Laupheims hat sein Von wegen Heilige Nacht! Das vor 60 Jahren – war, als ein kleiner Teil eigenes Lebenswerk mit einem Buch Weihnachtsfest in der politischen der „Vatis“ wieder da war, darüber über „Leben und Werk” eines der Propaganda, Mülheim (Verlag an der sollte man vielleicht noch „Vati und großen jüdischen Söhne seiner Stadt Ruhr) 2000; 218 S., 20,40 €. Mutti” oder „Oma und Opa” befragen. gekrönt: nämlich über Friedrich Adler Und dabei wäre dieses Buch sicher (1878 – 1942), einen bedeutenden Das vorliegende Buch ist weder neu, ein gutes Mittel, der Erinnerung auf die Künstler und Meister des Jugend- noch hat es einen spezifischen Bezug Sprünge zu helfen … (sl) stils. Sein Werk ist umfangreich, doch zur Region Ulm; zwei Kriterien, die infolge seines Verfolgungs-Schicksals normalerweise Besprechungen in unter den Nazis weit verstreut. Adler diesen Spalten bewirken. Weiße-Rose-Arbeitskreis Crailsheim wurde am 11. Juli 1942 von Hamburg Aber: Weihnachten steht bevor und e. V. (Hg.): Crailsheim und die Weiße aus nach Theresienstadt deportiert dieses Buch befasst sich mit Weih- Rose, Crailsheim 2005, 60 S. und von dort wohl bald danach nach nachten auf gleichermaßen vergnüg- Auschwitz. liche wie lehrreiche Weise. Deshalb Die Stadt Crailsheim ist der Weißen Der bisher umfassendste Versuch, präsentieren wir es hier. Rose historisch in mehrfacher Weise Adler wieder in das Bewusstsein der Der 24. Dezember und die Festtage verbunden: deutschen und internationalen Gegen- drumherum gehören zum zentralen - Robert Scholl war von Juni 1917 wart zu holen, war die Ausstellung Inventar der deutschen Gesellschaft, bis Ende 1919 „Schultheißenamts- „Friedrich Adler – zwischen Jugendstil ihrer Sehnsüchte und Abgründe. verweser” im heute eingemeindeten und Art Déco”, die ab 1994 u. a. in Jede Familie entwickelt ihr Ritual, ihre Ortsteil Ingersheim-Altenmünster; München, Nürnberg, Leipzig, Ham- Freuden- und Horrorszenarien, immer - Inge und Hans Scholl wurden in burg, Chicago und Laupheim gezeigt abhängig und zurückverweisend auf Ingersheim geboren; worden war. Der damals (Stuttgart die jeweiligen gesellschaftlichen und - und Eugen Grimminger wurde 1894 1994) erschienene Katalog mit vielen politischen Gegebenheiten. Denn in Crailsheim geboren. Er bekam wissenschaftlichen Beiträgen ist leider es ist kein System, keine Institution hier 1918 eine Stelle, wurde ein vergriffen. denkbar, die nicht den Mythos Weih- Freund des Vaters und der Familie Schälls Buch tritt nun an seine Stelle, nachten auch für die eigenen Zwecke, und unterstützte schließlich die weniger als historisch-wissenschaft- d. h. die Einbindung von Menschen Flugblattaktionen der Weißen Rose liche Verortung Adlers, aber doch als nutzt. mit erheblichem Geld unterstützte. ein umfassendes, reich bebildertes Dieses Buch, ausgestattet mit histo- Werkverzeichnis. rischen Abbildungen auf jeder Seite, Das Büchlein enthält kleine Portraits zu Nach einer biographischen Einleitung orientiert sich an acht Perioden des Robert, Inge und Hans Scholl sowie zu werden in elf Kapiteln die künstleri- 20. Jahrhunderts, vom Ersten Welt- Eugen Grimminger und zweien seiner schen Disziplinen dargestellt, in denen krieg bis zum „geteilten Deutschland”. Crailsheimer Freunde. Dazu kommt Adler tätig war. Dies sind: Im Mittelpunkt steht allerdings die Zeit ein Crailsheimer Stadtplan mit allen (jüdische) Sakralkunst, von Syna- der nationalsozialistischen Volksge- Straßennamen zum Weiße-Rose- gogen-Glasfenstern bis zu Kultge- meinschaft unterm „artgerechten” Gedenken und manches mehr. genständen; Grabmale (u. a. am Lichterbaum. Weihnachten wurde Ein gelungener Überblick aus der Laupheimer jüdischen Friedhof); zum „Julfest” und da der Deutsche lokalen Perspektive! Metallobjekte; Silber und Elfenbein; zu Weihnachten besonders gerne Kontaktadresse: Hhartleitner@t- Schmuck-Entwürfe; Möbel und singt, wurde christliches Sangesgut online.de;.- Tel. 07951-21292

20 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 21 Veröffentlichungen des DZOK

DZOK-Manuskripte Sonderveröffentlichungen

Bd. 1: Ulmer Geschichtswerkstatt zur NS- „… daß es so etwas gibt, wo man Menschen einsperrt …“. Zeit (Hg.), Das KZ Oberer Kuhberg bei Ulm. Die „Hitlerjugend“ am Beispiel der Ein Film von Bernhard Häusle und Siegi Jonas, Region Ulm/Neu-Ulm. Ein Aspekt im Stuttgart 1995, 33 Min., 18 €. Umfeld der „Weißen Rose“, 1942/43. Eine kommentierte Dokumenten- und Materia- „Ich bin ja jetzt der Letzte …“ lien-Sammlung, Arbeiterkultur – Jugendwiderstand – Konzentrationslager. 6. Aufl. 2004, 170 S., 10 €. Hans Gasparitsch, geboren 1918 in Stuttgart, erzählt. Ein Film von Silvester Lechner und Roland Barth; Ulm 1999, Bd. 2: Claudia Dauerer, VHS-Video, 40 Min., 25 €. Alfred Moos, ein Ulmer Jude auf der Flucht vor dem NS-Staat. Ein Beitrag zur Peter Stratmann (Hg.), deutschen Emigration nach Palästina. Zugänge. Neunzehn direkt einsetzbare Unterrichtseinheiten für eine Ulm 1995, 2. Aufl. ,150 S., 8 €. vertiefende Auseinandersetzung mit der Ulmer KZ-Gedenkstätte, Ulm (DZOK), 2. Aufl. 1999, 60 S., 5 €. Bd. 3: Silvester Lechner (Hg.), Schönes, schreckliches Ulm. 130 Silvester Lechner (Hg.), Berichte ehemaliger polnischer Die Kraft, nein zu sagen. Zeitzeugenberichte, Dokumente, Materi- Zwangsarbeiterinnen und Zwangsar- alien zu Kurt Schumachers 100. Geburtstag. beiter, die in den Jahren 1940 bis 1945 Ulm (DZOK) 1995, 80 S., 10 €. in die Region Ulm/Neu-Ulm verschleppt worden waren, Markus Kienle, 2. Aufl. 1997, 420 S., 20 €. Gotteszell – das frühe Konzentrationslager für Frauen in Württem- (Zur Zeit vergriffen!) berg. Die Schutzhaftabteilung im Frauengefängnis Gotteszell in Schwä- bisch Gmünd, Bd. 4: Silvester Lechner, Ulm (Klemm & Oelschläger) 2002, 90 S.,12 €. Ulm im Nationalsozialismus. Stadt- führer auf den Spuren des Regimes, der Markus Kienle, Verfolgten, des Widerstands. Das Konzentrationslager Heuberg bei Stetten am kalten Markt, Ulm 1997, 120 S., 8 €. Ulm (Klemm & Oelschläger) 1998; (Zur Zeit vergriffen!) 220 S., 50 Abb., 10 €.

Bd. 5: Myrah Adams, Vorstand Stiftung Erinnerung Ulm (Hg.), Die Würde des Menschen ist unan- Die Stiftung Erinnerung Ulm – tastbar. Das KZ Oberer Kuhberg in für Demokratie, Toleranz und Menschenwürde. Ulm, 1933 – 1935, Katalog zur Ausstel- Ihre Gründung, ihr Zweck, ihre Ziele, lung, Ulm 2004; 64 S., 22 Abb., 10 €. Ulm 2002, 64 S., 138 Abb., 10 €. Ulm/Neu-Ulmer Arbeitskreis 27. Januar (Hg.), Bd. 6: Oberschulamt Tübingen, Dokumen- Als der Sport in Ulm 1933 nationalsozialistisch wurde … tationszentrum Oberer Kuhberg (Hgg.), Aufsätze und Dokumente, Manuskript, „Württembergisches Schutzhaftlager Ulm (DZOK) 2005; 68 S., 8 €. Ulm“. Ein frühes Konzentrationslager im Nationalsozialismus (1933-1935). Friedrich Fröschle (Leitung), Materialien für den Besuch der Ulmer KZ- CD des Chor-Konzertes am 17.12.2004 im Ulmer Münster zur Erinne- Gedenkstätte mit Schülern, rung an die Zerstörung Ulms vor 60 Jahren: Tübingen/Ulm 2004, 120 S., Rudolf Mauersberger: Wie liegt die Stadt so wüst. Johannes Brahms: 15 Abbildungen, 8 €. Deutsches Requiem, 16 €.

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20 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 21 DZOK-Veranstaltungen Winter/Frühjahr 2005/06

DZOK-Treff: Nationalsozialismus rigen Sohn Adolf von Lodz nach Ulm „Stolpersteine” damals und heute über, wahrscheinlich, weil sie sich ein Historische Ereignisse der Ein offener politischer Gesprächskreis besseres Leben hier erwarteten. Sie NS-Zeit in der Ulmer Region: des Ulmer Dokumentationszentrums, gründeten einen Zigarrenladen und Lernen, Sprechen, Bearbeiten in der Regel jeweils dritter Donnerstag hatten Ende der Zwanziger Jahre Eine Veranstaltungsreihe des Doku- im Monat, 20 Uhr, deren drei: im Hafenbad, in der Frau- mentationszentrums Oberer Kuhberg Ulmer Volkshochschule enstraße und in der Hirschstraße. mit und in der Ulmer Volkshochschule 24. November 2005; 19. Januar, 16. 1930 heiratete Adolf Frenkel Ida Ein- dienstags, 21. Februar, 7. März, Februar, 16. März, 27. April, 18. Mai, stein aus Fellheim bei Memmingen 14. März, 21. März, 28. März 22. Juni, 20. Juli 2006 und im Juni 1933 wurde ihr erster Moderation: Silvester Lechner Verantwortlich: Karin Jasbar, Fritz Sohn Heinz geboren. Bauer, Silvester Lechner Im Herbst 1938 war die Ulmer Zeit der Frenkels vorbei, sie wurden aus Dienstag, 21. Februar, 20 Uhr Ulm vertrieben. Der sechseinhalb- Josef Furtmeier – jährige Heinz bekam 1940 über den ein Freund der Weißen Rose dzokki-Treff „deutsch-jüdischen Kinderhilfsverein” Christine Hikel Öffentliches Treffen der Jugendgruppe eine Einreisegenehmigung in die vh Ulm des Dokumentationszentrums, USA, die Mutter Ida konnte dorthin im in der Regel jeweils erster Dienstag im Herbst 1941 gerade noch emigrieren, An diesem Vorabend zum 62. Monat, 1700 Uhr, ehe die Deportationen begannen. Jahrestag der Hinrichtung der Ulmer Volkshochschule Vater Adolf Frenkel aber gehörte Geschwister Scholl soll „in Sachen 6. Dezember; 10. Januar, 7. Februar, zur ersten Gruppe von württember- Weiße Rose” ein weiteres Kapitel auf- 7. März, 4. April, 2. Mai, 13. Juni, gischen Juden, die im Dezember geschlagen werden, und zwar das von 4. Juli 1941 nach Riga deportiert und dort Josef Furtmeier. ermordet wurden. Der aus dem Staatsdienst entlassene, Heinz Frenkel, der sich heute Henry gebildete Josef Furtmeier (geb. 1887) Frankel nennt und in Edison in New war seit 1942 ein väterlicher Freund, Argumentationstraining gegen Jersey lebt, hat nun 72 bewegte geistiger Anreger und Gesprächs- Stammtischparolen Lebensjahre hinter sich – voller partner von Hans Scholl. Er gehörte Dr. Klaus-Peter Hufer Geschichten und Geschichte. zur unmittelbaren Umgebung des Samstag, 21. Januar, 9 bis 1730 Uhr Darüber wird er, der zusammen mit „inneren Zirkels” der Weißen Rose in Gebühr: 30/24 € seiner Frau Helene eine Woche lang den Jahren 1942/43. Sein jetzt ver- (10 bis 15 Teilnehmer) Gast in Ulm ist, im Gespräch mit öffentlichter Briefwechsel mit Rudolf vh Ulm (dort auch Voranmeldung!) Ingo Bergmann und Silvester Lechner und Gerda Rossmann zeichnet seine berichten. Lebenslinien und Gedankenwelt nach (Mit Unterstützung der Gedenk- und wird an diesem Abend von der stätten-Förderung des Landes Baden- Mit-Herausgeberin vorgestellt. Nationaler Gedenktag für die Württemberg) Opfer des Nationalsozialismus, 27. Januar 2006 Dienstag, 7. März, 20 Uhr Ich/ wir und der Nazi in uns Was in Ulm am Oberen Kuhberg Dienstag, 14. Februar, 19 Uhr Gespräch mit einem Ehepaar, das seit begann … Stadthaus Ulm fast 55 Jahren mit sich und anderen Zur Geschichte des KZ-Systems, über die Nazi-Zeit spricht 60 Jahre nach der Befreiung von 3. Jahrestag der Stiftung Erinne- Renate und Ulrich Finckh Auschwitz rung Ulm vh Ulm Silvester Lechner OB Ivo Gönner: Begrüßung Freitag, 27. Januar, 1430 Uhr Dr. Ilse Winter: Renate Finckh, in Ulm geboren 1926, KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg Bilanz 2005 und Ausblick war bis zum Ende des NS-Regimes Dr. h. c Joachim Gauck: dessen glühende Anhängerin. Vor Lodz – Ulm – New Jersey „Diktaturerfahrungen der Deutschen allem beim Reden mit ihrem Mann Die Geschichte der jüdischen im 20. Jahrhundert und was daraus (geb. 1926), den Sie 1950 kennen Familie Frenkel, die 1938 aus Ulm zu lernen ist” lernte und der weit mehr Distanz zum vertrieben wurde dzokkissimi, die Streichergruppe der Regime durchs Elternhaus mitbe- Freitag, 27. Januar, 20 Uhr DZOK-Jugend kommen hatte als sie, lernte sie, ihre Stadthaus Ulm Verführungen zu erkennen und auch literarisch zu beschreiben. So zum Um 1906 siedelten Jakob und Ida Beispiel in den Büchern „Sie verspra- Frenkel zusammen mit ihrem zweijäh- chen uns die Zukunft – Eine Jugend

22 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 23 im Nationalsozialismus”, Tübingen Dienstag, 21. März, 20 Uhr Dienstag, 28. März, 20 Uhr (Silberburg) 2002, sowie „Das bittere Am Pranger – Ulmer Marktplatz Stolpersteine, wider das Ver- Lächeln”, Eberswalde 2006. August 1940 gessen – auch in Ulm? Über den Prozess des gemeinsamen Die Geschichte eines 19-jährigen Gunter Demnig und Michael Moos Erinnerns ist an diesem Abend zu Mädchens, dem wegen eines vh Ulm sprechen. Kontaktes zu einem französischen Kriegsgefangenen öffentlich die Haare Seit fast zehn Jahren verlegt der in Dienstag, 14. März, 20 Uhr geschoren wurden Köln lebende Künstler Gunter Demnig Karl Buck – zum KZ-Komman- Dr. Franco Ruault von ihm erdachte „Stolpersteine” in danten geboren? vh Ulm vielen Städten Deutschlands und Das Leben des Karl Buck aus Ruders- auch Baden-Württembergs; so z. B. berg, u. a. Kommandant des KZ „Dummes Geschwätz um eine Ehr- in Stuttgart, Schwäbisch Hall, Pfullen- Oberer Kuhberg in Ulm lose”, lautete die Überschrift zu einem dorf, Überlingen, Lahr Karlsruhe, Frei- Myrah Adams Artikel im Ulmer Tagblatt vom 28. Sep- burg, Offenburg, Kippenheim u. a. vh Ulm tember 1940. Und darunter war ein „Stolpersteine” werden mit der Bild zu sehen, das heitere, lachende Inschrift „Hier wohnte …”, dem Karl Buck (1894 – 1977) ist wohl der Gesichter einer „vieltausendköpfigen Namen und den Lebensdaten, vor einzige KZ-Kommandant im NS- Menschenmenge” – wie es in dem Häusern angebracht, in denen Opfer Regime gewesen, der dieses Amt Artikel heißt – auf dem überfüllten des Nationalsozialismus gewohnt während der gesamten NS-Zeit aus- Marktplatz zeigt. Die Ulmerinnen hatten. Natürlich muss der gegenwär- geübt hat. Er war von Frühjahr 1933 und Ulmer jeden Alters und beider tige Hausbesitzer zustimmen und es an Kommandant der württembergi- Geschlechter sehen zu, wie einer muss sich für jeden Stolperstein (95 €) schen KZ-Lager Heuberg, Kuhberg, 19-Jährigen aus der Nähe von Geis- ein Sponsor finden. Welzheim und später ab 1940 Kom- lingen öffentlich auf dem Podium eines An diesem Abend wird das Konzept mandant des Lagers Schirmeck-Vor- Lastwagens die Haare geschoren von Gunter Demnig dargestellt und bruck im Elsaß. Er ist auch auf Grund werden, weil „die deutsche Ehre in den seine Realisierung am Beispiel Frei- der Darstellung der Häftlinge im ehe- Schmutz gezogen worden” sei. burgs durch den dortigen – aus Ulm maligen Ulmer KZ eine der absoluten Der Historiker Franco Ruault hat im stammenden – Stadtrat Michael Moos Negativ-Figuren des Nationalsozia- Rahmen seiner Untersuchungen zu beschrieben. Anschließend soll disku- lismus im Südwesten Deutschlands. von den Nazis so genannten „Rassen- tiert werden, ob sich ein solches Pro- In dieser Täter-Biografie soll mit schande”-Fällen diesen Ulmer, aber jekt auch in Ulm realisieren ließe. Dokumenten, Fotos und historischen auch einen Neu-Ulmer Fall öffentlicher Erläuterungen ermittelt werden, was Demütigung untersucht. Und dabei einen NS-Täter ausmachte, wie er ist es ihm gelungen, die Lebenslinien dazu wurde und wie er nach seiner des Ulmer Opfers nachzuzeichnen, Inhaftierung 1945 bis zu seinem Tod von der Geburt 1921 bis zu ihrem Tod 1977 weiter lebte. 1978.

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22 DZOK-Mitteilungen Heft 44, 2005 23 Diese Nummer der Mitteilungen Liebe Leserin, lieber Leser, wird gefördert von: die erfreulichste Nachricht dieser Nummer unserer Mit- Café Omar teilungen können Sie auf dieser Seite entdecken: dass König-Wilhelm-Straße 5 nämlich drei von vier Fraktionen des Ulmer Gemein- Tel. 921 31 66 derates diese Ausgabe mit einer Werbeanzeige unter- stützen. Das ist keineswegs selbstverständlich. Es Engel-Apotheke Ulm zeigt uns aber etwas, das fast noch wichtiger ist als Hafengasse 9 die 50 €, die die Anzeige kostet. Dass nämlich dieses Tel. 6 38 84 Blatt und damit unsere Erinnerungs-Arbeit zu einer his- OffsetDruck Martin torischen Periode, die auch in Ulm auf absehbare Zeit Erhard-Grözinger-Straße 1, 89134 Blaustein nicht zu entsorgen ist, von den gewählten Repräsen- Tel. 0731 - 954 02 11 tanten der Bürger als notwendig gesehen werden. Eine zweite erfreuliche Nachricht: auf der Seite 8 Sparkasse Ulm dieser Nummer können Sie im Bericht über die letzte Neue Straße 66 Mitglieder-Versammlung lesen, dass durch unvorher- Tel. 101 - 0 gesehene Ausgaben und geringere Spenden im Haus- Verlag Klemm & Oelschläger halt 2004 die Ausgaben um über 30.000 € höher lagen Pappelauer Weg 15 als die Einnahmen. Im Moment scheint es nun so, Tel. 38 51 36 dass dieser Trend im Jahr 2005 gestoppt ist und sich auf dem DZOK-Konto am Ende des Jahres wieder ein Bündnis 90 / Die Grünen im Ulmer Gemeinderat Plus finden wird. Tel. 161 - 1096 Zusammen mit größten Spar-Anstrengungen war www.gruene-fraktion-ulm.de dies nur durch einige großzügige Spenden möglich. CDU im Ulmer Gemeinderat Danke! Tel. 61 82 20 Doch: Ausruhen gilt nicht – für Sie und für uns! Hier www.cdu-gemeinderatsfraktion-ulm.de einmal wieder eine Liste mit kleinen und großen SPD-Fraktion im Ulmer Gemeinderat Bitten. Rathaus, Marktplatz 1; - Lesen Sie die Beiträge dieses Heftes, lassen Sie Tel. 921 77 00 uns ihre Bemerkungen dazu wissen und denken www.spd-ulm.de Sie nach, wo Sie mit Ideen, Hinweisen oder Geld helfen können. - Werben Sie Mitglieder im Trägerverein, das kostet Impressum nur 35 € bzw. reduziert 15 €. - Besuchen Sie mit Ihren Freunden und Bekannten Herausgeber: unsere Veranstaltungen, die wir im EinsteinHaus Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm e.V.; zusammen mit der Volkshochschule durchführen. Postfach 2066, 89010 Ulm; www.dzokulm.telebus.de; - Helfen Sie uns mit Ihrer Institution bei der Finanzie- [email protected] rung der Mitteilungen durch eine Werbe-Anzeige, DZOK-Büro mit Archiv, Bibliothek: nach dem Muster auf dieser Seite (50 € pro König-Wilhelm-Straße 34, 89073 Ulm Nummer; Kennwort: „Förderbeitrag Mitteilungen”) Tel.: 0731 / 2 13 12, Fax: 9 21 40 56 - Bitte verständigen Sie uns, wenn sie die Mittei- lungen nicht mehr beziehen wollen; oder nennen Redaktion: Dr. Silvester Lechner (verantwortlich) Sie uns Adressen, an die künftig die Mitteilungen Druck: Offsetdruck Martin, Blaustein regelmäßig geschickt werden sollen. Auflage: 1 500 - Teilen Sie uns Ihre e-mail-Adressen mit, dann können Sie aktuell auf Veranstaltungen und andere Mitarbeiter/-innen: Dr. Silvester Lechner (Leiter), DZOK-Ereignisse hingewiesen werden. Annette Lein, Ilona Walosczyk Bürozeiten: Mo-Do 9 – 16 Uhr, Fr 9 – 12 Uhr Und zum Schluss: Nehmen Sie das diesem Heft beiliegende Spendenformular zur Hand Öffnungszeiten der KZ-Gedenkstätte: und überweisen Sie uns einen (regelmäßigen?) Sa/So 14 bis 17 Uhr. Führungen sonntags um 14:30 Betrag, der helfen soll, die Arbeit aufrecht zu Uhr, für Gruppen nach Vereinbarung auch werktags erhalten und wo möglich zu verbessern. (mind. zwei Wochen vorher anmelden). Das nächste Heft erscheint Anfang Juli 2006, Vom 12. Dezember 2005 bis 22. Januar 2006 ist die Redaktionsschluss ist der 15. Mai. Gedenkstätte an den Wochenden geschlossen. Angemeldete Führungen sind dennoch möglich Auf ein Wiedersehen bei der Gedenkfeier am 13. November! Spendenkonto: 764 90 62 Sonderkonto „Stiftung“: 272 07 04 Dank für vielerlei Unterstützung im zurückliegenden beide: Sparkasse Ulm (BLZ 630 500 00) Jahr! Eintritt: 2,00 € / 0,50 € Mit den besten Wünschen für Weihnachten und das neue Jahr 2006 grüßt Sie Führung: 35,00 € / Gruppe Mitteilungen des DZOK: 1,00 € / Heft Silvester Lechner

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