Sprachrohr 4/2012
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SPRACHROHR mitgliederzeitung des fachbereiches Medien, 22. jahrgang nr. 4 Kunst und Industrie berlin-brandenburg Oktober 2012 Inhalt Seite 3 Von Kinderspiel und Leben auf der Kippe Seite 4 Abserviert bei ALEX: Nur noch Werkstudenten genehm Seite 7 MAZ-Sozialplan: Das Machbare herausgeholt Mittelseiten 150 Jahre Berliner Druckergewerkschaft: Voll des guten Geistes Seite 12 Komische Oper diskreditiert ihre Kleindarsteller Seite 16 Brandenburgisches Urteil »Umfairteilen!« forderten am 29. September 40 000 Menschen in 40 deutschen Städten. Auch in Berlin verlangten Demons- tranten auf dem Weg vom Potsdamer Platz durch die Innenstadt und bei einer Kundgebung auf dem Alex eine Vermögensabgabe stärkt Rechte freier für Super-Reiche und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de Journalisten tigte wie möglich im Haus zu halten, auch wenn das nicht einfach werde. Salamitaktik am Alex Hinsichtlich des Abendblatt-Coups hatte der Konzernbetriebsrat mit Ver- 17 Abendblatt-Kündigungen eröffnen Entlassungswelle beim Berliner Verlag mutungen und Fragen an die Ge- schäftsführungen ziemlich richtig ge- aum hatte die Deutsche Journalis- gesehen davon, dass den Beschäftig- Das zieht die Geschäftsführung legen. In der Mitarbeiterinformation Ktenunion in ver.di Befürchtungen ten alternativ Arbeitsplatzwechsel im des nicht tarifgebundenen Abend- »Was ist los am Standort Berlin?« wer- um 50 Arbeitsplätze im Berliner M. Haus oder Teilzeitregelungen angebo- blatts – »wir sind das Niedriglohnseg- den weitere Einschnitte thematisiert. DuMont Schauberg-Imperium (MDS) ten werden sollten. Die Gewerkschaf- ment im Haus«, so der Betriebsrats- geäußert, da kamen vom Alexander- ten, die den Sozialtarifvertrag für Ber- vorsitzende – offenbar nicht in Be- platz die ersten Kündigungsmeldun- liner Verlag, tip Verlag und BVZ mit tracht. »Gerüchte gab es schon län- Indizien für weiteren gen. Auf einer Betriebsversammlung unterschrieben haben, protestierten ger, jetzt ist klar, dass die Billig-Toch- Personalabbau der BVZ Anzeigenzeitungen GmbH denn auch gegen den Handstreich ter mdsCreative als Dienstleisterin (Berliner Abendblatt) wurden am 20. und forderten, die angedrohten 17 künftig die redaktionellen Inhalte zu- September die komplette Reaktion mit Kündigungen zurückzunehmen. Sinn arbeiten soll.« Nicht nur Hoffmann Danach könnte es bald auch um Re- 14 JournalistInnen, zwei Empfangs- der Tarifeinigung sei es gerade ge- fragt sich, mit welchen Leuten. Die dakteursstellen bei Berliner Kurier und kräfte und eine Disponentin für ent- Publishing-Gesellschaft mdsCreative der Berliner Zeitung, um Arbeitsplät- behrlich erklärt, zusätzlich sechs Pau- expandiert offenbar nach Berlin, sucht ze in Dokumentation und Poststelle schalisten. »Wir erhielten die Ansage Keine Debatte über per Anzeigen aber vorrangig 400-Eu- und um Synergien bei der Vermark- eine halbe Stunde vor den Mitarbei- ro-Kräfte und freie Mitarbeit. tung des Stadtmagazins tip gehen. Alternativen tern«, so Betriebsratschef Falko Hoff- Dem Vernehmen nach geht es beim Sieht so unsere Zukunft aus?, fra- mann. Dabei hätte die Interessenver- Abendblatt um sechsstellige Einspa- gen die Betriebsräte. Auch M. Du- tretung nach dem gerade erneuerten wesen, »zusätzliche Mög lichkeiten rungen jährlich. Drei Gespräche mit Mont Schauberg habe, wie zuvor die Tarifvertrag über Weiterbeschäfti- zur Weiterbeschäftigung zu schaf- der Geschäftsführung seien bis Mit- › Heuschrecke ‹ Mecom den Kauf der gung, Qualifizierung und Sozialplan fen, indem Beschäftigte auch inner- te Oktober schon terminiert. Die In- Berliner Filetstücke 2009 überwie- »rechtzeitig, schriftlich und umfas- halb des Hauses umgesetzt werden teressenvertretung, so Hoffmann, gend kreditfinanziert. Das Abzahlen send« informiert und in Beratungen können«, betont Andreas Köhn, der werde auf Basis des Tarifvertrages überlasse man neuerlich den Be- einbezogen werden müssen. Ganz ab- von ver.di-Seite mit verhandelt hat. natürlich versuchen, so viele Beschäf- schäftigten. RED. 2 Meinung sprachrohr 4 | 12 ie Branche ist in Bewegung: noch wächst die Unruhe unter den Redaktionen von »Computer Bild« sichts dessen sei an den Berliner Ver- D»Think Digital«. Ob Belletristik, Beschäftigten. Sie wird in den Un- und »Audio Video Foto Bild« auszu- leger Rudolf Mosse erinnert: Mit sei- Fachbuch, Tageszeitung oder Anzei- ternehmen wegen unklarer Ertrags- sprechen. Die Mediengruppe Mad- nem Zeitungs- und Zeitschriftenkon- genblatt – jeder Verlag muss heute situation geschürt. Es fehlt ein offe- sack hat bei der Märkischen Allge- zern zu Anfang des 20. Jahrhunderts ein Angebot für I-Phone, Tablet, Lap- ner Dialog über den Verbleib der Ge- meinen Zeitung ungeachtet des Ge- in schwierigen Zeiten tätig, richtete top und MP3-Player vorhalten. Die winne der letzten Jahrzehnte. In maß- winns 41 Beschäftigte gekündigt, er dennoch ein Erziehungsheim für gute Nachricht ist, dass kein Verlags- geblichen Häusern mangelt es zu- weil Arbeiten in Verlag und Verwal- Waisenkinder und eine Pensionskas- haus in Berlin-Brandenburg sich die- dem ganz offenbar an gelebter so- tung ausgelagert oder zentralisiert se für seine mehr als 500 Angestell- ser technischen und kulturellen He- zialer Verantwortung. werden sollen (siehe S. 7). Auch bei ten ein… rausforderung nicht grundsätzlich Für die Beschäftigten rund um das stellt. Die digitalen Strategien sind gedruckte Wort – ob in Druckerei, dabei nach dem jeweiligen Kunden- Verlag oder Vertrieb – werden sich kreis sehr differenziert. Die schlechte die Arbeitsanforderungen im kom- Nachricht ist, dass die Digitalisierung Auf ein Wort menden Jahrzehnt fundamental än- im Moment mehr Geld kostet als sie dern. Die bestehenden Tarifverträge transitfoto.de / den Verlagshäusern einbringt – noch sollen diesen technischen und sozi- dazu, da Anzeigenerlöse im Printbe- Denk digital! alen Wandel mitgestalten und Min- reich zurückgehen und in Richtung destarbeitsbedingungen regeln. Wie Fernsehen und Digitales abwandern. das gelingt, wird maßgeblich davon Große Verlagskonzerne können trotz- Die Verlags- Polentz v. Chr. Foto: abhängen, dass ver.di und dju wei- dem in medienneutrale Datenhal- terhin das Vertrauen der Beschäftig- tung und digitalen Workflow inves- branche ist in ten und Betriebsräte in der Verlags- tieren und sogar Fehlgriffe riskieren, branche erringen und dass eine kleine und mittelständische famili- kämpferische Mitgliedschaft im Pro- engeführte Verlagshäuser agieren Bewegung zess zunehmender Digitalisierung ih- am Rande des wirtschaftlich Darstell- re ureigenen Interessen durchsetzt. baren. Jörg Reichel, verdi-Sekretär Aktuell gilt das bereits in der an- Von Ausnahmen wie der Axel Fachgruppe Verlage, Druck und Papier stehenden Tarifrunde Buchverlage Springer AG abgesehen, kann bis- und Buchhandel Berlin-Brandenburg. lang in den Verlagshäusern ein Euro, Der Entgelttarifvertrag wurde zum der im Printbereich verloren wird, So schreckt man beim Springer den Lübecker Nachrichten, der Ros- 31. Dezember 2012 gekündigt. Ziel noch längst nicht durch E-Publishing Verlag vor dem Hintergrund eines tocker Ostsee-Zeitung und im Mut- von ver.di ist es, an die Gehaltsab- ausgeglichen werden. Doch zumin- Konzerngewinns von 159,6 Mio. Eu- terhaus in Hannover sollen langjäh- schlüsse der letzten Jahre wieder an- dest das Tempo der Digitalisierung ro im ersten Halbjahr 2012 nicht da- rige Mitarbeiter in tariflose Neugrün- zuschließen und mit den Beschäftig- entwickelt sich bisher moderat. Den- vor zurück, 60 Kündigungen in den dungen ausgelagert werden. Ange- ten im Rücken mehr zu erreichen. darunter einer über die taz selbst. tor etwas schwer, den Gehalt dieser von Frauen geleitet. Betrüblich stimmt Buchtipp Für diese Zeitung bedeutete die Grün- Grundsatzarbeit populär darzulegen. dagegen der Bericht über die israe- dung der Genossenschaft im April Kooperativen gibt es heute auf al- lischen Kibbuzim. Waren sie doch das 1992 (unterdessen mit 11 600 Mit- len Gebieten, vom Dorfladen über die Vorbild von To tal ge nos sen schaft en, gliedern und 11 Millionen Einlagen) Musikwirtschaft bis zu Mediatoren. die ideal Arbeit und Leben verban- das Überleben als »unabhängige, Interessant ist der Blick über Grenzen den. »Dank« des Einflusses US-ame- Gewinn für alle! selbstverwaltete, alternative Tageszei- und auf unterschiedliche Gesetzesla- rikanischer Einwanderer zeigt sich tung« – da sie auf Grund ihrer Aus- gen. In Italien, mit seiner langen Tra- ausgerechnet hier das Eindringen ka- Verlag Westend richtung weitgehend ohne Anzei- dition und der weltgrößten Genos- pitalistischer Wirtschaftsregeln. Frankfurt / Main 2012 gen-Einnahmen auskommen muss. senschaft Mondragon, ist das Genos- Logisch, dass die elektronischen Me- Wie die solidarische Ökonomie senschaftswesen mit Artikel 45 in der dien, vorzugsweise das Internet mit einstmals entstand, ist in den Beiträ- Verfassung festgeschrieben. Dage- seinen technischen Möglichkeiten, gen über Friedrich Wilhelm Raiffeisen gen hat z.B. die tschechische Regie- völlig neue Wege eröffneten. Um- und Hermann Schulze-Delitzsch zu rung unter Vaclav Klaus das Grund- fangreich bemühen sich abschlie- ür jene, an denen es vorbei ge- lesen. Visionäre und Vordenker wie prinzip »One man one vote« ausge- ßend mehrere Autoren (nicht immer Fgangen ist: Die UNO hat 2012 Fourier, Marx, Engels, Lassalle, alle völlig einleuchtend), Begriffe wie zum Internationalen Jahr der Genos- fortschrittlichen Geister der Zeit be- Open-Source-Programmiergemein- senschaften erklärt, um auf die welt- schäftigten sich mit Sinn und Zweck