SPRACHROHR mitgliederzeitung des fachbereiches Medien, 22. jahrgang nr. 4 Kunst und Industrie -brandenburg Oktober 2012

Inhalt Seite 3 Von Kinderspiel und Leben auf der Kippe Seite 4 Abserviert bei ALEX: Nur noch Werkstudenten genehm Seite 7 MAZ-Sozialplan: Das Machbare herausgeholt Mittelseiten 150 Jahre Berliner Druckergewerkschaft: Voll des guten Geistes Seite 12 Komische Oper diskreditiert ihre Kleindarsteller Seite 16 Brandenburgisches Urteil »Umfairteilen!« forderten am 29. September 40 000 Menschen in 40 deutschen Städten. Auch in Berlin verlangten Demons- tranten auf dem Weg vom Potsdamer Platz durch die Innenstadt und bei einer Kundgebung auf dem Alex eine Vermögensabgabe stärkt Rechte freier für Super-Reiche und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de Journalisten

tigte wie möglich im Haus zu halten, auch wenn das nicht einfach werde. Salamitaktik am Alex Hinsichtlich des Abendblatt-Coups hatte der Konzernbetriebsrat mit Ver- 17 Abendblatt-Kündigungen eröffnen Entlassungswelle beim Berliner Verlag mutungen und Fragen an die Ge- schäftsführungen ziemlich richtig ge- aum hatte die Deutsche Journalis- gesehen davon, dass den Beschäftig- Das zieht die Geschäftsführung legen. In der Mitarbeiterinformation Ktenunion in ver.di Befürchtungen ten alternativ Arbeitsplatzwechsel im des nicht tarifgebundenen Abend- »Was ist los am Standort Berlin?« wer- um 50 Arbeitsplätze im Berliner M. Haus oder Teilzeitregelungen angebo- blatts – »wir sind das Niedriglohnseg- den weitere Einschnitte thematisiert. DuMont Schauberg-Imperium (MDS) ten werden sollten. Die Gewerkschaf- ment im Haus«, so der Betriebsrats- geäußert, da kamen vom Alexander- ten, die den Sozialtarifvertrag für Ber- vorsitzende – offenbar nicht in Be- platz die ersten Kündigungsmeldun- liner Verlag, tip Verlag und BVZ mit tracht. »Gerüchte gab es schon län- Indizien für weiteren gen. Auf einer Betriebsversammlung unterschrieben haben, protestierten ger, jetzt ist klar, dass die Billig-Toch- Personalabbau der BVZ Anzeigenzeitungen GmbH denn auch gegen den Handstreich ter mdsCreative als Dienstleisterin (Berliner Abendblatt) wurden am 20. und forderten, die angedrohten 17 künftig die redaktionellen Inhalte zu- September die komplette Reaktion mit Kündigungen zurückzunehmen. Sinn arbeiten soll.« Nicht nur Hoffmann Danach könnte es bald auch um Re- 14 JournalistInnen, zwei Empfangs- der Tarifeinigung sei es gerade ge- fragt sich, mit welchen Leuten. Die dakteursstellen bei Berliner Kurier und kräfte und eine Disponentin für ent- Publishing-Gesellschaft mdsCreative der Berliner Zeitung, um Arbeitsplät- behrlich erklärt, zusätzlich sechs Pau- expandiert offenbar nach Berlin, sucht ze in Dokumentation und Poststelle schalisten. »Wir erhielten die Ansage Keine Debatte über per Anzeigen aber vorrangig 400-Eu- und um Synergien bei der Vermark- eine halbe Stunde vor den Mitarbei- ro-Kräfte und freie Mitarbeit. tung des Stadtmagazins tip gehen. Alternativen tern«, so Betriebsratschef Falko Hoff- Dem Vernehmen nach geht es beim Sieht so unsere Zukunft aus?, fra- mann. Dabei hätte die Interessenver- Abendblatt um sechsstellige Einspa- gen die Betriebsräte. Auch M. Du- tretung nach dem gerade erneuerten wesen, »zusätzliche Mög­lichkeiten rungen jährlich. Drei Gespräche mit Mont Schauberg habe, wie zuvor die Tarifvertrag über Weiterbeschäfti- zur Weiterbeschäftigung zu schaf- der Geschäftsführung seien bis Mit- › Heuschrecke ‹ Mecom den Kauf der gung, Qualifizierung und Sozialplan fen, indem Beschäftigte auch inner- te Oktober schon terminiert. Die In- Berliner Filetstücke 2009 überwie- »rechtzeitig, schriftlich und umfas- halb des Hauses umgesetzt werden teressenvertretung, so Hoffmann, gend kreditfinanziert. Das Abzahlen send« informiert und in Beratungen können«, betont Andreas Köhn, der werde auf Basis des Tarifvertrages überlasse man neuerlich den Be- einbezogen werden müssen. Ganz ab- von ver.di-Seite mit verhandelt hat. natürlich versuchen, so viele Beschäf- schäftigten. RED. 2 Meinung sprachrohr 4 | 12

ie Branche ist in Bewegung: noch wächst die Unruhe unter den Redaktionen von »Computer Bild« sichts dessen sei an den Berliner Ver- D»Think Digital«. Ob Belletristik, Beschäftigten. Sie wird in den Un- und »Audio Video Foto Bild« auszu- leger Rudolf Mosse erinnert: Mit sei- Fachbuch, Tageszeitung oder Anzei- ternehmen wegen unklarer Ertrags- sprechen. Die Mediengruppe Mad- nem Zeitungs- und Zeitschriftenkon- genblatt – jeder Verlag muss heute situation geschürt. Es fehlt ein offe- sack hat bei der Märkischen Allge- zern zu Anfang des 20. Jahrhunderts ein Angebot für I-Phone, Tablet, Lap- ner Dialog über den Verbleib der Ge- meinen Zeitung ungeachtet des Ge- in schwierigen Zeiten tätig, richtete top und MP3-Player vorhalten. Die winne der letzten Jahrzehnte. In maß- winns 41 Beschäftigte gekündigt, er dennoch ein Erziehungsheim für gute Nachricht ist, dass kein Verlags- geblichen Häusern mangelt es zu- weil Arbeiten in Verlag und Verwal- Waisenkinder und eine Pensionskas- haus in Berlin-Brandenburg sich die- dem ganz offenbar an gelebter so- tung ausgelagert oder zentralisiert se für seine mehr als 500 Angestell- ser technischen und kulturellen He- zialer Verantwortung. werden sollen (siehe S. 7). Auch bei ten ein… rausforderung nicht grundsätzlich Für die Beschäftigten rund um das stellt. Die digitalen Strategien sind gedruckte Wort – ob in Druckerei, dabei nach dem jeweiligen Kunden- Verlag oder Vertrieb – werden sich kreis sehr differenziert. Die schlechte die Arbeitsanforderungen im kom- Nachricht ist, dass die Digitalisierung Auf ein Wort menden Jahrzehnt fundamental än- im Moment mehr Geld kostet als sie dern. Die bestehenden Tarifverträge transitfoto.de den Verlagshäusern einbringt – noch / sollen diesen technischen und sozi- dazu, da Anzeigenerlöse im Printbe- Denk digital! alen Wandel mitgestalten und Min- reich zurückgehen und in Richtung destarbeitsbedingungen regeln. Wie Fernsehen und Digitales abwandern. das gelingt, wird maßgeblich davon

Große Verlagskonzerne können trotz- Die Verlags- Polentz v. Chr. Foto: abhängen, dass ver.di und dju wei- dem in medienneutrale Datenhal- terhin das Vertrauen der Beschäftig- tung und digitalen Workflow inves- branche ist in ten und Betriebsräte in der Verlags- tieren und sogar Fehlgriffe riskieren, branche erringen und dass eine kleine und mittelständische famili- kämpferische Mitgliedschaft im Pro- engeführte Verlagshäuser agieren Bewegung zess zunehmender Digitalisierung ih- am Rande des wirtschaftlich Darstell- re ureigenen Interessen durchsetzt. baren. Jörg Reichel, verdi-Sekretär Aktuell gilt das bereits in der an- Von Ausnahmen wie der Axel Fachgruppe Verlage, Druck und Papier stehenden Tarifrunde Buchverlage Springer AG abgesehen, kann bis- und Buchhandel Berlin-Brandenburg. lang in den Verlagshäusern ein Euro, Der Entgelttarifvertrag wurde zum der im Printbereich verloren wird, So schreckt man beim Springer den Lübecker Nachrichten, der Ros- 31. Dezember 2012 gekündigt. Ziel noch längst nicht durch E-Publishing Verlag vor dem Hintergrund eines tocker Ostsee-Zeitung und im Mut- von ver.di ist es, an die Gehaltsab- ausgeglichen werden. Doch zumin- Konzerngewinns von 159,6 Mio. Eu- terhaus in Hannover sollen langjäh- schlüsse der letzten Jahre wieder an- dest das Tempo der Digitalisierung ro im ersten Halbjahr 2012 nicht da- rige Mitarbeiter in tariflose Neugrün- zuschließen und mit den Beschäftig- entwickelt sich bisher moderat. Den- vor zurück, 60 Kündigungen in den dungen ausgelagert werden. Ange- ten im Rücken mehr zu erreichen.

darunter einer über die taz selbst. tor etwas schwer, den Gehalt dieser von Frauen geleitet. Betrüblich stimmt Buchtipp Für diese Zeitung bedeutete die Grün- Grundsatzarbeit populär darzulegen. dagegen der Bericht über die israe- dung der Genossenschaft im April Kooperativen gibt es heute auf al- lischen Kibbuzim. Waren sie doch das 1992 (unterdessen mit 11 600 Mit- len Gebieten, vom Dorfladen über die Vorbild von Total­ ge­ nos­ sen­ schaft­ en,­ gliedern und 11 Millionen Einlagen) Musikwirtschaft bis zu Mediatoren. die ideal Arbeit und Leben verban- das Überleben als »unabhängige, Interessant ist der Blick über Grenzen den. »Dank« des Einflusses US-ame- Gewinn für alle! selbstverwaltete, alternative Tageszei- und auf unterschiedliche Gesetzesla- rikanischer Einwanderer zeigt sich tung« – da sie auf Grund ihrer Aus- gen. In Italien, mit seiner langen Tra- ausgerechnet hier das Eindringen ka- Verlag Westend richtung weitgehend ohne Anzei- dition und der weltgrößten Genos- pitalistischer Wirtschaftsregeln. Frankfurt / Main 2012 gen-Einnahmen auskommen muss. senschaft Mondragon, ist das Genos- Logisch, dass die elektronischen Me­ Wie die solidarische Ökonomie senschaftswesen mit Artikel 45 in der dien, vorzugsweise das Internet mit einstmals entstand, ist in den Beiträ- Verfassung festgeschrieben. Dage- seinen technischen Möglichkeiten, gen über Friedrich Wilhelm Raiffeisen gen hat z.B. die tschechische Regie- völlig neue Wege eröffneten. Um- und Hermann Schulze-Delitzsch zu rung unter Vaclav Klaus das Grund- fangreich bemühen sich abschlie- ür jene, an denen es vorbei ge- lesen. Visionäre und Vordenker wie prinzip »One man one vote« ausge- ßend mehrere Autoren (nicht immer Fgangen ist: Die UNO hat 2012 Fourier, Marx, Engels, Lassalle, alle völlig einleuchtend), Begriffe wie zum Internationalen Jahr der Genos- fortschrittlichen Geister der Zeit be- Open-Source-Programmiergemein- senschaften erklärt, um auf die welt- schäftigten sich mit Sinn und Zweck Kritischer Blick aufs schaften, das Wesen des Betriebssys- weite Bedeutung von Kooperativen von Kooperativen. Als Vater der Ge- tems von Linux, die Schwarm­ deutsche Gesetz fehlt aufmerksam zu machen. Dazu passt nossenschaftsbewegung gilt der bri- intelligenz etc., als Grundlage neuer ein Buch mit dem Untertitel »Genos- tische Unternehmer und Sozialist (und Modelle zu untersuchen. senschaften als Wirtschaftsmodell wie ich sagen möchte Idealist) Robert hebelt. Und wer weiß etwas über Gewinn für alle: Ein gut lesbares der Zukunft«, vor allem wenn es das Owen (1771–1858). Für einen mo- das Entwicklungsland Mongolei, wo und informatives Buch. Allerdings Thema ziemlich umfassend behan- dernen Weg »jenseits von Ideologi- 1989 alle Kolchosen aufgelöst wur- habe ich den kritischen Blick auf das delt. Herausgegeben hat es Konny en, Markt und Staat« steht neuer- den. Hilfreich war da die Initiative von deutsche Genossenschaftsgesetz ver- Gellenbeck, seit 1996 zuständig für dings der Name der Wissenschaftle- Fred Forkert (ehemals DDR-Botschaft) misst. Annemarie Görne die Berliner taz-Genossenschaft, also rin Elinor Ostrom, der 2009 für ihre zur Gründung von nun über achtzig Konny Gellenbeck (Hg.): Gewinn für alle. fachlich beschlagen; naheliegend Arbeit über »Commons« der Wirt- Viehzüchterkooperativen – ausgerüs- Genossenschaften als Wirtschaftsmodell der Zukunft. Westend Verlag Frankfurt/ auch, dass verschiedene Beiträge von schaftsnobelpreis verliehen wurde. tet mit Jeeps, Motorrädern und ei- Main 2012. 252 S. 12,99 Euro. ISBN 978-3- taz-Redakteuren verfasst wurden, Verständlicherweise fällt es dem Au- gener Zeitung, zu achtzig Prozent 86489-010-9 4 | 12 sprachrohr Blickpunkt 3

it einer Fotoausstellung »Le- Mbenswert. Von Kinderspiel und Kinderspiel und Leben auf der Kippe Leben auf der Kippe« wurde bis 21. September in der MedienGalerie ein Ausstellung fördert ein Hilfsprojekt der philippinischen Gewerkschaftsjugend Kinderhilfsprojekt der philippinischen Gewerkschaftsjugend UNI-PLC Youth vorgestellt. 30 000 Menschen leben auf Payatas, dem größten Müllberg Manilas, der ihnen zugleich die Exis- tenzgrundlage liefert. Das gewerk- schaftliche Hilfsprojekt kümmert sich um gefährdete Kinder, die für meh- rere Monate in ein Ernährungs- und Bildungsprogramm aufgenommen werden. Martina Hartung, Präsidentin der UNI Europa Jugend (Foto rechts), hatte die Idee zur Schau, die sie mit Carsten Mahrenholz konzipierte. Wir sprachen mit beiden über die Aus- stellung, die weiter wandern soll.

Martina, Du bist in Deiner Funk- tion bei UNI auf das Projekt auf- merksam geworden? M.H.: Ja, UNI unterstützt die philip- pinischen Kolleginnen und Kollegen Eine berührende Fotoschau, die für die breite Öffentlichkeit bei UNI gebucht werden kann. Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de seit Jahren. Im Mai 2011 war ich selbst mit vor Ort und habe eine gan- ze Woche in Manila mit den Kindern Pangako«, »Das gelobte Land«, ge- ben wir eine viergeteilte Abbildung der ver.di-Jugend, die den Druck der und den Aktivisten verbracht. Diese nannt wird, als riesigen Abenteuer- eines Baumes gewählt – in Schwarz- Fotos und Ausstellungstafeln finan- Eindrücke vergisst man nicht. Ich hat- spielplatz. Trotz brennenden Mülls Weiß und Farbe. Er wird als Spielge- ziell unterstützt hat. Wir denken te danach den Wunsch, selbst aktiv und giftiger Chemikalien… rät gezeigt und kahles Zeugnis von auch über eine Webseite nach. Ich zu werden: Auf die Lebensumstände Perspektivlosigkeit. informiere gern über die Ausstellung hinzuweisen und Spenden zusam- Diese Kontraste sind auch Teil Eu- und das Hilfsprojekt. Wir freuen uns men zu tragen. rer Ausstellungskonzeption und Es ist geplant, die Ausstellung nun über jegliches Interesse – natürlich von Bildideen? auch andernorts zu zeigen. Wo? auch über Spendengelder für das Eure Ausstellung ist vor allem C.M.: Grundlage der Schau bilden C.M.: Klar ist bereits, dass Teile der Projekt. Die sind jetzt, nach den ver- durch Kontraste geprägt. Die hast Fotos, die drei philippinische Aktivis- Schau künftig in der zentralen ver.di- heerenden Überschwemmungen dort, Du auch vor Ort so erlebt? ten in den sechs Jahren, die das Pro- Jugendbildungsstätte hängen wer- nötiger denn je. Das Spendenkonto M.H.: Es gibt Müll bis zum Horizont, jekt bereits läuft, von den Kindern den. Aber wir hoffen natürlich und möchte ich gern nennen und versi- beißenden Gestank, ärmliche Zelte gemacht haben. Es sind berührende arbeiten daran, dass es noch viel mehr chern, dass wir bei UNI streng auf und Planen, unter denen Familien Porträts darunter, es wird auch viel Gelegenheiten gibt, die Fotos bei den sinnvollen Einsatz solcher Gelder mit Kindern ganz selbstverständlich kindliche Unbekümmertheit gezeigt. Kunstprojekten, in öffentlichen Ein- achten. Zuletzt halfen sie beispiels- und zum Teil seit Jahrzehnten leben. Uns war es wichtig, kein überzoge- richtungen und anderswo zu zeigen. weise bei Dachreparaturen für das Die Kinder gehen nicht zur Schule, nes Bild von Leid zu zeigen und trotz- Wir wollen das Projekt einem mög- Kinderhilfszentrum. sind meist schlecht ernährt. Aber sie dem im Subtext immer die Lebensum- lichst breiten Publikum vorstellen. UNI Youth Payatas, Banque Catonale Vau- haben auch viel Spaß, nutzen die De- gebung zu beleuchten. Als Symbol Man kann uns also »buchen«. doise, Nyon, Schweiz, Kto: E985 78 66, IBAN: ponie, die ironischerweise »Lupang und Blickfang für die Ausstellung ha- M.H. Da danken wir noch einmal CH21 0076 7000 E098 5786 6

noch kein klares Geschäftskonzept zu erhalten, gegen die formale Um- 20 Jahre Mobiles Kurzmeldungen vorliegt, sondern diffuse Ideen erst wandlung seines Todesurteils in le- Beratungsteam strukturiert werden müssen. Förder- benslange Haft ohne Bewährungs- Frühförderung für voraussetzungen und ein Leitfaden möglichkeit vorzugehen, informier- Das Mobile Beratungsteam (MTB) im Kreative in Brandenburg finden sich unter www.innovatio- ten seine Anwälte. Brandenburgischen Institut für Ge- nen-brauchen-mut.de/ilab. Fragen Der 1982 wegen angeblichen Polizis- meinwesenberatung, ein wichtiger Ein neuartiges Förderprogramm, das beantwortet Projektmanagerin Birgit tenmordes verurteilte Ex-Black-Pan- Akteur im landeseigenen Handlungs- »Ideen- und Gründerlabor Kreativ- Schäfer, Tel. 0331/20165812. ter-Aktivist und Journalist – er ist Eh- konzept »Tolerantes Brandenburg«, wirtschaft« (ILab), wurde in Branden- renmitglied der dju Berlin-Branden- feiert Jubiläum. Das Team setzt sich burg initiiert. Es bietet Coaching und burg – sitzt seither in einem Todes- seit seiner Gründung mit Rechtsex- Beratung für freiberufliche Kreative Mumia Abu Jamal: Kein trakt in Isolationshaft und fordert die tremismus auseinander, unterstützt und Kulturschaffende, die ein Unter- langsamer Hafttod Wiederaufnahme seines Verfahrens. Kommunen, Vereine, Bürgerbünd- nehmen aufbauen wollen. Unter- Mit dem aktuellen Antrag wider- nisse und Einzelpersonen. Das Kon- stützt mit Mitteln aus dem Europäi- Buchstäblich in letzter Minute sei es sprach er seinem »langsamen Haft- zept habe »sich bewährt und wurde schen Sozialfonds und mit Landes- Mumia Abu Jamal gelungen, sich mit tod« und machte sich zum Fürspre- inzwischen von vielen anderen Bun- geldern ist eine einzigartige Frühför- einem Eilantrag im US-Staat Penn- cher zahlreicher Leidensgefährten in desländern aufgegriffen«, erklärte derung bereits dann möglich, wenn sylvania die rechtlichen Möglichkeiten US-Gefängnissen. Bildungsministerin Martina Münch. 4 Blickpunkt sprachrohr 4 | 12

igentlich war ein »Klischee« ein DGB entgegen, dass gerade Deutsch- Evervielfältigter Druckstock für den land auf den Euro und die vielen Wa- Buchdruck. Doch längst ist dieser In- renbestellungen aus den übrigen EU- halt in Vergessenheit geraten, nicht Ländern angewiesen ist. Doro Zinke: hingegen die zweite Bedeutung von »Vor diesem Hintergrund ist es ge- Klischee: Abklatsch, abgegriffene radezu absurd, wenn sich deutsche Nachahmung ohne Aussagewert, um- Politiker über die schlechte Handels- schreibt es der Duden. Trotz dieses ne- bilanz anderer EU-Staaten aufregen, gativen Wortsinns stehen Klischees in denn deren Importe sorgen erst für vielen Bereichen von Politik und ver- die Handelsbilanzüberschüsse der öffentlichter Berichterstattung hoch Deutschen.« im Kurs. Zum Beispiel über »die fau- Statt »die Griechen« zu kritisieren len Griechen«. und mit Pauschalurteilen zu überzie- Die »Bild«-Zeitung schrieb Anfang hen, während die Banken und gro- März 2010 sinngemäß, dass die Deut- ßen Unternehmen von der Krise pro- schen zwar auch hohe Schulden hät- fitieren, fordert der DGB einen radi- ten, sie aber begleichen könnten, weil kal anderen Kurs: Mit einem Mar- »wir morgens ziemlich früh aufste- shallplan für die Krisenländer soll die

hen und den ganzen Tag arbeiten«. 123comics warenform, Karikatur: Wirtschaft in Gang gebracht werden. Das Klischee: Wenn die Griechen flei- Gleichzeitig müsse es eine aktive Ar- ßiger wären, könnten sie sich mehr beitsmarkt- und Bildungspolitik ge- leisten und wären nicht in die Krise Kampf den Klischees ben, statt weiter Arbeitsplätze zu ver- geraten. Tatsächlich lag die durch- schnittliche Arbeitszeit der Griechen DGB-Landesbezirk rückt Griechenlandbild zurecht – bevor durch die »Krisenbekämp- Pleitegeier fung« zigtausende in die Arbeitslo- derseite befindet sich jeweils eine »Wir zahlen den Griechen Luxusren- Keine EU-Symbolfigur sigkeit entlassen wurden – jährlich eingängige Illustration, auf der Rück- ten.« Doch vor der Krise lag die mehr als 300 Stunden über der der seite werden Stereotypen à la »Die Durchschnittsrente mal gerade bei Deutschen. Griechen gönnen sich fette Sozial- rund 600 Euro. Inzwischen sind die nichten und die Löhne für die ver- Nur eines von vielen verbreiteten leistungen!« oder »Europa soll sich Renten um zirka 30 Prozent gekürzt, bliebenen Jobs zu drücken. Außer- Klischees über die Griechen, die sich ein Vorbild an Deutschland nehmen!« die Arbeitslosenhilfe ist auf 320 Eu- dem müsse endlich das europäische leicht widerlegen lassen, gleichwohl mit kurzen prägnanten Texten zu- ro monatlich gesenkt worden. »Lu- Steuerdumping beendet werden, um immer wieder aufs Neue in Teilen der rechtgerückt. xus sieht anders aus« heißt es auf den Abbau öffentlicher Dienstleistung­ Medien aufgetischt werden. Der DGB »Die Sozialleistungen sind auch in der entsprechenden Karte. en zu stoppen. Doro Zinke: »Der Plei- Berlin-Brandenburg hat nun acht der Vergangenheit in Griechenland Die Materialien zeigen, dass man- tegeier darf nicht zur Symbolfigur ei- gängige Klischees über Griechenland alles andere als üppig ausgefallen«, che der grassierenden Vorurteile nicht ner EU werden, die unser aller Zukunft und seine Bürger auf handlichen Kar- erklärte Doro Zinke, die Vorsitzende nur grundfalsch, sondern im Ergeb- prägen sollte.« Gudrun Giese ten unter dem Motto »Griechenland des DGB-Landesbezirks Berlin-Bran- nis sogar schädlich auch für Deutsch- Die Griechenland-Karten finden sich im Internet unter folgender Adresse: www. ist überall – Fakten für die Westen- denburg, bei der Präsentation der land sind. Dem Klischee »Soll Süd- berlin-brandenburg.dgb.de/bereiche/ar- tasche« aufgegriffen. Auf der Vor- Karten. Dennoch hieß es in »Bild«: europa doch Pleite gehen!« setzt der beit-wirtschaft/wirtschaft/europa

Betriebsrat in neuer Verlags- und Druckhaus GmbH (Mär- Betriebsrat wollten dem eigene Vor- Kurzmeldungen Vertriebsgesellschaft kische Oderzeitung), Betriebsratswah- schläge zur Beschäftigungssicherung len eingeleitet und ein Wahlvorstand entgegensetzen und forderten be-  Erstmals nach der Ausgründung aus bestellt, informierte Frank Ploß von lastbare Daten. Dazu kam es nicht Erstmals Betriebsrat dem Aufbau- und dem Ueberreuter- der ver.di-Bezirksverwaltung Frank- mehr. Inzwischen prüft ein Insolvenz­ bei Proxiflex Verlag haben die 15 Beschäftigten furt/Oder. verwalter die wirtschaftliche Lage. der Vereinten Berliner Medienver- Dem Vernehmen nach gibt es meh- Die Belegschaft der Proxiflex GmbH triebsgesellschaft mbH & Co. KG am rere Kaufinteressenten für das 1992 in Brandenburg/Havel hat mit ver.di- 7. September einen Betriebsrat ge- Druckhaus gegründete Druckhaus. Es war in der Unterstützung im August erstmals wählt. Er vertrete »in stürmischen insolvent Branche für sein Umweltengage- eine Betriebsratswahl eingeleitet. Der Zeiten die Interessen der Beschäftig- ment bekannt. Klimaneutrale und Wahlvorstand arbeitet, gewählt wird ten« bekräftigte ver.di-Betreuungs- Das Berliner Druckhaus Mitte hat am FSC-Druckprodukte gehörten seit voraussichtlich Ende Oktober. Das sekretär Jörg Reichel. In der Gesell- 13. August Insolvenz angemeldet. längerem zum Angebot. 2008 ver- brandenburgische Tochterunterneh- schaft sind seit Mai dieses Jahres die Ende Juli hatte die Geschäftsführung öffentlichte das Unternehmen erst- men der Beucke Group verarbeitet Vertriebsaktivitäten der beiden Ver- auf einer Belegschaftsversammlung mals einen Nachhaltigkeitsbericht. flexible Verpackungen für die Lebens- lagsgruppen mit neun Einzelverlagen noch weitreichende Einsparungen Für ein seit 2010 laufendes Bildungs- mittel- und Zigarettenindustrie und gebündelt. angekündigt, um die wirtschaftliche projekt für nachhaltige Printproduk- betreibt Druckveredlung. Die knapp Situation zu verbessern. Von den et- tion erhielt das Druckhaus noch im 80 Beschäftigten hatten – im Gegen- wa 90 Beschäftigten wurden harte Juni 2012 eine Unesco-Auszeich- satz zum Mutterhaus bei Osnabrück  Wahlvorbereitung bei Einschnitte wie Gehaltskürzungen nung. Die Situation der Beschäftig- – bisher keine Interessenvertretung. Pressezustellservice bis zu zehn Prozent bei Meistern, im ten ist nach der Insolvenz weitge- Das Unternehmen in Brandenburg/H., Vertrieb und Innendienst, die Strei- hend unsicher. Betriebsbedingte Kün- in das in den vergangen Jahren zehn Ende August wurde beim PZO Pres- chung von Nachtzuschlägen und digungen seien nicht auszuschließen, Millionen Euro investiert wurden, ist sezustellservice Oderland GmbH, ei- Veränderungen bei Überstundenre- so ver.di-Betreuungssekretär Jörg bisher auch nicht tarifgebunden. nem Unternehmen der Märkischen gelungen erwartet. ver.di und der Reichel. 4 | 12 sprachrohr Blickpunkt 5

ls »Sprungbrett für angehende und Kollegen beschäftigungslos AMedienmacher« beschäftigt Abserviert bei ALEX bleibt, auf die sich ALEX jahrelang ALEX, das trimediale Bürger- und Er- verlassen hat, die neue Medienma- eignisfernsehen in Berlin – Slogan: Guckste: Nur noch Werkstudenten genehm cher angelernt und gleichzeitig die Guckste. Hörste. Klickste. – jetzt nur Qualität der Sendungen garantiert noch Werkstudenten als Crew-Mit- und unterbreiteten der damals neu- für Gespräche keine Kapazitäten. – haben – kurz: die ALEX insgesamt glieder. »Die Einführung des neuen en Geschäftsführung Vorschläge. Als die Geduld der Beschäftigten er- mit nach vorn gebracht haben.« – Systems führt dazu, dass einige Mit- Gabriel P. (Name von der Redaktion schöpft ist, suchen sie Ende 2011 bei Andreas Köhn und Kathlen Eggerling glieder der bisherigen Crew nicht wei- geändert), der vor zehn Jahren zum ver.di Hilfe. In einer Umfrage spricht halten das »nicht für einen angemes- ter eingesetzt werden können«, be- Offenen Kanal kam und die Profilie- sich der überwiegende Teil für Tarif- senen Umgang mit den Mitarbeitern, siegelte, immerhin mit Dank und rung zum Bürger- und Ereignisfern- verhandlungen aus mit dem Ziel, die gleich in welchem Umfang sie be- freundlichen Grüßen, Till Reinhold, sehen ALEX an der Basis mitgestal- Honorare zu erhöhen. ver.di wendet schäftigt waren«. stellv. Leiter von ALEX, im April per tete, erinnert sich: »In der Sparte Er- sich daraufhin Anfang dieses Jahres »Alle, die keine Studenten mehr Mail den faktischen Rausschmiss lang- eignisfernsehen sind die meisten Kol- offiziell an MABB-Direktor Dr. Hans waren, wurden de facto rausge- jähriger Mitarbeiterinnen und Mitar- Hege mit der Aufforderung zu Tarif- schmissen und trotz vorhandenen beiter – zwar nur geringfügig beschäf- verhandlungen für die geringfügig Bedarfs oder noch bestehender Rah- tigt, aber zumeist sehr qualifiziert. Hörste: Für Gespräche Beschäftigen, die als Kameraleute, menverträge von heute auf morgen »Ein rechtlich zwar unangreifba- Bildregisseure, Tontechniker u.ä. fürs nicht mehr gebucht«, bestätigt Ga- keine Kapazitäten rer, aber menschlich zu verachtender Ereignisfernsehen bzw. Studiopro- briel P. Er, obwohl selbst noch stu- Umgang«, kommentiert Kathlen Eg- duktionen tätig sind, eine Kopie des dierend, wurde schon seit Jahresbe- gerling von connexx-av, der Interes- leginnen und Kollegen beschäftigt. Schreibens geht an ALEX-Leiter Vol- ginn nicht mehr angefragt – »mög- senvertretung für Medienschaffende Wir waren viel unterwegs, kümmer- ker Bach. Hege erklärt sich im März licherweise aufgrund meiner Aktivi- in privatem Rundfunk, Fernsehen und ten uns um Veranstaltungsaufzeich- zu einem Sondierungsgespräch be- täten um die Verbesserung unserer im Internet. »Ohne jegliche Kommu- nungen und -übertragungen, hatten reit und bittet um Terminvorschläge. nikation, ohne sich Gedanken um hochqualifizierte Leute im Team. ver.di macht drei Vorschläge für Ap- die Beschäftigten zu machen und oh- Doch alle Verträge waren auf 400- ril. »Seitdem herrscht Grabesruhe«, Klickste: Weg mit Euch ne für sie Verantwortung zu zeigen, Euro-Basis ausgelegt. Das heißt, pau- konstatiert ver.di Landesfachbereichs- trotz Vertrags hat die Geschäftsführung sie eiskalt schal gab es für jeden Einsatz, der leiter Andreas Köhn. Verschiedene abserviert.« Dass die Vertragsverhält- meist zehn und nie weniger als sechs briefliche und telefonische Kontakt- nisse so gestaltet waren, dass man Stunden dauerte, 80 Euro. Wir haben versuche schlugen fehl. »Dr. Hege Situation«, vermutet er. »Wir hatten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter je- viel gearbeitet für minimalen Lohn.« ist für mich nie zu sprechen.« Viel- eine Prognoseregelung im Sinn, woll- derzeit loswerden konnte, sei aus- Alle Bemühungen um besseren leicht, so darf spekuliert werden, be- ten uns aktiv einbringen. Aber wir genutzt worden. Verdienst, um ein »Entgelt, von dem trachtet dieser das Problem aufgrund wurden nicht ernst genommen.« Vorausgegangen waren längerfris- man leben kann«, versandeten, die der geänderten Beschäftigungspraxis Gabriel hat inzwischen eine Alter- tige Bemühungen um bessere Ar- Beschäftigten wurden sowohl von bei ALEX für sich auch bereits als er- nativbeschäftigung gefunden. »An- beitsverträge. Bereits 2009 schlossen der ALEX- als auch der MABB-Chef- ledigt. dere hatten nicht das Glück«, weiß sich geringfügig Beschäftigte zu ei- etage ausgebremst und hingehalten. »Die neue Regelung hat zur Folge, er. »Die kämpfen jetzt um ihr Über- ner Interessenvertretung zusammen Argument: Bei der MABB gäbe es dass genau der Kreis der Kolleginnen leben.« Bettina Erdmann Bundesdrucker mit neuem Tarif 6,1 Prozent in zwei Stufen Erfolgreicher Abschluss nach langwierigen Verhandlungen

Nach langwierigen Verhandlungen wa die bisherigen Zuschlagsregelun-

Foto: ver.di Foto: wurden in der Bundesdruckerei Ta- gen für Samstagsarbeit noch bis En- rifverträge zur betrieblichen Alters- de 2013 fort, die Freischichtenrege- versorgung, Manteltarifregelungen lungen des Flächentarifvertrages tre- sowie ein Entgelttarifvertrag abge- ten ab 2017 in Kraft. schlossen. Der die Grundsätze re- Ein neuer Entgelt-Tarifvertrag 2 re- gelnde Tarifvertrag Nr. 15 gilt bis zum gelt ein variables Vergütungssystem. 31. Dezember 2016. Danach erhielten alle Beschäftigten Die Details zur betrieblichen Al- mit den August-Bezügen eine Bo- tersversorgung wurden bis Ende Au- nuszahlung für 2011 in Höhe von gust ausverhandelt. Die Beschäftig- 0,5 Prozent ihres Jahreseinkommens Bereits in der zweiten Verhandlungsrunde am 6. September in Wiesbaden ten haben nun die Möglichkeit, sich multipliziert mit Faktor 1,8 aufs Kon- konnte ein bundesweiter Tarifabschluss für die ca. 100 000 Beschäftigten in rückwirkend zum 1. Januar 2012 mit to. Für 2012 fließt eine zweiprozen- der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie erzielt werden. Da- bis zu zwei Prozent ihres Jahresein- tige tarifliche Entgelterhöhung in das nach steigen die Einkommen ab 1. November 2012 um 3,1 und ab 1. Novem- kommens an einer solchen Alters- variable Vergütungssystem. Sie wird ber 2013 erneut um 3,0 Prozent. Die Azubi-Vergütungen werden ebenso an- versorgung zu beteiligen. Der Arbeit- individuell um einen Arbeitgeberan- gehoben und zusätzlich aufgerundet. geberanteil liegt ebenfalls bei maxi- teil von 1,5 Prozent des Jahresein- Im Zuge der bundesweiten Tarifverhandlungen hatte ver.di Berlin-Brandenburg mal zwei Prozent. kommens aufgestockt und nach dem Anfang Juli vier in Berlin geltende Lohn- und Gehalts-Tarifverträge in diesem Mit einem gesonderten Tarifver- Jahresabschluss 2012 abhängig von Industriezweig fristgemäß zum 31. August gekündigt. Die ver.di-Tarifkommis- trag Nr. 1 wurde der Manteltarifver- der Erfüllung des Unternehmensziels sion hatte für die Flächentarifverhandlungen 6,5 Prozent mehr Geld für 12 trag der Bundesdruckerei an den gel- ausgezahlt. Für die Jahre ab 2013 Monate gefordert. Die Tarifrunde wurde von Aktionen begleitet, etwa in Fal- tenden Flächentarif angepasst. Es gilt diese Regelung modifiziert wei- kensee, wo ver.di-Aktive der Herlitz AG, Susy Card GmbH demonstrierten (Foto). gelten Übergangsregelungen mit un- ter, sie ist erstmals zum Jahresende terschiedlichen Fristen. So wirken et- 2016 kündbar. neh 6 Berichte sprachrohr 4 | 12

he, die auch Dissertationen und Ein- Buchtipp zelstudien zum Thema »Gewerk- schafter im Nationalsozialismus. Ver- folgung – Widerstand – Emigration« transitfoto.de S. Milke/St. Heinz umfassen soll und bereits 15 Bände / vorsieht. Die Herausgeber von der Widerstand und Arbeitsstelle Nationale und Interna- tionale Gewerkschaftspolitik am Ot-

Verfolgung to-Suhr-Institut der FU kooperieren Polentz v. Chr. Foto: dazu auch mit externen Wissen- Metropol Verlag Berlin 2012 schaftlern und Studierenden. Ein Manko aus Sicht von ver.di und speziell des Fachbereichs: Kein bisher er erste Band liegt vor, der zwei- geplantes Forschungsvorhaben wid- Dte ist angekündigt: Mit einer met sich Gewerkschaftern aus dem 600-Seiten-Studie, die 82 Mitglieder Druck-, Buch- oder Medienbereich. einer Widerstandsgruppe ehemaliger Das betrübt und verwundert umso Funktionäre des Metallarbeiterver- mehr, als gewerkschaftliche Aktivi- bandes in der Nazizeit vorstellt, star- täten – etwa die 2008 initiierten »50 Engagement gegen rechts tet eine Publikationsreihe, die so ver- Stolpersteine für den Arbeiterwider- dienstvoll wie überfällig ist. Der ge- stand« – sehr wohl ehemalige Kol- Courage zeigen: Seit 3. September sind in der sechsten Etage des ver.di-Hau- werkschaftliche antifaschistische Wi- legen aus Berliner Zeitungsverlagen ses Köpenicker Straße Ausstellungstafeln gehängt, die das Engagement der derstand – das wurde in den letzten oder dem Buchdruckerverband ein- Gewerkschaft gegen Rechtsaußen verdeutlichen. Die kleine Schau, die der Jahren zunehmend deutlich – wird bezogen. Erstes biografisches Mate- Arbeitskreis Rechtsextremismus in ver.di Berlin-Brandenburg (agrexive) kon- in Forschung und öffentlicher Wahr- zipiert und zusammengestellt hat, wird durch eine 50seitige Broschüre »Aktiv nehmung noch immer unterschätzt. gegen Rechts!« ergänzt. Die illustrierte Publikation, die detailliert zum Thema Die neuesten Studienergebnisse vor Biographien harren der Auskunft gibt, liegt auch am Infotresen im Erdgeschoss des Gewerkschafts- allem am Fachbereich Politik- und genaueren Erforschung hauses aus. Zur Eröffnung im ver.di-Landesbezirk debattierten Rolf Wiegand, Sozialwissenschaften der Freien Uni- Roland Tremper und Beatrice Morgenthaler (v. l. n. r.). versität Berlin belegen etwa, dass Ge- werkschafter, die noch im Frühjahr rial ist gesammelt (siehe Sprachrohr 1933 die Anpassungs- und Stillhal- 5/08, S.5). Auch auf einer gemein- tepolitik gegenüber Hitler befürwor- samen Veranstaltung mit der IG Me- S. 4). Hinter Namen wie Wilhelm Sel- oder Textilarbeiter-Gewerkschaftern tet hatten, schon Monate später ein tall zum betrieblichen Widerstand in ke, Reinhold Hermann, Rudolf Peter – hoffentlich auch in Bänden dieser reichsweites Widerstandsnetz auf- der Nazizeit wurde über Wider- oder Willy Kolbe stehen Biografien, Reihe stehen. neh bauten. Diesen und weiteren muti- standsgruppen und Aktivitäten von die einer genaueren Erforschung har- Siegfried Mielke, Stefan Heinz (Hrsg): Funk- gen Frauen und Männern ein Denk- Kolleginnen und Kollegen etwa aus ren. Ergebnisse sollten – neben be- tionäre des Deutschen Metallarbeiterver- bandes im NS-Staat. Widerstand und Verfol- mal zu setzen, ist ein Ziel der geplan- dem Ullsteinhaus oder dem Druck- reits in Arbeit befindlichen Darstel- gung, Metropol Verlag Berlin 2012, 616 S. ten umfangreichen Publikationsrei- haus berichtet (vgl. 1/09, lungen zu Angestellten-, Polizei- broschur, 29,90 Euro, ISBN 978-3-86331-059-2

Verhandlungen um einen Mantelta- hälter aller Beschäftigten der Verlags- dreas Köhn in der Betriebsversamm- Kurzmeldungen rif wieder aufnehmen. gruppe (Der Tagesspiegel, Zitty, Pots- lung am 19. Juni bot Herr Wall der damer Neueste Nachrichten sowie Belegschaft einseitig 1000 Euro Ein- Tarifabschluss für die Callcenter) verfügt. Danach erhalten malzahlung und eine lineare Erhö- Zwei Prozent Plus bei dpa-Töchter ab 1. August 2012 alle Bezieher von hung der Einkommen um 3,1 Prozent Amcor Tobacco Bruttoeinkommen bis zu 3000 Euro an. Die ver.di-Vertrauensleute stimm- In der sechsten Verhandlungsrunde eine Entgeltsteigerung um vier Pro- ten dem Angebot zu. am 17. September konnte ein Ab- Die Tarifverhandlungen bei der Am- zent, in der Spanne zwischen 3000 schluss für die bisher tariflosen dpa- cor Tobacco Packaging Berlin GmbH und 6000 Euro beträgt die Erhöhung Tochterunternehmen erzielt werden. führten zu einem Abschluss, der den drei Prozent, bei noch höheren Ge- Keine Beiträge zur Es wurden Effektivlohnerhöhungen Beschäftigten ab 1. September eine hältern werden zwei Prozent zugelegt. Krankenversicherung für die 160 Beschäftigten der einzel- lineare Entgelterhöhung von 2,21 Pro- nen GmbH vereinbart. Die gewerk- zent zusichert. Amcor produziert die Gute Nachricht für Rentner, die schaftliche Tarifkommission von DJV Zigarettenschachteln für den euro- Noch ein Erfolg ganz Leistungen aus einer privaten Versi- und ver.di hatte Mitte August in den päischen Markt. ohne Vertrag cherung beim Presse-Versorgungs- damals festgefahrenen Verhandlun- werk beziehen: Das Bayerische Lan- gen ein besseres Angebot der Ar- Die Firma »Die Draußenwerber«, als dessozialgericht hat in zweiter In­ beitgeberseite gefordert. Der nun Tagesspiegel legt beim Tochter der Wall AG zuständig für stanz bestätigt, dass aus diesen Ver- vereinbarte Vertrag sieht rückwir- Gehalt zu die Plakate in Straßenbild, sicherungen keine Beiträge zur Kran- kend zum 1. September eine Steige- sperrte sich fast ein Jahr lang gegen kenversicherung der Rentner gezahlt rung der Monatsgehälter um zwei ver.di hatte die Geschäftsführung Tarifverhandlungen, obwohl ein Teil werden müssen (Az L 5 KR 161/09). Prozent, mindestens um 60 Euro, vor. des Verlages »Der Tagesspiegel« seit der Belegschaft wegen des Betriebs- Bereits entrichtete Beiträge zur KVdR Ab 1. März und 1. Oktober 2013 Längerem zu Tarifverhandlungen auf- übergangs von VVR Berek (ehema- können zurückgefordert werden. sind weitere Erhöhungen um ein Pro- gefordert. Noch bevor es zu Gesprä- lige Werbetochter der BVG) noch ta- Das gilt für alle privaten Kapital- und zent vorgesehen. Die Gewerkschaf- chen kam, hat das Unternehmen ein- rifgebunden war. Nach einem Auf- Rentenversicherungen beim Presse- ten wollen im Herbst außerdem die zelvertraglich eine Erhöhung der Ge- tritt von Gewerkschaftssekretär An- Versorgungswerk. 4 | 12 sprachrohr Berichte 7

wird es einen mit 100 000 Euro aus- Das Machbare herausgeholt gestatteten Härtefallfonds geben. Festgeschrieben sind auch Ausgleichs- Harte Arbeit für Sozialplan und Altersteilzeit beim Verlag der Märkischen regelungen beim Wechsel auf Arbeits- plätze an anderen Standorten und iemlich genau ein halbes Jahr, dsack gut daran täte, ihre Potsdamer Qualifizierungsmaßnahmen. Verab- Znachdem der Madsack-Konzern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu redet ist darüber hinaus eine Alters- die Märkische Verlags- und Druck- behalten. Von guter Ausbildung, teilzeitregelung, die allerdings von Gesellschaft (Märkische Allgemeine langjähriger Berufserfahrung, Flexi- den Tarifparteien verhandelt werden Zeitung) in Potsdam übernahm, wur- bilität und Engagement war die Re- muss. ver.di und DJV werden sich mit den im Juni die ersten 41 Entlassun- de. Gefordert wurden »faire Ver- der Arbeitgeberseite dazu im Okto- gen im Verlagsbereich angekündigt. handlungen über mögliche Weiter- ber an einen Tisch setzen. Spannend Betroffen sind die komplette Anzei- beschäftigung«. Die gab es nicht. wird vor allem, wer anspruchsbe- genvorstufe, die Gestaltung, Korrek- Der Inte­ressenver­ ­tretung in Potsdam rechtigt sein soll. torat, Arbeitsvorbereitung, kaufmän- blieb nur, über einen Sozialplan zu nische Sachbearbeiter sowie Beschäf- verhandeln. Wir sprachen mit der Be- All das bringt keine Arbeitsplätze Karin Wagner in Aktion tigte der IT-Abteilung. Bei einem Ak- triebsratsvorsitzenden Karin Wagner. zurück, war aber nur mit Energie tionstag Ende Juli zeigten 130 Be- durchzusetzen? schäftigte dem Unternehmen dafür Ist es noch bei den angedrohten nicht erwehren kann, dass es bis jetzt Die Wut war offenbar so groß, dass vor den Toren die »Rote Karte«. 41 Entlassungen geblieben? noch kein schlüssiges Konzept gibt, selbst zum letzten Abstimmungster- Auch mit einem offenen Brief hielten Ja. Das Unternehmen möchte die be- wie die entstehenden Lücken über- min für den Sozialplan die Kollegen Beschäftigte dagegen und erläuter- troffenen Kolleginnen und Kollegen haupt geschlossen, welche Aufga- vorm Verhandlungsraum nochmals ten dem Vorsitzenden der Geschäfts- auch so schnell wie möglich freistel- ben wie und wohin ausgelagert wer- ein enges Spalier mit Roten Karten führung in Hannover, warum die Ma- len, obwohl ich mich des Eindrucks den sollen. In der Redaktion haben bildeten. Niemand von der Geschäfts- inzwischen auch Umstrukturierun- leitung möge glauben, dass man nun gen begonnen, es werden Lokalre- zufrieden sei. Allerdings haben sich daktionen in einem NewsDesk zu- etliche KollegInnen bei uns Betriebs- sammengefasst – allerdings noch mit räten bedankt, dass wir das Mach- dem bisherigen Redaktionssystem. bare herausgeholt hätten. Ich will Für die Mantelredaktion soll es dann den Dank für die gute Rückende- auch einen NewsDesk geben, alles ckung gern zurückgeben. noch sehr im Fluss. Allerdings wer- den freie Stellen schon nicht mehr Womit werdet ihr Euch in den neu besetzt, die Arbeitsbelastung nächsten Monaten noch beschäf- steigt vielerorts. tigen müssen? Angekündigt ist bis Jahresende die Der Sozialplan ist nach fünf Run- Entscheidung über ein neues Redak- den jetzt soweit ausverhandelt, tionssystem. Und noch völlig offen dass Ihr als Betriebsrat zustimmt? ist die Unternehmensstrategie für un- Das war ein hartes Stück Arbeit. Wir sere Druckerei. Selbst wenn der Stand- haben Abfindungsregelungen ver- ort erhalten bleibt und etwa die neue einbart, die Sockelbeträge enthalten Maschine kommt, heißt das nicht, dass und in der Summe knapp einem sie vom gleichen Personal bedient Bruttomonatsgehalt pro Beschäfti- wird – womöglich geht es um Aus- Rote Karte für die Madsack-Chefs Fotos: Chr. v. Polentz / transitfoto.de gungsjahr entsprechen. Außerdem gliederung… Es fragte: neh

ine Tüte Popcorn kostet mehr als Eeine Popcorn-Verkäuferin in der Nicht weiter ohne Tarif Stunde verdient«, hieß es am 25. Au- gust auf dem Potsdamer Platz. Etwa Kinobeschäftigte machen ihren Arbeitgebern Dampf 200 Beschäftigte von CineStar- und CinemaxX-Kinos aus 15 Städten bun- Die Kinobeschäftigten wollten aber An den bislang tariflosen CineStar- desweit waren nach Berlin gekom- nicht nur ihrem Ärger Luft machen, Häusern geht es bei Haustarifverhand- men. Gerechte Entlohnung verlang- sondern auch die Öffentlichkeit über lungen um eine Erhöhung der Stun- ten sie auf der ver.di-Kundgebung die prekäre Situation informieren, so denentgelte für die Servicekräfte von ver.di-Vize Frank Werneke. »Filmvor- jetzt 6,30 auf mindestens 8,50 Euro führer und Servicekräfte haben ein und die Festschreibung von Arbeits- Popcorn-Tüte teurer als Anrecht darauf, von ihrer Arbeit bedingungen. Für die CinemaxX-Be- auch einen eigenen Lebensunterhalt schäftigten wird eine sofortige Erhö- eine Stunde Arbeit bestreiten zu können – das ist aber hung der jetzigen tariflichen Stun- bei den jetzt gezahlten Löhnen kaum denentgelte um einen Euro gefor- lautstark. Hintergrund der Protest- möglich«, erklärte er unter dem Bei- dert, im kommenden Jahr soll eine aktion, an der sich Beschäftigte aller fall der Teilnehmer. Mit der Aktion Steigerung um zehn Prozent folgen. Kinos beteiligten, in denen zwischen- sollte den Geschäftsleitungen klar- Während CineStar sich bislang kom- zeitlich auch gestreikt wurde, sind gemacht werden, dass man sich ih- plett verweigert, bietet CinemaxX le- gescheiterte Tarifverhandlungen mit re Verhinderungstaktik nicht bieten diglich unakzeptable Tariferhöhun- Servicekraft – voll ausgestattet den Filmhausbetreibern. lasse und einen langen Atem habe. gen an. neh 8 Zeitgeschichte sprachrohr 4 | 12

150 stolze Buchdrucker, darunter immerhin 33 Berliner und ein Spandauer. In den Medaillions posieren (v.l.n.r.) Ludwig Rexhäuser, leitender Redakteur des »Correspondent«, Emil Döblin, Vorsitzender des Verbandes von 1888 bis 1910, Peter Grassmann, zweiter Vorsitzender bis 1916, und Paul Schliebs, Führender Gehilfe in der zweiten Tarifgemeinschaft. »Ein gesundes Lebenszeichen von Berlin« Vor 150 Jahren wurde die Berliner Drucker-Gewerkschaft gegründet

Die MedienGalerie im Haus ereits 1848 betraten unter dem aus Empörung über eine Anzeige der erhöhen. Die Druckereibesitzer lehnten der Buchdrucker bereitet Donner der Revolution die Drucker Buchdruckereibesitzer in der Volks-Zei- jede Verhandlung ab und ließen schwar- gegenwärtig eine Ausstel- B lung zu den Jubiläen vor, in Berlin und in anderen Städten weithin tung, die sich, »bei dem gänzlichen ze Listen mit den Wortführern kursieren. die ab 22. November ge- sichtbar die gesellschaftliche Bühne. Zu- Mangel an nur einigermaßen brauchba- Noch bestand in Preußen Koalitionsver- zeigt werden soll. erst hatten sie für Pressefreiheit und das ren Schriftsetzern« gezwungen sähen, bot. Also richteten die Gehilfen eine Pe- Kolleginnen und Kollegen, allgemeine Wahlrecht demonstriert, im nach Lehrlingen zu suchen… Später, mit tition an das preußische Staatsministe- die historische Dokumente März auf den Barrikaden gekämpft und dem Beitritt der Schriftgießer am 1. Ja- rium. Ohne Erfolg! oder Fotos beisteuern kön- nen, melden sich bitte don- im April den ersten Buchdrucker-Streik nuar 1869, wandelte sich die Organisa- Trotzdem kam es Anfang 1865 zu ei- nerstags von 14 – 19 Uhr un- organisiert. Im Mai war unter Berliner tion zum ›Verein der Berliner Buchdru- ner Einigung mit dem Berliner Prinzipals- ter der Tel.77 00 80 01 oder Federführung mit ›Gutenberg‹ die erste cker und Schriftgießer‹. verein: Ab 1. Februar galt der Tarif von 3 über [email protected]. Arbeiterzeitung erschienen, und im Juni Bereits kurz nach seiner Gründung auf Silbergroschen. In Leipzig traten Kolle- wurde auf der ›National-Buchdrucker- mehr als 300 Kollegen angewachsen, gen in den »Dreigroschenstreik«, der ei- versammlung‹ in Heidelberg der erste tat der Verein in einer ersten Mitteilung ne beispiellose Welle der Solidarität aus- Bis heute gilt: Erst »gegautscht« ein Entwurf für einen nationalen Tarifvertrag im ›Correspondent‹ vom 26. Januar 1863 löste. Die Berliner Gehilfen überwiesen vollwertiger Drucker verabschiedet. kund, »dass zu den guten Folgen einer ihnen fast das gesamte Vereinsvermögen. Diese Ansätze gingen in solchen Vereinigung zunächst auch die Der mehr als zwei Monate dauernde Aus- der Niederlage der Revolu- Abwendung der Gefahr einer Verschlech- stand endete mit dem Kompromiss einer tion 1851/52 unter. Aber terung der Lage des Gehilfenstandes ge- Lohnerhöhung auf 28 Pfennige. nicht auf Dauer. hören werde.« Man wolle »einander mit Er gab das Signal zu den langen Aus- Rat und Tat zur Seite steh­ ­en … Wir … einandersetzungen um einen reichsweit Zusammenschluss zum glauben mit gegenwärtiger (Mitteilung) gültigen Tarif, der 1873 als »Allgemei- Abwenden von Gefahren ein gesundes Lebenszeichen von Berlin ner Deutscher Buchdruckertarif« durch-

transitfoto.de Am 2.Dezember 1862 ho- gegeben zu haben«. gesetzt wurde. Mit dem Buchdrucker- / ben die Buchdrucker in Ber- Verein der Prinzipale wurde eine Tarif- lin ihre erste gewerkschaft- Erste Tarife und ermutigende Solidarität gemeinschaft vereinbart. Verbandsmit- liche Organisation aus der Eine der ersten Forderungen des Gehil- glieder wurden ab 1875 verpflichtet, nur Taufe, den ›Berliner Buch- fen-Vereins an die Prinzipale war, den Set- noch zu diesen Tarifen zu arbeiten. Als Polentz v. Chr. Foto: druckergehülfen-Verein‹ – zerlohn von 2 ½ auf 3 Silbergroschen zu die erste Tarifgemeinschaft des Buchdru- 4 | 12 sprachrohr Zeitgeschichte 9 ckerverbandes in der erfolglosen Ta- rektoren, für Schriftschneider, gehörlo- Weltweit älteste rifauseinandersetzung um den 9-Stun- se Buchdrucker und zeitweilig auch für Gewerkschaftszeitung den-Tag 1891/92 zerbrochen war, die die russischen Setzer gegründet. Sie Kassen durch Unterstützungsleistungen sorgten für die berufsspezifische Veran- Auch mit DRUCK+PAPIER als weltweit ältester Gewerk- leergefegt waren und »Tarifanarchie« kerung. Für die Tarifpolitik wurden je- schaftszeitung kann die Vereinte Dienstleistungsgewerk- herrschte, gelang es dem Verband den- weils Zentralkommissionen gebildet. schaft auf eine Tradition von 150 Jahren zurückblicken: noch, die Mitgliederzahlen langsam zu Im Januar 1863 erschien in Leipzig erstmals der »Cor- respondent für Deutschlands Buchdrucker und Schrift- steigern, Verluste auszugleichen und er- Eingebundene Lehrlinge und gießer« als Vorgängerorgan der heutigen ver.di-Bran- neute Tarifanstrengungen zu unterneh- vorbildliche Mitbestimmung men. So kam es 1896 zur zweiten Tarif- 1920 gründete der Verband die Lehr- chenzeitung. Nach Fer- gemeinschaft, einem Tarifamt, einem lingsabteilung. Eine Lehrlingsordnung tigstellung des Verbands- Tarifausschuss und Schiedsgerichten – sah die Mitbestimmung der Gehilfen vor hauses zogen auch Re- jeweils paritätisch besetzt. Ein von Ge- und galt bis in die 60er Jahre hinein als daktion und Druckerei hilfen und Prinzipalen gebildeter Arbeits- vorbildlich. Lehrlinge konnten – mit nied- nach Berlin um. Von den nachweis sorgte für die Vermittlung von rigerem Status – Mitglied des Verbandes Nazis 1933 zerschlagen, erschien die Zeitung von 1949 Arbeitsstellen. 1923 wurde diese Tarif- mit eigenen Gremien werden und in die an unter dem Namen DRUCK+PAPIER als »Zentralor- gemeinschaft durch den Organisations- lokalen Vorstände gewählt werden. Nach gan« der neu gegründeten gleichnamigen Industriege- tarif abgelöst und die Allgemeinverbind- erfolgreichem Abschluss und Nachweis werkschaft. Seit der ver.di-Gründung 2001 firmiert lichkeit des Tarifvertrags erreicht. einer Arbeitsstelle durften sie als Voll- DRUCK+PAPIER als »Branchenzeitung« und wird den mitglieder »übertreten«. Damit ließ der Gewerkschaftsmitgliedern in der Druckindustrie, den Zeitungsverlagen und der Papierverarbeitung mit der Selbstbestimmtes Agieren und Verband die Ausgrenzungspolitik gegen- ver.di-Zeitung PUBLIK im Einzelversand zugestellt. interessante Themen über dem eigenen Nachwuchs hinter Zu wöchentlichen Mitgliederversamm- sich. Zum 150jährigen Bestehen sind geplant: lungen wurden Redner zu fachlichen • eine kleine Ausstellung (gemeinsam mit derjenigen zum Jubiläum der Berliner Regionalorganisation der und allgemeinbildenden Themen einge- Kritisierte Neutralität und kollegialer Buchdrucker) in der MedienGalerie, laden, häufig Adolf Glasbrenner. Verehrt Zusammenhalt wurde Wilhelm Liebknecht, der sich in In der großen Erschütterung des Ersten • eine Jubiläumsausgabe, die am 5. Dezember 2012 den Dienst der Gehilfenschaft stellte und Weltkriegs, der die Mitgliedschaft hal- in der MedienGalerie öffentlich präsentiert wird, und als Mitverfasser der Petition zur Aufhe- bierte, und auch vor der Auflösung der • ein repräsentatives Geschichtsbuch von Dr. Rüdiger bung des Koalitionsverbots galt. Er riet Gewerkschaften am 2. Mai 1933 blie- Zimmermann, das im Herbst 2013 erscheint. den Buchdruckern von Bündnissen mit ben die Buchdrucker bei ihrem strikten Kontakt: [email protected], den Parteien ab und empfahl, selbstän- Neutralitätskurs, der politische Fragen www.drupa.verdi.de, Telefon 030/6956-1076. dig und unabhängig die eigene Politik ausklammerte, sich nur um die berufli- zu verfolgen. chen sowie tariflichen Belange und den Als Liebknecht im Sommer 1865 aus kollegialen gewerkschaftlichen Zusam- Berlin und Preußen ausgewiesen wurde, menhalt kümmerte – zum Teil scharf kri- überreichten ihm die Buchdrucker ein Eh- tisiert, auch von eigenen Kollegen. Aber rengeschenk von 100 Talern. »… ihm im Gegensatz zu anderen Verbänden haben wir hauptsächlich die guten Er- verloren die Buchdrucker zu Beginn der folge unserer Bestrebungen zu verdan- 1930er Jahre nur zwei Prozent ihrer Mit- ken«, schrieben die Gehilfen im ›Corre- glieder. spondent‹. Recherche: Constanze Lindemann

Erstarkender Verband und fachliche Profilierung 1866 gehörte der Berliner Verein zu den Voll des guten Geistes Gründern des Verbands deutscher Buch- drucker. Von den drei Stadtgauen Ham- Die Buchdrucker liebten Geselligkeit! Bereits aus und setzte auf burg-Altona, Leipzig und Berlin hatte 1835 hatten die Berliner den Geselligkeitsver- gewerkschaftliche Berlin die meisten Mitglieder und das ein ›Typographia‹ gegründet. 1879 riefen sie Organisierung. In höchste Beitragsaufkommen. den ›Gesangsverein Berliner Typographia‹ ins den 1870er Jahren wurden an verschiedenen Seit 1896 war die Zahl der Organisier- Leben, der als ›Liedertafel Typographia‹ bis Orten Typographische Gesellschaften gegrün- ten erheblich gewachsen – von ca. 4.000 1998 bestand. Es gab ein typografisches Or- det, um die berufliche Weiterbildung zu un- auf 12.000 -, dass eine Generalver- chester und einen Philatelistenverein. terstützen und der »Schmutzkonkurrenz« ent- sammlung 1912 beschloss, den Berliner Die Identifikation gegenzuwirken. Aus ihnen entstand im Novem- Verein in zehn geographische Bezirke der Arbeiter im graphi- ber 1919 der ›Bildungsverband der Deutschen und einen für die Nachtarbeiter einzu- schen Gewerbe mit ih- Buchdrucker‹. Dieser richtete hauptamtliche teilen. Alle Kollegen sollten sich am Or- rem Beruf und Bestre- Stellen ein, verlegte die ›Typographischen Mit- ganisationsleben beteiligen können. Ei- bungen zur »künstleri- teilungen‹, den ›Buchdrucker Kalender‹, die ne Generalversammlung fand alle drei schen und geistigen Lehrlingszeitschrift ›Jungbuchdrucker‹ und Monate statt, für die in den Bezirken Ausbildung« münde- Fachliteratur. Delegierte gewählt wurden. ten 1862 in die Grün- Für »Bücher voll guten Geistes und von schö- Die technische Entwicklung in den dung des »Fortbil- ner Gestalt« zu erschwinglichen Preisen wurde 1890er Jahren trieb die fachlich-beruf- dungsvereins für Buch- 1924 die Büchergilde Gutenberg gegründet. Be- liche Differenzierung bei den Buchdru- drucker in Leipzig«. reits 1863 richtete der Berliner Verein eine eige- ckern voran. Es wurden die Berliner Der gab ab 1863 den ne Bibliothek ein, die schnell über 300 Bücher Sparten für die Stereotypeure und Gal- ›Correspondent‹ her- verfügte. 1932 waren es mehr als 6.000 Bände. vanoplastiker, Maschinensetzer und Kor- 10 Beruf & Gesellschaft sprachrohr 4 | 12 Hörstücke jetzt auch in Englisch Jüdische Geschichte in Berlin-Mitte nicht nur kennenlernen, sondern erleben

dem »Deutschen Bildungsmedien- Schulklassen und Touristen eine Aus- fall bekam sie später von einer Lei- Fachgruppe Preis« geehrt und ist unter den zehn einandersetzung auf Augenhöhe. densgenossin ein Klassenfoto ge- Finalisten für den »BKM-Preis Kultu- Schauspieler wie Axel Prahl, Hartmut schenkt. Keine der Klassenkamera- Medien relle Bildung 2012«. Bald wurde die Becker oder David Kross unterstüt- dinnen hat überlebt. Frage nach englischsprachigen Ver- zen das Projekt und leihen ihm ihre Was motiviert so viele unterschied- sionen der Audiodateien laut. Seit Stimme. Auch Zeitzeugen kommen liche Menschen, sich in »Hörpol« ein- as Projekt »Hörpol« ist jetzt drei Juni sind diese nun auf hoerpol.de zu Wort. In »Foto« erzählt etwa die zubringen? Fragt man Schauspieler DJahre alt. Mit 27 deutschsprachi- zum Download freigegeben. Auschwitz-Überlebende Frieda Got- Hartmut Becker, so ist die Antwort gen Hörstücken rund um Antisemi- Die Hörstücke sind trotz des erns- tesmann von der Bedeutung der Er- eindeutig: »Ich bin ein Kriegskind, tismus und Fremdenfeindlichkeit fing ten Hintergrundes und notwendiger innerungen und wie man mit ihnen habe das Ende des Grauens erlebt. Ende Juni 2009 alles an. Seither kön- historischer Tiefe modern und ohne umgeht. Als Frieda mit 20 Jahren Das hat mich natürlich geprägt, und nen sich Interessierte – gemeint sind erhobenen Zeigefinger umgesetzt. nach Auschwitz deportiert wurde, Geschichte war mein Lieblingsfach. vor allem Jugendliche – an geschichts- Variierend als Theaterszenen, Radio- waren ihre Eltern längst ermordet. Der zweite Grund ist mehr emotio- trächtigen Orten in Berlin-Mitte aus sendungen oder musikalisch aufbe- Als einzige Erinnerung an ihr altes nal. Wir haben in Auschwitz einen dem Internet geladene Hörstücke zum reitet und von Künstlern wie Herbert Leben bewahrte sie einige Fotogra- Film gedreht, und als ich das erste Thema Antisemitismus über Handy Grönemeyer oder Tom Schilling ge- fien. Doch auch diese wurden ihr ge- Mal im Kostüm durch das Lager ging, oder MP3-Player anhören. Das Be- staltet, bieten die Hörszenen auch nommen und vernichtet. Durch Zu- konnte ich nichts mehr essen. Ich hat- sondere daran sind nicht nur die von te natürlich die historischen Bilder vor Prominenten und engagierten Men- Augen. Es war eine wichtige Erfah- schen eingespielten, eingesungenen rung für mich als Deutscher, dort ge- und gesprochenen Texte, sondern die arbeitet und das gesehen zu haben.« Verknüpfung von erzählter Geschich- So wie Hartmut Becker möchten te mit den realen Schauplätzen: Mit viele Mitwirkende dazu beitragen, dem zugehörigen Stadtplan lässt sich Sensibilität und Empathie für diesen eine selbstbestimmte Audioführung Teil der deutschen Geschichte zu gestalten. So haben das die Macher schaffen und auch an kommende um Journalisten Hans Ferenz geplant, Generationen weiterzugeben. Zum und so wurde es inzwischen tausend- dritten Geburtstag darf man dem un- fach praktiziert: »Ich dachte zuerst, gewöhnlichen und selbstgestaltba- dass das Projekt nach anderthalb ren Weg durch die deutsch-jüdische Jahren tot ist«, so Ferenz – doch es Geschichte weiter Erfolg und nun lebt nicht nur, sondern erfreut sich auch den englischsprachigen Stü- heute mehr denn je des Interesses. cken weiter große Nachfrage wün- Würdigung gab es inzwischen schen. Ausprobieren geht über Stu- Auf die einzig Überlebende weist der Pfeil… Foto: Hörpol-Archiv auch: Das Projekt wurde 2010 mit dieren! Julia Heise

iccardo V. sitzt an einem Sommer- Rtag im Berliner Sony Center um Scheißegal – zurück in Dein Land? auszuruhen. Der seit 2007 in Berlin lebende italienische Journalist arbei- Italienischer Journalist respektlos behandelt tet mit dem Migrationsrat Berlin- Brandenburg an einem Projekt über »Presse ist doch frei in Deutschland italienischem und deutschem Pres- ist sein durchaus bitteres Fazit. Auf Rassismusprofile in Deutschland, hat – oder?«, fragt er. »Scheißegal«, wird seausweis zu arbeiten, wenn Sicher- seine an die Senatskanzlei gerichte- dafür Fotos im öffentlichen Raum am ihm bedeutet, er müsse in sein Land heitsdienst und Polizei meine Bilder te Beschwerde – um Antwort war Potsdamer Platz aufgenommen. Sei- zurückkehren. oder Videos kontrollieren und even- der Berliner Bürgermeister gebeten ne Kamera liegt ausgeschaltet neben Die inzwischen herbeigerufene Po- tuell löschen können?« Wie könne – erhielt er eine höflich-nichtssagen- ihm. Was dann passiert, zählt Riccar- lizei überprüft, dass der Fotograf kei- Berlin eine touristische Attraktion sein, de Mail, in der der Vorfall bedauert do »leider auch zum Rassismus« und ne Bilder vom im Privateigentum be- wenn Menschen, die an touristischen und die Angelegenheit an die Se- schildert es so: Neben ihm ging ein findlichen Sony Center aufgenom- Orten arbeiten, Ausländer auffordern, natsverwaltung für Inneres zur Klä- Sicherheitsmann rigoros gegen einen men hat. »Trotzdem wollten sie wohl in ihr Land zurückzukehren? rung mit der Polizei weitergeleitet alten Mann vor und verjagte diesen demonstrieren, dass ich Unrecht hat- Riccardo hat bereits in Iran, Irak, wurde. Riccardo hat bei der Polizei vom Platz. Als sich der Fotograf mit te«, erinnert sich Riccardo. Das Pro- Israel und Palästina gearbeitet – »dort zudem eine Anzeige wegen Beleidi- der Frage einmischt, warum er so blem sei sein Deutsch. Er hätte angeb- hatte ich natürlich als Journalist eini- gung gestellt. Er vermisst eine Ent- aggressiv sei, wendet sich die Ag- lich nicht verstanden, was die Män- ge Probleme, wurde aber mit Respekt schuldigung. Stattdessen reagierte gression gegen ihn. Herbeigerufene ner von der Sicherheit sagen wollten. für meine Arbeit behandelt, auch in im Gegenzug ein Sicherheitsmann Security-Verstärkung beschuldigt ihn »Ja, vielleicht ist mein Deutsche nicht den Schwierigkeiten«. In Deutsch- seinerseits mit einem Strafantrag we- des unerlaubten Aufnehmens von super, aber Aggressivität hat keine land fühle er sich »wie ein Kriminel- gen Beleidigung. Bildern zu gewerblichen Zwecken Sprache. Auf jeden Fall ist, ›du müsst ler« behandelt. Wenn das Projekt mit ver.di hat die Rechtsvertretung für vom Sony Center und verlangt, die in dein Land zurückkommen‹ eine dem Migrationsrat beendet ist, will er den italienischen Fotografen über- Fotos zu kontrollieren. Riccardo lehnt sehr klare Nachricht«, findet Riccar- »definitiv umziehen«. »Wenn ich hier nommen. Der Rechtsanwalt hat Ein- das ab, er sei Journalist und legiti- do und fragt: »Welche Freiheit habe bleibe, werde ich nie Teil von dieser sicht in die Unterlagen beantragt. Ent- miert sich mit seinem Presseausweis: ich als Journalist und Fotograf mit Gesellschaft, weil ich Ausländer bin«, scheidungen stehen noch aus. B.E. 4 | 12 sprachrohr Beruf & Gesellschaft 11

Ausflug in die Vergangenheit Fachgruppe Neue Strittmatter-Biografie beleuchtet ein Leben voller Widersprüche Literatur as Buch kam pünktlich zum 100. Die Autorin bezieht im Hinter- den hinzu und das des Vielliebenden, DGeburtstag des Literaten. Und grund das seinerzeit von ihren Eltern auch von daher innerlich Zerrissenen. fast 100 Seiten ihrer Biographie wid- Erlebte ein, die Opfer des Faschismus Die Biografin lässt ihm Gerechtig- met Annette Leo dem Kriegserleben waren und nach dem Kriege die DDR keit widerfahren, selbst dort, wo der In eigener Sache Erwin Strittmatters. Das betrifft einen gemeinsam mit Menschen aufbau- Literat im häuslichen Bereich als jäh- Ausschnitt von nur fünf Jahren eines ten, von denen sie während der NS- zorniger Despot erscheint und eige- Liebe Kolleginnen und Kollegen, immerhin 82jährigen Lebens. 1912 Zeit vermutlich verfolgt worden wä- ne Kinder als »Zeitfresser« zur Schwie- da das Sprachrohr, das offizielle In- geboren, starb der Autor 1994 in sei- ren. Diese Art Doppelbelichtung könn- germutter nach Neuruppin verbannt. formationsblatt des Fachbereichs Me- nem brandenburgischen Domizil te für eine ganz andere Art von Be- Leo verweist auf Strittmatters Vater, dien, Kunst und Industrie, nur fünf- Schulzenhof bei Dollgow. Kaiserzeit troffenheit der Leser und Leserinnen der nach der Heimkehr aus dem 1. mal im Jahr erscheint, werden aktu- – Weimarer Republik – NS-Zeit – DDR von Strittmatter-Büchern sorgen. Weltkrieg von Anfällen des Jähzorns elle Informationen des VS auch über Dennoch wird man aufatmen, wenn übermannt wird. Fakt ist, dass Stritt- eine E-Mail Verteilerliste versandt. im Buch endlich von anderem die matter kaum fähig war, bis ins hö- Wer noch nicht in dieser Liste steht, Kriegstrauma und andere Rede ist. Für die DDR-Zeit ist eruier- here Alter seinen Kindern aus den aber aufgenommen werden möchte, bar, wo und inwieweit sich Strittmat- verschiedenen Ehen in fairem Aus- kann das der Geschäftsstelle unter Verstörungen ter nun diktatorischen Attitüden in tausch zu begegnen. Wenn die Bio- [email protected] mitteilen. Werk und Leben widersetzte und wo grafin daran erinnert, dass Strittmat- Die jeweilige E-Mail Adresse wird dann – vereinigtes Deutschland. Er hat aus er Privilegien genoss. Das literarische ter beklagte, er habe sich 1933, 1945 in den VS-Verteiler aufgenommen. äußerst verschiedenen Phasen deut- Werk (und der Umgang mit den Pfer- und auch noch 1989 entschuldigen scher Geschichte Impulse empfan- den) gaben ihm Sinn, zumal er viel sollen, weist sie auf Dilemmata deut- gen und verarbeitet. Bestätigung durch sein ebenfalls Ori- scher Geschichte im 20. Jahrhundert. Doch Enthüllungen über Strittmat- entierung suchendes Publikum und Die Sprachlosigkeit nach dem Kriege ters Zeit beim Gebirgsjägerregiment durch seine dritte Frau, die Dichterin belastete selbst folgende Generati- Lesenswert 325 (dem das Polizeiregiment, in dem Eva Strittmatter (quasi seine persön- onen. Die deutsche Teilung schuf Strittmatter diente, eingegliedert liche Lektorin und Kritikerin), erhielt. wiederum Ideologien als Ventile, die Neuerscheinungen worden war) haben zuletzt für Auf- Leo beschreibt, dass der Schrift- neue Hierarchien und neues Unrecht von VS-Mitgliedern sehen gesorgt. Es ist also nicht nur steller allerdings darunter litt, sich entstehen ließen. dem wissenschaftlichen Interesse der den Widerstandskämpfern nicht Es ist das besondere Plus dieses Bu- Doris Bewernitz »Wo die Seele Historikerin Annette Leo geschuldet, gleichberechtigt fühlen zu können. ches, dass es zugleich die verwickel- aufblüht« Verlag Kreuz, ISBN: 978- dass sie gerade diese Phase genauer Als 1956 der Terror des Stalinismus ten gesellschaftlichen deutschen Ver- 3-451-61000-4 zu rekonstruieren sucht. Das Ge- offenbar wurde, suchte er das Emp- hältnisse betrachtet und die Schwie- birgsjägerregiment 325 hat maro- finden persönlicher Defizite mit der rigkeit, sich individuell darin zu ver- Thomas J. Hauck »Berlin, Moa- diert, gebrandschatzt, exekutiert, Frage nach dem Widerstand der orten. Mit dieser Biografie schreibt bit-Blues« Erzählung, Kyrene Litera- Partisanen bekämpft, die Zivilbevöl- deutschen Kommunisten gegen den sich Leo an ein Leben voller Wider- turverlag Wien/Innsbruck, ISBN: kerung zur Geisel und zum Opfer Stalinismus zu kompensieren. sprüche heran. Nachdenklichkeit bleibt 978-3-902783-04-0 von Racheakten werden lassen. Am Den Strittmatterschen Kriegstrau- vor allem, weil mehr als ein Lebens- Marodieren muss Strittmatter sich mata haben sich zeit seines Leben weg nachvollzogen wird. Ulrich Karger, Peter Karger, laut Leos Recherche beteiligt haben, immer neue Verstörungen verbun- Dorle Gelbhaar »Herr Wolf kam nie nach Berchtes- Exekutionen hat er sich offenbar ver- den. Diese Erfahrung teilt er mit vie- gaden – Ein Gedankenspiel in Wort Annette Leo »Erwin Strittmatter. Die Bio- weigert und den Posten des Kriegs- len seiner Generation. Bei ihm graphie«, Aufbau Verlag Berlin 2012, 447 und Bild«, Edition Gegenwind BoD, berichters angestrebt. kommt das Dilemma des Schreiben- Seiten, 24,99 Euro, ISBN 978-3-351-03359-8 Norderstedt 2012, ISBN: 978-3-8482- 1375

Reinhard Kaul »Hart an der Grenze-Directors Cut«, Roman, tre- dition-Verlag, ISBN: 978-3-8491- Aufeinander zugehen VS Foto: 1727-6 Der »Lübecker Autorenkreis und seine Freunde e.V.« starte- te Ende August unter dem Motto »Kennenlernen – aufein- Maria Kolenda »Vom Liebesle- ander zugehen« seine jährliche Litera-Tour nach Frankfurt/ ben der Stechpalme«, Gmeiner Ver- Oder. Inhaltlicher Schwerpunkt war Heinrich von Kleist. Ne- lag 2012, ISBN: 978-3-8392-1293-6 ben dem Stadtrundgang und Ausflügen in die Umgebung stand auch die gemeinsame Lesung von Lübecker und Bran- Gunnar Kunz »Schnatzelschnapf! denburger Autoren auf dem Programm. Der Direktor des oder: Wie kommt die Welt in meinen Kleist-Museums Dr. Wolfgang de Bruyn (Foto li.) öffnete sein Kopf« Kinderbuch für Kinder von fünf- Haus für das Treffen von Poeten aus Ost und West, die ei- neun Jahren. Verlag Monika Fuchs, nem aufmerksamen Publikum im Wechsel ihre Texte vor- ISBN: 978-3-940078-32-2 stellten. Neben Klaus Rainer Goll (re.), dem Vorsitzenden des Lübecker Vereins, und Carmen Winter (Mitte), der Brandenburger VS-Vorsitzenden, lasen auf Lübecker Seite Regine Astrid Vehstedt »Sonutarium La- Mönkemeier und Jürgen Schwalm sowie Sonja Daemen (Fürstenwalde), Jürgen Leskien (Kleinbeuthen) und Till Sailer byrinth«, fhl-Verlag Leipig, Kriminal- (Bad Saarow). Bei einem gemeinsamen Spaziergang auf der Oder-Insel Ziegenwerder wurde auch darüber nachgedacht, roman, ISBN: 978-3942829069 wie die anregende Frankfurter Begegnung in Lübeck eine Fortsetzung finden kann. 12 Beruf & Gesellschaft sprachrohr 4 | 12

Tänzer oder Artisten. Ein solcher hat Die ihre Haut zu Markte tragen sich für die harte Probenwoche vom 20. bis 26. August eine Wochenar- Von Profis und Dilettanten: Komische Oper diskreditiert Kleindarsteller beitszeit von 32,5 Stunden errechnet und einen Wochenlohn von 170 Eu- ro verbucht. Effektiver Stundenlohn: Fachgruppe 5,23 Euro brutto. Die Oper mag da- rauf verweisen, dass in der Spielzeit Theater im Durchschnitt besser verdient wird. und Bühnen Doch Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder auch nur Arbeits- st wer in einer Monteverdi-Oper le- zeit- und Pausenregelungen gibt es Idiglich mit Stringtanga, High Heels für die Kleindarsteller nicht. »Man und einer Halterung für zwei große führt zwar Sozialversicherungsbeiträ- Rückenflügel auftritt, so gut wie ge für uns ab, das suggeriert ein ju- nackt, halbnackt oder bekleidet? Die ristisch korrektes Arbeitsverhältnis. Antwort bedeutet für Kleindarsteller Praktisch werden wir aber wie Tage- an der Komischen Oper weniger ei- löhner behandelt und können nicht ne Geschmacks- als eine Geldfrage. einmal die Künstlersozialkasse nut- Um ihre Bezahlung geht es jetzt öf- zen«, kritisiert ein weiterer Kollege. fentlich. Zwei Artikel in der »Berliner Das Berliner Ausschreibungs- und Ver- Zeitung« im Sommer haben eine gabegesetz verlangt einen Mindest- Das Visuelle peppt die Oper auf – Kleindarsteller tun das auch. Foto: drama – berlin.de überfällige Debatte angeheizt: Kom- lohn von 8,50 Euro. Die Praxis an der parsen machen auf schlechte Ent- Oper sei also rechtswidrig. Sabine lohnung und mangelnde Wertschät- das nicht geändert. Sie beklagen dra- liefert. Für schweres Tragen, langes Schöneburg, zuständige ver.di-Ge- zung aufmerksam. Noch brodelt es matisch gesunkene Honorare. 2005, Schminken oder eben Nacktauftritte werkschaftssekretärin, setzt hinzu, vorrangig hinter den Kulissen. so Betroffene, habe es einen sind Zulagen vorgesehen. Proben dass die Komische Oper jährlich mit Darsteller des Kleinen Fachs haben schmerzhaften Einschnitt gegeben. werden für drei Stunden pauschal mit 31 Millionen Euro subventioniert wird. an der Komischen Oper traditionell Stück- oder Spielzeitverträge wurden 18 Euro vergütet. Operndirektor Phi- Sie möchte mit dem Haus einen Ho- einen hohen Stellenwert. Zu Felsen- abgeschafft: »Es gibt keine Verträge lip Bröking hält sich laut »Berliner norarkatalog für Kleindarsteller ver- steins Zeiten gehörten sie fest zum mehr und keine Gagen-Verhandlun- Zeitung« zugute, »Wildwuchs ge- handeln, der den Namen verdient. Ensemble, mittlerweile arbeiten die gen. Die Probenzeiten erfragen wir stoppt und einen Honorarkatalog er- Ein Vorschlag liegt seit längerem be- rund 40 Kleindarsteller frei, aber auf meist am Abend vorher auf einem funden« zu haben, »absolut fair, reit. Doch im September ließ man neu- Lohnsteuerkarte, übernehmen grö- Anrufbeantworter. Was wir verdient transparent«. Im Übrigen handele es erlich wissen, dass man ver.di nicht ßere oder kleinere Aufgaben: spie- haben, erfahren wir am Monatsen- sich bei der Kleindarsteller-Tätigkeit als Verhandlungspartner akzeptiert. len, singen, tanzen, wirbeln, tragen de.« Gesichert sind 18 Euro pro Vor- »um ein bezahltes Hobby«. Immerhin gab es am 1. Oktober ein Requisiten umher und sind – wie im stellung für jeden, der für ein oder Das mag, wenn überhaupt, für Treffen des neuen Intendanten Bar- Erfolgsstück »Kiss me Kate« oder in zwei Akte in Kostüm und Maske be- Schüler oder Rentner zutreffen. Schon rie Kosky mit den Kleindarstellern. der Monteverdi-Trilogie – wesentli- schäftigt ist und kleinere Serviceleis- Studenten, für Massenszenen gern An Gesprächsstoff dürfte es nicht ge- cher Teil der Inszenierung. Dass sie tungen mit übernimmt. Mehr gibt's hinzugebucht, werden das Geld drin- mangelt haben. Und Die Linke hat, auch recht viel nackte Haut zu Mark- für Auftritte, die Sprechen, Raufen, gend für ihren Lebensunterhalt be- so ihr kulturpolitischer Sprecher Wolf­ te tragen, war nicht zuletzt der Bou- Fechten oder Gesellschaftstanz er- nötigen. Noch mehr gilt das für den gang Brauer, Ende September im Ab- levardpresse Großaufnahmen wert. fordern oder in denen Sänger ge- festen Stamm von Kleindarstellern. geordnetenhaus eine Kleine Anfrage Der Oper dürfte die günstige Rekla- doubelt werden. 35 Euro darf erwar- Die Mehrzahl ist nicht nur routiniert, zur Situation der Kleindarsteller ge- me recht gewesen sein. Den Um- ten, wer kleine Soloauftritte, große sondern auch künstlerisch gut aus- stellt. Der Senat musste innerhalb von gang mit den Kleindarstellern hat Ballettaufgaben oder Akrobatik ab- gebildet – als Schauspieler, Musiker, 14 Tagen antworten… np

lückwunsch, liebe Silvia Brende- tres auf dem Spielplan: Voll kleiner Gnal, zu Ihrem Ritterschlag als Madame le Chevalier NICHTSe, Plein de (petits) riens. »Chevalier de l'ordre des Arts et des »Bonne chance!«, chère Madame Lettres«. Der 1957 vom französischen denal erhielt es für »außerordentliche besten Bühnen für Puppen-, Figuren- le Chevalier, für Sie und die Zukunft Kulturminister gestiftete französische Verdienste um die kulturelle Zusam- und Objekttheater gemacht. In das Ihres Theaters! B. Erdmann Orden für Künste und Literatur, für menarbeit zwischen Deutschland künstlerische Konzept fließen immer deren Stufen eine weibliche Namens- und Frankreich«, würdigte die fran- wieder Inspirationen ein, die Bren- Entsprechung offenbar nicht vorge- zösische Botschaft. »Der Orden ist denal aus ihrer Zusammenarbeit mit sehen war, wurde der künstlerischen eine überraschende, schöne Aner- französischen Künstlern, Theatern Leiterin der Berliner Schaubude vom kennung«, freut sich die Künstlerin. und Hochschulen schöpft. Regelmä- französischen Kulturminister Frédéric Seit 1997 leitet Theaterwissen- ßig lädt sie selbst zu Festivals wie dem Mitterand zuerkannt. schaftlerin und ver.di-Mitglied Bren- des jungen Puppen-, Figuren- und Das grün emaillierte doppelte Kreuz denal die 1993 gegründete Schau- Objekttheaters in ihr Haus ein. mit acht Armen – für die Chevaliers bude. Mit ihrem kleinen Team hat Dass es Objekttheater ohne Wor- mit einer silbernen Arabeske versehen sie die Bühne bei Berliner Zuwen- te für Kinder von 2 bis 5 Jahren gibt, – wird für das »Schaffen im künst- dungen auf gekürztem Niveau und knüpft an eine in Frankreich begrün- lerischen oder literarischen Bereich im ständigen Ringen um zusätzliche dete Richtung des Puppen- und Fi- oder einen Beitrag zur Ausstrahlung Projektmittel – wobei das Institut gurentheaters an. Anfang Oktober der Künste und Literatur in Frankreich francaise die französischen Gastspie- stand wieder ein französisches Gast- Chevalier Brendenal Foto: privat und die Welt« verliehen. Silvia Bren- le im Haus unterstützt – zu einer der spiel mit der Compagnie Lili Désas­ 4 | 12 sprachrohr Beruf & Gesellschaft 13 Endlos, doch vorbei wie im Flug Fachgruppe Bildende Kunst gestaltet neue Ausstellung ZEIT RÄUME

m 27. September wurde in der dem passt der Titel an sich als Wort- Sternberg und Silvia Mack zugrunde. AMedienGalerie die Ausstellung spiel auch gut zu unseren bisherigen Beate Spitzmüller präsentiert »24 Zeit Räume eröffnet, die noch bis 16. Themen und Ausstellungstiteln. Stunden Zeichnungen« mit dem Ti- November Werke von zwölf Mitglie- tel »Daily Drawings«. Karoline Koep­ dern der Fachgruppe Bildende Kunst Gab es erneut rege Beteiligung pel, deren Bild »Von 10 zu 10 Sekun- Berlin-Brandenburg präsentiert. Wir an der Ausschreibung? Und wel- den« auf der Einladungskarte abge- sprachen mit der Malerin Barbara Sa- che Werke hat die Fachgruppen- bildet ist, beschäftigt sich mit dem lome Trost, die die Schau neuerlich Jury ausgewählt? Druck der Zeitknappheit. An­dreas mit vorbereitet hat. Ja, erfreulicherweise fand die Aus- Haltermann zeigt eine sehr poetische schreibung regen Zuspruch. Die Jury Arbeit mit dem Titel »1,86.400 eines Nach den vier »Elemente«-Schauen hat sich viel Zeit genommen, um aus mittleren Sonnentages«… Barbara Salome Trost Foto: C.v.P./transit in den vergangenen Jahren habt den eingereichten Werken auszu- Ihr Euch nun Raum und Zeit als wählen. Schließlich haben wir uns für Von Dir war bei den Vernissagen Motto zugewandt. Wie kam es Arbeiten entschieden, die das Thema bisher immer Erstaunliches zu ges schnellt die Zunge des Chamä- dazu? ZEIT RÄUME vielschichtig wiederge- Themen wie Wasser, Feuer, Luft leon aus seinem Maul und schnappt Wir haben zusammen gesessen und ben. Andreas Jähnig zeigt Radierun- oder Erde zu hören. Ist Dir ähn- seine Beute. Schließlich überlege ich, überlegt, Themen diskutiert. Schließ- gen, die sich mit der Wendezeit aus- lich Hintergründiges für die welche Zeiträume wir persönlich lich befanden wir ZEIT RÄUME als ein einandersetzen, das Thema Aufblü- »ZeitRäume«-Einführung einge- überblicken, woran wir uns warum großes, viele Interpretationsmöglich- hen und Vergehen liegt den Aqua- fallen? erinnern… keiten darbietendes Thema. Außer- rellen und Zeichnungen von Gerdi Ich versuche immer, dialektisch Ge- gensätzliches zu beleuchten, aber auch die kleinen und großen Wunder Fachgruppe komplexer Phänome nicht außer Acht Bildene zu lassen. Diesmal frage ich zum Bei- Kunst spiel, wie wahrnehmbar überhaupt Zeit ist, die die Fähigkeit besitzt, sich »endlos hinzuziehen« und »zu ver- Und welchen Tipp gibst Du den gehen wie im Flug«? In welchen Di- hoffentlich zahlreichen Ausstel- mensionen messen wir Zeit? In wel- lungsbesuchern? chen Zeit Räumen denken wir? Ist es Ich würde mir wünschen, dass die uns überhaupt möglich, die Zeit gänz- Ausstellungsbesucher sich mit viel lich zu erfassen, die Dimensionen ZEIT in unseren Ausstellungs-RAUM von Zeit Räumen zu ermessen? Was begeben und sich auf die sehr un- wird sein in einer Milliarde Jahren, terschiedlichen Werke der Künstle- wenn der Andromeda-Nebel auf die rinnen und Künstler einlassen. Die Milchstrasse trifft? Oder ich erinnere Werke in der diesjährigen Ausstel- daran, dass um uns herum so vieles lung sind spannungsreich und fein- unserer Auffassungsgabe entgeht, sinnig, sie sollten den Betrachter rei- weil es einfach zu schnell passiert: zen, sich konzentriert und ausgiebig Immer unter Zeitdruck Bild: Karoline Koeppel Während der Dauer eines Lidschla- auf sie einzulassen. Fragen: neh

Aktuell: Historisches in der Kunst transitfoto.de / »Vom Preußenschlag zum Reichstagsbrand« heißt eine Ausstellung der Bun- desfachgruppe Bildende Kunst und der Fachgruppe bildende Kunst Berlin- Brandenburg, die am 28. September in der ver.di-Bundesverwaltung eröffnet wurde. Der »Preußenschlag«, der Putsch der Reichsregierung Papen gegen

die sozialdemokratische preußische Landesregierung, jährte sich gerade zum Polentz v. Chr. Foto: 80. Mal. Er wird in der Kunstschau als Ausgangspunkt für Hitlers Machtüber- nahme und das braune Ermächtigungsgesetz gesehen, das ihn legitimierte, mit Terror und Verboten gegen politische Gegner vorzugehen und demokra- tisch gewählte Parteien auszuschalten. Die Ausstellung nähert sich der historischen Problematik künstlerisch. Die zum Thema gestalteten Bilder und Tafeln sind bis 30. Oktober werktags von 10 bis 18 Uhr in der Galerie im Lichthof der ver.di-Zentrale zu besichtigen. Dieter Ruckhaberle moderierte die Eröffnung der Schau. Es sprachen Frank Bsirske und sowie weitere Politiker und Historiker. Sie hoben die aktuel- le Bedeutung der historischen Geschehnisse hervor. Im Interesse von Demo- kratie und Frieden sei es nötig, sich weiter mit ihnen auseinanderzusetzen. 14 Beruf & Gesellschaft sprachrohr 4 | 12

hochqualifizierter und hochmotivier- Die Messen sind noch nicht gesungen ter Lehrerinnen und Lehrer. Bereits auf der Mitgliederversammlung der Ausführungsvorschriften über Honorare der Musikschulen in Kraft gesetzt ver.di-Fachgruppe Musik am 11. No- vember 2011 wurde beschlossen, Verträge, die auf derartigen AV ba- Fachgruppe sieren, nicht zu unterschreiben. Leh- rervollversammlungen vieler Musik- Musik schulen schlossen sich dem an. Kollektive Verweigerung hat An- fang der 1980er Jahre, als die Situ- m 1. August 2012 sind die um- ation ähnlich war, bereits einmal zum Astrittenen Ausführungsvorschrif- Erfolg geführt. Der Westberiner Se- ten über Honorare der Musikschulen nat musste damals einlenken, weil in Berlin (AV Honorare MuS) in Kraft sich die Mehrzahl der Lehrkräfte getreten. Sie werden zunächst nur für nicht einschüchtern ließ und die Ver- den Abschluss neuer Verträge ange- träge nicht unterschrieb. Beigetragen wandt, für bereits bestehende ist eine hatte, dass die Musikschullehrerin- Übergangszeit bis zum 1. April 2013 nen und –lehrer öffentliche und pro- vorgesehen. Diese Frist ist kein Ent- minente Unterstützung erfuhren. gegenkommen der Senatsverwaltung Aufgespielt! Angemessene Honorare müssen her! Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de An dieser mangelt es auch jetzt gegenüber länger beschäftigten Lehr­ nicht. Die Schülereltern, die Landes- kräften, sondern der Tatsache ge- Klassenfahrten u.ä. das Einkommen Jahre später erhöht werden als die elternvertretung, der VdM, der Lan- schuldet, dass die Verwaltung die Ver- der Lehrkräfte erheblich mindern. Gehälter der Angestellten des Lan- desmusikrat, die Intendanten der änderungen nicht bis zum 1. August Auch ist ausgefallener Unterricht, der des Berlin. Die vorgesehene Hono- großen Berliner Opern- und Konzert- umsetzen konnte. durch den Schüler zu vertreten ist, rierung für Zusatztätigkeiten wie häuser, die Berliner SPD, die Frakti- Im Vergleich zur ersten Fassung nachzuholen, es sei denn, eine Ab- Prüfungsabnahmen u.ä. wäre zu be- onen der Grünen, der Linken und der AV hat es durchaus Nachbesse- sage ist nicht oder nicht rechtzeitig grüßen, wenn angemessene Hono- der Piraten im Berliner Abgeordne- rungen gegeben, die wesentlichen erfolgt. rare gezahlt würden. Mit einem Ho- tenhaus, der Ausschuss für Kultur Kritikpunkte, die zu den massiven Pro- Zwar ist in den AV festgeschrie- norar-Rahmen von 7,16 Euro bis und Bildung der BVV u.a. testen der Musikschullehrkräfte ge- ben, dass die Honorarsätze der Ent- 10,33 Euro pro Unterrichtsstunde unterstützen die Forderungen der führt haben, sind aber nicht ausge- wicklung der tariflichen Entgelte für von 45 Minuten ist man davon weit Berliner Musikschullehrkräfte vor al- räumt.So wird es mit den neuen AV die Angestellten des Landes Berlin entfernt.Die Empörung der Kollegin- lem nach Festanstellungen im pä­da­ auch bei Einzelunterricht kein Monats- folgen. Allerdings erfolgt diese An- nen und Kollegen an den Musikschu- gogischen Bereich und nach einem stundenhonorar mehr geben, dieses passung erst zum 1. August des dar­ len ist groß. Sie sind nicht bereit, wei- Tarifvertrag für diejenigen, die weiter- wird durch Einzelstundenvergütung auffolgenden Kalenderjahres – mit tere Verschlechterungen hinzuneh- hin auf Honorarbasis arbeiten wer- ersetzt. Diese wird allein durch Un- der Folge, dass im schlechtesten Fall men, vielmehr geht es um die grund- den. Die Messen sollten also noch terrichtsausfall an Feiertagen, durch die Honorare mehr als eineinhalb legende Verbesserung der Situation nicht gesungen sein. Anjo.

er Kandidaten-Check mit Social DMedia ist in den Personalabtei- Das Virtuelle schwappt ins Reale lungen der Unternehmen längst an- gekommen. Bisher wurde bei Kün- Cottbuser Medienrechtstage: Social Media im Einsatz für Unternehmen digungen oder Ablehnungen noch nicht mit Kommentaren auf Face- cherche in beruflichen Netzwerken hen oder Fanseiten schließen, sind book und Twitter argumentiert. Aber Fachgruppe wie Xing für Arbeitgeber weiter zu- innerhalb der Netzgemeinde der Lä- man dürfe getrost davon ausgehen, lässig, die in privaten Netzwerken cherlichkeit ebenso preisgegeben dass Arbeitgeber diese Instrumente Medien wie Facebook jedoch nicht mehr. Au- wie Jack Wolfskin, der gegen Kat- zumindest für ihr Hintergrundwissen ßerdem müssten Bewerber beispiels- zenpfoten auf einem Internet-Portal benutzten, hieß es bei den 5. Cott- weise in Stellenanzeigen und Be- für Handarbeiten klagt – von der taz- buser Medienrechtstagen, die sich te wie etwa »zivilrechtliche Rechts- schäftigte innerhalb der Unterneh- Pfote ganz zu schweigen. in diesem Sommer mit »Social Media positionen beim Handel in virtuellen men auf diese Suche hingewiesen Wer sich auf dieses Feld begibt, und IT-Kriminalität« beschäftigten. Welten« oder »Social Media im Ar- werden. muss mitspielen, auch wenn es in 30 Millionen Deutsche tummeln beitsverhältnis« spezialisiert haben. Wenn Unternehmen Social Media eine andere Richtung läuft als erwar- sich in privaten oder beruflichen Netz- Ein unbedachter Umgang mit priva- für ihre Werbezwecke nutzen wollen, tet. Beispiel: Otto sucht ein neues werken wie Facebook oder Xing. Auf ten oder beruflichen Daten ist nicht dann, so Medienrechtsanwalt Heralt Katalog-Girl. Ein junger Mann schickt Facebook würden schätzungsweise mehr umkehrbar, warnten die Ar- Hug, bitte richtig. Die Betreuung sol- als »Brigitte« sein Bild an die Face- sechs Milliarden Fotos pro Monat beitsrechtlerinnen Marion Bernhardt cher Seiten sei keine Aufgabe für book-Seite des Versands und wird hochgeladen, bei Youtube etwa 72 und Martina Jentsch. Praktikanten. Dafür brauche es Pro- gewählt. Die Firma reagierte mit Hu- Stunden Videomaterial pro Minute Im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) fis, die nicht nur die klassische Öf- mor: »@ Brigitte: Aus dieser Nummer eingestellt, erklärte der Cottbuser Pro- ist geregelt, was Arbeitgeber mit den fentlichkeitsarbeit sondern auch die kommst du nicht mehr raus.« Der fessor Karsten Weber, der wie sein so gewonnenen Daten anfangen Netzsprache verstehen. »Unterneh- junge Mann musste für den Katalog Kollege, Veranstalter Eike Albrecht, dürfen. Bisher dürfen sie alle frei zu- men, die Social Media nur halbherzig posieren – vom Nikolaus-Girl bis zur und eine Reihe weiterer akademischer gänglichen Erkenntnisse verwenden. betreiben, scheitern«, sie ernten den Abendrobe. Viele User amüsierten Referenten betonte, »facebookfrei« Träte das als Regierungsentwurf vor- »Shitstorm«. Unternehmen, die wie sich prächtig und posteten: »Otto – zu sein. – Anders die Medienanwäl- liegende Beschäftigtendatenschutz- Nestlé wegen eines Videos von find ich gut!« te, die sich auf verschiedenste Aspek- gesetz (BDSGE) in Kraft, wäre die Re- Greenpeace gegen Youtube vorge- Susanne Stracke-Neumann 4 | 12 sprachrohr Termine 15

MedienGalerie Texte und weitere Techniken zum Wahnsinn, über Spinner und Nor- 14 Uhr in der Begegnungsstätte der Vereinfachen und Rationalisieren des mierte und den schmalen Grat zwi- Volkssolidarität, Torstr. 203-206, Ausstellung: ZEIT Räume der Fach- Workflows. Notebook (mit Microsoft schen Alltag und Absurdität, eben 10115 Berlin. gruppe Bildende Kunst läuft noch bis Windows XP oder höher / Mac OS X ausgefallene, originelle, skurrile Ber- 16. November (siehe S. 13). Danach 10.6 oder höher), Maus und Mehr- liner Geschichten – schräg eben wie »Alte-Barden-Runde«: Jeden zwei­ startet eine Schau zu den Jubiläen fachstecker/Verlängerungskabel bit- die Stadt, in der sie spielen und von ­ten und vierten Mittwoch im Monat 150 Jahre Berliner Buchdrucker-Ge- te mitbringen. Testversionen der Soft- der sie handeln – mit einem Umfang um 15 Uhr im Restaurant »Alter werkschaft und 150 Jahre Zeitschrift ware und ausführliche Kursunterla- von maximal 10.000 Computerzei- Krug«. Dahlem, Königin-Luise-Str. »Correspondent« (siehe Mittelsei- gen werden bereitgestellt. Workshop chen (inkl. Leerzeichen). Da die 52, 14195 Berlin. ten). Kolleginnen und Kollegen, die in Kooperation mit Daniel Leisegang Mehrarbeit des Abtippens nieman- Material aus privaten Archiven dazu und Jacqueline Moschkau; 10 bis 18 dem zuzumuten ist, können nur per Seniorengruppe Funkhaus: Mit- beisteuern können, werden gebeten, Uhr, Kleiner Münzenberg Saal, Franz- E-Mail eingegangen Beiträge akzep- gliederversammlung am 17. Oktober sich Donnerstag nachmittags unter Mehring-Platz 1, 10243 Berlin. Kos- tiert werden. Die Auswahl der Ge- 2012, 14.00 Uhr: Russland heute – Tel. 77 00 80 01 zu melden. www. ten: 20 Euro für dju-Mitglieder, mit schichten erfolgt durch den Heraus- was nicht in den Zeitungen steht. mediengalerie.org Mittagessen. Tickets unter: www. geber und den Verlag. Die abge- Vortrag und Diskussion mit Wolf- amiando.com/layout-aufbau druckten werden mit 50 Euro für die gang Grabowski, Rosa-Luxemburg- Medien 1. Auflage pauschal honoriert. Ein- Stiftung, in der ver.di-Bundesverwal- Bildende Kunst sendungen bitte bis zum 31. Dezem- tung, Paula-Thiede-Ufer, 7. Etage, Medientreff für dju-Mitglieder und ber 2012 an die Geschäftsstelle: Saal Tucholski/Seghers freie Medienschaffende aus Privat­ ­ Mitgliederversammlung am 14. [email protected] Betreff: Anthologie V. rundfunk, Film, AV-Produktion und November 2012, 17 Uhr, in der Me- Verschiedenes Neuen Medien i.d.R. an jedem zwei- dienGalerie, Dudenstraße 10, 10965 Film ten Dienstag im Monat ab 19 Uhr Berlin (U-Bahnhof Platz der Luftbrü- ver.di-Chor: Probe jeden Dienstag im »Max und Moritz«, Oranienstra- cke, Bus 104) Actorstable für Darstellerinnen und von 18 bis 20.30 Uhr, ver.di-Bundes- ße 162, 10969 Berlin, nächster Ter- Darsteller der Film- und Fernsehbran- verwaltung, Paula-Thiede-Ufer 10, min siehe www.dju-berlinbb.de Ausstellung: »Vom Preußenschlag che an jedem ersten Mon­tag im Mo- 10179 Berlin. Es wird noch Verstär- zum Reichstagsbrand/Ermächtigungs- nat ab 18 Uhr im Café Rix, Karl- kung gesucht. Kontakt: info@verdi- Tagesseminar: »Existenzgründung gesetz« Gemeinsame Ausstellung der Marx-Str. 141 (direkt U-Bhf. Karl- chor.de oder 030-69 56 28 01, Infos: für Journalisten, Medienberufler und Bundesfachgruppe Bildende Kunst Marx-Str.) Rückfragen: Tel. 030-8 34 www.verdichor.de Künstler« am 20. November 2012. Es in ver.di und der Fachgruppe Bilden- 16 01, Evelin Gundlach. werden Kenntnisse zu den Rahmen- de Kunst Berlin-Brandenburg in der bedingungen der freiberuflichen Exis- ver.di-Bun​ desverwaltung,​ Paula-Thie­ Verlage, Druck & Papier tenz in Medien- und künstlerischen de-Ufer 10, 10179 Berlin, 29. Sep- Impressum Berufen vermittelt, Teilnehmer sollen tember bis 30. Oktober 2012, werk- Vorstandssitzungen: Mitgliederof- SPRACHROHR – Mitgliederzeitung des Chancen sowie Risiken von Selbst- tags von 10 bis 18 Uhr. fene Vorstandssitzungen an jedem Fachbereiches Medien, Kunst und In- ständigkeit beurteilen können. Schwer- zweiten Mittwoch im Monat, 17.30 dustrie Berlin-Brandenburg Herausgeber: ver.di-Fachbereich 8 punkte: Existenzgründung aus der Literatur Uhr in der MedienGalerie, Haus der Medien, Kunst und Industrie Berlin- Arbeitslosigkeit, Förderungsmöglich- Buchdrucker, Dudenstraße 10. Infos: Brandenburg. keiten (z.B. Gründungszuschuss, Ein- VS-Stammtisch: Jeden ersten Don- 030/88 66-54 05. Redaktion: Andreas Köhn (verantwort- stiegsgeld), Anmeldeformalia, soziale nerstag im Monat im »Terzo Mondo«, lich), Anschrift von Herausgeber und Absicherung für Freie (Künstlersozial- ab 19 Uhr, Grolmannstr. 28, zwei Mi- Theater & Bühnen Redaktion: Köpenicker Str. 30, 10179 kasse) betriebswirtschaftliche und steu- nuten vom U-Bhf. Uhlandstraße (U 15) Berlin. Tel: 030/88 66-6. Redaktionelle Betreuung: Helma Nehrlich, erliche Aspekte, Gemeinschaftsgrün- vom S-Bhf. Savignyplatz entfernt. Sitzungen des Geschäftsführenden transit berlin. pro media, Torstraße 177, dungen. Referent: Bernd Hubatschek. Vorstands der FG 10 am 2. Montag des 10115 Berlin, Tel.: 030/61 30 96-64, Zeit & Ort: 9.30 bis 16.30 Uhr, Kö- VS Berlin: Mitgliederversammlung Monats. Infos: Tel. 030-88 66-54 12. Fax: 030/61 30 96-66. nehrlich@ penicker Str. 30, 10179 Berlin, An- am Dienstag, 30. Oktober 2012, 17 pressebuero-transit.de meldung: E-Mail: Andreas.Koehn@ Uhr, ver.di-Gebäude, Köpenicker Str. Aktive Erwerbslose Gestaltung / Produktion: bleifrei Medien verdi.de, Tel.: 030 / 88 66-41 06, Ge- 30, 10179 Berlin, Raum 6.06 + Kommunikation/Claudia Sikora, Prin- zessinnenstraße 30, 10969 Berlin, Tel: bühren: ver.di-Mitglieder zahlen 13, Die Erwerbslosen von ver.di Berlin 030 / 61 39 36-0, [email protected] Nichtmitglieder 50 Euro. VS Brandenburg: Mitgliederversamm- treffen sich jeden 2. und 4. Do­n­ners­ Anzeigenannahme: bleifrei Medien + lung am Mittwoch, 7. November 2012, tag um 17.30 Uhr in der Köpenicker Kommunikation Seminar: »Layout mit InDesign CS 6 14 Uhr, in der Norbert-Fiebelkorn-Stif- Str. 30. Kontakt: Claudia Spreen, Tel.: Druck: apm AG Darmstadt Aufbaukurs« am 8./9. Dezember 2012. tung. Hessestraße 19, in 14469 Pots- 030 / 626 62 45, claudia.spreen@ Auch unverlangt eingesandte Manu- In dem zweitägigen Seminar der Lin- dam. Ab 16 Uhr »Wirklicher Ort. Wah- verdi-berlin.de und Martin Flamm, skripte werden sorgfältig behandelt. ken Medienakademie e.V. werden re Geschichte« Kerstin Leitmeyer – Au- [email protected] Sprachrohr erscheint fünfmal im Jahr, Bezugspreis 5 Euro pro Jahr, für ver.di- erweiterte Funktionen und spezielle torin und Malerin. Lesung und Ge- Mitglieder im Beitrag enthalten. Arbeitstechniken der aktuellen Versi- spräch (öffentliche Veranstaltung) Senioren on von Indesign vermitteln. Der Work- Der ver.di-Fachbereich 8 shop richtet sich an fortgeschrittene Anthologie – 2. Aufruf: Im Herbst Seniorenausschuss FB 8: Vorstands­ vom Landesbezirk Berlin- Nutzer von InDesign ab Version CS3. 2013 – zehn Jahre nach der ersten sitzung 15. Oktober, Mitgliederver- Brandenburg im Internet: Ziel des Kurses ist es, das Programm Anthologie – soll ein neuer Band mit sammlung 29. Oktober, jeweils 11 www.medien-kunst-industrie. effizient für die Erstellung von Print- Beiträgen von VS-Mitgliedern er- Uhr, Raum 4.12, Köpenicker Str. 30 Layouts zu nutzen, um anspruchsvol- scheinen, wiederum in Zusammenar- (gewerkschafts­ öffentlich).­ http: // bb.verdi.de le Gestaltungsaufgaben lösen zu beit mit dem Jaron Verlag und her- bb.ver.di.de/ frauen_gruppen/seni- Sprachrohr 5/2012 erscheint können. Die TeilnehmerInnen erler- ausgegeben von Horst Bosetzky. orinnen_und_senioren Anfang Dezember 2012 nen zeitsparende Funktionen wie die Für »Die schrägsten Berliner Zehn- Redaktions­schluss am Erstellung von Inhaltsverzeichnissen, Minuten-Geschichten« suchen wir ADN-Senioren: Am letzten Montag 5. November 2012 das automatische Formatieren langer Texte über den ganz normalen jedes Monats (außer Dezember) um 16 Alles was Recht ist sprachrohr 4 | 12 Was branchenüblich ist, muss nicht rechtens sein OLG Brandenburg brandmarkt laxen Umgang mit Autoren-Nutzungsrechten

chweigen heißt nicht Ja-Sagen. Im November 2010 reichten Gott- So weit, so gut. Weniger erfreulich: unerlaubten Onlinenutzung von Tex- SSo ähnlich könnte die Quintes- wald und seine Anwälte beim Land- Die Schadenersatzforderung lehnte ten akzeptierte es die von der dju senz eines Urteils lauten, mit dem das gericht Potsdam Klage ein. Neben das OLG ab. Es könne nicht im Nach- empfohlenen Honorare im Rahmen Brandenburgische Oberlandesgericht der Unterlassungsforderung machten hinein eine Vergütung für die Artikel einer sogenannten Lizenzanalogie als jüngst die Rechte freier Journalisten sie Schadenersatz geltend. Das Ar- im Online-Archiv festsetzen. Erst Berechnungsgrundlage und hat dazu stärkte. Es urteilte darin weitgehend gument: Im Unterschied zur On- wenn genau dargelegt werde, was noch hundert Prozent Strafe drauf- im Sinne eines langjährigen Mitar- lineausgabe einer Zeitung, die stän- für jeden einzelnen Artikel bezahlt geschlagen. beiters der »Märkischen Allgemeinen dig aktuelles Zeitgeschehen wider- worden sei, sei ein angemessener Das OLG Brandenburg hat keine Re- Zeitung« (MAZ), der den Verlag we- spiegelt, handele es sich bei einem Aufschlag für die Zweitnutzung im vision zugelassen, allerdings besteht gen der unerlaubten Nutzung seiner Online-Archiv eher um ein Nachschla- Archiv berechenbar. »Die Bezahlung die Möglichkeit einer Nichtzulassungs- Texte in einem Online-Archiv verklagt gewerk, welches nicht dem Zweck und die Belege dafür waren sehr un- beschwerde. »Wenn zwei hohe Ge- hatte. einer Tageszeitung – tagesaktuell zu terschiedlich strukturiert. Ich bekam richte bei vergleichbaren Urheber- Matthias Gottwald arbeitete von berichten – entspricht. Texte dort ein- mein Geld mal im Rahmen einer Text- rechtsfragen so unterschiedlich urtei- 1995 bis 2009 in wechselndem Um- zugeben stelle also eine gesonderte pauschale und mal als Zeilenhonorar. len, bestehen da durchaus Chancen«, fang für die MAZ – mal als Pauscha- Nutzungsart dar, die mit den Tages- Im Nachhinein lässt sich das nicht meint Matthias Gottwald. Sollte sich list, mal als »Zeilenlieferant«, mal als zeitungshonoraren nicht gedeckt ist. mehr aufschlüsseln«, so Gottwald. der Kläger dazu entschließen und da- Redakteur. Fleißig verfasste er Artikel »Wir hielten die Klage für aussichts- Deshalb sei nicht herzuleiten, wel- mit Erfolg haben, ginge der Fall vor um Artikel für die Tageszeitung, fast reich, weil keinerlei Rechte für eine cher Schaden dem Kläger entstan- den Bundesgerichtshof: »Ich wünsch- 1.600 Texte kamen so zusammen. Ei- Archivnutzung vereinbart worden den sei, argumentierte das Branden- te mir ein urheberfreundliches Urteil ne schriftliche Vereinbarung über Art waren«, erläutert Rechtsanwältin burger Gericht. der höchsten Instanz, das festlegt, und Umfang der freien journalisti- Carolin Auerbach. Das OLG Hamburg hatte in einer wie im Rahmen einer Lizenzanalogie schen Tätigkeit gab es nicht, auch Doch das Landgericht Potsdam ähnlichen Frage vor Monaten ganz Schadenersatz gezahlt werden kann.« nicht über das Einräumen eventuel- folgte dem nicht. Im Verlagswesen sei anders entschieden: Im Falle einer Ute Christina Bauer ler Nutzungsrechte. Gottwald liefer- es gängige Praxis, Nutzungsrechte te seine Artikel ab und nahm dafür automatisch zu übertragen. Auch im eine Pauschale bzw. Zeilenhonorar Fall Gottwald ging das Gericht von anzeige entgegen. Was der Autor nicht wuss- einer zumindest stillschweigenden te: Im Sommer 2001 begann der Ver- Einräumung der Nutzungsrechte aus. lag, sämtliche in der Tageszeitung erschienenen Artikel in ein Online- Des Kaisers neue Kleider? Archiv einzustellen. Über die Existenz Teilerfolg erst in dieses Archivs informierte der Verlag zweiter Instanz die Mitarbeiter nicht, geschweige denn traf er mit ihnen Vereinbarun- gen über die Nutzungsrechte. Und Erst in zweiter Instanz, beim Bran- weil den Journalisten zur Recherche denburgischen Oberlandesgericht, Jürgen Brauweiler/bleifrei Foto: ein weitaus praktikableres redaktions- fand der Kläger mehr Gehör: Die internes Intranet zur Verfügung stand, Richter folgten dem Argument, dass nutzte Gottwald den Internetauftritt Nutzungen in einem Online-Archiv der MAZ nicht. Dass seine Texte im nicht vom Vertragszweck »Artikel für öffentlich zugänglichen Archiv ge- eine Tageszeitungsausgabe« gedeckt landet waren, erfuhr er erst 2008. seien. Selbst wenn es branchenüblich »In vielen Artikeln stecken Herz- sei, dass Journalisten Verlagen Gra- blut und Engagement. Dass sie billig tis-Nutzungsrechte einräumen, reiche verramscht werden, um den Inter- das allein nicht aus. Der Einzelne netauftritt aufzuhübschen, zeigt den müsse immer auch ausdrücklich zu- geringen Wert, den der Verlag jour- stimmen. Auch wenn ein Urheber nalistischer Arbeit zumisst.« So er- lange untätig bleibe – im vorliegen- klärt Gottwald, der auch Vorsitzen- den Fall ging es ja um etliche Jahre der des dju-Landesvorstands Berlin- – könne der Verlag daraus nicht schlie- Lassen Sie sich nichts vormachen. Brandenburg ist, warum er diese un- ßen, dass Nutzungsrechte eingeräumt Profis recherchieren mit Presseausweis. vergütete Zusatznutzung seiner Bei- wurden. Das OLG sprach Gottwald träge nicht akzeptieren wollte. Un- den strafbewehrten Unterlassungs- terstützt von ver.di wehrte er sich anspruch zu. »Das Urteil ist für alle zunächst außergerichtlich: Der Ver- Journalisten insofern relevant, dass lag wurde abgemahnt und aufgefor- Branchenübung allgemein – selbst Der aktuelle Presseausweis 2012 steckt in den Taschen zehntausender professio­ dert, die Artikel nicht mehr in seinem wenn sie über Jahre erfolgte – nicht neller JournalistInnen. Immer griffbereit. Denn er legi­ti­miert gegenüber Behörden, Online-Archiv zu nutzen und eine ausschlaggebend ist«, so Auerbach. Veranstaltern und Polizisten. Bei Akkreditierungen, Recherchen vor Ort, bei poli­ti­ strafbewehrte Unterlassungserklä- »Das wird hoffentlich auch andere schen und sportlichen Großereignissen, in Archiven und Unternehmen. Er weist rung abzugeben. Die Texte wurden ermutigen, sich zu wehren.« Aller- die Inhaber als hauptberuflich­ tätige JournalistInnen aus. Er hilft ihnen weiter. daraufhin zwar aus dem Archiv ge- dings müsse man in jedem Einzelfall löscht, einer Unterlassungserklärung prüfen, ab wann eine Autorin, ein Presseausweise bei ver.di Berlin-Brandenburg, Köpenicker Str. 30, 10179 Berlin, widersetzte man sich jedoch. Autor wovon Kenntnis gehabt habe. Tel. 030 / 88 66-54 20, Mo./Di. 9 – 16.30, Mi. 9 – 14.30, Do. 9 – 17 Uhr; www.dju-berlinbb.de