Brunnadern, Mogelsberg Brunnadern 1
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Kt. Bez. Gemeinde Ort ISOS SG 04/ Brunnadern, Mogelsberg Brunnadern 1. Fassung 08.2003/fsr O 12 Nachträge ox aufgenommen Do–l–X/-X/-X/ o besucht, nicht aufgenommen o Streusiedlung Qualifikation Bewertung des Ortsbildes im regionalen Vergleich Mehrteiliges, ehemaliges Bauerndorf in teilweise verbauter Situation am linken Talrand und in der Talsohle des Neckers. Bescheidene Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Gewisse Lagequalitäten dank der auf die Topografie eingehenden Siedlung mit langgestreckter Silhouette, darin die Pfarrkirche mit spitzhelmigem Turm als Akzent. Teilweise gut in die Wieslandschaft eingebettete kleinere Ortsteile. Gewisse räumliche Qualitäten wegen des Strassenraums im Ortskern und dank der klaren baulichen Hierarchie im Dorf. Zum Teil noch begrünte Zwischenbereiche und sanfte Übergänge in die nahe Umgebung. Gewisse architekturhistorische Qualitäten dank der Pfarrkirche, einzelner intakter Bürger- und Fabrikantenhäuser, der für die Region typischen Bauernhäuser und Gasthäuser sowie wegen ein- zelner Wohnhäuser aus dem 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Vergleichsraster o Stadt (Flecken) ox Dorf Lagequalitäten X / o Kleinstadt (Flecken) o Weiler räumliche Qualitäten X / o Verstädtertes Dorf o Spezialfall architekturhistorische Qualitäten X / zusätzliche Qualitäten Siedlungsentwicklung Historischer und räumlicher Zusammenhang der wesentlichen Gebiete, Baugruppen, Umgebungen und Einzelelemente; Konflikte; spezielle Erhaltungshinweise Das im Herzen des Neckertals und im nördlichen Zipfel der mittelgrossen Gemeinde liegende Pfarrdorf taucht erstmals 1377 als "Brunadran" in den Urkunden auf. Der Name scheint sich von besonders ergiebigen Quelladern herzuleiten. Die dünn besiedelte Gegend stand im Spätmittelal- ter unter der Herrschaft der Grafen von Toggenburg und kam 1468 mit dem gesamten Toggenburg durch Kauf an die Fürstabtei St. Gallen. Der neue Landesherr unterstellte den Ort dem Gericht Neckertal. Kirchliches Zentrum war während Jahrhunderten Oberhelfenschwil. Den Leuten von Brunnadern stand im Mittelalter eine Kapelle zur Verfügung. Diese wurde 1461 durch einen Neubau ersetzt. Die Reformation setzte sich im Jahre 1528 durch. Zur eigenen Pfarrei kam Brunnadern jedoch erst 1708; die ref. Kirche erbaute 1763-65 Johann Ulrich Grubenmann (1.1.4). 1798 brach beim Einmarsch der französischen Truppen die äbtische Herrschaft zusammen. 1803 schlossen sich das Dorf und die umliegenden Weiler zur selbständigen politischen Gemeinde Brunnadern zusammen. Sie zählte damals 930 Einwohner. Traditionellerweise lebte die Bevölkerung von der Landwirtschaft. Im 17. bis 18. Jahrhundert breitete sich die Hausweberei und –spinnerei aus und brachte zusätzlichen Verdienst ins Tal. Im 19. Jahrhundert kam die industrielle Verarbeitung der Baumwolle auf. Im Dorf siedelten sich Textilbetriebe an. Ab 1850 entwickelte sich die Stickereiindustrie, welche um 1880 ihren Höhepunkt erlebte: In vielen Bauern- und Wohnhäusern standen Stickmaschinen (Hausindustrie). Ein Blick auf die Siegfriedkarte von 1879 zeigt die Siedlung als lange Strassenbebauung mit einer deutlichen Ballung im Umkreis der Kirche. Noch führt der Hauptverkehr durchs linksufrige Dorf und gelangt über die alte Neckerbrücke (0.0.23) auf die rechte Talseite. Im Süden ist der Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) Auftraggeber Bundesamt für Kultur, Hallwylstrasse 15, 3003 Bern Auftragnehmer Büro für das ISOS, Limmatquai 24, 8001 Zürich Sibylle Heusser, dipl. Arch. ETH Kt. Bez. Gemeinde Ort ISOS SG 04/ Brunnadern, Mogelsberg Brunnadern 2 O 12 Nachträge Ortsteil Chrüzweg/Haselacker (0.5) gut erkennbar, ebenfalls die lockere Bebauung Steig am Hang auf 720 m ü. M. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ging die Bevölkerungszahl der Gemeinde zurück. Um 1900 wurden noch insgesamt 710 Einwohner gezählt (1850: 931). Im Dorf allein wohnten rund 200, in Chrüzweg/ Haselacker 96 und in Steig 54 Personen. Neben der Landwirtschaft (Viehzucht, Milchwirtschaft) fanden die Bewohner im Gastgewerbe, in der Stickerei und Weberei ein Auskommen. In Brunnadern gab es zudem eine Töpferei und eine Nähfadenfabrik. Veränderungen im Siedlungsbild zog der Bau der Bodensee-Toggenburg-Bahn nach sich. Der Tunnel- durchbruch nach Lichtensteig wurde bereits 1909 gefeiert. 1910 erfolgte die Eröffnung der Bahnlinie (0.0.41); damit erweiterte sich das Dorf um eine kleine Baugruppe im Norden (0.3). Zusätzlich entstanden ein paar Bauten an der Steigstrasse. Die Zwischenkriegszeit war von wirt- schaftlicher Stagnation und demografischem Schrumpfungsprozess geprägt: 1930 betrug die Einwoh- nerzahl 640 und im Jahre 1941 nur noch 583. Die Nachkriegszeit ging wieder besseren Zeiten entgegen. Der Ort verdichtete sich baulich an der Ebnet- und nördlichen Dorfstrasse; im Hasel- acker entstanden neue Einfamilienhäuser und ein Mehrfamilienhaus (III) sowie Schulbauten, an der Steigstrasse ein neuer Bebauungsstrang (V). In den letzten Jahrzehnten hat das Wachstum der Ortschaft den Necker überschritten (II) und den Hang oberhalb des Strassendorfs erklommen (VI). Der heutige Ort Das mehrteilige Brunnadern liegt schwerpunktmässig (1, 0.3) am Ostfuss der Wasserfluh, westlich des Neckers (0.0.20). Am rechten Talrand befindet sich ein Baugrüppchen mit einem alten Toggen- burger Gehöft (0.4). Dahinter steigt der Westhang des Furtbergs steil an. Der abgelöste, lockere Ortsteil Chrüzweg/Haselacker (0.5) bezieht sich ganz auf die beiden sich kreuzenden Verkehrsachsen Brunnadern–St. Peterzell und Lichtensteig–St.Gallen. Die kleine erhaltenswerte Häusergruppe Steig (0.6) im Südwesten ist zwischen Passstrasse und Dürrenbach (0.0.34) in den Hang eingebettet und hat gute Sicht auf die Ortsteile unten im Tal. Das zusammenhängende Strassendorf (1) schlängelt sich hauptsächlich entlang dem Hangfuss. Der nördliche Abschnitt gabelt sich auf: einerseits in die sich zur Brücke (0.0.24) absenkende alte Wohnbebauung, anderseits in das relativ dichte Bautengemisch im Ebnet (1.2, 1.0.1, 1.0.2). Im Süden löst sich das Strassendorf in einem rein ländlich geprägten Abschnitt auf. Der besteht aus bäuerlichen Haupt- und Nebenbauten, die sehr locker an der Dorfstrasse stehen und mit der Nahumgebung verzahnt sind. Der Ortskern (1.1) nimmt den langen mittleren Abschnitt des zusammenhängenden Strassendorfs ein. Trotz manchen baulichen Eingriffen (1.1.8–1.1.11) wirkt der Kernbereich des ehemaligen Bauerndorfs nach wie vor als eine über Jahrhunderte gewachsene Einheit; er prägt mit seiner einfachen Bebauungsstruktur und den markanten öffentlichen und privaten Bauten (z.B. 1.1.4, 1.1.12) das ganze Dorfbild. Hauptverkehrsachse ist die von Bauten gesäumte Dorfstrasse: Nebst unterschiedlichen Wohnhäusern erschliesst sie die Dorfkirche, das Gemeindehaus, diverse Ladenlokale, zwei Restaurants und bietet einen abwechslungsreichen Strassenraum (1.1.5) mit grösseren und kleineren Raumnischen (z.B. 1.1.6). Die ursprünglichen Vorbereiche sind längst dem Strassen- und Trottoirbau zum Opfer gefallen. Dagegen erlaubt die offene Bebauung reizvolle Durchblicke in rückwärtige Bereiche, ebenso ins Tal des mit Büschen und Bäumen bestandenen Neckers. Baulicher Schwerpunkt im Ganzen ist die dicht an der Strasse stehende Pfarrkirche (1.1.4). Ihr weiss verputztes Kirchenschiff mit Chor nimmt viel Raum in Anspruch; der alles überragende, spitzhelmige Turm setzt ein klares sakrales Zeichen mit grosser Weitwirkung. Kt. Bez. Gemeinde Ort ISOS SG 04/ Brunnadern, Mogelsberg Brunnadern 3 O 12 Nachträge Mit Ausnahme einzelner Steinbauten, wie z. B. der Kirche und des Gemeindehauses, bestimmen hauptsächlich regionaltypische Holzhäuser auf Mauersockel das Strassenbild. Einzelne gehen bis ins 17. Jahrhundert zurück; gut vertreten sind solche aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Darunter befindet sich auch manch Toggenburgerhaus mit charakteristischen Klebedächern. Die Bahnstation (0.3.14), welche allen Bewohnern des mittleren Neckertals dient, liegt bereits auf Mogelsberger Boden (0.0.19, 0.0.42), ebenso die beiden Bauten gegenüber: das gemauerte, verputzte Restaurant "Bahnhof" und die ehemalige Fuhrhalterei (0.3). Die kleine Anlage wendet sich klar ab vom ehemaligen Bauerndorf, das mit den drei Toggenburgerhäusern an der Ebnet- strasse (1.2) einen adäquaten Abschluss besitzt. An der räumlichen Disposition vor dem Bahnhof hat sich seit 1910 nichts geändert. Dagegen ist der ursprüngliche Heimatstilbau des Aufnahme- gebäudes nicht mehr zuerkennen. Das intakte Baugrüppchen (0.4) auf der rechten Talseite führt, unberührt vom heutigen Durch- gangsverkehr, ein beschauliches Eigenleben mit guter Sicht auf den Ortskern. Es handelt sich nur um drei, am Flurweg nach Siggetschwil und Furth aufgereihte Altbauten: einen behäbigen Toggenburger Bauernhof, den stattlichen Wohnkubus Linde und um ein schlichteres, traufständiges Wohnhaus mit Quergiebel. Die beiden Wohnbauten gehen auf die Jahre vor 1879 zurück. Der Wohn- teil des noch in Betrieb stehenden Mehrzweckbaus ist wesentlich älter. Ringsum dehnt sich landwirtschaftlich genutztes Wies- und Weideland aus (I). Die Sicht auf die Gebäudekette des Ortskern (1.1) gegenüber ist sehr aufschlussreich. Der Ortsteil Chrüzweg/Haselacker (0.5) führt ein völlig isoliertes Dasein, ohne jeglichen räumlichen oder optischen Bezug zum alten Strassendorf (1). Die meisten Häuser folgen in sehr lockeren Abständen der linksufrigen Landstrasse nach St. Peterzell, ein paar wenige orientieren sich an der ansteigenden Passstrasse. Am offen bebauten Kreuzungspunkt der beiden stark be- fahrenen Verkehrachsen sind keine räumlichen Qualitäten auszumachen. Einzig der