Urtheil Und Ein Schönes Lied”: Das Armesünderblatt (1750-1820) in Der Sammlung „German Criminology Collection” Der Michigan State University
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„URTHEIL UND EIN SCHÖNES LIED”: DAS ARMESÜNDERBLATT (1750-1820) IN DER SAMMLUNG „GERMAN CRIMINOLOGY COLLECTION” DER MICHIGAN STATE UNIVERSITY von Magelone Bollen DISSERTATION Vorgelegt der Michigan State University in teilweiser Erfüllung der Anforderungen zur Erlangung des akademischen Grades German Studies – Doktor der Philosophie 2013 ABSTRAKT „URTHEIL UND EIN SCHÖNES LIED”: DAS ARMESÜNDERBLATT (1750-1820) IN DER SAMMLUNG „GERMAN CRIMONOLOGY COLLECTION” DER MICHIGAN STATE UNIVERSITY von Magelone Bollen Die sogenannten „Armesünderblätter“ sind vierseitige Druckschriften, die anlässlich einer öffentlichen Hinrichtung gedruckt und billig verkauft wurden. Sie enthalten, in wechselnder Zu- sammensetzung, das amtliche Todesurteil mit der Urgicht (Geständnis), ein religiöses oder mo- ralisches Gedicht und eine Illustration. Besonders von 1750 bis 1820, im Übergang von der Frühen Neuzeit zur Moderne, wurden sie in Bayern und den angrenzenden süddeutschen Ge- bieten in großer Menge publiziert. Die Flugschriften dienten zur Abschreckung, moralischen Un- terweisung und Sozialdisziplinierung, aber auch zur „schauerlichen“ Unterhaltung breiter, auch bürgerlicher, Leserschichten. Form, Funktion, Entwicklung und Kommerzialisierung des Me- diums wird anhand des umfangreichen Bestandes aus der German Criminology Collection der Michigan State University dargestellt und in den historischen, strafrechtlichen, literarischen und mediengeschichtlichen Kontext eingeordnet. Besondere Beachtung finden die literarischen Charakteristiken der Gedichte und ihre religiös, säkular oder psychologisch orientierte Darstel- lung des Verbrechers. Fünf ausführliche Fallstudien untersuchen exemplarisch Einzelaspekte: Publikation in Wort und Schrift, Strafverfolgung und Geständnis, Spektakel der Hinrichtung, Räuberunwesen sowie die intertextuellen, zeitgenössischen Bezüge mehrerer Dokumente zum gleichen Mordfall. Detaillierte Variantenvergleiche offenbaren Druckfolge und Adaption. Ein Exkurs präsentiert Parodien von Todesurteilen von der Sprachglosse bis zur subversiven politi- schen Satire. “SENTENCE AND A SONG”: THE POOR SINNER‘S PAMPHLET (1750-1820) IN THE “GERMAN CRIMINOLOGY COLLECTION“ AT MICHIGAN STATE UNIVERSITY By Magelone Bollen A DISSERTATION Submitted to Michigan State University in partial fulfillment of the requirements for the degree of German Studies – Doctor of Philosophy 2013 ABSTRACT “SENTENCE AND A SONG”: THE POOR SINNER’S PAMPHLET (1750-1820) IN THE “GERMAN CRIMINOLOGY COLLECTION“ AT MICHIGAN STATE UNIVERSITY By Magelone Bollen “Poor sinner’s pamphlets“ are mostly four-page leaflets, printed and sold cheaply on the occa- sion of an execution. They contain the official court document with death sentence, confession, a religious or moralistic poem, and at times an illustration. During the transitional period of 1750-1820, they were a wide spread cultural practice in Bavaria and the neighboring regions in southern Germany. While the authorities aimed at deterrence and social discipline, bourgeois readers enjoyed an illicit pleasure. Based on the extensive, yet unexplored holdings of Michigan State University’s German Criminology Collection, this study investigates form, function, devel- opment and commercialization of the medium and places it within the historical, juridical, liter- ary and medial context. It analyzes the literary features of the poems and how they indicate a change in the conception of the criminal. Five extensive case studies focus on different im- portant aspects: the oral and written publication, crime investigation and confession, the spec- tacle of the execution, robbers’ threat to inner security, as well as the connections between several documents related to the same murder case. A detailed comparison of the variants of- fers insights into the succession and adaptation of prints. An excursus presents parodies of death sentences ranging from mere puns to the subversive political satire. DANKSAGUNG Wohlverdiente Dissertation nebst einer Danksagung der Magelone Bollen. Gegenwärtig hier stehende Täterin hat in den mit ihr vorgenommenen gütlichen und peinlichen Verhören eingestanden: Quod generalia, dass sie von auswärts gebürtig, ihres Alters in den 50er Jahren, verheuratheten Standes und ihre beiden Eltern ehrlich und noch am Leben seyn. Quod specialia hat sie freywillig ausgesaget und ad Bancum Juris betättiget, dass sie: 1. Von Karin Wurst vulgo Doktormutter, einer Erzgelehrtin, zur Tat angestiftet worden und notorischen Beistand erhalten; 2. Mit George Peters vulgo Doktorvater, auf Deutsch conferiret und beständige Absprach gehalten; 3. Pat McConeghy und Tom Lovik zur Spähe angehalten; 4. Von Peter Berg die nothwendigen Papiere und Hülfsmittel erlanget; 5. Ebenso mit derlei graduierendem Gesindel aus der Wells Hall und anderen Rotten freundlichen Umgang gepfleget; 6. Mit ihrem Cammeraden Georg und dero Sippe anhero Außagen communiciret und Verificationen erhalten habe. Das Geständnis der Inquisitin ist den eidlich eingeholten Erfahrungen gemäß, weswegen ein Hoch=Edler und Hochweiser Rath der Michigan State University mit Urthel zu Recht erkannt hat, daß vorbenannte Magelone N. am 3ten May 2013. gnädigst promoviret und vom Tod zum Leben gebracht werden sollte. Als hat man dem Publico hiemit mittheilen wollen. Mit Erlaubnuß der Obrigkeit. Kostet 3 kr. iv INHALTSVERZEICHNIS VERZEICHNIS DER TABELLEN ......................................................................................................... viii VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN ................................................................................................... ix VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN ................................................................................................. xi 1 Einleitung ....................................................................................................................... 1 2 Die Sammlung German Criminology Collection an der Michigan State University ........... 15 2.1 Herkunft und Erwerb ...................................................................................................... 16 2.2 Bestandsbeschreibung ................................................................................................... 19 2.3 Die Armesünderblätter .................................................................................................. 27 3 Die Todesstrafe im nationalen und bayrischen Strafrechtssystem ................................. 34 3.1 Die Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. Carolina (1532) ............................... 35 3.2 Kodifizierung und Modernisierung des Strafrechts in Bayern ....................................... 38 3.2.1 Kreittmayrs Codex Criminalis (1751) ...................................................................... 39 3.2.2 Feuerbachs Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern (1813) ............................. 41 3.2.3 Ende der öffentlichen Hinrichtungen ..................................................................... 45 3.3 Die Rolle der Geistlichen ................................................................................................ 46 4 Armesünderblätter im süddeutschen Kulturraum ......................................................... 50 4.1 Historischer Kontext ....................................................................................................... 50 4.1.1 Herrschaftsgebiete .................................................................................................. 50 4.1.2 Räumlich-zeitliche Verteilung ................................................................................. 55 4.1.3 Inhaltliche Kategorien ............................................................................................. 60 4.2 Systematisierung und Kommerzialisierung .................................................................... 64 4.2.1 Augsburg ................................................................................................................. 65 4.2.1.1 1757 - 1790: Augsburger Urteile, veröffentlicht durch die Gerichtswaibel ..... 66 4.2.1.2 Der kommerzielle Abdruck von auswärtigen Quellen ...................................... 71 4.2.2 Der Markt in München 1760-1781: Matthias Ettenhueber ................................... 76 4.2.2.1 Der poetische Zeitungsfabricant ........................................................................ 76 4.2.2.2 Ettenhueber und die Zensur .............................................................................. 81 5 Das Armesünderblatt als Literatur ................................................................................ 85 5.2 Prosa-Darstellung: Die obrigkeitliche Urgicht ..................................................................... 85 v 5.2 Gereimte Auslegung: Lieder und Moralreden ............................................................... 92 5.2.1 Buß- und Reuelieder ................................................................................................ 94 5.2.1.1 Der Arme Sünder: Exemplum zur Ars Moriendi .............................................. 96 5.2.1.2 Ich-Perspektive und Authentizitätsfiktion ..................................................... 103 5.2.1.3 Dreifaches Blut .............................................................................................. 104 5.2.1.4 Erlösungsgewissheit ...................................................................................... 106 5.2.1.5 Vorgebliche Zweifel ....................................................................................... 108 5.2.2