Der Mitgliederjournal Historische Fahrräder e.V. • ISSN 1430-2543 • Heft 54 • 2/2012 Knochenschüttler Zeitschrift für Liebhaber historischer Fahrräder 54

Corona Fahrräder

Altenburger

Erfindergeist

Hedwig Dohm

Werbung des Münchner Fahrradhändlers Ch. N. Schad für amerikanische Importräder um die Jahrhundertwende. Sammlung: Walter Euhus In dieser Ausgabe:

Einst bekannt und viel gefahren – heute nahezu vergessen: Corona

Wer weiß heute noch, dass der deutsche Steher Thaddäus Robl auf Rädern der Marke Corona Welt- und Europameister wurde? Oder, dass die Corona Fahrrad-Werke einst eine der ersten Adressen in Brandenburg waren, dass sie neben Fahrrädern auch Automobile und Motorräder fertigten? Mario Steinbrink hat sich entschlossen, die Geschichte dieses Unternehmens vor dem Vergessen zu bewahren und sie daher aufgearbeitet. Postkartenmotiv aus den 20er Jahren. Sammlung Mario Steinbrink

An der Wiege des Aluminiums – Interview mit Karl Dieter Altenburger.

Die Firma Altenburger gehörte viele Jahrzehnte zu den großen Zubehörproduzenten der deutschen Fahrradindustrie. Felgen, Bremsen und Naben des Unternehmens aus Jestetten gingen in die ganze Welt. Thomas Busch war zu Gast bei Karl Dieter Altenburger, dem letzten Firmeninhaber und durfte ihn ausgiebig zur Geschichte der Firma befragen. Altenburger-Messestand, Anfang der 50er Jahre. Foto: Archiv Altenburger

Die Schwiegermutter von Thomas Mann radelte einstmals durch Europa.

1930 hat Hedwig Pringsheim-Dohm in der Vossischen Zeitung beschrieben, wie sie als junge Frau und Mutter mit Mann und Kindern durch Europa radelte. Sie war dabei u. a. in Italien, Frankreich, Holland, England und Norwegen unterwegs. Ihre Reise-Impressionen geben Einblick in eine Epoche, in der Frauen auf dem Rad noch nicht überall selbstverständlich waren. Hedwig Pringsheim-Dohm. Foto: Reprint Aufbau-Verlag, , 2006. Editorial / Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser, Inhalt:

Editorial 3 da war er wieder, einer dieser magi- schen Momente im Leben eines leiden- Fachartikel schaftlichen Fahrradhistorikers. An ei- - Mario Steinbrink: Zur Geschichte nem Samstag dieses doch so tristen Som- der Corona Fahrradwerke und mers meldete sich nach dem Frühstück Metallindustrie A.G. mein Telefon. Nichts Ungewöhnliches, aber der Blick auf das Display zeigte mir Brandenburg/Havel 4 eine Hamburger Telefonnummer an. Wie- - Im Interview: der einer dieser gnadenlosen Sammler, Karl Dieter Altenburger 10 die mir mit ihren bohrenden Fragen den Samstagvormittag zerbröseln? Post aus . . . Doch weit gefehlt. „Hier ist Simon - England und Amerika 16 Steinbach“, meldete sich eine freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung. Literatur „Was für eine tolle Überraschung!“ erwi- - Rezensionen 18 derte ich und musste mich erstmal setzen. Nur der aufmerksame KS-Leser wird - Die Philosophie des Fahrrads – jetzt gleich wissen, dass ich im KS 53 eine eine ausführliche Würdigung Buchbesprechung über das Werk von der kulturhistorischen Studie Alexander Kretzschmar „Die Stein- Auftritte auf gebohnertem Parkett be- von Eduard Bertz durch bachs“ geschrieben habe. Darin ging es sonders angeraut. Sie waren als Wulstrei- Matthias Kielwein 19 um das Leben einer außergewöhnlichen fen ausgeführt, damit sie dem hohen Luft- Artistenfamilie. Und einen Einrad- druck, der für sauber ausgeführte Pirou- Autorenforum Artisten dieses seinerzeit wohlbekannten etten absolut notwendig war, standhiel- Trios hatte ich nun am Telefon. „Ich möch- ten. Und die Pedale waren Spezialanferti- - Schweinfurter Erfinder te mich bei Ihnen bedanken für die gungen von Union mit verstärkten Ach- und Tüftler 23 freundlichen Worte, die Sie über mich sen, die den vielen Trainingsstürzen bes- - NSU – Fluch der Abkürzung 25 und mein Leben geschrieben haben“, ser gewachsen waren. Mit solchem De- kam der alte Herr gleich zur Sache. Und tailwissen erfreute mich der Senior der Historisches Dokument 26 in der folgenden halben Stunde entwi- Steinbachs. ckelte sich zwischen uns ein munteres Ge- Auf dem Fahrrad durch spräch, das mich vergessen ließ, dass mein Leider geht jedes Telefonat auch mal die weite Welt 27 zu Ende. Wenn Hamburg nicht 250 km Gesprächspartner schon 87 Jahre zählte. Eine kuriose Vereinsgründung 29 Ich erfuhr noch Allerlei über sein be- von mir entfernt gewesen wäre, hätte ich wegtes Künstlerleben, die damaligen mich gleich am folgenden Sonntag mit Si- Veranstaltungen Lebensumstände und sein überraschen- mon Steinbach zu Kaffee und Kuchen ver- des Comeback. abredet. Wann hat man schon mal Gele- - ICHC-Konferenz in genheit, so spannende Informationen aus Roeselare, Belgien 30 Das Beste waren jedoch die Geschich- erster Hand zu bekommen? An dieser - Deutsche Rennradbörse ten über die hohen Einräder, die Simon Stelle gehen die herzlichsten Grüße nach Steinbach und sein Bruder Ottmar be- Hamburg an den Veteran der Radartistik. in Rommerskirchen 30 nutzten. Es waren Sonderanfertigungen - Veloziped-Rallye der Herkules-Werke, die 1946 in Nürn- Für die bevorstehende Saison wünsche „Hornberger Schießen“ 31 berg gebaut wurden. Sie hatten einen dop- ich Euch auch die einen oder anderen ma- pelten Kettenantrieb, damit man besser gischen Momente, denn sie sind die Die Feder 32 die Balance halten konnte, klärte mich Glanzlichter unseres Historiker- und Herr Steinbach auf. Die Räder hätten da- Sammlerlebens. Sie bringen uns durch Mein Rad 33 mals stolze 990 Mark gekostet, berichtete verregnete Sommertage oder helfen uns er weiter, zuzüglich einer Stange Zigaret- über entgangene Schnäppchen hinweg- Terminübersicht 33 ten und einem Pfund Kaffee. Ohne diese zukommen. Beigaben ging in der Nachkriegszeit gar Kleinanzeigen 34 nichts. Die Brüder Steinbach hatten sie In diesem Sinne grüßt Euch herzlich als Gage von den amerikanischen Solda- Impressum 34 ten bekommen, als sie noch als Duo in deren Clubs auftraten. Und die Einrad- reifen waren Sonderanfertigungen von Titelbild: (Chefredakteur a. D.) Corona Ansichtskartenmotiv von 1898. Continental, die Lauffläche war für die Titelrückseite: Corona Werbeplakat von 1908. Beide aus dem Archiv von Mario Steinbrink.

Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 3 Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke

ständig. Mit ca. 7.000 produzierten Zur Geschichte der Corona Fahrrädern im Jahre 1895 konnten jedoch längst nicht alle Lieferwünsche befriedigt Fahrradwerke und Metallindustrie werden. Um die Produktion erweitern zu können, musste mehr Kapital her, daher A.G. Brandenburg/Havel wurde die Unternehmensform in eine Von Mario Steinbrink, Altbensdorf Aktiengesellschaft umgewandelt. Und so übernahm am 8. April 1896 die ,,Corona Brennabor, Excelsior, Corona, Kondor – das sind bekannte Namen, die lange Jahre Fahrradwerke vorm. Ad. Schmidt, A.G.“ für eines der einstmals bekanntesten Produktionszentren der Fahrradindustrie im die Produktion. Zum Vorsitzenden wurde Deutschen Reich standen: die Stadt Brandenburg. Daran erinnert heute nur noch Bergwerksdirektor Hermann Rasche aus wenig, denn der Zweite Weltkrieg setzte der Tradition des Fahrradbaus an der Havel ein Berlin ernannt. Als Gründer fungierten jähes Ende. Quellen und Zeugnisse zu den großen Brandenburger Fahrradherstellern neben Adolf Schmidt u.a. die Branden- sind heute rar geworden, ganze Firmenarchive wurden – zusammen mit noch bestehen- burger Stadträte Bode und Hamke. Der den Produktionsanlagen – im Bombenhagel ausgelöscht. Mario Steinbrink hat sich die bisherige alleinige Inhaber Adolf Geschichte der Corona Fahrradwerke intensiver angeschaut und sie für den Knochen- Schmidt verpflichtete sich, der Gesell- schüttler in diesem Artikel aufbereitet. schaft zehn Jahre als „Erster Leiter zu dienen“. /1/ Die Umwandlung in eine AG Postkarten-Werbemotiv: Thaddäus Robl auf Corona-Rad mit Fabrik im Hin- Eugen Ernst übernahm die Unternehmensleitung 1899 vom Firmengründer Die Stadt Brandenburg war Ende des war offiziell zum 21. August 1896 tergrund. und blieb Direktor bis 1917. 19. Jahrhunderts bis zum Kriegsende 1945 abgeschlossen, die „Ad. Schmidt Corona- Beweise für die Vorzüglichkeit meiner Ihrer Räder meine vollste Zufriedenheit einer der größten und bedeutendsten Fahrrad-Fabrik“ erlosch am 1. Oktober Maschinen. Thaten besiegen Worte.“ /3/ auszusprechen. Ich habe an meinen Standorte für die Herstellung von 1896. Bald zeigte sich, dass die Kapital- Corona stellte Rennräder zur Verfügung Coronarädern fast gar keine Defekte, Fahrrädern und Fahrradteilen in Europa. aufstockung eine richtige Entscheidung und beschäftigte international bekannte oder nur ganz unbedeutende gehabt, was Zu den renommiertesten Fahrradwerken gewesen war: Die Mitarbeiterzahl stieg Berufsfahrer wie Thaddäus Robl und ja auch die großen Siege, die ich fast in Brandenburg zählte die „Corona- auf 200, und in den zwei darauffolgenden Walter Rütt. Überliefert ist, dass bei- ausschließlich ohne Maschinenwechsel Fahrradwerke und Metallindustrie A.G. Jahren konnte an die Aktionäre eine spielsweise Rütt für die Rennsaison 1903 errang, zur Genüge bewiesen haben…“ Brandenburg/Havel“. Dividende von jeweils 16 Prozent ein festes Gehalt von 4.000 Mk. und zwei /5/ Neben Robl erzielten weitere ausgezahlt werden. /2/ Räder bezog. /4/ Rennfahrer von Weltruf, darunter Willy Die Anfänge der Firma lassen sich bis Arend, Walter Sawall, Eugen Stabe und ins Jahr 1891 zurückverfolgen, als der Radsport-Erfolge treiben den Absatz an Thaddäus Robl errang innerhalb Emil Lewanow einige ihrer großen Buchhalter Adolf Schmidt aus Branden- kurzer Zeit eine Vielzahl von bedeuten- Erfolge ebenfalls auf Corona-Maschinen. burg/Havel in der Kleinen Gartenstraße Schon früh erkannte Adolf Schmidt den Siegen bei nationalen und internatio- 21 mit 15 Arbeitern eine Fahrradfabrik die enorme Werbewirksamkeit von nalen Radsportveranstaltungen. Die Auch dank des Engagements im gründete. Zunächst betrieb er einen Siegen bei Radsportveranstaltungen, ab sprichwörtliche Krone setzte er sich auf, Radsport erarbeitete sich die Firma einen Fahrradhandel und stellte Dreiräder für 1892 bot er daher entsprechende als er auf den Rädern mit der Krone im sehr guten Ruf im In- und Ausland. Herren und Damen her. Doch schon bald Rennmaschinen an. Bereits im Sommer Steuerkopfschild in den Jahren 1901 und Weltweite Handelsbeziehungen wurden Erstmals 1909 im Kettenblatt: die Krone. wurde die Produktion ausgeweitet. 1894 warb er im Brandenburger Anzeiger 1902 Weltmeister und von 1901 bis 1904 aufgebaut. Auf diversen Ausstellungen, Bereits im Juni 1892 erschienen erste mit den auf Corona-Rovern erzielten mehrfacher Europameister wurde. 1902 beispielsweise in Marseille, Magdeburg, cke in der Bahnhofstraße wurden Erfolgen: „Ohne Umschweife sind dieses stellte er einen neuen Weltrekord über Berlin und Paris erhielten Corona-Räder angekauft und größere Werkstätten eine Stunde mit 67,353 km auf, 1903 war goldene Medaillen und Ehrendiplome. In gebaut, um den Bedarf an Fahrrädern zu er der erste Dauerfahrer der Welt, der der Stadt Brandenburg gründete sich im decken. Fährt wie der Teufel: Corona Ansichtskarte aus bei einem Rennen hinter Motorführ- November 1900 sogar ein Radfahrer- den 20er Jahren. ung ohne Windschutzvorrichtung über Verein „Corona“, in dem hauptsächlich Doch es folgte ein Knick in der 70 km/h erreichte. Am 22. September Arbeiter aus der Fabrik organisiert Wachstumskurve: Die im Jahre 1898 Werbeanzeigen im Brandenburger An- 1903 schrieb Robl in einem Brief an den waren. einsetzende Krise in der deutschen zeiger. Vor nunmehr 120 Jahren empfahl Vorstand: „Nachdem ich Ihre Marke Fahrradindustrie ging auch an den Adolf Schmidt „der werten Kundschaft“ nunmehr seit vier Jahren ununterbrochen Wechsel an der Spitze Corona-Werken nicht spurlos vorbei. seine vorzüglichen Corona Fahrräder zu benutze und mit Hilfe derselben von Jahr Bedingt durch inländische Überprodukti- billigsten Preisen. Die kleine Fabrik bot zu Jahr größere Erfolge erreichte, kann Bereits 1897 wurde es notwendig, das on, hohe Preise, niedrige Zölle und Kinderräder, Hochräder, Rover (auch für ich nicht umhin, Ihnen über die Qualität Werk zu vergrößern. Nachbargrundstü- dadurch begünstigte Importe preisgünsti- die Dame) sowie Touren- und Rennma- schinen an.

Im Herbst 1893 bezog das Unterneh- men größere Räume in der Großen Gartenstraße 28. Unter dem Firmenna- men „Corona-Fahrrad-Fabrik“ produ- zierten dort 30 Arbeiter jährlich rund 5.000 Fahrräder. Etwas verspätet, am 2. August 1895, wurde am Königlichen Amtsgericht die Firma „Ad. Schmidt Corona-Fahrrad-Fabrik“ in das Firmen- register eingetragen.

Frühe Zeitungsanzeigen von 1895 (oben) und Der Verkauf entwickelte sich sehr gut, 1894 (unten). die Nachfrage nach Corona-Rädern stieg Corona-Werbeanzeige um 1905. Kettenloses Rad für die Dame im Katalog von 1909. Corona-Tourenrad im Katalog von 1905.

4 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 5 Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke ständig. Mit ca. 7.000 produzierten Zur Geschichte der Corona Fahrrädern im Jahre 1895 konnten jedoch längst nicht alle Lieferwünsche befriedigt Fahrradwerke und Metallindustrie werden. Um die Produktion erweitern zu können, musste mehr Kapital her, daher A.G. Brandenburg/Havel wurde die Unternehmensform in eine Von Mario Steinbrink, Altbensdorf Aktiengesellschaft umgewandelt. Und so übernahm am 8. April 1896 die ,,Corona Brennabor, Excelsior, Corona, Kondor – das sind bekannte Namen, die lange Jahre Fahrradwerke vorm. Ad. Schmidt, A.G.“ für eines der einstmals bekanntesten Produktionszentren der Fahrradindustrie im die Produktion. Zum Vorsitzenden wurde Deutschen Reich standen: die Stadt Brandenburg. Daran erinnert heute nur noch Bergwerksdirektor Hermann Rasche aus wenig, denn der Zweite Weltkrieg setzte der Tradition des Fahrradbaus an der Havel ein Berlin ernannt. Als Gründer fungierten jähes Ende. Quellen und Zeugnisse zu den großen Brandenburger Fahrradherstellern neben Adolf Schmidt u.a. die Branden- sind heute rar geworden, ganze Firmenarchive wurden – zusammen mit noch bestehen- burger Stadträte Bode und Hamke. Der den Produktionsanlagen – im Bombenhagel ausgelöscht. Mario Steinbrink hat sich die bisherige alleinige Inhaber Adolf Geschichte der Corona Fahrradwerke intensiver angeschaut und sie für den Knochen- Schmidt verpflichtete sich, der Gesell- schüttler in diesem Artikel aufbereitet. schaft zehn Jahre als „Erster Leiter zu dienen“. /1/ Die Umwandlung in eine AG Postkarten-Werbemotiv: Thaddäus Robl auf Corona-Rad mit Fabrik im Hin- Eugen Ernst übernahm die Unternehmensleitung 1899 vom Firmengründer Die Stadt Brandenburg war Ende des war offiziell zum 21. August 1896 tergrund. und blieb Direktor bis 1917. 19. Jahrhunderts bis zum Kriegsende 1945 abgeschlossen, die „Ad. Schmidt Corona- Beweise für die Vorzüglichkeit meiner Ihrer Räder meine vollste Zufriedenheit einer der größten und bedeutendsten Fahrrad-Fabrik“ erlosch am 1. Oktober Maschinen. Thaten besiegen Worte.“ /3/ auszusprechen. Ich habe an meinen Standorte für die Herstellung von 1896. Bald zeigte sich, dass die Kapital- Corona stellte Rennräder zur Verfügung Coronarädern fast gar keine Defekte, Fahrrädern und Fahrradteilen in Europa. aufstockung eine richtige Entscheidung und beschäftigte international bekannte oder nur ganz unbedeutende gehabt, was Zu den renommiertesten Fahrradwerken gewesen war: Die Mitarbeiterzahl stieg Berufsfahrer wie Thaddäus Robl und ja auch die großen Siege, die ich fast in Brandenburg zählte die „Corona- auf 200, und in den zwei darauffolgenden Walter Rütt. Überliefert ist, dass bei- ausschließlich ohne Maschinenwechsel Fahrradwerke und Metallindustrie A.G. Jahren konnte an die Aktionäre eine spielsweise Rütt für die Rennsaison 1903 errang, zur Genüge bewiesen haben…“ Brandenburg/Havel“. Dividende von jeweils 16 Prozent ein festes Gehalt von 4.000 Mk. und zwei /5/ Neben Robl erzielten weitere ausgezahlt werden. /2/ Räder bezog. /4/ Rennfahrer von Weltruf, darunter Willy Die Anfänge der Firma lassen sich bis Arend, Walter Sawall, Eugen Stabe und ins Jahr 1891 zurückverfolgen, als der Radsport-Erfolge treiben den Absatz an Thaddäus Robl errang innerhalb Emil Lewanow einige ihrer großen Buchhalter Adolf Schmidt aus Branden- kurzer Zeit eine Vielzahl von bedeuten- Erfolge ebenfalls auf Corona-Maschinen. burg/Havel in der Kleinen Gartenstraße Schon früh erkannte Adolf Schmidt den Siegen bei nationalen und internatio- 21 mit 15 Arbeitern eine Fahrradfabrik die enorme Werbewirksamkeit von nalen Radsportveranstaltungen. Die Auch dank des Engagements im gründete. Zunächst betrieb er einen Siegen bei Radsportveranstaltungen, ab sprichwörtliche Krone setzte er sich auf, Radsport erarbeitete sich die Firma einen Fahrradhandel und stellte Dreiräder für 1892 bot er daher entsprechende als er auf den Rädern mit der Krone im sehr guten Ruf im In- und Ausland. Herren und Damen her. Doch schon bald Rennmaschinen an. Bereits im Sommer Steuerkopfschild in den Jahren 1901 und Weltweite Handelsbeziehungen wurden Erstmals 1909 im Kettenblatt: die Krone. wurde die Produktion ausgeweitet. 1894 warb er im Brandenburger Anzeiger 1902 Weltmeister und von 1901 bis 1904 aufgebaut. Auf diversen Ausstellungen, Bereits im Juni 1892 erschienen erste mit den auf Corona-Rovern erzielten mehrfacher Europameister wurde. 1902 beispielsweise in Marseille, Magdeburg, cke in der Bahnhofstraße wurden Erfolgen: „Ohne Umschweife sind dieses stellte er einen neuen Weltrekord über Berlin und Paris erhielten Corona-Räder angekauft und größere Werkstätten eine Stunde mit 67,353 km auf, 1903 war goldene Medaillen und Ehrendiplome. In gebaut, um den Bedarf an Fahrrädern zu er der erste Dauerfahrer der Welt, der der Stadt Brandenburg gründete sich im decken. Fährt wie der Teufel: Corona Ansichtskarte aus bei einem Rennen hinter Motorführ- November 1900 sogar ein Radfahrer- den 20er Jahren. ung ohne Windschutzvorrichtung über Verein „Corona“, in dem hauptsächlich Doch es folgte ein Knick in der 70 km/h erreichte. Am 22. September Arbeiter aus der Fabrik organisiert Wachstumskurve: Die im Jahre 1898 Werbeanzeigen im Brandenburger An- 1903 schrieb Robl in einem Brief an den waren. einsetzende Krise in der deutschen zeiger. Vor nunmehr 120 Jahren empfahl Vorstand: „Nachdem ich Ihre Marke Fahrradindustrie ging auch an den Adolf Schmidt „der werten Kundschaft“ nunmehr seit vier Jahren ununterbrochen Wechsel an der Spitze Corona-Werken nicht spurlos vorbei. seine vorzüglichen Corona Fahrräder zu benutze und mit Hilfe derselben von Jahr Bedingt durch inländische Überprodukti- billigsten Preisen. Die kleine Fabrik bot zu Jahr größere Erfolge erreichte, kann Bereits 1897 wurde es notwendig, das on, hohe Preise, niedrige Zölle und Kinderräder, Hochräder, Rover (auch für ich nicht umhin, Ihnen über die Qualität Werk zu vergrößern. Nachbargrundstü- dadurch begünstigte Importe preisgünsti- die Dame) sowie Touren- und Rennma- schinen an.

Im Herbst 1893 bezog das Unterneh- men größere Räume in der Großen Gartenstraße 28. Unter dem Firmenna- men „Corona-Fahrrad-Fabrik“ produ- zierten dort 30 Arbeiter jährlich rund 5.000 Fahrräder. Etwas verspätet, am 2. August 1895, wurde am Königlichen Amtsgericht die Firma „Ad. Schmidt Corona-Fahrrad-Fabrik“ in das Firmen- register eingetragen.

Frühe Zeitungsanzeigen von 1895 (oben) und Der Verkauf entwickelte sich sehr gut, 1894 (unten). die Nachfrage nach Corona-Rädern stieg Corona-Werbeanzeige um 1905. Kettenloses Rad für die Dame im Katalog von 1909. Corona-Tourenrad im Katalog von 1905.

4 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 5 Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke

Katalog-Titelblatt von 1928.

Brennabor verbaute Corona bei fast allen Modellen Handhebel-Innenbremsen. Im Bilder oben: Querschnitt-Abbildungen der Corona-Hinterradnabe und des Corona-Kapselgetriebes. Darunter: Aufnahmen aus der werkseigenen Schleiferei Katalog von 1910 sind sogar insgesamt 22 und Lackiererei. verschiedene Fahrrad-Modelle aufge- führt. ger amerikanischer Fahrräder sanken und Weiterentwicklungen zählten duktion von Straßenmotorrädern. Da Absatz und Gewinn erheblich. Den staubfreie Kugellager (1895), ein Kapsel- Corona vor dem 1. Weltkrieg über keine Der Beginn des Ersten Weltkrieges Umschwung brachte vor allem ein Getriebe (1900), ein Doppelglockenlager eigene Motorenherstellung verfügte, brachte die Umstellung der gesamten Wechsel an der Unternehmensspitze. ohne Keile (um 1905) und die Corona griffen die Konstrukteure auf Zuliefer- Fertigung auf Kriegsproduktion. Ab jetzt Adolf Schmidt schied im Februar 1899 aus Freilaufnabe mit Rücktrittbremse (1910). firmen wie Fafnir, Zedel, Minerva und verließen Granaten und Flugzeugteile dem Vorstand aus. Unter seinem Nachfol- De-Dion Bouton zurück. Von 1905 bis die Fabrik. Fahrräder produzierte Corona ger, Eugen Ernst, der die Firma bis 1917 Am 30. Dezember 1899 erhielt das zum Beginn des Krieges, 1914, fertigte nur noch bis in das Jahr 1915 und beliefer- leitete, wurde durch die Neuorganisation Unternehmen seine endgültige Firmen- man auch Motor- und Lieferwagen, als te u. a. das Deutsche Heer. der Arbeitsabläufe und die Aufstellung bezeichnung ,,Corona Fahrrad-Werke Besonderheit wurde ab 1907/08 ein modernster automatischer Maschinen das und Metallindustrie Actiengesellschaft, dreirädriges Fahrzeug, das „Coronamo- Nach Kriegsende konnte die Unter- Corona Fahrrad schnell wieder konkur- Brandenburg a. H.“. Als Unternehmens- bil“, empfohlen. nehmensleitung – trotz aller Schwierig- renzfähig gemacht – sowohl im Preis als zweck wurden die Fahrradfabrikation keiten – die Produktion schnell wieder auch durch Top-Qualität. In den folgen- und insbesondere die Herstellung von 1909 zeigte das Corona-Kettenblatt auf die ausschließliche Herstellung von den Jahren wurde zudem permanent an Fahrradteilen, Motorzweirädern und erstmals in stilvoller Ausführung das Fahrrädern ausrichten. Abgebrochene der Vervollkommnung der Fabrikate und Automobilen genannt. Die Vorbereitung Sinnbild der Firma – die Krone. Sie wurde Handelsbeziehungen, vor allem nach der Verbesserung der Betriebseinrichtun- und Entwicklung einer entsprechenden schnell zum allseits bekannten Marken- Skandinavien, wurden wieder aufgenom- gen gearbeitet. Teile wie Naben, Pedalen, Produktion nahm allerdings einige Zeit zeichen. Anhand des entsprechenden men und zahlreiche neue Beziehungen, Tretlager, Schalen, Gabeln, Rahmen und in Anspruch. Kataloges konnten interessierte Käufer etwa in die Türkei, geknüpft. Corona stieg Kettenräder wurden in eigenen Werkstät- 19 verschiedene Modelle vom Tourenrad, erneut in den Radrennsport ein und bot ten hergestellt. /6/ Schon 1901 begann Corona mit dem Kettenlosen Rad, zusammenklappbaren entsprechende Modelle für Straße und Motorradbau. Zunächst fabrizierte das Militärrad über Warentransporträder bis Bahn an. So erregten um 1922 Fahrer Corona betrieb demnach auch eine Werk Schrittmacher-Maschinen für den zum Tandem und sechs verschiedenen Sechs Tage auf dem Rade, von Fredy Budzinski, auf den beiden Bahnrenner-Modellen Der spätere Steher-Weltmeister (1928, 1931) eigene Produktentwicklung. Zu den Neu- Bahnradsport, 1902 folgte die Serienpro- Rennradversionen ordern. Ähnlich wie Anfang der 20er Jahre. „No. 101 Arend-Stabe“ und „No. 102 Walter Sawall mit Corona-Rad um 1924.

6 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 7 Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke

Katalog-Titelblatt von 1928.

Brennabor verbaute Corona bei fast allen Modellen Handhebel-Innenbremsen. Im Bilder oben: Querschnitt-Abbildungen der Corona-Hinterradnabe und des Corona-Kapselgetriebes. Darunter: Aufnahmen aus der werkseigenen Schleiferei Katalog von 1910 sind sogar insgesamt 22 und Lackiererei. verschiedene Fahrrad-Modelle aufge- führt. ger amerikanischer Fahrräder sanken und Weiterentwicklungen zählten duktion von Straßenmotorrädern. Da Absatz und Gewinn erheblich. Den staubfreie Kugellager (1895), ein Kapsel- Corona vor dem 1. Weltkrieg über keine Der Beginn des Ersten Weltkrieges Umschwung brachte vor allem ein Getriebe (1900), ein Doppelglockenlager eigene Motorenherstellung verfügte, brachte die Umstellung der gesamten Wechsel an der Unternehmensspitze. ohne Keile (um 1905) und die Corona griffen die Konstrukteure auf Zuliefer- Fertigung auf Kriegsproduktion. Ab jetzt Adolf Schmidt schied im Februar 1899 aus Freilaufnabe mit Rücktrittbremse (1910). firmen wie Fafnir, Zedel, Minerva und verließen Granaten und Flugzeugteile dem Vorstand aus. Unter seinem Nachfol- De-Dion Bouton zurück. Von 1905 bis die Fabrik. Fahrräder produzierte Corona ger, Eugen Ernst, der die Firma bis 1917 Am 30. Dezember 1899 erhielt das zum Beginn des Krieges, 1914, fertigte nur noch bis in das Jahr 1915 und beliefer- leitete, wurde durch die Neuorganisation Unternehmen seine endgültige Firmen- man auch Motor- und Lieferwagen, als te u. a. das Deutsche Heer. der Arbeitsabläufe und die Aufstellung bezeichnung ,,Corona Fahrrad-Werke Besonderheit wurde ab 1907/08 ein modernster automatischer Maschinen das und Metallindustrie Actiengesellschaft, dreirädriges Fahrzeug, das „Coronamo- Nach Kriegsende konnte die Unter- Corona Fahrrad schnell wieder konkur- Brandenburg a. H.“. Als Unternehmens- bil“, empfohlen. nehmensleitung – trotz aller Schwierig- renzfähig gemacht – sowohl im Preis als zweck wurden die Fahrradfabrikation keiten – die Produktion schnell wieder auch durch Top-Qualität. In den folgen- und insbesondere die Herstellung von 1909 zeigte das Corona-Kettenblatt auf die ausschließliche Herstellung von den Jahren wurde zudem permanent an Fahrradteilen, Motorzweirädern und erstmals in stilvoller Ausführung das Fahrrädern ausrichten. Abgebrochene der Vervollkommnung der Fabrikate und Automobilen genannt. Die Vorbereitung Sinnbild der Firma – die Krone. Sie wurde Handelsbeziehungen, vor allem nach der Verbesserung der Betriebseinrichtun- und Entwicklung einer entsprechenden schnell zum allseits bekannten Marken- Skandinavien, wurden wieder aufgenom- gen gearbeitet. Teile wie Naben, Pedalen, Produktion nahm allerdings einige Zeit zeichen. Anhand des entsprechenden men und zahlreiche neue Beziehungen, Tretlager, Schalen, Gabeln, Rahmen und in Anspruch. Kataloges konnten interessierte Käufer etwa in die Türkei, geknüpft. Corona stieg Kettenräder wurden in eigenen Werkstät- 19 verschiedene Modelle vom Tourenrad, erneut in den Radrennsport ein und bot ten hergestellt. /6/ Schon 1901 begann Corona mit dem Kettenlosen Rad, zusammenklappbaren entsprechende Modelle für Straße und Motorradbau. Zunächst fabrizierte das Militärrad über Warentransporträder bis Bahn an. So erregten um 1922 Fahrer Corona betrieb demnach auch eine Werk Schrittmacher-Maschinen für den zum Tandem und sechs verschiedenen Sechs Tage auf dem Rade, von Fredy Budzinski, auf den beiden Bahnrenner-Modellen Der spätere Steher-Weltmeister (1928, 1931) eigene Produktentwicklung. Zu den Neu- Bahnradsport, 1902 folgte die Serienpro- Rennradversionen ordern. Ähnlich wie Anfang der 20er Jahre. „No. 101 Arend-Stabe“ und „No. 102 Walter Sawall mit Corona-Rad um 1924.

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Corona ein. Zwar konnte man die ger vom 1. November 1932 mussten zu Absatzmenge gegen den allgemeinen diesem Zeitpunkt von den ca. 200 Trend noch einmal steigern, aber der bestehenden Fahrradfabriken in Preisdruck und verringerte Gewinnspan- Deutschland 195 ihren Betrieb vorüber- nen schmälerten den Gewinn erheblich, gehend oder ganz einstellen. da Kosten und Löhne anstiegen. Daher wurde „von Anfang April an bis zum Das Produktionsabkommen mit den Schlusse des Geschäftsjahres … mit Brennabor-Werken führte dazu, dass die verkürzter Arbeitszeit und verringerter Herstellungskosten für Corona-Räder Belegschaft gearbeitet“. /8/ Dennoch erheblich vermindert werden konnten. verblieb am Jahresende ein Reingewinn Doch blieb dieser Vorteil infolge des von 62.384,07 RM. allgemeinen Absatzrückganges ohne Effekt. Die Verluste stiegen weiter auf Das Geschäftsjahr 1929 entwickelte -1.140.259,08 RM. Auf der Generalver- sich schließlich für die gesamte deutsche sammlung der AG wurde daraufhin am Fahrradindustrie katastrophal. Die 18. April 1932 die endgültige Liquidation Händler wurden ihre Bestände nicht los der Gesellschaft beschlossen. Die und riefen keine Bestellungen mehr ab. Schlussbilanz im November 1932 wies Die Krise erwischte auch Corona mit einen Betrag von -1.196.668,- RM aus. /11/ voller Breitseite: Im Dezember 1929 betrugen die Verluste -531.770,13 RM. So erlosch die Firma „Corona Fahrrad- Weil der Vorstand der AG es angesichts werke und Metallindustrie A.G. Bran- der stockenden Absätze für zwecklos denburg/Havel“. Die Schutzmarke hielt, weiter auf Lager zu arbeiten, hatte wurde im Zuge der Liquidation für er bereits Anfang Juni 1929 bei den 17.000,- RM an ein Nachfolgeunterneh- Behörden einen Stilllegungsantrag für men in Sangerhausen verkauft. Für einige Corona Kettenlos, Modell Nr. 80, um 1912 gefertigt. Corona-Herrenrad Modell 100, späte 20er Jahre. den Betrieb eingereicht. Diesem Antrag Jahre fabrizierte die dort mit einem Lewanow-Sawall“ einiges Aufsehen bei schon 1925 entschloss sich die Firmenlei- wurde Anfang Juli stattgegeben. /9/ Stammkapital von 40.000,- RM gegrün- „Ich hab Dein Bild im Traum geseh’n, Allgemeine Quellenangaben für diesen Artikel verschiedenen Radsportveranstaltungen. tung zur endgültigen Einstellung der dete „Corona-Fahrradfabrik GmbH“ „Corona“, wie bist Du schön ! Motorradproduktion. Aufgrund der sehr Die ungünstige Situation führte dazu, weiterhin Corona-Räder. Sie übernahm Man kommt, es läßt sich nicht streiten, Brandenburger Anzeiger 1891 - 1932 Anfang der 1920er Jahre erwarb die guten Nachfrage nach Corona- dass in der deutschen Fahrradindustrie dazu noch vorhandene Corona- Mit Dir schnell in die fernsten Weiten. Brandenburger Adressbücher 1891 - 1932 AG weitere, an das Firmengelände Fahrrädern erholte sich das Werk jedoch Verhandlungen über die Rationalisie- Fahrräder und Fahrradteile aus Branden- Der leichte Lauf, o, glaubt es mir, angrenzende Grundstücke in der Großen schnell von den Verlusten des Vorjahres. rung der Herstellungsverfahren und burg. Um 1933/35 bot auch Ernst Ist eines jeden Rades Zier, Corona Prospekte, Kataloge: Auszug 1905, 1908, 1909, 1910, 1911, 1915, 1922, 1925, 1926, 1927, Gartenstraße, Werderstraße und Bahn- Bis 1926 wuchs die Zahl der Arbeiter und Normierung der Produkte intensiviert Machnow aus Berlin Fahrräder unter Und elegant, im Bau geschickt, 1928 hofstraße. Zu dieser Zeit erreichte das Angestellten auf 500, die jährlich über wurden, gleichzeitig wurden Gespräche dem Namen Corona an. Am Steuerkopf Das lehrt es auf den ersten Blick. Werk seine größte Ausdehnung, die 40.000 Fahrräder fertigten. über die Bildung eines Verkaufssyndikats befand sich die Schutzmarke der Corona- Man überzeuge sich geschwind, Corona Automobil- und Motorrad-Kataloge 1906 Gesamtgröße betrug 6.055 qm, von denen geführt. Die Corona-Werke strebten im Fahrradfabrik GmbH mit dem Zusatz wie herrlich meine Räder sind.“ /13/ Geschäftsberichte: 1899/1900, 1901, 1906/1907, 2.640 qm bebaut waren. Hatte das Zuge dessen ein Abkommen mit den „Filiale Berlin“. 1920/21, 1921/22, 1923/1924, 1924/25, 1927/28, Aktienkapital bei Gründung der Brennabor-Werken an. Diese produzier- 1928/29 Gesellschaft noch 430.000 Mark betragen, ten ebenfalls Markenräder und galten als Um 1933 ließ sich eine Druckerei in 25 Jahre Corona-Fahrrad-Werke A.G., Festschrift stieg diese Summe bis 1922 auf drei Mio. ein „erstes Werk der Branche“. /10/ Zum Teilen des stillgelegten Corona-Werkes Quellenangaben, soweit nicht unmittelbar im Text zum Firmenjubiläum, 1921 Mark an. Teile davon wurden in die eigene Jahreswechsel 1929/30 kam es schließlich nieder. Während des Zweiten Weltkriegs angegeben: „Das Buch vom guten Rade“, Heft der Corona- Belegschaft investiert: An Wohlfahrtsein- zur Bildung einer „Interessengemein- wurden später große Teile der alten /1/ Brandenburger Anzeiger, Nr. 20. August 1896 Werke, Anfang 1920er Jahre richtungen besaß das Unternehmen eine schaft Brennabor-Corona“. Dabei han- Werksanlagen zerstört. Danach nutzten /2/ Festschrift zum 25 jährigen Firmenjubiläum, eigene Krankenkasse und einen Arbeiter- delte es sich jedoch nicht um eine Fusion erneut eine Druckerei sowie Werkstätten 1921, „Die 500jährige Hohenzollern- „Die leichten und billigen Motorwagen“, Paul Fla- Jubelfeier in Brandenburg an der Havel“, drich, 1907 Unterstützungs-Fonds. beider Firmen, vielmehr sollte die unter- des Brandenburger Theaters das Hirschfeld, 1915, S. 55 nehmerische Selbständigkeit jeweils Gelände. 1964 wurden die Gebäudereste /3/ Brandenburger Anzeiger, Nr. 164, 16. Juli Corona-Fahrradfabrik GmbH, Zentrale Berlin, Pro- Kurzes Intermezzo: Erneute Motorrad- erhalten bleiben. Die Brennabor-Werke abgetragen. /12/ 1894 spekt, Januar 1933 produktion erhofften sich von der Kooperation eine /4/ Faltblatt „Die Wahrheit“, Corona Mitteilung „Die 500jährige Hohenzollern-Jubelfeier in Bran- bessere Ausnutzung der riesigen Anlagen Da kein Werksarchiv oder entspre- vom 16. Juli 1903 denburg an der Havel“, Hirschfeld, 1915 /5/ Thaddäus Robl, Der Radrennsport, Leipzig ihres technischen Betriebes, denn auch Um 1923 beschloss der Vorstand eine chende Unterlagen bekannt sind, ist es 1905, S. 137, ferner Brandenburger Anzeiger Stadtarchiv Brandenburg/Havel erneute Aufnahme der Motorradfabrika- dort standen die Bänder, bedingt durch schwierig über die Gesamtproduktion an vom 12. Juli und 24. September 1901 tion. Im Jahre 1924 stellte Corona neu die Krise, teilweise still. Beide Partner Fahrrädern bei Corona Aussagen zu /6/ Festschrift zum 25jährigen Firmenjubiläum, Archiv Historischer Verein Brandenburg/Havel entwickelte Modelle mit einem eigenen erkannten die vom kommunalwirtschaft- treffen. Auch fehlen frühe Kataloge vor S. 54, S. 56 /7/ Geschäftsbericht der Corona Werke, für das Archiv Hans Juchert, Brandenburg/Havel 338 cm³-Motor vor, der 3 PS leistete. Die lichen Standpunkt außerordentliche 1906 und aus den Jahren von 1912 bis Geschäftsjahr vom 1. Oktober 1927 bis 30. Archiv Mario Steinbrink, Brandenburg/Havel Produktion kam allerdings schon im Juli Bedeutung des Zusammenschlusses. 1914. Nimmt man bekannte Rahmen- September 1928, Bericht des Vorstandes 1924 wieder ins Stocken, als ein großer Über den Gesamtumfang der Produktion nummern zu Rate, könnten wohl um die /8/ Ebda. Streik das gesamte Unternehmen für von Corona Rädern bei Brennabor lassen 570.000 Räder gefertigt worden sein. /9/ Geschäftsbericht der Corona Werke, für das Geschäftsjahr vom 1. Oktober 1928 bis 30. Fotonachweis zehn Wochen lahm legte. Die Arbeiter in Große Werkzeugtasche. sich allerdings bisher keine verlässlichen Unklar ist auch, ob Corona Ballonräder September 1929, Bericht des Vorstandes der Brandenburger Metallindustrie Aussagen treffen. herstellte. Im letzten bekannten Katalog /10/ Ebda. Alle Fotos und Abbildungen aus dem Archiv Mario kämpften für bessere Arbeitsbedingun- Weltwirtschaftskrise und Liquidation von 1928 findet sich noch kein entspre- /11/ Brandenburger Anzeiger, 1. November 1932 Steinbrink gen und höhere Löhne. Erst gegen Ende Bis zum April 1931 besserte sich die chendes Modell. Nur wenige Corona- /12/ Archiv Hans Juchert /13/ Franz Schoop, General-Vertreter der Coro- des Jahres konnte daher die volle Eine „schwere Absatzkrise, von der im angespannte wirtschaftliche Lage nicht. Fahrzeuge haben die Wirren der Zeit na-Werke in einer Werbeanzeige im Bran- Kapazität wieder erreicht werden. Die Frühjahr d. J. die deutsche Fahrradindu- Die schlechte Konjunktur führte dazu, überstanden und zeugen heute von der denburger Anzeiger, 19. Juli 1900, S. 4 Aufnahme einer größeren Serienproduk- strie betroffen wurde“, /7/ läutete dann dass Markenräder kaum noch verkäuf- hohen Handwerkskunst Brandenburger tion kam allerdings nicht mehr zustande, 1928 den Anfang vom Ende der Marke lich waren. Laut Brandenburger Anzei- Arbeiter und Techniker.

8 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 9 Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke Zur Geschichte der Corona Fahrradwerke

Corona ein. Zwar konnte man die ger vom 1. November 1932 mussten zu Absatzmenge gegen den allgemeinen diesem Zeitpunkt von den ca. 200 Trend noch einmal steigern, aber der bestehenden Fahrradfabriken in Preisdruck und verringerte Gewinnspan- Deutschland 195 ihren Betrieb vorüber- nen schmälerten den Gewinn erheblich, gehend oder ganz einstellen. da Kosten und Löhne anstiegen. Daher wurde „von Anfang April an bis zum Das Produktionsabkommen mit den Schlusse des Geschäftsjahres … mit Brennabor-Werken führte dazu, dass die verkürzter Arbeitszeit und verringerter Herstellungskosten für Corona-Räder Belegschaft gearbeitet“. /8/ Dennoch erheblich vermindert werden konnten. verblieb am Jahresende ein Reingewinn Doch blieb dieser Vorteil infolge des von 62.384,07 RM. allgemeinen Absatzrückganges ohne Effekt. Die Verluste stiegen weiter auf Das Geschäftsjahr 1929 entwickelte -1.140.259,08 RM. Auf der Generalver- sich schließlich für die gesamte deutsche sammlung der AG wurde daraufhin am Fahrradindustrie katastrophal. Die 18. April 1932 die endgültige Liquidation Händler wurden ihre Bestände nicht los der Gesellschaft beschlossen. Die und riefen keine Bestellungen mehr ab. Schlussbilanz im November 1932 wies Die Krise erwischte auch Corona mit einen Betrag von -1.196.668,- RM aus. /11/ voller Breitseite: Im Dezember 1929 betrugen die Verluste -531.770,13 RM. So erlosch die Firma „Corona Fahrrad- Weil der Vorstand der AG es angesichts werke und Metallindustrie A.G. Bran- der stockenden Absätze für zwecklos denburg/Havel“. Die Schutzmarke hielt, weiter auf Lager zu arbeiten, hatte wurde im Zuge der Liquidation für er bereits Anfang Juni 1929 bei den 17.000,- RM an ein Nachfolgeunterneh- Behörden einen Stilllegungsantrag für men in Sangerhausen verkauft. Für einige Corona Kettenlos, Modell Nr. 80, um 1912 gefertigt. Corona-Herrenrad Modell 100, späte 20er Jahre. den Betrieb eingereicht. Diesem Antrag Jahre fabrizierte die dort mit einem Lewanow-Sawall“ einiges Aufsehen bei schon 1925 entschloss sich die Firmenlei- wurde Anfang Juli stattgegeben. /9/ Stammkapital von 40.000,- RM gegrün- „Ich hab Dein Bild im Traum geseh’n, Allgemeine Quellenangaben für diesen Artikel verschiedenen Radsportveranstaltungen. tung zur endgültigen Einstellung der dete „Corona-Fahrradfabrik GmbH“ „Corona“, wie bist Du schön ! Motorradproduktion. Aufgrund der sehr Die ungünstige Situation führte dazu, weiterhin Corona-Räder. Sie übernahm Man kommt, es läßt sich nicht streiten, Brandenburger Anzeiger 1891 - 1932 Anfang der 1920er Jahre erwarb die guten Nachfrage nach Corona- dass in der deutschen Fahrradindustrie dazu noch vorhandene Corona- Mit Dir schnell in die fernsten Weiten. Brandenburger Adressbücher 1891 - 1932 AG weitere, an das Firmengelände Fahrrädern erholte sich das Werk jedoch Verhandlungen über die Rationalisie- Fahrräder und Fahrradteile aus Branden- Der leichte Lauf, o, glaubt es mir, angrenzende Grundstücke in der Großen schnell von den Verlusten des Vorjahres. rung der Herstellungsverfahren und burg. Um 1933/35 bot auch Ernst Ist eines jeden Rades Zier, Corona Prospekte, Kataloge: Auszug 1905, 1908, 1909, 1910, 1911, 1915, 1922, 1925, 1926, 1927, Gartenstraße, Werderstraße und Bahn- Bis 1926 wuchs die Zahl der Arbeiter und Normierung der Produkte intensiviert Machnow aus Berlin Fahrräder unter Und elegant, im Bau geschickt, 1928 hofstraße. Zu dieser Zeit erreichte das Angestellten auf 500, die jährlich über wurden, gleichzeitig wurden Gespräche dem Namen Corona an. Am Steuerkopf Das lehrt es auf den ersten Blick. Werk seine größte Ausdehnung, die 40.000 Fahrräder fertigten. über die Bildung eines Verkaufssyndikats befand sich die Schutzmarke der Corona- Man überzeuge sich geschwind, Corona Automobil- und Motorrad-Kataloge 1906 Gesamtgröße betrug 6.055 qm, von denen geführt. Die Corona-Werke strebten im Fahrradfabrik GmbH mit dem Zusatz wie herrlich meine Räder sind.“ /13/ Geschäftsberichte: 1899/1900, 1901, 1906/1907, 2.640 qm bebaut waren. Hatte das Zuge dessen ein Abkommen mit den „Filiale Berlin“. 1920/21, 1921/22, 1923/1924, 1924/25, 1927/28, Aktienkapital bei Gründung der Brennabor-Werken an. Diese produzier- 1928/29 Gesellschaft noch 430.000 Mark betragen, ten ebenfalls Markenräder und galten als Um 1933 ließ sich eine Druckerei in 25 Jahre Corona-Fahrrad-Werke A.G., Festschrift stieg diese Summe bis 1922 auf drei Mio. ein „erstes Werk der Branche“. /10/ Zum Teilen des stillgelegten Corona-Werkes Quellenangaben, soweit nicht unmittelbar im Text zum Firmenjubiläum, 1921 Mark an. Teile davon wurden in die eigene Jahreswechsel 1929/30 kam es schließlich nieder. Während des Zweiten Weltkriegs angegeben: „Das Buch vom guten Rade“, Heft der Corona- Belegschaft investiert: An Wohlfahrtsein- zur Bildung einer „Interessengemein- wurden später große Teile der alten /1/ Brandenburger Anzeiger, Nr. 20. August 1896 Werke, Anfang 1920er Jahre richtungen besaß das Unternehmen eine schaft Brennabor-Corona“. Dabei han- Werksanlagen zerstört. Danach nutzten /2/ Festschrift zum 25 jährigen Firmenjubiläum, eigene Krankenkasse und einen Arbeiter- delte es sich jedoch nicht um eine Fusion erneut eine Druckerei sowie Werkstätten 1921, „Die 500jährige Hohenzollern- „Die leichten und billigen Motorwagen“, Paul Fla- Jubelfeier in Brandenburg an der Havel“, drich, 1907 Unterstützungs-Fonds. beider Firmen, vielmehr sollte die unter- des Brandenburger Theaters das Hirschfeld, 1915, S. 55 nehmerische Selbständigkeit jeweils Gelände. 1964 wurden die Gebäudereste /3/ Brandenburger Anzeiger, Nr. 164, 16. Juli Corona-Fahrradfabrik GmbH, Zentrale Berlin, Pro- Kurzes Intermezzo: Erneute Motorrad- erhalten bleiben. Die Brennabor-Werke abgetragen. /12/ 1894 spekt, Januar 1933 produktion erhofften sich von der Kooperation eine /4/ Faltblatt „Die Wahrheit“, Corona Mitteilung „Die 500jährige Hohenzollern-Jubelfeier in Bran- bessere Ausnutzung der riesigen Anlagen Da kein Werksarchiv oder entspre- vom 16. Juli 1903 denburg an der Havel“, Hirschfeld, 1915 /5/ Thaddäus Robl, Der Radrennsport, Leipzig ihres technischen Betriebes, denn auch Um 1923 beschloss der Vorstand eine chende Unterlagen bekannt sind, ist es 1905, S. 137, ferner Brandenburger Anzeiger Stadtarchiv Brandenburg/Havel erneute Aufnahme der Motorradfabrika- dort standen die Bänder, bedingt durch schwierig über die Gesamtproduktion an vom 12. Juli und 24. September 1901 tion. Im Jahre 1924 stellte Corona neu die Krise, teilweise still. Beide Partner Fahrrädern bei Corona Aussagen zu /6/ Festschrift zum 25jährigen Firmenjubiläum, Archiv Historischer Verein Brandenburg/Havel entwickelte Modelle mit einem eigenen erkannten die vom kommunalwirtschaft- treffen. Auch fehlen frühe Kataloge vor S. 54, S. 56 /7/ Geschäftsbericht der Corona Werke, für das Archiv Hans Juchert, Brandenburg/Havel 338 cm³-Motor vor, der 3 PS leistete. Die lichen Standpunkt außerordentliche 1906 und aus den Jahren von 1912 bis Geschäftsjahr vom 1. Oktober 1927 bis 30. Archiv Mario Steinbrink, Brandenburg/Havel Produktion kam allerdings schon im Juli Bedeutung des Zusammenschlusses. 1914. Nimmt man bekannte Rahmen- September 1928, Bericht des Vorstandes 1924 wieder ins Stocken, als ein großer Über den Gesamtumfang der Produktion nummern zu Rate, könnten wohl um die /8/ Ebda. Streik das gesamte Unternehmen für von Corona Rädern bei Brennabor lassen 570.000 Räder gefertigt worden sein. /9/ Geschäftsbericht der Corona Werke, für das Geschäftsjahr vom 1. Oktober 1928 bis 30. Fotonachweis zehn Wochen lahm legte. Die Arbeiter in Große Werkzeugtasche. sich allerdings bisher keine verlässlichen Unklar ist auch, ob Corona Ballonräder September 1929, Bericht des Vorstandes der Brandenburger Metallindustrie Aussagen treffen. herstellte. Im letzten bekannten Katalog /10/ Ebda. Alle Fotos und Abbildungen aus dem Archiv Mario kämpften für bessere Arbeitsbedingun- Weltwirtschaftskrise und Liquidation von 1928 findet sich noch kein entspre- /11/ Brandenburger Anzeiger, 1. November 1932 Steinbrink gen und höhere Löhne. Erst gegen Ende Bis zum April 1931 besserte sich die chendes Modell. Nur wenige Corona- /12/ Archiv Hans Juchert /13/ Franz Schoop, General-Vertreter der Coro- des Jahres konnte daher die volle Eine „schwere Absatzkrise, von der im angespannte wirtschaftliche Lage nicht. Fahrzeuge haben die Wirren der Zeit na-Werke in einer Werbeanzeige im Bran- Kapazität wieder erreicht werden. Die Frühjahr d. J. die deutsche Fahrradindu- Die schlechte Konjunktur führte dazu, überstanden und zeugen heute von der denburger Anzeiger, 19. Juli 1900, S. 4 Aufnahme einer größeren Serienproduk- strie betroffen wurde“, /7/ läutete dann dass Markenräder kaum noch verkäuf- hohen Handwerkskunst Brandenburger tion kam allerdings nicht mehr zustande, 1928 den Anfang vom Ende der Marke lich waren. Laut Brandenburger Anzei- Arbeiter und Techniker.

8 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 9 Im Interview: Karl Dieter Altenburger Im Interview: Karl Dieter Altenburger

stumpf geschweißt, sprich, Plus- und Mi- Im Interview: Karl Dieter Altenburger nus-Pol wurden erhitzt. Abschließend wur- den die Grate abgeschliffen, danach die Die Firma Altenburger versorgte über viele Jahre hinweg die deutsche und Teile der Felge aufgespannt und kalt gerichtet. europäischen Fahrradindustrie mit Komponenten wie Felgen, Bremsen, Schaltungen und Naben. Ursprünglich, 1936, mit Alufelgen für den Radsport gestartet, entwickelte Doch es gab auch ein Lagerproblem: sich das Sortiment sehr rasch und passte sich an die Bedürfnisse der Zweiradindustrie Felgen sind voluminös und benötigen viel an. 1992 musste Altenburger dann Insolvenz anmelden. Thomas Busch hatte die Chan- Lagerfläche. Die mussten daher im ce, sich mit dem letzten Inhaber, Karl Dieter Altenburger, ausgiebig zu unterhalten – Schuppen eingelagert werden und wur- nachfolgend ist das Protokoll dieses Gesprächs in einer gekürzten Fassung zu lesen. den mit einem Elektrokarren samt An- hänger transportiert. Am Wochenende bin ich mit dem Ding als Jugendlicher Herr Altenburger, was hat Ihre Firma Betrieb war. Mein Vater ist dort Bahnren- heimlich in der Firma herumgefahren, groß gemacht? nen gefahren. mein Vater hat das nicht gewusst.

Mein Vater. Er war ein ausgesproche- Um das vorweg zu nehmen: Ich selbst Aber es blieb nicht bei Felgen nur für ner Dickschädel. Und wenn er sich etwas bin nie Radsportler gewesen, auch wenn Rennräder… in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es ich als Kind bei vielen Veranstaltungen da- auch durch. Und er war ein sehr führen- bei war. Mein Hobby war das Motorrad. Nein – natürlich nicht. Schon sehr der Mensch. So hat er sich mit Energie Damit fahre ich heute noch, das bedeutet schnell kamen in den 30er Jahren Felgen und Beharrlichkeit nach oben gearbeitet, Entspannung und Erholung für mich. für Tourenräder hinzu. Allerdings wurde Karl Dieter Altenburger. denn er stammte aus einfachen Verhält- Foto: Thomas Busch diese Entwicklung durch den Krieg be- nissen, seine Vorfahren waren Land- und Haben Sie mit ihm viel über seine aktive hindert. Zunächst durften keine Fahrrad- Gastwirte. Zeit gesprochen? stand das erste Aluminiumwerk Europas, teile aus Aluminium mehr produziert wer- und noch ein Stück weiter, in Singen, gab den, später hat unser Unternehmen dann Karl Altenburger wurde früh Radrenn- Nein, das war ja alles lange, bevor ich es ein weiteres großes Werk der „Alumi- ausschließlich für die Rüstungsindustrie Fabrik und Wohnhaus im Jahre 1939. Foto: Archiv Altenburger fahrer – wie kam er zu diesem Sport? 1947 geboren wurde. Ich weiß, dass er nium Industrie Aktien Gesellschaft“, heu- gearbeitet. Es entstanden Alu-Gussteile schon relativ jung, mit 20 Jahren, 1929 te „Alusuisse“. Wenige Kilometer Rich- und Drehteile für den Jagdflieger ME Jahren kamen Felgen für motorisierte Felgen hat uns die Bremsenproduktion Er hat Mitte der 20er Jahre, als Jugend- Radprofi wurde und mehrfach an den gro- tung Westen wiederum produzieren heute 109, Zünder für Granaten und andere Zweiräder hinzu. Dort waren insbeson- bis zum Schluss und dem Ende der Firma licher, eine Lehre als Sattler im benach- ßen Rundfahrten wie , noch die Aluminiumwerke Wutöschingen. Kriegsgüter. dere Horex und Maico wichtige Abneh- 1992 begleitet. Die Bremsen waren von al- barten Neuhausen in der Schweiz ge- Giro d'Italia oder teilge- Mit denen hatten wir von Anfang an eine mer für uns, aber auch Teile der BMW- len Produkten im Fahrradbereich das ein- macht. Dort fuhr er immer mit dem Rad nommen hat. Aber er hat eher selten florierende Geschäftsbeziehung, weil sie Nach dem Krieg dauerte es bis 1950, Produktpalette waren mit Altenburger- zige, das alle Jahre überlebt hat. hin, das gehörte einfach dazu. Außerdem oben auf dem Treppchen gestanden. Sei- von Guss bis zu Strangpressprofilen alles bis mein Vater die reguläre Produktion Felgen ausgestattet. In den 60er Jahren hat es in der Region und direkt nebenan, ne größten Erfolge waren zwei Etappen- liefern konnten. Zeitweise war mein Vater wieder aufnehmen konnte. Alle Patente ging dann die Produktion stark zurück. in der Schweiz, zu jener Zeit sehr viele siege bei der Tour de Suisse 1933. Und das sogar nach dem Krieg im Besitz von 40 waren verloren und wurden anderweitig Um 1967 haben wir die eigene Fertigung Radrennen gegeben. Die Berührung mit Radrennen um den Genfer See, das lag Prozent der Aktien des Werkes und hatte ausgeschlachtet, das Werk war teilweise schließlich komplett eingestellt. Als ich dem Radsport erfolgte daher fast zwangs- ihm, da ist er 1935 einmal Erster und in die Felgenabteilung nach dort verlegt. demontiert, und da wir uns in der franzö- 1974 aktiv in die Firma eintrat, spielten läufig. Selbst hier in Jestetten wurde ja den Jahren zuvor zweimal Zweiter ge- sischen Besatzungs-Zone befanden, muss- die Aluminiumfelgen schon keine Rolle 1922 eine Velorennbahn errichtet, die worden. Beim Giro 1935 schaffte er es als Wie wurden die Felgen gefertigt? te improvisiert werden. Weil es hier kein mehr. dann ein knappes Jahrzehnt intensiv in einziger deutscher Teilnehmer im Feld im- Rohmaterial gab, hat mein Vater einen merhin auf Platz 16. Mein Vater hat das Profil vorgegeben, Teil der Maschinen ins Allgäu nach Woran lag das? produziert wurde dann in Wutöschingen. Sonthofen verlagert. Das war amerikani- Wann hat Ihr Vater das Unternehmen ge- Das Biegen und Schweißen wiederum wur- sche Zone und die Produktionsbedingun- Im Wesentlichen an der Konkurrenz gründet und was war seine Motivation? de bei uns im Werk gemacht. Es gab sechs gen dort waren besser. Die Rückkehr durch die deutlich billigeren Stahlfelgen, Meter lange Profilstäbe aus Aluminium, nach Jestetten erfolgte dann 1950. die sich viel kostengünstiger herstellen lie- Gegründet wurde die Firma hier in Jes- davon wurden mehrere hinterein- ßen. Außerdem hat Aluminium den Nach- Frühe Altenburger Stahlbremse. tetten im Februar 1936, parallel dazu hat ander auf eine Walze aufgerollt. Dort wur- Wen haben Sie mit Felgen beliefert? teil, dass es nicht elastisch ist. Das bereitet Foto: Axel Bollinger er seine Radsportkarriere langsam aus- den sie geschnitten, dann gespannt, mitunter Probleme beim Nachzentrieren. klingen lassen. Er produzierte zunächst unter Spannung zusammengeführt und Nun – den Fachhandel, aber auch meh- Wenn da ein Höhenschlag drin ist, geht Seit wann waren Felgenbremsen im Sorti- eine Aluminiumfelge für Schlauchlosrei- rere Fahrradhersteller direkt. In den 50er der kaum noch raus. Im Gegensatz zu den ment? fen mit Holzkern. Das hatte mit seinen Er- fahrungen als Radsportler zu tun und mit Das ging schon sehr früh los, nämlich den Unzulänglichkeiten des Materials, das ein Jahr nach der Gründung, 1937. Da hat seinerzeit verfügbar war. Damals bastelte mein Vater die erste Leichtmetall- ja noch jeder an seiner Maschine selbst he- Felgenbremse entwickelt und sie dann ab rum und versuchte, sie dem persönlichen Ende desselben Jahres auch ausgeliefert. Ideal näher zu bringen. Mein Vater hatte Der Bedarf war so groß, dass man sich vorgenommen, das Material besser, mit der Produktion überhaupt nicht haltbarer und zugleich leichter zu machen. nachkam. Diese Nachfrage, vor allem auch bei den Felgen, war der Grund für Und deshalb Aluminium? das frühe Wachstum der Firma. Solche Leichtbauteile waren ja damals kaum ver- Ja – richtig. Wir sitzen ja hier in einer Re- fügbar. gion, die man als die Wiege des Alumini- Früheste bekannte Werbung aus einem Abel- Karl Altenburger als junger Radprofi. ums bezeichnen muss. Gleich um die Katalog von 1937. Die Anfänge waren hemdsärmelig. Er- Foto: Archiv Altenburger Ecke, in Neuhausen am Rheinfall, ent- Archiv Christoph Guder Altenburger Felge für Sporträder aus den 50er Jahren mit typischem Schriftzug. Foto: Sven Dewitz ste Produktionsstätten 1936 waren eine

10 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 11 Im Interview: Karl Dieter Altenburger Im Interview: Karl Dieter Altenburger

stumpf geschweißt, sprich, Plus- und Mi- Im Interview: Karl Dieter Altenburger nus-Pol wurden erhitzt. Abschließend wur- den die Grate abgeschliffen, danach die Die Firma Altenburger versorgte über viele Jahre hinweg die deutsche und Teile der Felge aufgespannt und kalt gerichtet. europäischen Fahrradindustrie mit Komponenten wie Felgen, Bremsen, Schaltungen und Naben. Ursprünglich, 1936, mit Alufelgen für den Radsport gestartet, entwickelte Doch es gab auch ein Lagerproblem: sich das Sortiment sehr rasch und passte sich an die Bedürfnisse der Zweiradindustrie Felgen sind voluminös und benötigen viel an. 1992 musste Altenburger dann Insolvenz anmelden. Thomas Busch hatte die Chan- Lagerfläche. Die mussten daher im ce, sich mit dem letzten Inhaber, Karl Dieter Altenburger, ausgiebig zu unterhalten – Schuppen eingelagert werden und wur- nachfolgend ist das Protokoll dieses Gesprächs in einer gekürzten Fassung zu lesen. den mit einem Elektrokarren samt An- hänger transportiert. Am Wochenende bin ich mit dem Ding als Jugendlicher Herr Altenburger, was hat Ihre Firma Betrieb war. Mein Vater ist dort Bahnren- heimlich in der Firma herumgefahren, groß gemacht? nen gefahren. mein Vater hat das nicht gewusst.

Mein Vater. Er war ein ausgesproche- Um das vorweg zu nehmen: Ich selbst Aber es blieb nicht bei Felgen nur für ner Dickschädel. Und wenn er sich etwas bin nie Radsportler gewesen, auch wenn Rennräder… in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es ich als Kind bei vielen Veranstaltungen da- auch durch. Und er war ein sehr führen- bei war. Mein Hobby war das Motorrad. Nein – natürlich nicht. Schon sehr der Mensch. So hat er sich mit Energie Damit fahre ich heute noch, das bedeutet schnell kamen in den 30er Jahren Felgen und Beharrlichkeit nach oben gearbeitet, Entspannung und Erholung für mich. für Tourenräder hinzu. Allerdings wurde Karl Dieter Altenburger. denn er stammte aus einfachen Verhält- Foto: Thomas Busch diese Entwicklung durch den Krieg be- nissen, seine Vorfahren waren Land- und Haben Sie mit ihm viel über seine aktive hindert. Zunächst durften keine Fahrrad- Gastwirte. Zeit gesprochen? stand das erste Aluminiumwerk Europas, teile aus Aluminium mehr produziert wer- und noch ein Stück weiter, in Singen, gab den, später hat unser Unternehmen dann Karl Altenburger wurde früh Radrenn- Nein, das war ja alles lange, bevor ich es ein weiteres großes Werk der „Alumi- ausschließlich für die Rüstungsindustrie Fabrik und Wohnhaus im Jahre 1939. Foto: Archiv Altenburger fahrer – wie kam er zu diesem Sport? 1947 geboren wurde. Ich weiß, dass er nium Industrie Aktien Gesellschaft“, heu- gearbeitet. Es entstanden Alu-Gussteile schon relativ jung, mit 20 Jahren, 1929 te „Alusuisse“. Wenige Kilometer Rich- und Drehteile für den Jagdflieger ME Jahren kamen Felgen für motorisierte Felgen hat uns die Bremsenproduktion Er hat Mitte der 20er Jahre, als Jugend- Radprofi wurde und mehrfach an den gro- tung Westen wiederum produzieren heute 109, Zünder für Granaten und andere Zweiräder hinzu. Dort waren insbeson- bis zum Schluss und dem Ende der Firma licher, eine Lehre als Sattler im benach- ßen Rundfahrten wie Tour de France, noch die Aluminiumwerke Wutöschingen. Kriegsgüter. dere Horex und Maico wichtige Abneh- 1992 begleitet. Die Bremsen waren von al- barten Neuhausen in der Schweiz ge- Giro d'Italia oder Tour de Suisse teilge- Mit denen hatten wir von Anfang an eine mer für uns, aber auch Teile der BMW- len Produkten im Fahrradbereich das ein- macht. Dort fuhr er immer mit dem Rad nommen hat. Aber er hat eher selten florierende Geschäftsbeziehung, weil sie Nach dem Krieg dauerte es bis 1950, Produktpalette waren mit Altenburger- zige, das alle Jahre überlebt hat. hin, das gehörte einfach dazu. Außerdem oben auf dem Treppchen gestanden. Sei- von Guss bis zu Strangpressprofilen alles bis mein Vater die reguläre Produktion Felgen ausgestattet. In den 60er Jahren hat es in der Region und direkt nebenan, ne größten Erfolge waren zwei Etappen- liefern konnten. Zeitweise war mein Vater wieder aufnehmen konnte. Alle Patente ging dann die Produktion stark zurück. in der Schweiz, zu jener Zeit sehr viele siege bei der Tour de Suisse 1933. Und das sogar nach dem Krieg im Besitz von 40 waren verloren und wurden anderweitig Um 1967 haben wir die eigene Fertigung Radrennen gegeben. Die Berührung mit Radrennen um den Genfer See, das lag Prozent der Aktien des Werkes und hatte ausgeschlachtet, das Werk war teilweise schließlich komplett eingestellt. Als ich dem Radsport erfolgte daher fast zwangs- ihm, da ist er 1935 einmal Erster und in die Felgenabteilung nach dort verlegt. demontiert, und da wir uns in der franzö- 1974 aktiv in die Firma eintrat, spielten läufig. Selbst hier in Jestetten wurde ja den Jahren zuvor zweimal Zweiter ge- sischen Besatzungs-Zone befanden, muss- die Aluminiumfelgen schon keine Rolle 1922 eine Velorennbahn errichtet, die worden. Beim Giro 1935 schaffte er es als Wie wurden die Felgen gefertigt? te improvisiert werden. Weil es hier kein mehr. dann ein knappes Jahrzehnt intensiv in einziger deutscher Teilnehmer im Feld im- Rohmaterial gab, hat mein Vater einen merhin auf Platz 16. Mein Vater hat das Profil vorgegeben, Teil der Maschinen ins Allgäu nach Woran lag das? produziert wurde dann in Wutöschingen. Sonthofen verlagert. Das war amerikani- Wann hat Ihr Vater das Unternehmen ge- Das Biegen und Schweißen wiederum wur- sche Zone und die Produktionsbedingun- Im Wesentlichen an der Konkurrenz gründet und was war seine Motivation? de bei uns im Werk gemacht. Es gab sechs gen dort waren besser. Die Rückkehr durch die deutlich billigeren Stahlfelgen, Meter lange Profilstäbe aus Aluminium, nach Jestetten erfolgte dann 1950. die sich viel kostengünstiger herstellen lie- Gegründet wurde die Firma hier in Jes- davon wurden mehrere hinterein- ßen. Außerdem hat Aluminium den Nach- Frühe Altenburger Stahlbremse. tetten im Februar 1936, parallel dazu hat ander auf eine Walze aufgerollt. Dort wur- Wen haben Sie mit Felgen beliefert? teil, dass es nicht elastisch ist. Das bereitet Foto: Axel Bollinger er seine Radsportkarriere langsam aus- den sie geschnitten, dann gespannt, mitunter Probleme beim Nachzentrieren. klingen lassen. Er produzierte zunächst unter Spannung zusammengeführt und Nun – den Fachhandel, aber auch meh- Wenn da ein Höhenschlag drin ist, geht Seit wann waren Felgenbremsen im Sorti- eine Aluminiumfelge für Schlauchlosrei- rere Fahrradhersteller direkt. In den 50er der kaum noch raus. Im Gegensatz zu den ment? fen mit Holzkern. Das hatte mit seinen Er- fahrungen als Radsportler zu tun und mit Das ging schon sehr früh los, nämlich den Unzulänglichkeiten des Materials, das ein Jahr nach der Gründung, 1937. Da hat seinerzeit verfügbar war. Damals bastelte mein Vater die erste Leichtmetall- ja noch jeder an seiner Maschine selbst he- Felgenbremse entwickelt und sie dann ab rum und versuchte, sie dem persönlichen Ende desselben Jahres auch ausgeliefert. Ideal näher zu bringen. Mein Vater hatte Der Bedarf war so groß, dass man sich vorgenommen, das Material besser, mit der Produktion überhaupt nicht haltbarer und zugleich leichter zu machen. nachkam. Diese Nachfrage, vor allem auch bei den Felgen, war der Grund für Und deshalb Aluminium? das frühe Wachstum der Firma. Solche Leichtbauteile waren ja damals kaum ver- Ja – richtig. Wir sitzen ja hier in einer Re- fügbar. gion, die man als die Wiege des Alumini- Früheste bekannte Werbung aus einem Abel- Karl Altenburger als junger Radprofi. ums bezeichnen muss. Gleich um die Katalog von 1937. Die Anfänge waren hemdsärmelig. Er- Foto: Archiv Altenburger Ecke, in Neuhausen am Rheinfall, ent- Archiv Christoph Guder Altenburger Felge für Sporträder aus den 50er Jahren mit typischem Schriftzug. Foto: Sven Dewitz ste Produktionsstätten 1936 waren eine

10 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 11 Im Interview: Karl Dieter Altenburger Im Interview: Karl Dieter Altenburger

Hans Junkermann, Emil Reinecke und Franz Reitz, um nur ein paar von ihnen zu nennen. Den Rennstall gab es von 1956 bis 1960 und die Fahrer kamen immer mal wieder zu uns – etwa jedes Jahr zur Vorbe- reitung auf die Tour de Suisse. Ich weiß noch, wie Matthias Pfannenmüller auf ei- ner Etappe der Tour durch Jestetten abge- hängt wurde, daraufhin vom Rad stieg, eine kurze Pause machte und sich dabei ein Bier genehmigte.

Mein Vater hat nicht nur das Team und den Radsport für Werbezwecke genutzt, wobei er Leidenschaft und Geschäft gut miteinander verbinden konnte. Die Be- ziehungen zu anderen Radsportlern hat er vielmehr auch gezielt für die Auswei- tung des Geschäfts eingesetzt. Mit dem Schweizer Jakob Caironi beispielsweise ist er früher Rennen gefahren, in den 50er Jahren hat Caironi dann unter seinem ei- genen Label „Duralca“ die Altenburger- Felgen in der Schweiz verkauft. Er war ein wichtiger Vertriebspartner für unser Engagiert im Radsport. Links: Altenburger und Sohn, Mitte: Karl Altenburger im Gespräch mit Heinz Müller, rechts: Im Rennen nach einer Reifenpanne. Unternehmen. Fotos: Archiv Altenburger Garage und eine Schlosserei, und es ging tor für unser Unternehmen. Die Renn- der Synchron-Bremse wurde noch aus Auch mit Ferdinand Kübler, neben los mit zehn Arbeitern. Die haben aber zu- bremsen konnten sich bis zu den frühen dem Vollen geschmiedet. Hugo Koblet das Schweizer Radsportidol nächst offensichtlich die Verfahrenstech- 60er Jahren auf dem Markt halten, da- in den 50ern, war mein Vater eng befreun- nik nicht richtig in den Griff bekommen. nach wurden sie unbedeutend, dafür ka- Im Bereich der Bremsen sind nach det, Kübler ging bei uns ein und aus. Da- 1937 folgte der Umzug auf ein freies Ge- men andere Modelle hinzu. Ende der dem Krieg auch mehrere Patente ange- bei verlief die erste Begegnung für beide lände in Bahnhofsnähe, auf dem bis zu- 70er und Anfang der 80er Jahre boomte meldet worden. Sie betrafen beispiels- nicht wirklich erfreulich. Das war bei ei- letzt die Fabrikationsanlagen standen. Da der Absatz. Ich kann mich erinnern, dass weise das Design der Griffe, den Ent- nem Rennen in der Ostschweiz. Mit sei- konnten dann auch moderne Maschinen wir zu Spitzenzeiten bis zu 12.000 Brem- spanner für die schnelle Laufrad- nem alten Fahrrad heftete sich Kübler da- aufgestellt werden, und die Belegschaft sen pro Tag gefertigt haben. Das wurde Demontage direkt am Bremsgriff und mals ans Hinterrad des Führenden, das wuchs rasch. vor allem getrieben durch das USA- mehrere Detailverbesserungen. war mein Vater. „Lümmel, geh weg! Lüm- Geschäft. Damals hatten wir in der Pro- mel, geh weg!“, hat der ihm zugeschrien. Nach dem Krieg entwickelte sich die duktion Vollauslastung. Wie bei den Felgen war auch bei den Doch der junge Kübler fuhr weiter neben Bremsenproduktion zum Wachstumsmo- Bremsen die Lagerhaltung immens. Eine meinem Vater her und feuerte ihn an Welche Bremsen stellte Altenburger her? Felgenbremse besteht aus zahlreichen „Hopp, hopp, Herr Hutchinson“. Hut- Einzelteilen. Viele davon verfügen über chinson war der Schriftzug auf dem Tri- Wir hatten – neben den Rennbremsen bis zu zehn verschiedene Längen, darun- kot. Das hat meinen Vater fast wahnsin- – hauptsächlich nachher drei Marken im ter zum Beispiel die Verbindungsbügel. nig gemacht. Angebot: Brillant, Synchron und Concor- de. Die ersten beiden mit Seitenzug, Con- Ein wichtiges Teil der Bremsen waren spä- Die Verbindung mit Heinz Müller wurde corde für Mittelzug. Rund 90 Prozent der ter die Super-Stopp Bremsbeläge? dann besonders eng? Fabrikation waren Seitenzugbremsen, 10 Prozent Mittelzugbremsen. Der Markt- Diese Bremsbeläge waren die letzte Müller wurde ein guter Freund und Ko- anteil von Mittelzugbremsen lag insge- große Neuerung im Unternehmen: Spe- operationspartner. Nach seiner Karriere samt nie über 15 Prozent. zialbeläge für Aluminium und Stahl. Sie hat er einen Betrieb eröffnet, der Alten- haben bei Regen den Wasserfilm durch- burger Produkte verarbeitete und ver- Unser Flaggschiff war lange die Alten- trennt und sorgten für deutlich kürzere edelte. Dafür hat mein Vater ihm ein An- burger Synchron-Bremse, die im Februar Bremswege. In Deutschland kostete die gebot gemacht, denn das wäre in unserem 1961 zum Patent angemeldet wurde. Sie Produktion in den 80er Jahren acht bis großen Betrieb alles zu teuer geworden. Altenburger Schaltung vom Typ 2, in der überarbeiteten Version von 1956. Oben die Schaltung mit Ver- entwickelte sich zum absoluten Verkaufs- zwölf Pfennig das Stück. Wir haben sie da- Müller war ein sehr geradliniger Mann, packung, darunter Ansichten von der Seite und von oben. schlager. Unser Mitarbeiter Ferdinand her bald aus Taiwan importiert. Dort kos- hatte ein hervorragendes mechanisches Fotos: Uwe Just Speichinger hatte die Idee zur Bremse teten sie nämlich inklusive Bremsschuh Verständnis und hat aus diesem Grund und sie Vater vorgelegt. Und dann wurde und Transport nur neun Pfennig. auch intensiv an der Weiterentwicklung Genau – mit der Doppelblatt- derzulassung des Maschinenparks 1950. viel ausprobiert, das Ganze schließlich der Altenburger Schaltung mitgearbeitet. Rennschaltung. Das war noch die ältere Der Modellwechsel auf die neue Version zum Patent angemeldet und produziert. Kommen wir noch einmal zum Radsport Er hat anhand von Musterbauten immer Version mit den Stahlblechen um die Ket- fand dann 1956 statt. Seither hieß die Ich kann mich erinnern, dass wir sehr vie- zurück. Nach dem Krieg gab es den Al- wieder neue Verbesserungsvorschläge ge- tenröllchen hinten. Daneben gab es die Sport- und Tourenschaltung „Tourist“, le Muster gemacht haben, um die Kraft- tenburger Rennstall. macht. Sportschaltung Modell „S-O“, ohne Ket- die Rennradschaltung „Champion“. Bei übertragung auszuprobieren. Damals tenspannung und das Modell „S-M“ mit der verbesserten Version war mehr Altenburger-Werbung auf der Bahn. konnte man das nicht per Computer be- Ja – es waren bekannte Namen im Er ist mit einer Altenburger Schaltung Kettenspannung. Die Produktion dieser Leichtmetall verbaut, das Parallelo- Foto: Archiv Altenburger rechnen wie heute. Die erste Generation Team: Heinz Müller, Manfred Donike, 1952 Straßenweltmeister geworden. Schaltungen begann direkt nach der Wie- gramm wurde leicht verändert und der

12 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 13 Im Interview: Karl Dieter Altenburger Im Interview: Karl Dieter Altenburger

Hans Junkermann, Emil Reinecke und Franz Reitz, um nur ein paar von ihnen zu nennen. Den Rennstall gab es von 1956 bis 1960 und die Fahrer kamen immer mal wieder zu uns – etwa jedes Jahr zur Vorbe- reitung auf die Tour de Suisse. Ich weiß noch, wie Matthias Pfannenmüller auf ei- ner Etappe der Tour durch Jestetten abge- hängt wurde, daraufhin vom Rad stieg, eine kurze Pause machte und sich dabei ein Bier genehmigte.

Mein Vater hat nicht nur das Team und den Radsport für Werbezwecke genutzt, wobei er Leidenschaft und Geschäft gut miteinander verbinden konnte. Die Be- ziehungen zu anderen Radsportlern hat er vielmehr auch gezielt für die Auswei- tung des Geschäfts eingesetzt. Mit dem Schweizer Jakob Caironi beispielsweise ist er früher Rennen gefahren, in den 50er Jahren hat Caironi dann unter seinem ei- genen Label „Duralca“ die Altenburger- Felgen in der Schweiz verkauft. Er war ein wichtiger Vertriebspartner für unser Engagiert im Radsport. Links: Altenburger und Sohn, Mitte: Karl Altenburger im Gespräch mit Heinz Müller, rechts: Im Rennen nach einer Reifenpanne. Unternehmen. Fotos: Archiv Altenburger Garage und eine Schlosserei, und es ging tor für unser Unternehmen. Die Renn- der Synchron-Bremse wurde noch aus Auch mit Ferdinand Kübler, neben los mit zehn Arbeitern. Die haben aber zu- bremsen konnten sich bis zu den frühen dem Vollen geschmiedet. Hugo Koblet das Schweizer Radsportidol nächst offensichtlich die Verfahrenstech- 60er Jahren auf dem Markt halten, da- in den 50ern, war mein Vater eng befreun- nik nicht richtig in den Griff bekommen. nach wurden sie unbedeutend, dafür ka- Im Bereich der Bremsen sind nach det, Kübler ging bei uns ein und aus. Da- 1937 folgte der Umzug auf ein freies Ge- men andere Modelle hinzu. Ende der dem Krieg auch mehrere Patente ange- bei verlief die erste Begegnung für beide lände in Bahnhofsnähe, auf dem bis zu- 70er und Anfang der 80er Jahre boomte meldet worden. Sie betrafen beispiels- nicht wirklich erfreulich. Das war bei ei- letzt die Fabrikationsanlagen standen. Da der Absatz. Ich kann mich erinnern, dass weise das Design der Griffe, den Ent- nem Rennen in der Ostschweiz. Mit sei- konnten dann auch moderne Maschinen wir zu Spitzenzeiten bis zu 12.000 Brem- spanner für die schnelle Laufrad- nem alten Fahrrad heftete sich Kübler da- aufgestellt werden, und die Belegschaft sen pro Tag gefertigt haben. Das wurde Demontage direkt am Bremsgriff und mals ans Hinterrad des Führenden, das wuchs rasch. vor allem getrieben durch das USA- mehrere Detailverbesserungen. war mein Vater. „Lümmel, geh weg! Lüm- Geschäft. Damals hatten wir in der Pro- mel, geh weg!“, hat der ihm zugeschrien. Nach dem Krieg entwickelte sich die duktion Vollauslastung. Wie bei den Felgen war auch bei den Doch der junge Kübler fuhr weiter neben Bremsenproduktion zum Wachstumsmo- Bremsen die Lagerhaltung immens. Eine meinem Vater her und feuerte ihn an Welche Bremsen stellte Altenburger her? Felgenbremse besteht aus zahlreichen „Hopp, hopp, Herr Hutchinson“. Hut- Einzelteilen. Viele davon verfügen über chinson war der Schriftzug auf dem Tri- Wir hatten – neben den Rennbremsen bis zu zehn verschiedene Längen, darun- kot. Das hat meinen Vater fast wahnsin- – hauptsächlich nachher drei Marken im ter zum Beispiel die Verbindungsbügel. nig gemacht. Angebot: Brillant, Synchron und Concor- de. Die ersten beiden mit Seitenzug, Con- Ein wichtiges Teil der Bremsen waren spä- Die Verbindung mit Heinz Müller wurde corde für Mittelzug. Rund 90 Prozent der ter die Super-Stopp Bremsbeläge? dann besonders eng? Fabrikation waren Seitenzugbremsen, 10 Prozent Mittelzugbremsen. Der Markt- Diese Bremsbeläge waren die letzte Müller wurde ein guter Freund und Ko- anteil von Mittelzugbremsen lag insge- große Neuerung im Unternehmen: Spe- operationspartner. Nach seiner Karriere samt nie über 15 Prozent. zialbeläge für Aluminium und Stahl. Sie hat er einen Betrieb eröffnet, der Alten- haben bei Regen den Wasserfilm durch- burger Produkte verarbeitete und ver- Unser Flaggschiff war lange die Alten- trennt und sorgten für deutlich kürzere edelte. Dafür hat mein Vater ihm ein An- burger Synchron-Bremse, die im Februar Bremswege. In Deutschland kostete die gebot gemacht, denn das wäre in unserem 1961 zum Patent angemeldet wurde. Sie Produktion in den 80er Jahren acht bis großen Betrieb alles zu teuer geworden. Altenburger Schaltung vom Typ 2, in der überarbeiteten Version von 1956. Oben die Schaltung mit Ver- entwickelte sich zum absoluten Verkaufs- zwölf Pfennig das Stück. Wir haben sie da- Müller war ein sehr geradliniger Mann, packung, darunter Ansichten von der Seite und von oben. schlager. Unser Mitarbeiter Ferdinand her bald aus Taiwan importiert. Dort kos- hatte ein hervorragendes mechanisches Fotos: Uwe Just Speichinger hatte die Idee zur Bremse teten sie nämlich inklusive Bremsschuh Verständnis und hat aus diesem Grund und sie Vater vorgelegt. Und dann wurde und Transport nur neun Pfennig. auch intensiv an der Weiterentwicklung Genau – mit der Doppelblatt- derzulassung des Maschinenparks 1950. viel ausprobiert, das Ganze schließlich der Altenburger Schaltung mitgearbeitet. Rennschaltung. Das war noch die ältere Der Modellwechsel auf die neue Version zum Patent angemeldet und produziert. Kommen wir noch einmal zum Radsport Er hat anhand von Musterbauten immer Version mit den Stahlblechen um die Ket- fand dann 1956 statt. Seither hieß die Ich kann mich erinnern, dass wir sehr vie- zurück. Nach dem Krieg gab es den Al- wieder neue Verbesserungsvorschläge ge- tenröllchen hinten. Daneben gab es die Sport- und Tourenschaltung „Tourist“, le Muster gemacht haben, um die Kraft- tenburger Rennstall. macht. Sportschaltung Modell „S-O“, ohne Ket- die Rennradschaltung „Champion“. Bei übertragung auszuprobieren. Damals tenspannung und das Modell „S-M“ mit der verbesserten Version war mehr Altenburger-Werbung auf der Bahn. konnte man das nicht per Computer be- Ja – es waren bekannte Namen im Er ist mit einer Altenburger Schaltung Kettenspannung. Die Produktion dieser Leichtmetall verbaut, das Parallelo- Foto: Archiv Altenburger rechnen wie heute. Die erste Generation Team: Heinz Müller, Manfred Donike, 1952 Straßenweltmeister geworden. Schaltungen begann direkt nach der Wie- gramm wurde leicht verändert und der

12 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 13 Im Interview: Karl Dieter Altenburger Im Interview: Karl Dieter Altenburger

Das war ein Fass ohne Boden und irrsin- nach dem Weltkrieg, daher schickte er ßen. Erstens waren Zubehörprodukte da- nig teuer, intern haben wir das querfinan- mich in die Schweiz. Nach der Ausbil- mals bis zu 40 Prozent günstiger als bei ziert. Ich habe die Produktion nach dem dung zum Werkzeugmacher habe ich uns und zweitens orderte der Handel aus Tode meines Vaters 1978 schließlich ein- dort Betriebswirtschaft studiert, danach Kostengründen verstärkt Kompletträder gestellt. Heute sind Ski-Bremsen aller- ging ich ins Ausland, war in Frankreich, aus Fernost. Dies wurde erst zu einer wirk- dings Standard. England und den USA. Bei meinem Ein- lichen Bedrohung, als sich Mitte der 80er tritt in die Firma löste ich meinen Schwa- Jahre die Transportzeiten dramatisch ver- Wo waren ihre Absatzmärkte? ger Hans Günther Siegfried ab, allerdings kürzten. So war ein weiterer Wettbe- leitete mein Vater da noch die Geschicke werbsvorteil dahin und wird konnten Der Export war schon früh wichtig für des Unternehmens, bis er im Februar schließlich nicht mehr überleben. uns, vom deutschen Markt allein hätten 1978 an den Folgen seiner Diabetes ver- wir nicht leben können. In den Niederlan- starb. den haben wir zum Beispiel Batavus und Gazelle beliefert, in Österreich Junior, Die Geschäftsführung habe ich mir mit KTM und Puch, wobei Puch auch bei Helmut Miller geteilt, der seit 1950 bei Al- Weinmann bezog. In den USA lief sehr tenburger arbeitete. Wir waren also zu viel sowohl über Schwinn als auch über zweit. Er war für den kaufmännischen den Großhandel. Wir konnten immer bil- Part zuständig und ich für den techni- liger produzieren als die Amerikaner sel- schen Part. 18 Jahre später musste ich die ber, bis dann in den 70er Jahren der Dol- Gesellschaft dann liquidieren, im April lar abstürzte. Ein weiterer Markt war 1992 wurde Erich Grachten aus Herford Frankreich. Peugeot und Motobecane zum Insolvenzverwalter bestellt. statteten beide je zwei bis drei ihrer Mo- delle mit Altenburger aus. Andere Kun- Wie beurteilen Sie die Gründe für die In- den saßen in Kopenhagen und Uppsala. solvenz aus heutiger Sicht?

England dagegen ist für uns ein Da kamen mehrere Dinge zusammen. schwieriger Markt gewesen. Zeitweise Unsere Krux war von Anfang an der Un- ternehmensstandort. Rund 80 Prozent der deutschen Fahrradindustrie saßen im Nor- den, in Niedersachsen. Bis da oben waren die Wege weit. Der Transport lief lange Zeit so ab: Gegen 18 Uhr wurde bei uns im Werk alles auf LKW verladen. Die fuhren Auszug aus Bremsenprospekt. dann nach Lörrach, wo von 20-22 Uhr Archiv Peter Zielasko noch einmal umgeladen wurde. Von dort ging es nach Norden, dabei war die Auto- Wie haben Sie das Werk abgewickelt? bahn noch nicht ausgebaut, daher führte Das Sortiment: Altenburger-Stand auf der IFMA 1954. Foto: Archiv Altenburger die Strecke bis Singen zunächst über die Als die Situation sich abzeichnete, B 27. Das war alles sehr aufwändig. habe ich gegenüber allen Gläubigern di- Käfig für die Röllchen hinten durchbro- Doch am Ende waren die Altenburger- sam mit Hans Martin, einem ehemaligen rekt mit offenen Karten gespielt: Die Ban- chen. Die Produktion der Altenburger- Naben leider viel zu teuer. Insbesondere Schweizer Steher- und Straßen-Meister Die Halbinsel-Lage in einem Gebiet, ken haben 100 Prozent und die Lieferan- Schaltung lief etwa bis zum Beginn der die Nacharbeit der Rollenlager war zu wurde in Jestetten in den 50er Jahren der das in die Schweiz hineinragt, war auch ten 84 Prozent ihres Geldes erhalten. Wir 70er Jahre. aufwändig. Als ich die Firma liquidierte, Schnallen-Skischuh erfunden. Von den der Arbeitskräftesuche nicht förderlich, haben uns mit dem Arbeitsamt zusam- habe ich tonnenweise Rollenlager weg- Skischuh-Schnallen haben wir Millionen da ringsum deutlich bessere Löhne ge- mengesetzt und mit dessen Unterstüt- Heinz Müller verstarb leider schon mit geworfen. Sie waren auch nicht weiter zu hergestellt, zunächst aus den Abfällen der zahlt wurden. Oft genug haben wir Mitar- zung noch 3 Monate gearbeitet, um aus- 51 Jahren 1975 in Schwenningen, seine veräußern, da sie keine DIN-Norm hatten. Zweiradproduktion. Das brachte zu den beiter ausgebildet, die sich dann nach ih- stehende Aufträge zu bedienen. Zu dem Frau hat den Betrieb noch weitergeführt. Wenn sich mein Vater etwas in den Kopf Hochzeiten Umsätze bis zu 400.000 Mark rer Ausbildung verabschiedeten, um in Zeitpunkt hatte die Firma noch rund 100 gesetzt hatte, dann zog er es eben durch. pro Monat. Alleine 20 Heimarbeiter wa- der Schweiz mehr Geld zu verdienen. Angestellte. 1956 kamen auch die Altenburger-Naben ren damit beschäftigt, Löcher in die Halte- auf den Markt. Haben Sie das bereits be- Welche Produkte hat Altenburger sonst rungen für den Bügel zu bohren und so Mitte der 80er Jahre gab es schließlich Wie ging es danach weiter? Skischnallen made by Altenburger. wusst miterlebt? noch hergestellt? das Produkt vorzubereiten. Foto: Thomas Busch eine Reihe von Konkursen in der Fahr- radindustrie, die uns sehr getroffen ha- Einen Teil der Produkte und Werkzeu- Ja, als Kind. Ich kann mich noch gut an Im Fahrradbereich waren das Lenker- Mein Vater hatte noch etliche Bekann- waren wir bei Raleigh im Programm, ben. Wir haben damals fast ausschließlich ge habe ich an Saak verkauft. Die gingen die Stumpfschweißmaschine, an den Feu- vorbauten, die haben wir beispielsweise te aus dem Radsport, die Sportgeschäfte dann haben sie uns ausgelistet und bei mit Wechseln und 90 Tagen Zahlungsziel dann von dort nach Tschechien. Da erschein und den Knall erinnern. Die Na- für Humpert gefertigt, Gepäckträger als führten – beispielsweise in Bozen und Weinmann gekauft. Das lag an der Frei- gearbeitet. Sprich, der Kunde erhielt erst wurde noch ein Jahr produziert, davon benhülsen wurden in zwei Teilen aus Alu Spritzgussteile in den 50er Jahren und Meran. Dorthin bemühte er sich, die neu- handelsunion EFTA, in der sowohl die die Ware und musste später zahlen. Da- sechs Monate unter dem Label „Alten- geschmiedet, dann am Steg geschweißt Schutzbleche. Die Schutzbleche blieben artigen Schnallenschuhe zu vertreiben, Schweiz als auch Großbritannien Partner mals gingen fünf bis sechs Fahrradfabri- burger“, dann war auch in Tschechien und anschließend überdreht. Die Verede- ein Nebenprodukt und wurden bald stieß dabei aber auch auf Ablehnung. Un- waren. Da konnte Weinmann einfacher ken im In- und Ausland über die Wupper, Schluss. Ich war anschließend bei Thyssen lung machte ebenfalls Heinz Müller. Die- durch Plastikbleche verdrängt. Darüber vergessen ist der Hinweis eines Händlers: und besser anbieten als wir. dabei haben wir insgesamt rund 2,5 Mio. tätig, 2003 habe ich mich selbstständig se Hochflansch-Naben gab es in vielen hinaus haben wir Schnellspanner und Flü- „Solche Batschen kauft man nicht!“ Mark verloren. gemacht und handele seither mit Elasto- Farben. Eloxiert hat sie das Unterneh- gelmuttern produziert. Ab wann haben Sie die Verantwortung im meren. men Rolf Schneider in Jestetten. Wir fer- Von 1973 bis 1978 versuchte er sich Unternehmen übernommen? Ein ganz wichtiger Faktor war aber die tigten verschiedene Varianten für oder Fast niemand weiß heute noch, dass wir auch an der Produktion der allerersten Konkurrenz aus Taiwan und China, wo ja- Herr Altenburger, vielen Dank für mit Schnellspannern, Flügelmuttern oder auch einen erfolgreichen Abstecher in den Ski-Bindung mit integrierter Ski-Bremse Das war 1974. Mein Vater war ein er- panische und auch taiwanesische Unter- dieses Gespräch! Schrauben. Skisport unternommen haben. Gemein- – ebenfalls zusammen mit Hans Martin. klärter Gegner der Wiederbewaffnung nehmen damals bereits produzieren lie-

14 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 15 Im Interview: Karl Dieter Altenburger Im Interview: Karl Dieter Altenburger

Das war ein Fass ohne Boden und irrsin- nach dem Weltkrieg, daher schickte er ßen. Erstens waren Zubehörprodukte da- nig teuer, intern haben wir das querfinan- mich in die Schweiz. Nach der Ausbil- mals bis zu 40 Prozent günstiger als bei ziert. Ich habe die Produktion nach dem dung zum Werkzeugmacher habe ich uns und zweitens orderte der Handel aus Tode meines Vaters 1978 schließlich ein- dort Betriebswirtschaft studiert, danach Kostengründen verstärkt Kompletträder gestellt. Heute sind Ski-Bremsen aller- ging ich ins Ausland, war in Frankreich, aus Fernost. Dies wurde erst zu einer wirk- dings Standard. England und den USA. Bei meinem Ein- lichen Bedrohung, als sich Mitte der 80er tritt in die Firma löste ich meinen Schwa- Jahre die Transportzeiten dramatisch ver- Wo waren ihre Absatzmärkte? ger Hans Günther Siegfried ab, allerdings kürzten. So war ein weiterer Wettbe- leitete mein Vater da noch die Geschicke werbsvorteil dahin und wird konnten Der Export war schon früh wichtig für des Unternehmens, bis er im Februar schließlich nicht mehr überleben. uns, vom deutschen Markt allein hätten 1978 an den Folgen seiner Diabetes ver- wir nicht leben können. In den Niederlan- starb. den haben wir zum Beispiel Batavus und Gazelle beliefert, in Österreich Junior, Die Geschäftsführung habe ich mir mit KTM und Puch, wobei Puch auch bei Helmut Miller geteilt, der seit 1950 bei Al- Weinmann bezog. In den USA lief sehr tenburger arbeitete. Wir waren also zu viel sowohl über Schwinn als auch über zweit. Er war für den kaufmännischen den Großhandel. Wir konnten immer bil- Part zuständig und ich für den techni- liger produzieren als die Amerikaner sel- schen Part. 18 Jahre später musste ich die ber, bis dann in den 70er Jahren der Dol- Gesellschaft dann liquidieren, im April lar abstürzte. Ein weiterer Markt war 1992 wurde Erich Grachten aus Herford Frankreich. Peugeot und Motobecane zum Insolvenzverwalter bestellt. statteten beide je zwei bis drei ihrer Mo- delle mit Altenburger aus. Andere Kun- Wie beurteilen Sie die Gründe für die In- den saßen in Kopenhagen und Uppsala. solvenz aus heutiger Sicht?

England dagegen ist für uns ein Da kamen mehrere Dinge zusammen. schwieriger Markt gewesen. Zeitweise Unsere Krux war von Anfang an der Un- ternehmensstandort. Rund 80 Prozent der deutschen Fahrradindustrie saßen im Nor- den, in Niedersachsen. Bis da oben waren die Wege weit. Der Transport lief lange Zeit so ab: Gegen 18 Uhr wurde bei uns im Werk alles auf LKW verladen. Die fuhren Auszug aus Bremsenprospekt. dann nach Lörrach, wo von 20-22 Uhr Archiv Peter Zielasko noch einmal umgeladen wurde. Von dort ging es nach Norden, dabei war die Auto- Wie haben Sie das Werk abgewickelt? bahn noch nicht ausgebaut, daher führte Das Sortiment: Altenburger-Stand auf der IFMA 1954. Foto: Archiv Altenburger die Strecke bis Singen zunächst über die Als die Situation sich abzeichnete, B 27. Das war alles sehr aufwändig. habe ich gegenüber allen Gläubigern di- Käfig für die Röllchen hinten durchbro- Doch am Ende waren die Altenburger- sam mit Hans Martin, einem ehemaligen rekt mit offenen Karten gespielt: Die Ban- chen. Die Produktion der Altenburger- Naben leider viel zu teuer. Insbesondere Schweizer Steher- und Straßen-Meister Die Halbinsel-Lage in einem Gebiet, ken haben 100 Prozent und die Lieferan- Schaltung lief etwa bis zum Beginn der die Nacharbeit der Rollenlager war zu wurde in Jestetten in den 50er Jahren der das in die Schweiz hineinragt, war auch ten 84 Prozent ihres Geldes erhalten. Wir 70er Jahre. aufwändig. Als ich die Firma liquidierte, Schnallen-Skischuh erfunden. Von den der Arbeitskräftesuche nicht förderlich, haben uns mit dem Arbeitsamt zusam- habe ich tonnenweise Rollenlager weg- Skischuh-Schnallen haben wir Millionen da ringsum deutlich bessere Löhne ge- mengesetzt und mit dessen Unterstüt- Heinz Müller verstarb leider schon mit geworfen. Sie waren auch nicht weiter zu hergestellt, zunächst aus den Abfällen der zahlt wurden. Oft genug haben wir Mitar- zung noch 3 Monate gearbeitet, um aus- 51 Jahren 1975 in Schwenningen, seine veräußern, da sie keine DIN-Norm hatten. Zweiradproduktion. Das brachte zu den beiter ausgebildet, die sich dann nach ih- stehende Aufträge zu bedienen. Zu dem Frau hat den Betrieb noch weitergeführt. Wenn sich mein Vater etwas in den Kopf Hochzeiten Umsätze bis zu 400.000 Mark rer Ausbildung verabschiedeten, um in Zeitpunkt hatte die Firma noch rund 100 gesetzt hatte, dann zog er es eben durch. pro Monat. Alleine 20 Heimarbeiter wa- der Schweiz mehr Geld zu verdienen. Angestellte. 1956 kamen auch die Altenburger-Naben ren damit beschäftigt, Löcher in die Halte- auf den Markt. Haben Sie das bereits be- Welche Produkte hat Altenburger sonst rungen für den Bügel zu bohren und so Mitte der 80er Jahre gab es schließlich Wie ging es danach weiter? Skischnallen made by Altenburger. wusst miterlebt? noch hergestellt? das Produkt vorzubereiten. Foto: Thomas Busch eine Reihe von Konkursen in der Fahr- radindustrie, die uns sehr getroffen ha- Einen Teil der Produkte und Werkzeu- Ja, als Kind. Ich kann mich noch gut an Im Fahrradbereich waren das Lenker- Mein Vater hatte noch etliche Bekann- waren wir bei Raleigh im Programm, ben. Wir haben damals fast ausschließlich ge habe ich an Saak verkauft. Die gingen die Stumpfschweißmaschine, an den Feu- vorbauten, die haben wir beispielsweise te aus dem Radsport, die Sportgeschäfte dann haben sie uns ausgelistet und bei mit Wechseln und 90 Tagen Zahlungsziel dann von dort nach Tschechien. Da erschein und den Knall erinnern. Die Na- für Humpert gefertigt, Gepäckträger als führten – beispielsweise in Bozen und Weinmann gekauft. Das lag an der Frei- gearbeitet. Sprich, der Kunde erhielt erst wurde noch ein Jahr produziert, davon benhülsen wurden in zwei Teilen aus Alu Spritzgussteile in den 50er Jahren und Meran. Dorthin bemühte er sich, die neu- handelsunion EFTA, in der sowohl die die Ware und musste später zahlen. Da- sechs Monate unter dem Label „Alten- geschmiedet, dann am Steg geschweißt Schutzbleche. Die Schutzbleche blieben artigen Schnallenschuhe zu vertreiben, Schweiz als auch Großbritannien Partner mals gingen fünf bis sechs Fahrradfabri- burger“, dann war auch in Tschechien und anschließend überdreht. Die Verede- ein Nebenprodukt und wurden bald stieß dabei aber auch auf Ablehnung. Un- waren. Da konnte Weinmann einfacher ken im In- und Ausland über die Wupper, Schluss. Ich war anschließend bei Thyssen lung machte ebenfalls Heinz Müller. Die- durch Plastikbleche verdrängt. Darüber vergessen ist der Hinweis eines Händlers: und besser anbieten als wir. dabei haben wir insgesamt rund 2,5 Mio. tätig, 2003 habe ich mich selbstständig se Hochflansch-Naben gab es in vielen hinaus haben wir Schnellspanner und Flü- „Solche Batschen kauft man nicht!“ Mark verloren. gemacht und handele seither mit Elasto- Farben. Eloxiert hat sie das Unterneh- gelmuttern produziert. Ab wann haben Sie die Verantwortung im meren. men Rolf Schneider in Jestetten. Wir fer- Von 1973 bis 1978 versuchte er sich Unternehmen übernommen? Ein ganz wichtiger Faktor war aber die tigten verschiedene Varianten für oder Fast niemand weiß heute noch, dass wir auch an der Produktion der allerersten Konkurrenz aus Taiwan und China, wo ja- Herr Altenburger, vielen Dank für mit Schnellspannern, Flügelmuttern oder auch einen erfolgreichen Abstecher in den Ski-Bindung mit integrierter Ski-Bremse Das war 1974. Mein Vater war ein er- panische und auch taiwanesische Unter- dieses Gespräch! Schrauben. Skisport unternommen haben. Gemein- – ebenfalls zusammen mit Hans Martin. klärter Gegner der Wiederbewaffnung nehmen damals bereits produzieren lie-

14 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 15 Post aus ... Post aus ...

Brent Scholes fand zwei Artikel in der Post aus England und Amerika Norfolk Military Gazette vom Juni 1896, in denen über die Nützlichkeit von Rad- Und wieder gibt es fünf Hefte aus eng- Kleinanzeigen in den drei Heften sind lernte dabei, wie er sich noch heute erinn- fahrern in der britischen Armee berichtet lischsprachigen Ländern zu besprechen: nach wie vor zahlreich und interessant. nert, die ziemlich unbritische Rücktritt- wird. Freiwillige Reservisten beteiligten News & Views 347, 348 und 349; Bonesha- bremse kennen – hoffentlich nicht allzu sich an einem Manöver, bei dem der Rad- ker 188 sowie Bicycle Quarterly Frühjahr Zum dünnen, aber doch spannenden schmerzhaft. fahrer einer Kavallerieabteilung beigege- 2012. Boneshaker. Gleich das Titelbild ist ben wurde, und an einem Wettbewerb, bei hübsch: Es zeigt einen ca. elf- oder zwölf- In einem kurzen Artikel analysiert dem es ums Zurücklegen von größeren Bob Cordon Champ hat die Bonhams- jährigen Jungen, der auf einem deutschen Gary Sanderson eine Illustration von Strecken und anschließendes Schießen Auktion am 16. November 2011 in Harro- Tourenrad, dessen Alter schwer auszu- 1819, von der man auf den ersten Blick an- ging. Beide Autoren sind ganz angetan gate besucht. Aus der kom- nehmen könnte, sie zeige von ihren Erfolgen. binierten Versteigerung eine Mischung aus Draisi- von hauptsächlich Auto- ne und Tretkurbelvelozi- Lorne Shields hat seine Sammlung und mobilia und Motorrädern ped. Bei genauer Betrach- ein gutes Dutzend Bücher durchforstet stachen mehrere Fahrrä- tung jedoch wird klar, dass auf der Suche nach weiteren Namen für der hervor, die, im Gegen- an dem Laufrad doch kei- den Gymnasidromisten oder den Ambu- satz zu Bobs Meinung, ne Pedalen befestigt sind. lanten Adjutor. Heraus kam unter ande- doch ziemlich preiswert rem Laufmaschine oder Draisienne. Ins- blieben. Beispiele: Ein Car- Ein schön bebilderter gesamt 66 verschiedene Bezeichnungen penter-Rennrad mit ver- Artikel von Chris Aspin- in verschiedenen Sprachen stehen auf der zierten Muffen, mittlerer wall betreibt Meta- Liste. Die Anzahl der Sprachen lässt sich Zustand, übermalter Rah- Fahrradgeschichte. Der er- nicht erkennen, da die lateinischen oder men, £125; ein Colnago Su- folgreiche Rennfahrer griechischen Grundwörter in vielen Spra- per, komplett, ebenfalls Jock Miller war auch ein chen ähnlich sind. £125; ein Claud Butler- früher Fahrradsammler, Tandem, nicht komplett und die Geschichte seiner Fotos von frühen Straßenrennen zeigt aber laut Bob leicht Sammlung wird anhand Jim Leach in einem Artikel über das komplettierbar, £225. Die von zeitgenössischen Fo- Llangollen-Wolverhampton-Rennen am Preise schließen Umsatz- tos dargestellt. 7. Juni 1942. Dieses Rennen war das erste steuer und Aufschlag be- moderne Straßenrennen in Großbritan- reits ein. Steve Griffith bringt nien, da bis dato nur Zeitfahren veranstal- Ordnung in das Durchein- tet wurden. Die Teilnehmer an Llangol- Als eine kleine Sensa- ander der französischen len-Wolverhampton wurden denn auch tion betrachtet wird das Markenbezeichnungen prompt aus dem britischen Radsportver- kürzlich aufgetauchte für Naben und Freiläufe. band NCU ausgeschlossen; zu viele Pfrün- „missing link“ Singer Cou- Wer kennt es nicht, das de und zu viel Ansehen waren im Spiel, als rier Safety von 1886. Es er- doofe Gefühl, wenn man dass die Gewaltigen des Radsportver- innert den Betrachter sich ganz sicher ist, dass die bands irgendeine Konkurrenz hätten dul- vage an ein Hochrad, das Atom-Nabe, die man in den können. Die Anziehungskraft des rückwärts fährt und einen der Hand hält, gestern Straßenrennens zusammen mit der Tat- Doppelkettenantrieb be- noch Maillard gestempelt kraft einiger Pioniere (Percy Stallard an sitzt. Es ist praktisch kom- war? Einfache Lösung: erster Stelle) führten jedoch bald zur Werbeanzeige zum Nivex-Schaltwerk aus „Cyclotourisme“, Ausgabe 7 von 1938. Sie zeigt die (De-) Mon- plett, aber nicht gerade tro- Gleicher Hersteller wegen Gründung eines weiteren Verbands, des tage des Hinterrades ohne das Herabfallen der Kette. cken und sachgerecht kon- einer Übernahme in den BLRC, der Straßenrennen durchführte. Reproduktion aus: Bicycle Quarterly, Vol. 10, No. 3, 2012, S. 57; www.bikequarterly.com serviert aufbewahrt wor- Sechzigern, und man hat den. vergessen, dass man zwei Viele Teilnehmer des Rennens waren rem Thema beschäftigt. Jan hat sich in der seine Räder mit Nivex ausrüsten. Dumm Naben in der Kiste hat. entweder in kriegswichtigen Berufen tä- letzten Zeit seinen Traum-Randoneur ge- dabei ist, dass die Firma nie große In Heft 349 findet sich tig und nicht eingezogen worden, in der baut und hat ein Nivex-Schaltwerk aus Stückzahlen herstellen konnte, weil ande- eine ziemlich interessante Ein Gastautor, der Königlichen Luftwaffe, die viele Flug- den vierziger Jahren verwendet. Jan be- re, zwar technisch unterlegene, aber stär- Auflistung von Dutzenden schon 114 Jahre tot ist, be- plätze in Großbritannien betrieb, oder in schreibt des Schaltwerk ausführlich auf ker beworbene Schaltwerke die größten verschiedener Flügelmut- schreibt seine Fahrt von Armeeeinheiten, die in Großbritannien acht großzügig illustrierten Seiten. Marktanteile hatten. Daher ist es heutzu- tern. Fotos und ein Auszug Lincolnshire nach London stationiert waren. Im weiteren Verlauf tage schwierig, ein Nivex zu finden. aus dem 1933er Brown auf einem Starley Salvo- des Kriegs, mit Fronten in Asien, Italien Die Vorteil des Nivex sind schnell er- Brothers-Katalog machen Dreirad im Jahre 1882. und in Frankreich, wurden nicht mehr so kärt: Anbau unter der Kettenstrebe, da- Jan hat schon mehrfach Teile, die er gut diesen Artikel eigentlich Man erfährt viel über da- viele Rennen gefahren. Ein Teilnehmer, her ist es sturzgeschützter als ein konven- findet, mit seiner Firma entweder in die zu einem Kandidaten für malige Straßenzustände, der ganz vorn mitfuhr, war der einarmige tionelles Schaltwerk. Das Fehlen einer USA importiert oder gleich für sie nach- den ziemlich dünnen Bo- über Reisegewohnheiten Walter Greaves, der in den Dreißigern be- Rückholfeder macht desmodromische fertigen lassen – soll die Bemerkung im neshaker. Ich persönlich Mikael Pedersen, der spätere Erfinder des Pedersen-Rades, auf einem Humber Tandem und auch das Dreirad. reits Strecken- und Distanzrekorde auf- Betätigung möglich; Schaltkräfte sind ge- Artikel, das Nivex sei leicht herzustellen, Tricycle, vermutlich mit seiner Frau Laura, um 1889. war zwar erschüttert von Abbildung aus: The Boneshaker 188, S. 31 gestellt hatte. ringer und laut Jan fühlt sich die Schal- ein versteckter Hinweis darauf sein, dass den im Artikel angeführ- Glen Norcliffe erwarb tung direkter an. Das Nivex hält außer- wir uns bald auf ein klassisches Schalt- ten Ebay-Preisen für einige Muttern machen ist, sitzt. Der Boneshaker- vor einiger Zeit ein Photo, das ein Paar Einige kommentierte und unkommen- dem die Kettenspannung konstant und werk im Radladen freuen dürfen? (Bell, Harden, GB), aber mir kann da Herausgeber Nigel Land fühlt sich von auf einem Humber-Tandemdreirad zeigt. tierte Fotos beenden das Heft. besitzt ein liegendes Parallelogramm. nichts passieren, ich bin schließlich mit diesem Foto an seine Jugend erinnert, da Glen fand nun heraus, dass der Mann auf Das war´s dann schon wieder. Vorbedacht kein Ebay-Mitglied. Da ste- er den Sommer 1959 bei seinem Brief- der Aufnahme wahrscheinlich Mikael Pe- In Jan Heines Bicycle Quarterly befin- Jan findet, dass dieses Schaltwerk das he ich offensichtlich nicht allein; die freund verbrachte – in Bielefeld! Nigel dersen im Jahr 1889 ist. det sich nur ein Artikel, der sich mit unse- beste überhaupt ist und würde gern alle Euer Toni

16 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 17 Post aus ... Post aus ...

Brent Scholes fand zwei Artikel in der Post aus England und Amerika Norfolk Military Gazette vom Juni 1896, in denen über die Nützlichkeit von Rad- Und wieder gibt es fünf Hefte aus eng- Kleinanzeigen in den drei Heften sind lernte dabei, wie er sich noch heute erinn- fahrern in der britischen Armee berichtet lischsprachigen Ländern zu besprechen: nach wie vor zahlreich und interessant. nert, die ziemlich unbritische Rücktritt- wird. Freiwillige Reservisten beteiligten News & Views 347, 348 und 349; Bonesha- bremse kennen – hoffentlich nicht allzu sich an einem Manöver, bei dem der Rad- ker 188 sowie Bicycle Quarterly Frühjahr Zum dünnen, aber doch spannenden schmerzhaft. fahrer einer Kavallerieabteilung beigege- 2012. Boneshaker. Gleich das Titelbild ist ben wurde, und an einem Wettbewerb, bei hübsch: Es zeigt einen ca. elf- oder zwölf- In einem kurzen Artikel analysiert dem es ums Zurücklegen von größeren Bob Cordon Champ hat die Bonhams- jährigen Jungen, der auf einem deutschen Gary Sanderson eine Illustration von Strecken und anschließendes Schießen Auktion am 16. November 2011 in Harro- Tourenrad, dessen Alter schwer auszu- 1819, von der man auf den ersten Blick an- ging. Beide Autoren sind ganz angetan gate besucht. Aus der kom- nehmen könnte, sie zeige von ihren Erfolgen. binierten Versteigerung eine Mischung aus Draisi- von hauptsächlich Auto- ne und Tretkurbelvelozi- Lorne Shields hat seine Sammlung und mobilia und Motorrädern ped. Bei genauer Betrach- ein gutes Dutzend Bücher durchforstet stachen mehrere Fahrrä- tung jedoch wird klar, dass auf der Suche nach weiteren Namen für der hervor, die, im Gegen- an dem Laufrad doch kei- den Gymnasidromisten oder den Ambu- satz zu Bobs Meinung, ne Pedalen befestigt sind. lanten Adjutor. Heraus kam unter ande- doch ziemlich preiswert rem Laufmaschine oder Draisienne. Ins- blieben. Beispiele: Ein Car- Ein schön bebilderter gesamt 66 verschiedene Bezeichnungen penter-Rennrad mit ver- Artikel von Chris Aspin- in verschiedenen Sprachen stehen auf der zierten Muffen, mittlerer wall betreibt Meta- Liste. Die Anzahl der Sprachen lässt sich Zustand, übermalter Rah- Fahrradgeschichte. Der er- nicht erkennen, da die lateinischen oder men, £125; ein Colnago Su- folgreiche Rennfahrer griechischen Grundwörter in vielen Spra- per, komplett, ebenfalls Jock Miller war auch ein chen ähnlich sind. £125; ein Claud Butler- früher Fahrradsammler, Tandem, nicht komplett und die Geschichte seiner Fotos von frühen Straßenrennen zeigt aber laut Bob leicht Sammlung wird anhand Jim Leach in einem Artikel über das komplettierbar, £225. Die von zeitgenössischen Fo- Llangollen-Wolverhampton-Rennen am Preise schließen Umsatz- tos dargestellt. 7. Juni 1942. Dieses Rennen war das erste steuer und Aufschlag be- moderne Straßenrennen in Großbritan- reits ein. Steve Griffith bringt nien, da bis dato nur Zeitfahren veranstal- Ordnung in das Durchein- tet wurden. Die Teilnehmer an Llangol- Als eine kleine Sensa- ander der französischen len-Wolverhampton wurden denn auch tion betrachtet wird das Markenbezeichnungen prompt aus dem britischen Radsportver- kürzlich aufgetauchte für Naben und Freiläufe. band NCU ausgeschlossen; zu viele Pfrün- „missing link“ Singer Cou- Wer kennt es nicht, das de und zu viel Ansehen waren im Spiel, als rier Safety von 1886. Es er- doofe Gefühl, wenn man dass die Gewaltigen des Radsportver- innert den Betrachter sich ganz sicher ist, dass die bands irgendeine Konkurrenz hätten dul- vage an ein Hochrad, das Atom-Nabe, die man in den können. Die Anziehungskraft des rückwärts fährt und einen der Hand hält, gestern Straßenrennens zusammen mit der Tat- Doppelkettenantrieb be- noch Maillard gestempelt kraft einiger Pioniere (Percy Stallard an sitzt. Es ist praktisch kom- war? Einfache Lösung: erster Stelle) führten jedoch bald zur Werbeanzeige zum Nivex-Schaltwerk aus „Cyclotourisme“, Ausgabe 7 von 1938. Sie zeigt die (De-) Mon- plett, aber nicht gerade tro- Gleicher Hersteller wegen Gründung eines weiteren Verbands, des tage des Hinterrades ohne das Herabfallen der Kette. cken und sachgerecht kon- einer Übernahme in den BLRC, der Straßenrennen durchführte. Reproduktion aus: Bicycle Quarterly, Vol. 10, No. 3, 2012, S. 57; www.bikequarterly.com serviert aufbewahrt wor- Sechzigern, und man hat den. vergessen, dass man zwei Viele Teilnehmer des Rennens waren rem Thema beschäftigt. Jan hat sich in der seine Räder mit Nivex ausrüsten. Dumm Naben in der Kiste hat. entweder in kriegswichtigen Berufen tä- letzten Zeit seinen Traum-Randoneur ge- dabei ist, dass die Firma nie große In Heft 349 findet sich tig und nicht eingezogen worden, in der baut und hat ein Nivex-Schaltwerk aus Stückzahlen herstellen konnte, weil ande- eine ziemlich interessante Ein Gastautor, der Königlichen Luftwaffe, die viele Flug- den vierziger Jahren verwendet. Jan be- re, zwar technisch unterlegene, aber stär- Auflistung von Dutzenden schon 114 Jahre tot ist, be- plätze in Großbritannien betrieb, oder in schreibt des Schaltwerk ausführlich auf ker beworbene Schaltwerke die größten verschiedener Flügelmut- schreibt seine Fahrt von Armeeeinheiten, die in Großbritannien acht großzügig illustrierten Seiten. Marktanteile hatten. Daher ist es heutzu- tern. Fotos und ein Auszug Lincolnshire nach London stationiert waren. Im weiteren Verlauf tage schwierig, ein Nivex zu finden. aus dem 1933er Brown auf einem Starley Salvo- des Kriegs, mit Fronten in Asien, Italien Die Vorteil des Nivex sind schnell er- Brothers-Katalog machen Dreirad im Jahre 1882. und in Frankreich, wurden nicht mehr so kärt: Anbau unter der Kettenstrebe, da- Jan hat schon mehrfach Teile, die er gut diesen Artikel eigentlich Man erfährt viel über da- viele Rennen gefahren. Ein Teilnehmer, her ist es sturzgeschützter als ein konven- findet, mit seiner Firma entweder in die zu einem Kandidaten für malige Straßenzustände, der ganz vorn mitfuhr, war der einarmige tionelles Schaltwerk. Das Fehlen einer USA importiert oder gleich für sie nach- den ziemlich dünnen Bo- über Reisegewohnheiten Walter Greaves, der in den Dreißigern be- Rückholfeder macht desmodromische fertigen lassen – soll die Bemerkung im neshaker. Ich persönlich Mikael Pedersen, der spätere Erfinder des Pedersen-Rades, auf einem Humber Tandem und auch das Dreirad. reits Strecken- und Distanzrekorde auf- Betätigung möglich; Schaltkräfte sind ge- Artikel, das Nivex sei leicht herzustellen, Tricycle, vermutlich mit seiner Frau Laura, um 1889. war zwar erschüttert von Abbildung aus: The Boneshaker 188, S. 31 gestellt hatte. ringer und laut Jan fühlt sich die Schal- ein versteckter Hinweis darauf sein, dass den im Artikel angeführ- Glen Norcliffe erwarb tung direkter an. Das Nivex hält außer- wir uns bald auf ein klassisches Schalt- ten Ebay-Preisen für einige Muttern machen ist, sitzt. Der Boneshaker- vor einiger Zeit ein Photo, das ein Paar Einige kommentierte und unkommen- dem die Kettenspannung konstant und werk im Radladen freuen dürfen? (Bell, Harden, GB), aber mir kann da Herausgeber Nigel Land fühlt sich von auf einem Humber-Tandemdreirad zeigt. tierte Fotos beenden das Heft. besitzt ein liegendes Parallelogramm. nichts passieren, ich bin schließlich mit diesem Foto an seine Jugend erinnert, da Glen fand nun heraus, dass der Mann auf Das war´s dann schon wieder. Vorbedacht kein Ebay-Mitglied. Da ste- er den Sommer 1959 bei seinem Brief- der Aufnahme wahrscheinlich Mikael Pe- In Jan Heines Bicycle Quarterly befin- Jan findet, dass dieses Schaltwerk das he ich offensichtlich nicht allein; die freund verbrachte – in Bielefeld! Nigel dersen im Jahr 1889 ist. det sich nur ein Artikel, der sich mit unse- beste überhaupt ist und würde gern alle Euer Toni

16 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 17 Rezensionen Rezension: Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads

rausgeber des Buches der BDR selbst ist, Das erste Kapitel behandelt im Zeit- Meisterwerk über die Kunst des wäre es sicherlich zuviel erwartet, eine kri- raffer die Geschichte der Bahn, das zwei- Die Philosophie des Fahrrads – Eine Fahrradbaus nun auch auf deutsch tische Auseinandersetzung mit dessen te Kapitel stellt die insgesamt acht Bahn- Historie vorzufinden, was denn auch in Weltmeisterschaften dar, die auf dem ausführliche Würdigung der kultur- Vor sieben Jahren erschien der hoch- der Tat nicht vorliegt. Oval in Zürich bisher stattfanden, und wertige Bildband „The Golden Age of mehr werden es wohl auch nicht mehr historischen Studie von Eduard Bertz Handbuilt Bicycles“ im Verlag Vintage Bi- Das Buch, ein fantastisches Stück werden, weil es nicht mehr dem heutigen cycle Press. Dem Covadonga Verlag ist es Fleißarbeit, hat mehr den Charakter ei- internationalen Standard entspricht. In Ein Text, der lange Zeit vergriffen war, liegt jetzt wieder vor, die „Philosophie des zu verdanken, dass die kongeniale Zu- nes Nachschlagewerks, und als solches weiteren Kapiteln werden Biografien von Fahrrads“ von Eduard Bertz. Matthias Kielwein hat das Werk genauer unter die Lupe verfügt es über wertvolle Qualitäten: Es Männern vorgestellt, die mit der Bahn ver- genommen und für uns ausführlich rezensiert. Er führt uns durch die Kapitel und liefert ist eine wahre Fundgrube an historischen bunden waren, Bahn-Weltrekorde, und gleichzeitig eine kleine Einordnung in den zeitgenössischen Kontext. Matthias hat auch Fakten, Daten und Zahlen. So wird in es wird auf Architektur und Denkmal- aus seinem Fundus zeitgenössische Karikaturen von Emil Kneiss beigesteuert, die er in Form einer Zeittafel die Entwicklung des pflege eingegangen. Der historische den Zeitschriften „Jugend“ und „Radfahr-Humor“ vorfand. deutschen Radsportverbandes detail- Bahnradsportliebhaber freut sich über reich dargestellt, inklusive der Biogra- eine Aufstellung von weiteren Radrenn- „Eine den Zeitgeist reflektierende Be- phien aller Präsidenten. Es sind Sieger- bahnen, die es früher in der Schweiz gab. standsaufnahme“, so bezeichnet Wulf- und Medaillenlisten, Fakten zu Deutsch- Bedauerlich ist das Fehlen eines Index, hard Stahl in seinem Nachwort zur vorlie- land-Rundfahrt und Sechstagerennen der dem Leser das Nachschlagen gesuch- genden Neuedition die erstmals 1900 er- aufgeführt. Zudem gibt es eine Aufstel- ter Fakten oder Personen erleichtern schienene „Philosophie des Fahrrads“ lung aller in Deutschland jemals vorhan- würde. des Potsdamer Schriftstellers Eduard denen Radrennbahnen, in dieser Aus- Bertz (1853-1931). Von zeitgenössischen führlichkeit sicherlich einmalig. Der Ent- Im August wird der 100jährige Ge- Rezensenten wurde Bertz dabei ein unbe- wicklung des Frauenradsports ist gar ein burtstag der Rennbahn Oerlikon mit ei- fangener und unabhängiger Kopf attes- eigenes Kapitel gewidmet sowie auch eini- nem Fest gefeiert. Der Bestand der Bahn tiert, was mit dazu beiträgt, dass dieses gen deutschen Radsport-Größen. Auf ei- war in den vergangenen Jahren ein ums Buch heutzutage vor allem bei Histori- ner separaten CD sind die Ergebnisse al- andere Mal gefährdet. Um ihre Nutzung kern Beachtung findet. Nun wird es ei- ler deutschen Meisterschaften im Rad- zu verbessern, wird von interessierten nem breiten Publikum leichter zugäng- sport aufgelistet – musste man bisher die- Radsportfreunden, allen voran die „In- lich. Gestützt auf eine breite Kenntnis der se Informationen mühselig zusammensu- teressengemeinschaft Rennbahn Oerli- zeitgenössischen deutschen, französi- chen, liegen sie jetzt alle nahezu lückenlos kon“ (IGOR) aus ehrenamtlichen Hel- schen und englischsprachigen Fachlitera- vor. fern und Mitarbeitern, eine Überdachung tur, entwirft Bertz seine Philosophie in sammenarbeit zwischen dem Technik- gewünscht. Im Sommer finden nahezu wö- zehn zeittypischen Kapiteln. photographen Jean-Pierre Pradères und Löblich, dass die Entwicklung des chentlich, in der Regel immer dienstags, Jan Heine, dem Herausgeber der Zeit- Deutschen Radsport-Verbandes der Rennen auf der Bahn statt. In „Die Geschichte des Fahrrads und schrift Vintage Bicycle Quaterly, jetzt DDR (DRSV) parallel zur Geschichte ihre Symbolik. Schnelligkeit und Verbrei- auch in deutscher Sprache vorliegt. Der des BDR dargestellt wird, wenn auch eine tung. Kostenpunkt“ streift Bertz kurz die Text wurde nicht nur übersetzt, sondern textliche Trennung übersichtlicher gewe- technische Entwicklung des Fahrrades im gegenüber dem Original komplett über- sen wäre. Und dass zwar alle Präsidenten Sinne eines Werkzeugs des kulturellen arbeitet und auf den neuesten des BDR, aber nur einer des DRSV por- Fortschritts, das wie Dampfkraft und Forschungsstand gebracht. Auch die trätiert wurde, ist bedauerlich. Der ehe- Elektrizität zur Überbrückung von Druckqualität ist deutlich verbessert. malige Präsident Werner Scharch, der Raum und Zeit beitragen könne, um „na- Eine ausführliche Rezension der engli- sich 1960 in den Westen absetzte und meh- tionaler Barbarei“ ein Ende zu bereiten schen Vorlage findet sich im KS 34 von rere Bücher veröffentlichte, wäre allemal und dem Völkerfrieden zu dienen, damit Toni Theilmeier. einen eigenen Artikel wert gewesen. Al- der „Rassenhass, an dem unsere Zeit lerdings hat es einer der beiden Autoren noch krankt, immer mehr vom Angesicht Thomas Busch, Bonn geschafft, seinen eigenen Namen an meh- der Erde verschwinde.“ Das Fahrrad ist reren Stellen zu platzieren … für Bertz „ein gemeinsames Werk der [eu- Jan Heine und Jean-Pierre Pradères: Meisterwer- ropäischen] Kulturmenschheit“, „den ke des Fahrradbaus. Handwerkskunst, Design, Renate Franz Technik. Covadonga-Verlag, Bielefeld, 2012, kleinlichen Streit“ um nationale Prioritä- 39,80 Euro. Hardcover mit Schutzumschlag, 168 ten dieser Erfindung solle man aufgeben. Seiten im Format 30 cm x 24 cm, ISBN 978-3- Wolfgang Schoppe/Werner Ruttkus: Tritt um Tritt. Gleichwohl hebt er das Zweiradprinzip, 936973-69-3. Aus 13 Jahrzehnten Geschichte des Bundes die „Entdeckung [der] Balance“ auf zwei Deutscher Radfahrer. Füssen 2011, 240 Seiten, 24,90 Euro. ISBN 9783929371239. Zu bestellen Rädern, den Kern der Erfindung der unter: http://www.tritt-um-tritt.de. Drais'schen Laufmaschine von 1817, her- „Tritt um Tritt“ ein wertvolles, vor. In der um 1900 bereits bestehenden reichhaltig bebildertes Nachschlagewerk Das gelungene Buch über die Ge- weiten Verbreitung des Radfahrens sieht Geschichte der Zürcher Radrennbahn schichte der Bahn ist ein weiteres Bertz eine Chance, gesellschaftliche Klas- Im späten Nachgang zum 125jährigen gewichtiges Argument für den Erhalt senunterschiede zu nivellieren, wozu eine zumindest nominellen Bestehen des Er ist nicht billig, dieser Prachtband zur dieser traditionsreichen Radsportstätte. Kostensenkung des Fahrrads noch weiter „Bundes Deutscher Radfahrer“ (BDR), Geschichte der Zürcher Radrennbahn beitragen könne. das 2009 in Leipzig gefeiert wurde, kam Oerlikon, aber sicherlich sein Geld wert. Renate Franz jetzt das Buch „Tritt um Tritt“ der beiden In großem Format (30,4 x 24,8cm) und auf Das zweite Kapitel „Das Rad als Ver- Radsport-Kenner Wolfgang Schoppe und Glanzpapier gedruckt, ersteht in diesem Peter Schnyder (Hrsg.): 100 Jahre Faszination kehrsmittel. Kriegsdienst. Die soziale Be- Radsport: Rennbahn Oerlikon. Mit Beiträgen von Werner Ruttkus heraus. Dargestellt wer- Buch ein fantastisches Stück Radsportge- Martin Born, Otto Gebhardt, Sepp Renggli u.a. AS deutung des Arbeiter-Fahrrads“ behan- den „13 Jahrzehnte Geschichte“ des deut- schichte, bei dem mit historischen und zeit- Verlag Zürich 2012, 216 Seiten, 64,80 Euro. Abb. 1: Radfahr-Humor Nr. 48, S. 190, vom delt die volkswirtschaftliche Bedeutung Abb. 2: Jugend Nr. 26, S. 415, vom 27.06.1896. schen Radsportverbandes. Da der He- genössischen Fotos nicht gespart wurde. ISBN-13: 978-3909111954 . 28.08.1897. Sammlung Kielwein der Fahrradindustrie. Im Gegensatz zur Sammlung Kielwein

18 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 19 Rezensionen Rezension: Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads rausgeber des Buches der BDR selbst ist, Das erste Kapitel behandelt im Zeit- Meisterwerk über die Kunst des wäre es sicherlich zuviel erwartet, eine kri- raffer die Geschichte der Bahn, das zwei- Die Philosophie des Fahrrads – Eine Fahrradbaus nun auch auf deutsch tische Auseinandersetzung mit dessen te Kapitel stellt die insgesamt acht Bahn- Historie vorzufinden, was denn auch in Weltmeisterschaften dar, die auf dem ausführliche Würdigung der kultur- Vor sieben Jahren erschien der hoch- der Tat nicht vorliegt. Oval in Zürich bisher stattfanden, und wertige Bildband „The Golden Age of mehr werden es wohl auch nicht mehr historischen Studie von Eduard Bertz Handbuilt Bicycles“ im Verlag Vintage Bi- Das Buch, ein fantastisches Stück werden, weil es nicht mehr dem heutigen cycle Press. Dem Covadonga Verlag ist es Fleißarbeit, hat mehr den Charakter ei- internationalen Standard entspricht. In Ein Text, der lange Zeit vergriffen war, liegt jetzt wieder vor, die „Philosophie des zu verdanken, dass die kongeniale Zu- nes Nachschlagewerks, und als solches weiteren Kapiteln werden Biografien von Fahrrads“ von Eduard Bertz. Matthias Kielwein hat das Werk genauer unter die Lupe verfügt es über wertvolle Qualitäten: Es Männern vorgestellt, die mit der Bahn ver- genommen und für uns ausführlich rezensiert. Er führt uns durch die Kapitel und liefert ist eine wahre Fundgrube an historischen bunden waren, Bahn-Weltrekorde, und gleichzeitig eine kleine Einordnung in den zeitgenössischen Kontext. Matthias hat auch Fakten, Daten und Zahlen. So wird in es wird auf Architektur und Denkmal- aus seinem Fundus zeitgenössische Karikaturen von Emil Kneiss beigesteuert, die er in Form einer Zeittafel die Entwicklung des pflege eingegangen. Der historische den Zeitschriften „Jugend“ und „Radfahr-Humor“ vorfand. deutschen Radsportverbandes detail- Bahnradsportliebhaber freut sich über reich dargestellt, inklusive der Biogra- eine Aufstellung von weiteren Radrenn- „Eine den Zeitgeist reflektierende Be- phien aller Präsidenten. Es sind Sieger- bahnen, die es früher in der Schweiz gab. standsaufnahme“, so bezeichnet Wulf- und Medaillenlisten, Fakten zu Deutsch- Bedauerlich ist das Fehlen eines Index, hard Stahl in seinem Nachwort zur vorlie- land-Rundfahrt und Sechstagerennen der dem Leser das Nachschlagen gesuch- genden Neuedition die erstmals 1900 er- aufgeführt. Zudem gibt es eine Aufstel- ter Fakten oder Personen erleichtern schienene „Philosophie des Fahrrads“ lung aller in Deutschland jemals vorhan- würde. des Potsdamer Schriftstellers Eduard denen Radrennbahnen, in dieser Aus- Bertz (1853-1931). Von zeitgenössischen führlichkeit sicherlich einmalig. Der Ent- Im August wird der 100jährige Ge- Rezensenten wurde Bertz dabei ein unbe- wicklung des Frauenradsports ist gar ein burtstag der Rennbahn Oerlikon mit ei- fangener und unabhängiger Kopf attes- eigenes Kapitel gewidmet sowie auch eini- nem Fest gefeiert. Der Bestand der Bahn tiert, was mit dazu beiträgt, dass dieses gen deutschen Radsport-Größen. Auf ei- war in den vergangenen Jahren ein ums Buch heutzutage vor allem bei Histori- ner separaten CD sind die Ergebnisse al- andere Mal gefährdet. Um ihre Nutzung kern Beachtung findet. Nun wird es ei- ler deutschen Meisterschaften im Rad- zu verbessern, wird von interessierten nem breiten Publikum leichter zugäng- sport aufgelistet – musste man bisher die- Radsportfreunden, allen voran die „In- lich. Gestützt auf eine breite Kenntnis der se Informationen mühselig zusammensu- teressengemeinschaft Rennbahn Oerli- zeitgenössischen deutschen, französi- chen, liegen sie jetzt alle nahezu lückenlos kon“ (IGOR) aus ehrenamtlichen Hel- schen und englischsprachigen Fachlitera- vor. fern und Mitarbeitern, eine Überdachung tur, entwirft Bertz seine Philosophie in sammenarbeit zwischen dem Technik- gewünscht. Im Sommer finden nahezu wö- zehn zeittypischen Kapiteln. photographen Jean-Pierre Pradères und Löblich, dass die Entwicklung des chentlich, in der Regel immer dienstags, Jan Heine, dem Herausgeber der Zeit- Deutschen Radsport-Verbandes der Rennen auf der Bahn statt. In „Die Geschichte des Fahrrads und schrift Vintage Bicycle Quaterly, jetzt DDR (DRSV) parallel zur Geschichte ihre Symbolik. Schnelligkeit und Verbrei- auch in deutscher Sprache vorliegt. Der des BDR dargestellt wird, wenn auch eine tung. Kostenpunkt“ streift Bertz kurz die Text wurde nicht nur übersetzt, sondern textliche Trennung übersichtlicher gewe- technische Entwicklung des Fahrrades im gegenüber dem Original komplett über- sen wäre. Und dass zwar alle Präsidenten Sinne eines Werkzeugs des kulturellen arbeitet und auf den neuesten des BDR, aber nur einer des DRSV por- Fortschritts, das wie Dampfkraft und Forschungsstand gebracht. Auch die trätiert wurde, ist bedauerlich. Der ehe- Elektrizität zur Überbrückung von Druckqualität ist deutlich verbessert. malige Präsident Werner Scharch, der Raum und Zeit beitragen könne, um „na- Eine ausführliche Rezension der engli- sich 1960 in den Westen absetzte und meh- tionaler Barbarei“ ein Ende zu bereiten schen Vorlage findet sich im KS 34 von rere Bücher veröffentlichte, wäre allemal und dem Völkerfrieden zu dienen, damit Toni Theilmeier. einen eigenen Artikel wert gewesen. Al- der „Rassenhass, an dem unsere Zeit lerdings hat es einer der beiden Autoren noch krankt, immer mehr vom Angesicht Thomas Busch, Bonn geschafft, seinen eigenen Namen an meh- der Erde verschwinde.“ Das Fahrrad ist reren Stellen zu platzieren … für Bertz „ein gemeinsames Werk der [eu- Jan Heine und Jean-Pierre Pradères: Meisterwer- ropäischen] Kulturmenschheit“, „den ke des Fahrradbaus. Handwerkskunst, Design, Renate Franz Technik. Covadonga-Verlag, Bielefeld, 2012, kleinlichen Streit“ um nationale Prioritä- 39,80 Euro. Hardcover mit Schutzumschlag, 168 ten dieser Erfindung solle man aufgeben. Seiten im Format 30 cm x 24 cm, ISBN 978-3- Wolfgang Schoppe/Werner Ruttkus: Tritt um Tritt. Gleichwohl hebt er das Zweiradprinzip, 936973-69-3. Aus 13 Jahrzehnten Geschichte des Bundes die „Entdeckung [der] Balance“ auf zwei Deutscher Radfahrer. Füssen 2011, 240 Seiten, 24,90 Euro. ISBN 9783929371239. Zu bestellen Rädern, den Kern der Erfindung der unter: http://www.tritt-um-tritt.de. Drais'schen Laufmaschine von 1817, her- „Tritt um Tritt“ ein wertvolles, vor. In der um 1900 bereits bestehenden reichhaltig bebildertes Nachschlagewerk Das gelungene Buch über die Ge- weiten Verbreitung des Radfahrens sieht Geschichte der Zürcher Radrennbahn schichte der Bahn ist ein weiteres Bertz eine Chance, gesellschaftliche Klas- Im späten Nachgang zum 125jährigen gewichtiges Argument für den Erhalt senunterschiede zu nivellieren, wozu eine zumindest nominellen Bestehen des Er ist nicht billig, dieser Prachtband zur dieser traditionsreichen Radsportstätte. Kostensenkung des Fahrrads noch weiter „Bundes Deutscher Radfahrer“ (BDR), Geschichte der Zürcher Radrennbahn beitragen könne. das 2009 in Leipzig gefeiert wurde, kam Oerlikon, aber sicherlich sein Geld wert. Renate Franz jetzt das Buch „Tritt um Tritt“ der beiden In großem Format (30,4 x 24,8cm) und auf Das zweite Kapitel „Das Rad als Ver- Radsport-Kenner Wolfgang Schoppe und Glanzpapier gedruckt, ersteht in diesem Peter Schnyder (Hrsg.): 100 Jahre Faszination kehrsmittel. Kriegsdienst. Die soziale Be- Radsport: Rennbahn Oerlikon. Mit Beiträgen von Werner Ruttkus heraus. Dargestellt wer- Buch ein fantastisches Stück Radsportge- Martin Born, Otto Gebhardt, Sepp Renggli u.a. AS deutung des Arbeiter-Fahrrads“ behan- den „13 Jahrzehnte Geschichte“ des deut- schichte, bei dem mit historischen und zeit- Verlag Zürich 2012, 216 Seiten, 64,80 Euro. Abb. 1: Radfahr-Humor Nr. 48, S. 190, vom delt die volkswirtschaftliche Bedeutung Abb. 2: Jugend Nr. 26, S. 415, vom 27.06.1896. schen Radsportverbandes. Da der He- genössischen Fotos nicht gespart wurde. ISBN-13: 978-3909111954 . 28.08.1897. Sammlung Kielwein der Fahrradindustrie. Im Gegensatz zur Sammlung Kielwein

18 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 19 Rezension: Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads Rezension: Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads

Eisenbahn, dem an Schiene und Fahr- eine „harmonische Entwicklung“ von In „Der Rad-Rennsport und die Nach- führte Bewegung in freier Luft.“ Bertz be- elektrischen Bahnen und des Automobils Die Neuedition ist weit mehr als ein plan gebundenen Verkehrsmittel einer Körper und Geist, die, neben anderen Lei- teile der Sport-Leidenschaft“ verurteilt schreibt den positiven Einfluss des Fahr- völlig verdrängt zu werden.“ Die Drosch- bloßer Reprint der Originalausgabe. Im sich unterordnenden Masse, kommt für besübungen, vor allem das Radfahren Bertz die „Ausartung“ des bezahlten Be- rades auf die Reform der weiblichen Klei- kenkutscher bekamen auf der Straße Kon- umfangreichen Anhang finden sich vier Bertz die „Persönlichkeit [auf dem Fahr- dem „übermüdeten Kulturmenschen“ rufsradrennsports und dessen enge Ver- dung, aber auch, dass „ohne die Einfüh- kurrenz von den schnelleren Radfahrern, spätere, vollständig wiedergegebene Auf- rad] zur Geltung“, das Fahrrad sei dem- „in seinem der Natur entfremdeten Zu- knüpfung mit der Fahrradindustrie. Nur rung besonderer Damenräder der weibli- die beim Herannahen nicht mehr wie die sätze von Bertz zum Radfahrsport, hier- nach individuelles, zeitersparendes Be- stande“ bieten könne. (vgl. Abb. 1) der Radrennsport der um Ehrenpreise che Radsport gewiss viel weniger ausge- Fußgänger aus dem Weg gehen. Für den von drei aus der liberalen Wiener Zeitung förderungsmittel für viele Berufsgrup- ringenden Amateure sei wirklicher Sport, breitet“ sein würde, da die Mehrheit sich Fußgänger trat das Fahrrad mit zwei neu- „Die Zeit“ (1901 bis 1903), sowie einer pen und im Alltag. Auch die militärische Diese besondere Bedeutung des Rad- also Selbstzweck und kein Geschäft. Eine noch scheue, „sich in Pumphosen vor der artigen Eigenschaften auf: „mit einer aus dem „Jahrbuch für Volks- und Ju- Bedeutung von Radfahrertruppen er- fahrens „im Kampfe gegen die Entartung „unersättliche Schnelligkeitsgier“ habe Öffentlichkeit zu zeigen.“ Bertz disku- Schnelligkeit, die unheimlich, und mit ei- gendspiele“ (1903). Dabei bietet insbe- kennt Bertz an, das Ziel eines europäi- der Kulturmenschheit“ führt Bertz im Ka- sich des professionellen Bahnrennsports tiert die Frage der „Weiblichkeit“ und ner verhältnismäßigen Geräuschlosig- sondere sein Artikel zu den bis dato er- schen Friedens sei noch lange nicht er- pitel „Das Rad im Dienste der Volksge- bemächtigt, die nur der Industrie diene stellt fest, dass „jedes weibliche Wesen keit, die gespenstisch erschien.“ (vgl. schienenen Radfahrer-Romanen einen reicht, denn „der Militarismus ist in allen sundheit“ darauf zurück, dass diesem und für das wirkliche Leben wertlos sei. von Natur für die Mutterschaft be- Abb. 5, S. 22) tiefgründigen Überblick über dieses Gen- Ländern ins Maßlose gewachsen.“ Für „mit einem Schlage gelang, was keiner Weiterhin führt er mögliche gesundheitli- stimmt“ sei, gesteht jedoch, dass „auch den Arbeiter erfülle che Schäden durch das weibliche Individuum das Bedürfnis das Fahrrad ange- Überanstrengung empfinden [muss], die Hindernisse sei- sichts der elenden und die große Ver- ner Entwicklung zu beseitigen“, denn es städtischen Wohn- letzungsgefahr in- sei „der Mensch im Weibe, der seine und Hygienever- folge von Stürzen Selbstständigkeit begehrt.“ hältnisse „eine an. Bertz befürchtet, hohe soziale Missi- dass sich eine über- Das Kapitel „Das Rad als Bildungs- on“, da es ihm durch triebene Faszinati- mittel und Kulturbringer“ ist von Bertz' zeitliche Verkür- on für den Radrenn- Leitmotiv, einer „harmonischen Ent- zung des Arbeits- sport vor allem bei wicklung an Leib und Seele“ bestimmt, weges nun ermögli- jungen Leuten nega- Radfahren fördere hierbei Charakters- che, in einem Vorort tiv auf deren Bil- tärke und Selbstvertrauen, sowie auch oder Dorf billiger dungsniveau aus- Vorurteilslosigkeit, „eine notwendige und gesünder zu le- wirken könne, Folge des Kampfes, den durch das Fahr- ben. Außer beim Sportzeitungen wür- rad eine neue, aufsteigende Zeit gegen Lastentransport den bildende Lektü- die alte, sinkende führt, die nicht sterben kann Bertz sich re verdrängen, es gel- will und sich verzweifelt gegen ihren Un- noch nicht vorstel- te „Maß zu halten“, tergang wehrt.“ Es bestehe ein Solidari- len, dass das gerade denn „wo geistige In- tätsgefühl unter Radfahrern, das dazu aufkommenden Au- teressen fehlen oder beitrage, „die Menschen sittlich zu ver- tomobil das Fahr- durch zügellose edeln.“ Und es sei „von höchstem ethi- Abb. 4: Jugend Nr. 23, S. 372, vom 06.06.1896. Sammlung Kielwein rad als Individual- Sportfexerei und lei- schen Wert“, dass „das Radfahren, als ein verkehrsmittel ein- d e n s c h a f t l i c h e echt demokratischer Sport, von allen Ge- Abschließend geht es in „Ein werden- re. Wulfhard Stahls Anmerkungen zum mal verdrängen kön- Rennwut in ihrer sellschaftsklassen betrieben“ werde. des Recht“ um das Nebeneinander von Text und sein umfangreiches, kommen- ne, solange die An- Entwicklung unter- Bertz bemerkt dabei, dass aufgrund „der Fußgängern, Fuhrwerken und Radfah- tiertes Namenregister, beides inklusive schaffungskosten drückt werden, wird großen Verbreitung des Radfahrsports rern auf den Chausseen, um die Anerken- weiterführender Quellenangaben, betten für viele noch uner- der Mensch roh und die frühere Sitte, dass die Begegnenden nung des Rechts, als Radfahrer die besser Bertz' Buch in sein kulturgeschichtliches schwinglich seien. stumpf.“ sich ein 'All Heil!' zurufen, hat weichen befahrbaren Chausseebankette benutzen Umfeld ein. Ein kurzer Überblick über Abb. 3: Radfahr-Humor Nr. 16, S. 61, vom 15.01.1898. Sammlung Kielwein müssen; man wird diesen Gruß kaum je zu dürfen, sowie um eigene Radfahrwege. die zeitgenössischen Rezensionen zur In „Der Kampf In die „Psycholo- aus Radlermunde und fast nur noch von Weitere Themen sind neben Klingelzei- „Philosophie des Fahrrads“ sowie biogra- gegen die Entartung der Rasse. Darwin. Gymnastik vorher gelungen war: unge- gie des Radsports“ versucht Bertz das Kindern in Dörfern, die man durchfährt, chen, Beleuchtung und Radfahrer- phische Notizen zur Person Eduard Bertz Nietzsche. Die Leibesübungen“ disku- zählte Scharen [für die] heilsamen Lei- Lustgefühl zu ergründen, welches neben vernehmen.“ Bertz beklagt ferner die Karten zur Legitimation, die Frage einer schließen sich an. Gegenüber der bereits tiert Bertz aus heutiger Sicht erschre- besübungen zu gewinnen.“ (vgl. Abb. 2) der wohltuenden Wirkung auf Körper „Vernachlässigung der Landstraßen“ in- Radfahrer-Steuer. „Wie weit die Gesetz- 1997 in nur kleiner Auflage erschienenen ckende und überholte sozialdarwinisti- Welche heilsame Wirkung das Radfahren und Seele beim Radfahren zu verspüren folge eines zentralistischen Eisenbahn- gebung noch davon entfernt ist, das We- Neuausgabe hat Wulfhard Stahl sein sche Thesen, die Darwins biologische Evo- hat und in welchem Rahmen man den sei. Neben der Bewegung an der frischen wesens. „Wirklich geöffnet für den Fahr- sen und die Bedürfnisse des Fahrrads zu Nachwort überarbeitet und aktualisiert. lutionstheorie mit gesellschaftlicher Ent- Radfahrsport betreiben sollte, dazu dis- Luft sei es vor allem das Gefühl zu flie- radverkehr und die in seinem Gefolge begreifen und ihm sein natürliches Recht wicklung zu verknüpfen suchten, die je- kutiert Bertz die Ansichten progressiver gen, das „die reine Daseinsfreude stei- einziehende Kultur könnte das Land erst zuzugestehen, beweist uns schließlich die Den Einband der Klappenbroschur doch vor dem Hintergrund der Industria- Ärzte wie Nußbaum, Fressel oder Men- gert.“ (vgl. Abb. 1) Man sei „glücklich auf werden durch die Erweiterung des Wege- Befugnis der Polizeibehörden, das Befah- ziert eine der unzähligen vortrefflichen lisierung und den damit verbundenen ge- delsohn. Leos Broschüre gegen „Das dem Rade, weil man alle seine Gedan- netzes, durch die Anlegung guter, für das ren von Wegen, Straßen, Brücken, Plät- Radfahrer-Karikaturen (Abb. 2: Wer fin- sellschaftlichen Umbrüchen zu sehen weibliche Radeln“ zerpflückt er pole- kenlast daheim gelassen“ habe und „et- Rad geeigneter Bahnen von Dorf zu zen, ja von ganzen Städten für Radfahrer det den Schutzmann?) des Münchner sind. Auch Bertz ist nur ein Kind seiner misch und bezeichnet Leo, der wohl was von der irdischen Schwere von einem Dorf.“ (vgl. Abb. 4) nach Ermessen zu verbieten.“ Bertz be- Radfahrers und Grafikers Emil Kneiss, Zeit, und es sind Themen wie Hygiene, Ar- selbst kein Radfahrer war, als den „Typus gefallen“ sei. Allerdings könne dieser zeichnet es als „das autokratische Gelüst der den Radfahrsport bereits seit Mitte beitsüberlastung, Nervosität, Massen- jener alten Leute, welche die neue Zeit Rausch des Fluges auch zu rücksichtslo- In „Die Feinde des Fahrrads“ schreibt eines mit übergroßer Macht ausgestatte- der 1880er Jahre mit der Tuschefeder aus- elend, Kapitalismus und Konkurrenz- nicht mehr verstehen, weil sie sie mit dem ser Raserei verführen. Bertz „einen großen Teil der Erbitterung, ten Beamten.“ giebig zeichnerisch begleitet hat. kampf, es sind Ängste vor einem Nieder- Maßstab einer längst vergangenen mes- die das Publikum dem Radsport entge- gang von Kultur und Gesellschaft, die ihn sen.“ Bertz weist noch auf seiner Mei- Laut „Das Fahrrad und die Frauenfra- genbringt“, dessen „Sorge um die eigene All diese Einblicke, die uns Bertz in Matthias Kielwein beschäftigten. Doch er stellt sich gegen nung nach gesundheitsschädliche Gefah- ge. Etwas vom Sportkostüm“ hat das Existenz [zu], welche durch die Konkur- zeitgenössische Denk- und Sichtweisen Nietzsches Ethik und dessen Ablehnung ren bei zu schnellem Radfahren hin, ins- Fahrrad „die Frauenfrage ihrer Lösung renz des Fahrrads auf vielen Erwerbsge- vermittelt, machen dieses Buch zu einer Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads, Erwei- von Mitleid mit Schwächeren. Bertz' besondere auch auf die bei jungen Leuten näher gerückt, als es lange Jahrzehnte un- bieten gefährdet wird.“ So schädige das wertvollen, wenn auch kritisch zu lesen- terte Neuausgabe der Ausgabe Dresden und Leip- Hauptanliegen ist eine „ethische Wieder- beliebten Rennmaschinen, die zu einer ermüdlicher Agitation vermocht hät- Fahrrad die Schneider, da die Radfahrer den Quelle des Radfahrbooms im ausge- zig 1900, Herausgegeben von Wulfhard Stahl, geburt der Gesellschaft“, dies zieht sich sich billige, konfektionierte Sportkostü- 306 S., mit einigen Abbildungen, Klappenbro- unästhetischen „weit nach vorn gebeug- ten.“ Das Fahrrad habe dem weiblichen henden 19. Jahrhundert, der dem auto- schur, Verlag: Olms Presse, Hildesheim 2012, durch alle Kapitel seines Buches. Voraus- ten Haltung [zwingen]“, was die Atmung Geschlecht „gerade das gebracht, was me zulegten. Das Pferd laufe Gefahr, mobilen Individualverkehr buchstäblich ISBN: 978-3-487-08497-8, 19,95 Euro setzung hierfür ist seiner Meinung nach behindere. (vgl. Abb. 3) ihm fehlte, die kräftige, mit Lust ausge- „durch die Konkurrenz des Rades, der den Weg geebnet hat.

20 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 21 Rezension: Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads Rezension: Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads

Eisenbahn, dem an Schiene und Fahr- eine „harmonische Entwicklung“ von In „Der Rad-Rennsport und die Nach- führte Bewegung in freier Luft.“ Bertz be- elektrischen Bahnen und des Automobils Die Neuedition ist weit mehr als ein plan gebundenen Verkehrsmittel einer Körper und Geist, die, neben anderen Lei- teile der Sport-Leidenschaft“ verurteilt schreibt den positiven Einfluss des Fahr- völlig verdrängt zu werden.“ Die Drosch- bloßer Reprint der Originalausgabe. Im sich unterordnenden Masse, kommt für besübungen, vor allem das Radfahren Bertz die „Ausartung“ des bezahlten Be- rades auf die Reform der weiblichen Klei- kenkutscher bekamen auf der Straße Kon- umfangreichen Anhang finden sich vier Bertz die „Persönlichkeit [auf dem Fahr- dem „übermüdeten Kulturmenschen“ rufsradrennsports und dessen enge Ver- dung, aber auch, dass „ohne die Einfüh- kurrenz von den schnelleren Radfahrern, spätere, vollständig wiedergegebene Auf- rad] zur Geltung“, das Fahrrad sei dem- „in seinem der Natur entfremdeten Zu- knüpfung mit der Fahrradindustrie. Nur rung besonderer Damenräder der weibli- die beim Herannahen nicht mehr wie die sätze von Bertz zum Radfahrsport, hier- nach individuelles, zeitersparendes Be- stande“ bieten könne. (vgl. Abb. 1) der Radrennsport der um Ehrenpreise che Radsport gewiss viel weniger ausge- Fußgänger aus dem Weg gehen. Für den von drei aus der liberalen Wiener Zeitung förderungsmittel für viele Berufsgrup- ringenden Amateure sei wirklicher Sport, breitet“ sein würde, da die Mehrheit sich Fußgänger trat das Fahrrad mit zwei neu- „Die Zeit“ (1901 bis 1903), sowie einer pen und im Alltag. Auch die militärische Diese besondere Bedeutung des Rad- also Selbstzweck und kein Geschäft. Eine noch scheue, „sich in Pumphosen vor der artigen Eigenschaften auf: „mit einer aus dem „Jahrbuch für Volks- und Ju- Bedeutung von Radfahrertruppen er- fahrens „im Kampfe gegen die Entartung „unersättliche Schnelligkeitsgier“ habe Öffentlichkeit zu zeigen.“ Bertz disku- Schnelligkeit, die unheimlich, und mit ei- gendspiele“ (1903). Dabei bietet insbe- kennt Bertz an, das Ziel eines europäi- der Kulturmenschheit“ führt Bertz im Ka- sich des professionellen Bahnrennsports tiert die Frage der „Weiblichkeit“ und ner verhältnismäßigen Geräuschlosig- sondere sein Artikel zu den bis dato er- schen Friedens sei noch lange nicht er- pitel „Das Rad im Dienste der Volksge- bemächtigt, die nur der Industrie diene stellt fest, dass „jedes weibliche Wesen keit, die gespenstisch erschien.“ (vgl. schienenen Radfahrer-Romanen einen reicht, denn „der Militarismus ist in allen sundheit“ darauf zurück, dass diesem und für das wirkliche Leben wertlos sei. von Natur für die Mutterschaft be- Abb. 5, S. 22) tiefgründigen Überblick über dieses Gen- Ländern ins Maßlose gewachsen.“ Für „mit einem Schlage gelang, was keiner Weiterhin führt er mögliche gesundheitli- stimmt“ sei, gesteht jedoch, dass „auch den Arbeiter erfülle che Schäden durch das weibliche Individuum das Bedürfnis das Fahrrad ange- Überanstrengung empfinden [muss], die Hindernisse sei- sichts der elenden und die große Ver- ner Entwicklung zu beseitigen“, denn es städtischen Wohn- letzungsgefahr in- sei „der Mensch im Weibe, der seine und Hygienever- folge von Stürzen Selbstständigkeit begehrt.“ hältnisse „eine an. Bertz befürchtet, hohe soziale Missi- dass sich eine über- Das Kapitel „Das Rad als Bildungs- on“, da es ihm durch triebene Faszinati- mittel und Kulturbringer“ ist von Bertz' zeitliche Verkür- on für den Radrenn- Leitmotiv, einer „harmonischen Ent- zung des Arbeits- sport vor allem bei wicklung an Leib und Seele“ bestimmt, weges nun ermögli- jungen Leuten nega- Radfahren fördere hierbei Charakters- che, in einem Vorort tiv auf deren Bil- tärke und Selbstvertrauen, sowie auch oder Dorf billiger dungsniveau aus- Vorurteilslosigkeit, „eine notwendige und gesünder zu le- wirken könne, Folge des Kampfes, den durch das Fahr- ben. Außer beim Sportzeitungen wür- rad eine neue, aufsteigende Zeit gegen Lastentransport den bildende Lektü- die alte, sinkende führt, die nicht sterben kann Bertz sich re verdrängen, es gel- will und sich verzweifelt gegen ihren Un- noch nicht vorstel- te „Maß zu halten“, tergang wehrt.“ Es bestehe ein Solidari- len, dass das gerade denn „wo geistige In- tätsgefühl unter Radfahrern, das dazu aufkommenden Au- teressen fehlen oder beitrage, „die Menschen sittlich zu ver- tomobil das Fahr- durch zügellose edeln.“ Und es sei „von höchstem ethi- Abb. 4: Jugend Nr. 23, S. 372, vom 06.06.1896. Sammlung Kielwein rad als Individual- Sportfexerei und lei- schen Wert“, dass „das Radfahren, als ein verkehrsmittel ein- d e n s c h a f t l i c h e echt demokratischer Sport, von allen Ge- Abschließend geht es in „Ein werden- re. Wulfhard Stahls Anmerkungen zum mal verdrängen kön- Rennwut in ihrer sellschaftsklassen betrieben“ werde. des Recht“ um das Nebeneinander von Text und sein umfangreiches, kommen- ne, solange die An- Entwicklung unter- Bertz bemerkt dabei, dass aufgrund „der Fußgängern, Fuhrwerken und Radfah- tiertes Namenregister, beides inklusive schaffungskosten drückt werden, wird großen Verbreitung des Radfahrsports rern auf den Chausseen, um die Anerken- weiterführender Quellenangaben, betten für viele noch uner- der Mensch roh und die frühere Sitte, dass die Begegnenden nung des Rechts, als Radfahrer die besser Bertz' Buch in sein kulturgeschichtliches schwinglich seien. stumpf.“ sich ein 'All Heil!' zurufen, hat weichen befahrbaren Chausseebankette benutzen Umfeld ein. Ein kurzer Überblick über Abb. 3: Radfahr-Humor Nr. 16, S. 61, vom 15.01.1898. Sammlung Kielwein müssen; man wird diesen Gruß kaum je zu dürfen, sowie um eigene Radfahrwege. die zeitgenössischen Rezensionen zur In „Der Kampf In die „Psycholo- aus Radlermunde und fast nur noch von Weitere Themen sind neben Klingelzei- „Philosophie des Fahrrads“ sowie biogra- gegen die Entartung der Rasse. Darwin. Gymnastik vorher gelungen war: unge- gie des Radsports“ versucht Bertz das Kindern in Dörfern, die man durchfährt, chen, Beleuchtung und Radfahrer- phische Notizen zur Person Eduard Bertz Nietzsche. Die Leibesübungen“ disku- zählte Scharen [für die] heilsamen Lei- Lustgefühl zu ergründen, welches neben vernehmen.“ Bertz beklagt ferner die Karten zur Legitimation, die Frage einer schließen sich an. Gegenüber der bereits tiert Bertz aus heutiger Sicht erschre- besübungen zu gewinnen.“ (vgl. Abb. 2) der wohltuenden Wirkung auf Körper „Vernachlässigung der Landstraßen“ in- Radfahrer-Steuer. „Wie weit die Gesetz- 1997 in nur kleiner Auflage erschienenen ckende und überholte sozialdarwinisti- Welche heilsame Wirkung das Radfahren und Seele beim Radfahren zu verspüren folge eines zentralistischen Eisenbahn- gebung noch davon entfernt ist, das We- Neuausgabe hat Wulfhard Stahl sein sche Thesen, die Darwins biologische Evo- hat und in welchem Rahmen man den sei. Neben der Bewegung an der frischen wesens. „Wirklich geöffnet für den Fahr- sen und die Bedürfnisse des Fahrrads zu Nachwort überarbeitet und aktualisiert. lutionstheorie mit gesellschaftlicher Ent- Radfahrsport betreiben sollte, dazu dis- Luft sei es vor allem das Gefühl zu flie- radverkehr und die in seinem Gefolge begreifen und ihm sein natürliches Recht wicklung zu verknüpfen suchten, die je- kutiert Bertz die Ansichten progressiver gen, das „die reine Daseinsfreude stei- einziehende Kultur könnte das Land erst zuzugestehen, beweist uns schließlich die Den Einband der Klappenbroschur doch vor dem Hintergrund der Industria- Ärzte wie Nußbaum, Fressel oder Men- gert.“ (vgl. Abb. 1) Man sei „glücklich auf werden durch die Erweiterung des Wege- Befugnis der Polizeibehörden, das Befah- ziert eine der unzähligen vortrefflichen lisierung und den damit verbundenen ge- delsohn. Leos Broschüre gegen „Das dem Rade, weil man alle seine Gedan- netzes, durch die Anlegung guter, für das ren von Wegen, Straßen, Brücken, Plät- Radfahrer-Karikaturen (Abb. 2: Wer fin- sellschaftlichen Umbrüchen zu sehen weibliche Radeln“ zerpflückt er pole- kenlast daheim gelassen“ habe und „et- Rad geeigneter Bahnen von Dorf zu zen, ja von ganzen Städten für Radfahrer det den Schutzmann?) des Münchner sind. Auch Bertz ist nur ein Kind seiner misch und bezeichnet Leo, der wohl was von der irdischen Schwere von einem Dorf.“ (vgl. Abb. 4) nach Ermessen zu verbieten.“ Bertz be- Radfahrers und Grafikers Emil Kneiss, Zeit, und es sind Themen wie Hygiene, Ar- selbst kein Radfahrer war, als den „Typus gefallen“ sei. Allerdings könne dieser zeichnet es als „das autokratische Gelüst der den Radfahrsport bereits seit Mitte beitsüberlastung, Nervosität, Massen- jener alten Leute, welche die neue Zeit Rausch des Fluges auch zu rücksichtslo- In „Die Feinde des Fahrrads“ schreibt eines mit übergroßer Macht ausgestatte- der 1880er Jahre mit der Tuschefeder aus- elend, Kapitalismus und Konkurrenz- nicht mehr verstehen, weil sie sie mit dem ser Raserei verführen. Bertz „einen großen Teil der Erbitterung, ten Beamten.“ giebig zeichnerisch begleitet hat. kampf, es sind Ängste vor einem Nieder- Maßstab einer längst vergangenen mes- die das Publikum dem Radsport entge- gang von Kultur und Gesellschaft, die ihn sen.“ Bertz weist noch auf seiner Mei- Laut „Das Fahrrad und die Frauenfra- genbringt“, dessen „Sorge um die eigene All diese Einblicke, die uns Bertz in Matthias Kielwein beschäftigten. Doch er stellt sich gegen nung nach gesundheitsschädliche Gefah- ge. Etwas vom Sportkostüm“ hat das Existenz [zu], welche durch die Konkur- zeitgenössische Denk- und Sichtweisen Nietzsches Ethik und dessen Ablehnung ren bei zu schnellem Radfahren hin, ins- Fahrrad „die Frauenfrage ihrer Lösung renz des Fahrrads auf vielen Erwerbsge- vermittelt, machen dieses Buch zu einer Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads, Erwei- von Mitleid mit Schwächeren. Bertz' besondere auch auf die bei jungen Leuten näher gerückt, als es lange Jahrzehnte un- bieten gefährdet wird.“ So schädige das wertvollen, wenn auch kritisch zu lesen- terte Neuausgabe der Ausgabe Dresden und Leip- Hauptanliegen ist eine „ethische Wieder- beliebten Rennmaschinen, die zu einer ermüdlicher Agitation vermocht hät- Fahrrad die Schneider, da die Radfahrer den Quelle des Radfahrbooms im ausge- zig 1900, Herausgegeben von Wulfhard Stahl, geburt der Gesellschaft“, dies zieht sich sich billige, konfektionierte Sportkostü- 306 S., mit einigen Abbildungen, Klappenbro- unästhetischen „weit nach vorn gebeug- ten.“ Das Fahrrad habe dem weiblichen henden 19. Jahrhundert, der dem auto- schur, Verlag: Olms Presse, Hildesheim 2012, durch alle Kapitel seines Buches. Voraus- ten Haltung [zwingen]“, was die Atmung Geschlecht „gerade das gebracht, was me zulegten. Das Pferd laufe Gefahr, mobilen Individualverkehr buchstäblich ISBN: 978-3-487-08497-8, 19,95 Euro setzung hierfür ist seiner Meinung nach behindere. (vgl. Abb. 3) ihm fehlte, die kräftige, mit Lust ausge- „durch die Konkurrenz des Rades, der den Weg geebnet hat.

20 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 21 Rezension: Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads Schweinfurter Erfinder und Tüftler

Als Rentner wandte sich Popp dann Schweinfurter Erfinder und Tüftler wieder dem Fahrrad zu, jetzt mit größerer Von Walter Euhus, Langenhagen Intensität als jemals zuvor. Und er stieg in Schweinfurts Industriegeschichte ein. Da- bei entdeckte er den in Oberndorf gebo- Spricht man heute von der Stadt renen Philipp Moriz Fischer für sich, des- Schweinfurt in Unterfranken als Indu- sen Geburtstag sich am 8. März 2012 zum strie- und Arbeiterstadt, so meint man ih- 200. Mal jährte. re Wurzeln, denn seit den 1890er Jahren wird die Schweinfurt maßgeblich von der Philipp Moriz Fischer Metallindustrie bestimmt. Das war ohne Erfinder und Tüftler nicht möglich. Es Es handelt sich um keinen Schreibfeh- gibt sie dort noch heute. Dass das Fahrrad ler. Popp entdeckte im Tauf- und Kirch- bei ihnen eine bedeutende Rolle spielt, buch, dass Fischers Vorname Moriz ohne macht die Sache für den „Knochen- „t“ geschrieben wird. Und er fand bei sei- schüttler“ interessant. nen Recherchen in alten Unterlagen Din- ge heraus, die so nicht bekannt sind. Zu den Personen der Handlung: Phi- lipp Moriz Fischer, Schreiner und Musik- Philipp Moriz Fischer besuchte nach instrumentenmacher, geboren 1812 in der Oberndorfer Volksschule ein Gym- Oberndorf und verstorben 1890 ebenda, nasium in Schweinfurt. Für die Reise dort- sowie der Ingenieur Hermann Popp, 1933 hin benutzte der Neunjährige – unge- in Volkach geboren, der seinerzeit in ei- wöhnlich – eine Laufmaschine. Nach dem nem Haus mit einer Fahrradhandlung im Schulabschluss erlernte Fischer in Würz- Erdgeschoss wohnte und 1951 nach burg das Schreinerhandwerk, danach in Oberndorf umgezogen ist. Bamberg Orgelbau. Berufliche Erfah- Philipp Moriz Fischer. rungen sammelte er in mehreren europäi- Hermann Popp schen Städten. 1837 kehrte er aus London 1947 kam Vater Popp aus der Kriegsge- zurück und eröffnete 1844 eine Werkstatt Hermann Popp „erbte“ als Elfjähriger fangenschaft zurück und konnte – wie zu- zur Reparatur von Orgeln und Klavieren. das Jungenrad seines Bruders. Allerdings vor – bei Fichtel & Sachs arbeiten. Dort war es schon intensiv benutzt worden und durfte auch Hermann Popp schaffen, zu- Für Kundenbesuche benutzte er wie- so dauerte es nicht lange, bis die Berei- nächst als Hilfskraft im Fahrradnaben- der eine Laufmaschine. Dabei muss ihm fung erneuert werden musste. Das aber Versuch, später als Maschinenschlosser- wohl die Idee gekommen sein, die Kon- war in der unmittelbaren Nachkriegszeit lehrling. Als Geselle kam er in den Moto- struktion zu verändern, durch den Anbau unmöglich, es gab keine Reifen. In der Nä- renversuch, studierte Maschinenbau, von Tretkurbeln mit drehbaren Pedalen. he des Dorfes befand sich ein ehemaliger ging zur Lehrfirma zurück und stand im Dies geschah, laut Popp, in den Jahren zwi- Feldflugplatz der Wehrmacht. Irgend- Laufe vieler Berufsjahre mehreren Ab- schen 1844 und 1853, also deutlich vor den wann erkundete – wen wundert's – Her- teilungen vor. frühen 1860er Jahren, die als Erfinderjahr mann zusammen mit dem älteren Bruder und dem Vetter dieses Gelände und die dort verbliebenen Flugzeuge. Solche abenteuerlichen Vorhaben waren damals nicht ungewöhnlich, wie die Älteren un- ter uns wissen. Bei ihren Besuchen bau- ten die Kinder das aus den Flugzeugen aus, was ihnen wertvoll erschien, u.a. Ka- bel in einer Stärke von etwas mehr als ei- nem Zentimeter.

Die Kabel brachten Hermann auf die Idee, daraus eine Fahrradbereifung zu basteln. Zwei Kabel wurden in die Felge verlegt, ein drittes darüber gespannt. Be- festigt wurde die Konstruktion mit dem Kupferdraht der Kabel. Es funktionierte, Hermann Popp konnte wieder Fahrrad- fahren und erregte damit große Auf- merksamkeit, schließlich war die „Berei- fung“ hart und brachte auf den damali- gen Straßen und Wegen alles zum Klap- pern, was an einem Fahrrad klappern kann. Die Notbereifung musste aber nach ein paar Wochen ausgetauscht wer- den. Kabel waren ja genügend vorhan- Abb. 5: Jugend Nr. 35, S. 569, vom 29.08.1896. Man beachte den Hinweis auf dem Plakat vorne. Sammlung Kielwein den. Fischers Tretkurbel-Velociped von 1869 aus dem Städtischen Museum.

22 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 23 Rezension: Eduard Bertz, Philosophie des Fahrrads Schweinfurter Erfinder und Tüftler

Als Rentner wandte sich Popp dann Schweinfurter Erfinder und Tüftler wieder dem Fahrrad zu, jetzt mit größerer Von Walter Euhus, Langenhagen Intensität als jemals zuvor. Und er stieg in Schweinfurts Industriegeschichte ein. Da- bei entdeckte er den in Oberndorf gebo- Spricht man heute von der Stadt renen Philipp Moriz Fischer für sich, des- Schweinfurt in Unterfranken als Indu- sen Geburtstag sich am 8. März 2012 zum strie- und Arbeiterstadt, so meint man ih- 200. Mal jährte. re Wurzeln, denn seit den 1890er Jahren wird die Schweinfurt maßgeblich von der Philipp Moriz Fischer Metallindustrie bestimmt. Das war ohne Erfinder und Tüftler nicht möglich. Es Es handelt sich um keinen Schreibfeh- gibt sie dort noch heute. Dass das Fahrrad ler. Popp entdeckte im Tauf- und Kirch- bei ihnen eine bedeutende Rolle spielt, buch, dass Fischers Vorname Moriz ohne macht die Sache für den „Knochen- „t“ geschrieben wird. Und er fand bei sei- schüttler“ interessant. nen Recherchen in alten Unterlagen Din- ge heraus, die so nicht bekannt sind. Zu den Personen der Handlung: Phi- lipp Moriz Fischer, Schreiner und Musik- Philipp Moriz Fischer besuchte nach instrumentenmacher, geboren 1812 in der Oberndorfer Volksschule ein Gym- Oberndorf und verstorben 1890 ebenda, nasium in Schweinfurt. Für die Reise dort- sowie der Ingenieur Hermann Popp, 1933 hin benutzte der Neunjährige – unge- in Volkach geboren, der seinerzeit in ei- wöhnlich – eine Laufmaschine. Nach dem nem Haus mit einer Fahrradhandlung im Schulabschluss erlernte Fischer in Würz- Erdgeschoss wohnte und 1951 nach burg das Schreinerhandwerk, danach in Oberndorf umgezogen ist. Bamberg Orgelbau. Berufliche Erfah- Philipp Moriz Fischer. rungen sammelte er in mehreren europäi- Hermann Popp schen Städten. 1837 kehrte er aus London 1947 kam Vater Popp aus der Kriegsge- zurück und eröffnete 1844 eine Werkstatt Hermann Popp „erbte“ als Elfjähriger fangenschaft zurück und konnte – wie zu- zur Reparatur von Orgeln und Klavieren. das Jungenrad seines Bruders. Allerdings vor – bei Fichtel & Sachs arbeiten. Dort war es schon intensiv benutzt worden und durfte auch Hermann Popp schaffen, zu- Für Kundenbesuche benutzte er wie- so dauerte es nicht lange, bis die Berei- nächst als Hilfskraft im Fahrradnaben- der eine Laufmaschine. Dabei muss ihm fung erneuert werden musste. Das aber Versuch, später als Maschinenschlosser- wohl die Idee gekommen sein, die Kon- war in der unmittelbaren Nachkriegszeit lehrling. Als Geselle kam er in den Moto- struktion zu verändern, durch den Anbau unmöglich, es gab keine Reifen. In der Nä- renversuch, studierte Maschinenbau, von Tretkurbeln mit drehbaren Pedalen. he des Dorfes befand sich ein ehemaliger ging zur Lehrfirma zurück und stand im Dies geschah, laut Popp, in den Jahren zwi- Feldflugplatz der Wehrmacht. Irgend- Laufe vieler Berufsjahre mehreren Ab- schen 1844 und 1853, also deutlich vor den wann erkundete – wen wundert's – Her- teilungen vor. frühen 1860er Jahren, die als Erfinderjahr mann zusammen mit dem älteren Bruder und dem Vetter dieses Gelände und die dort verbliebenen Flugzeuge. Solche abenteuerlichen Vorhaben waren damals nicht ungewöhnlich, wie die Älteren un- ter uns wissen. Bei ihren Besuchen bau- ten die Kinder das aus den Flugzeugen aus, was ihnen wertvoll erschien, u.a. Ka- bel in einer Stärke von etwas mehr als ei- nem Zentimeter.

Die Kabel brachten Hermann auf die Idee, daraus eine Fahrradbereifung zu basteln. Zwei Kabel wurden in die Felge verlegt, ein drittes darüber gespannt. Be- festigt wurde die Konstruktion mit dem Kupferdraht der Kabel. Es funktionierte, Hermann Popp konnte wieder Fahrrad- fahren und erregte damit große Auf- merksamkeit, schließlich war die „Berei- fung“ hart und brachte auf den damali- gen Straßen und Wegen alles zum Klap- pern, was an einem Fahrrad klappern kann. Die Notbereifung musste aber nach ein paar Wochen ausgetauscht wer- den. Kabel waren ja genügend vorhan- Abb. 5: Jugend Nr. 35, S. 569, vom 29.08.1896. Man beachte den Hinweis auf dem Plakat vorne. Sammlung Kielwein den. Fischers Tretkurbel-Velociped von 1869 aus dem Städtischen Museum.

22 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 23 Schweinfurter Erfinder und Tüftler NSU – Fluch der Abkürzung

richt in Wikipedia zitiert Sebastian Weitere Quellen Herbst die sog. „Enderlein-Chronik“ /1/ Hermann Popp, als „einzig belegbare Quelle“, durch die Schweinfurter Tageblatt das Fischer'sche Velociped erst auf 1869 Wikipedia datiert werden kann, und nicht auf 1853, Paul Ultsch: „Damals in Schweinfurt - wie zuvor offensichtlich festgelegt. Die- Als die Stadtmauer noch Begrenzung war“ Kirchenbuch der Kreuzkirche sem Bericht von Sebastian Herbst soll FAG-Firmenchronik, 1900 nicht widersprochen werden. Allerdings sind hier zwei verschiedene Sachverhalte angesprochen, der Anbau von Tretkur- beln an eine Laufmaschine und das von Fi- NSU – Fluch der scher gebaute Velociped. Abkürzung Hermann Popp ehrt Moriz Fischer Seit mehreren Monaten ist das Kürzel NSU immer wieder in den Medien prä- Die Idee der „Tretkurbel-Lauf- sent. Leider nicht, weil es ein Comeback maschine“ ließ den Ingenieur Popp nicht des ehemals größten deutschen Zweirad- wieder los. Wie mag sich Fischer auf die- herstellers gibt, sondern weil eine rechte sem Holzbock gefühlt haben? Popp hatte Terrorgruppe, die mit einer beispiellosen eine Idee und die hieß: Nachbau. Als Vor- Mordreihe für Entsetzen sorgte, sich der lage benutzte er eine 1817 vom Mannhei- Abkürzung NSU (Nationalsozialistischer mer Wagenmeister Frey unter Aufsicht Untergrund) bediente. Funktioniert: Ein Nachbau der Drais'schen Laufmaschine, der nachträglich mit Tretkurbeln versehen von Karl Drais gebaute Laufmaschine, be- wurde. kannt als „Weimarer Laufmaschine“. Es Das ist nicht das erste Mal, dass die dieses Fahrradtyps durch den Franzosen mann Karl Fichtel die „Schweinfurter Prä- bereitete ihm keine größeren technischen ehrwürdige Neckarsulmer Marke Pro- Pierre Michaux gelten. Somit wäre Fischer cisions-Kugellager-Werke Fichtel & Schwierigkeiten, den Nachbau mit Tret- bleme mit ihrem Namen bekam. Machte tatsächlich der Erfinder des Tretkurbelan- Sachs“. Die 1903 zum Patent angemelde- kurbeln zu versehen. Und er war fahrbar, es sich zur Zeit des Nationalsozialismus triebs gewesen. Eine Quelle für diesen te „Torpedo-Freilaufnabe“ revolutionier- der Nachbau, wie Popp feststellte. in Deutschland vielleicht noch gut, mit Sachverhalt ist die FAG-Firmenchronik te das Fahrradfahren und sicherte der Fir- dem Markennamen NSU eine gewisse aus dem Jahre 1900, in der es heißt, dass Fi- ma für Jahrzehnte einen Verkaufserfolg. Am 8. März 2012 fand im Geburtsort Fi- Systemnähe zu suggerieren und mit Fahr- scher ein „Laufrad … anfangs der 50er Jah- schers eine große Feier statt. Über 100 radtypen wie „NSU-Wehrsport“ oder re mit Tretkurbeln versah“. Dies wurde Lehrmeinung Gäste, überwiegend Oberndorfer, dräng- „NSU-Grenzland“ für den damaligen laut Popp inzwischen auch durch Profes- ten sich im Ex-Feuerwehrhaus, um dem Zeitgeist „klangvolle“ Bezeichnungen zu sor Erhard Lessing bestätigt. Bekannt geworden ist Fischers „Ei- Vortrag von Hermann Popp zu lauschen, haben, so stellte sich das nach der Zer- der über das Leben von Philipp Moriz Fi- genbau-Velociped“ aus der „Städtischen Ingenieur Hermann Popp mit seinem Barriere freien Fahrrad im Jahr 2010 auf der Unterfrankenschau. schlagung Hitlerdeutschlands ganz an- Moriz Fischer beschäftigte sich aller- Sammlung“ Schweinfurts. In einem Be- scher referierte. Seine Geschichte kennen ders dar. dings nicht weiter mit der Fahrmaschine, wir ja nun. Danach durften die Besucher ke, Paturi wird ein Hochrad als „Lady- sondern widmete sich wie zuvor dem Or- den Tretkurbel-Nachbau bewundern und Bicycle“ vorgestellt, das asymmetrisch ge- Es gibt Berichte, nach denen Werksan- gel- und Instrumentenbau. Anders sein vereinzelt auch ausprobieren. baut war, „damit die Fahrerin im Damen- gehörige bei Kontrollen durch die ameri- Sohn Friedrich, der Tretkurbelvelocipe- reitsitz fahren kann“. Im KS 31 behaupte- kanischen Besatzungstruppen Schwierig- de, Hoch- und Niederräder baute. Fried- Hermann Popp, der Tüftler te der Autor dieses Textes, dass mit dieser keiten bekamen, sobald den Kontrolleu- rich Fischer (1849 - 1899 in Schweinfurt) Konstruktion das Fahren technisch nicht ren ihr Werksausweis mit dem Aufdruck gilt als Erfinder der runden Stahlkugel. Wie bereits erwähnt, das Thema Fahr- möglich wäre. Er übernahm damit die „NSU“ in die Hände fiel. Oft fanden sie Er gründete 1896 die „Erste Automati- rad ließ Hermann Popp nicht mehr los. Meinung anderer Experten. Popp wollte sich dann in der Kommandantur wieder, sche Gußstahlkugelfabrik Friedrich Fi- Wann und wie die Idee entstand, weiß er es genau wissen. Er baute eines seiner und es bedurfte längerer Erläuterungen, scher AG“, die spätere FAG. nicht mehr so genau. Jedenfalls störte ihn, Fahrrad-Versuchsmodelle um und ver- um zu erklären, dass die Buchstaben dass die Fahrradkonstrukteure eigentlich setzte das Vorderrad um 210 mm. Mit die- „NS“ in NSU nicht für „Nationalsozialis- Friedrich Fischer konstruierte 1883 ei- seit über 100 Jahren nichts wirklich Neues sem Modell konnte er problemlos fahren tisch“ standen. Dieser Umstand veran- ne Kugelschleifmaschine, mit der es mög- geschaffen haben. Wieder hatte er einen und ist sich deshalb sicher, dass es das Da- lasste die NSU-Werke AG Neckarsulm, lich wurde, in großen Mengen absolut run- Gedanken, dieses Mal den, einen Fahr- men-Hochrad gegeben hat. Leider ist bis- so der Firmenname ab Mitte 1945, im de Stahlkugeln zu produzieren. Der von radrahmen benutzerfreundlich und si- her ein solches Modell nicht bekannt ge- Heft Eins ihrer NSU-Mitteilung vom Fischer und Wilhelm Höpflinger weiter- cher zu gestalten. Und so entwickelte der worden. Ende des Jahres 1947 zu einer Klarstel- entwickelte Apparat wurde 1890 zum Pa- Rentner, der sich ab Mitte 1992 im „Un- lung (siehe Historisches Dokument). tent angemeldet und war Grundstein für ruhestand“ befand, ab 2000 das „Barriere Soviel aus der bisherigen „Popp'schen die in den Folgejahren entstehende Wälz- freie Fahrrad“, von ihm auch als „Millen- Wundertüte“. Der Autor ist sich sicher, NSU trug dieses Kürzel bereits seit lager-Industrie, die durch den Boom der nium-Rad“ bezeichnet. Mit ihm legten dass dem Ingenieur noch das eine oder an- 1892 im Firmenzeichen. In jenem Fahrradindustrie stetig wuchs. Bereits der Ingenieur und seine Frau weit über dere zum Thema Fahrrad einfällt. Warten Jahr beendeten die Neckarsulmer ihre 1872 hatte Fischer eine erste Firma ge- 10.000 Kilometer zurück. Weil ihm seine wir es ab. Strickmaschinenfertigung und gingen gründet, die mit Nähmaschinen und Fahr- Idee so sehr gefiel, baute er nach dem glei- vollständig zur Herstellung von Fahrrä- Anmerkungen und Quellenangaben rädern handelte. chen Prinzip auch verschiedene Mehr- dern über. Die Fahrradproduktion ende- spur- und Sesselfahrräder. /1/ Dr. Friedrich Leonhardt Enderlein (1801-1876) te dann erst 1963 nach immerhin 77 Jah- Im Zusammenhang mit Schweinfurt wurde 1837 zum Professor der ersten ren! Die Rechte am Namen „NSU“ trägt sollte an dieser Stelle noch Ernst Sachs er- Dafür, dass Popp den Sachen auf den Gymnasialklasse in Schweinfurt ernannt. Er heute die NSU GmbH, Neckarsulm, die verfasste die handschriftliche Chronik „Ein wähnt werden (1867 - 1932). Sachs melde- Grund geht, gibt es noch ein Beispiel. In Menschenalter in Schweinfurt“ und berichtete zu gehört. te 1894 sein erstes Nabenpatent an und Lange umstritten: Das Lady-Bicycle aus dem Band „Mit dem Fahrrad durch zwei Jahrhunderte“. Dass es dem bekannten Buch „Mit dem Fahrrad im Abschnitt für das Jahr 1869 über die gründete ein Jahr später mit dem Kauf- fahrbar ist, zeigt der Popp'sche Prototyp mit versetzten Achsen im Bild links daneben. durch zwei Jahrhunderte“ von Rauck, Vol- „Velocipedesreiterei“. Sven Dewitz, Hennigsdorf

24 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 25 Schweinfurter Erfinder und Tüftler NSU – Fluch der Abkürzung richt in Wikipedia zitiert Sebastian Weitere Quellen Herbst die sog. „Enderlein-Chronik“ /1/ Hermann Popp, als „einzig belegbare Quelle“, durch die Schweinfurter Tageblatt das Fischer'sche Velociped erst auf 1869 Wikipedia datiert werden kann, und nicht auf 1853, Paul Ultsch: „Damals in Schweinfurt - wie zuvor offensichtlich festgelegt. Die- Als die Stadtmauer noch Begrenzung war“ Kirchenbuch der Kreuzkirche sem Bericht von Sebastian Herbst soll FAG-Firmenchronik, 1900 nicht widersprochen werden. Allerdings sind hier zwei verschiedene Sachverhalte angesprochen, der Anbau von Tretkur- beln an eine Laufmaschine und das von Fi- NSU – Fluch der scher gebaute Velociped. Abkürzung Hermann Popp ehrt Moriz Fischer Seit mehreren Monaten ist das Kürzel NSU immer wieder in den Medien prä- Die Idee der „Tretkurbel-Lauf- sent. Leider nicht, weil es ein Comeback maschine“ ließ den Ingenieur Popp nicht des ehemals größten deutschen Zweirad- wieder los. Wie mag sich Fischer auf die- herstellers gibt, sondern weil eine rechte sem Holzbock gefühlt haben? Popp hatte Terrorgruppe, die mit einer beispiellosen eine Idee und die hieß: Nachbau. Als Vor- Mordreihe für Entsetzen sorgte, sich der lage benutzte er eine 1817 vom Mannhei- Abkürzung NSU (Nationalsozialistischer mer Wagenmeister Frey unter Aufsicht Untergrund) bediente. Funktioniert: Ein Nachbau der Drais'schen Laufmaschine, der nachträglich mit Tretkurbeln versehen von Karl Drais gebaute Laufmaschine, be- wurde. kannt als „Weimarer Laufmaschine“. Es Das ist nicht das erste Mal, dass die dieses Fahrradtyps durch den Franzosen mann Karl Fichtel die „Schweinfurter Prä- bereitete ihm keine größeren technischen ehrwürdige Neckarsulmer Marke Pro- Pierre Michaux gelten. Somit wäre Fischer cisions-Kugellager-Werke Fichtel & Schwierigkeiten, den Nachbau mit Tret- bleme mit ihrem Namen bekam. Machte tatsächlich der Erfinder des Tretkurbelan- Sachs“. Die 1903 zum Patent angemelde- kurbeln zu versehen. Und er war fahrbar, es sich zur Zeit des Nationalsozialismus triebs gewesen. Eine Quelle für diesen te „Torpedo-Freilaufnabe“ revolutionier- der Nachbau, wie Popp feststellte. in Deutschland vielleicht noch gut, mit Sachverhalt ist die FAG-Firmenchronik te das Fahrradfahren und sicherte der Fir- dem Markennamen NSU eine gewisse aus dem Jahre 1900, in der es heißt, dass Fi- ma für Jahrzehnte einen Verkaufserfolg. Am 8. März 2012 fand im Geburtsort Fi- Systemnähe zu suggerieren und mit Fahr- scher ein „Laufrad … anfangs der 50er Jah- schers eine große Feier statt. Über 100 radtypen wie „NSU-Wehrsport“ oder re mit Tretkurbeln versah“. Dies wurde Lehrmeinung Gäste, überwiegend Oberndorfer, dräng- „NSU-Grenzland“ für den damaligen laut Popp inzwischen auch durch Profes- ten sich im Ex-Feuerwehrhaus, um dem Zeitgeist „klangvolle“ Bezeichnungen zu sor Erhard Lessing bestätigt. Bekannt geworden ist Fischers „Ei- Vortrag von Hermann Popp zu lauschen, haben, so stellte sich das nach der Zer- der über das Leben von Philipp Moriz Fi- genbau-Velociped“ aus der „Städtischen Ingenieur Hermann Popp mit seinem Barriere freien Fahrrad im Jahr 2010 auf der Unterfrankenschau. schlagung Hitlerdeutschlands ganz an- Moriz Fischer beschäftigte sich aller- Sammlung“ Schweinfurts. In einem Be- scher referierte. Seine Geschichte kennen ders dar. dings nicht weiter mit der Fahrmaschine, wir ja nun. Danach durften die Besucher ke, Paturi wird ein Hochrad als „Lady- sondern widmete sich wie zuvor dem Or- den Tretkurbel-Nachbau bewundern und Bicycle“ vorgestellt, das asymmetrisch ge- Es gibt Berichte, nach denen Werksan- gel- und Instrumentenbau. Anders sein vereinzelt auch ausprobieren. baut war, „damit die Fahrerin im Damen- gehörige bei Kontrollen durch die ameri- Sohn Friedrich, der Tretkurbelvelocipe- reitsitz fahren kann“. Im KS 31 behaupte- kanischen Besatzungstruppen Schwierig- de, Hoch- und Niederräder baute. Fried- Hermann Popp, der Tüftler te der Autor dieses Textes, dass mit dieser keiten bekamen, sobald den Kontrolleu- rich Fischer (1849 - 1899 in Schweinfurt) Konstruktion das Fahren technisch nicht ren ihr Werksausweis mit dem Aufdruck gilt als Erfinder der runden Stahlkugel. Wie bereits erwähnt, das Thema Fahr- möglich wäre. Er übernahm damit die „NSU“ in die Hände fiel. Oft fanden sie Er gründete 1896 die „Erste Automati- rad ließ Hermann Popp nicht mehr los. Meinung anderer Experten. Popp wollte sich dann in der Kommandantur wieder, sche Gußstahlkugelfabrik Friedrich Fi- Wann und wie die Idee entstand, weiß er es genau wissen. Er baute eines seiner und es bedurfte längerer Erläuterungen, scher AG“, die spätere FAG. nicht mehr so genau. Jedenfalls störte ihn, Fahrrad-Versuchsmodelle um und ver- um zu erklären, dass die Buchstaben dass die Fahrradkonstrukteure eigentlich setzte das Vorderrad um 210 mm. Mit die- „NS“ in NSU nicht für „Nationalsozialis- Friedrich Fischer konstruierte 1883 ei- seit über 100 Jahren nichts wirklich Neues sem Modell konnte er problemlos fahren tisch“ standen. Dieser Umstand veran- ne Kugelschleifmaschine, mit der es mög- geschaffen haben. Wieder hatte er einen und ist sich deshalb sicher, dass es das Da- lasste die NSU-Werke AG Neckarsulm, lich wurde, in großen Mengen absolut run- Gedanken, dieses Mal den, einen Fahr- men-Hochrad gegeben hat. Leider ist bis- so der Firmenname ab Mitte 1945, im de Stahlkugeln zu produzieren. Der von radrahmen benutzerfreundlich und si- her ein solches Modell nicht bekannt ge- Heft Eins ihrer NSU-Mitteilung vom Fischer und Wilhelm Höpflinger weiter- cher zu gestalten. Und so entwickelte der worden. Ende des Jahres 1947 zu einer Klarstel- entwickelte Apparat wurde 1890 zum Pa- Rentner, der sich ab Mitte 1992 im „Un- lung (siehe Historisches Dokument). tent angemeldet und war Grundstein für ruhestand“ befand, ab 2000 das „Barriere Soviel aus der bisherigen „Popp'schen die in den Folgejahren entstehende Wälz- freie Fahrrad“, von ihm auch als „Millen- Wundertüte“. Der Autor ist sich sicher, NSU trug dieses Kürzel bereits seit lager-Industrie, die durch den Boom der nium-Rad“ bezeichnet. Mit ihm legten dass dem Ingenieur noch das eine oder an- 1892 im Firmenzeichen. In jenem Fahrradindustrie stetig wuchs. Bereits der Ingenieur und seine Frau weit über dere zum Thema Fahrrad einfällt. Warten Jahr beendeten die Neckarsulmer ihre 1872 hatte Fischer eine erste Firma ge- 10.000 Kilometer zurück. Weil ihm seine wir es ab. Strickmaschinenfertigung und gingen gründet, die mit Nähmaschinen und Fahr- Idee so sehr gefiel, baute er nach dem glei- vollständig zur Herstellung von Fahrrä- Anmerkungen und Quellenangaben rädern handelte. chen Prinzip auch verschiedene Mehr- dern über. Die Fahrradproduktion ende- spur- und Sesselfahrräder. /1/ Dr. Friedrich Leonhardt Enderlein (1801-1876) te dann erst 1963 nach immerhin 77 Jah- Im Zusammenhang mit Schweinfurt wurde 1837 zum Professor der ersten ren! Die Rechte am Namen „NSU“ trägt sollte an dieser Stelle noch Ernst Sachs er- Dafür, dass Popp den Sachen auf den Gymnasialklasse in Schweinfurt ernannt. Er heute die NSU GmbH, Neckarsulm, die verfasste die handschriftliche Chronik „Ein wähnt werden (1867 - 1932). Sachs melde- Grund geht, gibt es noch ein Beispiel. In Menschenalter in Schweinfurt“ und berichtete zu AUDI gehört. te 1894 sein erstes Nabenpatent an und Lange umstritten: Das Lady-Bicycle aus dem Band „Mit dem Fahrrad durch zwei Jahrhunderte“. Dass es dem bekannten Buch „Mit dem Fahrrad im Abschnitt für das Jahr 1869 über die gründete ein Jahr später mit dem Kauf- fahrbar ist, zeigt der Popp'sche Prototyp mit versetzten Achsen im Bild links daneben. durch zwei Jahrhunderte“ von Rauck, Vol- „Velocipedesreiterei“. Sven Dewitz, Hennigsdorf

24 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 25 Historisches Dokument Häusliche Erinnerungen Auf dem Fahrrad durch die weite Welt

Ilona Thieme hat der Redaktion nachfolgenden Text zukommen lassen. Er stammt aus der Feder von Hedwig Pringsheim-Dohm, Schwiegermutter des Schriftstellers Tho- mas Mann. Ursprünglich veröffentlicht am 10.8.1930 als Feuilleton in der Vossischen Zeitung, erfuhr er 2005 eine Neuauflage, zusammen mit zehn weiteren Feuilletons der gleichen Autorin, bei Nicola Knoth in Berlin, Titel: „Häusliche Erinnerungen“.

Das Auto hat das Fahrrad verdrängt, es kel hinaufschiebt. Aber, wie gesagt, ich ist zum Vehikel des kleinen Mannes ge- fuhr jahrelang in Hosen. „Steig ab, du worden, des Arbeiters, des Ausgehers, des Sau!“, war einer von den Kosenamen, mit Packträgers, ein bequemes, billiges Beför- denen mich Lastwagenführer außerhalb derungsmittel. Und wenn er sich's leisten der Stadt oft und gern regalierten; und da- kann, hat der jetzt auch schon ein Motor- bei drängten sie einen so dicht an den Stra- rad, auf dem er, sein Mädchen hinten auf ßenrand, daß das Absteigen fast unmög- dem Soziussitze, am Sonntag mit hölli- lich wurde. Dafür erntete ich von seiten schem, nervenzerreißendem Geknatter der Herren Sportskollegen manche ga- in Gottes freie Natur und seine angren- lante Anerkennung. Als ich einmal mit zenden Biergärten rast. Meines Mannes meinem Manne heimkehrte, fuhren auf Masseur fährt im eigenen Herrschaftsau- der Leopoldstraße längere Zeit zwei Rad- to vor, der Hühneraugenmann auch. Scha- fahrer dicht hinter uns her, bis der eine de. Es war eine hübsche Zeit, als das Velo- mir zurief: „Fräulein, ihre Waden erregen Die junge Hedwig Pringsheim-Dohm 1892. ciped aufkam und der Fahrradsport eine allgemeines Aufsehen und Bewunde- noble Passion war. rung!“ Und zum Freunde gewendet: In Frankreich nur, so lange man uns „Gelt, Spezi, das san a Paar Waderln!“ Ja, etwas extravagante fünf Radfahrer in Kni- Mein Mann und meine drei Buben fuh- das war eine schöne Zeit, als man noch ckerbockers für Engländer hielt. Denn es ren schon lustig durch die Welt, da wollte Waderln tragen durfte! Heute muß man war während des Burenkrieges, wo der ur- ich denn doch auch mittun. Ich war eine sich ja richtig schämen, wenn man welche alte Engländerhaß der Nordfranzosen, der ersten Damen, die in München „ra- hat, und sie sich abhungern im Schweiße der seit Jahrhunderten immer unter der delten“. Das war damals, Ende der achtzi- seines Angesichts. In Berlin fand ich ande- Asche geglüht hat, neu aufflammte. ger Jahre, noch gar nicht so einfach. Ich ren, minder bajuvarischen Zuspruch. Ein Schon in einem Café in Reims empfing mußte mich auf der Polizei melden mit ei- Passant im Berliner Osten blieb bei mei- man uns mit gehässigen Zurufen und Pfei- ner schriftlichen Erlaubnis meines Ehe- nem Anblick förmlich entgeistert stehen fen, und „voilá L´agence Cook“ war noch mannes und Gebieters, mußte Alter und und machte dann seiner Verblüffung über die mildeste Form. Aber weiter nördlich, Konfession, Namen, Stand und Konfessi- die ungewohnte Hosenmadam mit den wo ich unglücklicherweise durch Stra- on meiner Eltern angeben, und da alles so- Worten: „ Meschugge ist Trumpf!“ befrei- ßenreparaturen von meinen vorausfah- weit stimmte, wurde mir gestattet, an ei- end Luft; während ein galanter Maurer renden Herren getrennt wurde, zwangen nem bestimmten Datum an der offiziel- auf seinem Bau mit der Zunge schnalzte mich die Arbeiter, vom Rade abzustei- len Prüfung teilzunehmen, die auf einem und anerkennend meinte: „Det wär wat gen, indem sie mir zuriefen: „à bas les An- weitläufigen Terrain draußen vor der for meinen Jaumen!“ glais, vivent les Boers!“ Ich stieg also ge- Stadt, mit allerlei Kurven und hinterlisti- horsam ab und sagte ebenso höflich wie gen Schikanen dann auch zur gegebenen Bald aber genügten uns unsere deut- französisch: „ Sie haben ganz recht, Mes- Zeit stattfand. Klopfenden Herzens schen Vaterländer nicht mehr, wir streb- sieurs, und ich rufe mit Ihnen: hoch die Bu- schwang ich mich aufs Rad, bestand die ten ins Weite. Und ich muß sagen, die zehn ren, nieder mit den Engländern, wir sind Prüfung, war nun losgelassen auf meine und mehr Jahre, in denen wir während un- nämlich keine Engländer, sondern Deut- Mitmenschen und machte sehr stolz an serer Sommerferien durch halb Europa sche.“ Darauf zogen die Arbeiter ihre der Seite meines vierzehnjährigen Buben radelten, gehören zu meinen hübschesten Mützen, entschuldigten sich höflich:“ Oh, meine erste Fahrt durch die Stadt. Erinnerungen. Auf keine andre Weise Madame ist Deutsche, das ist etwas ande- konnte man Land und Leute so intim ken- res, Pardon! Filez, Madame, filez“ und et- Damals herrschte noch eine große Ani- nenlernen, wie auf diesen natürlich im- was aufgeregt über den Zwischenfall, mosität von seiten der Fuhrwerksbesitzer merhin strapaziösen und schweißtreiben- aber in stolzem Gefühl unserer Beliebt- gegen die Radfahrer, die Pferde scheuten den Fahrten. Wir haben zweimal die heit, erreichte ich meine Herren, die gar Nebenstehend eine Sei- leicht vor dem ungewohnten Anblick, Schweiz, zweimal Norwegen von der Ost- nicht wußten, wo ich geblieben war… te aus dem ersten Heft der „NSU-Revue“, Zeit- und man war vielen Unannehmlichkeiten bis zur Westküste durchquert, sind von Bo- (und) in Caen stimmte die französische schrift für „NSU-Fahrer“ ausgesetzt; zumal wenn man ein Frauen- zen bis Nizza gefahren, den Rhein entlang behäbige Wirtin, als sie hörte, wir wären von Ende 1947. zimmer in Hosen war. Denn jahrelang nach Holland, durch Nordfrankreich, Deutsche, eine solche Lobeshymne über hielt man es für undenkbar, in Damen- Normandie und Bretagne, durch Süd- unsern Kaiser an, daß mir ganz schlecht Darin sah sich das Un- ternehmen veranlasst, kleidern zu fahren; dann kam der Hosen- England bis Landsend und hinauf durch wurde: „Ah, votre empereur! Was für ein das Namenskürzel zu rock auf, ein „Junctim“ aus Hose und Cornwall nach Wales – kurz wir haben ein Mann! Ja, wenn wir den hätten, dann sähe erklären und sich von Rock (dies neue Modewort kann ich mir schönes Stück Welt gesehen und erlebt. es anders bei uns aus!“ Mein Gott, ich hät- nationalsozialistischen nicht verkneifen, zumal seit ich las, daß es Natürlich hat es an Abenteuern aller Art te ihn ihr billig abgetreten! Organisationen zu dis- tanzieren. schon bei Cicero vorkommt), und heute nicht gefehlt; aber ich kann mich nicht er- radelt jedes weibliche Wesen im engen innern, daß wir, außer mit unseren ober- In England widerfuhr mir großes Abbildung: Sven Dewitz kurzen Kleidchen, das sich beim Pedalie- bayerischen Bauern im Gebirge, unange- Heil. Denn in einem kleinen, nie von Aus- ren gar lieblich bis über den Oberschen- nehme Erfahrungen gemacht hätten. ländern berührten Landstädtchen konn-

26 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 27 Historisches Dokument Häusliche Erinnerungen Auf dem Fahrrad durch die weite Welt

Ilona Thieme hat der Redaktion nachfolgenden Text zukommen lassen. Er stammt aus der Feder von Hedwig Pringsheim-Dohm, Schwiegermutter des Schriftstellers Tho- mas Mann. Ursprünglich veröffentlicht am 10.8.1930 als Feuilleton in der Vossischen Zeitung, erfuhr er 2005 eine Neuauflage, zusammen mit zehn weiteren Feuilletons der gleichen Autorin, bei Nicola Knoth in Berlin, Titel: „Häusliche Erinnerungen“.

Das Auto hat das Fahrrad verdrängt, es kel hinaufschiebt. Aber, wie gesagt, ich ist zum Vehikel des kleinen Mannes ge- fuhr jahrelang in Hosen. „Steig ab, du worden, des Arbeiters, des Ausgehers, des Sau!“, war einer von den Kosenamen, mit Packträgers, ein bequemes, billiges Beför- denen mich Lastwagenführer außerhalb derungsmittel. Und wenn er sich's leisten der Stadt oft und gern regalierten; und da- kann, hat der jetzt auch schon ein Motor- bei drängten sie einen so dicht an den Stra- rad, auf dem er, sein Mädchen hinten auf ßenrand, daß das Absteigen fast unmög- dem Soziussitze, am Sonntag mit hölli- lich wurde. Dafür erntete ich von seiten schem, nervenzerreißendem Geknatter der Herren Sportskollegen manche ga- in Gottes freie Natur und seine angren- lante Anerkennung. Als ich einmal mit zenden Biergärten rast. Meines Mannes meinem Manne heimkehrte, fuhren auf Masseur fährt im eigenen Herrschaftsau- der Leopoldstraße längere Zeit zwei Rad- to vor, der Hühneraugenmann auch. Scha- fahrer dicht hinter uns her, bis der eine de. Es war eine hübsche Zeit, als das Velo- mir zurief: „Fräulein, ihre Waden erregen Die junge Hedwig Pringsheim-Dohm 1892. ciped aufkam und der Fahrradsport eine allgemeines Aufsehen und Bewunde- noble Passion war. rung!“ Und zum Freunde gewendet: In Frankreich nur, so lange man uns „Gelt, Spezi, das san a Paar Waderln!“ Ja, etwas extravagante fünf Radfahrer in Kni- Mein Mann und meine drei Buben fuh- das war eine schöne Zeit, als man noch ckerbockers für Engländer hielt. Denn es ren schon lustig durch die Welt, da wollte Waderln tragen durfte! Heute muß man war während des Burenkrieges, wo der ur- ich denn doch auch mittun. Ich war eine sich ja richtig schämen, wenn man welche alte Engländerhaß der Nordfranzosen, der ersten Damen, die in München „ra- hat, und sie sich abhungern im Schweiße der seit Jahrhunderten immer unter der delten“. Das war damals, Ende der achtzi- seines Angesichts. In Berlin fand ich ande- Asche geglüht hat, neu aufflammte. ger Jahre, noch gar nicht so einfach. Ich ren, minder bajuvarischen Zuspruch. Ein Schon in einem Café in Reims empfing mußte mich auf der Polizei melden mit ei- Passant im Berliner Osten blieb bei mei- man uns mit gehässigen Zurufen und Pfei- ner schriftlichen Erlaubnis meines Ehe- nem Anblick förmlich entgeistert stehen fen, und „voilá L´agence Cook“ war noch mannes und Gebieters, mußte Alter und und machte dann seiner Verblüffung über die mildeste Form. Aber weiter nördlich, Konfession, Namen, Stand und Konfessi- die ungewohnte Hosenmadam mit den wo ich unglücklicherweise durch Stra- on meiner Eltern angeben, und da alles so- Worten: „ Meschugge ist Trumpf!“ befrei- ßenreparaturen von meinen vorausfah- weit stimmte, wurde mir gestattet, an ei- end Luft; während ein galanter Maurer renden Herren getrennt wurde, zwangen nem bestimmten Datum an der offiziel- auf seinem Bau mit der Zunge schnalzte mich die Arbeiter, vom Rade abzustei- len Prüfung teilzunehmen, die auf einem und anerkennend meinte: „Det wär wat gen, indem sie mir zuriefen: „à bas les An- weitläufigen Terrain draußen vor der for meinen Jaumen!“ glais, vivent les Boers!“ Ich stieg also ge- Stadt, mit allerlei Kurven und hinterlisti- horsam ab und sagte ebenso höflich wie gen Schikanen dann auch zur gegebenen Bald aber genügten uns unsere deut- französisch: „ Sie haben ganz recht, Mes- Zeit stattfand. Klopfenden Herzens schen Vaterländer nicht mehr, wir streb- sieurs, und ich rufe mit Ihnen: hoch die Bu- schwang ich mich aufs Rad, bestand die ten ins Weite. Und ich muß sagen, die zehn ren, nieder mit den Engländern, wir sind Prüfung, war nun losgelassen auf meine und mehr Jahre, in denen wir während un- nämlich keine Engländer, sondern Deut- Mitmenschen und machte sehr stolz an serer Sommerferien durch halb Europa sche.“ Darauf zogen die Arbeiter ihre der Seite meines vierzehnjährigen Buben radelten, gehören zu meinen hübschesten Mützen, entschuldigten sich höflich:“ Oh, meine erste Fahrt durch die Stadt. Erinnerungen. Auf keine andre Weise Madame ist Deutsche, das ist etwas ande- konnte man Land und Leute so intim ken- res, Pardon! Filez, Madame, filez“ und et- Damals herrschte noch eine große Ani- nenlernen, wie auf diesen natürlich im- was aufgeregt über den Zwischenfall, mosität von seiten der Fuhrwerksbesitzer merhin strapaziösen und schweißtreiben- aber in stolzem Gefühl unserer Beliebt- gegen die Radfahrer, die Pferde scheuten den Fahrten. Wir haben zweimal die heit, erreichte ich meine Herren, die gar Nebenstehend eine Sei- leicht vor dem ungewohnten Anblick, Schweiz, zweimal Norwegen von der Ost- nicht wußten, wo ich geblieben war… te aus dem ersten Heft der „NSU-Revue“, Zeit- und man war vielen Unannehmlichkeiten bis zur Westküste durchquert, sind von Bo- (und) in Caen stimmte die französische schrift für „NSU-Fahrer“ ausgesetzt; zumal wenn man ein Frauen- zen bis Nizza gefahren, den Rhein entlang behäbige Wirtin, als sie hörte, wir wären von Ende 1947. zimmer in Hosen war. Denn jahrelang nach Holland, durch Nordfrankreich, Deutsche, eine solche Lobeshymne über hielt man es für undenkbar, in Damen- Normandie und Bretagne, durch Süd- unsern Kaiser an, daß mir ganz schlecht Darin sah sich das Un- ternehmen veranlasst, kleidern zu fahren; dann kam der Hosen- England bis Landsend und hinauf durch wurde: „Ah, votre empereur! Was für ein das Namenskürzel zu rock auf, ein „Junctim“ aus Hose und Cornwall nach Wales – kurz wir haben ein Mann! Ja, wenn wir den hätten, dann sähe erklären und sich von Rock (dies neue Modewort kann ich mir schönes Stück Welt gesehen und erlebt. es anders bei uns aus!“ Mein Gott, ich hät- nationalsozialistischen nicht verkneifen, zumal seit ich las, daß es Natürlich hat es an Abenteuern aller Art te ihn ihr billig abgetreten! Organisationen zu dis- tanzieren. schon bei Cicero vorkommt), und heute nicht gefehlt; aber ich kann mich nicht er- radelt jedes weibliche Wesen im engen innern, daß wir, außer mit unseren ober- In England widerfuhr mir großes Abbildung: Sven Dewitz kurzen Kleidchen, das sich beim Pedalie- bayerischen Bauern im Gebirge, unange- Heil. Denn in einem kleinen, nie von Aus- ren gar lieblich bis über den Oberschen- nehme Erfahrungen gemacht hätten. ländern berührten Landstädtchen konn-

26 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 27 Häusliche Erinnerungen Eine kuriose Vereinsgründung te die auf ihren Hochsitz thronende Wir- die Stadt und beschlossen, in ein anderes, merkungen über die sogenannten W.C.s Nordhang sei noch gänzlich verschneit Limone, einem kleinen, ebenfalls noch in tin des Gasthofs sich gar nicht genug wun- entgegenkommenderes Hotel zu übersie- verunziert habe, sei es mir gestattet, auch und vereist. Wir mußten also gute Miene Schnee begrabenem Bergnest, von dem dern über uns gesittete Deutsche, und sie deln. Als wir aber zurückkamen, wurden die norwegische Eigenart dieser Lokali- zum bösen Spiel machen und den angebo- aber eine Schmalspurbahn nach Turin hin- krönte ihr Lob mit den Worten: „Man wir katzbuckelnd und mit geradezu krie- täten diskret zu streifen. Es sind das ge- tenen Omnibus, der schon zu Noas Zeiten unterführte. Das Nachtquartier in diesem könnte Ihre Söhne fast für Engländer hal- cherischer Höflichkeit empfangen, man räumige, luftige Holzhäuser, die sich in hy- ein uralter ausrangierter Kasten gewesen Limone spottete jeder Beschreibung, es ten, so wohlerzogen sind sie.“ Ich war bot uns bessere Zimmer an, erwies uns ge- gienisch angemessener Entfernung vom sein muß, akzeptieren. Unsere Räder wur- war so phantastisch – urzeitlich, daß es ebenso erhoben wie gerührt und dankte radezu göttliche Ehren. Was war inzwi- Wohnhaus befinden, meistens recht fami- den verstaut, wir wickelten uns, so gut es selbst den von Flöhen positiv schwarzen der dicken Dame herzlich für ihre gute schen geschehen? Björnstjerne Björn- liäre Anlagen mit zwei größeren Sitzen ging, in unsere Lodenkrägen und los ging Strohsack in der Knechtekammer von Meinung. son* hatte uns antelefoniert, er erwarte für Erwachsene und zwei kleineren für die Fahrt, mit einem banditenartigen Kut- Mont St. Michel weit in den Schatten stell- uns für den nächsten Tag in Aulestad! Kinder, so daß das Ganze den Charakter scher auf dem Bock. Inmitten des zwei Ki- te. Da war es denn kein Opfer, daß wir Auf unserer ersten Radfahrt durch Björnson, der ungekrönte König von Nor- einer geselligen Veranstaltung trägt. Und lometer langen, stockdunklen Tunnels, schon früh um fünf in die nächtliche Kälte Norwegen hatten wir, neben den schöns- wegen! Wen der zu sich einlud, der war ge- wenn man auch nicht in a l l e n mit der den wir zunächst durchqueren mußten, hinaus mußten, um den einzigen Zug nach ten Naturerlebnissen, auch Einblick in weiht: w i r waren geweiht. Die zwei Ta- gastlichen Inschrift „Velkommen Herrer hielt unser Gefährt plötzlich an und ein Turin zu erreichen, wobei unsere Hände eine uns doch ziemlich fremde Men- ge, die wir bei Björnsons in Aulestad ver- og Damer!“ begrüßt wurde, so fanden wir zweiter Bandit sprang zu dem ersten auf an der Lenkstange der Räder, die wir zur schenwelt. Zuerst fanden wir diese nordi- brachten, sind mir unvergeßlich. In sei- doch durchweg die Winterpelze der Fami- den Bock. Ich schmiegte mich an meinen Bahn schieben mußten, fast anfroren. sche Bevölkerung bis zur Unhöflichkeit nem gastlichen Heim, einige Eisenbahn- lien dort aufbewahrt zum Schutz gegen Mann, flüsterte ihm zu: Jetzt geschieht das schroff und unzugänglich, niemand fragte stunden und eine kurze Wagenfahrt von Motten, was den Kürschner erspart und Schreckliche! Und erwartete zitternd den Und dann Turin! Schönheit, Zivilisati- nach einem, wenn man todmüde ankam, der Hauptstadt entfernt, wirkte Björnson recht wohnlich aussieht. Nun, bei Björn- Todesstoß. Kein Mensch auf der weiten on, italienischer Frühling, Nietzsche- Erin- kein Hausknecht stürzte sich dienstbeflis- nun nicht wie ein König, sondern wie ein sons verhielt es sich nicht anders. Und an Welt wußte, wo wir uns befanden, wir wür- nerung! Aber solche Kontraste machen sen herbei, uns die verschmutzten Räder ehrfurchtgebietender, von Familie und schönen Sommertagen machte der Haus- den zwar vermißt, aber unsere Leichen das Leben reich. Und: wenn einer eine abzunehmen, jeder schien nur auf sich ge- Bevölkerung abgöttisch geliebter, alter herr es sich bequem, saß seine Zeitung le- nie aufgefunden werden. Doch das Reise tut, so kann er was erzählen. stellt. Mir war diese ehrliche Derbheit Patriarch, sein Haus nichts weniger als ein send, bei weit geöffneter Tür und genoß Schreckliche geschah nicht. Als wir den nicht unsympathisch, und mit der Zeit Palais, mehr ein geräumiges, sehr behagli- dort der freundlichen Aussicht und der fri- Hedwig Pringsheim-Dohm 1896. schwarzen Tunnel hinter uns hatten, *Björnsterne Björnson (1832-1910), fand ich sie viel würdiger und menschlich ches Bauerngehöft mit landwirtschaftli- schen Luft. Wenn dann an Sonntagmor- sprang Bandit zwei ab, dankte Bandit eins, Journalist, Dichter und Schriftsteller, No- höherstehend, als die übertünchte, trink- chem Zubehör, alles gediegen, altväter- gen die Bevölkerung fromm zur Kirche So machten wir denn auf unseren Rad- daß er ihn durch den schmutzigen Tunnel belpreisträger. geldlüsterne Zivilisation von uns „Süd- lich, norwegisch... wandelte, machte sie vor der offenen Tür fahrten die amüsantesten und lehrreich- mitgenommen habe, zog seinen breitran- Quellenhinweis: ländern“. Denn dafür gelten wir Deut- Halt, die Frauen knixten bis zur Erde, die sten Erfahrungen. Doch würde ich nie- digen Räuberhut vor uns und ent- sche ihnen ja, das fängt schon bei den Dä- Von der fast phantastischen Populari- Männer zogen die Hüte, und der unge- manden anraten, im April über den Col di schwand. Unserer aber harrte eine neue, /1/ Nachdruck aus: „Häusliche Erinnerungen.“ 11 nen an. tät Björnsons mag folgende kleine, wahre krönte König von Norwegen nahm, auf Tenda zu radeln, wie mein Mann und ich unliebsame Ueberraschung! Vom blü- Feuilletons von Hedwig Pringsheim-Dohm in Anekdote Zeugnis ablegen. Da ich schon seinem Throne sitzend, die Huldigung sei- es in namenlosem Unverstand auf der henden, grünenden Süden kommend, fan- der Vossischen Zeitung 1929-1932. Hrsg. und eingeleitet von Nikola Knoth, Eigenverlag, Es war eine ziemlich anstrengende mehrfach meine Reiseeindrücke mit An- nes Volkes entgegen. Rückfahrt von Nizza riskierten. Bis auf den wir uns plötzlich in eine polare Win- Berlin 2005. Fahrt auf diesen schmalen Straßen mitten die Höhe hinauf war es zwar mühsam, terlandschaft versetzt, ... Schnee, Schnee, durchs Gebirge, und einen Augenblick aber doch noch möglich. Aber oben fan- wohin das Auge blickte. Wie froh waren Bildnachweis: sah ich mich bereits als trauernde Witwe. den wir tiefen Schnee, und der Wirt des wir nun unserer vorsintflutlichen Kutsche, Fotos aus: Hedwig Pringsheim, Meine Manns, Mein Mann ist Mathematiker und lag als kleinen Berggasthauses erklärte es für denn hier wären wir in der Tat mit unseren (Briefe an Maximilian Harden 1900-1922) Aufbau- solcher viel öfter im Straßengraben, als es ausgeschlossen, daß wir in leichten Klei- Rädern nie durchgekommen. Mit der fuh- Verlag, Berlin, herausgegeben von Helga und sich bei der Sicherheit seiner Fahrkunst dern mit den Rädern weiter könnten, der ren wir nun noch eine endlose Strecke, bis Manfred Naumann, 1. Auflage 2006. erwarten ließ. Aber mathematische Pro- bleme lösen und dabei die Lenkstange zu- verlässig regieren, das läßt sich nicht im- mer vereinigen. Ist aber der Straßengra- Eine kuriose ben ein jäh abfallender Abgrund mit schäumendem Gebirgswasser in der Tie- Vereinsgründung fe, so sieht die Sache schon gefährlicher aus. Und an einer solchen Stelle sah ich Das nebenstehende Foto schickte uns den vor mir Radelnden plötzlich ins Wan- Michael Faiß aus Tübingen zu, im Nach- ken geraten und mit seinem Rade stür- gang zur Fotodoppelseite, die wir im KS zen. Ich konnte nur aufschreien und mir 52 veröffentlicht haben. Michael archi- die Augen zuhalten, denn ich wollte das viert alte Bilder seines Radfahrervereins, Gräßliche nicht ansehen. Aber Mathema- des RVD-Derendingen 05 – Derendin- tiker und Kinder scheinen einen eigenen gen ist heute ein Stadtteil von Tübingen. Schutzengel zu haben, denn als ich die Au- gen wieder öffnete, lag mein Mathemati- Die Aufnahme entstand anlässlich des ker nicht zerschmettert im Abgrund, son- einjährigen Vereinsjubiläums. Wer genau dern etwas erschrocken, aber heil und ge- darauf zu sehen ist, lässt sich heute leider sund zwischen zwei Prellsteinen, die ihn nicht mehr ermitteln. Das Fest fand je- vor dem sicheren Tod gerettet hatten. doch in Derendingen statt und das Foto ist vor dem Ochsen (Gastwirtschaft) auf- So kamen wir denn in ziemlich er- genommen worden. schöpftem, sehr abgerissenen Zustand in Christiania (noch nicht „Oslo“) an und Besonders kurios ist aber die Ge- wurden, trotz telegrafisch bestellten Zim- schichte der Vereinsgründung, die sich im Gasthaus zum Ochsen eingeladen. Durch Ochsen zu Derendingen tatsächlich meh- mern, in dem Hotel als untergeordnete Jahr zuvor ereignete: Im Nachbarort Duß- einen Druckfehler in der damaligen Aus- rere Radsportfreunde ein. Obwohl der Reisende recht bagatellmäßig behandelt lingen hatten im Mai 1905 radsportbe- gabe der „Tübinger Chronik“ stand in der Irrtum sofort aufgeklärt wurde, beschlos- und minderwertig untergebracht. Wir klei- geisterte Bürger zu einer Gründungsver- Zeitung anstatt Dußlingen „Derendin- sen die Anwesenden, auch in Derendin- deten uns um, machten einen Gang durch Hedwig Pringsheim-Dohms mit ihren 5 Kindern. sammlung für einen Radfahrerverein ins gen“ zu lesen. Daraufhin fanden sich im gen einen Radfahrerverein zu gründen.

28 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 29 Häusliche Erinnerungen Eine kuriose Vereinsgründung te die auf ihren Hochsitz thronende Wir- die Stadt und beschlossen, in ein anderes, merkungen über die sogenannten W.C.s Nordhang sei noch gänzlich verschneit Limone, einem kleinen, ebenfalls noch in tin des Gasthofs sich gar nicht genug wun- entgegenkommenderes Hotel zu übersie- verunziert habe, sei es mir gestattet, auch und vereist. Wir mußten also gute Miene Schnee begrabenem Bergnest, von dem dern über uns gesittete Deutsche, und sie deln. Als wir aber zurückkamen, wurden die norwegische Eigenart dieser Lokali- zum bösen Spiel machen und den angebo- aber eine Schmalspurbahn nach Turin hin- krönte ihr Lob mit den Worten: „Man wir katzbuckelnd und mit geradezu krie- täten diskret zu streifen. Es sind das ge- tenen Omnibus, der schon zu Noas Zeiten unterführte. Das Nachtquartier in diesem könnte Ihre Söhne fast für Engländer hal- cherischer Höflichkeit empfangen, man räumige, luftige Holzhäuser, die sich in hy- ein uralter ausrangierter Kasten gewesen Limone spottete jeder Beschreibung, es ten, so wohlerzogen sind sie.“ Ich war bot uns bessere Zimmer an, erwies uns ge- gienisch angemessener Entfernung vom sein muß, akzeptieren. Unsere Räder wur- war so phantastisch – urzeitlich, daß es ebenso erhoben wie gerührt und dankte radezu göttliche Ehren. Was war inzwi- Wohnhaus befinden, meistens recht fami- den verstaut, wir wickelten uns, so gut es selbst den von Flöhen positiv schwarzen der dicken Dame herzlich für ihre gute schen geschehen? Björnstjerne Björn- liäre Anlagen mit zwei größeren Sitzen ging, in unsere Lodenkrägen und los ging Strohsack in der Knechtekammer von Meinung. son* hatte uns antelefoniert, er erwarte für Erwachsene und zwei kleineren für die Fahrt, mit einem banditenartigen Kut- Mont St. Michel weit in den Schatten stell- uns für den nächsten Tag in Aulestad! Kinder, so daß das Ganze den Charakter scher auf dem Bock. Inmitten des zwei Ki- te. Da war es denn kein Opfer, daß wir Auf unserer ersten Radfahrt durch Björnson, der ungekrönte König von Nor- einer geselligen Veranstaltung trägt. Und lometer langen, stockdunklen Tunnels, schon früh um fünf in die nächtliche Kälte Norwegen hatten wir, neben den schöns- wegen! Wen der zu sich einlud, der war ge- wenn man auch nicht in a l l e n mit der den wir zunächst durchqueren mußten, hinaus mußten, um den einzigen Zug nach ten Naturerlebnissen, auch Einblick in weiht: w i r waren geweiht. Die zwei Ta- gastlichen Inschrift „Velkommen Herrer hielt unser Gefährt plötzlich an und ein Turin zu erreichen, wobei unsere Hände eine uns doch ziemlich fremde Men- ge, die wir bei Björnsons in Aulestad ver- og Damer!“ begrüßt wurde, so fanden wir zweiter Bandit sprang zu dem ersten auf an der Lenkstange der Räder, die wir zur schenwelt. Zuerst fanden wir diese nordi- brachten, sind mir unvergeßlich. In sei- doch durchweg die Winterpelze der Fami- den Bock. Ich schmiegte mich an meinen Bahn schieben mußten, fast anfroren. sche Bevölkerung bis zur Unhöflichkeit nem gastlichen Heim, einige Eisenbahn- lien dort aufbewahrt zum Schutz gegen Mann, flüsterte ihm zu: Jetzt geschieht das schroff und unzugänglich, niemand fragte stunden und eine kurze Wagenfahrt von Motten, was den Kürschner erspart und Schreckliche! Und erwartete zitternd den Und dann Turin! Schönheit, Zivilisati- nach einem, wenn man todmüde ankam, der Hauptstadt entfernt, wirkte Björnson recht wohnlich aussieht. Nun, bei Björn- Todesstoß. Kein Mensch auf der weiten on, italienischer Frühling, Nietzsche- Erin- kein Hausknecht stürzte sich dienstbeflis- nun nicht wie ein König, sondern wie ein sons verhielt es sich nicht anders. Und an Welt wußte, wo wir uns befanden, wir wür- nerung! Aber solche Kontraste machen sen herbei, uns die verschmutzten Räder ehrfurchtgebietender, von Familie und schönen Sommertagen machte der Haus- den zwar vermißt, aber unsere Leichen das Leben reich. Und: wenn einer eine abzunehmen, jeder schien nur auf sich ge- Bevölkerung abgöttisch geliebter, alter herr es sich bequem, saß seine Zeitung le- nie aufgefunden werden. Doch das Reise tut, so kann er was erzählen. stellt. Mir war diese ehrliche Derbheit Patriarch, sein Haus nichts weniger als ein send, bei weit geöffneter Tür und genoß Schreckliche geschah nicht. Als wir den nicht unsympathisch, und mit der Zeit Palais, mehr ein geräumiges, sehr behagli- dort der freundlichen Aussicht und der fri- Hedwig Pringsheim-Dohm 1896. schwarzen Tunnel hinter uns hatten, *Björnsterne Björnson (1832-1910), fand ich sie viel würdiger und menschlich ches Bauerngehöft mit landwirtschaftli- schen Luft. Wenn dann an Sonntagmor- sprang Bandit zwei ab, dankte Bandit eins, Journalist, Dichter und Schriftsteller, No- höherstehend, als die übertünchte, trink- chem Zubehör, alles gediegen, altväter- gen die Bevölkerung fromm zur Kirche So machten wir denn auf unseren Rad- daß er ihn durch den schmutzigen Tunnel belpreisträger. geldlüsterne Zivilisation von uns „Süd- lich, norwegisch... wandelte, machte sie vor der offenen Tür fahrten die amüsantesten und lehrreich- mitgenommen habe, zog seinen breitran- Quellenhinweis: ländern“. Denn dafür gelten wir Deut- Halt, die Frauen knixten bis zur Erde, die sten Erfahrungen. Doch würde ich nie- digen Räuberhut vor uns und ent- sche ihnen ja, das fängt schon bei den Dä- Von der fast phantastischen Populari- Männer zogen die Hüte, und der unge- manden anraten, im April über den Col di schwand. Unserer aber harrte eine neue, /1/ Nachdruck aus: „Häusliche Erinnerungen.“ 11 nen an. tät Björnsons mag folgende kleine, wahre krönte König von Norwegen nahm, auf Tenda zu radeln, wie mein Mann und ich unliebsame Ueberraschung! Vom blü- Feuilletons von Hedwig Pringsheim-Dohm in Anekdote Zeugnis ablegen. Da ich schon seinem Throne sitzend, die Huldigung sei- es in namenlosem Unverstand auf der henden, grünenden Süden kommend, fan- der Vossischen Zeitung 1929-1932. Hrsg. und eingeleitet von Nikola Knoth, Eigenverlag, Es war eine ziemlich anstrengende mehrfach meine Reiseeindrücke mit An- nes Volkes entgegen. Rückfahrt von Nizza riskierten. Bis auf den wir uns plötzlich in eine polare Win- Berlin 2005. Fahrt auf diesen schmalen Straßen mitten die Höhe hinauf war es zwar mühsam, terlandschaft versetzt, ... Schnee, Schnee, durchs Gebirge, und einen Augenblick aber doch noch möglich. Aber oben fan- wohin das Auge blickte. Wie froh waren Bildnachweis: sah ich mich bereits als trauernde Witwe. den wir tiefen Schnee, und der Wirt des wir nun unserer vorsintflutlichen Kutsche, Fotos aus: Hedwig Pringsheim, Meine Manns, Mein Mann ist Mathematiker und lag als kleinen Berggasthauses erklärte es für denn hier wären wir in der Tat mit unseren (Briefe an Maximilian Harden 1900-1922) Aufbau- solcher viel öfter im Straßengraben, als es ausgeschlossen, daß wir in leichten Klei- Rädern nie durchgekommen. Mit der fuh- Verlag, Berlin, herausgegeben von Helga und sich bei der Sicherheit seiner Fahrkunst dern mit den Rädern weiter könnten, der ren wir nun noch eine endlose Strecke, bis Manfred Naumann, 1. Auflage 2006. erwarten ließ. Aber mathematische Pro- bleme lösen und dabei die Lenkstange zu- verlässig regieren, das läßt sich nicht im- mer vereinigen. Ist aber der Straßengra- Eine kuriose ben ein jäh abfallender Abgrund mit schäumendem Gebirgswasser in der Tie- Vereinsgründung fe, so sieht die Sache schon gefährlicher aus. Und an einer solchen Stelle sah ich Das nebenstehende Foto schickte uns den vor mir Radelnden plötzlich ins Wan- Michael Faiß aus Tübingen zu, im Nach- ken geraten und mit seinem Rade stür- gang zur Fotodoppelseite, die wir im KS zen. Ich konnte nur aufschreien und mir 52 veröffentlicht haben. Michael archi- die Augen zuhalten, denn ich wollte das viert alte Bilder seines Radfahrervereins, Gräßliche nicht ansehen. Aber Mathema- des RVD-Derendingen 05 – Derendin- tiker und Kinder scheinen einen eigenen gen ist heute ein Stadtteil von Tübingen. Schutzengel zu haben, denn als ich die Au- gen wieder öffnete, lag mein Mathemati- Die Aufnahme entstand anlässlich des ker nicht zerschmettert im Abgrund, son- einjährigen Vereinsjubiläums. Wer genau dern etwas erschrocken, aber heil und ge- darauf zu sehen ist, lässt sich heute leider sund zwischen zwei Prellsteinen, die ihn nicht mehr ermitteln. Das Fest fand je- vor dem sicheren Tod gerettet hatten. doch in Derendingen statt und das Foto ist vor dem Ochsen (Gastwirtschaft) auf- So kamen wir denn in ziemlich er- genommen worden. schöpftem, sehr abgerissenen Zustand in Christiania (noch nicht „Oslo“) an und Besonders kurios ist aber die Ge- wurden, trotz telegrafisch bestellten Zim- schichte der Vereinsgründung, die sich im Gasthaus zum Ochsen eingeladen. Durch Ochsen zu Derendingen tatsächlich meh- mern, in dem Hotel als untergeordnete Jahr zuvor ereignete: Im Nachbarort Duß- einen Druckfehler in der damaligen Aus- rere Radsportfreunde ein. Obwohl der Reisende recht bagatellmäßig behandelt lingen hatten im Mai 1905 radsportbe- gabe der „Tübinger Chronik“ stand in der Irrtum sofort aufgeklärt wurde, beschlos- und minderwertig untergebracht. Wir klei- geisterte Bürger zu einer Gründungsver- Zeitung anstatt Dußlingen „Derendin- sen die Anwesenden, auch in Derendin- deten uns um, machten einen Gang durch Hedwig Pringsheim-Dohms mit ihren 5 Kindern. sammlung für einen Radfahrerverein ins gen“ zu lesen. Daraufhin fanden sich im gen einen Radfahrerverein zu gründen.

28 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 29 Veranstaltungen / Ausfahrten Veranstaltungen / Ausfahrten

haltiges Angebot an Teilen und an Kom- 23. International Cycling History Conference in Roeselare pletträdern nahezu aller Epochen und eine Ausstellung besonders interessanter Das Museumsteam hatte es zudem Rennräder. In diesem wachsenden Inter- geschafft, eine ganze Reihe junger esse liegt ja auch ein großes Potenzial, Fahrrad- und Radsporthistoriker neue Gesichter für unser Anliegen zu einzuladen, die darauf hoffen lassen, dass gewinnen. Deshalb war es nur logisch, die „alte Garde“ durch junge Leute dass der Verein Historische Fahrräder ergänzt wird, die die Konferenz auch in e.V. bei der 3. Rennradbörse erstmals als Zukunft bereichern werden. So hatte die Schirmherr aufgetreten ist. Konferenz-Organisation einen „Young Investigator Award“ ausgeschrieben, Der Veranstaltungsort erwies sich wie- über den alle Teilnehmer abstimmen der einmal als gute Wahl, bietet er doch konnten. Den ersten Preis erhielt die mit großer Außenfläche und geräumigen junge Engländerin Morgan Barlow für Sälen in der Alten Schule immer noch ihren spannenden Vortrag über die genug Platz für die jährlich wachsende Radsport-Pionierin Tessie Reynolds, Zahl an Ausstellern. Und die kamen Platz zwei errang die Niederländerin Sue- sogar aus Spanien, England, Frankreich Yen Tjong Tjin Tai, die über „Dutch und den Niederlanden. Ebenso war für Perspektive im Innenraum der alten Schule. Foto: Jutta Winkels industries and the shaping of the Dutch das leibliche Wohl gesorgt und das Wetter national icon, 1870-1940“ sprach. Auf zeigte sich am Sonntag sehr freundlich. die Teilnehmer umso mehr den anschlie- abend fort: viele Gelegenheiten, sich mit Platz drei landete der Belgier Stijn Knuts ßenden Grillabend in trauter Runde Gleichgesinnten auszutauschen, alte mit „Roads less travelled. The history of Weniger glücklich war das Wetter am genossen. Und natürlich wurden schon Gesichter wieder zu sehen, neue Gesich- recreational cycling in Belgium, 1866- Samstag, an dem die Rennradbörse erst- die ersten Geschäfte gemacht, wurde zwi- ter kennen zu lernen.Also, nächstes Jahr Gruppenbild mit allen ICHC-Teilnehmern 2012 in Roeselare. Foto: Renate Franz 1912“, der schon zwei Tage zuvor mit malig mit einer Ausfahrt auf klassischen schen Wurst und Bier schon die Decke unbedingt hinfahren! einem Exzerpt seiner Doktorarbeit Rennrädern eingeläutet wurde. Hier war vom Stand gelüftet. Was hier begann, zog Zum 23. Mal fanden sich die Teilneh- des Radrennsports und behandelte beeindruck hatte. (Themen aller Vorträge Regen der verlässliche Begleiter, worauf sich über die Nacht bis zum Sonntag- Christoph Guder, Hamburg mer der International Cycling History Themen wie „Eddy Merckx. The canni- einsehbar auf cycling-history.org) Conference zusammen, dieses Jahr im bal“ (Daniel Friebe), „Invented tradi- belgischen Roeselare. Rund 50 an tions and imagined communities: the case Natürlich kam auch das Rahmenpro- Fahrrad- und Radsporthistorie Interes- of the Ronde van Vlaanderen (Bart gramm nicht zu kurz: Neben der obligato- Veloziped-Rallye „Hornberger Schießen“ sierte waren gekommen, aus europäi- Vanreusel) oder „The business of rischen Besichtigung des Wielermuseums schen Ländern, den USA, Kanada, professional road cycling 1972-2012: stand ein Besuch im „Vlaams Huis of 29 Radler, die in fünf Klassen an den museum. Drei Schauspieler in histori- Südafrika und Australien. change or ‚surplace'“ (Wim Lagae). Voeding“ an sowie eine Stippvisite beim Start gingen, folgten am 20. Mai der schen (Landsknecht-) Kostümen erläu- Start zur dritten Etappe der Belgien- Einladung des Motor Sport Club Horn- terten, was es mit dem „Hornberger Organisiert wurde die Konferenz vom Erfreulich ist, dass immer mehr neue Rundfahrt in Heist, wobei man auch ein berg zur Veloziped-Rallye „Hornberger Schießen“ auf sich hat. Ihre Führung hin- jungen Team des „Nationaal Wielermu- Nationen zur Konferenz stoßen. Nach- bisschen Seeluft schnuppern konnte. Schießen“ im Herzen des Schwarzwalds. ter die Kulissen vermittelte einen Ein- seums“, das ein abwechslungsreiches und dem im vergangenen Jahr schon Ana Die Veranstaltung findet alle zwei Jahre druck, was für einen Theaterabend alles interessantes Programm vorbereitet Santos als erste Portugiesin an der ICHC Im kommenden Jahr findet die 24. statt und wurde bereits zum 13. Mal aus- geleistet werden muss. Nicht umsonst hatte. Eröffnet wurde sie vom Präsident teilgenommen hatte und die Konferenz Konferenz vom 15. bis 17. Mai 2013 in gerichtet. trägt die Hornberger Bühne das inoffi- des belgischen Radsportverbandes, Tom im kommenden Jahr in Lissabon Lissabon statt. Weitere Informationen zielle Prädikat „Schönste Freilichtbühne Van Damme. organisieren wird, konnte in diesem Jahr unter cycling-history.org. Dort kann man Am Vormittag begann die gemeinsa- in Deutschland“. mit Santiago Gorostiza der erste Spanier sich auch auf die Mailingliste eintragen, me Fahrt in die Hornberger Altstadt. Pa- Da sich Belgien, genauer gesagt begrüßt werden. Er berichtete über so dass man stets die neuesten Nachrich- rallel lockte das „Hornberger Frühlings- Letzte Aufgabe der Teilnehmer war es, Flandern, als „holy land of cycling racing“ Fahrrad und Radsport in Spanien von ten erhält. fest“ eine Menge Besucher in die Stadt. eine Fahrradglocke blind zu montieren - empfindet, verschob sich der Schwer- 1950 bis 1975. In der Fußgängerzone wurden alle Fahrer auf Zeit natürlich. Dann nur noch die punkt der Vorträge hin zur Geschichte Renate Franz, Köln und ihre Maschinen dem Publikum kurze Rückfahrt in die Fußgängerzone vorgestellt. Bei der anschließenden zur Hauptbühne. Dr. Gunter David, Geschicklichkeitsfahrt mussten ein Sla- Sportpräsident des Deutschen Motor- lom, Zwischenraumfahren usw. bewältigt sport-Verbandes, war aus Mönchenglad- Rennrad als Lebensphilosophie werden. bach angereist. Zusammen mit Willi Lau- ble, dem Präsidenten der Landesgruppe Dass alte Rennräder einen besonde- Nach dem gemeinsamen Mittagessen Baden-Württemberg im DMV, und dem ren Reiz haben, hat sich ja mittlerweile im „Tannhäuser“ ging es gestärkt zur Schirmherr, Siegfried Scheffold, Bürger- Elias, der Star der Rallye. auch über Sammlerkreise hinaus eta- zweiten Etappe. Im Stadtmuseum gab es Foto: Günter O. Schulz meister von Hornberg, sowie mit Günter bliert. Es werden eben auch Leute ange- eine kleine Führung zum Thema Bollen- O. Schulz und Dieter Sapia nahm er die sprochen, die im Rennrad ein Fahrrad hüte und Tracht. Das war für alle anwe- sann mit`m Radl da“ sangen alle begeis- Siegerehrung vor: gefunden haben, dass eine bestimmte senden Velozipedisten interessant, da sie tert mit. Stadtgeschichtliches sowie land- Lebensphilosophie ausdrückt. Das war selbst meist historische Kleidung auf Aus- und forstwirtschaftliche Geräte rundeten Die Velozipisten bedanken sich beim auch auf der Rennradbörse Rommerskir- fahrten tragen. Es war auch eine Diatoni- die Ausstellung ab. MSC Hornberg. Wir durften mit bei schö- chen zu spüren. Zum Glück nicht so sehr sche Handharmonika ausgestellt. Noch nem Wetter einen großartigen Tag erle- an den Preisen, vielmehr am bunt ein Modell wird von der Firma Hohner Trotz der schwierigen Topografie – ben. Zum nächsten „Schießen“, 2014, gemischten Publikum: junge Leute, alte gefertigt, jedoch gibt es keine Noten mehr man kann eigentlich nur an der Gutach kommen wir wieder, Hasen und Recken und auch Zaungäste, zu kaufen. Fritz Ludmann aus Gerlingen entlang flussauf oder flussab radeln – die einfach nur mal gucken wollten. Und gehört zu den wenigen, die dieses Instru- konnte sich das Programm wieder sehen Birgit Kugler-Findling, geboten bekamen alle etwas: ein reich- Kurz vor dem Start zur Klassikerausfahrt und kurz vor dem Regen. Foto: Thomas Busch ment noch spielen können. Bei „Ja, mir lassen: Nächste Station war das Freilicht- Leinfelden-Echterdingen

30 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 31 Veranstaltungen / Ausfahrten Veranstaltungen / Ausfahrten

haltiges Angebot an Teilen und an Kom- 23. International Cycling History Conference in Roeselare pletträdern nahezu aller Epochen und eine Ausstellung besonders interessanter Das Museumsteam hatte es zudem Rennräder. In diesem wachsenden Inter- geschafft, eine ganze Reihe junger esse liegt ja auch ein großes Potenzial, Fahrrad- und Radsporthistoriker neue Gesichter für unser Anliegen zu einzuladen, die darauf hoffen lassen, dass gewinnen. Deshalb war es nur logisch, die „alte Garde“ durch junge Leute dass der Verein Historische Fahrräder ergänzt wird, die die Konferenz auch in e.V. bei der 3. Rennradbörse erstmals als Zukunft bereichern werden. So hatte die Schirmherr aufgetreten ist. Konferenz-Organisation einen „Young Investigator Award“ ausgeschrieben, Der Veranstaltungsort erwies sich wie- über den alle Teilnehmer abstimmen der einmal als gute Wahl, bietet er doch konnten. Den ersten Preis erhielt die mit großer Außenfläche und geräumigen junge Engländerin Morgan Barlow für Sälen in der Alten Schule immer noch ihren spannenden Vortrag über die genug Platz für die jährlich wachsende Radsport-Pionierin Tessie Reynolds, Zahl an Ausstellern. Und die kamen Platz zwei errang die Niederländerin Sue- sogar aus Spanien, England, Frankreich Yen Tjong Tjin Tai, die über „Dutch und den Niederlanden. Ebenso war für Perspektive im Innenraum der alten Schule. Foto: Jutta Winkels industries and the shaping of the Dutch das leibliche Wohl gesorgt und das Wetter national icon, 1870-1940“ sprach. Auf zeigte sich am Sonntag sehr freundlich. die Teilnehmer umso mehr den anschlie- abend fort: viele Gelegenheiten, sich mit Platz drei landete der Belgier Stijn Knuts ßenden Grillabend in trauter Runde Gleichgesinnten auszutauschen, alte mit „Roads less travelled. The history of Weniger glücklich war das Wetter am genossen. Und natürlich wurden schon Gesichter wieder zu sehen, neue Gesich- recreational cycling in Belgium, 1866- Samstag, an dem die Rennradbörse erst- die ersten Geschäfte gemacht, wurde zwi- ter kennen zu lernen.Also, nächstes Jahr Gruppenbild mit allen ICHC-Teilnehmern 2012 in Roeselare. Foto: Renate Franz 1912“, der schon zwei Tage zuvor mit malig mit einer Ausfahrt auf klassischen schen Wurst und Bier schon die Decke unbedingt hinfahren! einem Exzerpt seiner Doktorarbeit Rennrädern eingeläutet wurde. Hier war vom Stand gelüftet. Was hier begann, zog Zum 23. Mal fanden sich die Teilneh- des Radrennsports und behandelte beeindruck hatte. (Themen aller Vorträge Regen der verlässliche Begleiter, worauf sich über die Nacht bis zum Sonntag- Christoph Guder, Hamburg mer der International Cycling History Themen wie „Eddy Merckx. The canni- einsehbar auf cycling-history.org) Conference zusammen, dieses Jahr im bal“ (Daniel Friebe), „Invented tradi- belgischen Roeselare. Rund 50 an tions and imagined communities: the case Natürlich kam auch das Rahmenpro- Fahrrad- und Radsporthistorie Interes- of the Ronde van Vlaanderen (Bart gramm nicht zu kurz: Neben der obligato- Veloziped-Rallye „Hornberger Schießen“ sierte waren gekommen, aus europäi- Vanreusel) oder „The business of rischen Besichtigung des Wielermuseums schen Ländern, den USA, Kanada, professional road cycling 1972-2012: stand ein Besuch im „Vlaams Huis of 29 Radler, die in fünf Klassen an den museum. Drei Schauspieler in histori- Südafrika und Australien. change or ‚surplace'“ (Wim Lagae). Voeding“ an sowie eine Stippvisite beim Start gingen, folgten am 20. Mai der schen (Landsknecht-) Kostümen erläu- Start zur dritten Etappe der Belgien- Einladung des Motor Sport Club Horn- terten, was es mit dem „Hornberger Organisiert wurde die Konferenz vom Erfreulich ist, dass immer mehr neue Rundfahrt in Heist, wobei man auch ein berg zur Veloziped-Rallye „Hornberger Schießen“ auf sich hat. Ihre Führung hin- jungen Team des „Nationaal Wielermu- Nationen zur Konferenz stoßen. Nach- bisschen Seeluft schnuppern konnte. Schießen“ im Herzen des Schwarzwalds. ter die Kulissen vermittelte einen Ein- seums“, das ein abwechslungsreiches und dem im vergangenen Jahr schon Ana Die Veranstaltung findet alle zwei Jahre druck, was für einen Theaterabend alles interessantes Programm vorbereitet Santos als erste Portugiesin an der ICHC Im kommenden Jahr findet die 24. statt und wurde bereits zum 13. Mal aus- geleistet werden muss. Nicht umsonst hatte. Eröffnet wurde sie vom Präsident teilgenommen hatte und die Konferenz Konferenz vom 15. bis 17. Mai 2013 in gerichtet. trägt die Hornberger Bühne das inoffi- des belgischen Radsportverbandes, Tom im kommenden Jahr in Lissabon Lissabon statt. Weitere Informationen zielle Prädikat „Schönste Freilichtbühne Van Damme. organisieren wird, konnte in diesem Jahr unter cycling-history.org. Dort kann man Am Vormittag begann die gemeinsa- in Deutschland“. mit Santiago Gorostiza der erste Spanier sich auch auf die Mailingliste eintragen, me Fahrt in die Hornberger Altstadt. Pa- Da sich Belgien, genauer gesagt begrüßt werden. Er berichtete über so dass man stets die neuesten Nachrich- rallel lockte das „Hornberger Frühlings- Letzte Aufgabe der Teilnehmer war es, Flandern, als „holy land of cycling racing“ Fahrrad und Radsport in Spanien von ten erhält. fest“ eine Menge Besucher in die Stadt. eine Fahrradglocke blind zu montieren - empfindet, verschob sich der Schwer- 1950 bis 1975. In der Fußgängerzone wurden alle Fahrer auf Zeit natürlich. Dann nur noch die punkt der Vorträge hin zur Geschichte Renate Franz, Köln und ihre Maschinen dem Publikum kurze Rückfahrt in die Fußgängerzone vorgestellt. Bei der anschließenden zur Hauptbühne. Dr. Gunter David, Geschicklichkeitsfahrt mussten ein Sla- Sportpräsident des Deutschen Motor- lom, Zwischenraumfahren usw. bewältigt sport-Verbandes, war aus Mönchenglad- Rennrad als Lebensphilosophie werden. bach angereist. Zusammen mit Willi Lau- ble, dem Präsidenten der Landesgruppe Dass alte Rennräder einen besonde- Nach dem gemeinsamen Mittagessen Baden-Württemberg im DMV, und dem ren Reiz haben, hat sich ja mittlerweile im „Tannhäuser“ ging es gestärkt zur Schirmherr, Siegfried Scheffold, Bürger- Elias, der Star der Rallye. auch über Sammlerkreise hinaus eta- zweiten Etappe. Im Stadtmuseum gab es Foto: Günter O. Schulz meister von Hornberg, sowie mit Günter bliert. Es werden eben auch Leute ange- eine kleine Führung zum Thema Bollen- O. Schulz und Dieter Sapia nahm er die sprochen, die im Rennrad ein Fahrrad hüte und Tracht. Das war für alle anwe- sann mit`m Radl da“ sangen alle begeis- Siegerehrung vor: gefunden haben, dass eine bestimmte senden Velozipedisten interessant, da sie tert mit. Stadtgeschichtliches sowie land- Lebensphilosophie ausdrückt. Das war selbst meist historische Kleidung auf Aus- und forstwirtschaftliche Geräte rundeten Die Velozipisten bedanken sich beim auch auf der Rennradbörse Rommerskir- fahrten tragen. Es war auch eine Diatoni- die Ausstellung ab. MSC Hornberg. Wir durften mit bei schö- chen zu spüren. Zum Glück nicht so sehr sche Handharmonika ausgestellt. Noch nem Wetter einen großartigen Tag erle- an den Preisen, vielmehr am bunt ein Modell wird von der Firma Hohner Trotz der schwierigen Topografie – ben. Zum nächsten „Schießen“, 2014, gemischten Publikum: junge Leute, alte gefertigt, jedoch gibt es keine Noten mehr man kann eigentlich nur an der Gutach kommen wir wieder, Hasen und Recken und auch Zaungäste, zu kaufen. Fritz Ludmann aus Gerlingen entlang flussauf oder flussab radeln – die einfach nur mal gucken wollten. Und gehört zu den wenigen, die dieses Instru- konnte sich das Programm wieder sehen Birgit Kugler-Findling, geboten bekamen alle etwas: ein reich- Kurz vor dem Start zur Klassikerausfahrt und kurz vor dem Regen. Foto: Thomas Busch ment noch spielen können. Bei „Ja, mir lassen: Nächste Station war das Freilicht- Leinfelden-Echterdingen

30 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 31 Mein Rad Die Feder / Termine

Mein Rad Die Feder Von Gerd Jajschik, Bad Honnef Von Georg Schmitz, Friedrichshafen

Das vorgestellte Rad… Nun hab ich auch mal die Feder und te Rahmenform darstellen und weil sie ei- Standbesitzer machte mich auf den gut ...ist ein Straßenrennrad, Modell kann meinen „Fahrradgedanken“ frei- nem „Chopper-Styling“ viel Spielraum erhaltenen Lack mit dem schönen „Sieger Wien-Berlin“. Auf einem solchen en Lauf lassen. Für mich gehört das lassen. Ich baute Jahre an dem Rad, es Strahlenkopf aufmerksam. Mit einhun- Rad gewann der Straßenfahrer Hans Lud- Fahrrad wie selbstverständlich zu mei- wurde immer wieder mit kleinen Feinhei- dert geliehen D-Mark erwarb ich mein wig die zweite Auflage der Distanzfahrt nem Alltag und bestimmt mein Mobili- ten veredelt und existiert heute noch. Es erstes historisches (Triumph-) Rad! Wien-Berlin, im Jahr 1908. tätsverhalten, seit ich denken kann. wurde vor vielen Jahren von einer guten Freundin als Geburtstagsgeschenk für ih- Meine Sammlung ist immer klein Seit wann befindet es sich in Deiner Ich kam in Münster, der Fahrrad- ren Freund von mir erworben. aber fein geblieben, denn mir ist Klasse Sammlung? stadt schlechthin, zur Welt, wo man wichtiger als Masse und ich möchte im- Seit der Velocipediade 2004 in Bad wahrscheinlich schon den absoluten Ich könnte viele kleine Geschichten er- mer nur so viele Räder besitzen, wie ich Brückenau. Dort habe ich es auf dem Tei- Fahrradvirus in die Wiege gelegt be- zählen, die ich in meinem Leben in Ver- auch pflegen kann. 1996 nahm ich erst- lemarkt von Heinz Fingerhut erworben. kommt. Ich fuhr von Kindheit an ei- bindung mit dem Fahrrad erlebt habe und mals an einer historischen Fahrradver- Zunächst war es von einer Sammlertrau- gentlich immer begeistert Fahrrad, die mir immer vor Augen führen, dass die- anstaltung in der Schweiz teil. Und von be umlagert. Als es dann ein paar Augen- aber auch die automobile Welt interes- ses tolle technische Ding und ich einfach da ab war ich infiziert. 1997 war ich blicke später plötzlich alleine da stand sierte mich anfangs sehr, was zur Be- zusammengehören und wie sehr es mein schon eines der frühesten Mitglieder un- und sich niemand mehr darum kümmer- rufswahl des KFZ-Mechanikers führte. Leben doch bereichert. Nach meinem seres Vereins (Nummer 28!). Hey, all te, bin ich mit Heinz einig geworden und Umzug von Münster an den Bodensee ihr lieben Leute in Hamburg, Berlin, habe zugeschlagen. Unter den inzwi- Doch da ich meine Jugend ab mei- 1989 begann nicht nur ein neuer Lebens- Dresden, Leipzig, Münster, im Norden, schen rund 200 Opel-Rädern in meiner nem sechzehnten Lebensjahr in der In- abschnitt für mich, nein auch meine Be- im Süden, im Osten, im Westen: Viele Sammlung nimmt es seitdem einen nenstadt von Münster verlebte, kam ich ziehung zum Fahrrad entwickelte sich in tolle Menschen, schöne Stunden habt besonderen Platz ein. schnell darauf, wieder die effizienteste eine faszinierende Richtung. Mein neuer ihr mir geschenkt, viele Freundschaften Fortbewegungsart zu nutzen – nämlich Lebensraum am Bodensee ist ein wun- sind daraus entstanden! Gemeinsam In welchem Zustand war das Rad? die, die uns Herr Drais durch seine Er- dervolles Radfahrgebiet und ich verzich- wahnsinnige, lustige, spannende Dinge In einem Zustand, der dem Alter ent- findung beschert hat. Da ich immer tete irgendwann ganz auf das Auto. Im (3 Mal Eroica, jeahh!) zusammen er- sprach. Ich musste mich zwischen Kon- Foto oben: schon einen Hang zur Individualität hat- Schwabenland wurde man da schon et- lebt. Ich danke Euch allen von ganzem servierung und kompletter Restauration te, war mir klar, dass ich kein Rad wie was komisch angeschaut, in diesem „Ur- Herzen und freue mich auf noch viele entscheiden, denn vom Ursprungslack Gerd Jajschik mit einem Highlight seiner Opel- alle anderen haben mochte, und so be- Autoland“. Jahre mit Euch! Sammlung: Modell „Sieger Wien Berlin“. war nicht mehr viel erhalten. gann ich damit, mir eine „Coole Leeze“ Rechtes Foto: selbst zu gestalten (Leeze = Spezialaus- Ein Flohmarktbesuch 1995 veränderte Ich gebe die Feder weiter an einen su- Wie hast Du es behandelt? druck für Fahrrad in Münster). Als Aus- meine Beziehung Fahrrad nochmals sehr per netten Typen im Norden, an Heiko Ich habe den Rahmen entrostet und Typisch für die Zeit ist das große Kettenblatt gangsobjekt für das Projekt „Pimp einschlägig. Bei einem echt coolen Hip- Petrich. Viel Spaß Heiko! vorne. mit Rostumwandler gestrichen. So soll er mein Fahrrad“ wählte ich ein älteres pie-Typ aus dem Allgäu am Stand sah ich auch bleiben. Der Lenker hatte einen Fotos unten: Gazelle-Hollandrad in Damenversion, ein sehr traurig aussehendes Herrenrad Ich grüße alle Speichenfreunde im Riss, den ich löten musste, und ich habe da die schönen Schwanenhalsrahmen mit einem Doppelscheinwerfer dran. Ich tollsten Verein des Planeten: A lustiges dem Renner ein paar neue Reifen spen- Schönes Steuerkopfschild mit durchbrochenem der Holländer eine ästhetisch vollende- war fasziniert von dem Scheinwerfer. Der „All Heil!“ Opel-Schriftzug und erhaltener blauer Rahmen- diert – viel mehr nicht. So gefällt es mir, farbe. Rechts daneben ein Blick aufs Cockpit. er hat eine schöne Patina. Fotos: Thomas Busch Was magst du daran besonders? TERMINE 12. Oktober: Stalen Ros Expo in 't Kuipke, Sein ruhiges Fahrverhalten, sein Aus- Gent, Belgien. Kontakt: stalenrosbel- 4.-5. August: Drahtesel- und Waffenradgaudi [email protected] sehen, das von den Jahren gezeichnet ist, Attnang Puchheim, Österreich. Kontakt: und natürlich die Geschichte — insbeson- Hans Preuner, [email protected], 14. Oktober: RV Opel 1888 Herbstausfahrt dere den Sieg von Hans Ludwig bei der +43/7674/65258. der Nieder- und Hochräder. Informationen: Fernfahrt Wien - Berlin. http://www.rv-opel-1888.de 17.-19. August: Velocipediade des Vereins für Was magst Du nicht an ihm? historische Fahrräder in Detmold. Kontakt: Wolfgang Görmann-Siemeling, Den Sattel. Der ist eher hässlich. Dafür [email protected] VERKAUFE aber äußerst bequem zu fahren. 2. September: Sonnenaufgangsfahrt der Kalender F & S von 1956 unbenutzt erhalten, Was war Dein bisher schönstes Erlebnis Fahrradfreunde Dresden. Kontakt: mit Tageskalender, farbigen Illustrationen mit dem Rad? [email protected] und Berichten rund um das Unternehmen Kürzlich der zweite Platz bei der Retro im zweiten Teil, inklusive Abbildungen der 9. September: Markt für klassische und Produkte. Format: Höhe DIN A4, 10 cm breit, Ronde van Vlaanderen in Belgien, in der historische Fahrräder in Berlin/Spandau. 80,- €. Giganten der Landstraße, Rennfahrer- Klasse mit Starrlauf. Das Kettenblatt vor- Kontakt: Ulis Fahrradladen, 030/3366987 Roman von André Reuze zur Tour de ne ist zwar sehr groß, aber wenn das Opel France, 1930, 30,- €, Illustrierter Radrenn- einmal ins Rollen gekommen ist, dann 23. September: 2nd Tweed Day, Gendarmen- sport Jg. 1963-65, je Jg. 40,- €, ferner Heft gibt es kein Halten mehr. Demnächst markt Berlin. Informationen: 36-52/1974 15,- €. [email protected], 0170- geht es wieder auf Tour. Nach der Velo in http://tweedberlin.weebly.com 9668090. Detmold werde ich mit dem Rad und 6. - 7. Oktober 2012: L'Eroica in Gaiole, Hochrad (Replik) neu, Vorderrad Durchmes- anderen Opel-Sammlern von Rüssels- Chianti, Italien. Informationen: ser 1,30 m, VB 1.450,- €, sowie Kinderhochrad, heim nach Berlin fahren. http://www.eroicafan.it neu, rot, VB 350,- €. Karin Prähuber, 4743-7316.

32 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 33 Mein Rad Die Feder / Termine

Mein Rad Die Feder Von Gerd Jajschik, Bad Honnef Von Georg Schmitz, Friedrichshafen

Das vorgestellte Rad… Nun hab ich auch mal die Feder und te Rahmenform darstellen und weil sie ei- Standbesitzer machte mich auf den gut ...ist ein Opel Straßenrennrad, Modell kann meinen „Fahrradgedanken“ frei- nem „Chopper-Styling“ viel Spielraum erhaltenen Lack mit dem schönen „Sieger Wien-Berlin“. Auf einem solchen en Lauf lassen. Für mich gehört das lassen. Ich baute Jahre an dem Rad, es Strahlenkopf aufmerksam. Mit einhun- Rad gewann der Straßenfahrer Hans Lud- Fahrrad wie selbstverständlich zu mei- wurde immer wieder mit kleinen Feinhei- dert geliehen D-Mark erwarb ich mein wig die zweite Auflage der Distanzfahrt nem Alltag und bestimmt mein Mobili- ten veredelt und existiert heute noch. Es erstes historisches (Triumph-) Rad! Wien-Berlin, im Jahr 1908. tätsverhalten, seit ich denken kann. wurde vor vielen Jahren von einer guten Freundin als Geburtstagsgeschenk für ih- Meine Sammlung ist immer klein Seit wann befindet es sich in Deiner Ich kam in Münster, der Fahrrad- ren Freund von mir erworben. aber fein geblieben, denn mir ist Klasse Sammlung? stadt schlechthin, zur Welt, wo man wichtiger als Masse und ich möchte im- Seit der Velocipediade 2004 in Bad wahrscheinlich schon den absoluten Ich könnte viele kleine Geschichten er- mer nur so viele Räder besitzen, wie ich Brückenau. Dort habe ich es auf dem Tei- Fahrradvirus in die Wiege gelegt be- zählen, die ich in meinem Leben in Ver- auch pflegen kann. 1996 nahm ich erst- lemarkt von Heinz Fingerhut erworben. kommt. Ich fuhr von Kindheit an ei- bindung mit dem Fahrrad erlebt habe und mals an einer historischen Fahrradver- Zunächst war es von einer Sammlertrau- gentlich immer begeistert Fahrrad, die mir immer vor Augen führen, dass die- anstaltung in der Schweiz teil. Und von be umlagert. Als es dann ein paar Augen- aber auch die automobile Welt interes- ses tolle technische Ding und ich einfach da ab war ich infiziert. 1997 war ich blicke später plötzlich alleine da stand sierte mich anfangs sehr, was zur Be- zusammengehören und wie sehr es mein schon eines der frühesten Mitglieder un- und sich niemand mehr darum kümmer- rufswahl des KFZ-Mechanikers führte. Leben doch bereichert. Nach meinem seres Vereins (Nummer 28!). Hey, all te, bin ich mit Heinz einig geworden und Umzug von Münster an den Bodensee ihr lieben Leute in Hamburg, Berlin, habe zugeschlagen. Unter den inzwi- Doch da ich meine Jugend ab mei- 1989 begann nicht nur ein neuer Lebens- Dresden, Leipzig, Münster, im Norden, schen rund 200 Opel-Rädern in meiner nem sechzehnten Lebensjahr in der In- abschnitt für mich, nein auch meine Be- im Süden, im Osten, im Westen: Viele Sammlung nimmt es seitdem einen nenstadt von Münster verlebte, kam ich ziehung zum Fahrrad entwickelte sich in tolle Menschen, schöne Stunden habt besonderen Platz ein. schnell darauf, wieder die effizienteste eine faszinierende Richtung. Mein neuer ihr mir geschenkt, viele Freundschaften Fortbewegungsart zu nutzen – nämlich Lebensraum am Bodensee ist ein wun- sind daraus entstanden! Gemeinsam In welchem Zustand war das Rad? die, die uns Herr Drais durch seine Er- dervolles Radfahrgebiet und ich verzich- wahnsinnige, lustige, spannende Dinge In einem Zustand, der dem Alter ent- findung beschert hat. Da ich immer tete irgendwann ganz auf das Auto. Im (3 Mal Eroica, jeahh!) zusammen er- sprach. Ich musste mich zwischen Kon- Foto oben: schon einen Hang zur Individualität hat- Schwabenland wurde man da schon et- lebt. Ich danke Euch allen von ganzem servierung und kompletter Restauration te, war mir klar, dass ich kein Rad wie was komisch angeschaut, in diesem „Ur- Herzen und freue mich auf noch viele entscheiden, denn vom Ursprungslack Gerd Jajschik mit einem Highlight seiner Opel- alle anderen haben mochte, und so be- Autoland“. Jahre mit Euch! Sammlung: Modell „Sieger Wien Berlin“. war nicht mehr viel erhalten. gann ich damit, mir eine „Coole Leeze“ Rechtes Foto: selbst zu gestalten (Leeze = Spezialaus- Ein Flohmarktbesuch 1995 veränderte Ich gebe die Feder weiter an einen su- Wie hast Du es behandelt? druck für Fahrrad in Münster). Als Aus- meine Beziehung Fahrrad nochmals sehr per netten Typen im Norden, an Heiko Ich habe den Rahmen entrostet und Typisch für die Zeit ist das große Kettenblatt gangsobjekt für das Projekt „Pimp einschlägig. Bei einem echt coolen Hip- Petrich. Viel Spaß Heiko! vorne. mit Rostumwandler gestrichen. So soll er mein Fahrrad“ wählte ich ein älteres pie-Typ aus dem Allgäu am Stand sah ich auch bleiben. Der Lenker hatte einen Fotos unten: Gazelle-Hollandrad in Damenversion, ein sehr traurig aussehendes Herrenrad Ich grüße alle Speichenfreunde im Riss, den ich löten musste, und ich habe da die schönen Schwanenhalsrahmen mit einem Doppelscheinwerfer dran. Ich tollsten Verein des Planeten: A lustiges dem Renner ein paar neue Reifen spen- Schönes Steuerkopfschild mit durchbrochenem der Holländer eine ästhetisch vollende- war fasziniert von dem Scheinwerfer. Der „All Heil!“ Opel-Schriftzug und erhaltener blauer Rahmen- diert – viel mehr nicht. So gefällt es mir, farbe. Rechts daneben ein Blick aufs Cockpit. er hat eine schöne Patina. Fotos: Thomas Busch Was magst du daran besonders? TERMINE 12. Oktober: Stalen Ros Expo in 't Kuipke, Sein ruhiges Fahrverhalten, sein Aus- Gent, Belgien. Kontakt: stalenrosbel- 4.-5. August: Drahtesel- und Waffenradgaudi [email protected] sehen, das von den Jahren gezeichnet ist, Attnang Puchheim, Österreich. Kontakt: und natürlich die Geschichte — insbeson- Hans Preuner, [email protected], 14. Oktober: RV Opel 1888 Herbstausfahrt dere den Sieg von Hans Ludwig bei der +43/7674/65258. der Nieder- und Hochräder. Informationen: Fernfahrt Wien - Berlin. http://www.rv-opel-1888.de 17.-19. August: Velocipediade des Vereins für Was magst Du nicht an ihm? historische Fahrräder in Detmold. Kontakt: Wolfgang Görmann-Siemeling, Den Sattel. Der ist eher hässlich. Dafür [email protected] VERKAUFE aber äußerst bequem zu fahren. 2. September: Sonnenaufgangsfahrt der Kalender F & S von 1956 unbenutzt erhalten, Was war Dein bisher schönstes Erlebnis Fahrradfreunde Dresden. Kontakt: mit Tageskalender, farbigen Illustrationen mit dem Rad? [email protected] und Berichten rund um das Unternehmen Kürzlich der zweite Platz bei der Retro im zweiten Teil, inklusive Abbildungen der 9. September: Markt für klassische und Produkte. Format: Höhe DIN A4, 10 cm breit, Ronde van Vlaanderen in Belgien, in der historische Fahrräder in Berlin/Spandau. 80,- €. Giganten der Landstraße, Rennfahrer- Klasse mit Starrlauf. Das Kettenblatt vor- Kontakt: Ulis Fahrradladen, 030/3366987 Roman von André Reuze zur Tour de ne ist zwar sehr groß, aber wenn das Opel France, 1930, 30,- €, Illustrierter Radrenn- einmal ins Rollen gekommen ist, dann 23. September: 2nd Tweed Day, Gendarmen- sport Jg. 1963-65, je Jg. 40,- €, ferner Heft gibt es kein Halten mehr. Demnächst markt Berlin. Informationen: 36-52/1974 15,- €. [email protected], 0170- geht es wieder auf Tour. Nach der Velo in http://tweedberlin.weebly.com 9668090. Detmold werde ich mit dem Rad und 6. - 7. Oktober 2012: L'Eroica in Gaiole, Hochrad (Replik) neu, Vorderrad Durchmes- anderen Opel-Sammlern von Rüssels- Chianti, Italien. Informationen: ser 1,30 m, VB 1.450,- €, sowie Kinderhochrad, heim nach Berlin fahren. http://www.eroicafan.it neu, rot, VB 350,- €. Karin Prähuber, 4743-7316.

32 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 33 Kleinanzeigen / Impressum

Sechs antike Radfahrer-Medaillen. 1. 2. und 5. Informanten, die sich mit der Geschichte der Preis. Radfahrverein Stuttgart Cannstatt, Firma Fels/E. Kuhnert aus Karlsruhe und der Impressum Vaihingen Gaisburg, Aalen 1904. Alle Top- Firma Sturm/Robert Meisezahl aus Mann- Zustand, keine Kopien. nashorn- heim auskennen; bin über jede Information Der Knochenschüttler [email protected], 05151-4099589. dankbar. Bitte meldet Euch bei M. Ratzin- Mitgliederjournal des Historische [email protected] oder telefonisch bei Günter Fahrräder e. V. Damenrad von 1960/61 von meiner Mutter, Rohwer, Schwäbisch Gmünd, 07171-2911. Zeitschrift für die Liebhaber meines Wissens nach unverbastelt. Mit historischer Fahrräder. Rücktritt und 3-Gang-Schaltung. Bei Alles über den historischen Stehersport. Gegründet 1995 Interesse einfach mailen, schicke auch Bücher, Prospekte, Plakate, Programme, von Tilman Wagenknecht. gerne Bilder. Das Fahrrad steht in Mainz Räder etc. Bitte alles anbieten! und müsste abgeholt werden, cstein- [email protected], 09566-297217 Herausgeber [email protected]. Historische Fahrräder e. V. Alles über die Urania Fahrradwerke in Deisterweg 15B 26 Zoll Alvia Herrenrad aus den 60iger Jahren Cottbus. Fotos, Prospekte, Kataloge etc. - auch 30851 Langenhagen in hellblau. Guter Zustand, da es in einer leihweise oder gute Scans. Fahrgestellnr. von Fon 0511-731474 Garage stand. Gern weitere Bilder via Mail, Urania FZ mit Baujahr. Fotos von heute noch Fax 0511-7261769 150,- € VB, [email protected], 030-37889292. exist. original erh. FZ. Hinweise auf ehem. www.historischefahrraeder.de Händler. Teile von FZ. Speziell Schutzblechfi- [email protected] gur „Stern“ und alte Klingel. Außerdem 1 oder Bankverbindung: Deutsche Bank 2 Anker Bakelitgriffe für 22er Lenker, flaches Kto. 0105 353 BLZ 280 700 24 SUCHE Riemannlampenglas 80 mm, separaten kleinen Karbidentwickler für Fahrrad, -Alu-Rennradbremse aus den Klapptankdeckel für Sachs Tank i. 49 Redaktion 30er/40er Jahren (und würde natürlich auch mm/a.63mm Durchmesser. Peter Zielasko, Chefredakteur, Leserforum ein Paar nehmen). Martin Strubreiter, Varel, [email protected], 04451-2625. Thomas Busch (tb) [email protected], +43-2235- Irmintrudisstraße 7, 53111 Bonn 81093. Alte Rennräder und Rennrad-Zubehör von Fon 0228-1802003 1895-1968. [email protected], 0170-9668090. [email protected] Informationen zu meinem Fahrrad Marke Laret. [email protected], 0172-3665482. Autoren gesucht! Die Redaktion sucht Vereinsmitglieder, die den KS bereichern Fachartikel Ein Safety bzw. Kardanrad aus dem Hause möchten. Die Geschichten zu erzählen haben Toni Theilmeier (tt) Opel, bitte alles anbieten, auch Fragmente. rund ums historische Fahrrad. Die Bilder, Hans-Holbein-Straße 6, 49191 Belm Zudem Werbeschriften, Reklameschilder Texte, alte Fotografien, Dokumente, Anekdo- Fon 05406-3826 oder sonstiges rund um das Thema Opel, ten oder Wissenschaftliches beitragen können. [email protected], 0201-5643247. Alles ist herzlich willkommen! Treffen/Ausstellungen/Museen Walter Euhus (we) Deisterweg 15B, 30851 Langenhagen Fon 0551-731474 Zu guter Letzt... [email protected] Mein Rad/Die Feder Sven Dewitz (sd) An der Wildbahn 19, 16761 Hennigsdorf Fon 03302-203387 [email protected]

Literatur/Termine/Anzeigen Maxi Kutschera (mk) Windorfer Str. 72, 04229 Leipzig Fon 0341-4011884 [email protected]

Termine [email protected]

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Layout text-tigger, 32051 Herford Fon 05221-3469769

Druck Druckerei Tiemann GmbH + Co.KG Grafenheider Str. 94, 33729 Bielefeld

Der Knochenschüttler erscheint dreimal pro Jahr. Die Redaktion behält sich vor, Diese Postkarte von 1912 stammt aus dem Fundus von Vereinsmitglied Peter Raskob aus Mechernich. eingesandte Texte zu kürzen. Sie zeigt evtl. Oberschüler/Abiturienten? Wer mehr weiß, kann das gerne der Redaktion kundtun.

KS-Heft 55 erscheint am 15. Dezember 2012 – Redaktionsschluss: 15. November 2012 – Anzeigenschluss: 1. Dezember 2012 34 Der Knochenschüttler 2/2012 Der Knochenschüttler 2/2012 In dieser Ausgabe:

Einst bekannt und viel gefahren – heute nahezu vergessen: Corona

Wer weiß heute noch, dass der deutsche Steher Thaddäus Robl auf Rädern der Marke Corona Welt- und Europameister wurde? Oder, dass die Corona Fahrrad-Werke einst eine der ersten Adressen in Brandenburg waren, dass sie neben Fahrrädern auch Automobile und Motorräder fertigten? Mario Steinbrink hat sich entschlossen, die Geschichte dieses Unternehmens vor dem Vergessen zu bewahren und sie daher aufgearbeitet. Postkartenmotiv aus den 20er Jahren. Sammlung Mario Steinbrink

An der Wiege des Aluminiums – Interview mit Karl Dieter Altenburger.

Die Firma Altenburger gehörte viele Jahrzehnte zu den großen Zubehörproduzenten der deutschen Fahrradindustrie. Felgen, Bremsen und Naben des Unternehmens aus Jestetten gingen in die ganze Welt. Thomas Busch war zu Gast bei Karl Dieter Altenburger, dem letzten Firmeninhaber und durfte ihn ausgiebig zur Geschichte der Firma befragen. Altenburger-Messestand, Anfang der 50er Jahre. Foto: Archiv Altenburger

Die Schwiegermutter von Thomas Mann radelte einstmals durch Europa.

1930 hat Hedwig Pringsheim-Dohm in der Vossischen Zeitung beschrieben, wie sie als junge Frau und Mutter mit Mann und Kindern durch Europa radelte. Sie war dabei u. a. in Italien, Frankreich, Holland, England und Norwegen unterwegs. Ihre Reise-Impressionen geben Einblick in eine Epoche, in der Frauen auf dem Rad noch nicht überall selbstverständlich waren. Hedwig Pringsheim-Dohm. Foto: Reprint Aufbau-Verlag, Berlin, 2006. Der Mitgliederjournal Historische Fahrräder e.V. • ISSN 1430-2543 • Heft 54 • 2/2012 Knochenschüttler Zeitschrift für Liebhaber historischer Fahrräder 54

Corona Fahrräder

Altenburger

Erfindergeist

Hedwig Dohm

Werbung des Münchner Fahrradhändlers Ch. N. Schad für amerikanische Importräder um die Jahrhundertwende. Sammlung: Walter Euhus