Der Mitgliederjournal Historische Fahrräder e.V. • ISSN 1430-2543 • Heft 60 • 2/2015 Knochenschüt tler Zeitschrift für Liebhaber historischer Fahrräder 60

Aluminium im Fahrradbau

Radartistenfamilie Klein

Wittkop & Co.

Die Abbildung zeigt eine unbeschriftete Originalzeichnung, die für die Bielefelder Lohmann-Werke in den späten 1930er Jahren angefer- tigt wurde. Mit den Ziffern werden folgende Bauteile hervorgehoben: Fahrradproduktion SBZ

Auch die Göricke-Werke experimentierten Ende der 1920er Jahre mit Leichtmetall-Komponenten: Beim Bahnrenner (Modell R 3) wurden durch die Montage von Kettenrad, Kurbeln, Lenker und Vorbau aus Duralumin 1,3 kg Gewicht eingespart.

Textquelle: Göricke Nachrichten 1928 (5. Jg.); Abbildung: Werbeblatt unbekannter Herkunft; beides aus der Slg. M. Mertins. In dieser Jubiläums-Ausgabe:

Leicht – nichtrostend – elegant! Aber auch dauerhaft stabil?

Die Verwendung von Aluminium beim Fahrradbau geht tatsächlich bis ins 19. Jahrhundert zurück. Allerdings war der Weg ein schwieriger – unsere Autoren Michael Zappe und Martin Strubreiter haben ihn mit vielen Beispielen nachgezeichnet.

Titelblatt einer französischen Broschüre um 1935 Sammlung M. Zappe

Gut sechs Jahrzehnte auf den Bühnen Deutschlands und Europas angesagt zu sein, dass erfordert vollen Einsatz.

Unser Gastautor Friedmar John berichtet von einer ganz besonderen Artistenfamilie, die Radartistik mit musikalischen Darbietungen kombinierte. Ein anschließendes Interview mit Arthur Klein gibt dessen persönliche Erinnerungen an die Zirkuswelt wieder.

Werbekarte um 1905 Stiftung Stadtmuseum Berlin

Zufällig bekam die KS-Redaktion Zugang zu einer Materialsammlung über die Fahrradsattelfabrik Wittkop & Co.

Michael Mertins sichtete die bisher unveröffentlichten Dokumente, Objekte und neues Bild von Michael Fotos. Außerdem ergab sich für ihn ein ausführliches Gespräch mit dem Sohn des Wittkop-Geschäftsführers Heinrich Orf.

Erstmals aufgearbeitet: der Neustart der ostdeutschen Fahrradindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg. Justus Haupt hat Titel des Jubiläumskataloges von 1923 gründlichst recherchiert. Archiv Velo-Classic Editorial / Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser, Inhalt:

Editorial 3 nun liegt sie vor Euch – die Jubiläums- chronist hatte sich dieser Familienge- ausgabe des Knochenschüttlers. So ein schichte bereits angenommen. Auf telefo- Fachartikel besonderes Heft fällt nicht einfach vom nische Nachfrage war der Chronist bereit, - Martin Strubreiter und Himmel, es wurde von der Redaktion in seinen Text für den KS zur Verfügung zu Michael Zappe: umfangreicher Kleinarbeit von langer stellen. Als er dann noch die Verbindung Leicht mit Anlauf 4 Hand vorbereitet. Und doch hing sein zu den Nachfahren der Kleins herstellte, Gelingen von besonderen Umständen war seine Glanztat perfekt. So konnte - Friedmar John: und Zufällen ab. Daher möchte ich Euch seinem Artikel weiteres privates Bildma- Klein & fein – Die Geschichte heute einmal darlegen, was alles zusam- terial und ein Interview angefügt werden. der Radartistenfamilie Klein 14 menkommen musste, damit Ihr das Heft nun in dieser Der dritte Hauptartikel - Interview mit Arthur Klein 19 Form in den Händen haltet. ist ein Wunderding. Wenn - Sättel, Taschen und mehr 21 der Bruder des Chefredak- - Interview mit Dieter Orf 29 Man stelle sich nun also teurs 2014 - 50 Jahre nach vor, dass da dieser Chefre- seinem Schulabschluss – - Justus Haupt: dakteur ist, der sich im Pro- kein Klassentreffen gehabt Die Aktivierung der Fahrrad- zess der Hefterstellung mit hätte, wäre die wahre industrie in der Sowjetischen den üblichen Herausforde- Geschichte der Wittkop- Besatzungszone 1945/1946 32 rungen befindet und mit der Sattelwerke wohl für immer gesamten Redaktion daran in der Schublade verborgen Post aus . . . arbeitet, das nächste Heft geblieben. Der Sohn eines fertigzustellen. Um das im Geschäftsführers dieser - England und Amerika 43 Falle dieses Jubiläums- allseits bekannten Fabrik heftes realitätsnah zu schil- weilte bei eben diesem Literatur dern, beginnen wir mit dem Foto: N. Tischer Klassentreffen und suchte Hauptartikel über die Verwendung von den Kontakt zum Chefredakteur: „Du, - Lesetipps 44 Aluminium im Fahrradbau. Viele Jahre sag mal, der Fahrrad-Mertins, das ist doch ging bereits das Gerücht um, dass sich im Dein Bruder, oder? Der soll mich mal die Historisches Dokument fernen Austria ein Autorenteam diesem Tage anrufen!“ Gesagt, getan! Eine bis- - Werbemittel der Thema angenommen hätte. Im Verborge- her unveröffentlichte Werkschronik und nen wurde dort tatsächlich schon lange private Fotos traten zu Tage, die Gesprä- -Werke 46 Material gesammelt und recherchiert, che wurden in einem Interview zusam- wurden Vereinskollegen befragt und um mengefasst. Knochenschüttler-Jubiläum Mithilfe gebeten. So häufte sich bei den - Im 20. Jahr – Autoren bald Fakt auf Fakt, Bild auf Bild Ja, und der vierte Artikel? Der flatterte Der Knochenschüttler 48 – es war nur eine Frage der Zeit, dass eines Tages der Redaktion auf den Tisch, jenes Werk wohl endlich vollendet würde. heute muss es ja richtiger heißen „schoss „Gut Ding will Weile haben“, heißt es der Redaktion mit Lichtgeschwindigkeit Ausfahrten und Veranstaltungen doch so treffend und die Autoren nahmen in den elektronischen Briefkasten“. Es ist - Luftlos-Tour 2015 51 das wörtlich. So ergab es sich, dass der ein bemerkenswertes Werk des forschen- Artikel erst für den KS 60 fertig gestellt den Nachwuchses in der Altrad-Szene. - Velocipediade 2015 in werden konnte. Dass der Chefredakteur Dem Thema geschuldet, kommt dieser Bad Segeberg 52 dabei seine Finger im Spiel hatte, sei nur Beitrag zwar etwas „trocken“ daher – - Wintertreffen 2015 54 am Rande vermerkt. Dafür ist er ja behandelt jedoch erstmals einen wichti- schließlich auch da… . gen Abschnitt der ostdeutschen Fahrrad- industrie in der Nachkriegszeit. Die rest- Mein Rad 56 Das Verfassen des zweiten Hauptarti- lichen Seiten füllten sich mit kleinen, aber kels über die grandiose Artistenfamilie feinen Berichten, die der Chef von den Die Feder 57 Arthur Klein wollte der Chef eigentlich Redaktionskollegen einsammelte. Ein selbst übernehmen, jedoch mangelte es Vergleich mit den nektarsuchenden Flü- Vereinsnachrichten 57 ihm an Zeit für die Recherche. Da es geltierchen, von Blüte zu Blüte eilend, ist dieser unermüdliche Mensch aber doch nicht ganz von der Hand zu weisen. Termine / Kleinanzeigen / nicht ganz lassen konnte, entdeckte er im Zu guter Letzt 58 Internet die Homepage der touristischen Nun erfreut Euch an diesem besonde- Region Schenkenland (südlich von Ber- ren Heft! Impressum 58 lin gelegen) mit einem Örtchen namens Groß Köris. Dort, in einer längst vergan- Es grüßt Euch herzlich genen Künstlerkolonie, hatten die besag- Titelbild: Titel einer Werbebroschüre der ten Kleins gelebt und ein rühriger Orts- Société du Duralumin, um 1937; Übersetzung: Weniger Kilo, mehr Kilometer; Sammlung Michael Zappe

Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 3 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau

Ende der 1890er Jahre war Aluminium Alu gefertigt würden, dann am ehesten Stahl durchgehen. Sagen wir so: Leichte hier das typische Henne-Ei-Problem Leicht mit Anlauf bisweilen an Möbeln, Geschirr, Zierge- die Naben. Immerhin wären sie klein und Fahrerinnen und Fahrer werden also die greift: Waren die Rohre nur deshalb aus Von Martin Strubreiter und Michael Zappe, Hennersdorf bzw. Wien (A) genständen, Luftschiffen, Schmuck und verbrauchten nur wenig Material. frühen Alurahmen durchaus freudig Aluminium, weil ihre Verwendung mit in vielen Utopien zu finden. Damit war es begrüßt haben, beleibtere Herrschaften dem Keilsystem möglich war? Oder wur- auch bereit für seine ersten Auftritte am Das neue Metall wurde von vielen saßen eher nur in der Werbung drauf, im Die Nutzung des Aluminiums im Fahrradbau war ein langer, harter, aber manchmal Fahrrad. Zumindest theoretisch. Alumi- Fahrradherstellern dennoch euphorisch Alltagsbetrieb eher nicht sehr lange. dennoch zu weicher Weg. Und er kannte auch so manchen Rahmenbruch. Das können nium war noch teuer. THE CYCLIST Nr. begrüßt. In den 1880er und 1890er Jahren Denn heute wissen Sammler, dass histori- unsere Autoren aus eigener Erfahrung bestätigen! Gemeinsam haben die beiden ihre 167 widmete sich im Dezember 1882 dem wird Aluminium punktuell immer häufi- sche Alurahmen deutlich öfter zur Riss- Rechercheergebnisse in nächtelanger Arbeit zu diesem sehr informativen Beitrag neuen Metall mit nicht ganz hoffnungs- ger in der fahrradaffinen Literatur bildung neigen als Stahlrahmen. Die zusammengefasst. Michael Zappe ist Insidern bekannt durch sein jahrzehntelanges frohen Prognosen: Während der nächsten erwähnt, einige Beispiele sind im Info- folgenden Beispiele für Alu im Fahrrad- Sammeln von Informationen über die Verwendung von Aluminium und Titan im Fahr- Jahre würde der Radfahrer kein Alurad Block „Alu-Späne“ (siehe S. 12 u. 13) bau konzentrieren sich auf die Rahmen – radbau. Aber auch bei anderen Zweirad relevanten Themen wie Gangschaltungen besteigen können, und wenn Aluminium erwähnt. Um die Vorteile des Alumini- und natürlich kann unsere Aufzählung macht ihm kaum jemand etwas vor. Martin Strubreiter arbeitet zwar beruflich für die greifbar würde, dann wäre mit dem dop- ums auszukosten, wollten natürlich große niemals lückenlos sein, Ergänzungen sind Zeitschrift „Autorevue“, privat sammelt und fährt er jedoch lieber seine Velos – sowohl pelten bis dreifachen Preis von stähler- Komponenten daraus gefertigt werden. höchst willkommen. Rennrad-Oldtimer als auch moderne Fahrräder. Nach soviel Aluminium auf dem nen Fahrrädern zu rechnen – und das, Neben dem Preis waren aber auch zahl- Papier hat er sich inzwischen zum Kauf von zwei klassischen Cannondale-Rahmen obwohl der Preis ohnedies nur mehr 100 reiche Kritiker dagegen. So war noch in Humber Brazeless, 1895 entschieden… Pfund pro Tonne betrüge, ein Zehntel den 1930er Jahren nicht selten die Mei- ursprünglich aufgerufener Summen. nung verbreitet, dass viele Teile eines Da Alu in den 1890er Jahren, von eini- Zum ersten Mal am Mond war Alumi- stellten Leichtmetall-Legierung ist nähe- Dazu käme aber noch die Verarbeitung Fahrrades aus Alu sein dürften, lediglich gen Versuchen abgesehen, noch nicht nium im Jahr 1865, und die als Raumschiff res im Info-Block nachzulesen (siehe zu Rohren oder Drähten, Patentgebüh- Rahmen und Vorbau aus Gründen der verschweißt werden konnte, durfte der verwendete Hohlkugel von 108 Zoll S. 5 u. 6) ren, Löhne. Falls also Fahrradteile aus Festigkeit nicht. Wer jemals mit einem Ingenieursgeist allerlei Verbindungsmög- Durchmesser würde „den Seleniten eine frühen Alu-Rad fahren durfte, kann diese lichkeiten ersinnen. Der Name des Hum- recht hübsche Idee von uns Erdenbewoh- Argumentation halbwegs nachvollzie- ber Brazeless [brazeless (engl.) = ungelö- nern geben.“ Das alles spielte sich aller- hen, allerdings darf das weiche Alumini- tet] weist den korrekten Weg. Natürlich dings nur in der Literatur ab, in Jules Ver- um auch als ungleich komfortabler als war die Verbindung mechanisch, wobei Das Keilsystem von Humber als Schnittzeichnung nes „Von der Erde zum Mond“ (Original- titel: De la Terre à la Lune), eine bemer- kenswert weit in die Zukunft treffende Aluminium? Unbrauchbar! Museum München erhalten. Wöhler Claire Deville und Friedrich Wöhler, Vision. Denn im Jahr 1865 war Alumini- hatte allerdings nur Alupulver erhalten, wer das Aluminium entdeckt hätte, um erst in Gestalt winziger Kügelchen Das heute so vertraute Leichtmetall und er brauchte 18 Jahre, bis er 1845 erst- wurde von Deville mit einer Alu- dingfest gemacht, und die waren teuer musste erst extrahiert und durch Legie- mals ein stecknadelkopfgroßes Alumini- Medaille für Wöhler entschärft. Deville wie Gold, technisch aber noch völlig rungen verwendbar gemacht werden. umkügelchen in Händen hielt. Das war allerdings vom Aluminium so faszi- unbrauchbar. Der Science-Fiction-Autor Kügelchen ermöglichte es auch, die Dich- niert, dass er eine Methode zur indu- hatte beim Aluminium eine Welt vorweg- Verwendet wurden Aluminiumver- te des Metalls zu bestimmen. Und dass striellen Gewinnung entwickelte, die genommen, die allerdings kommen sollte, bindungen schon früh, nämlich von den man es durch Hämmern verformen konn- von 1857 bis 1889 die einzige bleiben und auch bei der Raumfahrt war er Keramikern der Frühkulturen: Denn te, entdeckte Wöhler ebenso. Man ahnt: sollte und obendrein horrend teuer erstaunlich treffsicher: Der ideale Ort für verwittern Feldspäte, dann entstehen Dass Alu vorerst als Laborkuriosität war. Also fand Aluminium vorerst als den Raketenstart wäre in Florida, nahe Tone. Sie bestehen hauptsächlich aus gesehen wurde und nicht als Rohstoff für Schmuck und für Kunstgegenstände bei Cape Canaveral. Aluminium aber Aluminiumoxid, Siliziumdioxid und technisch hochstehende Konstruktionen, Verwendung. So gab es gegen teures hatte 1865 noch einen weiten Weg vor Wasser. Dass hier Alu enthalten war, ist durchaus erklärbar. Geld Pokale, Schalen, Vasen, Leuchter, sich, aber auch schon einen langen absol- war beim Töpfern natürlich egal. Kassetten und oftmals Gegenstände, viert. Das Interesse ließ also nach, und Alumi- die bislang aus Bronze hergestellt wor- Ebenfalls sehr früh verwendet wur- nium musste ein zweites Mal entdeckt den waren. Und natürlich war das Mili- „Velocipede aus Aluminium her- de der Kali-Alaun, und zwar zum Ger- werden, was schon 1854 quasi unabsicht- tär interessiert. Denn leichtere Ausrü- zustellen wird z. Z. mehrfach von ben von Häuten und beim Färben von lich geschah: Der französische Chemiker stungsgegenstände versprachen Vor- englischen Fachblättern zur Sprache Geweben. Dabei blieb nicht verborgen, Henri Sainte-Claire Deville (1818-1881) teile auf dem Schlachtfeld. gebracht. Den deutschen Technikern dass Alaun eine Tonerde enthielt, und hatte Wöhlers Versuchsanordnung mit wird jedoch diese Unmöglichkeit so zwar als Oxid eines noch unbekannten reineren Ausgangsmaterialien wiederholt, Dann kam die Luftfahrt. Tatsächlich klar sein, dass wir hierüber kein weite- Metalls. Heute wissen wir, dass es sich dieses Mal waren die Alustücke deutlich blieb ein Luftschiff bei einem Leck der

res Wort verlieren wollen.“ (aus dem um praktisch schon recht sauberes Al2 0 3 größer. Deville änderte seine Lebenspla- Gashülle leichter lenkbar, wenn ein Radfahr-Humor Nr. 1 vom 1. Okto- handelte. Auch wenn sich das Alumi- nung und widmete sich fortan dem Alumi- integriertes Alugerippe die Form stabil ber 1888) nium noch nicht wirklich herausholen nium. Dass er heute als Pionier der Alumi- hielt. Bei einer der ersten Versuchsflü- ließ, war sein Name vor ihm auf der niumindustrie gesehen wird liegt daran, ge eines Alu-Luftschiffes war 1897 auch Im Jahr 1825 wurde es erstmals metal- Welt: Aluminium, für jenes Metall, das dass er es war, der wesentliche Eigenschaf- Graf Ferdinand von Zeppelin anwe- lisch in Händen gehalten, was reichlich im Alaun (lateinische Bezeichnung: ten des neuen Metalls entdeckte – nämlich send. spät war für das häufigste Metall der Alumen) enthalten sein musste. das geringe spezifische Gewicht, die Ver- Erdkruste und das dritthäufigste Ele- formbarkeit und Wärmeleitfähigkeit Zu dieser Zeit waren schon Alulegie- ment überhaupt: 7,57 Massenprozent Aluminium in metallischer Form sowie seine Unempfindlichkeit gegen rungen im Einsatz, denn reines Alumini- der Erdkruste bestehen aus Aluminium, wurde erstmals von Hans Christian Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit, die wir ja um war unbrauchbar, weil viel zu weich während Eisen nur zu 4,7 Prozent mit- Oersted (1777-1851) extrahiert. Er heute auch noch sehr zu schätzen wissen. für technische Verwendungen. Erst die mischt. Die Schwierigkeiten: Alu aus übergab seine Versuchsanordnung an Blankes Alu überzieht sich nämlich sekun- Zugabe anderer Metalle brachte die seinen Verbindungen herauszuholen; Friedrich Wöhler (1800-1882), ein von denschnell mit einer Oxidschicht, die das heute geschätzten Eigenschaften, und und diese Verbindungen überhaupt erst Wöhler selbst beschriftetes, zuge- darunter liegende Metall passiviert. abermals war ein weites Feld an Mög- zu identifizieren. Über den langen schmolzenes Röhrchen mit Alublätt- lichkeiten zu erforschen. Die frühen Weg vom rätselhaften Bestandteil chen ist heute noch im Deutschen Der Streit zwischen Henri Sainte- Zink-Aluminiumlegierungen beispiels- der Erdkruste bis zur industriell herge- Eine plakative Darstellung der leichten Aluminiumräder – die Radlerin hebt mit links ihr Rad in die Höhe!

4 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 5 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau

Ende der 1890er Jahre war Aluminium Alu gefertigt würden, dann am ehesten Stahl durchgehen. Sagen wir so: Leichte hier das typische Henne-Ei-Problem Leicht mit Anlauf bisweilen an Möbeln, Geschirr, Zierge- die Naben. Immerhin wären sie klein und Fahrerinnen und Fahrer werden also die greift: Waren die Rohre nur deshalb aus Von Martin Strubreiter und Michael Zappe, Hennersdorf bzw. Wien (A) genständen, Luftschiffen, Schmuck und verbrauchten nur wenig Material. frühen Alurahmen durchaus freudig Aluminium, weil ihre Verwendung mit in vielen Utopien zu finden. Damit war es begrüßt haben, beleibtere Herrschaften dem Keilsystem möglich war? Oder wur- auch bereit für seine ersten Auftritte am Das neue Metall wurde von vielen saßen eher nur in der Werbung drauf, im Die Nutzung des Aluminiums im Fahrradbau war ein langer, harter, aber manchmal Fahrrad. Zumindest theoretisch. Alumi- Fahrradherstellern dennoch euphorisch Alltagsbetrieb eher nicht sehr lange. dennoch zu weicher Weg. Und er kannte auch so manchen Rahmenbruch. Das können nium war noch teuer. THE CYCLIST Nr. begrüßt. In den 1880er und 1890er Jahren Denn heute wissen Sammler, dass histori- unsere Autoren aus eigener Erfahrung bestätigen! Gemeinsam haben die beiden ihre 167 widmete sich im Dezember 1882 dem wird Aluminium punktuell immer häufi- sche Alurahmen deutlich öfter zur Riss- Rechercheergebnisse in nächtelanger Arbeit zu diesem sehr informativen Beitrag neuen Metall mit nicht ganz hoffnungs- ger in der fahrradaffinen Literatur bildung neigen als Stahlrahmen. Die zusammengefasst. Michael Zappe ist Insidern bekannt durch sein jahrzehntelanges frohen Prognosen: Während der nächsten erwähnt, einige Beispiele sind im Info- folgenden Beispiele für Alu im Fahrrad- Sammeln von Informationen über die Verwendung von Aluminium und Titan im Fahr- Jahre würde der Radfahrer kein Alurad Block „Alu-Späne“ (siehe S. 12 u. 13) bau konzentrieren sich auf die Rahmen – radbau. Aber auch bei anderen Zweirad relevanten Themen wie Gangschaltungen besteigen können, und wenn Aluminium erwähnt. Um die Vorteile des Alumini- und natürlich kann unsere Aufzählung macht ihm kaum jemand etwas vor. Martin Strubreiter arbeitet zwar beruflich für die greifbar würde, dann wäre mit dem dop- ums auszukosten, wollten natürlich große niemals lückenlos sein, Ergänzungen sind Zeitschrift „Autorevue“, privat sammelt und fährt er jedoch lieber seine Velos – sowohl pelten bis dreifachen Preis von stähler- Komponenten daraus gefertigt werden. höchst willkommen. Rennrad-Oldtimer als auch moderne Fahrräder. Nach soviel Aluminium auf dem nen Fahrrädern zu rechnen – und das, Neben dem Preis waren aber auch zahl- Papier hat er sich inzwischen zum Kauf von zwei klassischen Cannondale-Rahmen obwohl der Preis ohnedies nur mehr 100 reiche Kritiker dagegen. So war noch in Humber Brazeless, 1895 entschieden… Pfund pro Tonne betrüge, ein Zehntel den 1930er Jahren nicht selten die Mei- ursprünglich aufgerufener Summen. nung verbreitet, dass viele Teile eines Da Alu in den 1890er Jahren, von eini- Zum ersten Mal am Mond war Alumi- stellten Leichtmetall-Legierung ist nähe- Dazu käme aber noch die Verarbeitung Fahrrades aus Alu sein dürften, lediglich gen Versuchen abgesehen, noch nicht nium im Jahr 1865, und die als Raumschiff res im Info-Block nachzulesen (siehe zu Rohren oder Drähten, Patentgebüh- Rahmen und Vorbau aus Gründen der verschweißt werden konnte, durfte der verwendete Hohlkugel von 108 Zoll S. 5 u. 6) ren, Löhne. Falls also Fahrradteile aus Festigkeit nicht. Wer jemals mit einem Ingenieursgeist allerlei Verbindungsmög- Durchmesser würde „den Seleniten eine frühen Alu-Rad fahren durfte, kann diese lichkeiten ersinnen. Der Name des Hum- recht hübsche Idee von uns Erdenbewoh- Argumentation halbwegs nachvollzie- ber Brazeless [brazeless (engl.) = ungelö- nern geben.“ Das alles spielte sich aller- hen, allerdings darf das weiche Alumini- tet] weist den korrekten Weg. Natürlich dings nur in der Literatur ab, in Jules Ver- um auch als ungleich komfortabler als war die Verbindung mechanisch, wobei Das Keilsystem von Humber als Schnittzeichnung nes „Von der Erde zum Mond“ (Original- titel: De la Terre à la Lune), eine bemer- kenswert weit in die Zukunft treffende Aluminium? Unbrauchbar! Museum München erhalten. Wöhler Claire Deville und Friedrich Wöhler, Vision. Denn im Jahr 1865 war Alumini- hatte allerdings nur Alupulver erhalten, wer das Aluminium entdeckt hätte, um erst in Gestalt winziger Kügelchen Das heute so vertraute Leichtmetall und er brauchte 18 Jahre, bis er 1845 erst- wurde von Deville mit einer Alu- dingfest gemacht, und die waren teuer musste erst extrahiert und durch Legie- mals ein stecknadelkopfgroßes Alumini- Medaille für Wöhler entschärft. Deville wie Gold, technisch aber noch völlig rungen verwendbar gemacht werden. umkügelchen in Händen hielt. Das war allerdings vom Aluminium so faszi- unbrauchbar. Der Science-Fiction-Autor Kügelchen ermöglichte es auch, die Dich- niert, dass er eine Methode zur indu- hatte beim Aluminium eine Welt vorweg- Verwendet wurden Aluminiumver- te des Metalls zu bestimmen. Und dass striellen Gewinnung entwickelte, die genommen, die allerdings kommen sollte, bindungen schon früh, nämlich von den man es durch Hämmern verformen konn- von 1857 bis 1889 die einzige bleiben und auch bei der Raumfahrt war er Keramikern der Frühkulturen: Denn te, entdeckte Wöhler ebenso. Man ahnt: sollte und obendrein horrend teuer erstaunlich treffsicher: Der ideale Ort für verwittern Feldspäte, dann entstehen Dass Alu vorerst als Laborkuriosität war. Also fand Aluminium vorerst als den Raketenstart wäre in Florida, nahe Tone. Sie bestehen hauptsächlich aus gesehen wurde und nicht als Rohstoff für Schmuck und für Kunstgegenstände bei Cape Canaveral. Aluminium aber Aluminiumoxid, Siliziumdioxid und technisch hochstehende Konstruktionen, Verwendung. So gab es gegen teures hatte 1865 noch einen weiten Weg vor Wasser. Dass hier Alu enthalten war, ist durchaus erklärbar. Geld Pokale, Schalen, Vasen, Leuchter, sich, aber auch schon einen langen absol- war beim Töpfern natürlich egal. Kassetten und oftmals Gegenstände, viert. Das Interesse ließ also nach, und Alumi- die bislang aus Bronze hergestellt wor- Ebenfalls sehr früh verwendet wur- nium musste ein zweites Mal entdeckt den waren. Und natürlich war das Mili- „Velocipede aus Aluminium her- de der Kali-Alaun, und zwar zum Ger- werden, was schon 1854 quasi unabsicht- tär interessiert. Denn leichtere Ausrü- zustellen wird z. Z. mehrfach von ben von Häuten und beim Färben von lich geschah: Der französische Chemiker stungsgegenstände versprachen Vor- englischen Fachblättern zur Sprache Geweben. Dabei blieb nicht verborgen, Henri Sainte-Claire Deville (1818-1881) teile auf dem Schlachtfeld. gebracht. Den deutschen Technikern dass Alaun eine Tonerde enthielt, und hatte Wöhlers Versuchsanordnung mit wird jedoch diese Unmöglichkeit so zwar als Oxid eines noch unbekannten reineren Ausgangsmaterialien wiederholt, Dann kam die Luftfahrt. Tatsächlich klar sein, dass wir hierüber kein weite- Metalls. Heute wissen wir, dass es sich dieses Mal waren die Alustücke deutlich blieb ein Luftschiff bei einem Leck der res Wort verlieren wollen.“ (aus dem um praktisch schon recht sauberes Al2 0 3 größer. Deville änderte seine Lebenspla- Gashülle leichter lenkbar, wenn ein Radfahr-Humor Nr. 1 vom 1. Okto- handelte. Auch wenn sich das Alumi- nung und widmete sich fortan dem Alumi- integriertes Alugerippe die Form stabil ber 1888) nium noch nicht wirklich herausholen nium. Dass er heute als Pionier der Alumi- hielt. Bei einer der ersten Versuchsflü- ließ, war sein Name vor ihm auf der niumindustrie gesehen wird liegt daran, ge eines Alu-Luftschiffes war 1897 auch Im Jahr 1825 wurde es erstmals metal- Welt: Aluminium, für jenes Metall, das dass er es war, der wesentliche Eigenschaf- Graf Ferdinand von Zeppelin anwe- lisch in Händen gehalten, was reichlich im Alaun (lateinische Bezeichnung: ten des neuen Metalls entdeckte – nämlich send. spät war für das häufigste Metall der Alumen) enthalten sein musste. das geringe spezifische Gewicht, die Ver- Erdkruste und das dritthäufigste Ele- formbarkeit und Wärmeleitfähigkeit Zu dieser Zeit waren schon Alulegie- ment überhaupt: 7,57 Massenprozent Aluminium in metallischer Form sowie seine Unempfindlichkeit gegen rungen im Einsatz, denn reines Alumini- der Erdkruste bestehen aus Aluminium, wurde erstmals von Hans Christian Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit, die wir ja um war unbrauchbar, weil viel zu weich während Eisen nur zu 4,7 Prozent mit- Oersted (1777-1851) extrahiert. Er heute auch noch sehr zu schätzen wissen. für technische Verwendungen. Erst die mischt. Die Schwierigkeiten: Alu aus übergab seine Versuchsanordnung an Blankes Alu überzieht sich nämlich sekun- Zugabe anderer Metalle brachte die seinen Verbindungen herauszuholen; Friedrich Wöhler (1800-1882), ein von denschnell mit einer Oxidschicht, die das heute geschätzten Eigenschaften, und und diese Verbindungen überhaupt erst Wöhler selbst beschriftetes, zuge- darunter liegende Metall passiviert. abermals war ein weites Feld an Mög- zu identifizieren. Über den langen schmolzenes Röhrchen mit Alublätt- lichkeiten zu erforschen. Die frühen Weg vom rätselhaften Bestandteil chen ist heute noch im Deutschen Der Streit zwischen Henri Sainte- Zink-Aluminiumlegierungen beispiels- der Erdkruste bis zur industriell herge- Eine plakative Darstellung der leichten Aluminiumräder – die Radlerin hebt mit links ihr Rad in die Höhe!

4 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 5 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau de das Keilsystem von Humber einge- spart nicht mit skeptischen tete Rahmen – völlig durchkonstruiert führt, um gezielt die Alurohre miteinan- Anmerkungen, seiner Mei- war das Gedankengebäude allerdings der zu verbinden? Fest steht jedenfalls, nung nach würde der Druck nicht, denn nach wie vor wurden die Ket- dass Humber damals eine höchst respek- der Alurohre die Muffen tenstreben mit dem Tretlager (beide aus table Firma war, der das Publikum allerlei allmählich aufweiten, auch Stahl) verlötet, die Sattelmuffe mit dem Fehlgriffe (Boudard-Pervil-Gear 1894, öfteres Zerlegen und wieder Sattelrohr ebenso. Simpson lever chain 1895) verzieh, und Montieren des Rahmens fest steht auch, dass J. R. Trigwell seit 1895 müsse das Material zu sehr Ein weiterer Autor der CTC Gazette, Werbeanzeige in einer zeitgenössischen Fahrradzeitschrift mit „brazeless jointing“ von Rahmenroh- belasten und den Verschleiß Mr. Bidlake, war ebenso skeptisch wie C. ren experimentierte. Offensichtlich reih- über Gebühr fördern. Und W. Brown. Er schlug Gewichtsersparnis less Cycle Co. aus Manchester kein The- se – 33 bis 36 lbs mit Stahlrahmen (15,0 bis ten maßgebliche Kritiker den Brazeless- dass der Rahmen zum Zerle- durch Romanium-Felgen vor und zwei- ma, denn sein Rahmen war aus einem 16,3 kg), aber lediglich 23 lbs (10,4 kg) bei Rahmen ohne Federlesens in die Reihe gen gedacht war, bewies eine felte so eindrucksvoll am brazeless frame, Stück: Der Alurahmen (20, 23 oder 25 Lu-mi-num. der Fehlgriffe. /1/ Werbung eines verreisenden dass ihm Humber ein Exemplar zum Zoll hoch) wurde gegossen, anschließend Radfahrers mit seinem Hum- Testen überließ. Bidlake zeigte sich vom die drei Hauptrohre auf der gesamten Das für die Rahmen verwendete Lu- Erstmals erwähnt wird die neue Tech- ber Brazeless im Koffer – mit Fahrverhalten beeindruckt, immerhin Länge ausgebohrt. Bei Sattel- und Steu- mi-num hätte mit Aluminium übrigens so nologie in der CYCLING vom 27. jeder Montage, schloss Mr. war der Rahmen stabil. Er kritisierte errohr waren die Bohrung am leichtesten viel gemeinsam wie Stahl mit Eisen, ver- November 1897. /2/ Für die CTC Gazette Brown, müssten die Keile allerdings, dass acht Lötstellen lediglich auszuführen, das Oberrohr wurde durch riet der 1896er-Katalog, und die Verede- Dezember 1897 beschreibt C. W. Brown tiefer eingeschlagen werden, fünf lösbaren Rohrverbindungen gegen- das Steuerrohr gebohrt (und das dort lung geschehe durch mechanische und den Rahmen im Detail. /3/ Kurzfassung: außerdem würden sich beson- Ein stolzer Besitzer eines Humber Brazeless Rades. Hoffentlich überstanden, ein eklatantes Missverhält- entstandene Loch abgedeckt), das Unter- chemische Prozesse. Welche das wären, Die Muffen und die Alurohre sind durch- ders dort Schmutz und Feuch- erspart er sich die Mühe des Zerlegens! nis, wenn Lötstellen vermieden werden rohr wurde durchs Tretlager gebohrt. Die verrät der Katalogtext nicht, aber er ver- bohrt, und zwecks Verbindung werden tigkeit sammeln und die Lack- sollten. Und den Versuch, den Rahmen Ketten- und Sattelstreben wiesen einen spricht, dass niemandem sonst der Pro- Keile eingeschlagen, die die Rohrenden schicht anfällig sein für Beschädigungen. dung den Rohren die Hitze durch Löten daheim mit dem Lederhammer zu zerle- „D“-förmigen Querschnitt auf, die Gabel zess bekannt wäre. Immerhin erfährt aufweiten und damit von innen gegen die ersparen. Für den Modelljahrgang 1898 gen, ließ er nach dem Lösen einer einzi- war ebenfalls aus einem Stück hergestellt. man, dass Lu-mi-num aus 96 Prozent Alu Muffen drücken, das System der Keil- Humber war überzeugt von der Neue- war das Brazeless-Verfahren Standard, gen Verbindung bleiben. Zu kompliziert Dem Steuerrohr wurde eine damals bestünde und aus vier Prozent anderer Tretkurbeln ist sehr verwandt. Brown rung, schließlich würde die Keilverbin- nur auf Wunsch gab’s konventionell gelö- schien ihm das Trennen der Rohre vom gebräuchliche Steuerung aus Stahl einge- Substanzen. So reiht er den Lu-mi-num- Tretlager, immerhin standen dort Hinter- presst, während die Gewinde für die Tret- Rahmen in eine Reihe mit der Erfindung rad und Kotflügel im Weg. Allerdings hatte lagerschalen mit einem Stahlzylinder des Luftreifens und des Kugellagers. weise waren noch immer von eher zwei- die Entdeckung, dass Aluproben einige Hiduminium jedes britische Flugzeug. Humber davor schon eingeräumt, dass das eingebracht wurden. Es gab auch ein Ganz so ist es dann aber doch nicht felhafter Festigkeit und obendrein Tage nach dem Abschrecken abermals Ab 1934 fertigte die Reynolds Tube Co. Zerlegen doch besser von einem offiziell Damenmodell mit einem einzigen, im gekommen. wenig korrosionsbeständig - das erklärt, eine erhöhte Festigkeit aufwiesen - die Hiduminium-Rohre für die Luftfahrt, befähigten Händler zu erledigen wäre. Katalog etwas dicker aussehenden Alu- warum Alu-Fahrradrahmen aus dem Moleküle hatten sich also noch umstruktu- nach dem Krieg schwenkte die Produk- rohr zwischen Tretlager und Steuerrohr. Stabilität war natürlich ein wichtiges späten 19. Jahrhundert heute beinahe riert, das Phänomen ist als Ausscheidungs- tion auch zu Fahrrädern: Hiduminium Humber selbst antwortete mit dem Rätselhaft allerdings ist die dezente Thema, der Lu-mi-num-Katalog zeigte ausgestorben sind. härtung bekannt. Alfred Wilms Legierung wurde für Lenker, Bremsen oder Kur- Verweis auf zwei brazeless frames, die 3000 Biegung dieses Rohres, die wohl dem ein Rennrad mit 20 lbs (9,7 kg) Gewicht, beinhaltete 3,5 bis 5,5 Prozent Kupfer, 0,5 beln verwendet, aber auch zur Herstel- bzw. 5000 Meilen ohne Probleme absol- nachträglichen Ausbohren sehr deutlich dessen Fahrer aber weniger als 15 stones Was wir heute salopp unter dem bis 0,8 Prozent Magnesium, 0,6 Prozent lung von Rahmenrohren. viert hätten, und das bei drei bis fünf Pfund im Weg gestanden sein muss. Auch Len- (95 kg) wiegen möge. Beim 24-lbs- Namen Aluminium zusammenfassen, Mangan, ein Prozent Silizium und 1,2 Pro- (1,4 bis 2,3 kg, da wird wohl der Rahmen ker und Sattelstützen bestanden aus Lu- Roadster entfiel das Gewichtslimit, und steht für eine Vielzahl von Alu- zent Eisen. Die Serienproduktion begann Elektron alleine gemeint gewesen sein) geringeren mi-num, letztere waren in dreierlei Aus- dass man dieser Empfehlung auch trau- Legierungen mit unterschiedlicher 1909 in den Dürener Metallwerken. Der Gewichts. Dass Humbers brazeless frame führungen zu haben, nämlich gerade, en könne, versprach ein anderes Kata- Zusammensetzung. Manche tragen Name Duraluminium war vom lateini- Schon sind wir in einem schmalen kein überschäumender Erfolg beschieden nach vorne oder eigene Namen, bei anderen hat die All- schen durus für hart inspiriert, wiewohl Seitenarm der Aluminiumgeschichte: war, merkt man heute, fast 120 Jahre spä- nach hinten gebo- tagssprache nie genau spezifiziert. Tech- bisweilen auch die Deutung kursiert, der Elektron ist eine Magnesiumlegierung, ter: Er wird zwar bei der Reportage über gen. /6/ niker allerdings unterscheiden sehr wohl Herstellungsort Düren wäre in den bei der neben anderen Metallen auch die Stanley Show 1900 als Randerschei- eine unglaubliche Vielzahl von Alulegie- Namen der Legierung eingeflossen. Aluminium mit knapp zehn Prozent nung erwähnt, danach nicht mehr. Und die Der 1896er Kata- rungen anhand eines Zahlencodes. mitmischt. Etwa 100 verschiedene Zahl überlebender Exemplare dürfte log zeigt die Lu-mi- Hiduminium Elektron-Zusammensetzungen sind gegen null tendieren. /4/ num-Rahmen ohne Silumin bekannt, erste Erfolge bei der Herstel- augenscheinliche Weil auch Duraluminium bei manchen lung datieren aus dem Jahr 1908: Gustav Rupalley, 1896 Versteifung im Be- Bei Silumin ist der Siliziumanteil mit Verwendungen schwächelte, wurde wei- Pistor und Wilhelm Moschel entdeckten reich der Rohrver- 13 Prozent hoch, Aluminium als tergeforscht. Durch die Legierung von den neuen Werkstoff in der Chemischen Die Pariser Firma Rupalley wusste ihr bindungen, während zweiter Legierungsbestandteil ist zu Aluminium mit Nickel (Kupfer, Eisen, Fabrik Griesheim mit der Zentrale in Alu-Rad eindrucksvoll zu bewerben: M. ein überlebendes, im 87 Prozent vertreten. Silumin wird Silizium, Magnesium waren auch noch Bitterfeld. Und zumindest einmal durfte Corre fuhr damit rund um Frankreich, Boneshaker von hauptsächlich gegossen, die Legierung beteiligt) und mehrfache Wärmebehand- Elektron in die Herstellung von Fahr- eine Strecke von rund 5 000 km, und sie 1978 abgebildetes ist gut schweißbar und von guter Wär- lung wurde das Leichtmetall noch fester radrahmen einfließen: bei den Hains- wurde pannenfrei absolviert – stand Exemplar muffen- meleitfähigkeit, obendrein ist sie und bereit für Einsätze bei hohen Tempe- berger Metallwerken 1951. Mehr darü- jedenfalls in der Werbung. Über die Kon- ähnliche Verstär- mechanisch widerstandsfähig. raturen. Zum Beispiel im Motorenbau, ber auf S. 11. struktion dieser Rahmen ist leider nichts kungen aufweist. was natürlich kein Zufall war: Hidumini- bekannt, der zusätzlich verstrebte Rah- Die müssen freilich Alu-Rahmen (er)tragen auch schwere Jungs von fast 130 kg Duraluminium um wurde in der Zwischenkriegszeit von Vergleiche auch: men ist aber sicherlich sinnvoll. Angeb- mitgegossen sein, Rolls-Royce für Flugzeugmotoren entwi- - Aluminium. Das Metall der Mo- lich wurden die Rahmen mittels eines zumal das Ausbohren innere Versteifun- logfoto. Es zeigte einen sehr beleibten Wirklich anheben konnte der Sieges- ckelt, daher stammt auch der zweite derne. Gestalt, Gebrauch, Geschich- Schweißverfahrens hergestellt, sicherlich gen an den Rohrenden unmöglich mach- Radfahrer, dessen Lu-mi-num jetzt zug der Aluminiumlegierungen mit der Name R.R. Alloy. Der erste, Hiduminium, te, von Schäfke, Schleper, Tauch die erste Anwendung in diesem Bereich te. Hergestellt wurde das Lu-mi-num von schon einige Monate seinem Gewicht Herstellung des Duraluminiums: 1906 kommt von High Duty Aluminium. Ab (Hg.), Köln 1991 (s. Abb. S. 4). /5/ der französischen Firma M. M. Cycles von 20 stone 3,5 lbs (rund 128 kg) stand- versuchte Alfred Wilm zur Steigerung 1929 fertigte Rolls-Royce daraus Moto- - Wikipedia/Stichwort Duraluminium sans Soudures en Lu-mi-num (6 Rue le halte. der Härte des Aluminiums ähnliche ren, bald folgten andere Hersteller (Arm- - Wikipedia/Stichwort Hiduminium Lu-Mi-Num, 1896 Peletier, Paris), und freilich waren die Methoden wie in der Stahlerzeugung zu strong Siddeley 1933 beispielsweise), - Wikipedia/Stichwort Elektron (alloy) Versprechen der Werbung zahlreich und In die Praxis wollte der Fortschritt verwenden. Eher zufällig gelang auch und im Zweiten Weltkrieg erleichterte - http://www.wissen.de/lexikon/silumin Rohrverbindungen waren beim Lu- zukunftsweisend: Ein Drittel weniger nicht so reibungsfrei finden: Ein Test im mi-num-Fahrrad der Aluminium Joint- Gewicht bei Damenrädern, beispielswei- britischen Magazin Engineering, der

6 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 7 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau de das Keilsystem von Humber einge- spart nicht mit skeptischen tete Rahmen – völlig durchkonstruiert führt, um gezielt die Alurohre miteinan- Anmerkungen, seiner Mei- war das Gedankengebäude allerdings der zu verbinden? Fest steht jedenfalls, nung nach würde der Druck nicht, denn nach wie vor wurden die Ket- dass Humber damals eine höchst respek- der Alurohre die Muffen tenstreben mit dem Tretlager (beide aus table Firma war, der das Publikum allerlei allmählich aufweiten, auch Stahl) verlötet, die Sattelmuffe mit dem Fehlgriffe (Boudard-Pervil-Gear 1894, öfteres Zerlegen und wieder Sattelrohr ebenso. Simpson lever chain 1895) verzieh, und Montieren des Rahmens fest steht auch, dass J. R. Trigwell seit 1895 müsse das Material zu sehr Ein weiterer Autor der CTC Gazette, Werbeanzeige in einer zeitgenössischen Fahrradzeitschrift mit „brazeless jointing“ von Rahmenroh- belasten und den Verschleiß Mr. Bidlake, war ebenso skeptisch wie C. ren experimentierte. Offensichtlich reih- über Gebühr fördern. Und W. Brown. Er schlug Gewichtsersparnis less Cycle Co. aus Manchester kein The- se – 33 bis 36 lbs mit Stahlrahmen (15,0 bis ten maßgebliche Kritiker den Brazeless- dass der Rahmen zum Zerle- durch Romanium-Felgen vor und zwei- ma, denn sein Rahmen war aus einem 16,3 kg), aber lediglich 23 lbs (10,4 kg) bei Rahmen ohne Federlesens in die Reihe gen gedacht war, bewies eine felte so eindrucksvoll am brazeless frame, Stück: Der Alurahmen (20, 23 oder 25 Lu-mi-num. der Fehlgriffe. /1/ Werbung eines verreisenden dass ihm Humber ein Exemplar zum Zoll hoch) wurde gegossen, anschließend Radfahrers mit seinem Hum- Testen überließ. Bidlake zeigte sich vom die drei Hauptrohre auf der gesamten Das für die Rahmen verwendete Lu- Erstmals erwähnt wird die neue Tech- ber Brazeless im Koffer – mit Fahrverhalten beeindruckt, immerhin Länge ausgebohrt. Bei Sattel- und Steu- mi-num hätte mit Aluminium übrigens so nologie in der CYCLING vom 27. jeder Montage, schloss Mr. war der Rahmen stabil. Er kritisierte errohr waren die Bohrung am leichtesten viel gemeinsam wie Stahl mit Eisen, ver- November 1897. /2/ Für die CTC Gazette Brown, müssten die Keile allerdings, dass acht Lötstellen lediglich auszuführen, das Oberrohr wurde durch riet der 1896er-Katalog, und die Verede- Dezember 1897 beschreibt C. W. Brown tiefer eingeschlagen werden, fünf lösbaren Rohrverbindungen gegen- das Steuerrohr gebohrt (und das dort lung geschehe durch mechanische und den Rahmen im Detail. /3/ Kurzfassung: außerdem würden sich beson- Ein stolzer Besitzer eines Humber Brazeless Rades. Hoffentlich überstanden, ein eklatantes Missverhält- entstandene Loch abgedeckt), das Unter- chemische Prozesse. Welche das wären, Die Muffen und die Alurohre sind durch- ders dort Schmutz und Feuch- erspart er sich die Mühe des Zerlegens! nis, wenn Lötstellen vermieden werden rohr wurde durchs Tretlager gebohrt. Die verrät der Katalogtext nicht, aber er ver- bohrt, und zwecks Verbindung werden tigkeit sammeln und die Lack- sollten. Und den Versuch, den Rahmen Ketten- und Sattelstreben wiesen einen spricht, dass niemandem sonst der Pro- Keile eingeschlagen, die die Rohrenden schicht anfällig sein für Beschädigungen. dung den Rohren die Hitze durch Löten daheim mit dem Lederhammer zu zerle- „D“-förmigen Querschnitt auf, die Gabel zess bekannt wäre. Immerhin erfährt aufweiten und damit von innen gegen die ersparen. Für den Modelljahrgang 1898 gen, ließ er nach dem Lösen einer einzi- war ebenfalls aus einem Stück hergestellt. man, dass Lu-mi-num aus 96 Prozent Alu Muffen drücken, das System der Keil- Humber war überzeugt von der Neue- war das Brazeless-Verfahren Standard, gen Verbindung bleiben. Zu kompliziert Dem Steuerrohr wurde eine damals bestünde und aus vier Prozent anderer Tretkurbeln ist sehr verwandt. Brown rung, schließlich würde die Keilverbin- nur auf Wunsch gab’s konventionell gelö- schien ihm das Trennen der Rohre vom gebräuchliche Steuerung aus Stahl einge- Substanzen. So reiht er den Lu-mi-num- Tretlager, immerhin standen dort Hinter- presst, während die Gewinde für die Tret- Rahmen in eine Reihe mit der Erfindung rad und Kotflügel im Weg. Allerdings hatte lagerschalen mit einem Stahlzylinder des Luftreifens und des Kugellagers. weise waren noch immer von eher zwei- die Entdeckung, dass Aluproben einige Hiduminium jedes britische Flugzeug. Humber davor schon eingeräumt, dass das eingebracht wurden. Es gab auch ein Ganz so ist es dann aber doch nicht felhafter Festigkeit und obendrein Tage nach dem Abschrecken abermals Ab 1934 fertigte die Reynolds Tube Co. Zerlegen doch besser von einem offiziell Damenmodell mit einem einzigen, im gekommen. wenig korrosionsbeständig - das erklärt, eine erhöhte Festigkeit aufwiesen - die Hiduminium-Rohre für die Luftfahrt, befähigten Händler zu erledigen wäre. Katalog etwas dicker aussehenden Alu- warum Alu-Fahrradrahmen aus dem Moleküle hatten sich also noch umstruktu- nach dem Krieg schwenkte die Produk- rohr zwischen Tretlager und Steuerrohr. Stabilität war natürlich ein wichtiges späten 19. Jahrhundert heute beinahe riert, das Phänomen ist als Ausscheidungs- tion auch zu Fahrrädern: Hiduminium Humber selbst antwortete mit dem Rätselhaft allerdings ist die dezente Thema, der Lu-mi-num-Katalog zeigte ausgestorben sind. härtung bekannt. Alfred Wilms Legierung wurde für Lenker, Bremsen oder Kur- Verweis auf zwei brazeless frames, die 3000 Biegung dieses Rohres, die wohl dem ein Rennrad mit 20 lbs (9,7 kg) Gewicht, beinhaltete 3,5 bis 5,5 Prozent Kupfer, 0,5 beln verwendet, aber auch zur Herstel- bzw. 5000 Meilen ohne Probleme absol- nachträglichen Ausbohren sehr deutlich dessen Fahrer aber weniger als 15 stones Was wir heute salopp unter dem bis 0,8 Prozent Magnesium, 0,6 Prozent lung von Rahmenrohren. viert hätten, und das bei drei bis fünf Pfund im Weg gestanden sein muss. Auch Len- (95 kg) wiegen möge. Beim 24-lbs- Namen Aluminium zusammenfassen, Mangan, ein Prozent Silizium und 1,2 Pro- (1,4 bis 2,3 kg, da wird wohl der Rahmen ker und Sattelstützen bestanden aus Lu- Roadster entfiel das Gewichtslimit, und steht für eine Vielzahl von Alu- zent Eisen. Die Serienproduktion begann Elektron alleine gemeint gewesen sein) geringeren mi-num, letztere waren in dreierlei Aus- dass man dieser Empfehlung auch trau- Legierungen mit unterschiedlicher 1909 in den Dürener Metallwerken. Der Gewichts. Dass Humbers brazeless frame führungen zu haben, nämlich gerade, en könne, versprach ein anderes Kata- Zusammensetzung. Manche tragen Name Duraluminium war vom lateini- Schon sind wir in einem schmalen kein überschäumender Erfolg beschieden nach vorne oder eigene Namen, bei anderen hat die All- schen durus für hart inspiriert, wiewohl Seitenarm der Aluminiumgeschichte: war, merkt man heute, fast 120 Jahre spä- nach hinten gebo- tagssprache nie genau spezifiziert. Tech- bisweilen auch die Deutung kursiert, der Elektron ist eine Magnesiumlegierung, ter: Er wird zwar bei der Reportage über gen. /6/ niker allerdings unterscheiden sehr wohl Herstellungsort Düren wäre in den bei der neben anderen Metallen auch die Stanley Show 1900 als Randerschei- eine unglaubliche Vielzahl von Alulegie- Namen der Legierung eingeflossen. Aluminium mit knapp zehn Prozent nung erwähnt, danach nicht mehr. Und die Der 1896er Kata- rungen anhand eines Zahlencodes. mitmischt. Etwa 100 verschiedene Zahl überlebender Exemplare dürfte log zeigt die Lu-mi- Hiduminium Elektron-Zusammensetzungen sind gegen null tendieren. /4/ num-Rahmen ohne Silumin bekannt, erste Erfolge bei der Herstel- augenscheinliche Weil auch Duraluminium bei manchen lung datieren aus dem Jahr 1908: Gustav Rupalley, 1896 Versteifung im Be- Bei Silumin ist der Siliziumanteil mit Verwendungen schwächelte, wurde wei- Pistor und Wilhelm Moschel entdeckten reich der Rohrver- 13 Prozent hoch, Aluminium als tergeforscht. Durch die Legierung von den neuen Werkstoff in der Chemischen Die Pariser Firma Rupalley wusste ihr bindungen, während zweiter Legierungsbestandteil ist zu Aluminium mit Nickel (Kupfer, Eisen, Fabrik Griesheim mit der Zentrale in Alu-Rad eindrucksvoll zu bewerben: M. ein überlebendes, im 87 Prozent vertreten. Silumin wird Silizium, Magnesium waren auch noch Bitterfeld. Und zumindest einmal durfte Corre fuhr damit rund um Frankreich, Boneshaker von hauptsächlich gegossen, die Legierung beteiligt) und mehrfache Wärmebehand- Elektron in die Herstellung von Fahr- eine Strecke von rund 5 000 km, und sie 1978 abgebildetes ist gut schweißbar und von guter Wär- lung wurde das Leichtmetall noch fester radrahmen einfließen: bei den Hains- wurde pannenfrei absolviert – stand Exemplar muffen- meleitfähigkeit, obendrein ist sie und bereit für Einsätze bei hohen Tempe- berger Metallwerken 1951. Mehr darü- jedenfalls in der Werbung. Über die Kon- ähnliche Verstär- mechanisch widerstandsfähig. raturen. Zum Beispiel im Motorenbau, ber auf S. 11. struktion dieser Rahmen ist leider nichts kungen aufweist. was natürlich kein Zufall war: Hidumini- bekannt, der zusätzlich verstrebte Rah- Die müssen freilich Alu-Rahmen (er)tragen auch schwere Jungs von fast 130 kg Duraluminium um wurde in der Zwischenkriegszeit von Vergleiche auch: men ist aber sicherlich sinnvoll. Angeb- mitgegossen sein, Rolls-Royce für Flugzeugmotoren entwi- - Aluminium. Das Metall der Mo- lich wurden die Rahmen mittels eines zumal das Ausbohren innere Versteifun- logfoto. Es zeigte einen sehr beleibten Wirklich anheben konnte der Sieges- ckelt, daher stammt auch der zweite derne. Gestalt, Gebrauch, Geschich- Schweißverfahrens hergestellt, sicherlich gen an den Rohrenden unmöglich mach- Radfahrer, dessen Lu-mi-num jetzt zug der Aluminiumlegierungen mit der Name R.R. Alloy. Der erste, Hiduminium, te, von Schäfke, Schleper, Tauch die erste Anwendung in diesem Bereich te. Hergestellt wurde das Lu-mi-num von schon einige Monate seinem Gewicht Herstellung des Duraluminiums: 1906 kommt von High Duty Aluminium. Ab (Hg.), Köln 1991 (s. Abb. S. 4). /5/ der französischen Firma M. M. Cycles von 20 stone 3,5 lbs (rund 128 kg) stand- versuchte Alfred Wilm zur Steigerung 1929 fertigte Rolls-Royce daraus Moto- - Wikipedia/Stichwort Duraluminium sans Soudures en Lu-mi-num (6 Rue le halte. der Härte des Aluminiums ähnliche ren, bald folgten andere Hersteller (Arm- - Wikipedia/Stichwort Hiduminium Lu-Mi-Num, 1896 Peletier, Paris), und freilich waren die Methoden wie in der Stahlerzeugung zu strong Siddeley 1933 beispielsweise), - Wikipedia/Stichwort Elektron (alloy) Versprechen der Werbung zahlreich und In die Praxis wollte der Fortschritt verwenden. Eher zufällig gelang auch und im Zweiten Weltkrieg erleichterte - http://www.wissen.de/lexikon/silumin Rohrverbindungen waren beim Lu- zukunftsweisend: Ein Drittel weniger nicht so reibungsfrei finden: Ein Test im mi-num-Fahrrad der Aluminium Joint- Gewicht bei Damenrädern, beispielswei- britischen Magazin Engineering, der

6 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 7 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau ursprünglich in Bicycle Science Ergono- fen, der die Rohre verspreizte. Die das Verlöten von Alurohren (auch mit Caminargent, 1936 mics and Mechanics erschienen war, Löcher in den Muffen wurden daraufhin Muffen) noch immer nicht völlig zufrie- zeigte, dass das Lu-mi-num weicher war mit Alu verschweißt, jedoch war das Ver- denstellend möglich wäre. Zusätzliche Etwas später bereicherte Pierre Cami- und weniger Belastung vertrug als ein fahren zusätzlich mit weiteren Einsätzen Festigkeit sollte durch das Festfressen der nade durch sein Caminargent mit acht- Stahlrahmen. /7/ So kollabierte der Stahl- gesichert. Man ahnt heute, dass Delage Rohre in den Muffen erreicht werden, eckigen Alurohren den Markt. Die Rohre rahmen bei 5438 lbs, das Lu-mi-num die Verbindungsstellen seiner Alurah- wie es bei Alu sowieso nach recht kurzer waren in extra gefertigte Muffen mit jedoch schon bei 4344 lbs. Das Gewicht men wirklich für die Ewigkeit konstruie- Zeit zu beobachten wäre, und das feine Schraubenklemmung fixiert, mit Vaseline von 5 lbs 5 ozs (2,4 kg) klingt schon eher ren wollte. /8/ Am 9. September 1933 Gewinde der Müller'schen Rahmen getränkte Korken in den Verbindungs- zukunftsweisend, aber die Fahrradge- stellte Marcel Berthet mit einem stromli- sollte das Festfressen beschleunigen. Als stellen dämpften Vibrationen, die Schön- schichte bog dann doch anders ab: Nach nienförmig verkleideten Delage-Rad perfekte Alulegierung schwebte Hans heit der Rahmen ist bis heute bestechend. drei oder vier Jahren endete die Produk- einen neuen Stundenweltrekord auf, der Müller jedenfalls Avional vor, eine „Alu- Etwas günstigere Modelle waren auch tion, die Verkaufszahlen sollen eher lasch allerdings, wie so oft, von der UCI nicht miniumlegierung hoher Festigkeit“, bei mit runden Rohren, aber ebenso pittores- gewesen sein. anerkannt wurde. den Muffen tendierte er zu Eisen, Tem- ken Muffen wie bei den Versionen mit perguss oder Alu. René Vietto vor dem Start zu einer Etappe der Tour Achteck-Rohren zu haben. Gebaut wur- Diamant, 1924 de France 1949. Er fährt hier ein als „France Sport“ den die Caminargent-Rahmen von 1936 gelabeltes Barra. bis rund 1952, Rennräder waren ebenso Immer wieder hat Diamant Serien von zu haben wie Randonneur-Räder. Das Alurahmen aufgelegt, die frühesten las- lichkeit des neuen Metalls am Fahrrad auf extremen Leichtbau zielende Renn- sen sich 1924 verorten. In DAS RAD zu demonstrieren, erreichten Piloten auf modell „Bordeaux-Paris“ (mit Starrlauf Steuerrohr von Meca Dural mit vereinfachter 9/1951 war eine Zuschrift von Georg von Nicola Barra gebauten Rahmen und somit schaltungslos und nur mit einer Keilverbindung Damm abgedruckt, der sich als Betreuer beeindruckende Leistungen. Aber auch Bremse ausgestattet) wog 5,7 kg, die der Elite-Diamant-Mannschaft von 1924 Radrennfahrer verwendeten seine Rah- Randonneuse mit Ballonreifen, 3-Gang- dürfte die Firma Mercier gesteckt haben. bis 1929 vorstellte und schrieb: „Schon men, wie René Vietto und sein Teamkol- Schaltung und zwei Bremsen lag mit 9,7 Diese Räder sind jedoch unter vielen 1924 bauten die Elite-Diamant-Werke lege Apo Lazarides während der schwie- kg auf Augenhöhe mit damaligen Stahl- verschiedenen Markennamen auf den eine Serie von 300 Rennmaschinen aus rigen Bergetappen der Tour de France Rennrädern. /10/ Markt gekommen. Das Steuerrohr hatte Leichtmetall. Hier handelte es sich um Die mit den Muffen verschraubten Alu-Rohre im 1949. Vietto, ein guter Freund von zwei Bohrungen, die markant von zwei Patent von Hans Müller echte Leichtmetallräder, bei denen nicht Lucien Juy, dem Hersteller der Simplex- Meca Dural, Duralavia, Gnome-Rhone Schildern abgedeckt wurden. Darunter nur der Rahmen, sondern auch die Gabel, Schaltungen, interessierte sich sehr für und Aviac, Ende 1930er Jahre verbarg sich ein einfacheres System einer Vorbau, Lenkerbügel, Sattelstütze, Pedale, Barra (ab 1936) beste Materialien und war ein fanati- Keilverbindung, ähnlich wie bei den oben Naben, Kurbeln und Kettenrad aus scher Verfechter des Leichtbaus. Als All die oben genannten Firmen stell- erwähnten Rädern von Delage. Leichtmetall bestanden. Diese Maschinen Nicola Barra, ein Pariser Konstruk- sein Teamkollege Lazarides beispielwei- ten Aluminium-Räder mit runden Roh- wurden von bekannten aktiven Berufsfah- Verspreizen der Alu-Rohre in den Muffen mittels teur für feinste Randonneur- und Renn- se über Schmerzen an seinem kleinen ren in Muffenverbindungen her, wobei Die Räder der Marke Duralavia glei- rern damals zu Versuchszwecken gefah- Keilen bei Firma Delage räder, begann nach zwei Jahren Stahl- Fußzeh klagte, schlug ihm Vietto kurzer- grob gesprochen nur die Art der Verbin- chen den vorgenannten Meca Dural wie ren, u. a. von Nebe, Seiffert, Nagel, Wolke rahmenbau ab 1936 Räder aus ge- hand vor, den Zeh einfach abzuschnei- dung unterschiedlich war. Hinter Meca ein Ei dem anderen, hatten jedoch farb- usw. Fest steht jedenfalls, dass eine solche Pierre Colin, 1934 schweißten Aluminiumrohren herzu- den! Leichtbau über alles! Dural (manchmal auch Meca Mercier) lich eloxierte Muffen. Sie sind sicher in Maschine kaum wesentlich leichter war als stellen. Seine Tätigkeit in der Flugzeug- denselben Werkstätten entstanden. eine solche mit Stahlrohrrahmen, da ja Der spanische Rennfahrer Vincente industrie machte ihm Mut, diese Art der tatsächlich die Wandung der Rahmenroh- Trueba Perez fuhr damit bei der Tour de Rohrverbindung als einer der Ersten re und Verbindungsstücke wesentlich France 1934, so kam das Pierre Colin auch für Fahrradrahmen anzuwenden. dicker waren als aus Stahl, und das Modèle Tour de France Duralumin zu Die Alumag-Rohre der Barra-Rahmen Gewicht dadurch fast wieder ausgeglichen seinem Namen. Aus Aluminium waren waren an ihren Enden oft konifiziert wurde. Diese Räder aus Leichtmetall daran nicht nur Naben, Pedale, Bremsen und sogar ovalisiert – elegante Vorweg- haben aber auch wirklich gehalten. Ich (von LAM), Lenker, Flügelmuttern, nahme eines Bauprinzips, das heutigen kenne heute noch einige Leute, welche Sattelstütze und Felgen, sondern auch der solche Leichtmetall-Räder täglich fahren.“ Rahmen. Der Rohrdurchmesser war identisch mit jenem von Stahlrohren. So erklärt sich das eher weiche Lenkverhal- ten, wiewohl das Tretlager erstaunlich stabil bleibt beim Fahren. /9/ Der Rah- men wog lediglich 2,4 lb (1,1 kg), das von Cycling Plus gefahrene Rad wog 6,8 kg (15 lbs), und es war deutlich teurer als das Topmodell von Hetchins aus feinstem Stahl, selbst eine durchaus noble und damit keinesfalls günstige Marke. Diamant-Rennrad mit diversen Alu-Teilen Hans Müller, 1934 Delage, 1933 Barra-Aluminiumrahmen weisen sauber ge- Die Patentschrift geizt nicht mit schweißte Nähte auf Ringartige Verrippung der Alu-Muffen bei Aviac Konzipiert und patentiert ab 1927 von schlüssigen Erklärungen. Ob allerdings Gaetan Py und produziert durch die Pari- Hans Müller aus Biel in der Schweiz wirk- Rahmen Steifigkeit verleiht. Während Aviac Rahmen, eine Erfindung von ser Firma Delage, war dieses System wohl lich jemals Alu-Fahrradrahmen nach der von der Société du Duralumin pro- Monsieur Bouhot, wurden im Norden das erste mit innenliegendem Keil. Beim seinem patentierten Verfahren herstellte, moteten Veranstaltungen „Grand Prix von Paris produziert. Sie fallen sofort 1933 präsentierten Rahmen wurden die entzieht sich unserer Kenntnis. Müller Duralumin“, die Ende der 30er Jahre durch die ringartigen Verrippungen an Rohre zuerst in die Muffen gepresst, dann zielte jedenfalls darauf ab, die Rohre mit und kurz nach dem Krieg veranstaltet Dieses frühe Caminargent ist mit der seltenen Rectiligne-Schaltung ausgestattet, die Pierre Caminade den Alumuffen auf. Wie die Rohre in die kam ein Keil durch die Löcher der Muf- den Muffen einfach zu verschrauben, da wurden, um die Verwendung und Taug- 1935 auf den Markt brachte. Alumuffen gezwungen wurden, ist ein

8 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 9 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau ursprünglich in Bicycle Science Ergono- fen, der die Rohre verspreizte. Die das Verlöten von Alurohren (auch mit Caminargent, 1936 mics and Mechanics erschienen war, Löcher in den Muffen wurden daraufhin Muffen) noch immer nicht völlig zufrie- zeigte, dass das Lu-mi-num weicher war mit Alu verschweißt, jedoch war das Ver- denstellend möglich wäre. Zusätzliche Etwas später bereicherte Pierre Cami- und weniger Belastung vertrug als ein fahren zusätzlich mit weiteren Einsätzen Festigkeit sollte durch das Festfressen der nade durch sein Caminargent mit acht- Stahlrahmen. /7/ So kollabierte der Stahl- gesichert. Man ahnt heute, dass Delage Rohre in den Muffen erreicht werden, eckigen Alurohren den Markt. Die Rohre rahmen bei 5438 lbs, das Lu-mi-num die Verbindungsstellen seiner Alurah- wie es bei Alu sowieso nach recht kurzer waren in extra gefertigte Muffen mit jedoch schon bei 4344 lbs. Das Gewicht men wirklich für die Ewigkeit konstruie- Zeit zu beobachten wäre, und das feine Schraubenklemmung fixiert, mit Vaseline von 5 lbs 5 ozs (2,4 kg) klingt schon eher ren wollte. /8/ Am 9. September 1933 Gewinde der Müller'schen Rahmen getränkte Korken in den Verbindungs- zukunftsweisend, aber die Fahrradge- stellte Marcel Berthet mit einem stromli- sollte das Festfressen beschleunigen. Als stellen dämpften Vibrationen, die Schön- schichte bog dann doch anders ab: Nach nienförmig verkleideten Delage-Rad perfekte Alulegierung schwebte Hans heit der Rahmen ist bis heute bestechend. drei oder vier Jahren endete die Produk- einen neuen Stundenweltrekord auf, der Müller jedenfalls Avional vor, eine „Alu- Etwas günstigere Modelle waren auch tion, die Verkaufszahlen sollen eher lasch allerdings, wie so oft, von der UCI nicht miniumlegierung hoher Festigkeit“, bei mit runden Rohren, aber ebenso pittores- gewesen sein. anerkannt wurde. den Muffen tendierte er zu Eisen, Tem- ken Muffen wie bei den Versionen mit perguss oder Alu. René Vietto vor dem Start zu einer Etappe der Tour Achteck-Rohren zu haben. Gebaut wur- Diamant, 1924 de France 1949. Er fährt hier ein als „France Sport“ den die Caminargent-Rahmen von 1936 gelabeltes Barra. bis rund 1952, Rennräder waren ebenso Immer wieder hat Diamant Serien von zu haben wie Randonneur-Räder. Das Alurahmen aufgelegt, die frühesten las- lichkeit des neuen Metalls am Fahrrad auf extremen Leichtbau zielende Renn- sen sich 1924 verorten. In DAS RAD zu demonstrieren, erreichten Piloten auf modell „Bordeaux-Paris“ (mit Starrlauf Steuerrohr von Meca Dural mit vereinfachter 9/1951 war eine Zuschrift von Georg von Nicola Barra gebauten Rahmen und somit schaltungslos und nur mit einer Keilverbindung Damm abgedruckt, der sich als Betreuer beeindruckende Leistungen. Aber auch Bremse ausgestattet) wog 5,7 kg, die der Elite-Diamant-Mannschaft von 1924 Radrennfahrer verwendeten seine Rah- Randonneuse mit Ballonreifen, 3-Gang- dürfte die Firma Mercier gesteckt haben. bis 1929 vorstellte und schrieb: „Schon men, wie René Vietto und sein Teamkol- Schaltung und zwei Bremsen lag mit 9,7 Diese Räder sind jedoch unter vielen 1924 bauten die Elite-Diamant-Werke lege Apo Lazarides während der schwie- kg auf Augenhöhe mit damaligen Stahl- verschiedenen Markennamen auf den eine Serie von 300 Rennmaschinen aus rigen Bergetappen der Tour de France Rennrädern. /10/ Markt gekommen. Das Steuerrohr hatte Leichtmetall. Hier handelte es sich um Die mit den Muffen verschraubten Alu-Rohre im 1949. Vietto, ein guter Freund von zwei Bohrungen, die markant von zwei Patent von Hans Müller echte Leichtmetallräder, bei denen nicht Lucien Juy, dem Hersteller der Simplex- Meca Dural, Duralavia, Gnome-Rhone Schildern abgedeckt wurden. Darunter nur der Rahmen, sondern auch die Gabel, Schaltungen, interessierte sich sehr für und Aviac, Ende 1930er Jahre verbarg sich ein einfacheres System einer Vorbau, Lenkerbügel, Sattelstütze, Pedale, Barra (ab 1936) beste Materialien und war ein fanati- Keilverbindung, ähnlich wie bei den oben Naben, Kurbeln und Kettenrad aus scher Verfechter des Leichtbaus. Als All die oben genannten Firmen stell- erwähnten Rädern von Delage. Leichtmetall bestanden. Diese Maschinen Nicola Barra, ein Pariser Konstruk- sein Teamkollege Lazarides beispielwei- ten Aluminium-Räder mit runden Roh- wurden von bekannten aktiven Berufsfah- Verspreizen der Alu-Rohre in den Muffen mittels teur für feinste Randonneur- und Renn- se über Schmerzen an seinem kleinen ren in Muffenverbindungen her, wobei Die Räder der Marke Duralavia glei- rern damals zu Versuchszwecken gefah- Keilen bei Firma Delage räder, begann nach zwei Jahren Stahl- Fußzeh klagte, schlug ihm Vietto kurzer- grob gesprochen nur die Art der Verbin- chen den vorgenannten Meca Dural wie ren, u. a. von Nebe, Seiffert, Nagel, Wolke rahmenbau ab 1936 Räder aus ge- hand vor, den Zeh einfach abzuschnei- dung unterschiedlich war. Hinter Meca ein Ei dem anderen, hatten jedoch farb- usw. Fest steht jedenfalls, dass eine solche Pierre Colin, 1934 schweißten Aluminiumrohren herzu- den! Leichtbau über alles! Dural (manchmal auch Meca Mercier) lich eloxierte Muffen. Sie sind sicher in Maschine kaum wesentlich leichter war als stellen. Seine Tätigkeit in der Flugzeug- denselben Werkstätten entstanden. eine solche mit Stahlrohrrahmen, da ja Der spanische Rennfahrer Vincente industrie machte ihm Mut, diese Art der tatsächlich die Wandung der Rahmenroh- Trueba Perez fuhr damit bei der Tour de Rohrverbindung als einer der Ersten re und Verbindungsstücke wesentlich France 1934, so kam das Pierre Colin auch für Fahrradrahmen anzuwenden. dicker waren als aus Stahl, und das Modèle Tour de France Duralumin zu Die Alumag-Rohre der Barra-Rahmen Gewicht dadurch fast wieder ausgeglichen seinem Namen. Aus Aluminium waren waren an ihren Enden oft konifiziert wurde. Diese Räder aus Leichtmetall daran nicht nur Naben, Pedale, Bremsen und sogar ovalisiert – elegante Vorweg- haben aber auch wirklich gehalten. Ich (von LAM), Lenker, Flügelmuttern, nahme eines Bauprinzips, das heutigen kenne heute noch einige Leute, welche Sattelstütze und Felgen, sondern auch der solche Leichtmetall-Räder täglich fahren.“ Rahmen. Der Rohrdurchmesser war identisch mit jenem von Stahlrohren. So erklärt sich das eher weiche Lenkverhal- ten, wiewohl das Tretlager erstaunlich stabil bleibt beim Fahren. /9/ Der Rah- men wog lediglich 2,4 lb (1,1 kg), das von Cycling Plus gefahrene Rad wog 6,8 kg (15 lbs), und es war deutlich teurer als das Topmodell von Hetchins aus feinstem Stahl, selbst eine durchaus noble und damit keinesfalls günstige Marke. Diamant-Rennrad mit diversen Alu-Teilen Hans Müller, 1934 Delage, 1933 Barra-Aluminiumrahmen weisen sauber ge- Die Patentschrift geizt nicht mit schweißte Nähte auf Ringartige Verrippung der Alu-Muffen bei Aviac Konzipiert und patentiert ab 1927 von schlüssigen Erklärungen. Ob allerdings Gaetan Py und produziert durch die Pari- Hans Müller aus Biel in der Schweiz wirk- Rahmen Steifigkeit verleiht. Während Aviac Rahmen, eine Erfindung von ser Firma Delage, war dieses System wohl lich jemals Alu-Fahrradrahmen nach der von der Société du Duralumin pro- Monsieur Bouhot, wurden im Norden das erste mit innenliegendem Keil. Beim seinem patentierten Verfahren herstellte, moteten Veranstaltungen „Grand Prix von Paris produziert. Sie fallen sofort 1933 präsentierten Rahmen wurden die entzieht sich unserer Kenntnis. Müller Duralumin“, die Ende der 30er Jahre durch die ringartigen Verrippungen an Rohre zuerst in die Muffen gepresst, dann zielte jedenfalls darauf ab, die Rohre mit und kurz nach dem Krieg veranstaltet Dieses frühe Caminargent ist mit der seltenen Rectiligne-Schaltung ausgestattet, die Pierre Caminade den Alumuffen auf. Wie die Rohre in die kam ein Keil durch die Löcher der Muf- den Muffen einfach zu verschrauben, da wurden, um die Verwendung und Taug- 1935 auf den Markt brachte. Alumuffen gezwungen wurden, ist ein

8 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 9 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau wenig rätselhaft, Erwärmung dürfte aus Leichtmetall hergestellt und soll auf chen. Diese Werbung versprach auch legierung miteinander verbunden. Um jede dabei eine wesentliche Rolle gespielt den von der Firma durchgeführten Prü- feinste Leichtigkeit bei besten Fahreigen- Bruchgefahr von vornherein zu vermeiden, haben. Diese Rahmen haben nur ein fungsfahrten allen Beanspruchungen schaften – heute, aus der Distanz von 55 wurden an den Verbindungsstellen in das Loch am Steuerrohr, das ebenfalls durch standgehalten haben. Es ist auf der Leipzi- Jahren, kann man doch ein paar Schwach- Innere der Rahmenrohre dünnere, ein Markenschild verdeckt ist. ger Frühjahrsmesse das einzige vollständi- punkte benennen: Wie so viele andere geschlitzte Rohrstücke eingelegt.“ Felgen ge Leichtmetallrad, das wir gesehen Hersteller frönten auch Reynolds und und Kotflügel bestanden übrigens auch haben. Für die Rahmenverbindungen mit Holdsworth dem Fehler, den Durchmes- aus Elektron. /11/ Außenmuffen diente ein Spezial- ser von den Stahlrohren unhinterfragt zu Lötverfahren, das dem Chemnitzer Werk übernehmen. Und kompliziert war der Alan, 1972 geschützt ist.“ Auch das Prospektblatt von Herstellungsprozess obendrein, die 1939 kann dem nicht viel hinzufügen. Es Schweißstellen mussten langsam ausküh- Die italienische Marke Alan zählt zwar erklärt abermals die Bauweise mit dem len, um das Material nicht zu überfor- nicht zu den Alu-Pionieren, sie steht aber von Presto geschützten Spezial- dern. Circa 50 Rahmen wurden gebaut, zweifelsohne am Beginn des modernen Lötverfahren und lobt auch das fürs Fahr- kein überlebendes Exemplar ist bekannt. Alu-Zeitalters beim Fahrrad: 1972 entwarf rad ermüdungsfreie Fahren. Das Gewicht Firmengründer Lodovico Falconi einen von 7,5 kg wird sich wohl auf das leichtere Hermann Klaue/Hercules 2000 HK, Rahmen, bei dem Alurohre und -muffen Sportrad (180 RM) bezogen haben, das 1950/57 miteinander verklebt wurden. Der Außen- 140 RM teure Tourenrad trug ein paar durchmesser der Rohre gleicht jenem der feine Teile weniger. Von runden Rohren war Hermann Stahlrahmen, die Wandstärke war deutlich Klaue bei der Konstruktion seines Kreuz- üppiger, das Gewicht blieb dennoch nied- BMW, 1940er Jahre rahmens abgekommen, die Stabilität hat rig. Populär wurden die Alan-Renner davon profitiert: Was 1950 bei der Frank- Weitere Rahmen-Patentzeichnungen von Klaue durch die Erfolge des polnischen National- Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäf- furter Fahrradschau stand, war aus Silumin teams beim Milk Race in England, später tigten sich auch die Bayrischen Motoren gefertigt, hatte speziell geformte Profilroh- les-Fahrräder schon seit 1889 dem Kreuz- griffen die Querfeldein-Fahrer zu. Werke mit der Entwicklung eines interes- rahmen-Prinzip, obendrein passte das santen Fahrrades, das einen Aluminium- Hercules HK 2000 damit Frauen, Kindern Alan-Rahmen waren bis Ende der Gussrahmen aufwies, Trommelbremsen und Männern. Präsentiert wurde es als 1980er Jahre im Querfeldein-Sport domi- und ein 2-Gang Getriebe im Tretlager. Auszug aus dem Holdsworth Katalog, ca. 1950 Fahrrad der Zukunft. Die lief dann auch nierend, das weiche Fahrgefühl war als Stahl war Mangelware, und so waren ganz gut an, aber die große Revolution Komfort willkommen, und eifrige Fahrer wohl auch die meisten Teile an diesem zu den Alurohren, verschweißte sie muf- blieb aus. wussten, dass die Rahmen nach einigen Rad aus Aluminium hergestellt. Leider fenlos, wie es auch bei den hauseigenen Jahren als zu instabil beiseite gestellt ist es trotz guter Kontakte zur Versuchs- Stahlrahmen des Modells „La Quelda“ Hainsberger Metallwerke, 1951 werden mussten: Totalschaden durch abteilung von BMW nicht gelungen, geschah, und nutzte dabei auch die Erfah- Benutzung war somit als systemimma- mehr über dieses seinerzeit innovative rungen, die sich in Kriegstagen bei der Wenn das Alufahrrad ins Straßenbild nent akzeptiert. Fahrrad zu erfahren. Verarbeitung von Aluminium eingestellt der DDR rollen sollte, dann durfte die hatten. zugehörige Propaganda nicht fehlen: Dass Ende der 1980er Jahre schwenkte Alan Holdsworth Roi-de-Velo, Ende der die Hainsberger Metallwerke im Jahr 1951 in eine neue Welt: Die Muffen durften 1940er Jahre So weit waren andere Hersteller aller- Der Klaue-Kreuzrahmen von 1951 in der Seiten- „das erste wirkliche Leichtmetall-Fahrrad weiterhin aus Aluminium bestehen, die und Aufsicht dings auch, also legte Holdsworth noch der Welt“ erfunden hätten und bei der Rohre waren fortan aus Carbon, die Mate- Reynolds, traditionell höchst kompe- eine Evolutionsstufe zu: An den Verbin- re mit an den Verbindungspunkten einge- Leipziger Messe auszustellen gedachten, rialien wurden verklebt. Dass diese Tech- tent beim Herstellen von Stahlrohren, dungsstellen waren flache Verstärkungen schweißten Verstärkungsblechen, die jene wurde so auch von der Zeitschrift DAS nologie nicht für die Ewigkeit antreten Die Beschreibung im Prospekt „Cadre (Rahmen) führte auch Aluminiumrohre im Pro- eingeschweißt, in der Werbung „webs“ des Holdsworth Roi-de-Velo wahrlich RAD bezweifelt. Darauf korrigierte das konnte, leuchtet allen ein, die solche Rah- duralumin“ entsprach nicht den Tatsachen, nur gramm, sie sind heute fast vergessen. In genannt, bei uns würde man sie wahr- winzig aussehen ließen. Klaue lieferte eine Leipziger Messeamt: Es handle sich um men jemals fuhren. Carbon hat dann den einige der Rohre bestanden aus Duralumin den Jahren 1950/51 aber griff Holdsworth scheinlich mit Schwimmhäuten verglei- kleine Sensation, die Serienfertigung ließ das „erste Leichtmetall-Fahrrad der Welt High-End-Bereich des Rahmenbaus über- dann aber auf sich warten, bis die Firma aus Magnesium-Legierung, das in Serie nommen, und Aluminium ist bis heute im Beim Gnome-Rhone Rad, zu guter Hercules 1957 die Konstruktion aufgriff. gebaut wird.“ Die Bauform war eher kon- mittleren Preissegment dominant. Letzt, lassen einige Hinweise darauf Sie passte dort perfekt zur eigenen ventionell, abgesehen vom aus zwei gebo- schließen, dass ebenfalls Gaetan Py hinter Geschichte, immerhin gehorchten Hercu- genen Rohren geformten Hinterbau – so Gary Klein und Cannondale, 1974 und der Konstruktion steckt. Hier sind nur das waren keine Verbin- 1983 Ober-, Unter- und Sitzrohr aus Alumini- dungsstellen an den um, und diese Rohre stecken in verchrom- Ausfallenden nötig. Ihr heutiges Aussehen verdanken ten Stahlmuffen. Ein undatiertes Pro- Stattdessen wurden Alurahmen vor allem Gary Klein: Als spektblatt ist vorhanden, darin wird aber die Ausfallenden Doktorarbeit am Massachusetts Institute tunlichst verschwiegen, dass der Rahmen einfach an der Rohr- of Technology entwarf er 1974/75 die eigentlich hauptsächlich aus Stahl besteht! biegung befestigt. Oversized-Rohre, bald danach startete Ingenieur Renner seine Fertigung von Rennradrahmen. Die Presto, 1939 vom Elektrochemi- Durchmesser der Rohre wurden deutlich schen Kombinat erhöht, gleichzeitig aber die Wandstärke Im Jahr 1939 wird das Leichtmetall- Bitterfeld, der Kon- reduziert – bei gleichem Gewicht waren Rad der Firma Presto aus Chemnitz in strukteur des Fahrra- somit die Probleme gelöst. Der eigentli- einer Zeitungsnotiz zur Frühjahrsmesse des, erläuterte zur che Start der Massenproduktion erfolgte in Leipzig erwähnt: „Am Presto-Stand Bauweise: „Die Elek- 1983 bei Cannondale, Kunstwerke aus hängt eine Waage, an der das nur 7 ½ kg tron-Rohre werden Rohren mit edel verschliffenen Schweiß- schwere Leichtmetall-Presto-Fahrrad an ihren Enden vor- nähten für die Straße und später auch für hängt. Es ist zum Unterschied von den Konstruktionszeichnung des Klaue-Rades mit Leichtmetall-Gussrahmen und bereitet in Kokillen Mountainbikes. Die Fahrradindustrie ist sonstigen leichteren Rädern vollständig BMW-Rad aus Aluminium mit Tretlagerschaltung Dreigang-Kettenschaltung von 1950 und mit Magnesium- seither nicht wiederzuerkennen.

10 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 11 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau wenig rätselhaft, Erwärmung dürfte aus Leichtmetall hergestellt und soll auf chen. Diese Werbung versprach auch legierung miteinander verbunden. Um jede dabei eine wesentliche Rolle gespielt den von der Firma durchgeführten Prü- feinste Leichtigkeit bei besten Fahreigen- Bruchgefahr von vornherein zu vermeiden, haben. Diese Rahmen haben nur ein fungsfahrten allen Beanspruchungen schaften – heute, aus der Distanz von 55 wurden an den Verbindungsstellen in das Loch am Steuerrohr, das ebenfalls durch standgehalten haben. Es ist auf der Leipzi- Jahren, kann man doch ein paar Schwach- Innere der Rahmenrohre dünnere, ein Markenschild verdeckt ist. ger Frühjahrsmesse das einzige vollständi- punkte benennen: Wie so viele andere geschlitzte Rohrstücke eingelegt.“ Felgen ge Leichtmetallrad, das wir gesehen Hersteller frönten auch Reynolds und und Kotflügel bestanden übrigens auch haben. Für die Rahmenverbindungen mit Holdsworth dem Fehler, den Durchmes- aus Elektron. /11/ Außenmuffen diente ein Spezial- ser von den Stahlrohren unhinterfragt zu Lötverfahren, das dem Chemnitzer Werk übernehmen. Und kompliziert war der Alan, 1972 geschützt ist.“ Auch das Prospektblatt von Herstellungsprozess obendrein, die 1939 kann dem nicht viel hinzufügen. Es Schweißstellen mussten langsam ausküh- Die italienische Marke Alan zählt zwar erklärt abermals die Bauweise mit dem len, um das Material nicht zu überfor- nicht zu den Alu-Pionieren, sie steht aber von Presto geschützten Spezial- dern. Circa 50 Rahmen wurden gebaut, zweifelsohne am Beginn des modernen Lötverfahren und lobt auch das fürs Fahr- kein überlebendes Exemplar ist bekannt. Alu-Zeitalters beim Fahrrad: 1972 entwarf rad ermüdungsfreie Fahren. Das Gewicht Firmengründer Lodovico Falconi einen von 7,5 kg wird sich wohl auf das leichtere Hermann Klaue/Hercules 2000 HK, Rahmen, bei dem Alurohre und -muffen Sportrad (180 RM) bezogen haben, das 1950/57 miteinander verklebt wurden. Der Außen- 140 RM teure Tourenrad trug ein paar durchmesser der Rohre gleicht jenem der feine Teile weniger. Von runden Rohren war Hermann Stahlrahmen, die Wandstärke war deutlich Klaue bei der Konstruktion seines Kreuz- üppiger, das Gewicht blieb dennoch nied- BMW, 1940er Jahre rahmens abgekommen, die Stabilität hat rig. Populär wurden die Alan-Renner davon profitiert: Was 1950 bei der Frank- Weitere Rahmen-Patentzeichnungen von Klaue durch die Erfolge des polnischen National- Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäf- furter Fahrradschau stand, war aus Silumin teams beim Milk Race in England, später tigten sich auch die Bayrischen Motoren gefertigt, hatte speziell geformte Profilroh- les-Fahrräder schon seit 1889 dem Kreuz- griffen die Querfeldein-Fahrer zu. Werke mit der Entwicklung eines interes- rahmen-Prinzip, obendrein passte das santen Fahrrades, das einen Aluminium- Hercules HK 2000 damit Frauen, Kindern Alan-Rahmen waren bis Ende der Gussrahmen aufwies, Trommelbremsen und Männern. Präsentiert wurde es als 1980er Jahre im Querfeldein-Sport domi- und ein 2-Gang Getriebe im Tretlager. Auszug aus dem Holdsworth Katalog, ca. 1950 Fahrrad der Zukunft. Die lief dann auch nierend, das weiche Fahrgefühl war als Stahl war Mangelware, und so waren ganz gut an, aber die große Revolution Komfort willkommen, und eifrige Fahrer wohl auch die meisten Teile an diesem zu den Alurohren, verschweißte sie muf- blieb aus. wussten, dass die Rahmen nach einigen Rad aus Aluminium hergestellt. Leider fenlos, wie es auch bei den hauseigenen Jahren als zu instabil beiseite gestellt ist es trotz guter Kontakte zur Versuchs- Stahlrahmen des Modells „La Quelda“ Hainsberger Metallwerke, 1951 werden mussten: Totalschaden durch abteilung von BMW nicht gelungen, geschah, und nutzte dabei auch die Erfah- Benutzung war somit als systemimma- mehr über dieses seinerzeit innovative rungen, die sich in Kriegstagen bei der Wenn das Alufahrrad ins Straßenbild nent akzeptiert. Fahrrad zu erfahren. Verarbeitung von Aluminium eingestellt der DDR rollen sollte, dann durfte die hatten. zugehörige Propaganda nicht fehlen: Dass Ende der 1980er Jahre schwenkte Alan Holdsworth Roi-de-Velo, Ende der die Hainsberger Metallwerke im Jahr 1951 in eine neue Welt: Die Muffen durften 1940er Jahre So weit waren andere Hersteller aller- Der Klaue-Kreuzrahmen von 1951 in der Seiten- „das erste wirkliche Leichtmetall-Fahrrad weiterhin aus Aluminium bestehen, die und Aufsicht dings auch, also legte Holdsworth noch der Welt“ erfunden hätten und bei der Rohre waren fortan aus Carbon, die Mate- Reynolds, traditionell höchst kompe- eine Evolutionsstufe zu: An den Verbin- re mit an den Verbindungspunkten einge- Leipziger Messe auszustellen gedachten, rialien wurden verklebt. Dass diese Tech- tent beim Herstellen von Stahlrohren, dungsstellen waren flache Verstärkungen schweißten Verstärkungsblechen, die jene wurde so auch von der Zeitschrift DAS nologie nicht für die Ewigkeit antreten Die Beschreibung im Prospekt „Cadre (Rahmen) führte auch Aluminiumrohre im Pro- eingeschweißt, in der Werbung „webs“ des Holdsworth Roi-de-Velo wahrlich RAD bezweifelt. Darauf korrigierte das konnte, leuchtet allen ein, die solche Rah- duralumin“ entsprach nicht den Tatsachen, nur gramm, sie sind heute fast vergessen. In genannt, bei uns würde man sie wahr- winzig aussehen ließen. Klaue lieferte eine Leipziger Messeamt: Es handle sich um men jemals fuhren. Carbon hat dann den einige der Rohre bestanden aus Duralumin den Jahren 1950/51 aber griff Holdsworth scheinlich mit Schwimmhäuten verglei- kleine Sensation, die Serienfertigung ließ das „erste Leichtmetall-Fahrrad der Welt High-End-Bereich des Rahmenbaus über- dann aber auf sich warten, bis die Firma aus Magnesium-Legierung, das in Serie nommen, und Aluminium ist bis heute im Beim Gnome-Rhone Rad, zu guter Hercules 1957 die Konstruktion aufgriff. gebaut wird.“ Die Bauform war eher kon- mittleren Preissegment dominant. Letzt, lassen einige Hinweise darauf Sie passte dort perfekt zur eigenen ventionell, abgesehen vom aus zwei gebo- schließen, dass ebenfalls Gaetan Py hinter Geschichte, immerhin gehorchten Hercu- genen Rohren geformten Hinterbau – so Gary Klein und Cannondale, 1974 und der Konstruktion steckt. Hier sind nur das waren keine Verbin- 1983 Ober-, Unter- und Sitzrohr aus Alumini- dungsstellen an den um, und diese Rohre stecken in verchrom- Ausfallenden nötig. Ihr heutiges Aussehen verdanken ten Stahlmuffen. Ein undatiertes Pro- Stattdessen wurden Alurahmen vor allem Gary Klein: Als spektblatt ist vorhanden, darin wird aber die Ausfallenden Doktorarbeit am Massachusetts Institute tunlichst verschwiegen, dass der Rahmen einfach an der Rohr- of Technology entwarf er 1974/75 die eigentlich hauptsächlich aus Stahl besteht! biegung befestigt. Oversized-Rohre, bald danach startete Ingenieur Renner seine Fertigung von Rennradrahmen. Die Presto, 1939 vom Elektrochemi- Durchmesser der Rohre wurden deutlich schen Kombinat erhöht, gleichzeitig aber die Wandstärke Im Jahr 1939 wird das Leichtmetall- Bitterfeld, der Kon- reduziert – bei gleichem Gewicht waren Rad der Firma Presto aus Chemnitz in strukteur des Fahrra- somit die Probleme gelöst. Der eigentli- einer Zeitungsnotiz zur Frühjahrsmesse des, erläuterte zur che Start der Massenproduktion erfolgte in Leipzig erwähnt: „Am Presto-Stand Bauweise: „Die Elek- 1983 bei Cannondale, Kunstwerke aus hängt eine Waage, an der das nur 7 ½ kg tron-Rohre werden Rohren mit edel verschliffenen Schweiß- schwere Leichtmetall-Presto-Fahrrad an ihren Enden vor- nähten für die Straße und später auch für hängt. Es ist zum Unterschied von den Konstruktionszeichnung des Klaue-Rades mit Leichtmetall-Gussrahmen und bereitet in Kokillen Mountainbikes. Die Fahrradindustrie ist sonstigen leichteren Rädern vollständig BMW-Rad aus Aluminium mit Tretlagerschaltung Dreigang-Kettenschaltung von 1950 und mit Magnesium- seither nicht wiederzuerkennen.

10 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 11 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau

Alu-Späne - „Als sich jedoch im Laufe dieses - Kurz vorgestellt sei der aus einem - „Kürzlich fand im Hotel Florian in Jahres der Preis des Metalles erheblich Stück gegossene Alurahmen von A. G. Graz eine sehr gut besuchte Vortrags- Frühe Erwähnungen von Alumini- verbilligte und man mit der Verarbei- Brown aus Manchester (Schweizer versammlung des steiermärkischen um im Fahrradbau – nicht immer wurde tung desselben vertrauter zu werden Patent Nr. 12914). Seine Besonderheit: Gewerbevereines statt. Herr Professor etwas daraus, aber so kam das neue begann, stellte im Laufe des Monats Der rohrförmige Querschnitt bleibt Doelter hielt einen hochinteressanten Metall in Schwung. September die bekannte Firma Joh. gewahrt, und wo die Rohre aufeinander- Vortrag über das Aluminium, … Hier- Puch & Comp. in Graz weitgehende treffen, sind sie innen verstärkt – die auf besichtigten die Anwesenden die - Die Vorschau zur Stanley-Show Versuche an, ob und wie ferne das Alu- genaue Herstellungsmethode bleibt vom Professor Miller v. Hauenfels von 1891 verspricht Interessantes von Cle- minium und dessen leichte Legierungen unerwähnt. /18/ der Firma K. J. Huber und der Firma ment & Co aus Paris, nämlich eine zum Fahrradbau verwendbar wären. Puch (Fahrradfabrik) ausgestellten Rennmaschine mit 22 Pfund, deren Die mühseligen und kostspieligen Ver- Gegenstände aus Aluminium, so Schüs- geringes Gewicht von etlichen Alutei- suche haben ergeben, dass gewisse Thei- sel, Becher, Röhren, Stangen, Wagenbe- len herrührt. Die waren auch separat Aluminium-Schutzbekleidung eines Anker-Rades Auch bei Aluminium-Pedalen wird mit jedem le, bei denen die Löthstellen nicht stark standtheile, Bestandtheile von Fahrrä- ausgestellt, so konnten Felgen, Kotflü- von 1896 Gramm gegeizt. beansprucht werden sich ganz gut aus dern, wobei insbesondere die Verlöthun- gel, Kettenspanner etc. bewundert Aluminium ohne jegliche Schädigung gen des Eisens mit Aluminium der Fir- werden. Noch eindrucksvoller war die Ivan Soic zu bewundern ist. Es hat seine Felgen auf dem zeitlosen Pedersen der Festigkeit herstellen lassen und dass ma Puch große Aufmerksamkeit und Ankündigung der Firma, an einem Stahlrohre mit einem Alufolien-Überzug verwendet, auch die Pedale in Form dadurch eine ganz bedeutende Ge- allseitige Anerkennung fand.“ /20/ Voll-Alu-Safety von 14 Pfund Gewicht im Fischhaut-Dekor versehen! eines Blattes („leaf-pedals“) waren aus wichtsersparnis resultiert. Genannte (6,4 kg) zu arbeiten. Die Vorschau ende- Aluminium, hergestellt von der Firma Firma wird an ihren Rennmaschinen - „Ein Verfahren Aluminium zu löt- te jedenfalls mit der weitsichtigen Fra- - Die Alu-Legierung Romanium wird Brampton nach einem Patent von G.I. diese Teile aus Aluminium anfertigen hen, ist in Erfurt erfunden worden. Die ge, ob Alu dem Stahl im Fahrradbau nach ihrem Erfinder, dem englischen Francis. und bedeutet dies gewiss einen großen beiden Erfinder sind Schlosser Josef nachfolgen werde: „Will Aluminium Metallchemiker und Aluminiumtechni- Fortschritt in der Fahrradtechnik. Die Mandt und Büchsenmacher H. Huhn- supersede steel in the manufacture of the ker R. J. Roman benannt. Roman legiert - „Neuer Fortschritt in der Fahrrad- erste solche Maschine, unseres Wissens holz. Die beiden haben seit October v. J. cycle?“ /12/ Aluminium mit Wolfram und Nickel, das Technik. … Es wurde nun schon vor die erste in der ganzen Welt, ist schon Alu-Gussrahmen mit innenverstärkten Rohrenden sich mit der Frage beschäftigt und es ist Romanium „kann wie Stahl oder ungefähr zwei Jahren der Vorschlag fertiggestellt und verlässt in wenigen ihnen gelungen, endlich eine feste und - E. N. Higley aus Boston erregt mit schmiedbares Eisen bearbeitet werden.“ gemacht, das in letzter Zeit so viel bespro- Tagen die Werkstätte der Grazer Firma - F. A. Ellis in London erhielt 1897 zwei widerstandsfähige Löthung herzustellen. einem Einrad aus Aluminium Aufsehen, Ein Fahrradrahmen mit Rohren aus chene, silberähnliche und überaus leichte und wir hoffen in Kürze unseren Lesern Schweizer Patente für die Gussvorrich- Die Schwierigkeit Aluminium zu löthen, zumal es sich (wahrscheinlich nur von Romanium wurde damals bei Humber Aluminium in der Fahrradtechnik zu ausführlich darüber berichten zu kön- tung von Fahrradrahmen aus Alumini- kann man schon daraus ermessen, dass ihm) unfallfrei fahren lässt. Wer dabei an verwenden, doch nen.“ /17/ umlegierungen. /19/ gewöhnliches Zinnloth und Quecksilber moderne Einräder denkt, zielt daneben, hielt der damals auf dem zu löthenden Gegenstande hin die Beschreibung erinnert eher an einen noch hohe Preis, wie und her läuft. Die gefundene Löthung Vorläufer des Röhnrades: Der Fahrer auch die Schwierig- verträgt das Hämmern und zwei Streifen sitzt in der Mitte des 7 Fuß 3 Zoll (also keit, das neue Metall Aluminiumblech mit 2 cm Breite und 5 2,20 m) hohen und 54 Pfund (immerhin dauerhaft zu löten, mm Dicke übereinandergelöthet, halten 24,5 kg) schweren Einrades. /13/ von der Anwen- die Belastung von 1 Centner aus. Die dung desselben ab. - Erfinder gedenken, sich die Neuerung - „J. Gasterstaedt, elektro-chemische Als jedoch im heuri- patentiren zu lassen.“ /21/ Plattier-Anstalt in Wien, VII., Ziegler- gen Herbste der gasse 69, beschäftigt sich hauptsächlich Preis des leichten - „Aluminium Jointless Cycle von mit der galvanischen Vernickelung von Metalles beträcht- France Syndicate … Es sind hauptsäch- Fahrrädern und deren Bestandtheilen lich fiel, und die lich Rahmen, die von der Firma ausge- sowie mit der neuesten galvanischen Behandlungsweise stellt werden. … Die Rahmen werden zur Aluminium-Plattierung, welch' letztere desselben sich im- Vermeidung von Löthstellen in einem das beste Rostschutzmittel ist.“ /14/ mer mehr vervoll- Stück gegossen und dann die einzelnen kommnete, wurden Stangen zu Röhren ausgebohrt. Die Fir- Werbeanzeige mit dem Versprechen, dass sich ein Rad mit ROMAN-Felgen in von der rührigen ma baut Rennmaschinen im Gewicht von seinem wahren Wert über alle anderen Räder erhebt. Firma Joh. Puch & nur 6 4/5 kg. Ob ein solches Rad aber Comp. in Graz nicht beim ersten Spurt wie Papier unter hergestellt, die Beschreibung („Diese eingehende Versuche gemacht, Fahrräder dem Fahrer zusammenknicken wird, Maschinen sind nicht gelöthet, sondern aus diesem Metalle herzustellen, und muss erst abgewartet werden.“ /22/ nach einem patentirten mechanischen wurden diese durch die inzwischen Verfahren in den Muffen befestigt.“) deu- gemachte, epochemachende Erfindung, - Bericht über die Stanley-Show und tet auf ein Humber Brazeless hin, aus- aus Aluminium leichte und widerstands- den Salon du Cycle: „...Michelin mit führliche Beschreibung befindet sich im fähige Rohre, leichter als die feinsten den neuen Alufelgen...“ /23/ Haupttext. Weiters werden im selben Stahlrohre, zu erzeugen, erheblich geför- Artikel aber auch Lenker, Naben, Muf- dert, so dass, wie man uns mittheilt, schon - „Ein Rad aus Aluminium hat die fen, Bremsstange, Kurbeln und Felgen nächster Tage das erste fast ganz aus Alu- Firma Janetschek und Stanzel in Wien Eine Werbeanzeige von 1896 bietet Beschich- aus dem gleichen Material erwähnt, eine minium bestehende Fahrrad, wohl das im Schaufenster ihres Geschäftes aus- tungen als Rostschutz an. Felge wog (auch heute noch sensationell erste derartige in der ganzen Welt, die gestellt. Dieses Rad hat ein Gewicht geringe) 336 g, die komplette Tourenma- Werkstätte genannter Firma verlassen von 8 ½ kg und kostet 295 fl. [Gulden, - Ein möglicherweise ähnliches Ver- schine 9,5 kg, das Rennrad 7,5 kg. /15/ wird. - Dieselbe Firma hat auch für ihre d. Verf.]. Ueber die Brauchbarkeit fahren wurde bei einem Rad der Firma im Handelsmuseum in Tunis ausgestell- solcher Fahrräder, namenthlich auf Hengstenberg & Co., Baujahr ca. 1896, - Schon in den ersten Jahren des 20. ten Erzeugnisse die große goldene größeren Touren, ist bis jetzt kein Ur- angewandt, das in dem Museum von Jahrhunderts wurden die Romanium- Medaille und ein Diplom erhalten.“ /16/ Patentzeichnung einer Gussvorrichtung für Fahrradrahmen aus Alu-Legierungen von F. A. Ellis theil zu fällen.“ /24/

12 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 13 Aluminium im Fahrradbau Aluminium im Fahrradbau

Alu-Späne - „Als sich jedoch im Laufe dieses - Kurz vorgestellt sei der aus einem - „Kürzlich fand im Hotel Florian in Jahres der Preis des Metalles erheblich Stück gegossene Alurahmen von A. G. Graz eine sehr gut besuchte Vortrags- Frühe Erwähnungen von Alumini- verbilligte und man mit der Verarbei- Brown aus Manchester (Schweizer versammlung des steiermärkischen um im Fahrradbau – nicht immer wurde tung desselben vertrauter zu werden Patent Nr. 12914). Seine Besonderheit: Gewerbevereines statt. Herr Professor etwas daraus, aber so kam das neue begann, stellte im Laufe des Monats Der rohrförmige Querschnitt bleibt Doelter hielt einen hochinteressanten Metall in Schwung. September die bekannte Firma Joh. gewahrt, und wo die Rohre aufeinander- Vortrag über das Aluminium, … Hier- Puch & Comp. in Graz weitgehende treffen, sind sie innen verstärkt – die auf besichtigten die Anwesenden die - Die Vorschau zur Stanley-Show Versuche an, ob und wie ferne das Alu- genaue Herstellungsmethode bleibt vom Professor Miller v. Hauenfels von 1891 verspricht Interessantes von Cle- minium und dessen leichte Legierungen unerwähnt. /18/ der Firma K. J. Huber und der Firma ment & Co aus Paris, nämlich eine zum Fahrradbau verwendbar wären. Puch (Fahrradfabrik) ausgestellten Rennmaschine mit 22 Pfund, deren Die mühseligen und kostspieligen Ver- Gegenstände aus Aluminium, so Schüs- geringes Gewicht von etlichen Alutei- suche haben ergeben, dass gewisse Thei- sel, Becher, Röhren, Stangen, Wagenbe- len herrührt. Die waren auch separat Aluminium-Schutzbekleidung eines Anker-Rades Auch bei Aluminium-Pedalen wird mit jedem le, bei denen die Löthstellen nicht stark standtheile, Bestandtheile von Fahrrä- ausgestellt, so konnten Felgen, Kotflü- von 1896 Gramm gegeizt. beansprucht werden sich ganz gut aus dern, wobei insbesondere die Verlöthun- gel, Kettenspanner etc. bewundert Aluminium ohne jegliche Schädigung gen des Eisens mit Aluminium der Fir- werden. Noch eindrucksvoller war die Ivan Soic zu bewundern ist. Es hat seine Felgen auf dem zeitlosen Pedersen der Festigkeit herstellen lassen und dass ma Puch große Aufmerksamkeit und Ankündigung der Firma, an einem Stahlrohre mit einem Alufolien-Überzug verwendet, auch die Pedale in Form dadurch eine ganz bedeutende Ge- allseitige Anerkennung fand.“ /20/ Voll-Alu-Safety von 14 Pfund Gewicht im Fischhaut-Dekor versehen! eines Blattes („leaf-pedals“) waren aus wichtsersparnis resultiert. Genannte (6,4 kg) zu arbeiten. Die Vorschau ende- Aluminium, hergestellt von der Firma Firma wird an ihren Rennmaschinen - „Ein Verfahren Aluminium zu löt- te jedenfalls mit der weitsichtigen Fra- - Die Alu-Legierung Romanium wird Brampton nach einem Patent von G.I. diese Teile aus Aluminium anfertigen hen, ist in Erfurt erfunden worden. Die ge, ob Alu dem Stahl im Fahrradbau nach ihrem Erfinder, dem englischen Francis. und bedeutet dies gewiss einen großen beiden Erfinder sind Schlosser Josef nachfolgen werde: „Will Aluminium Metallchemiker und Aluminiumtechni- Fortschritt in der Fahrradtechnik. Die Mandt und Büchsenmacher H. Huhn- supersede steel in the manufacture of the ker R. J. Roman benannt. Roman legiert - „Neuer Fortschritt in der Fahrrad- erste solche Maschine, unseres Wissens holz. Die beiden haben seit October v. J. cycle?“ /12/ Aluminium mit Wolfram und Nickel, das Technik. … Es wurde nun schon vor die erste in der ganzen Welt, ist schon Alu-Gussrahmen mit innenverstärkten Rohrenden sich mit der Frage beschäftigt und es ist Romanium „kann wie Stahl oder ungefähr zwei Jahren der Vorschlag fertiggestellt und verlässt in wenigen ihnen gelungen, endlich eine feste und - E. N. Higley aus Boston erregt mit schmiedbares Eisen bearbeitet werden.“ gemacht, das in letzter Zeit so viel bespro- Tagen die Werkstätte der Grazer Firma - F. A. Ellis in London erhielt 1897 zwei widerstandsfähige Löthung herzustellen. einem Einrad aus Aluminium Aufsehen, Ein Fahrradrahmen mit Rohren aus chene, silberähnliche und überaus leichte und wir hoffen in Kürze unseren Lesern Schweizer Patente für die Gussvorrich- Die Schwierigkeit Aluminium zu löthen, zumal es sich (wahrscheinlich nur von Romanium wurde damals bei Humber Aluminium in der Fahrradtechnik zu ausführlich darüber berichten zu kön- tung von Fahrradrahmen aus Alumini- kann man schon daraus ermessen, dass ihm) unfallfrei fahren lässt. Wer dabei an verwenden, doch nen.“ /17/ umlegierungen. /19/ gewöhnliches Zinnloth und Quecksilber moderne Einräder denkt, zielt daneben, hielt der damals auf dem zu löthenden Gegenstande hin die Beschreibung erinnert eher an einen noch hohe Preis, wie und her läuft. Die gefundene Löthung Vorläufer des Röhnrades: Der Fahrer auch die Schwierig- verträgt das Hämmern und zwei Streifen sitzt in der Mitte des 7 Fuß 3 Zoll (also keit, das neue Metall Aluminiumblech mit 2 cm Breite und 5 2,20 m) hohen und 54 Pfund (immerhin dauerhaft zu löten, mm Dicke übereinandergelöthet, halten 24,5 kg) schweren Einrades. /13/ von der Anwen- die Belastung von 1 Centner aus. Die dung desselben ab. - Erfinder gedenken, sich die Neuerung - „J. Gasterstaedt, elektro-chemische Als jedoch im heuri- patentiren zu lassen.“ /21/ Plattier-Anstalt in Wien, VII., Ziegler- gen Herbste der gasse 69, beschäftigt sich hauptsächlich Preis des leichten - „Aluminium Jointless Cycle von mit der galvanischen Vernickelung von Metalles beträcht- France Syndicate … Es sind hauptsäch- Fahrrädern und deren Bestandtheilen lich fiel, und die lich Rahmen, die von der Firma ausge- sowie mit der neuesten galvanischen Behandlungsweise stellt werden. … Die Rahmen werden zur Aluminium-Plattierung, welch' letztere desselben sich im- Vermeidung von Löthstellen in einem das beste Rostschutzmittel ist.“ /14/ mer mehr vervoll- Stück gegossen und dann die einzelnen kommnete, wurden Stangen zu Röhren ausgebohrt. Die Fir- Werbeanzeige mit dem Versprechen, dass sich ein Rad mit ROMAN-Felgen in von der rührigen ma baut Rennmaschinen im Gewicht von seinem wahren Wert über alle anderen Räder erhebt. Firma Joh. Puch & nur 6 4/5 kg. Ob ein solches Rad aber Comp. in Graz nicht beim ersten Spurt wie Papier unter hergestellt, die Beschreibung („Diese eingehende Versuche gemacht, Fahrräder dem Fahrer zusammenknicken wird, Maschinen sind nicht gelöthet, sondern aus diesem Metalle herzustellen, und muss erst abgewartet werden.“ /22/ nach einem patentirten mechanischen wurden diese durch die inzwischen Verfahren in den Muffen befestigt.“) deu- gemachte, epochemachende Erfindung, - Bericht über die Stanley-Show und tet auf ein Humber Brazeless hin, aus- aus Aluminium leichte und widerstands- den Salon du Cycle: „...Michelin mit führliche Beschreibung befindet sich im fähige Rohre, leichter als die feinsten den neuen Alufelgen...“ /23/ Haupttext. Weiters werden im selben Stahlrohre, zu erzeugen, erheblich geför- Artikel aber auch Lenker, Naben, Muf- dert, so dass, wie man uns mittheilt, schon - „Ein Rad aus Aluminium hat die fen, Bremsstange, Kurbeln und Felgen nächster Tage das erste fast ganz aus Alu- Firma Janetschek und Stanzel in Wien Eine Werbeanzeige von 1896 bietet Beschich- aus dem gleichen Material erwähnt, eine minium bestehende Fahrrad, wohl das im Schaufenster ihres Geschäftes aus- tungen als Rostschutz an. Felge wog (auch heute noch sensationell erste derartige in der ganzen Welt, die gestellt. Dieses Rad hat ein Gewicht geringe) 336 g, die komplette Tourenma- Werkstätte genannter Firma verlassen von 8 ½ kg und kostet 295 fl. [Gulden, - Ein möglicherweise ähnliches Ver- schine 9,5 kg, das Rennrad 7,5 kg. /15/ wird. - Dieselbe Firma hat auch für ihre d. Verf.]. Ueber die Brauchbarkeit fahren wurde bei einem Rad der Firma im Handelsmuseum in Tunis ausgestell- solcher Fahrräder, namenthlich auf Hengstenberg & Co., Baujahr ca. 1896, - Schon in den ersten Jahren des 20. ten Erzeugnisse die große goldene größeren Touren, ist bis jetzt kein Ur- angewandt, das in dem Museum von Jahrhunderts wurden die Romanium- Medaille und ein Diplom erhalten.“ /16/ Patentzeichnung einer Gussvorrichtung für Fahrradrahmen aus Alu-Legierungen von F. A. Ellis theil zu fällen.“ /24/

12 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 13 Aluminium im Fahrradbau / Arthur Klein Familie Arthur Klein Familie

Für die Unterstützung bei der Recher- „The world's greatest Troupe of Cyclists“ che zu diesem umfangreichen Artikel Klein & fein – Die Geschichte der avisiert. bedanken sich die Autoren insbesondere bei Tilman Wagenknecht, Walter Ulreich, Radartistenfamilie Klein Ein Ruhepunkt am Karbuschsee Nils Niemeyer, Walter Schmidl, Nicolas von Friedmar John, Groß Köris Zöchling, Ivan Soic, Jan Heine, Thomas 1902 ließ sich Valentin Klein mit seiner Minder, Francois Cauderay, Urs Schuler, Unser Gastautor Friedmar John, Ortschronist der kleinen Gemeinde Groß Köris im Familie in Groß Köris nieder. Das Haus Werner Mundschin und Michael Mertins. Landkreis Dahme-Spreewald, stieß bei seinen Forschungen auf eine Künstlerkolonie war ein zweistöckiges Gebäude, unmittel- von drei Artistenfamilien: die Kremos, die Schäffers und die Kleins. Sie hatten sich kurz bar am Ufer des Sees. In ihm hatte sich Quellenangaben nach 1900 in der idyllischen Teupitzer Seenlandschaft südlich von Berlin niedergelas- vorher eine Gaststätte (Café Keck) sen, um fernab vom Tourneestress Ruhe und Erholung zu finden und ihre Freundschaft befunden. Der ehemalige Gastraum, ein /1/ /2/ /3/ The Boneshaker [TB]Nr. 76, autumn 1974 untereinander zu pflegen. /1/ John konnte nach langem Suchen eine Urenkelin Arthur massiver Anbau am Haus, wurde nun von /4/ CTC Gazette / Bidlake /5/ Raymond Henry: Nicola Barra, French Frame Kleins ausfindig machen und bekam dadurch Informationen und Bilder aus erster den Kleins als Turnhalle benutzt, wo sie Builder, in: Proceedings, 12th International Hand. Weiteres Bildmaterial für diesen KS-Beitrag steuerten die Documenta Artistica sich körperlich fit hielten und ihre neuen Cycling History Conference, der Stiftung Stadtmuseum Berlin, das Zirkusarchiv Winkler und Arthur Klein, ein Uren- Auftritte vorbereiteten. Auf dem Dach /6/ TB Nr. 89, autumn 1978 kel von Valentin Klein, bei. So entstand eine faszinierende Schilderung einer heute fast des Anbaues befand sich damals eine /7/ zitiert nach TB Nr. 89, autumn 1978 vergessenen Künstlerfamilie, die auf vielen Bühnen Europas große Triumphe feierte. große Terrasse. Dort versammelte sich /8/ Light Metals, Vol. VIII, Nr. 91, August 1945, Seitens der Redaktion wurde ein Interview hinzugefügt, das mit Arthur Klein geführt die Familie bei schönem Wetter zum Kaf- S. 367 feetrinken und zu Familienzusammen- /9/ Cycling Plus, December 1992 wurde. /10/ Cycling Handbook by A. L. Pullen, 1950 künften. Von dem erhöhten Standort der /11/ Das Rad, 7/1951, S. 55 Die Artisten- und Musikerfamilie Klein Nürnberg eine Stellung als Werkmeister Dachterrasse konnte man den gesamten /12/ Cycling, 28. 11. 1891, S. 297f einer Fahrradfabrik übernahm. In dieser Im linken flachen Anbau der Villa Klein befand sich der Trainingssaal mit Dachterrasse See überblicken. /13/ Dingler's Polytechnisches Journal [DPJ], Eine der drei Künstlerfamilien vom Stellung wurde er auch Mitglied bei dem 1896 Bd. 299, Heft 8, S. 175f Karbuschsee, die ich heute vorstellen Nürnberger Fahrradverein und baute in nen Arthur, und es kam zu einer Verein- Sam Brown gehörte etwa zwei Jahrzehnte 1910 machte die Klein Familie eine /14/ Österreichisch Ungarische Radfahrer Zei- möchte, ist die Familie Klein. Die Artis- seiner Freizeit für seinen Ältesten, Arthur, barung, nach der Arthur im Rahmen des zur Klein Familie. Nach dem Ersten Welt- Tournee durch die USA. In den Jahren tung [ÖURZ], 16/1896, sowie: Centralblatt für Radsport und Athletik [CRA], 23/1896, S.6 ten- und Musikerfamilie Klein umfasst ein kleines Veloziped“, wie das Fahrrad Varietéprogramms auftreten sollte. krieg machte er sch selbständig und grün- 1911 bis 1913 wechselten in rascher Folge /15/ DPJ, 1897 Bd. 304, Heft 7, S. 160 drei Generationen: Für die erste Genera- früher hieß. Auf diesem Fahrrad lehrte er dete eine eigene Truppe mit dem Namen Auftritte in Varietés und Zirkussen, so z.B. /16/ ÖURZ, 24/1891, S. 236 tion steht Valentin Klein, der Stammva- seinen Sohn einige Kunststücke. „Des Bald kamen noch andere Interessenten, „Sam’s-Express-Company“. Um 1902 im Zirkus Busch in Berlin, im Zirkus Schu- /17/ Deutsch-österreichischer Radfahrer [DÖR], ter, für die zweite Generation seine zwei Vaters Stolz lag nun darin, seinen Sohn auf die ebenfalls Engagements vorschlugen. kam die kleine Paula Schmidt hinzu und mann in München, im Zirkus Sidoli in 23/1891, S. 310 Söhne Arthur sen. und Werner sowie Als Valentin Klein merkte, dass sich die wurde in den Familienverband aufgenom- Italien und im Zirkus Beketow in Ungarn. /18/ /19/ DPJ, 1897 Bd. 306, Heft 3, S. 54ff seine drei Töchter Hedwig, Martha jun. Darbietungen seines Sohnes kommerziell men – sie blieb bis in die 1950er Jahre im Es ist anzunehmen, dass bei dem Engage- /20/ DÖR, 4/1892, S. 49 und Valentina. Die dritte Generation verwerten ließen, gab er seinen Posten als Ensemble aktiv. ment im Zirkus Beketow Valentina Klein /21/ DÖR, 21/1892, S. 346 stellen dar: Arthur jun. und Heinz, also Werkmeister in der Fahrradfabrik auf, um den Zirkusdirektor Mathias Beketow /22/ aus einem Bericht über die Stanley-Show in: CRA, 25/1894, S.6 die Kinder von Arthur Klein sen. sowie sich ganz der Entwicklung seines Sohnes Um die Jahrhundertwende war die näher kennenlernte, den sie kurz danach /23/ Radfahr-Sport, 1/1895, S.11 Günter, der Sohn von Werner Klein. zu widmen. Da sich seine Tochter Valenti- Klein Familie schon in ganz Deutschland geheiratet hat. Im Zusammenhang mit /24/ Wiener Nähmaschinen- und Velozipede- na ebenfalls für das Kunstradfahren inter- bekannt. Auslandstourneen hatten sie ihrer Verheiratung ist sie aus dem Ensem- Zeitung, 4/1885, S.4 Als Artistenfamilie sind die Kleins als essierte, ließ er die beiden Kinder als Duo Kunstradfahrer bekannt geworden und auftreten, und zwar unter dem Namen Abbildungsnachweis auf dem Gebiet der Musik als Kapell- „Arthur und Valentina“. Auch seine ande- meister und Komponisten. Nach Groß ren Kinder trainierte Valentin Klein im S. 4 Faszination Fahrrad, Verlag Delius Klasing, Köris kam die Familie 1902. Am Südufer Kunstradfahren. Entsprechend ihrer Bielefeld 1997,S. 117 des Karbuschsees kaufte Valentin Klein Fähigkeiten erweiterte er das Duo schritt- S. 5 Auszug aus dem Katalog der Firma Humber 1896 in diesem Jahr ein Grundstück mit Wohn- weise zum Quintett. Auf diese Weise ent- S. 6 Sammlung M. Zappe haus (heute am Karbuschsee 11). Ange- stand das Unternehmen „Klein Familie“. S. 7 oben: ÖURZ, 43/1897, S.6 hörige der Familie haben bis 1952 dort unten: Auszug aus dem Lu-Mi-Num Katalog, gewohnt. Arthur Klein sen. kaufte 1923 Die Klein Familie wird geformt undatiert S. 8 links: aus Zeitschrift für Metallkunde, 19. Jg., ein Grundstück am kleinen Roßkardtsee 1927, S. 11-13 (Motzener Straße 45). Angehörige der 1897 bestand die Artistentruppe „Klein Mitte: aus Bicyclette Moderne [BM], 23. Jg., Familie haben bis 1971 in der Villa auf Familie“ aus den fünf Kindern von Valen- 120/1946, S. 83 diesem Grundstück gewohnt. Von 1923 tin Klein: Hedwig (15 Jahre), Arthur (14 J.), rechts: Eidgenössisches Amt für geistiges bis 1936 war Valentina Klein die Eigentü- Martha jun. (12 J.), Valentina (8 J.) und Eigentum, Patent-Nr. 172 919 rechts: aus BM, 23. Jg., 120/1946, S. 86 merin eines Grundstücks mit Villa am Werner (5 J.). Den Familienaufzeichnun- S. 9 oben links: Sammlung M. Zappe Güldensee. gen ist zu entnehmen, dass Valentin Klein unten: aus Werbebroschüre der Société du selbst nicht als Artist aufgetreten ist. Er Duralumin, ca. 1937 Der kleine Arthur macht den Anfang Eine waghalsige Übung: Sam Brown auf dem Kopf war der Trainer seiner Kinder und der rechts: aus BM, 23. Jg., 120/1946, S. 85 von Arthur Klein rechts: dito, S. 84 Manager ihrer Auftritte. Mit väterlichem S. 10 links: Sammlung Zappe Valentin Klein (1854 - 1918) war einem Stiftungsfest des Fahrradvereins die Ehrgeiz und kommerziellem Interesse hat unten: aus Mit dem Rad durch zwei Jahr- Schlosser und verheiratet mit Martha gelernten Kunststücke zeigen zu lassen. er das Unternehmen geleitet. 1899 erhielt hunderte, AT Verlag, Aarau 1997, S. 99 Klein (1861 - 1934) aus Solingen. In der Und hier begann das Schicksal einzugrei- das Ensemble ein weiteres Mitglied. Sam rechts: keine Angabe möglich Die Klein-Familie auf dekorativ verspiegelten Scheibenrädern ohne Sattel, um 1905 S. 11 oben: Deutsches Patentamt, Pat.-Nr. 810 Zeit von 1882 bis 1892 wurden dem Ehe- fen.“ Unter den anwesenden Zuschauern Brown, von dunkler Hautfarbe, war etwa 848 paar fünf Kinder geboren: Hedwig 1882, befand sich auch der Direktor eines Nürn- 10 Jahre alt, als er zur Klein Familie kam. 1899 nach Schweden, Norwegen und ble der Klein Familie ausgeschieden. Ihren unten: aus Radmarkt, 12/1957, S. 12 Arthur 1883, Martha jun. 1885, Valentina berger Varietés, der „Wolfsschlucht“ - ein Er wohnte und lebte zusammen mit der Dänemark geführt. 1901/02 hatte die Part übernahm Johanna Klein, die Ehe- Mitte: Deutsches Patentamt, Pat.-Nr. 880 1889 und Werner 1892. Als Entstehungs- seinerzeit kleines, aber beliebtes Lokal Familie und zählte als Familienmitglied. In Truppe Auftritte in England. Von einem frau von Arthur. Sie, eine geborene Lorenz 712 S. 12 links: CRA, 23/1896, S.6 jahr der Artistenfamilie wird in den Fami- für Kleinkunstaufführungen verschie- den Auftritten übernahm er den so Auftritt im Londoner „Hippodrom“ ist (1886 - 1971), stammte aus Groß Köris und Fotos: © M. Zappe lienunterlagen das Jahr 1890 angegeben. denster Art. Dieser Veranstalter interes- genannten „komischen Part“. Auf Fotos ist eine Programmankündigung erhalten war die Tochter des Gastwirts vom dorti- Mitte: Cycling vom 3. August 1910 „Es begann damit, dass Papa Klein in sierte sich für die Darbietungen des klei- er meist mit einer großen Pauke zu sehen. geblieben. Dort wird die Klein Familie als gen „Deutschen Haus“. S. 13 DPJ, 1897 Bd. 306, Heft 3, S. 55

14 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 15 Aluminium im Fahrradbau / Arthur Klein Familie Arthur Klein Familie

Für die Unterstützung bei der Recher- „The world's greatest Troupe of Cyclists“ che zu diesem umfangreichen Artikel Klein & fein – Die Geschichte der avisiert. bedanken sich die Autoren insbesondere bei Tilman Wagenknecht, Walter Ulreich, Radartistenfamilie Klein Ein Ruhepunkt am Karbuschsee Nils Niemeyer, Walter Schmidl, Nicolas von Friedmar John, Groß Köris Zöchling, Ivan Soic, Jan Heine, Thomas 1902 ließ sich Valentin Klein mit seiner Minder, Francois Cauderay, Urs Schuler, Unser Gastautor Friedmar John, Ortschronist der kleinen Gemeinde Groß Köris im Familie in Groß Köris nieder. Das Haus Werner Mundschin und Michael Mertins. Landkreis Dahme-Spreewald, stieß bei seinen Forschungen auf eine Künstlerkolonie war ein zweistöckiges Gebäude, unmittel- von drei Artistenfamilien: die Kremos, die Schäffers und die Kleins. Sie hatten sich kurz bar am Ufer des Sees. In ihm hatte sich Quellenangaben nach 1900 in der idyllischen Teupitzer Seenlandschaft südlich von Berlin niedergelas- vorher eine Gaststätte (Café Keck) sen, um fernab vom Tourneestress Ruhe und Erholung zu finden und ihre Freundschaft befunden. Der ehemalige Gastraum, ein /1/ /2/ /3/ The Boneshaker [TB]Nr. 76, autumn 1974 untereinander zu pflegen. /1/ John konnte nach langem Suchen eine Urenkelin Arthur massiver Anbau am Haus, wurde nun von /4/ CTC Gazette / Bidlake /5/ Raymond Henry: Nicola Barra, French Frame Kleins ausfindig machen und bekam dadurch Informationen und Bilder aus erster den Kleins als Turnhalle benutzt, wo sie Builder, in: Proceedings, 12th International Hand. Weiteres Bildmaterial für diesen KS-Beitrag steuerten die Documenta Artistica sich körperlich fit hielten und ihre neuen Cycling History Conference, der Stiftung Stadtmuseum Berlin, das Zirkusarchiv Winkler und Arthur Klein, ein Uren- Auftritte vorbereiteten. Auf dem Dach /6/ TB Nr. 89, autumn 1978 kel von Valentin Klein, bei. So entstand eine faszinierende Schilderung einer heute fast des Anbaues befand sich damals eine /7/ zitiert nach TB Nr. 89, autumn 1978 vergessenen Künstlerfamilie, die auf vielen Bühnen Europas große Triumphe feierte. große Terrasse. Dort versammelte sich /8/ Light Metals, Vol. VIII, Nr. 91, August 1945, Seitens der Redaktion wurde ein Interview hinzugefügt, das mit Arthur Klein geführt die Familie bei schönem Wetter zum Kaf- S. 367 feetrinken und zu Familienzusammen- /9/ Cycling Plus, December 1992 wurde. /10/ Cycling Handbook by A. L. Pullen, 1950 künften. Von dem erhöhten Standort der /11/ Das Rad, 7/1951, S. 55 Die Artisten- und Musikerfamilie Klein Nürnberg eine Stellung als Werkmeister Dachterrasse konnte man den gesamten /12/ Cycling, 28. 11. 1891, S. 297f einer Fahrradfabrik übernahm. In dieser Im linken flachen Anbau der Villa Klein befand sich der Trainingssaal mit Dachterrasse See überblicken. /13/ Dingler's Polytechnisches Journal [DPJ], Eine der drei Künstlerfamilien vom Stellung wurde er auch Mitglied bei dem 1896 Bd. 299, Heft 8, S. 175f Karbuschsee, die ich heute vorstellen Nürnberger Fahrradverein und baute in nen Arthur, und es kam zu einer Verein- Sam Brown gehörte etwa zwei Jahrzehnte 1910 machte die Klein Familie eine /14/ Österreichisch Ungarische Radfahrer Zei- möchte, ist die Familie Klein. Die Artis- seiner Freizeit für seinen Ältesten, Arthur, barung, nach der Arthur im Rahmen des zur Klein Familie. Nach dem Ersten Welt- Tournee durch die USA. In den Jahren tung [ÖURZ], 16/1896, sowie: Centralblatt für Radsport und Athletik [CRA], 23/1896, S.6 ten- und Musikerfamilie Klein umfasst ein kleines Veloziped“, wie das Fahrrad Varietéprogramms auftreten sollte. krieg machte er sch selbständig und grün- 1911 bis 1913 wechselten in rascher Folge /15/ DPJ, 1897 Bd. 304, Heft 7, S. 160 drei Generationen: Für die erste Genera- früher hieß. Auf diesem Fahrrad lehrte er dete eine eigene Truppe mit dem Namen Auftritte in Varietés und Zirkussen, so z.B. /16/ ÖURZ, 24/1891, S. 236 tion steht Valentin Klein, der Stammva- seinen Sohn einige Kunststücke. „Des Bald kamen noch andere Interessenten, „Sam’s-Express-Company“. Um 1902 im Zirkus Busch in Berlin, im Zirkus Schu- /17/ Deutsch-österreichischer Radfahrer [DÖR], ter, für die zweite Generation seine zwei Vaters Stolz lag nun darin, seinen Sohn auf die ebenfalls Engagements vorschlugen. kam die kleine Paula Schmidt hinzu und mann in München, im Zirkus Sidoli in 23/1891, S. 310 Söhne Arthur sen. und Werner sowie Als Valentin Klein merkte, dass sich die wurde in den Familienverband aufgenom- Italien und im Zirkus Beketow in Ungarn. /18/ /19/ DPJ, 1897 Bd. 306, Heft 3, S. 54ff seine drei Töchter Hedwig, Martha jun. Darbietungen seines Sohnes kommerziell men – sie blieb bis in die 1950er Jahre im Es ist anzunehmen, dass bei dem Engage- /20/ DÖR, 4/1892, S. 49 und Valentina. Die dritte Generation verwerten ließen, gab er seinen Posten als Ensemble aktiv. ment im Zirkus Beketow Valentina Klein /21/ DÖR, 21/1892, S. 346 stellen dar: Arthur jun. und Heinz, also Werkmeister in der Fahrradfabrik auf, um den Zirkusdirektor Mathias Beketow /22/ aus einem Bericht über die Stanley-Show in: CRA, 25/1894, S.6 die Kinder von Arthur Klein sen. sowie sich ganz der Entwicklung seines Sohnes Um die Jahrhundertwende war die näher kennenlernte, den sie kurz danach /23/ Radfahr-Sport, 1/1895, S.11 Günter, der Sohn von Werner Klein. zu widmen. Da sich seine Tochter Valenti- Klein Familie schon in ganz Deutschland geheiratet hat. Im Zusammenhang mit /24/ Wiener Nähmaschinen- und Velozipede- na ebenfalls für das Kunstradfahren inter- bekannt. Auslandstourneen hatten sie ihrer Verheiratung ist sie aus dem Ensem- Zeitung, 4/1885, S.4 Als Artistenfamilie sind die Kleins als essierte, ließ er die beiden Kinder als Duo Kunstradfahrer bekannt geworden und auftreten, und zwar unter dem Namen Abbildungsnachweis auf dem Gebiet der Musik als Kapell- „Arthur und Valentina“. Auch seine ande- meister und Komponisten. Nach Groß ren Kinder trainierte Valentin Klein im S. 4 Faszination Fahrrad, Verlag Delius Klasing, Köris kam die Familie 1902. Am Südufer Kunstradfahren. Entsprechend ihrer Bielefeld 1997,S. 117 des Karbuschsees kaufte Valentin Klein Fähigkeiten erweiterte er das Duo schritt- S. 5 Auszug aus dem Katalog der Firma Humber 1896 in diesem Jahr ein Grundstück mit Wohn- weise zum Quintett. Auf diese Weise ent- S. 6 Sammlung M. Zappe haus (heute am Karbuschsee 11). Ange- stand das Unternehmen „Klein Familie“. S. 7 oben: ÖURZ, 43/1897, S.6 hörige der Familie haben bis 1952 dort unten: Auszug aus dem Lu-Mi-Num Katalog, gewohnt. Arthur Klein sen. kaufte 1923 Die Klein Familie wird geformt undatiert S. 8 links: aus Zeitschrift für Metallkunde, 19. Jg., ein Grundstück am kleinen Roßkardtsee 1927, S. 11-13 (Motzener Straße 45). Angehörige der 1897 bestand die Artistentruppe „Klein Mitte: aus Bicyclette Moderne [BM], 23. Jg., Familie haben bis 1971 in der Villa auf Familie“ aus den fünf Kindern von Valen- 120/1946, S. 83 diesem Grundstück gewohnt. Von 1923 tin Klein: Hedwig (15 Jahre), Arthur (14 J.), rechts: Eidgenössisches Amt für geistiges bis 1936 war Valentina Klein die Eigentü- Martha jun. (12 J.), Valentina (8 J.) und Eigentum, Patent-Nr. 172 919 rechts: aus BM, 23. Jg., 120/1946, S. 86 merin eines Grundstücks mit Villa am Werner (5 J.). Den Familienaufzeichnun- S. 9 oben links: Sammlung M. Zappe Güldensee. gen ist zu entnehmen, dass Valentin Klein unten: aus Werbebroschüre der Société du selbst nicht als Artist aufgetreten ist. Er Duralumin, ca. 1937 Der kleine Arthur macht den Anfang Eine waghalsige Übung: Sam Brown auf dem Kopf war der Trainer seiner Kinder und der rechts: aus BM, 23. Jg., 120/1946, S. 85 von Arthur Klein rechts: dito, S. 84 Manager ihrer Auftritte. Mit väterlichem S. 10 links: Sammlung Zappe Valentin Klein (1854 - 1918) war einem Stiftungsfest des Fahrradvereins die Ehrgeiz und kommerziellem Interesse hat unten: aus Mit dem Rad durch zwei Jahr- Schlosser und verheiratet mit Martha gelernten Kunststücke zeigen zu lassen. er das Unternehmen geleitet. 1899 erhielt hunderte, AT Verlag, Aarau 1997, S. 99 Klein (1861 - 1934) aus Solingen. In der Und hier begann das Schicksal einzugrei- das Ensemble ein weiteres Mitglied. Sam rechts: keine Angabe möglich Die Klein-Familie auf dekorativ verspiegelten Scheibenrädern ohne Sattel, um 1905 S. 11 oben: Deutsches Patentamt, Pat.-Nr. 810 Zeit von 1882 bis 1892 wurden dem Ehe- fen.“ Unter den anwesenden Zuschauern Brown, von dunkler Hautfarbe, war etwa 848 paar fünf Kinder geboren: Hedwig 1882, befand sich auch der Direktor eines Nürn- 10 Jahre alt, als er zur Klein Familie kam. 1899 nach Schweden, Norwegen und ble der Klein Familie ausgeschieden. Ihren unten: aus Radmarkt, 12/1957, S. 12 Arthur 1883, Martha jun. 1885, Valentina berger Varietés, der „Wolfsschlucht“ - ein Er wohnte und lebte zusammen mit der Dänemark geführt. 1901/02 hatte die Part übernahm Johanna Klein, die Ehe- Mitte: Deutsches Patentamt, Pat.-Nr. 880 1889 und Werner 1892. Als Entstehungs- seinerzeit kleines, aber beliebtes Lokal Familie und zählte als Familienmitglied. In Truppe Auftritte in England. Von einem frau von Arthur. Sie, eine geborene Lorenz 712 S. 12 links: CRA, 23/1896, S.6 jahr der Artistenfamilie wird in den Fami- für Kleinkunstaufführungen verschie- den Auftritten übernahm er den so Auftritt im Londoner „Hippodrom“ ist (1886 - 1971), stammte aus Groß Köris und Fotos: © M. Zappe lienunterlagen das Jahr 1890 angegeben. denster Art. Dieser Veranstalter interes- genannten „komischen Part“. Auf Fotos ist eine Programmankündigung erhalten war die Tochter des Gastwirts vom dorti- Mitte: Cycling vom 3. August 1910 „Es begann damit, dass Papa Klein in sierte sich für die Darbietungen des klei- er meist mit einer großen Pauke zu sehen. geblieben. Dort wird die Klein Familie als gen „Deutschen Haus“. S. 13 DPJ, 1897 Bd. 306, Heft 3, S. 55

14 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 15 Arthur Klein Familie Arthur Klein Familie

Neuorientierung nach dem Krieg Und Familie Arthur Klein Wochen seinen Va- tobt entfesselt raus und rein. ter in Maske und Der Ausbruch des Krieges 1914 war Stehen, stürzen, strampeln, steigen Gags so zu kopieren, für die Kleins mit einer einschneidenden nur ums Radfahr'n mal zu zeigen. dass die Nummer Veränderung verbunden. Werner Klein Dann kommt auch der alte Klein wieder stand und die wurde zum Militär eingezogen und blieb noch mit dem Motorrad rein, September-Engage- bis 1918 Soldat. Dadurch fehlte der Trup- und das platzt in 1000 Stück – ments und auch die pe ein wichtiges Mitglied. Arthur blieb Radfahr'n ist wohl doch bloß Glück. danach bereits abge- von der Einberufung verschont. Er galt schlossenen Verträge als Ernährer der Familie und wurde Die Nachfahren berichteten mir, dass absolviert werden „u.k.“ (unabkömmlich) gestellt. „das in den letzten Jahren allzu bekannte konnten“. Nach dem Dadurch konnte die Existenz der Trup- explodierende Motorrad und diese Szene Tod von Arthur pe erhalten werden. Am 28. November unvorhergesehenen Erfolg hatten“. Durch Klein sen. wurde das 1918 verstarb Valentin Klein. Durch ein Patent, das Johanna Klein in den USA Unternehmen also seinen Tod verlor die Klein Familie um 1925 erwirkte, schützten sich die unter der Regie ihren Leiter und den väterlichen Bera- Kleins erfolgreich gegen Nachahmer (US seiner beiden Söhne ter. Dazu kam, dass Werner Klein nach Patent Nr. 1 599 469). Etwa vier Jahrzehn- Heinz und Arthur dem Krieg nicht mehr als Kunstradfah- te konnte mit dieser Motorradnummer, weitergeführt. Die rer, sondern ausschließlich auf dem die immer wieder modifiziert und variiert Firmenbezeichnung Die Klein-Familie war beim Circus-Williams eine der Zugnummern Gebiet der Musik auftreten wollte. Zu wurde, das Publikum begeistert werden. „Arthur Klein Fami- berücksichtigen war ferner, dass Valen- lie“ blieb erhalten, die hohe Qualität ihrer Weltkrieg schied Werner aus der Artis- tins Töchter Hedwig und Martha im 1923 erwarb Arthur Klein sen. ein Auftritte konnte gehalten werden. 1956 tengruppe aus und war ausschließlich auf Falle ihrer Verheiratung aus dem Artis- Mit Fahnen-Dekor auf den Scheibenrädern: Sam, Werner, Valentina, Paula, Johanna, Martha und Arthur großes Grundstück in Groß Köris am erhielt die Künstlergruppe in Paris einen dem Gebiet der Musik tätig. Insbesonde- tenensemble ausscheiden würden. Das (v.l.), um 1910 kleinen Roßkardtsee (heute Motzener internationalen Artistenpreis für ihre re das Varieté, aber auch der Zirkus wur- alles erforderte ein gründliches Nach- Die Arthur Klein Familie die Leitung des Unternehmens, das Str. 45). Nur für kurze Zeit konnte er Auftritte mit dem explodierenden „Mo- de sein Betätigungsfeld. In den 1930er denken, wie das Unternehmen weiterge- nunmehr unter dem Namen „Arthur seine schöne Villa genießen. Ein Jahr torrad“ als Höhepunkt. Jahren war Werner Klein Kapellmeister führt werden sollte. Nach dem Tod von Valentin Klein Klein Familie“ geführt wurde. Arthur nach dem Einzug in die Villa kam der in deutschen Varieté-Theatern, in den übernahm sein ältester Sohn Arthur sen. Klein sen. war 35 Jahre alt, als er 1918 die Artist – 41jährig – bei einem Motorrad- Im Jahr 1959 starb Arthur Klein jun. 1940er und 50er Jahren in bekannten Leitung übernahm. Mit seiner Frau unfall in der Nähe von Teupitz am 17. Juli Sein Bruder Heinz arbeitete zunächst „in Zirkussen. Er ist 1976 im Alter von 84 Johanna hatte er wie von mir schon oben 1924 ums Leben. „Auf einer kleinen Spa- kleiner Besetzung“ weiter. Insbesondere Jahren in Bad Tölz verstorben. erwähnt zwei Söhne: Arthur jun., geb. zierfahrt verunglückte er tödlich“, die Motorrad-Szene garantierte weiterhin 1905 und Heinz, geb. 1906. Beide waren schreibt rückblickend die SCALA vom Erfolg, sodass in den Jahren nach 1959 Auch Günter Klein verlebte seine Kind- vom Vater (vielleicht auch schon vom 14. April 1958. Seine Ehefrau Johanna weitere Engagements abgeschlossen wer- heit in Groß Köris. Seiner Biografie ist zu Großvater Valentin) auf den artistischen bewohnte die Villa bis zu ihrem Tod 1971. den konnten. Bis 1964 war die Motorrad- entnehmen, dass er seit 1926 vom Vater auf Beruf vorbereitet worden. Sie wurden szene eine erfolg- dem Gebiet der Musik unterrichtet wurde nun ein fester Bestandteil des Familien- reiche Nummer. In und ab 1934 Unterricht in Klavier- und unternehmens. diesem Jahr gab Musiktheorie bekam. Von 1947 bis 1955 Heinz aus Alters- war er Pianist im Rundfunkunterhaltungs- Meist trat das Ensemble in einer gründen – er war orchester des Senders Leipzig. Dann arbei- Besetzung von fünf oder sechs Artisten inzwischen 58 Jahre tete Klein in Berlin beim Musikverlag auf (in der Regel drei Männer und zwei alt – das Unterneh- „VEB Lied der Zeit“. Bis 1965 war er frei- oder drei Frauen). Der tragende Teil men auf. Damit ende- schaffend tätig, u.a. für Radiosender, Film- waren die drei Männer: Arthur Klein te die Geschichte produktionen und Sportfeste und in den sen. und seine beiden Söhne. Den „ko- der Artistenfamilie Jahren 1965 bis 1989 als Musikredakteur mischen Part“, den bisher Sam Brown Klein. Über einen beliebter Sendungen des Rundfunks und dargestellt hatte, übernahm nun Arthur Zeitraum von 75 Fernsehens der DDR bekannt geworden. sen. selbst. In dieser Rolle soll er wage- Jahren hatten die Günter Klein ist 2010 mit 89 Jahren in halsige Kunststücke auf Kleinsträdern Angehörigen der Schildow gestorben. vorgeführt haben. Bald wurde von ihm Familie Klein dem ein neues, modernes Requisit in das zahlreichen Publi- Anmerkungen Programm aufgenommen: ein Motor- kum anspruchsvolle /1/ Die Familiengeschichten wurden erstveröf- rad, das eigentlich ein pedalgetriebenes artistische Leistun- Ein Schnappschuss nach der Preisverleihung in Paris 1956: Arthur und Heinz fentlicht in den Teupitzer Nachrichten, die Fahrzeug war, ausgestattet mit allerlei (rechts) feiern den Zirkus-Oskar mit Künstlerkollegen gen geboten. Geschichte der Kleins in der Ausgabe Raffinessen wie Hupen, Pfeifen, Puder- 1/2014 S. 31ff; für den KS wurde diese werfern – alle steuerbar durch Pressluft, Heinz Klein, der Retter Die Musiker der Familie Klein Version leicht überarbeitet und im Abschnitt „Die Musiker der Familie Klein“ stark gekürzt. die mit Hilfe eines Blasebalg-Sattels erzeugt und in einer Zylinderattrappe Der verunglückte Arthur Klein sen. war Aus dem Familienverband der Kleins Abbildungsnachweis gespeichert wurde. Mit lautem Gedröhn, der künstlerische Mittelpunkt des Unter- sind auch zwei Musiker hervorgegangen: sprühenden Funken und „Abgaswol- nehmens gewesen. Mit dem „komischen Werner Klein (der jüngere Sohn von S.14, 15 u. 16 unten: Sammlg. Lobedank S. 15 u. 16 oben: Stiftung Stadtmuseum Berlin ken“ aus Puder preschte er damit über Part“ und dem „modernen Vehikel“ (dem Valentin) und sein Sohn Günter. Hier in S. 17: Sammlg. Arthur Klein die Bühne. Die mit diesem „unechten“ Motorrad) war er das Zugpferd der Trup- der Künstlerkolonie lernte Werner Fran- Motorrad erzielte Atmosphäre beim pe. Durch seinen Tod war die weitere Exis- ziska Kremo (1890 bis 1968) kennen, die Publikum bringt wohl der folgende Aus- tenz des Ensembles in Frage gestellt. Als später seine Frau wurde. Nachdem sein Abbildungsnachweis für S. 18 zug aus einem Familienreim (den die Retter des Unternehmens erwies sich in Vater sein musikalisches Talent erkannt Oben u. Mitte links: Stiftung Stadtmuseum Die beiden Söhne Arthur und Heinz ergänzten die Truppe nach dem Ausscheiden von Werner und Valenti- Kleins selbst verfasst haben) zum Aus- dieser Situation Heinz Klein, sein jüngerer hatte, ließ er ihm eine musikalische Aus- Berlin, Mitte rechts: Zirkusarchiv Winkler, alle na, um 1920 druck: Sohn. „Er brachte es fertig, in knappen 6 bildung zukommen. Nach dem Ersten anderen: Sammlg. Arthur Klein

16 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 17 Arthur Klein Familie Arthur Klein Familie

Neuorientierung nach dem Krieg Und Familie Arthur Klein Wochen seinen Va- tobt entfesselt raus und rein. ter in Maske und Der Ausbruch des Krieges 1914 war Stehen, stürzen, strampeln, steigen Gags so zu kopieren, für die Kleins mit einer einschneidenden nur ums Radfahr'n mal zu zeigen. dass die Nummer Veränderung verbunden. Werner Klein Dann kommt auch der alte Klein wieder stand und die wurde zum Militär eingezogen und blieb noch mit dem Motorrad rein, September-Engage- bis 1918 Soldat. Dadurch fehlte der Trup- und das platzt in 1000 Stück – ments und auch die pe ein wichtiges Mitglied. Arthur blieb Radfahr'n ist wohl doch bloß Glück. danach bereits abge- von der Einberufung verschont. Er galt schlossenen Verträge als Ernährer der Familie und wurde Die Nachfahren berichteten mir, dass absolviert werden „u.k.“ (unabkömmlich) gestellt. „das in den letzten Jahren allzu bekannte konnten“. Nach dem Dadurch konnte die Existenz der Trup- explodierende Motorrad und diese Szene Tod von Arthur pe erhalten werden. Am 28. November unvorhergesehenen Erfolg hatten“. Durch Klein sen. wurde das 1918 verstarb Valentin Klein. Durch ein Patent, das Johanna Klein in den USA Unternehmen also seinen Tod verlor die Klein Familie um 1925 erwirkte, schützten sich die unter der Regie ihren Leiter und den väterlichen Bera- Kleins erfolgreich gegen Nachahmer (US seiner beiden Söhne ter. Dazu kam, dass Werner Klein nach Patent Nr. 1 599 469). Etwa vier Jahrzehn- Heinz und Arthur dem Krieg nicht mehr als Kunstradfah- te konnte mit dieser Motorradnummer, weitergeführt. Die rer, sondern ausschließlich auf dem die immer wieder modifiziert und variiert Firmenbezeichnung Die Klein-Familie war beim Circus-Williams eine der Zugnummern Gebiet der Musik auftreten wollte. Zu wurde, das Publikum begeistert werden. „Arthur Klein Fami- berücksichtigen war ferner, dass Valen- lie“ blieb erhalten, die hohe Qualität ihrer Weltkrieg schied Werner aus der Artis- tins Töchter Hedwig und Martha im 1923 erwarb Arthur Klein sen. ein Auftritte konnte gehalten werden. 1956 tengruppe aus und war ausschließlich auf Falle ihrer Verheiratung aus dem Artis- Mit Fahnen-Dekor auf den Scheibenrädern: Sam, Werner, Valentina, Paula, Johanna, Martha und Arthur großes Grundstück in Groß Köris am erhielt die Künstlergruppe in Paris einen dem Gebiet der Musik tätig. Insbesonde- tenensemble ausscheiden würden. Das (v.l.), um 1910 kleinen Roßkardtsee (heute Motzener internationalen Artistenpreis für ihre re das Varieté, aber auch der Zirkus wur- alles erforderte ein gründliches Nach- Die Arthur Klein Familie die Leitung des Unternehmens, das Str. 45). Nur für kurze Zeit konnte er Auftritte mit dem explodierenden „Mo- de sein Betätigungsfeld. In den 1930er denken, wie das Unternehmen weiterge- nunmehr unter dem Namen „Arthur seine schöne Villa genießen. Ein Jahr torrad“ als Höhepunkt. Jahren war Werner Klein Kapellmeister führt werden sollte. Nach dem Tod von Valentin Klein Klein Familie“ geführt wurde. Arthur nach dem Einzug in die Villa kam der in deutschen Varieté-Theatern, in den übernahm sein ältester Sohn Arthur sen. Klein sen. war 35 Jahre alt, als er 1918 die Artist – 41jährig – bei einem Motorrad- Im Jahr 1959 starb Arthur Klein jun. 1940er und 50er Jahren in bekannten Leitung übernahm. Mit seiner Frau unfall in der Nähe von Teupitz am 17. Juli Sein Bruder Heinz arbeitete zunächst „in Zirkussen. Er ist 1976 im Alter von 84 Johanna hatte er wie von mir schon oben 1924 ums Leben. „Auf einer kleinen Spa- kleiner Besetzung“ weiter. Insbesondere Jahren in Bad Tölz verstorben. erwähnt zwei Söhne: Arthur jun., geb. zierfahrt verunglückte er tödlich“, die Motorrad-Szene garantierte weiterhin 1905 und Heinz, geb. 1906. Beide waren schreibt rückblickend die SCALA vom Erfolg, sodass in den Jahren nach 1959 Auch Günter Klein verlebte seine Kind- vom Vater (vielleicht auch schon vom 14. April 1958. Seine Ehefrau Johanna weitere Engagements abgeschlossen wer- heit in Groß Köris. Seiner Biografie ist zu Großvater Valentin) auf den artistischen bewohnte die Villa bis zu ihrem Tod 1971. den konnten. Bis 1964 war die Motorrad- entnehmen, dass er seit 1926 vom Vater auf Beruf vorbereitet worden. Sie wurden szene eine erfolg- dem Gebiet der Musik unterrichtet wurde nun ein fester Bestandteil des Familien- reiche Nummer. In und ab 1934 Unterricht in Klavier- und unternehmens. diesem Jahr gab Musiktheorie bekam. Von 1947 bis 1955 Heinz aus Alters- war er Pianist im Rundfunkunterhaltungs- Meist trat das Ensemble in einer gründen – er war orchester des Senders Leipzig. Dann arbei- Besetzung von fünf oder sechs Artisten inzwischen 58 Jahre tete Klein in Berlin beim Musikverlag auf (in der Regel drei Männer und zwei alt – das Unterneh- „VEB Lied der Zeit“. Bis 1965 war er frei- oder drei Frauen). Der tragende Teil men auf. Damit ende- schaffend tätig, u.a. für Radiosender, Film- waren die drei Männer: Arthur Klein te die Geschichte produktionen und Sportfeste und in den sen. und seine beiden Söhne. Den „ko- der Artistenfamilie Jahren 1965 bis 1989 als Musikredakteur mischen Part“, den bisher Sam Brown Klein. Über einen beliebter Sendungen des Rundfunks und dargestellt hatte, übernahm nun Arthur Zeitraum von 75 Fernsehens der DDR bekannt geworden. sen. selbst. In dieser Rolle soll er wage- Jahren hatten die Günter Klein ist 2010 mit 89 Jahren in halsige Kunststücke auf Kleinsträdern Angehörigen der Schildow gestorben. vorgeführt haben. Bald wurde von ihm Familie Klein dem ein neues, modernes Requisit in das zahlreichen Publi- Anmerkungen Programm aufgenommen: ein Motor- kum anspruchsvolle /1/ Die Familiengeschichten wurden erstveröf- rad, das eigentlich ein pedalgetriebenes artistische Leistun- Ein Schnappschuss nach der Preisverleihung in Paris 1956: Arthur und Heinz fentlicht in den Teupitzer Nachrichten, die Fahrzeug war, ausgestattet mit allerlei (rechts) feiern den Zirkus-Oskar mit Künstlerkollegen gen geboten. Geschichte der Kleins in der Ausgabe Raffinessen wie Hupen, Pfeifen, Puder- 1/2014 S. 31ff; für den KS wurde diese werfern – alle steuerbar durch Pressluft, Heinz Klein, der Retter Die Musiker der Familie Klein Version leicht überarbeitet und im Abschnitt „Die Musiker der Familie Klein“ stark gekürzt. die mit Hilfe eines Blasebalg-Sattels erzeugt und in einer Zylinderattrappe Der verunglückte Arthur Klein sen. war Aus dem Familienverband der Kleins Abbildungsnachweis gespeichert wurde. Mit lautem Gedröhn, der künstlerische Mittelpunkt des Unter- sind auch zwei Musiker hervorgegangen: sprühenden Funken und „Abgaswol- nehmens gewesen. Mit dem „komischen Werner Klein (der jüngere Sohn von S.14, 15 u. 16 unten: Sammlg. Lobedank S. 15 u. 16 oben: Stiftung Stadtmuseum Berlin ken“ aus Puder preschte er damit über Part“ und dem „modernen Vehikel“ (dem Valentin) und sein Sohn Günter. Hier in S. 17: Sammlg. Arthur Klein die Bühne. Die mit diesem „unechten“ Motorrad) war er das Zugpferd der Trup- der Künstlerkolonie lernte Werner Fran- Motorrad erzielte Atmosphäre beim pe. Durch seinen Tod war die weitere Exis- ziska Kremo (1890 bis 1968) kennen, die Publikum bringt wohl der folgende Aus- tenz des Ensembles in Frage gestellt. Als später seine Frau wurde. Nachdem sein Abbildungsnachweis für S. 18 zug aus einem Familienreim (den die Retter des Unternehmens erwies sich in Vater sein musikalisches Talent erkannt Oben u. Mitte links: Stiftung Stadtmuseum Die beiden Söhne Arthur und Heinz ergänzten die Truppe nach dem Ausscheiden von Werner und Valenti- Kleins selbst verfasst haben) zum Aus- dieser Situation Heinz Klein, sein jüngerer hatte, ließ er ihm eine musikalische Aus- Berlin, Mitte rechts: Zirkusarchiv Winkler, alle na, um 1920 druck: Sohn. „Er brachte es fertig, in knappen 6 bildung zukommen. Nach dem Ersten anderen: Sammlg. Arthur Klein

16 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 17 Arthur Klein Familie Interview mit Arthur Klein

Interview mit Arthur Klein meiner Mutter und meines Onkels Herr Klein, Sie sind der Enkel von Heinz 50 Jahre Arthur Klein, dem Begründer der Artis- zurück. Aber ab und tengruppe „Arthur Klein Familie“. Wie zu ergeben sich stehen Sie denn heute zur Vergangen- Anknüpfungspunk- heit Ihrer Familie? te. Zum Beispiel hat In der Rückschau kann ich vor der Lei- meine künstlerisch stung meiner Familie nur den Hut ziehen tätige Frau nach und mich verneigen. Über sechs Jahr- historischen Fotos zehnte auf den Bühnen des In- und Aus- zwei Ölbilder lands präsent gewesen zu sein, das bedarf gemalt. Sie zeigen schon großer persönlicher Anstrengun- meinen Onkel nach gen. Durch Schicksalsschläge musste die dem Auftritt in der Besetzung der Nummern mehrfach umge- Umkleide. Die stellt werden, allein das forderte die Fami- Gemälde hängen in lienmitglieder stark heraus. Dazu kamen unserem Haus und die Zeitumstände und die Wandlung des so kommen doch Publikumsgeschmacks. Also, ich zolle manchmal die meinen Vorfahren heute großen Respekt. Gedanken auf die Verwandtschaft. Bei Ist die großartige künstlerische Vergan- Familienfeiern wird genheit der Kleins heute noch Thema in auch schon mal der Familie? über die Kleins Nach so langer Zeit natürlich nicht stän- gesprochen. Der dig, schließlich liegen die letzten Auftritte Kontakt zu früheren

Rosa Klein zerlegt ihr Rad während der Fahrt in der Manege Künstlerkollegen mei- Radartistik. Das dürfte so 1956 gewesen ner Mutter ist leider sein. Da meine Mutter körperlich sehr fit abgerissen oder die war, kam sie schnell mit dem neuen Uten- Kollegen sind mittler- sil zu recht. Während der Fahrt in der weile schon verstorben. Manege wurde das Rad zerlegt bis sie nur noch auf dem Hinterrad ihre Kreise Ihre Mutter Rosa zog. Als ich in Oberhausen von einem Kemmesies, verwitwe- Auto angefahren wurde, ich glaube das te Klein, ist heute 86 war so um 1960, musste mich meine Jahre alt. Sie war noch Mutter lange Zeit gesund pflegen. Das bis Ende der Fünfziger bedeutete für sie das Ende ihrer Karriere. Jahre auf der Bühne und in der Manege Zu Beginn der Sechziger Jahre hatte aktiv? Ihre Familie dann einiges zu verkraften? Ja, das stimmt, aller- In der Tat, mein Vater starb 1960 wäh- dings kam sie erst recht rend einer Tournee in Zweibrücken unter spät auf das Rad. Mut- tragischen Umständen. Ich war in die ter stammte ebenfalls Untiefen eines Schwimmbeckens geraten aus einer Artistenfami- und er versuchte mich zu retten. Bei den lie, die am Trapez Tauchversuchen übernahm er sich und arbeitete. Mit Anfang verstarb kurze Zeit danach im Kranken- 20 erlebte sie einen haus. Zeit fürs Trauern blieb nicht, nach schweren Sturz vom der Beerdigung ging es gleich nach Spa- Seiltrapez, erlitt dabei nien zur nächsten Tournee. „The show mehrere Knochenbrü- must go on“, der Spruch trifft hier wohl che und konnte nicht in seiner ganzen Härte zu… Als die Mau- mehr an diesem Gerät er 1961 gebaut wurde, befand sich die arbeiten. Als sie dann Klein-Familie wieder mal auf Tournee, meinen Vater kennen Onkel, Tante, Mutter und ich blieben im Eine Requisite aus der Anfangszeit der Kleins: ein winziges Hochrad mit und lieben lernte, wech- Westen. Die ältere Generation der Kleins, Nackensteuerung vor einem Ölgemälde selte sie ins Fach der die schon nicht mehr auf Tournee ging,

18 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 19 Arthur Klein Familie Interview mit Arthur Klein

Interview mit Arthur Klein meiner Mutter und meines Onkels Herr Klein, Sie sind der Enkel von Heinz 50 Jahre Arthur Klein, dem Begründer der Artis- zurück. Aber ab und tengruppe „Arthur Klein Familie“. Wie zu ergeben sich stehen Sie denn heute zur Vergangen- Anknüpfungspunk- heit Ihrer Familie? te. Zum Beispiel hat In der Rückschau kann ich vor der Lei- meine künstlerisch stung meiner Familie nur den Hut ziehen tätige Frau nach und mich verneigen. Über sechs Jahr- historischen Fotos zehnte auf den Bühnen des In- und Aus- zwei Ölbilder lands präsent gewesen zu sein, das bedarf gemalt. Sie zeigen schon großer persönlicher Anstrengun- meinen Onkel nach gen. Durch Schicksalsschläge musste die dem Auftritt in der Besetzung der Nummern mehrfach umge- Umkleide. Die stellt werden, allein das forderte die Fami- Gemälde hängen in lienmitglieder stark heraus. Dazu kamen unserem Haus und die Zeitumstände und die Wandlung des so kommen doch Publikumsgeschmacks. Also, ich zolle manchmal die meinen Vorfahren heute großen Respekt. Gedanken auf die Verwandtschaft. Bei Ist die großartige künstlerische Vergan- Familienfeiern wird genheit der Kleins heute noch Thema in auch schon mal der Familie? über die Kleins Nach so langer Zeit natürlich nicht stän- gesprochen. Der dig, schließlich liegen die letzten Auftritte Kontakt zu früheren

Rosa Klein zerlegt ihr Rad während der Fahrt in der Manege Künstlerkollegen mei- Radartistik. Das dürfte so 1956 gewesen ner Mutter ist leider sein. Da meine Mutter körperlich sehr fit abgerissen oder die war, kam sie schnell mit dem neuen Uten- Kollegen sind mittler- sil zu recht. Während der Fahrt in der weile schon verstorben. Manege wurde das Rad zerlegt bis sie nur noch auf dem Hinterrad ihre Kreise Ihre Mutter Rosa zog. Als ich in Oberhausen von einem Kemmesies, verwitwe- Auto angefahren wurde, ich glaube das te Klein, ist heute 86 war so um 1960, musste mich meine Jahre alt. Sie war noch Mutter lange Zeit gesund pflegen. Das bis Ende der Fünfziger bedeutete für sie das Ende ihrer Karriere. Jahre auf der Bühne und in der Manege Zu Beginn der Sechziger Jahre hatte aktiv? Ihre Familie dann einiges zu verkraften? Ja, das stimmt, aller- In der Tat, mein Vater starb 1960 wäh- dings kam sie erst recht rend einer Tournee in Zweibrücken unter spät auf das Rad. Mut- tragischen Umständen. Ich war in die ter stammte ebenfalls Untiefen eines Schwimmbeckens geraten aus einer Artistenfami- und er versuchte mich zu retten. Bei den lie, die am Trapez Tauchversuchen übernahm er sich und arbeitete. Mit Anfang verstarb kurze Zeit danach im Kranken- 20 erlebte sie einen haus. Zeit fürs Trauern blieb nicht, nach schweren Sturz vom der Beerdigung ging es gleich nach Spa- Seiltrapez, erlitt dabei nien zur nächsten Tournee. „The show mehrere Knochenbrü- must go on“, der Spruch trifft hier wohl che und konnte nicht in seiner ganzen Härte zu… Als die Mau- mehr an diesem Gerät er 1961 gebaut wurde, befand sich die arbeiten. Als sie dann Klein-Familie wieder mal auf Tournee, meinen Vater kennen Onkel, Tante, Mutter und ich blieben im Eine Requisite aus der Anfangszeit der Kleins: ein winziges Hochrad mit und lieben lernte, wech- Westen. Die ältere Generation der Kleins, Nackensteuerung vor einem Ölgemälde selte sie ins Fach der die schon nicht mehr auf Tournee ging,

18 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 19 Interview mit Arthur Klein Wittkop & Co blieb in Groß Köris in der DDR. Onkel Irgendwie war bei mir das Zirkusblut Heinz, der letzte aktive Artist der Kleins, durchgekommen, Mutter war alles ande- Sättel, Taschen und mehr ließ sich in West-Berlin nieder. Um sein re als begeistert, dass ich in die Manege Ensemble aufrecht zu erhalten, wurden entwischt war. Diese Spinne im Netz kennt die ganze Fahrradsammlergemeinde in Deutschland, zwei bis drei Künstler im Angestellten- nämlich als Markenzeichen auf den Sätteln und Taschen der Wittkop-Werke aus Biele- verhältnis engagiert. Die Auswahl des Vornamens Arthur feld. (Abb. 1) Die seinerzeit renommierte Fabrik ist in der Fachliteratur bisher nicht machte Sie in Ihrer Jugend alles andere gewürdigt worden. Der folgende Beitrag beginnt mit einer Firmenchronik, geschrieben Haben Sie noch Erinnerungen an das als glücklich, oder? um 1959 von einem nicht genannten Verfasser. Der Text beeindruckt mit vielen bisher Familiendomizil am Roßkardtsee? Ja, mir wäre tatsächlich ein aktueller unbekannten Fakten und zeugt von einigem Insiderwissen des Schreibers, der in der Na sicher, so etwas vergisst man als Junge Name wie Tim, Peter oder Michael lieber Chefetage des Betriebs zu vermuten ist oder zumindest von dort mit den nötigen so schnell nicht. Die Kleins besaßen dort gewesen. Diese Abneigung hat sich mit Details versorgt wurde. Der Abdruck erfolgt hier im Originalwortlaut, um den mit- ein riesiges Grundstück von 50 000 m², in dem Älter werden verflogen, heute bin schwingenden Zeitgeist nicht zu verfälschen. Notwendige Erläuterungen sind von der der Mitte der See und an seinem Ufer das ich stolz auf diesen Namen. In meinem KS-Redaktion in eckigen Klammern hinzugefügt. Im Anschluss an die Chronik folgt Haus. Ich habe oft bei der Oma schöne Büro hängen ein paar gerahmte Origi- ein Interview mit Dieter Orf, dem Sohn des Wittkop-Geschäftsführer Heinrich Orf, der Ferien verbracht. Nach dem Mauerbau nal-Plakate der Arthur Klein Familie und von 1948 bis 1963 die Geschicke der Firma lenkte. Die Abbildungen sowohl zur Chro- bin ich manchmal mit meinem Onkel mancher Besucher denkt, die Namens- nik als auch im Interview hat die Redaktion zur Illustration ergänzt. von West-Berlin nach Groß Köris gefah- gleichheit wäre ein Gag. Sie sind dann ren. Ich erinnere mich noch gut an die immer ganz erstaunt, die wahren Zusam- Vorwort Alleininhaber der Firma Wittkop, am Abb. 1 Das bekannte Warenzeichen, die Kreuz- spinne im Netz, in den Firmenfarben langen Wartezeiten und nervigen Kon- menhänge zu erfahren. 2.1.1890 als kaufmännischer Lehrling ein. trollen an der Grenze. Die Chronik der Firma Wittkop soll Hier konnte er sich seine umfassenden ber zur Seite zu stellen. Dadurch kam es Gibt es in Ihrer Familie noch originale nicht geschrieben werden, ohne das Jahr Branchenkenntnisse aneignen, die bei zur Eintragung der Firma Wittkop & Wie war das denn für Sie in einer Artis- Requisiten und Erinnerungsstücke? 1817 und den badischen Forstmeister seinem Eintritt als Teilhaber in die Firma Sack in das Handelsregister. Kurze Zeit tenfamilie aufzuwachsen? Ja natürlich! Prunkstück ist der in Paris Karl v. Drais zu erwähnen. Er erfand in Wittkop dieser zu ihrem Weltruf verhel- darauf schied Herr Sack aus und die Bis zu meinem 5. Lebensjahr bin ich mit 1955 verliehene Oskar der Zirkuswelt, diesem Jahr das Laufrad, nach ihm auch fen sollten. Firma wurde am 11.5.1898 aufgelöst. Am auf Tournee gegangen. Immer auf Achse nur ein schlichter Silberbecher aber von Draisine genannt. Zwei hintereinander selben Tag wurde die Firma Wittkop & gab es jeden Monat neue Eindrücke, Ein besonderes Erinnerungsstück: Der Zirkus- großer Bedeutung; daneben gibt es noch stehende Räder waren mit einem Gestän- Gründung der Firma Wittkop Co. mit den Teilhabern Franz Wittkop Oscar präsentiert von Rosa Klein andere Städte, fremde Länder. Ich erin- zwei originale Requisiten in Form von ge verbunden, auf dem ein Sitz ange- und Fritz Luce gegründet und in das Han- nere mich heute noch, dass wir in Mar- war ich immer gut Freund, eine Scheu Miniaturfahrrädern und ein großes bracht war. Durch Laufbewegungen im Am 11. Mai 1898 wurde die Firma Witt- delsregister eingetragen. seille nicht in einem Zelt sondern in einer vor großen Tieren kam gar nicht erst auf. Scheibenrad, mit denen die Kleins in der Sitzen wurde eine schnellere Fortbewe- kop & Co. in das Handelsregister des riesigen Halle aufgetreten sind. Oder Vielleicht ein Grund, warum ich heute Manege unterwegs waren. Das explodie- gung als beim Gehen erzielt. Etwa 50 Amtsgerichts Bielefeld eingetragen. während der Nordafrika-Tournee wurde selbst ein paar Pfer- Jahre später ist aus dem „Lauf-Rad“ (Abb. 2) Gesellschafter waren die Herren in Algier von französischen Soldaten der de besitze. Bei der bereits ein „Fahr-Rad“ entstanden. Die Franz Wittkop und Fritz Luce. Am glei- Zugang kontrolliert. Ich fand das Abtas- Gelegenheit fällt mir Fortbewegung erfolgt nicht mehr durch chen Tag wurde die Firma Wittkop & ten des Körpers so lustig, dass die Grenz- eine lustige Ge- Abstoßen der Füße von der Erde, son- Sack im Handelsregister gelöscht. Diese soldaten mir gleich ein paar „Durchgän- schichte ein. Alle dern durch Übertragung der Beinkraft Firma war am 27.9.1897 in das Handelsre- ge“ zukommen ließen. Auch die Söldner Artisten stellten sich mittels Kurbel auf das Rad. Damit und gister eingetragen worden. (Abb. 3) Die hatten ihren Spaß damit – heute wäre so nach und nach in durch die folgende stürmische Weiterent- Geschäftsräume beider Firmen befanden was ja undenkbar. der Reihenfolge wicklung ist für diese segensreiche Erfin- sich in der Waldeckstraße 4 [heute Münz- dung der Weg frei zum volkstümlichen straße] auf dem Grundstück der Versand- Fortbewegungsmittel. schachtelfabrik des Herrn Fritz Luce.

Die industrielle, serienmäßige Ferti- Hier hatte in den Jahren um 1890 ein gung von Fahrrädern setzte in Deutsch- Herr August Sack einige Räume gemietet land etwa um 1880 ein. Wie auch in ande- und darin die Fertigung von Fahrradsät- ren Industriezweigen bildeten sich bald teln und Fahrradtaschen aufgezogen. Spezialfirmen für Einzelteile heraus. So Dieser Herr Sack wird als ein eifriger und Abb. 3 Die Zusammenarbeit mit dem Sattlermeis- kam es auch zur Gründung der wohl guter Handwerker geschildert, der aber ter August Sack war nur vor ganz kurzer Dauer ältesten Sattelfabrik Deutschlands, R. für die Einrichtung einer solchen Fabri- Nagel & Co. in Bielefeld. Bei dieser Firma kation nicht die nötigen Mittel zur Verfü- Die ersten Jahre trat Herr Richard Ziegler, späterer gung hatte. Er interessierte Herrn Luce für sich, der sich Recht bald nach der Gründung konnte anfangs durch Dar- die Firma aus den Kinderschuhen heraus- lehnshergabe betei- wachsen. Schon um die Jahrhundertwen- ligte. Diese Darle- de stand die Firma Wittkop in bestem Ruf Dieses Rad trug Arthur Klein viele Jahre über die Varietébühnen hen erreichten mit für Qualitätserzeugnisse. Der Kreis der der Zeit eine derar- Abnehmer war inzwischen so groß ihrer Auftritte in rende Motorrad, von dem ich die Patent- tige Höhe, dass Herr geworden, dass die Räume in der Wal- einem Vorraum zur urkunde besitze, existiert leider nicht Luce sich veranlasst deckstraße nicht mehr ausreichten. Als Manege auf. Vor mehr. Weiter habe ich viele Fotos und ein sah, zur Sicherstel- Zwischenlösung wurde auf dem Gelände dem Auftritt meiner paar Plakate verwahrt. lung seines Gel- der „Neuen Dampfmühle“ in der Herfor- Arthur Klein mit seinem Junior Arthur, um 1955 Mutter gab es unerwarteten Spektakel in des dem in kauf- der Straße 61 ein Gebäude mit Erd- und Freundschaften ergaben sich mit den der Manege. Meine Mutter lugte durch Herr Klein, vielen Dank für die persön- männischen Dingen Obergeschoss gemietet. Der Betrieb Kindern anderer Künstler und mit den einen Vorhangspalt und was sah sie: Ihr lichen Einblicke in das Artistenleben sehr unbewanderten wurde im Erdgeschoss untergebracht und Mitarbeitern der Zirkusse. Die ganze Jüngster produzierte sich im Zirkusrund Ihrer Familie. Abb. 2 Franz Wittkop holte sich als Kompagnon seinen Schwager Fritz Luce – Herrn Sack seinen das Büro befand sich im Obergeschoss, Mannschaft war ja sowieso wie eine mit einigen misslungenen Handständen dieser Neustart wurde durch einen Lotteriegewinn von 100 000 (!) Mark be- Schwager, Franz das nur durch eine außerhalb des Gebäu- große Familie. Auch mit den Zirkustieren und freute sich über den tosenden Beifall. Alle Bilder: Sammlung Arthur Klein günstigt. Wittkop, als Teilha- des angebrachte Treppe zu erreichen war.

20 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 21 Interview mit Arthur Klein Wittkop & Co blieb in Groß Köris in der DDR. Onkel Irgendwie war bei mir das Zirkusblut Heinz, der letzte aktive Artist der Kleins, durchgekommen, Mutter war alles ande- Sättel, Taschen und mehr ließ sich in West-Berlin nieder. Um sein re als begeistert, dass ich in die Manege Ensemble aufrecht zu erhalten, wurden entwischt war. Diese Spinne im Netz kennt die ganze Fahrradsammlergemeinde in Deutschland, zwei bis drei Künstler im Angestellten- nämlich als Markenzeichen auf den Sätteln und Taschen der Wittkop-Werke aus Biele- verhältnis engagiert. Die Auswahl des Vornamens Arthur feld. (Abb. 1) Die seinerzeit renommierte Fabrik ist in der Fachliteratur bisher nicht machte Sie in Ihrer Jugend alles andere gewürdigt worden. Der folgende Beitrag beginnt mit einer Firmenchronik, geschrieben Haben Sie noch Erinnerungen an das als glücklich, oder? um 1959 von einem nicht genannten Verfasser. Der Text beeindruckt mit vielen bisher Familiendomizil am Roßkardtsee? Ja, mir wäre tatsächlich ein aktueller unbekannten Fakten und zeugt von einigem Insiderwissen des Schreibers, der in der Na sicher, so etwas vergisst man als Junge Name wie Tim, Peter oder Michael lieber Chefetage des Betriebs zu vermuten ist oder zumindest von dort mit den nötigen so schnell nicht. Die Kleins besaßen dort gewesen. Diese Abneigung hat sich mit Details versorgt wurde. Der Abdruck erfolgt hier im Originalwortlaut, um den mit- ein riesiges Grundstück von 50 000 m², in dem Älter werden verflogen, heute bin schwingenden Zeitgeist nicht zu verfälschen. Notwendige Erläuterungen sind von der der Mitte der See und an seinem Ufer das ich stolz auf diesen Namen. In meinem KS-Redaktion in eckigen Klammern hinzugefügt. Im Anschluss an die Chronik folgt Haus. Ich habe oft bei der Oma schöne Büro hängen ein paar gerahmte Origi- ein Interview mit Dieter Orf, dem Sohn des Wittkop-Geschäftsführer Heinrich Orf, der Ferien verbracht. Nach dem Mauerbau nal-Plakate der Arthur Klein Familie und von 1948 bis 1963 die Geschicke der Firma lenkte. Die Abbildungen sowohl zur Chro- bin ich manchmal mit meinem Onkel mancher Besucher denkt, die Namens- nik als auch im Interview hat die Redaktion zur Illustration ergänzt. von West-Berlin nach Groß Köris gefah- gleichheit wäre ein Gag. Sie sind dann ren. Ich erinnere mich noch gut an die immer ganz erstaunt, die wahren Zusam- Vorwort Alleininhaber der Firma Wittkop, am Abb. 1 Das bekannte Warenzeichen, die Kreuz- spinne im Netz, in den Firmenfarben langen Wartezeiten und nervigen Kon- menhänge zu erfahren. 2.1.1890 als kaufmännischer Lehrling ein. trollen an der Grenze. Die Chronik der Firma Wittkop soll Hier konnte er sich seine umfassenden ber zur Seite zu stellen. Dadurch kam es Gibt es in Ihrer Familie noch originale nicht geschrieben werden, ohne das Jahr Branchenkenntnisse aneignen, die bei zur Eintragung der Firma Wittkop & Wie war das denn für Sie in einer Artis- Requisiten und Erinnerungsstücke? 1817 und den badischen Forstmeister seinem Eintritt als Teilhaber in die Firma Sack in das Handelsregister. Kurze Zeit tenfamilie aufzuwachsen? Ja natürlich! Prunkstück ist der in Paris Karl v. Drais zu erwähnen. Er erfand in Wittkop dieser zu ihrem Weltruf verhel- darauf schied Herr Sack aus und die Bis zu meinem 5. Lebensjahr bin ich mit 1955 verliehene Oskar der Zirkuswelt, diesem Jahr das Laufrad, nach ihm auch fen sollten. Firma wurde am 11.5.1898 aufgelöst. Am auf Tournee gegangen. Immer auf Achse nur ein schlichter Silberbecher aber von Draisine genannt. Zwei hintereinander selben Tag wurde die Firma Wittkop & gab es jeden Monat neue Eindrücke, Ein besonderes Erinnerungsstück: Der Zirkus- großer Bedeutung; daneben gibt es noch stehende Räder waren mit einem Gestän- Gründung der Firma Wittkop Co. mit den Teilhabern Franz Wittkop Oscar präsentiert von Rosa Klein andere Städte, fremde Länder. Ich erin- zwei originale Requisiten in Form von ge verbunden, auf dem ein Sitz ange- und Fritz Luce gegründet und in das Han- nere mich heute noch, dass wir in Mar- war ich immer gut Freund, eine Scheu Miniaturfahrrädern und ein großes bracht war. Durch Laufbewegungen im Am 11. Mai 1898 wurde die Firma Witt- delsregister eingetragen. seille nicht in einem Zelt sondern in einer vor großen Tieren kam gar nicht erst auf. Scheibenrad, mit denen die Kleins in der Sitzen wurde eine schnellere Fortbewe- kop & Co. in das Handelsregister des riesigen Halle aufgetreten sind. Oder Vielleicht ein Grund, warum ich heute Manege unterwegs waren. Das explodie- gung als beim Gehen erzielt. Etwa 50 Amtsgerichts Bielefeld eingetragen. während der Nordafrika-Tournee wurde selbst ein paar Pfer- Jahre später ist aus dem „Lauf-Rad“ (Abb. 2) Gesellschafter waren die Herren in Algier von französischen Soldaten der de besitze. Bei der bereits ein „Fahr-Rad“ entstanden. Die Franz Wittkop und Fritz Luce. Am glei- Zugang kontrolliert. Ich fand das Abtas- Gelegenheit fällt mir Fortbewegung erfolgt nicht mehr durch chen Tag wurde die Firma Wittkop & ten des Körpers so lustig, dass die Grenz- eine lustige Ge- Abstoßen der Füße von der Erde, son- Sack im Handelsregister gelöscht. Diese soldaten mir gleich ein paar „Durchgän- schichte ein. Alle dern durch Übertragung der Beinkraft Firma war am 27.9.1897 in das Handelsre- ge“ zukommen ließen. Auch die Söldner Artisten stellten sich mittels Kurbel auf das Rad. Damit und gister eingetragen worden. (Abb. 3) Die hatten ihren Spaß damit – heute wäre so nach und nach in durch die folgende stürmische Weiterent- Geschäftsräume beider Firmen befanden was ja undenkbar. der Reihenfolge wicklung ist für diese segensreiche Erfin- sich in der Waldeckstraße 4 [heute Münz- dung der Weg frei zum volkstümlichen straße] auf dem Grundstück der Versand- Fortbewegungsmittel. schachtelfabrik des Herrn Fritz Luce.

Die industrielle, serienmäßige Ferti- Hier hatte in den Jahren um 1890 ein gung von Fahrrädern setzte in Deutsch- Herr August Sack einige Räume gemietet land etwa um 1880 ein. Wie auch in ande- und darin die Fertigung von Fahrradsät- ren Industriezweigen bildeten sich bald teln und Fahrradtaschen aufgezogen. Spezialfirmen für Einzelteile heraus. So Dieser Herr Sack wird als ein eifriger und Abb. 3 Die Zusammenarbeit mit dem Sattlermeis- kam es auch zur Gründung der wohl guter Handwerker geschildert, der aber ter August Sack war nur vor ganz kurzer Dauer ältesten Sattelfabrik Deutschlands, R. für die Einrichtung einer solchen Fabri- Nagel & Co. in Bielefeld. Bei dieser Firma kation nicht die nötigen Mittel zur Verfü- Die ersten Jahre trat Herr Richard Ziegler, späterer gung hatte. Er interessierte Herrn Luce für sich, der sich Recht bald nach der Gründung konnte anfangs durch Dar- die Firma aus den Kinderschuhen heraus- lehnshergabe betei- wachsen. Schon um die Jahrhundertwen- ligte. Diese Darle- de stand die Firma Wittkop in bestem Ruf Dieses Rad trug Arthur Klein viele Jahre über die Varietébühnen hen erreichten mit für Qualitätserzeugnisse. Der Kreis der der Zeit eine derar- Abnehmer war inzwischen so groß ihrer Auftritte in rende Motorrad, von dem ich die Patent- tige Höhe, dass Herr geworden, dass die Räume in der Wal- einem Vorraum zur urkunde besitze, existiert leider nicht Luce sich veranlasst deckstraße nicht mehr ausreichten. Als Manege auf. Vor mehr. Weiter habe ich viele Fotos und ein sah, zur Sicherstel- Zwischenlösung wurde auf dem Gelände dem Auftritt meiner paar Plakate verwahrt. lung seines Gel- der „Neuen Dampfmühle“ in der Herfor- Arthur Klein mit seinem Junior Arthur, um 1955 Mutter gab es unerwarteten Spektakel in des dem in kauf- der Straße 61 ein Gebäude mit Erd- und Freundschaften ergaben sich mit den der Manege. Meine Mutter lugte durch Herr Klein, vielen Dank für die persön- männischen Dingen Obergeschoss gemietet. Der Betrieb Kindern anderer Künstler und mit den einen Vorhangspalt und was sah sie: Ihr lichen Einblicke in das Artistenleben sehr unbewanderten wurde im Erdgeschoss untergebracht und Mitarbeitern der Zirkusse. Die ganze Jüngster produzierte sich im Zirkusrund Ihrer Familie. Abb. 2 Franz Wittkop holte sich als Kompagnon seinen Schwager Fritz Luce – Herrn Sack seinen das Büro befand sich im Obergeschoss, Mannschaft war ja sowieso wie eine mit einigen misslungenen Handständen dieser Neustart wurde durch einen Lotteriegewinn von 100 000 (!) Mark be- Schwager, Franz das nur durch eine außerhalb des Gebäu- große Familie. Auch mit den Zirkustieren und freute sich über den tosenden Beifall. Alle Bilder: Sammlung Arthur Klein günstigt. Wittkop, als Teilha- des angebrachte Treppe zu erreichen war.

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Es war also alles noch behelfsmäßig und Seine besondere Aufmerksamkeit Herforder Straße wurde im Januar 1905 die Firma Wittkop sofort zu spüren. Der die Planungen für eine eigene Fabrik auf widmete Herr Ziegler auch der Auswei- fertig. Gleichzeitig erstand in der Mitte Export, der bei Kriegsbeginn etwa ein eigenem Gelände liefen schon. tung der Produktion durch Aufnahme der dieses Winkels der Pferdestall mit Kut- Drittel der Gesamtproduktion ausmach- Fertigung neuer Artikel. So wurde im scherwohnung. te, kam sofort zum Erliegen. Aber auch Entwicklung 1902 - 1914 Jahre 1905 auf sein Betreiben hin die der Inlandsbedarf an Sätteln konnte nicht Fertigung von Schmutzfängern für Fahr- Im Jahre 1911 reichten die bis zu die- mehr befriedigt werden, da die vorhande- Während die Firma in den ersten Jah- räder, Ledergamaschen und Schulranzen sem Zeitpunkt errichteten Baulichkeiten nen Rohstoffe größtenteils nur für ren mehr oder weniger als Anhängsel der aufgenommen. Ein Herr Meier wurde als wieder nicht mehr für die ständig steigen- Kriegszwecke freigegeben wurden. Versandschachtelfabrik von Herrn Luce Reisender für diese Artikel eingestellt. de Produktion aus. Ein weiterer Flügel mitlief, wurde dieser Zustand, insbeson- Bald darauf ging auch noch ein junger mit Stirnseite zum Lehmstich wurde In dieser Situation erwies sich die 1905 dere durch die Verlegung aus der Wal- Angestellter, Herr Heinrich Becker, gebaut. Damit war der gesamte hintere aufgezogene Lederwaren-Abteilung von deckstraße, untragbar. Die Herren Luce zusätzlich mit auf die Reise. Diesem Grundstücksteil U-förmig mit Öffnung großem Wert und sie erlebte in den und Wittkop waren in der Versand- Herrn Becker, der noch im Jahre 1958 mit zum Lehmstich bebaut. Die noch freie, Kriegsjahren sogar noch einen besonde- schachtelfabrik voll in Anspruch genom- über 70 Jahren für die 1927 als Tochterfir- zur Herforder Straße gelegene Grund- ren Aufschwung. (Abb. 6) Den Bemühun- men. Es musste daher eine Persönlichkeit gen der Geschäftsleitung war es gelun- gesucht werden, die befähigt und in der gen, sich in die Heereslieferungen für Lage war, die Leitung der Sattelfabrik zu Tornister, Koppel und Patronentaschen Abb. 7 Nach dem Ersten Weltkrieg gab die Fabrik nicht nur auf dem Briefkopf ein gutes Bild ab übernehmen. Im Frühjahr 1902 kam es zu usw. einzuschalten. Damit waren die Verhandlungen mit Herrn Richard Zieg- Arbeitsplätze des nicht zum Wehrdienst und ein neuer Aufschwung setzte ein. errichtet und damit das Bauprogramm ler, der inzwischen bei der Sattelfabrik R. eingezogenen Teiles der Belegschaft (Abb. 7) vorläufig abgeschlossen. Neben der Pro- Nagel & Co. als Prokurist eine leitende gesichert und der Betrieb konnte, wenn duktion von Sätteln, Taschen und Leder- Stellung innehatte. (Abb. 4) Es zeugt für auch im kleinen Rahmen, weiterlaufen. Bis zum Jahre 1921 war auf dem waren war inzwischen die Fertigung von das Vertrauen, welches ihm die derzeiti- Grundstück Herfor- gen Inhaber der Firma Wittkop entgegen der Straße auch brachten, dass man ihm die Teilhaber- noch ein Teil der schaft anbot. So trat Herr Ziegler am Versandschachtel- 1.10.1902 als Prokurist in die Firma ein fabrik von Herrn und wurde am 19.2.1904 als Teilhaber in Luce untergebracht. das Handelsregister eingetragen. Ein sich Im Jahre 1921 wurde diese ins Johannistal [in die Gebäude der alten Weberei von Piderit] verlegt. Damit stand das gesamte Gelände und die Baulichkei- ten an der Herforder Abb. 8 Schon vor der Ausgliederung der Lederwa- Straße der Firma renfabrikation wurde der Markenname WIKO Abb. 6 Mit der Produktion von Sportartikeln schuf sich Wittkop ein weiteres Wittkop zur Verfü- verwendet Standbein – eine gute Voraussetzung für spätere Heereslieferungen gung. Die stürmi- sche Entwicklung Zwischen zwei Weltkriegen 1918 – 1939 der Firma in den Jahren nach der Wäh- Abb. 5 Erst der Neubau an der Herforder Straße gab Platz für notwendige Erweiterungen rungsreform 1924 erforderte wieder Der verlorene Krieg hinterließ in Maßnahmen zur Erweiterung der Pro- ma gegründete „WIKO“ reiste, ist es mit stücksfläche blieb noch lange Zeit nach Deutschland ein ausgehungertes Volk, duktionsstätten. 1926 wurde der Ostflü- zu verdanken, dass die Chronik über die dem drei Jahre später beginnenden eine schwer um ihre Existenz ringende gel bis an die Herforder Straße in 3- erste Entwicklung der Firma Wittkop Ersten Weltkrieg unbebaut. Wirtschaft und eine unermessliche Höhe geschossiger Bauweise herangezogen. einiges aussagen kann. Auch ein weiterer von Reparationsschulden. Die Kaufkraft Hier wurden Sattlerei und Näherei in den alter Mitstreiter, Herr Friedrich Wester- Der Erste Weltkrieg 1914 – 1918 der Deutschen Mark sank während der Obergeschossen untergebracht. Die welle, soll in diesem Zusammenhang erst langsam und dann immer schneller Lederwaren-Abteilung wurde vorüber- Abb. 4 Richard Ziegler kam zu Wittkop vom Kon- kurrenten R. Nagel & Co., weil ihm dort eine Ge- nicht unerwähnt bleiben. Von 1904 bis Die Schüsse von Sarajewo am 28. Juni einsetzenden Inflation bis auf 4,2 Billion gehend in gemietete Räume in der Thee- haltserhöhung versagt wurde 1958, also 54 Jahre, hat er der Firma treu 1914, denen das österreichische Thronfol- für einen US-Dollar. Der Geldwert der sener Straße [heute Johanniswerkstraße] gedient, zuletzt als Werkmeister in der gerpaar zum Opfer fiel, waren das Fanal Ware, die das Werk verließ, deckte bei der verlegt. 1927 konnte sie unter der Firma über 45 Jahre erstreckendes Aufbauwerk Lederdecken-Abteilung. Ihm verdanken zur Schicksalswende für das deutsche Bezahlung durch den Kunden nur noch „WIKO – Lederwaren-Fabrikation hatte damit für diesen unermüdlich und wir ebenfalls wertvolle Hinweise auf die Volk. Durch einen Beistandspakt gebun- einen Bruchteil der Rohstoffkosten. In mbH.“ in eigene Räume [aufgegeben von rastlos schaffenden, späteren Alleininha- Gründungszeit der Firma. den stand es in dem nun beginnenden dieser Zeit konnte Herr Ziegler die der Plüschfabrik Meyer & Sternberg an ber begonnen. Während Herr Wittkop mörderischen Ringen der Mächte an der Früchte seiner Bemühungen um die Aus- der heutigen Braker Straße] in Brake seine Reisen für die Versandschachtel- Im Jahre 1904 konnten die ersten eige- Seite des österreichischen Brudervolks. landsmärkte ernten. Die unterbrochenen verlegt werden. (Abb. 8) fabrik mit Besuchen der Inlandskunden nen Fabrikräume auf dem Herrn Luce Durch die von den Kriegsgegnern ver- Geschäftsverbindungen konnten auf von Wittkop verband, war Herrn Ziegler gehörenden Gelände Herforder Straße hängte Blockade waren sowohl der Grund des guten Namens der Firma Witt- Trotz dieser ständigen Raumnot wur- das Auslandsgeschäft sehr am Herzen 155 a bezogen werden. Der Grundstein Export als auch die dringend benötigten kop in aller Welt bald wieder hergestellt den auch die Sozialeinrichtungen nicht gelegen. Er reiste oft ins Ausland, um für das erste Gebäude wurde im März Rohstoff- und Nahrungsmitteleinfuhren werden. Dadurch standen der Firma in vergessen. (Abb. 9) Eine Garderobe, ein Beziehungen anzuknüpfen und zu vertie- 1904 gelegt. Dieser Bau wurde im abgeschnitten. dieser turbulenten Zeit durch den Export Waschraum und ein Speisesaal wurden fen. Damit konnte er den Grundstock November 1904 fertig. (Abb. 5) Es war wertbeständige Devisen zur Verfügung eingerichtet. Im Jahre 1929 wurde auf der legen für die weltweite Bedeutung, die der am Bahndamm gelegene Flügel. Der Die personellen und wirtschaftlichen und so konnten die Auswirkungen des noch unbebauten Fläche an der Herfor- Abb. 9 Auch Betriebsausflüge wie hier 1928 zur sich die Firma im Laufe der Jahre erwarb. anschließende Flügel mit Stirnseite zur Auswirkungen des Krieges bekam auch Krieges recht bald überwunden werden der Straße die Stanzerei eingeschossig Porta Westfalica förderten den Zusammenhalt

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Es war also alles noch behelfsmäßig und Seine besondere Aufmerksamkeit Herforder Straße wurde im Januar 1905 die Firma Wittkop sofort zu spüren. Der die Planungen für eine eigene Fabrik auf widmete Herr Ziegler auch der Auswei- fertig. Gleichzeitig erstand in der Mitte Export, der bei Kriegsbeginn etwa ein eigenem Gelände liefen schon. tung der Produktion durch Aufnahme der dieses Winkels der Pferdestall mit Kut- Drittel der Gesamtproduktion ausmach- Fertigung neuer Artikel. So wurde im scherwohnung. te, kam sofort zum Erliegen. Aber auch Entwicklung 1902 - 1914 Jahre 1905 auf sein Betreiben hin die der Inlandsbedarf an Sätteln konnte nicht Fertigung von Schmutzfängern für Fahr- Im Jahre 1911 reichten die bis zu die- mehr befriedigt werden, da die vorhande- Während die Firma in den ersten Jah- räder, Ledergamaschen und Schulranzen sem Zeitpunkt errichteten Baulichkeiten nen Rohstoffe größtenteils nur für ren mehr oder weniger als Anhängsel der aufgenommen. Ein Herr Meier wurde als wieder nicht mehr für die ständig steigen- Kriegszwecke freigegeben wurden. Versandschachtelfabrik von Herrn Luce Reisender für diese Artikel eingestellt. de Produktion aus. Ein weiterer Flügel mitlief, wurde dieser Zustand, insbeson- Bald darauf ging auch noch ein junger mit Stirnseite zum Lehmstich wurde In dieser Situation erwies sich die 1905 dere durch die Verlegung aus der Wal- Angestellter, Herr Heinrich Becker, gebaut. Damit war der gesamte hintere aufgezogene Lederwaren-Abteilung von deckstraße, untragbar. Die Herren Luce zusätzlich mit auf die Reise. Diesem Grundstücksteil U-förmig mit Öffnung großem Wert und sie erlebte in den und Wittkop waren in der Versand- Herrn Becker, der noch im Jahre 1958 mit zum Lehmstich bebaut. Die noch freie, Kriegsjahren sogar noch einen besonde- schachtelfabrik voll in Anspruch genom- über 70 Jahren für die 1927 als Tochterfir- zur Herforder Straße gelegene Grund- ren Aufschwung. (Abb. 6) Den Bemühun- men. Es musste daher eine Persönlichkeit gen der Geschäftsleitung war es gelun- gesucht werden, die befähigt und in der gen, sich in die Heereslieferungen für Lage war, die Leitung der Sattelfabrik zu Tornister, Koppel und Patronentaschen Abb. 7 Nach dem Ersten Weltkrieg gab die Fabrik nicht nur auf dem Briefkopf ein gutes Bild ab übernehmen. Im Frühjahr 1902 kam es zu usw. einzuschalten. Damit waren die Verhandlungen mit Herrn Richard Zieg- Arbeitsplätze des nicht zum Wehrdienst und ein neuer Aufschwung setzte ein. errichtet und damit das Bauprogramm ler, der inzwischen bei der Sattelfabrik R. eingezogenen Teiles der Belegschaft (Abb. 7) vorläufig abgeschlossen. Neben der Pro- Nagel & Co. als Prokurist eine leitende gesichert und der Betrieb konnte, wenn duktion von Sätteln, Taschen und Leder- Stellung innehatte. (Abb. 4) Es zeugt für auch im kleinen Rahmen, weiterlaufen. Bis zum Jahre 1921 war auf dem waren war inzwischen die Fertigung von das Vertrauen, welches ihm die derzeiti- Grundstück Herfor- gen Inhaber der Firma Wittkop entgegen der Straße auch brachten, dass man ihm die Teilhaber- noch ein Teil der schaft anbot. So trat Herr Ziegler am Versandschachtel- 1.10.1902 als Prokurist in die Firma ein fabrik von Herrn und wurde am 19.2.1904 als Teilhaber in Luce untergebracht. das Handelsregister eingetragen. Ein sich Im Jahre 1921 wurde diese ins Johannistal [in die Gebäude der alten Weberei von Piderit] verlegt. Damit stand das gesamte Gelände und die Baulichkei- ten an der Herforder Abb. 8 Schon vor der Ausgliederung der Lederwa- Straße der Firma renfabrikation wurde der Markenname WIKO Abb. 6 Mit der Produktion von Sportartikeln schuf sich Wittkop ein weiteres Wittkop zur Verfü- verwendet Standbein – eine gute Voraussetzung für spätere Heereslieferungen gung. Die stürmi- sche Entwicklung Zwischen zwei Weltkriegen 1918 – 1939 der Firma in den Jahren nach der Wäh- Abb. 5 Erst der Neubau an der Herforder Straße gab Platz für notwendige Erweiterungen rungsreform 1924 erforderte wieder Der verlorene Krieg hinterließ in Maßnahmen zur Erweiterung der Pro- ma gegründete „WIKO“ reiste, ist es mit stücksfläche blieb noch lange Zeit nach Deutschland ein ausgehungertes Volk, duktionsstätten. 1926 wurde der Ostflü- zu verdanken, dass die Chronik über die dem drei Jahre später beginnenden eine schwer um ihre Existenz ringende gel bis an die Herforder Straße in 3- erste Entwicklung der Firma Wittkop Ersten Weltkrieg unbebaut. Wirtschaft und eine unermessliche Höhe geschossiger Bauweise herangezogen. einiges aussagen kann. Auch ein weiterer von Reparationsschulden. Die Kaufkraft Hier wurden Sattlerei und Näherei in den alter Mitstreiter, Herr Friedrich Wester- Der Erste Weltkrieg 1914 – 1918 der Deutschen Mark sank während der Obergeschossen untergebracht. Die welle, soll in diesem Zusammenhang erst langsam und dann immer schneller Lederwaren-Abteilung wurde vorüber- Abb. 4 Richard Ziegler kam zu Wittkop vom Kon- kurrenten R. Nagel & Co., weil ihm dort eine Ge- nicht unerwähnt bleiben. Von 1904 bis Die Schüsse von Sarajewo am 28. Juni einsetzenden Inflation bis auf 4,2 Billion gehend in gemietete Räume in der Thee- haltserhöhung versagt wurde 1958, also 54 Jahre, hat er der Firma treu 1914, denen das österreichische Thronfol- für einen US-Dollar. Der Geldwert der sener Straße [heute Johanniswerkstraße] gedient, zuletzt als Werkmeister in der gerpaar zum Opfer fiel, waren das Fanal Ware, die das Werk verließ, deckte bei der verlegt. 1927 konnte sie unter der Firma über 45 Jahre erstreckendes Aufbauwerk Lederdecken-Abteilung. Ihm verdanken zur Schicksalswende für das deutsche Bezahlung durch den Kunden nur noch „WIKO – Lederwaren-Fabrikation hatte damit für diesen unermüdlich und wir ebenfalls wertvolle Hinweise auf die Volk. Durch einen Beistandspakt gebun- einen Bruchteil der Rohstoffkosten. In mbH.“ in eigene Räume [aufgegeben von rastlos schaffenden, späteren Alleininha- Gründungszeit der Firma. den stand es in dem nun beginnenden dieser Zeit konnte Herr Ziegler die der Plüschfabrik Meyer & Sternberg an ber begonnen. Während Herr Wittkop mörderischen Ringen der Mächte an der Früchte seiner Bemühungen um die Aus- der heutigen Braker Straße] in Brake seine Reisen für die Versandschachtel- Im Jahre 1904 konnten die ersten eige- Seite des österreichischen Brudervolks. landsmärkte ernten. Die unterbrochenen verlegt werden. (Abb. 8) fabrik mit Besuchen der Inlandskunden nen Fabrikräume auf dem Herrn Luce Durch die von den Kriegsgegnern ver- Geschäftsverbindungen konnten auf von Wittkop verband, war Herrn Ziegler gehörenden Gelände Herforder Straße hängte Blockade waren sowohl der Grund des guten Namens der Firma Witt- Trotz dieser ständigen Raumnot wur- das Auslandsgeschäft sehr am Herzen 155 a bezogen werden. Der Grundstein Export als auch die dringend benötigten kop in aller Welt bald wieder hergestellt den auch die Sozialeinrichtungen nicht gelegen. Er reiste oft ins Ausland, um für das erste Gebäude wurde im März Rohstoff- und Nahrungsmitteleinfuhren werden. Dadurch standen der Firma in vergessen. (Abb. 9) Eine Garderobe, ein Beziehungen anzuknüpfen und zu vertie- 1904 gelegt. Dieser Bau wurde im abgeschnitten. dieser turbulenten Zeit durch den Export Waschraum und ein Speisesaal wurden fen. Damit konnte er den Grundstock November 1904 fertig. (Abb. 5) Es war wertbeständige Devisen zur Verfügung eingerichtet. Im Jahre 1929 wurde auf der legen für die weltweite Bedeutung, die der am Bahndamm gelegene Flügel. Der Die personellen und wirtschaftlichen und so konnten die Auswirkungen des noch unbebauten Fläche an der Herfor- Abb. 9 Auch Betriebsausflüge wie hier 1928 zur sich die Firma im Laufe der Jahre erwarb. anschließende Flügel mit Stirnseite zur Auswirkungen des Krieges bekam auch Krieges recht bald überwunden werden der Straße die Stanzerei eingeschossig Porta Westfalica förderten den Zusammenhalt

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Kinderrollern aufgenommen worden. von über 40 Jahren der Pioniere von Witt- hältnis 1:1 umgestellt wurde, mag man sche Geld war international als Währung (Urk.-Rolle Nr. 288/53 des Notars Hans Unter dem Namen Wipp!-Roller brachte kop ein Opfer des Bombenkrieges. 1943 ermessen, welche Anstrengungen erfor- nicht mehr anerkannt und hatte auch im Vogt) auf die Erben von Frau Margarete Wittkop einen neuen Rollertyp, bei dem bis 1944 wurde das Werk bei mehreren derlich waren, um eine solche Belastung Inland seinen Wert als Tauschmittel ver- Kaselowsky, der verstorbenen Tochter das Kind eine auf dem Rollerbrett Luftangriffen zu ca. 70 % zerstört. Schon neben dem Wiederaufbau des Werkes loren. von Herrn Richard Ziegler über. Die befindliche Wippe betätigte, die mittels bald nach Kriegsbeginn waren in Borg- abzutragen. Tochterfirma „Wittkop Schweiz“ wurde einer Zahnstange das Hinterrad des Rol- holzhausen vorsorglich Räume in einer Der neue Aufschwung setzte erst am an die Familie Reinecke, die dieses lers antrieb [Patent siehe unter Depatis- leerstehenden Fabrik gemietet und Teile Entwicklung ab 1945 21.6.1948 mit der von den Besatzungs- Geschäftsvermögen bis dahin verwaltet net Nr. 601 101]. Später wurden auch der [Leder-] Deckenfertigung nach dort mächten durchgeführten Währungsre- hatte, verkauft. Laufroller in verschiedenen Größen mit verlagert worden. Nach der Ausbombung Der 8. Mai 1945 brachte den Abschluss form ein. Alle Geldforderungen Deut- aufgenommen. Diese Roller-Abteilung stellte ein alter Geschäftsfreund und des Zweiten Weltkrieges. Zu Geschäftsführern der war hauptsächlich als Ausgleich für die Drahtlieferant, Herr Hahn der Fa. Hahn Deutschland war ein Trümmer- neu gegründeten Firma Witt- Wintersaison gedacht, in der das Sattelge- & Co., uns Räume in seiner Fabrik in feld, von den Siegern besetzt kop & Co. GmbH wurden Frau schäft allgemein stark zurückging. Diese Lemgo zur Verfügung. So konnte die und hatte, ohne eigene Regie- Marianne König und Herr Funktion hat sie lange Jahre hindurch gut Produktion, wenn auch mit großen rung, zu existieren aufgehört. Heinrich Orf bestellt. Damit erfüllt. Auch die Produktion eines Heim- Schwierigkeiten, trotz der Zerstörungen Nach Abtrennung von Gebie- steht an der Spitze des Unter- Sportgerätes wurde zu diesem Zweck in bescheidenem Maße aufrechterhalten ten, die angrenzende Länder nehmens wieder ein Mann, aufgenommen. Diese Fertigung hat aber werden. für sich beanspruchten, wurde dessen Name in der gesamten nie große Bedeutung gehabt und schlief der Rest aufgeteilt in vier Zweiradwirtschaft ein Begriff bald wieder ein. Im Jahre 1941 schied Herr Fritz Luce in Besatzungszonen, die Engli- ist. Im Jahre 1925 als kleiner hohem Alter als persönlich haftender sche, die Amerikanische, die Angestellter bei Wittkop einge- Abb. 11 Das Deckblatt einer Prospektmappe aus Gesellschafter aus. Seinen Geschäftsan- Französische und die Russische treten, wurde er bald deren den 1930er Jahren teil ließ er in der Firma als stille Einlage Zone. In diesen Zonen wurde Reisedirektor. Ein ausgespro- stehen. Der Vertrag hierüber wurde am die Regierungsgewalt jeweils chenes Verkaufstalent, verbun- Wittkop. Die Erben wurden abgefunden 7.5.1941 unter der Nr. 141 in die Urkun- von der Besatzungsmacht aus- den mit einer robusten Frohna- und die Herren Fritz Luce und Richard denrolle des Notars Dr. jur. Otto Cramer geübt. Jegliche wirtschaftliche tur, wurde er Herrn Ziegler in Ziegler waren jetzt alleinige Inhaber. Das zu Bielefeld eingetragen. Herr Richard Betätigung war von der Geneh- den langen Jahren der Zusam- Unternehmen gehörte damals schon zu Ziegler war nun einziger, persönlich haf- migung der Besatzungsmächte menarbeit eine wertvolle Stüt- den bedeutendsten der Zweirad- tender Gesellschafter. Am 7.12.1944 abhängig, wie auch die Zutei- ze. Durch seine Verkaufserfol- Teileindustrie. Wittkop-Fabrikate sind in starb Herr Luce und damit war vertrag- lung von Rohstoffen. Millionen ge hatte er einen wesentlichen aller Welt ein Qualitätsbegriff. lich die stille Gesellschaft aufgehoben. von Deutschen waren auf den Anteil an der Entwicklung der (Abb. 12) Der Geschäftsanteil musste Schlachtfeldern des Krieges Firma. (Abb. 14) Der 2. Weltkrieg 1939 – 1945 nach dem derzeitigen Stande in Raten geblieben oder befanden sich in zuzüglich Zinsen an die Erben ausgezahlt Gefangenschaft. Und doch Auch die Einführung des Österreich war inzwischen Bestandteil werden. Das wurde bis zum Jahre 1952 regte sich, was kaum ein Wipp-Rollers ist eng mit sei- des Deutschen Reiches geworden. geschafft. Wenn man bedenkt, dass die Mensch geglaubt hatte, der nem Namen verbunden. (Abb. Deutschland stand in diesem Krieg allein ansehnliche Restschuld am 20.6.1948, Lebenswille dieses Volkes trotz Abb. 13 Titel der eher bescheiden ausgefallenen Jubiläumsfestschrift 1948 15) So war es kein Zufall, dass Abb. 10 Ein aus Sattelstützen geformter Schriftzug mit dem verbündeten Italien, dem sich dem Tage der Währungsreform im Ver- unsagbarer Entbehrungen bald ihm 1947 die Leitung des ver- als Blickfang – auch eine Novität später Japan zuge- wieder. scher in deutscher Währung wurden um waisten Unternehmens anvertraut wur- sellte, einer ganzen 90 % abgewertet und alles private Ver- de. Ihm und seinen treuen Mitarbeitern Der lebhafte Aufschwung auf dem Welt gegenüber. Das Auch bei Wittkop stellten sich bald mögen wurde mit einer Lastenausgleichs- ist es zu verdanken, dass das schwierige Motorradsektor in den Jahren nach dem brachte für die deut- wieder die ersten Getreuen ein, um den abgabe von 50 % seines Wertes belastet. Ersten Weltkrieg gab dem Schaffensgeist sche Industrie wie- Aufbau in Angriff zu nehmen. Aber wie Dieser Aderlass des Deutschen Volkes der Wittkop-Leute neue Impulse. (Abb. der die gleichen sah dieser Aufbau aus! Das Fabrikgelän- gab der neu geschaffenen „Deutschen 10) Neben den üblichen Motorradsätteln Probleme wie vor 25 de an der Herforder Straße war ein Trüm- Mark“ ihre Stabilität und damit den wurde ein Motorrad-Schwingsattel mit Jahren beim Beginn merhaufen. Baustoffe für die Wiederer- Grundstein für den neuen Aufbau. (Abb. Parallelfederung konstruiert, während die des Ersten Weltkrie- richtung der Gebäude, Maschinen und 13) bekannten Schwingsättel beim Durchfe- ges. Die Firma Witt- Rohstoffe für die Fertigung, aber auch dern nach hinten wegsackten. Auch mit kop war wieder in Arbeitskräfte waren kaum zu bekom- In dieser Zeit des Wiederaufbaues dieser Neukonstruktion wurden beachtli- die Kriegsprodukti- men. Der Schwarze Markt regierte die wurde die Firma durch einen besonders che Erfolge erzielt. Nachdem das Motor- on eingeschaltet. Stunde. Und doch wurden alle Schwierig- schmerzlichen Verlust betroffen. Am rad von 1953 an durch andere Fahrzeugar- keiten in gemeinsamen Anstrengungen 12.6.1947 starb Herr Richard Ziegler im ten mehr und mehr verdrängt wurde, ist Wenn aber unser der Wittkop-Gemeinschaft überwunden. Alter von 75 Jahren. Mit ihm verlor Witt- dieser Produktionszweig wieder aufgege- Vaterland im vor- Jetzt spielte es keine Rolle mehr, ob einer kop den letzten Inhaber aus den Grün- ben worden. hergehenden Krieg früher an der Presse gestanden hatte oder dungsjahren, dessen Lebenswerk sie war. von den direkten ob er im Büro gewesen war. Alle packten Im Jahre 1928 wurde in Becken- Kriegshandlungen an, wo es nötig war. So wurden Trümmer Im Zuge der Erbauseinandersetzun- ried/Schweiz eine Tochterfirma gegrün- im Wesentlichen beseitigt, Werksräume neu ausgebaut gen wurde am 19.6.1948 (Urk.-Rolle Nr. det. (Abb. 11) Zu diesem Zweck wurde verschont geblieben und ausgebrannte Maschinen wieder 222/48 des Notars Westerhausen) die ein Fabrikgelände gepachtet und die war, so wirkten sich hergerichtet. Die Produktion litt trotz Umwandlung der Firma in eine GmbH Maschinen aus dem Stammwerk in Biele- jetzt die Luftangriffe eines unvorstellbaren Nachholbedarfs vollzogen. Gesellschafter sind nunmehr feld geliefert. Die Geschäftsführung auf die Heimat bis zur Währungsreform stark unter der Frau Marianne König als Tochter des übernahm der damalige Vertreter in der in zunehmendem Rohstoffknappheit. Diese wurden nur in verstorbenen Herrn Ziegler und deren Schweiz, Herr Reinecke. Maße in verheeren- geringen Mengen von den Besatzungs- Kinder Henrich Christof, Anita- den Zerstörungen mächten zugeteilt oder mussten zu uner- Marianne, Lutz-Johann und Marlene- Am 7.9.1934 starb der Mitgründer und aus. So wurde auch Abb. 12 Der ansprechend gestaltete Grabstein der Familien Luce/Wittkop auf schwinglichen Preisen auf dem Schwar- Margarete König. Die 1927 gegründete Abb. 14 Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Wittkop Namensgeber der Firma, Herr Franz die Aufbauarbeit dem Bielefelder Johannisfriedhof zen Markt beschafft werden. Das deut- „WIKO“ in Brake ging durch Erbvertrag schnell wieder in die Spur

24 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 25 Wittkop & Co Wittkop & Co

Kinderrollern aufgenommen worden. von über 40 Jahren der Pioniere von Witt- hältnis 1:1 umgestellt wurde, mag man sche Geld war international als Währung (Urk.-Rolle Nr. 288/53 des Notars Hans Unter dem Namen Wipp!-Roller brachte kop ein Opfer des Bombenkrieges. 1943 ermessen, welche Anstrengungen erfor- nicht mehr anerkannt und hatte auch im Vogt) auf die Erben von Frau Margarete Wittkop einen neuen Rollertyp, bei dem bis 1944 wurde das Werk bei mehreren derlich waren, um eine solche Belastung Inland seinen Wert als Tauschmittel ver- Kaselowsky, der verstorbenen Tochter das Kind eine auf dem Rollerbrett Luftangriffen zu ca. 70 % zerstört. Schon neben dem Wiederaufbau des Werkes loren. von Herrn Richard Ziegler über. Die befindliche Wippe betätigte, die mittels bald nach Kriegsbeginn waren in Borg- abzutragen. Tochterfirma „Wittkop Schweiz“ wurde einer Zahnstange das Hinterrad des Rol- holzhausen vorsorglich Räume in einer Der neue Aufschwung setzte erst am an die Familie Reinecke, die dieses lers antrieb [Patent siehe unter Depatis- leerstehenden Fabrik gemietet und Teile Entwicklung ab 1945 21.6.1948 mit der von den Besatzungs- Geschäftsvermögen bis dahin verwaltet net Nr. 601 101]. Später wurden auch der [Leder-] Deckenfertigung nach dort mächten durchgeführten Währungsre- hatte, verkauft. Laufroller in verschiedenen Größen mit verlagert worden. Nach der Ausbombung Der 8. Mai 1945 brachte den Abschluss form ein. Alle Geldforderungen Deut- aufgenommen. Diese Roller-Abteilung stellte ein alter Geschäftsfreund und des Zweiten Weltkrieges. Zu Geschäftsführern der war hauptsächlich als Ausgleich für die Drahtlieferant, Herr Hahn der Fa. Hahn Deutschland war ein Trümmer- neu gegründeten Firma Witt- Wintersaison gedacht, in der das Sattelge- & Co., uns Räume in seiner Fabrik in feld, von den Siegern besetzt kop & Co. GmbH wurden Frau schäft allgemein stark zurückging. Diese Lemgo zur Verfügung. So konnte die und hatte, ohne eigene Regie- Marianne König und Herr Funktion hat sie lange Jahre hindurch gut Produktion, wenn auch mit großen rung, zu existieren aufgehört. Heinrich Orf bestellt. Damit erfüllt. Auch die Produktion eines Heim- Schwierigkeiten, trotz der Zerstörungen Nach Abtrennung von Gebie- steht an der Spitze des Unter- Sportgerätes wurde zu diesem Zweck in bescheidenem Maße aufrechterhalten ten, die angrenzende Länder nehmens wieder ein Mann, aufgenommen. Diese Fertigung hat aber werden. für sich beanspruchten, wurde dessen Name in der gesamten nie große Bedeutung gehabt und schlief der Rest aufgeteilt in vier Zweiradwirtschaft ein Begriff bald wieder ein. Im Jahre 1941 schied Herr Fritz Luce in Besatzungszonen, die Engli- ist. Im Jahre 1925 als kleiner hohem Alter als persönlich haftender sche, die Amerikanische, die Angestellter bei Wittkop einge- Abb. 11 Das Deckblatt einer Prospektmappe aus Gesellschafter aus. Seinen Geschäftsan- Französische und die Russische treten, wurde er bald deren den 1930er Jahren teil ließ er in der Firma als stille Einlage Zone. In diesen Zonen wurde Reisedirektor. Ein ausgespro- stehen. Der Vertrag hierüber wurde am die Regierungsgewalt jeweils chenes Verkaufstalent, verbun- Wittkop. Die Erben wurden abgefunden 7.5.1941 unter der Nr. 141 in die Urkun- von der Besatzungsmacht aus- den mit einer robusten Frohna- und die Herren Fritz Luce und Richard denrolle des Notars Dr. jur. Otto Cramer geübt. Jegliche wirtschaftliche tur, wurde er Herrn Ziegler in Ziegler waren jetzt alleinige Inhaber. Das zu Bielefeld eingetragen. Herr Richard Betätigung war von der Geneh- den langen Jahren der Zusam- Unternehmen gehörte damals schon zu Ziegler war nun einziger, persönlich haf- migung der Besatzungsmächte menarbeit eine wertvolle Stüt- den bedeutendsten der Zweirad- tender Gesellschafter. Am 7.12.1944 abhängig, wie auch die Zutei- ze. Durch seine Verkaufserfol- Teileindustrie. Wittkop-Fabrikate sind in starb Herr Luce und damit war vertrag- lung von Rohstoffen. Millionen ge hatte er einen wesentlichen aller Welt ein Qualitätsbegriff. lich die stille Gesellschaft aufgehoben. von Deutschen waren auf den Anteil an der Entwicklung der (Abb. 12) Der Geschäftsanteil musste Schlachtfeldern des Krieges Firma. (Abb. 14) Der 2. Weltkrieg 1939 – 1945 nach dem derzeitigen Stande in Raten geblieben oder befanden sich in zuzüglich Zinsen an die Erben ausgezahlt Gefangenschaft. Und doch Auch die Einführung des Österreich war inzwischen Bestandteil werden. Das wurde bis zum Jahre 1952 regte sich, was kaum ein Wipp-Rollers ist eng mit sei- des Deutschen Reiches geworden. geschafft. Wenn man bedenkt, dass die Mensch geglaubt hatte, der nem Namen verbunden. (Abb. Deutschland stand in diesem Krieg allein ansehnliche Restschuld am 20.6.1948, Lebenswille dieses Volkes trotz Abb. 13 Titel der eher bescheiden ausgefallenen Jubiläumsfestschrift 1948 15) So war es kein Zufall, dass Abb. 10 Ein aus Sattelstützen geformter Schriftzug mit dem verbündeten Italien, dem sich dem Tage der Währungsreform im Ver- unsagbarer Entbehrungen bald ihm 1947 die Leitung des ver- als Blickfang – auch eine Novität später Japan zuge- wieder. scher in deutscher Währung wurden um waisten Unternehmens anvertraut wur- sellte, einer ganzen 90 % abgewertet und alles private Ver- de. Ihm und seinen treuen Mitarbeitern Der lebhafte Aufschwung auf dem Welt gegenüber. Das Auch bei Wittkop stellten sich bald mögen wurde mit einer Lastenausgleichs- ist es zu verdanken, dass das schwierige Motorradsektor in den Jahren nach dem brachte für die deut- wieder die ersten Getreuen ein, um den abgabe von 50 % seines Wertes belastet. Ersten Weltkrieg gab dem Schaffensgeist sche Industrie wie- Aufbau in Angriff zu nehmen. Aber wie Dieser Aderlass des Deutschen Volkes der Wittkop-Leute neue Impulse. (Abb. der die gleichen sah dieser Aufbau aus! Das Fabrikgelän- gab der neu geschaffenen „Deutschen 10) Neben den üblichen Motorradsätteln Probleme wie vor 25 de an der Herforder Straße war ein Trüm- Mark“ ihre Stabilität und damit den wurde ein Motorrad-Schwingsattel mit Jahren beim Beginn merhaufen. Baustoffe für die Wiederer- Grundstein für den neuen Aufbau. (Abb. Parallelfederung konstruiert, während die des Ersten Weltkrie- richtung der Gebäude, Maschinen und 13) bekannten Schwingsättel beim Durchfe- ges. Die Firma Witt- Rohstoffe für die Fertigung, aber auch dern nach hinten wegsackten. Auch mit kop war wieder in Arbeitskräfte waren kaum zu bekom- In dieser Zeit des Wiederaufbaues dieser Neukonstruktion wurden beachtli- die Kriegsprodukti- men. Der Schwarze Markt regierte die wurde die Firma durch einen besonders che Erfolge erzielt. Nachdem das Motor- on eingeschaltet. Stunde. Und doch wurden alle Schwierig- schmerzlichen Verlust betroffen. Am rad von 1953 an durch andere Fahrzeugar- keiten in gemeinsamen Anstrengungen 12.6.1947 starb Herr Richard Ziegler im ten mehr und mehr verdrängt wurde, ist Wenn aber unser der Wittkop-Gemeinschaft überwunden. Alter von 75 Jahren. Mit ihm verlor Witt- dieser Produktionszweig wieder aufgege- Vaterland im vor- Jetzt spielte es keine Rolle mehr, ob einer kop den letzten Inhaber aus den Grün- ben worden. hergehenden Krieg früher an der Presse gestanden hatte oder dungsjahren, dessen Lebenswerk sie war. von den direkten ob er im Büro gewesen war. Alle packten Im Jahre 1928 wurde in Becken- Kriegshandlungen an, wo es nötig war. So wurden Trümmer Im Zuge der Erbauseinandersetzun- ried/Schweiz eine Tochterfirma gegrün- im Wesentlichen beseitigt, Werksräume neu ausgebaut gen wurde am 19.6.1948 (Urk.-Rolle Nr. det. (Abb. 11) Zu diesem Zweck wurde verschont geblieben und ausgebrannte Maschinen wieder 222/48 des Notars Westerhausen) die ein Fabrikgelände gepachtet und die war, so wirkten sich hergerichtet. Die Produktion litt trotz Umwandlung der Firma in eine GmbH Maschinen aus dem Stammwerk in Biele- jetzt die Luftangriffe eines unvorstellbaren Nachholbedarfs vollzogen. Gesellschafter sind nunmehr feld geliefert. Die Geschäftsführung auf die Heimat bis zur Währungsreform stark unter der Frau Marianne König als Tochter des übernahm der damalige Vertreter in der in zunehmendem Rohstoffknappheit. Diese wurden nur in verstorbenen Herrn Ziegler und deren Schweiz, Herr Reinecke. Maße in verheeren- geringen Mengen von den Besatzungs- Kinder Henrich Christof, Anita- den Zerstörungen mächten zugeteilt oder mussten zu uner- Marianne, Lutz-Johann und Marlene- Am 7.9.1934 starb der Mitgründer und aus. So wurde auch Abb. 12 Der ansprechend gestaltete Grabstein der Familien Luce/Wittkop auf schwinglichen Preisen auf dem Schwar- Margarete König. Die 1927 gegründete Abb. 14 Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Wittkop Namensgeber der Firma, Herr Franz die Aufbauarbeit dem Bielefelder Johannisfriedhof zen Markt beschafft werden. Das deut- „WIKO“ in Brake ging durch Erbvertrag schnell wieder in die Spur

24 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 25 Wittkop & Co Wittkop & Co

Moped seinen rasanten Aufstieg erlebte, zu lösen. Im siebten Jahrzehnt des Beste- war es die Firma Wittkop, die als erste hens der Firma sind die Probleme zum einen diesem neuartigen Zweiradfahr- Teil andere als in den Jahren des Aufbau- zeug angepassten Sattel herausbrachte. es. Eine Devise aber steht heute wie am Dieser Sattel wurde bis zu seiner teilwei- Beginn im Vordergrund: „Wittkop, ein sen Ablösung durch die Sitzbank von ca. Qualitätsbegriff in aller Welt!“ Die Spin- 80 % aller Mopedhersteller eingebaut. So ne im Netz ist unser Firmenzeichen. Es ist wurden immer wieder Mittel und Wege nicht mehr festzustellen, wie es gerade zu gefunden, um bei der schwierigen Wett- diesem Zeichen kam. Als Sinnbild für bewerbslage das Werk leistungsfähig und emsige und gediegene Arbeit wird es gesund zu erhalten. immer über Allen stehen, die diesem Werk dienen. Auch im Export war bald wieder die führende Stellung unter den deutschen Hier endet das bisher unveröffentlichte Sattelfabriken erreicht. Eines der größ- maschinenschriftliche Manuskript der Wittkop- ten Abnahmeländer für unsere Sättel war Chronik. Vielen Dank an die Familie Orf, die eine in den ersten Nachkriegsjahren Indien. Digitalisierung des Textes vornahm. Um den Dort war es die Firma Sen & Pandit, die Werdegang der Firma bis in die 1960er Jahre weiterzuführen, folgt auf den nächsten Seiten ein die alten freundschaftlichen Beziehun- Interview mit Dieter Orf. Der Info-Block auf S. 31 gen zu Wittkop bald nach dem Kriege beschreibt die Entwicklungen der 1980er und wieder aufnahm und Wittkop auch dort 1990er Jahre. wieder zu den bekanntesten Namen in der Zweiradindustrie machte. Mit der Herauslösung dieses Landes aus dem Abb. 15 Ein seltener Werbeprospekt für den Export des Wipp!-Rollers britischen Weltreich setzte in Indien unter der Führung von Pandit Nehru ein Abb. 17 Ein erfolgreiches Dreigestirn zeigt sich mit dem neuen Polstersitz Aufbauwerk geschafft wurde und die Wenn auch in den ersten Nachkriegs- gigantischer, industrieller Aufbau ein. Im Firma sich ihren Ruf als führende Sattel- jahren ein erheblicher Nachholbedarf in Zuge dieser Industrialisierung bauten die großen, sauberen und freundlichen Räu- zu machen. Einige weitere Versuche in Abbildungsnachweis fabrik des Kontinents erhalten konnte. Herren Sen in Gemeinschaft mit der men untergebracht. Dadurch konnte die dieser Richtung schlugen fehl und muss- Fahrrädern und damit auch Sätteln vor- Abb. 1 Jubiläumskatalog 1923, Sammlung (Slg.) handen war, so war dieser inzwischen englischen Fahrradfabrik Raleigh die viel zu eng gewordene Gestellmontage ten wieder aufgegeben werden. Velo-Classic Im Zuge der Vermögensumwertung längst aufgeholt und ein harter Konkur- Firma Sen-Raleigh Industries of India wieder Raum gewinnen. Die Rollerfabri- Abb. 2 Adressbuch für Fahrräder und Nähma- durch die Währungsreform wurden im renzkampf hatte auf dem Sattelsektor Ltd. als Fahrradfabrik auf. Die Herren kation war inzwischen wegen Unrentabi- Nachwort schinen C. Regenhardt (Hg.) 2.Aufl. 1901 eingesetzt. Die Folge hiervon war in den Sen, von denen der Senior, Mr. Sudhir lität durch Preisverfall und mit Rücksicht Abb. 3 Radmarkt 1898, Slg. M. Mertins Jahre 1949 bei der Firma Wittkop die Abb. 4 Radmarkt 1927 Nr. 1897, S. 23, Slg. M. verschiedenen, bereits länger bestehen- Jahren 1956 und 1957 das Ausscheiden Kumar Sen, noch mit Herrn Ziegler gut auf unsere Roller herstellenden Sattel- Sechs Jahrzehnte Aufbau sind inzwi- Mertins den Unterstützungseinrichtungen im der Firmen Gebr. Isringhausen, Loh- befreundet war, interessierten auch die kunden aufgegeben worden. Auch hier- schen vergangen. Es waren Jahre zäher Abb. 5 Plan zur Errichtung einer Dampfkesselan- „Richard Ziegler Unterstützungsverein“ mann-Werke, Brüninghaus und Carl vom Union in Fröndenberg und Wittkop für durch wurden wieder Fertigungsstätten Arbeit und unerschütterlichen Glaubens lage 1904, Stadtarchiv Bielefeld (StA Bi) zusammengefasst. In die Vermögensver- Feld als bedeutende Sattelhersteller. diesen Plan. In der Erkenntnis, dass ein für die so stark angestiegene Sattelpro- an das Werk. Die ersten Pioniere sind Magistrats-Baupolizei 108,3 Abb. 6 Werbeanzeige 1914, Historisches waltung dieser Sozialeinrichtung fielen Doch bei Wittkop wurde wie eh und je Export nach Indien infolge der Industria- duktion frei. Immer aber blieb der nicht mehr unter uns. Ihr Werk aber lebt Museum Bielefeld, Anzeigensammlung auch die durch Vermächtnis des Herrn gesonnen und gearbeitet, um an der Spit- lisierung dieses Landes mehr und mehr Wunsch und die Ausschau der Geschäfts- und ist leuchtender Zeuge von ihrem Abb. 7 Geschäftsbrief 1919, StA Bi Briefköpfe Fritz Luce anfallenden Zuwendungen für ze zu bleiben. unmöglich wurde, erklärten beide leitung nach einem Ausweichartikel Wirken. Vieles ist geschaffen worden, 300,2 betrieblich soziale Zwecke. Der Ver- deutschen Firmen sich einverstanden. bestehen, um das Werk noch krisenfester doch immer wieder neue Aufgaben sind Abb. 8 Radmarkt 1919 Nr. 1454, S. 36, Slg. M. Mertins ein wird weiter, soweit es die So wurde also die Produktion von Abb. 9 Foto Betriebsausflug 1928, StA Bi 300,7 Ertragslage gestattet, aus Mit- Wittkop-Sätteln in Indien aufgenom- Kleine Erwerbungen 892 teln der Firma Wittkop unter- men. Der Lizenzvertrag mit uns wurde Abb. 10 Radmarkt 1927 Nr. 1880 Slg. Mertins halten und hat die Aufgabe, den im Jahre 1954 abgeschlossen. Die Ein- Abb. 11 Prospektmappe Deckblatt, Slg. Gerhard richtung dieses Fabrikationszweiges Reinecke langjährigen Betriebsangehöri- Abb. 12 Foto Grabstätte: M. Mertins 2015 gen eine zusätzliche Altersrente wurde in unserer Regie durchgeführt und Abb. 13 Festschrift 1948, Slg. H. D. Orf und in dringenden Fällen eine indisches Führungspersonal in Bielefeld Abb. 14 Das Rad 15/1951, Slg. M. Mertins finanzielle Hilfe zu gewähren. Als ausgebildet. Abb. 15 Exportprospekt Wipp!Roller, StA Bi 300,4 äußerer Ausdruck der Verbunden- Firmenschriften Abb. 16 Jubiläumsnadel Slg. H. D. Orf, Foto: M. heit zwischen Betrieb und Betriebs- Das Jahr 1955 brachte für Wittkop Mertins angehörigen wurde im Jahre 1954 wieder einen schönen Aufstiegser- Abb. 17 Neujahrskarte für 1953, Slg. H. D. Orf das Treue-Abzeichen, die Wittkop- folg. Insbesondere durch den Abb. 18 Neujahrskarte für 1951, Slg. H. D. Orf Spinne als Anstecknadel, geschaffen. Mopedsattel wurde in diesem Sie wurde erstmals in diesem Jahre an Jahr erstmals die Produktions- Herrn Friedrich Westerwelle, Werk- ziffer von 1 Million Sätteln über- meister der Sattlerei, für 50-jährige schritten. Wieder einmal wurden Betriebszugehörigkeit in Gold verlie- die vorhandenen Werksräume zu eng. Abbildungsnachweis für S. 28 So wurde das in der Mitte des Grund- hen. Aus Anlass des 60-jährigen oben links: Radmarkt und Reichsmechaniker Geburtstages und 30-jähriger Betriebs- stücks stehende, von der Ausbombung Nr. 2470, 1938 zugehörigkeit von Herrn Orf im Jahre Abb. 16 Die silberne Jubiläumsnadel im noch stark mitgenommene, einstöckige oben rechts: Das RAD Nr. 10, 1953 1955 wurde sie allen bis dahin länger als Etui für 25 Jahre Betriebszugehörigkeit Gebäude abgerissen, um einem 3- unten links: Das RAD Nr. 23, 1955 25 Jahre dem Werk dienenden Betriebs- stöckigen Neubau Platz zu machen. In unten rechts:Radmarkt Nr. 10, 1950 angehörigen verliehen. Im Jahre 1959 Der Betrieb wurde rationalisiert und diesem wurden neben Garagen die sind bereits 70 Werksangehörige im neue Satteltypen wurden geschaffen. Umkleide- und Waschräume für die Abb. 18 Durch die Verbindung zur Wacholderbrennerei H. C. König in Steinhagen ergaben sich neue Besitz dieser Nadel. (Abb. 16) (Abb. 17) Als in den Jahren nach 1953 das männlichen Betriebsangehörigen in Möglichkeiten der Werbung (siehe auch S. 29), die in dieser Kombination heute undenkbar wären

26 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 27 Wittkop & Co Wittkop & Co

Moped seinen rasanten Aufstieg erlebte, zu lösen. Im siebten Jahrzehnt des Beste- war es die Firma Wittkop, die als erste hens der Firma sind die Probleme zum einen diesem neuartigen Zweiradfahr- Teil andere als in den Jahren des Aufbau- zeug angepassten Sattel herausbrachte. es. Eine Devise aber steht heute wie am Dieser Sattel wurde bis zu seiner teilwei- Beginn im Vordergrund: „Wittkop, ein sen Ablösung durch die Sitzbank von ca. Qualitätsbegriff in aller Welt!“ Die Spin- 80 % aller Mopedhersteller eingebaut. So ne im Netz ist unser Firmenzeichen. Es ist wurden immer wieder Mittel und Wege nicht mehr festzustellen, wie es gerade zu gefunden, um bei der schwierigen Wett- diesem Zeichen kam. Als Sinnbild für bewerbslage das Werk leistungsfähig und emsige und gediegene Arbeit wird es gesund zu erhalten. immer über Allen stehen, die diesem Werk dienen. Auch im Export war bald wieder die führende Stellung unter den deutschen Hier endet das bisher unveröffentlichte Sattelfabriken erreicht. Eines der größ- maschinenschriftliche Manuskript der Wittkop- ten Abnahmeländer für unsere Sättel war Chronik. Vielen Dank an die Familie Orf, die eine in den ersten Nachkriegsjahren Indien. Digitalisierung des Textes vornahm. Um den Dort war es die Firma Sen & Pandit, die Werdegang der Firma bis in die 1960er Jahre weiterzuführen, folgt auf den nächsten Seiten ein die alten freundschaftlichen Beziehun- Interview mit Dieter Orf. Der Info-Block auf S. 31 gen zu Wittkop bald nach dem Kriege beschreibt die Entwicklungen der 1980er und wieder aufnahm und Wittkop auch dort 1990er Jahre. wieder zu den bekanntesten Namen in der Zweiradindustrie machte. Mit der Herauslösung dieses Landes aus dem Abb. 15 Ein seltener Werbeprospekt für den Export des Wipp!-Rollers britischen Weltreich setzte in Indien unter der Führung von Pandit Nehru ein Abb. 17 Ein erfolgreiches Dreigestirn zeigt sich mit dem neuen Polstersitz Aufbauwerk geschafft wurde und die Wenn auch in den ersten Nachkriegs- gigantischer, industrieller Aufbau ein. Im Firma sich ihren Ruf als führende Sattel- jahren ein erheblicher Nachholbedarf in Zuge dieser Industrialisierung bauten die großen, sauberen und freundlichen Räu- zu machen. Einige weitere Versuche in Abbildungsnachweis fabrik des Kontinents erhalten konnte. Herren Sen in Gemeinschaft mit der men untergebracht. Dadurch konnte die dieser Richtung schlugen fehl und muss- Fahrrädern und damit auch Sätteln vor- Abb. 1 Jubiläumskatalog 1923, Sammlung (Slg.) handen war, so war dieser inzwischen englischen Fahrradfabrik Raleigh die viel zu eng gewordene Gestellmontage ten wieder aufgegeben werden. Velo-Classic Im Zuge der Vermögensumwertung längst aufgeholt und ein harter Konkur- Firma Sen-Raleigh Industries of India wieder Raum gewinnen. Die Rollerfabri- Abb. 2 Adressbuch für Fahrräder und Nähma- durch die Währungsreform wurden im renzkampf hatte auf dem Sattelsektor Ltd. als Fahrradfabrik auf. Die Herren kation war inzwischen wegen Unrentabi- Nachwort schinen C. Regenhardt (Hg.) 2.Aufl. 1901 eingesetzt. Die Folge hiervon war in den Sen, von denen der Senior, Mr. Sudhir lität durch Preisverfall und mit Rücksicht Abb. 3 Radmarkt 1898, Slg. M. Mertins Jahre 1949 bei der Firma Wittkop die Abb. 4 Radmarkt 1927 Nr. 1897, S. 23, Slg. M. verschiedenen, bereits länger bestehen- Jahren 1956 und 1957 das Ausscheiden Kumar Sen, noch mit Herrn Ziegler gut auf unsere Roller herstellenden Sattel- Sechs Jahrzehnte Aufbau sind inzwi- Mertins den Unterstützungseinrichtungen im der Firmen Gebr. Isringhausen, Loh- befreundet war, interessierten auch die kunden aufgegeben worden. Auch hier- schen vergangen. Es waren Jahre zäher Abb. 5 Plan zur Errichtung einer Dampfkesselan- „Richard Ziegler Unterstützungsverein“ mann-Werke, Brüninghaus und Carl vom Union in Fröndenberg und Wittkop für durch wurden wieder Fertigungsstätten Arbeit und unerschütterlichen Glaubens lage 1904, Stadtarchiv Bielefeld (StA Bi) zusammengefasst. In die Vermögensver- Feld als bedeutende Sattelhersteller. diesen Plan. In der Erkenntnis, dass ein für die so stark angestiegene Sattelpro- an das Werk. Die ersten Pioniere sind Magistrats-Baupolizei 108,3 Abb. 6 Werbeanzeige 1914, Historisches waltung dieser Sozialeinrichtung fielen Doch bei Wittkop wurde wie eh und je Export nach Indien infolge der Industria- duktion frei. Immer aber blieb der nicht mehr unter uns. Ihr Werk aber lebt Museum Bielefeld, Anzeigensammlung auch die durch Vermächtnis des Herrn gesonnen und gearbeitet, um an der Spit- lisierung dieses Landes mehr und mehr Wunsch und die Ausschau der Geschäfts- und ist leuchtender Zeuge von ihrem Abb. 7 Geschäftsbrief 1919, StA Bi Briefköpfe Fritz Luce anfallenden Zuwendungen für ze zu bleiben. unmöglich wurde, erklärten beide leitung nach einem Ausweichartikel Wirken. Vieles ist geschaffen worden, 300,2 betrieblich soziale Zwecke. Der Ver- deutschen Firmen sich einverstanden. bestehen, um das Werk noch krisenfester doch immer wieder neue Aufgaben sind Abb. 8 Radmarkt 1919 Nr. 1454, S. 36, Slg. M. Mertins ein wird weiter, soweit es die So wurde also die Produktion von Abb. 9 Foto Betriebsausflug 1928, StA Bi 300,7 Ertragslage gestattet, aus Mit- Wittkop-Sätteln in Indien aufgenom- Kleine Erwerbungen 892 teln der Firma Wittkop unter- men. Der Lizenzvertrag mit uns wurde Abb. 10 Radmarkt 1927 Nr. 1880 Slg. Mertins halten und hat die Aufgabe, den im Jahre 1954 abgeschlossen. Die Ein- Abb. 11 Prospektmappe Deckblatt, Slg. Gerhard richtung dieses Fabrikationszweiges Reinecke langjährigen Betriebsangehöri- Abb. 12 Foto Grabstätte: M. Mertins 2015 gen eine zusätzliche Altersrente wurde in unserer Regie durchgeführt und Abb. 13 Festschrift 1948, Slg. H. D. Orf und in dringenden Fällen eine indisches Führungspersonal in Bielefeld Abb. 14 Das Rad 15/1951, Slg. M. Mertins finanzielle Hilfe zu gewähren. Als ausgebildet. Abb. 15 Exportprospekt Wipp!Roller, StA Bi 300,4 äußerer Ausdruck der Verbunden- Firmenschriften Abb. 16 Jubiläumsnadel Slg. H. D. Orf, Foto: M. heit zwischen Betrieb und Betriebs- Das Jahr 1955 brachte für Wittkop Mertins angehörigen wurde im Jahre 1954 wieder einen schönen Aufstiegser- Abb. 17 Neujahrskarte für 1953, Slg. H. D. Orf das Treue-Abzeichen, die Wittkop- folg. Insbesondere durch den Abb. 18 Neujahrskarte für 1951, Slg. H. D. Orf Spinne als Anstecknadel, geschaffen. Mopedsattel wurde in diesem Sie wurde erstmals in diesem Jahre an Jahr erstmals die Produktions- Herrn Friedrich Westerwelle, Werk- ziffer von 1 Million Sätteln über- meister der Sattlerei, für 50-jährige schritten. Wieder einmal wurden Betriebszugehörigkeit in Gold verlie- die vorhandenen Werksräume zu eng. Abbildungsnachweis für S. 28 So wurde das in der Mitte des Grund- hen. Aus Anlass des 60-jährigen oben links: Radmarkt und Reichsmechaniker Geburtstages und 30-jähriger Betriebs- stücks stehende, von der Ausbombung Nr. 2470, 1938 zugehörigkeit von Herrn Orf im Jahre Abb. 16 Die silberne Jubiläumsnadel im noch stark mitgenommene, einstöckige oben rechts: Das RAD Nr. 10, 1953 1955 wurde sie allen bis dahin länger als Etui für 25 Jahre Betriebszugehörigkeit Gebäude abgerissen, um einem 3- unten links: Das RAD Nr. 23, 1955 25 Jahre dem Werk dienenden Betriebs- stöckigen Neubau Platz zu machen. In unten rechts:Radmarkt Nr. 10, 1950 angehörigen verliehen. Im Jahre 1959 Der Betrieb wurde rationalisiert und diesem wurden neben Garagen die sind bereits 70 Werksangehörige im neue Satteltypen wurden geschaffen. Umkleide- und Waschräume für die Abb. 18 Durch die Verbindung zur Wacholderbrennerei H. C. König in Steinhagen ergaben sich neue Besitz dieser Nadel. (Abb. 16) (Abb. 17) Als in den Jahren nach 1953 das männlichen Betriebsangehörigen in Möglichkeiten der Werbung (siehe auch S. 29), die in dieser Kombination heute undenkbar wären

26 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 27 Wittkop & Co Interview mit Dieter Orf

Wittkop-Werbeanzeigen 1938 bis 1955 Interview mit Dieter Orf re Themen neben Sätteln? Mein Vater konnte gut abschalten, die Im Frühjahr dieses Jahres ergab sich für Firma war zuhause bis auf wenige Aus- die KS-Redaktion die Gelegenheit zu nahmen tabu. Ausnahmen waren zum einem ausführlichen Gespräch mit Die- Beispiel seine Geburtstagsfeiern und ter Orf, dem Sohn des langjährigen Jubiläen, da waren alle Meister des Geschäftsführers der Wittkop-Werke Betriebs eingeladen. Ich erinnere mich Heinrich Orf. Michael Mertins nahm auch an einen besonderen Geschäftsbe- sich der Sache an und stellte ihm ein such von drei Indern, der seinerzeit exoti- paar persönliche Fragen zu Firma und sche Besuch stand 1955 im Zusammen- Familie. Alle historischen Abbildungen hang mit der Errichtung einer lizenzier- stammen aus dem Privatarchiv der Fami- ten Sattelfabrik in Indien. (Abb. 1) Trotz lie Orf, die aktuellen Fotos machte der großen Verantwortung, die mein Michael Mertins. Die technischen Vater ab 1947 als Geschäftsführer trug, Zeichnungen wurden dem Internetpor- war er ein geselliger Mensch, hatte viele tal DEPATISNET entnommen. Freunde, war ein begeisterter Briefmar- kensammler und Kegler, außerdem spiel- Ihr Vater Heinrich Orf kam als soge- te er gerne Skat. Am Wochenende hatte er nannter Reisender in die Dienste der oft Zeit für die Familie. Seinen Grund- Abb. 3 Das Foto vom Nürburgring diente als Vorla- Firma Wittkop? satz „Wer schaffen will, muss fröhlich ge für das Flaschenetikett des Urquell- Ja, das war schon 1925 als Außendienst- sein!“ hat er jedenfalls selbst gelebt. Wacholders ler, er selbst bezeichnete diesen Beruf selbst als „Chausseereferendar“, weil er Ihr Vater war ja wohl nicht nur wegen eingeheiratet. Der gute Wacholder aus die meiste Zeit auf Achse war. Gemessen seines Vorstandspostens im Fahrradtei- dem Hause H. C. König im Glasschrank wurde ein Reisender an der Höhe der le-Verband eine Art „Kultfigur“? des Chefbüros wurde neben der Spinne Geschäftsabschlüsse, die er nach wochen- Er fiel schon wegen seiner wohlbeleibten im Netz zum zweiten Markenzeichen der langen Reisen heimbrachte. Firma. Vertragsabschlüsse, Dazu gehörte eine exakte Spe- Vertreterbesuche und andere senabrechnung über Kost und Anlässe wurden früher eben Logis. Für dies Metier war es gern begossen. Und das nicht normal, zum Beispiel zwischen zum Leidwesen der Branche – Ostern und Pfingsten nicht in einer führenden Fachzeit- nach Hause zu kommen. Wenn schrift steht in diesem Zusam- mein Vater von früher erzählte, menhang tatsächlich der Satz: dann kam er immer wieder auf „Schließlich gibt es keine sym- diese Zeit in der Firma. So ein pathischere Seite als die Schlag- Reisender war auch Überbrin- seite.“ Auch eine nicht so ger von Neuigkeiten! Wenn beachtete Facette des deutschen Vatern nach Berlin Firmen im Wirtschaftswunders! schlesischen Breslau besuchte, musste er erstmal ein Stünd- In der Zeitschrift „Das RAD“ chen lang berichten, was es ist im Zusammenhang mit Neues in der Hauptstadt oder Wittkop immer wieder von in der Branche gab. Ich glaube, einer eingeschworenen er hat diese Tätigkeit sehr Gemeinschaft der Beschäftig- gemocht, weil sie seinem Natu- ten zu lesen. Können Sie das rel entgegen kam. bestätigen? Ja, das kann ich bestätigen, Wie gegenwärtig war denn die das waren die „Wittköpper“, Firma zuhause Ihrer Erinne- die hielten zusammen, nach rung nach? Gab es auch ande- Abb. 2 Für jeden Spaß zu haben: Heinrich Orf beim Jux-Rennen auf dem dem Krieg haben sie die Fir- Nürburgring anlässlich einer Tagung der Fahrradteile-Fabrikanten ma, die in Schutt und Asche Statur auf, sein Markenzeichen, eine gute lag, wieder aufgebaut. Jeder war für den Zigarre, war auch meistens dabei. Bei anderen da! Für langjährige Zugehörig- einer Verbands-Tagung am Nürburgring keit gab es Prämien und Geschenke. 1950 trat er sogar ein Spaß-Radrennen „Berüchtigt“ waren auch die Betriebs- mit Zigarre an, man munkelte hinterher, ausflüge zur Porta Westfalica, an den er habe nicht gewonnen, weil er unter- Rhein oder nach Cuxhaven mit an die wegs seine Zigarre verloren hätte. (Abb. 300 Personen. Da wurde in den Werks- 2) Zu dieser Zeit kam mein Vater auch ferien ein einwöchiger Nordseeurlaub auf die Idee, kleine Schnapsflaschen mit vom Betrieb organisiert, jeder Arbeiter seinem Konterfei (Abb. 3) zu produzie- bzw. Arbeiterin zahlte einen Betrag in ren – was nahe lag, denn die Besitzerin die Urlaubskasse, den mein Vater auf der Firma Wittkop, Marianne König, eine das Doppelte aufstockte. Natürlich gab Abb. 1 Herr und Frau Sen mit zwei Begleitern auf geborene Ziegler, hatte in die bekannte es Miesmacher in der gewerkschaftlich der Terrasse der Familie Orf Steinhagener Schnapsbrenner-Dynastie organisierten Belegschaft, die behaupte-

28 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 29 Wittkop & Co Interview mit Dieter Orf

Wittkop-Werbeanzeigen 1938 bis 1955 Interview mit Dieter Orf re Themen neben Sätteln? Mein Vater konnte gut abschalten, die Im Frühjahr dieses Jahres ergab sich für Firma war zuhause bis auf wenige Aus- die KS-Redaktion die Gelegenheit zu nahmen tabu. Ausnahmen waren zum einem ausführlichen Gespräch mit Die- Beispiel seine Geburtstagsfeiern und ter Orf, dem Sohn des langjährigen Jubiläen, da waren alle Meister des Geschäftsführers der Wittkop-Werke Betriebs eingeladen. Ich erinnere mich Heinrich Orf. Michael Mertins nahm auch an einen besonderen Geschäftsbe- sich der Sache an und stellte ihm ein such von drei Indern, der seinerzeit exoti- paar persönliche Fragen zu Firma und sche Besuch stand 1955 im Zusammen- Familie. Alle historischen Abbildungen hang mit der Errichtung einer lizenzier- stammen aus dem Privatarchiv der Fami- ten Sattelfabrik in Indien. (Abb. 1) Trotz lie Orf, die aktuellen Fotos machte der großen Verantwortung, die mein Michael Mertins. Die technischen Vater ab 1947 als Geschäftsführer trug, Zeichnungen wurden dem Internetpor- war er ein geselliger Mensch, hatte viele tal DEPATISNET entnommen. Freunde, war ein begeisterter Briefmar- kensammler und Kegler, außerdem spiel- Ihr Vater Heinrich Orf kam als soge- te er gerne Skat. Am Wochenende hatte er nannter Reisender in die Dienste der oft Zeit für die Familie. Seinen Grund- Abb. 3 Das Foto vom Nürburgring diente als Vorla- Firma Wittkop? satz „Wer schaffen will, muss fröhlich ge für das Flaschenetikett des Urquell- Ja, das war schon 1925 als Außendienst- sein!“ hat er jedenfalls selbst gelebt. Wacholders ler, er selbst bezeichnete diesen Beruf selbst als „Chausseereferendar“, weil er Ihr Vater war ja wohl nicht nur wegen eingeheiratet. Der gute Wacholder aus die meiste Zeit auf Achse war. Gemessen seines Vorstandspostens im Fahrradtei- dem Hause H. C. König im Glasschrank wurde ein Reisender an der Höhe der le-Verband eine Art „Kultfigur“? des Chefbüros wurde neben der Spinne Geschäftsabschlüsse, die er nach wochen- Er fiel schon wegen seiner wohlbeleibten im Netz zum zweiten Markenzeichen der langen Reisen heimbrachte. Firma. Vertragsabschlüsse, Dazu gehörte eine exakte Spe- Vertreterbesuche und andere senabrechnung über Kost und Anlässe wurden früher eben Logis. Für dies Metier war es gern begossen. Und das nicht normal, zum Beispiel zwischen zum Leidwesen der Branche – Ostern und Pfingsten nicht in einer führenden Fachzeit- nach Hause zu kommen. Wenn schrift steht in diesem Zusam- mein Vater von früher erzählte, menhang tatsächlich der Satz: dann kam er immer wieder auf „Schließlich gibt es keine sym- diese Zeit in der Firma. So ein pathischere Seite als die Schlag- Reisender war auch Überbrin- seite.“ Auch eine nicht so ger von Neuigkeiten! Wenn beachtete Facette des deutschen Vatern nach Berlin Firmen im Wirtschaftswunders! schlesischen Breslau besuchte, musste er erstmal ein Stünd- In der Zeitschrift „Das RAD“ chen lang berichten, was es ist im Zusammenhang mit Neues in der Hauptstadt oder Wittkop immer wieder von in der Branche gab. Ich glaube, einer eingeschworenen er hat diese Tätigkeit sehr Gemeinschaft der Beschäftig- gemocht, weil sie seinem Natu- ten zu lesen. Können Sie das rel entgegen kam. bestätigen? Ja, das kann ich bestätigen, Wie gegenwärtig war denn die das waren die „Wittköpper“, Firma zuhause Ihrer Erinne- die hielten zusammen, nach rung nach? Gab es auch ande- Abb. 2 Für jeden Spaß zu haben: Heinrich Orf beim Jux-Rennen auf dem dem Krieg haben sie die Fir- Nürburgring anlässlich einer Tagung der Fahrradteile-Fabrikanten ma, die in Schutt und Asche Statur auf, sein Markenzeichen, eine gute lag, wieder aufgebaut. Jeder war für den Zigarre, war auch meistens dabei. Bei anderen da! Für langjährige Zugehörig- einer Verbands-Tagung am Nürburgring keit gab es Prämien und Geschenke. 1950 trat er sogar ein Spaß-Radrennen „Berüchtigt“ waren auch die Betriebs- mit Zigarre an, man munkelte hinterher, ausflüge zur Porta Westfalica, an den er habe nicht gewonnen, weil er unter- Rhein oder nach Cuxhaven mit an die wegs seine Zigarre verloren hätte. (Abb. 300 Personen. Da wurde in den Werks- 2) Zu dieser Zeit kam mein Vater auch ferien ein einwöchiger Nordseeurlaub auf die Idee, kleine Schnapsflaschen mit vom Betrieb organisiert, jeder Arbeiter seinem Konterfei (Abb. 3) zu produzie- bzw. Arbeiterin zahlte einen Betrag in ren – was nahe lag, denn die Besitzerin die Urlaubskasse, den mein Vater auf der Firma Wittkop, Marianne König, eine das Doppelte aufstockte. Natürlich gab Abb. 1 Herr und Frau Sen mit zwei Begleitern auf geborene Ziegler, hatte in die bekannte es Miesmacher in der gewerkschaftlich der Terrasse der Familie Orf Steinhagener Schnapsbrenner-Dynastie organisierten Belegschaft, die behaupte-

28 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 29 Interview mit Dieter Orf Interview mit Dieter Orf

Haben Sie besondere Personen der Wie kam es schließlich zum Niedergang führer – gab mein Vater die Leitung der Belegschaft in Erinnerung? der Firma? Firma an Herrn Kurt Dassdorf ab. Wie es Frau Biermann, Herr Bunte und mein Das war ein schleichender Prozess, mit der Firma bis zum Konkurs 1986 Vater bildeten wohl ein besonderes und natürlich hatte die Geschäftsleitung weiter ging, entzieht sich meiner genauen zugleich erfolgreiches Trio. Es gibt ein bestehend aus meinem Vater und Frau Kenntnis. Foto (Abb. 5), wo sich die Drei auf Frau König die Probleme im Blick. Schon in Biermanns Jubiläum ein Sektchen gön- den 1960er Jahren suchte man das Heil Wie gegenwärtig ist denn die Firma bei nen, da schwingt doch eine gewisse in der Aufnahme der Fertigung von bran- Ihnen heute noch? Einigkeit mit. Damals war ja der persön- chenfremden Kunststoffteilen und -pro- So einige Erinnerungsstücke kann man liche Kontakt in der Führungsriege dukten. Auch bei Bastert oder Göricke bei mir zuhause noch finden, zum Bei- untereinander viel prägender als heute. wurde dieser Weg mit Plastikdosen oder spiel einen blau-gelben Wipp-Roller, eine Verkaufsleiterin Anna Biermann beging Margarinebechern beschritten. Mit Stahl- silberne Jubiläumsnadel und eine am 1. August 1956 ihr 40-jähriges Fir- Deckenlampe in Form des Firmenlogos – menjubiläum und wurde mit einem übrigens eine Bastelarbeit der Beleg- Gedicht gefeiert, das ich mal rausgesucht schaft als Geburtstagsgeschenk an mei- habe. Hier ein Auszug: nen Vater (Abb. 6). Der 1 000 000. Schwingsattel, den die Belegschaft 1955 „Weißt Du wieviel Sternlein stehen stolz meinem Vater überreichte, hat auch An dem blauen Himmelszelt? einen Ehrenplatz in einer Vitrine. Die Weißt Du wie viel Sättel gingen Idee zu diesem Sattel geht übrigens bis in Abb. 4 Hier zieht die ganze Wittkop-Korona durch Cuxhaven zu ihren Quartieren, im hellgrauen Anzug mit Schon hinaus in alle Welt? die Dreißiger Jahre zurück. (Abb. 7) Alle Mappe der Chef Heinrich Orf Niemand kann sie heut’ noch zählen Geschenke, die mein Vater als Vorstands- Die versandt man hat ins Land, mitglied des Fahrradteile-Verbandes oder ten, der Chef wolle nur Abhängigkeiten Vereins war die Unterstützung von Doch ein großer Teil von ihnen von Geschäftspartnern bekam, konnte schaffen. Diese Leute blieben zuhause, Betriebsangehörigen bei Unglücksfällen, Ging bestimmt durch Deine Hand. ich allerdings nicht aufheben. Abb. 7 Der Schwingsattel in der Fassung der ärgerten sich aber nachher über den Krankheit, Tod oder sonstigen besonde- So manchen Sattel prüft’ Dein Blick, Patentschrift 693 457 von 1937 entgangenen Aufenthalt am Meer. Übri- ren Anlässen wie Geburten oder Hoch- Ob er dem Kunden wohl behage, Herr Orf, vielen Dank für den umfas- gens ging es in Cuxhaven richtig rund – zeiten. Sozialen Hintergrund hatten auch Denn jeder Podex ist nicht gleich, rohrmöbeln für den Campingbedarf senden Einblick in das Leben der Witt- die „Wittköpper“ wurden mit einer die familiären Weihnachtsfeiern in der Das steht ganz außer Frage! Abb. 6 Ein Geschenk der Belegschaft zum Jubi- wurde ebenso experimentiert. Am 30. köpper! Musikkapelle am Bahnhof empfangen Firmenkantine, dazu wurden auch die Seit 40 Jahren hängt Dein Herz läum: Eine Deckenlampe mit dem Markenzeichen Juni 1963, nach 38-jähriger Tätigkeit im und bei einem Marsch durch den Ort alten „Wittköpper“ eingeladen, die sich An Sätteln mit und ohne Leder – und den Initialen HO für Heinrich Orf Hause Wittkop – seit 1947 als Geschäfts- auf die Quartiere verteilt. (Abb. 4) lange Jahre in den Dienst der Firma Ein Jubiläum dieser Art gestellt hatten. Die Betriebsleitung hän- Erlebt gewiß noch längst nicht jeder.“ Auch die besonderen Sozialleistungen digte Gratifikationen aus und verteilte Wie ging es mit der Firma Wittkop in genannt, dass Billiganbieter aus Italien (Aalen). Sie verwendeten weiterhin finden häufig Erwähnung. Haben Sie Päckchen – dabei wurden auch die Kin- Engagierte sich die Firma Wittkop auch Bielefeld zu Ende? Was wurde aus der den deutschen Markt überschwemmt den Markennamen Wittkop, später Beispiele dafür parat? der nicht vergessen. Weihnachten 1952 im Radsport? Marke Wittkop? Um diese Frage hätten. wurde die Produktion in Büchels Werk Bei 30-jähriger Firmenzugehörigkeit löste das eine oder andere Pfund Boh- Es gab wohl in den Dreißiger Jahren eine beantworten zu können, recherchierte nach Thüringen verlegt, wo bis heute zum Beispiel gab es 25 Prozent des letz- nenkaffee oder Butter noch Freudenträ- Unterstützung von Motorradrennfah- Michael Mertins in den Aktenbestän- Als es zum Vergleich kam, hatte der Sättel unter dem Namen Wittkop das ten Lohns als Betriebsrente. Es gab auch nen aus – das ist heute ja so nicht mehr rern. Soweit ich weiß, hat sich die Firma den des Bielefelder Stadtarchivs und in Betrieb Warenbestände im Wert von 1,1 Werk verlassen. (mm) den Richard-Ziegler-Unterstützungs- vorstellbar. aber nicht groß in den Radsport einge- den dort aufbewahrten Zeitungsaus- Millionen DM, die aber für einen Ver- verein. Ausschließlicher Zweck dieses bracht. Später war Wittkop einer der schnitten. gleich nicht ausreichten. Die Firma kleinen Gesellschafter der Radrennbahn WECO aus Werther wollte Wittkop noch GmbH in Bielefeld mit einer Beteiligung In den 1970er Jahren hat es Ver- in letzter Minute übernehmen, aber den von 500 DM. Es gibt Fotos von der Ban- kaufsabsichten an die Sattelfabrik Banken war der gebotene Betrag zu denwerbung, das war aber nichts Beson- Mertens & Co in Gütersloh gegeben, gering. So blieb nur der Konkurs am 29. deres, das machten Lepper und Isring- aber daraus wurde nichts. Schon in Dezember 1986. hausen auch. Beim Bergrennen 1958 um dieser Zeit muss die finanzielle Lage den „Toplin-Preis der Hemdenfabrik angespannt gewesen sein, denn Die Metall-Gewerkschaft spielte eine Seidensticker“ trat mein Vater als Spen- der Betriebsrat stimmte einem Dar- große Rolle beim Konkurs. Der Betriebs- der eines Sachpreises auf, die Heinrich- lehen auf die Gelder der Ziegler- rat erreichte nach langem Hin- und Her Orf-Prämie für den Führenden in der 58. Unterstützungskasse zu. Im November einen Sozialplan, der mit 200 000 DM aus Runde war ein Camping-Set von Wittkop. 1986 kam es zum Vergleich. Knack- der Konkursmasse ausgestattet wurde. punkt war, dass die meisten In- Nach Lohngruppe und Dauer der Welche innovativen Produkte gab es vestitionen für Modernisierung und Betriebszugehörigkeit wurde ein Teil der von Wittkop? Produktionserweiterungen nur über Arbeitnehmer abgefunden. Ein anderer Neben dem Wipp-Roller entwickelte die Kredite finanziert worden waren. Es Teil der Belegschaft machte in einer Art Firma einen Schwingsattel, später den ging durchaus um größere Summen, z. Auffanggesellschaft noch bis zum 30. Juni Medicus-Sattel mit einer dicken Sattelde- B. um 850 000 DM für eine PU- 1987 weiter, denn es lagen genügend Auf- cke aus PU-Schaum. In der Datenbank Schaum-Formanlage. träge vor. des Patentamts sind über 60 Patente und Gebrauchsmuster zu Sätteln etc. zu fin- Die Banken kündigten die Kredite Ein Teil der Belegschaft, so ca. 20 den. Die damals angesagten roten Pieker auf. Durch den hohen Konkurrenz- Mann, machte unter dem Dach der R. L. für die Cocktail-Kirsche im Puschkin- druck waren größere Gewinne nicht Sattelfabrik GmbH in Schoetmar bis Das Titelbild des RADMARKT vom August 1987 Wodka will ich mal nicht zu den Innova- mehr möglich. Auf den Regionalseiten Ende 1994 weiter. Eigner waren Eber- Abb. 5 Zum 40. Firmenjubiläum der Verkaufsleiterin durfte es schon mal ein Glas Sekt sein, im Hintergrund tionen rechnen. Auch so etwas wurde der BILD-Zeitung wurde der Grund hard Büchel (Fulda) und Hugo Görner der Chef, rechts der kaufmännische Leiter Kurt Bunte tatsächlich mal bei Wittkop produziert.

30 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 31 Interview mit Dieter Orf Interview mit Dieter Orf

Haben Sie besondere Personen der Wie kam es schließlich zum Niedergang führer – gab mein Vater die Leitung der Belegschaft in Erinnerung? der Firma? Firma an Herrn Kurt Dassdorf ab. Wie es Frau Biermann, Herr Bunte und mein Das war ein schleichender Prozess, mit der Firma bis zum Konkurs 1986 Vater bildeten wohl ein besonderes und natürlich hatte die Geschäftsleitung weiter ging, entzieht sich meiner genauen zugleich erfolgreiches Trio. Es gibt ein bestehend aus meinem Vater und Frau Kenntnis. Foto (Abb. 5), wo sich die Drei auf Frau König die Probleme im Blick. Schon in Biermanns Jubiläum ein Sektchen gön- den 1960er Jahren suchte man das Heil Wie gegenwärtig ist denn die Firma bei nen, da schwingt doch eine gewisse in der Aufnahme der Fertigung von bran- Ihnen heute noch? Einigkeit mit. Damals war ja der persön- chenfremden Kunststoffteilen und -pro- So einige Erinnerungsstücke kann man liche Kontakt in der Führungsriege dukten. Auch bei Bastert oder Göricke bei mir zuhause noch finden, zum Bei- untereinander viel prägender als heute. wurde dieser Weg mit Plastikdosen oder spiel einen blau-gelben Wipp-Roller, eine Verkaufsleiterin Anna Biermann beging Margarinebechern beschritten. Mit Stahl- silberne Jubiläumsnadel und eine am 1. August 1956 ihr 40-jähriges Fir- Deckenlampe in Form des Firmenlogos – menjubiläum und wurde mit einem übrigens eine Bastelarbeit der Beleg- Gedicht gefeiert, das ich mal rausgesucht schaft als Geburtstagsgeschenk an mei- habe. Hier ein Auszug: nen Vater (Abb. 6). Der 1 000 000. Schwingsattel, den die Belegschaft 1955 „Weißt Du wieviel Sternlein stehen stolz meinem Vater überreichte, hat auch An dem blauen Himmelszelt? einen Ehrenplatz in einer Vitrine. Die Weißt Du wie viel Sättel gingen Idee zu diesem Sattel geht übrigens bis in Abb. 4 Hier zieht die ganze Wittkop-Korona durch Cuxhaven zu ihren Quartieren, im hellgrauen Anzug mit Schon hinaus in alle Welt? die Dreißiger Jahre zurück. (Abb. 7) Alle Mappe der Chef Heinrich Orf Niemand kann sie heut’ noch zählen Geschenke, die mein Vater als Vorstands- Die versandt man hat ins Land, mitglied des Fahrradteile-Verbandes oder ten, der Chef wolle nur Abhängigkeiten Vereins war die Unterstützung von Doch ein großer Teil von ihnen von Geschäftspartnern bekam, konnte schaffen. Diese Leute blieben zuhause, Betriebsangehörigen bei Unglücksfällen, Ging bestimmt durch Deine Hand. ich allerdings nicht aufheben. Abb. 7 Der Schwingsattel in der Fassung der ärgerten sich aber nachher über den Krankheit, Tod oder sonstigen besonde- So manchen Sattel prüft’ Dein Blick, Patentschrift 693 457 von 1937 entgangenen Aufenthalt am Meer. Übri- ren Anlässen wie Geburten oder Hoch- Ob er dem Kunden wohl behage, Herr Orf, vielen Dank für den umfas- gens ging es in Cuxhaven richtig rund – zeiten. Sozialen Hintergrund hatten auch Denn jeder Podex ist nicht gleich, rohrmöbeln für den Campingbedarf senden Einblick in das Leben der Witt- die „Wittköpper“ wurden mit einer die familiären Weihnachtsfeiern in der Das steht ganz außer Frage! Abb. 6 Ein Geschenk der Belegschaft zum Jubi- wurde ebenso experimentiert. Am 30. köpper! Musikkapelle am Bahnhof empfangen Firmenkantine, dazu wurden auch die Seit 40 Jahren hängt Dein Herz läum: Eine Deckenlampe mit dem Markenzeichen Juni 1963, nach 38-jähriger Tätigkeit im und bei einem Marsch durch den Ort alten „Wittköpper“ eingeladen, die sich An Sätteln mit und ohne Leder – und den Initialen HO für Heinrich Orf Hause Wittkop – seit 1947 als Geschäfts- auf die Quartiere verteilt. (Abb. 4) lange Jahre in den Dienst der Firma Ein Jubiläum dieser Art gestellt hatten. Die Betriebsleitung hän- Erlebt gewiß noch längst nicht jeder.“ Auch die besonderen Sozialleistungen digte Gratifikationen aus und verteilte Wie ging es mit der Firma Wittkop in genannt, dass Billiganbieter aus Italien (Aalen). Sie verwendeten weiterhin finden häufig Erwähnung. Haben Sie Päckchen – dabei wurden auch die Kin- Engagierte sich die Firma Wittkop auch Bielefeld zu Ende? Was wurde aus der den deutschen Markt überschwemmt den Markennamen Wittkop, später Beispiele dafür parat? der nicht vergessen. Weihnachten 1952 im Radsport? Marke Wittkop? Um diese Frage hätten. wurde die Produktion in Büchels Werk Bei 30-jähriger Firmenzugehörigkeit löste das eine oder andere Pfund Boh- Es gab wohl in den Dreißiger Jahren eine beantworten zu können, recherchierte nach Thüringen verlegt, wo bis heute zum Beispiel gab es 25 Prozent des letz- nenkaffee oder Butter noch Freudenträ- Unterstützung von Motorradrennfah- Michael Mertins in den Aktenbestän- Als es zum Vergleich kam, hatte der Sättel unter dem Namen Wittkop das ten Lohns als Betriebsrente. Es gab auch nen aus – das ist heute ja so nicht mehr rern. Soweit ich weiß, hat sich die Firma den des Bielefelder Stadtarchivs und in Betrieb Warenbestände im Wert von 1,1 Werk verlassen. (mm) den Richard-Ziegler-Unterstützungs- vorstellbar. aber nicht groß in den Radsport einge- den dort aufbewahrten Zeitungsaus- Millionen DM, die aber für einen Ver- verein. Ausschließlicher Zweck dieses bracht. Später war Wittkop einer der schnitten. gleich nicht ausreichten. Die Firma kleinen Gesellschafter der Radrennbahn WECO aus Werther wollte Wittkop noch GmbH in Bielefeld mit einer Beteiligung In den 1970er Jahren hat es Ver- in letzter Minute übernehmen, aber den von 500 DM. Es gibt Fotos von der Ban- kaufsabsichten an die Sattelfabrik Banken war der gebotene Betrag zu denwerbung, das war aber nichts Beson- Mertens & Co in Gütersloh gegeben, gering. So blieb nur der Konkurs am 29. deres, das machten Lepper und Isring- aber daraus wurde nichts. Schon in Dezember 1986. hausen auch. Beim Bergrennen 1958 um dieser Zeit muss die finanzielle Lage den „Toplin-Preis der Hemdenfabrik angespannt gewesen sein, denn Die Metall-Gewerkschaft spielte eine Seidensticker“ trat mein Vater als Spen- der Betriebsrat stimmte einem Dar- große Rolle beim Konkurs. Der Betriebs- der eines Sachpreises auf, die Heinrich- lehen auf die Gelder der Ziegler- rat erreichte nach langem Hin- und Her Orf-Prämie für den Führenden in der 58. Unterstützungskasse zu. Im November einen Sozialplan, der mit 200 000 DM aus Runde war ein Camping-Set von Wittkop. 1986 kam es zum Vergleich. Knack- der Konkursmasse ausgestattet wurde. punkt war, dass die meisten In- Nach Lohngruppe und Dauer der Welche innovativen Produkte gab es vestitionen für Modernisierung und Betriebszugehörigkeit wurde ein Teil der von Wittkop? Produktionserweiterungen nur über Arbeitnehmer abgefunden. Ein anderer Neben dem Wipp-Roller entwickelte die Kredite finanziert worden waren. Es Teil der Belegschaft machte in einer Art Firma einen Schwingsattel, später den ging durchaus um größere Summen, z. Auffanggesellschaft noch bis zum 30. Juni Medicus-Sattel mit einer dicken Sattelde- B. um 850 000 DM für eine PU- 1987 weiter, denn es lagen genügend Auf- cke aus PU-Schaum. In der Datenbank Schaum-Formanlage. träge vor. des Patentamts sind über 60 Patente und Gebrauchsmuster zu Sätteln etc. zu fin- Die Banken kündigten die Kredite Ein Teil der Belegschaft, so ca. 20 den. Die damals angesagten roten Pieker auf. Durch den hohen Konkurrenz- Mann, machte unter dem Dach der R. L. für die Cocktail-Kirsche im Puschkin- druck waren größere Gewinne nicht Sattelfabrik GmbH in Schoetmar bis Das Titelbild des RADMARKT vom August 1987 Wodka will ich mal nicht zu den Innova- mehr möglich. Auf den Regionalseiten Ende 1994 weiter. Eigner waren Eber- Abb. 5 Zum 40. Firmenjubiläum der Verkaufsleiterin durfte es schon mal ein Glas Sekt sein, im Hintergrund tionen rechnen. Auch so etwas wurde der BILD-Zeitung wurde der Grund hard Büchel (Fulda) und Hugo Görner der Chef, rechts der kaufmännische Leiter Kurt Bunte tatsächlich mal bei Wittkop produziert.

30 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 31 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ

Fahrzeugherstellung heranzugehen, - „Mifa“ Mitteldeutsche Fahrradwerke - Branberger Fahrradfabrik G.m.b.H, Die Aktivierung der Fahrradindustrie in der genaue Feststellungen zu treffen und diese GmbH., Berlin-Wilmersdorf (am Branberg [sic!] mit meinen Vorschlägen Ihnen vorzule- 6.11.1945) - Oskar Heise, Nordhausen Sowjetischen Besatzungszone 1945/1946 gen.“ /8/ Staatssekretär Lang stimmte den - Niederlausitzer Fahrradwerke Proch- - Adolf Lofmann, Eisen- und Metallwa- Von Justus Haupt, Fürstenwalde Vorschlägen Hillers zu, und dieser erhielt now & Bergemann, Finsterwalde (am renfabrik, Berlin-Köpenick mit Schreiben vom 4.10.1945 von der 8.11.1945) - Todtenhöfer Aktiengesellschaft, Ber- Diese Arbeit entstand im Rahmen der Forschungen für das Online-Lexikon „DDR- dem Staatssekretär bereits Ende Septem- Landesverwaltung Sachsen den offiziel- - Urania-Fahrrad-Werke Paul Tanner, lin W 35 FahrradWiki“. Die Wiederaufnahme der Fahrradproduktion nach 1945 in der Sowjeti- ber 1945 in seinem Antwortschreiben die len Auftrag, „einen Organisationsplan Cottbus (am 8.11.1945) schen Besatzungszone ist ein bislang noch unerforschtes Feld. Anhand einer Akte aus „für die Fahrraderzeugung in Frage kom- über die Aktivierung der Fahrraderzeu- - Walter & Co., Mühlhausen/Thür. (am Warum er diese Firmen im vornherein dem Nachlass des VEB Robur-Werks Zittau (bis 1956: VEB Kraftfahrzeugwerk Phä- menden Firmen [...] in alphabetischer gung im Bundesland [sic!] Sachsen selbst- 8.11.1945) von einer zukünftigen Produktion aus- nomen Zittau) können die ersten Schritte zur Aktivierung der Fahrradindustrie in der Reihenfolge [vor]“: ständig auszuarbeiten“ und „bei allen schloss, ist nicht ersichtlich. Entweder SBZ für die Jahre 1945 und 1946 nun detailliert nachvollzogen werden. einschlägigen Firmen Ermittlungen anzu- Schließlich schrieb Hiller Ende 1945/ wusste er bereits von deren Zerstörung - Elite-Diamant-Werke A. G., Sigmar- stellen“ (Lang). Anfang 1946, und zwar nachdem er sei- oder Demontage oder aber waren die Ausgangslage 1945 rend des Krieges, eine „Friedens- Schönau nen Produktionsvorschlag bereits erar- (vermuteten oder ihm bekannten) Pro- produktion“ für den Binnenmarkt. Auch - NAG-Presto-Werke, Chemnitz In seinem Brief vom 28.9.1945 an Dr. beitet und eingereicht hatte, noch an die duktionskapazitäten zu gering, um einen Auf dem Gebiet der späteren Sowjeti- die Landesverwaltungen und die Deut- - Phänomen-Werke Gustav Hiller A. G., Lang vermutete Hiller außerdem bereits (teilweise sehr kleinen) Hersteller wesentlichen Anteil zu einer zukünftigen schen Besatzungszone (SBZ) lag zum sche Zentralverwaltung der Industrie in Zittau eine mögliche Anfrage der Zentral- Gesamtproduktion beizutragen. Die Ber- Kriegsende auch die Fahrradindustrie der SBZ strebten den zügigen Wiederauf- - -Werke A. G., Sigmar- verwaltung zur Aktivierung der Fahrrad- - Thüringer Fahrradwerk G.m.b.H., Suhl lin-Aachener Motorenwerke GmbH und danieder. Etliche Hersteller hatten im bau der Fahrradindustrie und die Auf- Schönau industrie in der gesamten SBZ. Diese (am 4.12.1945) die Todtenhöfer AG hatten Ihren Sitz bzw. Laufe des Krieges - manche bereits vor nahme einer Fahrradproduktion größe- Beauftragung erfolgte dann am 23.10.45 - Langenhan Gewehr- und Fahrradfab- Produktionsstätte in den Besatzungs- 1939 - die Produktion eingestellt. Herge- ren Umfangs bereits für das Jahr 1946 an. Ebenso nannte er als weitere mögliche schriftlich. (Abb. 1) Grundlage war ein rik, Suhl (am 4.12.1945) zonen der westlichen Alliierten und dürf- stellt wurden Fahrräder in den letzten Hersteller „die weniger bedeutenden persönliches Gespräch Hillers mit Ober- - Atlantis Fahrradfabrik, vorm. Hart- ten somit keine Option gewesen sein. Kriegsjahren hauptsächlich für das Mili- Auftrag zur Aktivierung der Fahrradin- Firmen“ ingenieur Salomon von der „Deutschen wich & Petrack, Finsterwalde (am tär; auf dem Gebiet der späteren SBZ dustrie Zentralverwaltung der Industrie in der 16.2.1946) Produktionsvorschlag für 1946 produzierten die Firmen Brennabor und - Dromoswerk Richard Stölzel G.m.b.H, SBZ“ am selben Tag in Berlin. - Seidel & Naumann, Dresden (am Wanderer spezielle Militärräder. /1/ Die Um die Fahrradproduktion in Sachsen Leipzig C.1 16.2.1946) Obwohl Hiller am 23.10.1945 von sei- Fahrradproduktion für den zivilen „wieder in Gang zu bringen“, wurde - Hainsberger Metallwerke Kom.Ges., Kontakt mit den Fahrradproduzenten nem Gespräch mit Ing. Salomon von der Gebrauch war im Laufe des Krieges stark Dipl.-Ing. Rudolf Hiller, Direktor der Hainsberg Damit hatte Hiller mit insgesamt 19 Zentralverwaltung in Berlin mit einem reduziert worden. /2/ Dennoch existier- Phänomen-Werke Gustav Hiller AG und Hiller entwarf ein Musterschreiben so- Fahrradproduzenten Verbindung aufge- „häßlichen Gelbsuchtsanfall zurückge- ten 1945 in Mitteldeutschland - zumin- Sohn des Firmengründers mit Schreiben Zur Feststellung des „gegenwärtige[n] wie einen ausführlichen Fragebogen [im nommen. Die Reaktion der ange- kehrt“ war, stand er in den folgenden dest auf dem Papier - immer noch zahlrei- vom 22.9.45 von der Landesverwaltung Status[']“ der Fahrradproduzenten emp- Original nachzulesen unter www. ddr-fahr schriebenen Firmen fiel sehr unterschied- Wochen im regen Schriftverkehr mit Fahr- che Fahrradhersteller. /3/ Sachsen, Wirtschaft und Arbeit, Staatsse- fahl Hiller die Beantwortung von Fragen radwiki.de, d. Red.]. Zunächst schrieb er lich aus. Einige reagierten überhaupt nicht radherstellern und Zulieferbetrieben. kretär Dr. Lang gebeten, zur „Aktivie- zu Zustand, Demontage, Produktionsplä- nur die sächsischen Fahrradproduzenten oder nur auf erneute Anfrage. So wandte Bereits im Mai 1945 begann die erste rung der sächsischen Fahrrad- und Kraft- nen, Lieferanten etc. durch die Firmen. an. Diese Schreiben sind auf Anfang Ok- sich Hiller, da Antworten zunächst ausblie- Auf Grundlage der ihm zurückgesand- von mehreren Demontagewellen in der fahrzeugindustrie“ einen entsprechenden Für die Phänomen-Werke selbst hatte er tober 1945 datiert und gingen an: ben, abermals an Brennabor und Gustloff; ten Fragebögen erarbeitete Hiller den SBZ. /4/ Bis 1948 wurde eine Vielzahl an Produktionsvorschlag für das Jahr 1946 „alle diese Fragen soweit durchgearbeitet, mit Brennabor ist jedoch weiterer Schrift- geforderten Produktionsvorschlag für Industriebetrieben demontiert, darunter auszuarbeiten und dazu die notwen- daß ich die notwendigen Feststellungen - Wanderer-Werke A.-G., Sigmar- verkehr nicht belegt, ebenso nicht mit den das Jahr 1946 – ein „Gesamtvorschlag auch Fahrradproduzenten und Zuliefer- digen Untersuchungen anzustellen. /7/ genau kenne. Ich wäre also in der Lage, an Schönau (am 8.10.1945) Thüringer Fahrradwerken, Walter & Co. über die Art und Höhe der Produktion betriebe, vor allem aber auch Unterneh- Hiller nahm diese Aufgabe an und schlug die genannten Firmen der Fahrrad- und - NAG-Presto-Werke, Chemnitz (am und Haenel. Die in ihrem Schreiben noch [und] den Bedarf in der sowjetischen men, die für die Fahrradindustrie 9.10.1945) unter dem alten Firmennamen firmieren- Besatzungszone, der sich an Fahrrädern Rohstoffe und Halbzeuge lieferten. /5/ /6/ - Dromoswerk Richard Stölzel den Gustloff-Werke teilten Hiller Ende für die deutsche arbeitende Bevölkerung Die Wiederaufnahme einer Produktion G.m.b.H., Leipzig (am 9.10.1945) November mit, dass durch den Erhalt des ergibt, und über die Engpässe, die zur war nur mit einer entsprechenden Pro- - Elite-Diamant-Werke A.G., Sigmar- Räumungsbefehls des Betriebes „die Erreichung dieses Zieles beseitigt werden duktionsgenehmigung durch die Besat- Schönau (am 8.10.1945) Beantwortung [des] Fragebogens für müssen […]“, so Hiller noch Anfang zer möglich; demontierte Betriebe muss- - Hainsberger Metallwerke Kom.Ges., gegenstandslos“ gehalten würde. /9/ Die November 1945. /10/ Sein Plan enthielt ten nach der Ausräumung zudem erst Hainsberg (am 9.10.1945) Firma Seidel & Naumann gab an, die Fahr- auch eine „bis auf die Fertigteile wie Sättel wieder von der Sowjetischen Mili- radproduktion bereits vor Kriegsbeginn und Naben vollständig und außeror- täradministration in Deutschland Nachdem Hiller Ende Oktober 1945 aufgegeben zu haben und nicht wieder auf- dentlich aufschlussreich[e]“ (Salomon) (SMAD) freigegeben werden. den Auftrag für die Aktivierung der Fahr- nehmen zu wollen bzw. zu können. Der Darstellung möglicher Zulieferbetriebe radindustrie in der gesamten SBZ erhal- Großteil der übrigen Hersteller aber zeig- für Fahrradkomponenten. Für die Fahr- Sofern Materiallage und Demontagen ten hatte, kontaktierte er Anfang Novem- te - teilweise sehr starkes - Interesse an der radproduktion sah Hiller zunächst nur es zuließen, begannen auch einige Fahr- ber 1945 auch die folgenden Fahrradher- Wiederaufnahme ihrer Fahrradprodukti- Herren- und Damenräder vor. Zwar radhersteller schon kurz nach Kriegsen- steller: on und schickte die Fragebögen beantwor- würden „früher oder später andere Model- de wieder zu produzieren – zuerst oft nur tet an Hiller zurück. le, z.B. Geschäftsräder wieder aufzuneh- einfache Gegenstände und Geräte für - Brandenburger Fahrrad- und Moto- men sein, auch können ähnliche Artikel wie Haushalt und Landwirtschaft etc. oder als renwerke Excelsior G.m.b.H., Bran- Eine weitere (undatierte) Liste Hillers Fahrradanhänger von Interesse sein; aber Fahrrad-Reparaturwerk. Schon bald aber denburg (am 2.11.1945) über „Fahrrad- und Fahrradrahmen- um das Vorgehen gegenüber deutschen und stellten mehrere Unternehmen wieder - Brennabor-Werke A.G., Brandenburg fabriken im sowjet. Besatzungsgebiet insbes. sowjetischen Behörden nicht zu komplette Fahrräder her, fast ausschließ- (am 5.11.1945) ausschl. Sachsen“ nennt weitere Fahrrad- erschweren“ bat Hiller die Fahrrad- lich jedoch als Reparationsleistung und - Elsterwerdaer Fahrradfabrik E. W. hersteller, mit denen er jedoch keinen produzenten in seinem Fragebogen, „den für Behörden in der SBZ. Reichenbach G.m.b.H., Elsterwerda Kontakt aufnahm: Produktionsvorschlag für 1946 auf diese (am 5.11.1945) beiden Haupttypen zu beschränken.“ Trotz aller Schwierigkeiten in dieser - Gustloff-Werke, Suhl (am 8.11.1945) - Anhaltische Fahrzeugfabrik Robert Umbruchszeit planten viele Fahrrad- Abb.1 Beauftragung Rudolf Hillers für „eine Fahrraderzeugungsplanung im Bereich der Sowjetischen - C. G. Haenel, Suhl (am 6.11.1945) Krause, Dessau Die Zentralverwaltung erwartete den hersteller und ihre Zulieferbetriebe kurz Besatzungszone“ durch die Deutsche Zentralverwaltung der Industrie in der Sowjetischen Besatzungs- - Metallindustrie Schönebeck A.G., - Berlin-Aachener Motorenwerk GmbH, Produktionsvorschlag bereits Anfang nach Ende, teilweise wohl bereits wäh- zone, Berlin, vom 23.10.1945. Dieses Schreiben wurde auch in russischer Sprache ausgestellt. Schönebeck/Elbe (am 6.11.1945) Berlin N Dezember, aber aufgrund der „schwie-

32 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 33 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ

Fahrzeugherstellung heranzugehen, - „Mifa“ Mitteldeutsche Fahrradwerke - Branberger Fahrradfabrik G.m.b.H, Die Aktivierung der Fahrradindustrie in der genaue Feststellungen zu treffen und diese GmbH., Berlin-Wilmersdorf (am Branberg [sic!] mit meinen Vorschlägen Ihnen vorzule- 6.11.1945) - Oskar Heise, Nordhausen Sowjetischen Besatzungszone 1945/1946 gen.“ /8/ Staatssekretär Lang stimmte den - Niederlausitzer Fahrradwerke Proch- - Adolf Lofmann, Eisen- und Metallwa- Von Justus Haupt, Fürstenwalde Vorschlägen Hillers zu, und dieser erhielt now & Bergemann, Finsterwalde (am renfabrik, Berlin-Köpenick mit Schreiben vom 4.10.1945 von der 8.11.1945) - Todtenhöfer Aktiengesellschaft, Ber- Diese Arbeit entstand im Rahmen der Forschungen für das Online-Lexikon „DDR- dem Staatssekretär bereits Ende Septem- Landesverwaltung Sachsen den offiziel- - Urania-Fahrrad-Werke Paul Tanner, lin W 35 FahrradWiki“. Die Wiederaufnahme der Fahrradproduktion nach 1945 in der Sowjeti- ber 1945 in seinem Antwortschreiben die len Auftrag, „einen Organisationsplan Cottbus (am 8.11.1945) schen Besatzungszone ist ein bislang noch unerforschtes Feld. Anhand einer Akte aus „für die Fahrraderzeugung in Frage kom- über die Aktivierung der Fahrraderzeu- - Walter & Co., Mühlhausen/Thür. (am Warum er diese Firmen im vornherein dem Nachlass des VEB Robur-Werks Zittau (bis 1956: VEB Kraftfahrzeugwerk Phä- menden Firmen [...] in alphabetischer gung im Bundesland [sic!] Sachsen selbst- 8.11.1945) von einer zukünftigen Produktion aus- nomen Zittau) können die ersten Schritte zur Aktivierung der Fahrradindustrie in der Reihenfolge [vor]“: ständig auszuarbeiten“ und „bei allen schloss, ist nicht ersichtlich. Entweder SBZ für die Jahre 1945 und 1946 nun detailliert nachvollzogen werden. einschlägigen Firmen Ermittlungen anzu- Schließlich schrieb Hiller Ende 1945/ wusste er bereits von deren Zerstörung - Elite-Diamant-Werke A. G., Sigmar- stellen“ (Lang). Anfang 1946, und zwar nachdem er sei- oder Demontage oder aber waren die Ausgangslage 1945 rend des Krieges, eine „Friedens- Schönau nen Produktionsvorschlag bereits erar- (vermuteten oder ihm bekannten) Pro- produktion“ für den Binnenmarkt. Auch - NAG-Presto-Werke, Chemnitz In seinem Brief vom 28.9.1945 an Dr. beitet und eingereicht hatte, noch an die duktionskapazitäten zu gering, um einen Auf dem Gebiet der späteren Sowjeti- die Landesverwaltungen und die Deut- - Phänomen-Werke Gustav Hiller A. G., Lang vermutete Hiller außerdem bereits (teilweise sehr kleinen) Hersteller wesentlichen Anteil zu einer zukünftigen schen Besatzungszone (SBZ) lag zum sche Zentralverwaltung der Industrie in Zittau eine mögliche Anfrage der Zentral- Gesamtproduktion beizutragen. Die Ber- Kriegsende auch die Fahrradindustrie der SBZ strebten den zügigen Wiederauf- - Wanderer-Werke A. G., Sigmar- verwaltung zur Aktivierung der Fahrrad- - Thüringer Fahrradwerk G.m.b.H., Suhl lin-Aachener Motorenwerke GmbH und danieder. Etliche Hersteller hatten im bau der Fahrradindustrie und die Auf- Schönau industrie in der gesamten SBZ. Diese (am 4.12.1945) die Todtenhöfer AG hatten Ihren Sitz bzw. Laufe des Krieges - manche bereits vor nahme einer Fahrradproduktion größe- Beauftragung erfolgte dann am 23.10.45 - Langenhan Gewehr- und Fahrradfab- Produktionsstätte in den Besatzungs- 1939 - die Produktion eingestellt. Herge- ren Umfangs bereits für das Jahr 1946 an. Ebenso nannte er als weitere mögliche schriftlich. (Abb. 1) Grundlage war ein rik, Suhl (am 4.12.1945) zonen der westlichen Alliierten und dürf- stellt wurden Fahrräder in den letzten Hersteller „die weniger bedeutenden persönliches Gespräch Hillers mit Ober- - Atlantis Fahrradfabrik, vorm. Hart- ten somit keine Option gewesen sein. Kriegsjahren hauptsächlich für das Mili- Auftrag zur Aktivierung der Fahrradin- Firmen“ ingenieur Salomon von der „Deutschen wich & Petrack, Finsterwalde (am tär; auf dem Gebiet der späteren SBZ dustrie Zentralverwaltung der Industrie in der 16.2.1946) Produktionsvorschlag für 1946 produzierten die Firmen Brennabor und - Dromoswerk Richard Stölzel G.m.b.H, SBZ“ am selben Tag in Berlin. - Seidel & Naumann, Dresden (am Wanderer spezielle Militärräder. /1/ Die Um die Fahrradproduktion in Sachsen Leipzig C.1 16.2.1946) Obwohl Hiller am 23.10.1945 von sei- Fahrradproduktion für den zivilen „wieder in Gang zu bringen“, wurde - Hainsberger Metallwerke Kom.Ges., Kontakt mit den Fahrradproduzenten nem Gespräch mit Ing. Salomon von der Gebrauch war im Laufe des Krieges stark Dipl.-Ing. Rudolf Hiller, Direktor der Hainsberg Damit hatte Hiller mit insgesamt 19 Zentralverwaltung in Berlin mit einem reduziert worden. /2/ Dennoch existier- Phänomen-Werke Gustav Hiller AG und Hiller entwarf ein Musterschreiben so- Fahrradproduzenten Verbindung aufge- „häßlichen Gelbsuchtsanfall zurückge- ten 1945 in Mitteldeutschland - zumin- Sohn des Firmengründers mit Schreiben Zur Feststellung des „gegenwärtige[n] wie einen ausführlichen Fragebogen [im nommen. Die Reaktion der ange- kehrt“ war, stand er in den folgenden dest auf dem Papier - immer noch zahlrei- vom 22.9.45 von der Landesverwaltung Status[']“ der Fahrradproduzenten emp- Original nachzulesen unter www. ddr-fahr schriebenen Firmen fiel sehr unterschied- Wochen im regen Schriftverkehr mit Fahr- che Fahrradhersteller. /3/ Sachsen, Wirtschaft und Arbeit, Staatsse- fahl Hiller die Beantwortung von Fragen radwiki.de, d. Red.]. Zunächst schrieb er lich aus. Einige reagierten überhaupt nicht radherstellern und Zulieferbetrieben. kretär Dr. Lang gebeten, zur „Aktivie- zu Zustand, Demontage, Produktionsplä- nur die sächsischen Fahrradproduzenten oder nur auf erneute Anfrage. So wandte Bereits im Mai 1945 begann die erste rung der sächsischen Fahrrad- und Kraft- nen, Lieferanten etc. durch die Firmen. an. Diese Schreiben sind auf Anfang Ok- sich Hiller, da Antworten zunächst ausblie- Auf Grundlage der ihm zurückgesand- von mehreren Demontagewellen in der fahrzeugindustrie“ einen entsprechenden Für die Phänomen-Werke selbst hatte er tober 1945 datiert und gingen an: ben, abermals an Brennabor und Gustloff; ten Fragebögen erarbeitete Hiller den SBZ. /4/ Bis 1948 wurde eine Vielzahl an Produktionsvorschlag für das Jahr 1946 „alle diese Fragen soweit durchgearbeitet, mit Brennabor ist jedoch weiterer Schrift- geforderten Produktionsvorschlag für Industriebetrieben demontiert, darunter auszuarbeiten und dazu die notwen- daß ich die notwendigen Feststellungen - Wanderer-Werke A.-G., Sigmar- verkehr nicht belegt, ebenso nicht mit den das Jahr 1946 – ein „Gesamtvorschlag auch Fahrradproduzenten und Zuliefer- digen Untersuchungen anzustellen. /7/ genau kenne. Ich wäre also in der Lage, an Schönau (am 8.10.1945) Thüringer Fahrradwerken, Walter & Co. über die Art und Höhe der Produktion betriebe, vor allem aber auch Unterneh- Hiller nahm diese Aufgabe an und schlug die genannten Firmen der Fahrrad- und - NAG-Presto-Werke, Chemnitz (am und Haenel. Die in ihrem Schreiben noch [und] den Bedarf in der sowjetischen men, die für die Fahrradindustrie 9.10.1945) unter dem alten Firmennamen firmieren- Besatzungszone, der sich an Fahrrädern Rohstoffe und Halbzeuge lieferten. /5/ /6/ - Dromoswerk Richard Stölzel den Gustloff-Werke teilten Hiller Ende für die deutsche arbeitende Bevölkerung Die Wiederaufnahme einer Produktion G.m.b.H., Leipzig (am 9.10.1945) November mit, dass durch den Erhalt des ergibt, und über die Engpässe, die zur war nur mit einer entsprechenden Pro- - Elite-Diamant-Werke A.G., Sigmar- Räumungsbefehls des Betriebes „die Erreichung dieses Zieles beseitigt werden duktionsgenehmigung durch die Besat- Schönau (am 8.10.1945) Beantwortung [des] Fragebogens für müssen […]“, so Hiller noch Anfang zer möglich; demontierte Betriebe muss- - Hainsberger Metallwerke Kom.Ges., gegenstandslos“ gehalten würde. /9/ Die November 1945. /10/ Sein Plan enthielt ten nach der Ausräumung zudem erst Hainsberg (am 9.10.1945) Firma Seidel & Naumann gab an, die Fahr- auch eine „bis auf die Fertigteile wie Sättel wieder von der Sowjetischen Mili- radproduktion bereits vor Kriegsbeginn und Naben vollständig und außeror- täradministration in Deutschland Nachdem Hiller Ende Oktober 1945 aufgegeben zu haben und nicht wieder auf- dentlich aufschlussreich[e]“ (Salomon) (SMAD) freigegeben werden. den Auftrag für die Aktivierung der Fahr- nehmen zu wollen bzw. zu können. Der Darstellung möglicher Zulieferbetriebe radindustrie in der gesamten SBZ erhal- Großteil der übrigen Hersteller aber zeig- für Fahrradkomponenten. Für die Fahr- Sofern Materiallage und Demontagen ten hatte, kontaktierte er Anfang Novem- te - teilweise sehr starkes - Interesse an der radproduktion sah Hiller zunächst nur es zuließen, begannen auch einige Fahr- ber 1945 auch die folgenden Fahrradher- Wiederaufnahme ihrer Fahrradprodukti- Herren- und Damenräder vor. Zwar radhersteller schon kurz nach Kriegsen- steller: on und schickte die Fragebögen beantwor- würden „früher oder später andere Model- de wieder zu produzieren – zuerst oft nur tet an Hiller zurück. le, z.B. Geschäftsräder wieder aufzuneh- einfache Gegenstände und Geräte für - Brandenburger Fahrrad- und Moto- men sein, auch können ähnliche Artikel wie Haushalt und Landwirtschaft etc. oder als renwerke Excelsior G.m.b.H., Bran- Eine weitere (undatierte) Liste Hillers Fahrradanhänger von Interesse sein; aber Fahrrad-Reparaturwerk. Schon bald aber denburg (am 2.11.1945) über „Fahrrad- und Fahrradrahmen- um das Vorgehen gegenüber deutschen und stellten mehrere Unternehmen wieder - Brennabor-Werke A.G., Brandenburg fabriken im sowjet. Besatzungsgebiet insbes. sowjetischen Behörden nicht zu komplette Fahrräder her, fast ausschließ- (am 5.11.1945) ausschl. Sachsen“ nennt weitere Fahrrad- erschweren“ bat Hiller die Fahrrad- lich jedoch als Reparationsleistung und - Elsterwerdaer Fahrradfabrik E. W. hersteller, mit denen er jedoch keinen produzenten in seinem Fragebogen, „den für Behörden in der SBZ. Reichenbach G.m.b.H., Elsterwerda Kontakt aufnahm: Produktionsvorschlag für 1946 auf diese (am 5.11.1945) beiden Haupttypen zu beschränken.“ Trotz aller Schwierigkeiten in dieser - Gustloff-Werke, Suhl (am 8.11.1945) - Anhaltische Fahrzeugfabrik Robert Umbruchszeit planten viele Fahrrad- Abb.1 Beauftragung Rudolf Hillers für „eine Fahrraderzeugungsplanung im Bereich der Sowjetischen - C. G. Haenel, Suhl (am 6.11.1945) Krause, Dessau Die Zentralverwaltung erwartete den hersteller und ihre Zulieferbetriebe kurz Besatzungszone“ durch die Deutsche Zentralverwaltung der Industrie in der Sowjetischen Besatzungs- - Metallindustrie Schönebeck A.G., - Berlin-Aachener Motorenwerk GmbH, Produktionsvorschlag bereits Anfang nach Ende, teilweise wohl bereits wäh- zone, Berlin, vom 23.10.1945. Dieses Schreiben wurde auch in russischer Sprache ausgestellt. Schönebeck/Elbe (am 6.11.1945) Berlin N Dezember, aber aufgrund der „schwie-

32 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 33 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ rigen Post- und Telefonverbindungen, von falls beiliegende Unterlagen übersandt“. lagen dazu. Hinweise auf die angestreb- Industrie aus Berlin, dem eine (weitere) Tabelle 2 den Verkehrsverhältnissen ganz zu /11/ Er bat Timpe, „daß doch von der Fahr- ten Produktionszahlen existieren den- Übersicht der für 1946 beabsichtigten schweigen, [hatten sich] die nötigen Fest- radindustrie der amerikanischen und der noch: In einer auf den 14.1.1946 datierten Produktion beigefügt war. (Tab. 2) Diese stellungen verzögern müssen“ (Hiller). britischen Bestzungszone ein Meinungs- Übersicht (Tab. 1) , die zwischen demon- Liste unterschied ebenfalls zwischen Die für eine genaue Planung entschei- austausch vorgenommen werden soll, um tierten und nicht demontierten Betrieben demontierten und nicht demontierten denden „Verhältnisse, wie sie bei den Vor- einen gemeinsamen Plan zu fassen“ und unterscheidet, wurde für elf Fahr- Betrieben und enthielt eine von Hiller und Zulieferanten vorliegen“, veranlass- war der Ansicht, „daß es unsere Pflicht ist, radproduzenten deren maximale Kapazi- ermittelte Summe von insgesamt 323 000 ten Hiller zudem noch Anfang Dezember unseren Besatzungsbehörden einen klaren tät und eine mögliche Stückzahl angege- Fahrrädern sowie von 310 000 Fahrrä- „die Berge von Unterlagenmaterial zu Plan vorzulegen, welche Voraussetzungen ben. Dabei kam man für das Jahr 1946 auf dern, die von der Zentralverwaltung für sichten“ um „mit [dem] Plan eine Klarstel- für die Ingangsetzung der Fahrradindustrie eine gesamte maximale Kapazität von möglich oder notwendig erachtet wurden lung zu geben, die die Situation eindeutig in allen Zonen gegeben sind.“ 407 000 Fahrrädern und eine mögliche (diese Summe deckt sich mit der „Mögli- aufzeichnet.“ chen Fertigung“ aus der zuerst genannten Tabelle 1 Übersicht). Nachdem Hiller am 8. Dezember an Ing. Salomon telegrafiert hatte, dass „alle Hiller ging mit diesen ihm vorgelegten Erhebungen über Fabrikation, Konstruk- Zahlen konform, die geringen Differen- tion und Bezug soweit sie erhältlich waren zen schienen für ihn unerheblich, wenn er trotz schwerer Gelbsucht abgeschlossen gegenüber der Zentralverwaltung äußer- [seien]“, ließ er am 15. Dezember den te, dass „[ü]ber die Produktionskapazitä- Produktionsvorschlag durch einen ten […] ja wohl im Moment nicht disku- Kurier persönlich an Salomon (Zentral- tiert zu werden [braucht]. […] Es wird ja in verwaltung in Berlin) sowie an Staats- der Praxis abzuwarten sein, wer, wenn es ekretär Dr. Lang (Landesverwaltung wirklich einmal zur Produktion kommt, Sachsen) übergeben. nachhinkt und sein Produktionssoll nicht erreicht, und auf der anderen Seite, wer so Zu Beginn des Jahres 1946 übermittelte tüchtig ist, daß er mehr schafft, als ihm Hiller seinen Produktionsvorschlag außer- ursprünglich zugeteilt worden ist. Daraus dem an hohe Ebenen ziviler Verwaltun- werden sich auch in der Frage der Materi- gen: Am 25. Januar an den Präsidenten der alzuteilung Schritte ergreifen lassen, die Provinz Sachsen, Dr. Hübener (auf einen Ausgleich herbeiführen.“ Dass die Wunsch der Landesverwaltung), und am 4. angestrebte Größenordnung der Produk- Januar durch einen Kurier an den Direktor tion in etwa erreicht werden würde, der Deutschen Zentralverwaltung der schien für Hiller indes nicht in Frage zu Industrie, Herrn Skriposinsky. Das unter- stehen. streicht die Bedeutung, die Hiller, vor […] Der Produktionsplan selbst steht genormte Fahrrad-Konstruktion herstel- allem aber die zivile politische und wirt- Neben den o. g. Übersichten zu den und fällt mit der Bereitstellung der benö- len. Bereits im Kriege haben wir bei den schaftliche Führung, einem Wiederaufbau Fahrradproduzenten ist außerdem eine tigten Rohmaterialien und Energien.“ Planungen für die Friedensfertigung den der Fahrradindustrie offensichtlich beima- 10-seitige Tabelle erhalten, die offenbar Entschluss gefasst, uns auf die genormte ßen. Dass der Produktionsvorschlag von von Hiller stammt und einen detaillierten Konstruktion – das Einheitsrad Ausführung umzustellen, da wir hierin Hiller oder den zivilen Verwaltungen auch Überblick über Betriebe, deren Produkte eine grosse Erleichterung erblicken. Vor an sowjetische Stellen übergeben wurde, (Fahrradteile, Rohstoffe/Halbzeug) und Ein Aspekt in Hillers Fragebogen war allen Dingen wird dadurch die Lagerhal- ist nicht nachgewiesen. Lieferfähigkeit gibt. Aufgeführt sind die Frage nach der Konstruktion, d. h. tung von Ersatzteilen bei den Fahrrad- sowohl Betriebe aus der SBZ als auch aus nach Maßen und Normen der zukünftig händlern ganz wesentlich vereinfacht, Zwischen Landesverwaltung und Zen- den westlichen Besatzungszonen, die also zu produzierenden Fahrräder: „Grund- wodurch eine grosse Materialersparnis tralverwaltung fand nun ein Austausch ebenso als potentielle Zulieferer vorgese- sätzlich ist der Unterschied zu machen eintritt. Es könnten sich ferner auch die über den vorgelegten Produkti- hen waren. Sehr wahrscheinlich war auch zwischen eigener Fahrradkonstruktion Herstellerfirmen bei etwa eintretenden onsvorschlag statt. Hiller schlug gemein- diese Darstellung Grundlage für den des Herstellerwerkes und der Normkon- Materialschwierigkeiten, mit den evtl. same Gespräche auch mit ihm als Teil- Produktionsvorschlag bzw. dessen unmit- struktion, wie sie im vergangenen Kriege gerechnet werden muss, durch Austausch nehmer vor und plante, Anfang März telbarer Bestandteil, denn Hiller war von aufzustellen versucht wurde. Welches ist oder Lieferung von Roh- oder fertigen 1946 nach Berlin zu fahren, um dort mit Lang im Dezember 1945 auch beauftragt Ihr Standpunkt? Wollen Sie die Normkon- Zubehörteilen, gegenseitig unterstützen.“ Salomon von der Zentralverwaltung worden, für „Fahrradteile, Kupplungen struktion übernehmen und warum? Falls Ein wesentlicher Grund der Entschei- über die Produktionsplanung zu spre- und Motoren einen Produktionsplan […] Sie eine eigene Konstruktion vorschlagen, dungen contra Einheitsrad war v. a. die chen. Ein Gespräch zwischen beiden fand auszuarbeiten […].“ Diesen Plan wollte bezeichnen Sie diese bitte näher, insbes. aufwändige Umstellung der Produk- am 5.3.1946 statt, über dessen Inhalt und Hiller „nach folgenden Gesichtspunkten Rohrstärke, Art der Muffenverbindung, tionsanlagen. So schrieben die Presto- Ergebnis jedoch nichts bekannt ist. unterteilen: Rahmenhöhe, deutsches oder BSA-Lager, Werke, dass sie „der Ansicht [seien], dass Bremsnabe oder Felgenbremse usw. Erbli- es für den möglichst schnellen Anlauf der Ende Januar 1946 schickte Hiller den 1. Voraussichtlicher Bedarf der Fahrrad- cken Sie in Zukunft in der Herstellung Fahrradproduktion vorteilhaft ist, vorläu- schriftlichen Teil seines Produktionspla- Industrie in der russischen Besatzungs- einer Normkonstruktion Vorteile?“ fig bei der bisherigen Presto-Konstruktion nes zudem an den Verband der Fahrrad- zone, zu bleiben. Die angestrebte Normkon- industrie der britischen Zone mit Sitz in Produktionszahlen Fertigung von 310 000 Fahrrädern. Ob 2. Voraussichtlicher Bedarf des Grosshan- Eine Produktion des Einheitsrad struktion ist zur Zeit nicht durchführbar, Bielefeld, nachdem sich dieser mit ihm in diese Übersicht von Hiller oder der Zen- dels, geschätzt an Hand der bei uns strebten fünf Fahrradproduzenten an. da 1.) das dazu erforderliche techn. Perso- Verbindung gesetzt hatte. Zudem hatte Der Produktionsvorschlag selbst ist tralverwaltung erstellt wurde, ist nicht zu vorliegenden Bestellungen. /12/ Weitere fünf wollten (zunächst) Fahr- nal fehlt und 2.) die notwendigen Werk- er mit dem früheren Geschäftsführer des durch die dem Autor vorliegenden oder erkennen. 3. Reparationslieferungen an die UdSSR. räder nach eigener Konstruktion fertigen. zeuge und Vorrichtungen nicht vorhanden Verein Deutscher Fahrradindustrieller andere Akten des Sächsischen Staatsar- 4. Kompensationsgeschäfte. /13/ Für die Gründe pro Einheitsrad kann sind. Der Neuanfertigung von Vorrichtun- (VDI), Dr. Timpe, „einen regen Mei- chivs nicht überliefert. Auch im Bundes- Ende Januar 1946 erhielt Hiller ein 5.Exportmöglichkeiten und deren die Antwort der Hainsberger Metallwer- gen und Werkzeugen stehen gegenwärtig nungsaustausch begonnen“ und „gleich- archiv finden sich keine weiteren Unter- Schreiben der Zentralverwaltung der Befriedigung. ke beispielhaft stehen: „Wir wollen die techn. Schwierigkeiten entgegen.“

34 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 35 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ rigen Post- und Telefonverbindungen, von falls beiliegende Unterlagen übersandt“. lagen dazu. Hinweise auf die angestreb- Industrie aus Berlin, dem eine (weitere) Tabelle 2 den Verkehrsverhältnissen ganz zu /11/ Er bat Timpe, „daß doch von der Fahr- ten Produktionszahlen existieren den- Übersicht der für 1946 beabsichtigten schweigen, [hatten sich] die nötigen Fest- radindustrie der amerikanischen und der noch: In einer auf den 14.1.1946 datierten Produktion beigefügt war. (Tab. 2) Diese stellungen verzögern müssen“ (Hiller). britischen Bestzungszone ein Meinungs- Übersicht (Tab. 1) , die zwischen demon- Liste unterschied ebenfalls zwischen Die für eine genaue Planung entschei- austausch vorgenommen werden soll, um tierten und nicht demontierten Betrieben demontierten und nicht demontierten denden „Verhältnisse, wie sie bei den Vor- einen gemeinsamen Plan zu fassen“ und unterscheidet, wurde für elf Fahr- Betrieben und enthielt eine von Hiller und Zulieferanten vorliegen“, veranlass- war der Ansicht, „daß es unsere Pflicht ist, radproduzenten deren maximale Kapazi- ermittelte Summe von insgesamt 323 000 ten Hiller zudem noch Anfang Dezember unseren Besatzungsbehörden einen klaren tät und eine mögliche Stückzahl angege- Fahrrädern sowie von 310 000 Fahrrä- „die Berge von Unterlagenmaterial zu Plan vorzulegen, welche Voraussetzungen ben. Dabei kam man für das Jahr 1946 auf dern, die von der Zentralverwaltung für sichten“ um „mit [dem] Plan eine Klarstel- für die Ingangsetzung der Fahrradindustrie eine gesamte maximale Kapazität von möglich oder notwendig erachtet wurden lung zu geben, die die Situation eindeutig in allen Zonen gegeben sind.“ 407 000 Fahrrädern und eine mögliche (diese Summe deckt sich mit der „Mögli- aufzeichnet.“ chen Fertigung“ aus der zuerst genannten Tabelle 1 Übersicht). Nachdem Hiller am 8. Dezember an Ing. Salomon telegrafiert hatte, dass „alle Hiller ging mit diesen ihm vorgelegten Erhebungen über Fabrikation, Konstruk- Zahlen konform, die geringen Differen- tion und Bezug soweit sie erhältlich waren zen schienen für ihn unerheblich, wenn er trotz schwerer Gelbsucht abgeschlossen gegenüber der Zentralverwaltung äußer- [seien]“, ließ er am 15. Dezember den te, dass „[ü]ber die Produktionskapazitä- Produktionsvorschlag durch einen ten […] ja wohl im Moment nicht disku- Kurier persönlich an Salomon (Zentral- tiert zu werden [braucht]. […] Es wird ja in verwaltung in Berlin) sowie an Staats- der Praxis abzuwarten sein, wer, wenn es ekretär Dr. Lang (Landesverwaltung wirklich einmal zur Produktion kommt, Sachsen) übergeben. nachhinkt und sein Produktionssoll nicht erreicht, und auf der anderen Seite, wer so Zu Beginn des Jahres 1946 übermittelte tüchtig ist, daß er mehr schafft, als ihm Hiller seinen Produktionsvorschlag außer- ursprünglich zugeteilt worden ist. Daraus dem an hohe Ebenen ziviler Verwaltun- werden sich auch in der Frage der Materi- gen: Am 25. Januar an den Präsidenten der alzuteilung Schritte ergreifen lassen, die Provinz Sachsen, Dr. Hübener (auf einen Ausgleich herbeiführen.“ Dass die Wunsch der Landesverwaltung), und am 4. angestrebte Größenordnung der Produk- Januar durch einen Kurier an den Direktor tion in etwa erreicht werden würde, der Deutschen Zentralverwaltung der schien für Hiller indes nicht in Frage zu Industrie, Herrn Skriposinsky. Das unter- stehen. streicht die Bedeutung, die Hiller, vor […] Der Produktionsplan selbst steht genormte Fahrrad-Konstruktion herstel- allem aber die zivile politische und wirt- Neben den o. g. Übersichten zu den und fällt mit der Bereitstellung der benö- len. Bereits im Kriege haben wir bei den schaftliche Führung, einem Wiederaufbau Fahrradproduzenten ist außerdem eine tigten Rohmaterialien und Energien.“ Planungen für die Friedensfertigung den der Fahrradindustrie offensichtlich beima- 10-seitige Tabelle erhalten, die offenbar Entschluss gefasst, uns auf die genormte ßen. Dass der Produktionsvorschlag von von Hiller stammt und einen detaillierten Konstruktion – das Einheitsrad Ausführung umzustellen, da wir hierin Hiller oder den zivilen Verwaltungen auch Überblick über Betriebe, deren Produkte eine grosse Erleichterung erblicken. Vor an sowjetische Stellen übergeben wurde, (Fahrradteile, Rohstoffe/Halbzeug) und Ein Aspekt in Hillers Fragebogen war allen Dingen wird dadurch die Lagerhal- ist nicht nachgewiesen. Lieferfähigkeit gibt. Aufgeführt sind die Frage nach der Konstruktion, d. h. tung von Ersatzteilen bei den Fahrrad- sowohl Betriebe aus der SBZ als auch aus nach Maßen und Normen der zukünftig händlern ganz wesentlich vereinfacht, Zwischen Landesverwaltung und Zen- den westlichen Besatzungszonen, die also zu produzierenden Fahrräder: „Grund- wodurch eine grosse Materialersparnis tralverwaltung fand nun ein Austausch ebenso als potentielle Zulieferer vorgese- sätzlich ist der Unterschied zu machen eintritt. Es könnten sich ferner auch die über den vorgelegten Produkti- hen waren. Sehr wahrscheinlich war auch zwischen eigener Fahrradkonstruktion Herstellerfirmen bei etwa eintretenden onsvorschlag statt. Hiller schlug gemein- diese Darstellung Grundlage für den des Herstellerwerkes und der Normkon- Materialschwierigkeiten, mit den evtl. same Gespräche auch mit ihm als Teil- Produktionsvorschlag bzw. dessen unmit- struktion, wie sie im vergangenen Kriege gerechnet werden muss, durch Austausch nehmer vor und plante, Anfang März telbarer Bestandteil, denn Hiller war von aufzustellen versucht wurde. Welches ist oder Lieferung von Roh- oder fertigen 1946 nach Berlin zu fahren, um dort mit Lang im Dezember 1945 auch beauftragt Ihr Standpunkt? Wollen Sie die Normkon- Zubehörteilen, gegenseitig unterstützen.“ Salomon von der Zentralverwaltung worden, für „Fahrradteile, Kupplungen struktion übernehmen und warum? Falls Ein wesentlicher Grund der Entschei- über die Produktionsplanung zu spre- und Motoren einen Produktionsplan […] Sie eine eigene Konstruktion vorschlagen, dungen contra Einheitsrad war v. a. die chen. Ein Gespräch zwischen beiden fand auszuarbeiten […].“ Diesen Plan wollte bezeichnen Sie diese bitte näher, insbes. aufwändige Umstellung der Produk- am 5.3.1946 statt, über dessen Inhalt und Hiller „nach folgenden Gesichtspunkten Rohrstärke, Art der Muffenverbindung, tionsanlagen. So schrieben die Presto- Ergebnis jedoch nichts bekannt ist. unterteilen: Rahmenhöhe, deutsches oder BSA-Lager, Werke, dass sie „der Ansicht [seien], dass Bremsnabe oder Felgenbremse usw. Erbli- es für den möglichst schnellen Anlauf der Ende Januar 1946 schickte Hiller den 1. Voraussichtlicher Bedarf der Fahrrad- cken Sie in Zukunft in der Herstellung Fahrradproduktion vorteilhaft ist, vorläu- schriftlichen Teil seines Produktionspla- Industrie in der russischen Besatzungs- einer Normkonstruktion Vorteile?“ fig bei der bisherigen Presto-Konstruktion nes zudem an den Verband der Fahrrad- zone, zu bleiben. Die angestrebte Normkon- industrie der britischen Zone mit Sitz in Produktionszahlen Fertigung von 310 000 Fahrrädern. Ob 2. Voraussichtlicher Bedarf des Grosshan- Eine Produktion des Einheitsrad struktion ist zur Zeit nicht durchführbar, Bielefeld, nachdem sich dieser mit ihm in diese Übersicht von Hiller oder der Zen- dels, geschätzt an Hand der bei uns strebten fünf Fahrradproduzenten an. da 1.) das dazu erforderliche techn. Perso- Verbindung gesetzt hatte. Zudem hatte Der Produktionsvorschlag selbst ist tralverwaltung erstellt wurde, ist nicht zu vorliegenden Bestellungen. /12/ Weitere fünf wollten (zunächst) Fahr- nal fehlt und 2.) die notwendigen Werk- er mit dem früheren Geschäftsführer des durch die dem Autor vorliegenden oder erkennen. 3. Reparationslieferungen an die UdSSR. räder nach eigener Konstruktion fertigen. zeuge und Vorrichtungen nicht vorhanden Verein Deutscher Fahrradindustrieller andere Akten des Sächsischen Staatsar- 4. Kompensationsgeschäfte. /13/ Für die Gründe pro Einheitsrad kann sind. Der Neuanfertigung von Vorrichtun- (VDI), Dr. Timpe, „einen regen Mei- chivs nicht überliefert. Auch im Bundes- Ende Januar 1946 erhielt Hiller ein 5.Exportmöglichkeiten und deren die Antwort der Hainsberger Metallwer- gen und Werkzeugen stehen gegenwärtig nungsaustausch begonnen“ und „gleich- archiv finden sich keine weiteren Unter- Schreiben der Zentralverwaltung der Befriedigung. ke beispielhaft stehen: „Wir wollen die techn. Schwierigkeiten entgegen.“

34 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 35 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ

Die Normkonstruktion für Fahrräder Tabelle 3 Tabelle 4 Kettenblätter. Einen Steuerkopf mit 130 („Einheitsrad“) war bereits 1942 erarbei- mm Länge besaßen u. a. Herrentourenrä- tet und zum 1. April 1943 verbindlich der (28“) des VEB Elite-Diamant, von eingeführt worden, um den Fahrradbau Möve (Modell 10, spätestens ab 1951) kriegsbedingt zu vereinheitlichen und und Mifa sowie Sporträder von Diamant rationalisieren. Das betraf neben Kom- (ab 1954) und Mifa (ab 1969). Die Rah- ponenten vor allem wesentliche Maße menform des Einheits-Damenrades mit wie Rohrlängen, -durchmesser und Pas- parallel verlaufendem Ober- und Unter- sungen, die in entsprechenden DIN- rohr bauten Diamant (bis etwa 1959), Normen festgelegt wurden. Einen aus- Mifa (bis etwa 1953) und Möve (bis etwa führlichen Überblick über Maße und Kon- 1959). Bereits diese Übereinstimmungen struktion der Einheitsräder (Damen- und deuten darauf hin, dass die Fahrrad- Herrenausführung) gibt die handschrift- Normkonstruktion von 1942 merklichen liche Aufstellung „Unterschiede zwi- Einfluss auf den Fahrradbau in der DDR schen Phänomen-Modellen F1 u. F2 und hatte. Einheitsfahrrad“ der Phänomen-Werke vom 23.11.1945. (Tab. 3) Fahrradproduktion 1946

Die Übersicht verdeutlicht, dass die Die Menge der im Jahr 1946 tatsäch- Umsetzung genormter Maße bei der lich produzierten Fahrräder reichte mit Rahmenproduktion auch für die Zu- nur 33 700 Stück nicht annähernd an eine lieferer von Halbzeug vorteilhaft sein der zum Produktionsvorschlag überlie- musste, da von den Fahrradherstellern ferten Summen. /15/ Es ist davon auszu- nur noch wenige verschiedene Rohr- gehen, dass die errechneten Stückzahlen durchmesser- und -stärken, entsprechend nicht vor 1950 erreicht wurden (tatsächli- genormte Muffen etc. benötigt würden. che Produktion 1948: 165 800, 1950: 338 Das bedeutete letztlich Materialeinspa- 300 Fahrräder; für 1947 und 1949 liegen rungen und auch die herstellerunabhän- keine Angaben vor). /16/ Der Großteil gige Verwendung von Anbauteilen wie der Produktion musste seit 1945 als Repa- Getriebe, Steuersatz etc. Hiller nannte es rationsleistung an die Sowjetunion gelie- bereits im November 1945 in einer fert werden. Die Abgabe von Fahrrädern Aktennotiz eine „prinzipielle Entschei- innerhalb der SBZ wurde zunächst durch dung […], ob wir in der Fahrradindustrie die Versorgungsbefehle der SMAD bzw. auf unsere Einzelkonstruktionen oder auf durch Verteilungspläne geregelt. Der die 1942 geschaffene Normkonstruktion Bedarf bei Reichsbahn, Post, Gesund- zukommen werden.“ Im Produktionsvor- heitswesen etc. war groß, so dass die weni- schlag wurde dann schließlich die Norm- gen freigegebenen Fahrräder vor allem konstruktion „für die Fahrradproduktion an Behörden gingen beziehungsweise in der sowjetischen Zone […] zugrunde von diesen nach Freigabe eines für sie gelegt“. Dazu stand Hiller ab Ende bestimmten Kontingents direkt beim November 1945 auch mit dem „Fachnor- Hersteller gekauft wurden. Selbst diese menausschuss der Kraftfahrzeug- Fahrräder zu beschaffen, stellte die Käu- industrie im Deutschen Normenaus- fer nicht selten vor Schwierigkeiten, denn schuss“ (Berlin-Charlottenburg) in Ver- die zugeteilten Kontingente waren nicht bindung. Im Hinblick auf eine zukünftige groß. So waren etwa für das Land Sachsen zentral gesteuerte und möglichst effizient im 1. Quartal 1947 „100 Fahrräder vorge- produzierende Fahrradindustrie war eine sehen, die, falls ihre Freigabe erfolgen

Vereinheitlichung von Fahrrädern und Touren- und Sporträder verwendet (aus- Komponenten letztlich unumgänglich. genommen die Hersteller VEB Möve- Werk Mühlhausen, VEB Fahrradwerk Als Beispiel für die Fortführung des Hainsberg und VEB Fahrradwerk Crinitz Baues von Einheitsrädern können das mit 25 mm Sattelstützen). Das Gabel- „Modell EH“ für Herren (Abb. 2) und schaftgewinde mit den Maßen M26 x 1 das „Modell ED“ für Damen (Abb. 3) wurde ebenfalls von der Einheitskon- von Elite-Diamant gelten /14/. Ein Ver- struktion übernommen und zum Stan- gleich der Konstruktion des Modells EH dard in der DDR-Fahrradindustrie (Aus- mit der Normkonstruktion verdeutlicht nahme war wiederum das Fahrradwerk die Gemeinsamkeiten. (Tab. 4) Hainsberg, das noch bis 1951/52 das Ein- Zoll-Gewinde verwendete). Auch das seit Ein umfassender Vergleich des Ein- den frühen 1940er Jahren verbaute Ein- heitsfahrrades mit Tourenfahrrädern heitskettenblatt (6-Loch) für Glockenge- anderer DDR-Fahrradhersteller ist noch triebe wurde nach dem Krieg weiter erforderlich. Schon jetzt aber lassen sich gefertigt. (siehe Abb. 2 u. 3) Es war Abb. 2 Diamant Modell EH, 1946. Quelle: Aidn, Werner: Diamant – Fahrräder, Motorräder, Gemeinsamkeiten erkennen: Sattelstüt- noch bis 1955 eines der an DDR- Abb. 3 Diamant Modell ED, 1946. Quelle: Aidn, Werner: Diamant – Fahrräder, Motorrä- Radsport, Leipzig 2010 zen mit 24 mm Durchmesser wurden für Tourenfahrrädern verbauten Standard- der, Radsport, Leipzig 2010

36 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 37 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ

Die Normkonstruktion für Fahrräder Tabelle 3 Tabelle 4 Kettenblätter. Einen Steuerkopf mit 130 („Einheitsrad“) war bereits 1942 erarbei- mm Länge besaßen u. a. Herrentourenrä- tet und zum 1. April 1943 verbindlich der (28“) des VEB Elite-Diamant, von eingeführt worden, um den Fahrradbau Möve (Modell 10, spätestens ab 1951) kriegsbedingt zu vereinheitlichen und und Mifa sowie Sporträder von Diamant rationalisieren. Das betraf neben Kom- (ab 1954) und Mifa (ab 1969). Die Rah- ponenten vor allem wesentliche Maße menform des Einheits-Damenrades mit wie Rohrlängen, -durchmesser und Pas- parallel verlaufendem Ober- und Unter- sungen, die in entsprechenden DIN- rohr bauten Diamant (bis etwa 1959), Normen festgelegt wurden. Einen aus- Mifa (bis etwa 1953) und Möve (bis etwa führlichen Überblick über Maße und Kon- 1959). Bereits diese Übereinstimmungen struktion der Einheitsräder (Damen- und deuten darauf hin, dass die Fahrrad- Herrenausführung) gibt die handschrift- Normkonstruktion von 1942 merklichen liche Aufstellung „Unterschiede zwi- Einfluss auf den Fahrradbau in der DDR schen Phänomen-Modellen F1 u. F2 und hatte. Einheitsfahrrad“ der Phänomen-Werke vom 23.11.1945. (Tab. 3) Fahrradproduktion 1946

Die Übersicht verdeutlicht, dass die Die Menge der im Jahr 1946 tatsäch- Umsetzung genormter Maße bei der lich produzierten Fahrräder reichte mit Rahmenproduktion auch für die Zu- nur 33 700 Stück nicht annähernd an eine lieferer von Halbzeug vorteilhaft sein der zum Produktionsvorschlag überlie- musste, da von den Fahrradherstellern ferten Summen. /15/ Es ist davon auszu- nur noch wenige verschiedene Rohr- gehen, dass die errechneten Stückzahlen durchmesser- und -stärken, entsprechend nicht vor 1950 erreicht wurden (tatsächli- genormte Muffen etc. benötigt würden. che Produktion 1948: 165 800, 1950: 338 Das bedeutete letztlich Materialeinspa- 300 Fahrräder; für 1947 und 1949 liegen rungen und auch die herstellerunabhän- keine Angaben vor). /16/ Der Großteil gige Verwendung von Anbauteilen wie der Produktion musste seit 1945 als Repa- Getriebe, Steuersatz etc. Hiller nannte es rationsleistung an die Sowjetunion gelie- bereits im November 1945 in einer fert werden. Die Abgabe von Fahrrädern Aktennotiz eine „prinzipielle Entschei- innerhalb der SBZ wurde zunächst durch dung […], ob wir in der Fahrradindustrie die Versorgungsbefehle der SMAD bzw. auf unsere Einzelkonstruktionen oder auf durch Verteilungspläne geregelt. Der die 1942 geschaffene Normkonstruktion Bedarf bei Reichsbahn, Post, Gesund- zukommen werden.“ Im Produktionsvor- heitswesen etc. war groß, so dass die weni- schlag wurde dann schließlich die Norm- gen freigegebenen Fahrräder vor allem konstruktion „für die Fahrradproduktion an Behörden gingen beziehungsweise in der sowjetischen Zone […] zugrunde von diesen nach Freigabe eines für sie gelegt“. Dazu stand Hiller ab Ende bestimmten Kontingents direkt beim November 1945 auch mit dem „Fachnor- Hersteller gekauft wurden. Selbst diese menausschuss der Kraftfahrzeug- Fahrräder zu beschaffen, stellte die Käu- industrie im Deutschen Normenaus- fer nicht selten vor Schwierigkeiten, denn schuss“ (Berlin-Charlottenburg) in Ver- die zugeteilten Kontingente waren nicht bindung. Im Hinblick auf eine zukünftige groß. So waren etwa für das Land Sachsen zentral gesteuerte und möglichst effizient im 1. Quartal 1947 „100 Fahrräder vorge- produzierende Fahrradindustrie war eine sehen, die, falls ihre Freigabe erfolgen

Vereinheitlichung von Fahrrädern und Touren- und Sporträder verwendet (aus- Komponenten letztlich unumgänglich. genommen die Hersteller VEB Möve- Werk Mühlhausen, VEB Fahrradwerk Als Beispiel für die Fortführung des Hainsberg und VEB Fahrradwerk Crinitz Baues von Einheitsrädern können das mit 25 mm Sattelstützen). Das Gabel- „Modell EH“ für Herren (Abb. 2) und schaftgewinde mit den Maßen M26 x 1 das „Modell ED“ für Damen (Abb. 3) wurde ebenfalls von der Einheitskon- von Elite-Diamant gelten /14/. Ein Ver- struktion übernommen und zum Stan- gleich der Konstruktion des Modells EH dard in der DDR-Fahrradindustrie (Aus- mit der Normkonstruktion verdeutlicht nahme war wiederum das Fahrradwerk die Gemeinsamkeiten. (Tab. 4) Hainsberg, das noch bis 1951/52 das Ein- Zoll-Gewinde verwendete). Auch das seit Ein umfassender Vergleich des Ein- den frühen 1940er Jahren verbaute Ein- heitsfahrrades mit Tourenfahrrädern heitskettenblatt (6-Loch) für Glockenge- anderer DDR-Fahrradhersteller ist noch triebe wurde nach dem Krieg weiter erforderlich. Schon jetzt aber lassen sich gefertigt. (siehe Abb. 2 u. 3) Es war Abb. 2 Diamant Modell EH, 1946. Quelle: Aidn, Werner: Diamant – Fahrräder, Motorräder, Gemeinsamkeiten erkennen: Sattelstüt- noch bis 1955 eines der an DDR- Abb. 3 Diamant Modell ED, 1946. Quelle: Aidn, Werner: Diamant – Fahrräder, Motorrä- Radsport, Leipzig 2010 zen mit 24 mm Durchmesser wurden für Tourenfahrrädern verbauten Standard- der, Radsport, Leipzig 2010

36 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 37 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ sollte, in der Hauptsache für den vordring- Tabelle 5 (oberer Teil) Tabelle 5 (unterer Teil) fallend ist, dass Hiller vor allem von lichen Bedarf bei der Post bestimmt [wa- Zulieferbetrieben mitunter als Vermittler ren].“ /17/ Dass vor 1948 Fahrräder in und „Problemlöser“ bei der Beschaffung größerem Umfang für die Bevölkerung von Material, aber auch von Produktions- bereitgestellt werden konnten, ist nicht aufträgen gesehen wurde. Auch Bitten, nachweisbar. Die BERLINER ZEI- sich bei den Behörden für die Wiederbe- TUNG meldete im August 1947, dass, schaffung von Produktionsmitteln einzu- neben der Abgabe von insgesamt 300 setzen, erreichten Hiller. Um eine Pro- Fahrrädern an Bergarbeiter, auch 500 duktion bei den Zulieferern zu ermögli- Räder (mit Bereifung!) an Berliner Kon- chen, wurden alle denkbaren Möglichkei- sumvereine ausgegeben würden. /18/ ten zur Materialbeschaffung in Betracht Und die NEUE ZEIT berichtete Anfang gezogen. Das reichte soweit, dass auch Oktober desselben Jahres, dass „[a]n überlegt wurde, Restbestände an Materi- neuen Fahrrädern […] in den Monaten al (Bandstahl, Draht etc.) von Fahrrad- Juli und August ganze 605 Stück nach herstellern an Komponentenhersteller zu Berlin [kamen].“/19/ Ein mengenmäßig übergeben, um daraus benötigte Kompo- bedeutsames, frei verkäufliches Angebot nenten fertigen zu lassen. an Fahrrädern entstand erst mit der Wäh- rungsreform und der Einrichtung soge- Das Problem des fehlenden Materials nannter „Freier Läden“ durch die HO erörterte Hiller auch mit der Zentralver- (staatliche Handelsorganisation, gegrün- waltung in Berlin, die „lebhaft bemüht det am 3.11.1948). Die BERLINER ZEI- [war], den gesamten Eisen- und Stahlbe- TUNG schrieb im März 1949 von 5 000 darf aus neuen Quellen zu decken“. Für Fahrrädern, die im November 1948 von den Fahrradbau war man auf Materiallie- Mifa an die „Freien Läden“ nach Berlin ferungen aus den westlichen Zonen ange- geliefert worden seien. /20/, /21/ wiesen, weshalb Hiller anstrebte, in sei- nem Plan den entsprechenden „Bedarf an Die Materialfrage Zulieferungen für die gesamte Fahrrad- industrie in der sowjetischen Zone aufzu- Wesentlicher Grund für die in den zeigen“. Aber auch Lieferungen aus dem ersten Jahren nach 1945 geringen Men- Ausland wurden als Option betrachtet; so gen produzierter Fahrräder war der allge- verhandelte die Zentralverwaltung mit genwärtige Material- und Rohstoffman- „tschechischen Stahlwerken über die gel. Entsprechende Hinweise und Beden- geschlossene Lieferung des Eisen- und ken finden sich in beinahe allen Antwort- Stahlbedarfs für die Fahrradindustrie“. schreiben der Fahrradhersteller, die eine Ob und in welchem Umfang es zu solchen Fortführung bzw. Wiederaufnahme ihrer Lieferungen aus dem nahen Ausland Produktion ins Auge fassten. Fehlten dem kam, ist nicht belegt. Für einen genauen einen Rohre für den Rahmenbau, so Überblick über die benötigten Material- kamen andere nicht an wichtige Zuliefer- mengen hatte Hiller Ende 1945 außer- teile wie Felgen, Schutzbleche, Speichen dem „in großer Eile und mit größten usw. Auch die Hersteller von Halbzeug, Anstrengungen eine genaue Spezifikation das wiederum von den Zulieferbetrieben der Ausgangsgrundstoffe, unterteilt nach dringend benötigt wurde, hatten Proble- Qualität, Dimensionen und Verwendungs- me bei der Produktion von ausreichen- zweck, für das Fahrrad vorgenommen und den Mengen an Rohren, Bandstahl, „Fahrradkleinteile“) - Göhring & Hebenstreit Maschinen- gemeldet.“ Draht etc. Viele Zulieferteile waren von - Langbein & Pfannhauser Werke, Leip- fabrik, Radebeul den Fahrradproduzenten vor 1945 aus zig (offenbar Galvanotechnik) Vor allem die Beschaffung von Gum- dem Westen Deutschlands bezogen wor- - Continental, Hannover (Fahrrad- und Obwohl sich deutlich abzeichnete, dass mibereifung stellte ein Problem für die den und konnten nun nur teilweise oder Motorradbereifung) eine Produktion und damit die Verfüg- Fahrradfertigung und die Ersatzteil- gar nicht durch solche aus der SBZ - Hermann Weihrauch Waffen- und Fahr- barkeit etlicher Fahrradkomponenten versorgung in der SBZ dar. /24/ Hersteller ersetzt werden. So berichtete die BERLI- radteilefabrik, Zella-Mehlis (Tretlager) zunächst nur in geringen Mengen, teil- von Fahrradbereifung existierten 1945/46 NER ZEITUNG am 12. Mai 1946 über - DEKA Pneumatik, Berlin (Fahrradbe- weise überhaupt nicht möglich sein wür- nur in den westlichen Besatzungszonen. die Fahrradproduktion in den Elite- reifung) de, schätzte Hiller anfangs die „Fahrrad- Zur Lösung dieses Problems stand Hiller Diamant-Werken, dass, „[s]obald das aus - Mitteldeutsche Stahlwerke, Riesa herstellung in der sowjetischen Zone auch auch mit den Reifenherstellern Conti- dem Westen erwartete Roh- und Halb- (Rahmenrohre, Stangenmaterial) bezüglich der Belieferung durch Zuliefe- nental (Hannover) und Dunlop (Hanau) zeugmaterial an Röhren, Felgen, Pedalen, - Dr. Hesse & Cie, Heidenau (offenbar ranten nicht so schlecht [...]“ ein, jedoch im Briefwechsel. Diese Firmen hatten Speichen und anderen Fahrradteilen gelie- Galvanotechnik) bestand „eine starke Abhängigkeit aller jedoch ebenfalls stark mit Materialman- fert werden kann, [...] die Möglichkeit - Sächsische Gußstahlwerke, Freital Hersteller in der Rohmaterialfrage insbes. gel zu kämpfen - Dunlop etwa wollte [besteht], auch den zivilen Sektor mit (Stangenmaterial) vom Westen“. Er konnte im Zuge seiner Fahrradreifen nur gegen Bereitstellung diesem preiswerten Fahrrad [Einheitsmo- klären, stand Hiller seit Herbst 1945 bis bleche und Felgen aus Leichtmetall) - PRÄWAK, Klingenthal (Speichen und Bemühungen um eine Aufnahme der der doppelten Menge Buna (syntheti- delle ED und EH, Anm. d. Verf.] zu ver- ins Frühjahr 1946 mit vielen Zulieferbe- - Pallas-Werke, Barchfeld (Ketten, Spei- Nippel) Fahrradproduktion die Probleme bei den scher Kautschuk) liefern. „[Ü]ber die sorgen.“ /22/ trieben in Kontakt /23/, und zwar nach- chen) - Nirona-Werke, Beierfeld/Erzgeb. (Fel- Material- und Fahrradteile-Lieferungen Situation in der [westdeutschen] Reifen- weislich mit: - Ferdinand Borch, Abwickler der Hugo gen) jedoch nicht lösen, die vorliegende Akte industrie“ informierte Hiller auch Um die für die ostdeutsche Fahrradin- Schneider A.G. (HASAG), Alten- - Faradit AG, Chemnitz (nahtlose Rohre, gibt über die Ergebnisse seiner Bemü- Staatssekretär Lang und hielt zur dustrie existentiellen Materialfragen zu - Metallindustrie Schönebeck (Schutz- burg („Garnituren“, „Massenartikel“, möglicherw. auch Bandmaterial) hungen jedenfalls keine Auskünfte. Auf- Lösung der fehlenden Fahrradbereifung

38 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 39 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ sollte, in der Hauptsache für den vordring- Tabelle 5 (oberer Teil) Tabelle 5 (unterer Teil) fallend ist, dass Hiller vor allem von lichen Bedarf bei der Post bestimmt [wa- Zulieferbetrieben mitunter als Vermittler ren].“ /17/ Dass vor 1948 Fahrräder in und „Problemlöser“ bei der Beschaffung größerem Umfang für die Bevölkerung von Material, aber auch von Produktions- bereitgestellt werden konnten, ist nicht aufträgen gesehen wurde. Auch Bitten, nachweisbar. Die BERLINER ZEI- sich bei den Behörden für die Wiederbe- TUNG meldete im August 1947, dass, schaffung von Produktionsmitteln einzu- neben der Abgabe von insgesamt 300 setzen, erreichten Hiller. Um eine Pro- Fahrrädern an Bergarbeiter, auch 500 duktion bei den Zulieferern zu ermögli- Räder (mit Bereifung!) an Berliner Kon- chen, wurden alle denkbaren Möglichkei- sumvereine ausgegeben würden. /18/ ten zur Materialbeschaffung in Betracht Und die NEUE ZEIT berichtete Anfang gezogen. Das reichte soweit, dass auch Oktober desselben Jahres, dass „[a]n überlegt wurde, Restbestände an Materi- neuen Fahrrädern […] in den Monaten al (Bandstahl, Draht etc.) von Fahrrad- Juli und August ganze 605 Stück nach herstellern an Komponentenhersteller zu Berlin [kamen].“/19/ Ein mengenmäßig übergeben, um daraus benötigte Kompo- bedeutsames, frei verkäufliches Angebot nenten fertigen zu lassen. an Fahrrädern entstand erst mit der Wäh- rungsreform und der Einrichtung soge- Das Problem des fehlenden Materials nannter „Freier Läden“ durch die HO erörterte Hiller auch mit der Zentralver- (staatliche Handelsorganisation, gegrün- waltung in Berlin, die „lebhaft bemüht det am 3.11.1948). Die BERLINER ZEI- [war], den gesamten Eisen- und Stahlbe- TUNG schrieb im März 1949 von 5 000 darf aus neuen Quellen zu decken“. Für Fahrrädern, die im November 1948 von den Fahrradbau war man auf Materiallie- Mifa an die „Freien Läden“ nach Berlin ferungen aus den westlichen Zonen ange- geliefert worden seien. /20/, /21/ wiesen, weshalb Hiller anstrebte, in sei- nem Plan den entsprechenden „Bedarf an Die Materialfrage Zulieferungen für die gesamte Fahrrad- industrie in der sowjetischen Zone aufzu- Wesentlicher Grund für die in den zeigen“. Aber auch Lieferungen aus dem ersten Jahren nach 1945 geringen Men- Ausland wurden als Option betrachtet; so gen produzierter Fahrräder war der allge- verhandelte die Zentralverwaltung mit genwärtige Material- und Rohstoffman- „tschechischen Stahlwerken über die gel. Entsprechende Hinweise und Beden- geschlossene Lieferung des Eisen- und ken finden sich in beinahe allen Antwort- Stahlbedarfs für die Fahrradindustrie“. schreiben der Fahrradhersteller, die eine Ob und in welchem Umfang es zu solchen Fortführung bzw. Wiederaufnahme ihrer Lieferungen aus dem nahen Ausland Produktion ins Auge fassten. Fehlten dem kam, ist nicht belegt. Für einen genauen einen Rohre für den Rahmenbau, so Überblick über die benötigten Material- kamen andere nicht an wichtige Zuliefer- mengen hatte Hiller Ende 1945 außer- teile wie Felgen, Schutzbleche, Speichen dem „in großer Eile und mit größten usw. Auch die Hersteller von Halbzeug, Anstrengungen eine genaue Spezifikation das wiederum von den Zulieferbetrieben der Ausgangsgrundstoffe, unterteilt nach dringend benötigt wurde, hatten Proble- Qualität, Dimensionen und Verwendungs- me bei der Produktion von ausreichen- zweck, für das Fahrrad vorgenommen und den Mengen an Rohren, Bandstahl, „Fahrradkleinteile“) - Göhring & Hebenstreit Maschinen- gemeldet.“ Draht etc. Viele Zulieferteile waren von - Langbein & Pfannhauser Werke, Leip- fabrik, Radebeul den Fahrradproduzenten vor 1945 aus zig (offenbar Galvanotechnik) Vor allem die Beschaffung von Gum- dem Westen Deutschlands bezogen wor- - Continental, Hannover (Fahrrad- und Obwohl sich deutlich abzeichnete, dass mibereifung stellte ein Problem für die den und konnten nun nur teilweise oder Motorradbereifung) eine Produktion und damit die Verfüg- Fahrradfertigung und die Ersatzteil- gar nicht durch solche aus der SBZ - Hermann Weihrauch Waffen- und Fahr- barkeit etlicher Fahrradkomponenten versorgung in der SBZ dar. /24/ Hersteller ersetzt werden. So berichtete die BERLI- radteilefabrik, Zella-Mehlis (Tretlager) zunächst nur in geringen Mengen, teil- von Fahrradbereifung existierten 1945/46 NER ZEITUNG am 12. Mai 1946 über - DEKA Pneumatik, Berlin (Fahrradbe- weise überhaupt nicht möglich sein wür- nur in den westlichen Besatzungszonen. die Fahrradproduktion in den Elite- reifung) de, schätzte Hiller anfangs die „Fahrrad- Zur Lösung dieses Problems stand Hiller Diamant-Werken, dass, „[s]obald das aus - Mitteldeutsche Stahlwerke, Riesa herstellung in der sowjetischen Zone auch auch mit den Reifenherstellern Conti- dem Westen erwartete Roh- und Halb- (Rahmenrohre, Stangenmaterial) bezüglich der Belieferung durch Zuliefe- nental (Hannover) und Dunlop (Hanau) zeugmaterial an Röhren, Felgen, Pedalen, - Dr. Hesse & Cie, Heidenau (offenbar ranten nicht so schlecht [...]“ ein, jedoch im Briefwechsel. Diese Firmen hatten Speichen und anderen Fahrradteilen gelie- Galvanotechnik) bestand „eine starke Abhängigkeit aller jedoch ebenfalls stark mit Materialman- fert werden kann, [...] die Möglichkeit - Sächsische Gußstahlwerke, Freital Hersteller in der Rohmaterialfrage insbes. gel zu kämpfen - Dunlop etwa wollte [besteht], auch den zivilen Sektor mit (Stangenmaterial) vom Westen“. Er konnte im Zuge seiner Fahrradreifen nur gegen Bereitstellung diesem preiswerten Fahrrad [Einheitsmo- klären, stand Hiller seit Herbst 1945 bis bleche und Felgen aus Leichtmetall) - PRÄWAK, Klingenthal (Speichen und Bemühungen um eine Aufnahme der der doppelten Menge Buna (syntheti- delle ED und EH, Anm. d. Verf.] zu ver- ins Frühjahr 1946 mit vielen Zulieferbe- - Pallas-Werke, Barchfeld (Ketten, Spei- Nippel) Fahrradproduktion die Probleme bei den scher Kautschuk) liefern. „[Ü]ber die sorgen.“ /22/ trieben in Kontakt /23/, und zwar nach- chen) - Nirona-Werke, Beierfeld/Erzgeb. (Fel- Material- und Fahrradteile-Lieferungen Situation in der [westdeutschen] Reifen- weislich mit: - Ferdinand Borch, Abwickler der Hugo gen) jedoch nicht lösen, die vorliegende Akte industrie“ informierte Hiller auch Um die für die ostdeutsche Fahrradin- Schneider A.G. (HASAG), Alten- - Faradit AG, Chemnitz (nahtlose Rohre, gibt über die Ergebnisse seiner Bemü- Staatssekretär Lang und hielt zur dustrie existentiellen Materialfragen zu - Metallindustrie Schönebeck (Schutz- burg („Garnituren“, „Massenartikel“, möglicherw. auch Bandmaterial) hungen jedenfalls keine Auskünfte. Auf- Lösung der fehlenden Fahrradbereifung

38 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 39 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ eine „zentrale Behandlung“ für notwen- ebenso wie die Selbstlosigkeit [s]einer Ansicht, daß allein schon von der techni- flussten die Planungen Hillers, außer der dig. /25/ Absichten, vertraten aber den Standpunkt, schen Seite aus eine Regelung innerhalb Fahrrad-Normkonstruktion, die Fahrrad- daß die Zentralverwaltung der Industrie der Zonen dringend notwendig ist […].“ industrie der 1949 gegründeten DDR? Es In einer zweiseitigen, auf Anfang/Mitte die Einrichtung von Produktions- Schließlich erhielt er aus den westlichen bleibt zu hoffen, dass entsprechende April 1946 zu datierenden Kurzübersicht beauftragten nicht plane, da sie in ihrer Besatzungszonen telegrafisch „die Auf- Unterlagen zum Produktionsvorschlag (Tab. 5, S. 38 u. 39) stellte Hiller die Ver- Struktur den heutigen Auffassungen über forderung, für die Herren [...] Einreisege- doch noch aufgefunden werden und wei- fügbarkeit von Fahrradbestandteilen von die Wirtschaftslenkung nicht voll entsprä- nehmigungen für den April zu erwirken“. tere Forschungen zu diesem Thema Lieferanten aus der sowjetischen und aus chen. Man wies [Hiller] darauf hin, daß bei Es ist anzunehmen, dass für ihn die Hoff- ermöglichen. westlichen Besatzungszonen gegenüber. der Zentralverwaltung für die einzelnen nung bestand, durch eine Zusam- Die Übersicht diente offenbar zur Reali- Industriegruppen die Einrichtung von menarbeit Lösungen für die dringende Ebenfalls nicht aus den Akten ables- sierung der angeordneten Fahrradpro- Ausschüssen geplant sei und hielt es für Materialfrage zu finden und einen bar ist die Rolle, die die SMAD bei der duktion der Phänomen-Werke und ver- richtig, auch für die Fahrradindustrie Rohstoff- und Warenverkehr von West Wiederbelebung der Fahrradindustrie in deutlicht exemplarisch die Probleme bei einen solchen Ausschuss zu gründen mit nach Ost zu ermöglichen. Er bat daher die der SBZ einnahm. Hinweise auf die der Zulieferindustrie (auch in den west- [Hiller] als Vertreter der Fahrradindustrie, Landesverwaltung Sachsen um eine unmittelbare Einbeziehung oder Einmi- deutschen Zonen!), auf deren Produkte Herrn Dr. Bleiss von der Firma Fichtel & Ermächtigung, um „mit diesen Herren die schung sowjetischer Stellen finden sich die Fahrradhersteller dringend angewie- Sachs A.G., Reichenbach als Vertreter der Fühlung aufrecht [zu] erhalten“. Auch in nicht. Es muss aber davon ausgegangen sen waren. Fahrradteileindustrie und einem noch zu dieser Angelegenheit ist über das weitere werden, dass die SMAD auch hier durch nennenden Vertreter der Gewerkschaft.“ Vorgehen nichts überliefert. Erteilung entsprechender Befehle (wie Der gravierende Rohstoff- und Mate- Allerdings bestanden in der Zentral- beispielsweise auch bei der Gründung rialmangel ließ Hiller Ende Januar 1946 verwaltung unterschiedliche Auffas- Am 9. April 1946 fand in Berlin eine der VVB IFA) eine treibende Kraft dar- zu dem Schluss kommen, dass das „Ge- sungen über Zusammensetzung und „Fahrradkonferenz“ statt, an der neben stellte. Dass beim Aufbau der Fahrradin- samtbild […] deshalb so überaus traurig Aufgabe eines solchen Ausschusses. Mit Vertretern von vier Fahrradproduzen- dustrie ein großes Eigeninteresse der Sow- [ist], weil ja nicht nur wir als Fahrradfabri- dieser Reaktion war Hiller nicht zufrie- ten, mehreren Zulieferbetrieben, dem jets ebenfalls eine Rolle gespielt haben kanten sondern auch die ganze Zulieferin- den, seiner Ansicht nach „scheut [die Fachnormenausschuss und der „Zentral- wird, kann die Tatsache belegen, dass eine dustrie letzten Endes das Rohmaterial Zentralverwaltung] die Ernennung von industrie“ auch Hiller teilnahm. Vermut- große (bislang allerdings noch unbekann- brauchen, und dieses ist an keiner Stelle Produktionsbeauftragten, weil sie in die- lich kam bei dieser Sitzung auch Hillers te) Zahl an Fahrrädern als Reparationslei- vorhanden. Die Herstellerwerke in der sen den Rückfall in eine alte, ich möchte Produktionsplan zur Sprache. Eine stung an die Besatzungstruppen und in die sowj. Zone berichten durchweg von der sagen, reaktionäre Methoden der Wirt- Aktennotiz Hillers vom 16. April (Abb. 4) UdSSR geliefert werden musste. Unmöglichkeit ihrer Lieferung, und die schaftsführung erblickt. […] es bestehen führt an, dass auch die wesentliche Frage Zonengrenzen sind bis heute nicht gefal- aber im Hause dort Tendenzen, die sich der für die Produktion benötigten Fahr- Insgesamt wird deutlich, mit welchen len, so daß die Belieferung mit Rohmateri- mit denen von uns Industriellen nicht in radkomponenten behandelt wurde. Außer großen Bemühungen und welcher al aus dem Westen praktisch auch noch Einklang bringen lassen. Man hat oft den den Hinweisen, welcher Hersteller welche Gründlichkeit eine verhältnismäßig nicht durchführbar ist. Solange wir aber Eindruck, daß es eine Reihe von Fragen Fahrradteile produzieren könne/wolle große Fahrradproduktion in der SBZ keine Rohstoffe haben, wird jede Planung gibt, bei denen die Form wichtiger ist als sowie der Frage der Preisgestaltungen schon kurz nach Kriegsende angestrebt zum Scheitern verurteilt sein.“ der Inhalt.“ enthält die Aktennotiz leider keine weite- wurde. Der erarbeitete Produktions- ren Aussagen zur dieser Konferenz. vorschlag für 1946 musste aber aufgrund Entwicklungen nach Abgabe des Auch die Landesverwaltung Sachsen der widrigen Umstände wie Besatzung, Produktionsvorschlages lehnte Hillers Vorschlag zur Einsetzung Nachdem bereits spätestens Ende Demontage, vor allem aber wegen des von Produktionsbeauftragten ab; nach März 1946 ein Treuhänder für die Phäno- Materialmangels scheitern. Die Fahrrad- Nach Abgabe des Produktions- dem entsprechenden Antwortschreiben men-Werke eingesetzt worden war, industrie der SBZ war auch hier stark von vorschlages Mitte Februar 1946 wurde vom 3. April 1946 ist ein weiterer Schrift- wurde der schon 1945 demontierte Lieferanten aus den westlichen Sektoren Hiller von Ing. Salomon gebeten „die verkehr Hillers mit der Landesverwal- Betrieb im Juni 1946 auf Grundlage des abhängig, das betraf Roh- und Halbzeug- Ihnen am 23. Oktober 1945 ausgestellte tung in Dresden und der Zentral- sächsischen Volksentscheides zunächst in material wie auch Fahrradkomponenten, Bescheinigung zur Durchführung dieser verwaltung in Berlin nicht überliefert. Sächsisches Landeseigentum, im Juli vor allem jedoch Bereifung. Die geringe Aufgaben mit einem kurzen Tätigkeitsbe- 1948 dann in Volkseigentum überführt. Zahl der tatsächlich gebauten Fahrräder richt zurückzureichen, da der Vorgang In der amerikanischen und der briti- /26/ Die Fahrradproduktion endete hier – nur rund ein Zehntel der angestrebten vorerst bei uns abgeschlossen ist.“ schen Zone dagegen war der Vorschlag spätestens 1947, bis in dieses Jahr hinein Produktion – verdeutlicht die schlechte Hillers aufgegriffen und Produk- finden sich Einträge für Phänomen- Abb. 4 Aktennotiz Rudolf Hillers zur „Fahrrad-Konferenz“ in Berlin am 9.4.1946 wirtschaftliche Lage in der SBZ der frü- Zur Koordinierung der Fahrrad- tionsbeauftragte eingesetzt worden, Fahrräder in Herstellerverzeichnissen, hen Nachkriegszeit. produktion hatte Hiller in seinem Plan nachdem Hiller den Produktionsplan zuletzt mit „Phänomen-Werke Zittau. fertigte die Gustav Hiller AG in Hamburg teil der Fahrradhersteller und zahlreiche und in Gesprächen mit der Zentral- Ende Januar 1946 an den Verband der Phänomen das Markenrad seit 1888“ im Fahrräder der Marke Phänomen. /28/ ihrer Zulieferbetriebe schon frühzeitig ab- Die beginnende Verstaatlichung der verwaltung die Einsetzung von Produk- Fahrradindustrie der britischen Zone in Deutschen Länder-Adressbuch. /27/ In gesichert. /31/ meisten Fahrradhersteller und zahlrei- tionsbeauftragten vorgeschlagen, „und Bielefeld geschickt hatte (vgl. Kapitel welchem Umfang bei Phänomen nach 1947/1948 wurde in der SBZ die „Ver- cher Betriebe der Zulieferindustrie bzw. zwar je einen für die Fahrradfertigung und „Produktionsvorschlag für 1946“). Der 1945 Fahrräder gebaut wurden, ist nicht einigung Volkseigener Betriebe Indu- Fazit und Ausblick die Umwandlung in SAG-Betriebe ab einen für die Fahrradteilefertigung, […] Verband setzte sich mit Hiller in Verbin- belegt. Schriftlich in der Akte nachgewie- strieverband Fahrzeugbau VVB (Z) IFA“ 1946 verhinderte in den folgenden Jahren und diese sowohl in der sowjetischen als dung, möglicherweise mit dem Gedanken sen sind verschiedene Produktionsauf- gegründet (Z = zentral geleitet). /29/ In Die Unterlagen aus dem Nachlass des eine im wesentlichen privatwirtschaftlich auch in der englischen und amerikani- an eine gemeinsame Arbeit zum zonen- träge über insgesamt rund 5 650 Fahrrä- ihm waren die volkseigenen Betriebe der VEB Robur-Werkes Zittau, auf denen orientierte und bedarfsgerecht produzie- schen Zone, so daß die erheblichen beste- übergreifenden Aufbau der Fahrradindu- der, u. a. für die Deutsche Post. Allerdings Fahrzeugindustrie zusammengefasst. /30/ diese Arbeit basiert, sind stellenweise rende Fahrradindustrie. /32/ Vor allem henden Schwierigkeiten durch eine Pla- strie. Hiller erwartete, „daß sich doch die waren auch für die Phänomen-Werke Die VVB IFA war bis 1949 der Deutschen sehr detailliert und umfassend, lassen durch Reparationsleistungen wurde dem nungsarbeit sowohl technischer, konstruk- beiden englischen und amerikanischen „[d]ie Fragen der Materialbeschaffung […] Wirtschaftskommission, Hauptverwal- aber dennoch wesentliche Fragen offen: Binnenmarkt bis Ende der 1940er Jahre tiver, normenmäßiger als auch einkaufs- Stellen erst einmal mit ihren Besatzungs- überaus schwierig, und […] nicht abzuse- tung Maschinenbau und Elektrotechnik, Wie sah der Produktionsvorschlag für ein Großteil der produzierten Fahrräder mäßiger Art eine Bearbeitung erfahren behörden klar werden sollten, ob sie in der hen, ob es überhaupt gelingt, die vielen von 1949 bis zu ihrer Auflösung im März 1946 konkret aus, wie wurde er bei den entzogen, was sich durch die späteren sollten, die dann jeweils von den zuständi- von mir vorgeschlagenen Weise mit uns Positionen, die von den Herstellerwerken 1953 dann diversen Ministerien unter- zuständigen Verwaltungen aufgenom- hohen Exportzahlen der DDR-Fahrrad- gen Verwaltungen bzw. Regierungen zu arbeiten wollen, und wenn ja, daß sie dann und damit auch von meiner Firma bezogen stellt, die damit auch für die Fahrradindu- men und gehandhabt und was konnte industrie mit einem oft mangelhaftem genehmigen seien. […] Die Herren aner- eine offizielle Einladung an mich absen- werden müssen, zu beschaffen.“ Rudolf strie zuständig waren. Somit wurde die davon in der Fahrradindustrie tatsächlich Angebot an Fahrrädern und Ersatzteilen kannten [Hillers] Absichten durchaus, den sollen […]. Ich bin jedenfalls der Hiller verließ noch 1946 die SBZ. Bis 1958 staatliche Einflussnahme auf den Groß- umgesetzt werden? Inwieweit beein- noch viele Jahre fortsetzte. /33/

40 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 41 Fahrradproduktion in der SBZ Fahrradproduktion in der SBZ eine „zentrale Behandlung“ für notwen- ebenso wie die Selbstlosigkeit [s]einer Ansicht, daß allein schon von der techni- flussten die Planungen Hillers, außer der dig. /25/ Absichten, vertraten aber den Standpunkt, schen Seite aus eine Regelung innerhalb Fahrrad-Normkonstruktion, die Fahrrad- daß die Zentralverwaltung der Industrie der Zonen dringend notwendig ist […].“ industrie der 1949 gegründeten DDR? Es In einer zweiseitigen, auf Anfang/Mitte die Einrichtung von Produktions- Schließlich erhielt er aus den westlichen bleibt zu hoffen, dass entsprechende April 1946 zu datierenden Kurzübersicht beauftragten nicht plane, da sie in ihrer Besatzungszonen telegrafisch „die Auf- Unterlagen zum Produktionsvorschlag (Tab. 5, S. 38 u. 39) stellte Hiller die Ver- Struktur den heutigen Auffassungen über forderung, für die Herren [...] Einreisege- doch noch aufgefunden werden und wei- fügbarkeit von Fahrradbestandteilen von die Wirtschaftslenkung nicht voll entsprä- nehmigungen für den April zu erwirken“. tere Forschungen zu diesem Thema Lieferanten aus der sowjetischen und aus chen. Man wies [Hiller] darauf hin, daß bei Es ist anzunehmen, dass für ihn die Hoff- ermöglichen. westlichen Besatzungszonen gegenüber. der Zentralverwaltung für die einzelnen nung bestand, durch eine Zusam- Die Übersicht diente offenbar zur Reali- Industriegruppen die Einrichtung von menarbeit Lösungen für die dringende Ebenfalls nicht aus den Akten ables- sierung der angeordneten Fahrradpro- Ausschüssen geplant sei und hielt es für Materialfrage zu finden und einen bar ist die Rolle, die die SMAD bei der duktion der Phänomen-Werke und ver- richtig, auch für die Fahrradindustrie Rohstoff- und Warenverkehr von West Wiederbelebung der Fahrradindustrie in deutlicht exemplarisch die Probleme bei einen solchen Ausschuss zu gründen mit nach Ost zu ermöglichen. Er bat daher die der SBZ einnahm. Hinweise auf die der Zulieferindustrie (auch in den west- [Hiller] als Vertreter der Fahrradindustrie, Landesverwaltung Sachsen um eine unmittelbare Einbeziehung oder Einmi- deutschen Zonen!), auf deren Produkte Herrn Dr. Bleiss von der Firma Fichtel & Ermächtigung, um „mit diesen Herren die schung sowjetischer Stellen finden sich die Fahrradhersteller dringend angewie- Sachs A.G., Reichenbach als Vertreter der Fühlung aufrecht [zu] erhalten“. Auch in nicht. Es muss aber davon ausgegangen sen waren. Fahrradteileindustrie und einem noch zu dieser Angelegenheit ist über das weitere werden, dass die SMAD auch hier durch nennenden Vertreter der Gewerkschaft.“ Vorgehen nichts überliefert. Erteilung entsprechender Befehle (wie Der gravierende Rohstoff- und Mate- Allerdings bestanden in der Zentral- beispielsweise auch bei der Gründung rialmangel ließ Hiller Ende Januar 1946 verwaltung unterschiedliche Auffas- Am 9. April 1946 fand in Berlin eine der VVB IFA) eine treibende Kraft dar- zu dem Schluss kommen, dass das „Ge- sungen über Zusammensetzung und „Fahrradkonferenz“ statt, an der neben stellte. Dass beim Aufbau der Fahrradin- samtbild […] deshalb so überaus traurig Aufgabe eines solchen Ausschusses. Mit Vertretern von vier Fahrradproduzen- dustrie ein großes Eigeninteresse der Sow- [ist], weil ja nicht nur wir als Fahrradfabri- dieser Reaktion war Hiller nicht zufrie- ten, mehreren Zulieferbetrieben, dem jets ebenfalls eine Rolle gespielt haben kanten sondern auch die ganze Zulieferin- den, seiner Ansicht nach „scheut [die Fachnormenausschuss und der „Zentral- wird, kann die Tatsache belegen, dass eine dustrie letzten Endes das Rohmaterial Zentralverwaltung] die Ernennung von industrie“ auch Hiller teilnahm. Vermut- große (bislang allerdings noch unbekann- brauchen, und dieses ist an keiner Stelle Produktionsbeauftragten, weil sie in die- lich kam bei dieser Sitzung auch Hillers te) Zahl an Fahrrädern als Reparationslei- vorhanden. Die Herstellerwerke in der sen den Rückfall in eine alte, ich möchte Produktionsplan zur Sprache. Eine stung an die Besatzungstruppen und in die sowj. Zone berichten durchweg von der sagen, reaktionäre Methoden der Wirt- Aktennotiz Hillers vom 16. April (Abb. 4) UdSSR geliefert werden musste. Unmöglichkeit ihrer Lieferung, und die schaftsführung erblickt. […] es bestehen führt an, dass auch die wesentliche Frage Zonengrenzen sind bis heute nicht gefal- aber im Hause dort Tendenzen, die sich der für die Produktion benötigten Fahr- Insgesamt wird deutlich, mit welchen len, so daß die Belieferung mit Rohmateri- mit denen von uns Industriellen nicht in radkomponenten behandelt wurde. Außer großen Bemühungen und welcher al aus dem Westen praktisch auch noch Einklang bringen lassen. Man hat oft den den Hinweisen, welcher Hersteller welche Gründlichkeit eine verhältnismäßig nicht durchführbar ist. Solange wir aber Eindruck, daß es eine Reihe von Fragen Fahrradteile produzieren könne/wolle große Fahrradproduktion in der SBZ keine Rohstoffe haben, wird jede Planung gibt, bei denen die Form wichtiger ist als sowie der Frage der Preisgestaltungen schon kurz nach Kriegsende angestrebt zum Scheitern verurteilt sein.“ der Inhalt.“ enthält die Aktennotiz leider keine weite- wurde. Der erarbeitete Produktions- ren Aussagen zur dieser Konferenz. vorschlag für 1946 musste aber aufgrund Entwicklungen nach Abgabe des Auch die Landesverwaltung Sachsen der widrigen Umstände wie Besatzung, Produktionsvorschlages lehnte Hillers Vorschlag zur Einsetzung Nachdem bereits spätestens Ende Demontage, vor allem aber wegen des von Produktionsbeauftragten ab; nach März 1946 ein Treuhänder für die Phäno- Materialmangels scheitern. Die Fahrrad- Nach Abgabe des Produktions- dem entsprechenden Antwortschreiben men-Werke eingesetzt worden war, industrie der SBZ war auch hier stark von vorschlages Mitte Februar 1946 wurde vom 3. April 1946 ist ein weiterer Schrift- wurde der schon 1945 demontierte Lieferanten aus den westlichen Sektoren Hiller von Ing. Salomon gebeten „die verkehr Hillers mit der Landesverwal- Betrieb im Juni 1946 auf Grundlage des abhängig, das betraf Roh- und Halbzeug- Ihnen am 23. Oktober 1945 ausgestellte tung in Dresden und der Zentral- sächsischen Volksentscheides zunächst in material wie auch Fahrradkomponenten, Bescheinigung zur Durchführung dieser verwaltung in Berlin nicht überliefert. Sächsisches Landeseigentum, im Juli vor allem jedoch Bereifung. Die geringe Aufgaben mit einem kurzen Tätigkeitsbe- 1948 dann in Volkseigentum überführt. Zahl der tatsächlich gebauten Fahrräder richt zurückzureichen, da der Vorgang In der amerikanischen und der briti- /26/ Die Fahrradproduktion endete hier – nur rund ein Zehntel der angestrebten vorerst bei uns abgeschlossen ist.“ schen Zone dagegen war der Vorschlag spätestens 1947, bis in dieses Jahr hinein Produktion – verdeutlicht die schlechte Hillers aufgegriffen und Produk- finden sich Einträge für Phänomen- Abb. 4 Aktennotiz Rudolf Hillers zur „Fahrrad-Konferenz“ in Berlin am 9.4.1946 wirtschaftliche Lage in der SBZ der frü- Zur Koordinierung der Fahrrad- tionsbeauftragte eingesetzt worden, Fahrräder in Herstellerverzeichnissen, hen Nachkriegszeit. produktion hatte Hiller in seinem Plan nachdem Hiller den Produktionsplan zuletzt mit „Phänomen-Werke Zittau. fertigte die Gustav Hiller AG in Hamburg teil der Fahrradhersteller und zahlreiche und in Gesprächen mit der Zentral- Ende Januar 1946 an den Verband der Phänomen das Markenrad seit 1888“ im Fahrräder der Marke Phänomen. /28/ ihrer Zulieferbetriebe schon frühzeitig ab- Die beginnende Verstaatlichung der verwaltung die Einsetzung von Produk- Fahrradindustrie der britischen Zone in Deutschen Länder-Adressbuch. /27/ In gesichert. /31/ meisten Fahrradhersteller und zahlrei- tionsbeauftragten vorgeschlagen, „und Bielefeld geschickt hatte (vgl. Kapitel welchem Umfang bei Phänomen nach 1947/1948 wurde in der SBZ die „Ver- cher Betriebe der Zulieferindustrie bzw. zwar je einen für die Fahrradfertigung und „Produktionsvorschlag für 1946“). Der 1945 Fahrräder gebaut wurden, ist nicht einigung Volkseigener Betriebe Indu- Fazit und Ausblick die Umwandlung in SAG-Betriebe ab einen für die Fahrradteilefertigung, […] Verband setzte sich mit Hiller in Verbin- belegt. Schriftlich in der Akte nachgewie- strieverband Fahrzeugbau VVB (Z) IFA“ 1946 verhinderte in den folgenden Jahren und diese sowohl in der sowjetischen als dung, möglicherweise mit dem Gedanken sen sind verschiedene Produktionsauf- gegründet (Z = zentral geleitet). /29/ In Die Unterlagen aus dem Nachlass des eine im wesentlichen privatwirtschaftlich auch in der englischen und amerikani- an eine gemeinsame Arbeit zum zonen- träge über insgesamt rund 5 650 Fahrrä- ihm waren die volkseigenen Betriebe der VEB Robur-Werkes Zittau, auf denen orientierte und bedarfsgerecht produzie- schen Zone, so daß die erheblichen beste- übergreifenden Aufbau der Fahrradindu- der, u. a. für die Deutsche Post. Allerdings Fahrzeugindustrie zusammengefasst. /30/ diese Arbeit basiert, sind stellenweise rende Fahrradindustrie. /32/ Vor allem henden Schwierigkeiten durch eine Pla- strie. Hiller erwartete, „daß sich doch die waren auch für die Phänomen-Werke Die VVB IFA war bis 1949 der Deutschen sehr detailliert und umfassend, lassen durch Reparationsleistungen wurde dem nungsarbeit sowohl technischer, konstruk- beiden englischen und amerikanischen „[d]ie Fragen der Materialbeschaffung […] Wirtschaftskommission, Hauptverwal- aber dennoch wesentliche Fragen offen: Binnenmarkt bis Ende der 1940er Jahre tiver, normenmäßiger als auch einkaufs- Stellen erst einmal mit ihren Besatzungs- überaus schwierig, und […] nicht abzuse- tung Maschinenbau und Elektrotechnik, Wie sah der Produktionsvorschlag für ein Großteil der produzierten Fahrräder mäßiger Art eine Bearbeitung erfahren behörden klar werden sollten, ob sie in der hen, ob es überhaupt gelingt, die vielen von 1949 bis zu ihrer Auflösung im März 1946 konkret aus, wie wurde er bei den entzogen, was sich durch die späteren sollten, die dann jeweils von den zuständi- von mir vorgeschlagenen Weise mit uns Positionen, die von den Herstellerwerken 1953 dann diversen Ministerien unter- zuständigen Verwaltungen aufgenom- hohen Exportzahlen der DDR-Fahrrad- gen Verwaltungen bzw. Regierungen zu arbeiten wollen, und wenn ja, daß sie dann und damit auch von meiner Firma bezogen stellt, die damit auch für die Fahrradindu- men und gehandhabt und was konnte industrie mit einem oft mangelhaftem genehmigen seien. […] Die Herren aner- eine offizielle Einladung an mich absen- werden müssen, zu beschaffen.“ Rudolf strie zuständig waren. Somit wurde die davon in der Fahrradindustrie tatsächlich Angebot an Fahrrädern und Ersatzteilen kannten [Hillers] Absichten durchaus, den sollen […]. Ich bin jedenfalls der Hiller verließ noch 1946 die SBZ. Bis 1958 staatliche Einflussnahme auf den Groß- umgesetzt werden? Inwieweit beein- noch viele Jahre fortsetzte. /33/

40 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 41 Fahrradproduktion in der SBZ Post aus ...

Der Themenkomplex „Fahrradindu- Anmerkungen /21/ Auch wenn die Zahl der produzierten Fahr- strie in der SBZ und DDR“ ist und bleibt räder in der DDR ab 1950 stark anstieg Post aus England und Amerika ein ergiebiges Feld. Dass dieser For- /1/ Nemeth, Joseph Dr.: Das Fahrrad in der (Höhepunkt bereits 1953 mit 767 603 Deutschen Wehrmacht, http://www.ifem.at/ Stück), blieb auch in den nächsten Jahr- schungsgegenstand tiefgehend und sehr fzgsteckbriefe/77-truppenrad, (Stand zehnten die Versorgung der Bevölkerung Diesmal sind wegen Lieferschwierig- und unter schauderhaften Bedingungen vielschichtig ist, zeigt die Arbeit mehrerer 26.11.2013) mit Fahrrädern oft mangelhaft. Grund waren keiten und wohl auch des Poststreiks den Land’s End – John O’Groats – Sammler, die seit Anfang 2011 im Inter- /2/ Vgl.: Dobuschinsky, Alexander: Das Fahrrad v. a. die hohen Exportzahlen sowie die tech- nicht sonderlich viele Hefte zu bespre- Rekord brach. Unter ärmlichsten Bedin- im Schatten der Kriegswirtschaft, in: KS nisch nicht selten veralteten Produk- netlexikon www.ddr-fahrradwiki.de tionsmethoden und -anlagen bei Fahr- chen, die News and Views 365 bis 367, der gungen aufgewachsen, wurde Rossiter im zusammengeführt wird. Es bleibt zu hof- 1/2012, Heft 53, S. 10 ff. Boneshaker 197 und Bicycle Quarterly 51 /3/ Vgl. ww.ddr-fahrradwiki.de/Datei: radproduzenten und Zulieferern. fen, dass dieses besondere Kapitel der Übersicht_Produzenten_Fahrräder_und_- /22/ BERLINER ZEITUNG, 12.5.1946, 2. Jg., – die verpassten werden in der nächsten Fahrradgeschichte weiter eingehend teile_in_der_SBZ_und_DDR.pdf Ausg. 110, S. 2. Ausgabe nachgeholt. wissenschaftlich erschlossen wird und in /4/ Karlsch, Rainer: Allein bezahlt? Die Repara- /23/ Eine ausführliche Auflistung der für 1945 der „Fahrradsammler-Szene“ einen ihm tionsleistungen der SBZ/DDR 1945-53, Berlin aufgeführten (möglichen) Fahrradteile- Wie üblich haben die N&V-Hefte Produzenten ist unter www.ddr- angemessenen Platz einnimmt. 1993, S. 60 f. nicht viel Inhalt, der uns Kontinentale /5/ Ebenda, S. 81 ff. fahrradwiki.de/Datei: Übersicht_Produzenten_Fahrräder_und_ dauerhaft interessieren könnte, mit einer /6/ Vgl. auch: Arnold, Dr. Klaus Jochen: Demon- teile_in_der_SBZ_und_DDR.pdf einsehbar. tagen in der Sowjetischen Besatzungszone schockierenden Ausnahme: Am 2. Febru- und Berlin 1945 bis 1948. Sachthematisches /24/ Fahrradbereifung war, mutmaßlich bis mind. ar ist der langjährige Herausgeber des Inventar, http://www.landeshauptarchiv 1948, nur über Bezugsscheine/Antrags- Literaturverzeichnis stellung erhältlich (auch für Behörden). Blatts, Phil Wray, plötzlich verstorben. brandenburg.de/FilePool/Demontage Mehrere Nachrufe finden sich im Heft. Arnold, Dr. Klaus Jochen: Demontagen in der inventarBLHA_ ZZF_reduz.pdf (Stand /25/ Für 1946 und 1947 liegen zur Reifen- Sowjetischen Besatzungszone und Berlin 1945 16.12.2014). produktion keine Zahlen vor. Produktion von bis 1948. Sachthematisches Inventar, /7/ Diese und folgende Quellen und Zitate, soweit Schläuchen 1946: 0 Stück, für 1947 k. A., Auch BQ hat nur wenige Seiten Klas- http://www.landeshauptarchiv- nicht anders angegeben: Sächsisches Staats- 1948 produzierte Reifen: 7 900, Schläuche: sik-Inhalt: Ganz vorn ein Nachruf über brandenburg.de/FilePool/ Demontage- archiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 11697 - 40 600. 1950 produzierte Reifen: 240 000, Jack Taylor, der im letzten Jahr hochbe- inventarBLHA_ZZF_reduz.pdf VEB Robur-Werke Zittau, Nr. 248, 1945/1946 Schläuche: 330 000. Vgl. Staatliche Zentral- verwaltung für Statistik (Hrsg.): Statistisches tagt verstarb, und ganz hinten eine kurze /8/ Hiller war auch im Hinblick auf den Aufbau Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst: Jahrbuch der Deutschen Demokratischen einer Fertigung von Kleinkrafträdern tätig und Erwähnung der speziellen Hugonnier- Fahrräder für Freie Läden, in: BERLINER Republik, 1. Jg., Berlin 1955, S. 162. Routens-Gabelkrone, die in Funktion ZEITUNG, 27. Februar 1948, 4. Jg., Ausgabe 49 stand dazu u. a. mit den ILO-Werken (Pinne- berg bei Hamburg) und Fichtel & Sachs /26/ Hertrampf, Siegfried: Firmengeschichte und Eleganz kaum zu übertreffen sein Ein Sunbeam Roadster mit Mittelzug-Felgen- Phänomen-Robur Zittau ab 1945, bremsen, die über Gestänge betätigt werden BERLINER ZEITUNG, 12.5.1946, 2. Jg., Ausgabe Reichenbach in Verbindung. Die Aufberei- dürfte. 110 tung der entsprechenden Unterlagen soll http://www.histo-tech.de/index.php? und kann an dieser Stelle jedoch nicht Teil menuid=71 (Stand 25.9.2013) BERLINER ZEITUNG, 14. 8.1947, 3. Jg., dieser Arbeit sein. /27/ Vgl. Deutscher Zentralverlag GmbH (Hrsg.): Ein weiterer recht kurzer, aber sehr Ausgabe 187 /9/ Die Fahrradproduktion wurde bei Deutsches Länder-Adressbuch, Bezugs- gehaltvoller Beitrag stammt von Tony Brief der Deutschen Verwaltung für Handel und dennoch bereits 1946 wieder aufgenommen. quellennachweis für die sowjetische Zone, Hadland, der die Entwicklung von Schal- Ausgabe 1948, Berlin 1947, S. 126. Versorgung,1.12.1946, in: BArch DL 1/22. /10/ Es erscheint bemerkenswert, dass Hiller zu /28/ Papperitz, Frank: Markenware Fahrrad, tungen (Ketten-, Naben- und Hybridaus- Brief des Zentralbeschaffungsamtes der diesem Zeitpunkt die Reparationsleistungen führungen) dokumentiert. Hadland, der in Form von Fahrrädern offenbar nicht als Dresden 2003, S. 428. Deutschen Zentralverwaltung des Verkehrs in /29/ Nach Angaben des Sächsischen Staatsar- Sturmey-Spezialist, und Kettenschaltun- der SBZ, 21.11.1946, in: BArch DL 1/22. Teil seines Planes sah. Diesen Aspekt bezog er später aber in seine Planungen chives mit Verweis auf den Befehl der gen? Tatsächlich. Tony stellt die Informa- Deutscher Zentralverlag GmbH (Hrsg.): ein, siehe Ende dieses Abschnitts. SMAD am 23.4.1948 gegründet; entspre- tionen zusammen, die sich im französi- Deutsches Länder-Adressbuch, Bezugsquellen- /11/ Zum VDI siehe auch: „Festschrift zum vier- chende Einträge, Anzeigen etc. sind aber nachweis für die sowjetische Zone, Ausgabe bereits im "Deutsche[n] Länder-Adressbuch schen Journal LE CYCLISTE zwischen zigjährigen Bestehen des Vereins Deut- 1924 und 28 finden lassen. Dieses Maga- George Pilkington Mills war kein Freund von 1948, Berlin 1947 scher Fahrrad-Industrieller e.V. 1888-1928“, für Handel und Industrie" von 1947 zu finden. /30/ Eine Übersicht aller Betriebe der Fahrradin- zin, herausgegeben vom Schaltungs- Hunden – er behauptete fünf erschossen zu ha- Dobuschinsky, Alexander: Das Fahrrad im abrufbar unter http://www.digitalis.uni- dustrie, die zur VVB IFA gehörten, findet ben. In der Karikatur fragt er: „Roch ich da eben Schatten der Kriegswirtschaft, in: Der Knochen- koeln.de/Fahrrad/fahrrad_index.html. Pionier Paul de Vivie, scheint einen wah- sich unter http://www.ddr-fahrradwiki.de/IFA einen Hund?“ schüttler 1/2012, Heft 53 /12/ Diamant, Wanderer, Hainsberger Metallwer- ren Schatz an heutzutage unersetzlichen ke, Atlantis und Elfa (Stand 12.02.2015). Hertrampf, Siegfried: Firmengeschichte Fakten zu bieten. Beispielsweise werden /13/ Mifa, Urania, Metallindustrie Schönebeck, /31/ Die staatliche Einflussnahme setzte sich Phänomen- Robur Zittau ab 1945, Langzeitbeobachtungen der Dauerhaf- Ersten Weltkrieg schwer verwundet, Presto und Dromos lückenlos fort: Nach Auflösung der VVB IFA http://www.histo-tech.de/index.php?menuid=71 unterstanden etliche Betriebe der Fahrradin- /14/ Vgl. http://ddr- tigkeit von Nabenschaltungen wiederge- konnte seine linke Hand nicht gebrau- dustrie der Hauptverwaltung Automobilbau Karlsch, Rainer: Allein bezahlt? Die Reparations- fahrradwiki.de/Diamant_Modell_EH und geben (Armstrong-Humber-Dreigang chen, entwickelte sich aber doch zu einem (1953 bis 1958), dann der Vereinigung leistungen der SBZ/DDR 1945-53, Berlin 1993 http://ddr-fahrradwiki.de/ Volkseigener Betriebe Automobilbau (1958 von 1912 nach zwei Reparaturen der herausragendsten Rennfahrer der Diamant_Modell_ED (Stand: 01.03.2015) Nemeth, Joseph Dr.: Das Fahrrad in der bis 1978) und schließlich, bei immer stärke- und 40 412 km im Jahre 1924 noch im Zwanziger. Deutschen Wehrmacht, /15/ Ende des Jahres 1946 produzierten in der rer Zentralisierung und Vereinheitlichung, Einsatz). http://www.ifem.at/fzgsteckbriefe/77-truppenrad SBZ letztlich nur vier Firmen komplette Fahr- diversen IFA-Kombinaten (1978 bis 1990). Dann war’s das schon wieder. räder, und zwar: Elite-Diamant, Walter & Co., Vgl. ebenfalls http://www.ddr- NEUE ZEIT, 8.10.1947, 3. Jahrgang, Ausgabe Mehr Technik: Bob Damper berichtet, Mifa und Simson & Co., Vgl.: Zentralbeschaf- fahrradwiki.de/IFA (Stand 12.02.2015). 235 fungsamt der Deutschen Zentralverwaltung /32/ Obgleich noch bis 1972 zahlreiche Privat- wie er das Tretlager eines ca. 1951er Carl- Euer Toni des Verkehrs in der SBZ, 1946. Brief an die Papperitz, Frank: Markenware Fahrrad, Dresden betriebe existierten, die teils wichtige Fahr- ton überlistete, doch noch zu funktionie- Deutsche Zentralverwaltung der Industrie in 2003 radkomponenten produzierten. der SBZ, 21. November, in: BArch DL 1/22 Der Boneshaker macht mit Ted Tyn- ren. Alle Teile mit den Original- /33/ In einem Bericht über die „Fahrradfertigung Sächsiches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv /16/ Vgl. Staatliche Zentralverwaltung für Statistik dalls Bericht über Sunbeam auf. Er Bestellnummern waren vorhanden, aber der IFA“ zur Leipziger Frühjahrsmesse 1949 Dresden, 11697 - VEB Robur-Werke Zittau, Nr. (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Deut- befasst sich nicht so sehr mit der passen wollte nichts, bis er ein spezielles wird darauf hingewiesen, dass „[m]ehr 248, 1945/1946 schen Demokratischen Republik, noch als bei allen anderen Exportgütern[…] Geschichte des Werks, als vielmehr mit Drehteil, das als Adapter funktioniert, 1.Jahrgang, Berlin 1955, S. 164. Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (Hrsg.): beim Fahrrad das Ziel der planenden Stel- der Technik zweier noch in Marston herstellen ließ. Statistisches Jahrbuch der Deutschen /17/ Deutsche Verwaltung für Handel und Versor- len sein [muss], einen möglichst hohen gebauten Maschinen, die Ted restaurier- gung, 1946. Brief an die Landesverwaltung Demokratischen Republik, 1. Jahrgang, Berlin Anteil der Produktion für den innerdeut- te. Sunbeams gelten allgemein als die Klassische Fahrrad-Geschichtsschrei- 1955 des Bundeslandes Sachsen, Abteilung schen Bedarf freizumachen.“ Handel und Versorgung ,1. Dezember, in: Spitzenerzeugnisse unter den britischen bung gibt es aber auch: David Birchall Vgl. http://ddr-fahrradwiki.de/IFA (Stand http://www.ddr-fahrradwiki.de/IFA BArch DL 1/22. 12.02.2015) Tourenrädern, mit Ölbad-Kettenkästen, stellt einige interessante Fakten über G.P. http://www.ddr-fahrradwiki.de/Phänomen /18/ BERLINER ZEITUNG, 14. August 1947, 3. Zweigangschaltungen darin, besonderen Mills, einen frühen britischen Rennfah- Jg., Ausg. 187, S. 2 Maßen bei so ziemlich allen Teilen usw., rer, zusammen, aber der spannendste Teil http://www.ddr- /19/ NEUE ZEIT, 8.10.1947, 3. Jg., Ausg. 235, S. 1 fahrradwiki.de/Diamant_Modell_EH /20/ Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst: Der Teil 3 der „Bremsenpatente“ daher findet sich dieser Technikartikel im des Hefts muss Roger Buggs Bericht über http://www.ddr- Fahrräder für Freie Läden, in: Berliner erscheint erst im KS 61! Boneshaker und nicht in den N&V, schät- die Erfolge des Langstreckenspezialisten fahrradwiki.de/Diamant_Modell_ED Zeitung, 27. Feb. 1948, 4. Jg., Ausg. 49, S. 5. ze ich. Jack Rossiter sein, der 1929 mit 32 Jahren

42 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 43 Fahrradproduktion in der SBZ Post aus ...

Der Themenkomplex „Fahrradindu- Anmerkungen /21/ Auch wenn die Zahl der produzierten Fahr- strie in der SBZ und DDR“ ist und bleibt räder in der DDR ab 1950 stark anstieg Post aus England und Amerika ein ergiebiges Feld. Dass dieser For- /1/ Nemeth, Joseph Dr.: Das Fahrrad in der (Höhepunkt bereits 1953 mit 767 603 Deutschen Wehrmacht, http://www.ifem.at/ Stück), blieb auch in den nächsten Jahr- schungsgegenstand tiefgehend und sehr fzgsteckbriefe/77-truppenrad, (Stand zehnten die Versorgung der Bevölkerung Diesmal sind wegen Lieferschwierig- und unter schauderhaften Bedingungen vielschichtig ist, zeigt die Arbeit mehrerer 26.11.2013) mit Fahrrädern oft mangelhaft. Grund waren keiten und wohl auch des Poststreiks den Land’s End – John O’Groats – Sammler, die seit Anfang 2011 im Inter- /2/ Vgl.: Dobuschinsky, Alexander: Das Fahrrad v. a. die hohen Exportzahlen sowie die tech- nicht sonderlich viele Hefte zu bespre- Rekord brach. Unter ärmlichsten Bedin- im Schatten der Kriegswirtschaft, in: KS nisch nicht selten veralteten Produk- netlexikon www.ddr-fahrradwiki.de tionsmethoden und -anlagen bei Fahr- chen, die News and Views 365 bis 367, der gungen aufgewachsen, wurde Rossiter im zusammengeführt wird. Es bleibt zu hof- 1/2012, Heft 53, S. 10 ff. Boneshaker 197 und Bicycle Quarterly 51 /3/ Vgl. ww.ddr-fahrradwiki.de/Datei: radproduzenten und Zulieferern. fen, dass dieses besondere Kapitel der Übersicht_Produzenten_Fahrräder_und_- /22/ BERLINER ZEITUNG, 12.5.1946, 2. Jg., – die verpassten werden in der nächsten Fahrradgeschichte weiter eingehend teile_in_der_SBZ_und_DDR.pdf Ausg. 110, S. 2. Ausgabe nachgeholt. wissenschaftlich erschlossen wird und in /4/ Karlsch, Rainer: Allein bezahlt? Die Repara- /23/ Eine ausführliche Auflistung der für 1945 der „Fahrradsammler-Szene“ einen ihm tionsleistungen der SBZ/DDR 1945-53, Berlin aufgeführten (möglichen) Fahrradteile- Wie üblich haben die N&V-Hefte Produzenten ist unter www.ddr- angemessenen Platz einnimmt. 1993, S. 60 f. nicht viel Inhalt, der uns Kontinentale /5/ Ebenda, S. 81 ff. fahrradwiki.de/Datei: Übersicht_Produzenten_Fahrräder_und_ dauerhaft interessieren könnte, mit einer /6/ Vgl. auch: Arnold, Dr. Klaus Jochen: Demon- teile_in_der_SBZ_und_DDR.pdf einsehbar. tagen in der Sowjetischen Besatzungszone schockierenden Ausnahme: Am 2. Febru- und Berlin 1945 bis 1948. Sachthematisches /24/ Fahrradbereifung war, mutmaßlich bis mind. ar ist der langjährige Herausgeber des Inventar, http://www.landeshauptarchiv 1948, nur über Bezugsscheine/Antrags- Literaturverzeichnis stellung erhältlich (auch für Behörden). Blatts, Phil Wray, plötzlich verstorben. brandenburg.de/FilePool/Demontage Mehrere Nachrufe finden sich im Heft. Arnold, Dr. Klaus Jochen: Demontagen in der inventarBLHA_ ZZF_reduz.pdf (Stand /25/ Für 1946 und 1947 liegen zur Reifen- Sowjetischen Besatzungszone und Berlin 1945 16.12.2014). produktion keine Zahlen vor. Produktion von bis 1948. Sachthematisches Inventar, /7/ Diese und folgende Quellen und Zitate, soweit Schläuchen 1946: 0 Stück, für 1947 k. A., Auch BQ hat nur wenige Seiten Klas- http://www.landeshauptarchiv- nicht anders angegeben: Sächsisches Staats- 1948 produzierte Reifen: 7 900, Schläuche: sik-Inhalt: Ganz vorn ein Nachruf über brandenburg.de/FilePool/ Demontage- archiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 11697 - 40 600. 1950 produzierte Reifen: 240 000, Jack Taylor, der im letzten Jahr hochbe- inventarBLHA_ZZF_reduz.pdf VEB Robur-Werke Zittau, Nr. 248, 1945/1946 Schläuche: 330 000. Vgl. Staatliche Zentral- verwaltung für Statistik (Hrsg.): Statistisches tagt verstarb, und ganz hinten eine kurze /8/ Hiller war auch im Hinblick auf den Aufbau Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst: Jahrbuch der Deutschen Demokratischen einer Fertigung von Kleinkrafträdern tätig und Erwähnung der speziellen Hugonnier- Fahrräder für Freie Läden, in: BERLINER Republik, 1. Jg., Berlin 1955, S. 162. Routens-Gabelkrone, die in Funktion ZEITUNG, 27. Februar 1948, 4. Jg., Ausgabe 49 stand dazu u. a. mit den ILO-Werken (Pinne- berg bei Hamburg) und Fichtel & Sachs /26/ Hertrampf, Siegfried: Firmengeschichte und Eleganz kaum zu übertreffen sein Ein Sunbeam Roadster mit Mittelzug-Felgen- Phänomen-Robur Zittau ab 1945, bremsen, die über Gestänge betätigt werden BERLINER ZEITUNG, 12.5.1946, 2. Jg., Ausgabe Reichenbach in Verbindung. Die Aufberei- dürfte. 110 tung der entsprechenden Unterlagen soll http://www.histo-tech.de/index.php? und kann an dieser Stelle jedoch nicht Teil menuid=71 (Stand 25.9.2013) BERLINER ZEITUNG, 14. 8.1947, 3. Jg., dieser Arbeit sein. /27/ Vgl. Deutscher Zentralverlag GmbH (Hrsg.): Ein weiterer recht kurzer, aber sehr Ausgabe 187 /9/ Die Fahrradproduktion wurde bei Simson Deutsches Länder-Adressbuch, Bezugs- gehaltvoller Beitrag stammt von Tony Brief der Deutschen Verwaltung für Handel und dennoch bereits 1946 wieder aufgenommen. quellennachweis für die sowjetische Zone, Hadland, der die Entwicklung von Schal- Ausgabe 1948, Berlin 1947, S. 126. Versorgung,1.12.1946, in: BArch DL 1/22. /10/ Es erscheint bemerkenswert, dass Hiller zu /28/ Papperitz, Frank: Markenware Fahrrad, tungen (Ketten-, Naben- und Hybridaus- Brief des Zentralbeschaffungsamtes der diesem Zeitpunkt die Reparationsleistungen führungen) dokumentiert. Hadland, der in Form von Fahrrädern offenbar nicht als Dresden 2003, S. 428. Deutschen Zentralverwaltung des Verkehrs in /29/ Nach Angaben des Sächsischen Staatsar- Sturmey-Spezialist, und Kettenschaltun- der SBZ, 21.11.1946, in: BArch DL 1/22. Teil seines Planes sah. Diesen Aspekt bezog er später aber in seine Planungen chives mit Verweis auf den Befehl der gen? Tatsächlich. Tony stellt die Informa- Deutscher Zentralverlag GmbH (Hrsg.): ein, siehe Ende dieses Abschnitts. SMAD am 23.4.1948 gegründet; entspre- tionen zusammen, die sich im französi- Deutsches Länder-Adressbuch, Bezugsquellen- /11/ Zum VDI siehe auch: „Festschrift zum vier- chende Einträge, Anzeigen etc. sind aber nachweis für die sowjetische Zone, Ausgabe bereits im "Deutsche[n] Länder-Adressbuch schen Journal LE CYCLISTE zwischen zigjährigen Bestehen des Vereins Deut- 1924 und 28 finden lassen. Dieses Maga- George Pilkington Mills war kein Freund von 1948, Berlin 1947 scher Fahrrad-Industrieller e.V. 1888-1928“, für Handel und Industrie" von 1947 zu finden. /30/ Eine Übersicht aller Betriebe der Fahrradin- zin, herausgegeben vom Schaltungs- Hunden – er behauptete fünf erschossen zu ha- Dobuschinsky, Alexander: Das Fahrrad im abrufbar unter http://www.digitalis.uni- dustrie, die zur VVB IFA gehörten, findet ben. In der Karikatur fragt er: „Roch ich da eben Schatten der Kriegswirtschaft, in: Der Knochen- koeln.de/Fahrrad/fahrrad_index.html. Pionier Paul de Vivie, scheint einen wah- sich unter http://www.ddr-fahrradwiki.de/IFA einen Hund?“ schüttler 1/2012, Heft 53 /12/ Diamant, Wanderer, Hainsberger Metallwer- ren Schatz an heutzutage unersetzlichen ke, Atlantis und Elfa (Stand 12.02.2015). Hertrampf, Siegfried: Firmengeschichte Fakten zu bieten. Beispielsweise werden /13/ Mifa, Urania, Metallindustrie Schönebeck, /31/ Die staatliche Einflussnahme setzte sich Phänomen- Robur Zittau ab 1945, Langzeitbeobachtungen der Dauerhaf- Ersten Weltkrieg schwer verwundet, Presto und Dromos lückenlos fort: Nach Auflösung der VVB IFA http://www.histo-tech.de/index.php?menuid=71 unterstanden etliche Betriebe der Fahrradin- /14/ Vgl. http://ddr- tigkeit von Nabenschaltungen wiederge- konnte seine linke Hand nicht gebrau- dustrie der Hauptverwaltung Automobilbau Karlsch, Rainer: Allein bezahlt? Die Reparations- fahrradwiki.de/Diamant_Modell_EH und geben (Armstrong-Humber-Dreigang chen, entwickelte sich aber doch zu einem (1953 bis 1958), dann der Vereinigung leistungen der SBZ/DDR 1945-53, Berlin 1993 http://ddr-fahrradwiki.de/ Volkseigener Betriebe Automobilbau (1958 von 1912 nach zwei Reparaturen der herausragendsten Rennfahrer der Diamant_Modell_ED (Stand: 01.03.2015) Nemeth, Joseph Dr.: Das Fahrrad in der bis 1978) und schließlich, bei immer stärke- und 40 412 km im Jahre 1924 noch im Zwanziger. Deutschen Wehrmacht, /15/ Ende des Jahres 1946 produzierten in der rer Zentralisierung und Vereinheitlichung, Einsatz). http://www.ifem.at/fzgsteckbriefe/77-truppenrad SBZ letztlich nur vier Firmen komplette Fahr- diversen IFA-Kombinaten (1978 bis 1990). Dann war’s das schon wieder. räder, und zwar: Elite-Diamant, Walter & Co., Vgl. ebenfalls http://www.ddr- NEUE ZEIT, 8.10.1947, 3. Jahrgang, Ausgabe Mehr Technik: Bob Damper berichtet, Mifa und Simson & Co., Vgl.: Zentralbeschaf- fahrradwiki.de/IFA (Stand 12.02.2015). 235 fungsamt der Deutschen Zentralverwaltung /32/ Obgleich noch bis 1972 zahlreiche Privat- wie er das Tretlager eines ca. 1951er Carl- Euer Toni des Verkehrs in der SBZ, 1946. Brief an die Papperitz, Frank: Markenware Fahrrad, Dresden betriebe existierten, die teils wichtige Fahr- ton überlistete, doch noch zu funktionie- Deutsche Zentralverwaltung der Industrie in 2003 radkomponenten produzierten. der SBZ, 21. November, in: BArch DL 1/22 Der Boneshaker macht mit Ted Tyn- ren. Alle Teile mit den Original- /33/ In einem Bericht über die „Fahrradfertigung Sächsiches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv /16/ Vgl. Staatliche Zentralverwaltung für Statistik dalls Bericht über Sunbeam auf. Er Bestellnummern waren vorhanden, aber der IFA“ zur Leipziger Frühjahrsmesse 1949 Dresden, 11697 - VEB Robur-Werke Zittau, Nr. (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Deut- befasst sich nicht so sehr mit der passen wollte nichts, bis er ein spezielles wird darauf hingewiesen, dass „[m]ehr 248, 1945/1946 schen Demokratischen Republik, noch als bei allen anderen Exportgütern[…] Geschichte des Werks, als vielmehr mit Drehteil, das als Adapter funktioniert, 1.Jahrgang, Berlin 1955, S. 164. Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (Hrsg.): beim Fahrrad das Ziel der planenden Stel- der Technik zweier noch in Marston herstellen ließ. Statistisches Jahrbuch der Deutschen /17/ Deutsche Verwaltung für Handel und Versor- len sein [muss], einen möglichst hohen gebauten Maschinen, die Ted restaurier- gung, 1946. Brief an die Landesverwaltung Demokratischen Republik, 1. Jahrgang, Berlin Anteil der Produktion für den innerdeut- te. Sunbeams gelten allgemein als die Klassische Fahrrad-Geschichtsschrei- 1955 des Bundeslandes Sachsen, Abteilung schen Bedarf freizumachen.“ Handel und Versorgung ,1. Dezember, in: Spitzenerzeugnisse unter den britischen bung gibt es aber auch: David Birchall Vgl. http://ddr-fahrradwiki.de/IFA (Stand http://www.ddr-fahrradwiki.de/IFA BArch DL 1/22. 12.02.2015) Tourenrädern, mit Ölbad-Kettenkästen, stellt einige interessante Fakten über G.P. http://www.ddr-fahrradwiki.de/Phänomen /18/ BERLINER ZEITUNG, 14. August 1947, 3. Zweigangschaltungen darin, besonderen Mills, einen frühen britischen Rennfah- Jg., Ausg. 187, S. 2 Maßen bei so ziemlich allen Teilen usw., rer, zusammen, aber der spannendste Teil http://www.ddr- /19/ NEUE ZEIT, 8.10.1947, 3. Jg., Ausg. 235, S. 1 fahrradwiki.de/Diamant_Modell_EH /20/ Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst: Der Teil 3 der „Bremsenpatente“ daher findet sich dieser Technikartikel im des Hefts muss Roger Buggs Bericht über http://www.ddr- Fahrräder für Freie Läden, in: Berliner erscheint erst im KS 61! Boneshaker und nicht in den N&V, schät- die Erfolge des Langstreckenspezialisten fahrradwiki.de/Diamant_Modell_ED Zeitung, 27. Feb. 1948, 4. Jg., Ausg. 49, S. 5. ze ich. Jack Rossiter sein, der 1929 mit 32 Jahren

42 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 43 Literatur Literatur

mende und angsterfüllte Stimmung die- seiner Ermordung in Lörrach bekannt. Maschinen und Lesetipps ser Zeit einzufangen. Deutlich wird auch, Richter wurde posthum in die „Hall of Handarbeit in den dass die Nationalsozialisten danach Fame des deutschen Sports“ aufgenom- Werkstätten geleis- Weihnachten steht vor der Tür und ein strebten, das Idol des Berufssportlers men. Heute gibt es in Köln die neu errich- tet wurde. Das Buch Buch- oder Kalendergeschenk ist immer durch den Kriegsheld zu ersetzen. Und so tete Albert-Richter-Bahn, eine Gedenk- endet mit jeweils erste Wahl. Die Qual der Wahl besteht wird auch Otto Pagler zum Schluss des tafel an der ehemaligen Rheinlandhalle zwanzig Seiten über zwischen einem packenden Roman und Buches nahe gelegt, sich reumütig bei der und einen Stolperstein, die an das das Motorrad mit brillanten Kalender. So mancher kalte Wehrmacht zu melden, was ganz im Sinne Schicksal des Radrennfahrers erinnern. dem Schwerpunkt Winterabend kann aber auch durch die Motor und Zündung Lektüre von mehr als einhundert Jahre Durch die Neuausgabe dieses Romans, und der Reparatur alten Reparaturbüchern erwärmt werden. der äußerst gekonnt historische Fakten von Nähmaschinen. Hier die verschiedenen Möglichkeiten: mit frei erfundenen Figuren verknüpft, Sein Inhalt ist inter- wird dieser Stoff nun in einer anderen essant für Liebhaber Form und aus einer anderen Perspektive historischer Fahrrä- Der Tod des Weltmeisters – wiederbelebt. Für den radsport- und/oder der, Nähmaschinen Eine Radsportkarriere im Dritten Reich geschichtsinteressierten Leser ist das und Motorräder aus Buch von Herbert Friedrich ideal, denn der Kaiserzeit. Altes Mit seinem nun neuaufgelegten Roman es zeigt, dass Sport- und Gesellschaftsge- Wissen ist heute über den Kölner Radrennfahrer Otto schichte untrennbar sind. Gerade jetzt, notwendig, um sam- Pagler taucht der Autor Herbert Friedrich wo aufgrund der steigenden Zuwande- melwürdige Objek- ab in die düstere Zeit des Nationalsozialis- rung nach Europa, rechtskonservative te zu pflegen, Werte Ritter Rupert von Paller: Der Fahrrad-Reparateur – mus. Schonungslos beschreibt er nicht nur Stimmen, Vorurteile und Stereotype Wichtig ist die Feststellung, dass es sich behutsam zu erhalten oder auch weiter zu Ein Handbuch für Radfahrer, Schlosser. Mechani- die Härten des Radsports, sondern vor zunehmen, ist diese aufwühlend geschrie- hier nicht um ein seelenloses Verlagspro- nutzen. (mm) ker, Fahrradhändler und Reparaturwerkstätten - Besitzer J. Kleine Vennekate Verlag 2015; Softco- allem das politische Klima, die Radikali- bene Geschichte, aus einer Zeit die uns dukt handelt, sondern um ein Werk von ver 115 S. mit 93 Abb. u. sieben Tabellen, Format: sierung der Gesellschaft und die Judenver- Deutsche bis heute beschäftigt, sehr zu Fahrradbegeisterten, die ihre Freude an 21 x 14 cm; ISBN 978-3-935517-78-2, Preis 25 € folgung, von der auch die Radsportszene empfehlen. alten Rädern mit anderen teilen wollen. der 1930er Jahre nicht verschont blieb. Ohne Mithilfe von Familienmitgliedern Friedrich, der in der DDR aufwuchs, veröf- (Oliver Leibbrand, Bargum) wäre so ein großformatiges Projekt nicht Kalender Wiener Räder 2016 fentlichte sein Werk schon 1971 unter dem machbar gewesen. Titel „Der Kristall und die Messer“. Ab der Herbert Friedrich: Der Tod des Weltmeisters – Schöne Räder, tolle Bilder, interessante zweiten Auflage wurde der bisherige Eine Radsportkarriere im Dritten Reich, Maxime- Mitglieder unseres Vereins bekommen Details: der neue Kalender Wiener Räder Untertitel zum Haupttitel und hieß „7 Verlag 2015; 448 Seiten, Format 12 x 21 cm, den Kalender versandkostenfrei. Dazu ist da!12 Monatsblätter plus ein Deck- Jahre eines Rennfahrers“. Es gab tschechi- Hardcover Feinleinen; ISBN 978-3931965556, einfach eine Mail mit dem Stichwort blatt zeigen die Schätze unter den Wiener sche, lettische und niederländische Über- des Reichssportführers Hans von Preis: 24,95 € "Halbrenner" an info@one-year-of- Rädern aus der Zeit 1930 – 1980 mit setzungen. In Westdeutschland war das Tschammer und Osten war, der damals bicycles.com schreiben, oder das Kon- Liebe zum Detail, die Texte zu jedem Rad Buch nicht erhältlich. forderte: „Meine besten Sportler sollen taktformular auf der Internetseite liefern aufschlussreiche und manchmal auch des Führers beste Soldaten sein.“ Edler Fahrradkalender 2016 www.one-year-of-bicycles.com benutzen. Der Roman greift zahlreiche Bege- Doch Pagler und Richter blieben ihren Möglich ist natürlich auch eine Bestel- benheiten und Parallelen rund um das Idealen treu. Wieder haben der Restaurator Nicolaj lung per Postkarte mit dem Stichwort an Schicksal des berühmten Radrennfahrers Thomas und Fotograf Peter Rüssmann die Rüssmann-Thomas GbR, Elbchaus- Albert Richter (1912-1940) auf, der mehr- Umso lesenswerter wird diese von das Kunststück fertig gebracht, einen see 324 in 22609 Hamburg oder per Tele- fach Deutscher Meister und zweimaliger Friedrichs selbst überarbeitete Neuaus- edelsten Kalender mit historischen Fahr- fon unter 040-6572323. (mm) Vizeweltmeister war. Die Hauptfigur, gabe des Romans vor dem Hintergrund, rädern fertigzustellen. Dritter im Bunde Otto Pagler, wird zum Aushängeschild dass der Autor als heranwachsender und ist der Gestalter Daniel Weiss. Mit „One One year of Bicycles 2016, Format ca. 65 x 50 cm Ferdinand Thiesen: Der Feinmechaniker, Fahrrä- der Nation. Sein jüdischer Trainer erlebt junger Soldat selbst den Nationalsozialis- year of bicycles 2016“ kann man sich Spiralbindung, ISBN 978-3-00-049830-5, Preis: der- und Nähmaschinen-Reparateur, J. Kleine wie sich alle gesellschaftlichen Bereiche mus miterlebte und danach in Kriegsge- wirklich ein Jahr lang die schönsten Old- 39 € Vennekate Verlag 2015; Softcover 137 S. mit 131 Abb. und fünf Tafeln, Format 21 x 14 cm; ISBN militarisieren. Er wird zunehmend schi- fangenschaft war, wie aus dem Nachwort timer an die Wand heften. Dieses brillie- 978-3-935517-79-9, Preis 25 € kaniert, ausgegrenzt und muss schließlich von Elmar Schenkel hervorgeht. Darüber rende Kalender-Projekt konnte nur mit Zweimal Lektüre für Schrauber um sein Leben fürchten. In Pagler wächst hinaus ist es interessant, dass in der DDR diversen Leihgebern funktionieren: Uli der Widerstand gegen das Regime, das verschiedene Sportstätten und ein Kin- Feick, Nico Boer, André Konietzko und Seinerzeit richtete sich das Buch – wie Damals war das Handbuch für Rad- den väterlichen Freund und Trainer ver- derheim nach Albert Richter benannt Nils Gronemeyer stellten wunderbare man aus dem Untertitel erkennt – an den fahrer, Schlosser, Mechaniker sowie für folgt. Zusehends traut sich der politisch wurden. Es existierten auch Sonderbrief- Räder aus ihren Sammlungen zur Verfü- Mechaniker, den Uhrmacher sowie an die den Fahrradhändler mit Reparaturwerk- eher unbedarfte Rennfahrer „Farbe zu marken, die an Sportler erinnerten, die gung. Sie wurden in Kulissen eines Boots- Inhaber von Fahrrad- und Nähmaschi- statt gedacht. Im Untertitel heißt es: „Aus- bekennen“; distanziert sich vom national- unter der NS-Diktatur ums Leben kamen hauses (Barmeyer Hamburg), einer Kaf- nen-Geschäften. Der Autor Ferdinand führliche Darstellung aller bei Fahrrä- sozialistischen Weltbild und solidarisiert – darunter auch Richters Portrait. In West- feerösterei (Speicherstadt Hamburg) Thiesen, ein Kenner der Feinmechanik, dern und Motorzweirädern vorkommen- sich mit seinen jüdischen Freunden und deutschland veröffentlichten Raimund und eines Museumsladens (Ulis wurde in den 1930er Jahren durch mehre- den Reparaturen“. Der Autor setzt etwas ausländischen Rennfahrerkollegen, Weber und Tillmann Scholl 1989 den Museumsladen Spandau) in Szene re Bücher über Synchron- und elektri- andere Schwerpunkte wie Thiesen, z.B. auch ziemlich überraschende Informatio- obwohl seine Siege für „Führer, Volk und Dokumentarfilm Auf der Suche nach gesetzt und professionell abgelichtet. sche Uhren bekannt. Im nun vorliegen- geht er besonders ein auf die zweckmäßi- nen. Mit Fotos von Philipp Horak und Vaterland“ gefeiert werden. Er schmug- Albert Richter – Radrennfahrer, auf den Besonders beeindruckend sind die den Reprint widmet sich der Praktiker ge Einrichtung einer Werkstatt, was nicht Texten von Michael Zappe. Der Kalender gelt Geld, deponiert eigenes Geld im das Buch von Renate Franz, Andreas Arrangements in einem Verkehrs- auf knapp 100 Seiten den Metallen, ihrer verwundert, denn von Paller lebte in ist gedruckt auf 250 g Kunstdruckkarton. Ausland, widersetzt sich, wird verhaftet Hupke und Bernd Hempelmann Der museum (Eisenbahnmuseum Aumühle) feinmechanischen Bearbeitung und der Nürnberg vom Verkauf solcher Gerät- Das Werk ist zu bestellen bei der Verlags- und bezahlt, wie Richter, den höchsten vergessene Weltmeister – Das rätselhafte oder in der freien Natur. Texte von Nico- Reparatur des Fahrrades. Thiesen gibt schaften. Ausführllich beschrieben wer- buchhandlung Brüder Hollinek unter Preis – sein Leben. Schicksal des Kölner Radrennfahrers laj beschreiben zweisprachig die gelieb- damit einen umfassenden Überblick über den auch Emaillierung und Vernickelung. www.hollinek.at Albert Richter, 1998 folgte. So wurde ten Sammlerstücke in Kurzform, Jill und die handwerklichen Tätigkeiten eines Die Ausgabe von 1908 enthält einen ganz Im vorliegenden Roman schafft es mehr über das Leben, die sportliche Kar- Baldur Klimaschewky sorgten für das Mechanikers jener Tage, sprich 1908. kurzen Abschnitt über die Reparaturen Wiener Räder 2016, Hochformat 29,7 x 42 cm Herbert Friedrich, die äußerst beklem- riere und die dramatischen Umstände Lektorat. Erstaunlich ist, was alles mit einfachen an Motorzweirädern. (mm) Spiralbindung, Preis: 19,90 € zzgl. Versandkosten

44 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 45 Literatur Literatur mende und angsterfüllte Stimmung die- seiner Ermordung in Lörrach bekannt. Maschinen und Lesetipps ser Zeit einzufangen. Deutlich wird auch, Richter wurde posthum in die „Hall of Handarbeit in den dass die Nationalsozialisten danach Fame des deutschen Sports“ aufgenom- Werkstätten geleis- Weihnachten steht vor der Tür und ein strebten, das Idol des Berufssportlers men. Heute gibt es in Köln die neu errich- tet wurde. Das Buch Buch- oder Kalendergeschenk ist immer durch den Kriegsheld zu ersetzen. Und so tete Albert-Richter-Bahn, eine Gedenk- endet mit jeweils erste Wahl. Die Qual der Wahl besteht wird auch Otto Pagler zum Schluss des tafel an der ehemaligen Rheinlandhalle zwanzig Seiten über zwischen einem packenden Roman und Buches nahe gelegt, sich reumütig bei der und einen Stolperstein, die an das das Motorrad mit brillanten Kalender. So mancher kalte Wehrmacht zu melden, was ganz im Sinne Schicksal des Radrennfahrers erinnern. dem Schwerpunkt Winterabend kann aber auch durch die Motor und Zündung Lektüre von mehr als einhundert Jahre Durch die Neuausgabe dieses Romans, und der Reparatur alten Reparaturbüchern erwärmt werden. der äußerst gekonnt historische Fakten von Nähmaschinen. Hier die verschiedenen Möglichkeiten: mit frei erfundenen Figuren verknüpft, Sein Inhalt ist inter- wird dieser Stoff nun in einer anderen essant für Liebhaber Form und aus einer anderen Perspektive historischer Fahrrä- Der Tod des Weltmeisters – wiederbelebt. Für den radsport- und/oder der, Nähmaschinen Eine Radsportkarriere im Dritten Reich geschichtsinteressierten Leser ist das und Motorräder aus Buch von Herbert Friedrich ideal, denn der Kaiserzeit. Altes Mit seinem nun neuaufgelegten Roman es zeigt, dass Sport- und Gesellschaftsge- Wissen ist heute über den Kölner Radrennfahrer Otto schichte untrennbar sind. Gerade jetzt, notwendig, um sam- Pagler taucht der Autor Herbert Friedrich wo aufgrund der steigenden Zuwande- melwürdige Objek- ab in die düstere Zeit des Nationalsozialis- rung nach Europa, rechtskonservative te zu pflegen, Werte Ritter Rupert von Paller: Der Fahrrad-Reparateur – mus. Schonungslos beschreibt er nicht nur Stimmen, Vorurteile und Stereotype Wichtig ist die Feststellung, dass es sich behutsam zu erhalten oder auch weiter zu Ein Handbuch für Radfahrer, Schlosser. Mechani- die Härten des Radsports, sondern vor zunehmen, ist diese aufwühlend geschrie- hier nicht um ein seelenloses Verlagspro- nutzen. (mm) ker, Fahrradhändler und Reparaturwerkstätten - Besitzer J. Kleine Vennekate Verlag 2015; Softco- allem das politische Klima, die Radikali- bene Geschichte, aus einer Zeit die uns dukt handelt, sondern um ein Werk von ver 115 S. mit 93 Abb. u. sieben Tabellen, Format: sierung der Gesellschaft und die Judenver- Deutsche bis heute beschäftigt, sehr zu Fahrradbegeisterten, die ihre Freude an 21 x 14 cm; ISBN 978-3-935517-78-2, Preis 25 € folgung, von der auch die Radsportszene empfehlen. alten Rädern mit anderen teilen wollen. der 1930er Jahre nicht verschont blieb. Ohne Mithilfe von Familienmitgliedern Friedrich, der in der DDR aufwuchs, veröf- (Oliver Leibbrand, Bargum) wäre so ein großformatiges Projekt nicht Kalender Wiener Räder 2016 fentlichte sein Werk schon 1971 unter dem machbar gewesen. Titel „Der Kristall und die Messer“. Ab der Herbert Friedrich: Der Tod des Weltmeisters – Schöne Räder, tolle Bilder, interessante zweiten Auflage wurde der bisherige Eine Radsportkarriere im Dritten Reich, Maxime- Mitglieder unseres Vereins bekommen Details: der neue Kalender Wiener Räder Untertitel zum Haupttitel und hieß „7 Verlag 2015; 448 Seiten, Format 12 x 21 cm, den Kalender versandkostenfrei. Dazu ist da!12 Monatsblätter plus ein Deck- Jahre eines Rennfahrers“. Es gab tschechi- Hardcover Feinleinen; ISBN 978-3931965556, einfach eine Mail mit dem Stichwort blatt zeigen die Schätze unter den Wiener sche, lettische und niederländische Über- des Reichssportführers Hans von Preis: 24,95 € "Halbrenner" an info@one-year-of- Rädern aus der Zeit 1930 – 1980 mit setzungen. In Westdeutschland war das Tschammer und Osten war, der damals bicycles.com schreiben, oder das Kon- Liebe zum Detail, die Texte zu jedem Rad Buch nicht erhältlich. forderte: „Meine besten Sportler sollen taktformular auf der Internetseite liefern aufschlussreiche und manchmal auch des Führers beste Soldaten sein.“ Edler Fahrradkalender 2016 www.one-year-of-bicycles.com benutzen. Der Roman greift zahlreiche Bege- Doch Pagler und Richter blieben ihren Möglich ist natürlich auch eine Bestel- benheiten und Parallelen rund um das Idealen treu. Wieder haben der Restaurator Nicolaj lung per Postkarte mit dem Stichwort an Schicksal des berühmten Radrennfahrers Thomas und Fotograf Peter Rüssmann die Rüssmann-Thomas GbR, Elbchaus- Albert Richter (1912-1940) auf, der mehr- Umso lesenswerter wird diese von das Kunststück fertig gebracht, einen see 324 in 22609 Hamburg oder per Tele- fach Deutscher Meister und zweimaliger Friedrichs selbst überarbeitete Neuaus- edelsten Kalender mit historischen Fahr- fon unter 040-6572323. (mm) Vizeweltmeister war. Die Hauptfigur, gabe des Romans vor dem Hintergrund, rädern fertigzustellen. Dritter im Bunde Otto Pagler, wird zum Aushängeschild dass der Autor als heranwachsender und ist der Gestalter Daniel Weiss. Mit „One One year of Bicycles 2016, Format ca. 65 x 50 cm Ferdinand Thiesen: Der Feinmechaniker, Fahrrä- der Nation. Sein jüdischer Trainer erlebt junger Soldat selbst den Nationalsozialis- year of bicycles 2016“ kann man sich Spiralbindung, ISBN 978-3-00-049830-5, Preis: der- und Nähmaschinen-Reparateur, J. Kleine wie sich alle gesellschaftlichen Bereiche mus miterlebte und danach in Kriegsge- wirklich ein Jahr lang die schönsten Old- 39 € Vennekate Verlag 2015; Softcover 137 S. mit 131 Abb. und fünf Tafeln, Format 21 x 14 cm; ISBN militarisieren. Er wird zunehmend schi- fangenschaft war, wie aus dem Nachwort timer an die Wand heften. Dieses brillie- 978-3-935517-79-9, Preis 25 € kaniert, ausgegrenzt und muss schließlich von Elmar Schenkel hervorgeht. Darüber rende Kalender-Projekt konnte nur mit Zweimal Lektüre für Schrauber um sein Leben fürchten. In Pagler wächst hinaus ist es interessant, dass in der DDR diversen Leihgebern funktionieren: Uli der Widerstand gegen das Regime, das verschiedene Sportstätten und ein Kin- Feick, Nico Boer, André Konietzko und Seinerzeit richtete sich das Buch – wie Damals war das Handbuch für Rad- den väterlichen Freund und Trainer ver- derheim nach Albert Richter benannt Nils Gronemeyer stellten wunderbare man aus dem Untertitel erkennt – an den fahrer, Schlosser, Mechaniker sowie für folgt. Zusehends traut sich der politisch wurden. Es existierten auch Sonderbrief- Räder aus ihren Sammlungen zur Verfü- Mechaniker, den Uhrmacher sowie an die den Fahrradhändler mit Reparaturwerk- eher unbedarfte Rennfahrer „Farbe zu marken, die an Sportler erinnerten, die gung. Sie wurden in Kulissen eines Boots- Inhaber von Fahrrad- und Nähmaschi- statt gedacht. Im Untertitel heißt es: „Aus- bekennen“; distanziert sich vom national- unter der NS-Diktatur ums Leben kamen hauses (Barmeyer Hamburg), einer Kaf- nen-Geschäften. Der Autor Ferdinand führliche Darstellung aller bei Fahrrä- sozialistischen Weltbild und solidarisiert – darunter auch Richters Portrait. In West- feerösterei (Speicherstadt Hamburg) Thiesen, ein Kenner der Feinmechanik, dern und Motorzweirädern vorkommen- sich mit seinen jüdischen Freunden und deutschland veröffentlichten Raimund und eines Museumsladens (Ulis wurde in den 1930er Jahren durch mehre- den Reparaturen“. Der Autor setzt etwas ausländischen Rennfahrerkollegen, Weber und Tillmann Scholl 1989 den Museumsladen Spandau) in Szene re Bücher über Synchron- und elektri- andere Schwerpunkte wie Thiesen, z.B. auch ziemlich überraschende Informatio- obwohl seine Siege für „Führer, Volk und Dokumentarfilm Auf der Suche nach gesetzt und professionell abgelichtet. sche Uhren bekannt. Im nun vorliegen- geht er besonders ein auf die zweckmäßi- nen. Mit Fotos von Philipp Horak und Vaterland“ gefeiert werden. Er schmug- Albert Richter – Radrennfahrer, auf den Besonders beeindruckend sind die den Reprint widmet sich der Praktiker ge Einrichtung einer Werkstatt, was nicht Texten von Michael Zappe. Der Kalender gelt Geld, deponiert eigenes Geld im das Buch von Renate Franz, Andreas Arrangements in einem Verkehrs- auf knapp 100 Seiten den Metallen, ihrer verwundert, denn von Paller lebte in ist gedruckt auf 250 g Kunstdruckkarton. Ausland, widersetzt sich, wird verhaftet Hupke und Bernd Hempelmann Der museum (Eisenbahnmuseum Aumühle) feinmechanischen Bearbeitung und der Nürnberg vom Verkauf solcher Gerät- Das Werk ist zu bestellen bei der Verlags- und bezahlt, wie Richter, den höchsten vergessene Weltmeister – Das rätselhafte oder in der freien Natur. Texte von Nico- Reparatur des Fahrrades. Thiesen gibt schaften. Ausführllich beschrieben wer- buchhandlung Brüder Hollinek unter Preis – sein Leben. Schicksal des Kölner Radrennfahrers laj beschreiben zweisprachig die gelieb- damit einen umfassenden Überblick über den auch Emaillierung und Vernickelung. www.hollinek.at Albert Richter, 1998 folgte. So wurde ten Sammlerstücke in Kurzform, Jill und die handwerklichen Tätigkeiten eines Die Ausgabe von 1908 enthält einen ganz Im vorliegenden Roman schafft es mehr über das Leben, die sportliche Kar- Baldur Klimaschewky sorgten für das Mechanikers jener Tage, sprich 1908. kurzen Abschnitt über die Reparaturen Wiener Räder 2016, Hochformat 29,7 x 42 cm Herbert Friedrich, die äußerst beklem- riere und die dramatischen Umstände Lektorat. Erstaunlich ist, was alles mit einfachen an Motorzweirädern. (mm) Spiralbindung, Preis: 19,90 € zzgl. Versandkosten

44 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 45 Historisches Dokument Historisches Dokument

Werbemittel der Brennabor-Werke

Die Gebr. Reichstein aus Brandenburg/Havel erkannten früh die Notwendigkeit einer breiten Produktwerbung, um sich der werten Kundschaft zu empfehlen. Mit der Namensgebung „Brenna- bor“ für ihre Fahrräder durch Carl Reichstein um

1888/89 setzten forcierte Werbemaßnah- men ein. So sorgte neben der Qualität vor allem auch die „Macht der Bilder“ und entsprechende „Werbeslogans“ für eine enorm erfolgreiche Firmenentwicklung und weltweit steigende Verkaufszahlen. „Brennabor Weltberühmt Unerreicht“ dürfte wohl, auch heute noch, der bekannteste sein.

Über Jahrzehnte hinweg wurden die erfolgreichsten Künstler, Grafiker und Illustratoren der entsprechenden Zeite- pochen beauftragt, entsprechende Moti- ve für Ansichtskarten, komplette Katalo- ge und Prospekte, sowie Werbeanzeigen zu entwerfen. Zu den bekanntesten gehörten vor 1900 Peter Geh aus Berlin, nach 1900 das Atelier Leonhard Fries (Karte S. 47 oben, abgestempelt 1915) aus Berlin, in den späteren 1920er Jahren Vintila Antonescu (ANTO), Kirchbach (Karten S. 46 oben und S. 47 unten) und in den 1920er/30er Jahren der „Magier der Werbewelt“ Bernd Reuters. Anhand der Karten lassen sich sehr schön der Zeitge- schmack und die Entwicklung der Wer- bung erkennen.

(Mario Steinbrink, Altbensdorf bei Brandenburg an der Havel)

46 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 47 Historisches Dokument Historisches Dokument

Werbemittel der Brennabor-Werke

Die Gebr. Reichstein aus Brandenburg/Havel erkannten früh die Notwendigkeit einer breiten Produktwerbung, um sich der werten Kundschaft zu empfehlen. Mit der Namensgebung „Brenna- bor“ für ihre Fahrräder durch Carl Reichstein um

1888/89 setzten forcierte Werbemaßnah- men ein. So sorgte neben der Qualität vor allem auch die „Macht der Bilder“ und entsprechende „Werbeslogans“ für eine enorm erfolgreiche Firmenentwicklung und weltweit steigende Verkaufszahlen. „Brennabor Weltberühmt Unerreicht“ dürfte wohl, auch heute noch, der bekannteste sein.

Über Jahrzehnte hinweg wurden die erfolgreichsten Künstler, Grafiker und Illustratoren der entsprechenden Zeite- pochen beauftragt, entsprechende Moti- ve für Ansichtskarten, komplette Katalo- ge und Prospekte, sowie Werbeanzeigen zu entwerfen. Zu den bekanntesten gehörten vor 1900 Peter Geh aus Berlin, nach 1900 das Atelier Leonhard Fries (Karte S. 47 oben, abgestempelt 1915) aus Berlin, in den späteren 1920er Jahren Vintila Antonescu (ANTO), Kirchbach (Karten S. 46 oben und S. 47 unten) und in den 1920er/30er Jahren der „Magier der Werbewelt“ Bernd Reuters. Anhand der Karten lassen sich sehr schön der Zeitge- schmack und die Entwicklung der Wer- bung erkennen.

(Mario Steinbrink, Altbensdorf bei Brandenburg an der Havel)

46 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 47 Knochenschüttler-Jubiläum Knochenschüttler-Jubiläum

Dank verpflichtet. Letztlich wird aus dem Michael Grützner. Der erste „neue“ KS“ tins braucht eine Auszeit, kümmert sich Im 20. Jahr – Der Knochenschüttler - Walter Euhus, Hannover, Vorsitzender Abschied als Redakteur aber nichts, weil umfasst 32 Seiten, erscheint dreimal jähr- aber weiter um die Schlusskorrektur, den - Gaby , Oldenburg, stellv. Vor- niemand bereit ist, die Redaktionsarbeit lich. Druck, die Beilagen und Großanzeigen. Wer hätte das gedacht: Das Mitglieder-Journal von „Historische Fahrräder e.V.“ sitzende zu übernehmen – der Abschied zieht sich Das Jubiläums-Heft Nr. 50 wird ein feiert seinen 20. Geburtstag. Wie das, fragen sich die Vereinsmitglieder? Sie wissen, dass - Heinz Fingerhut, Hüllhorst, stellv. Vor- bis zum Heft 30 hin. Tilman macht nun seine Ankündigung, Schmuckstück, es ist durchgängig farbig unser Verein 1997 gegründet wurde. Das Jubiläum wäre dann doch zwei Jahre zu früh. sitzender Ende 2003 aufzuhören, wahr. Ab Heft 30 gedruckt. Ab dem Jahrgang 2011 erschei- Richtig, aber trotzdem stimmt die Rechnung. Walter Euhus, unser Gründungsvorsit- - Roland Huhn, Gelsenkirchen, Schrift- Der neue KS im Jahr 2004 erklären sich Johannes Gro- nen dann nur noch zwei Hefte. Allerdings zender, erzählt hier die Geschichte des KS – und so nebenher auch ein Stück Vereinsge- führer ßewinkelmann und Michael Mertins wird im selben Jahr dann doch noch ein schichte. - Michael Grützner, Dresden, Schatz- Der neue „Knochenschüttler“ beginnt bereit, die Redaktion zu übernehmen, drittes Heft verschickt, nämlich die Jubi- meister. als „Zeitschrift für Liebhaber histori- Erstgenannter fungiert als Chefredak- läumsausgabe „125 Jahre Rad-Markt“. Eine Idee wird Realität Heft 5 erscheint im Juli 1996, ist 28 scher Fahrräder“ mit der Nr. 18 im Jahr teur. Mit im neuen Team ist Matthias Die letzten Änderungen im Redaktions- Seiten dick und trägt einen um „… und Auf der Gründungsversammlung wird 2000 in DIN A4. Nun wird das Heft „or- Pühl. Zeitgleich mit der Nr. 31 wechseln team: Mit Heft 53 steigt Sven Altfelder Ort der Handlung Dresden, die 1990er Hilfsmotoren“ erweiterten Untertitel. u.a. beschlossen: „ ‚Der Knochenschütt- dentlich“ mit einem Grafikprogramm wegen unüberbrückbarer Differenzen aus, Jürgen Kronenberg erscheint erst- Jahre haben eben angefangen; es ist eine ler/VeloRat' wird langfristig in eine Mit- gesetzt und auf Bilderdruckpapier pro- Layout und Druck nach Bielefeld, das mals in Heft 56 als neuer Mitarbeiter der wilde Zeit voller Aufbruch. Es hat sich gliederzeitschrift des Vereins ‚Historische fessionell gedruckt, während die Hefte Design wird leicht verändert. Nur eines Redaktion. Thomas Busch sieht sich aus eine Gruppe zusammengefunden, die Fahrräder e.V.' umgewandelt“. Es ist Til- bis Nr. 17 im Format A5 als Klebevorlage bleibt wie gehabt: der Versand aus Dres- beruflichen Gründen nicht mehr in der „Fahrrad-Veteranen-Freunde Dresden“. man Wagenknecht zu danken, dass er noch auf dem Kopierer vervielfältigt den. Immer noch sind die Dresdner Ver- Lage, die Redaktion zu führen. Zum Kopf der Gruppe gehören Frank bereit ist, seine inzwischen gut etablierte werden. Das Tandem ist nicht mehr ent- einsfreunde fleißig in ihrer Mittwochs- Papperitz und Tilman Wagenknecht, Zeitschrift dem neuen Verein unentgelt- halten, dafür unser runde mit dem Eintüten der fast 500 Mit Michael zum Jubiläum später Matthias Kielwein und Michael lich als Mitgliederzeitschrift zur Verfü- Vereinslogo, das Hefte und zahlreicher Beilagen beschäf- Grützner. Tilman ist der Erfinder und gung zu stellen (die Zusage ist an das stilisierte Veloci- tigt. Als „Lohn“ bekommen sie ein klei- Zum Glück ist Michael Mertins bereit, Herausgeber von „Der Dresdner Kno- Bestehen des Vereins gebunden) und ped oder Hochrad nes Kontingent KS-Hefte und können es ab Heft 57 den Chefposten noch einmal chenschüttler“, dem „Informations- sogar die Redaktion ehrenamtlich weiter als Symbol für alte so vor den anderen Mitgliedern studie- zu übernehmen und führt den KS wieder blatt der Fahrrad- zu führen. Zum damaligen Zeitpunkt hat Fahrräder. Das ren. Jahrelang läuft das hervorragend und in ruhige Gewässer. Die bewährten Mit- Veteranen-Freunde der Knochenschüttler, heute liebevoll als Design des Heftes ein dickes Dankeschön ist an dieser Stelle arbeiter früherer Jahrgänge stehen ihm Dresden“ – später Die Auflage ist von 300 in Heft 3 auf 400 KS bezeichnet, ca. 330 feste Abonnenten. entwirft Maxi Kutschera in Leipzig, die mehr als angebracht. bei der umfangreichen Arbeit hilfreich zu ein e.V. – ursprüng- in Heft 4 gestiegen. In Heft 5 wird als Co- Etwa 250 wechseln als Mitglieder in den auch für Satz und Druck verantwortlich Seite. Einen nochmaligen Qualitäts- lich auch nur für Herausgeber Christoph Guder aus Verein, so dass der Verein gleich einen ist. Dank Fax, Scanner und Internet ist die Neue Redaktionsteams sprung erreicht das Mitgliederjournal ab diesen Kreis ge- Braunschweig genannt und die Titelseite guten Start verzeichnen kann. Arbeit erleichtert, das Heft schafft den Heft 57: „Der Knochenschüttler“ kommt dacht. Im Juni 1995, mit dem Zusatz „VeloRat“ versehen. Sprung zur professionellen Zeitschrift. Heft 35 im Jahr 2005 sieht dann Toni generell in farbiger Aufmachung. Und der Herausgeber Christoph hatte zuvor 1995 und parallel Im Heft 12 vom Frühjahr 1998 wird Theilmeier statt Matthias Pühl mit im das vorliegende Jubiläums-Heft Nr. 60 hatte Dresden ver- 1996 einige Heftchen mit diesem Titel zum zweiten Mal über den neuen Verein Redaktionsteam. Mit Heft 39 beginnt überrascht uns mit satten 56 Seiten Inhalt, lassen, heißt es, dass herausgegeben, ein „Mitteilungsblatt zur berichtet und erstmals zur „Velocipedi- dann Michael Mertins’ Karriere als Chef- statt der üblichen 32. Das ist einmalig und das Heft künftig von Fahrradgeschichte“. Auftrieb erhielt die ade“ aufgerufen. Auch diesen Begriff redakteur. Neben Toni Theilmeier kom- wohl kaum noch zu übertreffen! jederfrau und jedermann bundesweit Szene durch die zwei Tagungen zur Fahr- denkt sich Tilman aus. Das erste Wortteil men Sven Altfelder und Maxi Kutschera abonniert werden kann. Das Abo kostet radgeschichte in Bielefeld. steht für Fahrrad = Velociped, das zweite mit ins Team. Heft 42 im Jahr 2008 brachte Schlussbemerkung 15 DM pro Jahr. Das „Heft“ – zuerst zwei ist die Endung von Olymp„iade“. Außer- dann eine kleine Sensation, einen farbi- DIN A 4-Seiten gefaltet + eine DIN A 5 dem erfolgt der Aufruf zur „Auktion gen Umschlag, der auch zukünftig beibe- Im Vereinsflyer heißt es „Der Kno- Seite als Einlage – enthält zahlreiche historischer Fahrräder und Fahrräder mit halten wird. chenschüttler, das Vereinsmagazin, infor- kurze Informationen und zwei längere Hilfsmotoren“. Als Ort der Veranstaltung miert über Veranstaltungen, Ausstellun- Berichte von Friederike Wulff-Woesten, ist Glindow (bei Werder an der Havel) gen, Literatur (Buchbesprechungen), vorgesehen. Die Titel-Unterzeile des KS Nachrichten aus dem Verein und leistet wird erweitert um „... Mitgliederjournal mit gut recherchierten Berichten zu fahr- des Historische Fahrräder e.V.“ und um radhistorischen Themen, Firmenchroni- Heft 8 enthält mehrere kleine Änderun- das neue Vereinslogo. ken, Rennfahrerbiographien und Fachar- gen, eine neue Adresse Tilmans in Erfurt, tikeln zur Fahrradtechnik einen wichti- die Christophs in Hamburg und als klei- Tilman versucht auszusteigen gen Beitrag zur Erforschung der Ent- nen Zusatz zum Titel die Kinderzeich- wicklungsgeschichte des Fahrrades.“ der heutigen Frau Wagenknecht und von nung eines Tandems. In „Der Knochen- Der Knochenschüttler Heft 17 im „Der Knochenschüttler“ hat dieses Ver- Tilman selbst. 20 Rundschreiben und schüttler“ mit „VeloRat“ Nr. 9 vom Früh- Herbst 1999 ist als Tilmans Abschiedsheft sprechen stets gehalten. Danke allen, die Hefte waren bereits erschienen, aber jahr 1997 sind einige bemerkenswerte geplant. Er schreibt, dass er die Redakti- durch ihre Beiträge, Fotos und Abbildun- „Der Knochenschüttler“, nun ohne Hinweise enthalten: on weitgehend abgeben wird. „Damit gen dazu beigetragen haben, dass es bei Zusatz „Dresdner“, erscheint als Heft 21, - Der Aufruf zur Gründung eines deut- geht für mich eine wichtige und schöne diesem hohen Niveau geblieben ist. Ein was später rückwirkend zur Nr. 1 dekla- schen Vereins für historische Fahrräder Zeit zu Ende“, so seine Aussage. In einem Aber Erfolg bringt auch Nachahmer! besonderer Dank denen, die für das Maga- riert wird. (siehe Beilage!) beim Stallhoftreffen in Dresden Beitrag erklärt Ungefähr zu dieser Zeit etabliert der zin Verantwortung trugen. Sie haben sich - eine Einladung zum Fahrradfest nach Tilman die kleine Verlag Klaus Raabe die Zeitschrift „0 bis um die Sache verdient gemacht. Deshalb Das Heft 2 umfasst bereits 16 Seiten, ist Schönhofen („Radwerk“ Ivan Sojc und Kinderzeichnung 100“, später umbenannt in „Fahrrad und erhielten die drei Chefredakteure anläss- geheftet und trägt den Untertitel „Zei- Mona Buchmann) und im Titel: „Seit Heft Moped“. Dieses Heft wird komplett in lich der Velocipediade 2015 die Ehrenna- tung für Liebhaber historischer Fahrrä- - eine Aufforderung, sich als Spezialist 8 schmückt das Farbe gedruckt und ist im Abo nicht viel del unseres Vereins verbunden mit einer der“. Die Nr. 3 ist bereits 24 Seiten dick für ein bestimmtes Fachgebiet zu melden. KS-Tandem die teurer als die Mitgliedschaft im Verein. Urkunde und wertigen Sachpreisen. und enthält u.a. einen längeren Bericht Titelseite. Es ent- Eine schwierige Zeit für unser Journal, von Tilman über Paul Rinkowski, dem In Heft 11 wird verkündet: „Neuer stand übrigens als Kinderkritzelei auf letztlich hat der „KS“ den längeren Atem Heft 46 zeigt wieder eine Veränderung: (Walter Euhus, Langenhagen) sächsischen Liegeradpionier. Neben den Club für Deutschland gegründet!“, denn einer Tischdecke zu unserer Hochzeit und kommt inzwischen auch farbig daher. Im Redaktionsteam erscheinen Thomas eingangs erwähnten Personen tauchen am 3. Oktober wurde in Dresden „Histo- 1996...“ Wozu Hochzeiten doch auch gut Zum Redaktionsteam gehören unverän- Busch als Chef vom Dienst, als Mitarbei- bald auch Roland Huhn und Walter rische Fahrräder e.V.“ gegründet mit sind! Soviel zu Tilmans „Abschiedswor- dert Tilman Wagenknecht als Chefredak- ter Toni Theilmeier, Sven Altfelder, Sven Auf der nächsten Seite stellen Vereins- Euhus als Mitautoren auf. folgendem Vorstand: ten“. Unser Verein ist Tilman zu großem teur, Dirk Breiholz, Christoph Guder und Dewitz und Walter Euhus. Michael Mer- mitglieder die Chefredakteure vor.

48 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 49 Knochenschüttler-Jubiläum Knochenschüttler-Jubiläum

Dank verpflichtet. Letztlich wird aus dem Michael Grützner. Der erste „neue“ KS“ tins braucht eine Auszeit, kümmert sich Im 20. Jahr – Der Knochenschüttler - Walter Euhus, Hannover, Vorsitzender Abschied als Redakteur aber nichts, weil umfasst 32 Seiten, erscheint dreimal jähr- aber weiter um die Schlusskorrektur, den - Gaby Kalkhoff, Oldenburg, stellv. Vor- niemand bereit ist, die Redaktionsarbeit lich. Druck, die Beilagen und Großanzeigen. Wer hätte das gedacht: Das Mitglieder-Journal von „Historische Fahrräder e.V.“ sitzende zu übernehmen – der Abschied zieht sich Das Jubiläums-Heft Nr. 50 wird ein feiert seinen 20. Geburtstag. Wie das, fragen sich die Vereinsmitglieder? Sie wissen, dass - Heinz Fingerhut, Hüllhorst, stellv. Vor- bis zum Heft 30 hin. Tilman macht nun seine Ankündigung, Schmuckstück, es ist durchgängig farbig unser Verein 1997 gegründet wurde. Das Jubiläum wäre dann doch zwei Jahre zu früh. sitzender Ende 2003 aufzuhören, wahr. Ab Heft 30 gedruckt. Ab dem Jahrgang 2011 erschei- Richtig, aber trotzdem stimmt die Rechnung. Walter Euhus, unser Gründungsvorsit- - Roland Huhn, Gelsenkirchen, Schrift- Der neue KS im Jahr 2004 erklären sich Johannes Gro- nen dann nur noch zwei Hefte. Allerdings zender, erzählt hier die Geschichte des KS – und so nebenher auch ein Stück Vereinsge- führer ßewinkelmann und Michael Mertins wird im selben Jahr dann doch noch ein schichte. - Michael Grützner, Dresden, Schatz- Der neue „Knochenschüttler“ beginnt bereit, die Redaktion zu übernehmen, drittes Heft verschickt, nämlich die Jubi- meister. als „Zeitschrift für Liebhaber histori- Erstgenannter fungiert als Chefredak- läumsausgabe „125 Jahre Rad-Markt“. Eine Idee wird Realität Heft 5 erscheint im Juli 1996, ist 28 scher Fahrräder“ mit der Nr. 18 im Jahr teur. Mit im neuen Team ist Matthias Die letzten Änderungen im Redaktions- Seiten dick und trägt einen um „… und Auf der Gründungsversammlung wird 2000 in DIN A4. Nun wird das Heft „or- Pühl. Zeitgleich mit der Nr. 31 wechseln team: Mit Heft 53 steigt Sven Altfelder Ort der Handlung Dresden, die 1990er Hilfsmotoren“ erweiterten Untertitel. u.a. beschlossen: „ ‚Der Knochenschütt- dentlich“ mit einem Grafikprogramm wegen unüberbrückbarer Differenzen aus, Jürgen Kronenberg erscheint erst- Jahre haben eben angefangen; es ist eine ler/VeloRat' wird langfristig in eine Mit- gesetzt und auf Bilderdruckpapier pro- Layout und Druck nach Bielefeld, das mals in Heft 56 als neuer Mitarbeiter der wilde Zeit voller Aufbruch. Es hat sich gliederzeitschrift des Vereins ‚Historische fessionell gedruckt, während die Hefte Design wird leicht verändert. Nur eines Redaktion. Thomas Busch sieht sich aus eine Gruppe zusammengefunden, die Fahrräder e.V.' umgewandelt“. Es ist Til- bis Nr. 17 im Format A5 als Klebevorlage bleibt wie gehabt: der Versand aus Dres- beruflichen Gründen nicht mehr in der „Fahrrad-Veteranen-Freunde Dresden“. man Wagenknecht zu danken, dass er noch auf dem Kopierer vervielfältigt den. Immer noch sind die Dresdner Ver- Lage, die Redaktion zu führen. Zum Kopf der Gruppe gehören Frank bereit ist, seine inzwischen gut etablierte werden. Das Tandem ist nicht mehr ent- einsfreunde fleißig in ihrer Mittwochs- Papperitz und Tilman Wagenknecht, Zeitschrift dem neuen Verein unentgelt- halten, dafür unser runde mit dem Eintüten der fast 500 Mit Michael zum Jubiläum später Matthias Kielwein und Michael lich als Mitgliederzeitschrift zur Verfü- Vereinslogo, das Hefte und zahlreicher Beilagen beschäf- Grützner. Tilman ist der Erfinder und gung zu stellen (die Zusage ist an das stilisierte Veloci- tigt. Als „Lohn“ bekommen sie ein klei- Zum Glück ist Michael Mertins bereit, Herausgeber von „Der Dresdner Kno- Bestehen des Vereins gebunden) und ped oder Hochrad nes Kontingent KS-Hefte und können es ab Heft 57 den Chefposten noch einmal chenschüttler“, dem „Informations- sogar die Redaktion ehrenamtlich weiter als Symbol für alte so vor den anderen Mitgliedern studie- zu übernehmen und führt den KS wieder blatt der Fahrrad- zu führen. Zum damaligen Zeitpunkt hat Fahrräder. Das ren. Jahrelang läuft das hervorragend und in ruhige Gewässer. Die bewährten Mit- Veteranen-Freunde der Knochenschüttler, heute liebevoll als Design des Heftes ein dickes Dankeschön ist an dieser Stelle arbeiter früherer Jahrgänge stehen ihm Dresden“ – später Die Auflage ist von 300 in Heft 3 auf 400 KS bezeichnet, ca. 330 feste Abonnenten. entwirft Maxi Kutschera in Leipzig, die mehr als angebracht. bei der umfangreichen Arbeit hilfreich zu ein e.V. – ursprüng- in Heft 4 gestiegen. In Heft 5 wird als Co- Etwa 250 wechseln als Mitglieder in den auch für Satz und Druck verantwortlich Seite. Einen nochmaligen Qualitäts- lich auch nur für Herausgeber Christoph Guder aus Verein, so dass der Verein gleich einen ist. Dank Fax, Scanner und Internet ist die Neue Redaktionsteams sprung erreicht das Mitgliederjournal ab diesen Kreis ge- Braunschweig genannt und die Titelseite guten Start verzeichnen kann. Arbeit erleichtert, das Heft schafft den Heft 57: „Der Knochenschüttler“ kommt dacht. Im Juni 1995, mit dem Zusatz „VeloRat“ versehen. Sprung zur professionellen Zeitschrift. Heft 35 im Jahr 2005 sieht dann Toni generell in farbiger Aufmachung. Und der Herausgeber Christoph hatte zuvor 1995 und parallel Im Heft 12 vom Frühjahr 1998 wird Theilmeier statt Matthias Pühl mit im das vorliegende Jubiläums-Heft Nr. 60 hatte Dresden ver- 1996 einige Heftchen mit diesem Titel zum zweiten Mal über den neuen Verein Redaktionsteam. Mit Heft 39 beginnt überrascht uns mit satten 56 Seiten Inhalt, lassen, heißt es, dass herausgegeben, ein „Mitteilungsblatt zur berichtet und erstmals zur „Velocipedi- dann Michael Mertins’ Karriere als Chef- statt der üblichen 32. Das ist einmalig und das Heft künftig von Fahrradgeschichte“. Auftrieb erhielt die ade“ aufgerufen. Auch diesen Begriff redakteur. Neben Toni Theilmeier kom- wohl kaum noch zu übertreffen! jederfrau und jedermann bundesweit Szene durch die zwei Tagungen zur Fahr- denkt sich Tilman aus. Das erste Wortteil men Sven Altfelder und Maxi Kutschera abonniert werden kann. Das Abo kostet radgeschichte in Bielefeld. steht für Fahrrad = Velociped, das zweite mit ins Team. Heft 42 im Jahr 2008 brachte Schlussbemerkung 15 DM pro Jahr. Das „Heft“ – zuerst zwei ist die Endung von Olymp„iade“. Außer- dann eine kleine Sensation, einen farbi- DIN A 4-Seiten gefaltet + eine DIN A 5 dem erfolgt der Aufruf zur „Auktion gen Umschlag, der auch zukünftig beibe- Im Vereinsflyer heißt es „Der Kno- Seite als Einlage – enthält zahlreiche historischer Fahrräder und Fahrräder mit halten wird. chenschüttler, das Vereinsmagazin, infor- kurze Informationen und zwei längere Hilfsmotoren“. Als Ort der Veranstaltung miert über Veranstaltungen, Ausstellun- Berichte von Friederike Wulff-Woesten, ist Glindow (bei Werder an der Havel) gen, Literatur (Buchbesprechungen), vorgesehen. Die Titel-Unterzeile des KS Nachrichten aus dem Verein und leistet wird erweitert um „... Mitgliederjournal mit gut recherchierten Berichten zu fahr- des Historische Fahrräder e.V.“ und um radhistorischen Themen, Firmenchroni- Heft 8 enthält mehrere kleine Änderun- das neue Vereinslogo. ken, Rennfahrerbiographien und Fachar- gen, eine neue Adresse Tilmans in Erfurt, tikeln zur Fahrradtechnik einen wichti- die Christophs in Hamburg und als klei- Tilman versucht auszusteigen gen Beitrag zur Erforschung der Ent- nen Zusatz zum Titel die Kinderzeich- wicklungsgeschichte des Fahrrades.“ der heutigen Frau Wagenknecht und von nung eines Tandems. In „Der Knochen- Der Knochenschüttler Heft 17 im „Der Knochenschüttler“ hat dieses Ver- Tilman selbst. 20 Rundschreiben und schüttler“ mit „VeloRat“ Nr. 9 vom Früh- Herbst 1999 ist als Tilmans Abschiedsheft sprechen stets gehalten. Danke allen, die Hefte waren bereits erschienen, aber jahr 1997 sind einige bemerkenswerte geplant. Er schreibt, dass er die Redakti- durch ihre Beiträge, Fotos und Abbildun- „Der Knochenschüttler“, nun ohne Hinweise enthalten: on weitgehend abgeben wird. „Damit gen dazu beigetragen haben, dass es bei Zusatz „Dresdner“, erscheint als Heft 21, - Der Aufruf zur Gründung eines deut- geht für mich eine wichtige und schöne diesem hohen Niveau geblieben ist. Ein was später rückwirkend zur Nr. 1 dekla- schen Vereins für historische Fahrräder Zeit zu Ende“, so seine Aussage. In einem Aber Erfolg bringt auch Nachahmer! besonderer Dank denen, die für das Maga- riert wird. (siehe Beilage!) beim Stallhoftreffen in Dresden Beitrag erklärt Ungefähr zu dieser Zeit etabliert der zin Verantwortung trugen. Sie haben sich - eine Einladung zum Fahrradfest nach Tilman die kleine Verlag Klaus Raabe die Zeitschrift „0 bis um die Sache verdient gemacht. Deshalb Das Heft 2 umfasst bereits 16 Seiten, ist Schönhofen („Radwerk“ Ivan Sojc und Kinderzeichnung 100“, später umbenannt in „Fahrrad und erhielten die drei Chefredakteure anläss- geheftet und trägt den Untertitel „Zei- Mona Buchmann) und im Titel: „Seit Heft Moped“. Dieses Heft wird komplett in lich der Velocipediade 2015 die Ehrenna- tung für Liebhaber historischer Fahrrä- - eine Aufforderung, sich als Spezialist 8 schmückt das Farbe gedruckt und ist im Abo nicht viel del unseres Vereins verbunden mit einer der“. Die Nr. 3 ist bereits 24 Seiten dick für ein bestimmtes Fachgebiet zu melden. KS-Tandem die teurer als die Mitgliedschaft im Verein. Urkunde und wertigen Sachpreisen. und enthält u.a. einen längeren Bericht Titelseite. Es ent- Eine schwierige Zeit für unser Journal, von Tilman über Paul Rinkowski, dem In Heft 11 wird verkündet: „Neuer stand übrigens als Kinderkritzelei auf letztlich hat der „KS“ den längeren Atem Heft 46 zeigt wieder eine Veränderung: (Walter Euhus, Langenhagen) sächsischen Liegeradpionier. Neben den Club für Deutschland gegründet!“, denn einer Tischdecke zu unserer Hochzeit und kommt inzwischen auch farbig daher. Im Redaktionsteam erscheinen Thomas eingangs erwähnten Personen tauchen am 3. Oktober wurde in Dresden „Histo- 1996...“ Wozu Hochzeiten doch auch gut Zum Redaktionsteam gehören unverän- Busch als Chef vom Dienst, als Mitarbei- bald auch Roland Huhn und Walter rische Fahrräder e.V.“ gegründet mit sind! Soviel zu Tilmans „Abschiedswor- dert Tilman Wagenknecht als Chefredak- ter Toni Theilmeier, Sven Altfelder, Sven Auf der nächsten Seite stellen Vereins- Euhus als Mitautoren auf. folgendem Vorstand: ten“. Unser Verein ist Tilman zu großem teur, Dirk Breiholz, Christoph Guder und Dewitz und Walter Euhus. Michael Mer- mitglieder die Chefredakteure vor.

48 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 49 Knochenschüttler-Jubiläum Ausfahrten

Tilman Wagenknecht alias tw Thomas Busch alias tb Michael Mertins alias mm einem Leichenwagen, in Form eines stimmig entschieden, die Reise gemütlich Luftlos-Tour 2015 Paketdienst-Transporters, zurückgelegt ausklingen zu lassen. So wurde in einigen Der Name Tilman Wagenknecht Er ist ein guter Freund, herzlich, lacht Treppe reinigen und für die Versiege- werden. Die restlichen Neun setzten die Heurigen eingekehrt, welche bekannt für tauchte in meinem Leben erstmals im gerne, gibt alles, ist ein begeisterter Fahr- lung vorbereiten – zwei Helfer sollten Die zweite Auflage der Luftlos-Tour Reise fort und schafften es, trotz eines guten Wein sind. In Spitz hatte Max die- Frühling 1989 auf, als ich mit Steffen, radliebhaber und Familienmensch. Ken- diese Aufgabe übernehmen. Und so kam führte die Gesellschaft, bestehend aus 10 Umweges von ganzen fünf Kilometern sen auch dringend nötig. Mit blassem einem befreundeten Dresdner Fahrrad- nengelernt haben wir uns natürlich über es, dass Michael und ich gemeinsam die Fahrern auf zwei Hochrädern, je einem aufgrund eines Ausfalls der Radfähre in Gesicht schob er sein Kangaroo mit ent- sammler, über sein neu aufgebautes Wan- das gemeinsame Interesse an histori- Steinstufen für die Eröffnung des Deut- Safety, Kangaroo und Velociped sowie fünf Mauthausen, das Tagesziel zu erreichen. zweigebrochener Gabel – die Ursache derer-Herrenrad philosophierte: „Wenn schen Fahrrädern. Kaum vom Fahrradvi- schen Fahrradmuseums in Bad Brücke- Dreirädern, nach Österreich. Zwei Teil- des bereits erwähnten Quietschens war Tilman diese verzinkten Schrauben hier rus infiziert, hat Thomas direkt Vollgas nau im Jahre 2003 putzten. Bei dieser nehmer vom letzten Jahr konnten leider Zum Glück war Josef, der schon auf gefunden, ein Riss in der Gabel – zum sieht, wird er wieder rumnörgeln. Denn gegeben. Alte und sehr alte Schätzchen recht eintönigen Arbeit kamen wir beide nicht mitfahren, dafür durfte Kyras dem Heimweg war (da er nur einen Tag Mariandl, wo zu Mittag gegessen wurde. original sind die ja nicht!“ aus aller Welt wurden erworben, Litera- leicht ins Gespräch, Themen über (Fahr- Mechaniker und Ehemann Rainer diesmal mitgefahren ist), bereit, Ivo das Dreirad Währenddessen ward ein hilfsbereiter rad-)Gott und die selbst in die Pedale treten und Julien aus zu bringen. Am dritten Tag war die Trup- Mechaniker gefunden, der den Bruch Tilman – ein seltsa- Welt waren schnell Frankreich komplettierte das internatio- pe wieder komplett und weiter ging es verarztete. Und wieder konnte die Fahrt mer Name – dachte gefunden. Ihn interes- nale Starterfeld. Zudem war am ersten Tag Richtung Osten. Doch die Pannenserie fortgesetzt werden. Das Ziel war nun ich mir und wahr- siert einfach alles, egal auch Josef aus der Steiermark dabei. sollte noch nicht zu Ende sein – Gabel- nicht mehr weit entfernt und bis dahin scheinlich ein ziemli- ob es sich um Technik, bruch bei Juliens Hochrad. Eine Werk- sollte nur mehr Geralds Hose den Dienst cher spezieller Typ. Kultur, Geschichte, Treffpunkt und Start der Fahrt war die statt war schnell gefunden, wo der Scha- versagen, welche noch notdürftig geflickt „Aber Tilman ist jetzt Kunst oder Gesell- „Schlögener Schlinge“, wo sich die Donau den an der verwundeten Maschine repa- werden konnte. Bei den sommerlichen bei der NVA, er ist schaft handelt. Er ist in beeindruckender Weise ihren Weg riert werden konnte. Der restliche Tag bis Temperaturen war aber auch das kein Bausoldat.“ Das klang ein interessierter durch die böhmische Masse gebahnt hat. zur Ankunft in Freyenstein verlief dafür großes Problem. Zum Schluss musste sehr sympathisch. Zuhörer und erzählt Am ersten Tag führte die Route, nach dem relativ problemlos. Mehr als die Hälfte noch Stein, das schon von Thomas Ste- Wenig später lernte begeistert von seinen Überqueren des Flusses, durchs Donautal der Strecke war damit geschafft. vens bewundert wurde, durchquert wer- ich ihn, seine Familie neuesten Entdeckun- bis Ottensheim. Wie zu erwarten, waren den um schließlich Krems, das Ziel der und weitere Fahrrad- gen, würzt sie mit bald die ersten Reparaturen zu erledigen, Der nächste Tag verlief ruhig, nur das Tour, zu erreichen. Nach fünf Tagen und fans in Dresden ken- kleinen Anekdoten welche hauptsächlich aus Reifenkürzen Quietschen von Max’ Kangaroo störte rund 200 km ging wieder eine Luftlos- nen. Tilman hatte und einem Augen- und Nachziehen loser Schrauben bestan- die Ruhe ein wenig. Doch niemand mach- Tour erfolgreich zu Ende. Auf zu „Luftlos schon damals viele Die drei Chefredakteure zwinkern. Und wenn den. Domi zeigte vor, dass man auch mit te sich besonders Gedanken darüber, gab 2016” in den Elsass! Mehr unter Pläne, aber auch die strahlen um die Wette; ihn ein Thema packt, dem Velociped leicht mithalten konnte. es doch nur kleine, nicht erwähnenswerte www.luftlos.com. Energie und Geduld hier zeigt sich das Trio will er es genau wis- Zwar regnete es in der Nacht, jedoch war Reparaturen, bestes Wetter, keine Unfäl- zur Durchsetzung. Die mit seinen „besseren sen. Besonders seine es bei der Abfahrt am zweiten Tag trocken. le, keine Umwege. Es war beinahe (Gerald Minichshofer, Marchtrenk, A) politischen Verände- Hälften!“ Heimatstadt Bielefeld Die Schutzengel sorgten für gutes Wetter unheimlich, als alles so problemlos lief. In rungen im Herbst ist vor seinen detekti- und bald wurde Linz erreicht. Ybbs wurde eine etwas längere Pause 1989 brachten einen gewaltigen Schub, tur gewälzt, Märkte und Treffen besucht, vischen Angriffen nicht sicher. Durch gemacht, um die Exponate des örtlichen machten vieles einfacher. Es war die Informationsaustausch mit Sammlerkol- seine hartnäckige Suche und intensiven Doch im Falle von Ivos Cripper halfen Fahrradmuseums zu besichtigen. Die Rede von einem privaten kleinen Fahr- legen betrieben und dem Verein für His- Nachforschungen lernt er die interessan- auch keine Gebete mehr. Nach mehrma- Route führte dann durch den Nibelun- radmuseum in Dresden, der Gründung torische Fahrräder beigetreten. In Kom- testen Leute aus der Fahrradwelt kennen. ligen Aussetzern des Differentials, dem gengau nach Melk, wo noch einmal Rast einer Sammlergemeinschaft („Verein“ bination mit seinen beruflichen Fähigkei- So entstehen am Ende spannende Herzen des Dreirades, kam es ein paar gemacht wurde, bevor die Gruppe die klang irgendwie zu „gutbürgerlich“ und ten als Graphik- und Werbeprofi war der Berichte, die uns Leser vergnüglich in das Kilometer nach Linz zum Herzinfarkt. letzte Etappe in Angriff nahm. hausbacken), gemeinsamen Ausfahrten, Weg bis zum „Knochenschüttler“- kleine Universum des Velocipeds eintau- Zwar wurde noch eine Notoperation auf Hilfe bei Restaurierungen, Fahrten zu Chefredakteur naheliegend. Sein Samm- chen lassen. der Wiese versucht, die jedoch erfolglos Am fünften Tag durchquerten die Sammlertreffen und Märkten. lerinteresse verlagerte sich im Laufe der blieb. Die letzten Kilometer bis zum Etap- Verehrer des Vollgummis die Zeit zu den alten Rennrädern hin. Und Michael ist nicht nur Autor, er ist penziel Au an der Donau mussten in schöne Wachau. Es wurde ein- Am 23. März 1990 schlossen sich eine wieder ist er mit voller Intensität dabei: Redaktionsmitarbeiter und letztlich Hand voll Interessierter im Raum Dres- Seine alten, „normalen“ Fahrräder wer- hauptverantwortlicher Redakteur, der den zur „Arbeitsgruppe Fahrradge- den veräußert und stattdessen nur noch bereits zweimal den KS durch sein Enga- schichte im Kulturbund der DDR“ Rennräder erworben. Radsportbücher gement am Leben erhalten hat. „Der zusammen. Wir trafen uns gelegentlich stapeln sich nun im Bücherregal. Zusätz- Knochenschüttler“ liegt ihm ganz beson- bei einem von uns, aber Tilmans Eltern- lich nimmt er an vielen Klassikerausfahr- ders am Herzen, und er hat uns immer haus war die Zentrale. Bis 1993 verschick- ten wie z. B. der L'Eroica teil. Als Grün- wieder mit Neuerungen und spannenden te Tilman – anfangs auf eigene Kosten – der und Organisator der jährlich in Rom- Ausgaben überrascht: Das Heft 42 mit an alle ihm bekannten regionalen Samm- merskirchen stattfindenden Rennrad- farbigem Umschlag oder die Jubiläums- ler regelmäßig ein „Infoblatt“. Zu unse- börse mit internationaler Beteiligung hat ausgabe Nr. 50 komplett in Farbe. Doch rem Glück hatte er Zugang zu einem Thomas eine herausragende Veranstal- Michael arbeitet an weiteren Verbesse- Kopierer – damals keine Selbstverständ- tung geschaffen, welche er mit sehr gro- rungen. So erscheint der KS ab dem Heft lichkeit! ßer Familienunterstützung stemmt. Nr. 57 komplett in Farbe. Und das vorlie- Inzwischen begleitet ihn das Thema Fahr- gende Jubiläumsheft ist das umfangreich- Tilman hat die Grundlagen einer deut- rad auch beruflich - er ist Inhaber eines E- ste aller Zeiten. Von vielen Seiten hört schen Fachzeitschrift für historische Fahr- Bike-Fachgeschäfts. Da er auch hier wie- man nur Gutes über unseren heutigen räder gelegt und über einen langen Zeit- der mit 120% bei der Sache ist, musste er „KS“, und Lob und Anerkennung sind raum daran maßgeblich mitgewirkt. Til- schlussendlich sein Engagement für den letztlich sein Verdienst. man - Respekt und vielen Dank! Seiner „Knochenschüttler“ stark reduzieren. Frau Friederike und seiner Familie danke Die wenige freie Zeit nutzt Thomas lieber Also lieber Michael, bleib weiterhin so ich ebenfalls für ihr großes Verständnis an mit der Familie - z. B. für gemeinsame aktiv, damit uns „Der Knochenschüttler“ seiner Arbeit. Fahrradurlaube. noch lange erhalten bleibt. Die Teilnehmer der Luftlos-Tour 2015 (von links nach rechts): Dominique Lefebvre, Helge Schultz, Gerald Minichshofer, Julien Bailly, Ivo Böttcher, Rainer Büs- (Frank Papperitz) (Johannes Roth) (Ilona Thieme) sing, Konrad Winkler, Kyra Elsässer-Büssing, Max Reder und Frank Winkler

50 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 51 Knochenschüttler-Jubiläum Ausfahrten

Tilman Wagenknecht alias tw Thomas Busch alias tb Michael Mertins alias mm einem Leichenwagen, in Form eines stimmig entschieden, die Reise gemütlich Luftlos-Tour 2015 Paketdienst-Transporters, zurückgelegt ausklingen zu lassen. So wurde in einigen Der Name Tilman Wagenknecht Er ist ein guter Freund, herzlich, lacht Treppe reinigen und für die Versiege- werden. Die restlichen Neun setzten die Heurigen eingekehrt, welche bekannt für tauchte in meinem Leben erstmals im gerne, gibt alles, ist ein begeisterter Fahr- lung vorbereiten – zwei Helfer sollten Die zweite Auflage der Luftlos-Tour Reise fort und schafften es, trotz eines guten Wein sind. In Spitz hatte Max die- Frühling 1989 auf, als ich mit Steffen, radliebhaber und Familienmensch. Ken- diese Aufgabe übernehmen. Und so kam führte die Gesellschaft, bestehend aus 10 Umweges von ganzen fünf Kilometern sen auch dringend nötig. Mit blassem einem befreundeten Dresdner Fahrrad- nengelernt haben wir uns natürlich über es, dass Michael und ich gemeinsam die Fahrern auf zwei Hochrädern, je einem aufgrund eines Ausfalls der Radfähre in Gesicht schob er sein Kangaroo mit ent- sammler, über sein neu aufgebautes Wan- das gemeinsame Interesse an histori- Steinstufen für die Eröffnung des Deut- Safety, Kangaroo und Velociped sowie fünf Mauthausen, das Tagesziel zu erreichen. zweigebrochener Gabel – die Ursache derer-Herrenrad philosophierte: „Wenn schen Fahrrädern. Kaum vom Fahrradvi- schen Fahrradmuseums in Bad Brücke- Dreirädern, nach Österreich. Zwei Teil- des bereits erwähnten Quietschens war Tilman diese verzinkten Schrauben hier rus infiziert, hat Thomas direkt Vollgas nau im Jahre 2003 putzten. Bei dieser nehmer vom letzten Jahr konnten leider Zum Glück war Josef, der schon auf gefunden, ein Riss in der Gabel – zum sieht, wird er wieder rumnörgeln. Denn gegeben. Alte und sehr alte Schätzchen recht eintönigen Arbeit kamen wir beide nicht mitfahren, dafür durfte Kyras dem Heimweg war (da er nur einen Tag Mariandl, wo zu Mittag gegessen wurde. original sind die ja nicht!“ aus aller Welt wurden erworben, Litera- leicht ins Gespräch, Themen über (Fahr- Mechaniker und Ehemann Rainer diesmal mitgefahren ist), bereit, Ivo das Dreirad Währenddessen ward ein hilfsbereiter rad-)Gott und die selbst in die Pedale treten und Julien aus zu bringen. Am dritten Tag war die Trup- Mechaniker gefunden, der den Bruch Tilman – ein seltsa- Welt waren schnell Frankreich komplettierte das internatio- pe wieder komplett und weiter ging es verarztete. Und wieder konnte die Fahrt mer Name – dachte gefunden. Ihn interes- nale Starterfeld. Zudem war am ersten Tag Richtung Osten. Doch die Pannenserie fortgesetzt werden. Das Ziel war nun ich mir und wahr- siert einfach alles, egal auch Josef aus der Steiermark dabei. sollte noch nicht zu Ende sein – Gabel- nicht mehr weit entfernt und bis dahin scheinlich ein ziemli- ob es sich um Technik, bruch bei Juliens Hochrad. Eine Werk- sollte nur mehr Geralds Hose den Dienst cher spezieller Typ. Kultur, Geschichte, Treffpunkt und Start der Fahrt war die statt war schnell gefunden, wo der Scha- versagen, welche noch notdürftig geflickt „Aber Tilman ist jetzt Kunst oder Gesell- „Schlögener Schlinge“, wo sich die Donau den an der verwundeten Maschine repa- werden konnte. Bei den sommerlichen bei der NVA, er ist schaft handelt. Er ist in beeindruckender Weise ihren Weg riert werden konnte. Der restliche Tag bis Temperaturen war aber auch das kein Bausoldat.“ Das klang ein interessierter durch die böhmische Masse gebahnt hat. zur Ankunft in Freyenstein verlief dafür großes Problem. Zum Schluss musste sehr sympathisch. Zuhörer und erzählt Am ersten Tag führte die Route, nach dem relativ problemlos. Mehr als die Hälfte noch Stein, das schon von Thomas Ste- Wenig später lernte begeistert von seinen Überqueren des Flusses, durchs Donautal der Strecke war damit geschafft. vens bewundert wurde, durchquert wer- ich ihn, seine Familie neuesten Entdeckun- bis Ottensheim. Wie zu erwarten, waren den um schließlich Krems, das Ziel der und weitere Fahrrad- gen, würzt sie mit bald die ersten Reparaturen zu erledigen, Der nächste Tag verlief ruhig, nur das Tour, zu erreichen. Nach fünf Tagen und fans in Dresden ken- kleinen Anekdoten welche hauptsächlich aus Reifenkürzen Quietschen von Max’ Kangaroo störte rund 200 km ging wieder eine Luftlos- nen. Tilman hatte und einem Augen- und Nachziehen loser Schrauben bestan- die Ruhe ein wenig. Doch niemand mach- Tour erfolgreich zu Ende. Auf zu „Luftlos schon damals viele Die drei Chefredakteure zwinkern. Und wenn den. Domi zeigte vor, dass man auch mit te sich besonders Gedanken darüber, gab 2016” in den Elsass! Mehr unter Pläne, aber auch die strahlen um die Wette; ihn ein Thema packt, dem Velociped leicht mithalten konnte. es doch nur kleine, nicht erwähnenswerte www.luftlos.com. Energie und Geduld hier zeigt sich das Trio will er es genau wis- Zwar regnete es in der Nacht, jedoch war Reparaturen, bestes Wetter, keine Unfäl- zur Durchsetzung. Die mit seinen „besseren sen. Besonders seine es bei der Abfahrt am zweiten Tag trocken. le, keine Umwege. Es war beinahe (Gerald Minichshofer, Marchtrenk, A) politischen Verände- Hälften!“ Heimatstadt Bielefeld Die Schutzengel sorgten für gutes Wetter unheimlich, als alles so problemlos lief. In rungen im Herbst ist vor seinen detekti- und bald wurde Linz erreicht. Ybbs wurde eine etwas längere Pause 1989 brachten einen gewaltigen Schub, tur gewälzt, Märkte und Treffen besucht, vischen Angriffen nicht sicher. Durch gemacht, um die Exponate des örtlichen machten vieles einfacher. Es war die Informationsaustausch mit Sammlerkol- seine hartnäckige Suche und intensiven Doch im Falle von Ivos Cripper halfen Fahrradmuseums zu besichtigen. Die Rede von einem privaten kleinen Fahr- legen betrieben und dem Verein für His- Nachforschungen lernt er die interessan- auch keine Gebete mehr. Nach mehrma- Route führte dann durch den Nibelun- radmuseum in Dresden, der Gründung torische Fahrräder beigetreten. In Kom- testen Leute aus der Fahrradwelt kennen. ligen Aussetzern des Differentials, dem gengau nach Melk, wo noch einmal Rast einer Sammlergemeinschaft („Verein“ bination mit seinen beruflichen Fähigkei- So entstehen am Ende spannende Herzen des Dreirades, kam es ein paar gemacht wurde, bevor die Gruppe die klang irgendwie zu „gutbürgerlich“ und ten als Graphik- und Werbeprofi war der Berichte, die uns Leser vergnüglich in das Kilometer nach Linz zum Herzinfarkt. letzte Etappe in Angriff nahm. hausbacken), gemeinsamen Ausfahrten, Weg bis zum „Knochenschüttler“- kleine Universum des Velocipeds eintau- Zwar wurde noch eine Notoperation auf Hilfe bei Restaurierungen, Fahrten zu Chefredakteur naheliegend. Sein Samm- chen lassen. der Wiese versucht, die jedoch erfolglos Am fünften Tag durchquerten die Sammlertreffen und Märkten. lerinteresse verlagerte sich im Laufe der blieb. Die letzten Kilometer bis zum Etap- Verehrer des Vollgummis die Zeit zu den alten Rennrädern hin. Und Michael ist nicht nur Autor, er ist penziel Au an der Donau mussten in schöne Wachau. Es wurde ein- Am 23. März 1990 schlossen sich eine wieder ist er mit voller Intensität dabei: Redaktionsmitarbeiter und letztlich Hand voll Interessierter im Raum Dres- Seine alten, „normalen“ Fahrräder wer- hauptverantwortlicher Redakteur, der den zur „Arbeitsgruppe Fahrradge- den veräußert und stattdessen nur noch bereits zweimal den KS durch sein Enga- schichte im Kulturbund der DDR“ Rennräder erworben. Radsportbücher gement am Leben erhalten hat. „Der zusammen. Wir trafen uns gelegentlich stapeln sich nun im Bücherregal. Zusätz- Knochenschüttler“ liegt ihm ganz beson- bei einem von uns, aber Tilmans Eltern- lich nimmt er an vielen Klassikerausfahr- ders am Herzen, und er hat uns immer haus war die Zentrale. Bis 1993 verschick- ten wie z. B. der L'Eroica teil. Als Grün- wieder mit Neuerungen und spannenden te Tilman – anfangs auf eigene Kosten – der und Organisator der jährlich in Rom- Ausgaben überrascht: Das Heft 42 mit an alle ihm bekannten regionalen Samm- merskirchen stattfindenden Rennrad- farbigem Umschlag oder die Jubiläums- ler regelmäßig ein „Infoblatt“. Zu unse- börse mit internationaler Beteiligung hat ausgabe Nr. 50 komplett in Farbe. Doch rem Glück hatte er Zugang zu einem Thomas eine herausragende Veranstal- Michael arbeitet an weiteren Verbesse- Kopierer – damals keine Selbstverständ- tung geschaffen, welche er mit sehr gro- rungen. So erscheint der KS ab dem Heft lichkeit! ßer Familienunterstützung stemmt. Nr. 57 komplett in Farbe. Und das vorlie- Inzwischen begleitet ihn das Thema Fahr- gende Jubiläumsheft ist das umfangreich- Tilman hat die Grundlagen einer deut- rad auch beruflich - er ist Inhaber eines E- ste aller Zeiten. Von vielen Seiten hört schen Fachzeitschrift für historische Fahr- Bike-Fachgeschäfts. Da er auch hier wie- man nur Gutes über unseren heutigen räder gelegt und über einen langen Zeit- der mit 120% bei der Sache ist, musste er „KS“, und Lob und Anerkennung sind raum daran maßgeblich mitgewirkt. Til- schlussendlich sein Engagement für den letztlich sein Verdienst. man - Respekt und vielen Dank! Seiner „Knochenschüttler“ stark reduzieren. Frau Friederike und seiner Familie danke Die wenige freie Zeit nutzt Thomas lieber Also lieber Michael, bleib weiterhin so ich ebenfalls für ihr großes Verständnis an mit der Familie - z. B. für gemeinsame aktiv, damit uns „Der Knochenschüttler“ seiner Arbeit. Fahrradurlaube. noch lange erhalten bleibt. Die Teilnehmer der Luftlos-Tour 2015 (von links nach rechts): Dominique Lefebvre, Helge Schultz, Gerald Minichshofer, Julien Bailly, Ivo Böttcher, Rainer Büs- (Frank Papperitz) (Johannes Roth) (Ilona Thieme) sing, Konrad Winkler, Kyra Elsässer-Büssing, Max Reder und Frank Winkler

50 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 51 Veranstaltungen Veranstaltungen

Weitere wichti- dem fast unbeleuchteten Mini-Klapprad Velocipediade 2015 in Bad Segeberg ge Ergebnisse der bei hohem Tempo, um die Vorausfahren- Versammlung: den nicht zu verlieren. Wer in Deutschland Bad Segeberg Der Tag ging zu Ende mit Klönen vor die Teilnehmer der Ausfahrt davon. Aber hört, denkt automatisch an die „Karl- der historischen Tribüne und einer klei- wie heißt es doch so schön: „Wer sein Rad - Velocipediade Ach ja, einige Velocipedisten besuch- May-Spiele“. Einige werden den Ort nen Nachtausfahrt in die Umgebung Bad liebt, der schiebt.“ 2016: Erfurt, Aus- ten noch das kleine Bad Segeberger auch als Solbad schätzen. Der Kreis der Segebergs. richter: Tilman Museum in der Altstadt, das von Nils fahrradhistorisch Interessierten wird Während der Ausfahrt zum idyllischen Wagenknecht Hinrichsen modern gestaltet worden ist künftig bei diesem Ort außerdem an die Samstag, 8. August Warder See kam es fast zu einem Unfall, - Velocipediade und von ihm auch betreut wird. Einige Velocipediade 2015 denken. Auch sie ein aufgeschrecktes Reh preschte völlig 2017: Weinböhla, anlässlich der Velo ausgeliehene histori- hatte ihre Besonderheit: eine gemütliche überraschend durch die Reihe der Rad- Ausrichter: Ilona sche Fahrräder ergänzten die Ausstel- Veranstaltung auf dem Landesturnier- ler, aber – alles nochmal gut gegangen! Thieme lung. Bemerkenswert Modell und Abbil- platz, der sogenannten Rennkoppel, an Auf einer großen zum See abschüssigen - Ältestes Mit- dungen des Bad Segeberger Kalkbergs, der Eutiner Straße, ein Ort, an dem die Wiese machten es sich die Teilnehmer in glied: Peter Scher- auf dem früher eine ansehnliche Burg Teilnehmer ungestört und unter sich der nun strahlenden Sonne bequem. ber, 86 Jahre, der stand. Die Burg wurde am Ende des Drei- waren, und auf dem auch gezeltet und Nach einem nicht so prallen Mittagessen - auch anwesend ßigjährigen Krieges 1644 von den Schwe- „gewohnmobilt“ werden konnte. hatte der Koch falsch gerechnet? - und war den durch Brandschatzung zerstört, der der Rückkehr konnte wieder pausiert - der Verein wird Berg anschließend erstmals vom Gipfel werden. Dann war das Ziel die neu gestal- trotz einiger Aus- her zur Gipsgewinnung abgebaut. Durch tete Promenade des „Großen Segeberger tritte immer grö- den Abbau (der Gips wurde u. a. beim Sees“, auf der schon zahlreiche Zuschau- ßer (Ist-Stand: 605 Bau des Lübecker Doms und der Sege- er auf das Hochradrennen warteten. Ein zurückzulegen. Danach führten die „Rei- Mitglieder) berger Marienkirche verwendet) liegt der In der Ausschreibung stand: „7.00 Uhr Rennen ließen die Strecke und die dich- ter“ auf ihren hohen Rädern noch Kunst- - sehr wichtige Veranstaltung des Vereins Gipfel heute nur noch 91 Meter, statt Teilemarkt“. Dabei wissen alle Teilneh- ten Zuschauerreihen allerdings nicht zu. stücke vor, z.B. freihändig fahren und ist das von Tilman Wagenknecht hervor- ehemals 120 m ü. NN. Heute bildet ein mer, dass der Teilemarkt schon freitags So wurde es ein „Gleichmäßigkeitsfah- Füße über den Lenker legen, der Länge ragend organisierte Wintertreffen mit ca. Teil des Restberges die felsige Kulisse für beginnt und beinahe durchgehend über ren“. nach auf Lenker und Sattel liegen, 70 Teilnehmern die Karl-May-Spiele. das ganze Wochenende geöffnet ist. Wich- Abstieg über den Lenker usw. - die finanzielle Situation des Vereins ist tiger Programmpunkt des Samstags war ausgezeichnet das Gruppenfoto und die Ausfahrt auf Nach diesem „Aufreger“ hatten alle - Schatzmeisterin Petra musste sich historischen Fahrrädern. 10.00 und 10.30 Appetit auf das leckere rustikale Buffet herumschlagen mit der Umstellung auf Uhr waren als Termin angesetzt - alles des Festabends im Restaurant „Klüth- IBAN, einem Wechsel des zuständigen Theorie! Man hatte Zeit, viel Zeit. Das see“. Es sprach der stellvertretende Bür- Finanzamts, künftiger Umsatzsteuer- war gut für die Kommunikation. Irgend- germeister Jens Licht für die Stadt, geehrt pflicht und einem Bankwechsel Freitag, 7. August wann wurde dann doch das Foto geschos- wurden Tilmann Wagenknecht, Thomas - der Vorsitzende Gerhard Eggers Busch und Michael Mertins als ehemalige berichtete, dass nach Wegen gesucht Ab 10 Uhr war das Anmeldebüro und aktuelle Chefredakteure des „Kno- würde, junge Leute für den Verein zu geöffnet und die TeilnehmerInnen ström- chenschüttlers“ sowie Nils Grondmeyer gewinnen und neue Medien einzusetzen ten in Scharen – es hatten sich 150 Perso- und Kai Kelterer als Ausrichter der Velo- (Besitzer jüngerer Fahrradtypen wie nen angemeldet, knapp 30 Nachzügler cipediade 2015. Sie alle wurden sehr zu frühe Mountain-Bikes, Umstellung der kamen hinzu. In der Mittagszeit waren recht geehrt. Homepage auf Kompatibilität für Handys die Lots der Auktion zu besichtigen, was und das Mitgliederverzeichnis im ge- ausgiebig genutzt wurde. Im Gegensatz Sonntag, 9. August schützten Bereich online stellen). Der zu Internetauktionen konnten hier die letzte Punkt löste intensive Diskussionen „Objekte der Sammelleidenschaft“ in die Am Velocipediaden-Sonntag findet aus mit Pro und Kontra. Empfohlen wur- Hand genommen und begutachtet wer- traditionell die für jeden Verein wichtige de, sich vor einer Entscheidung juristi- den. Ivan Sojc und Mona Buchmann Mitgliederversammlung statt. Die ausge- schen Rat einzuholen hatten alle zur Aktion kommenden schriebenen Tagesordnungspunkte wur- - Ivan Sojc, der die Auktionslots zusam- Dinge mit ein paar Helfern schön und den routiniert abgewickelt. Als 1. Vorsit- mengetragen hat - was eine nicht zu übersichtlich aufgebaut. Pünktlich um zender wurde Gerhard Eggers ein- unterschätzende Aufgabe ist - diskutierte 14.00 Uhr begann Dirk Breiholz seinen stimmig wieder gewählt, Petra Waller- über neue Möglichkeiten der Auktionsge- Auktionshammer zu schwingen. 113 Lots stein-Zielasko stand nicht mehr als staltung und über einen Online-Katalog Zum Schluss noch ein Dank an die Bad enthielt der erneut von Martin Grund- Schatzmeisterin zu Verfügung. Ein- - Sascha Kaltwasser und Gerald Minichs- Segeberger Zeitungen. Sie berichteten meyer hervorragend gestaltete Katalog, Viele KS-Leser werden es wissen; zwei stimmig wurde Mona Buchmann als hofer wiesen auf die nächsten IVCA- am Freitag, Samstag, Sonntag und mehr- mehr als ein Dutzend Nachlieferungen Läufe werden durchgeführt und die Nachfolgerin gewählt. Ebenso ge- Treffen hin, 2016 in Moskau, 2017 in fach in der Woche danach, Nils Hinrich- kam hinzu. Die Auktion verlief relativ jeweils gestoppten Zeiten verglichen. wählt wurde Christian Horstmann als Karlsruhe und 2018 in Bali (im Netz steht, sen schickte dem Verfasser insgesamt 12 ruhig, beliebt waren französische Teile Derjenige, der die geringste Differenz 2. stellvertretender Vorsitzender (er 2019 sei noch offen, für 2018 wurde Bel- Berichte mit vielen farbigen Fotos von wie ein kleiner dreiteiliger „Luxor“- zwischen beiden Fahrten aufweist, ist konnte 2014 nur für ein Jahr ge- gien genannt). Nähere Information dieser Veranstaltung. Auch das ließ diese Reflektor für das hintere Schutzblech, Sieger. Raffinierter Weise waren auf der wählt werden). Auch die Kassenprüfer erteilt Sascha sicher gerne. Velocipediade wieder zu einer besonde- der für 140 € ersteigert wurde, ein Peuge- sen und die Ausfahrt gestartet. Der Strecke Schikanen eingebaut und so sind für zwei Jahre neu im Amt, nament- ren werden. ot-Karbid-Rücklicht brachte 105 € oder Regen hatte Gott sei dank rechtzeitig - hatten die Zuschauer das Vergnügen, die lich Frank Papperitz und Ivo Böttcher. Damit war für die meisten Teilnehmer vier Alu-Radmuttern, die für 100 € den wie im Wetterbericht angekündigt - auf- fünf Teilnehmer zweimal auf ihren Petra und ihrem Mann Peter sowie Uli eine wieder einmal sehr schöne Velocipe- (Text und Fotos: Walter Euhus, Lan- Besitzer wechselten.Überpreise wurden gehört. Wer als Radfahrer Schleswig- Durchfahrten genießen zu können. Sie- Feick als Kassenprüfer wurde für ihre diade zu Ende, die sicher viele neue Ein- genhagen) sonst wenig erzielt, fast alles „ging über Holstein bereisen will und es als flach ger und damit Gewinner des Georg- Verdienste besonders gedankt. Der Aus- drücke und Aufreger hinterließ. Für den den Tisch“ bis auf das Cripper Tricycle einschätzt, wird sich wundern, wie wun- Rothgiesser-Pokals wurde Helmut richter der Velocipediade lobte Martina Verfasser war das die Rückfahrt vom von 1890, dem im Katalog eine ganze derschön wellig dieses Land doch ist. Arnold aus Penig, der es schaffte, beide Breiholz plus Kinder für ihre Service- Festabend auf dem schmalen, mit Baum- Seite gewidmet war. Einen kleinen Vorgeschmack bekamen Fahrtstrecken beinahe sekundengenau Tätigkeit. wurzeln übersäten „Uferradweg“ mit

52 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 53 Veranstaltungen Veranstaltungen

Weitere wichti- dem fast unbeleuchteten Mini-Klapprad Velocipediade 2015 in Bad Segeberg ge Ergebnisse der bei hohem Tempo, um die Vorausfahren- Versammlung: den nicht zu verlieren. Wer in Deutschland Bad Segeberg Der Tag ging zu Ende mit Klönen vor die Teilnehmer der Ausfahrt davon. Aber hört, denkt automatisch an die „Karl- der historischen Tribüne und einer klei- wie heißt es doch so schön: „Wer sein Rad - Velocipediade Ach ja, einige Velocipedisten besuch- May-Spiele“. Einige werden den Ort nen Nachtausfahrt in die Umgebung Bad liebt, der schiebt.“ 2016: Erfurt, Aus- ten noch das kleine Bad Segeberger auch als Solbad schätzen. Der Kreis der Segebergs. richter: Tilman Museum in der Altstadt, das von Nils fahrradhistorisch Interessierten wird Während der Ausfahrt zum idyllischen Wagenknecht Hinrichsen modern gestaltet worden ist künftig bei diesem Ort außerdem an die Samstag, 8. August Warder See kam es fast zu einem Unfall, - Velocipediade und von ihm auch betreut wird. Einige Velocipediade 2015 denken. Auch sie ein aufgeschrecktes Reh preschte völlig 2017: Weinböhla, anlässlich der Velo ausgeliehene histori- hatte ihre Besonderheit: eine gemütliche überraschend durch die Reihe der Rad- Ausrichter: Ilona sche Fahrräder ergänzten die Ausstel- Veranstaltung auf dem Landesturnier- ler, aber – alles nochmal gut gegangen! Thieme lung. Bemerkenswert Modell und Abbil- platz, der sogenannten Rennkoppel, an Auf einer großen zum See abschüssigen - Ältestes Mit- dungen des Bad Segeberger Kalkbergs, der Eutiner Straße, ein Ort, an dem die Wiese machten es sich die Teilnehmer in glied: Peter Scher- auf dem früher eine ansehnliche Burg Teilnehmer ungestört und unter sich der nun strahlenden Sonne bequem. ber, 86 Jahre, der stand. Die Burg wurde am Ende des Drei- waren, und auf dem auch gezeltet und Nach einem nicht so prallen Mittagessen - auch anwesend ßigjährigen Krieges 1644 von den Schwe- „gewohnmobilt“ werden konnte. hatte der Koch falsch gerechnet? - und war den durch Brandschatzung zerstört, der der Rückkehr konnte wieder pausiert - der Verein wird Berg anschließend erstmals vom Gipfel werden. Dann war das Ziel die neu gestal- trotz einiger Aus- her zur Gipsgewinnung abgebaut. Durch tete Promenade des „Großen Segeberger tritte immer grö- den Abbau (der Gips wurde u. a. beim Sees“, auf der schon zahlreiche Zuschau- ßer (Ist-Stand: 605 Bau des Lübecker Doms und der Sege- er auf das Hochradrennen warteten. Ein zurückzulegen. Danach führten die „Rei- Mitglieder) berger Marienkirche verwendet) liegt der In der Ausschreibung stand: „7.00 Uhr Rennen ließen die Strecke und die dich- ter“ auf ihren hohen Rädern noch Kunst- - sehr wichtige Veranstaltung des Vereins Gipfel heute nur noch 91 Meter, statt Teilemarkt“. Dabei wissen alle Teilneh- ten Zuschauerreihen allerdings nicht zu. stücke vor, z.B. freihändig fahren und ist das von Tilman Wagenknecht hervor- ehemals 120 m ü. NN. Heute bildet ein mer, dass der Teilemarkt schon freitags So wurde es ein „Gleichmäßigkeitsfah- Füße über den Lenker legen, der Länge ragend organisierte Wintertreffen mit ca. Teil des Restberges die felsige Kulisse für beginnt und beinahe durchgehend über ren“. nach auf Lenker und Sattel liegen, 70 Teilnehmern die Karl-May-Spiele. das ganze Wochenende geöffnet ist. Wich- Abstieg über den Lenker usw. - die finanzielle Situation des Vereins ist tiger Programmpunkt des Samstags war ausgezeichnet das Gruppenfoto und die Ausfahrt auf Nach diesem „Aufreger“ hatten alle - Schatzmeisterin Petra musste sich historischen Fahrrädern. 10.00 und 10.30 Appetit auf das leckere rustikale Buffet herumschlagen mit der Umstellung auf Uhr waren als Termin angesetzt - alles des Festabends im Restaurant „Klüth- IBAN, einem Wechsel des zuständigen Theorie! Man hatte Zeit, viel Zeit. Das see“. Es sprach der stellvertretende Bür- Finanzamts, künftiger Umsatzsteuer- war gut für die Kommunikation. Irgend- germeister Jens Licht für die Stadt, geehrt pflicht und einem Bankwechsel Freitag, 7. August wann wurde dann doch das Foto geschos- wurden Tilmann Wagenknecht, Thomas - der Vorsitzende Gerhard Eggers Busch und Michael Mertins als ehemalige berichtete, dass nach Wegen gesucht Ab 10 Uhr war das Anmeldebüro und aktuelle Chefredakteure des „Kno- würde, junge Leute für den Verein zu geöffnet und die TeilnehmerInnen ström- chenschüttlers“ sowie Nils Grondmeyer gewinnen und neue Medien einzusetzen ten in Scharen – es hatten sich 150 Perso- und Kai Kelterer als Ausrichter der Velo- (Besitzer jüngerer Fahrradtypen wie nen angemeldet, knapp 30 Nachzügler cipediade 2015. Sie alle wurden sehr zu frühe Mountain-Bikes, Umstellung der kamen hinzu. In der Mittagszeit waren recht geehrt. Homepage auf Kompatibilität für Handys die Lots der Auktion zu besichtigen, was und das Mitgliederverzeichnis im ge- ausgiebig genutzt wurde. Im Gegensatz Sonntag, 9. August schützten Bereich online stellen). Der zu Internetauktionen konnten hier die letzte Punkt löste intensive Diskussionen „Objekte der Sammelleidenschaft“ in die Am Velocipediaden-Sonntag findet aus mit Pro und Kontra. Empfohlen wur- Hand genommen und begutachtet wer- traditionell die für jeden Verein wichtige de, sich vor einer Entscheidung juristi- den. Ivan Sojc und Mona Buchmann Mitgliederversammlung statt. Die ausge- schen Rat einzuholen hatten alle zur Aktion kommenden schriebenen Tagesordnungspunkte wur- - Ivan Sojc, der die Auktionslots zusam- Dinge mit ein paar Helfern schön und den routiniert abgewickelt. Als 1. Vorsit- mengetragen hat - was eine nicht zu übersichtlich aufgebaut. Pünktlich um zender wurde Gerhard Eggers ein- unterschätzende Aufgabe ist - diskutierte 14.00 Uhr begann Dirk Breiholz seinen stimmig wieder gewählt, Petra Waller- über neue Möglichkeiten der Auktionsge- Auktionshammer zu schwingen. 113 Lots stein-Zielasko stand nicht mehr als staltung und über einen Online-Katalog Zum Schluss noch ein Dank an die Bad enthielt der erneut von Martin Grund- Schatzmeisterin zu Verfügung. Ein- - Sascha Kaltwasser und Gerald Minichs- Segeberger Zeitungen. Sie berichteten meyer hervorragend gestaltete Katalog, Viele KS-Leser werden es wissen; zwei stimmig wurde Mona Buchmann als hofer wiesen auf die nächsten IVCA- am Freitag, Samstag, Sonntag und mehr- mehr als ein Dutzend Nachlieferungen Läufe werden durchgeführt und die Nachfolgerin gewählt. Ebenso ge- Treffen hin, 2016 in Moskau, 2017 in fach in der Woche danach, Nils Hinrich- kam hinzu. Die Auktion verlief relativ jeweils gestoppten Zeiten verglichen. wählt wurde Christian Horstmann als Karlsruhe und 2018 in Bali (im Netz steht, sen schickte dem Verfasser insgesamt 12 ruhig, beliebt waren französische Teile Derjenige, der die geringste Differenz 2. stellvertretender Vorsitzender (er 2019 sei noch offen, für 2018 wurde Bel- Berichte mit vielen farbigen Fotos von wie ein kleiner dreiteiliger „Luxor“- zwischen beiden Fahrten aufweist, ist konnte 2014 nur für ein Jahr ge- gien genannt). Nähere Information dieser Veranstaltung. Auch das ließ diese Reflektor für das hintere Schutzblech, Sieger. Raffinierter Weise waren auf der wählt werden). Auch die Kassenprüfer erteilt Sascha sicher gerne. Velocipediade wieder zu einer besonde- der für 140 € ersteigert wurde, ein Peuge- sen und die Ausfahrt gestartet. Der Strecke Schikanen eingebaut und so sind für zwei Jahre neu im Amt, nament- ren werden. ot-Karbid-Rücklicht brachte 105 € oder Regen hatte Gott sei dank rechtzeitig - hatten die Zuschauer das Vergnügen, die lich Frank Papperitz und Ivo Böttcher. Damit war für die meisten Teilnehmer vier Alu-Radmuttern, die für 100 € den wie im Wetterbericht angekündigt - auf- fünf Teilnehmer zweimal auf ihren Petra und ihrem Mann Peter sowie Uli eine wieder einmal sehr schöne Velocipe- (Text und Fotos: Walter Euhus, Lan- Besitzer wechselten.Überpreise wurden gehört. Wer als Radfahrer Schleswig- Durchfahrten genießen zu können. Sie- Feick als Kassenprüfer wurde für ihre diade zu Ende, die sicher viele neue Ein- genhagen) sonst wenig erzielt, fast alles „ging über Holstein bereisen will und es als flach ger und damit Gewinner des Georg- Verdienste besonders gedankt. Der Aus- drücke und Aufreger hinterließ. Für den den Tisch“ bis auf das Cripper Tricycle einschätzt, wird sich wundern, wie wun- Rothgiesser-Pokals wurde Helmut richter der Velocipediade lobte Martina Verfasser war das die Rückfahrt vom von 1890, dem im Katalog eine ganze derschön wellig dieses Land doch ist. Arnold aus Penig, der es schaffte, beide Breiholz plus Kinder für ihre Service- Festabend auf dem schmalen, mit Baum- Seite gewidmet war. Einen kleinen Vorgeschmack bekamen Fahrtstrecken beinahe sekundengenau Tätigkeit. wurzeln übersäten „Uferradweg“ mit

52 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 53 Veranstaltungen Veranstaltungen

beginnen. Leidtragender ist, wie so oft, „Die roten Radler - Das Fahrrad als Sonntag, 15. Februar 2015 dern werden die Objekte abstrahiert und gab aber auch eine Ausführung für Mäd- Wintertreffen 2015 der Verbraucher. politisches Fortbewegungsmittel“ gestalterisch überhöht. Berühmt gewor- chen mit anderem Antrieb und anderem „Markenware Fahrrad II“ den sind beispielsweise seine Bilder von Sitz. Helge Schultz äußerte, daß es offen- Referent Ralf Beduhn brachte es in „Das Shimano-Museum Ralf Beduhn, Lehrer an der KGS Kirchen und Dorfkernen des Weimarer sichtlich das Kinder-Dreirad vor der einem Nebensatz auf den Punkt: „Was ich in Sakai, Japan“ Weyhe-Leeste, ist sicher dem einen oder Wer kennt nicht Frank Papperitz’ens Umlandes in Thüringen (siehe Wikipedia). Erfindung des Velocipeds durch Pierre hier an geballtem Fachwissen erlebte, hat anderen Fahrradhistoriker bekannt als Buch „Markenware Fahrrad“ mit den Michaux gab. Sicher wird der eine oder mich stark beeindruckt.“ Beduhn ist in Berthold Glunz ist mit einer Japanerin Verfasser mehrerer Bücher, z.B. „Die etwa 5000 Beschreibungen und Abbildun- Seinen Lebensunterhalt finanzierte andere auch Mönnichs Ausstellung "Pan- der historischen Fahrradszene eher als verheiratet und deshalb des Öfteren in Roten Radler - Illustrierte Geschichte gen von Steuerkopfschildern. Frank Feininger zunächst mit Karikaturen, die ther & Löwe. Braunschweig die Fahrrad- Außenseiter zu betrachten. Um so wert- Japan. Als Experte für historische Fahrrä- des Arbeiterradfahrerbundes ‚Solidari- er an mehrere Zeit- stadt" besucht haben. voller sein Urteil. Und auch in Gesprä- der interessiert er sich natürlich für die tät'“ aus dem Jahr 1982. Beduhn infor- schriften verkaufte. chen unter den Teilnehmern wird sowohl Exponate des Shimano-Museums. Die mierte ausführlich über die Arbeiter- Es waren sehr häufig Schlussbemerkung der Themenauswahl als auch den Inhal- Fotos seines Besuches präsentierte er in radfahrer und deren Geschichte und Arbeiten, in denen ten der Vorträge immer wieder große einem interessanten Bericht: Viele - über- darüber, daß es sie auch heute noch gibt. das Fahrrad die Mit Wulff Mönnichs Vortrag endete Anerkennung gezollt. Diese nicht ganz wiegend bekannte - Fahrräder, wohl aus Wikipedia: 1990 erfolgte die Vereini- Hauptrolle spielte. das wieder einmal super-informative neue Erkenntnis wirft allerdings eine einer Sammlung übernommen, aber eine gung des RKBS (DDR) mit dem RKBS Eggers verwies in Wintertreffen, die Veranstaltung, die aus nicht ganz neue Frage auf: Was kann „His- Reise nach Japan wegen des Museums ist (BRD) zum Rad- und Kraftfahrerbund seinem Vortrag auf unserem Vereinsleben nicht mehr wegzu- torische Fahrräder“ tun, damit dieses nicht unbedingt zu empfehlen. „Solidarität“ Deutschland 1896 e. V. Der die Detailgetreue in denken ist. Wissen nicht verloren geht und wie kann Sitz des Verbands ist Offenbach am Feiningers Abbil- man es Mitgliedern und ggf. der Öffent- „Der Reifen ist die Kontaktstelle Main. Hier befindet sich auch die Bun- dungen, die sicher Von Bedeutung war neben dem Trödel- lichkeit zugänglich machen? Hinweis zur Straße“ desgeschäftsstelle und die Jugendbil- ohne Beispiel ist. markt auch die interessante Ausstellung zum folgenden Text: Zu den als Nichtmit- dungsstätte des Verbandes, der aktuell Wer das Buch er- über die „Solidarität“, die Uli Feick und glied eher unbekannten Referenten wer- Ernst Brust, inzwischen regelmäßiger (2012) ca. 40.000 Mitglieder hat. Der werben möchte, aus Steffen Heidenreich aus Melle bestückt den einige persönlich Angaben gemacht. Gast und Referent beim Wintertreffen, Referent hat zugesichert, für den KS denen Gerhard sein hatten. Heidenreich ist im Besitz des Ver- zeigte eine Reihe interessanter Daten einen größeren Artikel zu schreiben, der Wissen bezog, der einsnachlasses des Soli-Vereins Gum- Samstag, 14. Februar 2015 und viele Abbildungen, bei denen Reifen die neuesten Erkenntnisse zum ARB wende sich bitte an mersbach mit vielen Exponaten und Saal- und der Kontakt zum Fahr-Untergrund wiedergeben wird. ihn, da es nur bei fahrrädern. Er stellt den Soli-Nachlass Traditionell eröffnen Tilman Wagen- die wesentliche Rolle spielten. Es durfte einem Kunsthändler auch gerne Interessierten für Ausstel- knecht und der Vorsitzende Gerhard viel gelacht werden. „Das Veloziped des Herrn Vallot und käuflich ist. lungszwecke leihweise zur Verfügung. Eggers das Wintertreffen in dem bis auf seine Geheimnisse“ erzählte die spannende und teilweise lusti- den letzten Platz gefüllten Besprechungs- „Das Reibrad ist der Kontakt ge Geschichte seiner Sammlung von den „Natalis, Buessing & Co. - Braunschwei- Wintertreffen 2016 raum der Erfurter Jugendherberge. zum Reifen“ Helge Schultz ist einer der sicher Anfängen bis zur Gegenwart. Und die ger Velocipede“ Durch die Neugestaltung des Seminar- führenden Fahrradhistoriker, eifriger sieht so aus, dass er auch heute noch große Für das Treffen in 2016 wurde das Son- raumes hat sich die mögliche Teilnehmer- Dieter Oesingmann, emeritierter Pro- Sammler und Frankreich-Liebhaber. Teile seiner Freizeit damit verbringt, Steu- Wulff Mönnich hat intensiv und akri- derthema „Kettenschaltungen“ festgelegt, zahl geringfügig vergrößert. fessor an der Technischen Universität in In Paris wurde ein Veloziped in erkopfschilder per Bleistift abzubilden, sie bisch zu Herstellern und zur Herstellung aber auch alle anderen fahrradhistori- Ilmenau, ist seit einigen Jahren ebenfalls einem Keller gefunden und der Fund zu zeichnen, zu vermaßen, zu digitalisieren von Velocipeden aus Braunschweig schen Themen sind willkommen. Interes- „Fahrradfertigung 1817-1900: in Erfurt vertreten. Sein Thema ist der angeboten. Helge machte sich auf und zu speichern. Das wird in einer Neuer- recherchiert. Ein interessanter Vortrag senten sollten die beigelegte Ankündigung Erkenntnisse, Mutmaßungen, Fragen“ Dynamo und seine unterschiedlichen den Weg, erwarb das frühe Fahrrad scheinung seines Buches enden mit insge- über die Frühzeit des Fahrrades mit vie- beachten. Die Teilnehmerzahl ist wie Bauweisen. Dazu gehört auch das Reib- und ergründete dessen Geschichte. Ein samt ca. 7000 Abbildungen, zu dem ergänzt len Details und interessanten Informatio- immer begrenzt, also sofort anmelden. Das erste Referat hält Volker Benad- rad, das von unterschiedlichen Positionen typischer Helge-Vortrag, frankophil mit Angaben zum Nietenabstand, Erschei- nen. Bemerkenswert: Das Velociped fand Wagenhoff, ein Technik-Historiker mit den Kontakt zum Reifen hatte und eben- ausgerichtet und spannend, sowohl nungszeitraum und Abbildungen einiger hier - wahrscheinlich auch andernorts - (Text und Fotos: Walter Euhus, Lan- dem Schwerpunkt Geschichte der Ferti- falls ständig eine technische Weiterent- seiner Personen-Recherche als auch die Abziehbilder. offensichtlich eine große Verbreitung als genhagen) gungstechnik (Metallbearbeitung), viele wicklung erfuhr. technischen Details dieser Maschine Kinderspielzeug, speziell für Jungen. Es Jahre Konservator am Technischen betreffend. Die Leistung und der Einsatz Franks Museum Mannheim und Mitstreiter der „Neuere Dynamoentwicklung“ sind wohl kaum zu überbieten und sicher geplanten Landesausstellung „200 Jahre Damit war das Ende des ersten Vor- freuen sich viele über die Neuerscheinung. Drais’sche Laufmaschine“ im Jahr 2017. Erstmals beim Wintertreffen war Wil- tragstages erreicht und Entspannung In ihr sind auch aufgenommen Steuer- Benad-Wagenhoff hofft, seine Theorie fried Schmidt, Inhaber einer Maschinen- im Restaurant „Pavarotti“ in Erfurts kopfschilder deutscher Hersteller, speziell und sein Wissen möglichst durch Hinwei- baufirma gleichen Namens, Hersteller von Innenstadt angesagt. für Fahrräder, die ins Ausland verkauft se aus dem Kreis der Mitglieder ergänzen SON-Naben-Dy- wurden und einen entsprechenden Zusatz zu können. namos und LED- enthalten. Frank erwarb vor einiger Zeit Scheinwerfern. 1992 eine dänische Sammlung, ein Paket von „Die seltsame Welt: 26 Zoll“ begann Schmidt mit 16 kg, u.a. mit den bereits erwähnten der Konstruktion deutsch-ausländischen Schildern. Anschließend trug Sascha Kaltwasser dieser zuverlässigen, sein Thema vor. Zugegeben, welche wartungsarmen und „Lyonel Feininger“ genauen Abmessungen sich hinter der langlebigen Produk- Reifenbezeichnung verbirgt, ist vielen ein te. Inzwischen pro- Gerhard Eggers, Vorsitzender unseres Rätsel. Sascha dokumentierte eindrucks- duzieren und vertrei- Vereins, liebt besonders Fahrrad- voll, dass die auf den Reifen und in der ben 30 Mitarbeiter in Karikaturen. Fündig wurde er bei dem Werbung angegebenen Werte nicht mit Tübingen dieses Deutsch-Amerikaner Lyonel Feininger den echten Abmessungen übereinstim- hochwertige Zube- (* 17. Juli 1871 in New York; † 13. Januar men. Leider zeigt die jüngste Entwick- hör. Ein interessan- 1956 NY). Feininger lebte in seiner Jugend lung, dass nach einer Phase der Annähe- ter Vortrag eines in Deutschland und studierte hier. Mit rung der Angaben der Trend dahin geht, erfolgreichen Erfin- seinen Arbeiten am Bauhaus seit 1919 dass die Hersteller wieder - wohl unter ders und Unterneh- gehört er zu den bedeutendsten Künstlern Marketinggesichtspunkten - zu tricksen mers. der Klassischen Moderne. In seinen Bil-

54 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 55 Veranstaltungen Veranstaltungen beginnen. Leidtragender ist, wie so oft, „Die roten Radler - Das Fahrrad als Sonntag, 15. Februar 2015 dern werden die Objekte abstrahiert und gab aber auch eine Ausführung für Mäd- Wintertreffen 2015 der Verbraucher. politisches Fortbewegungsmittel“ gestalterisch überhöht. Berühmt gewor- chen mit anderem Antrieb und anderem „Markenware Fahrrad II“ den sind beispielsweise seine Bilder von Sitz. Helge Schultz äußerte, daß es offen- Referent Ralf Beduhn brachte es in „Das Shimano-Museum Ralf Beduhn, Lehrer an der KGS Kirchen und Dorfkernen des Weimarer sichtlich das Kinder-Dreirad vor der einem Nebensatz auf den Punkt: „Was ich in Sakai, Japan“ Weyhe-Leeste, ist sicher dem einen oder Wer kennt nicht Frank Papperitz’ens Umlandes in Thüringen (siehe Wikipedia). Erfindung des Velocipeds durch Pierre hier an geballtem Fachwissen erlebte, hat anderen Fahrradhistoriker bekannt als Buch „Markenware Fahrrad“ mit den Michaux gab. Sicher wird der eine oder mich stark beeindruckt.“ Beduhn ist in Berthold Glunz ist mit einer Japanerin Verfasser mehrerer Bücher, z.B. „Die etwa 5000 Beschreibungen und Abbildun- Seinen Lebensunterhalt finanzierte andere auch Mönnichs Ausstellung "Pan- der historischen Fahrradszene eher als verheiratet und deshalb des Öfteren in Roten Radler - Illustrierte Geschichte gen von Steuerkopfschildern. Frank Feininger zunächst mit Karikaturen, die ther & Löwe. Braunschweig die Fahrrad- Außenseiter zu betrachten. Um so wert- Japan. Als Experte für historische Fahrrä- des Arbeiterradfahrerbundes ‚Solidari- er an mehrere Zeit- stadt" besucht haben. voller sein Urteil. Und auch in Gesprä- der interessiert er sich natürlich für die tät'“ aus dem Jahr 1982. Beduhn infor- schriften verkaufte. chen unter den Teilnehmern wird sowohl Exponate des Shimano-Museums. Die mierte ausführlich über die Arbeiter- Es waren sehr häufig Schlussbemerkung der Themenauswahl als auch den Inhal- Fotos seines Besuches präsentierte er in radfahrer und deren Geschichte und Arbeiten, in denen ten der Vorträge immer wieder große einem interessanten Bericht: Viele - über- darüber, daß es sie auch heute noch gibt. das Fahrrad die Mit Wulff Mönnichs Vortrag endete Anerkennung gezollt. Diese nicht ganz wiegend bekannte - Fahrräder, wohl aus Wikipedia: 1990 erfolgte die Vereini- Hauptrolle spielte. das wieder einmal super-informative neue Erkenntnis wirft allerdings eine einer Sammlung übernommen, aber eine gung des RKBS (DDR) mit dem RKBS Eggers verwies in Wintertreffen, die Veranstaltung, die aus nicht ganz neue Frage auf: Was kann „His- Reise nach Japan wegen des Museums ist (BRD) zum Rad- und Kraftfahrerbund seinem Vortrag auf unserem Vereinsleben nicht mehr wegzu- torische Fahrräder“ tun, damit dieses nicht unbedingt zu empfehlen. „Solidarität“ Deutschland 1896 e. V. Der die Detailgetreue in denken ist. Wissen nicht verloren geht und wie kann Sitz des Verbands ist Offenbach am Feiningers Abbil- man es Mitgliedern und ggf. der Öffent- „Der Reifen ist die Kontaktstelle Main. Hier befindet sich auch die Bun- dungen, die sicher Von Bedeutung war neben dem Trödel- lichkeit zugänglich machen? Hinweis zur Straße“ desgeschäftsstelle und die Jugendbil- ohne Beispiel ist. markt auch die interessante Ausstellung zum folgenden Text: Zu den als Nichtmit- dungsstätte des Verbandes, der aktuell Wer das Buch er- über die „Solidarität“, die Uli Feick und glied eher unbekannten Referenten wer- Ernst Brust, inzwischen regelmäßiger (2012) ca. 40.000 Mitglieder hat. Der werben möchte, aus Steffen Heidenreich aus Melle bestückt den einige persönlich Angaben gemacht. Gast und Referent beim Wintertreffen, Referent hat zugesichert, für den KS denen Gerhard sein hatten. Heidenreich ist im Besitz des Ver- zeigte eine Reihe interessanter Daten einen größeren Artikel zu schreiben, der Wissen bezog, der einsnachlasses des Soli-Vereins Gum- Samstag, 14. Februar 2015 und viele Abbildungen, bei denen Reifen die neuesten Erkenntnisse zum ARB wende sich bitte an mersbach mit vielen Exponaten und Saal- und der Kontakt zum Fahr-Untergrund wiedergeben wird. ihn, da es nur bei fahrrädern. Er stellt den Soli-Nachlass Traditionell eröffnen Tilman Wagen- die wesentliche Rolle spielten. Es durfte einem Kunsthändler auch gerne Interessierten für Ausstel- knecht und der Vorsitzende Gerhard viel gelacht werden. „Das Veloziped des Herrn Vallot und käuflich ist. lungszwecke leihweise zur Verfügung. Eggers das Wintertreffen in dem bis auf seine Geheimnisse“ erzählte die spannende und teilweise lusti- den letzten Platz gefüllten Besprechungs- „Das Reibrad ist der Kontakt ge Geschichte seiner Sammlung von den „Natalis, Buessing & Co. - Braunschwei- Wintertreffen 2016 raum der Erfurter Jugendherberge. zum Reifen“ Helge Schultz ist einer der sicher Anfängen bis zur Gegenwart. Und die ger Velocipede“ Durch die Neugestaltung des Seminar- führenden Fahrradhistoriker, eifriger sieht so aus, dass er auch heute noch große Für das Treffen in 2016 wurde das Son- raumes hat sich die mögliche Teilnehmer- Dieter Oesingmann, emeritierter Pro- Sammler und Frankreich-Liebhaber. Teile seiner Freizeit damit verbringt, Steu- Wulff Mönnich hat intensiv und akri- derthema „Kettenschaltungen“ festgelegt, zahl geringfügig vergrößert. fessor an der Technischen Universität in In Paris wurde ein Veloziped in erkopfschilder per Bleistift abzubilden, sie bisch zu Herstellern und zur Herstellung aber auch alle anderen fahrradhistori- Ilmenau, ist seit einigen Jahren ebenfalls einem Keller gefunden und der Fund zu zeichnen, zu vermaßen, zu digitalisieren von Velocipeden aus Braunschweig schen Themen sind willkommen. Interes- „Fahrradfertigung 1817-1900: in Erfurt vertreten. Sein Thema ist der angeboten. Helge machte sich auf und zu speichern. Das wird in einer Neuer- recherchiert. Ein interessanter Vortrag senten sollten die beigelegte Ankündigung Erkenntnisse, Mutmaßungen, Fragen“ Dynamo und seine unterschiedlichen den Weg, erwarb das frühe Fahrrad scheinung seines Buches enden mit insge- über die Frühzeit des Fahrrades mit vie- beachten. Die Teilnehmerzahl ist wie Bauweisen. Dazu gehört auch das Reib- und ergründete dessen Geschichte. Ein samt ca. 7000 Abbildungen, zu dem ergänzt len Details und interessanten Informatio- immer begrenzt, also sofort anmelden. Das erste Referat hält Volker Benad- rad, das von unterschiedlichen Positionen typischer Helge-Vortrag, frankophil mit Angaben zum Nietenabstand, Erschei- nen. Bemerkenswert: Das Velociped fand Wagenhoff, ein Technik-Historiker mit den Kontakt zum Reifen hatte und eben- ausgerichtet und spannend, sowohl nungszeitraum und Abbildungen einiger hier - wahrscheinlich auch andernorts - (Text und Fotos: Walter Euhus, Lan- dem Schwerpunkt Geschichte der Ferti- falls ständig eine technische Weiterent- seiner Personen-Recherche als auch die Abziehbilder. offensichtlich eine große Verbreitung als genhagen) gungstechnik (Metallbearbeitung), viele wicklung erfuhr. technischen Details dieser Maschine Kinderspielzeug, speziell für Jungen. Es Jahre Konservator am Technischen betreffend. Die Leistung und der Einsatz Franks Museum Mannheim und Mitstreiter der „Neuere Dynamoentwicklung“ sind wohl kaum zu überbieten und sicher geplanten Landesausstellung „200 Jahre Damit war das Ende des ersten Vor- freuen sich viele über die Neuerscheinung. Drais’sche Laufmaschine“ im Jahr 2017. Erstmals beim Wintertreffen war Wil- tragstages erreicht und Entspannung In ihr sind auch aufgenommen Steuer- Benad-Wagenhoff hofft, seine Theorie fried Schmidt, Inhaber einer Maschinen- im Restaurant „Pavarotti“ in Erfurts kopfschilder deutscher Hersteller, speziell und sein Wissen möglichst durch Hinwei- baufirma gleichen Namens, Hersteller von Innenstadt angesagt. für Fahrräder, die ins Ausland verkauft se aus dem Kreis der Mitglieder ergänzen SON-Naben-Dy- wurden und einen entsprechenden Zusatz zu können. namos und LED- enthalten. Frank erwarb vor einiger Zeit Scheinwerfern. 1992 eine dänische Sammlung, ein Paket von „Die seltsame Welt: 26 Zoll“ begann Schmidt mit 16 kg, u.a. mit den bereits erwähnten der Konstruktion deutsch-ausländischen Schildern. Anschließend trug Sascha Kaltwasser dieser zuverlässigen, sein Thema vor. Zugegeben, welche wartungsarmen und „Lyonel Feininger“ genauen Abmessungen sich hinter der langlebigen Produk- Reifenbezeichnung verbirgt, ist vielen ein te. Inzwischen pro- Gerhard Eggers, Vorsitzender unseres Rätsel. Sascha dokumentierte eindrucks- duzieren und vertrei- Vereins, liebt besonders Fahrrad- voll, dass die auf den Reifen und in der ben 30 Mitarbeiter in Karikaturen. Fündig wurde er bei dem Werbung angegebenen Werte nicht mit Tübingen dieses Deutsch-Amerikaner Lyonel Feininger den echten Abmessungen übereinstim- hochwertige Zube- (* 17. Juli 1871 in New York; † 13. Januar men. Leider zeigt die jüngste Entwick- hör. Ein interessan- 1956 NY). Feininger lebte in seiner Jugend lung, dass nach einer Phase der Annähe- ter Vortrag eines in Deutschland und studierte hier. Mit rung der Angaben der Trend dahin geht, erfolgreichen Erfin- seinen Arbeiten am Bauhaus seit 1919 dass die Hersteller wieder - wohl unter ders und Unterneh- gehört er zu den bedeutendsten Künstlern Marketinggesichtspunkten - zu tricksen mers. der Klassischen Moderne. In seinen Bil-

54 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 55 Mein Rad Die Feder / Vereinsnachrichten

Mein Rad mente. Alle 3 Regeln im Prinzip nicht beiter im Zweirad- und NSU-Museum aus den Sammlungen Die Feder schlecht, denn es gibt bis heute nur klei- Neckarsulm. Marc Schumann, Norderstedt von Norbert Hanke, Berlin nere Blessuren. Auch das Rennrad und Winfried Bannert, Bad Segeberg bewährte sich einige Jahre. Es muss ein Jetzt muss man wissen, dass das Die Feder kommt vom Norden nach Fabrikat aus Bielefeld gewesen sein. Museum aus drei Teilen besteht: Histori- Berlin, danke an Olli Leibbrand. Und Klaglose Fahrten zur Lehrstelle, zur sche Fahrräder, Motorräder (in der Im Rahmen der Velo in Bad Segeberg fiel ich bin nur Wahlberliner. Die allerdings Freundin, dann zur Frau und zuletzt zur Überzahl) und drittens Fahrzeuge der ein „Bismarck-Berg wie Tal“ - Herrenrad können sehr spontan sein. Und die Mutter meiner Kinder. Damit wurde das Automarke NSU. Mein Favorit waren auf. Diesen Typ, noch dazu in diesem haben Erfahrung. Denn schon Anfang erste Auto fällig. Komischerweise hielt natürlich die Fahrräder. Und die dienten guten Zustand, sieht man nicht oft. Wäh- der fünfziger Jahre erfuhr ich mit mei- auch das nur wenige Monate. auch als Entree bei Führungen. Statt wie rend des Fototermins gesellte sich plötz- nen Eltern das Weserbergland, die über bisher „Ich begrüße Sie auf das herz- lich und ganz unverhofft auch noch das Fahrräder mit Hilfsmotor verfügten. Einige Jahre später weitere Erfahrun- lichste“ zu trällern, schwang ich mich Pendant dazu. Soweit mir bekannt, blieb Das war legitim, denn es heißt Weser- gen mit dem zweiten und dritten Rennrad lieber gleich auf die Laufmaschine von es bei dem kurzen Stelldichein, nach der Bergland und der „Kleiner Brocken“ entlang der innerdeutschen Grenze. Das Drais und erntete damit sofort die Auf- Veranstaltung zog jedes Bismarck wieder genannte Köterberg (heute Ziel tau- war Mitte der neunziger Jahre. Auf dem merksamkeit aller Besucher. seiner Wege. sender Motorradfahrer) ist hier 500 Grenzstreifen konnte man nicht wirklich Meter hoch! fahren. Das Rad war nur dazu da, auf der Die Zugehörigkeit zum Museum Seit wann habt ihr die Räder? Straße wieder zum Auto zu gelangen. öffnete mir zum ersten Mal die Augen, Zweimal Bismarck „Berg wie Tal“: Damenmodell von Winfried Bannert Mit meinem eigenen ersten Rad Diese Grenz-Erfahrung war gigantisch. d.h. in Bezug auf die volle Spannbreite Marc: Ich kannte das Bismarck aus einem (links) und Herrenmodell von Marc Schumann erfuhr ich meine zweite Erfahrung. Die Ruhe, die Natur, die Einsamkeit. Ich historischer Fahrräder. Iwan und Mona Fahrradgeschäft. Dort stand es zu Deko- Das heißt, nicht ich fuhr, sondern der habe es das letzte Abenteuer in Deutsch- vom Deutschen Fahrradmuseum in Bad rationszwecken, vor drei Jahren konnte LKW über mein Rad. Da lag es völlig land genannt. Innerhalb von zwei bis drei Brückenau veranstalteten mit uns meh- ich es dann endlich erwerben. plattgemacht, ich zum Glück unver- Jahren wurde die Grenze von Bad Harz- rere Fahrradtreffen und so war es unver- Winfried: Das Bismarck-Damenrad letzt. Als ich das Rad heulend gerade- burg bis zum Dreiländereck in Teilstre- meidlich, dass ich schließlich von Iwan konnte ich vor zehn Jahren auf einem biegen wollte, hörte ich eine Stimme cken erfahren. ein Triumph-Adler Fahrrad kaufte. links: Flohmarkt erstehen und werde es so Ein schönes Rahmendekor mit geflammtem Strahlenkopf rufen: „Das hat keinen Zweck“! Seit schnell auch nicht wieder weggeben. dieser Zeit hasse ich Zwischenrufe. Im neuen Jahrtausend eine weitere Eine kurze aber schöne Zeit. 2010 unten: Die Versicherung bezahlte - aber Erfahrung, ich fuhr zu den Schwaben, aus war ich dann schon in Berlin - nach In welchem Zustand befanden sich die Ein wirklich aussagekräftiges Steuerkopfschild meine Eltern kauften mir kein neues beruflichen Gründen. Hier kaufte ich mir Holzminden, Detmold, und Neckars- Räder? ganz unten: Rad. das vierte Rennrad, gebraucht, aber von ulm ist das Kleeblatt jetzt voll. Und hier Das Getriebe mit anschließendem Kettenschutz Peugeot und: in Rot! Dieses besitze ich habe ich grad jetzt beim Treffen in Span- Winfried: Ich gab dem Rad damals die Noch so jung setzte ich mir klare heute noch. Nach dem Motto: Die Arbeit dau ein Standard Fahrrad aus Bielefeld Note drei (bei Noten von 1 - 6). Es hatte unten: Ziele: Es musste ein Rennrad sein und ist zwar besch…(eiden), aber die Gegend (!) gekauft! Fünf Jahre Fahrrad- Beim Damenrad wird das Gestänge durch die Rahmenstreben ich und das Rad sollten heil bleiben. zwar deutliche Gebrauchsspuren, war geführt. ist Spitze. Ich habe das Ländle mit dem Erfahrung in Berlin sollten ausreichen, aber bis hin zur Glocke komplett original. Dazu bedurfte es drei Regeln (später Rad erfahren. Neckar, Kocher, Jagst ent- sich damit in den rauen Großstadtver- Auch das Rahmendekor war gut erkenn- Fotos: Sven Dewitz beim Auto: zehn Regeln): 1. Fahre vor- lang, herrliche Täler, geheimnisvolle kehr zu wagen! bar. aus schauend, 2. Bestehe nie auf dei- Burgruinen, malerische Städte. Einige Marc: Das Herrenrad war gut gepflegt nem Recht und 3. Lieber einmal warten Schwaben wuchsen mir dann doch ans Ich gebe die Feder weiter an Andre- und sieht so aus, wie ich es bekommen (auch Geduld genannt), keine Experi- Herz und so landete ich 2009 als Mitar- as Grünenthal. habe.

Wie habt ihr eure Erwerbungen dann Vorstandssitzung in Erfurt behandelt? Der fünfköpfige Vorstand hat sich am Ivan aufnehmen und Fahrräder, Anbau- Vereins-Homepage Marc und Winfried: Außer einer vorsich- 19. und 20. September in Erfurt mit Tilman teile, Ersatzteile, Kataloge, Photogra- tigen Reinigung und regelmäßiger Pflege Wagenknecht getroffen, um mit ihm die phien oder andere Preziosen zum Thema Wir haben eine sehr informative mussten wir nichts weiter tun. Programmpunkte der Velocipediade 2016 Fahrrad anbieten! Denn: Ohne Lots - Homepage, ihre Möglichkeiten schei- zu besprechen. Er hat einige „Specials“ auf keine Auktion! nen aber nicht allen Mitgliedern Was mögt ihr an den Rädern besonders? Lager, die ein besonderes Jahrestreffen bekannt zu sein. Deshalb hier ein paar versprechen. Eine Beilage als Vorankündi- Um die Attraktivität für Einlieferer Sätze dazu. Unsere Homepage bietet Marc und Winfried: Einfach alles! gung findet ihr bereits in diesem Heft! und die Zahl der potentiellen Käufer zu nicht nur schöne Bildergalerien vieler erhöhen, sollen ab März / April bereits Veranstaltungen und das KS-Archiv, Hattet Ihr ein außergewöhnliches- ein Der andere große Tagesordnungs- Lots auf einer Internetseite zu sehen sein. sie informiert auch über Bücher und besonders schönes Erlebnis mit den punkt, den wir zu besprechen hatten, war Das hängt natürlich davon ab, wie viele KS-Hefte, die der Vereinsshop anbie- Rädern? die Auktion. Wir hatten ja bei der Mitglie- Objekte bis zum Wintertreffen in Erfurt tet. Darüber hinaus werden auch PDFs derversammlung einige Meinungen abge- schon eingeliefert sind. Die Sachen kön- von Fachbeiträgen bereitgestellt. Es Marc und Winfried: Nein, nichts Beson- fragt und auch danach noch mit vielen nen entweder wie bisher nach vorheriger können Kleinanzeigen aufgegeben deres. Wir fahren unsere Räder regelmä- Mitgliedern gesprochen. Die große Mehr- Absprache mit Ivan zu ihm geschickt werden, wo die Kontaktdaten nur für ßig, was für sich schon jedes Mal „beson- zahl wünscht sich weiterhin eine Auktion werden (Post-Quittung aufheben – wird Mitglieder sichtbar sind. Praktischer ders“ ist. am Freitagnachmittag der Velo - die Ver- vom Verein übernommen!) oder am 13. Weise können Veranstaltungstermine steigerung sollte nur kürzer sein! Wir und 14. Februar 2016 in Erfurt zum Win- eingestellt werden. Zur Registrierung Nun, ich denke mit diesem Stelldichein haben daher beschlossen, dass es die tertreffen mitgebracht werden. Martin als Nutzer sind nur die Mitgliedsnum- könnt ihr in Zukunft zumindest von Auktion 2016 wieder geben wird, auch und Monika Grundmeyer übernehmen mer und ein Password nötig. Also, auf einem außergewöhnlichen Erlebnis mit gedrucktem Katalog! Das bedeutet dort die Lots und erstellen professionelle geht's! (mm) berichten. für euch, ab sofort kann jeder Kontakt mit Fotos wie gehabt. (Mona Buchmann)

56 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 57 Mein Rad Die Feder / Vereinsnachrichten

Mein Rad mente. Alle 3 Regeln im Prinzip nicht beiter im Zweirad- und NSU-Museum aus den Sammlungen Die Feder schlecht, denn es gibt bis heute nur klei- Neckarsulm. Marc Schumann, Norderstedt von Norbert Hanke, Berlin nere Blessuren. Auch das Rennrad und Winfried Bannert, Bad Segeberg bewährte sich einige Jahre. Es muss ein Jetzt muss man wissen, dass das Die Feder kommt vom Norden nach Fabrikat aus Bielefeld gewesen sein. Museum aus drei Teilen besteht: Histori- Berlin, danke an Olli Leibbrand. Und Klaglose Fahrten zur Lehrstelle, zur sche Fahrräder, Motorräder (in der Im Rahmen der Velo in Bad Segeberg fiel ich bin nur Wahlberliner. Die allerdings Freundin, dann zur Frau und zuletzt zur Überzahl) und drittens Fahrzeuge der ein „Bismarck-Berg wie Tal“ - Herrenrad können sehr spontan sein. Und die Mutter meiner Kinder. Damit wurde das Automarke NSU. Mein Favorit waren auf. Diesen Typ, noch dazu in diesem haben Erfahrung. Denn schon Anfang erste Auto fällig. Komischerweise hielt natürlich die Fahrräder. Und die dienten guten Zustand, sieht man nicht oft. Wäh- der fünfziger Jahre erfuhr ich mit mei- auch das nur wenige Monate. auch als Entree bei Führungen. Statt wie rend des Fototermins gesellte sich plötz- nen Eltern das Weserbergland, die über bisher „Ich begrüße Sie auf das herz- lich und ganz unverhofft auch noch das Fahrräder mit Hilfsmotor verfügten. Einige Jahre später weitere Erfahrun- lichste“ zu trällern, schwang ich mich Pendant dazu. Soweit mir bekannt, blieb Das war legitim, denn es heißt Weser- gen mit dem zweiten und dritten Rennrad lieber gleich auf die Laufmaschine von es bei dem kurzen Stelldichein, nach der Bergland und der „Kleiner Brocken“ entlang der innerdeutschen Grenze. Das Drais und erntete damit sofort die Auf- Veranstaltung zog jedes Bismarck wieder genannte Köterberg (heute Ziel tau- war Mitte der neunziger Jahre. Auf dem merksamkeit aller Besucher. seiner Wege. sender Motorradfahrer) ist hier 500 Grenzstreifen konnte man nicht wirklich Meter hoch! fahren. Das Rad war nur dazu da, auf der Die Zugehörigkeit zum Museum Seit wann habt ihr die Räder? Straße wieder zum Auto zu gelangen. öffnete mir zum ersten Mal die Augen, Zweimal Bismarck „Berg wie Tal“: Damenmodell von Winfried Bannert Mit meinem eigenen ersten Rad Diese Grenz-Erfahrung war gigantisch. d.h. in Bezug auf die volle Spannbreite Marc: Ich kannte das Bismarck aus einem (links) und Herrenmodell von Marc Schumann erfuhr ich meine zweite Erfahrung. Die Ruhe, die Natur, die Einsamkeit. Ich historischer Fahrräder. Iwan und Mona Fahrradgeschäft. Dort stand es zu Deko- Das heißt, nicht ich fuhr, sondern der habe es das letzte Abenteuer in Deutsch- vom Deutschen Fahrradmuseum in Bad rationszwecken, vor drei Jahren konnte LKW über mein Rad. Da lag es völlig land genannt. Innerhalb von zwei bis drei Brückenau veranstalteten mit uns meh- ich es dann endlich erwerben. plattgemacht, ich zum Glück unver- Jahren wurde die Grenze von Bad Harz- rere Fahrradtreffen und so war es unver- Winfried: Das Bismarck-Damenrad letzt. Als ich das Rad heulend gerade- burg bis zum Dreiländereck in Teilstre- meidlich, dass ich schließlich von Iwan konnte ich vor zehn Jahren auf einem biegen wollte, hörte ich eine Stimme cken erfahren. ein Triumph-Adler Fahrrad kaufte. links: Flohmarkt erstehen und werde es so Ein schönes Rahmendekor mit geflammtem Strahlenkopf rufen: „Das hat keinen Zweck“! Seit schnell auch nicht wieder weggeben. dieser Zeit hasse ich Zwischenrufe. Im neuen Jahrtausend eine weitere Eine kurze aber schöne Zeit. 2010 unten: Die Versicherung bezahlte - aber Erfahrung, ich fuhr zu den Schwaben, aus war ich dann schon in Berlin - nach In welchem Zustand befanden sich die Ein wirklich aussagekräftiges Steuerkopfschild meine Eltern kauften mir kein neues beruflichen Gründen. Hier kaufte ich mir Holzminden, Detmold, und Neckars- Räder? ganz unten: Rad. das vierte Rennrad, gebraucht, aber von ulm ist das Kleeblatt jetzt voll. Und hier Das Getriebe mit anschließendem Kettenschutz Peugeot und: in Rot! Dieses besitze ich habe ich grad jetzt beim Treffen in Span- Winfried: Ich gab dem Rad damals die Noch so jung setzte ich mir klare heute noch. Nach dem Motto: Die Arbeit dau ein Standard Fahrrad aus Bielefeld Note drei (bei Noten von 1 - 6). Es hatte unten: Ziele: Es musste ein Rennrad sein und ist zwar besch…(eiden), aber die Gegend (!) gekauft! Fünf Jahre Fahrrad- Beim Damenrad wird das Gestänge durch die Rahmenstreben ich und das Rad sollten heil bleiben. zwar deutliche Gebrauchsspuren, war geführt. ist Spitze. Ich habe das Ländle mit dem Erfahrung in Berlin sollten ausreichen, aber bis hin zur Glocke komplett original. Dazu bedurfte es drei Regeln (später Rad erfahren. Neckar, Kocher, Jagst ent- sich damit in den rauen Großstadtver- Auch das Rahmendekor war gut erkenn- Fotos: Sven Dewitz beim Auto: zehn Regeln): 1. Fahre vor- lang, herrliche Täler, geheimnisvolle kehr zu wagen! bar. aus schauend, 2. Bestehe nie auf dei- Burgruinen, malerische Städte. Einige Marc: Das Herrenrad war gut gepflegt nem Recht und 3. Lieber einmal warten Schwaben wuchsen mir dann doch ans Ich gebe die Feder weiter an Andre- und sieht so aus, wie ich es bekommen (auch Geduld genannt), keine Experi- Herz und so landete ich 2009 als Mitar- as Grünenthal. habe.

Wie habt ihr eure Erwerbungen dann Vorstandssitzung in Erfurt behandelt? Der fünfköpfige Vorstand hat sich am Ivan aufnehmen und Fahrräder, Anbau- Vereins-Homepage Marc und Winfried: Außer einer vorsich- 19. und 20. September in Erfurt mit Tilman teile, Ersatzteile, Kataloge, Photogra- tigen Reinigung und regelmäßiger Pflege Wagenknecht getroffen, um mit ihm die phien oder andere Preziosen zum Thema Wir haben eine sehr informative mussten wir nichts weiter tun. Programmpunkte der Velocipediade 2016 Fahrrad anbieten! Denn: Ohne Lots - Homepage, ihre Möglichkeiten schei- zu besprechen. Er hat einige „Specials“ auf keine Auktion! nen aber nicht allen Mitgliedern Was mögt ihr an den Rädern besonders? Lager, die ein besonderes Jahrestreffen bekannt zu sein. Deshalb hier ein paar versprechen. Eine Beilage als Vorankündi- Um die Attraktivität für Einlieferer Sätze dazu. Unsere Homepage bietet Marc und Winfried: Einfach alles! gung findet ihr bereits in diesem Heft! und die Zahl der potentiellen Käufer zu nicht nur schöne Bildergalerien vieler erhöhen, sollen ab März / April bereits Veranstaltungen und das KS-Archiv, Hattet Ihr ein außergewöhnliches- ein Der andere große Tagesordnungs- Lots auf einer Internetseite zu sehen sein. sie informiert auch über Bücher und besonders schönes Erlebnis mit den punkt, den wir zu besprechen hatten, war Das hängt natürlich davon ab, wie viele KS-Hefte, die der Vereinsshop anbie- Rädern? die Auktion. Wir hatten ja bei der Mitglie- Objekte bis zum Wintertreffen in Erfurt tet. Darüber hinaus werden auch PDFs derversammlung einige Meinungen abge- schon eingeliefert sind. Die Sachen kön- von Fachbeiträgen bereitgestellt. Es Marc und Winfried: Nein, nichts Beson- fragt und auch danach noch mit vielen nen entweder wie bisher nach vorheriger können Kleinanzeigen aufgegeben deres. Wir fahren unsere Räder regelmä- Mitgliedern gesprochen. Die große Mehr- Absprache mit Ivan zu ihm geschickt werden, wo die Kontaktdaten nur für ßig, was für sich schon jedes Mal „beson- zahl wünscht sich weiterhin eine Auktion werden (Post-Quittung aufheben – wird Mitglieder sichtbar sind. Praktischer ders“ ist. am Freitagnachmittag der Velo - die Ver- vom Verein übernommen!) oder am 13. Weise können Veranstaltungstermine steigerung sollte nur kürzer sein! Wir und 14. Februar 2016 in Erfurt zum Win- eingestellt werden. Zur Registrierung Nun, ich denke mit diesem Stelldichein haben daher beschlossen, dass es die tertreffen mitgebracht werden. Martin als Nutzer sind nur die Mitgliedsnum- könnt ihr in Zukunft zumindest von Auktion 2016 wieder geben wird, auch und Monika Grundmeyer übernehmen mer und ein Password nötig. Also, auf einem außergewöhnlichen Erlebnis mit gedrucktem Katalog! Das bedeutet dort die Lots und erstellen professionelle geht's! (mm) berichten. für euch, ab sofort kann jeder Kontakt mit Fotos wie gehabt. (Mona Buchmann)

56 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 57 Termine / Kleinanzeigen / Impressum

TERMINE 2016 VERKAUFE Impressum 23. - 24. Januar: Oldtema im Messezentrum 3 französische Jugendräder (Mixterahmen) Erfurt, www.oldtema.de 1950er - 1960er Marke Motoconfort und Der Knochenschüttler Blondin. 2 davon in sehr schönem Zustand, Mitgliederjournal des Historische 12. - 14. Februar: Wintertreffen in Erfurt - eins mit sehr schönen Teilen. - Französisches Fahrräder e. V. Tagung und Börse für historische Fahrräder HR 30er Jahre Marke RPF, schöne SKS, Rah- Zeitschrift für die Liebhaber und Hilfsmotoren, Tel: 0361 – 561 20 32 men, Schutzbleche und Bremsen, sonst nicht historischer Fahrräder. alles original; - Franz. Tourenrad, Simplex 3- Gegr. 1995 von Tilman Wagenknecht. 20. - 21. Februar: Oldtimer-Teilemarkt in Gang, 40er Jahre; - Halbrenner Motobecane. Hamm, www.zentralhallen.de Sehr schöner Zustand; - Damentourenrad Herausgeber Blondin (aus Straßburg) mit Mixterahmen, Historische Fahrräder e. V. 12. + 13. März: Technorama in Kassel 50er Jh., 3-Gang, sehr schöner und kompletter Deisterweg 15B, 30851 Langenhagen O-Zustand. Alle Räder sind günstig, komplett Fon 0511-731474 / Fax 0511-7261769 7. + 8. Mai: Technorama in Ulm und in fahrbereitem Zustand (bis auf eines der www.historischefahrraeder.de Jugendräder). Fotos und nähere Infos gerne [email protected] 8. Mai: Treffen der Besitzer historischer Miele- auf Anfrage. Auch verschiedene Ersatzteile Bankverbindung: Fahrräder am Stadtmuseum Gütersloh im für französische Räder abzugeben; Tel Landessparkasse zu Oldenburg (LZO) Rahmen des „Gütersloher Frühlings“; Anmel- 0033388848771 oder [email protected] BIC: BRLADE21LZO dung an: Eva.Willenborg@guetersloh- IBAN: DE04280501000091055335 marketing.de Werkzeugtaschenriemchen, Neufertigung aus Leder. Verschiedene Farben möglich. Für Redaktion Damen- und Herrenrad. Schnallen in schwarz Michael Mertins (mm) 24. - 25. Juni: Kultura – Fahrradjubilä- Liebermannstr. 8, 33613 Bielefeld umsveranstaltung in Ohringen. 60 Jahre Histo- oder vernickelt. Eigene originale Schnallen können auf Wunsch verwendet werden; Fon 0521-886436 rische Radgruppe Öhringen. Fr.+Sa: Teile- [email protected] markt (keine Standgebühr), Nacht- Peter Zielasko, 04451-2625, peter.zielasko @ewetel.net wächterführung; Sa. Vormittag: Ausfahrt Jürgen Kronenberg (jk) (12 km) über den Ohrntalweg Sa. Nachmittag: Karl-Gonser-Str. 2, 72622 Nürtingen Ausfahrt (15 km) in die Landesgartenschau. Satz hochwertiger VR- und HR-Naben von GALLI für Schraubkranz-Kassette. Einwand- Fon 07022-42485 Fahrradvorstellung und Hochradrennen im [email protected] Hofgarten. Ausschreibungen ab 02/2016. freier Zustand - extrem leichter Lauf. Die Kontakt: Hans Braun, Im Reutfeld 7, 74243 Naben mit Schnellspann-Achsen sind einge- speicht in RIGIDA "Pro" Schlauchreifen- Fachartikel/Literatur/Post aus Langenbrettach. Tel: 07946-8791, braun.2000 Toni Theilmeier (tt) @t-online.de Felgen (28"). Alles zusammen für 40 €; Jürgen Kronenberg, Tel. 07022-42485. Hans-Holbein-Str. 6, 49191 Belm Fon 05406-3826 2. Juli: Sommerfest Deutsches Fahrradmuseum in Bad Brückenau mit Teilemarkt, Ausfahrt etc. SUCHE Treffen/Ausstellungen/Museen Walter Euhus (we) Ältere STURMEY-ARCHER Nabenschal- Deisterweg 15B, 30851 Langenhagen tungen vom Typ "KS", "KSW", "KT", "T" und Fon 0551-731474 "TC" (möglichst mit Schalter); Angebote an [email protected] [email protected] oder telefonisch 07022-42485 (ab 18 h). Mein Rad/Die Feder Sven Dewitz (sd) 1 Reifen schwarz, alt und fahrbar in der Größe An der Wildbahn 19, 16761 Hennigsdorf 700 x 35A (= 37x 642 mm ETRTO bzw. 28 x 1 Fon 03302-203387 3/8); Angebote an [email protected] [email protected]

Gabel 26“, stabil, ohne Federung, z.B. für 74er Termine/Anzeigen Fahrgestell. Torpedonabe oder nur Hülse von Maxi Kutschera (mk) 1939 in schwarz, Torpedonabe von '34 und ´36 Könizbergstr. 5, CH-3097 Bern-Liebefeld verchromt. Alles von den Urania Fahrradwer- [email protected] ken Cottbus; Peter Zielasko, 04451-2625, [email protected] [email protected] [email protected]

Layout Zu guter Letzt... text-tigger, 32051 Herford Fon 05221-3469769 Druck Hans Kock Buch- und Offsetdruck GmbH Auf dem Esch 9, 33619 Bielefeld

Der Knochenschüttler erscheint zweimal pro Jahr. Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Texte zu kürzen.

Urheberrechtlicher Hinweis Der Knochenschüttler ist nach dem Urheber- recht gesetzlich geschützt. Nachdruck oder sonstige Vervielfältigung erfordert die Genehmigung des Herausgebers. Als sonstige Im Juni 1926 erhielt ein spleeniger Engländer namens James Arthur Andrews aus London dieses Patent Vervielfältigung gelten auch Fotokopien, auf eine Signalanlage für Fahrräder. Das „Blitzlicht“ sollte durch die sprühenden Funken eines Feuer- Mikroverfilmen, Digitalisieren, Scannen und steins entstehen. Links ist die Draufsicht, rechts die Seitenansicht inkl. des Mitnehmers an einer Speiche Speichern auf Datenträger. abgebildet. (eingesandt von Gerd Böttcher, Bremen)

KS-Heft 61 erscheint Mitte Mai 2016 – Redaktionsschluss: 1. März 2016 – Anzeigenschluss: 15. April 2016 58 Der Knochenschüttler 2/2015 Der Knochenschüttler 2/2015 In dieser Jubiläums-Ausgabe:

Leicht – nichtrostend – elegant! Aber auch dauerhaft stabil?

Die Verwendung von Aluminium beim Fahrradbau geht tatsächlich bis ins 19. Jahrhundert zurück. Allerdings war der Weg ein schwieriger – unsere Autoren Michael Zappe und Martin Strubreiter haben ihn mit vielen Beispielen nachgezeichnet.

Titelblatt einer französischen Broschüre um 1935 Sammlung M. Zappe

Gut sechs Jahrzehnte auf den Bühnen Deutschlands und Europas angesagt zu sein, dass erfordert vollen Einsatz.

Unser Gastautor Friedmar John berichtet von einer ganz besonderen Artistenfamilie, die Radartistik mit musikalischen Darbietungen kombinierte. Ein anschließendes Interview mit Arthur Klein gibt dessen persönliche Erinnerungen an die Zirkuswelt wieder.

Werbekarte um 1905 Stiftung Stadtmuseum Berlin

Zufällig bekam die KS-Redaktion Zugang zu einer Materialsammlung über die Fahrradsattelfabrik Wittkop & Co.

Michael Mertins sichtete die bisher unveröffentlichten Dokumente, Objekte und neues Bild von Michael Fotos. Außerdem ergab sich für ihn ein ausführliches Gespräch mit dem Sohn des Wittkop-Geschäftsführers Heinrich Orf.

Erstmals aufgearbeitet: der Neustart der ostdeutschen Fahrradindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg. Justus Haupt hat Titel des Jubiläumskataloges von 1923 gründlichst recherchiert. Archiv Velo-Classic Der Mitgliederjournal Historische Fahrräder e.V. • ISSN 1430-2543 • Heft 60 • 2/2015 Knochenschüt tler Zeitschrift für Liebhaber historischer Fahrräder 60

Aluminium im Fahrradbau

Radartistenfamilie Klein

Wittkop & Co.

Die Abbildung zeigt eine unbeschriftete Originalzeichnung, die für die Bielefelder Lohmann-Werke in den späten 1930er Jahren angefer- tigt wurde. Mit den Ziffern werden folgende Bauteile hervorgehoben: Fahrradproduktion SBZ

Auch die Göricke-Werke experimentierten Ende der 1920er Jahre mit Leichtmetall-Komponenten: Beim Bahnrenner (Modell R 3) wurden durch die Montage von Kettenrad, Kurbeln, Lenker und Vorbau aus Duralumin 1,3 kg Gewicht eingespart.

Textquelle: Göricke Nachrichten 1928 (5. Jg.); Abbildung: Werbeblatt unbekannter Herkunft; beides aus der Slg. M. Mertins.