Ausgabe 11 April 2010 Thema: Ledersattel
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Ausgabe 11 April 2010 Thema: Ledersattel Tandemgabel y Lastenanhänger y Nabendynamo-Ladegeräte www.fahrradzukunft.de 11 April 2010 Inhalt: Des Sattels Kern 3 Grenzen des Ledersattels 5 Der Kern des Leders(attels) 9 Wie ein Kettennietendrücker nicht gebaut sein sollte 21 Tandem-Starrgabel für Scheibenbremsen 22 Lastenanhänger mit Klappdeichsel 36 Steckdose unterwegs 40 Kongress Vivavelo 48 Leserbriefe 52 Hohlspeiche 54 Impressum 55 Editorial Ledersättel: Je nach Nutzerpräferenz nicht unbedingt ein altmodisches Thema. Jürgen Schulz und Rainer Mai berichten (etwas weitschweifig, dafür sehr authentisch ;o) über ihre Besitz-Erfahrungen. Rainer liefert zusätzlich Infos zu Wartung, Defekten und Reparaturmöglichkeiten. Und die Ergonomie-Expertin Juliane Neuß erklärt, warum Ledersättel für Frauen eher ungeeignet sind. Mit der rapide zunehmenden Nutzung von Mobilgeräten aller Art ist das Verbraucherinteresse an der Strom- versorgung und Akkuladung per Nabendynamo in den letzten Jahren stark gestiegen. Andreas Oehler stellt die Gretchenfrage und hat mit aufwendigen Messreihen herausgefunden, was die aktuell verfügbaren Pro- dukte, darunter auch Eigenbaulösungen, wirklich können. Stefan Buballa-Jaspersen berichtet über seine Erfahrung mit einem für den Reiseeinsatz scheinbar perfekt geeigneten Kettennietendrücker, der wegen eines technisch banalen Herstellungsfehlers bei der ersten Be- nutzung in der lateinamerikanischen Pampa versagte. Das Angebot von scheibenbremstauglichen Starrgabeln für Tandems ist bescheiden. Heiner Schuchard hat sich mit diesem Problem auseinandergesetzt und die kritischen Biegemomente für die Dimensionierung einer brauchbaren Gabel berechnet – die bloß noch gebaut werden müsste … Bernd Brettner präsentiert einen kleinen, vielseitigen Eigenbau-Lastenanhänger aus Aluminium- Schnellbauprofilen, der mit einfachen Mitteln nachbaubar ist – und sucht noch einen Hersteller dafür. Und Andreas Oehler berichtet von der Vivavelo-Tagung Ende Februar in Berlin. Wir suchen übrigens immer noch Mitarbeiter für das Markup unserer Artikel. Voraussetzungen: Interesse an ehrenamtlicher Mitarbeit und elementare HTML-Kenntnisse. Viel Spaß beim Lesen dieser erfreulich dicken Ausgabe wünscht Rainer Mai für die Redaktion Neu: Fahradzukunft-Druckservice Markus Weber, Fürth, bietet in seinem Webshop gedruckte Fahrradzukunft-Hefte an: http://fz-print.hgs5.net Alle bisherigen Ausgaben können in beliebiger Stückzahl (z.B. eins) bestellt werden, zum Pauschalpreis 10 Euro pro Heft inklusive Versand, Zahlung per Paypal. Außerdem sind Fünferfolgen lieferbar (Ausgaben 0 bis 4 und 5 bis 9), für je 40 Euro, hier ist auch Banküberweisung möglich. Die Preise mögen auf den ersten Blick hoch erscheinen, sind aber bei den Produktionsbedingungen (Druck und Versand auf Bestellung in kleinsten Stückzahlen) relativ günstig. »Eigenbau« per Copyshop ist wesent- lich teurer, der Ausdruck auf dem heimischen Drucker ebenfalls, wenn man die Kosten ehrlich durchrechnet. Wir sind froh, euch nun ein flexibles bezahlbares Druckangebot nennen zu können, das nicht zuletzt auf Leseranfragen zustandekam. Titelbild: Peter de Leuw 11 April 2010 Des Sattels Kern Des Sattels Kern Oder: Der lange Weg zum Ledersattel Jürgen Schulz Fahrrad fahren kann ich seit meinem fünftem Le- kamen, habe ich diese natürlich ebenfalls auspro- bensjahr, also seit mittlerweile über 40 Jahren. biert. Für meine Spazierfahrten mit dem Fahrrad Seit ca. 30 Jahren mache ich es bewusst. Damals brachten sie die erhoffte Linderung. Lange Zeit wurde mir klar, dass ein Fahrrad weit mehr als nur habe ich deshalb gedacht, damit nun endlich die ein Spiel- und Sportgerät ist. Ich hatte begriffen, Lösung gefunden zu haben. Nach zwei Band- dass ein Fahrrad ein Verkehrsmittel ist. Aufgrund scheibenvorfällen in den Jahren 1999 und 2000 dieser Erkenntnis entschied ich mich dann auch musste ich unbedingt Gewicht abbauen und wie- gegen ein Mofa oder Moped und für mein Hercu- der Sport treiben. Ich baute mir ein neues, besse- les Fahrrad. Gleichzeitig entdeckte ich das Fahr- res Wanderrad zusammen und für mein Rennrad rad als Sportgerät. Zu meinem sechzehnten Ge- kaufte ich einen Rollentrainer. Aber als meine burtstag (Anfang 1980) bekam ich ein Viner Strecken immer länger wurden, haben sich meine Rennrad mit dieser wunderschönen verschnörkel- Gelsättel sehr schnell als untauglich herausge- ten Shimano 600er-Ausstattung geschenkt. Damit stellt. Auf Dauer war der Druck auf meinen ließ ich die Mofafahrer locker hinter mir und die Dammbereich trotz bzw. gerade durch das Gel- Mopedfahrer ärgerte ich, indem ich mich in ihrem polster doch zu hoch. Ich wechselte wieder zu den Windschatten mitziehen ließ. Seit dieser Zeit bas- Kunststoff-Sätteln mit Leder- oder Lorica-Überzug, tele ich ständig an meinen Fahrrädern herum um die ja zwischenzeitlich ergonomisch optimiert wor- sie für mich zu optimieren. den waren. Mein Heimtrainer war meine Teststati- on. Dort habe ich mit allerlei Sätteln herumpro- biert. Selbst ein Sattel ohne Nase (SQ-Lab Das Problem: Easyseat) wurde von mir ausprobiert und ganz Mensch–Sattel-Schnittstelle schnell wieder aussortiert. Kein Druck im Damm- bereich, aber auch Null Seitenhalt. Danach war ich An der Kontaktstelle zwischen mir und dem Sattel mit meinem Latein am Ende. Hatte ich doch alle ergab sich im Laufe der Jahre eine Dauerbaustel- Arten von Sätteln ausprobiert und noch immer le. Diese bereitete mir sehr lange Unannehmlich- keine bequeme Lösung gefunden. keiten und kostete mich auch viel Zeit und Geld. Dazu muss ich noch anmerken, dass ich auf dem Fahrrad immer noch eine sportliche Haltung be- Die Wiederentdeckung des Kernle- vorzuge (ca. 45 Grad nach vorne gebeugt). Mein dersattels Dammbereich wird dadurch bei längeren Radtou- ren stärker belastet und dann irgendwann taub. Hatte ich wirklich alle Arten von Sättel probiert? An dem oberen Bereich dieser Kontaktstelle lässt Nein! Um eine Art von Sätteln hatte ich immer sich leider nicht viel verändern. Das Sitzfleisch einen großen Bogen gemacht. Anfang der 80er- lässt sich bis zu einem gewissen Grad trainieren, Jahre waren Kernledersättel antiquiert und etwas aber der Dammbereich ist und bleibt die für „alte Säcke“. Sie kamen für mich allein schon Schwachstelle. Auf der anderen Seite dieser Kon- aus optischen Gründen nicht in Frage. Retro war taktstelle habe ich bestimmt weit mehr als 20 ver- damals noch nicht schick. Aber auch weil sie so schiedene Sättel ausprobiert. Angefangen hat es kompliziert sind: Kernledersättel dürfen nicht nass mit reinen Nylon-Sätteln, darauf folgten welche werden, müssen eingefettet und gespannt werden mit Lederüberzug (z. B. San Marco Concor). Da- und vor allen Dingen müssen sie „eingeritten“ nach wurden mehrere mit Schaumstoff aufgepols- werden. Mein Vater hatte schon seit vielen Jahren terte Modelle ausprobiert (z. B. Selle Italia Turbo). einen Brooks-Sattel an seinem Wanderfahrrad. Er Das Sitzgefühl verbesserte sich, aber eine end- hat ihn nie gepflegt und deshalb sieht er auch gültige Lösung des Problems war bis dahin nicht ziemlich vergammelt aus. Da ich mittlerweile sel- dabei. ber ein „alter Sack“ geworden bin, wollte ich nun doch mal so einen Brooks-Sattel ausprobieren. In den 90er-Jahren mutierte ich mehr und mehr Die Bewährungsprobe musste er ja nicht gleich zum Autofahrer, mit den entsprechenden Konse- bei einer Radtour bestehen. Aus Furcht vor den quenzen. Mein Gewicht stieg, das Sitzfleisch ver- Qualen beim Einreiten hatte ich mich für einen weichlichte und mit der Dauerbaustelle Sitzfläche bereits vorgegerbten Brooks-Sattel Modell B17 wurde es dadurch noch ärger. Als Radfahrer Aged entschieden. wechselte ich in dieser Zeit vom Rennrad als Standardrad zum Wanderrad (in Denglisch Trek- kingrad genannt). Als die Gelsättel auf den Markt 3 11 April 2010 Des Sattels Kern Bild 2: „Brooks B17 Standard schwarz“ an meinem neuen Wanderrad nach mittlerweile 3.000 km Alle Bilder: Jürgen Schultz Bild 1: „Brooks B17 Aged“ an meinem alten Wander- rad Alltagstauglichkeit und Pflege Diesen montierte ich an mein Trainingsrad, das Ich möchte meine Brooks-Sättel nicht mehr mis- auf einer Tacx-Rolle steht. Wie bei den Gelsätteln sen. Diese Sättel sind nichts für Sonntagsradler. hatte ich mit dem Brooks von Beginn an ein gutes Aber den Radlern, die deutlich mehr als 1.000 km Sitzgefühl. Aber dass musste ja nichts heißen, da im Jahr fahren, möchte ich Mut machen, mal einen sich die Gelsättel ja erst bei längeren Touren als Kernledersattel auszuprobieren und auch die Ge- untauglich erwiesen hatten. Aber erstaunlicher- duld aufzubringen, ihn „einzureiten“. Ein vorbe- weise blieb dieses gute Sitzgefühl auch bei länge- handelter Sattel wird recht schnell bequem, aber rer Benutzung bestehen. Daraufhin wurde der ca. 500 km sind auch hier nötig, damit sich der Sattel von mir an mein Wanderrad montiert. Von Sattel richtig anpasst. Und er muss gepflegt wer- nun an konnte ich weitaus längere Strecken ohne den. Damit das Leder nicht rissig wird, darf er große Beschwerden fahren und musste weniger nicht nass werden (feucht schon, nur nicht durch- Pausen zur Wiederbelebung meines Dammberei- nässt) und er muss von Zeit zu Zeit eingefettet ches machen. werden. Ich tue das immer dann, wenn ich meine, dass das Leder zu trocken geworden ist. Jetzt brauchte ich wieder einen Sattel für mein Trainingsrad. Ich wurde mutiger und kaufte mir einen B17 Standard-Sattel (nicht „aged“) in schwarz. Der war am Anfang längst nicht so be- quem wie der vorbehandelte Sattel. Es brauchte ca. 1.000 km, bis dieser sich so an mich ange- passt hatte, wie es der