(Ausgegeben am 28. Januar 2009)

Niedersächsischer Landtag

Stenografischer Bericht

29. Sitzung

Hannover, den 16. Januar 2009

Inhalt:

Tagesordnungspunkt 23: noch:

Mündliche Anfragen - Drs. 16/790...... 3329 Tagesordnungspunkt 2:

Frage 1: 10. Übersicht über Beschlussempfehlungen der Verhindert Niedersachsen eine nachhaltige Lö- ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 16/795 sung bei der Weserversalzung?...... 3329 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- Christian Meyer (GRÜNE)....3329, 3330, 3335, 3339 nen - Drs. 16/839 - Änderungsantrag der Fraktion Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und der SPD - Drs. 16/842 ...... 3344 Klimaschutz ...... 3331, 3332 bis 3343 Kurt Herzog (LINKE)...... 3332, 3341 Tagesordnungspunkt 24: (GRÜNE)...... 3333, 3337, 3338 (GRÜNE) ...... 3333, 3342 Erste Beratung: Miriam Staudte (GRÜNE) ...... 3334 Taten statt warmer Worte - Kindergelderhöhung Elke Twesten (GRÜNE) ...... 3334 auch für arme Familien - Antrag der Fraktion Bünd- (GRÜNE)...... 3335, 3343 nis 90/Die Grünen - Drs. 16/802...... 3345 Christel Wegner (fraktionslos) ...... 3336 Ursula Helmhold (GRÜNE) ..3345, 3348, 3352, 3356 Ursula Körtner (CDU)...... 3336, 3342 Patrick-Marc Humke-Focks (LINKE) ...... 3347, 3348 (GRÜNE) ...... 3336, 3340 Roland Riese (FDP)...... 3349, 3356 Karin Bertholdes-Sandrock (CDU)...... 3337 Ansgar-Bernhard Focke (CDU)...... 3350 bis 3354 Axel Miesner (CDU)...... 3337 Kreszentia Flauger (LINKE) ...... 3352 Ronald Schminke (SPD) ...... 3338 Ulrich Watermann (SPD) ...... 3353, 3355 Frank Oesterhelweg (CDU)...... 3339 Mechthild Ross-Luttmann, Ministerin für Sozia- (GRÜNE) ...... 3340 les, Frauen, Familie und Gesundheit ...... 3355 Hennig Brandes (CDU) ...... 3342 Ausschussüberweisung...... 3356 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 29. Plenarsitzung am 16. Januar 2009

Tagesordnungspunkt 25: Anlage 2: Brustkrebsfrüherkennung in Niedersachsen Jetzt nachhaltig investieren: Kommunalen Inves- Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, titionsstau überwinden und Klima schützen! - Familie und Gesundheit auf die Frage 3 der Abg. Heidemarie Mundlos (CDU) ...... 3380 Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen -

Drs. 16/801...... 3357 Anlage 3: Ausschussüberweisung...... 3357 Umnutzung ehemals landwirtschaftlicher Bau- substanz Tagesordnungspunkt 27: Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 5 des Abg. Erste Beratung: Jan-Christoph Oetjen (FDP)...... 3381 Mehr Sicherheit, bessere soziale Integration und größere Wirtschaftlichkeit - Neuordnung des Anlage 4: PCB-Belastung an der Ems nach dem Probe- Justizvollzuges zügig umsetzen! - Antrag der stau Ende September 2008 - Was hat die Lan- Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/812...... 3357 desregierung zu verbergen? Gisela Konrath (CDU) ...... 3357 Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- Marco Brunotte (SPD)...... 3358, 3359, 3364 schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung Helge Limburg (GRÜNE) ...... 3361 auf die Frage 6 der Abg. Christian Meyer und Ste- Hans-Henning Adler (LINKE)...... 3362, 3368 fan Wenzel (GRÜNE) ...... 3382 Professor Dr. Dr. Roland Zielke (FDP) ...... 3363 Bernhard Busemann, Justizminister...... 3364, 3367 Anlage 5: Heinrich Aller (SPD)...... 3367 Will das Land Niedersachsen seinen Gesell- Ausschussüberweisung...... 3368 schafteranteil am Flughafen Braunschweig– Wolfsburg verkaufen? Antwort des Finanzministeriums auf die Frage 7 Tagesordnungspunkt 28: der Abg. Ursula Weisser-Roelle (LINKE) ...... 3383

Erste Beratung: Anlage 6: Regierungskommission "Klimaschutz" - Antrag Jugendschutz geht vor - Alkoholtestkäufe im der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/813.3368 ganzen Land Ulf Thiele (CDU)...... 3368, 3377 Antwort des Ministeriums für Inneres, Sport und Rolf Meyer (SPD)...... 3369, 3375 Integration auf die Frage 8 des Abg. Ansgar Focke Kurt Herzog (LINKE)...... 3372, 3378 (CDU) ...... 3384 Christian Dürr (FDP) ...... 3373, 3375 Anlage 7: Heinrich Aller (SPD)...... 3373 „Wer bin ich? Und wenn ja, wie viele“ - Der Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Ministerpräsident auf Identitätssuche Klimaschutz...... 3375 Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei auf Stefan Wenzel (GRÜNE) ...... 3376 die Frage 9 des Abg. Wolfgang Jüttner (SPD) ...... 3385 Ausschussüberweisung...... 3378 Anlage 8: Nächste Sitzung ...... 3378 Zugausfall auf der Strecke Rotenburg–Bremen Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 10 des Abg. Jan-Christoph Oetjen (FDP) ...... 3387

Anlage 9: Anlagen zum Stenografischen Bericht Zu hohe Nitratbelastung im Trinkwasser in Oldenburg und Delmenhorst? noch: Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- schutz auf die Frage 11 der Abg. Sigrid Rakow Tagesordnungspunkt 23: (SPD) ...... 3387

Mündliche Anfragen - Drs. 16/790 Anlage 10: Eigentum kann man nur einmal veräußern - Wird der Waldverkauf in Ostfriesland gestoppt? Anlage 1: Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- Lässt das Land Hartz-IV-Abiturientinnen und schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung -Abiturienten im Regen stehen? auf die Frage 12 des Abg. Wiard Siebels (SPD) ...... 3390 Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 2 der Abg. Christa Reichwaldt und Patrick-Marc Humke-Focks (LINKE)...... 3379

II Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 29. Plenarsitzung am 16. Januar 2009

Anlage 11: Anlage 19: Wie entwickelt sich die Breitbandversorgung in Gemeinsames Positionspapier Wald - Weih- Niedersachsen? nachtswunschmeldung oder konkretes Vorha- Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und ben? Verkehr auf die Frage 13 des Abg. Karl-Heinz Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- Hausmann (SPD)...... 3391 schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 21 des Abg. Ronald Schminke (SPD) Anlage 12: ...... 3406 Verkauf von Landesliegenschaften und -wald - Das Prinzip Nachhaltigkeit? Anlage 20: Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- Giftmülltransporte aus Australien? schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- auf die Frage 14 der Abg. Brigitte Somfleth und schutz auf die Frage 22 der Abg. Andrea Schröder- Ronald Schminke (SPD)...... 3393 Ehlers und Sigrid Rakow (SPD)...... 3408

Anlage 13: Anlage 21: Europa ist mehr: Keine klaren Konturen für Schonender fischen in der Nordsee? Europakompetenz an niedersächsischen Hoch- Antwort des Ministeriums für s für Ernährung, schulen? Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landes- Antwort des Ministeriums für Wissenschaft und entwicklung auf die Frage 23 der Abg. Sigrid Ra- Kultur auf die Frage 15 der Abg. Wolfgang Wulf, kow und Ronald Schminke (SPD) ...... 3409 Heinrich Aller, Ulla Groskurt, Daniela Krause- Behrens, Sigrid Rakow, Silva Seeler und Detlef Anlage 22: Tanke (SPD) ...... 3394 Niedersächsischer Wald für Windenergie nut- zen? Anlage 14: Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- Illegales Reifenlager in Flammen - Staatliche schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung Gewerbeaufsicht schaut zu? auf die Frage 24 des Abg. Ronald Schminke (SPD) Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- ...... 3410 schutz auf die Frage 16 der Abg. Elke Twesten (GRÜNE) ...... 3398 Anlage 23: Illegale psychiatrische Institutsambulanz Ha- Anlage 15: meln? Fachlehrermangel und Unterrichtsausfall Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, Antwort des Kultusministeriums auf die Frage 17 Familie und Gesundheit auf die Frage 25 der Abg. der Abg. Ina Korter (GRÜNE) ...... 3399 Uwe Schwarz, Markus Brinkmann, Marco Brunotte, Ulla Groskurt, Stefan Klein, Matthias Möhle, Petra Anlage 16: Tiemann und Ulrich Watermann (SPD) ...... 3411 Sind Spielekonsolen ein wertvoller Beitrag zur Umwelterziehung? Anlage 24: Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Wer zahlt für die Sanierung - Lässt das Land schutz auf die Frage 18 der Abg. Miriam Staudte das Schlosstheater Celle im Stich? und Ina Korter (GRÜNE)...... 3401 Antwort des Finanzministeriums auf die Frage 26 der Abg. Rolf Meyer und Daniela Krause-Behrens Anlage 17: (SPD)...... 3412 Warum bekommen Schülerinnen und Schüler des Technikgymnasiums Uelzen den „falschen“ Anlage 25: Unterricht? Will die Landesregierung Lehrerstunden zulas- Antwort des Kultusministeriums auf die Frage 19 ten von kranken Kindern und Jugendlichen der Abg. Ina Korter (GRÜNE) ...... 3402 einsparen? Antwort des Kultusministeriums auf die Frage 27 der Abg. Dr. Gabriele Andretta (SPD) ...... 3414 Anlage 18: Scheitert Entsorgung illegaler Altreifenlager Anlage 26: durch die Gewerbeaufsicht an fehlenden Haus- Mögliche radioaktive Kontamination und Folge- haltsmitteln? erkrankungen von Mitarbeiterinnen und Mitar- Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- beitern der Schachtanlage Asse schutz auf die Frage 20 des Abg. Dieter Möhrmann Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- (SPD)...... 3404 schutz auf die Frage 28 des Abg. Stefan Wenzel (GRÜNE) ...... 3415

Anlage 27: Kenntnis des Niedersächsischen Umweltminis- teriums von radioaktiv kontaminierten Laugen in der Schachtanlage Asse

III Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 29. Plenarsitzung am 16. Januar 2009

Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Anlage 35: schutz auf die Frage 29 der Abg. (GRÜ- GVO-freie Futtermittelproduktion auch für Nie- NE) ...... 3416 dersachsen? Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- Anlage 28: schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und auf die Frage 37 des Abg. Wiard Siebels (SPD) ...... 3429 Rohstoffe: Gutachter von Asse und Gorleben Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Anlage 36: schutz auf die Frage 30 der Abg. Miriam Staudte Veränderte Sicherheitslage durch den Nahost- (GRÜNE) ...... 3417 konflikt in Niedersachsen? Antwort des Ministeriums für Inneres, Sport und Anlage 29: Integration auf die Frage 38 der Abg. Ralf Briese Entscheidung über die Rechtsgrundlage für die und Helge Limburg (GRÜNE)...... 3430 endgültige Stilllegung des Atommülllagers Asse Anlage 37: Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Lagebild Korruption in Niedersachsen schutz auf die Frage 31 der Abg. Elke Twesten Antwort des Ministeriums für Inneres, Sport und (GRÜNE) ...... 3419 Integration auf die Frage 39 der Abg. Ralf Briese und Helge Limburg (GRÜNE)...... 3431 Anlage 30: Rolle des Niedersächsischen Umweltministeri- Anlage 38: ums bei der Aufstellung von Sonderbetriebs- Wie sinnvoll ist die Ertüchtigung weiterer Orts- plänen für die Asse umgehungen? Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und schutz auf die Frage 32 des Abg. Hans-Jürgen Verkehr auf die Frage 40 des Abg. Klein (GRÜNE) ...... 3420 (GRÜNE)...... 3433

Anlage 31: Anlage 39: Versuche mit radioaktiven Stoffen in der Asse Privater Bildungsanbieter an öffentlicher Schu- Antwort des Ministeriums für Umwelt und Klima- le schutz auf die Frage 33 der Abg. Dr. Gabriele Hei- Antwort des Kultusministeriums auf die Frage 41 nen-Kljajić (GRÜNE)...... 3421 der Abg. Christa Reichwaldt (LINKE) ...... 3434

Anlage 32: Anlage 40: Absage der Niedersächsischen Hallenfußball- Teilt die Landesregierung die Auffassung von meisterschaft in Braunschweig wegen befürch- Unternehmen der Energiebranche, wonach teter Ausschreitungen Studiengebühren eine abschreckende Wirkung Antwort des Ministeriums für Inneres, Sport und haben und den Fachkräftemangel verstärken? Integration auf die Frage 34 der Abg. Helge Lim- Antwort des Ministeriums für Wissenschaft und burg, Ralf Briese und Dr. Gabriele Heinen-Kljajić Kultur auf die Frage 42 des Abg. Victor Perli (LIN- (GRÜNE) ...... 3422 KE) ...... 3435

Anlage 33: Anlage 41: Welche Konsequenzen zieht die Landesregie- Chemische Substanzen in legalen Cannabis- rung aus den im DLR-Gutachten zur Hinterland- Ersatzdrogen - Welche Schlussfolgerungen anbindung empfohlenen Schienenverkehrs- zieht die Landesregierung aus dem geplanten maßnahmen zur Bewältigung des zu erwarten- Verbot von Spice? den Frachtaufkommens vom JadeWeserPort im Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, Hinblick auf die Schienenstrecke Oldenburg– Familie und Gesundheit auf die Frage 43 des Abg. Cloppenburg–Osnabrück? Victor Perli (LINKE) ...... 3437 Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 35 der Abg. Renate Geuter Anlage 42: und Axel Brammer (SPD) ...... 3426 Art der Präsentation von Wahlwerbespots der Parteien im Europa- und Bundeswahlkampf Anlage 34: 2009 Wulff fordert publikumswirksam Redlichkeit, Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei auf Mäßigung, Zurückhaltung, Bescheidenheit, die Frage 44 der Abg. Wittich Schobert und Björn Sparsamkeit - von anderen - Verstößt der Minis- Thümler (CDU)...... 3439 terpräsident selbst in der Debatte um den Ein- zelplan 02 massiv gegen das Prinzip von Haus- Anlage 43: haltswahrheit und Haushaltsklarheit und spielt Beifang oder Discard falsch? Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei auf schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung die Frage 36 der Abg. Heinrich Aller, Ulla Groskurt, auf die Frage 45 der Abg. Gesine Meißner und Daniela Krause-Behrens, Sigrid Rakow, Silva See- Roland Riese (FDP) ...... 3440 ler, Detlef Tanke und Wolfgang Wulf (SPD) ...... 3427

IV Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 29. Plenarsitzung am 16. Januar 2009

Anlage 44: Vergütung der Ausbildung von Psychothera- peutinnen und Psychotherapeuten Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 46 der Abg. Ursula Helmhold (GRÜNE) ...... 3441

Anlage 45: Vergütung substituierender Ärztinnen und Ärz- te Antwort des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 47 der Abg. Ursula Helmhold (GRÜNE) ...... 3442

Anlage 46: Domäne Heidbrink - Verschwendung von Steu- ergeldern ohne Ende für umstrittene Ziegenhal- tung? Antwort des Ministeriums für Ernährung, Landwirt- schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 48 der Abg. Christian Meyer und Hans-Jürgen Klein (GRÜNE) ...... 3442

V Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 29. Plenarsitzung am 16. Januar 2009

Vom Präsidium:

Präsident Hermann D i n k l a (CDU) Vizepräsident Dieter M ö h r m a n n (SPD) Vizepräsident Hans-Werner S c h w a r z (FDP) Vizepräsidentin Astrid V o c k e r t (CDU) Schriftführerin Ursula E r n s t (CDU) Schriftführerin Ulla G r o s k u r t (SPD) Schriftführer Wilhelm H e i d e m a n n (CDU) Schriftführer Lothar K o c h (CDU) Schriftführerin Gabriela Kohlenberg (CDU) Schriftführerin Gisela K o n r a t h (CDU) Schriftführerin Dr. Silke L e s e m a n n (SPD) Schriftführerin Brigitte S o m f l e t h (SPD) Schriftführerin Dörthe Weddige-Degenhard (SPD) Schriftführerin Ursula W e i s s e r - R o e l l e (LINKE)

Auf der Regierungsbank:

Ministerpräsident Staatssekretär Dr. Lothar Hagebölling , Christian W u l f f (CDU) Staatskanzlei

Minister für Inneres, Sport und Integration Uwe Schünemann (CDU)

Staatssekretärin Cora Hermenau , Finanzministerium

Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesund- Staatssekretärin Dr. Christine H a w i g h o r s t , heit Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesund- Mechthild R o s s - L u t t m a n n (CDU) heit

Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann

Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Staatssekretär Stefan K a p f e r e r , Walter H i r c h e (FDP) Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucher- schutz und Landesentwicklung Hans-Heinrich E h l e n (CDU)

Justizminister Staatssekretär Dr. Jürgen O e h l e r k i n g , Bernhard B u s e m a n n (CDU) Justizministerium

Minister für Wissenschaft und Kultur Lutz S t r a t m a n n (CDU)

Minister für Umwelt und Klimaschutz Staatssekretär Dr. Stefan B i r k n e r , Hans-Heinrich Sander (FDP) Ministerium für Umwelt und Klimaschutz

VI Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 29. Plenarsitzung am 16. Januar 2009

Beginn der Sitzung: 9.00 Uhr. Die Frage 4 wurde von den Fragestellern zurück- gezogen. Deshalb rückt auf Position 4 die Frage 9 Präsident Hermann Dinkla: und auf Position 9 die Frage 11. Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich er- Die für die Fragestunde geltenden Regelungen öffne die 29. Sitzung im 10. Tagungsabschnitt des unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperio- voraus. de. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, Die Beschlussfähigkeit werde ich zu einem späte- bitte ich Sie, dass Sie sich nach wie vor schriftlich ren Zeitpunkt feststellen. zu Wort melden, auch wenn Sie eine Zusatzfrage Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sit- stellen möchten. zung mit der Fragestunde. Das ist Tagesord- Ich stelle fest, es ist 9.03 Uhr, und rufe Frage 1 nungspunkt 23. Dann folgt Tagesordnungspunkt 2, auf: die Fortsetzung der Eingabenberatung, die wir mit den unstrittigen Eingaben bereits begonnen ha- ben. Anschließend erledigen wir die weiteren Ta- Verhindert Niedersachsen eine nachhaltige gesordnungspunkte mit Ausnahme von Tagesord- Lösung bei der Weserversalzung? nungspunkt 26, den wir bereits am Mittwoch be- handelt haben, in der Reihenfolge der Tagesord- nung, wobei es allerdings noch eine Änderung Die Frage stammt von den Kollegen Limburg, gibt, da, wie mir eben übermittelt worden ist, Ta- Meyer, Wenzel und Frau Helmhold. Dazu erteile gesordnungspunkt 25 direkt überwiesen werden ich dem Kollegen Meyer von der Fraktion Bünd- soll. nis 90/Die Grünen das Wort. Die heutige Sitzung wird damit nicht gegen 13.05 Uhr enden, sondern wir werden ca. Christian Meyer (GRÜNE): 12.30 Uhr zum Ende der Beratungen kommen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren, ich lese jetzt die Frage vor. Ich darf Sie herzlich bitten, Ihre Reden rechtzeitig an den Stenografischen Dienst zurückzugeben. Als eine mögliche Lösung zur langfristigen Ver- meidung der weiteren Versalzung von Werra und Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ih- Weser durch das Unternehmen K+S AG wird zur- nen nunmehr die Schriftführerin mit. zeit die Errichtung einer Salzpipeline zur Nordsee diskutiert. Schriftführerin Dörthe Weddige-Degenhard: Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Neben Umweltverbänden, Wasserexperten und Entschuldigt haben sich von der Landesregierung Bündnis 90/Die Grünen wird dies auch von vielen Finanzminister Herr Möllring, von der Fraktion der Kommunal- und Landespolitikern gefordert. CDU Frau Jahns und Herr Deppmeyer, von der „Nur Niedersachsens Umweltminister Fraktion der SPD Frau Emmerich-Kopatsch, Frau Hans-Heinrich Sander (FDP) sperrt Hartmann und Frau Krause-Behrens, von der Frak- sich“, tion der FDP Herr Rickert, von der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen Herr Klein und von der Fraktion heißt es in der Nordsee-Zeitung vom 18. Novem- DIE LINKE Frau Zimmermann. ber 2008 in einem Bericht über die dritte Werra- Weser-Anrainerkonferenz. Präsident Hermann Dinkla: Laut Deister- und Weserzeitung (DEWEZET) vom Vielen Dank. Im Ergebnis stelle ich fest, es sind 24. Oktober 2008 ist die Nordseepipeline eine von noch genug Abgeordnete da, sodass wir die Bera- insgesamt fünf Maßnahmen des runden Tisches, tungen nicht einstellen müssen. die jetzt schnell untersucht werden sollen. Vom runden Tisch wurde dazu eine Expertise beschlos- Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 23: sen, die neben der technischen Umsetzbarkeit auch die rechtlichen Fragen einer Genehmigung Mündliche Anfragen - Drs. 16/790 ernsthaft prüft. Der Bremer Senat und die Bremer Bürgerschaft favorisieren ebenfalls zur Entlastung des Salzein-

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trags in die Weser eine ernsthafte Prüfung einer gen an andere Standorte abzuwägen Nordseepipeline: sein wird“, „Fest steht bereits heute, dass die Ab- heißt es in den Schaumburger Nachrichten vom raumhalden zusätzlich zu den diffu- 16. September 2008: „Sander: Pipeline nicht die sen Einträgen somit ein Langzeitprob- Lösung“. Weiter heißt es, das Natriumchlorid aus lem für die Werra und Weser in den dem Bergbau habe eine andere Zusammenset- kommenden Jahrtausenden darstel- zung als die Nordsee und schade dem Naturpark len werden, während die Abwässer Wattenmeer - „Naturpark“ stand so in der Zeitung. aus der Produktion selbst nach Been- Gleichzeitig soll an der Ems laut Pressemitteilung digung des Abbaus in einigen Jahr- der Wingas GmbH vom 17. Dezember 2008 die zehnten wegfallen werden. Der Bau Einleitstelle für die bei der Errichtung des Erdgas- einer Salzpipeline in die Nordsee kavernenspeichers Jemgum entstehenden Millio- würde jedoch relativ kurzfristig Abhilfe nen Kubikmeter an Salzlauge von Ditzum an der schaffen können. In Bezug auf die Ems über eine Pipeline in die Außenems, also in Verhältnismäßigkeit ist zu bedenken, die Nordsee, erfolgen, nachdem die Landesregie- dass die Pipeline langfristig zur Ent- rung Einwände gegen die direkte Einleitung in die sorgung der Kali-Abwässer dienen Ems erhoben hatte. würde.“ (Drs. 17/418 der Bremer Bür- gerschaft) Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesre- (Unruhe) gierung: 1. Warum teilt die Landesregierung - anders als an Präsident Hermann Dinkla: der Ems - nicht die Auffassung des runden Ti- Herr Kollege, ich darf Sie unterbrechen. - Ich sches, der Umweltverbände und vieler Kommunen möchte darum bitten, den Erfahrungsaustausch und Landespolitiker, dass eine Nordseepipeline über den gestrigen Abend etwas dezenter vorzu- einen Beitrag für eine nachhaltige Lösung der We- nehmen, damit der Herr Kollege ausreichend Ge- serversalzung darstellen könnte und eine ernsthaf- hör findet. te Prüfung verdiene? 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung - Christian Meyer (GRÜNE): vor dem Hintergrund der Äußerungen des nieder- Danke, Herr Präsident! - Viele Kommunen und die sächsischen Umweltministers - über die Zusam- Werra-Weser-Anrainerkonferenz fordern daher mensetzung der infrage stehenden Salzlauge und neben drastischen Reduzierungen des Salzabfalls der Abwässer der Abraumhalden von K+S an den Standorten eine Nordseepipeline, die weit- (Schwermetalle, Salzgehalt, Konditionierungsmit- gehend über niedersächsisches Gebiet gelegt tel, Härtegrad, Giftstoffe etc.)? werden müsste, um das Abkippen von täglich bis zu 200 Lkw-Ladungen Salzlauge in die Werra und 3. Wie schätzt die Landesregierung die Genehmi- damit in die Weser zu vermeiden. Im Süßwasser- gungsfähigkeit und Kosten für die diskutierte Salz- fluss Weser führt dieses zu erheblichen ökologi- pipeline zur Nordsee ein und wieso sind die ökolo- schen und ökonomischen Belastungen und ist mit gischen und ökonomischen Folgen der Einleitung der EU-Wasserrahmenrichtlinie unvereinbar. in einem Salzmeer (etwa bei Einleitung außerhalb des Wattenmeers oder in der Wesermündung) (Zustimmung von Helge Limburg höher als bei der intensiven Versalzung des Süß- [GRÜNE]) wasserökosystems Werra und Weser? Nachdem die Landesregierung noch in der Drs. (Beifall bei den GRÜNEN) 16/115 vom 28. April 2008 auf eine Mündliche Anfrage zum Vorschlag einer Nordseepipeline Präsident Hermann Dinkla: geantwortet hat, dass Für die Landesregierung nimmt Herr Minister San- „im Rahmen der Alternativprüfung zur der Stellung. Erarbeitung eines langfristigen, nach- (Unruhe) haltigen, technisch und wirtschaftlich umsetzbaren Konzeptes u. a. auch - Ich bitte noch einmal, den Geräuschpegel deut- die Verbringung anfallender Salzlau- lich abzusenken. Das müsste eigentlich möglich

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sein. - Das scheint auch möglich zu sein. Bitte, Die Vorstellungen zu einer Nordseepipeline liegen Herr Minister! erst im Ansatz vor. Die Überlegungen hierzu sind noch wenig konkret und daher bisher auch noch Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und nicht fachlich wie ökonomisch näher konkretisiert. Klimaschutz: Fest steht, dass für den Bau der Pipeline eine Viel- zahl von Zulassungen u. a. nach dem Raumord- Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und nungsrecht, dem Bergrecht, dem Wasserrecht, Herren! Zur Mündlichen Anfrage „Klagt das Land dem Naturschutzrecht und dem Baurecht erforder- endlich gegen die zunehmende Versalzung der lich sind. Die Genehmigungsfähigkeit der Salzpipe- Weser?“ des Abgeordneten Wenzel hatte die Lan- line hängt von der Feststellung und Bewertung der desregierung im Mai 2008 u. a. angemerkt, dass vom Vorhaben ausgehenden Umweltbelastungen beim Abwägen von nachhaltigen Strategien und ab. Hierzu wird der runde Tisch aktuell eine Exper- Lösungen zur Verringerung der Salzbelastung tise in Auftrag geben. vorrangig alle nur denkbaren Alternativen, die be- reits zur Vermeidung des Salzabwasseranfalls im Die Niedersächsische Landesregierung hat am Rahmen der Produktion beitragen, zu berücksich- runden Tisch darauf hingewiesen, dass im Rah- tigen seien. men einer Maßnahmenprüfung die derzeitigen und noch zu besorgenden Verhältnisse einschließlich Im Rahmen der Alternativenprüfung zur Erarbei- der Konsequenzen durch das Einstellen der Pro- tung eines langfristigen, nachhaltigen, technisch duktion in Hessen und Thüringen mit einer Beein- und wirtschaftlich umsetzbaren Konzeptes werde trächtigung von Schutzgütern, insbesondere dem u. a. auch die Verbringung anfallender Salzlaugen Schutz des Meeres, abzuwägen sind. Gleichzeitig an andere Aufnahmeorte abzuwägen sein. Das hat sie deutlich gemacht, dass bei einer Maßnah- Unternehmen K+S sei allerdings in der unterneh- menprüfung mindestens folgende Aspekte berück- merischen Verpflichtung, im Sinne einer umweltge- sichtigt werden müssen: Querung von Schutzge- rechten Produktion vorrangig Vermeidungsstrate- bieten im Binnenland, bestehende Versalzung im gien zu entwickeln und einzusetzen. Bereich der Unterweser, Zusammensetzung der Salzabwässer im Verhältnis zur Zusammenset- Diesem Grundsatz folgend, spricht sich die Lan- zung des Nordseewassers, Beachtung der Schutz- desregierung gegen ein vorschnelles und vor allem güter Nationalpark Niedersächsisches Watten- ausschließliches Fokussieren auf die Nordseepipe- meer, Beachtung des Küstenschutzes und eine line als einzige Lösung und damit gegen eine ver- Bündelung mit bzw. erforderliche Abstände zu Lei- kürzte Maßnahmenbetrachtung aus. tungstrassen anderer Nutzungen. Dies vor allem auch, weil diese Maßnahme allein Auch weil bereits am runden Tisch die Frage auf- zu keiner Reduktion der Salzabwassermenge vor geworfen wird, ob sich nicht auch noch die Halden Ort führt und sie damit nicht dem vorgenannten oder die im Untergrund befindlichen Salzabwässer, und eingeforderten Grundsatz, bereits an der die das Grundwasser insbesondere in Hessen be- Quelle Abfälle/Abwasser zu vermeiden, entspricht. drohen, auf lange Sicht ebenfalls via Pipeline ent- Die K+S Kali GmbH hat im Sinne einer umweltge- sorgen lassen, sieht sich Niedersachsen als rechten Produktion nach wie vor die unternehmeri- Hauptbetroffener einer Nordseepipeline und als sche Verpflichtung, alle ihr möglichen Alternativen Küstenland in der Verantwortung, nicht nur auf den des Vermeidens vor Ort auszuschöpfen. Insbe- Schutz der Weser, sondern auch auf den Schutz sondere, weil sich für K+S der drohende Entsor- des Wattenmeeres und auf die Anforderungen der gungsnotstand an den Standorten in Hessen und Meeresstrategierahmenrichtlinie hinzuweisen. Thüringen bereits länger abzeichnen musste, ist Die in diesem Zusammenhang viel zitierten sehr das Unternehmen in der Pflicht, kurzfristig ein in groben überschlägigen Abschätzungen der Kosten sich schlüssiges und belastbares Vermeidungs- einer Nordseepipeline stammen aus Überlegungen wie Entsorgungskonzept vorzulegen. Das Ende im Rahmen des hessischen Pilotprojektes aus dem Oktober vorgestellte Maßnahmenpaket ist ein ers- Jahr 2007 zur Wasserrahmenrichtlinie. Diese ba- ter Schritt in die richtige Richtung. In der Presse- sieren wiederum auf Angaben von Vorstudien zum mitteilung dazu ist aber auch zu lesen, dass es Rahmenentwurf zum Bau einer Salzabwasserlei- damit an die Grenzen des aus heutiger Sicht bis tung zwischen 1977 und 1979, die angesichts der zum Jahr 2015 technisch Machbaren und des wirt- damals aus der DDR anfallenden Abwässer, die schaftlich Vertretbaren gegangen sei. völlig ungeklärt in die Werra gelangt sind, als er-

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forderlich angesehen worden war. An die heutigen auch alle Salzabwasser vermeidenden Maßnah- Preise angepasst wurden in dem Projekt über- men vor Ort geprüft werden. schlägig die Investitionskosten mit etwa 400 bis Zu 2: Nach den Unterlagen der K+S Kali GmbH 500 Millionen Euro für Planung und Bau der Lei- am runden Tisch setzen sich die Inhaltsstoffe in tung und die jährlichen Betriebskosten mit etwa den festen/flüssigen Produktionsrückständen im 13 Millionen Euro beziffert. hessisch-thüringischen Kalirevier aus den dort Ergebnis des hessischen Projekts war, dass diese gewonnen unterschiedlichen Salzen wie Natrium, Maßnahme nicht in die Liste der durchführbaren Kalium, Magnesium, Calcium, Chlorid, Sulfat, Wasserrahmenrichtlinien-Maßnahmen aufgenom- Bromid, aus Resten der Aufbereitungshilfsstoffe men wurde. Grund dafür war vor allem die unter- und deren Reaktionsprodukte wie z. B. Carbonsäu- schiedliche Sichtweise der am Projekt Beteiligten, ren, Fettsäuren und Alkoholen sowie rohsalz-, was finanziell zumutbar ist. Als Übergangslösung anlagen- und umgebungsbedingt aus Schwerme- und Alternative zur Nordseepipeline wurde dort wie tallen wie Blei, Eisen, Kupfer, Mangan, Nickel und auch jetzt am runden Tisch eine Leitung direkt an Zink zusammen. die Weser diskutiert und aktuell mehrheitlich gegen Die Zusammensetzung der Abwässer war Thema die Stimme Niedersachsens favorisiert. der letzten Sitzungen des runden Tisches und ist Die Investitionskosten wurden im Rahmen des nach Ansicht der Niedersächsischen Landesregie- Projekts überschlägig mit etwa 60 Millionen Euro rung unbedingt im Rahmen einer Machbarkeitsstu- angesetzt. Dies - die deutlich kürzere Leitungslän- die mit zu betrachten. Nach den bisherigen Dar- ge und der derzeitige Diskussionsstand am runden stellungen im Rahmen des runden Tisches geht Tisch - lassen befürchten, dass diese sogenannte von den Abwässern keine Wassergefährdung aus. Übergangslösung letztendlich zu einer Dauerlö- Zu 3: Die Einschätzungen zur Genehmigungsfä- sung werden wird. Die Niedersächsische Landes- higkeit, zu den Kosten und zu den ökologischen regierung wird sich, auch unterstützt durch den und ökonomischen Folgen einer Pipeline sollen als Landtagsbeschluss vom 18. Oktober 2007 - Ergebnis der in Auftrag gegebenen Expertisen Drs. 15/4146 - weiterhin dafür einsetzen, eine Ver- dem runden Tisch vorgelegt werden. Im Übrigen besserung der Salzbelastung von Werra und We- verweise ich auf die Vorbemerkungen. ser zu erreichen. Hierbei darf eine Verringerung der Salzbelastung der Werra aber nicht einseitig (Beifall bei der FDP und bei der CDU) zulasten der Unterlieger und der marinen Umwelt stattfinden. Präsident Hermann Dinkla: Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Die erste Zusatzfrage stellt der Kollege Herzog für Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: die Fraktion DIE LINKE.

Zu 1: Die Genehmigungen für eine Soleeinleitung Kurt Herzog (LINKE): in die Ems bei Ditzum bzw. beim Rysumer Nacken Herr Präsident! Herr Minister, welche - auch quan- zur Errichtung von Erdgaskavernenspeichern in titativen - wirtschaftlichen Auswirkungen haben die Jemgum sind noch nicht erteilt. Beide Verfahren Einleitungen der Salzwässer auf die niedersächsi- sind in vielerlei Hinsicht nicht mit der über 100 sche Landwirtschaft, Fischerei und Trinkwasser- Jahre geschaffenen komplexen Situation an Werra versorgung? und Weser zu vergleichen. Die Expertisen zu Rechts - und Verfahrensfragen für die Einleitung (Beifall bei der LINKEN) von Abwasser aus der Kaliproduktion in die Nord- see bzw. zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung Präsident Hermann Dinkla: der Kaliproduktion und Monetarisierung der Um- Herr Minister Sander, bitte! weltschäden im Auftrag des runden Tisches sind auf dem Weg der Vergabe. Damit findet eine Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und ernsthafte Prüfung der Realisierung einer Nord- Klimaschutz: seepipeline statt. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Die Niedersächsische Landesregierung spricht Herren! Herr Kollege Herzog, ich habe ja eben die sich allerdings weiterhin gegen eine isolierte Be- Zusammensetzung der Einleitungsstoffe genannt trachtung einer Pipeline zur Nordsee, insbesonde- und habe gleichzeitig gesagt, dass von den unter- re aber zur Weser aus, wenn nicht gleichzeitig schiedlichen Zusammensetzungen - sowohl Salze

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als auch Schwermetalle, die alle unter den Grenz- Sie immer wieder auftreten, nämlich das Ver- werten liegen - nach derzeitigem Stand keine Ge- schlechterungsverbot auf jeden Fall einzuhalten, fährdungen ausgehen. uns jetzt noch dieses Ei ins Nest legen wollen, statt mit uns gemeinsam dafür zu streiten, dass an der Präsident Hermann Dinkla: Quelle die notwendigen Reduzierungen erreicht Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Korter werden. von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. (Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ina Korter (GRÜNE): Präsident Hermann Dinkla: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Helm- Minister Sander, Sie haben gerade erläutert, nach hold von der Fraktion der Grünen. Ihren Erkenntnissen hätten die Abwässer, die in die Weser gelangen, keine schädlichen Auswir- Ursula Helmhold (GRÜNE): kungen. Nun ist aber aus der Presse bekannt, Herr Präsident! Herr Minister, Sie wissen doch dass Sie den Bau einer Pipeline zur Nordsee auch auch, dass im Moment täglich die Ladung von aus umweltpolitischen Gründen ablehnen würden, 200 Lkws mit Salz eingeleitet wird. Angesichts weil er einen Eingriff in den Nationalpark Watten- dessen und vor dem Hintergrund, dass Sie in der meer bedeute. Ich frage Sie in diesem Zusam- Drucksache 115 aus dieser Wahlperiode selber menhang deshalb: Hat die Landesregierung ei- eingeräumt haben, dass dies durch die wasser- gentlich andere Eingriffe in den Nationalpark Wat- rechtliche Erlaubnis nicht abgedeckt und rechtlich tenmeer, z. B. Probebohrungen in der vorherge- nicht abgesichert ist, frage ich die Landesregie- henden Zeit, bereits einmal abgelehnt? rung, ob sie in der Vergangenheit überhaupt ein- (Beifall bei den GRÜNEN) mal irgendetwas gegenüber der Hessischen Lan- desregierung unternommen hat, um diesen rechts- Präsident Hermann Dinkla: widrigen Zustand zu beenden. Herr Minister Sander! (Beifall bei den GRÜNEN)

Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Präsident Hermann Dinkla: Klimaschutz: Herr Minister Sander! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei allen Vorhaben, die Sie in einem Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Schutzgebiet planen, müssen Sie immer einen Klimaschutz: Abwägungsprozess vornehmen. Diesen Abwä- Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und gungsprozess würden wir in dieser Frage, wenn Herren! Als Niedersächsische Landesregierung sie sich stellen würde, auch einleiten. Sie kennen haben wir bei den Gesprächen, die wir mit dem die Wasserrahmenrichtlinie. Die Wasserrahmen- hessischen Kabinett nach meiner Einschätzung richtlinie geht von einem Verschlechterungsverbot zweimal in der vergangenen Wahlperiode geführt aus. Nehmen wir nun einmal das, was im Augen- haben, das Thema der Versalzung von Werra und blick am runden Tisch angedacht wird. Der Bau Weser immer wieder angesprochen. Wir haben einer Pipeline - darüber sind wir uns vielleicht alle dabei auch die niedersächsischen Interessen deut- einig - ist ein Projekt, das, wenn es gut geht, einen lich gemacht, die ich eben in der Beantwortung der Zeitraum von zehn Jahren, wenn es schlecht geht, Frage zum Ausdruck gebracht habe und die ich einen Zeitraum von 30 Jahren in Anspruch neh- eben auch nochmals mit Bezug auf die EU-Was- men würde. Das heißt, dass eine zweite Frage serrahmenrichtlinie zu begründen versucht habe. zum Tragen kommt: Weil man eine Pipeline dann Ich weiß allerdings auch, dass es zwischen den nicht mehr dementsprechend ins Thüringische Ländern Thüringen und Hessen als direkt Betrof- legen würde, wie bisher geplant, sondern sofort in fenen Gespräche gibt. Immerhin geht es dort um die Weser einleiten würde, würde es zu einer Ver- die Sicherung einer nicht unwesentlichen Zahl von schlechterung der Wasserqualität der Weser kom- Arbeitsplätzen. Auch dieser Verantwortung stellen men. wir uns. Wir verfahren also nicht nach dem Sankt- Ich kann einfach nicht nachvollziehen, weshalb Florians-Prinzip, sondern sehen durchaus eine gerade Sie mit den großen Ansprüchen, mit denen Gesamtverantwortung für die Beschäftigung in der

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Bundesrepublik Deutschland und auch für die Ver- (Beifall bei der FDP und bei der CDU) sorgung mit Rohstoffen. Trotzdem müssen wir unsere niedersächsischen Interessen gewahrt Präsident Hermann Dinkla: sehen. In diesem Zusammenhang sind nicht nur Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin die EU-Wasserrahmenrichtlinie und die Meeres- Twesten von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. strategierahmenrichtlinie zu erwähnen. Wenn Sie sich § 9 ansehen, werden Sie sehen, dass daraus Elke Twesten (GRÜNE): ein Grund hergeleitet werden kann, das erwähnte Projekt aus niedersächsischer Sicht zu verwerfen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wir sind doch alle gemeinsam davon überzeugt, Minister Sander, Sie haben die Voraussetzungen dass wir gerade für unsere Meere und damit auch für die Maßnahme einer Nordseepipeline bereits für unsere Nordsee, die zu den am meisten be- angesprochen. Welche eigenen Initiativen rechtli- lasteten Gewässern auf der Erde gehört, etwas tun cher, raumordnerischer, ökologischer und ökono- müssen. Wir verfahren eben nicht nach dem Motto: mischer Art hat das Land zur Prüfung dieser Nord- Das interessiert uns gar nicht. Wir prüfen andere seepipeline bereits ergriffen bzw. welchen eigenen Lösungen gar nicht erst. Wir planen jetzt eine Pipe- Beitrag wollen Sie am runden Tisch eigentlich leis- line. Dann sind Niedersachsen und der National- ten? park Wattenmeer die Hauptbetroffenen. Eine sol- (Beifall bei den GRÜNEN) che Argumentation ist eben nicht richtig. (Beifall bei der FDP und bei der CDU) Präsident Hermann Dinkla: Herr Minister Sander! Präsident Hermann Dinkla:

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Staud- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und te von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Klimaschutz:

Miriam Staudte (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Twesten, zunächst ist Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehr- zu sagen, dass wir am runden Tisch sehr konstruk- ter Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Um- tive Beiträge leisten. Das heißt, dass wir uns nicht weltpädagogik auch für Erwachsene Wirkungen einseitig auf den Bau der Pipeline festlegen. Viel- zeigen kann, frage ich Sie, wie Sie sich verhalten mehr weisen wir auch in Gesprächen mit der Kali + würden, wenn Sie vor der Entscheidung stehen Salz GmbH immer wieder darauf hin, dass sie die würden, einen Becher Salzwasser in ein Süßwas- unternehmerische Verpflichtung hat, einen um- seraquarium oder in ein Salzwasseraquarium, das weltgerechten Umgang mit diesen Stoffen zu pfle- 2 m weiter entfernt ist, zu kippen. Würden Sie dann gen und nicht nach dem Motto zu verfahren: Ein auch erst einmal eine Machbarkeitsstudie in Auf- Teil dieser Stoffe sind Abwässer, und diese gehen trag geben und sagen: Den Weg zum Salzwasser- einfach in die Pipeline, werden in die Werra oder in aquarium können wir nicht isoliert betrachten? die Nordsee eingeleitet. Wir sehen mit einer ge- (Beifall bei den GRÜNEN) wissen Genugtuung - unseres Erachtens sind die Anstrengungen aber noch nicht ausreichend -, Präsident Hermann Dinkla: dass die Kali + Salz auch mit technischen Möglich- Herr Minister Sander! keiten versucht, die Salzmenge bzw. die Abwas- sermenge zu reduzieren. Einer Pressemitteilung Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und und auch einem Vortrag der verantwortlichen Her- Klimaschutz: ren haben wir entnehmen können, dass man bis Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin Staud- zum Jahre 2015 eine Summe von 360 Millionen te, erstens könnte ich es mir ganz einfach machen Euro bereitstellen will, um zu einer Reduzierung zu und sagen: Ich würde es gar nicht tun. kommen. Da fängt es immer an. Was Sie hier ma- chen, indem Sie die Pipeline als alleinige Lösung Zweitens möchte ich sagen, dass ich genau wie darstellen, ist für Kali und Salz fast ein Freifahrts- beim Problem der Versalzung der Weser eine Ab- brief. wägung vornehmen und andere Lösungen eben- falls entsprechend prüfen würde. Sie wollen aber (Stefan Wenzel [GRÜNE]: So ein eben nicht prüfen; sie wollen nur beseitigen. Blödsinn!)

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Dann können die sich sagen: Das Zeug wird schon Präsident Hermann Dinkla: irgendwie wegkommen. Was sollen wir noch groß Herr Kollege Meyer von der Fraktion Bündnis machen? Ab durch die Pipeline, und schon ist es in der Nordsee. 90/Die Grünen stellt die weitere Zusatzfrage. (Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Meyer (GRÜNE): Ursula Helmhold [GRÜNE]: Jetzt ist es in der Weser!) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund Präsident Hermann Dinkla: dessen, dass - wie in der Anfrage ausgeführt wird - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Limburg laut Bremer Bürgerschaft selbst dann, wenn der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Betrieb sofort eingestellt würde, die Entsorgung der Haldenabwässer noch mehr als 500 Jahre Helge Limburg (GRÜNE): dauern würde und dass es daher besser wäre, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr diese in der Nordsee zu entsorgen, als dass sie Minister Sander, vor dem Hintergrund Ihrer Aus- weiterhin in der Werra und Weser versickern und führungen frage ich Sie, welche konkreten Maß- sozusagen auf diesem Wege entsorgt würden: nahmen und Initiativen Sie unabhängig von Ihrer Was tun Sie zum Schutz der Weser und Werra? Teilnahme am runden Tisch zum Schutz der We- ser vor der Salzeinleitung bislang ergriffen haben Präsident Hermann Dinkla: und noch ergreifen werden. Herr Minister Sander! (Beifall bei den GRÜNEN) Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Präsident Hermann Dinkla: Klimaschutz: Herr Minister Sander! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Herren! Jetzt wird es noch besser. Es geht einmal Klimaschutz: um das Problem der Abwässer aus der Produktion, die uns im Augenblick belasten. Jetzt reichen Ih- Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und nen Maßnahmen hierzu nicht aus, sondern Sie Herren! Wir arbeiten am runden Tisch mit. Wir wollen gleichzeitig auch noch die Haldenwässer verfolgen die Wasserrahmenrichtlinie und leisten ableiten. Damit zeigen Sie eigentlich Ihre wahre dazu unsere eigenen Beiträge in der Flussgebiets- Absicht. Natürlich sind diese Probleme seit über gemeinschaft Weser. Da sind auch alle Weseran- 100 Jahren vorhanden, und die Haldenwässer rainer beteiligt. Diese Richtlinie ist für uns bindend. werden auch weiter aus den Halden anfallen. Wir können auch feststellen, dass nicht nur durch Hiergegen etwas zu tun, ist aber selbst am runden umweltpolitische Anstrengungen auch der Vorgän- Tisch nicht konkret angedacht. Sie haben das gerregierungen, sondern insbesondere durch die wahrscheinlich schon im Hinterkopf, damit wir auch Umstellung der Produktion in Thüringen die Salz- das noch dementsprechend durchführen. Dann belastung in der Weser zurückgegangen ist und mal prost Mahlzeit! Sie wollen noch stärker unsere die Qualität des Weserwassers besser geworden Weser und die Nordsee belasten. ist. Zur weiteren Verbesserung der Wasserqualität sind natürlich mehrere Dinge notwendig. Dazu (Beifall bei der FDP und bei der CDU - brauchen wir z. B. weitere Kläranlagen. Allein das Helge Limburg [GRÜNE]: Was? Un- Problem der nicht vorhandenen Kläranlagen in verschämtheit! - Weitere Zurufe von Thüringen belastet uns natürlich. Deswegen sind den GRÜNEN - Unruhe - Glocke des Maßnahmen, die wir gemeinsam mit den anderen Präsidenten) Anliegerländern durchführen, sehr zielführend. Das sind Leistungen, auf die ich stolz bin und die zei- gen, dass unsere Wasserwirtschaft ihre Aufgaben Präsident Hermann Dinkla: gut erledigt. Sie haben ja die Möglichkeit, noch weitere Fragen (Beifall bei der FDP und bei der CDU - zu stellen, soweit es das Kontingent für den ein- Helge Limburg [GRÜNE]: Welche zelnen Abgeordneten zulässt. - Die nächste Zu- konkret?) satzfrage stellt die Kollegin Wegner.

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Christel Wegner (fraktionslos): tegie, Frau Kollegin Körtner, schon kurz angespro- Herr Minister Sander, welche Reaktionen erwarten chen. Wir müssen dies genauestens abwägen. Sie z. B. von den Anrainerstaaten bzw. auch von Aber unsere Experten, unsere Wasserrechtler internationalen Gremien, wenn die giftige Lauge in kommen schon jetzt zu dem Ergebnis, dass die internationale Gewässer eingeleitet wird, die oh- schnelle Entsorgung, die im Augenblick vorge- nehin schon zu hoch belastet sind? nommen wird, mit der Meeresschutzstrategie nicht ohne Weiteres vereinbar ist. Präsident Hermann Dinkla: Präsident Hermann Dinkla: Herr Minister Sander, bitte! Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Wenzel Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Klimaschutz: Stefan Wenzel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Wegner, ich glaube, meinen Herr Präsident! Herr Minister, vor dem Hintergrund Ausführungen war nicht zu entnehmen, dass es der Tatsache, dass es natürlich richtig und not- sich um giftige Abwässer handelt. Wenn das so wendig ist, so viel wie möglich direkt an der Quelle wäre, dann müssten wir sofort einschreiten und zu vermeiden, vor dem Hintergrund der Tatsache, Maßnahmen ergreifen. Aber wir erwarten natürlich dass einige der Methoden, die Kali und Salz in der von den Anrainerländern, dass sie uns in unseren Vergangenheit angewendet hat, ebenfalls gründ- Überlegungen unterstützen, die Ursachen an der lich schiefgegangen sind, weil nämlich die in den Quelle zu bekämpfen. Erst wenn dort alle Möglich- Untergrund verdrückten Wässer an anderer Stelle keiten ausgeschöpft sind, kann man auch über wieder ausgetreten sind, und vor dem Hintergrund andere Strategien nachdenken. der Tatsache, dass die Halden, die dort in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, 500 bis 700 (Beifall bei der FDP und bei der CDU - Jahre lang zu Einträgen in Werra und Weser füh- Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!) ren, frage ich Sie, ob Sie es über die Maßnahmen an der Quelle hinaus nicht für notwendig halten, Präsident Hermann Dinkla: eine Lösung wie eine Pipeline ins Auge zu fassen, Frau Kollegin Körtner von der CDU-Fraktion stellt die sicherstellt, dass 500 bis 700 Jahre in die Zu- die weitere Zusatzfrage. kunft gedacht wird und dem Verursacherprinzip tatsächlich Rechnung getragen wird. Ursula Körtner (CDU): (Beifall bei den GRÜNEN - Ursula Ich frage die Landesregierung vor dem Hinter- Körtner [CDU]: Das ist nicht mit der grund der großen Anhörung in Kassel im Jahre Meeresstrategierichtlinie vereinbar! 2007, an der ich teilgenommen habe und an der im Nehmen Sie das doch einmal zur Übrigen von dieser Seite des Hauses niemand Kenntnis!) teilgenommen hat - das möchte ich nur nebenbei noch einmal bemerken - und in der sehr große und Präsident Hermann Dinkla: differenzierte Bedenken gegen eine Nordseepipe- Herr Minister Sander, bitte! line vorgetragen wurden: Herr Minister, wie ist denn neben den von Ihnen bereits vorgetragenen Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Problemen, wie Durchleitungsrechte, Überleitungs- Klimaschutz: probleme, die Nordseepipeline im Zusammenhang Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und mit der neuen Meeresstrategierichtlinie zu sehen? Herren! Herr Kollege Wenzel, auch Sie unterstellen Wie vereinbar ist das denn überhaupt? jetzt wieder, dass eine Pipeline nicht nur für die Abwässer aus der Produktion gebaut wird, sondern Präsident Hermann Dinkla: dass gleichzeitig auch die Haldenwässer, die durch Herr Minister Sander! normale Niederschläge entstehen, abgeleitet wer- den. Wir haben allerdings den Eindruck, dass Kali Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und und Salz noch nicht alle Möglichkeiten auch im Klimaschutz: bergrechtlichen Sinne geprüft hat, um zu einer Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Reduzierung zu kommen. Das heißt, das muss Herren! Ich hatte die Frage der Meeresschutzstra- erst geschehen. Wir als Niedersachsen haben am

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runden Tisch nicht grundsätzlich gegen die Pipeli- (Beifall bei der FDP und bei der CDU) ne gestimmt, sondern wir machen es anders. Sie zeigen Kali und Salz einen Weg auf, wie das ein- Präsident Hermann Dinkla: facher geht, und damit brauchen sie sich im Prinzip Herr Kollege Miesner von der CDU-Fraktion stellt nicht mehr darum zu kümmern. Es muss nur noch die nächste Zusatzfrage. das Geld bereitgestellt werden. Bei den Gewinnen, die Kali und Salz gemacht hat, kann ich mir schon Axel Miesner (CDU): vorstellen, dass das finanziell unter Umständen zu realisieren wäre. Wir aber gehen den anderen Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Weg, indem wir sagen: Erst muss reduziert wer- Herren! Wir haben viel über den runden Tisch ge- den - das ist nachhaltige Politik -, und Entsorgung hört, also wer an ihm beteiligt ist und wer sich wie kommt als Letztes infrage. einbringt. Meine konkrete Frage ist: Wann liegen erste Ergebnisse diese runden Tisches vor? (Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Wie in Gor- (Enno Hagenah [GRÜNE]: Diese Fra- leben!) ge hätten auch wir stellen können! Mal sehen, ob jetzt eine Antwort Präsident Hermann Dinkla: kommt!) Frau Kollegin Bertholdes-Sandrock von der CDU- Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage. Präsident Hermann Dinkla: Herr Minister Sander! Karin Bertholdes-Sandrock (CDU): Herr Präsident! Nachdem wir gehört haben, wie Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und kritisch doch der Gedanke an eine Pipeline zu Klimaschutz: sehen ist, frage ich die Landesregierung: Welche Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und alternativen Maßnahmen, die wirksam sind, gibt es Herren! Herr Kollege Miesner, der runde Tisch ist denn? für einen Zeitraum von rund anderthalb Jahren eingerichtet worden. Er ist also kein Diskutierklub, Präsident Hermann Dinkla: der den ganzen Prozess begleitet. Dadurch ist ihm Herr Minister Sander! auferlegt, zu Ergebnissen zu kommen. Die Halb- zeit ist in etwa erreicht. Das heißt, dass die ersten Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Ergebnisse in den nächsten zwei Monaten der Klimaschutz: Öffentlichkeit dargestellt werden können. Ich hoffe, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und dass dabei auch die niedersächsischen Interessen Herren! Frau Kollegin Bertholdes-Sandrock, ich klar und deutlich berücksichtigt werden. hatte bereits auf die Presseerklärung vom Oktober (Beifall bei der FDP und bei der CDU) 2007 verwiesen, in der die Kali und Salz AG aufge- listet hat, welche Dinge sie prüfen will. Ich kann Präsident Hermann Dinkla: nicht die genaue Zahl sagen; ich glaube, es sind an die 16 Vorschläge, die dort gemacht werden. In Frau Kollegin Korter stellt ihre zweite Zusatzfrage. der neuesten Erklärung hat sie sich bereit erklärt, zur Reduzierung der im Produktionsprozess anfal- Ina Korter (GRÜNE): lenden Abfälle Geld in einer Größenordnung von Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die 360 Millionen Euro zu investieren. Natürlich will Versalzung der Weser kann von oben, von der Kali und Salz die Produktion aus eigenem Interes- Quelle, erfolgen, z. B. durch Einträge von Kali und se heraus wirtschaftlicher machen. Zum Beispiel Salz, aber auch von unten, von der Mündung, von plant Kali und Salz gemeinsam mit E.ON in Thü- der Nordsee, durch Ebbe und Flut. Nachdem sich ringen ein Abfallheizkraftwerk, dessen Abwärme Minister Sander gerade lautstark und sehr massiv man unter Umständen zur Verdickung des Salzes für den Ansatz beim Verursacher eingesetzt hat, oder zur Herstellung neuer Produkte aus den Ab- obwohl er nach meiner Kenntnis außer Presseer- wässern nutzen will. Das ist ökologisch absolut klärungen dazu noch nichts gemacht hat, frage ich: vernünftig und wird von uns in jeder Hinsicht unter- Herr Minister Sander, haben Sie sich eigentlich stützt. auch bei der anstehenden und geplanten Vertie- fung der Unterweser und der Außenweser im

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Rahmen der Prüfung so massiv für den Verursa- man nicht anders handeln, als man es in der Op- cheransatz eingesetzt? position gemacht hat. Sie aber tun genau das.

(Christian Dürr [FDP]: Was hat das (Beifall bei der FDP und bei der CDU) jetzt damit zu tun?) Dann will ich Ihnen noch eines sagen: Sie haben ja Haben Sie die Unterlagen des Antragstellers mit recht damit, dass noch zusätzliche Gutachten an- Ihrer Behörde dort auch so genau geprüft? Man gefertigt worden sind. Aber wir haben mit den Be- muss wissen, dass die Weservertiefung zu einer troffenen an der Weser diskutiert, wie wir es in massiven Versalzung des Grabenwassersystems allen anderen Gebieten ebenfalls machen. Mit den in der Wesermarsch führt, mit der Folge, dass das Betroffenen, die eventuell darunter leiden könnten, Vieh dort nicht mehr saufen kann. sprechen wir. Wir machen nichts von oben über (Widerspruch bei der CDU) andere Menschen hinweg. Das ist Umweltschutz mit den Menschen! Haben Sie sich an dieser Stelle intensiv einge- setzt? Nach meiner Kenntnis hat Ihr Haus das (Beifall bei der FDP und bei der CDU) Einvernehmen erteilt oder sich in seiner Stellung- nahme sofort den Unterlagen des Antragstellers Präsident Hermann Dinkla: angeschlossen. Ich habe das nämlich bei Ihnen schriftlich abgefragt. Herr Kollege Schminke von der SPD-Fraktion stellt eine weitere Zusatzfrage. Präsident Hermann Dinkla: Frau Kollegin, jetzt muss ich aber eingreifen. Sie Ronald Schminke (SPD): müssen jetzt präzise zu der Frage kommen. In Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Wirklichkeit sind es nämlich schon zwei. Herren! Herr Sander, trifft es zu, dass in Kürze ein Vertrag zwischen den Bundesländern Hessen und Ina Korter (GRÜNE): Thüringen sowie der K + S AG geschlossen wird, Ich habe gerade die Frage gestellt, ob er sich auch und warum wird dieser Vertrag nicht vorher am dort eingesetzt und geprüft hat, obwohl sofort die runden Tisch diskutiert? Trifft es ebenfalls zu, dass Aussage gekommen ist, dass er sich den Unterla- der Bewirtschaftungsplan für das Flussgebiet We- gen des Antragsstellers anschließt, während die ser auf der Grundlage der Wasserrahmenrichtlinie Verbände erreicht haben, dass die völlig oberfläch- die Frage der Versalzung der Flüsse durch Ab- lichen Unterlagen mit neuen Gutachten erheblich wässer nicht beinhaltet? nachgebessert werden mussten. Präsident Hermann Dinkla: (Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Es waren doch die Herr Kollege, ich halte Sie für damit einverstanden, Bremer Grünen, die die Weservertie- dass das zwei Fragen waren. - Herr Minister San- fung wollten!) der, bitte!

Präsident Hermann Dinkla: Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Herr Minister Sander! Klimaschutz: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Herren! Herr Kollege Schminke, das ist eine sehr Klimaschutz: interessante Frage, und zwar auch deshalb, weil Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Sie am runden Tisch teilnehmen, aber beim letzten Herren! Frau Kollegin, dass Sie zum jetzigen Zeit- Mal nicht da gewesen sind. punkt auch noch die Weservertiefung ins Spiel bringen, obwohl Ihre Beteiligung in Bremen klar (Zurufe von der CDU: Na, so was! - und deutlich ist, Das ist ja unglaublich!) (Beifall bei der FDP und bei der CDU) - Nicht mit Absicht! Herr Kollege Schminke nimmt seine Aufgaben sehr ernst und wirklich gut wahr. verstehe ich nun wirklich nicht. Ich gebe zu: Regie- Wenn alle in der SPD das so machen würden, ren ist schön, und Opposition ist schlecht. Aber wäre das gut. wenn man an die Regierung kommt, dann darf

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(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Sie pflegen, entspricht nicht dem Politikstil der Gerd Ludwig Will [SPD]: Daran sollten Niedersächsischen Landesregierung. Sie sich ein Beispiel nehmen!) (Beifall bei der FDP und bei der CDU - Herr Kollege Schminke, es ist richtig: Auch ich Helge Limburg [GRÜNE]: Das sagt höre, dass es dort Überlegungen in dieser Rich- der Richtige!) tung geben soll. Daraufhin habe ich ein Gespräch Wir blockieren nicht. Wir wägen ab. Wir sprechen mit dem Staatssekretär im thüringischen Umwelt- mit anderen Regierungen. Gut gemeinte Ratschlä- und Landwirtschaftsministerium geführt, um he- ge nehmen wir an. Ich hoffe, dass diese Frage- rauszufinden, wie weit dies ist. Ich muss Ihnen stunde auch bei Ihnen zu der Erkenntnis geführt sagen: Wir kennen den Vertrag nicht. Wir haben haben könnte aber darauf hingewiesen, dass, wenn das eintreten sollte, der runde Tisch sofort überflüssig wäre. (Zuruf von Christian Meyer [GRÜNE]) Dann bräuchten wir über nichts mehr zu reden. Es - wenn Sie zuhörten; ich weiß, dass Ihnen, Herr wäre ganz schlimm: Erst setzt man einen runden Kollege Meyer, das schwerfällt -, wir blockieren Tisch ein, und dann schließen Landesregierungen nichts, sondern wir wollen ebenfalls alle anderen irgendwelche Verträge. - Ich erwarte aber auf je- Möglichkeiten prüfen. den Fall von beiden bzw. zumindest von der Hes- sischen Landesregierung - da wird es ja ab Sonn- (Beifall bei der FDP und bei der CDU) tag etwas besser -, Präsident Hermann Dinkla: (Kreszentia Flauger [LINKE]: Stimmt! Wenn Koch weg ist! - Wolfgang Jütt- Jetzt stellt Herr Kollege Oesterhelweg von der ner [SPD]: Genau! Koch muss weg!) CDU-Fraktion eine Zusatzfrage. dass wir als Niedersachsen dort mit eingebunden Frank Oesterhelweg (CDU): werden. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr (Zustimmung bei der FDP) Minister, der runde Tisch ist eben vielfach zitiert worden. Können Sie vielleicht seine Rolle genau Präsident Hermann Dinkla: beschreiben, d. h. Zusammensetzung und Aufga- Seine zweite Zusatzfrage stellt der Kollege Meyer ben, und gegebenenfalls auch Kompetenzen des von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. runden Tischs aufzeigen?

Christian Meyer (GRÜNE): Präsident Hermann Dinkla: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich Herr Minister Sander, bitte! möchte eine klare Antwort von der Landesregie- rung, ob es bei den Äußerungen des Umweltminis- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und ters bleibt, dass Niedersachsen die ernsthafte, Klimaschutz: zügige Prüfung einer Nordseepipeline ablehnt und Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und blockiert, im Gegensatz zu Bremen, Thüringen, Herren! Lieber Herr Kollege Oesterhelweg, der Hessen und NRW und zu Politikern aller Parteien - runde Tisch ist eingeführt worden, als die Proble- auch von CDU, FDP und SPD -, die das fordern. matik der Verpressung deutlich wurde, d. h. als die Ist Niedersachsen weiterhin das einzige Land, das Möglichkeit der unterirdischen Verpressung sich weigert, diese Nordseepipeline ernsthaft zu schneller endete, als man beim letzten Planfest- prüfen? stellungsbeschluss geglaubt hatte. Schon beim letzten Planfeststellungsbeschluss war eine Pipeli- (Beifall bei den GRÜNEN) ne für die Abwässer aus der Produktion ange- dacht, die aber von Hattorf nach Philippstal führen Präsident Hermann Dinkla: sollte. Die Lage ist dramatisch - die Lage in Hes- Herr Minister Sander! sen ist wirklich nicht ganz einfach; sie ist dramati- scher als in Thüringen -, weil die Verpressung der Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Salzlaugen zu einer Belastung des Grundwassers Klimaschutz: geführt hat und sie deshalb in den vergangenen Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Monaten sofort gestoppt werden musste. Deshalb Herren! Herr Kollege, der Sprachgebrauch, den mussten seit April des letzten Jahres diese unseli-

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gen Transporte durchgeführt werden. Daher hat bestehenden Abwassergenehmigungen - auch das sich der runde Tisch bei den aktuellen Themen als könnten wir machen; das wäre kein Problem -, Erstes damit beschäftigt, also damit, wie es sich sondern Sie wollen Informationen, beschränkt auf dabei mit der Wasserrahmenrichtlinie und der letz- Salz und das Unternehmen K+S. Wir werden Sie ten Genehmigung verhält. Es ist also eine Beteili- Ihnen übermitteln. gung der Kommunen, der Umweltverbände und (Stefan Wenzel [GRÜNE]: Kali, Salz, der einzelnen Anliegerländer, die diese Fragen mit Rückstände, aber alle Unternehmen, behandeln. nicht nur K+S!) Die Verantwortung hat letztlich nicht der runde - Alle Unternehmen. Das werden wir veranlassen, Tisch, sondern alles das, was versucht wird, dort und wir werden Sie informieren. möglichst im Konsens anzusprechen, soll dazu dienen, der Bevölkerung, den Fischereiverbänden, Präsident Hermann Dinkla: den Kommunen und den einzelnen Verbänden Sachverhalte zu erklären. Der Dialog, den man Der Kollege Briese von der Fraktion Bünd- dort in Gang gesetzt hat, ist richtig. Daher hoffe ich nis 90/Die Grünen stellt eine Zusatzfrage. und wünsche mir, dass dieser Dialog nicht durch einen Staatsvertrag unter Umständen zunichte Ralf Briese (GRÜNE): gemacht wird. Daher muss dieser runde Tisch bis Vielen Dank, Herr Präsident! - Vor dem Hinter- zum Schluss Aufgaben haben oder neue Aufgaben grund der Tatsache, dass der Minister hier massi- bekommen und muss diese sachdienlich abarbei- ve Bedenken dagegen hat, dass es zu weiteren ten. starken Salzeinleitungen in die Nordsee kommt, (Beifall bei der FDP und bei der CDU) was mit der Meeresschutzstrategie oder dem Ver- schlechterungsverbot begründet wurde, frage ich Präsident Hermann Dinkla: Sie, Herr Minister: Wie rechtfertigen Sie denn die momentan geplante Einleitung von erheblichen Seine zweite Zusatzfrage stellt der Kollege Wenzel Salzmengen in die Nordsee, die im Zuge der er- von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. heblichen Aussohlungen der vorgesehenen Ka- vernen bei Jemgum anfallen? Das ist meine erste Stefan Wenzel (GRÜNE): Frage. Herr Präsident! Herr Minister Sander, vor dem Meine zweite Frage lautet: Wie argumentiert ei- Hintergrund der Tatsache, dass es nicht nur in gentlich die gesamte umweltpolitische Fachszene - Hessen, sondern auch in Niedersachsen Salzein- sprich: Umweltverbände, BUND, Greenpeace, leitungen in Flüsse gibt, frage ich Sie: Können Sie Nabu etc. - in der Frage der Pipeline von Kali und mir eine vollständige Liste der genehmigten Salz- Salz in die Nordsee? einleitungen in niedersächsische Flüsse und Ge- wässer vorlegen, soweit es K+S betrifft, aber even- (Beifall bei den GRÜNEN) tuell auch andere Unternehmen, die über entspre- chende Einleitungsgenehmigungen verfügen? An- Präsident Hermann Dinkla: merkung: Ich gehe davon aus, dass diese Daten Herr Minister Sander! jetzt nicht vollständig vorliegen, und wäre daher auch mit einer schriftlichen Beantwortung einver- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und standen. Klimaschutz:

Präsident Hermann Dinkla: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Briese, auch das Kavernen- Herr Minister Sander! projekt habe ich in der Beantwortung der Frage angesprochen und habe aufgrund Ihrer Frage da- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und zu eine sachdienliche Antwort gegeben. Sie wis- Klimaschutz: sen, dass sogar am runden Tisch an dieser Frage Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und gearbeitet wird. Der BUND hat die Fragestellung Herren! Herr Kollege Wenzel, wir werden das ger- Salzeinleitung/Kavernen/Ditzum/Rysumer Nacken ne tun, und zwar für alle Unternehmen. Ich habe vor diesem Hintergrund angesprochen. Auch wir aber noch eine Verständnisfrage. Sie möchten sehen diese Problematik. Ich darf Ihnen aber Fol- also nicht alle in niedersächsischen Kommunen gendes schon jetzt sagen - denn ein Ergebnis gibt

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es bereits -: Wir haben es abgelehnt, dass in Dit- (Jens Nacke [CDU]: Sie wollen eine zum dauerhaft in die Ems eingeleitet wird. quantitative Antwort? Wie lang soll die denn sein?) (Ralf Briese [GRÜNE]: Also in die Nordsee!) Präsident Hermann Dinkla: - Ja. Das heißt, das ist jetzt angedacht. Es wird Herr Minister Sander! geprüft, ob das machbar ist und ob die Salze mit- einander vergleichbar sind. Die Mengen sind un- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und terschiedlich im Vergleich zu dem, was bei der Klimaschutz: Einleitung in die Werra der Fall wäre. Ich teile Ihre Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Befürchtung, dass das Unternehmen die Salzpipe- Herren! Herr Kollege Briese, ich habe mich wohl line nicht hinbekommt und als Zwischenlösung missverständlich ausgedrückt. direkt in die Weser einleitet mit dem Argument, (Unruhe) dass sich die Salze vermischen und es viel besser sei, sie unmittelbar in die Weser einzuleiten, weil - Er hört nicht zu. dort die Wassermenge größer sei. Im Ergebnis wäre dann die Werra sauber und wäre die Weser Präsident Hermann Dinkla: stärker belastet. Das ist ein Sankt-Florians-Prinzip. Herr Kollege Briese! Ich gehe davon aus, dass Sie als rechtspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion dies nicht gut finden. Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Klimaschutz: (Helge Limburg [GRÜNE]: Ich bin hier Herr Kollege Briese, ich möchte Ihnen die Antwort der rechtspolitische Sprecher! - Hei- auf Ihre Frage geben. Ich habe mich vielleicht terkeit) missverständlich ausgedrückt. Ich habe soeben vom BUND gesprochen und davon, dass auch die Präsident Hermann Dinkla: Frage in Bezug auf die Salzeinleitung am runden Bevor es zu einer weiteren Diskussion darüber Tisch erörtert wird. Wenn Sie danach fragen, wie kommt, welcher Abgeordnete hier welche Funktio- sich die anderen Verbände verhalten, dann kann nen erfüllt, erteile ich dem Kollegen Herzog für ich Ihnen antworten, dass sich die anderen Ver- seine zweite Zusatzfrage das Wort. bände genauso wie wir uns in Niedersachsen ver- halten: Konstruktiv werden alle Fragen abgearbei- (Ralf Briese [GRÜNE]: Ich habe zwei tet. Zum Beispiel hat man sich auch einvernehm- Fragen gestellt! Es fehlt die Antwort lich auf diese Expertise geeinigt. Aber mit der Ex- auf meine zweite Frage! - Gegenruf pertise ist die Pipeline noch längst nicht gebaut. von Astrid Vockert [CDU]: Die zweite Erst danach werden die Fragen zu beantworten Antwort können Sie doch der Presse sein. entnehmen! - Unruhe - Glocke des Herr Kollege Herzog, Sie sind ja in naturwissen- Präsidenten) schaftlichen Dingen sehr gut bewandert. - Jetzt hat erst einmal der Kollege Herzog das (Beifall bei der LINKEN - Kreszentia Wort. Ansonsten kann Herr Minister Sander prü- Flauger [LINKE]: Stimmt!) fen, ob er die Möglichkeit sieht, die andere Frage noch zu beantworten. Vielleicht kann er das gleich Ich habe den Eindruck, dass Sie da sehr fleißig im Zusammenhang mit der Beantwortung dieser sind. Allerdings müssten Sie dann wissen, dass die Frage tun - wenn er es möchte. Mengen im Prinzip gar keine Rolle spielen. Ent- scheidend ist bei Abwässern immer der Inhalt: Kurt Herzog (LINKE): Was ist in diesen Abwässern enthalten? Herr Minister, welche Menge Salz halten Sie mit (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und was niedersächsischen Interessen und mit der Wasser- ist mit den Grenzwerten?) rahmenrichtlinie für vereinbar? Ich bitte um eine - Wollten Sie etwas fragen, Frau Kollegin? quantitative Antwort sowohl in Bezug auf die Ta- (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ich frage gesmenge als auch in Bezug auf die Menge pro nach dem Prinzip von Grenzwerten!) Liter Flusswasser.

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- Ein Grenzwert ist doch etwas anderes als die hat sich ja, soweit ich weiß, an der Klage mit betei- Frage, welche Menge an Salz eingeleitet werden ligt. Wir haben dort unsere Meinung dargelegt, kann. Auf diese Frage kann ich nur klar und deut- welche Chancen und Möglichkeiten bestehen, um lich sagen: Es kommt auf den Inhalt an. Dann kann zum Erfolg zu kommen. man es beurteilen. Präsident Hermann Dinkla: (Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: So ist es!) Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Bran- des von der CDU-Fraktion. Präsident Hermann Dinkla: Hennig Brandes (CDU): Frau Kollegin Helmhold stellt die zweite Zusatzfra- ge. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was den Zustand unserer Fließgewässer angeht, ist ja Ursula Helmhold (GRÜNE): die Wasserrahmenrichtlinie einschlägig. Darin gibt es ein Verschlechterungsverbot, und danach sol- Nachdem der Minister vorhin nicht auf meine Fra- len Maßnahmen ergriffen werden, um den Zustand ge geantwortet hat, welche rechtlichen Schritte er der Gewässer möglichst zu verbessern. Wie beur- bezüglich der täglich 200 Lkw-Ladungen Salz ein- teilen Sie eine wie auch immer geartete Einleitung geleitet hat, möchte ich ihn jetzt fragen, ob er in- von Salzlauge vor dem Hintergrund der Wasser- zwischen die Klage der Kommunen in irgendeiner rahmenrichtlinie? Weise unterstützt. Im April hat er angekündigt, dass er das tun will, ohne der Klage beizutreten. Präsident Hermann Dinkla: Was haben Sie, Herr Minister, in diesem Zusam- Herr Minister Sander! menhang in der Zwischenzeit im Sinne der Kom- munen eigentlich getan? Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und (Beifall bei den GRÜNEN) Klimaschutz: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Präsident Hermann Dinkla: Herren! Herr Kollege, Sie haben eben darauf hin- Herr Minister Sander! gewiesen, dass wir den Fließgewässern in Bezug auf die Erfüllung der Wasserrahmenrichtlinie unser Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Hauptaugenmerk widmen müssen. Genau das ist Klimaschutz: der Punkt, Kollege Brandes. Wir befürchten näm- Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und lich, dass wir, wenn wir nach dem Prinzip ableiten, Herren! Frau Kollegin, als die Frage betreffs der aber alles andere, was zur Vermeidung notwendig Klage aufkam, welche Chancen eine Klage hat - ist, nicht unternehmen, von der EU unter Umstän- übrigens war das die Anfrage vom Mai 2007 vom den ein Vertragsverletzungsverfahren gerade in Kollegen Wenzel -, einem so schwerwiegenden Punkt bekommen; denn die EU guckt ganz genau hin, was hier in (Astrid Vockert [CDU]: Richtig!) Deutschland mit der Weser und der Werra pas- haben wir mit den Kommunen die Frage abgeklärt: siert. Und das wollen wir eben nicht. Wir wollen Was bringt es, sich als Land rechtlich daran zu auch die EU-Gesetze erfüllen, auch wenn das beteiligen? - Ich kann mich erinnern, dass ich da- manchmal sehr schwierig ist. Da muss man den mals gesagt habe: Die Landesregierung hält nichts Rechtsrahmen mit ausnützen. Wir sind europatreu. davon, dass die einzelnen Bundesländer gegen- (Beifall bei der FDP und bei der CDU - einander den Rechtsweg beschreiten. Wir müssen Ralf Briese [GRÜNE]: Ja, ja! FFH!) das auf dem Verhandlungsweg hinbekommen; denn wenn Sie den Rechtsweg beschreiten, dann Präsident Hermann Dinkla: werden Sie zwar Jahrzehnte dazu verwenden, um Die Kollegin Körtner stellt eine weitere Zusatzfra- Rechtsanwälte zu beschäftigen, Herr Kollege Brie- ge. se. Aber Sie werden es nicht erreichen, zielführend zu einem Ergebnis zu kommen. Ursula Körtner (CDU): Wir haben mit allen Kommunen und auch den Herr Minister, ich wende mich fast ein bisschen Landkreisen, die klagen wollten, gesprochen, und Hilfe suchend an Sie, zwar in Form eines runden Tisches. Herr Wenzel

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(Oh! bei der SPD und bei den GRÜ- Helge Limburg (GRÜNE): NEN) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Herr Minister weil ich Folgendes verstehen möchte: Wie ist es zu Sander die Fragen in dieser Fragestunde zum Teil verstehen, dass Kollegen aus der Opposition noch im Stil einer Büttenrede beantwortet hat und den immer und schon wieder die Nordseepipeline als Fragen konsequent ausgewichen ist, Alternative ansprechen und favorisieren, aber an- scheinend ignorieren, dass ganz klar, deutlich und (Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE] unmissverständlich ist, dass diese Nordseepipeline - Christian Dürr [FDP]: Quatsch! - nach den neuesten Erkenntnissen mit der neuen Heinz Rolfes [CDU]: Unverschämt- Meeresstrategierichtlinie nicht kompatibel und nicht heit!) vereinbar ist? Ist das selektive Wahrnehmung, oder ist das Ideologie? und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass er diese Fragestunde immer wieder für politische (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Polemik und persönliche Angriffe gegen einzelne Mitglieder meiner Fraktion missbraucht hat, Präsident Hermann Dinkla: (Heinz Rolfes [CDU]: Es reicht! - Wei- Herr Minister Sander, bitte! tere Zurufe - Unruhe) und vor dem Hintergrund, dass der Minister - - - (Johanne Modder [SPD]: Jetzt müs- sen Sie genau überlegen, was Sie sagen!) Präsident Hermann Dinkla: Herr Kollege, ich darf Sie unterbrechen. Vor dem Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und Hintergrund der Tatsache, dass Sie sich in der Klimaschutz: Wortwahl etwas vergriffen haben, bitte ich Sie, Ihre Frage jetzt ganz präzise zu stellen. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin, ich helfe Ihnen immer, wenn (Beifall bei der CDU) Sie sich Hilfe suchend an mich wenden. Das ma- che ich mit Freude. Helge Limburg (GRÜNE): Gut. - Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie (Beifall bei der FDP und bei der CDU) sich über den Rechtsweg und die Rechtsanwälte Sie haben recht. Aber ich muss die Opposition lustig gemacht haben, frage ich Sie, ob Sie ernst- etwas differenzierter betrachten. Ich höre aus der haft der Auffassung sind, dass Ihr Auftritt hier den SPD keine kritischen Fragen, sondern unterstüt- Menschen in Niedersachsen das Gefühl gibt, dass zende Fragen; denn natürlich kennen auch Sie die Sie sich wirklich und ernsthaft für den Schutz der Problematik, die dort besteht, und die Verpflich- Lebensader Weser vor der Versalzung einsetzen tung, die wir zu erfüllen haben. Selbst von den werden. Linken, von Herrn Herzog, sind sachdienliche Fra- (Beifall bei den GRÜNEN) gen gestellt worden. Die Einzige, die es nicht ver- standen hat, ist die sogenannte Ökopartei, die sich Präsident Hermann Dinkla: angeblich für die Umwelt und die Natur einsetzt. Herr Minister Sander! Aber im Grunde genommen ist es ihr wurscht und egal, was mit unserer schönen Nordsee passiert. Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und (Beifall bei der FDP und bei der CDU - Klimaschutz: Stefan Wenzel [GRÜNE]: Kann es Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und sein, Herr Minister, dass das Salz Herren! Herr Kollege, ich habe sehr großen Re- trotzdem in die Nordsee kommt?) spekt vor wirklichen, echten Rechtsanwälten, die es von der Pike auf gelernt haben. Präsident Hermann Dinkla: (Johanne Modder [SPD]: Was sind Herr Kollege Limburg von der Fraktion Bünd- denn „wirkliche, echte Rechtsanwäl- nis 90/Die Grünen stellt seine zweite Zusatzfrage. te“?)

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- Davon gibt es eine ganze Menge. Aber diejeni- Wie mir mitgeteilt worden ist, sind die Fraktionen gen, die hier in Scheindiskussionen mit rechtspoli- übereingekommen, die von der Fraktion Bünd- tischem Verstand auftreten, bringen uns in keiner nis 90/Die Grünen und der Fraktion der SPD strittig Weise weiter. gestellte Eingabe 4391/15 zunächst erneut im Petitionsausschuss zu beraten. (Beifall bei der FDP und bei der CDU) Dieser Berufsstand ist sehr wichtig. Da die Fraktion der SPD keine weiteren Eingaben strittig gestellt hat, stehen nach der Zurückstellung Dass Ihnen das alles nicht passt, ist mir klar. Ich dieser Eingabe heute nur noch die von der Frakti- habe Sie als umweltpolitisch nicht mehr relevante on Bündnis 90/Die Grünen strittig gestellten Ein- Partei entlarvt. gaben zur Beratung und Abstimmung. Ich bitte um (Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wortmeldungen. - Es gibt keine Wortmeldungen. Lachen bei den GRÜNEN) Dann können wir über die Eingaben im Einzelnen In dieser Frage haben Sie völlig versagt. Das ist Ihr abstimmen. Ich werde sie jeweils aufrufen und Problem. Dies werden wir draußen in der Öffent- zunächst über den Änderungsantrag und, falls lichkeit deutlich machen. Sie müssen schon etwas dieser abgelehnt werden sollte, über die Aus- ernsthaftere Politiker ins Rennen schicken als das, schussempfehlung abstimmen lassen. was Sie und Herr Meyer hier geboten haben. Zunächst zur Eingabe 261 betr. Aufnahme des (Beifall bei der FDP und bei der CDU) behinderten Sohnes in die IGS List, Hannover. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion Bünd- Präsident Hermann Dinkla: nis 90/Die Grünen seine Zustimmung geben will, Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich tue jetzt die Eingabe der Landesregierung zur Berücksich- drei Dinge: tigung zu überweisen, den bitte ich um das Hand- Erstens teile ich Herrn Minister Sander mit, dass zeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - nach über 30 Wortmeldungen für ihn die geistige Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt. und körperliche Frühsportaufgabe hier vorne am Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet: Rednerpult beendet ist. „Die Eingabe wird der Landesregie- Zweitens stelle ich offiziell fest, dass die Frage- rung als Material überwiesen. Der Kul- stunde für diesen Tagungsabschnitt beendet ist. tusausschuss des Landtages wird die Da es jetzt 10.10 Uhr ist, gelangen wir nicht mehr Thematik im Rahmen seiner parla- zur zweiten Frage. Die Antworten der Landesregie- mentarischen Arbeit weiterhin behan- rung auf die Anfragen, die jetzt nicht mehr aufgeru- deln.“ fen werden konnten, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustim- mung geben will, den bitte ich um das Handzei- Drittens stelle ich die Beschlussfähigkeit fest. chen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich rufe auf Damit hat die Beschlussempfehlung Ihre Zustim- mung gefunden. Wir kommen zur Eingabe 415 betr. Arbeitsbelas- noch: tung der stellvertretenden Schulleiterinnen und Tagesordnungspunkt 2: Schulleiter. 10. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Wer dem Änderungsantrag der Fraktion Bünd- Drs. 16/795 - Änderungsantrag der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen seine Zustimmung geben will, nis 90/Die Grünen - Drs. 16/839 - Änderungsantrag die Eingabe der Landesregierung als Material zu der Fraktion der SPD - Drs. 16/842 überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit hat der Änderungsantrag keine Mehrheit gefunden. Zu den Eingaben in der Drs. 16/795, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, haben wir be- Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses reits in der 27. Sitzung am 14. Januar 2009 ent- seine Zustimmung geben will, den Einsender der schieden. Eingabe über die Sach- und Rechtslage zu unter- richten, den bitte ich um das Handzeichen. - Ge-

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genstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit hat Die Sozialministerin wird uns wahrscheinlich gleich die Beschlussempfehlung die Mehrheit gefunden. erzählen, die Arbeits- und Sozialminister hätten schließlich auf ihrer 85. Konferenz in Hamburg die Damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungs- Bundesregierung aufgefordert, darauf hinzuwirken, punktes. dass zeitgleich zur Kindergelderhöhung die Famili- Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf: en, die Transferleistungen erhalten, von den Re- gelsätzen in gleicher Höhe profitieren. Meine Da- men und Herren, das kommt mir irgendwie be- Erste Beratung: kannt vor; denn bei allen Diskussion über die Kin- Taten statt warmer Worte - Kindergelderhö- derarmut hat die Sozialministerin stets schmallip- hung auch für arme Familien - Antrag der Frakti- pig darauf verwiesen, man habe schließlich einer on Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/802 Entschließung im Bundesrat zugestimmt, in der die Bundesregierung zu verschiedenen Schritten ge- gen die Kinderarmut aufgefordert wurde. Darauf Zur Einbringung erteile ich der Kollegin Helmhold hat sich der Bundesarbeitsminister, gelinde gesagt, von Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. ein Ei gepellt. Eine solche Entschließung verpflich- tet ihn nämlich zu überhaupt nichts. Dies hat er Ursula Helmhold (GRÜNE): auch dadurch deutlich gemacht, dass er angekün- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und digt hat, er warte erst einmal die nächste Einkom- Herren! Im Dezember 2008 erklärte die Bundesfa- mens- und Verbrauchsstichprobe ab. Dies bedeu- milienministerin und Spitzenkandidatin der nieder- tet, dass eine Anpassung der Regelsätze vor 2011 sächsischen CDU für die Bundestagswahl: „Auch nicht zu erwarten ist. Dasselbe wird mit der Auffor- im kommenden Jahr hat Familie in Deutschland derung der Arbeits- und Sozialminister zum Kin- Konjunktur.“ Diese Aussage halte ich für gewagt. dergeld geschehen. Das heißt, für arme Familien Ab dem 1. Januar 2009 erhalten Familien für das gibt es wieder einmal nichts als heiße Luft aus erste und das zweite Kind zehn Euro sowie für das Niedersachsen. dritte und die weiteren Kinder 16 Euro mehr Kin- dergeld. Das ist schön. Gleichzeitig wurde der (Beifall bei den GRÜNEN und Zu- steuerliche Freibetrag angehoben. Das ist auch stimmung von Kreszentia Flauger schön, aber leider nicht für alle Familien. Gerade [LINKE]) die Familien, die etwas mehr Geld ganz besonders Meine Damen und Herren, nun gab es ja etwas im nötig hätten, gucken in die Röhre: Den Transfer- Konjunkturpaket. Für 6- bis 13-Jährige wird der empfängern wird dieses Geld sofort als Einkom- Regelsatz von 60 auf 70 % des Erwachsenenre- men der Kinder vom Regelsatz abgezogen. Das ist gelsatzes angehoben, und auch Hartz-IV-Familien nicht gerecht. erhalten den einmaligen Kinderbonus von 100 Eu- (Beifall bei den GRÜNEN und Zu- ro. Dies löst aber nicht das Problem. Jedes fünfte stimmung bei der SPD und bei der Kind in Niedersachsen lebt in Armut, was etwas LINKEN) damit zu tun hat, dass die Regelsätze strukturell einfach nicht auskömmlich sind. Die Bundesfamilienministerin fabuliert munter wei- ter, indem sie sagt, die im Gesetz enthaltene Kin- (Beifall bei den GRÜNEN) dergelderhöhung bereits ab dem dritten Kind Man kann nicht aus Kindern einen bestimmten komme insbesondere Mehrkinderfamilien sowie Prozentsatz eines Erwachsenen machen. Dies Familien im unteren und mittleren Einkommensbe- ergibt rund 2,50 Euro am Tag für Essen und Trin- reich zugute. Diese Aussage ist mehr als gewagt. ken; davon kann man nicht einmal das Essen an Die Wahrheit ist: Frau von der Leyen erhält monat- der Ganztagsschule bezahlen, geschweige denn lich mindestens 100 Euro mehr Kindergeld; wegen eine gesunde Ernährung finanzieren. des Steuerfreibetrags ist ihr Vorteil sogar noch wesentlich größer. Der Hartz-IV-Empfänger be- (Beifall bei den GRÜNEN) kommt nichts. Das ist eine himmelschreiende Un- Dies ergibt für Kinder unter 14 Jahren etwa 19 Eu- gerechtigkeit. ro für Bekleidung und Schuhe. Das ist realitätsfern. (Beifall bei den GRÜNEN und Zu- Ausgaben für Bildung sind im Regelsatz überhaupt stimmung von Kreszentia Flauger nicht vorgesehen. Die Kinder gehen aber dennoch [LINKE]) zur Schule und brauchen teures Verbrauchsmate-

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rial. Es ist mir eigentlich ein Rätsel, wie die Eltern kein Wintermantel und kein Schulranzen gekauft, das hinbekommen. sind keine Musikstunde und kein Schulausflug bezahlt. (Beifall bei den GRÜNEN) Wir wollen deshalb drei Dinge: Erstens. Wir wollen Alle wissen dies, aber niemand will etwas tun. Das als Sofortmaßnahme die Regelsätze der Kinder darf nicht so bleiben. nach dem SGB XII - also der Sozialhilfe - rückwir- Nun gibt es ja noch das Schulstarterpaket. 100 Eu- kend ab dem 1. Januar um den Betrag der Kinder- ro sind besser als nichts. Aber warum eigentlich gelderhöhung erhöhen. Dies kann das Land übri- nur bis zur 10. Klasse? gens in eigener Verantwortung beschließen; es muss dabei nicht auf Bundesratsinitiativen oder (Beifall bei den GRÜNEN) sonst irgendetwas warten. Das wäre ein erstes Ich sage es Ihnen: Die CDU hat verhindert, dass Zeichen. dieses Geld auch in der Oberstufe gezahlt wird. (Beifall bei den GRÜNEN) Dies verdeutlicht wieder einmal, wes Geistes Kind die Familien- und Bildungspolitik der Union ist. Zweitens fordern wir die Landesregierung auf, im Bundesrat eine Gesetzesinitiative einzubringen mit (Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- dem Ziel, im SGB II, also beim Arbeitslosengeld II, mung bei der SPD) die Regelsätze für Kinder sofort rückwirkend ab Sie gibt mit der Beschränkung des Starterpakets 1. Januar 2008 um den Betrag der Kindergelder- bis zur 10. Klasse das fatale Signal, dass Kindern höhung zu erhöhen. Das ist wirklich nicht mehr als aus sozial schwachen Haushalten der Weg zum gerecht. Abitur nicht zugetraut wird. Noch schlimmer: Die (Beifall bei den GRÜNEN) Union erschwert diesen Weg sogar für diese Kin- der und zementiert damit einmal mehr die Auslese Dazu gibt es drittens noch unseren Antrag vom im deutschen Bildungssystem. September 2008 im Verfahren, mit dem wir Sie zu einer Gesetzesinitiative mit dem Ziel auffordern, (Beifall bei den GRÜNEN und Zu- die Regelsätze für Kinder bedarfsgerecht zu ermit- stimmung von Kreszentia Flauger teln und zu erhöhen. Nach den jüngsten Entwick- [LINKE]) lungen, nämlich den Ankündigungen, dass der CDU und FDP in Niedersachsen stehen auf die- Bund jetzt wirklich überhaupt nichts mehr machen sem Kurs natürlich stramm. will, sollte die Beratung darüber so schnell wie möglich geführt werden. Übrigens hat die Bundesregierung jetzt flugs an- gekündigt, dass mit der kleinen Maßnahme, den Jedes Kind, das in Armut lebt, ist eines zu viel. Ich Regelsatz für die 6- bis 13-Jährigen zu erhöhen, sage Ihnen: Wenn dieses Land das Geld dafür hat, aus ihrer Sicht dem Anliegen des Bundesrates, die das Verschrotten eines Autos mit 2 500 Euro zu Regelsätze zu überprüfen und dem Bedarf anzu- subventionieren, dann muss auch das Geld da passen, Rechnung getragen wurde. Das ist eine sein, um Kinder aus der Armut zu holen und ihnen Verhöhnung der armen Familien, aller Menschen, gerechte Chancen zu geben. die in den Tafeln arbeiten, die sich um diese Kin- (Beifall bei den GRÜNEN und bei der der kümmern, und auch aller Sozialverbände, die SPD) seit Langem die Anpassung der Regelsätze for- dern. 25 Kinder gleich ein altes Auto - diese perverse Logik akzeptieren wir jedenfalls nicht. (Beifall bei den GRÜNEN) Herzlichen Dank. So kann man sich nicht aus der Verantwortung stehlen. (Beifall bei den GRÜNEN - Astrid Vo- ckert [CDU]: Die stellen Sie auch al- Meine Damen und Herren, wir haben in diesem lein auf! - Norbert Böhlke [CDU]: Hier Landtag schon des Öfteren über das Ausmaß der geht es um Arbeitsplätze!) Kinderarmut in diesem Land diskutiert, und wir haben Sie immer wieder zum Handeln aufgefor- Präsident Hermann Dinkla: dert. Immer wieder stellen wir fest, dass die Armen Ich erteile dem Abgeordneten Humke-Focks von außer warmen Worten von Ihnen nicht viel zu er- der Fraktion DIE LINKE das Wort. warten haben. Von warmen Worten sind aber noch

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Patrick-Marc Humke-Focks (LINKE): teren 2 Millionen Kindern von Alleinerziehenden Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! werden bei dieser Kindergelderhöhung ohnehin Es ist immer wieder unfassbar, mit welchen Kroko- nur 5 Euro ankommen. Sie wissen genauso wie wir dilstränen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hier alle, dass 2,5 Millionen Kinder in Deutschland in auftritt und Inhalte vertritt und Sachen anprangert, Armut leben. Das ist eine Schande! für deren Umsetzung sie in Berlin maßgeblich mit Gerade diese wollen die Regierungsparteien in beigetragen hat. Das ist so etwas von verlogen! Berlin und Hannover weder an der Kindergelder- Das ist zynisch, das ist wirklich zynisch. höhung partizipieren lassen, noch wollen sie die (Beifall bei der LINKEN - David McAl- längst überfälligen Erhöhungen der Regelsätze lister [CDU]: Hört, hört!) vornehmen, wie sie u. a. der Paritätische Wohl- fahrtsverband gefordert hat. Selbst die Berech- Die Hartz-IV-Empfänger werden Ihnen das nicht nungen der Caritas gehen unter Berücksichtigung abnehmen, besonders bei diesem dünnen Antrag, der Steigerung der Inflationsrate davon aus, dass den Sie hier vorgelegt haben. Erklären Sie mir man die Regelsätze für Kinder und Jugendliche einmal, wie das, was Sie hier angesprochen ha- eigentlich um 18 % erhöhen müsste. ben, nämlich eine Erhöhung um 10 Euro für Hartz-IV-Empfänger - Sie sprechen auch von Win- (Beifall bei der LINKEN) terkleidung, Schulmaterial usw. - - - Selbst diese Hinweise von Organisationen und (David McAllister [CDU]: Familienstreit Fachleuten, die man bestimmt nicht als Vorfeldor- bei den Linken! Das ist ja schön!) ganisationen der Partei DIE LINKE bezeichnen kann, werden von den Regierenden ignoriert. - Das sind ja keine Linken, Herr McAllister. Das ist der Unterschied. Vor diesem Hintergrund ist der Antrag der Grü- (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wenn nen - ich habe bereits am Anfang darauf hingewie- Sie mal zugehört hätten!) sen - eher sehr bescheiden. Sie wollen erreichen, dass die Regelsätze der Kinder um den Betrag der Indirekt geben Sie noch nicht einmal zu, dass Sie Kindergelderhöhung aufgestockt werden. Ich woll- für die Umsetzung der Agenda 2010 verantwortlich te das erst nicht glauben. Zu diesem Punkt sage sind. Das ist schäbig. ich aber nichts weiter. Das ist nicht mehr als ein (Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf Tropfen auf dem heißen Stein, der die Probleme von den GRÜNEN) dieser Klientel nicht lösen hilft. - Ich hoffe, Sie hören trotzdem noch weiter zu. (Beifall bei der LINKEN) Denn ich möchte Sie auch noch daran erinnern, Sie möchten mit diesem Antrag eher Ihre Regie- dass Sie im Bundestag sämtliche Initiativen der rungskompatibilität auch in Niedersachsen unter Linken, die genau in die Richtung zielen, die Sie Beweis stellen - mehr nicht. Gleichzeitig stimmen hier anprangern, nach wie vor ablehnen. Das ist Sie in Berlin gegen die Initiativen der Linken, die auch in den letzten Bundestagsdebatten gesche- genau das, was Sie kritisieren, beseitigen wollen. hen. Stellen Sie es hier dann nicht so dar, als wä- ren Sie sozialpolitisch engagiert im Sinne von Erinnern möchte ich Sie auch daran, dass es die Hartz-IV-Empfängern! erste Kindergelderhöhung seit 2002 ist. In dem gleichen Zeitraum von 2002 bis 2008 sind die (Beifall bei der LINKEN - David McAl- Verbrauchspreise um 12 % angestiegen, lister [CDU]: Das ist ja hier eine schwere Stunde für die Grünen!) (Glocke des Präsidenten)

Fakt ist, dass gerade Hartz-IV-Empfänger, gleich während Sie jetzt das Kindergeld um 6,5 % bzw. welchen Alters, Leistungsempfänger nach dem 9 % ab drei Kindern erhöhen. SGB XII oder Empfänger sonstiger Transferleis- tungen an der Armutsgrenze leben müssen. Ich Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Antrag erinnere insbesondere an Alleinerziehende. In mit seinen Forderungen alles andere als ein sozi- Deutschland erhalten etwa 500 000 Kinder von alpolitischer Meilenstein. Nach meiner Auffassung Alleinerziehenden und 800 000 Kinder von allein- ist er eher peinlich. erziehenden Beziehern von Unterhaltsvorschuss- (Beifall bei der LINKEN) leistungen Leistungen nach Hartz IV, und bei wei-

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Die Linke fordert zur Armutsbekämpfung und für Ich habe nie behauptet, dass die Agenda 2010 aus soziale Gerechtigkeit die deutliche Anhebung aller unserer Sicht ein absolut gelungenes Projekt war. Sätze und eine Abkehr von der Agenda 2010. Ich Sie wissen auch, wie sie zustande gekommen ist, habe hier bereits einige Beispiele angeführt. Die und Sie wissen, dass wir Grünen seit Jahren daran Linke wird in ihren Forderungen auch von den arbeiten, die gröbsten Verwerfungen insbesondere Wohlfahrtsverbänden und Gewerkschaften unter- im Armutsbereich und bei den Regelsätzen rück- stützt. Das ist auch gut so. gängig zu machen. Von Ihnen brauchen wir dazu keine Nachhilfestunde, Herr Humke-Focks. (Beifall bei der LINKEN) Von der Partei der Grünen fordern wir endlich eine Das Wünsch-dir-Was Ihrer Partei machen auch wir Umkehr ihrer Politik hin zu sozialer Gerechtigkeit nicht mit, weil wir versuchen, vernünftige Politik zu und von der SPD die Besinnung auf ihre Wurzeln. machen. Dass wir im Bundestag Ihren Anträgen Das ist unsere Hoffnung. Die Einführung eines nicht zustimmen, liegt daran, dass wir das über- gesetzlichen Mindestlohns oder die Erfüllung der haupt nicht müssen, weil wir genügend eigene Forderungen der Sozialexperten der Wohlfahrts- haben. verbände hin zu einer Sozialpolitik (Lachen bei der LINKEN) (Glocke des Präsidenten) Ich kann sie Ihnen gerne überlassen, falls Sie sie - ich komme zum Schluss -, die ihren Namen auch nicht kennen. 14. November 2007: „Regelsätze be- verdient, wäre nämlich jetzt schon in Deutschland darfsgerecht anpassen“. 9. April 2008: „Existenzsi- nötig. cherung und Teilhabechancen für Kinder und Ju- gendliche durch bedarfsgerechte Kinderregelsätze Letzter Satz: Wer Konjunkturpakete in der bekann- gewährleisten“. 3. Dezember 2008: „Entwurf eines ten Höhe schnüren kann, die dem Wohl der Profite Gesetzes zur Förderung von Familien und haus- und der Banken dienen, könnte auch erhebliche haltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsge- Mittel für die Politik und soziale Gerechtigkeit zur setz)“. Diesen grünen Initiativen hätten Sie auch Verfügung stellen. Da sind Sie in der Verantwor- gerne zustimmen können. Dafür brauchen wir Sie tung. überhaupt nicht. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN) Präsident Hermann Dinkla: Präsident Hermann Dinkla: Herr Kollege, wollen Sie dazu Stellung nehmen? - Ich erteile dem Kollegen Riese von der FDP-Frak- Ja. Sie kennen die Bedingungen, Sie haben eine tion das Wort. Redezeit von maximal anderthalb Minuten. (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ich hatte mich zu einer Kurzintervention gemel- (Ralf Briese [GRÜNE]: Warum ist ei- det!) gentlich Berlin aus der Tarifgemein- schaft der Länder ausgetreten?) - Pardon, ich bitte um Entschuldigung. Eine kleine Korrektur: Hier liegt der Wunsch auf eine Kurzin- Patrick-Marc Humke-Focks (LINKE): tervention vor. Ich erteile der Kollegin Helmhold das Wort. Danke, Herr Präsident. - Frau Helmhold, es nützt überhaupt nichts, dass Sie hier diese quantitative Ursula Helmhold (GRÜNE): Aufzählung vornehmen. Die Linie Ihrer Partei auf der Bundesebene, wo Sie Einfluss nehmen kön- Verehrter Herr Kollege Humke-Focks, wenn Sie nen, ist die Verteidigung der Agenda 2010, die verfolgt hätten, welche Anträge wir hier gestellt Verteidigung des SGB II. haben, oder wenn Sie nur meiner Rede zugehört hätten, dann wüssten Sie, dass zu den Regelsät- (Vizepräsident Dieter Möhrmann über- zen noch ein anderer Antrag im Verfahren ist, so- nimmt den Vorsitz) dass das jetzt nur eine Sofortmaßnahme ist. Sie verweisen ja ständig - ich hatte erst überlegt, (Zustimmung von Miriam Staudte dazu ein Beispiel anzuführen - auf das Case Ma- [GRÜNE]) nagement - das ist Ihr Lieblingswort. In fast jedem Wortbeitrag im Ausschuss und in fast jedem An-

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trag zu diesem Thema wird auf diesen Begriff ab- auch zu einer großen politischen Strategie gefun- gestellt - dazu fällt mir nichts mehr ein. den - sie hatte den Namen „Agenda 2010“. (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sie wa- (Ralf Briese [GRÜNE]: Andere Partei- ren doch selber Case Manager!) en haben nie eine!) Ich hoffe, dass die Öffentlichkeit eben vernünftig Die Folgen der Agenda 2010 konnten wir vor der zugehört hat; denn Sie haben hier gerade eindeu- gegenwärtigen Wirtschaftskrise wahrnehmen: ei- tig gesagt, dass es Ihnen nicht darum geht, das nen Rückgang der Arbeitslosenzahlen, wie ihn sich SGB II abzuschaffen, sondern nur darum, die Deutschland über viele Jahre herbeigesehnt hat, gröbsten Verwerfungen im SGB II zu bekämpfen. (David McAllister [CDU]: Das war die (Beifall bei der LINKEN) Große Koalition! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Minijobs und so! Ganz toll!) Was sind denn die gröbsten Verwerfungen im SGB II? - Die größte Verwerfung ist, dass Massen eine Ankurbelung der Wirtschaft und eine Abnah- von Menschen, dass 2,5 Millionen Kinder in die me der Armut, eine Verengung der Schere zwi- Armut gestürzt worden sind. Wenn es Ihnen darum schen Arm und Reich. Das sind die Folgen der geht, dieses Problem zu beseitigen, dann sind Sie Agenda 2010, die man doch im Blick behalten ein Stück weiter. Dann brauchen Sie auch nicht mit sollte. populistischen Anträgen davon abzulenken. (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das (Beifall bei der LINKEN - Ursula stimmt so nicht!) Helmhold [GRÜNE]: Das SGB II ab- Der Taktiker Schröder übermannte allerdings den schaffen, das geht doch überhaupt Strategen Schröder am Abend der Landtagswahl nicht!) im Mai 2005 in Nordrhein-Westfalen. Diese Wahl war für die SPD nicht so besonders erfolgreich. Vizepräsident Dieter Möhrmann: Daraufhin hielt Schröder es für angezeigt, einen Meine Damen und Herren, die nächste Wortmel- Weg zu finden, damit es in der Bundesrepublik dung liegt von Herrn Focke von der CDU-Fraktion Deutschland zu Neuwahlen kommt. Hätte er das vor. Bitte! damals nicht getan, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, dann wäre (Uwe Schwarz [SPD]: Herr Riese war höchstwahrscheinlich der Bundeskanzler zurzeit doch schon aufgerufen!) noch ein Sozialdemokrat. - Entschuldigung, das habe ich übersehen. - Herr (David McAllister [CDU]: Was?) Focke, es tut mir leid. Aber so ist es geschichtlich, denke ich, besser Zunächst hat Herr Riese das Wort. Bitte! ausgegangen.

Roland Riese (FDP): (Kreszentia Flauger [LINKE]: Das kann man auch anders sehen!) Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich hoffe, ich habe mehr als die 17 Sekunden Redezeit, die auf dem Die Grünen erfreuen uns heute mit einem weiteren Display angezeigt werden. - Ja, es ist etwas mehr. Antrag zum Thema Kinderarmut. Das ehrt sie. Dieses Thema ist wichtig, und seine Bedeutung Herr Focke und ich könnten hier zwar ebenso gut darf auch in einer Zeit, in der sich die Schere zwi- im Duett vortragen - beim Singen geht das ja in schen Arm und Reich zu schließen beginnt, nicht aller Regel ganz gut -, aber technisch wäre das in übersehen werden. diesem Fall wohl etwas schwierig. (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Woher Meine verehrten Damen und Herren, dieses Land haben Sie das?) hatte einmal einen Ministerpräsidenten, dessen taktische Qualität wir alle, auch wenn wir politisch Andererseits, liebe Frau Helmhold, erfreuen Sie nicht seiner Ansicht waren, immer anerkannt ha- uns hier nur mit „warmen Worten“ anstatt mit Ta- ben. Als Stratege indessen zeigte er sich nur sel- ten. Wenn ich das richtig sehe, dann gibt es zurzeit ten geschickt. Ich spreche von Gerhard Schröder, nur zwei Bundesländer - sehr groß sind sie nicht -, der auf jedes tagesaktuelle Problem sofort eine in denen die Grünen mitregieren. Das eine ist Antwort wusste. Einmal in seinem Leben hat er Bremen, und das andere ist Hamburg. Wenn man

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in einer Koalition eine Regierung beginnt, sehr Vizepräsident Dieter Möhrmann: geehrter Herr Kollege McAllister, dann fängt man Meine Damen und Herren, jetzt hat Herr Focke das mit einer Koalitionsvereinbarung an. In diese Koali- Wort. Bitte! tionsvereinbarung schreibt man, was einem wichtig ist. Ansgar-Bernhard Focke (CDU): (David McAllister [CDU]: Ja! Kohle- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten kraftwerke!) Damen und Herren! Ihr Antrag, liebe Kolleginnen Es ist spannend, zu schauen, was in der Hambur- und Kollegen der Fraktion der Grünen, hat ja einen ger Koalitionsvereinbarung zu den Themen Kin- achtbaren Kern. Aber die Überschrift „Taten statt dergelderhöhung und Anpassung der Regelsätze warmer Worte“ stellt eine deutliche Kritik dar, die nach SGB XII auf Landesebene steht. Liebe Frau an dieser Stelle nicht angebracht ist. Ihr im Antrag Helmhold, dort steht nicht ein einziges Wort davon. formulierter Vorwurf hat überhaupt keine Grundla- ge. Das werde ich Ihnen auch darstellen. Es lohnt sich auch, in der Koalitionsvereinbarung von Bremen nachzulesen. Dort regieren Sie ge- Zunächst möchte ich für die CDU-Fraktion feststel- meinsam mit der SPD. In dieser Koalitionsverein- len, dass uns das Thema Kinderarmut niemals in barung steht immerhin etwas zum Thema Anpas- Ruhe lassen wird und auch nicht in Ruhe lassen sung der Regelsätze nach SGB XII für Kinder, und darf. Aber, meine Damen und Herren, was Sie zwar, dass dieses Thema auf die Bundesebene gemacht haben, nämlich eine Neiddebatte zu gehört und das Bundesland Bremen eine Bundes- schüren - sie haben gesagt, dass Ursula von der ratsinitiative auf den Weg bringen soll. Leyen jetzt mehr Kindergeld bekommt und sich das jetzt leisten kann -, ist in diesem Zusammen- (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Mehr hang ungeheuerlich. wollen wir doch gar nicht!) (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Sie wollen aber mehr, Sie wollen eine Einzellösung des Landes, das ist Ihre Forderung unter Nr. 1. Ich möchte auch an Folgendes erinnern - ich habe Dazu - das darf ich Ihnen schon sagen - werden mir das extra aufgeschrieben -: Wer hat denn die Sie die Zustimmung der Koalitionsfraktionen in Hartz-IV-Regelungen eingeführt? - Das waren Sie, diesem Land nicht erhalten, und zwar zum einen, zusammen mit der SPD in Berlin. Sie haben be- weil in diesem Bereich nicht das Land, sondern der schleunigt, dass die Schere zwischen Arm und Bund zuständig ist. Ein weiterer Grund ist, dass die Reich weiter auseinandergegangen ist. Beträge, die Sie ausgeben wollen, haushalterisch (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und Sie dargestellt werden müssen, wir aber gerade mit waren gar nicht beteiligt im Vermitt- Mühe dabei sind, unseren Haushalt zu konsolidie- lungsausschuss? Am Ende waren das ren, der immer noch unter den Spätfolgen einer nur noch Sie und die SPD!) rot-grünen Regierung in Niedersachsen leidet. Erst seitdem wir in Niedersachsen regieren, erst (Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist mit Mechthild Ross-Luttmann und der Bundesfami- doch eine Konjunkturmaßnahme! - lienministerin Ursula von der Leyen findet in Nie- Zuruf von Uwe Schwarz [SPD]) dersachsen bzw. in Deutschland wieder eine aus- gewogene Familienpolitik statt. Das muss auch - Verehrter Herr Kollege Schwarz, bereits am einmal gesagt werden. 18. September 2008 hat Ihnen von dieser Stelle meine Kollegin Frau Meißner dargelegt, dass die (Beifall bei der CDU und bei der FDP) FDP auf der Bundesebene sehr wohl der Ansicht ist, dass eine Anpassung der Regelsätze für Kin- Hier in Niedersachsen wurden Maßnahmen wie der erforderlich ist. Sie hat dort mehrere Initiativen beispielsweise das kostenlose dritte Kindergarten- dazu eingebracht. Auf dieser Ebene werden wir jahr oder das Elterngeld eingeleitet, die die Famili- das Thema weiter bearbeiten. Wir freuen uns auf en unterstützen. Seitdem werden in unserem Land Ihre Finanzierungsvorschläge im Ausschuss. endlich auch wieder mehr Kinder geboren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der (Zustimmung bei der CDU und bei der CDU) FDP)

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Vizepräsident Dieter Möhrmann: und der Regelsätze nach dem SGB XII beschlos- Herr Kollege Focke, gestatten Sie eine Zwischen- sen. Die CDU/FDP-geführten Länder waren es, die frage von Herrn Dr. Sohn? dieses wichtige Anliegen vorangebracht haben. Der Bundesrat hat das dann beschlossen: Ansgar-Bernhard Focke (CDU): „Der Bundesrat fordert die Bundesre- Nein, danke. - Ihr Vorwurf entbehrt jeder Grundla- gierung auf, die Regelsätze für Kinder ge. Die Zahlen des „Armuts- und Reichtumsbe- nach SGB II sowie die Regelsätze richts 2008 - Entwicklung von Armut und Reichtum nach SGB XII unverzüglich neu zu in Niedersachsen 2005 bis 2007“ sagen etwas bemessen und als Grundlage dafür anderes aus. Das Ausmaß der Armut hat von 2005 eine spezielle Erfassung des Kinder- bis 2007 nicht zugenommen, sondern ist in Nie- bedarfs vorzusehen.“ dersachsen sogar zurückgegangen. Niedersachsen hat mit den CDU/FDP-regierten (Uwe Schwarz [SPD]: Es hat sich ver- Ländern Saarland und Nordrhein-Westfalen ge- stetigt!) handelt, um auch auf Bundesebene entsprechend Druck zu machen. Alle drei ermittelten Armutsquoten von 2005 auf 2006 sind deutlich zurückgegangen. (Beifall bei der CDU und bei der FDP) (Uwe Schwarz [SPD]: Sie sollten mal Meine Damen und Herren, Ihr Antrag läuft hinter- eine Lesebrille aufsetzen!) her. Er ist zum Teil erledigt. Unsere Landesregie- rung war Ihnen wieder einmal einige Schritte vor- In 2007 sind die Quoten insgesamt stabil gewesen aus. Die Bundesregierung hat nun den Beschluss und nur zum Teil marginal angestiegen. Das heißt, gefasst, und er wird umgesetzt. So steigen die wir haben diesen Trend endlich gestoppt, wir ha- Förderungen für Kinder bis zur Vollendung des ben es geschafft, dass die Schere zwischen Arm 14. Lebensjahres auf 70 % des Eckregelsatzes, und Reich in Niedersachsen nicht mehr weiter also auf nunmehr 247 Euro monatlich. auseinandergeht. Zu Ihrer Polemik zu den 2 500 Euro will ich Ihnen Ich bin unserer Landesregierung außerordentlich sagen: In den schwierigen Zeiten, in denen wir uns dankbar, dass sie bereits einige Maßnahmen er- befinden, geht es um den Erhalt von Arbeitsplät- griffen hat, um für Kinder in Niedersachsen eine zen und darum zu verhindern, dass nicht weiter echte Chancengerechtigkeit herzustellen. Menschen durch Arbeitslosigkeit in Sozialhilfe (Zustimmung bei der CDU und bei der abrutschen und damit auch ihre Kinder und Famili- FDP) en zu Leistungsempfängern werden. Sie sollten vorsichtig sein, wenn Sie solche Maßnahmen zum Bei der heutigen Debatte über Ihren Antrag müs- Erhalt von Arbeitsplätzen in Deutschland, die jetzt sen wir klar zwischen SGB II und SGB XII, also der durchgeführt werden, angreifen. Sozialhilfe, unterscheiden. Einfach nur die Regel- sätze im SGB XII um 10 bzw. 16 Euro aufzusto- (Beifall bei der CDU) cken, ist zu kurz gedacht. Den Familien ist damit Meine Damen und Herren, nur das Portemonnaie nicht wirklich geholfen. Das befriedigt höchstens aufzumachen, kann nicht die alleinige Lösung sein. das Gerechtigkeitsempfinden einiger. Nein, meine Eine richtige und wichtige Antwort ist es, den sehr geehrten Damen und Herren, um Kinder lang- Kreislauf des Leistungsbezuges zu verlassen. Das fristig aus der Sozialhilfe zu holen, bedarf es schon schaffen wir mit frühkindlicher Bildung, einer guten etwas mehr. Schulbildung, Ausbildung und Arbeit. Zu all diesen Zu Ihrer zweiten Forderung darf ich Ihnen mitteilen, vielen Dingen sind in Niedersachsen Maßnahmen dass Sie wieder einmal zu spät gekommen sind. beschlossen und auf den Weg gebracht worden. Das ist doch alles schon passiert: Auf Antrag der (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen und des Saarlandes wurde am 23. Mai 2008 in der Gerne stellen wir uns in den Beratungen in den 844. Sitzung des Bundesrates unter der Drucksa- Ausschüssen der Diskussion mit Ihnen. Wir wer- che 329/08 - damit Sie das nachlesen können - den Ihnen dort unsere Bemühungen und das, was eine Entschließung des Bundesrates zur Berück- wir in den letzten Jahren getan haben, noch einmal sichtigung des kinderspezifischen Bedarfs bei der vortragen. Bemessung der Regelleistungen nach dem SGB II

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Vizepräsident Dieter Möhrmann: Arm und Reich weiter auseinandergegangen sei. Herr Kollege, entschuldigen Sie. Herr Möhle möch- Ich finde, das ist eine kluge Erkenntnis. Ich würde te eine Zwischenfrage stellen. von Ihnen gern bestätigt haben, dass Sie das hier so gesagt haben. Ansgar-Bernhard Focke (CDU): (Beifall bei der LINKEN) Nein, danke. - Wir werden Ihnen im Ausschuss all das Gute, was in Niedersachsen gelaufen ist, noch Vizepräsident Dieter Möhrmann: einmal vortragen. Eine weitere Kurzintervention von Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte! Die Maßnahmen haben Wirkung gezeigt. Ich möchte hier ausdrücklich das Niedersächsische (David McAllister [CDU]: Frau Helm- Bündnis für alle Kinder erwähnen. Besonders lo- hold fühlt sich heftig angefasst! Bei ben möchte ich - das habe ich noch einmal nach- dem Verlauf der Debatte würde ich gelesen -, dass die Förderfelder der Landesstiftung das auch so sehen!) „Familie in Not“ auf die Zielgruppe benachteiligter Kinder ausgedehnt und benachteiligte Familien Ursula Helmhold (GRÜNE): zusätzlich mit einem Sozialfonds unterstützt wer- Herr Focke, es ist ja schon putzig, dass Sie uns im den. Damit bekämpfen wir in Niedersachsen lang- Ausschuss erklären wollen, was Sie schon immer fristig die Kinderarmut und schaffen Perspektiven für die Familien getan haben. Ich finde, Sie sollten für die Kinder und ihre Familien. das hier gleich öffentlich machen und z. B. erwäh- Herzlichen Dank. nen, dass Sie die Hausaufgabenhilfe und die Lernmittelfreiheit in Niedersachsen abgeschafft (Beifall bei der CDU und bei der FDP) haben. Das wäre immerhin ein ehrlicher Anfang. (Beifall bei den GRÜNEN, bei der Vizepräsident Dieter Möhrmann: SPD und bei der LINKEN) Meine Damen und Herren, es gibt den Wunsch nach zwei Kurzinterventionen. Zunächst Frau Der Grund, weshalb ich mich gemeldet habe, ist Flauger von der Fraktion DIE LINKE. der, dass ich es der CDU nicht durchgehen lassen kann, wenn sie sich einen schlanken Fuß machen Kreszentia Flauger (LINKE): will und sagt, sie hätte mit der Hartz-IV-Gesetz- gebung nichts zu tun. Ganz im Gegenteil! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Focke, Sie haben gerade richtig festgestellt, dass (Beifall bei der LINKEN) Hartz IV von der SPD/Grünen-Regierung einge- Wer hat im Vermittlungsausschuss - ich glaube bis führt wurde. Was Sie dezent zu erwähnen verges- zum 20. Dezember - verhandelt und die Sache sen haben, ist, dass auch die CDU und die FDP dermaßen verschärft, dass wir jetzt versuchen diesem Gesetz im Bundesrat zugestimmt haben. müssen, die Auswirkungen wieder einzufangen? - (Beifall bei der LINKEN - Wolfgang Das war die CDU! Sie hat nämlich so viel Druck Jüttner [SPD]: Die haben es ver- ausgeübt, dass wir am Ende in dieser Sache prak- schärft!) tisch überhaupt nicht mehr vorkamen, was uns sehr geärgert hat, wie Sie sich vorstellen können. - Ja, auch verschärft, Herr Jüttner. (Lachen bei der CDU) (David McAllister [CDU]: Streitet euch ruhig untereinander!) Sie können sich jetzt keinen schlanken Fuß ma- chen und sagen, das hätten alles nur die anderen - Nein, wir streiten uns nicht untereinander, Herr getan. Das war genauso gut Ihr Gesetz, wie von McAllister. Auch Sie haben diesem Gesetz zuge- jedem anderen, der damals im Bundestag gewe- stimmt. sen ist. Herr Focke, ich wüsste gerne von Ihnen, ob ich (Kreszentia Flauger [LINKE]: XXL- richtig gehört und Sie richtig verstanden habe. Wir Koalition!) werden das im Protokoll nachlesen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gesagt, SPD Soviel Wahrheit muss an dieser Stelle sein. Da und Grüne hätten dieses Gesetz eingeführt, und kommen Sie nicht heraus. das habe dazu geführt, dass die Schere zwischen

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(David McAllister [CDU]: So retten Sie Der einzige und der richtige Weg hinaus aus den die Debatte auch nicht mehr!) Transferleistungen besteht darin, dass wir weiter- hin in Bildung investieren und dass die jungen Zum Thema Armut. Die Armut in Niedersachsen - Leute eine Chance haben, in Ausbildungsplätze das wüssten Sie, wenn Sie den Bericht lesen wür- und in Arbeit zu kommen, um, wenn sie erwachsen den - hat sich auf hohem Niveau verfestigt, und sind, ihre eigene Familie und ihre eigenen Kinder zwar trotz guter Konjunktur. Das ist allerdings ein ernähren zu können. beängstigendes Zeichen. Und wenn wir - - - (Kreszentia Flauger [LINKE]: Können Vizepräsident Dieter Möhrmann: Sie meine Frage noch beantworten?) Frau Helmhold, ein weiteres „und“ ist nicht mög- Wir haben für die Sprachförderung eine Menge lich. Die 90 Sekunden sind um. getan. Wir haben Schulsozialarbeiter eingestellt (David McAllister [CDU]: Sehen Sie und das Hauptschulprofilierungsprogramm einge- doch ein, dass Ihr Antrag Käse ist! - führt. Ich erinnere an das Programm „Familien mit Gegenruf von Ursula Helmhold Zukunft“ und all die vielen Programme, die wir [GRÜNE]: Nein! Sie können doch eingeführt haben, um Kindern zu helfen und Fami- nicht so tun, als ob die Kindergelder- lien zu stärken. höhung den Armen nicht zustehen (Kreszentia Flauger [LINKE]: Herr Fo- würde! Ich kriege sie, Sie kriegen sie, cke, ich hatte Sie etwas gefragt!) aber die Hartz-IV-Empfänger kriegen sie nicht!) Das sollten Sie hier nicht wegdiskutieren. Sie ha- ben den Weg eingeschlagen, als Sie an der Regie- Meine Damen und Herren, jetzt hat Herr Focke das rung waren. Jetzt müssen Sie mit den Konsequen- Wort. Frau Helmhold, Herr Focke hat jetzt das zen leben. Wort. (Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ansgar-Bernhard Focke (CDU): Ursula Helmhold [GRÜNE]: So ein Quatsch!) Frau Helmhold, sehr geehrte Kollegin, Ihre Reakti- on zeigt, dass ich Sie im Kern getroffen habe. Vizepräsident Dieter Möhrmann: (Beifall bei der CDU und bei der FDP - Meine Damen und Herren, eine weitere Fraktion Ursula Helmhold [GRÜNE]: Dass Sie hat sich zu dem Antrag zu Wort gemeldet. Ich ge- weder zuhören noch lesen!) be Herrn Watermann von der SPD das Wort. - Frau Helmhold, durch das Geschrei wird es nicht besser und auch nicht richtiger, was Sie sagen. Ulrich Watermann (SPD): Das Entscheidende ist: Sie hatten Verantwortung Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und in diesem Land und im Bund. Sie sind die Wege Herren! Wenn man sich die Diskussion um diesen gegangen, die Sie heute kritisieren und von denen Antrag anhört, muss man zu der Erkenntnis kom- Sie sagen: Das ist alles schlecht; das ist alles men, dass die Diskussion, die ich mit dem Kolle- falsch. - Sie haben das eingeführt. Das müssen gen Humke-Focks ja schon über mehrere Plenar- Sie anerkennen, und mit dieser Erkenntnis müssen sitzungen geführt habe, inzwischen teilweise Erfolg Sie im Zweifel auch leben. hat. Ich muss erkennen, dass inzwischen nur noch die SPD zu der Reform, zu der ich stehe und die (Beifall bei der CDU und bei der FDP - ich verteidige, weil ich sie für richtig empfinde, Ja Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie eben- sagt. Das war eine gute Sache, und wir haben falls!) etwas Gutes bewegt. Andere sind von Herrn Rütt- Zur Hausaufgabenhilfe und zur Lernmittelfreiheit. gers Linksüberholmanöver angesteckt worden und Ich möchte Sie daran erinnern, dass hier in Nie- versuchen jetzt, sich davonzumachen. dersachsen die Lernmittel für Kinder aus Familien, Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der die Transferleistungen erhalten, vom Land bezahlt Reform ging es darum, die Sozialhilfe und die Ar- werden. Das will ich hier deutlich sagen. Ihre Be- beitslosenhilfe zusammenzulegen. hauptung ist also falsch. (Roland Riese [FDP]: Eine alte Forde- (Beifall bei der CDU und bei der FDP) rung der FDP!)

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Diese Zusammenlegung und die vernünftige Um- (Kreszentia Flauger [LINKE]: Und was gestaltung des Systems für diejenigen, die in der ist mit den teureren Kindern ab 14?) Sozialhilfe waren, haben keinen Menschen arm gemacht. Arm macht es, wenn man arbeitslos ist. Meines Erachtens wäre es vernünftig, darüber Diese Leistungssysteme können nicht arm ma- nachzudenken und auch dahin gehend Druck zu chen, sondern die Armut nur nicht richtig bekämp- machen, dass das Schulstarterpaket über die fen; denn Grund der Armut ist die Arbeitslosigkeit. Klasse 10 hinaus gewährt wird. Außerdem muss darüber nachgedacht werden, noch einen weiteren (Ursula Helmhold [GRÜNE]: Oder zu entscheidenden Punkt nach vorn zu bringen. Diese niedrige Löhne!) Forderung richtet sich auch an die Regierungskoa- Vielleicht könnten Sie sich das mal hinter die Oh- lition hier in Niedersachsen. Wir müssen auch ren schreiben. darüber nachdenken, dass es für die Eltern das Beste ist, sie von den Kosten für Betreuung und (Beifall bei der SPD, bei der CDU und Bildung freizustellen. bei der FDP) (Beifall bei der SPD) Bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit haben gerade das Konjunkturprogramm und viele andere Wir müssen hier aber auch einen Umkehrschluss Dinge etwas nach vorne gebracht. ziehen, der auch auf die heutige Diskussion über Sicherlich muss man darüber reden, ob wir mit den das Konjunkturprogramm aufgesetzt werden kann. Kinderregelsätzen richtig aufgestellt sind. Wir sind Deshalb finde ich es spannend, in den bevorste- fest davon überzeugt, dass dieser Weg noch nicht henden Ausschussberatungen all das, was auf zu Ende gegangen ist. Ob es jetzt allerdings richtig Halde liegt, nach vorne zu bringen, sich auch dazu ist, das Kindergeld zu erhöhen, muss ich ein biss- zu bekennen, dass man etwas Vernünftiges auf chen infrage stellen. Irgendwann muss man ja den Weg gebracht hat, und zu gucken, wie man begründen, warum ich die zehn Euro in irgendei- Armut vernünftig bekämpfen kann. Die wichtigste ner Weise anrechne oder nicht, den Rest aber auf Grundlage dafür ist, den Menschen Arbeit und eine jeden Fall anrechne. Deshalb treten wir dafür ein, vernünftige Bildung zu geben. weiter daran zu arbeiten, die Regelsätze für Kinder Vielen Dank. nach vorn zu bringen. (Lebhafter Beifall bei der SPD) (Kreszentia Flauger [LINKE]: Das können wir ja ganz schnell entschei- den!) Vizepräsident Dieter Möhrmann: - Ja, natürlich. Die ersten Schritte sind ja schon Meine Damen und Herren, zu einer Kurzinterventi- gemacht worden. Vielleicht merken auch Sie das on hat sich jetzt Herr Focke gemeldet. Bitte! bei Gelegenheit mal. Da Sie positive Entwicklun- gen gar nicht wahrnehmen können, weil Sie sie Ansgar-Bernhard Focke (CDU): nicht wahrnehmen wollen, sondern immer nur die Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Hartz-Gesetzgebung in den Mittelpunkt Ihrer politi- Herren! Lieber Herr Watermann, ich wollte hier schen Arbeit stellen, werden Sie positive Entwick- einmal kundtun - ich beziehe hier auch den Beitrag lungen auch niemals nach vorn bringen. Ihnen des Kollegen Riese ein -, dass Sie genauso wie wir geht es in Wirklichkeit ja auch gar nicht um die von der CDU und Herr Riese verstanden haben, Betroffenen, sondern nur um Polemik. worum es geht. Ich freue mich auf eine zielgerich- (Beifall bei der SPD - Kreszentia tete Diskussion im Ausschuss. Dort werden wir mit Flauger [LINKE]: Herr Watermann, Sicherheit gute Beschlüsse zum Wohl der Kinder super!) fassen. Ich möchte Ihnen noch einmal ganz herz- lich für Ihren Beitrag danken. Klar ist, dass wir Deshalb sage ich: An dieser Stelle wollen wir mit- auch über die Regelsätze für die 14- bis 18- arbeiten. Wir wollen, dass an diesen Kinderregel- Jährigen sprechen müssen. Das werden wir auch sätzen weitergearbeitet wird. Der erste Schritt war tun. Das wird im Ausschuss eine gute Beratung. gut, die neue Klasse der Sechs- bis Dreizehnjähri- gen einzuführen und den betroffenen Eltern Herzlichen Dank. 35 Euro mehr zu geben. (Beifall bei der CDU)

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Vizepräsident Dieter Möhrmann: Erhöhung der Regelsätze für Kinder umzusetzen. Jetzt die Frage an die SPD-Fraktion, ob sie auf Für die Altersgruppe der 6- bis 13-jährigen Kinder diese Kurzintervention erwidern möchte. wird die Regelleistung von 60 auf 70 % des Eckre- gelsatzes angehoben. Wenn ich hier von einem (Heiner Bartling [SPD]: Um Gottes ersten Schritt spreche, dann tue ich das auch des- Willen!) halb, weil wir natürlich auch weiterhin auf eine Herr Watermann, bitte! wissenschaftlich fundierte Ermittlung der abzude- ckenden Bedarfe auf der Basis der Einkommens- (Ulf Thiele [CDU]: Jetzt muss er sich und Verbrauchsstichprobe 2008 warten. Die Erhe- wehren! Sonst ist er politisch am En- bung ist im letzten Jahr abgeschlossen worden, de!) sodass unser Bundesarbeitsminister jetzt hieran weiterarbeiten kann. Ulrich Watermann (SPD): Für mich gehören dazu auch kinderspezifischen Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Bedarfe einschließlich Schulmaterial und Mittages- schon froh darüber, dass Sie nicht versucht haben, sen in der Schule. Ob das zu erwartende Ergebnis links an mir vorbeizuschrammen. Das ist schon eine lineare Erhöhung der Leistungen für die Kin- eine ganze Menge wert. Wenn wir es dann noch der aller Altersgruppen rechtfertigen wird, vermag zusammen schaffen, die Eltern von den Kosten für ich heute noch nicht zu beurteilen. Schließlich Lernmittel freizustellen und die Studiengebühren hatten Fachleute des Deutschen Vereins für die abzuschaffen, dann können wir wirklich sagen, öffentliche und die private Fürsorge bei Kindern in dass wir für die Betroffenen so richtig was erreicht der Altersgruppe bis zur Einschulung in gewisser haben. Hinsicht Zweifel. Anders dürfte es sich aber bei der Vielen Dank. Gruppe der 14- bis 18-Jährigen darstellen. (Beifall bei der SPD) Für das Jahr 2009 wird es aus dem Konjunkturpa- ket II für jedes Kind eine weitere Leistung von Vizepräsident Dieter Möhrmann: 100 Euro geben, die nicht auf den Bedarf ange- rechnet wird. Deshalb halte ich es auch für hin- Meine Damen und Herren, jetzt sind wir alle ge- nehmbar, die möglicherweise anstehende grund- spannt darauf, was die Frau Ministerin zur Sache legende Revision der Regelsätze abzuwarten, die zu sagen hat. Frau Ministerin, Sie haben das Wort. ich für das nächste Jahr erwarte. Aus meiner Sicht kann über dieses Thema auch nur dann vernünftig Mechthild Ross-Luttmann, Ministerin für Sozia- diskutiert werden, wenn alle Fakten auf dem Tisch les, Frauen, Familie und Gesundheit: liegen. Dazu gehört auch die Auswertung der Er- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten gebnisse der Einkommens- und der Verbrauchs- Damen und Herren! Worum geht es hier? - Wenn stichprobe. ich die Wortbeiträge aller Fraktionen richtig ver- Sehr geehrte Frau Kollegin Helmhold, wenn wir standen habe, geht es, glaube ich, darum, dass wir darüber reden, was das Land tun kann oder nicht, uns alle im Grundsatz über eines einig sind: Wir werden wir uns mit allen uns zur Verfügung ste- alle wollen, dass die Regelsätze für Kinder, deren henden Mitteln auf Bundesebene dafür einsetzen. Eltern Transferleistung erhalten, angemessen sind Was wir aber nicht wollen, ist Ungerechtigkeit. Wir und sich an ihrem jeweiligen spezifischen Bedarf sind uns hier, glaube ich, darüber einig, dass In- orientieren. Ich glaube, dass wir uns alle in diesem vestitionen in die Familien Investitionen in die Zu- Hause darüber einig sind. Vielleicht sind aber die kunft sind. Wenn wir aber sagen, dass Investitio- Wege, die wir dahin gehen wollen, unterschiedlich. nen in die Familien Investitionen in die Zukunft Für mich ist das aber ein ganz wichtiger Punkt. sind, dann muss es unser aller Anliegen sein, alle Deshalb habe ich mich schon immer dafür einge- Familien gleich zu behandeln und gerecht zu sein. setzt, dass die Regelsätze für Kinder ihrem spezifi- Das heißt also: Familien, die auf Transferleistun- schen Bedarf entsprechen. Deshalb haben wir gen angewiesen sind, Familien, die ein niedriges auch schon entsprechende Bundesratsinitiativen Einkommen haben, und Familien mit einem höhe- gestartet. ren Einkommen. Meines Erachtens kann es nicht Ich bin froh, dass es in den Verhandlungen über angehen, dass das Land Niedersachsen als einzi- das Konjunkturpaket II gelungen ist, einen - ich ges Bundesland die Transferleistungen nur für die formuliere das ganz bewusst so - ersten Schritt zur Bezieher von Sozialhilfeleistungen anhebt, dies

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aber nicht auch für Hartz-IV-Bezieher tut. Welchen hang mit sozialen Leistungen, namentlich jeweils Grund könnten wir dafür anführen, dass wir für an der Stelle, an der das Recht auf Bezug von Menschen, die nicht erwerbstätig sein können, weil Sozialleistungen nicht mehr besteht, also oberhalb sie nicht erwerbsfähig sind, und für Menschen, die bestimmter Grenzen. Dort gibt es eigentlich die erwerbsfähig sind, aber keine Arbeit finden, unter- größten Härten. schiedlich hohe Regelsätze anwenden? - Das ist für mich nicht hinnehmbar. Im ersten Teil ihrer Rede hat Frau Helmhold vorhin zu meiner großen Freude den Musikunterricht (Beifall bei der CDU) erwähnt. Ich bin, wie viele von Ihnen wissen wer- Deshalb sollten wir nach wie vor darauf Wert le- den, lange Zeit Leiter einer Musikschule gewesen. gen, dass dieses Thema ein Bundesthema ist und Eines der schönen Elemente, die wir in unserer dass wir für alle Menschen die gleichen Regelsät- Gebührenordnung hatten, Herr Kollege Haase, war ze haben, nämlich für Menschen, die Hartz-IV die Sozialklausel, die mit Einverständnis der Stadt bekommen, und für Menschen, die auf Regelleis- Emden in der Gebührenordnung stand. Wer Be- tungen nach dem Sozialhilfegesetz angewiesen zieher sozialer Leistungen war, konnte in der Mu- sind. Wir brauchen hier eine Gleichbehandlung sikschule Emden und kann auch jetzt in fast allen und vor allem eine bundesweit einheitliche Lösung. Musikschulen seinen Musikunterricht zu sehr ge- Ich möchte nämlich nicht, dass es für die Men- ringen Geldbeträgen oder sogar völlig ohne eigene schen in den einzelnen Bundesländern unter- Geldbeträge bekommen. Das gilt für diejenigen, schiedlich bemessene Leistungen gibt. die Transferleistungen erhalten. Oberhalb der Ein- kommensschwellen gilt es allerdings nicht. Ich (Beifall bei der CDU) meine, dass wir ganz gut beraten wären, wenn wir - ich werde dazu wohl einmal eine Anfrage Vizepräsident Dieter Möhrmann: initiieren - uns einmal eine Übersicht verschaffen, Jetzt hat sich noch einmal Frau Helmhold zu Wort welche sonstigen Leistungen in Kommunen und gemeldet. Sie haben noch eine Minute. andernorts - Herr Focke hat vorhin die Lernmittel in Schulen angesprochen - es noch gibt, die den Ursula Helmhold (GRÜNE): Empfängern von Transferleistungen und kinderrei- chen Familien das Leben erleichtern. Wir haben es Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau hier mit einem weiten Feld mit viel Bürokratie zu Ministerin, nur eine Bemerkung: Mir ist ja klar, dass tun. Administrationskosten belasten dabei die öf- dies eine Ungleichbehandlung wäre. Ich finde al- fentliche Hand. Solche Kosten müssen immer in lerdings, wenn wir für die Bezieher von Leistungen Rechnung gestellt werden. nach SGB XII eine entsprechende Erhöhung vor- nehmen, würden wir uns selber sehr unter Druck (Beifall bei der FDP - Ursula Helmhold setzen, diese Ungerechtigkeit zu beenden. Sie [GRÜNE]: In Musikfragen fühle ich reden über die eine Ungerechtigkeit. Ich rede über mich nicht so kompetent!) die andere und sehr viel größere Ungerechtigkeit, nämlich dass jeder, der Kinder hat, jetzt eine Kin- Vizepräsident Dieter Möhrmann: dergelderhöhung bekommt, aber jeder, der Bezie- her von Transferleistungen ist und das Geld viel- Frau Helmhold möchte nicht mitsingen. leicht auch sehr nötig hat, das Geld nicht be- kommt. Diese Ungerechtigkeit erscheint mir noch Ich stelle fest, dass es keine weiteren Wortmel- sehr viel größer. Das ist die Ungerechtigkeit, die dungen gibt. ich mit diesem Antrag beseitigen will. Ich schließe die Beratung. (Beifall bei den GRÜNEN) Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Vizepräsident Dieter Möhrmann: Wer den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie Frau Helmhold, Sie haben jetzt eine Kurzinterven- und Gesundheit mit dem Antrag beschäftigen tion verursacht. Herr Riese, bitte! möchte, gebe bitte das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Es ist Roland Riese (FDP): einstimmig so beschlossen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf: leider sehr viele Ungerechtigkeiten im Zusammen-

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Jetzt nachhaltig investieren: Kommunalen In- Der Opferschutz hat für uns große Bedeutung. vestitionsstau überwinden und Klima schützen! Deshalb wurde die Opferschutzkonzeption im ak- - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - tuellen Haushalt gestärkt. Als Beispiel erwähne ich Drs. 16/801 das Projekt K.U.R.S. zur Rückfallvermeidung von Sexualstraftätern. Der beste Schutz vor neuen Straftaten ist die erfolgreiche Resozialisierung der Die Fraktionen sind sich darüber einig geworden, Gefangenen. dass über diesen Antrag heute nicht beraten wird, sondern er direkt an den Ausschuss überwiesen (Beifall bei der CDU und bei der FDP) wird. - Ich sehe, dass dem gefolgt wird. Sicherheit und soziale Integration sind gleichwerti- Wer dafür ist, dass sich der Ausschuss für Haus- ge Vollzugsziele in Niedersachsen. Den Weg der halt und Finanzen mit dieser Thematik beschäfti- Sicherheit bei gleichzeitiger sozialer Integration gen soll, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt wollen wir im niedersächsischen Strafvollzug fort- es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist setzen. Wir haben dafür den heute zur Beratung so beschlossen. anstehenden Antrag eingebracht, mit dem die ge- plante Neustrukturierung des Justizvollzugs der Ich rufe dann Tagesordnungspunkt 27 auf: Landesregierung unterstützt wird. Wir treten für eine zügige Umsetzung der Vorhaben ein.

Erste Beratung: Die zukunftsfähige Strukturplanung für den Justiz- Mehr Sicherheit, bessere soziale Integration vollzug sieht den weiteren Ausbau der Sozialthe- und größere Wirtschaftlichkeit - Neuordnung rapie und den Aufbau der durchgehenden Betreu- des Justizvollzuges zügig umsetzen! - Antrag ung der Gefangenen in der Fläche vor. Es ist ge- der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/812 plant, zukünftig in jeder JVA - mit Ausnahme der Frauen- und Jugendhaftanstalten - alle Haftarten vorzuhalten: U-Haft, Strafhaft, offenen Vollzug und Zur Einbringung hat sich Frau Konrath von der Sozialtherapie. Das erleichtert die Belegungspla- CDU-Fraktion gemeldet. Bitte schön! nung und verbessert die Behandlungs- und Be- treuungsqualität der Betroffenen. Damit geht die Gisela Konrath (CDU): Reform der Bewährungshilfe, der Führungsaufsicht Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Si- und der Gerichtshilfe einher, die am 1. Januar cherheit in sozialer Verantwortung“ ist das Motto 2009 zu einem gemeinsamen Justizsozialdienst der Justizvollzugspolitik in Niedersachsen. Sicher- zusammengeführt wurden. heit für die Bevölkerung, erfolgreiche Resozialisie- Ein wichtiger Aspekt für die erfolgreiche Integration rung der Gefangenen, Wirtschaftlichkeit und gute ist der Vorrang von Arbeit und Ausbildung in der Arbeitsbedingungen für die Bediensteten sind Vollzugsgestaltung. Inzwischen gehen 75 % der Maßstab und Richtschnur für die Justizvollzugs- Gefangenen einer Beschäftigung nach. Das be- gestaltung. deutet nahezu Vollbeschäftigung. Zur Erinnerung: Die Erfolge dieser konsequenten Justizvollzugspo- Im Jahre 2002 betrug die Beschäftigungsquote litik sind sichtbar. Wir haben deutlich weniger Ent- lediglich 50 %. Die Vorteile liegen auf der Hand: weichungen von Gefangenen zu verzeichnen. In Arbeit und berufliches Lernen sind die besten Vor- der letzten Legislaturperiode gab es 9 Ausbrüche aussetzungen zur Wiedereingliederung und Rück- gegenüber 34 Ausbrüchen zwischen 1998 und fallvermeidung. 2003. Im Jahre 2007 gab es überhaupt keinen (Beifall bei der CDU) Ausbruch, im Jahre 2008 gab es einen. Es gab auch erkennbar weniger Missbräuche von Voll- Arbeit und Ausbildung strukturieren in sinnvoller zugslockerungen. Die Zahl der Fälle von Gewalttä- Weise den Tagesablauf. Das sind gute Startbedin- tigkeiten unter Gefangenen ist ebenfalls rückläufig. gungen für ein Leben in Freiheit. Es ist eine Er- Diese positive Entwicklung der letzten sechs Jahre folgsgeschichte dieser Landesregierung, diese belegt: Die Bürgerinnen und Bürger in Niedersach- Leistungen erbracht zu haben. sen sind besser davor geschützt, Opfer von Straf- taten zu werden. (Zustimmung bei der CDU) (Beifall bei der CDU) Zur sozialen Verantwortung im Strafvollzug gehört selbstverständlich die menschenwürdige Unter-

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bringung der Gefangenen. Der Grundsatz des Nie- Kurz- und Freizeitarrest soll von 100 auf 165 auf- dersächsischen Justizvollzugsgesetzes, Gefange- gestockt werden. ne einzeln unterzubringen, ist zu 78 % verwirklicht. (Zustimmung von Dr. Max Matthiesen Mehr als drei Viertel aller Insassen verfügen über [CDU]) eine Einzelzelle. Darauf sind wir stolz. Vor 2003 standen lediglich für 52 % der Gefangenen Einzel- Ein erhöhter Bedarf ergibt sich auch aufgrund des zellen zur Verfügung. Mit dieser guten Einzelbele- eingeführten Warnschussarrests, der bei schneller gungsquote geben wir uns aber nicht zufrieden. und nachhaltiger Vollstreckung bessere Wirkung Was gut ist, kann noch besser werden. Wir wollen entfalten kann. Strafe soll der Tat zeitnah folgen. die Einzelbelegung der Zellen Schritt für Schritt (Zustimmung bei der CDU) weiter ausbauen. Das ist im Bereich der Untersu- chungshaft vordringlich und wichtig. Gemein- Die Umgestaltung der Vollzugslandschaft ist ein schaftsunterbringung von drei und mehr Gefange- weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Qualität im nen soll es nicht mehr geben. Das Niedersächsi- Strafvollzug. Der Justizvollzug in Niedersachsen sche Justizvollzugsgesetz schreibt die Einzelbele- hat eine außergewöhnlich erfolgreiche Entwicklung gung als Grundsatz fest. Abweichungen zum Woh- genommen. le der Gefangenen sind aber möglich. Das ist auch (Zustimmung bei der CDU und von durchaus sinnvoll, wie die Praxis immer wieder Christian Dürr [FDP] - Zurufe von der zeigt. Sind Betroffene suizidgefährdet, gebrechlich SPD) oder haben sie selbst den Wunsch, nicht einzeln untergebracht zu werden, so sind die Anwesenheit - Ja, das ist so. - Wir stehen mit voller Überzeu- und die Hilfe eines Mitgefangenen von Vorteil. gung dahinter. Mit unserem Antrag wollen wir die Dafür muss es freilich gute Gründe geben. Strukturplanung der Landesregierung unterstützen. Wir plädieren für eine zügige Umsetzung. Die Er- Der Vorstoß des Ministers, für Hafträume bauliche folge gilt es fortzusetzen. Standards festzulegen, die eine menschenwürdi- Vielen Dank. ge, rechtmäßige und sichere Unterbringung der Gefangenen gewährleisten, findet auf unserer (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Seite uneingeschränkte Zustimmung. Zu kleine Hafträume können Stress und Unruhe hervorrufen, Vizepräsident Dieter Möhrmann: zu Tätlichkeiten der Gefangenen untereinander Meine Damen und Herren, nächster Redner ist führen und die Arbeitsbedingungen - auch das ist Herr Brunotte von der SPD-Fraktion. wichtig - der Bediensteten erschweren. Das soll nicht sein. Marco Brunotte (SPD): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Unterstützend für den weiteren qualitativen Fort- Herren! Welchen Stellenwert CDU und FDP ihrem schritt des Justizvollzuges im Sinne einer noch eigenen Antrag beimessen, das haben wir gerade stärker behandlungsorientierten Vollzugsgestal- gesehen. 13 Abgeordnete sind bei einem so wich- tung ist geplant, die Vollzugslandschaft in Nieder- tigen Thema, das scheinbar einer Ihrer Schwer- sachsen neu zu ordnen. Dabei geht es nicht um punkte in der Regierungsarbeit ist, anwesend. Das die Erhöhung der Haftkapazität, sondern die Quali- ist mehr als jämmerlich. tätssteigerung im Vollzug ist das Ziel. Eine Neu- ordnung der Haupt- und Nebenanstalten schafft (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- bessere Rahmenbedingungen für zukunftsfähige NEN und bei der LINKEN) Strukturen, gerade auch unter wirtschaftlichen und An der Stelle erhebt sich auch noch einmal die verwaltungstechnischen Aspekten. Eine kleine Frage: Warum dieser Antrag? - Er enthält keine Haftanstalt, die ebenso viele Gefangene wie Be- Neuigkeiten. Minister Busemann hat bereits im dienstete hat - soweit ich weiß, gibt es in Alfeld letzten Jahr alle Details zur Neuordnung der Voll- mehr Bedienstete als Gefangene -, ist nach dem zugslandkarte vorgestellt und arbeitet an der Um- Gebot der Wirtschaftlichkeit nicht tragbar. Das ist setzung. zu beachten. Schließlich geht es um erhebliche Kosten im Landeshaushalt. (Ulf Thiele [CDU]: Herr Brunotte, mit Ihnen sind Sie zehn!) In diesem Zusammenhang soll auch der Jugendar- rest reformiert werden. Die Zahl der Plätze für den - Wir sind auch ein paar weniger als Sie.

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(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Sie hier besteht an der einen oder anderen JVA noch sind der Elfte! - Unruhe) deutlicher Handlungsbedarf. Hier gibt es sehr star- ke regionale Unterschiede. Vizepräsident Dieter Möhrmann: Stattdessen aber gibt es Chaostage im Vollzug. Mit Meine Damen und Herren, um das genau zu zäh- Ihrem Projekt Vollzugslandkarte und der Schließlis- len, könnten wir jetzt einen Hammelsprung anord- te für neun Anstalten haben Sie für Unruhe und nen. Aber das möchte ich gerne vermeiden. Herr Verunsicherung gesorgt. Für Sie scheint größere Brunotte, Sie haben das Wort. Wirtschaftlichkeit im Strafvollzug das Thema zu sein. Erklären Sie uns doch bitte einmal, wie Wirt- Marco Brunotte (SPD): schaftlichkeit im Vollzug Ihrer Meinung nach be- Vielen Dank. - Trauen Sie Ihrem eigenen Minister messen werden soll! Ist das der allgemeine bauli- nicht mehr zu, dass er seine Ankündigungen um- che Zustand einer Anstalt? Ist das der Personal- setzt? Brauchen Sie dafür einen Antrag? - Die aufwand? Sind das Einsparungen bei Abläufen, Pläne von Minister Busemann und Ihr Antrag sind weil sich nebenan ein Gericht befindet und lange eine Absage an alle, die sich für einen modernen Fahrten entfallen? Oder ist Erfolg auch ein wirt- und nachhaltigen Strafvollzug einsetzen. schaftlicher Faktor? Ist es erfolgreiche Resoziali- sierung? (Christian Dürr [FDP]: Bitte? Was hat Ihre Partei denn gemacht?) Anstatt die Entscheidung mit Transparenz und nachvollziehbaren Kriterien zu unterlegen, lassen Wir hätten uns mehr gefreut, wenn Sie dem Land- Sie die Streichliste nach reiner Willkür aussehen tag längst überfällige Änderungen für das Nieder- und bemühen sich auch nicht darum, Licht ins sächsische Justizvollzugsgesetz vorgelegt hätten. Chaos zu bringen. Hier ist mehr Kommunikation Das war aber leider nicht der Fall. erforderlich, um die Beschäftigten nicht weiter über (Beifall bei der SPD und bei den ihre berufliche Zukunft im Dunkeln zu lassen. Sie GRÜNEN) diskreditieren die erfolgreiche und engagierte Ar- beit vieler Bediensteter im Vollzug. Das ist in kei- Zu den Details Ihres Antrags: 850 Haftplätze ge- ner Form akzeptabel. schaffen, Situation im Vollzug deutlich verbessert. Das stimmt. Das ist aber nicht wegen CDU und (Beifall bei der SPD und bei den FDP so, sondern trotz CDU und FDP. GRÜNEN) (Beifall bei der SPD) CDU und FDP fordern mehr heimatnahe Unter- bringung. Das ist ein gutes Ziel. Aber erklären Sie Die Neubauten Sehnde und Roßdorf haben zu uns doch bitte einmal, wie durch eine zentrale einer deutlichen Entlastung im Vollzug geführt. 850 Anstalt in Bremervörde Heimatnähe erreicht wer- zusätzliche Haftplätze sind geschaffen worden, den soll! Das ist ein Widerspruch, den Sie bisher in aber nicht durch die Regierung Wulff. Vielmehr keiner Form aufklären konnten. haben Sie das übernommen, was die Vorgänger- regierung hinterlassen hat. Diese Neubauten ha- (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- ben Sie weitergeführt, aber nicht geplant. NEN und bei der LINKEN) (Beifall bei der SPD) Gleiches gilt auch für die angeblichen Überkapazi- täten im offenen Vollzug. Deshalb wollen Sie in Wir freuen uns sehr, dass Sie endlich den Vor- Achim, Gifhorn, Holzminden, Königslutter und Os- schlägen folgen, die wir und die Grünen gemacht nabrück/Schinkelstraße Schließungen vornehmen. haben, und Einzelunterbringung im Vollzug zum Ändern Sie doch endlich das Justizvollzugsgesetz! Standard erklären wollen, bei der Sie derzeit eine Offener Vollzug muss in Niedersachsen wieder Quote von 78 % aufweisen können. Diese gilt es zum Regelvollzug werden. weiter auszubauen. (Beifall bei der SPD und bei den (Zustimmung bei den GRÜNEN - Zu- GRÜNEN) ruf von Gisela Konrath [CDU]) Sorgen Sie dafür, dass mehr Inhaftierte in den - Ja, ja, Frau Konrath. offenen Vollzug verlegt werden können, und Das Gleiche gilt auch für das Thema Beschäfti- schenken Sie dem Vollzug mehr Vertrauen, damit gungsquote. 75 % sind ein richtiger Schritt. Aber sich Inhaftierte in der Freiheit erproben können!

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Dann brauchen wir auch die vorhandenen Plätze. (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- Eines ist ebenfalls klar: Offener Vollzug muss in NEN und bei der LINKEN) den Ballungsräumen stattfinden, da nur hier aus- Unter dem Strich ist allen Beteiligten klar: Hünfeld reichend Arbeit, Behandlungsangebote und die ist ein Flop. Bremervörde wird ein Flop werden. erforderliche Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung stehen. Zum Schluss noch ein Blick auf Holzminden: Der Kreistag hat einstimmig - also auch mit den Stim- Es gibt katastrophale bauliche Zustände im Voll- men von CDU und FDP - eine Resolution gegen zug. Anstalten wie Hannover, Bückeburg, Wolfen- die Schließung der örtlichen JVA verabschiedet. büttel und Osnabrück entsprechen in keiner Weise Nur einer hatte nicht den Mumm, die Entscheidun- den Standards. Dort gibt es menschenunwürdige gen des Kabinetts zu vertreten und zu ihnen zu Verhältnisse in der Unterbringung, die weder für stehen: Innenminister Schünemann verließ kurz Bedienstete noch für Inhaftierte hinnehmbar sind. vor der Abstimmung die Sitzung. Peinlich, peinlich! Mit Blick auf diese Tatsache wirkt Ihre Forderung Vom harten Hund zum fliehenden Angsthasen! nach besseren baulichen Standards im Vollzug wie (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- Hohn. Mit dem Haushalt für dieses Jahr stellen Sie NEN und bei der LINKEN) trotz eines immensen Sanierungsstaus keine zu- sätzlichen finanziellen Mittel zur Verfügung. Aber Da sind wir eigentlich anderes von Ihnen gewöhnt, 270 Millionen Euro für das ÖPP-Projekt Bremer- Herr Schünemann. Das müssen Sie uns einmal vörde werden bereitgestellt. Dabei handelt es sich erklären. um eine Anstalt mit 300 Plätzen. Im niedersächsi- Aber die Hinweise verdichten sich, dass nicht nur schen Vollzug gibt es 7 700 Haftplätze. Davon sind wir Bedenken haben. Wir sind sehr gespannt, wie mehr als 1 100 nicht belegt. Der demografische die Stellungnahme des niedersächsischen Rech- Wandel wird für weiter sinkende Haftzahlen sor- nungshofes aussehen wird. gen. Ein Hafttag in Niedersachsen kostet fast 100 Euro. Hier wäre es deutlich effektiver, mehr (Wolfgang Jüttner [SPD]: Allerdings!) auf Haftvermeidungsstrategien zu setzen und die Eines steht schon jetzt fest: Wenn Sie die Zeit, Bewährungshilfe weiter zu stärken. Energie und finanziellen Ressourcen, die bisher für das Projekt aufgebracht werden mussten, hinzu- (Beifall bei der SPD und bei den rechnen, ist Bremervörde schon heute ein wirt- GRÜNEN) schaftlicher Totalverlust. Zur ÖPP: Wir haben uns im Sommer 2008 die Meine sehr geehrten Damen und Herren, weniger teilprivatisierte Anstalt in Hünfeld, Hessen, ange- Markt, mehr Staat - das müssen die Lehren aus sehen. Das ist eine schöne Anstalt, die den bauli- der Finanzkrise sein. Gleiches muss auch für den chen Anforderungen an einen modernen Strafvoll- Strafvollzug in Niedersachsen gelten. Für private zug entspricht. Aber dann hört es auch auf. Die Betreiber ist hier kein Platz. finanziellen Vorteile im Betrieb treten entgegen allen Prognosen nicht ein. Stattdessen kostet die- (Beifall bei der SPD und bei der LIN- se Anstalt jährlich 700 000 Euro mehr als eine KEN sowie Zustimmung bei den konventionell betriebene Anstalt - also keine Ein- GRÜNEN) sparungen, sondern Mehrkosten. Sie sind hier entgegen den Erfahrungen anderer (Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- Bundesländer wie z. B. Hessens als Geisterfahrer NEN und bei der LINKEN) im Justizvollzug unterwegs. Wir werden Ihrem Irrweg nicht folgen und das Projekt Vollzugsland- Aber dafür wird bei den Bediensteten eingespart. karte aus voller Überzeugung ablehnen. Wir wollen mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit im Strafvollzug (Hans-Dieter Haase [SPD]: Genau!) durch das Projekt erfolgreiche Resozialisierung. Das Lohnniveau der Beschäftigten des Dafür werden wir kämpfen. Dienstleisters Serco, der die privatisierten Bereiche Danke. abdeckt, soll 30 % unter dem der Landesbediens- teten liegen. Das ist ein unhaltbarer Zustand. (Beifall bei der SPD und bei der LIN- Dumping auf Kosten der Mitarbeiter, das wird es KEN sowie Zustimmung bei den mit uns nicht geben. GRÜNEN)

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Vizepräsident Dieter Möhrmann: beit der niedersächsischen Justizvollzugsbediens- Meine Damen und Herren, als nächstem Redner teten gewürdigt. gebe ich Herrn Limburg von der Fraktion Bünd- (Zustimmung von Jens Nacke [CDU]) nis 90/Die Grünen das Wort. Diesem Lob, dieser Würdigung schließe ich mich Helge Limburg (GRÜNE): ausdrücklich an. Die niedersächsischen Strafvoll- zugbediensteten leisten eine hervorragende Arbeit. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu- Aber auf der anderen Seite - ich verstehe bis heute nächst einmal möchte ich etwas zum Stil dieses nicht, wie das bei Ihnen zusammengeht - sagen Antrages sagen. Da lesen wir nach der Vorbemer- Sie: Diese Arbeit ist nicht gut genug. In Bremer- kung: „Vor diesem Hintergrund bitten wir die Lan- vörde nehmen wir den niedersächsischen Bediens- desregierung …“ Meine Damen und Herren, dieser teten die Arbeit weg und legen sie in die Hände Landtag ist das einzige direkt gewählte Verfas- privater Firmen, die das angeblich noch besser sungsorgan in Niedersachsen. Ich finde, dieser können. - Das ist doch kein Kompliment, das ist Landtag sollte die Landesregierung nicht im Stile eine Ohrfeige für die engagierten Bediensteten im von Untertanen bitten, irgendeine Maßnahme um- Strafvollzug! zusetzen. Ich finde, uns als direkt gewählten Volksvertretern steht es zu, offensiv und selbstbe- (Zustimmung bei den GRÜNEN, bei wusst Forderungen aufzustellen. der SPD und bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Sie haben recht, Herr (Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- Limburg! Sie haben tatsächlich nichts stimmung bei der SPD und bei der verstanden!) LINKEN - David McAllister [CDU]: Sie sind nicht direkt gewählt!) Sie haben in dieser Debatte die Möglichkeit - auch Sie, Herr Thiele -, einmal zu erklären, wie das bei Aber jetzt zum Inhalt: Ich freue mich, dass Sie von Ihnen zusammengeht und wie Sie das Lob mit der CDU und FDP lernfähig sind. faktischen Kritik und Herabwürdigung der Arbeit (Hans-Dieter Haase [SPD]: Aber nur der staatlich Bediensteten zusammenbringen. beschränkt!) (Ulf Thiele [CDU]: Ich bin ungefähr Im Jahr 2007, als die heutige Schulministerin Heis- 20 kg leichter als Herr Nacke! - Jens ter-Neumann das neue Niedersächsische Justiz- Nacke [CDU]: Und blond!) vollzugsgesetz durchpeitschte, hat sie gegen den - Meine verehrten Kollegen von der CDU, ich weiß, Rat vieler Expertinnen und Experten und gegen dass es für Sie anstrengend ist, sich noch am Frei- die Kritik von SPD und Grünen die Mehrfachzel- tagvormittag auf einen sachlichen Redebeitrag zu lenbelegung ins Gesetz geschrieben und damit konzentrieren. Aber ich möchte Sie bitten, die eine Ausweitung der Mehrfachzellenbelegung in Stimme ein bisschen zu senken und hier nicht Niedersachsen ermöglicht. Jetzt, etwas mehr als permanent Zwiegespräche aus der ersten Reihe ein Jahr später, haben Sie aus der Realität gelernt zu führen. und stellen begrüßenswerterweise die Forderung auf, die Mehrfachzellenbelegung massiv zurückzu- (Zustimmung bei der SPD und bei der fahren. Meine Damen und Herren, wenn Sie schon LINKEN - Professor Dr. Dr. Roland damals auf die Opposition gehört hätten, dann Zielke [FDP]: Herr Präsident Limburg! hätten Sie sich diesen Antrag heute schenken - Unruhe bei der CDU) können. - Das hören Sie nicht gerne. Damit haben Sie ein (Beifall bei der SPD und bei den Problem. Nicht wahr? Das kann ich nachvollzie- GRÜNEN) hen. Jetzt aber zu einem zentralen Projekt dieser Lan- Ein letzter Aspekt: Erst kürzlich hat der Staatsge- desregierung und auch dieses Antrages - mein richtshof in Bückeburg, das niedersächsischen Kollege Brunotte hat es gerade schon angespro- Verfassungsgericht, unter dem Vorsitz von Herrn chen -: die teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt in Richter Ipsen, der von Ihnen nominiert wurde, die Bremervörde. Meine Damen und Herren, auf der Privatisierung eines Teils der Landeskrankenhäu- einen Seite haben Sie im Landtag immer wieder - ser scharf kritisiert und in seinem Urteil gesagt: Sie Herr Busemann hat das getan, Frau Konrath hat können Kernbereiche hoheitlicher Aufgaben nicht das getan - mit Lippenbekenntnissen die gute Ar- so privatisieren, wie Sie es gemacht haben. - Bitte

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ziehen Sie aus diesem Urteil endlich Konsequen- Sie können hier nicht einen Entschließungsantrag zen für die Zukunft! Ziehen Sie Konsequenzen für vorlegen, in dem Sie die Konsequenzen Ihrer Ent- Bremervörde, und stoppen Sie diese privatisierte scheidung eigentlich gar nicht deutlich machen. Anstalt! Zweite Bemerkung. In Ihrer Entschließung heißt Herzlichen Dank. es, dass im Bereich des offenen Vollzuges Über- (Beifall bei den GRÜNEN, bei der kapazitäten zu verzeichnen seien. Das klingt so, SPD und bei der LINKEN) als sei diese objektive Tatsache gegeben und nicht gemacht. In Wirklichkeit schöpfen Sie die Möglich- Vizepräsident Dieter Möhrmann: keiten, Resozialisierung durch offenen Vollzug zu gestalten, gar nicht aus. Es gibt - darauf ist schon Meine Damen und Herren, nächster Redner ist von Herrn Brunotte hingewiesen worden - viel zu Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE. wenige Maßnahmen in diesem Bereich, viel zu (Hans-Christian Biallas [CDU]: Eine wenige Übergänge in das Leben ohne Freiheits- echte Steigerung!) entziehung, die man aber gerade mit dem offenen Vollzug schaffen könnte. Diese Überkapazitäten - Herr Kollege, das war an der Grenze dessen, stellen Sie also durch ein falsches Vollzugskonzept was wir eigentlich nicht verabredet hatten. erst her. Das muss man dazu sagen. Hans-Henning Adler (LINKE): (Beifall bei der LINKEN und Zustim- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und mung bei den GRÜNEN) Herren! Zunächst einmal freue ich mich darüber, Dritte Bemerkung. Der erste Absatz Ihres Ent- dass sich die Reihen der Fraktion der CDU inzwi- schließungsantrages liest sich wie ein Selbstlob schen etwas gefüllt haben. Ich betrachte das als der Regierung. Dann steht da der Satz: „Auch Kompliment und Ausdruck der Aufmerksamkeit für leicht zurückgehende Gefangenenzahlen haben zu unsere Ausführungen, die Sie gleich hören müs- einer - landesweit betrachtet - ausgeglichenen sen. Belegung geführt.“ Das geht natürlich auf einen Erste Bemerkung. Sie haben hier einen Entschlie- Rückgang bei der Zahl der Verurteilungen zurück. ßungsantrag vorgelegt, nach dem der Landtag ein Das ist in der Tat wahr. Das spielt ein bisschen auf Konzept begrüßen soll, das in dieser Entschlie- die Frage der Kriminalstatistiken an. Diese werden ßung gar nicht richtig ausgeführt ist. Sie verweisen nämlich nach Belieben, je nachdem, wie man sie nur auf das vorgestellte Konzept und führen gar politisch gerade braucht, herangezogen. Wenn es nicht aus, was sich dahinter eigentlich verbirgt. Sie um „law and order“ und neue Sicherheitsgesetze verschweigen, dass nach diesem Konzept zahlrei- geht, heißt es, die Kriminalität nehme zu. Dabei che Justizvollzugsanstalten in Niedersachsen ge- greift man meist auf die Verdächtigtenzahlen der schlossen werden sollen, nämlich Achim, Alfeld, Polizei zurück. Wenn es einem gerade anders in Gifhorn, Holzminden, Königslutter, Osna- den Kram passt, dann wird darauf hingewiesen, brück/Schinkelstraße, Peine, Stade und Verden. dass wir im Grunde weniger Verurteilungen haben. Eigentlich müssten Sie noch Emden und Bücke- Das hängt nämlich immer damit zusammen, was burg hinzurechnen, weil da eine Verlagerung der eine Gesellschaft verfolgen zu müssen meint. Aufgaben stattfindet. Das haben Sie nicht in Ihren Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Am Mittwoch ist Entschließungsantrag geschrieben. ein Bericht herausgekommen, nach dem die Deut- Die Schließung dieser Anstalten verschlechtert den sche Bank im letzten Jahr 4 Milliarden Euro Verlust Kontakt der Gefangenen zu ihren Familien an all gemacht hat. Ich erinnere Sie daran, was der Chef diesen Orten; ich erinnere mich an die Worte, die der Deutschen Bank den Aktionären noch vor we- Frau Ross-Luttmann eben zum Thema Familie nigen Wochen und Monaten erzählt hat: wie gut gesagt hat. Nur an einem Ort wird er vielleicht die Deutsche Bank angeblich dastehe. Das hat er besser: in Bremervörde. Aber für die Frage der getan, um Kurspflege zu betreiben. Das war Be- Resozialisierung ist der Kontakt der Gefangenen trug. Nur: Solche Wirtschaftskriminelle werden zu ihren Familien sehr entscheidend. Wie soll eine nicht verfolgt. Resozialisierung stattfinden, wenn er nicht gewähr- leistet ist? (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Wenn Sie daran denken würden, in diesem Be- reich die Maßstäbe anzulegen, die in anderen

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Bereichen angelegt werden, dann müssten wir Wie es unser Antrag schon sagt, gibt es in unse- über die Art und Zusammensetzung der Gefäng- rem Justizvollzug eigentlich wenig zu verbessern. nisse sicherlich noch einmal neu nachdenken. In mancher Hinsicht ist er nahezu perfekt, z. B. was die Ausbruchsicherheit betrifft. Trotzdem ist (Beifall bei der LINKEN) klar, dass der Justizvollzug in einem sich wandeln- den gesellschaftlichen Umfeld immer wieder vor Vizepräsident Dieter Möhrmann: neuen Aufgaben und Herausforderungen steht, Meine Damen und Herren, nächster Redner ist genauso wie andere, auf den ersten Blick vielleicht Herr Professor Dr. Zielke von der FDP-Fraktion. publikumsnähere Bereiche der Justiz.

Professor Dr. Dr. Roland Zielke (FDP): Wer sich ein bisschen an die Geschichte des Nie- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werter dersächsischen Justizvollzugsgesetzes zurücker- Kollege Limburg, was den Umgangston im Parla- innert, dem wird bekannt sein, dass wir von der ment oder mit der Regierung anbetrifft, so können FDP nun wirklich nicht zu den Fans von Mehrfach- wir natürlich auffordern, wir können zähneflet- unterbringungen in Hafträumen zählen. Für uns schend auffordern, oder wir können bitten. Unse- war immer das Ziel und der anzustrebende Regel- rem Umgangston entspricht es normalerweise fall, dass alle Gefangenen einzeln untergebracht eher, dass wir bitten. werden können. Da gab es gar kein Vertun. Des- halb begrüßen wir ausdrücklich die Umwandlung (Beifall bei der FDP und bei der CDU - von Hafträumen für Mehrfachbelegung in solche Björn Thümler [CDU]: Das führt übri- für Einzelbelegung. In der Hinsicht ist mittlerweile gens zum gleichen Erfolg! - Ursula sehr viel erreicht worden, und wir sind weiter auf Helmhold [GRÜNE]: Das entspricht gutem Weg. Dass wir dafür jetzt bauliche Stan- aber nicht dem Selbstverständnis des dards festschreiben wollen, heißt in keiner Weise, Parlaments!) dass wir nicht schon längst solche Standards de Lassen Sie mich eines vorab ganz deutlich fest- facto einhalten würden. stellen: Wir haben in Niedersachsen einen hervor- ragenden Strafvollzug. - Herr Brunotte, wenn Sie in Es ist richtig: Nicht ausreichend abgetrennte Toilet- dem Zusammenhang von Chaostagen sprechen, tenräume bei mehrfach belegten Zellen über Wo- dann entbehrt das der Realität. chen und Monate - ja, das hat es in Einzelfällen gegeben, und das ist seinerzeit zu Recht moniert Vizepräsident Dieter Möhrmann: worden. Aber das ist zum Glück schon lange, lan- ge her. Wir stehen für einen Justizvollzug, der die Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage Menschenwürde der Gefangenen achtet, ohne von Herrn Brunotte? Wenn und Aber!

Professor Dr. Dr. Roland Zielke (FDP): Etwas ausführlicher möchte ich auf die Nr. 4 ein- Nein. gehen. Wir haben in Niedersachsen derzeit genug (Marco Brunotte [SPD]: Schade!) Haftplätze. Es ist nicht anzunehmen, dass die Zahl der unterzubringenden Straftäter plötzlich drama- Herr Brunotte, Sie haben den offenen Vollzug als tisch steigen würde. Aber das ist eben nicht alles. Regelvollzug gefordert. Damit würden Sie tatsäch- Wer Haftanstalten kennt, der weiß, dass sich die lich unter Umständen ein Chaos erzeugen, das Sie einzelnen niedersächsischen Lokationen in ihrer vielleicht gar nicht wollen; denn bei der Entschei- Eignung für einen zukunftsorientierten Strafvollzug dung, ob ein Strafgefangener in den offenen Voll- trotz aller bisherigen Modernisierungen erheblich zug kommt oder nicht, entscheidet eine Kommissi- unterscheiden. Neue Sicherheitserkenntnisse hin- on von Fachleuten in jedem einzelnen Fall. Und sichtlich der baulichen Standards lassen sich in die entscheiden sehr sorgfältig. alten Gebäuden oft nur mit unvertretbarem Auf- (Beifall bei der FDP und bei der CDU) wand realisieren. Aber auch für Maßnahmen der schulischen Bildung - viele Täter haben ja keinen Von einem können Sie mit Sicherheit ausgehen: Schulabschluss - oder beruflichen Fortbildung Ein Weniger an Sicherheit wird diese Koalition fehlen oft die geeigneten Räumlichkeiten. ihren Bürgern niemals zumuten! (Zuruf von der SPD: Und geeignete (Beifall bei der CDU) Maßnahmen!)

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Und nicht zu vergessen: In unseren Justizvoll- Justizvollzugsanstalten und haben dort mit An- zugsanstalten gehen mittlerweile drei Viertel aller staltsleitungen und vor allem mit den Bediensteten Gefangenen einer Erwerbstätigkeit nach. In den gesprochen. Fragen Sie die, die auf der Streichlis- Betrieben hinter den Mauern werden wirklich nicht te stehen, mal, was bei ihnen los ist! Sie überle- nur Tüten geklebt. Die Produktion in den Betrieben gen, wie es in ihrer Anstalt weitergeht und wie sie unserer Justizvollzugsanstalten fließt ein in die in ihrer Arbeit akzeptiert und angenommen sind. Wertschöpfungsketten vieler regionaler kleiner und Sie fühlen sich bei Weitem nicht genug angenom- mittlerer Unternehmen. Diese Unternehmen müs- men. Das ist Ihr Verdienst zusammen mit der sen sich am Markt behaupten. Deshalb sind auch CDU. die zuliefernden Betriebe aus den Haftanstalten (Beifall bei der SPD und bei den letztlich Teil des Wettbewerbs und können auf die GRÜNEN) Dauer nicht mit veralteten Maschinen oder Produk- tionsmethoden am Markt bestehen. Sie brauchen in dem Zusammenhang auch nicht von „Wertschätzung der Arbeit der Justizbediens- Im Sinne einer gelingenden Resozialisierung der teten“ zu sprechen. Denen haben Sie mit Ihrem Gefangenen ist jede geregelte Tätigkeit und vor allem Arbeit von eminenter Bedeutung. Noch bes- Antrag genau gezeigt, was Sie von Vollzug in den ser ist es offensichtlich, wenn diese Arbeit so quali- Anstalten halten. fiziert ist und die Gefangenen so weit zusätzlich Zum Thema Sicherheit: Ja, es stimmt, die Zahl der qualifiziert, dass sie auf eine geregelte Tätigkeit Ausbrüche ist in den letzten Jahren gesunken. Wir nach der Strafverbüßung hingeführt werden. Das streiten auch gar nicht darüber, dass das etwas bedeutet, dass Haftanstalten auch hinsichtlich Sinnvolles ist. ihres betrieblichen Modernisierungspotenzials betrachtet werden müssen. (Lachen bei der CDU und bei der FDP) (Glocke des Präsidenten) Es gibt aber eine zweite Sicherheit, nämlich die Insgesamt - ich komme zum Schluss - ist der Er- soziale Sicherheit. Herr Professor Dr. Zielke, sozia- satz veralteter Justizvollzugsanstalten ein Aspekt, le Sicherheit heißt auch, dass wir Straftäter entlas- den vorausschauende Justizpolitik immer im Blick sen, die resozialisiert sind und die sich in Entlas- haben muss. Wir glauben, dass sich durch die sungsvorbereitungen und in einem vernünftigen Errichtung und den Betrieb einer neuen Vollzugs- Übergangsmanagement in der Freiheit erproben anstalt in Bremervörde in öffentlich-privater Part- konnten und die nicht wieder rückfällig werden. In nerschaft neue Chancen im Justizvollzug eröffnen der Hinsicht befinden wir uns mittlerweile in der (Glocke des Präsidenten) eklatanten Situation, dass der Sicherheitsaspekt oftmals alles überwiegt. An der Stelle lässt sich - ich bin sofort am Ende meiner Ausführungen - ganz deutlich sagen: Nehmen Sie die 270 Millio- und dass wir diesen Weg beschreiten sollten. Klar nen Euro und geben Sie genug Geld aus, um die ist dabei, dass alle sicherheitsrelevanten und alle Anstalten ordentlich zu sanieren und ausreichend grundrechtsrelevanten Aufgaben allein und aus- Personal zur Verfügung zu stellen! schließlich, Herr Limburg, in staatlicher Hand lie- gen müssen. Das Urteil des Staatsgerichtshofs, Danke. Herr Limburg, haben Sie falsch gelesen. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der FDP und bei der CDU) Vizepräsident Dieter Möhrmann: Vizepräsident Dieter Möhrmann: Meine Damen und Herren, wie ich sehe, wird keine Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Entgegnung gewünscht. Dann hat jetzt Herr Minis- Brunotte von der SPD-Fraktion gemeldet. Bitte! ter Busemann das Wort. Bitte!

Marco Brunotte (SPD): Bernhard Busemann, Justizminister: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Herren! Herr Professor Dr. Zielke, Chaostage im den Mehrheitsfraktionen dankbar dafür, dass sie Vollzug hätten Sie erleben können, wenn Sie sich diesen Antrag heute eingebracht haben, weil er in den letzten Wochen einmal in die Anstalten in uns Gelegenheit gibt, die Situation und die Vorha- Niedersachsen bemüht hätten. Wir waren in vielen ben im Vollzug gemeinsam zu beleuchten. Bei der

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Gelegenheit ist für die SPD vielleicht auch noch ein desvergleich sehr gut sehen lassen können. Meine bisschen Geschichtsunterricht angesagt, Ansage ist insbesondere: Wir wollen noch mehr hin zur Einzelunterbringung, mit den bekannten (Ah! bei der SPD) Ausnahmen bei suizidgefährdeten, gebrechlichen aber dazu gleich mehr, meine Damen und Herren. und hochbetagten Leuten oder wenn manche ei- nen ganz extremen Kommunikationsbedarf haben. Wir könnten natürlich sagen - die einen mit Lei- denschaft, die anderen verkrampft -, wir haben (Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist eine ganz ordentliche Situation: Wir haben keine nicht streitig!) Überbelegung im Vollzug. Wir haben eine günstige Gewisse Ausnahmen muss es geben. Aber die Ausbruchs- und Entweichungssituation. Wir haben Zielsetzung ist doch wohl klar. eine hohe Beschäftigungsquote; sie sucht mit fast 78 % ihresgleichen. Wir haben auch bereits jetzt Suchen Sie einmal in Deutschland einen Justizmi- ein hohes Maß an Einzelunterbringung und arbei- nister, der sich zu Raumgrößen festlegt. 8,5 m2 ten daran bekanntlich. plus belüftete Toilette, das ist Ziel, das wir errei- chen wollen. - Dies ist zum Teil erreicht, zum Teil Nun könnte jemand auf die Idee kommen zu sa- noch nicht erreicht. 12 m2, z. B. bei einer Zweiper- gen: Dann lehnen wir uns entspannt zurück! Wir sonenunterbringung, plus Toilette, das Ganze be- finden das alles ganz toll und warten die Entwick- lüftet. - Das alles, meine Damen und Herren, ist lung in den nächsten Jahren ab! - Das aber ist noch kein „Komfortknast“. Aber das sind Zielset- nicht unser Ding. Wir haben hier immer noch zungen, die entsprechende Maßnahmen erforder- Handlungsbedarf. Wir haben Ziele. Jeder ist sich lich machen. selbst der Maßstab. Wir wollen die Dinge im Voll- zug gemeinsam nach vorn entwickeln, weil wir Was ich übrigens vermisst habe - gerade von der bestimmte Vorstellungen haben. Opposition -, ist das Sich-Auseinandersetzen mit unserem Konzept. Wir wollen nämlich hin zum Gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung. Ich Prinzip der Generalität, das wir bislang nicht ha- war kurz vor Weihnachten in Polen. Wir haben in ben. Wir sagen: In Zukunft soll eine Anstaltsleitung Posen eine Justizvollzugsanstalt besichtigt. Dort sozusagen im Fächer aller Möglichkeiten, auch im wurden uns Reformfortschritte vorgeführt. Die sa- Sinne der Resozialisierung des Gefangenen, die hen im offenen Vollzug so aus, dass in einer Zelle Möglichkeit der Steuerung in Sachen U-Haft, ge- jetzt nur noch knapp 20 Leute sind. Das ist kein schlossener und offener Vollzug sowie Sozialthe- Grund zur Häme und zur Überheblichkeit. Jeder ist rapie haben. Das ist ein ganz wichtiges Feld, das sich selbst der Maßstab. wir in den nächsten Jahren noch mehr auf- und (Hans-Dieter Haase [SPD]: Wie sieht ausbauen müssen. es denn mit dem deutschen Standard Zwischenbemerkung: Derzeit befinden sich in Nie- aus, Herr Busemann?) dersachsen schon 15,2 % der Gefangenen im - Ich bitte Sie! - Wir diskutieren dieses Thema von offenen Vollzug. Hier liegen wir im Bundesver- daher schon auf hohem Niveau, wir können aber gleich auf Platz 3 oder 4. In diesem Zusammen- gerne noch überlegen, wie wir es weiterentwickeln. hang kann uns niemand sagen, wir würden künst- lich irgendetwas auslassen, weil wir es nicht woll- Ich will Ihnen vier Beispiele nennen, von denen ich ten. Im Gegenteil: Wir sind da ganz gut unterwegs. meine, dass wir gut daran tun, daran zu arbeiten und etwas zu entwickeln. Das Prinzip der Generalität ist ein anspruchsvolles Ziel, das aber bedingt, in der Landschaft der vor- Zunächst das Thema der Mehrfachunterbringung. handenen Standorte entsprechend zu organisie- Kollege Limburg, man würde das neue Vollzugs- ren, zu fusionieren oder Abteilungen zu bilden gesetz aus dem letzten Jahr und den dortigen § 20 bzw. zusammenzulegen, damit die Steuerung für unterschätzen, wenn man behauptet, wir wollten die Anstaltsleitungen immer möglich ist. nicht zu mehr Einzelunterbringung gelangen. Die Zahlen bestätigen das. Nun könnte man misstrau- Der vierte Punkt, den ich noch anführen möchte, isch sein und sagen: Das Gesetz lässt eine Hinter- hat nicht unbedingt etwas mit der jetzigen Konzep- tür offen, und die wollen das gar nicht. Aber die tion zu tun, wohl aber mit dem, was die nächsten praktizierte Arbeit im Vollzug geht dahin, dass wir Jahre ein Ziel sein muss. Ich glaube, wir können im von der Mehrfachunterbringung abgehen und heu- Bereich des Übergangsmanagements noch besser te schon hohe Werte haben, die sich auch im Bun- werden. Wie bereiten wir die Leute mit den mögli-

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chen Lockerungen, die denkbar sind, ab dem ers- - schreibt Pfeiffer an Aller - ten Tag der Inhaftierung darauf vor, dass irgend- „liegt nach meiner Kenntnis dir und wann der Tag der Entlassung kommt, der Weg auch Sigmar Gabriel sehr am Herzen: zurück in die Gesellschaft, in die Nachbarschaft, in die Erprobung eines niedersächsi- den Beruf führt? - Da ist noch ein Handlungsfeld schen Public-Private-Partnership-Pro- vorhanden. Da Sie nicken, Herr Kollege, können jekts. Nach Anregung von Herrn Dr. ... wir sicherlich einiges miteinander entwickeln. hat meine Vollzugsabteilung geprüft, Ihre ablehnende Haltung gegen PPP und Bremer- ob der Bau und der private Teilbetrieb vörde verstehe ich allerdings nicht so ganz. einer neuen JVA im Rahmen eines sogenannten PPP-Projekts möglich, (Hans-Dieter Haase [SPD]: Erfahrun- sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar gen aus Hünfeld!) wäre. Als Alternative zu einer gemein- Meine Damen und Herren, Herr Haase, alles hat ja samen Haftanstalt in Bremen, die, wie seine Geschichte. Ich bin dankbar dafür, dass du weißt, derzeit verhandelt wird, und Kollege Aller noch zugegen ist, sozusagen als verbunden mit der Schließung mehre- Zeitzeuge der Konzeption. Schon 1980 gab es rer kleiner sanierungsbedürftiger Voll- eine Große Anfrage der sozialdemokratischen zugseinrichtungen können wir uns ei- Fraktion zur Situation - - - nen Neubau mit 300 Haftplätzen im (Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war ja Elbe-Weser-Dreieck sehr wohl vor- im letzten Jahrhundert!) stellen. Wirtschaftlichkeitsbetrachtun- gen haben ergeben, dass der laufen- - So ist es. Aber die Justiz ist bei manchen Dingen de Betrieb einer teilprivatisierten An- ja noch langsamer, als der Transrapid sich realisie- stalt ohne zusätzliche Kosten möglich ren lässt. Wie auch immer. - In der Beantwortung wäre. Die Angelegenheit bedarf aller- der Großen Anfrage vom 27. Mai 1980 weise ich dings baldiger Klärung.“ auf eine Nummer hin, die der seinerzeitige Abtei- lungsleiter im Justizministerium zusammengestellt An anderer Stelle führt er die Vorteile des ganzen hat: Themas aus. Ich könnte noch weiter aus dem Brief verlesen. Es ist wie eine Werberede für unser heu- „Gleichfalls erforderlich ist der Neubau tiges Projekt. Er beschreibt darin, warum das Pro- einer Justizvollzugsanstalt im Raum jekt wichtig und für die Wirtschaft, für die Region Bremervörde/Stade.“ und ordnungspolitisch gut ist. - Das alles ist fast 30 Jahre her! - (Hans-Dieter Haase [SPD]: Neue Zei- „Die JVA Stade zählt baulich zu den ten erfordern auch neue Erkenntnis- schlechtesten Justizvollzugsanstalten se!) des Landes. Sie kann die Forderun- - Warum neue Erkenntnisse? Das verstehe ich gar gen des Strafvollzugsgesetzes nicht nicht. erfüllen.“ Am 11. November 2002 verkündete der Finanzmi- Es gab bauliche Probleme und alles, was dazuge- nister der SPD: hört. Schon damals war also der Bedarf vorhan- den, dort über eine neue JVA nachzudenken. Dies „Die Niedersächsische Landesregie- alles hat seine Weiterentwicklung. rung hat am 27. August 2002 im Rahmen ihrer Beratung zur Mittelfris- Dann fand ich Folgendes hochinteressant. Mein tigen Planung 2002 - 2006 beschlos- geschätzter Amtsvorgänger, Justizminister Pfeif- sen, PPP stärker zu betonen, den po- fer - von Ihnen gestellt -, hat sich im August 2002 litischen Diskurs offen zu konkreten mit verschiedenen Dingen an den Finanzminister Ergebnissen zu führen und Pilotpro- Aller - auch von Ihnen gestellt - gewandt. Er sagte jekte zu realisieren.“ an einem Punkt, wo es um uns geht - ich zitiere ihn -: Die Planungen gehen weiter. Es kommen Mittei- lungen: „Wir machen Bremervörde.“ Und schließ- „Der dritte Punkt, den ich in diesem lich, am 13. Januar 2003 - noch wenige Wochen Schreiben ansprechen möchte,“ vor der damaligen Landtagswahl -, kommt dann der Projektauftrag. Auch die SPD-Landesregierung

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will PPP und Bremervörde. - Ich vollziehe Ihre zusagen im Reigen weiter. Wir setzen das ent- Politik und verstehe die ganzen Debattenbeiträge sprechend um. hier gar nicht. Ich weiß gar nicht, was das soll! Ich würde in Bezug auf Bremervörde, meine Da- (Beifall bei der CDU und bei der FDP) men und Herren, um etwas mehr Gelassenheit bitten und keine so pirouettendrehenden Reden Vizepräsident Dieter Möhrmann: halten. Was soll das denn? - Es macht Sinn, 300 Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage neue Haftplätze zu schaffen. Das bringt uns quali- von Herrn Aller? tativ nach vorne. Außerdem ist es sinnvoll, dass wir in diesem Kontext kleine Häuser schließen - Bernhard Busemann, Justizminister: zur Bezahlung des Ganzen, aber auch was die qualitativen Dinge angeht. Die Standorte sind hier Aber gerne! genannt worden. Das gehört zu der Gesamtbe- trachtung dazu und ist auch vertretbar. Heinrich Aller (SPD): Sie haben das alles als Chaos beschrieben. Ich Herr Kollege, ich stelle erst einmal fest, dass Herr weiß nicht, aus welchem Nirwana Sie das wahr- Gabriel, Herr Pfeiffer und ich offensichtlich einen nehmen. Manches ist kritisch, manches wird über- sehr freundschaftlichen Umgang miteinander hat- legt. Bis 2012 ist ja noch Zeit. Aber die Lage, wie ten, weil wir uns geduzt haben. Sie sie beschreiben, Herr Kollege, kann ich so Da Sie ja ellenlang zitiert haben, haben Sie immer nicht nachvollziehen. Ich meine, im Großen und ein bisschen - - - Ganzen wird das Konzept im Bereich des Straf- vollzugs getragen. Das hat überhaupt nichts damit Vizepräsident Dieter Möhrmann: zu tun, dass unsere Bediensteten in den JVAs keine gute Arbeit machen würden. Aber manche Herr Kollege, Sie müssen jetzt aber fragen! strukturpolitische Entscheidungen müssen wir halt treffen, weil wir die Dinge entsprechend weiterzu- Heinrich Aller (SPD): entwickeln haben. Ich stelle die Frage: Warum haben Sie eigentlich so lange gebraucht, nämlich von 2001 bis heute, Zu dem Vergleich, ob sich ÖPP rechnet: Wir sind bis Sie mit der Prüfung - ob richtig oder falsch - beim Rechnungshof angetreten und stehen dort in fertig geworden sind? Gesprächen. Wenn Sie Ihre Abgeordnetenunterla- gen demnächst einmal sorgfältig durchgucken, Bernhard Busemann, Justizminister: dann werden Sie bei den Vorlagen zu Bremervör- de auch die Stellungnahmen des Rechnungshofs Wenn ich das als dezenten Hinweis aufnehmen zu der Frage der Wirtschaftlichkeit finden. soll, dass wir die Sache schneller machen sollen, dann will ich dem gerne nachkommen. Vizepräsident Dieter Möhrmann: (Lachen bei der CDU und bei der Herr Minister, entschuldigen Sie, wenn ich Sie FDP) unterbreche. Sie haben Ihre Redezeit jetzt verdop- - Ich weiß ja, der Kollege Aller ist ein Freund von pelt. PPP, gerade was den Strafvollzug angeht. (Heiner Bartling [SPD]: Das kennen Zwischenzeitlich war natürlich einiges zu erledigen. wir doch! - Hans-Dieter Haase [SPD]: Sie fordern ja neuerdings - wenn Erfolg da ist, Das war nie anders!) versteht man das auch - sogar die Urheberschaf- ten ein, was neue JVAs wie Sehnde und Rosdorf Bernhard Busemann, Justizminister: anbelangt. Wir haben in fünf Jahren schon zwei Ich bin sofort fertig, Herr Präsident. teure Anstalten realisiert. Jetzt kommt der dritte Der letzte Punkt betrifft die Frage, ob die Gefahr große Schritt, der uns alle nach vorne bringt, vor besteht, dass Arbeitsplätze abgebaut werden. Wir allem qualitativ und inhaltlich. haben im Land Niedersachsen fast 4 000 Be- Sie hätten ja auch sagen können: Das, was da- dienstete im Bereich des Strafvollzugs. Wenn mals geschrieben und gedacht wurde, gilt nicht Bremervörde mit ÖPP von etwa 150 Bediensteten mehr. - Aber ich meine, Sie denken heute noch gemacht wird - dabei geht es um 40 % gleich 56 genauso wie damals. Und deswegen sind wir so- Stellen, die sozusagen von guter privater Seite

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gestellt werden sollen -, dann verursacht das keine Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Der Äl- Einbrüche im Personalbestand. Deswegen wird testenrat empfiehlt, den Antrag federführend an niemand entlassen. Die Maßnahmen, die wir beim den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen Jugendarrest zusätzlich vorhaben, schaffen dort und mitberatend an den Unterausschuss „Justiz- wieder zusätzliche Plätze, sodass man das mit der vollzug und Straffälligenhilfe“ zu überweisen. Wer notwendigen Gelassenheit betrachten sollte. so beschließen möchte, den bitte ich um ein Hand- zeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Langer Rede kurzer Sinn: Wir sind im Strafvollzug Das ist einstimmig beschlossen. ganz ordentlich aufgestellt. Wir müssen aber gu- cken, dass wir unsere Standortlandschaft inhaltlich Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesord- gut aufstellen. Das, was wir konzeptionell vorge- nungspunkt 28 auf: stellt haben, ist tragfähig. Das werden wir die nächsten Jahre bis 2012 mithilfe vieler durchset- zen. Erste Beratung: Regierungskommission „Klimaschutz“ - Antrag Danke schön. der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/813 (Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vizepräsident Dieter Möhrmann: Zur Einbringung hat sich Herr Thiele von der CDU- Meine Damen und Herren, Herr Adler hat für die Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte! Fraktion DIE LINKE um zusätzliche Redezeit gebe- ten. Zwei Minuten, Herr Adler! Ulf Thiele (CDU): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen Hans-Henning Adler (LINKE): und Herren! Ich möchte Sie mit einem Thema ins Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Wochenende entlassen, das auch in Zeiten einer Herren! Herr Justizminister, Sie haben eben einen wirtschaftlichen Krise wichtig ist. Satz gesagt, der mich etwas provoziert hat. Das ist (Zurufe von Kreszentia Flauger [LIN- auch der Grund, warum ich mich noch einmal ge- KE] und Heiner Bartling [SPD]) meldet habe. Sie haben gesagt, wenn wir jetzt eine neue Justizvollzugsanstalt in Bremervörde schaf- - Frau Flauger, beginnen Sie doch noch nicht auf fen, können wir sie mit der Schließung der kleine- der ersten, sondern erst auf der dritten Seite mit ren Anstalten bezahlen. Wie soll das eigentlich den Zwischenrufen. gehen? Sie müssen doch einmal in Ihren eigenen Der Klimaschutz bleibt ein Megathema für die Haushalt hineingucken. Für dieses Jahr sind allein CDU/FDP-Koalition, Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von (Beifall bei der CDU und bei der FDP) 270 Millionen Euro eingesetzt worden. Auf der anderen Seite erzählen Sie immer, Sie wollen ei- auch weil die Klimaschutzinitiativen für Nieder- nen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen. Herr sachsen viele Chancen beinhalten. Wissenschaftli- McAllister hat vorgestern schon erklärt, dass Sie che Studien haben inzwischen zweifelsfrei bewie- das im Jahr 2010 wohl nicht mehr schaffen wer- sen, dass die globale Erwärmung auch von Men- den, und nur noch von dieser Legislaturperiode schenhand verursacht wurde, dass sie immer gesprochen. Ihnen hängt aber immer noch dieses schneller voranschreitet und dass sich dadurch völlig überflüssige Projekt Bremervörde wie ein das Leben von Milliarden Menschen dramatisch Mühlstein um den Hals. Nun fangen Sie doch ein- verändern kann. Ich werde jetzt nicht auf die inter- mal an, wenn Sie in Ihre Richtung denken wollen, nationalen Debatten eingehen. Wir haben alle an dieser Stelle zu sparen! Damit hätten Sie einen miteinander eine gewisse Hoffnung, dass sich die Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet. Diskussion insbesondere mit der größten Volks- wirtschaft der Welt, den USA, verändern wird und (Beifall bei der LINKEN und Zustim- wir zu konstruktiven Beiträgen kommen werden. Im mung bei der SPD und bei den GRÜ- Sinne des Agenda-21-Prozesses sind wir aber der NEN) Auffassung, dass wir auch in Niedersachsen einen Vizepräsident Dieter Möhrmann: Beitrag leisten können und müssen, um den Kli- mawandel zu verlangsamen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. (Zustimmung bei der CDU)

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Dafür kommt es darauf an, die vorhandenen be- Drittens soll die Kommission im Verkehrsbereich grenzten Ressourcen verantwortlich und generati- Maßnahmen und Potenziale beispielsweise für ein onengerecht zu nutzen. Am 1. Januar 2009 hat die niedersächsisches Verkehrsmanagementsystem Regierungskommission „Klimaschutz“ unter Vorsitz und für nachhaltige Transportlösungen analysieren von Herrn Professor Schneidewind ihre Arbeit und uns vorschlagen. aufgenommen. Für die CDU-Fraktion wünsche ich (Norbert Böhlke [CDU]: Sehr gut!) der Kommission eine intensive, für uns alle sehr gewinnbringende Arbeit und viel Erfolg im Sinne Das Ziel muss sein, in der Praxis Energie nachhal- des Klimaschutzes und bedanke mich bei den tig und sparsam einzusetzen. So lassen sich die Mitgliedern dieser Kommission im Namen unserer Belastungen für das Klima so gering wie möglich Fraktion für ihre Bereitschaft, die Landesregierung halten. Es kommt darauf an, die Bevölkerung für und damit auch den Landtag in diesen Fragen zu das Thema zu sensibilisieren und den Menschen beraten. Handreichungen für einen verantwortungsvollen (Beifall bei der CDU) und umweltfreundlichen Umgang mit Energie zu geben. Es sollte das Ziel der Kommission sein, Ich bin mir ziemlich sicher, dass vonseiten der Lösungen im Bereich des Energieverbrauchs auf- Grünen, von Herrn Wenzel, gleich wieder tausend zuzeigen, die die Errungenschaften der Gegenwart Argumente kommen werden, warum dies alles den Generationen der Zukunft, also unseren Kin- ganz überflüssig und unglaubwürdig sei. Demge- dern und Kindeskindern, bewahren und weitere genüber begrüße ich, dass die Landesregierung Perspektiven eröffnen. diese Regierungskommission eingesetzt hat. Es ist wichtig, sich in einer so komplexen Frage auch Der Antrag von CDU und FDP für die Arbeit der fachkundigen Rat von außen zu holen und exter- Regierungskommission „Klimaschutz“ soll hierzu nes Wissen in den vor uns liegenden Prozess ein- einen Beitrag leisten. Ich wünsche mir, dass wir zubinden. insbesondere in den Ausschüssen weiterhin eine konstruktive Diskussion hierüber führen und uns (Zustimmung bei der CDU) als Landtag in die Debatte mit der Klimaschutz- Die Aufgabe der Kommission soll es sein, ein kommission einbringen. grundlegendes Klimakonzept für Niedersachsen zu (Vizepräsidentin Astrid Vockert über- entwickeln. Unser Anspruch als Parlament muss nimmt den Vorsitz) sein - dies gilt natürlich insbesondere für die Um- weltpolitiker, im Sinne der Agenda 21 und einer Da dies der letzte Tagesordnungspunkt ist, bitte nachhaltigen Politik aber auch für alle anderen -, ich Sie, auf Ihrem Heimweg erstens vorsichtig und dass auch wir uns an der Debatte mit der Klima- zweitens langsam zu fahren. schutzkommission intensiv beteiligen. Herzlichen Dank. Die von mir für die CDU/FDP-Koalition einzubrin- (Beifall bei der CDU und bei der FDP) gende Entschließung bittet die Landesregierung daher, dort vor allem folgende drei Themenfelder Vizepräsidentin Astrid Vockert: in die Diskussion einzuführen: Danke schön, auch für die gut gemeinten Rat- Erstens sollen Energieeinsparpotenziale im Ge- schläge, Herr Thiele. - Für die SPD-Fraktion hat bäudebereich identifiziert werden. Gerade im Alt- sich Herr Kollege Meyer zu Wort gemeldet. Bitte baubereich besteht durch eine Auf- und Umrüs- schön! tung mit modernen Technologien ein hohes Poten- zial für Energieeinsparung. Gleichzeitig sollen kon- Rolf Meyer (SPD): krete Handreichungen zum energieeffizienten Bauen, Heizen und Wohnen erarbeitet werden. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit einem (Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Das Teilaspekt aus diesem Antrag. Sie fordern u. a. die fängt aber früh an!) Erarbeitung eines Bildungskonzepts für Kinder- Zweitens muss eine zukunftsgerichtete Energie- tagesstätten und Schulen zum Themenkomplex wirtschaft alle technisch machbaren und ökolo- Umwelt und Klimaschutz. Es stellt sich für mich gisch wie ökonomisch sinnvollen Optionen im Blick schon die Frage, wann Sie eigentlich zum letzten behalten. Mal in einer Schule waren. Glauben Sie allen Erns- tes, dass so etwas in Niedersachsen bislang in der

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Schule nicht angekommen ist? Entweder ist das kann auf diesem Gebiet jede Hilfe wirklich drin- Ahnungslosigkeit, oder Sie haben die Absicht, dem gend gebrauchen. Atomforum eine neue Aufgabe zu geben. (Beifall bei der SPD) Ganz nebenbei, damit wir alle etwas lernen kön- Deshalb haben Sie diesen Antrag unter der Über- nen, habe ich mich auf der Internetseite des Um- schrift „Regierungskommission Klimaschutz“ ein- weltministeriums umgesehen. Das Umweltministe- gebracht, obwohl er inhaltlich eigentlich mit der rium hat - das empfand ich insgesamt als ganz gut Arbeit dieser Kommission nicht wirklich viel zu tun gemacht - ein Adventskalenderquiz gemacht, an hat. Dieser Antrag ist ein, wie ich finde, merkwür- dem sich Schülerinnen und Schüler beteiligen diger Zwitter. Auf der einen Seite nennen Sie de- sollten. Ich lese Ihnen nun aber einmal die Frage tailliert Ziele der Arbeit, die akzeptabel sind und vom 16. Dezember vor: gegen die inhaltlich schon deshalb niemand etwas „Der eine liegt sehr gerne faul auf den haben kann, weil sie längst Standard oder völlig Sandbänken im Niedersächsischen selbstverständlich sind. Auf der anderen Seite sind Nationalpark Wattenmeer, der andere darin Formulierungen enthalten, die nur als Allge- muss häufig am Schreibtisch in Han- meinplatz bezeichnet werden können und die - nover sitzen. Der eine kann nur rob- was ich noch viel schlimmer finde - implizit ideolo- ben, der andere aber auch schwim- gischen Charakter haben. Der Kernsatz Ihres An- men. Der eine ist ein Tier, der andere trages lautet: Der Landtag bittet die Landesregie- ein Umweltminister. Beide haben den rung, „im Rahmen der Arbeit der Regierungskom- gleichen Anfangsbuchstaben, den mission zu prüfen, ob nachfolgend aufgezählte siebten vom Lösungswort.“ Maßnahmen zugunsten des Klimaschutzes in den Bereichen ‚Gebäude’, ‚Energiewirtschaft’ und ‚Ver- Kleine Bedenkzeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, kehr’ für Niedersachsen initiiert werden können“. haben Sie die Lösung schon gefunden? Was ler- Die Landesregierung soll also prüfen, ob etwas nen wir aus dieser herausragenden Frage der initiiert werden kann. Wenn Sie sich die Punkte Umweltbildung? - Während die Seehunde faul her- angucken, stellen Sie fest: Das alles gibt es schon umliegen und nur robben können, kann Herr San- lange. Da ist eigentlich nichts zu prüfen. Die sollten der robben, schwimmen und am Schreibtisch sit- nicht prüfen, sondern endlich etwas umsetzen. zen. (Beifall bei der SPD - Kreszentia (Heiterkeit und Beifall bei der SPD) Flauger [LINKE]: Das ist wieder Ich halte das für Realsatire vom Allerfeinsten; bes- Selbstbeweihräucherung!) ser kann man das gar nicht machen. Nicht „ob“, sondern „wie“ muss es heißen. Eigent- (Beifall bei der SPD - Zuruf von Chris- lich hätte ich gedacht, dass Sie das schon längst tian Dürr [FDP]) machen; denn so neu ist die Erkenntnis nicht, dass weniger Energieverbrauch die Umwelt schont und - Ich habe das nur zitiert, Herr Kollege Dürr. Ich für den Verbraucher billiger ist. kann nichts dafür. Ich möchte ein Beispiel nennen: Vor ungefähr (Wolfgang Jüttner [SPD]: Sander ist zehn Jahren hatten wir an meiner alten Schule als Robbe gar nicht anerkannt!) einen Hausmeister, der sehr clever war. Er hat ein - Ich will das nicht wirklich kommentieren. Computerprogramm installiert, mit dem er den Energieverbrauch in diesem Gebäudekomplex, zu Bei einem Quiz gibt es auch Preise. Der erste dem auch die Turnhalle gehörte, genau messen Preis ist allerdings eher eine Drohung: Herr Sander konnte. Er wusste ganz genau, ob die Putzfrauen besucht die Klasse und bringt eine Überraschung morgens um 6 Uhr die Turnhalle sauber gemacht mit. hatten oder nicht. Woher wusste er das? - Weil die nämlich morgens um 6 Uhr Licht brauchten. Die- (Heiterkeit bei der SPD) sen Licht- bzw. Stromverbrauch konnte er messen. Jetzt ernsthaft: CDU und FDP haben sich vorge- Das war eine energieoptimierte Anlage. Er konnte nommen, wie es in einer Pressekonferenz von nämlich sagen „Ihr müsst dort nicht die ganze ihnen Anfang Januar hieß, sich ein halbes Jahr Nacht das Licht brennen lassen, nur weil ihr mor- intensiver mit Energie zu befassen. Ich halte dies gens eine halbe Stunde darin seid“. Die Gemeinde auch für dringend nötig; denn die Landesregierung heißt Uetze. Der Bürgermeister war damals unser

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Kollege Michael Stolze. Das Einzige, was die (Heinz Rolfes [CDU]: So etwas ist brauchten, war die Anfangsinvestition. Es kostet doch nicht ernst zu nehmen!) natürlich Geld, eine solche Anlage zu installieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das zentrale Wenn Sie das für Ihre Landesliegenschaften ma- Problem dieser Landesregierung liegt meines Er- chen wollen, dann nehmen Sie doch ein bisschen achtens darin, dass Sie immer nur Probleme be- Geld in die Hand und organisieren das vor Ort! schreiben. Sie entwickeln keinen eigenen Ansatz (Beifall bei der SPD) zur Lösung. Sie verweisen auf andere und benut- zen das Geld von anderen, um irgendetwas umzu- Ich habe eben von Ideologie gesprochen. Der An- setzen. Sie haben sich, was diese Energiekonzep- trag enthält, obwohl er das Wort nicht gebraucht, te anbetrifft, total verzettelt. Mein Eindruck ist, dass natürlich auch Ihr Ziel, weiter Atomenergie einzu- Sie überhaupt nicht mehr wissen, wer bei Ihnen in setzen. Anders kann man den Satz „Eine zu- Niedersachsen im Bereich Umwelt- und Klima- kunftsgerichtete Energie-, Wirtschafts- und Um- schutz zuständig ist. „Und wenn ich nicht mehr weltpolitik muss alle technisch machbaren … Opti- weiter weiß, dann gründe ich einen Arbeitskreis.“ onen analysieren“ nicht verstehen. Er impliziert Sie nennen das „Regierungskommission ‚Klima- Atomenergie. Das finden Sie klasse. Sie von der schutz’“. CDU wollen zwar keine neuen Kernkraftwerke bauen, aber wollen die alten laufen lassen. Das (Heinz Rolfes [CDU]: Außer Herumpo- liegt auch auf der Linie von Minister Sander, der lemisieren ist das hier nichts!) vor wenigen Tagen in Göttingen vor einem Forum Sie haben vor wenigen Jahren das Energie- von ehemaligen Doktoranden eine Rede gehalten Forschungszentrum Niedersachsen in Goslar ge- und dabei ein Loblied auf den Einsatz von Atom- gründet. Wenn man sich anguckt, was die alles energie gesungen hat. Er hat das mit der Import- machen können und wollen, dann frage ich mich: abhängigkeit bei fossilen Energieträgern von poli- Weshalb geben Sie den Goslarern nicht den Auf- tisch instabilen Ländern begründet. Herr Sander, trag, das zu machen, was Sie jetzt mit Ihrer komi- woher kommt eigentlich Uran? schen Kommission erreichen wollen? (Minister Sander: Aus Australien!) Sie haben mit dem letzten Antrag im letzten Jahr, - Ja, ja, nur Australien. Das ist klasse. Das ist doch der hier noch nicht beraten worden ist, sondern in auch Import, oder nicht? Oder haben wir da ande- den Ausschuss kommt, die Dienstleistungsgesell- re Verträge? schaft der niedersächsischen Wirtschaft unter- (Christian Dürr [FDP]: Kanada ist Ihrer stützt. Ich finde es gut, wenn die Wirtschaft ein Auffassung nach ein unsicheres solches Konzept hat und das umsetzt. Sie müssten Land?) sich nur einigen. Herr Sander sagt, dies kostet das Land 360 000 Euro. Herr Wulff hat gesagt, es sind In der schönen bunten Broschüre „Mit Energie für 250 000 Euro. Das kann man ja klären. Sie fördern Klimaschutz“, die Sie herausgegeben haben, be- an dieser Stelle ein privates Unternehmen, um haupten Sie: „Übrigens leisten auch die drei nie- Beratung für Wirtschaftsbetriebe zu leisten. Wenn dersächsischen Kernkraftwerke einen Beitrag zum Sie bei anderen Sachen auch so großzügig wären, Klimaschutz, indem sie nahezu CO2-frei Strom würden wir das begrüßen. produzieren.“ Daneben gibt es die Landwirtschaftskammer, die (Heinz Rolfes [CDU]: Das tun sie ja auch fördert. Sie haben das Kompetenzzent- auch!) rum 3N, Sie haben die Landesinitiative Energieef- - Ja, das ist klasse. - Der famose Herr Pofalla hat fizienz, Sie haben die IHKs, Sie haben BEN. Sie das noch auf die Spitze getrieben, indem er gesagt haben also eine Fülle von Einrichtungen, die sich hat, Atomstrom sei Ökostrom. Ich finde das lächer- längst auf diesem Markt tummeln. Ihre Aufgabe lich. Für eine solche Ansage muss man sich als wäre es, dies zu bündeln und zu organisieren, Fachpolitiker eigentlich schämen. dass etwas konkret und zielgerichtet vonseiten der Landesregierung passiert. Sie wuseln nur durch (Beifall bei der SPD) die Lande. Der Bezug zu diesem Antrag ist: Wenn Sie diesen (Beifall bei der SPD) Satz nicht herausnehmen, dann brauchen wir auch nicht über die Verabschiedung zu reden. Nur noch ganz kurz - weil ich nicht mehr viel Zeit habe - zu dem Internetauftritt des Energie-

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Forschungszentrums Niedersachsen in Goslar in der Einleitung von der notwendigen „Anpas- bezüglich dessen Aufgaben: sung“ des Landes an den Klimawandel. Das ist wieder der typische Denkfehler. Es geht nämlich „Das Energie-Forschungszentrum nicht um Anpassung, Herr Thiele, sondern es geht Niedersachsen bündelt als wissen- um Abwendung, soweit das noch geht. schaftliche Einrichtung der TU Claus- thal am Standort Goslar eine breite (Ulf Thiele [CDU]: Nein, es geht um Forschungskompetenz entlang der beides! Es geht auch um Sicherheit!) ‚Energie-Kette’ … Hiervon profitieren Wie katastrophal, Herr Thiele, die Klimaentwick- die niedersächsischen Unternehmen, lung inzwischen ist, da sie an einer Stelle gebündelt die gesamte energiewissenschaftliche (Zuruf von Ulf Thiele [CDU]) Kompetenz des Landes Niedersach- - hören Sie doch einmal zu! -, zeigt folgendes Zitat: sen vorfinden. … Der Technologiebe- Wir haben eine dramatische Beschleunigung des rater des EFZN schlägt als Technolo- Klimawandels. Das Klimamuster am Nordpol ist giescout, Mittler und Moderator die schon umgeschlagen. Das Grönland-Eis schmilzt Brücke zwischen Wissenschaft und schneller. Bei seiner Komplettschmelze drohen Wirtschaft.“ 7 m Anstieg des Meeresspiegels. Die Industrielän- Nehmen Sie doch die Goslarer wirklich ernst! Sie der müssen bis 2050 ihren CO2-Ausstoß um 90 % tun das überhaupt nicht. reduzieren. - Das hat kein Linker und auch kein Grüner gesagt, sondern der Klimaschutzbeauftrag- (Beifall bei der SPD) te der Bundesregierung, Schellnhuber. Die Institutionen, die ich gerade aufgezählt habe, (Beifall bei der LINKEN) sind genau das Problem. Jedes Ministerium hat irgendetwas zu begleiten und gibt hier und dort ein Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bisschen Geld hin. Eine Konzeption, eine Strategie beziffert die Kosten als Folge des Klimawandels sind überhaupt nicht erkennbar. Sie wurschteln vor bis 2050 in Richtung von 1 Billion Euro allein für sich hin. Deutschland. Meine Damen und Herren, das sind die Schulden, die Sie mit Ihrer Politik auf die kom- Abschließend: Herr Hirche - er ist allerdings nicht menden Generationen abwälzen! Sie können Ihren da - geht ja, wie wir wissen. Herr Sander bleibt. Haushalt frisieren, wie Sie wollen, und sozial rasie- Das ist kein guter Start für das Jahr 2009. ren, wie Sie wollen, das ändert nichts. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Astrid Vockert: Unter dem Schwerpunkt „Gebäude“ Ihres Antrages wollen Sie eine Informationsplattform installieren. - Danke schön. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Solche Portale gibt es doch zuhauf mit Energie- Herr Herzog das Wort. spartipps, Förderprogrammen und Beispielen! Nein, Sie müssen hin zu den Nutzern und Multipli- Kurt Herzog (LINKE): katoren. Fahren Sie endlich Kampagnen, die an- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als gesichts der von Herrn Schellnhuber genannten ich hier im vergangenen Jahr praktische Maßnah- 7 m auch wirklich glaubwürdig sind! men für den Klimaschutz gefordert habe, schoben Sie von CDU und FDP eine ganz lange Bank ins (Beifall bei der LINKEN) Plenum. Wie lang sie tatsächlich ist, sieht man an Weiter bitten Sie um die Vorbereitung einer Initiati- dem vorliegenden, völlig überflüssigen Antrag zur ve „Nutzerschulung“. - Das Instrument des Ökoau- Regierungskommission „Klimaschutz“. dits beinhaltet das doch längst! Machen Sie das endlich auch in allen Landesbehörden zum Stan- (Beifall bei der LINKEN) dard! Dieser Antrag ist so dünn wie Ihre Anwesenheit Beim Thema „Energiewirtschaft“ findet sich wieder hier im Plenum. ein solcher entlarvender Satz. Sie wollen die Ver- Meine Damen und Herren, Sprache ist verräterisch gleichbarkeit verschiedener Stromprodukte durch und vor allem gefährlich. Solche Anträge werden Berücksichtigung der Ressourcenbelastung und nämlich mit Ihrer Praxis abgeglichen. Sie sprechen des Treibhauspotenzials. - Auf dem Papier wieder

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hui und in der Praxis pfui. Anstatt auf die von Ihnen gierungskommission „Klimaschutz“ als „komische selbst geforderte ganzheitliche Analyse setzen Sie Kommission“ bezeichnet und damit gleichzeitig alle auf Großkraftwerke mit Wirkungsgraden zwischen dort vertretenen gesellschaftlichen Gruppen - von 30 und 50 %, machen Sie Niedersachsen durch den Kirchen über die Gewerkschaften bis hin zu acht neue Kohlekraftwerke zum CO2-Land Num- Unternehmen und anderen - total durch den Dreck mer eins, vernachlässigen Sie die Kraft-Wärme- zieht, der hat sich zumindest in dieser gesellschaft- Kopplung und wollen Sie die Laufzeit der AKW lichen Debatte disqualifiziert, um das ganz deutlich verlängern. zu sagen. Ihr verkehrspolitisches Ziel sind umweltschonende (Beifall bei der FDP und bei der CDU - Verkehrstechniken. Ihre Praxis straft Sie auch hier Heinz Rolfes [CDU]: Unverschämt- Lügen: so viele Autobahnen wie möglich, Kürzung heit!) der Bahnmittel, Verdopplung des Lkw-Verkehrs. Und bei Ihrem Kriterienkatalog für klimafreundliche Vizepräsidentin Astrid Vockert: Dienstfahrzeuge der Landesverwaltung wird es Herr Dürr, gestatten Sie eine Zwischenfrage des richtig lustig. Damit sind Sie zwar schon nahe an Kollegen Aller? dem von Ihnen kürzlich abgelehnten Haushaltsan- trag der Fraktion der Linken, aber ich bin schon Christian Dürr (FDP): jetzt auf die Ausnahmeregelungen für den zustän- Sehr gerne, Herr Kollege Aller. digen Umweltsünder - äh, Umweltminister Sander für seine 329 PS gespannt - Vizepräsidentin Astrid Vockert: (Zustimmung bei der LINKEN) Herr Aller! nach dem Motto der 1980er-Jahre: Freie Bürger Heinrich Aller (SPD): fordern freie Fahrt. Herr Kollege, Sie haben eben noch einmal betont, (Beifall bei der LINKEN) wie wichtig dieses Thema ist. Halten Sie es denn Zum Stichwort „Biogasfahrzeuge“: Während Sie für angemessen, dass die gesamte Regierungs- die Landesregierung darum bitten, eine Potenzial- bank - mit Ausnahme des Platzes des Nachhaltig- analyse zu prüfen, werden in Lüchow-Dannenberg keitsministers Herrn Sander - leer ist? Meinen Sie Biogastankstellen gebaut und fleißig genutzt. nicht, dass die Regierung angemessen vertreten sein sollte? (Glocke der Präsidentin) (Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Er ist Schließlich - letzter Satz - bündeln Sie Ihre Ziele in der zuständige Minister!) dem Satz: „Die Konfrontation der Energieproble- matik mit der Umweltproblematik soll zu einer Sen- Vizepräsidentin Astrid Vockert: sibilisierung der Verbraucher führen.“ Nein, meine Herr Dürr! Damen und Herren von CDU und FDP, nicht „Verbraucher“ muss dort stehen, sondern dort Christian Dürr (FDP): muss stehen: zur Sensibilisierung der Landesre- gierung und von CDU und FDP. Herr Kollege Aller, indem der Kollege Meyer vorhin aus dem Adventskalender des Niedersächsischen Vielen Dank. Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz zitiert (Beifall bei der LINKEN) hat, hat er deutlich gemacht, dass auf der Regie- rungsbank nicht nur der beste, sondern gleichzeitig Vizepräsidentin Astrid Vockert: auch der sympathischste Umweltminister in Deutschland sitzt. Deswegen bin ich froh, dass er Danke schön. - Für die FDP-Fraktion spricht Herr hier ist, meine sehr verehrten Damen und Herren. Kollege Dürr. Sie haben das Wort. (Zustimmung bei der FDP und bei der Christian Dürr (FDP): CDU) Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen Die Regierungskommission „Klimaschutz“ hat am und Herren! Herr Kollege Meyer, Sie haben sich 1. Januar dieses Jahres ihre Arbeit aufgenommen. durch Ihre Wortwahl wieder einmal selbst verraten. Der erste Aufschlag, der bereits im vergangenen Wer die von der Landesregierung eingesetzte Re- Jahr stattgefunden hat - die Mitglieder wurden

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durch die Landesregierung, durch den Umweltmi- Prüfung vorgelegt werden. Wir wollen uns zum nister im alten Rathaus vorgestellt -, war sehr or- einen um den wichtigen Gebäudebereich küm- dentlich. Ich bin sehr froh - das möchte ich an die- mern, in dem noch eine Menge aufzuholen ist. ser Stelle ausdrücklich im Namen beider Regie- Gerade beim Thema Altgebäudebestand kann rungsfraktionen betonen -, dass wir mit Herrn Pro- noch viel erreicht werden. Wir wollen uns auch - fessor Dr. Schneidewind von der Universität Ol- das steht ebenfalls im Antrag; und der Kollege denburg den, glaube ich - nein, ich bin mir sicher -, Thiele hat das vorhin schon angeführt - um das allerbesten Vorsitzenden für diese Kommission in Thema Landesliegenschaften und Contracting Niedersachsen gefunden haben. Ich bin froh, dass kümmern. Wir wollen gemeinsam mit den Wirt- er zur Verfügung steht. schaftsunternehmen zusammenarbeiten, die sich beim Thema Energiesparen besonders gut aus- (Beifall bei der FDP und bei der CDU - kennen, um für die Landesliegenschaften etwas zu Kreszentia Flauger [LINKE]: Ein Su- erreichen. perlativ nach dem anderen!) (Unruhe - Glocke der Präsidentin) Herr Kollege Herzog, zu Ihrem Beitrag möchte ich auch noch etwas sagen. In unserem Antrag ist zu Wir wollen uns selbstverständlich um die Energie- Recht - das ist auch Aufgabe der Regierungskom- wirtschaft kümmern und darum, dass effizientere mission „Klimaschutz“ - von Klimafolgenbewälti- Erzeugungstechnologien und neue und moderne gung und Anpassung an den Klimawandel - im Kraftwerkstypen in den Fokus rücken. Übrigen neben dem aktiven Klimaschutz - die Re- Last, but not least, wollen wir uns drittens um den de. Ihre Sprache ist schon verräterisch, aber wichtigen Bereich Verkehr kümmern. Im Umwelt- gleichzeitig merkt man auch, wie wenig Sie am ausschuss haben wir ja schon öfter eine Debatte Ende vom Thema verstanden haben. Denn Tatsa- über den Strombedarf der Zukunft geführt. Wenn che ist nicht nur, dass wir heute viel für den Klima- man sich auf der einen Seite - das hat die Grünen- schutz tun müssen und die CO -Emissionen in 2 Bundestagsfraktion bisweilen schon gemacht - um Deutschland möglichst stark reduzieren müssen. das Thema e-mobility, also stromgestützte Fortbe- Tatsache ist auch, dass die Klimaveränderung in wegungsmöglichkeiten, kümmern will, dann muss Deutschland und in Niedersachsen bereits begon- man auf der anderen Seite ehrlicherweise nen hat. Auch wenn Sie das nicht verstanden ha- zugeben, dass gerade im Verkehrssektor in Zu- ben, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir kunft ein erhöhter Strombedarf bestehen wird. tun mit dem Hochwasserschutz aktiv etwas gegen Diese Landesregierung ist willens, ihn zu decken, die Klimaveränderung. Sie schieben in diesem meine sehr verehrten Damen und Herren. Bereich weiter eine ruhige Kugel. Das muss man an der Stelle ganz deutlich sagen. (Beifall bei der FDP und bei der CDU - Glocke der Präsidentin) (Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: - Ich komme zum Schluss. Das müssen Sie uns nicht erzählen!) Im Antrag sind pragmatische Handlungsvorschläge Die Anpassung an die Klimaveränderung, Frau und Überlegungen formuliert, die die Regierungs- Kollegin Flauger, ist eine der wichtigsten Aufgaben kommission sicherlich in ihre Überlegungen mit dieser Landesregierung. Genau deswegen haben einbeziehen wird. CDU und FDP gemeinsam bei der Bundesregie- Insbesondere von der Bundespolitik, aber auch im rung dafür gekämpft, dass die Mittel für den Hoch- Zusammenhang mit den Konzepten der Oppositi- wasserschutz, für die Gemeinschaftsaufgabe, er- onsfraktionen im Landtag würde ich mir wünschen, höht wurden, damit wir in Niedersachsen mehr dass Folgendes beachtet würde: Bei den Rah- erreichen können. Der Haushaltsansatz in diesem menbedingungen für den Klimaschutz müssen wir Bereich ist hoch - das sind wir den Menschen an in Deutschland endlich von dieser Unordnungspoli- der Küste schuldig; da bin ich mir sicher. tik, von verschiedenen Förderinstrumenten weg- (Beifall bei der FDP und bei der CDU) kommen. Wir müssen dagegen zu klaren ökono- mischen Rahmenbedingungen für die Unterneh- Neben der Klimafolgenbewältigung kümmern wir men kommen. Dann werden wir am Ende die Bür- uns gleichzeitig auch um den aktiven Klimaschutz. ger möglichst wenig belasten, aber viel für das Mit dem Antrag soll erreicht werden, dass der Re- Klima erreichen. gierungskommission pragmatische Vorschläge zur

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Herzlichen Dank. regierung, Ziele vorzugeben und Strategien zu entwickeln. Das kriegen Sie nicht hin, und das ist (Beifall bei der FDP und bei der CDU) Ihr Problem. Vizepräsidentin Astrid Vockert: (Beifall bei der SPD und bei den Danke schön. - Auf den Beitrag des Kollegen Dürr GRÜNEN) hat sich zu einer Kurzintervention Herr Kollege Meyer zu Wort gemeldet. Sie haben anderthalb Vizepräsidentin Astrid Vockert: Minuten. Herr Kollege Dürr möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön! Rolf Meyer (SPD): Frau Präsidentin! Herr Kollege Dürr, so machen Christian Dürr (FDP): Sie das ja immer und gern: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es schon so weit ist, dass ich den Kollegen (Dr. Philipp Rösler [FDP]: Und gut!) Meyer nicht mehr zitieren darf, dann ist es ganz Wenn wir etwas kritisieren, dann verdrehen Sie schön weit gekommen mit dieser Opposition. Herr das, und zwar in diesem Fall so, als hätte ich den Kollege Meyer, Sie haben von „komischer Kom- Mitgliedern dieser Regierungskommission unter- mission“ gesprochen. Und wenn Sie von „komi- stellt, sie würden keine gute Arbeit leisten. scher Kommission“ sprechen, dann sind damit natürlich auch die Mitglieder gemeint, die sich be- (Zuruf von Dr. Philipp Rösler [FDP]) reit erklärt haben, in der Kommission mitzuarbei- - Herr Rösler, Sie waren gar nicht da, also halten ten. Sie sich doch zurück. Sie müssen gar nicht dazwi- (Zustimmung bei der FDP und bei der schenrufen. Lassen Sie Ihren Sprecher doch ruhig CDU) reden. Die SPD ist ja schlau geboren, sie wusste schon (Zustimmung bei der SPD und bei den immer alles - und Herr Meyer sowieso. Aber der GRÜNEN - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Unterschied zwischen Ihnen und uns am Ende des Das haben Sie gar nicht mitgekriegt! - Tages ist, dass wir nicht beratungsresistent sind. Heinz Rolfes [CDU]: „Komische Wir holen uns die Fachleute ins Haus und machen Kommission“ haben Sie gesagt! Ent- zusammen mit ihnen gute Arbeit. schuldigen Sie sich doch einfach!) (Kreszentia Flauger [LINKE]: Darauf Herr Dürr, die Mitglieder dieser Regierungskom- kommen wir noch mal zurück!) mission werden in ihrer Zusammensetzung sicher- lich gute Arbeit leisten. Das ist bei dieser Landes- Bevor die SPD so weit ist, meine sehr verehrten regierung auch dringend nötig, weil sie es alleine Damen und Herren, muss sie noch 200 Jahre älter überhaupt nicht hinkriegt. werden. (Beifall bei der SPD und bei den (Beifall bei der FDP und bei der CDU) GRÜNEN) Vizepräsidentin Astrid Vockert: Ich unterstelle keinem Mitglied, dass es seine Ar- Liebe Kolleginnen und Kollegen, seitens der Lan- beit nicht macht. Ganz im Gegenteil: Ich weiß ja, desregierung hat sich Herr Minister Sander zu wie die Gewerkschaften und die Kirchen an dieser Wort gemeldet. Bitte schön! Stelle positioniert sind. Ihnen wird es wahrschein- lich überhaupt nicht gefallen, was sie in der Kom- Hans-Heinrich Sander, Minister für Umwelt und mission sagen werden. Klimaschutz: Zu den Unternehmerverbänden: Ich habe vorhin Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und die DNW angesprochen und gesagt, es ist in Ord- Herren! Für die Landesregierung ist die Klima- nung, dass die Unternehmerverbände so etwas schutzpolitik eines der wichtigsten Anliegen in einrichten, weil manche Unternehmen gerne sozu- dieser Wahlperiode. Es wird sich aber nicht nur auf sagen auf ihr eigenes Institut zurückgreifen. Ich diese Wahlperiode beschränken, sondern das ist finde es auch in Ordnung, wenn sie in der Kom- eine Daueraufgabe für die nächsten Jahre und mission mitarbeiten. Aber Ihre Regierung kriegt Jahrzehnte. das nicht gebacken. Es wäre Aufgabe der Landes-

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Meine Damen und Herren, ich muss es Ihnen im- Ich werde der Kommission außerdem zwei Positi- mer wieder sagen: Der erste Umweltminister die- onspapiere der Landesregierung zur Verfügung ses Landes Niedersachsen hat im Jahre 1987 eine stellen, nämlich zum einen das Ihnen bekannte Regierungskommission eingerichtet. Die Regie- Eckpunktepapier Klimawandel, in dem das Aus- rungskommissionen haben eigenartigerweise - weil maß des zu erwartenden Klimawandels aufgelistet ihre Mitglieder so gut waren und so viel Sachver- wird und schon gewisse Anpassungsmaßnahmen stand hatten, Herr Meyer - auch zu SPD-Zeiten dargestellt worden sind, das aber noch weiter be- weiter arbeiten können, und ihr Sachverstand wur- arbeitet werden muss, und zum anderen das Pa- de genutzt. Wir erweitern ihn in diesem Jahr da- pier Klimaschutz der Landesregierung, das ich durch, dass wir mit der Regierungskommission Herrn Professor Schneidewind als Kommissions- „Klimaschutz“ in Niedersachsen den Klimaschutz vorsitzendem überreichen werde. besonders stark herausstellen und einen Weg be- schreiten, den andere Bundesländer nicht gehen, Meine Damen und Herren, es gibt viele, viele den Sachverstand zu bündeln. Handlungsfelder. Wir brauchen die Menschen und müssen sie mitnehmen. Das ist das Ziel dieser Herr Meyer, Sie kommen nicht darum herum: Sie Landesregierung. Ich freue mich, dass wir auch zu haben „komische Kommission“ gesagt. Eben ha- Beginn dieses Jahres dieses Thema wieder auf- ben Sie noch einen draufgesetzt und eine Diffe- greifen. Ich verspreche Ihnen, dass wir mit renzierung zwischen guten Menschen und Schwung an die Arbeit gehen werden. Wir werden schlechten Menschen vorgenommen. Formulie- Ihnen dann Konzepte vorlegen, die nicht innerhalb rungen in dieser Form sind schlimm. Da denke ich kurzer Zeit mit heißer Nadel gestrickt sind. Auch manchmal an den Bauern Stolze. Der macht we- die Umsetzung muss mit beachtet werden. nigstens noch eine anständige Wurst. Was Sie gesagt haben, ist unerträglich gewesen. Herr Kollege Meyer, dass Sie ab und zu auf die Internetseite des Umweltministeriums schauen, ist (Beifall bei der FDP und bei der CDU) ein Zeichen dafür, dass Sie lernfähig sind. Das war Um im Klimaschutz Erfolg zu haben, reicht es nicht wirklich ein Erfolg: Zweieinhalbtausend Klicks pro aus, nur Spruchblasen zu produzieren, sondern wir Tag. Ich muss und werde meinen Mitarbeitern für müssen in den Dialog mit den Menschen treten, ihre Kreativität danken. Sie sehen: Es ist ein krea- um alle gesellschaftlichen Gruppen mit einzubin- tives Ministerium. Es lohnt sich nicht, die Mitarbei- den. Wir erhoffen uns von dieser Regierungskom- ter zu beschimpfen, sondern man sollte sie ab und mission konkrete Anstöße und Handlungsempfeh- zu mehr loben. lungen. Herzlichen Dank. Wenn das von der Regierung durch Gesetze oder Erlasse verordnet wird, dann - das kann ich Ihnen (Beifall bei der FDP und bei der CDU) voraussagen - wird das scheitern. Diesen Weg gehen wir nicht. Wir wollen die Eigenverantwortung Vizepräsidentin Astrid Vockert: und den Sachverstand nutzen. Danke schön, Herr Minister. - Für die Fraktion Die Regierungskommission hat zweimal getagt Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Kollege Wenzel und wichtige Entscheidungen getroffen. Zwei Ar- das Wort. beitskreise sind bereits eingerichtet. Diese Arbeits- kreise haben natürlich unmittelbar mit dem zu tun, Stefan Wenzel (GRÜNE): was die Politik in den letzten drei Monaten mit Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her- bestimmt hat, nämlich mit den Themen Klima, ren! Herr Thiele, Sie haben einen Antrag vorge- Energie, Bildung und Klimaanpassungsstrategien. legt - da Sie als Erster sprachen, gehe ich davon Diese Handlungsfelder sind für uns wichtig. Der aus, dass die CDU ihn federführend erarbeitet Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen hat -, der in weiten Teilen interessante Aspekte hilft uns, weil wir damit der Kommission sagen anspricht und Vorschläge enthält, die anzugehen können, wo unsere Schwerpunkte, wo die Schwer- sich lohnt. Mich stört eigentlich nur eine Formulie- punkte des Parlaments liegen. Deshalb ist es so rung im dritten Absatz, die man schlicht und ein- wichtig, dass wir hier im Landtag darüber spre- fach streichen könnte. Dann würde dieser Antrag chen. Die Kommission muss diese Schwerpunkte wesentlich mehr bewirken als in der Form, in der er dann auch aufnehmen. jetzt konzipiert ist. Sie wollen lediglich prüfen, ob die angesprochenen Maßnahmen erfolgen sollen.

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Mit der Prüfung wollen Sie die Regierungskommis- dieser Stelle einmal Nägel mit Köpfen machen sion beauftragen. könnte, um in der Sache schneller voranzukom- men und inhaltlich etwas zu bewegen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der Regierungskommission. Im Ausschuss haben wir Ein Satz noch zum Thema Umweltbildung. Ich ja gemeinsam beschlossen, dass der Vorsitzende hoffe nicht, dass mit diesem Antrag indirekt das eingeladen werden soll, um Fragen der Strategie Projekt von E.ON Kernkraft und E.ON gemeint ist, und der Ziele mit ihm zu diskutieren. Ich glaube nämlich die Umweltbildung in den Kindergärten aber, dass die Maßnahmen, die Sie hier vorge- künftig der Atomindustrie oder einer Tochter der schlagen haben, zum allergrößten Teil direkt im Atomindustrie zu überlassen. Ausschuss beschlossen werden könnten und dass (Zustimmung von Miriam Staudte in vier Wochen eine Mehrheit zu finden sein müss- [GRÜNE]) te, um das auf den Weg zu bringen. Derzeit gibt es ein Modellprojekt mit 4 000 Kinder- Darüber hinaus hat die Regierungskommission gärten, das von E.ON gesponsert wird und bei den Auftrag, eine Klimaschutzstrategie für Nieder- dem man natürlich ganz andere Dinge im Sinn und sachsen zu erarbeiten. Das, Herr Minister, ist der das eigene Unternehmensinteresse im Blick hat. entscheidende Unterschied zu den anderen 15 Ich möchte Sie ernsthaft davor warnen, E.ON Bundesländern in der Bundesrepublik Deutsch- Kernkraft in unsere Kindergärten zu lassen, um land. Fast alle oder sogar alle anderen Bundeslän- dort Umweltbildung für Atomkraft zu betreiben. der haben bereits eine Klimaschutzstrategie entwi- ckelt. Nur Sie, Herr Minister, haben noch keine (Beifall bei den GRÜNEN, bei der Klimaschutzstrategie erarbeitet. Deshalb haben wir SPD und bei der LINKEN) natürlich eine ganz andere Vorgehensweise, was Das wäre ein völlig verfehlter Weg, den wir auf die zeitliche Dimension und die Stringenz des keinen Fall unterstützen können. Handelns angeht. Von daher würde ich vorschla- gen, dass wir diesen Antrag im Ausschuss ent- Herzlichen Dank für das Zuhören. sprechend modifizieren, damit das Ganze ein biss- (Beifall bei den GRÜNEN) chen schneller vonstatten geht.

Natürlich kann ich es mir nicht verkneifen, noch Vizepräsidentin Astrid Vockert: einige inhaltliche Anmerkungen zu machen. Als die Herr Kollege Thiele von der CDU-Fraktion, Sie CDU die Juister Thesen beschlossen hat - darin haben für anderthalb Minuten das Wort zu einer stand eine ganze Menge Richtiges -, habe ich Kurzintervention. gedacht: Jetzt geht es richtig los, jetzt gehen wir in die Umsetzung. - In dem Sinne verstehe ich diesen Ulf Thiele (CDU): Antrag und würde ihn aufnehmen. Es sollte eben Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und kein Prüfauftrag sein, sondern ein Antrag, der tat- Herren! Lieber Herr Wenzel, zunächst einmal herz- sächlich in die Umsetzung geht. lichen Dank für Ihren überraschenderweise so Wir haben in der Vergangenheit von Ihnen bereits moderaten Ton. Das hätte ich, ehrlich gesagt, nicht einen Antrag zu Contracting und Energieeinspa- so erwartet. Ich will Ihnen bei dieser Gelegenheit rung in der Drs. 15/3473 gehabt. Auch dort stan- aber noch Folgendes sagen: Sie können davon den schon viele Dinge, die sich hier wiederfinden. ausgehen, dass die Fraktionen von CDU und FDP Das hätte von Ihrem Koalitionspartner bzw. dem nicht nur diesen Antrag gemeinsam konzipiert Haus Ihres Koalitionspartners eigentlich längst haben, sondern gleichzeitig auch sehr vertrauens- umgesetzt werden müssen. Herr Thiele, ich ver- voll mit diesem hervorragenden Umweltminister stehe, dass Sie manchmal ungeduldig und mit der zusammenarbeiten. Arbeit des Hauses nicht ganz zufrieden sind, weil (Beifall bei der CDU und bei der FDP) ich Sie im Ausschuss immer so wahrnehme, dass zumindest Ihnen persönlich daran gelegen ist, Außerdem muss ich an dieser Stelle sowohl Sie dass es hier vorangeht. Wenn das Umweltministe- als auch Herrn Herzog und Herrn Meyer auf Fol- rium bzw. der Minister vorträgt, sieht man, dass er gendes hinweisen: In diesen Entschließungsantrag ganz anderes und ganz andere Zeiträume im Kopf haben wir selbstverständlich auch Themen aufge- hat, wenn er über das Thema Klimaschutz nach- nommen, die bei uns täglich diskutiert werden und denkt. Ich gehe aber davon aus, dass man an die von uns schon vielfach auf den Weg gebracht

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worden sind. Aber gerade mit Blick auf die uns zu kann nicht nur sagen: Klopfen Sie nicht zu doll. politisch wichtigen Themenfelder brauchen wir den Sonst kommen Sie ins Husten. Expertenrat der Kommission. Dass wir den Antrag (Beifall bei der LINKEN) noch um einige zusätzliche Vorschläge ergänzt haben - beispielhaft erwähne ich in diesem Zu- Um es ganz klar auf den Punkt zu bringen: Wir sammenhang das Einholen einiger Expertisen, da- brauchen an dieser Stelle Macher statt Zögerer mit wir noch schneller vorankommen -, halte ich für und Bedenkenträger. eine Selbstverständlichkeit. Ich finde, dass dieses (Glocke der Präsidentin) Parlament diese Anregungen geben sollte. - Ich bin gleich fertig. - Wir brauchen aber nicht die Herzlichen Dank. Aneinanderreihung Know-how vortäuschender (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Begriffsverwirrungen. Vielen Dank. Vizepräsidentin Astrid Vockert: Herr Kollege Wenzel möchte nicht antworten. - (Beifall bei der LINKEN) Dann erteile ich jetzt nach § 71 Abs. 3 unserer Vizepräsidentin Astrid Vockert: Geschäftsordnung das Wort Herrn Herzog von der Fraktion DIE LINKE für anderthalb Minuten. Herr Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir Herzog, Sie haben das Wort. nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Kurt Herzog (LINKE): Mit diesem Antrag soll sich der Ausschuss für Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Umwelt und Klimaschutz befassen. Wer will so Dürr, Sie haben sich sehr viel Mühe gegeben, hier beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltun- vorzutäuschen, dass bei dieser Landesregierung gen? - Die sehe ich nicht. Dann ist so beschlossen ein außerordentlich großes Handlungspotenzial worden. vorhanden ist. Das bestreite ich aber ausdrücklich. Außerdem fehlen in der aus meiner Sicht sehr Der nächste - der 11. - Tagungsabschnitt ist für die einseitig zusammengesetzten Regierungskommis- Zeit vom 18. bis 20. Februar 2009 vorgesehen. Der sion die Praktiker, die Pioniere, wie ich sie einmal Landtagspräsident wird den Landtag einberufen nennen will. Ich möchte das einmal an einem Bei- und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den spiel deutlich machen: In Lüchow-Dannenberg ist Beginn und die Tagesordnung der Sitzung bestim- die erste Biogastankstelle in der Bundesrepublik men. Deutschland von der Raiffeisen-Genossenschaft Ich bedanke mich bei Ihnen ganz herzlich für das errichtet worden, und die zweite wird derzeit von angenehme Klima bei der Beratung des letzten einem Landwirt, einem Unternehmer gebaut, wäh- Tagesordnungspunktes und für die gute Debatten- rend Sie noch darum bitten, eine Potenzialanalyse kultur. Ich wünsche Ihnen einen guten Heimweg erstellen zu dürfen. Dieses Beispiel zeigt, wie und freue mich auf ein gesundes Wiedersehen. schnell Sie sein wollen. Das ist bei dem prognosti- zierten Anstieg des Meeresspiegels um 7 m ein- Ich schließe die Sitzung. fach zu wenig. Schluss der Sitzung: 12.34 Uhr. (Beifall bei der LINKEN) Das war erstens. Zweitens: das Internetportal für die Förderprogram- me dieser Landesregierung im Energiebereich. Dafür reicht eine DIN-A-4-Seite. Sie brauchen da- für kein Internetportal. Dritter Punkt: Gebäudesanierung. Sie haben in der letzten Haushaltsdebatte gerade erst deutlich ge- macht, dass diese Landesregierung ihren Anteil am Investitionspakt streichen wird. Das ist die Pra- xis Ihrer Politik. Gleichzeitig schreiben Sie aber solche Anträge und klopfen sich an die Brust. Da-

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Anlagen zum Stenografischen Bericht gen zu ermöglichen, die den Leistungen, die bis Klasse 10 gewährt werden, entsprechen (wie noch: es beispielsweise auf kommunaler Ebene der Landkreis Göttingen getan hat, der auf Antrag Tagesordnungspunkt 23: der Fraktion der LINKEN die Übernahme der Fahrtkosten für Schülerinnen und Schüler aus Mündliche Anfragen - Drs. 16/790 Haushalten, in denen ein Anspruch auf Leis- tungen nach dem SGB II besteht, beschlossen hat)?

Anlage 1 3. Welche Ansicht vertritt die Landesregierung zu der Auffassung der Bundesregierung, dass Antwort es nicht die Aufgabe des Bundes sei, diese zu- sätzliche Leistung für Kinder in höheren Schul- des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und klassen zu gewähren? Gesundheit auf die Frage 2 der Abg. Christa Reichwaldt, Patrick Humke-Focks (LINKE) Im Rahmen der Verabschiedung des Familienleis- tungsgesetzes hat der Bundestag für die Schüle- Lässt das Land Hartz-IV-Abiturientinnen und rinnen und Schüler bis zum Abschluss der Jahr- -Abiturienten im Regen stehen? gangsstufe 10 das sogenannte Schulbedarfspaket Mit dem Inkrafttreten des geänderten Familien- beschlossen: Jeweils zu Beginn eines Schuljahres leistungsgesetzes (FamLeistG) zum 1. Januar 2009 bekommen Kinder von Arbeitslosengeld- erhalten Schülerinnen und Schüler im Rahmen des II-Bezieherinnen und -Beziehern pro Schuljahr SGB II und XII eine zusätzliche Leistung für die eine „zusätzliche Leistung für die Schule“ in Schule von 100 Euro. Diese Leistung, die eine Höhe von 100 Euro. Diese zusätzliche Leistung Forderung der Länder aufgreift, begrüßen wir. wird jedoch nur bis zum Abschluss des 10. Schuljahrgangs erbracht. Schülerinnen oder Sowohl im Bundesrat als auch bei der 85. Arbeits- Schüler aus Hartz-IV-Familien, die in der Se- und Sozialministerkonferenz am 13./14. November kundarstufe II sind und Abitur machen wollen, 2008 in Hamburg haben sich die Länder ein- sind von dieser Leistung somit ausgeschlossen. schließlich Niedersachsen übereinstimmend dafür In einer Stellungnahme des Bundesrates zu der ausgesprochen, diese Leistung nicht nur auf die Novellierung des FamLeistG vom 8. November Jahrgangsstufen bis Klasse 10 zu beschränken. 2008 (BR-Drs. 753/08 (Beschluss)) fordert der Bedauerlicherweise hat sich diese Forderung im Bundesrat die Bundesregierung auf, diese Be- schränkung zu streichen und auch Schülerin- Vermittlungsverfahren zum Familienleistungsge- nen und Schülern in den höheren Jahrgängen setz nicht durchsetzen lassen. Wir halten jedoch die 100 Euro zu gewähren. Bundesregierung an ihr fest. und Bundestag sind diesem Anliegen nicht ge- folgt, der gemeinsame Vermittlungsausschuss Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen von Bundesrat und Bundestag hat sich letzt- namens der Landesregierung wie folgt: endlich auf eine Beibehaltung der Einschrän- kung verständigt. Zu 1: Eine Länderabstimmung erfolgt im Vermitt- Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, lungsausschuss nicht. Bei der Schlussabstimmung dass „im föderalen System der Bundesrepublik des Bundesrates über das Familienleistungsgesetz Deutschland die Ausgestaltung der schulischen hat Niedersachsen dem Ergebnis des Vermitt- Rahmenbedingungen in der Zuständigkeit der Länder liegt. Dort müssen die Voraussetzungen lungsausschusses zugestimmt, weil die Landesre- dafür geschaffen werden, dass alle Schülerin- gierung die grundsätzliche Zielrichtung des Geset- nen und Schüler unabhängig vom Einkommen zes begrüßt. ihrer Eltern einen adäquaten Schulabschluss erlangen können“ (BT-Drs. 16/11154, Antwort Zu 2: Da die Länderinitiative bislang nicht hinrei- auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Diana chend berücksichtigt wurde, hält die Landesregie- Golze u. a.). rung daran fest, dass das Schulbedarfspaket für Wir fragen die Landesregierung: alle Jahrgangsstufen gilt. 1. Wie hat das Land Niedersachsen sowohl im Zu 3: Die Auffassung der Bundesregierung teilen Vermittlungsausschuss als auch in der ab- wir nicht. Es ist kein Grund ersichtlich, die Zustän- schließenden Sitzung des Bundesrates über das FamLeistG abgestimmt (bitte mit Begrün- digkeit für diese Leistungen für Schülerinnen und dung)? Schüler höherer Jahrgangsstufen anders zu sehen 2. Welche Maßnahmen wird das Land Nieder- als für Schülerinnen und Schüler bis zum Ab- sachsen sowohl auf Bundesebene als auch auf schluss der 10. Jahrgangsstufe. Landesebene unternehmen, um Schülerinnen und Schülern aus Hartz-IV-Familien, die in Klasse 11 oder höher sind, zusätzliche Leistun-

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Anlage 2 ersten Durchgangs aufgrund des Zweijahresturnus das zweite Mal an einer Mammographie-Un- Antwort tersuchung teilnehmen. Hierzu haben neben den des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und 20 stationären maßgeblich die 12 mobilen Mam- Gesundheit auf die Frage 3 der Abg. Heidemarie mographie-Einheiten, die sogenannten Mammobi- Mundlos (CDU) le, beigetragen.

Brustkrebsfrüherkennung in Niedersachsen Ohne das Engagement der programmverantwortli- Durch das Inkrafttreten der Krebsfrüherken- chen Ärzte und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitar- nungs-Richtlinie am 1. Januar 2004 ist der Ab- beiter in Niedersachsen und Bremen wäre dies lauf des Mammographie-Screenings bundes- nicht möglich gewesen. Dank ihres vorbildlichen weit vollständig und verbindlich vorgegeben. Seit April 2007 steht allen niedersächsischen Einsatzes konnte in Niedersachsen die letzte Frauen zwischen 50 und 69 Jahren ein flä- Screening-Einheit im März 2007 ihre Arbeit auf- chendeckendes Programm zur Früherkennung nehmen - und das, obschon erst Ende Dezember von Brustkrebs durch ein qualitätsgesichertes letzten Jahres die letzte der insgesamt 94 Scree- Screening zur Verfügung ning-Einheiten Deutschlands in Erfurt zertifiziert Ich frage die Landesregierung: worden ist. 1. Wie hat sich die Resonanz der Zielgruppe des Mammographie-Screenings bisher entwi- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen ckelt? namens der Landesregierung wie folgt: 2. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass die bestehenden Kriterien, nach denen die Frauen Zu 1: Das Mammographie-Screening wurde in Nie- ausgewählt werden, ausreichend und praxisge- dersachsen 2005 eingeführt. Damals betrug der recht sind, oder sollten diese verändert wer- Anteil der Teilnehmerinnen, bezogen auf die ein- den? geladenen Frauen, 55,7 %, im Jahr 2006 60,1 % 3. Liegen der Landesregierung Zahlen darüber und im Jahr 2007 57,2 %. Endgültige Zahlen für vor, wie viele Fälle von Mammatumoren es in das Jahr 2008 liegen noch nicht vor; es wird aber Niedersachsen gibt, die ohne das Screening- von einer ähnlichen Quote ausgegangen. Damit Programm unentdeckt geblieben wären? bewegt sich Niedersachsen nach unseren Er- Brustkrebs ist in Deutschland mit etwa 55 000 kenntnissen leicht über dem bundesweiten Durch- Neuerkrankungen jährlich nach wie vor die häu- schnitt, der im Jahr 2007 54 % betrug. figste Krebserkrankung bei Frauen; jede Zehnte erkrankt leider daran. Knapp 19 000 Frauen ster- Zu 2: Die Richtlinien des Bundesausschusses der ben jedes Jahr, weil die Erkrankung vielfach immer Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung noch zu spät entdeckt wird. von Krebserkrankungen (Krebsfrüherkennungs- Richtlinien) sehen zurzeit zwei Auswahlkriterien Aus dieser Erkenntnis heraus hat die Niedersäch- vor. Danach müssen die Frauen zwischen 50 und sische Landesregierung die flächendeckende Kon- 69 Jahren alt sein, und es darf sich nicht um Pati- zipierung des Mammographie-Screenings von entinnen mit einem konkreten Verdacht oder Zu- Anfang an aktiv begleitet und unterstützt. Mammo- stand nach Brustkrebs handeln. Im letzteren Fall graphie-Screening kann dank frühzeitiger Diagno- würde es sich um klinische Mammographie han- se die Brustkrebssterblichkeit erheblich senken deln, nicht aber um die Screening-Mammographie und damit Leben retten. mit dem Ziel der Früherkennung bei symptomlosen Internationale Studien belegen, dass die Mammo- Frauen. graphie derzeit die beste Methode ist, um auch Die Altersgruppe wurde in Anlehnung an internati- kleine, noch beschwerdefreie Tumore zu diagnos- onale Studien als die Gruppe definiert, die von der tizieren. Das Screening, also eine Röntgenreihen- Screening-Mammographie definitiv profitiert. Aus untersuchung, stellt damit eine wichtige Ergänzung medizinischen Gründen ist dies für jüngere (als 50 zur jährlichen Krebsfrüherkennungsuntersuchung Jahre) und ältere (als 69 Jahre) Frauen nicht aus- durch die Frauenärztinnen und Frauenärzte dar. reichend belegt. Frauen mit einem deutlich erhöh- Ich bin stolz darauf, dass Niedersachsen und Bre- ten Risiko für das Auftreten von Brustkrebs, z. B. men die ersten Bundesländer waren, in denen durch familiäre Vorbelastung, oder Frauen mit dieses Vorsorgeangebot eingeführt worden ist. einem Verdacht auf Brustkrebs haben auch vor Anspruchsberechtigt sind etwa 1 Million Einwohne- dem 50. und nach dem 69. Lebensjahr einen An- rinnen. Mittlerweile konnten bereits Frauen des spruch auf Mammographie. Aus Sicht der Landes-

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regierung gibt es zurzeit keine Gründe für eine Flächen vermieden werden könnte. Zum anderen Änderung der Kriterien. können sich durch eine Neu- oder Nachnutzung alternative Einkommensquellen für die jeweiligen Zu 3: Ziel des Mammographie-Screenings ist es, Eigentümer dieser Immobilien ergeben. Zusätzlich Mammakarzinome in einem sehr frühen Stadium besteht Interesse an einem Erhalt und einer Nut- zu entdecken und diejenigen Frauen herauszufin- zung solcher Objekte, da Leerstand in der Regel den, die von einer klinisch noch nicht erkennbaren mit einem langfristigen Verfall einhergeht. Der und bisher symptomlos verlaufenden Brustkrebs- ländliche Raum und die Dörfer leiden in Teilen des erkrankung betroffen sind. Durch frühzeitige The- Landes schon heute allein im Orts- und Land- rapie soll ein Fortschreiten der Erkrankung verhin- schaftsbild unter diesen Umständen. dert werden. Unter anderem aus diesen Gründen wurde ent- Eine Aussage darüber, wie häufig Karzinome im sprechend dem Beschluss des Landtages vom qualitätsgesicherten Mammographie-Screening 14. November 2007 (LT-Drs. 15/4227) seitens der entdeckt wurden und wie häufig im Rahmen ande- Landesregierung das Projekt „Modellvorhaben zur rer Untersuchungen, ist nicht möglich. Bei einem Umnutzung landwirtschaftlicher Altgebäude und flächendeckenden Screening liegt der Anteil je- Hofanlagen“ initiiert. Betrachtungsschwerpunkt in doch deutlich über dem von Mammographien au- den Modellvorhaben wird zwar die Innenentwick- ßerhalb des Screenings. lung von Dörfern sein, gleichwohl wird die Pro- blemlage im Außenbereich nicht unbeachtet blei- ben. Erste Erhebungen im Rahmen der veranlass- Anlage 3 ten wissenschaftlichen Untersuchung haben Hin- Antwort weise darauf ergeben, dass der Umsetzung der Änderung des Baugesetzbuches (BauGB) eine des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und besondere Bedeutung zukommen kann. Gesundheit auf die Frage 5 des Abg. Jan- Christoph Oetjen (FDP) Nutzungsänderungen von ehemals land- oder forstwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außen- Umnutzung ehemals landwirtschaftlicher bereich sind nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Bausubstanz Buchst. c BauGB zulässig, wenn die Aufgabe der Durch die Novellierung des Raumordnungsge- bisherigen land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung setzes ist die zeitliche Begrenzung für die Um- bei der Aufnahme einer neuen Nutzung nicht län- nutzung von land- und forstwirtschaftlicher Bau- substanz (§ 245 b BauGB I) aufgehoben wor- ger als sieben Jahre zurückliegt. Der Bundesge- den. Damit wird die Nutzungsänderung früher setzgeber hatte den Ländern in § 245 b Abs. 2 einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb BauGB die Möglichkeit eröffnet, diese Siebenjah- dienender Gebäude im Außenbereich weiter er- resfrist durch Landesgesetz bis zum 31. Dezember leichtert. Der Gesetzgeber unterstützt mit dieser Novellierung den Strukturwandel in der Land- 2008 auszusetzen. Das Land Niedersachsen hatte wirtschaft und trägt zur Reduzierung der Flä- durch das Niedersächsische Gesetz zur Durchfüh- cheninanspruchnahme im ländlichen Raum bei. rung des Baugesetzbuchs (NBauGBDG) von die- Vor diesem Hintergrund frage ich die Landes- ser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Das regierung: NBauGBDG ist mit Ablauf des Jahres 2008 außer

1. Wird die Landesregierung eine dauerhafte Kraft getreten. Aussetzung der sogenannten Siebenjahresfrist Nunmehr hat der Bund durch das Gesetz zur Neu- nach § 35 (4) 1 c BauGB anordnen? fassung des Raumordnungsgesetzes und zur Än- 2. Wann ist gegebenenfalls mit dieser Anord- derung anderer Vorschriften die zeitliche Be- nung zu rechnen? schränkung in § 245 b Abs. 2 BauGB gestrichen. 3. Welche Potenziale ergibt die dauerhafte Diese Regelung ist am 31. Dezember 2008 in Kraft Aussetzung für den ländlichen Raum in Nieder- getreten. Dadurch erhalten die Länder die Mög- sachsen? lichkeit, durch Landesgesetz dauerhaft zu regeln, Die Umnutzung landwirtschaftlicher Gebäude hat dass die Siebenjahresfrist nicht anzuwenden ist. sowohl für die jeweiligen Eigentümer als auch für Hiervon wird Niedersachsen in Kürze Gebrauch die Entwicklung der Strukturen im ländlichen Raum machen. besondere Bedeutung. Zum einen stehen hier Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen Ressourcen zur Verfügung, mit deren Nutzung die namens der Landesregierung wie folgt: Inanspruchnahme anderer landwirtschaftlicher

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Zu 1 und 2: Siehe Vorbemerkung. Quelle der erhöhten PCB-Belastungen in den Futtermitteln.“ Zu 3: Wie viele ehemals land- oder forstwirtschaft- Die Landesregierung hatte auf einer Informati- lich genutzte Gebäude zukünftig nach einem Leer- onsveranstaltung, zu der Verantwortliche der stand von mehr als sieben Jahren einer neuen Kommunen, der Landesbehörden, die Land- Nutzung zugeführt werden können, lässt sich nicht tagsfraktionen sowie Vertreter der von den Fut- abschätzen. Die tatsächlichen Chancen einer er- termittelbelastungen an der Ems Betroffenen eingeladen waren, verschiedene weitere Unter- folgreichen Umsetzung hängen im jeweiligen Ein- suchungen angekündigt, darunter auch, dass zelfall von zu vielen Einzelfaktoren ab, um einen nicht nur Sedimentproben, sondern auch der Trend prognostizieren zu können. Hier sind bei- Aufwuchs auf den beim Probestau überfluteten spielhaft zu nennen: Emsvorlandflächen vor und nach dem Stau be- probt werden sollte. Erst die Ergebnisse der - Investitionsbereitschaft des Eigentümers Beprobung von Futtermitteln - Grasaufwuchs - aus dem durch den Stau überfluteten Emsvor- - wirtschaftliche Tragfähigkeit einer Umnutzung land ließe Aussagen darüber zu, ob die dreitä- gige Überflutung der Flächen zu einer Belas- (z. B. im Bereich Tourismus) tung von Futtermitteln im Vorland geführt hat. Erst dann wären Rückschlüsse möglich, ob das - Vereinbarkeit mit bestehenden regionalen Ent- Flusswasser als eine mögliche Quelle für die wicklungskonzepten festgestellten Dioxin- und PCB-Belastungen der Futtermittel infrage kommt. Die Ergebnisse der - Lage im Raum Futtermittelbeprobung im Emsvorland vor und nach dem zweiten Probestau Ende September - Qualität des Objekts in Zustand und Erschei- 2008 sind aus unverständlichen Gründen bis nungsbild heute von der Landesregierung jedoch nicht bekannt gegeben worden. Auch andere Pro- Dennoch sollte grundsätzlich dauerhaft die Mög- benergebnisse etwa an der Weser werden trotz lichkeit bestehen, landwirtschaftliche Bausubstanz Versprechungen größter Transparenz nicht re- gelmäßig veröffentlicht. einer anderen Nutzung zuführen zu können, ohne an bestimmte gesetzliche Fristen gebunden zu Wir fragen die Landesregierung: sein. 1. Welche Ergebnisse der Beprobung von Fut- termitteln vor und nach dem Probestau Ende September 2008 im Emsvorland auf die oben genannten Schadstoffe liegen der Landesregie- Anlage 4 rung im Einzelnen vor?

Antwort 2. Wie bewertet die Landesregierung diese Er- gebnisse, und schließt sie sich der Erkenntnis des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die an, das erklärt hat: „Die Ems ist nicht die Quelle Frage 6 der Abg. Christian Meyer und Stefan der erhöhten PCB-Belastung in den Futtermit- teln.“? Wenzel (GRÜNE) 3. Welche Gründe kann die Landesregierung PCB-Belastung an der Ems nach dem Pro- dafür anführen, dass sie die Ergebnisse der bestau Ende September 2008 - Was hat die Futtermittelbeprobung im Emsvorland vor und Landesregierung zu verbergen? nach dem Probestau sowie weiterer Proben nicht bekannt gegeben hat? In der Zeit vom 27. bis 29. September 2008 wurde der zweite sogenannte Sommerprobe- Im August 2008 hat ML die Verantwortungsge- stau der Ems zur Überführung eines Kreuz- meinschaft Ems ins Leben gerufen, um hinsichtlich fahrtschiffes durchgeführt. Das Umweltministe- rium gab mit Pressemitteilung vom 6. Novem- der Dioxin-/PCB-Problematik alle Erkenntnisse mit ber 2008 bekannt, dass im Vorland der Ems vor den betroffenen Kreisen zu erörtern. Am 1. Okto- dem Probestau an 20 Stellen Schlickfallen aus- ber 2008 wurde auch den Mitgliedern des Aus- gelegt worden seien. Die Beprobung der darin schusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbrau- während des Staus aufgefangenen Schweb- stoffe habe ergeben, dass die dort gemessenen cherschutz und Landesentwicklung Gelegenheit Gehalte an Dioxinen/Furanen und dioxinähnli- gegeben, an der Veranstaltung der Verantwor- chen PCB nur etwas höher als die August 2008 tungsgemeinschaft teilzunehmen. Die Landesre- gemessenen Werte im Sediment der Ems gele- gierung hat also nichts zu verbergen. gen hätten, sie lägen weiterhin unterhalb des Orientierungswertes und des Maßnahmenwer- Mitte Dezember 2008 sollte eine weitere Sitzung tes für Gewässersedimente. Die Sprecherin des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz zog der Verantwortungsgemeinschaft Ems stattfinden. daraus den Schluss: „Die Ems ist nicht die Diese Sitzung wurde allerdings auf Anfang 2009

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verschoben, da wichtige Untersuchungen noch Kenntnisstand über das Verhalten von PCBs in der liefen und bereits vorliegende Ergebnisse ausge- Umwelt den schlüssigen Kausalnachweis, dass die wertet werden mussten. Dies wurde den Mitglie- festgestellte Belastung der Futtermittel allein über dern der Verantwortungsgemeinschaft sowie den den Transferpfad Wasser-Boden/Sediment-Pflanze beteiligten Ausschussmitgliedern schriftlich mitge- erfolgt, nicht zulassen. teilt. Gleichzeitig wurden sie über den Sachstand Für die Ursachenanalyse sind weitere Untersu- informiert. chungen erforderlich, die ML und MU bereits ver- Hinsichtlich der Untersuchungsergebnisse der anlasst haben, worüber Landtag und Öffentlichkeit abgestimmten Beprobungen der Sedimente und auch unterrichtet wurden. Letztendlich bedürfen Aufwuchsproben in Verbindung mit dem Probestau diese Fragen zunächst einer wissenschaftlichen der Ems wurde dabei mitgeteilt, dass erst Anfang Beurteilung. Nach den gemeinsamen Planungen 2009 mit einer Ergebnisbewertung zu rechnen ist, von ML und MU soll dies im Rahmen eines Exper- die einen vollständigen Abgleich aller Proben be- tenworkshops erfolgen. Dieser soll nach gegen- inhaltet. wärtigem Planungsstand am 16./17. Februar 2009 stattfinden. Das LAVES hat die Ergebnisse aller im Bereich der Ems entnommenen Aufwuchsproben auszu- Zu 3: Die Ergebnisse der Beprobungen im Emsvor- werten und insbesondere die Kongenerenmuster land sind in ihrer Gesamtheit noch nicht vollständig zusammenzustellen sowie die jeweiligen Di- ausgewertet. Nach der Auswertung sollen sie zu- oxin-:-dl-PCB-Verhältnisse zu errechnen. Diese nächst mit der Verantwortungsgemeinschaft Ems Daten sind für MU und die Fachbehörden wichtig, erörtert werden. um sie mit den Boden-, Sediment- und Schweb- stoffproben abzugleichen und daraus möglichst Schlüsse im Hinblick auf die Kausalkette zu zie- Anlage 5 hen. Auch hieraus ist kein Hinweis abzuleiten, Antwort dass die Landesregierung etwas zu verbergen hat. des Finanzministeriums auf die Frage 7 der Abg. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Ursula Weisser-Roelle (LINKE) Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Will das Land Niedersachsen seinen Gesell- Zu 1: Bei den bisher vorliegenden Ergebnissen schafteranteil am Flughafen Braunschweig- von Aufwuchsproben ist eine Belastung sowohl Wolfsburg verkaufen? von Dioxinen als auch von dl-PCB sowie der Sum- Die Braunschweiger Zeitung berichtet in ihrer me aus Dioxinen und dl-PCB festzustellen. Im Ausgabe am 6. Januar 2009, dass das Land Zusammenhang des Probestaus wurden auch Niedersachsen gewillt sei, seine Gesellschaf- Schwebstoff- und Sedimentationsmessungen teranteile am Flughafen Braunschweig-Wolfs- burg in Höhe von 17,8 % an die Volkswagen durchgeführt. Die detaillierte Auswertung der Da- AG zu veräußern. Nach Informationen dieser ten ist im Gange. Dabei kommt der Analyse der Zeitung sollen dazu Gespräche zwischen dem Kongenerenverteilungen eine besondere Bedeu- Land und Volkswagen geführt werden. tung zu. Es wird daran erinnert, dass die Untersu- Die Braunschweiger Zeitung will erfahren ha- chung von Dioxin- und PCB-Proben eine analy- ben, dass ein Grund für den Ausstieg des Lan- tisch anspruchsvolle und zeitaufwändige Tätigkeit des an der Flughafenbeteiligung der neue Ta- darstellt. rifvertrag für die Fluglotsen wäre, der zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten sei. Die Zei- Zu 2: Die ersten vorliegenden Untersuchungen tung vermutet, dass mit dem Tarifvertrag deutli- che Einkommensverbesserungen für Fluglotsen zeigen in den Boden-, Sediment- und Schwebstoff- bei gleichzeitiger Reduzierung der Wochenar- proben ein anderes Dioxin-:-dl-PCB-Verhältnis als beitszeit sowie weitere Vergünstigungen ver- in den Aufwuchsproben. Die detaillierte Analyse bunden seien. Der dazu von der Zeitung be- der Kongenerenverteilung in den unterschiedlichen fragte Leiter der Tarifabteilung der Gewerk- schaft der Flugsicherung, Markus Siebers, woll- Proben ist aktuell noch in Arbeit und noch nicht te sich gegenüber der Zeitung zu Inhalten des abgeschlossen. neuen Tarifvertrages nicht äußern. Bisheriger Sachstand ist, dass die Ergebnisse der Derzeit hält die Stadt Braunschweig mit 42,6 % Untersuchungen von Schwebstoffen, Sedimenten den höchsten Gesellschafteranteil am Flugha- fen Braunschweig-Wolfsburg, gefolgt von der und Böden einerseits sowie Weidegras-Auf- Stadt Wolfsburg, der Volkswagen AG und dem wuchs/Futtermitteln andererseits nach derzeitigem Land Niedersachsen mit jeweils 17,8 %. Der

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Landkreis Gifhorn und die Stadt Helmstedt hal- Ich frage die Landesregierung: ten jeweils 2 %. 1. Liegen bereits weitere detaillierte Erkenntnis- Vor diesem Hintergrund frage ich die Landes- se der Alkoholtestkäufe in anderen Städten regierung: vor?

1. Treffen Informationen der Braunschweiger 2. Hält es die Landesregierung für sinnvoll, Zeitung vom 6. Januar 2009 zu, wonach die durch eine Änderung/Erweiterung des § 28 Landesregierung beabsichtige, ihre Gesell- Abs. 4 des Jugendschutzgesetzes die Durch- schafteranteile von 17,8 % am Flughafen führung von sogenannten Testkäufen als Kon- Braunschweig-Wolfsburg an die Volkswagen trollmöglichkeit bezüglich der Einhaltung der AG zu verkaufen? Jugendschutzbestimmungen per Gesetz zu le- 2. Wenn ja, welche Gründe führt sie an, um gitimieren? sich vollständig von diesen Gesellschafterantei- 3. Hat sich der Einsatz von jugendlichen Poli- len zu trennen? zeifachoberschülern in der Praxis bewährt? 3. Wenn ja, mit welchem Erlös rechnet sie aus dem Verkauf der Gesellschafteranteile an die Der unvermindert festzustellende Trend zum ex- Volkswagen AG, und wie soll dieser verwendet zessiven Alkoholkonsum durch Kinder und Ju- werden? gendliche ist weiterhin alarmierend. So wurden im Die Fragen der Abgeordneten beantworte ich im Zeitraum von Juli bis September 2008 in Nieder- Namen der Landesregierung wie folgt: sachsen rund 5 000 zum Teil stark betrunkene Kinder und Jugendliche aufgegriffen. Dies ist einen Zu 1: Ja. Anstieg um 800 Kinder und Jugendliche im Ver- Zu 2: Das Land soll sich gemäß § 65 Abs. 1 LHO gleich zum zweiten Quartal 2008. an Unternehmen des privaten Rechts nur beteili- Im Hinblick auf den zunehmenden Alkoholmiss- gen, wenn ein wichtiges Landesinteresse vorliegt. brauch durch Minderjährige und die steigende Zahl Die Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH ist der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelik- lediglich Betreiber des Flughafens. Ein wichtiges te jugendlicher Täterinnen und Täter wurden be- Landesinteresse an der Betreibergesellschaft ist reits vielfältige Präventionsmaßnahmen initiiert, die aufgrund der regionalen Bedeutung des Flugbe- Bemühungen um Aufklärung intensiviert und ge- triebs nicht gegeben. Ein Anteilsverkauf ist folglich zielte Kontrollmaßnahmen verstärkt. aus ordnungspolitischen Gründen geboten. Die Landesregierung hält eine wirksame Überwa- Zu 3: Die Flughafengesellschaft benötigte 2008 chung von Einzelhandel und Verkaufsstellen und Gesellschafterzuschüsse von 2,15 Millionen Euro eine konsequente Ahndung von Verstößen bei zur Deckung der laufenden Kosten. Der Anteil des unrechtmäßigem Alkoholverkauf an Minderjährige Landes hieran beträgt 0,4 Millionen Euro. Aufgrund für unverzichtbar. Dazu wurden und werden in der absehbar dauerhaft defizitären Ertragslage ist gemeinsamer Verantwortung und durch Beteili- kein Erlös erzielbar. gung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendschutzes und der Polizei Testkäufe durch- geführt. Anlage 6 Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfra- Antwort ge namens der Landesregierung wie folgt: des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 8 des Abg. Ansgar Focke (CDU) Zu 1: Die Ergebnisse erster Testkäufe im Einzel- handel in Hannover zeigen in aller Deutlichkeit, Jugendschutz geht vor - Alkoholtestkäufe dass die jugendschutzrechtliche Überwachung des im ganzen Land Einzelhandels verbessert werden muss: Obwohl In einer Pressemitteilung vom 7. November die Testkäufe zuvor in den Medien angekündigt 2008 berichte der niedersächsische Innenminis- worden waren, gelang es den Testkäuferinnen und ter Uwe Schünemann von den ersten Erkennt- nissen der Alkoholtestkäufe. Die erste Bilanz Testkäufern in 51 Fällen (77 %), Alkohol zu erwer- der in Hannover durchgeführten Testkäufe ben, der an sie nach dem Jugendschutzgesetz zeigt, dass diese Testkäufe dringend notwendig (JuSchG) nicht hätte abgegeben werden dürfen. waren. In 77 % der Fälle verkauften Handels- ketten, Tankstellen und Kioske Alkohol an die Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieses erschre- jugendlichen Testkäufer. Inzwischen haben ckenden Ergebnisses habe ich die Polizeipräsiden- weitere Testkäufe in ganz Niedersachsen statt- gefunden. ten gebeten, mit den kommunalen Jugendschutz- behörden die Möglichkeiten gemeinsamer Test-

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käufe zu erörtern und zu initiieren. Auch die kom- Anlage 7 munalen Spitzenverbände habe ich um entspre- Antwort chende Unterstützung bei der Durchsetzung des Jugendschutzgesetzes gebeten. der Niedersächsischen Staatskanzlei auf die Frage 9 des Abg. Wolfgang Jüttner (SPD) Erneute Testkäufe in Hannover und weitere Test- käufe in Braunschweig ergaben wiederum besorg- „Wer bin ich? Und wenn ja, wie viele“ - Der niserregende Ergebnisse: So wurden in Hannover Ministerpräsident auf Identitätssuche 47 Testkäufe im Einzelhandel durchgeführt. In 30 Am 6. Dezember 2008 nahm der Niedersächsi- Fällen gelang es den jugendlichen Testkäufen sche Ministerpräsident Christian Wulff gemein- sam mit anderen Prominenten einen karitativen Alkohol zu erwerben, der gemäß JuSchG nicht Termin in Hannovers Innenstadt wahr. hätte abgegeben werden dürfen. Auch in Braun- Dabei wurde er von einem aktiven DKP- schweig ergaben Testkäufe eine ähnliche Bilanz: Funktionär aufgefordert, sich mit seiner Unter- Bei 53 Testkäufen wurde in 30 Fällen verbotswidrig schrift für den Erhalt einer Bibliothek in Hanno- Alkohol an jugendliche Testkäufer abgegeben. ver-Linden einzusetzen. Diese soll durch Rats- beschluss mit einer anderen fusioniert werden, Weitergehende Informationen liegen der Landes- u. a. Folge der Weisung der Landesregierung, regierung derzeit noch nicht vor. Kosten im Haushalt der Landeshauptstadt zu senken. Zu 2: Der Bußgeldtatbestand des § 28 Abs. 4 Ministerpräsident Wulff kam der Bitte mit seiner JuSchG steht auch in seiner geltenden Fassung Unterschrift nun nach. Der Hannoverschen All- dem Einsatz jugendlicher Testkäufer nicht entge- gemeinen Zeitung vom 9. Dezember 2008 ist gen. Ordnungswidrig handelt danach nur, wer bei zu entnehmen, dass nicht Ministerpräsident den Jugendlichen ein Verhalten herbeiführt, das Wulff, sondern - so die Pressesprecherin des Ministerpräsidenten - der Bürger Wulff diese durch die Verbote des JuSchG verhindert werden Unterschrift geleistet hat. soll. Durch das jugendschutzrechtliche Verbot, Ich frage die Landesregierung: bestimmte alkoholische Getränke an Jugendliche abzugeben, soll verhindert werden, dass Jugendli- 1. Wie bewertet sie den Vorgang, dass der che Alkohol konsumieren. Der Tatbestand des Bürger Wulff mit einem Kommunisten gemein- same Sache macht, während die Landesregie- § 28 Abs. 4 JuSchG ist daher nicht erfüllt, wenn die rung unter dem Ministerpräsidenten Wulff die Testkäufe so organisiert werden, dass durch eine DKP für verfassungswidrig hält und deshalb enge Begleitung der Jugendlichen ausgeschlossen durch den Verfassungsschutz beobachten werden kann, dass sie erworbene Produkte behal- lässt? ten und konsumieren. Diese Bedingungen sind 2. Wie bewertet sie den Vorgang, dass der zwingender Bestandteil der Testkäufe in Nieder- Bürger Wulff für den Erhalt der Bibliothek eintritt und das Kabinett Wulff gleichzeitig für die Wei- sachsen. sung verantwortlich ist, in dessen Folge die Zu 3: Der bisherige Einsatz jugendlicher Testkäu- Schließung der Bibliothek erfolgt? Wie ist es dem Ministerpräsidenten möglich, zwei politi- ferinnen und Testkäufer erfolgte in Begleitung ei- sche Überzeugungen gleichzeitig zu vertreten? ner verantwortlichen Amtsperson, die die Kontrol- 3. Wird die Tatsache, dass sich Bürger Wulff in- len plant und leitet. Die Testkäuferinnen und Test- tensiv für die Sicherung kommunaler Einrich- käufer wurden außerhalb ihres persönlichen räum- tungen engagiert hat, zu einer Änderung bei lichen Umfeldes eingesetzt und konnten ihren Ein- haushaltsrechtlichen Genehmigungen durch satz jederzeit ohne Angabe von Gründen abbre- das Innenministerium führen? chen. Sie beschränkten sich darauf, alkoholische Die über 1 000 öffentlichen Bibliotheken Niedersach- Getränke zur Bezahlung vorzulegen und das Ge- sens erfüllen einen wichtigen Bildungsauftrag: Sie schäft abzuwickeln. Sie wirkten darüber hinaus vermitteln Schlüsselkompetenzen im Umgang mit nicht auf die Willensbildung des Verkaufspersonals Information und Kommunikation und bieten ihren ein. Erworbene Waren wurden im Anschluss an Nutzerinnen und Nutzern ein vielfältiges Angebot das Geschäft den Testkäuferinnen und Testkäu- von fast 9 Millionen Büchern und andere Medien, fern abgenommen. Der Einsatz von Schülerinnen die jährlich mehr als 25 Millionen Mal ausgeliehen und Schüler der Fachoberschule Verwaltung und werden. Rechtspflege/Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst Öffentliche Bibliotheken sind auch kultureller Treff- hat sich bewährt. punkt und Informationszentrum in den Gemeinden und Städten, Bildungspartner von Schulen, Kinder- tagesstätten und Volkshochschulen und ein wichti-

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ger aktiver Faktor erfolgreicher Leseförderung, Gesetz beruhenden Leistungen kritisch auf ihre insbesondere für Kinder und Jugendliche als zah- Erforderlichkeit zu überprüfen und gegebenenfalls lenmäßig größte Nutzergruppe. zu reduzieren. Die Überprüfung und die daraus folgenden Entscheidungen obliegen den Gemein- Öffentliche Bibliotheken sind zumeist in kommuna- den in eigener Zuständigkeit und Verantwortung im ler oder kirchlicher Trägerschaft, in diesem Fall Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Dies wird die Stadtbibliothek Linden von der Landes- gilt auch für die Landeshauptstadt Hannover. hauptstadt Hannover getragen. Selbstverständlich werden freiwillige Leistungen Die Aufgabe des Landes ist es, durch verschiede- durch die Kommunalaufsicht im Rahmen der jährli- ne Aktivitäten dazu beizutragen, die landesweite chen Haushaltsgenehmigung auch bei defizitären Infrastruktur von Bibliotheken und Büchereien zu Haushalten im vertretbaren Umfang zugestanden. sichern. So übernimmt z. B. die vom Land instituti- Dabei ist es gängige und der Wahrung der kom- onell geförderte Büchereizentrale Niedersachsen munalen Selbstverwaltung geschuldete Praxis der mit Sitz in Lüneburg als Dienstleistungs- und Ser- Kommunalaufsicht, grundsätzlich keine einzelnen viceeinrichtung die Beratung, Unterstützung und Maßnahmen von sich aus aufzugreifen. Aus die- Weiterbildung von Büchereien und deren Personal. sem Grund hat es auch keine Weisung der Kom- Darüber hinaus ist seit 2004 die Akademie für Le- munalaufsicht an die Landeshauptstadt Hannover seförderung der Stiftung Lesen an der Nieder- hinsichtlich der Schließung einer Bibliothek gege- sächsischen Landesbibliothek eingerichtet, in der ben. Im Gegenteil: Die Stärkung der Literatur- und Lehrkräfte, aber auch in der Jugendarbeit stehen- Leseförderung ist ein wichtiger Teil des Bildungs- de Personen in der Leseförderung von Kindern, auftrages, auch und gerade an die Kommunen. Schülerinnen und Schülern sowie Heranwachsen- Aus Sicht der Landesregierung sind sie ausdrück- den geschult werden. lich zu ermuntern, an den Investitionen in ihre Bib- liotheken festzuhalten. Zusätzlich hat das Land ein Projekt zur Zertifizie- rung von öffentlichen Bibliotheken ins Leben geru- Daher ist es aus Sicht der Landesregierung außer- fen, um die flächendeckende Sicherung von Quali- ordentlich bedauerlich, dass die Landeshauptstadt tät und den generationsübergreifenden Bildungs- Hannover mit der Schließung von Stadtteilbiblio- auftrag der Bibliotheken umzusetzen und Biblio- theken Kürzungen gerade in dem elementar wich- theken als wichtigen Baustein von Bildungsarbeit tigen Bereich der Literatur- und Leseförderung zu unterstützen. vornimmt. Schließlich ist das Lesen eine Kultur- technik der Menschheit. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Das Land seinerseits hat in den vergangenen Jah- ren eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass politi- Zu 1: Für den Ministerpräsidenten ist es ein per- sche Spielräume auch unter der Vorgabe der sönliches Anliegen, Literatur- und Leseförderung Haushaltssanierung vorhanden sind. Während die zu unterstützen. So hat er in den letzten Jahren Nettokreditaufnahme im Jahr 2002 insgesamt regelmäßig Veranstaltungen wie den UNESCO- 2,95 Milliarden Euro betrug, ist sie 2009 auf Welttag des Buches und den niedersächsischen 250 Millionen Euro gesenkt worden. Im Vergleich Landesentscheid im Vorlesewettbewerb des Deut- dazu ist die Kassenkreditentwicklung der Lan- schen Buchhandels besucht und seine persönliche deshauptstadt Hannover von 2002 bis Mitte 2008 - Begeisterung für Literatur gezeigt und für die gren- trotz der erfreulichen wirtschaftlichen Entwicklung - zenlose Welt der Bücher geworben. Dabei ist er oft von 155,8 Millionen Euro auf 181,4 Millionen Euro Gast in Stadtteilbibliotheken wie der in Linden und sogar noch gestiegen. konnte sich persönlich vom Engagement und der Zu 3: Im Rahmen haushaltsrechtlicher Genehmi- Arbeit vor Ort überzeugen. In Hannover hat der gungen ist durch die Kommunalaufsicht eine Ge- Ministerpräsident die Schirmherrschaft für „MEN- samtwürdigung des jeweiligen Haushalts vorzu- TOR - Die Leselernhelfer e. V.“ übernommen, und nehmen. Dabei sind insbesondere die Verschul- er macht als Ministerpräsident und Bürger gerne dungs- und Haushaltssituation zu beurteilen und „gemeinsame Sache“ mit vorbildlichen Initiativen die notwendigen Entscheidungen nach den ge- zur Literatur- und Leseförderung. meindewirtschaftlichen Vorschriften der NGO zu Zu 2: Gemeinden, die den Haushaltsausgleich treffen. So wurde und wird durch die Kommunal- nicht erreichen können und ein Haushaltssiche- aufsicht des Innenministeriums verfahren. Im Übri- rungskonzept aufstellen, haben u. a. alle nicht auf gen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.

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Eines stimmt bei dem Thema allerdings hoffnungs- Zu 2: Die Landesregierung geht davon aus, dass froh. Die Anleihe auf Richard David Prechts Buch zur Minimierung der verkehrlichen Auswirkungen „Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?“ zeigt zu- die Ausführung der Bauarbeiten bereits straff ge- mindest eines: Die Literatur- und Leseförderung plant ist. Sie hat die Deutsche Bahn jedoch ge- des Landes Niedersachsen greift! beten, zu prüfen, ob anderweitig Möglichkeiten bestehen, diese Zugleistung vorzeitig wieder an-

zubieten. Anlage 8 Davon unabhängig hat die Landesnahverkehrsge- Antwort sellschaft den auf der Strecke verkehrenden Ei- des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr senbahnverkehrsunternehmen DB Regio und Me- auf die Frage 10 des Abg. Jan-Christoph Oetjen tronom eine Alternativlösung vorgeschlagen, die (FDP) vorsieht, dass Pendler in dieser Zeitlage ohne Aufpreiszahlung zunächst in Gegenrichtung nach Zugausfall auf der Strecke Rotenburg–Bre- Rotenburg fahren, um dort in einen Metronom-Zug men nach Bremen zuzusteigen, der Bremen nur wenige In den letzten Wochen sind aus dem Bereich Minuten nach der regulären Ankunftszeit des aus- der Samtgemeinde Sottrum Beschwerden dar- fallenden Regionalbahnzuges erreicht. Pendler über aufgelaufen, dass im Jahr 2009 der mor- gendliche Pendlerzug um 7:30 Uhr von Sottrum aus Sottrum können so statt um 6.58 Uhr mit der nach Bremen bis zum Mai entfallen wird. Mit RB 24706 um 6.57 Uhr mit der RB 24703 nach diesem Zug sollen jeden Morgen etwa 100 Rotenburg fahren und dort in den ME 81441 um- Pendler ab Sottrum fahren. Ab dem Halt Ober- steigen; dieser Zug erreicht Bremen Hauptbahnhof neuland soll der Zug so voll sein, dass die dann zusteigenden Fahrgäste keinen Sitzplatz mehr um 7.29 Uhr, nur vier Minuten nach der zurzeit finden. ausfallenden Regionalbahn. Damit ist sicherge- Vor diesem Hintergrund frage ich die Landes- stellt, dass Berufspendler und Schüler der weiter- regierung: führenden Schulen Bremen in gleicher Zeitlage

1. Sind diese Beschwerden zutreffend, und, erreichen und wie gewohnt ihre Schule bzw. ihren wenn ja, warum entfällt der Zug? Arbeitsplatz erreichen können. 2. Existieren realistische Möglichkeiten, den Zu 3: Die Einrichtung eines Busersatzverkehres Zeitraum, in dem der Zug entfällt, zu verkür- wäre aufgrund der deutlich längeren Fahrzeiten zen? demgegenüber unattraktiv. 3. Sind für die Pendler entlastende Maßnah- men, wie beispielsweise ein Busersatzverkehr, vorgesehen, und, wenn nein, warum nicht? Anlage 9 Der Fahrplan wird als Jahresfahrplan konzipiert; die Züge verkehren grundsätzlich über die gesam- Antwort te Fahrplanperiode, um den Kunden ein transpa- des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf rentes Angebot im Schienenpersonennahverkehr die Frage 11 der Abg. Sigrid Rakow (SPD) bieten zu können. Allerdings können besondere Umstände, z. B. aufgrund von Bauarbeiten, die die Zu hohe Nitratbelastung im Trinkwasser in Oldenburg und Delmenhorst? Leistungsfähigkeit des Schienennetzes einschrän- ken, im Einzelfall Einschnitte im Verkehrsangebot In der NWZ vom 8. Dezember 2008 war unter der Überschrift „Trinkwasser stark durch Nitrat erfordern. belastet“ über die besorgniserregend hohe Be- Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen lastung von Trinkwasser aus privaten Brunnen in den Landkreisen Oldenburg und Vechta so- namens der Landesregierung wie folgt: wie der Stadt Delmenhorst zu lesen.

Zu 1: Die Regionalbahn RB 24706 von Rotenburg In mehr als einem Drittel der Proben lag die Ni- nach Bremen fällt im Zeitraum vom 4. Januar bis tratbelastung deutlich oberhalb des von der 13. März aus, weil aufgrund von Bauarbeiten in WHO zugrunde gelegten Grenzwertes von 50 mg pro Liter und in 75 % der Proben ober- diesem Zeitraum nur eine reduzierte Anzahl von halb des ökologischen Grenzwertes von 25 mg Bahnsteigen im Bremer Hauptbahnhof zur Verfü- pro Liter. gung steht. Mit Abschluss der Bauarbeiten wird die Die Nitratbelastung stellt eine ernst zu neh- Leistung im bisherigen Umfang wieder angeboten mende Gesundheitsgefährdung dar. Das Was- werden. ser ist für die Zubereitung von Säuglingsnah- rung nicht geeignet. Zudem führt das nitratbe-

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lastete Wasser in Bächen und Flüssen und Anlage 2 lfd. Nr. 9 zu § 6 Abs. 2 TrinkwV 2001 gilt letztlich in der Nordsee zu einem vermehrten für den Parameter Nitrat ein Grenzwert von 50 mg/l Algenwachstum und einer Minderung des Sau- erstoffgehaltes. Trinkwasser.

Dr. Gert Hahne, Sprecher des ML, betonte in Überwachungsbehörden sind die Landkreise und dem Zusammenhang, dass im Rahmen des Er- kreisfreien Städte (medizinische Fachdienste). Sie laubten von Landwirten gedüngt werde. erfüllen diese Aufgabe im übertragenen Wir- Ich frage die Landesregierung: kungskreis. 1. Findet sich in anderen Regionen Nieder- Wasserförderanlagen zum Zweck der Trinkwas- sachsens eine ähnlich hohe Nitratbelastung in privaten oder öffentlichen Brunnen (öffentliche sergewinnung sind meldepflichtig. Unternehmer Wasserversorgung), und wer klärt die Verbrau- und sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsan- cher über die Belastung und die daraus resul- lage haben das Trinkwasser regelmäßig auf die tierende Gesundheitsgefährdung auf? Qualität hin überprüfen zu lassen. Die Ergebnisse 2. Welche Ursachen sind nach Ansicht der sind der Überwachungsbehörde binnen zwei Wo- Landesregierung für die Nitratbelastung ver- chen nach der Untersuchung mitzuteilen. antwortlich, wenn die Landwirte bei der prakti- zierten Düngung im „Rahmen des Erlaubten“ Im Rahmen der Kontrollen der Untersuchungser- als Verursacher nicht infrage kommen, oder ist gebnisse und der zusätzlich durch die medizini- nach Auffassung der Landesregierung der „Rahmen des Erlaubten“ in diesem Zusam- schen Fachdienste der Landkreise und kreisfreien menhang ungeeignet? Städte durchzuführenden Überwachung des Trink- wassers werden bei Qualitätsverlusten gemäß § 9 3. Was wird die Landesregierung tun, um Ge- sundheitsbeeinträchtigungen der Bevölkerung TrinkwV 2001 unverzüglich Maßnahmen angeord- durch zu hoch belastetes Trinkwasser zu ver- net, die der Sicherstellung der Trinkwasserqualität hindern? dienen. Der Artikel aus der Nordwest-Zeitung vom 8. De- Bei chemischen Parametern, zu denen auch der zember 2008 „Trinkwasser stark durch Nitrate Parameter Nitrat zählt, können bei erhöhten Wer- belastet“ bezieht sich vorrangig auf die Nitratgehal- ten Ausnahmen vom Grenzwert zugelassen wer- te im Grundwasser, das offensichtlich in privat den. Eine entsprechende Zulassung geht mit Ne- genutzten Brunnen gewonnen und analysiert wor- benbestimmungen einher, die letztlich die Wieder- den ist. Da aus dem Grundwasser aber auch herstellung der gesetzlich vorgeschriebenen Trink- Trinkwasser gewonnen werden kann, wird dies bei wasserqualität garantieren. Die Zulassung von der Beantwortung besonders berücksichtigt. Ausnahmen ist nicht möglich, wenn die Überwa- Grundwasser soll für die Gewinnung von Trink- chungsbehörde im Einzelfall zu dem Schluss wasser in einem qualitativ hochwertigen Zustand kommt, dass die Gesundheit der Verbraucher erhalten werden. Daher wird Grundwasser unab- durch den Konsum des Trinkwassers gefährdet ist. hängig von der tatsächlichen Nutzung allgemein Die tolerierbare Höhe der Abweichungswerte rich- danach beurteilt, inwieweit es für den Menschen tet sich nach den vom Umweltbundesamt veröf- nutzbar ist, ohne dass eine weitere Aufbereitung fentlichten Leitlinien über Maßnahmen im Fall nicht aufgrund gesundheitlicher Anforderungen erfolgen eingehaltener Grenzwerte und Anforderungen. Da- muss. nach ist für eine Nitratkonzentration im Trinkwas- Als Trinkwasser wird Wasser ungeachtet seiner ser ein Wert von 130 mg/l bei einer Exposition von Herkunft bezeichnet, das im ursprünglichen Zu- maximal zehn Jahren duldbar. Für Säuglinge gilt stand oder nach Aufbereitung auf Leitungswegen, der Grenzwert der TrinkwV 2001 (50 mg/l) weiter. in Tankfahrzeugen, in Flaschen oder anderen Be- Insgesamt ist davon auszugehen, dass in Nieder- hältnissen bereitgestellt wird. sachsen fast ausschließlich Trinkwasser mit einer Trinkwasserüberwachung: Nitratkonzentration ≤ 50 mg/l konsumiert wird. Dies gilt sowohl für die Nutzer der öffentlichen Trink- Grundlage für die Beurteilung der Qualität des wasserversorgung als auch für die Nutzer privater Trinkwassers ist die Verordnung über die Qualität Brunnen. von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 21. Mai 2001 (BGBl. I S. 959), zuletzt geändert Grundwasserüberwachung: durch Artikel 263 der Verordnung vom 31. Oktober Die Frage des Grundwasserzustandes sowie der 2006 (BGBl. I S. 2407) (TrinkwV 2001) auf der Ursachen der Nitratbelastung kann mit der von der Basis der Richtlinie 98/83/EG des Rates. Nach

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Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG des merkung) ist das Niedersächsisches Ministerium Europäischen Parlaments und des Rates vom für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit (MS) 23. Oktober 2000) geforderten Zustandsbewertung als zuständige oberste Landesbehörde zu beteili- beantwortet werden. Ein guter chemischer Grund- gen. wasserzustand liegt dann vor, wenn die Qualitäts- Die Zulassung der ersten Abweichung fällt in die normen der Tochterrichtlinie (Richtlinie Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städ- 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und te, die ihrerseits die Zustimmung des MS einholen des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz müssen, falls eine zweite Ausnahmegenehmigung des Grundwassers vor Verschmutzung und Ver- erforderlich wird. Zweite Ausnahmegenehmigun- schlechterung) erfüllt sind (für Nitrat 50 mg/l). Die gen für Nitrat liegen dem MS derzeit nicht vor. Datengrundlage der Bewertung sind die aktuellen Jahresmittelwerte des repräsentativen Landes- Im Landkreis Oldenburg und in den kreisfreien messnetzes. Insgesamt werden 1 032 Grundwas- Städten Oldenburg und Delmenhorst sind keine sermessstellen im oberen Hauptgrundwasserleiter Anlagen mit über dem Grenzwert der Trinkwasser- regelmäßig auf alle relevanten Parameter hin un- verordnung liegenden Nitratkonzentrationen be- tersucht und nach einer einheitlichen Bewer- kannt, die zur Trinkwasserversorgung genutzt wer- tungsmethode ausgewertet. den. Lediglich der Landkreis Vechta hat neun Aus- nahmegenehmigungen erteilt. Grundwasserkörper, aus denen durchschnittlich täglich mehr als 100 m³ Trinkwasser entnommen Die grundsätzliche Beratungspflicht liegt gemäß werden, sind zusätzlich zu den Vorgaben der § 20 Abs. 3 TrinkwV 2001 anlassbezogen bei der Wasserrahmenrichtlinie auch nach den Qualitäts- kommunalen Überwachungsbehörde. Dies betrifft normen der EG-Trinkwasser-Richtlinie 98/83/EG insbesondere den Eigentümer eines Hausbrun- vom 3. November 1998 zu bewerten. Bezüglich nens. Darüber hinaus sind der Unternehmer und dieser Richtlinie unterliegen nach § 18 ff TrinkwV der sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsan-

2001 alle Trinkwasserentnahmen der Überwa- lage gemäß § 21 Abs. 1 TrinkwV 2001 verpflichtet, chung durch die medizinischen Fachdienste der den Verbraucher durch geeignetes und aktuelles Landkreise und kreisfreien Städte. Informationsmaterial über die Qualität des ihm zur Verfügung gestellten Trinkwassers auf Basis der Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Ergebnisse der gemäß § 14 TrinkwV durchzufüh- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: renden Untersuchungen zu informieren. Dies er- Zu 1: Die Qualität des Trinkwassers aus öffentli- folgt über die Wasserrechnung, aber auch über chen Wasserversorgungen ab einer Fördergröße Medien wie örtliche Tageszeitungen und andere von ≥ 1 000 m³/Tag ist gegenüber der Europäi- öffentliche Darstellungen. schen Union berichtspflichtig. Dies gilt auch, wenn Zu 2: Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme ge- von der Wasserversorgungsanlage eine Bevölke- mäß Wasserrahmenrichtlinie für den Parameter rungsgruppe von mindestens 5 000 Personen ver- Nitrat haben gezeigt, dass 58,6 % der Landesflä- sorgt wird. Die aktuellen Daten, gemeldet von den che im schlechten Zustand sind. Diffuse Nitratbe- Landkreisen und kreisfreien Städten aus 2007, lastungen aus landwirtschaftlichen und anderen betreffen beim Parameter Nitrat 768 Netz- bzw. Quellen z. B. über den Luftpfad stellen für Teile Wasserwerksproben und 464 Zapfhahnproben, bei des Landes das Erreichen des guten chemischen denen die Proben am Zapfhahn des Verbrauchers Zustands infrage. Hohe Stickstoffkonzentrationen genommen werden. Bei den insgesamt 1 232 sind insbesondere in Grundwasserkörpern in in- Überwachungsuntersuchungen zum Parameter tensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten mit Nitrat war nicht eine Grenzwertüberschreitung zu tierischer Produktion und in den niederschlagsar- verzeichnen. men Gebieten Ostniedersachsens anzutreffen. Als Zielkulisse für Maßnahmen zur Verbesserung des Private Trinkwasserbrunnen sind meldepflichtig. Grundwasserzustandes ergeben sich ca. Zuwiderhandlungen gegen die Meldepflicht werden 7 700 km², auf denen Stickstoffreduzierungen er- nach § 25 TrinkwV 2001 als Ordnungswidrigkeiten folgen müssen. geahndet. Die Brunnen werden von dem zuständi- gen Landkreis bzw. der kreisfreien Stadt in regel- Ein schlechter Zustand bezüglich der Qualität des mäßigen Zeitabständen überwacht. Lediglich bei Trinkwassers ist in Niedersachsen nicht festzustel- der Zulassung von Abweichungen von den Grenz- len. Diese Bewertung berücksichtigt etwa 320 werten der Trinkwasserverordnung (siehe Vorbe- Wasserversorgungsanlagen, die etwa 94 % der

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Bevölkerung in Niedersachsen mit Trinkwasser umweltmaßnahmen zur termingerechten Errei- versorgen. Zu etwa 87 % stammt das Trinkwasser chung des guten Zustands erforderlich. aus Grund- bzw. Quellwasser, zu etwa 12 % aus Zu 3: Die Trinkwasserqualität in Niedersachsen, Oberflächenwasser (Talsperren) und zu < 1 % aus bemessen an den hohen Qualitätsanforderungen sonstiger Herkunft (z. B. Uferfiltrat). Wo Anlass der EG-Richtlinie RL 98/83/EG und der TrinkwV bestand, sind einige Gebiete u. a. auch wegen 2001, ist sehr gut. Soweit Gesundheitsbeeinträch- hoher Nitratbelastung aufgegeben worden, in wei- tigungen bekannt werden, sind sie im Rahmen der teren Gebieten wurde Trinkwasser vorübergehend Überwachung des Trinkwassers unverzüglich zu aufbereitet. beseitigen. Wasserversorgungen, deren geförder- Aus den Bewertungsergebnissen wird deutlich, tes Wasser nicht den Qualitätsmaßstäben ent- dass trotz deutlicher und großräumiger Belastun- spricht, sind je nach Lage des Einzelfalls zu modi- gen vor allem des oberflächennahen Grundwas- fizieren oder für Trinkwasserzwecke nicht geeignet sers die öffentliche Wasserversorgung nicht beein- und außer Betrieb zu nehmen. Bei der Beurteilung trächtigt ist. Dies hat folgende Gründe: der Nitratwerte ist darauf zu achten, ob es sich um Roh-, Trink- oder Brauchwasser handelt. Gesund- Erstens. Die Wasserversorgungsunternehmen ha- heitsbeeinträchtigungen durch erhöhte Nitratwerte ben vorsorgende Maßnahmen ergriffen, die die im Trinkwasser sind derzeit nicht bekannt. Einflüsse aus Landwirtschaft minimieren (tief- liegende Filter, höhere Anteile forstwirtschaftlich genutzter Flächen im Einzugsgebiet), Anlage 10 Zweitens. Das Kooperationsprogramm Trinkwass- Antwort erschutz des Landes fördert seit 15 Jahren eine gewässerschützende Landwirtschaft in Trinkwas- des Ministeriums für Ernährung, Ladwirtschaft, sergewinnungsgebieten und gleicht einen höheren Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Aufwand der Landwirtschaft finanziell aus, Frage 12 des Abg. Wiard Siebels (SPD)

Drittens. Auflagen aus Wasserschutzgebietsver- Eigentum kann man nur einmal veräußern - Wird der Waldverkauf in Ostfriesland ge- ordnungen beschränken die erlaubten Handlungen stoppt? auf ein für den Trinkwasserschutz verträgliches Maß. Die Ostfriesischen Nachrichten haben in ihrer Ausgabe vom 3. Dezember 2008 berichtet, Bei den im vorliegenden Fall betroffenen privaten dass im Bereich der Stadt Aurich Waldflächen und Forsthäuser zum Verkauf stehen. Dies be- Brunnen sind diese Voraussetzungen nicht gege- trifft laut den Ostfriesischen Nachrichten das ben, die private Einzelwasserversorgung ist daher Eschener Gehölz sowie das Herrenholz. weitaus anfälliger gegen Beeinträchtigungen der Aus der Beantwortung verschiedener Kleiner Trinkwasserqualität als die öffentliche Wasserver- Anfragen (z. B. Drs. 15/3542) geht hervor, dass sorgung. Hinzu kommt, dass es bei intensiv betrie- die Landesregierung die NLF angehalten hat, benen landwirtschaftlichen Anlagen zu punktförmi- bis 2014 aus der Veräußerung von Liegen- schaften Erlöse von 132 Millionen Euro zur gen Belastungen kommen kann, die sich bei einer Konsolidierung des Landeshaushaltes abzufüh- hofgebundenen Wasserversorgung entsprechend ren. direkt auswirken. Waldflächen stellen gerade in der Region Ost- Da es kein spezielles Programm für private Was- friesland wesentliche Landschaftsstrukturele- mente dar, die dauerhaft einen hohen ökologi- sernutzer und Einzelwasserversorgungsanlagen schen und auch wirtschaftlichen Stellenwert gibt, sind Verbesserungen der Trinkwasserqualität aufweisen. Landeswald ist öffentliches Gut und nur über den allgemeinen Grundwasserschutz zu kann nur einmal veräußert werden, was nicht erreichen. Betroffene Bürger können sich alternativ den Nachhaltigkeitsgrundsätzen entspricht, de- nen sich die Landesregierung verpflichtet hat. an die zentrale Wasserversorgung anschließen. Ich frage die Landesregierung: Es ist zu erwarten, dass die Vorgaben und der Vollzug des neuen Düngerechts, das u. a. eine 1. Welche Waldflächen und welche Liegen- schaften sind in Ostfriesland bereits verkauft Begrenzung des N-Bilanzüberschusses vorsieht, worden, und welche sollen in absehbarer Zu- zu einer Zustandsverbesserung beitragen. Darüber kunft veräußert werden (bitte Auflistung in Ta- hinaus sind ergänzende Maßnahmen wie eine bellenform in Angabe mit Größe in ha und Zusatzberatung der Landwirte und gezielte Agrar- Preis)?

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2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesre- Zu 3: In Ostfriesland wurden zwischen 2005 und gierung, um sicherzustellen, dass diese Wald- 2008 keine Waldflächen angekauft. flächen und Liegenschaften nicht zu Spekulati- onsobjekten werden oder Lobbyinteressen ge- opfert werden, und wie bewertet sie in diesem Zusammenhang den nachhaltigen Erhalt von Anlage 11 Waldgebieten für das Allgemeinwohl mit all sei- nen Funktionen (wie Klimaschutz, Landschafts- Antwort bild, Erholung) in dieser Region? des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr 3. Welche Waldankäufe hat die Landesregie- rung in Ostfriesland getätigt (bitte Auflistung in auf die Frage 13 des Abg. Karl-Heinz Hausmann Tabellenform in Angabe mit Größe in Hektar (SPD) und Preis), und, wenn ja, warum hat sie dies getan, und steht das nicht im Widerspruch zu Wie entwickelt sich die Breitbandversor- der o. g. Absichtserklärung (132 Millionen Euro gung in Niedersachsen? bis 2014 zur Konsolidierung des Landeshaus- „In Niedersachsen ist die flächendeckende Ver- halts)? sorgung mit schnellen Internetzugängen nicht Die Kleine Anfrage beantworte ich namens der gewährleistet. Viele Gemeinden, aber auch Gewerbeansiedlungen und Industriegebiete Landesregierung wie folgt: sind bisher nicht an die ‚Datenautobahn’ ange- schlossen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich für Zu 1: In Ostfriesland wurden im Bereich des Nie- Schulen, Praxen, landwirtschaftliche Betriebe dersächsischen Forstamtes Neuenburg zwischen und viele Freiberufler ab.“ Dies ist die Aussage 2005 und 2008 das betrieblich entbehrliche Revier- auf der Homepage des neu eingerichteten förstereigehöft Hopels in Friedeburg an den derzei- Breitbandkompetenzzentrums Niedersachsen. tigen Revierleiter und landwirtschaftliche Flächen In Kürze soll es Breitband bis „ins letzte Haus“ (Grünland, rund 30 ha) östlich von Wittmund an geben. Diese Zusage von Bundeskanzlerin An- den damaligen Pächter veräußert. Im Zusammen- gela Merkel auf dem IT-Gipfel wurde vom Nie- dersächsischen Gemeindebund (NSGB) aus- hang mit dem Verkauf des Schlosses Dornum drücklich begrüßt. Der Verband betont, dass die (Haupt- und Realschule) wurde nach Käuferanfra- flächendeckende Breitbandversorgung eine un- ge die unmittelbar angrenzende Waldfläche (rund abdingbare Standortsicherung insbesondere für 12 ha) mit verkauft. Im Gebiet Aurich wurden rund Unternehmen ist. Nun wird erwartet, dass der flächendeckende Anschluss mit Hochgeschwin- 2,4 ha Wald veräußert. Aus Datenschutzgründen digkeit erfolgt, damit die Entwicklung in allen werden Vertragspartner und einzelne Kaufpreise Bereichen nach vorn geht. nicht genannt. Wegen betrieblicher Entbehrlichkeit Ich frage die Landesregierung: ist ins Auge gefasst, im Jahre 2009 drei Streube- sitzflächen im Bereich der Stadt Aurich in Ge- 1. Welche Definitionen von Breitband legt die Landesregierung bei den Untersuchungen und samtgröße von rund 11 ha zu veräußern. Zielvereinbarungen zugrunde?

Zu 2: Auch bei Eigentumswechsel ist Wald nach 2. Wie hoch ist zurzeit die Quote der ange- den rechtlichen Vorgaben zu bewirtschaften. Nut- schlossenen Haushalte und Betriebe in ganz zungsänderungen können nur aufgrund von öffent- Niedersachsen, und welche qualitativen und quantitativen Ziele hat sich die Landesregierung lich-rechtlichen Planungsverfahren erfolgen. Sind in Sachen Breitbandversorgung gesteckt? Nutzungsänderungen nicht auszuschließen, wird eine Nutzungsbeschränkung mit Mehrerlösabfüh- 3. Wie plant die Landesregierung diese Ziele zu erreichen, und präferiert sie in diesem Zusam- rungsklausel vertraglich vereinbart und im Grund- menhang eine bestimmte Technologie oder ei- buch bis zu 30 Jahren dinglich gesichert. Damit nen Anbieter? werden der Erhalt der derzeitigen Nutzung ein- Der Anschluss an leistungsfähige Breitbandnetze schließlich der Waldfunktion sichergestellt und ein stellt im Zeitalter der Wissensgesellschaft einen Spekulationsgewinn verhindert. Standortfaktor von elementarer Bedeutung dar. Waldflächen in waldarmen Regionen haben für die Schnelle Internetanschlüsse schaffen Potenziale Landesregierung einen besonderen Wert. Aller- für Effizienzgewinne und ermöglichen Produkt- und dings müssen diese oft kleinflächigen und verstreut Dienstleistungsinnovationen. Der Anschluss an liegenden Wälder nicht zwingend im Landeseigen- leistungsfähige Kommunikationsnetze ist inzwi- tum stehen. Insoweit wird auch auf die Antwort auf schen ein Entscheidungskriterium für Unterneh- die Kleine Anfrage der Abgeordneten Brigitte men und Privatleute im Hinblick auf ihre Standorte. Somfleth und Ronald Schminke (SPD) zum Janu- Der Aus- und Aufbau von Telekommunikationsin- ar-Plenum 2009 verwiesen. frastruktur unterliegt in erster Linie marktwirtschaft-

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lichen Kräften. Dieser Mechanismus stellt ein Flä- Zu 3: Im Zentrum der Breitbandstrategie des Lan- chenland wie Niedersachsen vor besondere Her- des Niedersachsen steht das Breitbandkompe- ausforderungen: denn häufig rechnen sich die tenzzentrum Niedersachsen. Unter dem Motto Investitions- und Unterhaltskosten für die Netzan- „Hilfe zur Selbsthilfe“ dient es als erste Anlaufstelle bieter in abgelegenen und/oder schwach besiedel- für Landkreise, in denen die Breitbandanbindung ten Regionen nicht. bisher nicht bzw. unzureichend realisiert ist. Das Land Niedersachsen hat daher Beihilfen aus Im ersten Schritt ist es notwendig, einen Überblick dem Europäischen Fonds für regionale Entwick- über die Anbindungssituation zu erhalten. Für die- lung (EFRE) für sogenannte Lückenschlüsse in der se Analyse hat das Breitbandkompetenzzentrum Breitbandanbindung bei der Europäischen Union Niedersachsen einen Fragebogen erstellt, der von für die aktuelle Strukturfondsförderperiode 2007 den Landkreisen/Gemeinden an die Bürger ver- bis 2013 beantragt und bewilligt bekommen. Die schickt wird und u. a. den Istzustand und auch den entsprechende Richtlinie über die Gewährung von gewünschten Bedarf erfragt. Zuwendungen zur Förderung breitbandiger elekt- Erst mit Kenntnis dieser Daten ist es möglich, Ver- ronischer Kommunikation des Ministeriums für handlungen mit Telekommunikationsanbietern Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit der Zielgruppe (TKA) über eine Breitbandanbindung - möglichst gewerbliche Wirtschaft ist Anfang Dezember 2008 ohne eine finanzielle Eigenbeteiligung - aufzuneh- in Kraft getreten. Aus dem EFRE stehen dem Land men. Die gewonnenen Daten sind auch Grundlage Niedersachsen 10 Millionen Euro für die Breiband- für den Breitbandatlas Niedersachsen. Viele Land- förderung zur Verfügung. kreise und Gemeinden sind derzeit dabei, ihren Darüber hinaus stehen dem Land über die Ge- Bedarf zu ermitteln. Sie werden dabei vom Breit- meinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küsten- bandkompetenzzentrum Niedersachsen in Oster- schutz ebenfalls Mittel in Höhe von 7,5 Millionen holz-Scharmbeck beraten und unterstützt. Euro zur Verfügung, die zur Schließung der Wirt- Falls kein TKA ein Angebot vorlegt, ist ein offenes schaftlichkeitslücke in der Breitbandanbindung und transparentes Auswahlverfahren (Interessen- eingesetzt werden. Die Richtlinie über die Gewäh- bekundungsverfahren) unter Hinweis auf eine rung von Zuwendungen zur Förderung der Breit- mögliche finanzielle Förderung der Wirtschaftlich- bandversorgung ländlicher Räume ist am 1. Sep- keitslücke durchzuführen. Die Förderung der tember 2008 in Kraft getreten. Schließung von Lücken in der Breitbandanbindung Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wird durch die beiden Ministerien für Ernährung, namens der Landesregierung wie folgt: Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landes- entwicklung sowie für Wirtschaft, Arbeit und Ver- Zu 1: Als Basis für die Bedarfsanalysen in den kehr in enger Abstimmung realisiert. Die Zielgrup- Niedersächsischen Landkreisen wird eine Anbin- pen der beiden Förderprogramme sind unter- dung mit 1 MBit/s im Download als Breitband ver- schiedlich. Während ML auf den Lückenschluss im standen. ländlichen Raum abstellt, ist der Anschluss der Zu 2: Die Bedarfserhebungen des Breitbandkom- gewerblichen Wirtschaft vorrangiges Ziel des MW. petenzzentrums Niedersachsen in Zusammenar- Durch einen kontinuierlichen Informationsaus- beit mit den Landkreisen schreiten zügig voran. tausch zwischen den beiden Ressorts wie auch mit Aktuell haben acht Landkreise die Analyse abge- dem Breitbandkompetenzzentrum Niedersachsen, schlossen, aus zwei Landkreisen werden die Be- den niedersächsischen kommunalen Spitzenver- fragungsergebnisse derzeit ausgewertet, sieben bänden, den Behörden für Geoinformation, Land- Landkreise führen aktuell die Befragung durch, entwicklung und Liegenschaften und der NBank und vier weitere Landkreise bereiten die Befragung kann sichergestellt werden, dass die zur Verfügung vor. stehenden Mittel mit höchster Effizienz eingesetzt werden. Die Ergebnisse aus den ersten Landkreisen zei- gen, dass es zum Teil erhebliche Unterschiede Insbesondere das Interessenbekundungsverfah- gibt. Die Quote der nicht mit 1 MBit angeschlosse- ren, die spätere Ausschreibung sowie die Ver- nen Haushalte variiert zwischen 20 und 30 %. Ein pflichtung zur strikten Technologieneutralität sind Referenzschluss von den derzeitigen Befragungs- Forderungen der Generaldirektion Wettbewerb der ergebnissen aus den Landkreisen auf ganz Nie- KOM und werden konsequent umgesetzt. dersachsen ist nicht möglich.

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Anlage 12 Flächenanteil entfällt auf andere Eigentümer. Un- sere Wälder tragen wesentlich zur Sicherung der Antwort Lebensgrundlagen Boden, Wasser, Luft und Klima des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, bei. Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist der Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Wald aller Waldbesitzarten im Interesse des Ge- Frage 14 der Abg. Brigitte Somfleth und Ronald meinwohls wegen seiner wirtschaftlichen Bedeu- Schminke (SPD) tung und seiner Schutz- und Erholungsfunktionen zu erhalten und ist seine ordnungsgemäße Bewirt- Verkauf von Landesliegenschaften und -wald - Das Prinzip Nachhaltigkeit? schaftung nachhaltig zu sichern. Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion sind in den Waldgesetzen Bis zum Jahr 2014 sollen aus dem Verkauf von im Bund und Land für alle Waldbesitzarten gleich- Landesliegenschaften und Wäldern 132 Millio- nen Euro erbracht werden. Die Beantwortung rangig vorgegeben. Kleiner Anfragen aus vorangegangenen Jahren hat bereits zum Waldverkauf Informationen Im Rahmen des Nachhaltigkeitsprinzips hat die über den Zeitraum 2005 bis 2007 ergeben. Der Landesregierung gemeinsam mit der Niedersäch- Verkauf von Liegenschaften und Landeswald sischen Forstwirtschaft ein klares Bild vom nach- soll auch weiterhin einen Beitrag zur Verbesse- haltigen, zukünftigen Wald. Er soll arten- und ab- rung der Einnahmeseite des Landeshaushaltes leisten. wechslungsreich, gesund, stabil und an die klimati- schen Bedingungen angepasst und dabei leis- Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit des Klimaschutzes muss die Veräußerung von tungsfähig sein. Die Forstpolitik in Niedersachsen Wald aufgrund seiner hohen ökologischen Leis- ist auf diese Ziele gerichtet und unterstützt die tungsfähigkeit neu diskutiert werden. Das All- ökologische und die ökonomische Leistungsfähig- gemeingut Wald und landeseigene Liegen- keit des Waldes. Dies gilt für den Privat- oder schaften können nur einmal zur Haushaltskon- solidierung veräußert werden. Das ist nicht im Kommunalwald und für den Landeswald gleicher- Sinne der Nachhaltigkeitsallianz, die die Lan- maßen. Die dargestellten Zusammenhänge lassen desregierung Niedersachsen am 8. Dezember erkennen, dass Nachhaltigkeitsstrategie nicht bei 2008 veröffentlicht hat. In der Pressemitteilung der Frage des Eigentums, sondern bei der Aus- des MU äußert sich Ministerpräsident Christian Wulff: „Die von mir geführte Landesregierung formung der Waldbewirtschaftung ansetzen muss. etabliert das Nachhaltigkeitsprinzip auf allen Politikfeldern. Das bedeutet, dass es für uns Zur Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung kein ‚Entweder-oder’ zwischen Wirtschaft, Um- gehören aber auch die bekannten Ziele der Haus- welt und Gesellschaft gibt. Eine Gesellschaft ist haltskonsolidierung. nur dann zukunftsfähig, wenn ökonomische, ökologische und soziale Belange gleichwertig Dies vorausgeschickt, werden die Einzelfragen im und gleichberechtigt nebeneinander stehen.“ Namen der Landesregierung wie folgt beantwortet: Wir fragen die Landesregierung: Zu 1: Die Vorgaben für die Anstalt Niedersächsi- 1. Welche Kriterien setzt die Landesregierung sche Landesforsten zur Veräußerung von Liegen- vor dem Hintergrund der Klimaschutzerforder- schaften im Wert von 132 Millionen Euro bis zum nisse für den weiteren Verkauf von niedersäch- sischem Wald an, und wie schätzt sie den Wald Jahr 2014 sollen angesichts des Nachhaltigkeits- in seiner ökologischen Funktion für den Klima- grundsatzes zur Gestaltung des Landeshaushalts schutz im Sinne des Allgemeinwohls ein? unverändert fortbestehen. Dabei ist zu berücksich- 2. Wie wird die Landesregierung das Prinzip tigen, dass nicht nur ungünstig zu bewirtschaften- Nachhaltigkeit auf dem Politikfeld Landesfors- de Waldflächen verkauft werden, sondern auch ten unter der von Ministerpräsident Wulff zitier- bebaute Liegenschaften, die für die zukünftige ten o. g. Aussage etablieren, insbesondere un- ter dem Aspekt der gleichwertigen ökologi- Organisationsstruktur entbehrlich sind. schen, ökonomischen und sozialen Belange? Zu 2: Das Prinzip der Nachhaltigkeit wurde bereits 3. Kauft die Landesregierung selbst auch noch vor 300 Jahren in der Forstwirtschaft eingeführt. Waldflächen an, und, wenn ja, wie versteht sich Die Anstalt Niedersächsische Landesforsten wird das mit der angesagten Haushaltskonsolidie- rung und dem Prinzip der Nachhaltigkeit, und auf die Wahrung der ökonomischen, ökologischen um welche Flächen handelt es sich? und sozialen Belange durch Satzung vom 6. Juni 2005 verpflichtet. In Niedersachsen umfasst die Waldfläche etwa 1,2 Millionen ha. Nahezu 60 % des Waldes sind Die Landesforsten verwirklichen auf eigenen Flä- privates Eigentum, 29 % gehören zu den Nieder- chen das Programm der Landesregierung zur lang- sächsischen Landesforsten. Der verbleibende fristigen ökologischen Waldentwicklung (LÖWE)

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nach 13 Grundsätzen. Der Waldbau im Rahmen tragstellung zur Erlangung europäischer För- dieser Grundsätze ermöglicht eine weitestgehende dermittel? Harmonie der ökologischen und ökonomischen 2. An welchen Einrichtungen welcher Hoch- Belange. schulen werden die Lehre, Forschung und Ent- wicklung im Bereich der europapolitischen Bil- Zu 3: Die Verkäufe von Landeswald folgen nicht dung durchgeführt? allein den einleitend dargestellten Zielen der 3. Wo gibt es an den niedersächsischen Hoch- Haushaltskonsolidierung des Landes, sondern schulen europabezogene Arbeitsbereiche, die auch Arrondierungsbestrebungen der Anstalt Nie- neben der Beratung auch bei Dienstleistungen dersächsische Landesforsten. Vor dem Hinter- im Hinblick auf Forschung und Lehre in europä- ischen Angelegenheiten aktiv sind? grund der Arrondierung und der Nachhaltigkeits- strategie zur wirtschaftlichen Stärkung der Landes- Das Land Niedersachsen hat bereits Anfang der forsten haben diese in der Vergangenheit auch 90er-Jahre EU-Hochschulbüros eingerichtet, die in verschiedene Ankäufe realisiert. Neben dem An- ihrer regionalen Ausrichtung und Aufgabenstellung kauf von kleineren Flächen, die von Landeswald und in ihren Erfolgen (s. u.) entgegen der Auffas- umgeben waren, sind seit 2005 drei größere Forst- sung der Fragesteller überaus deutlich erfolgreich komplexe in den Forstämtern Wolfenbüttel/Lie- sind. Sie werden auch überregional als erfolgreich benburg, Unterlüß und Ankum erworben worden. angesehen, was sich bei der Einwerbung von EU- Mitteln auch quantitativ zeigt.

Dies vorangestellt, werden die Fragen im Einzel- Anlage 13 nen namens der Landesregierung wie folgt beant- Antwort wortet: des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf Zu 1: Seit dem 1. Januar 1991 gibt es an den nie- die Frage 15 der Abg. Wolfgang Wulf, Heinrich dersächsischen Hochschulen EU-Hochschulbüros, Aller, Ulla Groskurt, Daniela Krause-Behrens, Sig- deren Aufgaben vom Ministerium für Wissenschaft rid Rakow, Silva Seeler und Detlef Tanke (SPD) und Kultur mit Erlass vom 8. Dezember 2000 fest- gelegt wurden: Europa ist mehr: Keine klaren Konturen für Europakompetenz an niedersächsischen - „Förderung des Europagedankens allgemein“, Hochschulen? - „Information der Hochschulmitglieder über EU- Eine erfolgreiche Europapolitik des Landes, Förderprogramme ... und gezielte Werbung für welche auch das Europabild der Bürgerinnen und Bürger prägt, ist mehr als der Wettlauf um die Beteiligung an EU-Programmen (z. B. per- EU-Fördermittel. Es geht auch um die Bünde- sönliche Ansprache insbesondere auch von Mit- lung von europäischen Beratungskompetenzen gliedern der Fachhochschulen ...)“, und -dienstleistungen angesichts der wachsen- den Bedeutung europäischer Rechtssetzung - „Unterstützung der Hochschulmitglieder bei der und komplexer Finanzierungsregelungen für Suche nach Projektpartnern“, regionale Projekte vielfältigster Art. Für Unter- nehmen, soziale und kulturelle Einrichtungen - „Beratung der Hochschulmitglieder in Fragen der stehen dafür bereits Europabüros zur Verfü- gung. Antragstellung und des Projektmanagements“,

Für den Bereich der Wissenschaft ist dagegen - „Koordinierung bei laufenden und neu zu definie- in Niedersachsen nach Meinung vieler Experten renden EU-Programmen“, und Praktiker eine solche zielgenaue Beratung kaum vorhanden. Dabei haben europäische - „Zusammenarbeit mit anderen Stellen in EU-rele- Aspekte eine zunehmende Bedeutung für die vanten Aufgabenbereichen“ sowie Hochschulen. Dies gilt nicht nur für die Leh- rerausbildung, sondern auch für mannigfache - „Vergabe von Reisekostenmitteln im Zusammen- Bereiche der Forschung. Offenbar fehlt es an hang mit der Vorbereitung von EU- Programman- Transparenz und Kompetenz für eine optimierte Nutzung von EU-Ressourcen zur Stärkung des trägen“. Wissenschaftsstandortes Niedersachsen. Für die EU-Hochschulbüros wurden 13 Stellen Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landes- unterschiedlicher Wertigkeit eingerichtet. regierung: Die EU-Hochschulbüros arbeiten mit Ausnahme 1. Durch welche Einrichtungen an welchen Hochschulen erfolgt für wissenschaftliche Insti- der Büros an der Universität Göttingen und der tutionen und Projekte eine Beratung bei der An- Technischen Universität Clausthal in Regional-

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strukturen. Dadurch ergeben sich folgende Ver- - bei der Nachbetreuung abgelehnter Projekte. antwortungsbereiche: - Netzwerkaktivitäten

EU-Hochschulbüro Zuständigkeitsbereich - regelmäßiger Austausch in der Konferenz der EU-Hochschulbüros zur Erweiterung der Bera- Braunschweig/Lü- Technische Universität Braun- tungskompetenz neburg/Wolfenbüttel schweig Fachhochschule Braunschweig/ - Informationsveranstaltungen in der niedersäch- Wolfenbüttel Hochschule für Bildende Künste sischen Landesvertretung in Brüssel Braun- schweig - Kontaktpflege mit Kolleginnen/Kollegen der EU- Leuphana Universität Lüneburg Förderberatung der norddeutschen Länder

Clausthal Technische Universität Clausthal - Projektmanagement

Göttingen Georg-August Universität Göttingen Einige Büros bieten als zusätzliche Leistung die Übernahme von administrativen, nicht wissen- Hannover- Leibniz Universität Hannover schaftlichen Aufgaben in EU-Forschungsprojek- Hildesheim Medizinische Hochschule Hannover Tierärztliche Hochschule Hannover ten an. Die entstehenden Kosten können über Universität Hildesheim das jeweilige Projekt abgerechnet werden. Hochschule für Musik und Theater Fachhochschule Hannover - Studien zur Beteiligung Niedersachsens an der Fachhochschule Hildesheim/Holz- europäischen Forschungsförderung minden/Göttingen (HAWK) Seit 1994 wird die niedersächsische Beteiligung Osnabrück Universität Osnabrück Hochschule Vechta an Forschungsrahmenprogrammen (FRP) sys- Fachhochschule Osnabrück tematisch im Rahmen von Studien erhoben. Diese Studien geben einen Überblick über die Oldenburg Universität Oldenburg Fachhochschule Olden- Partizipation der Hochschulen, Forschungsein- burg/Ostfriesland/ richtungen und Unternehmen an den einzelnen Wilhelmshaven Forschungsrahmenprogrammen einschließlich Fachhochschule Ottersberg der Gesamtfördersummen. Die Auswertungen Neben den seit 2001 übertragenen Aufgaben hat sind auf der Seite des EU-Hochschulbüros sich das Tätigkeitsspektrum der Büros weiterent- Hannover-Hildesheim (http://www.eu.uni-han- wickelt und umfasst im Detail folgende Leistungen: nover.de/) abrufbar. - Informationen zu Fördermöglichkeiten Das EU-Hochschulbüro Hannover-Hildesheim hat aktuell im Auftrag des MWK eine Studie zur - Monatlich wird ein Förderinfo mit Hinweisen auf Beteiligung des niedersächsischen Forschungs- europäische, nationale und internationale För- standorts am 6. EU-Forschungsrahmenpro- dermöglichkeiten veröffentlicht. Ansprechpart- gramm der Europäischen Union (Band 2) ab- ner/-innen werden benannt. geschlossen. Damit liegt mit eine vollständige - Es werden Informationsveranstaltungen zu all- Auswertung für das 6. FRP vor. gemeinen und zu spezifischen, das jeweilige Erfreulicherweise konnten die Drittmitteleinwer- EU-Forschungsrahmenprogramm Themen or- bungen trotz der Umstrukturierung des Rah- ganisiert und durchgeführt. Dazu werden gege- menprogramms auf neue Instrumente, wie z. B. benenfalls auch Experten des BMBF oder der größere Forschungsprojekte und Exzellenz- Europäischen Kommission eingeladen. Die Ver- netzwerke, deutlich um 27 % gesteigert wer- anstaltungen finden zentral, regional oder auf den. Niedersächsische Forschungsschwer- Wunsch nur an einer Einrichtung statt. punkte auf europäischer Ebene sind die In- - Individuelle Beratung und Unterstützung formations- und Kommunikationstechnologien, die Lebenswissenschaften und die Umweltwis- - bei der Antragsvorbereitung, senschaften. Niedersachsen wirbt insgesamt - bei der Antragstellung, rund 70 Millionen Euro ein. - in Vertragsangelegenheiten u. a., In Band 1 der Studie wird die Beteiligung der - während der Projektlaufzeit, deutschen Hochschulen am 6. FRP erstmalig bundesweit dargestellt. Die niedersächsischen - bei der Projektabwicklung, Hochschulen belegen sowohl bei der Beteili-

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gung als auch bei der EU-Drittmittelakquise im dies bietet Studierenden eine fundierte, interdis- Bundesvergleich jeweils den vierten Platz. Die ziplinär und praxisnah angelegte Ausbildung, die Drittmitteleinnahmen belaufen sich für das sie mit neueren sozialwissenschaftlichen Deu- Rahmenprogramm von 2002 bis 2007 absolut tungsansätzen über europäische Politik und Ge- auf insgesamt 79,1 Millionen Euro. sellschaft sowie mit Entscheidungs- und Willens- bildungsprozessen in der Europäischen Union Zu 2: Europapolitische Bildung ist insbesondere in vertraut macht. Der Masterstudiengang befähigt folgenden Studiengängen expliziter Gegenstand für eine Vielzahl von Tätigkeitsfeldern im interna- der wissenschaftlichen Ausbildung: tionalen Bereich, u. a. in der Politikberatung bei - Bachelorstudiengang Europäische Studien an Parteien und Verbänden, in europäischen Institu- der Universität Osnabrück tionen, in den Medien oder in Forschungseinrich- tungen und Hochschulen. Der Bachelorstudiengang Europäische Studien ist interdisziplinär angelegt. Im Mittelpunkt stehen - Masterstudiengang Euroculture an der Universität politische und gesellschaftliche Prozesse des eu- Göttingen ropäischen Integrationsprozesses, die in den Kernfächern Politikwissenschaft und Soziologie Die Studierenden werden befähigt, den europäi- gelehrt werden. Je nach eigener Schwerpunkt- schen Integrationsprozess selbstständig, inter- setzung werden zudem ökonomische, rechtswis- disziplinär und problemorientiert analysieren zu senschaftliche, historische und geografische können, zu beurteilen, wie sich regionale, natio- Kenntnisse vermittelt, um eine umfassende Ana- nale und supranationale Kooperationen und Kon- lyse des Integrationsprozesses zu erlauben. flikte in der Vergangenheit auf aktuelle Entwick- lungen und Dynamiken in Europa auswirken, - Masterstudiengang Europäische Studien an der Handlungskompetenz und Bereitschaft zur Füh- Universität Osnabrück rungsverantwortung in Gruppen mit internationa- Ziel des Masterstudiengangs ist es, Studierenden ler und interkultureller Zusammensetzung zu zei- eine inhaltliche Vertiefung in den Europäischen gen. Der Studiengang Euroculture eröffnet Stu- Studien zu bieten. Dabei geht es um die Ver- dierenden damit die Möglichkeit, sich auf neue mittlung vertiefter und differenzierter Kenntnisse Berufsfelder vorzubereiten, die sich aus der Ver- in zwei Schwerpunktbereichen, nämlich dem der tiefung des ökonomischen und politischen Integ- europäischen Integration sowie dem der Trans- rationsprozesses in Europa ergeben. formation nationaler politischer Systeme im Rahmen der europäischen Integration. In beiden Darüber hinaus gibt es an den niedersächsischen Themenbereichen werden sowohl theoretische Hochschulen eine Reihe von Bachelor- und Mas- Konzepte als auch empirische Erkenntnisse ver- terstudiengängen im Bereich der Politikwissen- mittelt. Schwerpunktmäßig stehen dabei aktuelle schaften, der Geschichte und der Rechtswissen- Tendenzen der europäischen Integration und der schaften, die auch explizit europapolitische Kom- Transformation des EU-Systems sowie die petenzen vermitteln. Zu nennen wären hier z. B. Transformation nationaler politischer Systeme die Bachelor- und Masterstudiengänge Comparati- und ihrer Subsysteme im Zentrum des Interes- ve and European Law und der Masterstudiengang ses. Schließlich kann über Praktika, aber auch im Europäische Geschichte an der Universität Olden- Rahmen der Forschungsseminare, soweit sie burg oder der Masterstudiengang Europäische praxisnahe Themen bearbeiten, sowie über Spe- Rechtspraxis an der Leibniz Universität Hannover, zialkurse, die von Praktikern der EU angeboten der im Übrigen zu Teilen von den Studierenden an werden, ein direkterer Bezug zu verschiedenen anderen europäischen Hochschulen absolviert Berufsfeldern hergestellt werden. wird. Die lehramtsorientierten Studiengänge ver- mitteln europapolitische Kompetenzen insbeson- - Masterstudiengang Europäische Integration/Eu- dere im Studium für die Unterrichtsfächer Ge- ropean Studies an der Leibniz Universität Han- schichte oder Politik/Wirtschaft. nover Zu 3: An den nachfolgenden niedersächsischen Seit 2000 bietet die Leibniz Universität Hannover Einrichtungen existieren europabezogene Arbeits- ein interdisziplinäres Studienprogramm an, das bereiche, die neben der Beratung auch bei Dienst- sich den Fragen der europäischen Entwicklung in leistungen im Hinblick auf Forschung und Lehre in ihren historischen und aktuellen Dimensionen europäischen Angelegenheiten aktiv sind: widmet. Der Masterstudiengang European Stu-

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- European Legal Studies Institute (ELSI) der Uni- jungen Wissenschaftler gemeinsam mit der Eu- versität Osnabrück ropäischen Union bei ihren Forschungsarbeiten. Das 2003 gegründete European Legal Studies - Kompetenzcluster SafeTRANS in Oldenburg Institute (ELSI) der Universität Osnabrück widmet sich der europäischen Rechtsvergleichung und Mit dem Kompetenzcluster SafeTRANS hat sich Rechtsvereinheitlichung mit dem Ziel einer inte- unter maßgeblicher Beteiligung der Universität grativen Rechtsgewinnung, die für die wirtschaft- Oldenburg und des Forschungsinstituts OFFIS liche Zusammenarbeit und das reibungslose ein gemeinnütziger Verein in Oldenburg etabliert, Funktionieren des europäischen Binnenmarktes dessen Zweck die Förderung von Wissenschaft von herausragender Bedeutung sind. Die bei und Forschung auf dem Gebiet der Verkehrssi- ELSI praktizierte Zusammenarbeit europäischer cherheit durch die Entwicklung und Implementie- Rechtswissenschaftler ist für den Prozess der eu- rung von harmonisierten Forschungs- und Ent- ropäischen Gesetzgebung unerlässlich und wird wicklungsstrategien ist. Zu den Gründungsmit- durch den Aufbau einer zentralen Bibliothek zum gliedern zählen neben der Universität Oldenburg europäischen Privat-, Verwaltungs- und Ge- und OFFIS e. V. u. a. die Firmen Siemens, Daim- meinschaftsrecht nachhaltig unterstützt. ler, Robert Bosch GmbH, Airbus Deutschland GmbH sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Der Wissenschaftsrat hat dem von ELSI vorge- Raumfahrt e. V. legten Forschungsprogramm im Rahmen der Be- gutachtung von Forschungsbauten Ende 2007 Das Kompetenzzentrum SafeTRANS bündelt die eine hohe wissenschaftliche Qualität bescheinigt. Kenntnisse und Fähigkeiten von international tä- Vom ELSI aus wird die seit 1998 von der Deut- tigen industriellen und wissenschaftlichen Akteu- schen Forschungsgemeinschaft und seit 2005 ren im Bereich der Prozesse und Methoden für von der Generaldirektion Forschung der Europäi- die Entwicklung sicherheitsrelevanter eingebette- schen Kommission geförderte „Study Group on a ter Steuerungssysteme in der Verkehrstechnik. European Civil Code“ geleitet, der insgesamt 100 Eingebettete Systeme tragen heutzutage im ho- Rechtswissenschaftler aus allen Staaten der EU hen Maße zur Wertschöpfung in der Entwicklung angehören. Überdies ist das Forschungsinstitut von Fahrzeugen jeglicher Art bei. Teil des von der EU geförderten europäischen Eines der wesentlichen Ziele von SafeTRANS ist Exzellenznetzwerkes Common Principles of Eu- es, europaweit eine Harmonisierung und Umset- ropean Contract Law. zung einer Forschungsstrategie für den Bereich - Europäisches Neurowissenschaftliches Institut der eingebetteten Systeme im Verkehrswesen Göttingen (ENI-G) voranzutreiben. Dies geschieht z. B. durch Hilfe- stellung bei der Beantragung, der Partnersuche Das Europäische Neurowissenschaftliche Institut und Qualitätssicherung von FuE-Projekten. Göttingen (ENI-G) ist als gemeinsame wissen- schaftliche Einrichtung im Jahre 2000 von der - Forschungszentrum L3S in Hannover Universitätsmedizin Göttingen und der Max- Das Forschungszentrum L3S ist ein Kooperati- Planck-Gesellschaft gegründet worden mit dem onszentrum für fachgebiets- und institutionen- Ziel, die molekularen Mechanismen des Gehirns übergreifende Initiativen und Projekte der Leibniz bei Gesundheit und Krankheit zu verstehen. Dies Universität Hannover in Kooperation mit der dient der Unterstützung bei der Suche nach Be- Technischen Universität Braunschweig, der handlungsmöglichkeiten neurologischer und neu- Hochschule für Bildende Künste Braunschweig rodegenerativer Erkrankungen wie Schizophre- und weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen. nie, Parkinson oder Alzheimer. Die Forschungseinrichtung beschäftigt sich mit Ein wichtiges Anliegen des ENI-G ist die europa- grundlagen- und anwendungsorientierter For- weite Förderung der Ausbildung von Studieren- schung neuer, zukunftsweisender Methoden und den und Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Technologien in den Bereichen Wissen, Informa- Neurowissenschaften. Zu diesem Zweck hat das tion und Lernen. ENI-G ein europaweites Forschungs- und Lehr- netz mit ähnlichen Forschungsinstituten in neun Digitale Ressourcen und alle mit ihnen verbun- europäischen Ländern aufgebaut. Die Mitglieder denen technologischen Voraussetzungen wie des Netzwerkes sorgen für einen regelmäßigen Semantic Web und Digital Libraries, Verteilte Austausch von Studenten und unterstützen die Systeme und Digital Libraries, Verteilte Systeme

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und Netze sowie Grid Computing gehören zu den 1. Welche Schritte im Einzelnen (Firmenbesu- Schwerpunkten der Forschungsarbeiten. Das che, Gespräche, Verfügungen) hat das zustän- dige Gewerbeaufsichtsamt Celle in den letzten L3S ist eine forschungsgetriebene Einrichtung, Jahren unternommen, um den Betrieb des ille- die hochklassige Studierende und Mitarbeiter galen Altreifenlagers zu beenden und die dort weltweit durch ihre wegbereitende Forschungs- gelagerten Materialien einer ordnungsgemäßen kultur anzieht und durch signifikante Innovationen Entsorgung bzw. Verwertung zukommen zu las- sen? hervorsticht. 2. Warum wurde das illegal betriebene Lager Das L3S hat sich national und international, z. B. nicht im Zuge einer Ersatzvornahme durch die als Koordinator des Networks of Excellence Gewerbeaufsichtsverwaltung geräumt, obwohl allgemein bekannt ist, dass solche Lager eine PROLEARN im Rahmen des 6. Rahmenpro- erhebliche Brandgefahr darstellen und im gramms der EU sowie als Core-Partner der Netz- Brandfall von ihnen erhebliche Gefahren für werke Knowledge Web und REWERSE im Be- Menschen und Umwelt ausgehen können? reich Semantic Web etabliert und ist aktiv an der 3. Mit welchen Ergebnissen hat die Gewerbe- Ausrichtung der bedeutendsten Konferenzen in aufsichtsverwaltung mit den zuständigen Stel- diesen Gebieten beteiligt. Das L3S ist in zehn len des Landkreises zusammengearbeitet, um Forschungsprojekten der EU im Rahmen des die Räumung des Lagers bzw. die Schließung des Betriebes durchzusetzen? 6. EU-Rahmenprogramms involviert und koordi- niert zwei davon. Das Reifenlager in Buchholz, Landkreis Soltau- Fallingbostel, ist den Behörden seit Februar 2006 bekannt. Das Reifenlager wurde zunächst durch den Landkreis Soltau-Fallingbostel noch in deutlich Anlage 14 geringerem Umfang (weniger als 100 t Altreifen) Antwort als ungenehmigte Nutzungsänderung bauaufsicht- lich aufgegriffen. Zu diesem Zeitpunkt war noch die des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf baurechtliche Genehmigungsfähigkeit nicht ausge- die Frage 16 der Abg. Elke Twesten (GRÜNE) schlossen und daher zu klären. Da geforderte Un- Illegales Reifenlager in Flammen - Staatliche terlagen seitens des Anlagenbetreibers nicht vor- Gewerbeaufsicht schaut zu? gelegt wurden, fand im Herbst 2006 eine erneute Überprüfung statt, die ergab, dass das Lagervolu- Die Presse berichtete am 15. Dezember über einen Brand in einem illegalen Reifenlager in men deutlich ausgeweitet worden war und die Buchholz/Aller im Landkreis Soltau-Fallingbos- Kapazitätsschwellen zur Auslösung der immissi- tel. Dabei sind mehrere Hundert Tonnen Altrei- onsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit fen, die in einer 700 m² großen Halle und auf überschritten waren, womit nun die Zuständigkeit einem 3 000 m² großen Freigelände gelagert waren, in Brand geraten. des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Celle gegeben war. Dieses ist im November 2006 infor- Die Hannoversche Allgemeine und Bild berich- miert worden. ten, dass dieses Reifenlager seit Jahren illegal betrieben wurde. Der Pächter habe zwar vom Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Gewerbeaufsichtsamt Celle Räumungs- und Beseitigungsauflagen erhalten, diese aber igno- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: riert. Seit Ende 2007 soll er sich wegen Nicht- Zu 1: Der Betreiber der Anlage ist vom Staatlichen beachtung dieser Auflagen in Haft befinden, Angehörige sollen laut Bild den Betrieb weiter- Gewerbeaufsichtsamt Celle zunächst aufgefordert geführt haben, allerdings ohne das Lager zu worden, einen Antrag auf Genehmigung nach dem räumen. Bundes-Immissionsschutzgesetz einzureichen. Bundesweit sind in den letzten Jahren immer Bereits während des Genehmigungsverfahrens wieder illegal betriebene Altreifensammellager wurde unter Zwangsgeldandrohung angeordnet, in die Schlagzeilen geraten, weil deren Betrei- bis zur Entscheidung über die Genehmigung keine ber behördlichen Anordnungen auf Räumung weiteren Altreifen anzunehmen und die gelagerte und ordnungsgemäße Beseitigung oder Ver- wertung der Altreifen nicht nachgekommen Altreifenmenge zu reduzieren. Ein Widerspruch sind, die Firmen insolvent oder die Betreiber gegen die Zwangsgeldfestsetzung wurde zurück- nicht mehr greifbar waren. Brände solcher La- gewiesen. Die Beitreibung des Zwangsgeldes blieb ger kamen zudem vor; die Brandgefahren, die erfolglos. Den Anordnungen wurde nicht Folge von diesen Materialien ausgehen, sind hinrei- chend bekannt. geleistet. Der Antrag auf Genehmigung der Anlage nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz wurde Ich frage die Landesregierung: aufgrund fehlender Unterlagen abgelehnt.

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Nachdem die Leistungsfähigkeit des Betreibers Räumung gegenüber dem Nießbraucher des nicht mehr gegeben war, sind gegen ihn und wei- Grundstücks ergangen. Betriebsmittel (Lkw) wur- tere Verantwortliche Verwaltungsverfahren für die den sichergestellt. Der Betreiber ist im Rahmen der Entsorgung im Rahmen der Störerauswahl durch- Strafverfolgung im Zusammenhang mit dem illega- geführt worden. Nach dem Brand am 14. Dezem- len Betrieb des Abfalllagers mehrfach, zuletzt ber 2008 ist es erforderlich, den Brandschutt und 2008, zu Haftstrafen verurteilt worden. die verbliebenen Altreifen im Rahmen einer Er- satzvornahme möglichst bald zu entsorgen. Die hierfür erforderlichen Mittel wurden dem Staatli- Anlage 15 chen Gewerbeaufsichtsamt Celle vom Niedersäch- Antwort sischen Ministerium für Umwelt und Klimaschutz zur Verfügung gestellt. des Kultusministeriums auf die Frage 17 der Abg. Ina Korter (GRÜNE) Zu 2: Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Celle hat im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens Fachlehrermangel und Unterrichtsausfall in allen Verfahrensschritten auch geprüft, ob eine Die jüngste Statistik zur Unterrichtsversorgung Räumung des Lagers im Wege des Sofortvollzugs an den Schulen in Niedersachsen weist einen durch Ersatzvornahme erforderlich ist. deutlichen Mangel an Lehrkräften vor allem an den Gesamtschulen und den Gymnasien aus. Da weitere Pflichtige zur Entsorgung in Anspruch Die statistische Unterrichtsversorgung betrug genommen werden konnten und eine unmittelbare am Stichtag 1. November 2008 an den Gymna- sien im Landesdurchschnitt 98,1 % und an den Brandgefahr bei Reifenlagern nicht ohne Weiteres Gesamtschulen 98,2 %. In einzelnen Kreisen zu besorgen ist, waren die Voraussetzungen für liegt die Unterrichtsversorgung noch deutlich die Anordnung einer sofort zu vollziehenden Er- darunter. So beträgt sie an den Gymnasien in satzvornahme nicht gegeben. Altreifen sind nach der Stadt Hannover 96,8 % und an den Ge- samtschulen im Kreis Göttingen 95,4 %. Ent- der Abfallverzeichnisverordnung (Abfallschlüssel sprechend klagen Eltern bereits über erhebliche 16 01 03) als nicht gefährliche Abfälle eingestuft. Unterrichtsausfälle an vielen Schulen. Ihre Lagerung ist nicht unmittelbar umweltgefähr- Die Landesregierung erklärt diese Unter- dend. Der Tatbestand einer gegenwärtigen Gefahr, richtsausfälle mit dem Mangel an ausgebildeten die einen Sofortvollzug erfordert hätte, war daher Lehrkräften in einzelnen Unterrichtsfächern (so nicht erfüllt. Altreifen weisen zudem nicht die Ei- zuletzt der Ministerpräsident laut Landeszeitung vom 16. Dezember 2008 in Lüneburg). genschaft der Selbstentzündung auf, sodass ein sofortiges Vorgehen der Behörde auch aus Grün- Ich frage die Landesregierung: den des Brandschutzes nicht erforderlich war. Ein 1. Wie viele Stellen konnten zum laufenden Reifenbrand kann in der Regel nur durch eine ent- Schuljahr in den Gesamtschulen und den Gym- sprechende mutwillige Handlung oder sonstige nasien in Niedersachsen nicht besetzt werden, weil es keine Bewerberinnen und Bewerber mit Fremdeinwirkung (z. B. defekte technische Geräte den geforderten Fächerkombinationen gab? oder Installationen) entstehen, die auch bei ge- 2. Wie hoch wäre die statistische Unterrichts- nehmigten und ordnungsgemäß betriebenen Rei- versorgung an den Gymnasien und Gesamt- fenlagern durch behördliche Regelungen nicht mit schulen in Niedersachsen am 1. November letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann. 2008 gewesen, wenn alle ausgeschriebenen Stellen hätten besetzt werden können? Zu 3: In dem Verwaltungsverfahren zur Räumung 3. Aus welchen Gründen hat die Landesregie- des Reifenlagers sind außer dem Staatlichen Ge- rung in den vergangenen fünf Jahren die Kapa- werbeaufsichtsamt Celle der Landkreis Soltau-Fal- zitäten der Lehrerausbildung nicht so ausge- lingbostel, die Samtgemeinde Schwarmstedt, das baut, dass jetzt für alle Unterrichtsfächer eine Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg (zu- ausreichende Anzahl an ausgebildeten Lehr- kräften zur Verfügung steht? ständig für die rechtliche Beratung des GAA Celle) und die staatlichen Strafverfolgungsbehörden tätig Die Landesregierung stellt sich der Herausforde- geworden. Die beteiligten Behörden haben im rung, die Unterrichtsversorgung nachhaltig zu si- Rahmen ihrer Zuständigkeiten die nach den je- chern und gleichzeitig die Bildungsqualität zu weiligen Umständen des Verfahrensstandes erfor- verbessern. Derzeit unterrichten so viele Lehrkräfte derlichen Maßnahmen durchgeführt. Dabei sind an den öffentlichen Schulen wie noch nie zuvor in insbesondere Anordnungen zur Annahmeuntersa- der Geschichte Niedersachsens. Seit 2003 hat die gung von Abfällen mit entsprechenden Zwangs- Landesregierung trotz eines Rückgangs der Schü- geldfestsetzungen, zur Grundstückssicherung und lerzahlen um rund 23 000 über 3 000 zusätzliche

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Planstellen für Lehrkräfte geschaffen. Zudem ver- freie Berufswahl nicht absprechen. Wir können nur zichtet die Landesregierung seit 2007 jährlich auf Überzeugungsarbeit leisten. Mein Haus informiert die wegen dieses Rückgangs vorgesehene Strei- seit Jahren über die Einstellungschancen an den chung von jährlich 400 Lehrerstellen. verschiedenen Schulformen. Aktuell stehen für bestimmte Fächer bundesweit nicht ausreichend Zum Beginn dieses Schuljahres konnte wiederum ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung. Erste posi- landesweit eine durchschnittliche Versorgung mit tive Auswirkungen der Werbung sind jedoch be- Lehrkräften aller allgemeinbildenden Schulen von reits an den Universitäten festzustellen: Das Inte- 100 % erreicht werden. An allen Grundschulen ist resse am Studium des Faches Latein ist stark an- die Verlässlichkeit gewährleistet. Regional und gestiegen. schulformbezogen gibt es bei den anderen Schul- formen allerdings Unterschiede bei der Unter- Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der richtsversorgung. Ein Grund dafür ist, dass sich Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie Bedarfe und Personalbestände sehr unterschied- folgt: lich und teilweise sogar erst nach Schuljahresbe- ginn verändern. Zu 1: Insgesamt konnten 160 Stellen für das Lehr- amt an Gymnasien nicht mit der bei der Ausschrei- Die Unterrichtsversorgung ist jedoch nicht nur un- bung im April 2008 bekannt gegebenen Fächer- ter quantitativen Gesichtspunkten zu betrachten. kombination besetzt werden. Davon entfallen 134 Einer Schule, die dringend eine Lehrkraft mit ei- Stellen auf die Gymnasien, 12 auf Integrierte Ge- nem sogenannten Mangelfach wie Latein, Spa- samtschulen und 14 auf Kooperative Gesamtschu- nisch oder Physik benötigt, ist aber nur begrenzt len. Alle Stellen wurden jedoch besetzt. Teilweise damit geholfen, eine weitere Lehrkraft mit einem erfolgte die Besetzung durch eine Lehrkraft mit anderen Unterrichtsfach einzustellen. Die Beset- einer anderen Fächerkombination, teilweise nach zung einer ausgeschriebenen Stelle an dieser Verlagerung der Stelle an eine andere Schule. Schule oder die Zuweisung einer weiteren Stelle mit einer nicht gewünschten Fächerkombination Zu 2: Alle im Landeshaushalt zur Verfügung ste- würde der Schule zwar statistisch, aber nicht in- henden Stellen wurden ausgeschrieben und be- haltlich helfen. setzt. Wenn mehr Bewerberinnen und Bewerber mit dem Lehramt an Gymnasien und den benötig- Eine Versorgung von unter 100 % führt nicht au- ten Fächern zur Verfügung gestanden hätten, wä- tomatisch dazu, dass Unterrichtsausfälle auftreten ren die Gymnasien bei der Stellenzuweisung noch müssen. Bei der Bedarfsberechnung werden ne- stärker berücksichtigt worden. Dies hätte dort zu ben den Schülerpflichtstunden laut Stundentafel einer besseren Unterrichtsversorgung geführt. für jede Klasse in den Schuljahrgängen 5 bis 10 zwei Stunden für zusätzliche Angebote, z. B. Ar- Zu 3: Da die zur Verfügung stehenden Studien- beitsgemeinschaften, anerkannt. Diese Stunden platzkapazitäten nicht alle ausgeschöpft sind, ist machen im Durchschnitt an den Gymnasien fast eine generelle Ausweitung nicht sinnvoll. Die An- 4 % der Lehrerzuweisung aus. Die über den zahl der Stellen für Auszubildende im Vorberei- Pflichtunterricht hinaus bereitgestellten Stunden tungsdienst wurde im Jahr 2007 um 700 für das können dazu genutzt werden, den Pflichtunterricht Lehramt an Gymnasien erhöht; zum 1. Februar vorrangig sicherzustellen. 2009 sind weitere 250 Stellen hinzugekommen. Die Lehramtsausbildung mit Studium und Vorberei- Bereits in den vergangenen Jahren konnten auf- tungsdienst dauert für das Lehramt an Gymnasien grund einer Quote für Fächer des dringenden Be- im Schnitt sieben bis acht Jahre. Zum Schuljahr darfs alle Bewerberinnen und Bewerber mit den 2008/2009 konnten daher nur die Lehrkräfte ein- Fächern Physik, Latein, Spanisch oder evangeli- gestellt werden, die bis zum Jahr 2001 ein Lehr- sche Religion sofort für den Vorbereitungsdienst amtsstudium aufgenommen hatten. Die Vorgän- zugelassen werden. Die erneute Erhöhung der gerregierung hat es versäumt, in dem erforderli- Kapazitäten sowie der Quote für Fächer des drin- chern Umfang junge Menschen für diesen Beruf zu genden Bedarfs wird dazu beitragen, dass alle begeistern und für den Lehrerberuf zu werben. Bewerberinnen und Bewerber mit Mangelfächern Hinzu kommt, dass, gemessen am Bedarf, zu we- zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden kön- nige Studierende die als schwierig geltenden Fä- nen. cher wie Latein und Physik wählen. Wir werden und wollen den jungen Menschen ihr Recht auf

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Anlage 16 oder aus welchen anderen Gründen verleiht der Umweltminister Spielekonsolen als Preis?

Antwort 3. Wie verträgt sich die Preisverleihung des Umweltministers an Grundschülerinnen und des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf Grundschüler mit der Vorbildfunktion der Lan- die Frage 18 der Abg. Miriam Staudte und Ina desregierung für eine sinnvolle Medienerzie- Korter (GRÜNE) hung?

Sind Spielekonsolen ein wertvoller Beitrag Unter dem Motto „Schau mal - Deine Umwelt“ wur- zur Umwelterziehung? de der Niedersächsische Umweltpreis 2008 an Kinder aus Grund- und Vorschulen, Kindergärten Eine Berner Grundschülerin sei beim Umwelt- preis 2008 der Niedersächsischen Umweltstif- und Kindertagesstätten sowie an Ihre Lehr- und tung beim Malwettbewerb „Schau mal - Deine Erziehungskräfte verliehen. Der Preis war mit Umwelt“ auf Platz 1 gelandet und habe vom 6 000 Euro dotiert und kam den Schulen und Ein- niedersächsischen Umweltminister Sander eine richtungen der Lehr- und Erziehungskräfte zugute. Spielekonsole als Preis für ihren Beitrag be- kommen, berichtete die Nordwest-Zeitung. Wie Die Kinder erhielten wertvolle Sachpreise. die Lüneburger Landeszeitung vom 4. De- zember berichtete, hat Umweltminister Sander Der Niedersächsische Umweltpreis wurde in zwei bei der Verleihung des Umweltpreises selbst Kategorien ausgelobt. In der ersten Kategorie die vierjährige Leona aus der Kindertagesstätte konnten sich Kinder an einem Malwettbewerb Ochtmissen mit einer Spielekonsole bedacht. beteiligen. Sie sollten die Tiere und Pflanzen in Dass sich auch 2008 wiederum zahlreiche Kin- der mit ihren Beiträgen am Umweltpreis betei- ihrer Umwelt malen - phantasievoll, realistisch, ligt haben, zeigt, wie wichtig dieser Preis nicht bunt. Zusätzlich konnten sich in einer zweiten Ka- zuletzt für die Umwelterziehung ist. tegorie Lehr- und Erziehungskräfte mit beispielhaf- ten Projekten der Umweltbildung um den Preis Das Kriminologische Forschungsinstitut Nieder- sachsen hat in seiner 2006 durchgeführten bewerben. Der Erfolg war überwältigend. Fast Studie „Mediennutzung, Schulerfolg, Jugend- 1 700 Bilder von 98 Schulklassen, Kindergärten gewalt und die Krise der Jungen“ einen klaren und Kitas und 36 Lehrerprojekte wurden aus ganz Zusammenhang zwischen Art und Intensität der Niedersachsen eingereicht. Nutzung elektronischer Medien und dem Schul- erfolg festgestellt. Demnach gibt es Hinweise, Die Bilder reichten von der einfachen Strichzeich- dass sich die Intensität des Medienkonsums sogar gravierender auf die schulischen Leis- nung bis zum aufwändigen „Bastelbild“, bei dem tungen auswirkt als die Art der Nutzung, z. B. neben der Farbe auch noch Krepppapier, getrock- Gewaltdarstellungen. nete Blätter oder andere Naturmaterialien verwen-

Das vom ehemaligen niedersächsischen Jus- det wurden. Sie zeigen die ganze bunte Vielfalt der tizminister Christian Pfeiffer geleitete Institut natürlichen Lebensumwelt der Kinder. kommt auch zu dem Ergebnis, dass die Häufig- keit des Medienkonsums in unmittelbarem Zu- Bei den Lehrerprojekten überraschten die Vielfalt sammenhang mit der medialen Ausstattung des und die Art der Themen. Die Pädagogen bereite- Kinderzimmers steht. Demnach spielen Viert- ten neben den klassischen Themen wie Garten, klässler mit eigener Spielekonsole durchschnitt- Wald und Wasser auch problembezogene und lich 50 Minuten und damit 20 Minuten länger als ihre Altersgenossen ohne eigenes Gerät. spezielle Themen wie Umweltverschmutzung oder Mikroorganismen für die Kinder auf. Dabei wurden Demnach ist nicht nur nicht erkennbar, in wel- nur Projekte beurteilt, die außerhalb des Lehrplans chem Zusammenhang die vom Umweltminister verliehenen Preise mit dem Wettbewerb stehen allein durch die Initiative engagierter Lehr- und und welchen unweltpädagogischen Nutzen sie Erziehungskräfte zustande kamen. haben könnten. Es liegen sogar Hinweise vor, dass sich der von Minister Sander verliehene Bewertet wurden die Bilder und Projekte von einer Preis negativ auf die schulischen Leistungen sachverständigen Jury. Ihr gehörten an: der Direk- auswirken könnte. tor der Kestner-Gesellschaft Hannover, Veit Gör- Wir fragen die Landesregierung: ner als Juryvorsitzender, die Rektorin der Regen- bogenschule Weetzen und Kunstsachverständige, 1. Wie bewertet die Landesregierung den pä- Dr. Christine Hümpel-Lutz, das Beiratsmitglied der dagogischen Wert von Spielekonsolen für die Umwelterziehung von Grundschülern und Kin- Niedersächsischen Umweltstiftung, Hans-Jörg dergartenkindern? Helm und der Referatsleiter Umweltbildung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Dr. Alexander 2. Sind der Landesregierung Studien bekannt, die die oben dargestellten Ergebnisse des Kri- Bittner. minologischen Forschungsinstituts widerlegen,

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Die Preise wurden durch Minister Sander vergeben Zudem können Eltern die Zeit und den Inhalt des und von Veit Görner und Dr. Christine Hümpel-Lutz Spiels zu Hause besser kontrollieren, als wenn das kommentiert. Kind unkontrolliert bei Kindern der Nachbarn spielt. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Die Spielekonsole Nintedo wurde ausgewählt, weil Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: 1. die Kinder sie sich ausdrücklich gewünscht Zu 1: Die Nutzung von Software und elektroni- haben; es bestand eine Wahlmöglichkeit zwi- schen Medien gehört heute zu den selbstverständ- schen Forscher- und Entdeckerausrüstung und lichen und unverzichtbaren Grundfertigkeiten im Nintendo, Alltag, am Arbeitsplatz und insbesondere beim Lernen in Schule und Studium. Eine frühzeitige 2. insbesondere für Nintendo ein großes Angebot pädagogische Begleitung ist dabei hilfreich. Wie an pädagogisch sinnvoller (Lern-)Software auch mit jedem Werkzeug kann man auch mit elektroni- aus dem Bereich der Umweltbildung (z. B. Tiere schen Medien Missbrauch betreiben, etwa durch und Pflanzen kennen lernen) zur Verfügung exzessiven Gebrauch oder minderwertige Soft- steht, ware. Dies zu verhindern, ist in der Tat eine wichti- 3. Konsolen unbestritten für Kinder zu den be- ge Erziehungsaufgabe der Eltern und Lehrkräfte. gehrtesten Spielzeugen gehören. Zu 2: Der Landesregierung sind Studien bekannt, Zu 3: Wie bereits ausgeführt, ist die Verhinderung die diese Problematik behandeln. des Missbrauchs einer Spielekonsole eine wichtige Angesichts der rasanten Entwicklung audiovisuel- Erziehungsaufgabe der Eltern und Lehrer und ler Medien, neuer Technologien, des Zusammen- kann nicht die Aufgabe der Landesregierung sein. wachsens von alten und neuen Medien, der Aus- Die Dosis macht hier das Gift. breitung des Internets und in dessen Folge der Medienkompetenz bedeutet, den Umgang mit den radikalen Umwälzung der bisherigen Formen ge- Medien zu erlernen, ihre Angebote zu erkennen sellschaftlicher Kommunikation, Information und und zu bewerten, deren Potenziale zu nutzen und Wissenstransfers wird die Vermittlung von Medien- vor den Gefahren zu schützen. In unserer Gesell- kompetenz zur Grundvoraussetzung für eine voll- schaft müssen alle Heranwachsenden die Chance wertige Teilhabe an der gesellschaftlichen Entwick- erhalten, Medienkompetenz zu erwerben, auch um lung. Sie wird zur Schlüsselqualifikation für berufli- die sich abzeichnende digitale Spaltung der Ge- che Perspektiven und eröffnet neue Bildungshori- sellschaft zu verhindern. zonte. Der Erwerb von Medienkompetenz ist sowohl in Die umfassende, abgestimmte und dauerhafte den Bildungsstandards als auch in den neuen Förderung von Medienkompetenz ist deshalb die Kerncurricula in Niedersachsen als Ziel formuliert. adäquate Antwort auf diesen grundlegenden Wan- Er ist als integraler Bestandteil der Schulqualitäts- del und schützt nachhaltiger als Verbote. Die Ver- entwicklung zu sehen. mittlung von Medienkompetenz ist die denkbar beste Form präventiven Jugendschutzes. Es ist darauf hinzuweisen, dass im Ergebnis immer Anlage 17 wieder Aufklärungsarbeit und eine Stärkung der Antwort Medienkompetenz insbesondere bei Eltern, Kin- dern und Jugendlichen, Fachkräften und Gewerbe- des Kultusministeriums auf die Frage 19 der Abg. treibenden gefordert werden. Insoweit kann in Ina Korter (GRÜNE) Niedersachsen auf die vielfältigen und zahlreichen Warum bekommen Schülerinnen und Schü- Maßnahmen auf dem Gebiet des Jugendmedien- ler des Technikgymnasiums Uelzen den schutzes verwiesen werden, die zurzeit auch in „falschen“ Unterricht? einer Datenbank veröffentlicht werden. „Es geht um unsere Zukunft. Wir müssen für den richtigen Unterricht kämpfen, stoßen aber Allein auf den Besitz einer Spielekonsole können nur auf Widerstand.“ So ein Schüler des Fach- schlechte schulische Leistungen sicher nicht zu- gymnasiums Technik der Berufsbildenden rückgeführt werden. Dies lässt sich auch aus der Schulen (BBS) I in Uelzen gegenüber der All- zitierten Studie nicht herauslesen. Dass ein Kind, gemeinen Zeitung der Lüneburger Heide vom 28. November 2008. Schülerinnen und Schüler, dem eine Konsole gehört, intensiver damit spielt die sich für das Technikgymnasium entschie- als ein Kind, das keine Konsole besitzt, ist trivial. den haben, um insbesondere im für das ange-

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strebte Studium der Elektrotechnik sehr ele- Technik im Fach Mathematik nicht differenziert mentaren Fach Mathematik für das Studium ge- entsprechend dem von ihnen gewählten rüstet zu sein, erhalten einen Mathematikunter- Schwerpunkt unterrichtet, und wie definiert die richt mit dem Schwerpunkt Wirtschaft. Landesregierung eine kleine Schule?

Fachleute, die von einer engagierten Mutter zu 3. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesre- dem Problem des „falschen“ Mathematikunter- gierung wann die nach Auffassung von Betrof- richts um eine Stellungnahme gebeten wurden, fenen unhaltbaren Zustände am Technikgym- kommen zu einem vernichtenden Urteil. So nasium Uelzen ändern? kommt der Verband der Elektrotechnik, Elekt- ronik, Informationstechnik (VDE) in seinem Das Fachgymnasium an der BBS I Uelzen besteht Schreiben vom 30. September 2008 zu folgen- aus den beiden Fachrichtungen Wirtschaft und der Einschätzung: „Dass es auf einem Gymna- sium, welches den Namen Technik mit sich Technik. In den letzten drei Jahren ist die Fachrich- führt und einen Schwerpunkt Elektrotechnik an- tung Wirtschaft zweizügig und die Fachrichtung geboten wird, kein entsprechendes mathemati- Technik einzügig geführt worden. Um den Schüle- sches Angebot gibt, ist uns unbegreiflich. Ins- rinnen und Schüler ein umfassendes Wahlangebot besondere die Mathematik bildet das wichtigste und zugleich am schwierigsten zu erlernende zu ermöglichen, sind mindestens dreizügige Sys- Fundament des Studiums und des späteren Be- teme notwendig. rufs.“ Der Studiendekan Elektrotechnik der Technischen Universität Braunschweig kommt Da der Landkreis Uelzen als Schulträger für Real- in seiner Einschätzung des Unterrichts am Uel- schulabsolventinnen und -absolventen aus seinem zener Fachgymnasium Technik zu dem Ergeb- nis: „Wenn Sie sich auf ein Studium der Elektro- Einzugsgebiet ein wohnortnahes Angebot zum technik vorbereiten wollen (….) dann wird Ihnen Erwerb der Hochschulreife anbieten wollte, hat er dieses - nach den mir von Ihnen übermittelten vor zwölf Jahren das Fachgymnasium eingeführt. Unterlagen - in Ihrer aktuellen Ausbildung er- Die Bewerberzahl für das Fachgymnasium Technik heblich erschwert oder sogar unmöglich ge- macht.“ Er habe mit Entsetzen von der Situation ließ über Jahre nur eine Einzügigkeit mit der ent- an dieser Schule Kenntnis nehmen müssen, sprechend reduzierten Wahlmöglichkeit zu. schreibt der Studiendekan einem betroffenen Schüler weiter. Diese Besonderheit wird allen Bewerberinnen und Für die Landesschulbehörde ist all das jedoch Bewerbern vor Schuleintritt im Rahmen der Schul- offenbar kein Problem: Im Hinblick auf die An- laufbahnberatung bekannt gemacht (Merkblatt der forderungen im Studium seien die Technikschü- Schule). Auch ist den Schülerinnen und Schülern ler nicht benachteiligt. Viele mathematische In- bekannt, dass sie in diesem Fachgymnasium die halte seien gleich, so die Pressesprecherin der Landesschulbehörde gegenüber der Allgemei- allgemeine und keine fachgebundene Hochschul- nen Zeitung der Lüneburger Heide. In kleinen reife erwerben. Zielsetzung des Fachgymnasiums Fachgymnasien wie dem in Uelzen sei ein nach ist deshalb die Vermittlung einer breiten und ver- Fachrichtungen getrennter Unterricht nicht tieften Allgemeinbildung. möglich. Das Kultusministerium habe daher verfügt, dass sich die Schulen für einen berufs- bezogenen Schwerpunkt entscheiden müssten, Für das Fach Mathematik, das Teil der allgemei- heißt es im genannten Pressebericht unter Be- nen Fächer des Fachgymnasiums ist, sind die rufung auf die Sprecherin der Landesschulbe- Inhalte entsprechend den Rahmenrichtlinien und hörde ferner. den Einheitlichen Prüfungsanforderungen zu ver- Andreas und Maximilian, zwei Schüler der be- mitteln. Dies sind insbesondere die Aufgabenge- troffenen Klasse, zeigten sich angesichts dieser biete Analysis, Analytische Geometrie/Lineare Situation in o. g. Pressebericht frustriert: „Das Geometrie und Stochastik. Der Berufsbezug wird ist ein Köder und eine Falle für jeden, der da reintappt“, werden sie wörtlich zitiert. durch die Anwendungsbeispiele hergestellt. Diese Vorgaben werden von der die BBS I Uelzen umge- Ich frage die Landesregierung: setzt. 1. Hält die Landesregierung die Einschätzung der Sprecherin der Landesschulbehörde, die Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Technikschüler des Fachgymnasiums Uelzen Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie seien nicht benachteiligt, angesichts der ver- folgt: nichtenden Kritik namhafter Experten an den Inhalten des Mathematikunterrichts bezüglich der Vorbereitung auf eine Studium der Elektro- Zu 1: Die Landesregierung teilt die Einschätzung technik aufrecht? der Landesschulbehörde. Die Schülerinnen und Schüler des Fachgymnasiums Technik werden im 2. An welchen berufsbildenden Schulen in Nie- dersachsen werden wie viele Schülerinnen und Mathematikunterricht nicht benachteiligt. Mit dem Schüler der Fachgymnasien Wirtschaft und Erwerb der allgemeinen Hochschulreife können

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alle Absolventinnen und Absolventen eine universi- Erste Hinweise auf das illegale Reifenlager er- täre Ausbildung beginnen. hielten die zuständigen Behörden von der Ge- meinde Buchholz/Samtgemeinde Schwarm- Zu 2: Von 56 Standorten mit dem Bildungsgang stedt bereits Anfang 2007. Alle rechtlichen Ver- Fachgymnasium Wirtschaft bieten 13 Standorte als suche, den Betreiber des Altreifenlagers zu ei- ner Räumung zu veranlassen, scheiterten, und Bündelschulen auch das Fachgymnasium Technik so lagerten die rund 500 t Altreifen weiter ille- mit den Schwerpunkten Informationstechnik, Me- gal. Wegen fehlender Haushaltsmittel soll das talltechnik und Elektrotechnik an. Davon werden Gewerbeaufsichtsamt Celle von einer Ersatz- an den Standorten Diepholz (37 Schüler), Nien- vornahme abgesehen haben. burg (34 Schüler) und Uelzen (55 Schüler) in der Auch in der Stadt Munster im Landkreis Soltau- Einführungs- und Qualifikationsphase im Mathe- Fallingbostel gibt es ein illegales Reifenlager. matikunterricht gemeinsam unterrichtet. An den Dort wurde die genehmigte Lagermenge von 100 t von 1999 bis heute mit geschätzter Men- Standorten Osterholz-Scharmbeck (66 Schüler), ge von 300 t erheblich überschritten. Dieser il- Rotenburg (80 Schüler) und Holzminden (68 Schü- legale Zustand ist dem zuständigen Gewerbe- ler) findet eine gemeinsame Beschulung nur in der aufsichtsamt Celle spätestens seit 2003 be- Qualifikationsphase in den Leistungskursen mit kannt. Das Reifenlager befindet sich im Bereich der ehemaligen Dennis-Kaserne. In unmittelba- erhöhten Anforderungen statt. rer Nähe des illegalen Altreifenlagers sind Ge- Ein Schulstandort mit einem ein- oder zweizügigen werbebetriebe vorhanden. Die Wohnbebauung beginnt in ca. 80 m vom Lager entfernt. Genau Fachgymnasium ist ein kleiner Standort. wie in Buchholz/Aller haben auch hier die zu- ständigen Brandschutzprüfer und die örtliche Zu 3: Die bisherige Praxis der Unterrichtsorganisa- freiwillige Feuerwehr auf die Brandgefahren tion und curricularen Vermittlung von mathemati- hingewiesen. schen Kompetenzen in der Einführungs- und Qua- lifikationsphase im Fachgymnasium ist rechtskon- Vor diesem Hintergrund frage ich die Landes- regierung: form. Deshalb bedarf es keiner Änderung. 1. Welche Reifenlager, in denen illegalerweise mehr als 100 t lagern, sind der Landesregie- rung in Niedersachsen seit wann weiterhin be- Anlage 18 kannt (mit Nennung des nach BimSchG jeweils Antwort zuständigen Gewerbeaufsichtsamtes), und wann und wie ist dort mit einer Entsorgung zu des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf rechnen? die Frage 20 des Abg. Dieter Möhrmann (SPD) 2. In welcher Höhe wurden seit 2003 von Ge- Scheitert Entsorgung illegaler Altreifenlager werbeaufsichtsämtern Haushaltsmittel für Er- durch die Gewerbeaufsicht an fehlenden satzvornahmen verausgabt (jeweils Haushalts- Haushaltsmitteln? soll und -ist angeben), und warum ist es in Buchholz/Aller und in Munster bisher nicht zu Ein Großbrand in einem illegalen Altreifenlager einem solchen rechtlichen Vorgehen gekom- in Buchholz/Aller hat für einen Großeinsatz der men? Feuerwehren der Samtgemeinde Schwarmstedt gesorgt. Umliegende Wehren mussten mit 3. Wer muss für die Kosten des Brandes auf- Schaummitteln zur Brandbekämpfung aushel- kommen, und welche Kosten sind für die Besei- fen. Rund 220 Einsatzkräfte versuchten, das tigung der Brandfolgen im privaten und öffentli- Großfeuer einzudämmen und ein Übergreifen chen Bereich in Buchholz/Aller bisher insge- auf benachbarte Gebäude zu verhindern. Das samt entstanden? illegale Lager beschäftigt die Behörden seit Jahren. Anlagen zur zeitweiligen Lagerung von nicht ge- Mit Schreiben vom 9. April 2008 hat Umweltmi- fährlichen Abfällen mit einer Gesamtlagerkapazität nister Hans-Heinrich Sander mir mitgeteilt, dass von 100 t oder mehr bedürfen einer Genehmigung alles getan werde, um das illegale Reifenlager nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und im Gewerbegebiet Buchholz/Aller im Landkreis unterliegen in Niedersachsen der immissions- Soltau-Fallingbostel zu räumen. Wörtlich heißt es: „Das Gewerbeaufsichtsamt wird bei der ge- schutz- und abfallrechtlichen Überwachung durch botenen weiteren Adressatenauswahl vor einer die zuständigen staatlichen Gewerbeaufsichts- gegebenenfalls erforderlichen Ersatzvornahme ämter. zur Beseitigung der illegalen Zustände auf dem Grundstück in Buchholz/Aller auch auf den Illegale Altreifenlager können mit erheblichen Ent- Grundstückseigentümer und die früheren Ab- fallbesitzer zugreifen, um die erforderliche sorgungskosten verbunden sein, die die öffentliche Räumung des Lagers zu erreichen.“ Hand belasten, wenn es ihr nicht gelingt, einen verantwortlichen Störer zur Kostentragung heran-

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zuziehen, und sie die Abfälle im Wege der Ersatz- widerhandeln wurde ein Zwangsgeld von vornahme entsorgen muss. 10 000 Euro angedroht. Mit der Räumung ist fristgerecht begonnen worden. Ist die Vollstreckung einer gefahrenabwehrrechtli- chen Maßnahme im Wege einer Ersatzvornahme c) Eine Lager- und Sortieranlage für Altreifen in erforderlich, werden die Haushaltsmittel bei Kapitel der Gemeinde Neuenkirchen (Landkreis Osna- 15 06 Titel 547 10 den Gewerbeaufsichtsämtern im brück). Das Altreifenlager ist nach § 4 BImSchG Einzelfall auf Anforderung durch das Niedersächsi- genehmigt. Die mit der Genehmigung begrenz- sche Ministerium für Umwelt und Klimaschutz zu- te Lagermenge von 115 t wurde illegal auf ca. gewiesen. Es ist dem Niedersächsischen Ministe- 400 bis 500 t erhöht. Über das Vermögen des rium für Umwelt und Klimaschutz kein Fall be- Betreibers wurde im Jahre 2006 und danach kannt, in dem aufgrund fehlender Haushaltsmittel ein Insolvenzverfahren durchgeführt. Der Anla- erforderliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr genbetrieb ruht seitdem. Die ordnungsgemäße unterblieben wären. Entsorgung der illegal gelagerten Altreifen wur- de vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Os- Eine Ersatzvornahme kommt als Zwangsmittel zur nabrück angeordnet, ein Zwangsgeld in Höhe Vollstreckung von gefahrenabwehrrechtlichen An- von 10 000 Euro nach dem Nds. SOG ange- ordnungen erst in Betracht, wenn der Adressat droht und festgesetzt. Eine Beitreibung blieb er- einer vollziehbaren Anordnung nicht Folge leistet folglos. Bei dem Verwaltungsgericht Osnabrück oder wenn eine gegenwärtige Gefahrenlage eine wurde die aufschiebende Wirkung des einge- sofortige Vollziehung einer Maßnahme erfordert legten Widerspruches bezüglich der Zwangs- und Maßnahmen gegen den Pflichtigen nicht oder geldfestsetzung beantragt. Eine Entscheidung nicht rechtzeitig möglich sind. des Verwaltungsgerichtes steht noch aus. Eine Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Ersatzvornahme wurde bisher nicht durchge- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: führt, da es mehrfach ernsthafte Interessenten für die Übernahme des Grundstückes gab. Zu 1: Der Landesregierung sind in Niedersachsen folgende illegale Reifenlager bekannt, in denen d) Ein 1992 nach Baurecht für die Lagerung von mehr als 100 t gelagert wurden/werden: Altreifen genehmigter Lagerplatz in Bram- sche/Hase (Landkreis Osnabrück). Eine Men- a) Ein Reifenlager in Buchholz, Landkreis Soltau- genbegrenzung wurde mit der Baugenehmi- Fallingbostel, ist seit Februar 2006 bekannt. gung nicht geregelt. Auf dem Grundstück lagern Zuständig ist das Staatliche Gewerbeaufsichts- illegal ca. 300 t Altreifen und Altreifenschnitzel. amt Celle. Aufgrund des Brandes am 14. De- Im Jahr 2003 wurde durch das Staatliche Ge- zember 2008 ist es erforderlich, den Brand- werbeaufsichtsamt Osnabrück die Entsorgung schutt und die verbliebenen Altreifen im Rah- der Altreifen und die Rückführung der Lager- men einer Ersatzvornahme möglichst bald zu menge auf den nach Baurecht zulässigen Um- entsorgen. Die hierfür erforderlichen Mittel wur- fang (< 100 t) angeordnet, ein Zwangsgeld in den dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Cel- Höhe von 2 000 Euro angedroht und festge- le vom Niedersächsischen Ministerium für Um- setzt. Die Beitreibung blieb erfolglos. Dem welt und Klimaschutz zur Verfügung gestellt. Betreiber wurde im Jahre 2004 durch die Stadt Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Celle hat Bramsche aus steuer-/fiskalischen Gründen am 12. Januar 2009 den Auftrag für die Räu- das Gewerbe untersagt. Der Betrieb (Lager- mung erteilt. Die ersten Maßnahmen sind ange- platz) ruht seitdem. Der Grundstückseigentü- laufen. mer ist im Sommer 2008 verstorben. Derzeit wird ermittelt, wem als Rechtsnachfolger die b) Der illegale Zustand eines 1999 baurechtlich Entsorgungspflichten aufzuerlegen sind. durch den Landkreis Soltau-Fallingbostel ge- nehmigten Reifenlagers in Munster ist dem Zu 2: In den Haushaltsjahren 2005 bis 2008 wur- Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Celle seit den bei Kapitel 15 06 Titel 547 10 insgesamt Aus- 23. Juni 2003 bekannt. Ein gegenüber dem gaben in Höhe von 1 024 474,97 Euro für die Grundstückseigentümer im Anordnungsverfah- Durchführung von Ersatzvornahmen geleistet. Für ren zur Entsorgung der Abfälle verbindlich fest- die Jahre 2003 und 2004 standen zwar für die gelegtes Entsorgungskonzept sieht eine Räu- Durchführung von Ersatzvornahmen Haushaltsmit- mung des Lagerplatzes beginnend am 13. Ja- tel in Höhe von 104 000 Euro bzw. 52 000 Euro nuar 2009 bis September 2010 vor. Für ein Zu- zur Verfügung, Ausgaben für diesen Zweck sind in

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diesem Zeitraum aber nicht angefallen. Ab 2005 Hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens bezüglich bis 2008 stellen sich die Ausgaben wie folgt dar: des Reifenlagers in Munster, Landkreis Soltau- Fallingbostel, verweise ich auf die Ausführungen Haus- Ansatz lt Als Insgesamt Ausgaben unter Nr. 1 b. halts- Haus- über- zur Verfü- der Ämter jahr halts- plan- gung in insgesamt Zu 3: Der Einsatz der Feuerwehren der Gemein- plan mäßige Euro 1506- Ausgabe den und der Kreisfeuerwehr ist bei Bränden, bei 547 10 bewilligt Notständen durch Naturereignisse und bei Hilfe- in Euro in Euro leistungen zur Rettung von Menschen aus akuter 2005 52 000 0 52 000 51 988,99 Lebensgefahr unentgeltlich. Ansprüche auf Ersatz der Aufwendungen nach allgemeinen Vorschriften bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verursa- 2006 52 000 284 000 336 000 318 490,78 chung von Gefahr oder Schaden und gegen Ver- ursacher in Fällen der Gefährdungshaftung bleiben unberührt. Die Ermittlungen zur Brandursache sind 2007 300 000 167 000 467 000 410 161,64 noch nicht abgeschlossen. Die weiteren Kosten der Räumung des illegalen Abfalllagers und die 2008 300 000 900 000 1 200 000 243 833,56 Sanierung des Grundstückes werden ca. 265 000 Euro, wie unter Nr. 1 a dargelegt, betra- gen. Der Nießbraucher des Grundstücks muss für die Kosten der Ersatzvornahme aufkommen. Über Im Falle des illegalen Altreifenlagers Buch- Art, Umfang und Höhe von Schäden bei Dritten, holz/Aller, Landkreis Soltau-Fallingbostel, sind dem die privatrechtlich zu verfolgen wären, liegen der zuständigen Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Landesregierung keine konkreten Erkenntnisse Celle auf Anforderung mit Erlass vom 29. Juli 2008 vor. Mittel in Höhe von 2 000 Euro für eine Grund- stückssicherung für den Lagerplatz in Buchholz zur Verfügung gestellt worden. Um das Abladen weite- Anlage 19 rer Reifen sowie ein unbefugtes Betreten des Antwort Grundstücks zu verhindern, war die Errichtung eines Zaunes zur Grundstückssicherung im Wege des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, einer Ersatzvornahme erforderlich. Die Vorausset- Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die zungen für eine sofortige Räumung des Geländes Frage 21 des Abg. Ronald Schminke (SPD) im Wege der Ersatzvornahme waren hingegen Gemeinsames Positionspapier Wald - Weih- nicht erfüllt. Altreifen sind nach der Abfallverzeich- nachtswunschmeldung oder konkretes Vor- nisverordnung (Abfallschlüssel 16 01 03) als nicht haben? gefährliche Abfälle eingestuft. Ihre Lagerung ist Mit einer Pressemitteilung vom 17. Dezember nicht unmittelbar umweltgefährdend. Der Tatbe- 2008 kündigte Forstminister Ehlen eine Stär- stand einer gegenwärtigen Gefahr, die einen So- kung der Forstwirtschaft in Niedersachsen an. Er fordert in seiner Erklärung alle Akteure, de- fortvollzug erfordert hätte, war daher nicht erfüllt. nen der Wald am Herzen liegt, auf, mitzuarbei- Altreifen weisen zudem nicht die Eigenschaft der ten an einem gemeinsamen Positionspapier zur Selbstentzündung auf, sodass ein sofortiges Vor- Zukunft der niedersächsischen Wald-, Forst- gehen der Behörde auch aus Gründen des Brand- und Holzwirtschaft. schutzes nicht erforderlich war. Ein Reifenbrand Ich frage die Landesregierung: kann in der Regel nur durch eine entsprechende 1. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, mutwillige Handlung oder sonstige Fremdeinwir- dass ein gemeinsames Positionspapier Wald kung (z. B. defekte technische Geräte oder Instal- erarbeitet wird, bzw. inwieweit wird es konkret lationen) entstehen, die auch bei genehmigten und finanzielle Mittel geben, die eine Organisation eines solchen Prozesses (Erarbeitung eines ordnungsgemäß betriebenen Reifenlagern durch gemeinsamen Positionspapiers Wald) konkret behördliche Regelungen nicht mit letzter Sicherheit ermöglichen? ausgeschlossen werden kann. Vorrangig waren 2. Welchen Akteuren liegt nach Meinung des die ermittelten Vorbesitzer bzw. Abfallerzeuger der Ministers der Wald am Herzen, und wie wird er Altreifen sowie gegebenenfalls der Eigentümer des Sorge dafür tragen, dass nach welchen Krite- Grundstücks zur Entsorgung der Abfälle heranzu- rien von wem unter welcher Federführung ein ziehen.

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Positionspapier bis zu welchem Zeitpunkt erar- der, nachhaltig produzierter und umweltfreundli- beitet wird? cher Energieträger. 3. Welche konkreten Ziele sollen mit dem Pa- pier erreicht werden, bzw. wie werden diese Mit einem Jahresumsatz von 15 Milliarden Euro, Ziele erarbeitet, und in welchem Zusammen- 10 000 Unternehmen mit 77 000 Beschäftigten ist hang stehen sie mit der Nachhaltigkeitsallianz der Sektor Forst und Holz wirtschaftlich bedeutsam der Niedersächsischen Staatskanzlei? und wichtiger Arbeitgeber im ländlichen Raum. Rund ein Fünftel unserer Landesfläche ist Wald Diese Position muss erhalten und möglichst aus- und wird forstlich genutzt. Niedersächsische Wäl- gebaut werden. der wurden in der Vergangenheit stark in Mitlei- denschaft gezogen (Reparationshiebe, Windwürfe, Vor diesem Hintergrund des absehbar knappen Waldbrände) und mussten über mehrere Generati- Rohstoffes Holz und der Klimaentwicklung ist die onen und mit erheblichem finanziellen Aufwand von der Naturschutzseite geforderte fünfprozentige wieder aufgebaut werden. Mittlerweile sind Wälder Flächenstilllegung (10 % für den öffentlichen Wald) herangewachsen und gepflegt, die eine wirtschaft- im Wald kontraproduktiv. liche und nachhaltige Nutzung zulassen und in Forstpolitisch leitet sich aus dieser Situation die Verbindung mit der Erwartung tendenziell steigen- Herausforderung ab, mit einem ganzheitlichen der Holzerlöse in der Lage sind, einen wesentli- Ansatz geeignete Bewirtschaftungs-, Nutzungs- chen Einkommensbeitrag für die unterschiedlichen und Schutzstrategien weiterzuentwickeln, zu för- Waldbesitzer zu leisten. Die Bedeutung der Forst- dern und zu kommunizieren. Diese müssen sowohl und Holzwirtschaft wurde in der Clusterstudie aktuelle als auch zukünftige Anforderungen und „Forst und Holz Niedersachsen“, die vom ML in Risiken im Interesse der Forst- und Holzbranche Auftrag gegeben wurde, Ende 2007 dokumentiert. und der Gesellschaft in optimaler Weise erfüllen Das Prinzip einer naturnahen Waldwirtschaft ist bzw. minimieren. Dafür sind entsprechende Rah- etabliert und weitgehend anerkannt. menbedingungen zu schaffen. Vor dem Hinter- grund der Langfristigkeit forstlicher Produktion ist Unbeschadet dessen bewegt sich die Forstwirt- ein besonders hohes Maß an vorausschauendem schaft aktuell in einem Spannungsfeld, das in den Handeln gefordert. zurückliegenden Jahren vergleichbar nicht bestan- den hat. Drei wesentliche Hauptthemen mit teils Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine gegensätzlichen Anforderungen an die Forstbe- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: triebe beeinflussen deren Zielsysteme maßgeblich und bergen sowohl wirtschaftliche Chancen als Zu 1: Aufbauend auf der Clusterstudie „Forst und auch nennenswerte Risiken. Dies sind: Holz Niedersachsen“, ist es der Landesregierung mit diesem konkreten Vorhaben wichtig, alle Ak- 1. Der Erhalt und die nachhaltige Nutzung der teure für die Formulierung gemeinsamer Stand- biologischen Vielfalt im Wald. punkte zu gewinnen, insbesondere bei der Koordi- 2. Die steigende Nachfrage nach Wasser, Nah- nierung diesbezüglich widerstreitender Ansprüche. rung und Energie. Damit sollen dem niedersächsischen Wald sowie der heimischen Forst- und Holzwirtschaft „eine 3. Die mittel- bis langfristige Beeinflussung der Stimme“ verliehen werden, die unter Hervorhebung Waldökosysteme durch den Klimawandel. von Selbstverpflichtung und Eigenverantwortung in Die Funktionen des Waldes sind vielfältig. Insbe- die anstehenden politischen und gesellschaftlichen sondere die auf naturnahe Prinzipien ausgerichtete Diskussionen und Abstimmungsprozesse einge- Wirtschaftsweise fördert die Biodiversität im Wald. bracht wird. 300 Jahre nachhaltige Waldwirtschaft haben den Darüber hinaus sollen die formulierten Ziele und heutigen Artenreichtum unserer Wälder mit herge- Maßnahmen bei der Weiterentwicklung des forst- stellt. Die Waldfunktionen insgesamt müssen her- politischen Rahmens durch die Landesregierung ausgestellt und so weit wie möglich in Wert gesetzt einfließen und einen niedersächsischen Beitrag werden. zur Europäischen Waldkonvention darstellen. Aus Rohstoffsicht steht die Forstwirtschaft an einer Konkrete finanzielle Mittel für die Erarbeitung eines „Zeitenwende“. Das Zeitalter unerschöpflich schei- gemeinsamen Positionspapiers sind nicht erforder- nender, günstiger fossiler Energieträger wird lich. schrittweise abgelöst vom Zeitalter nachwachsen-

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Zu 2: Die Verbände der Forst- und Holzwirtschaft, Anlage 20 die Forstwissenschaft, die Berufsvertretungen Antwort sowie die Naturschutz- und Jagdverbände wurden aufgefordert, im Kontext der vorgenannten The- des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf menkomplexe ihre wesentlichen Erwartungen an die Frage 22 der Abg. Andrea Schröder-Ehlers und den Wald, die Forst- und Holzwirtschaft der Zu- Sigrid Rakow (SPD) kunft, aber auch konkrete Ziele und Maßnahmen Giftmüllimporte aus Australien? bis Mitte Februar 2009 zu formulieren. Unter Fe- derführung des ML wird ein Entwurf des Positions- Die taz vom 26. November und 2. Dezember papiers gefertigt, der auf dem 3. Arbeitstreffen 2008 berichtete über die drohende Einfuhr von mehreren Tausend Tonnen extrem giftiger Ab- „Forstwirtschaft in Niedersachsen“ im Frühjahr fälle aus Australien nach Norddeutschland. Ei- 2009 mit den Akteuren diskutiert und abgestimmt ne Verbrennung derartigen Mülls im Hafen werden soll. Brunsbüttel scheiterte dem Bericht zufolge be- reits im letzten Jahr. Nun stehe ein zweiter Ver- such bevor. Grundlage hierfür seien drei Ex- Zu 3: Mit dem gemeinsamen Positionspapier wer- portanträge der Firma Orica. Die Abnehmer für den nachfolgende Ziele verfolgt: den Giftmüll sitzen angeblich in Dänemark und Schleswig-Holstein. Da der Bau einer Entsor- gungsanlage für die mit Hexachlorbenzol (HCB) 1. Abstimmung einer gemeinsamen Position und verseuchten Abfälle in Australien verhindert Ableitung von Zielen und Maßnahmen für die werde, suche das Land nach anderen Lösun- o. g. drei Megathemen - Forst- und Holzwirt- gen. Angeblich bestehe mit dem Land Nord- schaft spricht mit einer Stimme! rhein-Westfalen seit 2006 ein Liefervertrag, der jedoch aufgrund eines Einfuhrstopps in Schles- wig-Holstein nicht erfüllt werden könne. 2. Kommunikation dieser Position, der Ziele und Wir fragen die Landesregierung: Maßnahmen in Politik und Gesellschaft - the- matisieren, sensibilisieren und gesellschaftliche 1. Welchen Kenntnisstand hat die Landesregie- Akzeptanz finden! rung Niedersachsen über diese Umstände, und liegen eventuell Anfragen oder Anträge der australischen Firma vor, die die Einfuhr und das 3. Selbstverpflichtung der Unterzeichner zu Zielen Verbrennen der hochgiftigen Substanzen und Maßnahmen - Eigenverantwortung bekun- betreffen? den, Eigentum stärken! 2. Wie schätzt die Landesregierung die Gefah- ren der Verschiffung ein, insbesondere für die 4. Orientierung landeseigener Steuerungsinstru- niedersächsische Küste, falls Brunsbüttel Ziel der Fracht sein sollte? mente an der formulierten Position - Rahmen- bedingungen weiterentwickeln! 3. Welche „Giftmülltransporte“ in welchen Men- gen werden zurzeit aus welchen Ländern wo nach Niedersachsen eingeführt? Bereits im September 2008 habe ich mit einer Pressefahrt zum Thema „Neue Herausforderungen Die in Deutschland geltenden rechtlichen Grundla- der Forstwirtschaft in Niedersachsen“ den Start- gen für die Genehmigung von grenzüberschreiten- schuss für diese Kampagne gegeben und einige den Verbringungen von Abfällen in der, in die und Aspekte unserer „Forststrategie“ demonstriert. aus der Europäischen Gemeinschaft sind die Ver- ordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über Im Dezember vergangenen Jahres wurde dann auf die Verbringung von Abfällen (EG-Abfallverbrin- Einladung meines Hauses am „Runden Tisch der gungsverordnung) sowie das sich hierauf bezie- Forst- und Holzwirtschaft Niedersachsens“ das hende nationale Abfallverbringungsgesetz. Vorhaben mit der Entwicklung eines ganzheitlichen Ansatzes für geeignete Bewirtschaftungs-, Nut- Das EG-Recht wie auch das nationale Recht un- zungs- und Schutzstrategien vorgestellt. terscheiden im Grundsatz zwischen gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen. Unter „Giftmüll“ im Das Positionspapier ist ein forstwirtschaftlicher weitesten Sinne werden für die Beantwortung der Beitrag zur Nachhaltigkeitsstrategie der Nieder- Anfrage die gefährlichen Abfälle verstanden. sächsischen Landesregierung aus dem Jahr 2008. Verbringungen von gefährlichen Abfällen unterlie- gen nach der EG-Abfallverbringungsverordnung

einem behördlichen Notifizierungs- und Zustim-

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mungsverfahren. Daneben gelten rechtlich gere- bergen, Langelsheim, Nordenham, Papenburg, gelte Verbote von Abfallverbringungen innerhalb Stadthagen, Wangerland und Wunstorf verwertet. und außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäi- Die gefährlichen Abfälle zur Beseitigung wurden in schen Gemeinschaft. hierfür zugelassenen Abfallbehandlungsanlagen an den Standorten Bramsche, Helmstedt und Sta- Die Genehmigung einer Verbringung von notifizie- de entsorgt. rungspflichtigen Abfällen ist eine gebundene Ent- scheidung, d. h. die notifizierende Person hat ei- Niedersachsen verfügt über hochwertige Behand- nen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung, lungsanlagen für gefährliche Abfälle, die - als Be- wenn nicht einer der in der EG-Abfallverbringungs- standteil der internationalen Abfall- und Rohstoff- verordnung abschließend geregelten Einwands- wirtschaft - die importierten gefährlichen Abfälle gründe vorliegt. überwiegend verwerten. Rund 94 % der importier- ten gefährlichen Abfälle werden in niedersächsi- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine schen Anlagen einer Verwertung, etwa 6 % wer- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: den einer umweltverträglichen Beseitigung zuge- Zu 1: Die Niedersächsische Landesregierung hat führt. keine näheren Kenntnisse über die in der Anfrage Weitergehende Daten zum Aufkommen gefährli- dargestellten Umstände. Es liegen auch keine cher bzw. notifizierungspflichtiger Abfälle, die in Anfragen oder Anträge einer australischen Firma Niedersachsen entsorgt wurden, sind der Broschü- die Einfuhr und die Verbrennung der fraglichen re „Fakten 2007, Sonderabfälle in Niedersachsen - Abfälle in Niedersachsen betreffend vor. Aufkommen, Entsorgungswege, Notifizierung“ zu Zu 2: Für die Verschiffung gelten nationale und entnehmen. Die Broschüre kann über die Internet- internationale Regelwerke und Vorschriften über seiten der Niedersächsischen Gewerbeaufsichts- die sichere Beförderung von Gefahrgütern, denen verwaltung unter http://cdl.niedersach- zufolge die jeweils erforderlichen Vorkehrungen sen.de/blob/images/C48650862_L20.pdf sowie getroffen werden, Gefährdungen zu vermeiden über die der Niedersächsischen Gesellschaft zur bzw. von vornherein auszuschließen. Die Landes- Endlagerung von Sonderabfall mbH (NGS) unter regierung schätzt die Gefahren bei der Verschif- http://www.ngs-mbh.de/bin/pdfs/Fakten_2007.pdf fung von gefährlichen Abfällen für die niedersäch- heruntergeladen werden. sische Küste dementsprechend gering ein. Die Daten zum Aufkommen gefährlicher bzw. noti- Zu 3: Die Menge der gefährlichen Abfälle, die 2008 fizierungspflichtiger Abfälle werden auf Grundlage nach Niedersachsen importiert und dort entsorgt von Auswertungen der nationalen und internatio- wurden, beträgt 168 359 t, wovon 158 512 t ver- nalen Begleitscheine durch das Staatliche Gewer- wertet, 9 836 t beseitigt wurden. Der größte Anteil beaufsichtsamt Hildesheim und durch die NGS der importierten Abfälle stammt aus EG-Mitglieds- jährlich neu ermittelt und fortgeschrieben. ländern, in nur wenigen Fällen wurden gefährliche

Abfälle aus Nicht-EG-Ländern in Niedersachsen entsorgt. Anlage 21 Als gefährliche Abfälle, die nach Niedersachsen Antwort importiert wurden, sind nach ihrer Mengenrelevanz des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, zu nennen: Altöle, verunreinigte Althölzer, Abfälle Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die aus der thermischen Aluminium-Metallurgie, me- Frage 23 der Abg. Sigrid Rakow und Ronald chanisch abgetrennte Abfälle aus der Auflösung Schminke (SPD) von Papier- und Pappeabfällen, Tiermehl sowie Ersatzbrennstoffe. Schonender fischen in der Nordsee? Fischer aus Bremerhaven und Cuxhaven haben Die überwiegende Menge der v. g. gefährlichen ein Modellprojekt gestartet, bei dem die Fischer Abfälle betrifft Altöle, die am Standort Dollbergen alle Fänge zur Verwertung weitergeben. Bisher aufgearbeitet werden. Die verbleibenden gefährli- werden rund 1 Million t vermarktungsfähiger chen Abfälle zur Verwertung wurden in hierfür Beifang in die Nordsee zurückgeworfen. Die meisten Fische überleben dies nicht. Durch zugelassenen niedersächsischen Abfallbehand- verbesserte Netze könnte die Menge des un- lungsanlagen an den Standorten in Braunschweig, gewollten Beifangs reduziert werden.

Bramsche, Clausthal-Zellerfeld, Emden, Giesen, Wir fragen die Landesregierung: Goslar, Hannover, Hameln, Helmstedt, Landes-

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1. Wie schätzt die Landesregierung das Mo- Anlage 22 dellprojekt ein? Antwort 2. Was sind die konkreten Inhalte des Projekts, und welche konkreten Ziele sollen in welchem des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Zeitraum erreicht werden? Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die 3. Inwiefern und, wenn ja, mit welchen konkre- Frage 24 des Abg. Ronald Schminke (SPD) ten Finanzmitteln unterstützt das Land Nieder- Niedersächsischen Wald für Windenergie sachsen das Projekt, und wertet es die Erfah- nutzen? rungen aus, um eventuell weitere Modellprojek- te zu initiieren? In verschiedenen Bundesländern - wie z. B. Bayern und Rheinland-Pfalz - wird aktuell dis- Das zunächst auf das Jahr 2008 begrenzte Pilot- kutiert, inwiefern man Waldgebiete für den Be- projekt „Stopp Discard“ wurde von der Erzeugerge- trieb von Windenergieanlagen nutzen könnte. meinschaft der Hochsee- und Kutterfischer (Cux- Auch in Niedersachsen ist die Diskussion ange- langt. haven) zusammen mit der Deutschen See (Bre- merhaven) und unter wissenschaftlicher Begleitung Ich frage die Landesregierung: des Von-Thünen-Instituts (Hamburg) durchgeführt. 1. Welche Anfragen liegen ihr für die nieder- sächsischen Landesforsten zur zukünftigen Das Projekt wurde von dem für die gemeinsame Nutzung mit Windenergieanlagen vor, und nach Fischereipolitik zuständigen Kommissar Joe Borg welchen Verfahren beabsichtigt sie, dies ge- als Versuchsfischerei für Zwecke wissenschaftli- nehmigungsfähig auszugestalten? cher Forschung ausdrücklich begrüßt. Die Verant- 2. Wie beabsichtigt sie, dieses sensible Thema wortung für das Projekt lag bei dem Von-Thünen- in die Öffentlichkeit zu transportieren, und wie schätzt sie die Akzeptanz solcher Vorhaben in Institut. einem waldreichen Bundesland wie Nieder- sachsen ein? Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: 3. Wie schätzt sie den Anteil der im Wald zu gewinnenden erneuerbaren Energien im Ver- Zu 1: Die Landesregierung unterstützt die Initiative gleich zu den anderen Möglichkeiten ein, und wie bewertet sie dies vor dem Hintergrund der der Europäischen Kommission zur Vermeidung Klimaschutzdebatte? von Rückwürfen. In diesem Zusammenhang liefert das Pilotprojekt „Stopp Discard“ wichtige wissen- Energiepolitisch kommt der Windenergienutzung in schaftliche Erkenntnisse im Sinne einer nachhalti- Niedersachsen eine besondere Bedeutung zu. Ins- gen Fischerei. besondere im Bereich des sehr waldarmen west- niedersächsischen Tieflands (< 15 % Waldanteil) Zu 2: Ziel des Projektes waren die Quantifizierung findet die Windenergie durch die überwiegend gute der Rückwürfe und ökonomische Implikationen aus Windhöffigkeit optimale Bedingungen. einem Anlandungsverbot aller TAC-regulierten Niedersachsen ist das Bundesland mit der höchs- Fischbestände. Untersucht wurden die Seelachsfi- ten Anzahl an Windenergieanlagen. Von über scherei und die gemischte Fischerei auf Kabeljau 20 000 Anlagen bundesweit stehen über 5 000 in der Nordsee. Anlagen in Niedersachsen. Durch die Erneuerung Bei dem Projekt wurden drei Cuxhavener Kutter und den Ersatz von veralteten Anlagen werden eingesetzt, die außer Seeigeln und Quallen alles, zunehmend höhere Nennleistungen erreicht. was in die Netze ging, angelandet haben. Um den Neben der Nutzung der Windenergie an Land sind Beifang von vornherein zu senken, wurden Netze im Offshorebereich weitere sehr effiziente Wind- mit größeren Maschenweiten als von der EU vor- parkflächen im Bau bzw. in Planung. Die Nutzung geschrieben verwendet. von Waldökosystemen als Windenergiestandorte Zu 3: Für das von der Fischwirtschaft initiierte Pro- wurde bisher sowohl im waldarmen Niedersachsen jekt des Von-Thünen-Instituts hat es vom Land mit 23 % Waldanteil als auch in waldreicheren Niedersachsen keine finanzielle Förderung gege- Bundesländern aus Sicht des Naturschutzes, der ben. Über eine Fortführung im Jahr 2009 führt das Landschaftspflege und der Forstwirtschaft stets für die Hochseefischerei zuständige BMELV der- kritisch bewertet. zeit Gespräche mit der Kommission. Im Bundesland Bayern sieht man zurzeit von einer Nutzung der Windenergie auf Waldstandorten ab.

Im noch waldreicheren Rheinland-Pfalz mit über

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42 % Waldanteil gibt es lediglich Modellstudien auf lung, Natur). Eine windenergetische Nutzung von „vorbelasteten“ Standorten, d. h. durch Baumaß- Waldökosystemen könnte daher schnell zu Akzep- nahmen gestörten Waldflächen, die wissenschaft- tanzproblemen in der Bevölkerung führen. lich begleitet werden. Darüber hinaus können Wegebau, Bebauung, Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Stell- und Kranfläche sowie der Anschluss an Ver- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: sorgungsleitungen zu weiteren nicht unerheblichen Veränderungen von Landschaftsbild und Waldöko- Zu 1: In der Vergangenheit sind immer wieder systemen führen. Windenergiebetreiber an das Landwirtschaftsmi- nisterium und aktuell an die Anstalt Niedersächsi- Zu 3: Erneuerbare Energien aus dem Wald sind sche Landesforsten herangetreten, um Wald- nichts Neues! Holz ist seit eh und je ein wichtiger standorte für Windenergieanlagen zu erschließen. Bestandteil einer umweltfreundlichen Energiever- Im Augenblick gibt es zwei Anfragen von Unter- sorgung bei der Strom- und Wärmeerzeugung. 3 Holz nehmen bei den Niedersächsischen Landesfors- Weltweit werden jährlich etwa 2 Milliarden m verbraucht. ten, die weitere Potenziale für die Windenergienut- zung im Binnenland erschließen möchten. Inzwischen kommen 6,7 % des Primärenergiever- Die Landesforsten haben den Betreibern gestattet, brauchs in Deutschland aus erneuerbaren Ener- auf ihren Waldflächen geeignete Waldstandorte zu gien. Der Anteil des nachhaltig erzeugten Energie- ermitteln und anschließend mögliche Projektgebie- holzes an den erneuerbaren Energien beträgt in te zu benennen. Dabei sollen den Unternehmen Deutschland ca. 50 %. Allein durch die Wärmeer- laut Landesforsten nur solche Standorte für den zeugung mit Holzkleinfeuerungsanlagen werden Bau von Windenergieanlagen bereitgestellt wer- schätzungsweise 40 % aller erneuerbaren Energie den, bei denen die Belange der Bevölkerung und bereitgestellt. der Natur weitestgehend gewahrt bleiben. Jährlich werden in Deutschland ca. 40 Millionen Bei Genehmigungsverfahren im Wald müssten Festmeter und in Niedersachsen ca. 3 Millionen neben den geltenden bau-, naturschutz- und im- Festmeter Energieholz für die Strom- und Wärme- missionsschutzrechtlichen Regelungen auch die gewinnung bereitgestellt. Damit ist bereits heute waldgesetzlichen Vorgaben sowie die der Raum- das Bioenergiepotenzial niedersächsischer Wälder ordnung beachtet werden. Im Rahmen der aktuel- weitgehend ausgeschöpft. len Diskussion beschäftigt sich auch ML mit der Die besonderen Stärken des Energieholzes aus Thematik Windkraftanlagen im Wald. dem Wald liegen in der dezentralen Wärmeerzeu- Zu 2: Da es in der Vergangenheit noch keine kon- gung. Durch die massive Nachfrage nach klima- kreten Planungen für eine Ausweitung der Wind- freundlicher Energiegewinnung aus Holz werden energienutzung auf Waldstandorten gab, ist mir im Bereich des landwirtschaftlichen Energiepflan- keine öffentliche Diskussion zu diesem Thema zenanbaus vermehrt Schnellwuchsgehölze ange- bekannt. baut und auch Landschaftspflegeholz energetisch genutzt. Allgemein kann ich Ihnen zu dieser Thematik in Niedersachsen Folgendes mitteilen: Aufgrund der Die bestehenden Waldökosysteme in unserem hohen Konzentration der Windenergieanlagen in Land leisten neben den zahlreichen Schutz- und Niedersachsen gibt es in der Öffentlichkeit zuneh- Erholungsfunktionen durch die nachhaltige Bereit- mend Kritik gegenüber Windenergieanlagen in der stellung des Rohstoffes Holz und durch die Festle- freien Landschaft. gung des Treibhausgases CO2 sowie die Substitu- tion fossiler Energien eine extrem wichtige Aufga- Da Niedersachsen im bundesweiten Vergleich zu be zur Erreichung der Klimaschutzziele. den waldärmeren Bundesländern zählt, kommt den verbleibenden Waldökosystemen mit ihren Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion eine besondere Be- Anlage 23 deutung in der freien Landschaft und bei der Bio- topvernetzung zu. Antwort Wie Sie sicherlich wissen, weisen Wälder in der des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Bevölkerung eine besonders hohe emotionale Gesundheit auf die Frage 25 der Abg. Uwe Verankerung auf (wie z. B. Heimat, Stille, Erho- Schwarz, Markus Brinkmann, Marco Brunotte, Ulla

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Groskurt, Stefan Klein, Matthias Möhle, Petra Tie- auch eine Leistungserbringung in der ausgelager- mann und Ulrich Watermann (SPD) ten Tagesklinik in Hameln verbunden ist, und hat die Zahlung der dort entstandenen Behandlungs- Illegale psychiatrische Institutsambulanz Hameln? kosten eingestellt. Daraufhin hat das Land als da- maliger Träger des Niedersächsischen Landes- Nach Presseberichten streiten sich derzeit die krankenhauses Hildesheim im August 2007 vor AOK Niedersachsen, die der Aufsicht des Sozi- alministeriums untersteht, und das Ameos- dem Sozialgericht Hannover Klage erhoben. Wir Klinikum Hildesheim vor dem Sozialgericht vertreten die Auffassung, dass nach dem zwischen Hannover darüber, ob das Ameos-Klinikum Hil- der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft desheim in Hameln die dortige psychiatrische und den Landesverbänden der Krankenkassen Institutsambulanz illegal betreibt. In Hameln werden nach Ameos-Angaben pro Quartal 500 geschlossenen Grundlagenvertrag (mittlerweile Patienten versorgt. Die Ameos-Gruppe kam einseitig durch die Krankenkassenverbände ge- auch beim Verkauf der niedersächsischen Lan- kündigt) Leistungen der psychiatrischen Instituts- deskrankenhäuser im Jahre 2007 zum Zuge. ambulanz auch die Leistungserbringung in ausge- Offenbar ist strittig, ob eine psychiatrische Insti- tutsambulanz mit der Praxis eines niedergelas- lagerten Betriebsteilen des Krankenhauses mit senen Arztes gleichzusetzen ist mit dann weit- einschließt. Nach Verkauf an die Ameos-Gruppe reichenden Konsequenzen für die Niederlas- hat diese den Rechtsstreit fortgeführt. sungsvoraussetzungen und für die flächende- ckende Versorgung mit ambulanten und wohn- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen ortnahen psychiatrischen Leistungen. namens der Landesregierung wie folgt: Wir fragen deshalb die Landesregierung: Zu 1: Das Verfahren ist zurzeit beim Sozialgericht 1. Wie ist der derzeitige Sachstand der gericht- Hannover anhängig. Eine Entscheidung steht noch lichen Auseinandersetzung zwischen der AOK aus. Niedersachsen und dem Ameos-Klinikum Hil- desheim mit Blick auf den in der Vorbemerkung Zu 2: Es bleibt zunächst die Entscheidung des skizzierten Sachverhalt? Gerichts in dieser Frage abzuwarten. Erst danach 2. Welche Konsequenzen zieht die Landesre- kann beurteilt werden, ob und inwiefern sich dar- gierung aus der Auseinandersetzung zwischen aus Auswirkungen auf die ambulante psychiatri- der AOK Niedersachsen und dem Ameos- sche Versorgung in Niedersachsen ergeben. Klinikum Hildesheim für das Psychiatriekonzept des Landes? Zu 3: Die Kassenärztliche Vereinigung hat im 3. Wo sieht die Landesregierung über den o. g. Rahmen ihres Sicherstellungsauftrages eine aus- Anlass hinaus Handlungsbedarfe, um die Ver- reichende Versorgung mit niedergelassenen Ärz- sorgung mit ambulanten wohnortnahen psychi- ten und Psychotherapeuten zu gewährleisten. atrischen Leistungen in Niedersachsen zu ver- bessern? Weiterhin besteht bereits jetzt für psychiatrische Das Ameos-Klinikum Hildesheim verfügt über eine Einrichtungen die Möglichkeit, über den Zulas- Ermächtigung zur ambulanten psychiatrischen und sungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung psychotherapeutischen Versorgung (psychiatrische einen Antrag auf Ermächtigung zur Erbringung Institutsambulanz, PIA). Das Klinikum betreibt in institutioneller Leistungen auch an ausgelagerten Hameln eine ausgelagerte Tagesklinik und erbringt Betriebsteilen zur Verbesserung der dortigen am- dort seit September 2005 Leistungen einer psychi- bulanten Versorgung zu stellen. atrischen Institutsambulanz. Bundesweit werden seit vielen Jahren diese Leistungen auch an aus- gelagerten Betriebsstätten erbracht. Ob mit der Anlage 24 Ermächtigung zum Betreiben einer PIA auch au- Antwort tomatisch die Erbringung dieser Leistungen in ausgelagerten Betriebsteilen möglich ist oder dafür des Finanzministeriums auf die Frage 26 der Abg. ein gesonderter Antrag über den Zulassungsaus- Rolf Meyer und Daniela Krause-Behrens (SPD) schuss der Kassenärztlichen Vereinigung zu stel- Wer zahlt für die Sanierung - Lässt das Land len ist, ist strittig. das Schlosstheater Celle im Stich? Dies hat offensichtlich die AOK Niedersachsen zu In mehreren Ausgaben der Celleschen Zeitung der Auffassung veranlasst, dass mit der Ermächti- (13. Dezember und 17. Dezember 2008) wird darüber berichtet, dass es erhebliche Unsicher- gung des Krankenhauses in Hildesheim zum Be- heiten zur Finanzierung und zum Ablauf der treiben der Institutsambulanz nicht automatisch geplanten Sanierung des Celler Schlossthea-

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ters geben soll. Eigentümer des Celler Schlos- Brandschutzkonzeptes aufgrund des Theaterspiel- ses und damit auch des Schlosstheaters ist das betriebes und beinhalten damit in nicht unerhebli- Land Niedersachsen. chen Maße auch investive Maßnahmen. Der noch amtierende OB Dr. h. c. Biermann wird in der Celleschen Zeitung vom 17. De- zember 2008 wie folgt wiedergegeben: Über die in der Celleschen Zeitung wiedergegebe- nen Aussagen von Herrn OB Biermann hinausge- „Nach Auffassung des Oberbürgermeisters hend, sind zwischenzeitlich mit der Stadt Celle stellt sich das mögliche Finanzpaket für die Sa- nierung wie folgt dar. 3,5 Millionen Euro an Ziel- weitere Gespräche geführt worden. 1-Mitteln sind im Ministerium für Wirtschaft“ (Anmerkung: gemeint ist wohl Wissenschaft) Zutreffend ist, dass für den Teil der Baumaßnah- „und Kultur geparkt. Hier werde eine Kofinan- me, der für die Restaurierung und Modernisierung zierung durch die Stadt in Höhe von 1,2 Millio- nen Euro eingeplant. Es verbleibt ein Restbe- des Schlosstheaters vorgesehen ist, das Ministeri- trag von 8 Millionen Euro. Als klar wurde, dass um für Wissenschaft und Kultur eine Zuwendung in das Finanzministerium die Summe nicht hat, sei Höhe von 3,5 Millionen Euro aus einem entspre- das Wirtschaftsministerium ins Spiel gekom- chenden EFRE-Förderprogramm (Kulturförderricht- men. 4 Millionen Euro an Ziel-1-Mitteln sollen von hier abgezweigt werden. Die dann fällige linie) eingeplant hat und darüber hinaus die Ab- 1 Million Euro an Gegenfinanzierung müssten sicht des Wirtschaftsministeriums besteht, für die sich im Falle einer Zusage Stadt und Landkreis Baumaßnahmen im Schloss Celle eine Zuwen- Celle als Träger des Schlosstheaters teilen.“ dung zu gewähren, sofern die Vorgaben der Tou- Der CDU-Landtagsabgeordnete Adasch wird im rismusförderrichtlinie erfüllt werden können. Die in gleichen Artikel ebenfalls zitiert: Aussicht gestellte Zuwendung durch das Wirt- „…ging Thomas Adasch davon aus, ‚dass die schaftsministerium beläuft sich auf 1 Million Euro. Sanierung des Schlosstheaters aus anderen Töpfen finanziert wird. Mir war klar, dass es bei Ferner haben die Stadt Celle und der Landkreis dem Volumen von 12,7 Millionen Euro so nicht im Haushalt hätte erscheinen können’.“ Celle zwischenzeitlich ihre Bereitschaft erklärt, einen Kostenanteil in Höhe von 3,5 Millionen Euro Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landes- regierung: zu übernehmen. Die zur Sicherung des Gesamt- vorhabens erforderlichen restlichen 5 Millionen 1. Ist die Darstellung der Finanzierung durch Euro wird das Land Niedersachsen finanzieren. den Celler OB Biermann korrekt, und ist davon auszugehen, dass bei dieser Variante Stadt und Landkreis Celle insgesamt rund 2,2 Millio- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine nen Euro als Gegenfinanzierung aufbringen Anfrage der Abgeordneten Herrn Rolf Meyer und müssen? Frau Daniela Krause-Behrens ich im Namen der 2. Was ist bei der Finanzplanung in der Ver- Landesregierung wie folgt: gangenheit schiefgelaufen, und wann ist mit ei- ner Zusage der finanziellen Mittel zu rechnen? Zu 1: Nein. 3. Beabsichtigt die Landesregierung eine Er- stattung der Ziel-1-Gegenfinanzierung durch Zu 2: Angesichts der unverändert bestehenden Stadt und Landkreis Celle, oder ist hier eine besondere Form der Konnexität Eigentümer- großen Herausforderungen der Landesregierung, Mieter geplant? insbesondere auf das zwingend notwendige Ziel der Haushaltskonsolidierung, konnten und können Das Schloss Celle ist eine Liegenschaft des Lan- nur die dringlichsten Baumaßnahmen des Landes des, die langfristig an die Stadt Celle und die umgesetzt werden. Gleichwohl werden die erfor- Deutsche Management Akademie Niedersachsen derlichen Haushaltsmittel zur Sanierung und Mo- vermietet ist. Das Land Niedersachsen als Eigen- dernisierung des Schlosses Celle in der nächsten tümer der Liegenschaft ist für die Bauunterhaltung Haushaltsaufstellung 2010 bzw. Mipla 2009 bis zuständig und hat in der Vergangenheit umfang- 2013 berücksichtigt. reiche Bauunterhaltungs- und Sanierungsmaßnah- men durchgeführt. Die notwendigen Baumaßnah- Zu 3: Eine Erstattung der anteiligen finanziellen men im Schloss Celle umfassen neben der Grund- Beteiligung der Stadt Celle bzw. des Landkreises sanierung des noch unsanierten Teils des Schlos- Celle an den Baumaßnahmen durch das Land ist ses auch die technische Modernisierung des aus vorgenannten Gründen nicht vorgesehen. Schlosstheaters (Bühnentechnik, Heizungs- und Sanitäranlagen, Elektrik und Lüftung) und die Um- setzung eines vom Landkreis Celle geforderten

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Anlage 25 gendpsychiatrie oder in ähnlichen Einrichtungen stationär behandelt werden und die Schule nicht Antwort besuchen, können während dieser Zeit Unterricht des Kultusministeriums auf die Frage 27 der Abg. im Krankenhaus erhalten. Dementsprechende Dr. Gabriele Andretta (SPD) Regelungen enthält der Erlass zur sonderpädago- gischen Förderung vom 1. Februar 2005. Dieser Will die Landesregierung Lehrerstunden zu- lasten von kranken Kindern und Jugendli- nahm die grundsätzlichen Regelungen des Erlas- chen einsparen? ses „Unterricht zu Hause oder im Krankenhaus“ gemäß § 69 Abs. 1 NSchG vom 29. Januar 1997 Die Akutklinik Kinder- und Jugendpsychiatrie in Tiefenbrunn ist eine bundesweit anerkannte (SVBl. S. 32) auf. Der gewährte Unterricht im Kran- Fachklinik. Das Therapiekonzept beinhaltet, kenhaus ist durch schulinterne oder schulübergrei- dass die Ressourcen und Entwicklungsmög- fende Personalmaßnahmen im Rahmen der be- lichkeiten der Patienten und Patientinnen im stehenden Beschäftigungsverhältnisse und der Zuge der Behandlung gezielt angesprochen und gefördert werden. Integriert in die Behand- verfügbaren Haushaltsmittel sicherzustellen. Der lung ist die Erteilung von Unterricht, um den Bedarf wurde weiterhin in Anlehnung an die Vor- Schülerinnen und Schülern nach dem Klinik- gaben des Erlasses über Haus- und Kranken- aufenthalt eine Rückkehr in den regulären hausunterricht berechnet: Schulalltag zu ermöglichen. Bisher erfolgte die Lehrstundenzuweisung auf Grundlage des „Die Wochenstundenzahl ist vor allem ab- Runderlasses Sonderpädagogische Förderung vom 1. Februar 2005, der regelte, dass Unter- hängig von der Belastbarkeit der Schülerin- richt im Krankenhaus in angemessenem Um- nen und Schüler. Sie darf im 1. Schuljahr bis fang gewährt werden soll. zu fünf, im 2. und 3. Schuljahr bis zu sechs, In den Grundsätzen für die Beauftragung von im 4. Schuljahr bis zu zehn und ab dem Lehrkräften mit Krankenhausunterricht vom 5. Schuljahr bis zu zwölf Stunden betragen. 16. September 2008 wird in Ziffer 4 Folgendes Sie bezieht sich bei Einzelunterricht auf die neu festgelegt: „Bei der Festlegung der Stun- Schülerin und den Schüler und bei Unter- denzahl ist von einer Richtgröße von 2,0 Stun- den pro Schülerin bzw. Schüler auszugehen. richt in Gruppen auf die Gruppe.“ Einrichtungen, die derzeit über eine überpropor- tionale Zuweisung verfügen, sind schrittweise Das Lernen im Krankenhaus wird unter Berück- behutsam an diese Richtgröße heranzuführen.“ sichtigung der Belastungen, die sich aus der jewei- Eine Umsetzung dieser Richtlinie bedeutet, ligen Krankheit ergeben, flexibel organisiert. Der dass in der Klinik in Tiefenbrunn bis zu 60 % Stundenumfang ist im Einzelfall von der Schulbe- der Lehrerstunden zulasten der dort behandel- ten Kinder und Jugendlichen abgezogen wer- hörde festzulegen. den. Dieses wird dazu führen, dass der in § 69 Die Stundenumfänge, die in den Kinder- und Ju- NSchG vorgeschriebene angemessene Unter- richt von Schülern und Schülerinnen, die infolge gendpsychiatrien im Land Niedersachsen, be- einer längerfristigen Erkrankung die Schule zogen auf einzelne Schülerinnen und Schüler, zur nicht besuchen können, nicht mehr erteilt wer- Verfügung gestellt werden, unterscheiden sich den kann und eine spätere Integration in den allerdings teilweise erheblich. Bei einer Erhebung Schulalltag gefährdet wird. der durchschnittlichen Belegungszahl sowie der Vor diesem Hintergrund frage ich die Landes- Lehrerstunden im Jahr 2007 wurde ein Umfang regierung: von durchschnittlich zwei Stunden pro Schülerin 1. In welchem Umfang plant sie die Kürzung oder Schüler ermittelt. Dieser schulfachlich vertret- der Unterrichtsstunden für psychisch kranke bare Wert wird an einzelnen Einrichtungen sowohl Kinder und Jugendliche in der Fachklinik in Tie- fenbrunn? erheblich überschritten als auch unterschritten.

2. Welche weiteren Einrichtungen verfügen Eine landesweite Abfrage war aufgrund der kurz- nach Auffassung der Landesregierung derzeit fristigen Anfrage nicht möglich. Exemplarisch wird „über eine überproportionale Zuweisung“, und hier die Situation im Bereich des Standorts Hanno- in welchem Umfang sollen Unterrichtsstunden abgebaut werden? ver dargestellt:

3. Wie begründet die Landesregierung die Ver- schlechterung der Unterrichtsversorgung für langfristig erkrankte Kinder und Jugendliche im Krankenhaus?

Schülerinnen und Schüler, die im Krankenhaus, einschließlich der Abteilungen für Kinder- und Ju-

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Versorgung mit Lehrerstunden: legten Bemühungen um Gleichbehandlung aller Einrichtungen auf der Grundlage der durchschnitt- Name der Betten Bedarf Ist-Std. Ist-Std. Einrichtung / gem. Stand 02/09 lichen Richtgröße keine Rede sein. Platz- Erlass 09/08 zahl 2 Std./SuS

Ameos- 86 172 334 309,5 Anlage 26 Klinik Hil- desheim Antwort KJP des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf MHH – Kin- die Frage 28 des Abg. Stefan Wenzel (GRÜNE) derklinik 172 344 120 120 Mögliche radioaktive Kontamination und KJP Wuns- Folgeerkrankungen von Mitarbeiterinnen torf 40 80 103,5 103,5 und Mitarbeitern der Schachtanlage Asse Klinikum Region In der Asse traten mindestens seit 1993 Über- Hannover schreitungen der zulässigen Grenzwerte nach der alten und neuen Strahlenschutzverordnung KJP im bei Tritium und Cäsium auf. In den Akten sind Kinderkran- Werte bis zum 75-Fachen der zulässigen kenhaus auf 85 170 145,5 145,5 Grenzwerte bei Tritium und bis zum 25-Fachen der Bult bei Cäsium 137 dokumentiert. Außerdem ist be- Klinikum reits früher eine Überschreitung der Radon- Region Hannover grenzwerte um das 3,5-Fache im Wetter- schacht dokumentiert. In den Berichten der Mit- arbeiter ist dokumentiert, dass radioaktive In- haltsstoffe schon bei der Einlagerung ausgetre- Um vergleichbare Verhältnisse in den Einrichtun- ten sind. Ein ehemaliger Mitarbeiter des Berg- gen in Niedersachsen zu schaffen, wurden die amtes Goslar berichtet beispielsweise, dass er Grundsätze für die Beauftragung von Lehrkräften „bei einer Kontrolle in einem Verkippabbau in mit Krankenhausunterricht vom 16. September Filterstäube gefallen“ sei, die offenbar aus den Fässern ausgetreten waren. Auch nach dem 2008 erlassen, bei denen der ermittelte Durch- Auslaufen von flüssigen Abfällen „wäre es dann schnittswert als Richtgröße für zukünftige Zuwei- eine große Schweinerei gewesen, die entstan- sungen festgelegt wurde. Dabei wurde deutlich dene Kontamination auf der Sohle durch Los- gemacht, dass Einrichtungen, die derzeit über spitzen der Sohle wieder zu entfernen.“ überproportionale Zuweisungen verfügen, schritt- Die Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitar- weise behutsam an diese Richtgröße herangeführt beiter ist insbesondere bei Alpha- und Beta- werden sollen. Strahlern offenbar völlig unzureichend doku- mentiert.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Ich frage die Landesregierung: Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie 1. Hat es eine systematische Auswertung von folgt: Erkrankungen, Lebenserwartung, Krebs- und Zu 1: Die durchschnittliche Belegung der Asklepi- Leukämiefällen und Erkrankungen mit Todes- folge bei ehemaligen und heutigen Mitarbeite- os-Klinik in Tiefenbrunn beträgt 34 Betten. Auf der rinnen und Mitarbeitern gegeben? Grundlage des Erlasses sollen 68 Stunden zur 2. Welche Erkrankungen bzw. Fälle sind der Verfügung gestellt werden. Gegenwärtig werden Berufsgenossenschaft zwischen 1967 und 2008 118 Stunden erteilt. Am neuen Standort am Ros- gemeldet worden? dorfer Weg soll Krankenhausunterricht für zehn 3. Sind der Landesregierung darüber hinaus Schülerinnen und Schüler bereitgestellt werden, Berichte bekannt geworden, die einen Zusam- der Umfang beträgt zwanzig Stunden. menhang zwischen einer Berufstätigkeit in der Schachtanlage Asse und möglichen Erkran- Eine Kürzung der Unterrichtsstunden am Standort kungen befürchten lassen? Tiefenbrunn ist gegenwärtig nicht geplant. Die Bei den im Statusbericht des Niedersächsischen Orientierung an dem erlasslichen Richtwert erfolgt Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz (MU) auf längere Sicht unter Berücksichtigung der Be- vom 1. September 2008 in der Chronologie zur dürfnisse der Kinder und Jugendlichen. Feststellung kontaminierter Salzlösungen beschrie- Zu 2 und 3: Von einer „Verschlechterung der Un- benen Überschreitungen von Werten handelt es terrichtsversorgung“ für Kinder und Jugendliche in sich um Freigrenzen für den genehmigungsbedürf- den Kliniken kann angesichts der langfristig ange- tigen Umgang mit radioaktiven Stoffe. Hieraus

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allein kann nicht auf eine konkrete gesundheitliche den. Ausscheidungsanalysen ergaben ebenfalls Beeinträchtigung der Mitarbeiterinnen und Mitar- keine Hinweise auf relevante Inkorporationen. beiter der Schachtanlage Asse II geschlossen Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine werden. Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: In einem Bericht des damals zuständigen Bergam- Zu 1: Aufgrund der o. g. Ergebnisse der Inkorpora- tes vom 30. Mai 1978 an das Oberbergamt zur tionsmessungen und der Grubenluftüberwachung zukünftigen Genehmigungssituation nach der ist eine systematische Auswertung von Erkrankun- Strahlenschutzverordnung des „Salzbergwerkes gen, Lebenserwartung, Krebs- und Leukämiefällen Asse“ wird zunächst eine 3,5-fache Überschreitung und Erkrankungen mit Todesfolge bei ehemaligen des Grenzwertes der Jahresaktivitätszufuhr über und heutigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Luft durch Radon in den Abwettern der Grube er- nicht erforderlich. Dem LBEG liegen auch keinerlei wähnt. Das Bergamt hatte hierzu Messwerte ab Angaben über diesbezügliche Erkrankungen vor. 1976 für Radon vor Ort überprüft. Am Zechenzaun wird aber nach diesem Bericht der Dosisgrenzwert Zu 2: Dem LBEG wurde keine Erkrankung von der für Bereiche, die nicht Strahlenschutzbereiche Berufsgenossenschaft gemeldet, die auf eine sind, eingehalten. Dieser Dosisgrenzwert wird Strahlenexposition zurückzuführen ist. auch heute noch zur Begrenzung der Ableitung radioaktiver Stoffe nach der aktuellen Strahlen- Zu 3: Der Landesregierung sind keine Berichte schutzverordnung zugrunde gelegt. bekannt, die einen Zusammenhang zwischen einer Berufstätigkeit in der Schachtanlage Asse II und Zu den in den Abwettern gemessenen Radonwer- entsprechenden Erkrankungen befürchten lassen. ten wurde schon damals festgestellt, dass diese Werten entsprechen, die in einem nicht durchge- hend bewetterten Hauskeller auftreten und unge- Anlage 27 fährlich sind. Nach heutigem Maßstab liegen die gemessenen Radon-Konzentrationen in der Gru- Antwort benluft der Schachtanlage Asse II unter dem Ziel- des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf wert von 200 Becquerel pro Kubikmeter, der in die Frage 29 der Abg. Filiz Polat (GRÜNE) Europa derzeit für Wohnräume in Neubauten dis- kutiert wird. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kenntnis des Niedersächsischen Umwelt- sind danach keine Gefährdungen zu erwarten. ministeriums von radioaktiv kontaminierten Laugen in der Schachtanlage Asse

Im Statusbericht des MU vom 1. September 2008 Im Statusbericht Asse heißt es auf Seite 17: ist ein erstes Ergebnis zur Befragung ehemaliger „Mit Vorlage des o. g. Quartalsberichtes Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes Nr. 01/2006 (LBEG 2006-1) hatte das NMU für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) und erstmals die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Vorhandensein kontaminierter Betriebslö- des Helmholtz-Zentrums München für Gesundheit sungen und deren Einleitung in den Tiefenauf- und Umwelt (HMGU) in Bezug auf besondere Vor- schluss zu nehmen. Dieser Sachverhalt blieb kommnisse während der Einlagerungszeit vorge- im NMU jedoch unbemerkt.“ Das Anschreiben war an die Bundesanstalt für Geowissenschaf- legt worden. Daraus resultiert die Maßnahme, eine ten und Rohstoffe, die GRS Köln und das Nie- vollständige Dokumentation über Betriebsstörun- dersächsische Umweltministerium (NMU) gen anzulegen. Dem LBEG sind keine entspre- adressiert. Die Kürzel auf dem Schreiben do- chenden Erkrankungen bei Mitarbeiterinnen und kumentieren, dass das Schreiben im NMU of- fenbar von mindestens vier Personen gelesen Mitarbeitern des Bergamtes Goslar bei bergrechtli- wurde. chen Kontrollfahrten bekannt bzw. gemeldet wor- den. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Personen haben das Anschreiben Zur Kontrolle von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit dem Bericht des LBEG in der Anlage vom der Schachtanlage Asse II auf inkorporierte radio- 15. Juni 2006 mit Kürzel bzw. Namen gezeich- aktive Stoffe finden Ganzkörpermessungen statt. net? Durch diese Messungen ergaben sich keine Hin- 2. Welche Zuständigkeiten, Referatszugehörig- weise auf Inkorporationen. Die Grubenabluft wird keiten und Funktionen hatten diese Personen messtechnisch überwacht. Aufgrund der Mess- im NMU? ergebnisse kann eine unzulässige Strahlenexpo- 3. Welche Funktion hatten die Bundesanstalt sition des Betriebspersonals ausgeschlossen wer- für Geowissenschaften und Rohstoffe und die

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GRS Köln bei der Umsetzung des Asse-Son- Sachverständigen des Antragstellers, u. a. derbetriebsplans Nr. 2/2003? im Hinblick auf den langzeitig sicheren Ab- Die Verfüllung des Tiefenaufschlusses unterhalb schluss der Abfälle, beizufügen sind. In den der 775-m-Sohle der Schachtanlage Asse II erfolgt Sonderbetriebsplänen sind die vorläufigen gemäß zugelassenem Sonderbetriebsplan Nr. Begutachtungsergebnisse der Sachverstän- 2/2003 als sicherheitliche Vorsorgemaßnahme auf- digen des Antragstellers und die gegebe- grund des Rahmenbetriebsplans „Zukünftige Arbei- nenfalls daraus resultierenden Sicherheits- ten auf der Schachtanlage Asse“, der vom Berg- maßnahmen zu berücksichtigen. amt Goslar am 25. November 1997 zugelassen Das Bergamt behält sich vor, diese Betriebs- worden ist. Aufgrund der Nebenbestimmung pläne und die o. g. fachlichen Stellungnah- Nr. 2.4 der Zulassung des Sonderbetriebsplanes men im Rahmen der Betriebsplanzu- Nr. 2/2003 vom 29. Dezember 2003 legte die lassungsverfahren unabhängigen Sachver- GSF - Forschungszentrum GSF - Forschungszent- ständigen zulasten des Antragstellers zur rum für Umwelt und Gesundheit GmbH (GSF) die Begutachtung vorzulegen.“ Quartalsberichte Nr. 01/2006 bis 04/2006 vor, die auch dem Niedersächsischen Umweltministerium, Um eine unabhängige Begutachtung zu gewähr- jetzt Ministerium für Umwelt und Klimaschutz (MU), leisten, wurde im Februar 1999 zwischen dem zur Kenntnis gegeben wurden (vgl. Statusbericht Oberbergamt Clausthal-Zellerfeld und der BGR, Asse S. 16/17). Der Quartalsbericht Nr. 01/2006 ist der GRS Köln und dem Niedersächsischen Lan- mit einem Begleitschreiben des Landesamtes für desamt für Bodenforschung (NLfB, heute LBEG) Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) am ein Rahmenvertrag zur sicherheitstechnischen und 13. Juni 2006 der Bundesanstalt für Geowissen- geowissenschaftlichen Begutachtung der von der schaften und Rohstoffe (BGR), der Gesellschaft für GSF geplanten Maßnahmen zur Schließung der Anlagen- und Reaktorsicherheit mbH (GRS Köln), Schachtanlage Asse geschlossen. Auf der Grund- dem Ref. Nr. 1.2 im Hause des LBEG Hannover lage dieses Vertrages nahmen die BGR, die GRS sowie nachrichtlich dem MU übersandt worden. Köln und das NLfB mehrmals zum Sonderbe- Der Bericht des LBEG ist am 15. Juni 2006 im MU triebsplan Nr. 12/2003 gutachterlich gegenüber eingegangen. dem LBEG Stellung. Die Hinweise der Sachver- ständigen wurden bei der Überarbeitung bzw. Zu- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine lassung des Sonderbetriebsplanes berücksichtigt Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: (siehe Akte LBEG W 5010 A - V). Zu 1 und 2: Folgende Personen haben den o. g. Zur Gewährleistung des im Rahmen des Begut- Eingang mit Namenskürzel und Datum abgezeich- achtungsauftrages erforderlichen kontinuierlichen net: Informationsflusses wurden die Quartalsberichte Der Vertreter des zuständigen Abteilungsleiters zur Ausführung des Sonderbetriebsplanes den (15. Juni 2006) und der jeweils zuständige Refe- Sachverständigen des LBEG zur Kenntnis gege- ratsleiter (15. Juni 2006), Abteilungsleiter (19. Juni ben. 2006) und Bearbeiter (3. Juli 2006). Die weitergehenden Fragen wird die Landesregie- Anlage 28 rung zur vorsorglichen Beachtung schutzwürdiger, nämlich datenschutzrechtlicher Belange Dritter Antwort (Artikel 24 Abs. 3 NV) im Rahmen einer vertrauli- des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf chen Sitzung im zuständigen Ausschuss beantwor- die Frage 30 der Abg. Miriam Staudte (GRÜNE) ten. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften Zu 3: Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans und Rohstoffe: Gutachter von Asse und „Zukünftige Arbeiten auf der Schachtanlage Asse“ Gorleben des Bergamtes Goslar vom 25. November 1997 Bei der Erarbeitung des Asse-Sonderbetriebs- enthält u. a. folgende Nebenbestimmung: plans Nr. 2/2003 „Verfüllung des Tiefenauf- schlusses unterhalb der 775-m-Sohle“, mit dem „Für die sicherheitlichen Vorsorgemaßnah- die Verbringung von Salzgrus und Magnesium- men unter Ziffer 2.1.1 und 2.1.2 sind dem chloridlösung in den sogenannten Tiefenauf- schluss geregelt wird, wurden verschiedene Bergamt Sonderbetriebspläne vorzulegen, Gutachter eingeschaltet, um das Vorhaben wis- denen jeweils fachliche Stellungnahmen von senschaftlich zu bewerten. Dazu gehörten u. a.

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die Bundesanstalt für Geowissenschaften und dem Sonderbetriebsplan Nr. 2/2003 „Verfüllung Rohstoffe (BGR) und die Colenco Power Engi- des Tiefenaufschlusses unterhalb der 775-m-Sohle neering AG in der Schweiz. Beide Gutachter setzten sich u. a. mit der Frage auseinander, der Schachtanlage Asse II“ Stellung genommen. wie eine potenzielle Strahlenexposition der Bio- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine sphäre bei der Flutung verhindert werden konn- te. Beide Gutachter stützten das geplante Vor- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: haben, sahen keinen Konflikt mit der Langzeit- sicherheit der Schachtanlage, räumten aber Zu 1: Gemäß dem zwischen dem Oberbergamt ein, dass „nach oben gerichtete Lösungsbewe- Clausthal-Zellerfeld (OBA) und der BGR im Febru- gungen“ auftreten könnten. ar 1999 abgeschlossenen Rahmenvertrag zur Mit dem Schreiben vom 13. Juni 2006 wurde sicherheitstechnischen und geowissenschaftlichen insbesondere auch die dem Bundeswirt- Begutachtung der von der GSF geplanten Maß- schaftsministerium unterstellte BGR vom LBEG nahmen zur Schließung der Schachtanlage Asse über das Auftreten kontaminierter Laugen un- ist es u. a. Aufgabe der BGR, die Bergbehörden terrichtet. Diese waren seit dem 28. Februar 2005 in den Tiefenaufschluss verbracht wor- bei geplanten Maßnahmen zu beraten und die von den. der GSF vorgelegten fachlichen Unterlagen und Ich frage die Landesregierung: Betriebspläne zu prüfen. Dabei begutachtet die BGR u. a. die geplanten Verfüll- und Verschluss- 1. Wie lautete der genaue Auftrag für die BGR, maßnahmen aus geotechnischer, gebirgsmechani- den die GSF auf Anforderung der Bergbehörde im Rahmen des Erlasses von Sonderbetriebs- scher und seismologischer Sicht und wirkt bei der plan Nr. 2/2003 mit der BGR vereinbart hatte? Gesamtbewertung der Nachweise zur technischen

2. Welche weiteren gutachterlichen Stellung- Machbarkeit dieser Maßnahmen durch die Berg- nahmen, Expertisen oder sonstigen Dienstleis- behörde mit. tungen hat die BGR bis Ende 2008 für die Ge- nehmigungsbehörde oder die Betreiberin Zu 2: Im Rahmen der begleitenden Begutachtung GSF/Helmholtz im Zusammenhang mit der im Auftrag des LBEG wurden durch die BGR Stel- Schachtanlage Asse erarbeitet? lungnahmen zu gebirgsmechanischen und seismo- 3. Aus welchem Anlass wurde die BGR mit logischen Fragestellungen betreffend Unterlagen Schreiben vom 13. Juni 2006 durch das LBEG des Antragstellers zur Schließung der Schachtan- über den Quartalsbericht 01/2006 und das Auf- lage Asse II erarbeitet und dem Auftraggeber, dem treten kontaminierter Laugen unterrichtet? LBEG bzw. seinen Vorgängern, vorgelegt. Seit der Die Einschaltung von Sachverständigen auf der Einreichung des Abschlussbetriebsplans zu Be- Seite der GSF - Forschungszentrum für Umwelt ginn des Jahres 2007 hat die BGR die Antragsun- und Gesundheit GmbH (GSF) als Betreiberin der terlagen gesichtet und zu den in ihr Aufgabenge- Schachtanlage Asse II und dem Landesamt für biet der Gebirgsmechanik und Seismologie fallen- Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) als Ge- de Unterlagen Stellungnahmen abgegeben. nehmigungsbehörde erfolgt aufgrund des vom Des Weiteren wurde die BGR im Februar 1996 Bergamt Goslar am 25. November 1997 zugelas- vom OBA (heute: LBEG) beauftragt, eine kontinu- senen Rahmenbetriebsplans „Zukünftige Arbeiten ierliche geowissenschaftliche Begleitung und Be- auf der Schachtanlage Asse“. Gemäß Nebenbe- wertung der Verfüllung der Abbaue in der Südflan- stimmung dieser Zulassung sind dem LBEG für die ke der Schachtanlage Asse II durchzuführen. Die- sicherheitlichen Vorsorgemaßnahmen, u. a. für die ser Auftrag wurde im Januar 2006 dahin gehend Verfüllung des Tiefenaufschlusses, Sonderbe- erweitert, dass die Verfüllung des „Bergwerkes triebspläne vorzulegen, denen jeweils fachliche Asse II“ unter Berücksichtigung des Einsatzes von Stellungnahmen von Sachverständigen des An- Versatz und Schutzfluid bis zum Ende der Be- tragstellers, u. a. im Hinblick auf den langzeitig triebsphase erfolgt. In diesem Zusammenhang sicheren Abschluss der Abfälle, beizufügen sind. wurden u. a. auch angeforderte Stellungnahmen Das LBEG behielt sich vor, diese Betriebspläne zu Materialfragen des Versatzes oder zu Auffah- und die fachlichen Stellungnahmen im Rahmen rungen/Hohlraumerstellungen erarbeitet, die für die der Betriebsplanzulassungsverfahren unabhängi- Verfüllung notwendig wurden. Die regelmäßige gen Sachverständigen zur Begutachtung vorzule- gebirgsmechanische Berichterstattung durch die gen. Auf dieser Grundlage haben die Firma Colen- BGR erfolgt zurzeit in jährlichen Abständen. co Power Engineering AG als Sachverständige des Antragstellers und die Bundesanstalt für Geowis- Zu 3: Zur Gewährleistung des im Rahmen der senschaften und Rohstoffe (BGR) als für das begleitenden Begutachtung erforderlichen kontinu- LBEG tätiger unabhängiger Sachverständiger zu ierlichen Informationsflusses wurden die Quartals-

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berichte zur Ausführung des Sonderbetriebsplanes (MU), mit Blick auf das anhängige Klageverfahren Nr. 2/2003 der BGR als Sachverständige des mit, die wesentlichen Verfahrensfragen zur Schlie- LBEG zur Kenntnis gegeben. In dieser Unterlage ßung der Schachtanlage Asse II erneut einer fach- sind die für die BGR zur Fortführung der begleiten- juristischen Prüfung unter Zuziehung der zwi- den Begutachtung relevanten Informationen des schenzeitlich beauftragten Rechtsanwaltskanzlei Betreibers der Schachtanlage Asse II wie z. B. Heinemann & Partner (RAEHP) unterziehen zu Materialmengen, Einbaudichten, Porenanteil, Sät- wollen. Ziel des MU sei es, eventuell sich daraus tigungszahlen zusammengestellt. Der im Quartals- ergebende Weichenstellungen möglichst frühzeitig bericht vorhandene Hinweis auf den Umgang mit und im Einvernehmen mit allen Verfahrensbe- kontaminierten Lösungen spielte für die BGR zur teiligten vorzunehmen. Hierzu fand am 16. Juli Durchführung ihres Auftrages keine Rolle. Aus 2007 ein informelles Fachgespräch auf der Grund- gebirgsmechanischer Sicht war lediglich die Men- lage der Prüfungen der Kanzlei RAEHP statt. Im ge von eingebrachten Lösungen von Interesse. Ergebnis wurde der GSF von MU und LBEG die Notwendigkeit eines bergrechtlichen Planfeststel-

lungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung Anlage 29 (UVP) mitgeteilt und um Rückäußerung gebeten. Zur Festlegung weiterhin zulässiger, der Gefähr- Antwort dungsprävention dienenden Baumaßnahmen fand des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf am 19. September 2007 eine weitere Besprechung die Frage 31 der Abg. Elke Twesten (GRÜNE) mit der GSF statt. Die aus Sicht der GSF notwen- digen Maßnahmen wurden dem LBEG auf der Entscheidung über die Rechtsgrundlage für die endgültige Stilllegung des Atommüllla- Grundlage der Erörterung am 19. September 2007 gers Asse mit Schreiben vom 10. Oktober 2007 mitgeteilt. Nach abschließender Prüfung der rechtlichen und Mit Schreiben vom 7. November 2007 teilt das Landesbergamt (LBEG) dem GSF-Forschungs- fachlichen Fragestellungen teilte das LBEG der zentrum in Remlingen mit, dass eine UVP und GSF mit verfahrensleitender Verfügung vom 2. No- ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren vember 2007 mit, dass das am 29. Januar 2007 für notwendig gehalten werden. Dabei wird Be- beantragte Vorhaben zur Schließung der Schacht- zug genommen auf ein Leitungs- und Statusge- spräch am 12. Juni 2007 in Hannover, ein Ge- anlage Asse II einer Umweltverträglichkeitsprüfung spräch zu Rechtsfragen am 16. Juli 2007 bei bedürfe und dass daher ein bergrechtliches Plan- den Rechtsanwälten Heinemann & Partner in feststellungsverfahren durchzuführen sei. Essen und ein weiteres Gespräch zur Erörte- rung zugelassener Arbeiten am 19. September 2007 in Hannover. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wer hat an den drei o. g. Gesprächen jeweils Zu 1: An dem Gespräch am 12. Juli 2007 haben teilgenommen? Vertreter des Bundesministeriums für Umwelt, 2. Hat die Landesregierung die Ergebnisver- Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), des merke zu den o. g. Gesprächen und die im Bundesministeriums für Bildung und Forschung Schreiben erwähnten Unterlagen von Heine- (BMBF), des Bundesamtes für Strahlenschutz mann und Partner im Rahmen der Aktenein- sicht vollständig vorgelegt? Wenn ja, unter wel- (BfS), der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktor- cher Aktennummer? sicherheit mbH (GRS), der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstof- 3. Aus welchen Gründen hat es so lange ge- dauert, bis das LBEG dem Asse-Betreiber die- fe mbH (DBE), der DBE Technology GmbH, der se neuen Anforderungen mitgeteilt hat? GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Ge- sundheit GmbH (GSF), der Erfurter Consulting und Aufgrund des mit Schreiben der GSF-Forschungs- Planungsbüro GmbH, der Bundesanstalt für Geo- bergwerk Asse (GSF) vom 29. Januar 2007 beim wissenschaften und Rohstoffe (BGR), der Firma Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie AF-Colenco AG, der Institut für Gebirgsmechanik (LBEG) eingereichten „Abschlussbetriebsplanes GmbH, des Forschungszentrums Karlsruhe - Insti- Schachtanlage Asse II“ fand am 12. Juli 2007 ein tut für Nukleare Entsorgung (FZK-INE), der Institut erstes Leitungs- und Projektstatusgespräch statt. für Sicherheitstechnik (ISTec) GmbH, des Lan- In diesem Gespräch teilte das fachaufsichtlich desamtes für Bergbau, Energie und Geologie zuständige Umweltministerium, jetzt Niedersächsi- (LBEG) sowie des MU teilgenommen. sches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz

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An dem Gespräch am 16. Juli 2007 haben Vertre- senschaften und Rohstoffe und das Landesamt ter des BMU, der GSF, der RAEHP, der Rechts- für Bodenforschung über den Sonderbetriebs- plan informiert. anwälte Lenz und Johlen Partnerschaft, des LBEG und des MU teilgenommen. Auf Seite 22 im Asse-Statusbericht heißt es: „Aufgrund von Hinweisen des HMGU in der Sit- An dem Gespräch am 19. September 2007 haben zung des AfUuK am 16.06.2008 auf einen zu- Vertreter der GSF, des LBEG und des MU teilge- gelassenen Sonderbetriebsplan erkundigte sich der Referatsleiter 41 des NMU nach der Sit- nommen. zung beim Werksleiter der Schachtanlage As- Zu 2: Die Landesregierung hat in Erfüllung des se II (WL-HMGU) nach den konkreten Rege- lungen. WL-HMGU überreichte RL-NMU am Aktenvorlagebegehrens des Ausschusses für Um- 16. Juni 2008 gegen 13 Uhr den ‚Sonderbe- welt und Klimaschutz (AfUuK) zahlreiche Akten triebsplan Nr. 18/2007, Umlagerung von kon- des MU und des LBEG vorgelegt. Das Vorlagebe- taminierten Salzlösungen und Materialien in gehren erstreckt sich auf sämtliche Genehmigun- den Tiefenaufschluss’ sowie die Zulassung des LBEG vom 3. März 2008 [GSF 2007-3]. gen, Betriebspläne und sonstigen Erlaubnisse, RL-NMU erhielt dadurch erstmals (über die von Verfügungen oder Anordnungen bezüglich der HMGU in der o. g. Sitzung bereits mündlich ge- Laugenzuflüsse der Schachtanlage Asse II. Die im gebenen Informationen hinaus) Kenntnis da- Zusammenhang mit der Prüfung von Rechts- und von, dass das Umlagern von Salzlauge, deren Aktivitätskonzentration oberhalb der Freigren- Verfahrensfragen und der gegen das MU gerichte- zen der Anlage III Tabelle 1 Spalte 3 der ten Klage vor dem Niedersächsischen Oberverwal- StrlSchV liegt, in den Tiefenaufschluss be- tungsgericht entstandenen Akten werden vom triebsplanmäßig vom LBEG zugelassen war.“ Vorlagebegehren nicht umfasst. Sie wurden daher Bei der Zulassung des Sonderbetriebsplans nicht vorgelegt. Teilvorgänge zu Rechts- und Ver- Nr. 2/2003 hatte das LBEG einen Entwurf über- fahrensfragen sind in den dem AfUuK vorgelegten sandt und das NMU um Zustimmung gebeten. Vor diesem Hintergrund scheint es sehr un- Akten des MU mit den Aktenzeichen 41- wahrscheinlich zu sein, dass das NMU über 40326/05/14-03.02 und 41-40326/05/16/1 enthal- den Asse-Sonderbetriebsplan Nr. 18/2007 gar ten. nicht informiert war. Zu 3: Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, ent- Ich frage die Landesregierung: stand die verfahrensleitende Verfügung vom 2. No- 1. Welche Sonderbetriebspläne im Rahmen des vember 2007 nach umfassenden rechtlichen und geltenden Hauptbetriebsplans wurden dem NMU zur Zustimmung vorgelegt bzw. zur fachlichen Prüfungen im LBEG und im MU, in die Kenntnis gebracht? auch die zuständigen Bundesministerien einbezo- gen waren. Darüber hinaus wurde der Betreiber 2. In welchen internen Richtlinien, Zuständig- keitsregelungen o. ä. war das Verfahren zum angehört, der vor seiner Rückäußerung ebenfalls Erlass von Sonderbetriebsplänen und zur Kom- umfassende rechtliche Prüfungen vornahm. petenz der jeweiligen Behörden und Mitarbeiter geregelt?

3. Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Anlage 30 NMU waren für die Aufsicht des LBEG zustän- dig? Antwort Ich beantworte die Kleine Anfrage namens der des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf Landesregierung wie folgt: die Frage 32 des Abg. Hans-Jürgen Klein (GRÜ- NE) Zu 1 und 2: Der geltende Hauptbetriebsplan für die Schachtanlage Asse II umfasst den Zeitraum Rolle des Niedersächsischen Umweltminis- 1. April 2007 bis 31. März 2009. Für den Zeitraum teriums bei der Aufstellung von Sonderbe- triebsplänen für die Asse bis zum 16. Juni 2008 wurde dem Ministerium für Umwelt und Klimaschutz (MU) vom Landesamt für Mit Schreiben vom 29. Dezember 2003 hat das Landesbergamt (LBEG) den Asse-Sonderbe- Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) gemäß triebsplan Nr. 2/2003 „Verfüllung des Tiefenauf- fachaufsichtlicher Festlegung quartalsweise in schlusses unter der 775-m-Sohle“ zugelassen. tabellarischer Form über neu zugelassene Be- Mit Schreiben vom 3. Dezember 2003 hatte das triebspläne berichtet. Einzelne Betriebspläne wur- LBEG einen Entwurf des Sonderbetriebsplans an das Niedersächsische Umweltministerium den dem MU in diesem Zeitraum nicht zur Zustim- (NMU) mit der Bitte um Zustimmung übersandt. mung vorgelegt und nicht zur Kenntnis gegeben. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2003 hat Der Bericht des LBEG über die im Zeitraum NMU dem Sonderbetriebsplan zugestimmt. Au- 1. Oktober 2007 bis 30. Juni 2008 zugelassenen ßerdem wurde die Bundesanstalt für Geowis-

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Betriebspläne, der auch den Sonderbetriebsplan hauptete ein Sprecher des Helmholtz-Zentrums Nr. 18/2007 umfasst, ist am 21. Juli 2008 im MU München kürzlich erneut (NDR INFO), dass diese Versuche 1995 eingestellt worden seien. eingegangen. Zumindest die Untersuchungen über das Aus- laugverhalten von in Zement gebundenen ra- Gemäß Erlass vom 17. Juni 2008 hat das LBEG dioaktiven Stoffen dauerten im Sommer 2008 dem MU bis auf weiteres alle Betriebsplanzulas- an, sollten aber nach Aussagen des Bundesfor- sungen, Genehmigungen, Anordnungen, Zustim- schungsministeriums nunmehr unverzüglich mungen vorab zur Zustimmung vorzulegen. Dem- eingestellt werden. Dabei wurden u. a. Fässer mit Neptunium und Uran vorgehalten. entsprechend wurden dem MU im Zeitraum vom 17. Juni 2008 bis 7. Januar 2009 folgende Son- Ich frage die Landesregierung: derbetriebspläne (SBP) jeweils mit Zulassungs- entwurf vorab zur Zustimmung vorgelegt: 1. Sind die Fässer mit radioaktiven Inhaltsstof- fen, die für Auslaugversuche in der Asse gela- gert wurden, mittlerweile abtransportiert wor- Einsatz eines Fräsladers der Fa. den, wenn ja, wann fand der Abtransport statt, SBP Nr. 21/2008 Bucyrus, Typ Luchs FF-5R-90 und wohin führte er? Be - und Ausrauben des Blind- schachtes 1 zwischen Firststrecke 2. Welche Institute und welche Wissenschaftler SBP Nr. 22/2008 595-m-Sohle und 800-m-Sohle waren für diese Versuche im Verlauf der ge- samten Durchführung verantwortlich? Auffahrung einer Entlastungsstrecke auf der 725-m-Sohle, südlicher Rand 3. Wurden die bisher erlangten Zwischener- SBP Nr. 23/2008 der östlichen Kaliabbaue gebnisse der Langzeituntersuchung über das Auslaugverhalten o. g. Fässer dokumentiert, Verfüllung einer ehemaligen Blas- SBP Nr. 25/2008 leitungsbohrung und, wenn ja, sind diese der Landesregierung bekannt? Technische Einrichtungen Aus- führungsarbeiten von Injektions- Das Helmholtz-Zentrum München für Gesundheit SBP Nr. 27/2008 arbeiten im Grubengebäude der Asse und Umwelt (HMGU) führt nach den Erkenntnissen Bohreinrichtung EH 300/60- K der Fa. des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt Hazemag, Dülmen im Unter- SBP Nr. 29/2008 tagebetrieb und Klimaschutz (MU) seit 1995 keine eigenen Forschungsarbeiten in der Schachtanlage Asse II Übertägige temporäre Zwischen- durch. Dies geht auf eine Entscheidung des dama- SBP Nr. 30/2008 lagerung von Zutrittslösungen ligen Bundesministers für Forschung und Techno- SBP Nr. 15/2007 Errichtung und Betrieb eines neuen logie (BMFT) vom Frühjahr 1992 zurück, die in der (1. Nachtrag) übertägigen Altöllagers Schachtanlage Asse II durchgeführten bzw. ge- planten Versuche ab dem 1. Januar 1993 nicht Die Sonderbetriebspläne Nrn. 21/08 und 30/08 mehr durch Projektmittel zu fördern. wurden aufgrund der erfolgten Zustimmung des In der Schachtanlage Asse II werden zurzeit zwei MU zwischenzeitlich vom LBEG zugelassen. Forschungsvorhaben Dritter durchgeführt. Die Phy- Zu 3: Die Frage wird die Landesregierung zur vor- sikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) betreibt sorglichen Beachtung schutzwürdiger, nämlich auf der 490-m-Sohle ein Labor zur Messung von datenschutzrechtlicher Belange Dritter (Artikel 24 Niedrigstrahlung. Hierfür liegen strahlenschutz- Abs. 3 NV) im Rahmen einer vertraulichen Sitzung rechtliche Genehmigungen des Staatlichen Ge- im zuständigen Ausschuss beantworten. werbeaufsichtsamtes Braunschweig vor. Weiterhin werden seit 1979 Versuche zur Ermittlung des

Auslaugverhaltens verfestigter radioaktiver Abfälle Anlage 31 über längere Zeiträume durchgeführt. Die wissen- schaftlichen Abteilungen des ehemaligen Instituts Antwort für Tieflagerung der GSF - Forschungszentrum für des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf Umwelt und Gesundheit wurden am 30. Juni 1995 die Frage 33 der Abg. Dr. Gabriele Heinen-Kljajić von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsi- (GRÜNE) cherheit (GRS) übernommen, die wissenschaftli-

Versuche mit radioaktiven Stoffen in der che Betreuung der Auslaugversuche wurde dann Asse ab Ende 1996 vom Forschungszentrum Karlsruhe durchgeführt. Forschungsberichte wurden u. a. im Obwohl bekannt ist, dass noch bis 2008 wis- senschaftliche Forschungsvorhaben in der Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz er- Schachtanlage Asse durchgeführt wurden, be- stellt. Für die Auslaugversuche liegen strahlen-

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schutzrechtliche Genehmigungen des Landesam- Anlage 32 tes für Bergbau, Geologie und Energie (LBEG) vor. Antwort Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration (AfUuK) ist über die Forschungsvorhaben in seiner auf die Frage 34 der Abg. Helge Limburg, Ralf 10. Sitzung am 20. Juni 2008 von Herrn Staatssek- Briese und Dr. Gabriele Heinen-Kljajić (GRÜNE) retär Dr. Birkner ausführlich informiert worden. Weitere umfassende Informationen sind dem Aus- Absage der Niedersächsischen Hallenfuß- ballmeisterschaft in Braunschweig wegen schuss in der 13. Sitzung am 23. Juli 2008 durch befürchteter Ausschreitungen den Betreiber der Schachtanlage Asse II gegeben Die für den 4. Januar 2009 in Braunschweig worden. geplante offene Niedersächsische Hallenfuß- ballmeisterschaft wurde im Dezember 2008 sei- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine tens des Veranstalters abgesagt. Grund für die- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: se Absage waren befürchtete Ausschreitungen von gewaltbereiten Fans. Laut Erkenntnissen Zu 1: Bei den 1979 begonnenen Auslaugversu- der Polizei hatten sich nahezu 200 Randalierer chen handelte es sich ursprünglich um 16 Fässer. aus Oldenburg, Emden und Meppen angekün- Am 14. Dezember 2006 sind vier Fässer mit radio- digt. Gegen zehn Meppener ermittelt laut einem Artikel der Braunschweiger Zeitung vom aktiven Probekörpern an das Forschungszentrum 19. Dezember 2008 der Staatsschutz, weil die- Karlsruhe, das diese Versuche in der Schachtan- se während eines Oberligaspiels am 5. Dezem- lage Asse II durchführt, abgegeben worden. Der- ber rechtsradikale Lieder gesungen hatten. Ne- zeit sind noch zwölf Fässer in dem hierfür beson- ben Gewalttätigkeiten seitens der „Fans“ aus Oldenburg, Emden und Meppen befürchtete der ders hergerichteten Streckenabschnitt vorhanden. Turnierveranstalter auch Ausschreitungen von Diese Fässer sollen entweder an das Forschungs- gewaltbereiten „Fans“ aus der Braunschweiger zentrum Karlsruhe zur weiteren Untersuchung Szene. abgegeben oder an die Landessammelstelle Nie- Wir fragen daher die Landesregierung: dersachsen abgeliefert werden. 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesre- gierung über gewaltbereite Fußballfans in Nie- Zu 2: Genehmigungsinhaber war die Gesellschaft dersachsen vor (bitte auflisten nach Situation in für Strahlenforschung (GSF) und ist derzeit das Hannover, Braunschweig, Wolfsburg, Osna- HMGU. Veröffentlicht wurden die Forschungsbe- brück, Emden, Oldenburg, Meppen und Nord- richte vom Institut für Tieflagerung der GSF - For- horn)? schungszentrum für Umwelt und Gesundheit bis zu 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesre- seiner Auflösung am 30. Juni 1995. Ein For- gierung über Verbindungen dieser gewaltberei- schungsbericht wurde von der GSF - Forschungs- ten Fans zur rechtsextremen Szene vor (bitte ebenfalls auflisten nach Städten)? zentrum für Umwelt und Gesundheit vom Fachbe- reich Asse veröffentlicht, bis das Forschungszent- 3. Welche Maßnahmen unternimmt die Landes- regierung, um gewalttätige Ausschreitungen zu rum Karlsruhe die wissenschaftliche Betreuung verhindern, und in welchem Umfang unterstützt weitergeführt hat. Verfasser eines Abschlussbe- die Landesregierung Präventivmaßnahmen wie richtes ist die Freie Universität Berlin, die einen beispielsweise Fanprojekte? Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Strahlen- Zu der mit der Mündlichen Anfrage erfragten Pro- schutz (BfS) zur Auswertung der Langzeitauslaug- blemfansituation in Bezug auf den Lotto-Cup 2009 experimente an 1-:-1-Gebinden im Forschungs- sowie in den Städten Hannover, Braunschweig, bergwerk Asse erstellt hat. An einem Forschungs- Wolfsburg, Osnabrück, Emden, Oldenburg, Mep- bericht des Forschungszentrums Karlsruhe ist die pen und Nordhorn habe ich mir durch die zustän- GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Ge- digen Polizeidirektionen Hannover, Braunschweig, sundheit GmbH, Forschungsbergwerk Asse, betei- Osnabrück und Oldenburg berichten lassen. ligt. Für den 4. Januar 2009 war durch den Veranstal- Zu 3: Die aus den Auslaugversuchen erzielten ter, die Turnierorganisation GbR, der Lotto-Cup Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchun- 2009, die inoffizielle offene Niedersächsische Hal- gen sind dem LBEG in Berichten zusammenge- lenfußballmeisterschaft, geplant worden. An dem fasst entsprechend einer Auflage der strahlen- Turnier in der Volkswagenhalle Braunschweig schutzrechtlichen Genehmigung vorgelegt worden. sollten die Mannschaften VfL Osnabrück (Zweite Bundesliga), Eintracht Braunschweig und Kickers

Emden (beide Dritte Liga), BV Cloppenburg und

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Borussia Dortmund II (beide Regionalliga West), Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfra- VfL Wolfsburg II (Regionalliga Nord) sowie VfB ge namens der Landesregierung wie folgt: Oldenburg und SV Meppen (beide Oberliga Nie- dersachsen) teilnehmen. Zu 1: Die Polizei unterscheidet bei gewaltbereiten Fußballfans zwischen Angehörigen der Kategorie Wie bei solchen Anlässen üblich, hat die Polizei B (Fans mit überwiegendem Interesse am Spiel- frühzeitig Informationen hinsichtlich möglicherwei- verlauf, jedoch grundsätzlicher Bereitschaft, sich se anreisender Fans der teilnehmenden Mann- situationsbedingt an gewalttätigen Aktionen zu schaften, insbesondere über zu erwartende Pro- beteiligen) und Angehörigen der Kategorie C (Fans blemfans und deren Absichten, gesammelt. Dazu mit überwiegendem bzw. ausschließlichem Inte- wurde im Rahmen eines länder- und behörden- resse an der Suche nach potenziellen Gegnern für übergreifenden Informationsaustausches mit gewalttätige Auseinandersetzungen). Unabhängig Dienststellen aus den Bereichen der teilnehmen- von ihrer Zugehörigkeit zu diesen Kategorien kön- den Mannschaften in erster Linie auf anlass- und nen Personen, die durch entsprechende Gewalttä- personenorientierte Aufklärungsergebnisse soge- tigkeiten im Zusammenhang mit Sportveranstal- nannter szenenkundiger Beamtinnen und Beamter tungen aufgefallen sind, auch in der bundesweiten (SKB) zurückgegriffen. Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ gespeichert wer- den. Im Zusammenhang mit dem Lotto-Cup 2009 pro- gnostizierten diese eine Gesamtzahl von ca. 240 Hannover: Derzeit umfasst die Problemfanszene bis 270 anreisenden gewaltbereiten bzw. Gewalt mit Bezug zu Hannover 96 ca. 150 Fans der Kate- suchenden Fans. Davon sollten aus Braunschweig gorie B und ca. 60 Fans der Kategorie C. Gegen ca. 120, aus Meppen ca. 65, jeweils ca. 25 bis 40 55 dieser Personen besteht aktuell ein bundeswei- aus Oldenburg und Emden sowie etwa 5 Pro- tes Stadionverbot. blemfans aus Osnabrück zu erwarten sein. Aus Wolfsburg, Cloppenburg und Dortmund wurden Braunschweig: Bei den Heimspielen von Eintracht Problemfans nicht avisiert. Braunschweig waren in der bisherigen Saison durchschnittlich ca. 230 Personen der Kategorie B Diese Zahlen, verbunden mit dem Hinwies auf und 30 der Kategorie C anwesend. Anlässlich der diverse Rivalitäten bzw. Feindschaften unter den Begegnung gegen RW Erfurt wurde dabei die Fans der teilnehmenden Vereine, insbesondere Höchstmarke mit einer Größenordnung von 350 der des VfB Oldenburg mit denen des SV Meppen, Personen der Kategorie B und 85 Personen der waren Grundlage für die polizeiliche Lagedarstel- Kategorie C erreicht. Derzeit bestehen 115 Stadi- lung im Rahmen einer Sicherheitsbesprechung mit onverbote, davon gelten 72 bundesweit. dem Veranstalter am 17. Dezember 2008. Wolfsburg: Der dem VfL Wolfsburg zuzuordnenden Die Polizeiinspektion Braunschweig hatte sich Fanszene gehören zurzeit ca. 120 Personen der bereits auf einen der Lage angepassten Einsatz Kategorie B und 20 Personen der Kategorie C an. vorbereitet. Hinsichtlich der in der Halle durch den Zum jetzigen Zeitpunkt sind 44 Stadionverbote, Veranstalter vorzusehenden Ordnungs- und Si- davon 43 mit bundesweiter Gültigkeit, ausgespro- cherheitsaufgaben gab die Polizei vor dem Hinter- chen. grund der Erkenntnislage die Empfehlung, einen starken Sicherheitsdienst mit ca. 80 bis 100 Ord- Osnabrück: Aus der Fan-Szene des VfL Osna- nern vorzusehen. Insbesondere wurden intensive brück werden derzeit 90 Personen in die Kategorie Einlasskontrollen sowie eine strikte Trennung der B und 60 Personen in die Kategorie C eingestuft. Fanlager in der Halle für erforderlich erachtet. Gegen vier Personen besteht aktuell ein bundes- weites Stadionverbot. Dieses Verfahren des gegenseitigen Austausches und der Beratung zwischen Polizei und Veranstal- Emden: Bis zu 50 Personen der Kategorie B und ter entspricht der zwischen Polizei und Verbänden bis zu 10 Personen der Kategorie C, überwiegend bzw. Vereinen abgestimmten Vorbereitung auf aus dem Stadtgebiet und Umkreis von Emden relevante Fußballspiele. sowie dem Landkreis Leer, besuchen die Heim- spiele des BSV Kickers Emden. Diesem Perso- Noch am Tage der Sicherheitsbesprechung teilte nenkreis schließt sich je nach Spielbegegnung ein der Veranstalter der Polizei allerdings mit, dass befreundeter Personenkreis von 10 bis 20 Meppe- das Turnier aus Kostengründen abgesagt werde. ner Fans an. Stadionverbote bestehen nicht.

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Oldenburg: Der Fanszene des VfB Oldenburg sind drei bis vier Personen der Oldenburger Fanalterna- derzeit etwa 35 bis 45 Personen der Kategorie B tive einer rechtsextremistischen Kameradschaft an. und ca. 25 Personen der Kategorie C zuzuordnen. Letztere gehören alle der sogenannten Oldenbur- Meppen: Verbindungen der SV-Meppen-Fans zur ger Fanalternative an, die bei besonderen Spielen, rechtsextremistischen Szene bestehen nicht, eine z. B. gegen den SV Meppen, auch auf 30 bis 35 solche Szene ist in Meppen auch nicht existent. Personen anwachsen kann. Stadionverbote ge- Das in der Anfrage genannte Absingen rechtsradi- genüber Oldenburger Fans bestehen derzeit nicht. kaler Lieder am 5. Dezember 2008 bei dem Spiel Meppen: Die Gesamtzahl der dem SV Meppen SV Meppen gegen SV Bad Rothenfelde fand nicht zuzuordnenden Problemfans liegt bei ca. 100, während des Spiels, sondern nach der Begegnung davon ca. 90 Fans der Kategorie B und 10 Fans auf dem Gelände eines nahe gelegenen Super- der Kategorie C. Die Auswärtsspiele des SV Mep- marktes statt. Hierzu wird zurzeit noch ein Ermitt- pen werden regelmäßig von ca. 50 bis 80 Perso- lungsverfahren geführt. nen dieser Gruppe in wechselnder Zusammenset- zung begleitet. Derzeit bestehen Stadionverbote Nordhorn: Es bestehen keine Verbindungen der nicht. Fußballfans zur rechtsextremistischen Szene. Nordhorn: Fans von Eintracht Nordhorn, die durch Zu 3: Maßnahmen zur Verhinderung gewalttätiger die Polizei in die Kategorien B oder C einzuordnen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit wären, existieren nicht. Gleiches gilt für Stadion- Fußballspielen erfolgen bundesweit seit vielen verbote. Jahren auf Grundlage des „Nationalen Konzeptes Sport und Sicherheit“ (NKSS). Dieses wurde in Zu 2: Zusammenarbeit aller betroffenen Behörden und Hannover: Gewaltbereite Fans von Hannover 96 Organisationen Ende der 80er-Jahre entwickelt sind in Einzelfällen im Zusammenhang mit rechts- und findet seit 1993 für den Spielbetrieb der Fuß- extremistischen Straftaten in Erscheinung getreten. ballbundesligen, später erweitert auf die Regional- Bezüge zu Spielen von Hannover 96 gab es dabei ligen (jetzt vierthöchste deutsche Spielklasse), nicht. Anwendung. Das NKSS benennt konkrete Maß- nahmen in den Handlungsfeldern Zusammenarbeit Braunschweig: Verbindungen zwischen gewaltbe- der Beteiligten, Stadionsicherheit, Stadionordnun- reiten Fußballfans von Eintracht Braunschweig und gen, Ordnerdienste, Stadionverbote und Fan- der rechtsextremistischen Szene sind bisher nicht betreuung und ist seitdem eine gute Basis für Si- bekannt geworden. cherheitsmaßnahmen und die abgestimmte Zu- Wolfsburg: Zu organisierten Verbindungen der sammenarbeit aller Beteiligten im Hinblick auf die Problemfans zur rechtsextremistischen Szene gemeinsame Bekämpfung und Eindämmung des liegen Erkenntnisse nicht vor. Rechtsmotivierte Hooliganismus. Der regelmäßig auf dieser Ebene Straftaten im Zusammenhang mit Fußball sind tagende Nationale Ausschuss Sport und Sicherheit bisher nicht bekannt geworden. schreibt das NKSS fort und gewährleistet dauer- haft ein bundesweit einheitliches Vorgehen aller Osnabrück: Von den benannten Fans der Katego- Beteiligten. rie C gehören 25 jüngere männliche Personen aus dem Südkreis Osnabrück der rechtsmotivierten Niedersachsen ist darüber hinaus eines der ersten Gruppierung „Osnabrücker Jungs“ an und sind Länder, in dem diese in den oberen Fußballligen gleichzeitig Mitglieder bzw. halten Kontakt zur bewährten Verfahrensweisen weitgehend auch im rechtsgerichteten Vereinigung „Nationaler Wider- Amateurbereich Anwendung finden. stand Osnabrücker Land“. Anlässlich von Fußball- spielen traten sie bisher nicht durch politisch moti- Grundlegend dafür ist die gute Arbeit der im Jahr vierte Kriminalitätsformen in Erscheinung. 2006 gemeinsam mit dem Präsidenten des Nie- dersächsischen Fußballverbandes (NFV) einge- Emden: Die Emdener Anhängerschaft ist bislang richteten Kommission „Sport und Sicherheit“ sowie weder bei Heim- noch bei Auswärtsspielen durch ihres Arbeitsgremiums, des Ausschusses „Sport rechtsgerichtete Aktivitäten in Erscheinung getre- und Sicherheit“. Dort erfolgt ein ständiger, enger ten. und direkter Austausch zwischen Fachleuten mei- Oldenburg: Nach Angaben des zuständigen nes Hauses, des NFV sowie der Polizeidirektionen. Staatsschutzkommissariates gehören zumindest Die Sicherheitslage wird laufend analysiert, und

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erforderliche, gemeinsame Maßnahmen werden rigen die bundesweite Verbunddatei Datei „Gewalt- umgehend abgestimmt sowie umgesetzt. täter Sport“.

Mit der 2007 im Ausschuss erarbeiteten Rahmen- Auf der Basis der anlassbezogen vorliegenden konzeption „Sicherheit bei Fußballspielen nieder- Erkenntnisse, der Erfahrungen der Vorjahre und je sächsischer Vereine im Amateurbereich“ sind weit- nach Konfliktpotenzial der anstehenden Begeg- reichende Maßnahmen und Standards zur weite- nung(en) werden jeweils der Kräfteansatz der Poli- ren Verstärkung der Sicherheit sowie Verbesse- zei sowie die Stärke des Sicherheits-, Ordnungs- rung der Zusammenarbeit zwischen Verband, Ver- und Rettungsdienstes durch den Veranstalter fest- einen und Polizei in Niedersachsen festgelegt gelegt. Durch die Anwendung bewährter und den worden. Nach hiesiger Kenntnis gehen diese teil- örtlichen Gegebenheiten angepasster polizeilicher weise deutlich über die Vorkehrungen in anderen Einsatzkonzeptionen wird gewährleistet, dass Ge- Ländern hinaus. walt suchende Personen so wenig wie möglich Raum zur Entfaltung bekommen. Dazu gehört Die Zusammenarbeit der Polizei mit dem Verband auch, dass die Polizei erkannte potenzielle Ge- sowie den Vereinen in Niedersachsen ist aber fährder gezielt beobachtet, sie gegebenenfalls im nicht nur in den oben genannten Gremien hervor- Vorfeld von Veranstaltungen anspricht und unter ragend. Auch auf örtlicher Ebene sind entspre- Umständen an der Anreise zum Fußballspiel hin- chende intensive Kontakte vorhanden, auf deren dert. Basis jeweils eine abgestimmte Vorbereitung auf Die Niedersächsische Landesregierung ist sich anstehende Fußballspiele und -turniere stattfindet. allerdings bewusst, dass Gewaltphänomene junger Dabei werden alle relevanten Informationen aus- getauscht sowie standardisiert Risikobewertungen Menschen bei oder am Rande von Fußballspielen vorgenommen und Besprechungen zu allen Si- nur in einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz zu cherheitsfragen durchgeführt. Sicherheitsmaßnah- lösen sind. Vernetzte Präventionsstrategien und -konzeptionen, die alle relevanten Lebensbereiche men baulicher, technischer, organisatorischer und junger Menschen umfassen, sind hier der richtige betrieblicher Art in den Stadien sind ebenfalls stan- dardisiert bzw. werden lageangepasst festgelegt. Weg. Polizeilicherseits wurden daher z. B. die Dazu gehören beispielsweise Maßnahmen zur themenbezogene Zusammenarbeit mit den örtli- Fantrennung in den Stadien genauso wie der Ein- chen Präventionsräten und den Einrichtungen der Sozial- und Jugendarbeit intensiviert. Auch die satz von qualifizierten Ordnern sowie das Anwen- Verbände und Vereine leisten verstärkte Präventi- den einheitlicher Stadionordnungen und des In- strumentes Stadionverbot gegen Gewalttäter. onsarbeit bei den Fußballanhängern. Einen immens wichtigen Beitrag zur Verhinderung Informationen über Angehörige, Strukturen und bzw. Verringerung von gewalttätigen Ausschrei- Aktivitäten der örtlichen Problemfanszenen werden tungen liefern weiterhin die auf der Grundlage des von der Polizei Niedersachsen ständig durch den NKSS bestehenden Fanprojekte. In Niedersach- umfassenden Einsatz von SKB erhoben, ausge- sen sind solche bereits langjährig in den Erstliga- wertet und in einem strukturierten Informationsaus- städten Hannover und Wolfsburg tätig. Ihre Arbeit tausch zur Verfügung gestellt. Dieses hat eine ist durchweg positiv zu bewerten und bezieht sich sichere Basis polizeilich relevanter Erkenntnisse auch auf die Fans der zweiten Mannschaften der über das Problemfanpotenzial und das Verhältnis Clubs, die in der Regionalliga Nord spielen. Beim zu Anhängern anderer Vereine erbracht. Drittligisten Eintracht Braunschweig wurde im Jahr Aufgrund der positiven Effekte des Einsatzes von 2007 ein neues Projekt eingerichtet. Die Polizei ist SKB ist dieser mit Erlass vom 10. Oktober 2008 jeweils eingebunden in die Arbeit der Fanprojekte. „Maßnahmen der Polizei aus Anlass größerer Die Landesregierung beteiligt sich an der Finanzie- Sportveranstaltungen; Einsatz von Szenenkundi- rung der Fanprojekte. Im Jahr 2008 wurden den gen Beamtinnen und Beamten“ lageangepasst Trägern der Projekte in Hannover und Wolfsburg je ausgeweitet und unter Berücksichtigung der bishe- 30 700 Euro sowie dem Projektträger in Braun- rigen Erfahrungen landesweit auf einem einheitlich schweig 28 115 Euro aus Landesmitteln gewährt. hohen Standard geführt worden. Die Förderungsbeträge wurden jeweils zur Hälfte aus Haushaltsmitteln des Ministeriums für Sozia- Wichtiges Arbeitsmittel der SKB und eine wir- les, Frauen, Familie und Gesundheit und aus den kungsvolle Unterstützung polizeilicher Einsatzmaß- Sportfördermitteln des Landes finanziert. Auch für nahmen gegen gewaltbereite Personen ist im Üb- das Jahr 2009 ist die finanzielle Unterstützung der

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drei niedersächsischen Fan-Projekte durch das Zur Entlastung des Knotens Bremen empfiehlt Land Niedersachsen haushaltsrechtlich gesichert. das DLR-Gutachten nachdrücklich eine „Kapa- zitätserweiterung“ auf der Schiene über die Die Landesregierung wird die Entwicklung hinsicht- Strecke Oldenburg–Cloppenburg–Osnabrück. lich gewalttätiger Auseinandersetzungen im Zu- In der ersten Stufe - Umsetzung bereits ab dem Jahre 2009 - hält das Gutachten eine Aufsto- sammenhang mit Fußballspielen auch weiterhin ckung des Güterverkehrs um 15 Güterzüge intensiv beobachten und mit umgehenden, lagean- (600 m Länge) pro Tag ohne weitere Ausbau- gepassten Reaktionen, insbesondere der konse- kosten für möglich. In einer zweiten Stufe wird quenten Fortsetzung der oben genannten konzep- mit entsprechenden Ausbaumaßnahmen eine weitere Aufstockung um 43 Güterzüge (700 m tionellen Maßnahmen, für eine effektive Bekämp- Länge) auf insgesamt 58 Güterzüge pro Tag fung des Hooliganismus in Niedersachsen sorgen. sowie eine Elektrifizierung bis zum Jahre 2015 empfohlen.

Die Strecke Oldenburg–Cloppenburg–Osna- Anlage 33 brück ist einspurig aufgebaut. Aktuell fahren auf dieser Strecke täglich 42 Reisezüge der für den Antwort Personenverkehr zuständigen Nordwestbahn, die in den letzten Jahren ständig wachsende des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Nutzerzahlen erreichen konnte. Laut Auskunft auf die Frage 35 der Abg. Renate Geuter und Axel der DB-Netz AG ist zurzeit darüber hinaus täg- Brammer (SPD) lich durchschnittlich mit zwei Güterzügen auf dieser Strecke zu rechnen. Welche Konsequenzen zieht die Landesre- gierung aus den im DLR-Gutachten zur Hin- Die von dem DLR-Gutachten empfohlene Ka- terlandanbindung empfohlenen Schienen- pazitätserweiterung um 58 Güterzüge pro Tag verkehrsmaßnahmen zur Bewältigung des würde demnach zu einer Verdreißigfachung zu erwartenden Frachtaufkommens vom Ja- des Güterverkehrs auf dieser Strecke führen. deWeserPort im Hinblick auf die Schie- Da die Schienenstrecke mehrere Hauptver- nenstrecke Oldenburg–Cloppenburg–Osna- kehrsstraßen durchschneidet, entstehen bereits brück? heute erhebliche beeinträchtigende Folgewir- kungen für den Straßenverkehr, die bei der vor- Neben der Inbetriebnahme des JadeWeserPort geschlagenen Ausweitung des Güterverkehrs in Wilhelmshaven bringt auch das steigende noch deutlich ansteigen würden. Frachtaufkommen der übrigen norddeutschen Häfen neue Herausforderungen für die nachge- Die Streckenfahrpläne für den Personennah- lagerten Verkehrsnetze, die die landseitige An- verkehr auf der Strecke Oldenburg–Cloppen- bindung der Häfen an die Quell- und Zielgebie- burg–Osnabrück befinden sich bereits jetzt in te sicherzustellen haben. Da die Straßeninfra- einem sehr engen Zeitfenster, die Fahrzeiten struktur die zu erwartenden Zuwächse nur be- sind so optimiert worden, dass sie den Bedürf- grenzt aufnehmen kann, hat die Niedersächsi- nissen der Region am besten entsprechen. sche Landesregierung das Deutsche Zentrum Viele Wohnbaugebiete der anliegenden Städte für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig beauf- und Gemeinden sind in den letzten Jahren - tragt, unter Berücksichtigung nicht nur der nie- ohne dass ein Widerspruch der Deutschen dersächsischen, sondern auch der Hamburger Bahn AG erfolgt ist - in unmittelbarer Nähe der und Bremer Gütermengen und der dortigen Inf- Gleisanlagen entstanden. Während der Bau- rastrukturen ein Konzept zu erstellen, mit wel- leitplanverfahren gab es auch vonseiten der chen kurz- und langfristigen Maßnahmen eine Bahn keinerlei Hinweis darauf, dass zukünftig nachhaltige Abfuhr der Verkehrsmengen zu er- mit einer deutlich höheren Verkehrsfrequenz reichen ist. Das Gutachten soll Handlungsopti- auf der Bahnlinie Oldenburg–Osnabrück zu onen erarbeiten, die zu einer ausreichenden rechnen ist. Die DB AG hat vielmehr auf ent- Steigerung der Kapazitäten im Schienenverkehr sprechende Nachfragen der Kommunen in der führen können und die gleichzeitig die Mobilität Vergangenheit einen möglichen Ausbau dieser der übrigen Verkehrsteilnehmer im Personen- Strecke ausgeschlossen. und Güterverkehr erhalten und gewährleisten sollen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landes- regierung: Die im November 2008 vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium vorgestellte Studie 1. Wie bewertet die Landesregierung die in dem zeigt - so die Aussage - Möglichkeiten für kurz- DLR-Gutachten vertretene Ansicht, dass eine fristige Maßnahmen zur Schaffung von Infra- Kapazitätserweiterung auf der Strecke Olden- strukturkapazitäten auf und beinhaltet ein Kon- burg–Cloppenburg–Osnabrück um 15 Güterzü- zept für eine langfristige Entwicklung der erfor- ge pro Tag schon ab 2009 ohne weitere Aus- derlichen Abfuhrmengen. Die vorgeschlagenen baukosten möglich ist, und mit welchen Auswir- Maßnahmen zielen auch darauf ab, Entlas- kungen auf die derzeitige Verkehrssituation ist tungsmöglichkeiten für die wesentlichen Eng- dabei zu rechnen? pässe der Region vorzuschlagen. 2. Wann ist mit einer Entscheidung darüber zu rechnen, welche im DLR-Gutachten vorge-

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schlagenen Maßnahmen zur Kapazitätserweite- mit vollständiger Inbetriebnahme des JadeWeser- rung auf der Schienenstrecke Oldenburg–Clop- Port zum Tragen kommen könnte. Die letztendli- penburg–Osnabrück tatsächlich realisiert wer- den sollen, und von welchen Voraussetzungen che Entscheidung über die Nutzung dieser Alterna- hängt diese Entscheidung ab? tivroute liegt bei den Eisenbahnverkehrsunterneh- men. 3. Welche Maßnahmen sind von dem im DLR- Abschlussbericht genannten Ausbauaufwand von 26 Millionen Euro erfasst, und in welchem Zu 2: Die Entscheidung über mögliche Ausbau- Umfang sind in diesem Zusammenhang auch maßnahmen hängt von der tatsächlichen Ver- Maßnahmen zum Schutz der anwohnenden Be- kehrsentwicklung ab. Da es sich um eine Eisen- völkerung (Lärmschutz) vorgesehen? bahninfrastruktur des Bundes handelt, sind hier- Die Seeverkehrsprognose des Bundes hat die über Gespräche mit dem Bund und der DB Netz zu enormen Wachstumsraten im Seegüterumschlag führen. deutlich gemacht. Auch wenn wir zurzeit einen Zu 3: Bei den möglichen Ausbaumaßnahmen von konjunkturellen Einbruch zu verzeichnen haben, 26 Millionen Euro handelt es sich um die Verlänge- mittel- und langfristig zeigt sich, dass der Hinter- rung von Gleisen in verschiedenen Kreuzungs- landtransport ohne große Anstrengungen beson- bahnhöfen und um die Errichtung zusätzlicher ders beim Ausbau der Schienenverkehrswege Kreuzungsbahnhöfe. Nicht berechnet sind eventu- nicht funktionieren kann. Es müssen daher elle Kosten des Lärmschutzes und der Sicherung schnellstmöglich zusammen mit der Bahn und dem bzw. Beseitigung höhengleicher Bahnübergänge. Bund Lösungen gefunden werden, die dieser Auf- gabe gerecht werden.

Angesichts etlicher Vorschläge für kurzfristige Ver- Anlage 34 besserungen in der Eisenbahninfrastruktur des Hafenhinterlandes habe ich vom Deutschen Zent- Antwort rum für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig - der Niedersächsischen Staatskanzlei auf die Frage Institut für Verkehrssystemtechnik - ein Gutachten 36 der Abg. Heinrich Aller, Ulla Groskurt, Daniela erstellen lassen, das Engpässe und Lösungskon- Krause-Behrens, Sigrid Rakow, Silva Seeler, Det- zepte bei den Hinterlandanbindungen aufzeigen lef Tanke und Wolfgang Wulf (SPD) soll. Die Ergebnisse des Gutachters liegen vor und werden nun eingehend geprüft und in Bezug auf Wulff fordert publikumswirksam Redlichkeit, ihre Machbarkeit ausgewertet. Mäßigung, Zurückhaltung, Bescheidenheit, Sparsamkeit - von anderen - Verstößt der Durch die vom Gutachter aufgezeigten Möglichkei- Ministerpräsident selbst in der Debatte um ten zur Schaffung von Infrastrukturkapazitäten den Einzelplan 02 massiv gegen das Prinzip von Haushaltswahrheit und Haushaltsklar- werden Strecken einbezogen, die bisher für den heit und spielt falsch? Containertransport aus den Seehäfen keine bzw. keine große Rolle spielen. Dazu zählt auch die Ausweislich des Protokolls zur 25. Plenarsit- zung am 11. Dezember 2008 hat Ministerpräsi- Verbindung Oldenburg–Osnabrück. dent Christian Wulff bei den Beratungen um Der Landesregierung ist bewusst, dass durch die den Einzelplan 02 des Haushalts 2009 höchste moralische Maßstäbe eingefordert. Er brachte zum Teil deutlich höheren Zugzahlen auf einigen in Verbindung mit seiner Kritik an den Ände- Strecken die Belastungen für die Anlieger und rungsanträgen der Opposition Maßstäbe ein, an übrigen Verkehrsteilnehmer zunehmen werden. denen er sich selbst messen lassen muss. Für Daher ist das gemeinsame Ziel aller Beteiligten, sich und seine Regierung erklärte Ministerprä- sident Wulff wörtlich: „Wir bekennen uns dazu, diese negativen Auswirkungen zu minimieren. dass wir das Prinzip der Zurückhaltung, der Mäßigung und der Bescheidenheit bei uns Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen praktizieren. Wir wissen nämlich, dass die namens der Landesregierung wie folgt: Treppe am besten von oben gefegt wird, dass es am besten ist, wenn man oben Sparsamkeit Zu 1: Die Landesregierung teilt die Auffassung des walten lässt.“ Gutachtens, dass eine zusätzliche Nutzung der Strecke Oldenburg–Cloppenburg–Osnabrück mit Als Beweis für seine Vorbildfunktion führt der Ministerpräsident, an den Abgeordneten Tanke bis zu 15 Güterzügen pro Tag ohne weitere Aus- gerichtet, zum Einzelplan 02, Staatskanzlei, baumaßnahmen und ohne Beeinträchtigung des aus: „Zu Ihren Zeiten - 2002 - betrug der Etat Schienenpersonennahverkehrs möglich ist. Sie 43 Millionen Euro; jetzt beträgt er 32 Millionen geht davon aus, dass eine derartige Nutzung erst Euro.“

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Nachdem er der Forderung nach Absenkung Haushalt der Regierung Gabriel dadurch aus, dass der Verfügungsmittel um 10 000 Euro heftig die Nettoneuverschuldung, die 2002 und 2003 entgegengetreten war, verstärkte der Minister- präsident seine Einsparleistung mit folgender zusammengenommen noch fast 6 Milliarden Euro Einlassung: „Wirklich redlich wäre aber, wenn betrug, von da an alljährlich konsequent um min- Sie sagen würden: Wir nehmen jeweils die Ist- destens 350 Millionen Euro (zum Teil deutlich dar- ansätze des letzten Regierungsjahres Gabriel. über!) gesenkt worden ist. Sie beträgt in 2009 jetzt Dann könnte ich mit den 43 Millionen Euro si- cherlich viel Gutes tun, wenn ich nicht wegen gerade noch 250 Millionen Euro. der von Ihnen aufgenommenen Schulden sehr viel weniger tun könnte.“ Dem lagen gewaltige Kraftanstrengungen perma- nenter Einsparung und Konsolidierung zugrunde, Haushalterisch erscheint Fachleuten die von die nach Jahren der Sorglosigkeit und Verschwen- Ministerpräsident Wulff insinuierte Botschaft, im Haushalt der Staatskanzlei seien im Vergleich dung unabweisbar waren. Sie haben nahezu jeder zu 2002 11 Millionen Euro eingespart worden, Bürgerin und jedem Bürger in Niedersachsen in höchstem Maße unredlich. schmerzliche Opfer abverlangt. Aber sie haben Diese Rechnung widerspricht den im Haus- unser Land zukunftsfähiger gemacht und robus- haltsplan ausgewiesenen Sachverhalten. Völlig ter - auch z. B. gegenüber der aktuell drohenden abwegig ist der vom Ministerpräsidenten er- globalen Wirtschaftskrise. weckte Eindruck, die „Istansätze des letzten Regierungsjahres Gabriel“ könnten tatsächlich Sowohl die diesbezüglichen Anstrengungen der eingespart werden, damit „ich (Wulff) mit den Landesregierung als auch deren Kommunikation 43 Millionen Euro sicherlich viel Gutes tun (könnte)“, und er könne nur wegen der von der waren transparent, ehrlich und schonungslos. Die Vorgängerregierung aufgenommenen Schulden Landesregierung hat Jahr um Jahr bei der Konso- „sehr viel weniger tun“. lidierung der Landesfinanzen deutliche Fortschritte Den Beweis für Sparsamkeit und Redlichkeit im erzielt und mit dieser Haushalts- und Finanzpolitik Umgang mit Haushaltszahlen hat der Minister- die ihr obliegende Verantwortung gegenüber die- präsident in der Debatte zum Haushaltsplan sem Land, seinen Bürgerinnen und Bürgern und nicht erbracht. Die notwendigen Kenntnisse und gegenüber den nachfolgenden Generationen ein redlicher Umgang mit den Daten, Zahlen und Fakten im Sinne von Haushaltswahrheit wahrgenommen. Das ging nur mit Redlichkeit, und Klarheit müssen von einem Ministerpräsi- Mäßigung, Zurückhaltung, Bescheidenheit und denten - zumal bei der Vertretung seines Ein- Sparsamkeit. zelplans 02 - erwartet werden.

Wir fragen die Landesregierung: Demgegenüber ist es zumindest bemerkenswert, wenn einige Jahre später dieselben Politikerinnen 1. In welchem Umfang sind die Istansätze des und Politiker, die aus der eigenen Regierungszeit Einzelplans 02 im letzten Regierungsjahr von Ministerpräsident Gabriel im Vergleich zu den die Verantwortung für die genannte gigantische von Ministerpräsident Wulff zu vertretenden Neuverschuldung zu tragen haben, aus der Oppo- Einzelplänen 02 nicht durch Einsparungen, son- sition heraus noch weitergehende Einsparungen dern allein durch Aufgabenverlagerungen bzw. fordern - zumal wenn in diesem Zusammenhang Zuständigkeitsverlagerungen reduziert worden? dann die persönlichen Verfügungsmittel des Minis- 2. Welche Aufgabenverlagerungen bzw. Zu- terpräsidenten mit einer Forderung nach Einspa- ständigkeitsverlagerungen haben im Einzel- rung von 10 000 Euro ernstlich zum Gegenstand plan 02 auf der Zeitachse (2002 bis 2009) bei Personalkosten, Sachkosten, Mieten, Energie- der Plenardebatte gemacht werden. ausgaben usw. zu Ausgabenreduzierungen im Einzelplan 02 und gleichzeitig zu Ausgabestei- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage gerungen in den jeweils zu benennenden Ein- namens der Landesregierung wie folgt: zelplänen anderer Ressorts geführt? Zu 1 bis 3: Die vom Ministerpräsidenten in der 3. Hält es die Landesregierung im Umgang mit 25. Plenarsitzung am 11. Dezember 2008 getätig- Parlament und Öffentlichkeit für „wirklich red- lich“, wenn angesichts der der Landesregierung ten Aussagen sind korrekt und vermitteln auch bekannten Haushaltsauswirkungen Verlagerun- keinen falschen Eindruck. gen von Aufgaben und Zuständigkeiten - wie z. B. Staatsmodernisierung, Landes- und Die Landesregierung hat im Einzelplan 02 der Raumplanung …. - der Eindruck vermittelt wird, Staatskanzlei seit 2003 Jahr für Jahr erhebliche im Vergleich zu 2009 seien seit 2002 tatsäch- Beträge eingespart. Eine exakte Berechnung die- lich 11 Millionen Euro eingespart worden? ser Beträge müsste, wie in der Fragestellung rich- Der Haushalt des Landes zeichnet sich unter der tigerweise unterstellt wird, für jedes Haushaltsjahr CDU/FDP-Regierung seit 2003 im Gegensatz zum gesondert erfolgen, mit diversen Abzügen und

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Hinzurechnungen, um z. B. Aufgabenverlagerun- dukts garantiert. Agrana ist in Österreich laut gen von der Staatskanzlei zu anderen Ressorts eigenen Angaben der erste Anbieter, der dieses Futter auf Weizen- und Maisbasis als Neben- herauszurechnen, um die Rückgabe nicht benötig- produkt der Bioethanolproduktion herstellt. Wie ter Haushaltsmittel an den Finanzminister zu be- das Unternehmen weiter mitteilt, kann durch die rücksichtigen oder um auch die Preissteigerung Verwendung der heimischen Nebenerzeugnis- einzubeziehen. Die im Vergleich zu 2002 so er- se in Zukunft etwa ein Viertel der jährlich rund 600 000 t Eiweißfuttermittelimporte - vor allem rechneten Einsparungen im Einzelplan der Staats- Sojaschrot - aus Übersee nach Österreich er- kanzlei für die Jahre 2003 bis 2009 addieren sich setzt werden. zu einer Gesamtsumme in einem hohen zweistelli- Ich frage die Landesregierung: gen Millionenbetrag. Nach überschlägiger Rech- nung ist im Verlauf dieser Jahre in der Staatskanz- 1. Inwieweit ist die Landesregierung über das o. g. Futtermittel informiert, und wie schätzt sie lei gegenüber 2002 ein Gesamtbetrag von mindes- die Verwendung als Alternative zu GVO-Futter- tens 40 Millionen Euro gespart worden. mitteln im Agrarland Niedersachsen ein? Das Bedauerliche daran ist: Gleichwohl kann die 2. Welche Strategie verfolgt die Landesregie- Staatskanzlei auch nach dieser langen Zeit der rung in Bezug auf GVO-freie Eiweißfuttermittel, und wie bewertet sie das Verbraucherverhalten Kürzungen diese über die Jahre eingesparte bzw. die Verbraucherakzeptanz hierzu? Summe nicht in 2009 oder 2010 für eine Etaterhö- 3. Inwieweit beabsichtigt die Landesregierung, hung verwenden, auch nicht teilweise, z. B. für den Bezug GVO-freier Futtermittel für nieder- eine Erhöhung des Ansatzes 2009 von derzeit sächsische Betriebe und Unternehmen zu för- 32 Millionen Euro auf den Ansatz von 2002 (43 Mil- dern und die Produktion in Niedersachsen lionen Euro). Wenn dies möglich wäre, könnte der selbst zu unterstützen? Ministerpräsident - wie er formuliert hat - „viel Gu- Die Sicherstellung der Versorgung der Nutztiere tes tun“. Aber die Kürzungsmittel sind vollständig mit Eiweißfuttermitteln beschäftigt im Augenblick verbraucht für die Bedienung der Zinslasten aus die europäische Veredelungswirtschaft und die der erhöhten Verschuldung durch die vorherige politischen Gremien nachhaltig. Der Importbedarf Landesregierung. an Soja für Futterzwecke ist in der EU stetig ge- Seinem Bedauern darüber hat der MP in der Ple- stiegen und beträgt inzwischen ca. 35,5 Millionen t; nardebatte Ausdruck verliehen. Er hat zugleich das ist fast das Dreifache der EU-Produktion. betont, dass es gleichwohl richtig war und ist, die Deutsche Betriebe verfüttern pro Jahr rund 5 Milli- Einsparungen gerade auch in der Staatskanzlei onen t Sojaschrot. Dieses Sojaschrot wird zu fast vorgenommen zu haben: „Wir bekennen uns dazu, 100 % importiert oder aus importierten Sojabohnen dass wir das Prinzip der Zurückhaltung, der Mäßi- hergestellt. gung und der Bescheidenheit bei uns praktizieren. Hauptexporteure sind Argentinien, Brasilien und Wir wissen nämlich, dass die Treppe am besten die USA. In diesen Ländern wird allerdings zu ei- von oben gefegt wird, dass es am besten ist, wenn nem erheblichen Anteil auf gentechnisch veränder- man oben Sparsamkeit walten lässt.“ te Sorten gesetzt. Schätzungen zufolge sind be- reits ca. 80 % der Weltproduktion von Soja gen- Anlage 35 technisch verändert. Antwort Eine Studie der Generaldirektion Landwirtschaft aus dem Jahr 2007 kommt zu dem Schluss, dass des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, eine Versorgungslücke bei Eiweißfuttermittel zu Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die befürchten ist, wenn in den wichtigsten Exportlän- Frage 37 des Abg. Wiard Siebels (SPD) dern Argentinien und Brasilien gentechnisch ver- GVO-freie Futtermittelproduktion auch für änderte Sorten angebaut werden, die in der EU Niedersachsen? nicht für eine Verwendung als Futtermittel zugelas- Die Agrar Heute berichtet am 17. Dezember sen sind. Weil in den Exportländern neue GVO- 2008, dass Agrana (Österreich) in die GVO- Sorten auf den Markt drängen, hätte diese Situati- freie Futtermittelproduktion einsteigt. Der Zu- on bereits 2009 eintreten können. cker-, Stärke- und Fruchtkonzern Agrana bietet mit ActiProt® ein neues gentechnikfreies Ei- Mit Nachdruck gehen deshalb Politik und Wirt- weißfuttermittel an. Das Futtermittel entspricht schaft gegen die drohende Versorgungslücke an. den Anforderungen der österreichischen Co- In der Erkenntnis, dass aufgrund der besonderen dex-Richtlinie, die die GVO-Freiheit des Pro- Situation augenblicklich eine ausreichende Ver-

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sorgung der Nutztiere kaum ohne gentechnisch - dass durch Beratung und Forschung der Anbau veränderte Sorten sichergestellt werden kann, von Furchtarten und konventionellen Sorten zur werden zwei Hauptzielrichtungen verfolgt: Eiweißversorgung in Europa gefördert sowie durch langfristige Liefervereinbarungen die Ver- - Beschleunigung der Zulassungsverfahren für sorgung mit GVO-freien Eiweißfuttermitteln si- Agrarrohstoffe, insbesondere für Eiweißfuttermit- chergestellt wird. tel, mit gentechnisch veränderten Organismen auf EU-Ebene, Dabei ist die Verbraucherakzeptanz sehr wesent- - Verringerung der Abhängigkeit Europas von pro- lich, die Marktpotenziale von Nahrungsmitteln, die teinhaltigen Futtermitteln aus Übersee. mit oder ohne zugelassenen GVO produziert wer- den, sind hierbei zu berücksichtigen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Entschließung des Niedersächsischen Landtags Zu 3: Generell stehen solchen Betrieben und Un- vom 7. Oktober 2008 „Eiweißversorgung für die ternehmen die allgemeinen Fördermöglichkeiten niedersächsische Landwirtschaft sicherstellen“. des Landes offen. Betriebe und Unternehmen, die Interesse an der Herstellung GVO-freier Produkte In der Futtermittelwirtschaft sind Ansätze erkenn- zeigen, müssen dabei berücksichtigen, ob ein bar, wonach proteinhaltige Futtermittel GVO-frei Marktpotenzial für diese Produkte vorhanden ist. als Nebenprodukte der Bioethanolproduktion her- gestellt werden können. In Deutschland fallen pro Jahr ca. 0,5 Million t sol- Anlage 36 cher Produkte an. Antwort Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: auf die Frage 38 der Abg. Ralf Briese und Helge Zu 1: ActiProt® der Agrana Bioethanol GmbH mit Limburg (GRÜNE)

Sitz im österreichischen Pischelsdorf ist ein Ne- Veränderte Sicherheitslage durch den Nah- benprodukt der Bioethanolherstellung. Dieses Er- ostkonflikt in Niedersachsen? zeugnis, das bei der Alkoholgewinnung durch Des- Die kriegerische Auseinandersetzung zwischen tillation aus Maische von Getreide und/oder ande- Israel und der Hamas hat auch in Deutschland ren stärke- oder zuckerhaltigen Stoffen anfällt und zu vielfältigen Protesten geführt. Im ganzen dem ausschließlich Wasser entzogen sein kann, ist Bundesgebiet gibt es derzeit Versammlungen unter Nummer 5.05.01 der Positivliste für Einzelfut- gegen den Krieg. Teilweise gibt es Hinweise, dass die Versammlungen von Rechtsextremen termittel der Deutschen Landwirtschaft als Schlem- unterwandert werden, um damit antisemitische pe registriert und in Deutschland verkehrsfähig. Ressentiments weiter zu schüren. Mittlerweile Über den Umfang eines möglichen Einsatzes die- hat die Hamas weltweite Vergeltung gegen jü- ses Futtermittelausgangserzeugnis in der nieder- dische Einrichtungen angedroht. sächsischen Veredelungswirtschaft kann derzeit Wir fragen die Landesregierung: keine Aussage getroffen werden. Inwieweit 1. Gibt es Erkenntnisse über eine veränderte ActiProt® Verwendung finden könnte, wird von der Sicherheitslage in Niedersachsen durch den ak- Verfügbarkeit des Produktes, von der Strategie des tuellen Konflikt zwischen Israel und der Ha- Herstellers sowie von der Akzeptanz des Marktes mas? abhängen. 2. Sind jüdische Einrichtungen einer verstärkten Bedrohung ausgesetzt, und erhalten sie ver- Zu 2: Die Landesregierung setzt sich dafür ein, stärkten Polizeischutz?

- dass die Beschaffung GVO-freier Futtermittel für 3. Gibt es Erkenntnisse, dass Rechtsextreme die Marktbeteiligten in Europa auch in Zukunft den Konflikt gezielt und strategisch nutzen, um möglich ist; allerdings muss die Wahlfreiheit für Antisemitismus zu schüren? den Produzenten und Konsumenten gewährleis- Das Ende des Waffenstillstands zwischen Israel tet sein; dies bedeutet, dass auch GVO-Produk- und der Hamas am 19. Dezember 2008 sowie die te, die in der EU eine Zulassung haben gegebe- infolge des Konfliktes am 27. Dezember 2008 be- nenfalls zur Verfügung stehen müssen; gonnene Militäraktion Israels führte auch in - dass die Abhängigkeit von proteinhaltigen Fut- Deutschland und in Niedersachsen zu einer Viel- termitteln aus Übersee verringert wird, zahl von Demonstrationen und Mahnwachen, wel- che bisher weitestgehend einen friedlichen Verlauf

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nahmen. In Niedersachsen artikulieren zurzeit ver beteiligten sich auch einige Angehörige der vorwiegend palästinensisch- und arabischstämmi- rechtsextremistischen Szene. ge Bevölkerungsteile ihre Ablehnung der israeli- schen Militäraktion im Gaza-Streifen öffentlich. An den Veranstaltungen beteiligen sich darüber hin- Anlage 37 aus auch zahlreiche ausländische und deutsche Antwort Organisationen. des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage auf die Frage 39 der Abg. Ralf Briese und Helge namens der Landesregierung wie folgt: Limburg (GRÜNE)

Zu 1: Zurzeit liegen den Sicherheitsbehörden keine Lagebild Korruption in Niedersachsen

Erkenntnisse vor, die auf bevorstehende terroristi- Nach Angaben des Bundeskriminalamtes sind sche Aktionen durch Hamas oder sympathisieren- die Kriminalitätsdelikte Korruption und Vorteils- de Organisationen in Niedersachsen hindeuten nahme bundesweit weiter ansteigend. Die Zahl würden. Gleichwohl müssen die jüngsten Hamas- der Bestechungsstraftaten ist im gesamten Bundesgebiet 2008 um 38 % gestiegen. Wirt- Äußerungen auch außerhalb der Nahostregion schaftskriminalität stellt für die Gesellschaft ein terroristische Anschläge gegen Israel zu begehen, enormes Schadenspotenzial dar. Das BKA ernst genommen werden. quantifiziert die Schadenssumme auf über 4 Milliarden Euro. In Rechnung gestellt werden Es besteht die Gefahr, dass durch fanatisierte muss dabei, dass es ein großes Dunkelfeld gibt Einzelpersonen oder Kleingruppen Übergriffe und und somit, sowohl die echten Fallzahlen als auch die Schadenssummen betreffend, nur gewalttätige Aktionen insbesondere gegen staatli- Schätzwerte angenommen werden können. che israelische Einrichtungen, wie Botschaften und Wir fragen die Landesregierung: Generalkonsulate, sowie Einrichtungen, die Israel unmittelbar repräsentieren, durchgeführt werden 1. Wie hat sich das Lagebild Korruption in Nie- könnten. Insofern ist auch für Niedersachsen eine dersachsen, sowohl die Fallzahlen als auch die dadurch verursachte Schadenssumme betref- Veränderung der Sicherheitslage zu verzeichnen. fend, entwickelt? Zu 2: Jüdische Einrichtungen in Deutschland und 2. Wie häufig ist das Korruptionsermittlungsin- damit auch in Niedersachsen unterliegen im All- strumentarium BKMS zur Anwendung gekom- men, und zu wie vielen Ermittlungen und zu wie gemeinen einer abstrakten Gefährdung, die zum vielen Verurteilungen ist es durch das BKMS- einen aus der politisch motivierten Kriminalität des System gekommen? Phänomenbereiches Rechts und zum anderen aus 3. Wie viele Firmen sind in Niedersachsen auf- der politisch motivierten Ausländerkriminalität er- grund des gemeinsamen Runderlasses „Öffent- wächst. Aus diesem Grund führte auch die nieder- liches Auftragswesen; Ausschluss von unzuver- sächsische Polizei unabhängig von dem aktuellen lässigen Bewerbern von der Teilnahme am Ereignis Schutzmaßnahmen für jüdische Einrich- Wettbewerb“ bei der OFD Hannover als unzu- verlässige Unternehmen gemeldet, und hat sich tungen durch. nach Meinung der Landesregierung dieser An- tikorruptionserlass bewährt? Vor dem Hintergrund des Nahostkonfliktes wurden durch die zuständigen Polizeidirektionen die Zunächst ist festzustellen, dass sich die in der Schutzmaßnahmen für jüdische Einrichtungen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage zur mündli- lageangepasst verstärkt; im Übrigen siehe Antwort chen Beantwortung dargestellte bundesweiten zu Frage 1. Steigerungsrate von 38 % nicht, wie behauptet, auf das Jahr 2008 bezieht, sondern auf das Jahr 2007. Zu 3: Angehörige der rechten Szene haben in der Zwar stammen die Angaben aus einer Pressever- Vergangenheit mehrfach aktuelle politische und lautbarung des Bundeskriminalamtes (BKA) vom gesellschaftliche Themen und Diskussionen aus- 12. November 2008, beziehen sich aber ausdrück- genutzt, um ihre eigenen Interessen und Ideolo- lich auf das Erfassungsjahr 2007. Darüber hinaus gien öffentlichkeitswirksam zu verbreiten. Auch die ist festzustellen, dass für den Bereich der Wirt- aktuelle Entwicklung im Zusammenhang mit dem schaftskriminalität die Schadenssumme für das militärischen Vorgehen Israels wurde bereits u. a. Jahr 2007 nach Berechnungen des BKA insge- von der NPD thematisiert. samt 4,1 Milliarden Euro betrug. An einer Demonstration im Zusammenhang mit Der im Rahmen der o. a. Presseerklärung des BKA dem Nahostkonflikt am 3. Januar 2009 in Hanno- angegebene Wert für Schäden durch Korruptions-

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straftaten betrug nach Berechnungen des BKA auf Ermittlungskomplexe mit einer hohen Anzahl von der Grundlage der Datenzulieferungen der Bun- Einzelverfahren anhängig waren bzw. noch sind. desländer rund 44 Millionen Euro; sie lag damit um So ist z. B. bei der PD Hannover ein umfangreicher 4 Millionen Euro unter dem Wert des Vorjahres Komplex mit 76 Einzelverfahren im Zusammen- (2006). hang mit der Bestechung eines Hochschulprofes- sors bearbeitet worden. Aber auch die Einrichtung In der o. a. zitierten Presseverlautbarung führt das der Zentralstellen bei den Staatsanwaltschaften BKA zu den Schadenssummen der „Korruption“ und bei der Polizei dürften zur weiteren Aufhellung allerdings (auszugsweise) auch Folgendes aus: des Dunkelfeldes geführt haben. „(…) Eine seriöse Aussage zu den durch Unter Hinweis auf die einschränkenden Ausfüh- Korruption verursachten Schäden ist rungen zur Schadenssumme der Korruptionsdelin- nicht möglich, da sich die auf Geberseite quenz (vgl. Vorbemerkung) ist in Niedersachsen in erlangten monetären Vorteile durch kor- 2007 aufseiten der tatbereiten Nehmer ein mone- ruptiv erlangte Auftrage und Genehmi- tärer Wert der erlangten Vorteile von rund gungen nur schwer beziffern lassen. 390 000 Euro festgestellt worden. Auf der Geber- Oftmals ergeben sich aus dem korrupti- seite lag der monetäre Wert der erlangten Vorteile ven Handeln Folgeschäden (…) bzw. bei ca. 100 000 Euro. nicht bezifferbare immaterielle Schäden Zu 2: In den Jahren 2006 bis 2008 sind insgesamt (…). 848 Hinweise im Business-Keeper-Monitoring-Sys- Die im Lagebild genannten Summen tem (BKMS) eingegangen. Zu 163 Meldungen wur- können somit nur als Anhalt für das tat- den staatsanwaltschaftliche Ermittlungen eingelei- sächliche Ausmaß der durch Korruption tet. Bislang liegt in drei Fällen eine Verurteilung verursachten Schäden dienen.“ vor. In zwei Verfahren wurden Freiheitsstrafen Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfra- (zehn Monate [Betrug] und elf Monate [Untreue]) ge der Abgeordneten Ralf Briese und Helge Lim- zur Bewährung ausgesprochen. Im dritten Verfah- burg (Bündnis90/Die Grünen) namens der Landes- ren erfolgte eine Verurteilung zu einer Freiheits- regierung wie folgt: strafe von drei Jahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Dar- 1 Zu 1: Im Berichtsjahr 2007 sind dem Landeskri- über hinaus ist ein Strafbefehl über eine einjährige minal Niedersachsen im Rahmen des eingerichte- Freiheitsstrafe (ausgesetzt auf drei Jahre zur Be- ten Sondermeldedienstes insgesamt 342 (129) währung) wegen Bestechlichkeit erlassen worden, Verfahren gemeldet worden, wovon 282 (84) struk- der aber derzeit noch nicht rechtskräftig ist. Zu 2 tureller und 44 (43) situativer Art sind . insgesamt 40 BKMS-Hinweisen sind die polizeili- Die von den Strafverfolgungsbehörden/Dienststel- chen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen len gemeldeten Verfahren beziehen sich auf 182 bislang nicht abgeschlossen. Verfahren im Bereich Verfahrenskomplexe und umfassen insgesamt 509 der Korruptions- sowie Wirtschaftskriminalität ges- Einzeldelikte. talten sich häufig als langjährige Umfangsverfah- ren. Ermittlungsergebnisse sowie die anschließen- Nachdem in den Jahren 2002 bis 2004 ein Rück- de justizielle Beurteilung der BKMS-Meldungen gang der Ermittlungsverfahren mit einer Stagnation liegen oft erst Jahre später vor. Als Beispiel kann im Jahr 2005 und einem leichten Anstieg der Zah- eine BKMS-Meldung aus dem Jahre 2005 aufge- len im Jahr 2006 zu beobachten war, ist für das führt werden. Auf der Grundlage der Ermittlungs- Jahr 2007 eine Zunahme der Ermittlungsverfahren ergebnisse zu diesem Hinwies ergingen im Jahr um (165 %) zu verzeichnen. Einhergehend damit 2008 Strafbefehle wegen Bestechung im geschäft- ist ein entsprechender Anstieg der Anzahl der Ein- lichen Verkehr gegen drei verantwortliche Ge- zeldelikte zu beobachten. schäftsführer einer beteiligten Firma in Höhe von Dieser Anstieg der Zahlen ist zum einen damit insgesamt 81 100 Euro. erklärbar, dass bei einzelnen Behörden größere Zu 3: Auf der Basis der Runderlasse vom 31. Au- gust 2000 bzw. 1. Juni 2001 ist das niedersächsi- 1 Vorjahreszahlen (2006) in Klammern sche Unzuverlässigkeitsregister im Zeitraum von 2 zu 16 Verfahren aus 2007 (Stand: Dezember 2008) können, 2000 bis 2008 bei der Oberfinanzdirektion (OFD) da sie sich noch in Bearbeitung befinden, derzeit keine Anga- Hannover - Landesbauabteilung - (OFD - LBA) ben gemacht werden, gleiches gilt für zwei aus 2006 stammen- de Verfahren geführt worden. Die Erlassregelungen sind zum

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Jahresende 2008 ausgelaufen. Damit wird formal der Tunnel jedoch für diese Transporte gesperrt auch das Unzuverlässigkeitsregister nicht weiter und soll auch zukünftig nicht freigegeben wer- den. Deshalb plant das Land zusätzlich zu den fortgeführt. bisher ertüchtigten noch weitere Ortsumgehun- gen. Die Eintragungen im Unzuverlässigkeitsregister hielten sich zahlenmäßig auf einem äußerst gerin- Wie von Herrn Dr. Wetzig für das Land im Ge- gen Niveau; in den Jahren 2000 bis 2008 waren richtsverfahren zur Ortsumgehung Waake aus- drücklich bestätigt wurde, bleibt das Land Nie- dort insgesamt lediglich neun Eintragungen, dabei dersachsen bei der Auffassung, die Ortsumge- seit dem 5. März 2007 bis Ende 2008 kein Firmen- hung Waake als Teil einer offiziellen nördlichen eintrag vorhanden. Umleitung für den Heidkopftunnel zu benötigen. Im Widerspruch dazu existiert ein Gutachten Die Landesregierung ist generell der Auffassung, der Landesregierung, welches eine Ertüchti- dass Alleingänge einzelner Länder hinsichtlich der gung des Heidkopftunnels vorsieht und diese Einführung und des Vorhalts sogenannte Unzuver- sogar schon geplant haben soll, um ihn für Ge- fahrguttransporte nutzbar zu machen. Sollte lässigkeitsregister wenig zielführend sind; denn nur dieses Vorhaben nicht durchgeführt werden, ein bundesweit einheitliches und flächendecken- könnte die extra dafür hergerichtete B 80 wie des Korruptionsregister wäre in der Lage, eine bisher als offizielle Umleitung genügen. Im Ge- effektive Korruptionsprävention und -bekämpfung gensatz dazu steht die Forderung des Landes Niedersachsen, die noch nicht ertüchtigte Orts- sowie die Gewährleistung eines freien und fairen umgehung Waake zur offiziellen Umleitung zu Wettbewerbs in Verbindung mit öffentlichen Auf- machen. Des Weiteren existiert bereits eine tragsvergaben zu gewährleisten. weitgehend vierspurige Straße, die B 243, die zurzeit ebenfalls mit Umgehungsstraßen weiter Im Rahmen der laufenden Novelle des Gesetzes ausgebaut wird, die auch für Gefahrguttrans- gegen Wettbewerbsbeschränkungen hat der Bun- porte Richtung Norden bzw. Osten genutzt wer- den kann. desrat in seiner Stellungnahme vom 4. Juli 2008 gegenüber der Bundesregierung einen modifizier- Ich frage die Landesregierung: ten Vorschlag zur Errichtung eines bundesweiten 1. Warum wird das bereits durchgeplante Vor- Korruptionsregisters vorgelegt. In ihrer Gegenäu- haben der Ertüchtigung des Heidkopftunnels ßerung vom 13. August 2008 sagt die Bundesre- nicht umgesetzt, um zukünftig Gefahrguttrans- gierung zu, die Diskussion über die Zweckmäßig- porte durch den Tunnel und nicht durch die Ort- schaften zu leiten? keit eines derartigen Registers nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zur Modernisierung des 2. Welche Steuergelder wurden in den Ausbau Vergaberechts wieder aufzunehmen. der bestehenden Gefahrgutumleitung B 80 zwi- schen Witzenhausen und Nordhausen in den Vor diesem Hintergrund hat sich das für das nie- Jahren seit 1989 investiert, und welche Orts- dersächsische Unzuverlässigkeitsregister zustän- umgehungen sind im südlichen und nördlichen Umfeld der A 38 zwischen Harzrand, Eichsfeld dige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und Nordhausen noch mit welcher zeitlichen entschlossen, das Register zunächst nicht weiter- Perspektive geplant? zuführen und sich für die Einführung eines bun- 3. Der Bundesverkehrswegeplan ist mit seinen desweiten Registers einzusetzen. Prioritäten nach Abwägung vieler Kriterien vom Bundestag als Gesetz beschlossen worden. Welche rechtliche Grundlage hat die sogenann- te Exekutiventscheidung des Bundesverkehrs- Anlage 38 ministers zur Umgehung Waake, und wie ist Antwort diese in der rechtlichen Bindungswirkung im Verhältnis zu den Festlegungen im BVWP- des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Gesetz zu bewerten? auf die Frage 40 des Abg. Enno Hagenah (GRÜ- Nach den Bestimmungen des Grundgesetzes pla- NE) nen, bauen und unterhalten die Länder die Bun- Wie sinnvoll ist die Ertüchtigung weiterer desfernstraßen (Bundesautobahnen und Bundes- Ortsumgehungen? straßen) in der Auftragsverwaltung für den Bund. Der Heidkopftunnel verbindet die beiden Bun- Die umfassende koordinierte Entwicklung für die desländer Niedersachsen und Thüringen. Die Verkehrswege des Bundes enthält der Bundesver- Baukosten des 2006 fertiggestellten Projekts kehrswegeplan (BVWP). Der BVWP ist ein Pla- beliefen sich auf rund 58 Millionen Euro. Als nungsinstrument und Investitionsrahmenplan, in Begründung für den Bau wurde u. a. die Unfall- gefahr, die von Gefahrenguttransporten bei dem die drei Verkehrsträger Schiene, Straße und Ortsdurchfahrten ausgeht, genannt. Bisher ist Wasserstraße gemeinsam berücksichtigt sind. Der

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aktuelle BVWP wurde von der Bundesregierung im Im aktuellen Bedarfsplan für die Bundesfernstra- Jahre 2003 beschlossen. Auf der Grundlage des ßen sind für Niedersachsen, Hessen und Thürin- BVWP beruht der Bedarfsplan für die Bundesfern- gen Projekte im Vordringlichen und im Weiteren straßen, der als Anlage zum Fernstraßenausbau- Bedarf ausgewiesen. Diese können der Bedarfs- gesetz (FStrAbG) des Bundes vom 4. Oktober plankarte (siehe 5. Gesetz zur Änderung des Fern- 2004 die gesetzliche Grundlage für den Neubau straßenausbaugesetzes, BGBl. I, Nr. 54, vom oder für größere Ausbauvorhaben von Bundesau- 15. Oktober 2004, S. 2574, Bedarfsplan in Beilage tobahnen und Bundesstraßen bildet. Mit dem Be- als Faltblatt) entnommen werden. In der Anlage zu darfsplan ist der verkehrliche Bedarf vom Bund dieser Antwort ist ein unmaßstäblicher Ausschnitt definiert. Es ist damit auch vorgegeben, welche aus der Bedarfsplankarte beigefügt. größeren Straßenbauprojekte des Bundes in ei- Die Realisierung der Bedarfsplanmaßnahmen ist nem langfristigen Zeitraum realisiert werden sollen. abhängig vom Mitteleinsatz der Länder für die Im Rahmen der Umsetzung des Bedarfsplanes Planung und erfolgt nach der Finanzplanung des erfolgte die Realisierung der A 38 Göttingen–Halle Bundes für den Bau. (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 13) mit dem Heidkopftunnel („Tunnel der Deutschen Einheit“) Zu 3: Der BVWP basiert auf dem Beschluss des im Bereich der Landesgrenze Niedersachsen/Thü- Bundeskabinetts vom 2. Juli 2003; er wurde nicht ringen. Der Heidkopftunnel wurde mit dem angren- als Gesetz erlassen. Der Bedarfsplan für die Bun- zenden Streckenabschnitt der A 38 im Dezember desfernstraßen ist Anlage nach § 1 Abs. 1 Satz 2 2006 unter Verkehr genommen. des Fernstraßenausbaugesetzes. Die rechtliche Grundlage zur Entscheidung des Bundesministeri- Ebenfalls im Bedarfsplan enthalten ist die Ortsum- ums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur OU gehung (OU) Waake im Zuge der B 27. Das Land Waake beruht auf § 6 des Fernstraßenausbauge- Niedersachsen hatte die Planungen für die OU bis setzes und damit auf dem gleichen Gesetz wie der zum Planfeststellungsbeschluss vorangebracht. Bedarfsplan. Der Planfeststellungsbeschluss vom 1. Dezember 2004 wurde beklagt. Das Niedersächsische Ober- verwaltungsgericht in Lüneburg (OVG) hat die Anlage 39 Klagen am 10. November 2008 abgewiesen und Revision nicht zugelassen. Die schriftliche Urteils- Antwort begründung liegt noch nicht vor; das Rechtsverfah- des Kultusministeriums auf die Frage 41 der Abg. ren ist noch nicht abgeschlossen. Christa Reichwaldt (LINKE)

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen Privater Bildungsanbieter an öffentlicher namens der Landesregierung wie folgt: Schule Zu 1: Es wird verwiesen auf die Antwort des Nie- In der Financial Times Deutschland vom dersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit 28. November 2008 wurde berichtet, dass die Phorms AG mittels eines Public-Private-Part- und Verkehr zur Kleinen Anfrage „Wie sicher sind nership-Projektes (PPP) sich an der Errichtung die niedersächsischen Tunnel?“ (siehe Nieder- und Betreibung eines Bildungscampus in Os- sächsischer Landtag, Stenografischer Bericht, terholz-Scharmbek beteiligen will. Gespräche 22. Sitzung, 14. November 2008, Anlage 13, Sei- zwischen dem Bürgermeister und der Phorms AG liefen seit einiger Zeit. Laut FTD will die ten 2586 bis 2587). Phorms AG „aber nicht nur Heizungen warten, Zu 2: Die Bundesstraße 80 verläuft zwischen Wit- sondern auch bei Unterrichtsinhalten und Per- sonalführung mitreden“. Im Osterholzer Kreis- zenhausen und Nordhausen durch Hessen und blatt vom 29. November 2008 wird Alexander Thüringen. Im Rahmen der Bundesauftragsverwal- Olek, der Aufsichtsratsvorsitzende der Phorms tung sind die Länder Hessen und Thüringen und AG, mit den Worten zitiert, dass es ihm um die nicht das Land Niedersachsen für die Umsetzung „Qualitätskontrolle des Bildungsangebotes“ ge- he. Die betroffene Haupt- und Realschule in von baulichen Maßnahmen des Bundes und für die Osterholz-Scharmbek ist derzeit in öffentlicher Finanzierung von Planungen im Zuge dieser Stre- Hand. Die Haupt- und Realschule ist die einzige cke zuständig. Demgemäß sind Daten zu den ihrer Art in der Umgebung. Steuergeldern, die seit dem Jahr 1989 in diese Ich frage die Landesregierung: Strecke investiert worden sind, dem Land Nieder- 1. Welche Möglichkeit besitzt die Phorms AG sachsen nicht bekannt. an einer öffentlichen Schule, in die „Qualitäts- kontrolle des Bildungsangebotes“ einzugreifen

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bzw. „bei Unterrichtsinhalten und Personalfüh- dessen ist eine Ersatzschule dann zu genehmigen, rung“ mitzureden? wenn sie in ihren Lern- und Erziehungszielen öf- 2. Welche Kriterien muss ein möglicher Antrag fentlichen Schulen entspricht und alle Vorausset- auf Errichtung einer Privatschule als Ersatz für zungen nach den Vorgaben des NSchG erfüllt. eine öffentliche Schule erfüllen vor dem Hinter- grund der Tatsache, dass die Schülerinnen und Dazu müssen insbesondere hinreichend qualifizier- Schüler mangels eines Alternativangebotes te Lehrkräfte und die Sicherung dessen rechtlicher nicht auf eine andere öffentliche Schule aus- und wirtschaftlicher Stellung nachgewiesen wer- weichen könnten? den, die innere und äußere Gestaltung der Schule 3. Welche Kenntnis besitzt die Landesregierung der der öffentlichen Schulen mindestens gleichwer- von vergleichbaren geplanten oder in Umset- tig sein und die Schuleinrichtungen den allgemei- zung befindlichen PPP-Projekten zwischen nen gesetzlichen und ordnungsbehördlichen An- Schulträgern und privaten Investoren in Nieder- sachsen? forderungen entsprechen. Und schließlich dürfen keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, Die Haupt- und Realschule in Osterholz-Scharm- dass Schulträger oder Schulleitung nicht die erfor- beck ist eine öffentliche Schule. Das Niedersächsi- derliche Eignung besitzen oder keine Gewähr da- sche Schulgesetz regelt eindeutig und abschlie- für bieten, nicht gegen die verfassungsmäßige ßend die staatliche Verantwortlichkeit insbesonde- Ordnung zu verstoßen. Nicht zuletzt darf eine re für die Unterrichtsinhalte, die Qualitätskontrolle Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach des Unterrichts und die Personalführung an öffent- den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert lichen Schulen. Im Übrigen enthält sich die Lan- werden. desregierung einer Kommentierung von Presse- meldungen, die Dritten Aussagen zu unternehme- Zu 3: Der Landesregierung ist lediglich vom Hö- rischen und privaten Absichten zuschreiben. rensagen bekannt, dass kommunale Träger öffent- licher Schulen wegen eines möglichen Wirtschaft- Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der lichkeitsvorteils PPP-Projekte im Rahmen von Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie Schulbaumaßnahmen bzw. Schulsanierungsmaß- folgt: nahmen diskutieren. Ob derartige Projekt für diese Zu 1: An einer öffentlichen Schule besitzt weder Maßnahmen in Niedersachsen auch tatsächlich die Phorms AG noch eine vergleichbare Institution vereinbart und realisiert werden, ist ihr nicht be- eine Möglichkeit, in die „Qualitätskontrolle des kannt. Erkenntnisse zu in der Anfrage vergleichba- Bildungsangebotes“ einzugreifen bzw. „bei Unter- ren geplanten oder in Umsetzung befindlichen richtsinhalten und Personalführung“ mitzureden. PPP-Projekten zwischen Schulträgern und privaten Investoren besitzt die Landesregierung nicht. Zu 2: Nach § 101 Abs. 1 NSchG haben die Schul- träger das notwendige Schulangebot und die er- forderlichen Schulanlagen vorzuhalten. Sie haben Anlage 40 nach § 108 Abs. 1 Satz 1 NSchG die erforderlichen Schulanlagen zu errichten, mit der notwendigen Antwort Einrichtung auszustatten und ordnungsgemäß zu des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf unterhalten. Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 NSchG sind die Frage 42 des Abg. Victor Perli (LINKE) die Schulträger verpflichtet, Schulen nach Maßga- be des Bedürfnisses vorzuhalten. Teilt die Landesregierung die Auffassung von Unternehmen der Energiebranche, wo- Selbst wenn ein privater Schulanbieter ein Schul- nach Studiengebühren eine abschreckende angebot macht, muss eine öffentliche Schule vom Wirkung haben und den Fachkräftemangel verstärken? Schulträger angeboten oder zugänglich gemacht werden, wenn ein Bedürfnis für die Beschulung Aus Sorge über die zurückgehenden Studie- rendenzahlen und zur Bekämpfung des bereits von Schülerinnen und Schülern besteht, die die bestehenden Fachkräftemangels im Bereich private Einrichtung nicht besuchen wollen. Insoweit der Energie- und Gebäudetechnik haben 16 stellt sich die Frage nach Kriterien eines möglichen Unternehmen der Energiebranche allen Erst- Antrages auf Errichtung einer Privatschule als semestern im Fachbereich Versorgungstechnik an der FH Braunschweig/Wolfenbüttel, die sich Ersatz für eine öffentliche Schule dann nicht, wenn für das zweite Semester angemeldet haben, die damit gemeint sein sollte, dass ein kommunaler Studiengebühren zurückerstattet.

Schulträger durch die Errichtung einer Privatschule In der Konsequenz vermeldet der Fachbereich von seinen Verpflichtungen entbunden werden erstmals seit Jahren wieder steigende Studie- könnte. Denn das ist nicht der Fall. Unbeschadet rendenzahlen. Während die Zahl der einge-

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schriebenen Studierenden von rund 200 im Einführung der Studienbeiträge besteht. Die Un- Jahr 2005 auf weniger als 100 im Jahr 2007 terauslastung in den sogenannten MINT-Fächern sank, sind nun 130 Studierende im Fachbereich Versorgungstechnik eingeschrieben. Inzwi- mit unterschiedlichen Schwankungen in einzelnen schen werde darüber nachgedacht, das Ange- Bereichen besteht seit vielen Jahren unabhängig bot der Gebührenerstattung auch auf höhere von Studienbeiträgen. Die Studienbeiträge bieten Semester auszuweiten, um die Zahl der Studie- vielmehr den Unternehmen jetzt die Möglichkeit, renden weiter zu erhöhen. durch die Vergabe von Stipendien oder Erstattung Ich frage die Landesregierung: der Beiträge gezielt ihr Interesse an den Studie- 1. Wie bewertet die Landesregierung - vor dem renden öffentlichkeitswirksam deutlich zu machen Hintergrund der abschreckenden Wirkung von und so für ein Studium in bestimmten Studiengän- Studiengebühren - die Tatsache, dass mit der gen zu werben. Diese zusätzliche Möglichkeit und Erstattung der Studiengebühren an Erstsemes- ter der Rückgang der Studierendenzahlen ge- die damit verbundene größere finanzielle Beteili- stoppt und eine deutlichen Steigerung bei den gung der Unternehmen an den Kosten der Ausbil- Immatrikulierten erreicht werden konnte? dung ihrer zukünftigen Mitarbeiter war eines der 2. Sind der Landesregierung weitere Fachbe- Ziele der Einführung der Studienbeiträge. Dieses reiche oder Studiengänge an niedersächsi- Beispiel zeigt deutlich die gewünschte Steue- schen Hochschulen bekannt, in denen die Stu- rungswirkung von Studienbeiträgen. diengebühren zum Teil oder in Gänze (gegebe- nenfalls nur für bestimmte Semester) von Un- Zu 2: Privatunternehmen leisten vornehmlich in ternehmen übernommen worden sind? sogenannten dualen Studiengängen finanzielle 3. Wie bewertet die Landesregierung die Chan- Beiträge zur Studienfinanzierung. Insbesondere ist cenungleichheit für Studierende in nicht wirt- dies in technischen und wirtschaftswissenschaftli- schaftsnahen Studiengängen (etwa Lehrämter chen Fächern der Fall. oder Geisteswissenschaften) bei der Erstattung der Studiengebühren durch Unternehmen? Zu 3: Das finanzielle Engagement privater Unter- Die niedersächsischen Hochschulen konnten im nehmen verschiedener Branchen für die Studienfi- Jahr 2008 im zweiten Jahr in Folge bei den Stu- nanzierung ist sehr zu begrüßen. Die betreffenden Firmen verfolgen damit sicherlich auch ihr eigenes dienanfängerzahlen zulegen. Nach den Meldungen Interesse an möglichst hochbefähigten und moti- der Hochschulen haben sich an den niedersächsi- vierten Studienabsolventinnen und -absolventen, schen Hochschulen insgesamt 2,5 % mehr Stu- dienanfänger eingeschrieben als im Vorjahr. Her- sie leisten aber auch einen Beitrag zur Studienfi- vorragend schneiden die Fachhochschulen dabei nanzierung der betreffenden Studierenden und tragen zum Wissens- und Technologietransfer ab: Im Vergleich zum Vorjahr haben sich im Jahr 2008 (SoSe 2008 und WiSe 08/09) rund 15 % zwischen Hochschulen und der Wirtschaft bei. mehr Studierende im ersten Hochschulsemester Studierende unterschiedlicher Fächer haben sich an den niedersächsischen Fachhochschulen im- in der Gesellschaftsordnung der sozialen Markt- matrikuliert. Nach den bislang vorliegenden Mel- wirtschaft generell den jeweils gegebenen Verhält- dungen der Hochschulen haben sich im Jahr 2008 nissen, insbesondere hinsichtlich der Beschäfti- insgesamt 27 368 Studentinnen und Studenten gungsmöglichkeiten nach Abschluss des Studi- neu im ersten Hochschulsemester immatrikuliert. ums, zu stellen. Das finanzielle Engagement priva- Im Vorjahr waren dies 26 689 Studienanfänger. ter Unternehmen bei der Unterstützung Einzelner Auch bei den Gesamtzahlen hat Niedersachsen im Studium bildet dies lediglich bereits in der Stu- zugelegt: Insgesamt sind an den niedersächsi- dienphase ab. Dies ist aus Sicht der Landesregie- schen Hochschulen im WiSe 08/09 141 040 Stu- rung nicht zu bemängeln, sondern zu begrüßen, dierende immatrikuliert. Das entspricht einem Plus weil sich darin auch zukunftsorientierte Personal- von rund 2,4 % im Vergleich zum WiSe 2007/08. planung von Unternehmen und Wirtschaftsverbän- den dokumentiert. Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet: Zu 1: Eine abschreckende Wirkung der Erhebung von Studienbeiträgen oder ein Rückgang der Stu- dierendenzahlen aufgrund der Studienbeiträge sind nicht zu beobachten. Ein Rückgang der Zahl von Studierenden in einzelnen, insbesondere tech- nischen Fächern ist kein Phänomen, das erst seit

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Anlage 41 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung von Experten, wonach von der als Kräutermischung Antwort getarnten chemischen Cannabisersatzdroge ei- ne größere Gesundheitsgefährdung ausgeht als des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und von gewöhnlichen Hanfblüten und der gut vier- Gesundheit auf die Frage 43 des Abg. Victor Perli jährige legale Vertrieb von Spice somit erneut (LINKE) belegt, dass ein repressiver Umgang mit soge- nannten „weichen Drogen“ wie Cannabis un- Chemische Substanzen in legalen Cannabis- kontrollierbare negative Folgen hat und die Ge- Ersatzdrogen - Welche Schlussfolgerungen sundheit der Konsumenten gefährdet anstatt zu zieht die Landesregierung aus dem geplan- schützen (bitte mit Begründung)? ten Verbot von Spice? 2. Welche Schlussfolgerungen resultieren für Verschiedenen Medienberichten zufolge wird die Landesregierung aus dem offensichtlich Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt steigenden Konsum- und Marktinteresse an noch im Januar eine Eilverordnung zum Betäu- chemischen Cannabisersatzdrogen für die Dro- bungsmittelgesetz unterschreiben, wonach die genpolitik im Allgemeinen und den Konsumen- Herstellung, der Handel und der Besitz der in tenschutz und die Drogenaufklärung im Beson- den letzten Monaten bekannt gewordenen deren? Modedroge Spice verboten werden soll. Spice 3. Sind der Landesregierung Straftaten, Stra- wird von einer britischen Firma hergestellt und ßenverkehrsdelikte oder andere polizeilich rele- seit gut vier Jahren als „Kräutermischung und vante Vorfälle bekannt geworden, die im Zu- Räucherwerk“ legal, ohne Aufklärung über die sammenhang mit dem Konsum von Spice oder Inhaltsstoffe und ohne Altersbeschränkung im verwandten sogenannten Kräutermischungen Fachhandel sowie über das Internet vertrieben. stehen? Wenn ja, welche? Insbesondere Jugendliche und junge Erwach- sene haben Spice in gerauchter Form verwen- Bei Spice (englisch: Gewürz) handelt es sich laut det, um dadurch eine Rauschwirkung zu erzie- Packungsaufdruck um eine aus verschiedenen len, die dem verbotenen Rauschhanf (Canna- Pflanzen und aromatischen Extrakten bestehende bis) ähnelt. Spice wird daher auch als Ersatz- Kräutermischung, die sich in letzter Zeit als legaler droge für Cannabisprodukte bezeichnet. Can- nabis ist nach wie vor die am häufigsten ge- Cannabisersatz unter Konsumenten verbreitet hat brauchte und gehandelte illegale Droge in und im Joint oder in der Wasserpfeife geraucht Deutschland. Eine Studie im Auftrag der Stadt wird. Spice wird im Fachhandel sowie einschlägi- Frankfurt am Main hat nun ergeben, dass Spice gen Onlineshops als nicht zum Verzehr geeignete eine künstlich hergestellte chemische Substanz aus der Arzneimittelforschung enthält. Ein Räucherware verkauft. Im Internet wird vielfach die Pharmaunternehmen hatte die Proben unter- berauschende Wirkung geschildert. Es ist seit sucht und das synthetische Cannabinoid 2007 auf dem Markt. JWH-018 gefunden. Die Substanz sei viermal stärker als der natürliche Cannabiswirkstoff Analyseergebnisse haben gezeigt, dass Proben THC und alleinig verantwortlich für die von Spice das synthetische Cannabinoid JWH-018 Rauschwirkung. Die Reinheit des Stoffes sei jedoch „in keiner Weise garantiert“. Jeder Kon- enthalten, das ähnlich dem natürlichen Cannabis- sument sei im Prinzip ein Versuchskaninchen. inhaltsstoff Tetrahydrocannabinol (THC) wirkt. Allerdings kann die Wirkung von JWH-018 bis zu Daraufhin haben mehrere EU-Mitgliedsstaaten Verbotsverfahren eingeleitet, so auch Deutsch- viermal stärker sein als die von THC. Von erhebli- land, wo die politische Entscheidung von der chen Wirkungen auf das Herz-, Kreislauf- und Ner- Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Sa- vensystem bis zur Bewusstlosigkeit wurde berich- bine Bätzing, vorbereitet wird. Nach ihren An- tet, sodass von einem mit Cannabis vergleichba- gaben sollen die Bundesländer noch über die Eilentscheidung informiert werden. Bundestag rem Abhängigkeitspotenzial gerechnet werden und Bundesrat müssen dann innerhalb eines muss. Jahres ein langfristiges Verbot auf den Weg bringen. Neben JWH-018 wurden auch andere synthetische Cannabinoide in Spice identifiziert, die noch nie in Nach einem Bericht von Focus Online vom 4. Januar 2009 kritisieren Experten des besag- klinischen Studien am Menschen eingesetzt wa- ten Pharmaunternehmens das geplante Verbot, ren, in pharmakologischen Studien und Tierversu- da „bald nach dem Inkrafttreten weitere canna- chen aber eine gegenüber THC etwa fünf- bis bishnliche Substanzen auf den Markt kommen“ zehnmal höhere Wirksamkeit haben. würden. Besser als einzelne Verbote sei für den Konsumentenschutz deshalb eine Bundesstel- Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen le, die nach Maßgabe des Arzneimittelgesetzes fortlaufend teste, was auf dem Markt sei. namens der Landesregierung wie folgt:

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landes- Zu 1: Ursprünglich handelt es sich bei der unter regierung: dem Namen Spice erhältlichen Kräutermischung

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um eine nicht zum Verzehr (Essen, Trinken, Inha- JHW-018 wird mittels dieser Eilverordnung in die lieren) geeignete Räucherware zur Raumluftverän- Anlage I des BtMG (nicht verkehrfähige Betäu- derung, dessen inhaltliche Zusammensetzung bungsmittel) aufgenommen und zählt somit zu den deutlichen Schwankungen unterliegt. Der Verzehr illegalen Betäubungsmitteln ohne medizinischen ist grundsätzlich schädlich. Nutzen (kein Arzneimittel). Da es sich bei JHW-018 um ein einzelnes synthetisches Canna- In den zur Untersuchung gelangten Spiceproben binoid handelt und möglicherweise schnell weitere wurden synthetische Inhaltsstoffe nachgewiesen, Abkömmlinge synthetisiert werden können, ist es die cannabisähnliche Wirkungen auslösen. Wis- sinnvoll, generell synthetische Cannabinoide unter senschaftliche Untersuchungen zu langfristigen einem Sammelbegriff in die Anlage I des BtMG gesundheitlichen Auswirkungen von Spice gibt es einzufügen. nicht. Neben den gesundheitlichen Gefahren, die vom Rauchen des Tabaks als Trägersubstanz Nach erfolgter Änderung der betäubungsmittel- ausgehen, muss nach jetzigem Forschungsstand rechtlichen Vorschriften und Bekanntwerden des davon ausgegangen werden, dass alle Risiken, die Verbots von Spice geht die Landesregierung da- mit dem Missbrauch von Cannabis verbunden von aus, dass das Interesse an Spice abnehmen sind, auch Spice betreffen. wird. Diese Meinung vertritt auch die Bundesdro- genbeauftragte Bätzing. Wie hoch eine von Spice ausgehende Gesund- Das Problem des inhalativen Missbrauchs von heitsgefährdung bei Inhalation ist, ist davon ab- Substanzen zu Rauschzwecken durch Tabak, hängig, welche Inhaltsstoffe und in welchem Pro- Cannabis und cannabisähnliche Substanzen ist er- zentanteil sich diese Inhaltsstoffe in der Kräutermi- kannt. Insbesondere im Bereich des Cannabis- schung befinden. Ob Spice eine größere Gesund- missbrauchs durch Jugendliche forciert die Nieder- heitsgefährdung darstellt als Cannabis, hängt so- sächsische Landesregierung deshalb ihre Präven- mit von der unmittelbaren Zusammensetzung ab. tionsanstrengungen. Zurzeit wird das erfolgreich Für die untersuchten Proben wird eine höhere praktizierte Bundesprojekt „realize it“ in die nieder- Gesundheitsgefährdung angenommen. sächsische Fläche transferiert. Es handelt sich um ein Beratungsprogramm für Cannabis missbrau- Insgesamt wird die Suchtgefährdung von Cannabis chende Jugendliche, das als Multiplikatorenschu- und cannabisähnlichen Produkten von Fachleuten lung in den Suchtberatungsstellen des Landes als hoch eingeschätzt. Der Begriff „weiche Droge“ verankert wird. Die Erkenntnisse und Erfahrungen wird den derzeitigen medizinischen Erkenntnissen aus diesem Projekt sind grundsätzlich auch für nicht gerecht. Insbesondere bei Jugendlichen ist Beratungssituationen anderer, cannabisähnlicher der Missbrauch von Cannabis häufig mit schweren Substanzen nutzbar. Die missbräuchliche Anwen- psychischen Störungen verbunden. dung von Substanzen außerhalb ihrer eigentlich Repressive Maßnahmen zur Einschränkung des vorgesehenen Verwendung kann aber nur durch Angebots und der Nutzung von Cannabis und breite Aufklärung der Bevölkerung abgewendet cannabisähnlichen Substanzen hält die Landesre- werden. gierung wegen der erheblichen gesundheitlichen Zu 3: Der Landesregierung sind bislang keine Gefährdung für notwendig. Aufklärung bezüglich Straftaten bekannt geworden, die im Zusammen- der negativen gesundheitlichen Folgen, aber auch hang mit dem Konsum von Spice stehen. Der Be- Beratung und Therapie der Menschen, die von sitz von Spice wurde wegen des Verdachts eines Cannabis oder cannabisähnlichen Substanzen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ver- abhängig sind, werden deshalb von den Fachstel- einzelt angezeigt. Mangels Strafbarkeit wurden die len für Sucht und Suchtprävention des Landes daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren je- flächendeckend angeboten. doch von den Staatsanwaltschaften nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt. Zu 2: Die Bundesregierung beabsichtigt, die Droge JHW-018 mit einer Eilverordnung dem Betäu- bungsmittelgesetz (BtMG) zu unterstellen. Wegen der Dringlichkeit soll die Unterstellung unter das BtMG zunächst nach § 1 Abs. 3 BtMG durch auf ein Jahr befristete Ministerverordnung ohne Zu- stimmung des Bundesrates erfolgen.

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Anlage 42 desrepublik Deutschland für das Europäische Par- lament angemessene Sendezeit einzuräumen. Antwort Diese Verpflichtung beruht auf den durch das De- der Niedersächsischen Staatskanzlei auf die Frage mokratieprinzip geprägten Grundsätzen der Allge- 44 der Abg. Wittich Schobert und Björn Thümler meinheit und Gleichheit der Wahl. Rundfunk ist als (CDU) wichtiges Massenkommunikationsmittel gerade vor Wahlen besonders geeignet, die freie politische Art der Präsentation von Wahlwerbespots der Parteien im Europa- und Bundeswahl- Meinungsbildung zu befördern. Die Parteien sind kampf 2009 aufgrund ihres Beitrags zur freien politischen Mei- nungsbildung gegenüber kommerziellen Werbe- Die Wahlkampfwerbespots, die öffentlich-recht- liche Fernsehanstalten aufgrund von § 42 treibenden privilegiert. In der Konsequenz werden Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages ausstrah- Wahlwerbespots entweder kostenlos (öffentlich- len, sind im Laufe der letzten Jahre und Jahr- rechtlicher Rundfunk) oder gegen Erstattung der zehnte immer stärkeren Einschränkungen aus- gesetzt. § 42 Abs. 2 stellt klar, dass Parteien Selbstkosten der privaten Rundfunkveranstalter gegen Erstattung von Selbstkosten eine ange- geschaltet. messene Sendezeit für Wahlen zum Deutschen Bundestag sowie für das Europäische Parla- § 7 Abs. 8 des Rundfunkstaatsvertrages bestimmt, ment einzuräumen ist. Die Bedingung hierfür ist dass Werbung politischer, weltanschaulicher oder mindestens eine auf sie zugelassene Landeslis- religiöser Art unzulässig ist. Die Rundfunkveran- te bzw. ein Wahlvorschlag. stalter sind zur politischen Neutralität und Ausge- Mittlerweile ist zu beobachten, dass die Wahl- wogenheit bei der Programmgestaltung verpflich- werbespots in einem „schwarzen Rahmen“ so- wie mit einem expliziten Hinweis auf Parteiwer- tet. Sie müssen gewährleisten, dass die Vielfalt der bung ausgestrahlt werden. Damit distanzieren vorhandenen Meinungen und Zielsetzungen in sich die Sender von einer Verantwortung für die ihren Programmen transportiert wird. Überpartei- Werbespots und belegen diese gegenüber an- lich ist jedoch nicht gleichbedeutend mit unpoli- deren Arten von Werbung mit einem Sondersta- tus. tisch. So ist es Rundfunkveranstaltern nicht ver- wehrt, in Sendungen einen politischen Standpunkt Wir fragen die Landesregierung: ausschließlich oder überwiegend zu vertreten, 1. Was rechtfertigt aus Sicht der Landesregie- wenn an anderer Stelle des Programms hierfür ein rung eine unterschiedliche Behandlung im Ver- Ausgleich erfolgt. Das Gebot der politisch ausge- gleich zu kommerzieller Werbung? wogenen Programmgestaltung zieht die Notwen- 2. Wird durch diese Art der Darstellung die Par- digkeit nach sich, dass Rundfunkveranstalter teiwerbung bei demokratischen Wahlen diskri- Wahlwerbespots als Programmbeiträge Dritter miniert, weil der Eindruck einer vermeintlich be- sonderen Gefährdung durch diese Wahlwerbe- kennzeichnen. Wie diese Kennzeichnung im Ein- spots erweckt wird? zelfall erfolgt, hat der Gesetzgeber nicht geregelt, sondern dem Ermessen der Rundfunkveranstalter 3. Suggerieren die Warnhinweise und andere Einschränkungen nicht eine Distanz zu unse- überantwortet. Kritik an der Art und Weise der rem politischen System, und ist diese Tatsache Kennzeichnung wäre daher vorrangig in den zu- vor dem Hintergrund von Artikel 21 Abs. 1 GG ständigen Rundfunkgremien zu erörtern. hinsichtlich der besonderen Bedeutung der Mitwirkung der Parteien an der allgemeinen Wahlwerbespots im Fernsehen werden üblicher- Willensbildung hinnehmbar? weise sowohl akustisch als auch optisch vom ei- Die Ausstrahlung von Wahlwerbung im Rundfunk genen Programm abgegrenzt. Dies erfolgt einer- ist für Niedersachsen in § 42 Abs. 2 des Rund- seits durch Hinweise auf die Verantwortung der funkstaatsvertrages, § 11 des ZDF-Staatsver- Parteien für Inhalt und Gestaltung der Werbespots trages, § 15 NDR-StV und § 24 NMediengesetz vor und nach ihrer Ausstrahlung, andererseits geregelt. § 42 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages durch Umrahmung des Spots und die dauerhafte gilt nur für den bundesweit verbreiteten privaten Einblendung eines entsprechenden Hinweises auf Rundfunk, § 24 NMediengesetz für den landesweit dem einfarbigen Rahmen. Diese Art der optischen verbreiteten privaten Rundfunk. Den genannten Kennzeichnung richtet sich insbesondere an Zu- Regelungen ist gemeinsam, dass sie die Rund- schauer, die sich durch die Programme „zappen“ funkveranstalter unter bestimmten Voraussetzun- und aufgrund ihrer kurzen Verweildauer im Pro- gen verpflichten, Parteien während ihrer Beteili- gramm von den Hinweisen vor und nach der Wahl- gung an den Wahlen zum Deutschen Bundestag werbung nicht erreicht werden. Der Rahmen be- oder den Wahlen der Abgeordneten aus der Bun- schneidet die Abbildung des Spots nicht und ist ein

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technisch geeigneter Weg, den Hinweis auf die 1. Teilt sie die vom Geschäftsführer des Bre- Drittverantwortung des Programmteils dauerhaft merhavener Fischereiunternehmens Deutsche See geäußerte Auffassung, dass in die See zu- und deutlich sichtbar einzublenden. rückgeworfener Beifang eine der größten Ge- fahren für den Erhalt der Fischbestände ist? Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: 2. Wie beurteilt sie die Aussichten, dass auf- grund der Ergebnisse des Modellversuchs Zu 1: Wahlwerbespots sind wegen des Verbots der „Stopp Discard“ die Fangvorschriften auf euro- politischen Werbung als Beiträge Dritter deutlich zu päischer Ebene dergestalt verändert werden, dass die Befischung schonender wird und Bei- kennzeichnen, um eine Verwechselung mit Pro- fang wirtschaftlich verwendet werden kann, oh- grammangeboten des Rundfunkveranstalters aus- ne dass sich neue Gefahren für eine Überfi- zuschließen. schung bestimmter Arten ergeben? 3. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen wer- Zu 2: Dem Publikum soll jederzeit transparent sein, den sich für niedersächsische Fischereiunter- dass der Werbespot von einer Partei verantwortet nehmen ergeben, wenn die Ergebnisse des wird, die um seine Gunst als Wählerin oder Wähler Modellversuchs in die europäische Rechtset- wirbt. Entsprechende akustische und optische zung eingearbeitet werden? Hinweise erfüllen diesen Zweck, ohne den An- Das von der Deutschen See gemeinsam mit der schein einer Gefährdung zu erwecken. Erzeugergemeinschaft der Hochsee- und Kutterfi- scher aus Cuxhaven initiierte und vom Von-Thü- Zu 3: Eine Distanz zum politischen System soll nen-Institut durchgeführte Pilotprojekt „Stopp Dis- durch die Art der Darstellung nach Auffassung der card“ in der Nordsee war auf das Jahr 2008 be- Landesregierung nicht vermittelt werden. Vielmehr schränkt und ist abgeschlossen. Dieses Projekt wird verdeutlicht, dass aufgrund der freiheitlichen wird ab 2009 in der Ostsee mit dem „Fehmarn- demokratischen Grundordnung in Deutschland Discardprojekt“ fortgesetzt, an dem sich Fischerei- jede Partei chancengleich im Rundfunk für sich fahrzeuge aus Heiligenhafen beteiligen. Ziel des werben kann, ohne dass der Sender in den Wett- Projektes ist ebenfalls die Reduzierung bzw. wei- bewerb verfälschend eingreift. Damit wird dem testgehende Vermeidung von Rückwürfen in der Interesse der Parteien an wirksamer Wahlwerbung kommerziellen Fischerei. Rechnung getragen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine

Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Anlage 43 Zu 1: Art und Umfang der Rückwürfe in der Fische- Antwort rei sind in Abhängigkeit von der jeweiligen Fische- rei sehr unterschiedlich und insofern nicht generell des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, als eine der größten Gefahren für den Erhalt der Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Fischbestände zu bezeichnen. Die Landesregie- Frage 45 der Abg. Gesine Meißner und Roland rung ist allerdings der Auffassung, dass im Sinne Riese (FDP) einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Bestände Beifang oder Discard die Rückwürfe deutlich reduziert werden müssen und soweit wie möglich für den menschlichen Kon- In Cuxhaven wurde kürzlich der Modellversuch sum genutzt werden sollten. „Stopp Discard“ abgeschlossen, innerhalb des- sen drei Fischkutter unter wissenschaftlicher Zu 2: Die Europäische Kommission hat das Thema Aufsicht ihre Fangmethoden abweichend von Rückwürfe im März 2007 in einer Mitteilung an den den EU-Bestimmungen handhaben durften. Bislang dürfen Fischer nur solche Fische an- Rat und das Europäische Parlament „Eine Politik landen, für dessen Fang sie eine Lizenz besit- zur Einschränkung von unerwünschten Beifängen zen oder deren Fangquote noch nicht ausge- und zur Abschaffung von Rückwürfen in der euro- schöpft ist. Fangen sie andere Fische, müssen päischen Fischerei“ aufgegriffen und einen Diskus- sie diese in das Meer zurückwerfen, selbst wenn andere Fischer zum Fang dieser Arten li- sionsprozess begonnen. In diesem Rahmen sind zensiert sind. Nach Angaben des WWF überle- auch die beiden von der Kommission als Ver- ben die meisten Fische diesen Vorgang nicht. suchsfischerei für wissenschaftliche Zwecke ein- Der Beifang könne, abhängig von der gefisch- gestuften deutschen Projekte zu sehen. Die Er- ten Art, das Vielfache an Gewicht ausmachen, so der WWF. gebnisse dieser Projekte werden sicher zusätzliche Erkenntnisse bringen, aber nicht entscheidend für Wir fragen die Landesregierung: die künftige Discard-Politik der Kommission sein.

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Auch der Kommission dürfte bereits bekannt sein, ner Ausbildungsvergütung für in der Ausbildung dass z. B. in bestimmten Fischereien bei Einsatz befindliche Psychotherapeutinnen und Psycho- therapeuten im Krankenhausfinanzierungsre- größerer Maschenweiten weniger Beifänge anfal- formgesetz abzusichern? len. Maschenweiten aber werden von der Kommis- sion im Rahmen der technischen Maßnahmen Die Ausbildung von Psychotherapeutinnen und festgelegt. Eine Beifang vermindernde Fischerei Psychotherapeuten befindet sich ebenso wie die und die wirtschaftliche Verwendung von Beifängen Frage der Ausbildungsvergütung seit dem Inkraft- werden nicht zu einer neuen Gefahr für die Überfi- treten des Gesetzes über die Berufe des Psycho- schung von Beständen führen, da die jeweiligen logischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Gesamtfangmengen, die wiederum der Rahmen Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeu- für die nationalen Quoten sind, wissenschaftlich tengesetz) und den dazu erlassenen Ausbildungs- ermittelt werden. und Prüfungsverordnungen im Jahre 1999 in der Diskussion. Die Diskussion hat durch die Einfüh- Zu 3: Es ist heute noch nicht absehbar, wie die rung von Bachelor- und Masterabschlüssen noch künftige Discard-Politik der Kommission aussehen zugenommen. Das zuständige Bundesministerium wird, da der Diskussionsprozess erst begonnen für Gesundheit hat daher im Jahr 2007 ein For- hat. Insofern kann auch über die wirtschaftlichen schungsgutachten zur Ausbildung zum Psycholo- Auswirkungen auf niedersächsische Fischereiun- gischen Psychotherapeuten und zum Kinder- und ternehmen noch nichts ausgesagt werden. Jugendlichenpsychotherapeuten in Auftrag gege- ben, das zurzeit noch läuft. Änderungen der Aus- bildung und ihrer Finanzierung sind erst nach Anlage 44 Kenntnis der Ergebnisse des Forschungsgutach- Antwort tens sinnvoll. des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen Gesundheit auf die Frage 46 der Abg. Ursula namens der Landesregierung wie folgt: Helmhold (GRÜNE) Zu 1: Die Ausbildung ist geregelt im Bundesgesetz Vergütung der Ausbildung von Psychothe- über die Berufe des Psychologischen Psychothe- rapeutinnen und Psychotherapeuten rapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsy- Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten chotherapeuten vom 16. Juni 1998 (BGBl. I durchlaufen nach ihrem Hochschulstudium eine S. 1311), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Ge- mindestens drei Jahre dauernde Ausbildung in setzes vom 2. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2686), Vollzeit. Diese Ausbildung ist privat zu finanzie- sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsverord- ren. Das Gesetz schreibt innerhalb der dreijäh- rigen Ausbildung eine praktische Tätigkeit von nung für Psychologische Psychotherapeuten vom mindestens eineinhalb Jahren vor, wovon min- 18. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3749), zuletzt ge- destens ein Jahr in einem Krankenhaus abge- ändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 2. De- leistet werden muss. Sie sind dann dort in die Stationsarbeit integriert und stehen unter fachli- zember 2007 (BGBl. I S. 2686), und in der Ausbil- cher Anleitung. Nur weniger als 10 % der Aus- dungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und zubildenden erhalten während dieser prakti- Jugendlichenpsychotherapeuten vom 18. Dezem- schen Tätigkeit eine Vergütung. Begründet wird ber 1998 (BGBl. I S. 3761), zuletzt geändert durch dies damit, dass die Krankenhäuser für diese Artikel 8 des Gesetzes vom 2. Dezember 2007 Ausbildungszeit im Gegensatz zu klinischen Ausbildungsphasen anderer (medizinischer) (BGBl. I S. 2686). Berufe keine Refinanzierung erhielten. Zu 2: Nach dem KHG wird der praktische Teil der Ich frage die Landesregierung: Ausbildung in den in § 2 Nr. 1 a KHG genannten 1. Nach welchen Rechtsvorschriften ist die Berufen Ergotherapeut, Ergotherapeutin, Diätas- Ausbildung zur Psychotherapeutin bzw. zum sistent, Diätassistentin, Hebamme, Entbindungs- Psychotherapeuten geregelt? pfleger, Krankengymnast, Krankengymnastin, Phy- 2. Welche therapeutisch tätigen Berufe erhalten siotherapeut, Physiotherapeutin, Gesundheits- und während der klinischen Phase der Ausbildung Krankenpflegerin, Gesundheits- und Krankenpfle- eine Ausbildungsvergütung, die durch Bestim- mungen des Krankenhausfinanzierungsgeset- ger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin, zes refinanziert wird? Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Kranken- pflegehelferin, Krankenpflegehelfer, medizinisch- 3. Ist es seitens der Bundesregierung oder durch Initiative der Landesregierung über den technischer Laboratoriumsassistent, medizinisch- Bundesrat vorgesehen, die Refinanzierung ei- technische Laboratoriumsassistentin, medizinisch-

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technischer Radiologieassistent, medizinisch-tech- 2. Welche Folgen wird die Honorarreform für nische Radiologieassistentin, Logopäde, Logopä- die Substitutionsbehandlung in den sogenann- ten Schwerpunktpraxen ab dem 1. Januar 2009 din, Orthoptist, Orthoptistin refinanziert. in Niedersachsen haben? Zu 3: Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass 3. Werden ähnlich wie im Bundesland Baden- die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Württemberg Verhandlungen über Ausgleichs- mechanismen angezeigt sein? Krankenhausfinanzierungsreformgesetz plant, die Ausbildungsvergütung der Psychotherapeutinnen Die vertragsärztliche Vergütung wurde durch das und Psychotherapeuten gesetzlich abzusichern. GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zum 1. Januar Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen 2009 neu geordnet. Die Vergütungshöhe für ver- Bundestages hat einen dahin gehenden Antrag der tragsärztliche Leistungen ergibt sich ab diesem Mitglieder der Fraktion Bündnis90/Die Grünen Zeitpunkt aus der vom Bewertungsausschuss im abgelehnt (BT-Drs. 16/11429). Die Landesregie- Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) für die rung beabsichtigt nicht, im laufenden Verfahren jeweilige Leistung vorgesehenen Punktmenge über den Bundesrat deswegen initiativ zu werden. multipliziert mit einem regionalen Punktwert, der Eine Ausweitung der Refinanzierung nach §§ 17 a von den Vertragspartnern auf Landesebene auf und 2 Nr. 1 a KHG auf andere Berufe, bei denen Grundlage eines bundeseinheitlichen Orientie- ein Ausbildungsabschnitt im Krankenhaus abzu- rungswertes vereinbart wird. Der bundeseinheitli- leisten ist, ist mit dem Zweck des KHG, nämlich che Orientierungswert wurde vom Erweiterten der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser, Bewertungsausschuss auf 3,5001 Cent festgelegt, nicht vereinbar. Im Übrigen ist die Ausbildung der der zudem eine Aufwertung der Punktmenge im Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten EBM für vertragsärztliche Leistungen bei der Sub- gegenüber den in § 2 Abs. 1 a KHG genannten stitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit um Berufsausbildungen wesensverschieden. 12,06 v. H. zum 1. Januar 2009 beschlossen hat. Das Landesschiedsamt Niedersachsen für die vertragsärztliche Versorgung hat den bundesein- Anlage 45 heitlichen Orientierungswert in Höhe von 3,5001 Cent als regionalen Punktwert für Nieder- Antwort sachsen bestätigt. Der Punktwert für Substitutions- leistungen bei Drogenabhängigkeit lag zuletzt des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und durchschnittlich bei ca. 3,0 Cent. Gesundheit auf die Frage 47 der Abg. Ursula Helmhold (GRÜNE) Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: Vergütung substituierender Ärztinnen und Ärzte Zu 1 bis 3: Vertragsärztliche Leistungen bei der Substitutionsbehandlung von Drogenabhängigkeit Nach Aussagen von Experten führt die Punkt- wertabsenkung in der neuen Honorarreform werden außerhalb der von den Vertragspartnern des Bundes für die Substitutionsbehandlung zu auf Landesebene vereinbarten Gesamtvergütun- einer Verschlechterung für die Versorgung von gen vergütet und laut Beschluss des Erweiterten Drogenabhängigen. Bereits mit der Einführung Bewertungsausschusses nicht von den Begren- des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) mussten beispielsweise die Schwerpunktpraxen zungsregelungen der sogenannten Regelleistungs- für die Behandlung Drogenabhängiger in Ba- volumen umfasst. Unter Berücksichtigung dieser den-Württemberg eine drastische Verschlechte- Faktoren wird nach Berechnungen der Kassenärzt- rung ihrer ohnehin schon schwierigen Situation lichen Vereinigung Niedersachsen das Punktwert- hinnehmen. Es gibt allerdings für die Kassen- ärztlichen Vereinigungen und die Krankenkas- niveau ab 2009 ca. 30 % über dem bisherigen sen die Möglichkeit, über Ausgleichsmecha- Punktwertniveau liegen. Vor diesem Hintergrund nismen eine besondere Vergütung zugunsten bedarf es für Niedersachsen keiner Ausgleichsme- substituierender Ärztinnen und Ärzte auszu- chanismen. handeln, um die drohende 20-prozentige Ab- senkung der Vergütung zu vermeiden. Ich frage die Landesregierung: Anlage 46 1. Wie stellt sich zurzeit die Honorierung der Antwort Substitutionsbehandlung für in der Suchtmedi- zin in Schwerpunktpraxen tätige Ärztinnen und des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Ärzte in Niedersachsen dar? Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die

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Frage 48 der Abg. Christian Meyer und Hans- In der Unterrichtung des Ministeriums für Er- Jürgen Klein (GRÜNE) nährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung im Ausschuss für Er- Domäne Heidbrink - Verschwendung von nährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz Steuergeldern ohne Ende für umstrittene und Landesentwicklung vom 16. Mai 2008 wur- Ziegenhaltung? de betont, dass die vom Landtag gefasste Ver- kaufsabsicht nicht unbegrenzt bestehen kann. Obwohl der Landtag bereits am 8. Dezember Spätestens Ende 2008 sollte der Vertrag abge- 2006 einer Veräußerung der Landesdomäne schlossen sein, oder es würde auf Grundlage Heidbrink (Kreis Holzminden) an die Firma eines neuen Landtagsbeschlusses auch mit Feinkost Petri, Glesse, zugestimmt hat, ist der anderen potenziellen Käufern verhandelt wer- Kaufvertrag bis Jahresende 2008 immer noch den. nicht unterzeichnet worden. Das Unternehmen plant, auf der Domäne Europas größte Massen- Die Förderung der Abwasserleitung durch das tierhaltung von 7 000 Ziegen zu errichten. Umweltministerium wurde unter dem Vorbehalt erklärt, dass die Finanzierung des Projektes Der Verkauf wurde ausweislich des Plenarpro- gesichert sein muss und noch im Jahr 2008 mit tokolls vom 8. Dezember 2008 schnell durchge- dem Bau begonnen wird. Bis jetzt sind kein führt, obwohl die Opposition aus SPD und Grü- Baubeginn und keine Baugenehmigung erfolgt. nen noch eine Reihe von Fragen zur umstritte- nen Verkaufsentscheidung ohne Ausschreibung Trotzdem soll dem Vernehmen nach dem- hatte. nächst der Kaufvertrag mit der Firma Petri über die Domäne Heidbrink mit einem einseitigen Der Verkaufspreis für die 260 ha umfassende dreijährigen Rücktrittsrechts zugunsten des pri- Domäne betrug damals 3,4 Millionen Euro, in- vaten Interessenten unterzeichnet werden. klusive potenzieller Kiesabbaurechte. Als Vor- aussetzung für den Vertragsabschluss fordert Wir fragen die Landesregierung: die Firma offensichtlich einen kostenlosen, über 1. Aus welchen Gründen im Einzelnen wurde Steuermittel zu finanzierenden Abwasseran- auch nach über zwei Jahren nach dem eilig ge- schluss für den Produktionsstandort in Glesse. fassten Landtagsbeschluss vom 8. Dezember Dazu soll für 2,4 Millionen Euro eine Abwasser- 2006 immer noch kein Kaufvertrag über die leitung von Glesse über die Domäne Heidbrink Domäne Heidbrink abgeschlossen, obwohl Al- zur Kläranlage in Holzminden gebaut werden. ternativgebote vorliegen?

Für diese Abwasserleitung hat das NLWKN aus 2. Kann eine Landesförderung - gegebenenfalls dem Umweltetat einen Zuschuss von 1,125 Mil- wie - weiterhin erfolgen vor dem Hintergrund, lionen Euro für 2008 bewilligt. Diese Förderung dass die schriftliche Zusage der Fördermittel für wurde dem Unternehmen laut Drs. 15/4400 die Abwasserleitung an einen Baubeginn noch (Antwort 5) auch im Rahmen der Gespräche im Jahr 2008 gebunden war und dass diese um den Verkauf der Domäne von Minister San- laut Drs. 15/4400 (Antworten 2 und 5) auf der 2006 mündlich zugesagt. Grundlage der Ministerzusage 2006 und einer Ebenso liegen Beschlüsse über Zuschüsse des veralteten Richtlinie bewilligt wurde? Landkreises Holzminden und der Samtgemein- 3. Wird nach jetzigem Verhandlungsstand der de Polle vor. Die Übernahme einer Bürgschaft voraussichtliche Kaufvertrag mit der Firma Petri für den ausstehenden Fehlbetrag von ein einseitiges mehrjähriges Rücktrittsrecht 750 000 Euro haben sowohl das Land als auch oder ähnliche Klauseln vorsehen, und ist dies der Landkreis Holzminden abgelehnt. bei Domänenverkäufen üblich? Nach kräftigen Gebührenerhöhungen der Samt- Wie bereits in der Antwort der Landesregierung gemeinde Polle wurde jetzt im Dezember 2008 vom Wasserverband Ithbörde der Grundsatz- vom 10. April 2008 auf die Kleine Anfrage der Ab- beschluss zum Bau der Abwasserpipeline ge- geordneten Klein und Hagenah ausgeführt, hat der fasst. Die Genehmigung der Trasse, die laut Landtag am 8. Dezember 2006 der Veräußerung Auskunft des Landkreises Holzminden auch der rund 260 ha umfassenden Domäne Heidbrink, durch Landschaftsschutzgebiete führen soll, steht noch aus. Landkreis Holzminden, an die Inhaberfamilie Petri der Firma Feinkost Petri, Glesse, zu einem Kauf- Angesichts der Dauer des Verfahrens über preis von 3,4 Millionen Euro zugestimmt. Dabei mehr als zwei Jahre liegt der Landesregierung auch mindestens ein Angebot für einen deutlich erhält das Land zusätzliche Gelder, falls auf Teil- höheren Kaufpreis schriftlich vor. Dieses benö- flächen innerhalb von 40 Jahren ein Kiesabbau tigt keinen neuen Abwasseranschluss und kei- erfolgen sollte. Maßgebend für den Antrag der ne Millionensubvention aus Steuergeldern. Der Landesregierung waren die Planungen des Unter- Landeshaushalt könnte laut Brief der Abgeord- neten Christian Meyer und Hans-Jürgen Klein nehmens, auf Teilflächen der Domäne eine Stall- an das Finanzministerium vom 4. August 2008 anlage für eine Ziegenmilchproduktion zu errich- durch dieses Alternativangebot um mehr als ten, um eine gesicherte und erweiterte Rohstoff- 1 Million Euro entlastet werden. grundlage für die Käseproduktion in der firmenei-

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genen Molkerei in Glesse zu schaffen. Mit der berücksichtigt. Dieser war aber gebührenneutral Landtagsentscheidung wurde die Grundlage für und trug somit nicht zu der Gebührenerhöhung bei. weitere Planungen und Vorabstimmungen öffent- lich-rechtlicher Genehmigungsverfahren geschaf- Angesichts der grundsätzlichen Klärung der Ab- fen. Die Käuferin beabsichtigt nach wie vor, das wasserfrage der Molkerei soll der Kaufvertrag über Vorhaben zu realisieren (vgl. Drs. 16/50). die Domäne Heidbrink nunmehr geschlossen wer- den, obwohl auch nach der grundsätzlich positiven In der Landtagsvorlage war u. a. dargestellt wor- Antragskonferenz am 27. März 2007 eine ab- den, dass der Kaufvertrag geschlossen werden schließende Sicherheit über die Baugenehmigung soll, sobald für die Käuferin abschließende Sicher- der vorgenannten Stallgebäude noch nicht gege- heit einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung für ben ist. Ebenso fehlt die abschließende Vereinba- die Errichtung einer größeren Stallanlage für die rung mit dem Domänenpächter über die Koopera- Ziegenmilchproduktion auf Flächen der Domäne tion hinsichtlich der Ziegenhaltung. besteht. Entsprechend der Unterrichtung des Ausschusses Vor dem Hintergrund der geplanten Produktions- für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz ausweitung der Molkerei war auch die Frage der und Landesentwicklung am 16. Mai 2008 durch zukünftigen ordnungsgemäßen Abwasserversor- das ML wurde die Firma Petri darauf hingewiesen, gung des Unternehmens zu klären. Diese Klärun- dass sich das Land nur noch bis zum Ablauf des gen innerhalb des Wasserverbandes Ith-Bör- Jahres 2008 an den Verkaufsbeschluss vom de/Weserbergland haben sich bis zum Oktober 8. Dezember 2006 gebunden fühlt und insoweit 2008 hingezogen. Inzwischen liegt eine von allen eine Entscheidung über den Ankauf erwartet. Es Beteiligten akzeptierte Lösung vor, wonach die erfolgte eine positive Reaktion der Firma. Nach Abwässer der Molkerei in einer Abwassertransport- verschiedenen Verhandlungsschritten wurde eine leitung zur Kläranlage Holzminden geleitet werden grundsätzliche Einigung über die Vertragsinhalte sollen. Hiermit entfällt der bisherige Transport von am 22. Dezember 2008 erzielt. Teilmengen des Molkereiabwassers per Lkw zur Kläranlage Holzminden. Optional soll die Entwäs- Auf Bitte der Käuferin soll die Möglichkeit der serung des Raumes der Samtgemeinde Polle über Rückabwicklung des Kaufs innerhalb von zwölf die Abwassertransportleitung in die Überlegungen Monaten nach Betriebsübergabe (Kaufpreiszah- einbezogen werden. lung) eingeräumt werden, sofern eine Baugeneh- migung nicht erteilt werden sollte oder eine ab- Im Jahre 2006 hatte Herr Minister Sander nach schließende Einigung mit dem Pächter nicht zu- einer überschlägigen Klärung der Voraussetzun- stande kommt. Dabei besteht Einigkeit, dass der gen eine Förderung aus Mitteln der Abwasserab- Kaufpreis im Falle der Rückabwicklung seitens des gabe auf Grundlage der damals geltenden Förder- Landes nicht zu verzinsen ist und die Kosten der richtlinie dem Grunde nach mündlich in Aussicht Rückabwicklung der Käuferin obliegen. gestellt. Die Realisierung des Vorhabens würde zu einer Verbesserung der Gewässergüte der Weser Es wird darauf hingewiesen, dass durch den Bau beitragen. Daher wurde eine Absichtserklärung zur der Stallanlagen auf der Domäne Heidbrink, aber Förderung in Höhe von 50 % der zuwendungsfähi- auch im Bereich der Molkerei, ganz erhebliche gen Kosten ausgesprochen. Die überschlägigen Bauinvestitionen initiiert werden, die mit zusätzli- und unter dem Gesichtspunkt der Auskömmlichkeit chen Arbeitsplätzen in der Region verbunden sein kalkulierten Kosten des Projektes werden nach werden. Das Bauvorhaben auf der Domäne wird heutigem Planungsstand ca. 2,25 Millionen Euro nicht mit Finanzmitteln des Landes gefördert. betragen. Ein unverbindliches und unter dem Vorbehalt der weiteren Prüfung stehendes Kaufangebot eines Der Wasserverband Ithbörde/Weserbergland hat österreichischen Interessenten vom 20. Juni 2008, kürzlich eine Gebührenerhöhung beschlossen. Es das 100 000 Euro über dem vom Landtag seiner- handelt sich um die erste Gebührenerhöhung seit zeit beschlossenen Kaufpreis liegt, wurde wegen 1993. Diese wurde mit zurückgehenden Einnah- des bestehenden Landtagsbeschlusses und der men, steigenden Fixkosten und laufenden Investi- laufenden Planungs- und Genehmigungsverfahren tionen begründet. Der zur Finanzierung der Ab- und der unveränderten Zielsetzung der Firma Petri wassertransportleitung erforderliche Eigenanteil nicht weiterverfolgt. des Wasserverbandes wurde in der Kalkulation

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Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine lich-rechtlichen Genehmigung eines größeren Bau- Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: vorhabens zusammenhängt. Üblich sind sonst längerfristige oder auch unbefristete Wiederkaufs- Zu 1: Vergleiche Vorbemerkungen. regelungen zugunsten des Landes für Fälle, in Zu 2: Eine Förderung des Baus der Abwasser- denen Erwerber bestimmte Vereinbarungen nicht transportleitung aus Mitteln der Abwasserabgabe einhalten können. Im Ergebnis läuft dies ebenso wurde auf der Grundlage der Richtlinie über die auf eine Rücknahme der verkauften Liegenschaft Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von gegen Erstattung des Kaufpreises durch das Land Maßnahmen der Abwasserbeseitigung und Ab- hinaus. wasserverwertung (RdErl. d. MU vom 16. Oktober

2002 - Nds. MBl. S. 179) im Jahr 2006 in Aussicht Anlagen gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die genannte Richtlinie auch für die Förderung dieser Maßnah- me mit Mitteln aus der Abwasserabgabe gültig. Entsprechende Mittel wurden seinerzeit im Rah- men der Haushaltsführung für dieses Vorhaben eingeplant. Im Übrigen verweise ich auf die Ant- wort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Enno Hagenah vom 11. Febru- ar 2008 (Drs. 15/4400).

An der beabsichtigten Förderung des Vorhabens, das von besonderer regionaler Bedeutung ist, soll nach wie vor festgehalten werden. Dies wurde durch eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Maßnahmeträger noch im letzten Jahr zum Ausdruck gebracht.

Gegen eine Landesförderung, über die endgültig zu entscheiden ist, nachdem ein entsprechender

Antrag vorliegt, bestehen keine rechtlichen Beden- ken. Es handelt sich um eine Förderung im Einzel- fall, die auch möglich und zulässig ist, nachdem die einschlägige Richtlinie außer Kraft getreten ist. Dem Vorhaben, das sich nachhaltig positiv auf die Gewässergüte auswirkt, soll nicht die Grundlage für die in Aussicht gestellte Finanzierung nachträg- lich entzogen werden, nur weil die Prüfung der Varianten mit Blick auf die Nachhaltigkeit und Wirt- schaftlichkeit sowie die im Übrigen komplexe Ent- scheidungslage zu zeitlichen Verzögerungen führ- ten.

Zu 3: Wie in den Vorbemerkungen bereits ausge- führt, ist auf Bitten der Käuferin eine Regelung vorgesehen, die der Käuferin die Möglichkeit der Rückabwicklung des Kaufs innerhalb von zwölf Monaten nach Betriebsübergabe (Kaufpreiszah- lung) ermöglicht, sofern eine Baugenehmigung nicht erteilt werden sollte oder eine abschließende Einigung mit dem Pächter nicht zustande kommt. Entsprechende Vereinbarungen kommen bei der Veräußerung landeseigener Liegenschaften durch- aus vor. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichti- gen, dass der Ankauf mit der erforderlichen öffent-

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Anlage zu Frage 19

3446 Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 29. Plenarsitzung am 16. Januar 2009

Anlage zu Frage 40

Unmaßstäblicher Auszug aus dem Bedarfsplan 2004 für die Bundesfernstraßen

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