Lothar Buck Die Glems als Fließgewässer

Wasserführung- Gewässergüte- Wassertriebwerke.,

Übersicht seeeine zusammenhängende Wasserfläche bildet 1. Wenig Wanerinder Clems und der Wasserversorgung StuHgarts dient. Nur 1.1 Flußgebiet im Clemsll'ald und Strohgäu selten wird deshalb Wasser in den nach Westen 1.2 Kleines Ein::.ugsgebiet - geringer Nieder- gerichteten Abfluß, das Glemsben, gegeben. Im schlag- starke Versickemng Flußabschnitt unterhalb des Pfaffensees stammt 2. Eine wichtige At{{gabe: Saniemng der Glems das meiste Wasser zu nächst aus dem Katzenbach 2.1 Hoher Abwasseranteil (d. h. größtentei ls aus der Klliranlage Büsnau). 2.2 Die noflVendigen MC(ßnahmen Vom Pfaffensee bis nach Eltinge n, einem Stadt­ 2.3 Erste Sanierungseifolge teil Leonbergs, durchzieht die Glems etwa I0 km 3. Die noch bestehenden Mflltlen .fiigen sielt in lang in breitem Tal das Waldgebiet. dan n tritt sie den ökologischen Rahmen ein ins Strohgäu hinaus. Am Westrand von Elt in ge n 3.1 Energie aus Turbinen erfolgt ei n auffälliger Knick: statt weiter nach 3.2 Im Mutterbetl miissen Pj7iclmvassermengen Westen oder Nordwesten ist jetzt der Lauf nach verbleiben Nordosten und später nach Norden gerichtet. Zu­ gleich ve rengt und vertieft sich das Tal. das Fluß• bett ist stark gewunden und ebenso. mit oft sehr 1. Wenig Wasser in der Glems steilen Hängen. das Tal selbst (Fluß- und Tal­ mäander). Verursacht wird dies durch das Ge­ 1.1 Flußgebiet im Clemswald und Strohgäu stein. Den Glemswald bauen Sandsteine von ge­ Die Glems entspringt westlich von Sruttgart im ringer Härte und weiche Mergel auf. in die sich die arurschut.zgebiet Rotwildpark, nahe beim Bären• Bäche und Flüsse leicht eingraben können. Im schlößle. einem beliebten Ausflugsziel im Glems­ Strohgäu dagegen bildet Kalkstein den Unter­ wald, wie dieser nördlichste Teil des Schönbuchs grund. Hier muß der Fluß harte Arbeit leisten, und auch genannt wird. wenn er sich erst einmal ei ngesägt hat, kann er die Nach kurzem Lauf mündet der Quellfluß in den von ihm selbst angelegten Windungen nicht mehr Pfaffensee. der mit dem Neuen Sec und dem Bären- verlassen. 80% der Flußstrecke der Glems liegen

Durch die Stadtbrille ... Band 5, 1995 15 DAS GEWÄSSERNETZ DER GLEMS

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Quelle: Gewisserunierungsprogramm Glems (Entwurf 1989) Zeichnung: L. Butk

16 Durch die Stadtbrille ... Band 5, 1995 im Strohgäu. nur 20% (der Oberlauf) im Glems­ den niederschlagsärmsten des Landes. Auch der wald. 48 km nach seinem Austriu aus dem Pfaffen­ Glemswald erhält nicht viel mehr (700-750 mm). see mündet der Fluß bei Markgröni ngen-Unterrie­ Ganz anders die Niederschl agswerte im Flußgebiet xingen in die . der Murr. Zwar entsprechen sie in ihrem Mün• dungsbereich etwa denen am Glemsoberlauf, aber 1.2 Kleines EillZIIgsgebiet - geringer Nieder- dort wo die Murr und ihre Hauptzuflüsse entsprin­ schlag- starke Versickerung gen (im Murrhardter Wald und in den Löweosteiner Die Wasserführung der Glems hängt von der Grö• ..ßergen). werden jährlich mehr als 1000 mm er­ ße ihres Einzugsgebiets, den Niederschlägen und reicht. der Versickerung ab. Weil es dieselben Tiefdruckgebiete sind, die Am Pegel Talhausen (früher ) hier wie dort die Niederschläge hauptsächlich her­ fließen durchschniulich 0,84 m3 Wasser pro Se­ vorrufen, regnet es am Oberlauf der Murr nicht kunde ab. Dieser Wen (MQ = Miuclwert aller häufiger, sondern stärker. Dies läßt sich gut an den Abflüsse über einen vieljährigen Beobachtungs­ Hochwasserabflüssen ablesen. Obwohl sie an der zeitraum) ist sehr gering. Vergleichen wir ihn mit Glems das lOfache des mittleren Abflusses errei­ der nur wenig längeren (54,4 km) und nicht sehr chen, bleiben sie weit hinter denen der Murr zu­ weit entfernten Murr, so beträgt der durchschnitt­ rück (Tab. 2). liche Abfluß dort (am Pegel Mun· a. d. Murr) Je mehr Niederschlag nämlich in kurzer Zeit auf 5,82 m3 pro Sekunde, also ziemlich genau das die Erde fällt (Starkregen), um so weniger davon 7fache. Dies liegt zun ächst an den unterschiedlich gelangt in den Boden und stattdessen direkt in die großen Einzugsgebieten. Zusammen mit ih ren Ne­ Flüsse (oberirdischer Abfluß). So traten dann an benflüssen entwässert die Glems nur 192 km2, die der Murr früher auch alle 10-15 Jahre Hochwas­ Mu1T dagegen 507 km2 (2,6mal mehr). Die Größe ser auf (1955, 1970, 1978), während die Glems der Einzugsgebiete ist jedoch nicht so verschie­ davon verschont wurde. den, daß dies den geringen Abflußwert der Glems Ein wesentlicher Faktor für di e Wasserführung voll erklärt. Berechnen wir deshalb den Mittel­ der Glems ist aber auch der Gesteinsuntergrund. wert der Abflüsse auf I km2 und geben wir ihn in Tabelle I I pro Sekunde an. so ist dies der spezifische mitt­ Spe:ifisclrer miulerf'r Abfluß (M, = I pro Stk1111dt jt Am1) tler lere Abfluß (Mq = I pro Sekunde je km2). Für G/ems und 1'1Hrr: Glems und Murr ergeben sich: siehe Tab. l. Glems Mq = 4.37 Vs.'-m2 (Pegel Talhausen) Bezogen auf gleich große Einzugsgebiete, führt Murr Mq = 11.52 Vs.!..m2 (Pegel Murr o. d. Murr) die G lems immer noch 2,5mal weniger Wasser als die Murr. Schuld daran sind die geringeren Nie­ Tabelle 1 2 Spe:)jisclrer Hacln•·asurabfluß (MH I pro StAunde je Am ) der derschläge. 9 = Glems und Murr: Die Gäuflächen nordwestlich und nördlich von Glems MH 45.67 lls.km2 (Pegel Tal hausen) (bis Leonberg und ) zählen 9 = Murr MHq =249.89 lls.km 2 (Pegel Murr a. d . Murr) mit weniger als 700 mm Jahresniederschlag zu ---

Durch die Stadtbrille ... Band 5, 1995 17 Während sich das Einzugsgebiet des Flusses vom terirdischer Abfluß). Über tieferen, undurchlässi• Pegel Bllsnau bis zum Pegel Talhausen um das gen Schichten wird es gestaut und müßte eigent­ 9fache vergrößert, nimmt der mittlere Abfluß we­ lich irgend wo flußabwärts (in Quellen von Zuflüs• niger stark (nur um das ?fache) zu, und er läge sen oder in der Talaue selbst) wieder austreten. nur 5mal höher. würde man beim Pegel Talhausen Die Hochwasserführung würde dadurch verrin­ 216 I Wasser pro Sekunde abziehen, die der gert. die Wasserftlhrung über das Jahr ausgegli­ Glems bis dahin als gereinigtes Abwasser aus chener. Doch bei der Glems kommt ein zweiter Klärwerken zuflossen, die also der.Herkunft nach Prozeß hinzu. Die Yersickerung im Kalkgestein nicht aus dem Einzugsgebiet stammen, sondern reicht besonders tief (bis in den Mittleren Mu­ Bodensecwasser darstellen' Aber auch so wächst schelkalk), wo das Wasser Salz auflöst und unter der Abfluß bezogen auf I km2 (Mq) nur zwi­ dem Schönbuch hindurch bis in den Stuttgarter schen Büsnau und Eltingen im gleichen Maß wie Talkessel gelangt. Don tritt es als Mineralwasser das Einzugsgebiet. Mit dem Eintritt ins Strohgäu aus (vgl. den Aufsatt von H. Beek in diesem Heft). dagegen stagniert er, und unterhalb des Pegels So wird der Wasserverlust der Glems erst voll geht er, bezogen auf die Fläche, ganz verständlich. erheblich zurück. Während ihres Laufs durch das In trockenen Monaten und Jahren ist der Fluß Gäu verliert die Glems demnach Wasser! (Siehe davon besonders betroffen. Sollen ökologische Tab. 3) Schäden an der Pflanzen- und Tierwelt verhi ndert Zwei Vorgä nge sind hieran beteiligt: die Yer­ werden, mu ß ei ne Mind estwasserfiihrung auch in karswng im Strohgäu und unterirdische Abflüsse den ni ederschl agsUrmsten Zeiten vorhanden sein. von dort in den Stuttgarter Raum. (Man mi ßt über je 5 Jahre hin weg die nied ri gste Im Strohgäu sinkt viel Niederschlag in den Bo­ durchschnittliche Wasserllihrung an 7 aufeinan­ den und das darunterliegende Kalkgestein ein. Die derfolgenden Tagen während einer mindestens spröden Muschelkalkschichten sind von teils haar­ ebensolangen Niedrigwasserperiode und bezeich­ feinen. teils größeren Ri ssen, Spalten, Klüften und net diesen Wert als Niedrigwasserabflußspende: wohl auch Höhlen durchzogen. Darin sammelt NM7Q5.) Selbst am Pegel Talhausen (mit der sich Wasser und bewegt sich langsam weiter (un- größten Wassermenge) beträgt sie nur 0,415 m3

Tabeilt J Tabelle 4 B~• ·öl~ermrgstlidllr du Ein:Jrgsgebiers tler Gl~ms (im Vergl~kh): Eilr~ug

Gl<'m!i c.nlwfu~:n I

18 Durch die Stadtbrille ... Band 5, 1995 (415 I) pro Sekunde. Das ist weniger, als fastjede 2.2 Die notwendigen Maßnahmen Turbine der Wassertriebwerke an der Glems zu 1989 wurde die Glems als "auf eine Länge von schlucken vermag. über 20 km so schlecht wie derzeit kein vergleich­ bares Gewässer ... im Regierungsbezirk Stuttgart" beurtei lt. Hierbei handelte es sich vor allem um 2. Eine wichtige Aufgabe: den Abschnitt von Leonberg bis Unterriexingen. Sanierung der Glems Folgende Maßnahmen sollten die Wende zum . .Besseren bringen: 2.1 Holler Abwasseranteil Oie Glems fließt durch eines der bevölkerungs­ Übersicht I reichsten Gebiete des Landes: siehe Tab. 4. Maßnahmen ::ur Verbesserung der Gewässergiite Dies bedeutet viel Abwasser, das aus den 7 der Glems im Rahmen des Glems-Sanierwrgs­ Kläranlagen Büsnau, Leonberg-Ramtel, Rutes­ programms: heim, Leonberg-Felsensägmühle, Mittleres Glems­ tal, Ditzingen und Talhausen stammt. Hierdurch ( 1) Kommunale Kläranlagen wird der Fluß stark belastet. Besonders in Nied­ (2) Regenwasserbehandlung rigwasserzeiten steigt der Abwasserantei l weit über ( 3) Sanierung der Kanalisationssysteme das als tragbar angesehene Verhältnis von I 0: I (4) Anschluß dezentraler Abwasseranlagen (Frischwasser : Abwasser). Fürden mittleren Fluß­ (5) Pflichtwclssermengen bei Triebwerken abschn itt (bei Leonberg) wurden bei Niedrigwas­ (6) Verringerung des Eintrags aus der Landwirt- ser vi elmelu· 2.5 und für den unteren (bei Tal­ schaft hausen) 1.7 Teile Abwasser auf I Tei l Frischwas­ (7) Okologische Verbesserung der Fließgewässer ser errechnet. Auf allen Abschnitten führt die (8) Reduzierung der Versiegehmg GlenJS mehr Abwasser als Frischwasser, bei (9) Verbesserungen bei Industrie und Gewerbe Leonberg und Talhausen 25- bzw. 17mal mehr als ökologisch vertretbar! Erläutemngen: Hier setzt das Gewässersanierungsprogramm • Alle Kläranlagen an der Glems (Skizze) waren Glems an. Es wurde 1989 aufgestellt und sah im 1989 bereits voll ausgebaut und entsprachen miL2 Zeitraum bis 1993 In vestitionen durch Land und Reini gungsstufen (mechanische und biologische Gemeinden von ca. 62 Millionen DM vor, um Abwasserreinigung) den Mindestanforderungen die Wasserqualität der Glems zu verbessern. Auch der .,allgemein anerkannten Regeln der Technik". wenn sich die Umsetzung zeitlich langwieriger Um jedoch dem Stand der Technik w entspre­ als geplant herausstellte und Einzelheiten hier chen, d. h. eine weitergehende Wasserreinigung und dort verändert wurden, so blieben doch das zu erzielen, wurden zusätzliche Maßnahmen not­ Ziel und die grundsätzlichen Maßnahmebündel wendig. Über den Abbau von Kohlenwasserstoff­ erhalten. Sie sollen im Überblick dargestellt wer­ Verbindungen hinaus mußten die Schadstoff­ den. frachten weiter begrenzt und insbesondere der

Durch die Stadtbrille ... Band 5, 1995 19 Eintrag der schädlichen Stickstoff-Verbindungen an der Glems (auch Markgröningen) haben das entscheidend verringert werden. Dies erforderte Bauprogramm zu I00 % erfüllt. sehr teuere Ausbaumaßnahmen (mit oft langwie­ • Das Kanalnet::. im Einzugsgebiet der Glems um­ rigem Gru nderwerb). Knapp 60% der veranschlag­ faßt ca. 560 km und stammt zumeist aus der Vor­ ten In vestitionen entfielen auf diesen Bereich. kriegszeit. Etwa 40% gelten als sanierungsbedürf• • Regenwasserbehandlung setzt fast immerden Bau tig. Die Hauplschäden: Undichtigkeiten, die zum von Regenüberlaulbecken voraus. Ein Blick auf die Einsickem von unverschmutztem Wasser in die Rohre Kanalisationssysteme macht dies verständlich. (Fremdwasserzufluß) aberauch zum Versickem von Was über bebauten Flächen an Niederschlag Abwasser ins Grundwasser führen. In 6 Klärwerke fallt. gelangt von Hausdächern, Straßen und befe­ an der Glems betrug der Fremdwa<;seranteil im Ta­ stigten Plätzen zuletzt in das Kanal isarionssystem. gesdurchschniu zwischen 16 und 51 Prozent(!) der Nur ausnahmsweise nießt es dort in besonderen zu rei nigenden Wassermenge mit den ent~p rechen ­ Leitungen, sondern meist im Mischsystem mit den Folgen: geringerer Reinigungsgrad (siehe oben) Schmutzwasser zusammen. Bei starken Regenfäl­ und Vermehrung des Abwasseranteils in der Glems. len jedoch drohen die Kanäle überzulaufen und Der höchste We11 wurde damals im Klärwerk Tal­ auch die Klärwerke sind den Abwasserstößen nicht hausen gemessen: 8 208 000 I je Tag; entSprechend gewachsen. So besitzt jedes System Trennungs­ dem täglichen Trinkwasserverbrauch von etwa 55 000 bauwerke, über die Regenwasser fallweise direkt Menschen! Hierbei spielten allerdings Fehlanschlüsse in den Fluß ausgeleitet wird. Dies aber füh rt zu zwischen Regenwasser- und Schmutzwasserkanälen großen Gewässerbelastungen (auch Fischsterben); mit. denn Rege nwasser von Dächern, besonders je­ Da die Untersuchung der Kanalisationssysteme doch Straßen und befestigten Plätzen ist keines­ auf Undichtigkeiten und Fehlanschlüsse sowohl wegs schadstoffrum. und das schnell zufließende zeit- wie kostenaufwendig ist. ist die Sanierung Wasser aus Niederschlägen wirbelt in den Kanä• noch im Gange. len sehr viel dort abgelagerten Schmutz auf. Dies • Von fast 400 im Einzugsgebiet vorhandenen kann vermieden werden. wenn man das Trennungs­ de::.entralen Abwasserbehandlungsanlagen (Aus­ bauwerk mit einem Regenüberlaufbecken verbi n­ faulgruben, Kleinkläranlagen, geschlossenen Gru­ det, das den ersten, stark verunreinigten Abwasser­ ben) bei Aussiedlerhöfen, Freizeiteinrichtunge n stoß aufrangt und später kontinuierlich an das im Außenbereich usw., die 2 700 Menschen ent­ dadurch auch gleichmäßiger arbeitende Klärwerk sorgen, soiJen etwa 240 an Sanm1elkläranlagen abgibt. Denn die Reinigungsleistung dort sinkt(!), angeschlossen werden. Denn ihr meist nur unzu­ • I wenn Schmutzwasser zu stark mit Regenwasser reichend gereinigtes Abwasser gelangt sonst frü­ vermischt wird, wie dies ohne Rcgenüberlauf­ her oder später in stehende Gewässer oder direkt becken geschehen kann. in die Glems. Regenüberlaufbecken vermindern die durch Re­ • Für die Triebwerke wu rden Pflichtwassermengen genwasser verursachten Schmutzfrachten in den vorgesclu-iebcn, die im Mutterbett verbleiben müs• Fließgewässern zu 90%. Die meisten Gemeinden sen (siehe unten. Abschnitt 3).

20 Durch die Stadtbrille ..• Band 5, 1995 • Von derLandwinsc/t{(/i gelangt vorallem Stick­ eher Abfluß, daflir um so mehr Abwasser. Die stoff. der im tierischen Dünger enthalten ist, in die zu nehmende VersiegeJung zu begrenzen, ist Gewässer. Fehlt es an genügend Lagerkapazität schwierig, denn die private und öffentliche Bau­ für Gülle, Jauche oder Festmist, so muß der Dung tätigkeit, Wohnen, Arbeiten und Infrastruktur sind auch in der vegetationslosen Zeit ausgebracht wer­ davon betroffen. Verständnisvolle und voraus­ den. Weil die Pnanzen fehlen, die Stickstoff auf­ scbauende Planung kann jedoch so manchen Qua­ nehmen können, wird er über das Grundwasser in dratmeter vor der Versiegelung bewahren, und die Glems eingetragen. Hinzu kommt, daß dies im -notwendige Versiegelungsflächen lassen sich sehr Einsickerungsgebiet der Mineralquellen Srungart oft durch unversiegelte unterbrechen. Bauherren, (siehe oben) erfolgt. Architekten und Bauplanungsämter wirken hier­ Bei jedem Bellieb mit Viehhaltung muß die bei zusammen. Lagerkapazität festgestellt und ggf. erweitert wer­ • Gewerbe- und Industriebetriebe leiten ihr Abwas­ den. Durch Beratung, linanzielle Förderung (im ser teils in die Kanalisation, teils direkt in öffentliche Rahmen gegebener Förderprogramme) und er­ KJäranlagen. ln Abwasservorbehandlungsanlagen gänzende Maßnahmen kann es gelingen, die von werden besonders hohe Schmutz- und Schadstoff­ der Landwirtschaft ausgehende Belastung der konzentrationen vorweg neutralisie1t, ausgefäll t oder Glems zu verringern. abgeschieden: Säuren und Laugen, Giftstoffe wie • Bei derökologischen Verbesserung handelt es sich Cyanid, Nitrit und Chromat, Schwermeta ll e, Koh­ vor allem darum, Flußstrecken mit "ha1ter" Verbau­ lenwasserstoffe, Leichtstoffe in Mi neralölverbindun­ ung oder gar Verdohlung den Ansprüchen eines gen usw .. Der technische Fortschritt erlaubt es, die natürlichen Gewässerausbaus ge mäß zu sanieren Abwasserbelastung durch die Betriebe zu reduzieren (Renatl.trierung). An der Glems selbst haben die (umweltverträg lichere Produktionsmelhoden, inten­ Ausbauten der Vergangenheit glücklicherweise ge­ sivere Abwassen-einigung). Sehr wichtig ist die stän­ ringen Umfang. um so mehr an Seitenbächen. Die dige Kontrolle. Selbstreinigungskraft dieser Gewässer ging weithin verloren. Flir 25 km ausgebaute Flußstrecken, be­ 2.3 Erste Sanierungserfolge sonders an Glemszufllissen (Skizze), wurden 41 Ein­ Die Gewässergüte unserer Bäche und FlUsse wird zelrnaßnahmen vorgesehen, um wieder zu natiirü• jährlich nach feststehenden Gesichtspunkten (DIN­ cberen Verhältnissen zu kommen. Ein Renatu­ Normen) untersucht. und alle 5 Jahre finden ge­ rierungsbeispiel ist der sanierte Glemslauf in setzlich vorgeschriebene Wasserschallen statt. . Für Markgröningen wurden Maß• nahmen durch Untcrriexingcn in Betracht gezogen. Übersicht 2 • Wohn- und Fabrikbautcn, Straßen, öffentliche Gewässergüte der Fließgewässer (Aus:ug): Plätze und Wege, Garagen, Autoabstellplätze, Sportplätze und vieles mehr sind versiegelte Flä• Güteklasse li: mäßig belastet chen, wo Niederschläge nicht einsinken kö1men. Gewässerabschnitte mitmäßiger Verunreinigung Das bedeutet: weniger Grundwasser und natürli- und guter Sauerstoffversorgung; sehr große Arten-

Durch die Stadtbrille ... Band 5, 1995 21 vielfall und individuendichte von Algen, Schnek­ T{lbelle 5 ken. Kleinkrebsen. lnsekrenlan•en; Wasserpflan­ Cell'ii.rw,giit<• der Ctems uit 19119 ( Unta.rucilunllsergebnisse):

:,enbesttinde decken große Flächen; errragreiche U ntcrsuchun~:spun~t 1988 1990 1992 1994 Fischgewtisser. Bruderhaus 11 -111 11-111 II II Glcmseck II II II II Giiteklasse 11-111: kritisch be/asret Eltingen II II II II 11 Gewiisserabsclmiue. deren Belasumg mit organi­ Leonberg-Fel-.en>ägmuhle L.A. 111 II II Tilghäu>lesmilhlc 11-111 11-111 11-10 ? schen, sauerstoff:ehrenden Stoffeneinen kritischen Oelberg 111 111 111 ? Zuswnd bewirkt: Fischsterben infolge Sauerstoff­ Sägmühle Hemmingcn 111 111 111 ? Schwieberdingen 11-111 111 11-111 ? mcmgels möglich: Riickgang der Arten;.ahl bei Markgrünmj!cn 11-111 11 II n Makroorganismen; gewisse Artenneigen zur Mas­ Unterriexingcn 11-111 11-W u II

senentwicklung; Algen bilden häufig größere flii­ ' l.canc Anrabc chendeckende Bestünde. Meistnoch ertragreiche Fischgewässer. 3. Die noch bestehenden Mühlen Güteklasse 1!1: swrk verschmut::;t Gewiisserabsclmiue mit starker. sauerstoff;,.ehren­ fügen sich in den ökologischen der Verschmwzung 11nd meist niedrigem Sauer­ Rahmen ein stojfgelwlt; örtlich Faulschlammablagerungen; jllichendeckende Kolonien von fadel!{örmigen Ab­ 3.1 El/.ergie aus Turbinen H'CIS.\'erbakterien tmdfestsit::.endelt Wimperntieren An derGiems gibt es noch 13 Mühle n. Die Karten­ übertreffen das Vorkommen von Algen und hö• skizze zeigt ihre Lage. heren Pflcmzen: nur wenige, gegen SauerstofF Nicht alle davon mahlen noch Mehl (oder sind IIWnge/ unempjlndliche tierische Makroorgcrnis­ a nderweitig als MUhJen in Betrieb). Aber alle men wie Sclnviimme, Egel, Wasserasseln kom­ erzeugen aus Wasserkraft elektrische Energie. Über men bisweilen massenhaft vor: ge1inge Fischerei­ Kanäle gelangt Wasser in die Turbinen. Wasser­ ertrüge: mit periodischem Fiselwerben ist ::;u wirtschaftlich betrachtet sind Mühlen Kleinwasser­ rechnen. kraflanlagen. Einige technische Daten: siehe Ta­ belle 6. Für die Glems wird die Güteklasse II (mäßig belastet) angestrebt. Die Tabelle 5 zeigt. was bis­ 3.2 Im Mutterbett miissen Pflichtwassermengen . I her erreicht wurde. verbleiben Nur im mittleren Flußabschnitt (von Leonberg Wo der Mlihlkanal aus dem Glems ausgeleitet bis Schwieberdingen) ist die Glems noch mäßig wird. kann das Mutterbell von der Kanalausleitung verschmutzt. Endgültige Abhi lfe wird der begon­ bis zur Wiedereinmlindung trockenfallen. Aber nene Ausbau des Klärwerks Mittleres Glemstal auch wenn eine bestimmte Niedrigwassermenge bringen. unterschrillen wird. treten Schäden ein. Denn die

22 Durch die Stadtbrille ... Band 5, 1995 Tubelle 6 Kleimrasserkraftanlugentm du Glem.<(Erhebung """ /989):

Name Gemarkung Schluckvermögen Nutzgegeflllle Wasserkrafl MUhtkanal Muuerbeu Turbine 1/s m kw lll m

Clausenmühle l.eonberg 315 3.74 9.1 537 562 Felsensägmühle 400 5.61 17..1 220 312 Aeischmühle 565 4.35 19.1 887 962 Tonmühle Dilzingen 700 3.91 21.2 362 600 Zechlesmühle 920 ., 4.75 33.9 712 662 Schloßmühle 415 2.86 9.2 262 250 Talmühle ScllÖCkingen 470 3.76 13.7 900 600 Ha!!mUhle Hcmmongcn 360 4.16 11.6 600 400 Stumpenmühle Sch':ieberdingen 460 4.46 15.9 300 350 Neumühle 1000 4.82 37.4 140 170 SpitahnOhle Mar~gröningen 725 2.50 14.1 300 360 Untere Mühle 800 3.44 21,3 314 337 Mühle Weil Un1erriexingen 1160 3.90 35.1 425 525

Pflanzen- und Tierweh ist darauf eingerichtet, daß notwendigen Fischaufstieg - also die Durchgän• sie auch bei der niedrigsten Wasserführung gigkeil- verhindern." (NM7Q5, siehe 1.2) gerade noch überleben kann. Für jedes Triebwerk (Mühle) sind desha lb So heißt es im Sanierun gsprogramrn Glems: "Fällt Pflichtwassermengen festgelegt worden, die un­ ... das Mutterbell für mehrere Tage ununterbro­ abhängig von der wechselnden Wasserführung chen oder über einen längeren Zeitraum häufig für der Glems als Minelestmengen in den Mutter­ mehrere Stunden trocken, erleidet die Biozönose betten verbleiben sollen. Die Durchsctzung dieser (die Pflanzen- und Tierwelt) des Fließgewässers Bestimmung ist ni chtganz einfach; denn die Trieb­ gravierende Schäden, die erst nach 6-12 Monaten werkbesitzerhaben zur Wasserentnahme alte, ver­ wieder ausgeglichen werden können. Die Biozö• briefte Rechte. Von Fall zu Fall müssen sie für nose nimmt dadurch Schaden. daß die Artenvielfalt Ver! uste (durch zeitweilige Beschränkung der Was­ stark reduziert wird. Insbesondere die anspmchs­ serentnahme, d. h. ersatzweisen Energiebezug aus volleren Arten wie Kleinkrebse, Steinfliegen.larven, den Stromnetzen) entschädigt werden. Hakenkäfer/Köcherfliegenlarven und Eintagsflie­ genlarven sterben ab. Sie fallen damit auch als Fischnährtiere aus. Der stets wassergefüllte Ober­ Quellen kanal ist für die genannten empfindlichen Arten kein Ersatzbiotop, weil dort durch die Verschlam­ Amt fiir \Vassenvirtschaft und Bodensclwr:: Nieder­ schrift über die Wasserschau 011 der Glems im Krei~ mung keine entsprechend geeigneten Siedlungs­ Ludwigsburg am 16., 17.. 24. und 26. No1•. 1992. Ma­ bedingungen vorhanden si nd." Und weiterhin heißt scl•inenschriftlich: Besigheim 1993. es: ,.Dabei ist zudem festzuslellen, daß alle Trieb­ Geyer Otto und Mmifred Gwinner: Geologie \'Oll Ba­ werke mit Wehranlagen versehen sind, die den den- Württemberg. S11111gart 1986.

Durch die Stadtbrille •.. Band 5, 1995 23 Ratil. Paul: Klima, Gewässerkunde [der Murr]. Iu: Okologiseile Uwersllc:lumgen a11 der ausgebawellllllte­ ren Murr, La11dkreis Lzulwigsburg 1977-1982. Im AuF trag des MinisteriuuLf ßir Emiilmmg. Lmulwirtscilaft, Umwelt und Forsten Beulen-Wiirttemberg. Karlsruile 1985. s. 41-48. Regierungsprä.\itlium Stllltgart: Gewässersanienmgs• programm Gfems. Emwwf(Stcmd 16.8.1989). Maschi­ nenschriftlich: Stuttgtm /989. Schade, Giimer: Ausbau und Pflege der Murr auf den Markungen Ertlmannhausen. Steinheim und Murr. Kreis Ludwigsburg. ln: Okologische Umersuchungen 011 der ausgebauten umeren Murr. Landkreis Lud11·igsburg 1977- 1982. Im Auftrag des Ministeriums fiir Emäh• nmg. Laudwirtschaft, Umweltund Forsten Baden-Würt­ temberg. Karlsmhe /985, S. 49--60.

Fiirfrenlldliclre Umersriir:rmg und miiudliche AuskiiJ!f­ te bedanke ich mich bei derr Mirarbeirem des Amts fiir Wassenvirtsclwft uud Bodenschur:; Besigheim und bei Frau Binder im Referat Landschajrspf7ege bei der Sradt­ verwallrurg Markgröninge11.

. I

24 Durch die Stadtbrille ... Band 5, 1995