Journal Nr. 239/August 2012

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Journal Nr. 239/August 2012 60985 ISSN 0942 -2978 I 21. Jahrgang I Nr. 239 I August 2012 JournalKASSENÄRZTLICHE VEREINIGUNG Mecklenburg-Vorpommern Kassenärztliche Versorgung – Seite 8 Neue Verträge – Seite 12 Verwendung des Strukturvertrag mit der Strukturfonds Techniker Krankenkasse 2 AUF EIN WORT 8I2012 Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Stelle ist die Zunahme der Bürokratie und damit fehlende Zeit am Patienten zu befürchten. nachdem die Bundesregierung den Kabinettsentwurf des Neben einer sauberen Dokumentation empfiehlt es Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen sich, keinesfalls despektierliche – wenn auch möglicher- und Patienten beschlossen hatte, war vielerorts ein Auf- weise zutreffende – Anmerkungen zum Patienten dort atmen zu hören. Die Angst vor amerikanischen Verhält- zu notieren. Das unverzügliche Einsichtsrecht wird kaum nissen und horrenden Zeit dafür geben, die Patientenakte – sei sie in elektro- Versicherungsprämien nischer oder Papierform – zu „säubern“ oder zu ergän- scheint nun gebannt. zen. Wer das nicht beachtet, hat unter Umständen zu Der Gesetzentwurf befürchten, in der Boulevard-Presse – wie jüngst eine der Bundesregierung Quedlinburger Ärztin – dargestellt zu werden. Die Bild- soll das Arzthaftungs- Zeitung titelte: „So lästerte meine Ärztin über mich“… recht im Bürgerlichen Auch wenn die Bundesregierung den Patienten mit Gesetzbuch zusam- dem Gesetz stärken und ihn auf „Augenhöhe“ mit dem menfassen und die Arzt bringen möchte, sollte das Gesetz in der jetzigen Verfahrensrechte bei Fassung mit Gelassenheit aufgenommen werden. An- Behandlungsfehlern zuraten ist, die Art und Weise der Dokumentation in für die Betroffenen den Patientenakten zu prüfen und soweit notwendig verbessern. Grund- anzupassen. sätzlich soll – mit Aus- Bei der Frage der Beweislast für Behandlungsfehler nahme von groben bleibt zunächst abzuwarten, ob es weitere Änderungen Behandlungsfehlern am Gesetzestext geben wird. Die Wahrscheinlichkeit Dan Oliver Höftmann – der Patient den ist jedoch gering, dass sich an der Zementierung der Stellvertretender Nachweis über den bisherigen Beweisregeln etwas ändert. Wir werden Sie Verwaltungsdirektor Behandlungsfehler nach Beschlussfassung des Gesetzes umfassend im der KVMV erbringen. Demnach Journal informieren. Foto: KVMV muss der Patient zu- Bundesregierung als auch Bundesrat sind gefordert, das nächst den Abschluss Gesetz mit Augenmaß so zu gestalten, dass Bürokratie eines Behandlungsvertrages mit dem Arzt, die fehlerhaf- eingedämmt und eine „Absicherungsmedizin“ verhin- te Behandlung, den Schaden und die Ursächlichkeit der dert wird. Alles andere würde zu Lasten der Ärzte als Behandlung für die Gesundheitsschädigung nachweisen. auch der Patienten gehen. Wartezeiten und eine Störung Mit dieser Regelung greift die Bundesregierung die beste- des Arzt-Patienten-Verhältnisses wären die Folge. hende Rechtslage auf und bringt sie in eine Gesetzesform. Vor dem Hintergrund der aktuellen Behandlungsfehler- Auch der Bundesrat hat über den Gesetzentwurf beraten statistik der Bundesärztekammer kann man feststellen, und stimmt darin mit der Bundesregierung grundsätzlich dass mehr als 70 Prozent aller Fälle der Schlichtungs- überein. Insoweit wird man sich auch nach Beschluss des stellen den klinischen Bereich betrafen. Der ambulante Gesetzes darauf einstellen können, dass der Patient sei- Bereich ist mit weniger als 30 Prozent und damit mit nen geltend gemachten Anspruch auch beweisen muss. bundesweit rund 3.100 Fällen im Jahr 2011 deutlich Trotzdem bringt das Gesetzesvorhaben einschnei- weniger betroffen. Bei einer Fallzahl von fast 500 Millio- dende Änderungen mit sich. So steht dem Patienten nen im Jahr ist die Anzahl der Behandlungsfehler kaum künftig ein unverzügliches Einsichtsrecht in die Patien- statistisch zu messen. tenakte zu. Dieses Einsichtsrecht kann nur abgewehrt Der deutlich geringere Anteil des ambulanten Bereichs werden, wenn erhebliche therapeutische Gründe ent- im Vergleich zum stationären Sektor kann als Nachweis gegenstehen. Über weitere Gründe, die die Verweige- dafür gewertet werden, dass sich der Facharzt-Stan- rung der Einsichtnahme ermöglichen, besteht zwischen dard und die Qualitätsanforderungen als auch die Qua- Bundesregierung und Bundesrat noch keine Einigkeit. litätssicherung im ambulanten Bereich bewährt haben. Allerdings steht zu erwarten, dass an der Stelle weder Ihnen, den Ärzten, die täglich Patienten behandeln, „Tür noch Tor“ geöffnet werden. Die korrekte und in gebührt der Dank für die Versorgung der Patienten auf unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang stehende diesem hohen Niveau! Dokumentation der Behandlung wird durch das Gesetz bedeutsam. So sollten sämtliche aus fachlicher Sicht für Herzlichst die derzeitige und künftige Behandlung wesentliche Maßnahmen und Ergebnisse aufgezeichnet werden. An Ihr 8I2012 INHALT 3 Inhaltsverzeichnis Justiziariat Korruption im Gesundheitswesen ...............................4 Bußgelder bei versäumter Meldepflicht ..................... 6 Politik reflektieren Kommentar: Regierungskoalition lässt Kirche im Dorf ..................................................... 6 KBV-Vorstand stellt Arbeitsschwerpunkte vor ........... 7 Die KVMV und das Kassenärztliche Versorgung Land fördern Richtlinien zur Verwendung des Strukturfonds ........... 8 ärztlichen Nachwuchs in der Ausbildung. Seite 22 Meister/pixelio.de Foto: Paul-Georg Ermächtigungen und Zulassungen..........................18 Öffentliche Ausschreibungen ..................................21 Feuilleton Gegen die schwarzen Schafe: Künstlerkolonien in Mecklenburg ..............................23 Disziplinarisches Vorgehen bei Korruption im Gesundheitswesen – Veranstaltungen .......................................................24 Regularien schon vorhanden Foto: 2 A. S./pixelio.de Seite 4 Personalien ...............................................................25 Medizinische Beratung Neue Führung in Geschäftsstelle Kodieren ......................................................................7 der Ärztekammer M-V ...............................................25 Diagnosen auf Rezepten ..........................................10 Podologische Behandlungen – richtig verordnet ......10 Freizeit Frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln ..............11 Gärtnern ist der Mega-Ausdruck des Spitzentrends Individualisierung................................26 Vertragsabteilung Strukturvertrag mit der Techniker Krankenkasse .......12 Impressum ................................................................27 Kassenärztliche Versorgung Beschlüsse des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen ...........................................................14 Informationen und Hinweise Wirtschaftliche Verordnung von Blutzuckerteststreifen ........................................17 Titel: Fördermaßnahme zur Sicherstellung Arzneikrug aus Faenza von der hausärztlichen Versorgung ..................................22 1613, verziert mit Wappen, Putten und Drachen. Qualitätssicherung Civica Raccolta dell`Arte Qualitätssicherungsmaßnahmen Applicata, Mailand zur Hörgeräteversorgung bei Kindern .......................16 4 JUSTIZIARIAT 8I2012 Korruption im Gesundheitswesen Von Thomas Schmidt* Zur Thematik der Korruption im Gesundheitswesen Sachverhalte einbezieht. Außerdem sollen gibt es einen Antrag der Fraktion der SPD1, den der Falschabrechnungen von Krankenhäusern Deutsche Bundestag am 27. Mai 2011 in erster Lesung beraten hat und zur federführenden Beratung an den künftig sanktioniert werden. Ferner soll Ausschuss für Gesundheit überwies. darauf hingewirkt werden, dass die Länder Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Ermittlungsgruppen bei der Kriminalpolizei bilden und die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen als Profit- Center bei der sie tragenden Organisation verankert werden.“ Die Ablehnung des Antrages2 erfolgte dann mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP ge- gen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimment- haltung der Fraktion DIE LINKE und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Im Hinblick auf die Forderung, durch ergänzende Re- gelungen im Strafgesetzbuch sicherzustellen, dass Kor- ruptionshandlungen niedergelassener Vertragsärzte Straftatbestände darstellen, ist zunächst auf den aktuell veröffentlichten Beschluss des BGH vom 29. März 2012 – GSSt 2/11 – mit folgendem Tenor hinzuweisen: „Ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt handelt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V, Im Ergebnis der dortigen Beratung wurde dann folgen- de Lösung vorgeschlagen: hier: Verordnung von Arzneimitteln) weder als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. Buchst. „Die Antragsteller fordern die c StGB noch als Beauftragter der gesetzlichen Bundesregierung auf, in das Strafgesetzbuch Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB.” ergänzende Regelungen aufzunehmen, die Soweit hierzu im Presseecho, insbesondere kassen- sicherstellen, dass Korruptionshandlungen seitig, bekundet wird, es handelt sich beim vorge- niedergelassener Ärzte Straftatbestände nannten Beschluss um einen „klaren Auftrag an den Gesetzgeber, die in diesem Rechtsstreit sichtbar ge- darstellen, sowie einen Straftatbestand zu wordenen Lücken im Strafrecht zu schließen“, ist zu- schaffen, der sozialversicherungsrechtliche nächst anzumerken, dass das Strafgesetzbuch auch 1 BT-Drs. 17/3685 2 BT-Drs. 17/9587 8I2012 JUSTIZIARIAT 5 in anderen Bereichen eine eher lückenhafte Normie- tragsärztlicher Pflichten disziplinarisch auf zuwiderhan- rung aufweist. Wollte
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