Tag des offenen Denkmals 2010

»Kultur in Bewegung – Reisen, Handel und Verkehr«

55 Tag des offenen Denkmals 2010 1 Tag des offenen Denkmals 2010

Der »Tag des offenen Denkmals« gehört zu Augsburg und aus Augsburg in die ganze Welt, den wenigen Veranstaltungen, die europaweit sondern machten Augsburg zum »Marktplatz« durchgeführt werden. Ziel dieses jährlichen zivilisatorischer Neuerungen, innovativer reli- Veranstaltungstages ist es seit mehr als einem giöser, technischer und künstlerischer Ideen. Vierteljahrhundert, den Bürgern Europas die So konnten beispielsweise Fuggers globales Schätze ihrer gemeinsamen Kultur zu zeigen Handelsreich, die Silber- und Goldschmiedear - und ins Bewusstsein zu rufen. beiten der Augsburger Handwerker, die Ideen des Augsburger Religionsfriedens und Rudolf Initiator war der frühere französische Kultur - Diesels Motor von Augsburg die Welt erobern. minister Jacques Lang, der 1984 den »Tag des offenen Denkmals« ins Leben rief; seit 1993 Ohne die »Kultur in Bewegung« wäre Augsburg wird er auch in Deutschland begangen. Tradi - nicht, was es heute ist. Die Geschichte des tionell findet er jeweils am zweiten Sonntag Handels, des Verkehrs und der Reisen hat die im September statt, heuer also am 12. Sep - Identität und Offenheit Augsburgs entschei- tember 2010. Seit 2001 wird der Denkmaltag dend geprägt. Der alljährliche »Tag des offe- von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, nen Denkmals« ist die beste Gelegenheit, die deutschlandweit die Präsentationen koor- den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt diniert, unter ein gemeinsames thematisches ge rade dieses kulturelle Erbe in einer themati- Dach gestellt – in diesem Jahr: »Kultur in schen Auswahl und Vielfalt zu vermitteln. Wir Bewegung – Reisen, Handel und Verkehr». hoffen, dass dadurch nicht nur das Verständnis wächst für die Bedeutung der einzelnen Denk- Augsburg kann gerade bei diesem Thema mäler, sondern auch die ihres überzeitlichen aus einer reichen Tradition schöpfen. Seit über Wertes. 2000 Jahren ist unsere Stadt Schnittpunkt wichtiger Verkehrsadern zu Land und zu Was - Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lek - ser. Militärstraßen, Handels-, Reise- und Pil - türe dieser Informationsschrift wie auch beim gerwege führten nach Augsburg und von dort Besuch der Denkmäler, der Teilnahme an Füh- nach ganz Europa. Sie alle brachten nicht nur rungen und historischen Entdeckungsreisen! Menschen aus allen Himmelsrichtungen nach

Dr. Kurt Gribl Gerd Merkle Oberbürgermeister Stadtbaurat Tag des offenen Denkmals 2010 2

Die Lutherstiege

1 Pfarrei St. Anna, Im Annahof 2

laden. Dort im Fuggerschen Stadthaus sollte er von dem zum Reichstag anwesenden Lega - ten des Papstes Leo X., dem Kardinal Cajetan, gehört werden. Diese Begegnung am 12./13./ 14. Oktober 1518 war von größtem Gewicht für den weiteren Fortgang der Reformation: Hier ist Martin Luther die tiefe Kluft zwischen der scholastischen Lehre der Kirche und dem neutestamentlichen Zeugnis bewusst gewor- den. An dieser Stelle fand das theologische Ge - spräch statt, welches dann 1520 zum Ausschluss Luthers aus der römischen Kirche führte. Wäh- rend dieses Aufent halts in Augsburg war für 14 Tage das Karme litenkloster bei St. Anna Herberge und Stützpunkt des Wittenbergers.

Nach einer alten, angeblich 1552 erstmalig bezeugten Überlieferung war der so genannte »Dahinab« die Stelle, an der Luther die Stadt Augsburg verlassen musste. »...Schließlich waren alle Tore von Wachen besetzt; Bürger Luthergedenkstätte in St. Anna. schickten mich auf einem geheimen Weg hin - aus.« (ex: Tischrede Luthers von 1532)

Thema der so genannten »Lutherstiege« in Martin Luther 1518 in Augsburg vor Kardinal der Pfarrkirche St. Anna sind historische Vor - Cajetan kommnisse, die zur Reformation und damit zu verschiedenen Bekenntnisbildungen innerhalb »...Ich fing ungefähr zehnmal an zu reden, und der einen Kirche geführt haben. Da Luther in ebenso oft donnerte er mich nieder und regier te dem ehemaligen Kloster von St. Anna als allein. Schließlich fing auch ich an zu schreien reisender Gast aufgenommen wurde, lag es und sagte: Wenn gezeigt werden kann, dass nahe, im Jahr 1983 in den sonst selten began- jene Bulle sagt, die Verdienste Christi seien der genen Nebenräumen der St. Anna-Kirche den Schatz der Ablässe, dann werde ich widerrufen, Gang jener Ereignisse darzustellen. Dazu zäh- wie Du es willst.« (ex: Brief Luthers aus Augs - len die »Confessio Augustana« (1530), das burg an Spalatin; sein eigentlicher Name war »Augsburger Interim« (1548), der »Augsburger Georg Burckhardt, geboren 1484 in Spalt bei Religionsfriede« (1555), der »Westfälische Nürnberg – daher der humanstische Beiname Friede« (1648) und das »Augsburger Hohe »Spaltinus« – war Jurist an der Universität Friedensfest« (1650). Angesichts der Finanz - Erfurt). situation in Kirche und Stadt war klar, dass der Ausstellung Grenzen gesetzt sein würden. Nach Eröffnung des Ketzerprozesses im Som - Auch das soll durch den Titel »Lutherstiege« mer 1518 wurde Martin Luther (1483–1546) zum Ausdruck gebracht werden. Hier wird zu nächst nach Rom und dann, nach diploma - nicht der Anspruch auf den Rang eines Mu - tischen Schritten des Kurfürsten Friedrich des seums gestellt. Weisen von Sachsen, nach Augsburg vorge - 3 Tag des offenen Denkmals 2010

Bahnhöfe in Augsburg

2 a) Hauptbahnhof, Viktioriastraße 1 b) Bahnhof Oberhausen, Ulmer Straße 53 c) Alter Bahnhof, jetzt Straßenbahndepot, Baumgartnerstraße 9 d) Bahnbetriebswerk, Firnhaberstraße 59

Hauptbahnhof: Bahnhofsvorplatz.

a) Hauptbahnhof, Viktoriastraße 1 den und Süden vorgenommen, der 1869–1877 die letzte nennenswerte Vergrößerung folgte. Geschichte Als Nachteil wurde bald empfunden, dass der Bahnhof zu weit von der Stadt entfernt war. Die Bahnstrecke Augsburg–Donauwörth (so Man sprach deshalb damals auch von dem genannte »Ludwig-Süd-Nord-Bahn«) wurde »Bahnhofe bei Augsburg« und empfand es als am 20. November 1844 fertiggestellt, wobei beschwerlich, von dort in die Stadt zu kommen. noch zwischen dem Bahnhof Oberhausen und Zwischen dem draußen liegenden Bahnhof dem Bahnhof am Roten Tor (Baumgartner stra - und der Stadt gab es noch keine Bebauung; ße 9) so genannte »Pferdeomnibusse« fuhren. außer einigen Gärten und dem Katholischen Wohl auch im Hinblick auf die Zunah me des Gottesacker (Friedhof an der Hermanstraße) Reise- und Güterverkehrs wurden die Planun - war hier nur freies Gelände. Nach Fertigstellung gen für einen neuen großen Bahnhof, einem des neuen Hauptbahnhofs konnte Oberhausen »Durchgangsbahnhof«, schon bald in die Tat an den Augsburger Bahnhof angebunden umgesetzt. werden. Bis 1850 war auch die Weiterführung der so genannten »Nordbahn« in südlicher Der Bau des Hauptbahnhofs begann ebenfalls Richtung, nämlich bis Kaufbeuren, fertigge- im Jahr 1844 und im Oktober 1846 fand die stellt. Damit hatte der Augsburger Bahnhof in feierliche Eröffnung des neuen Bahnhofs auf dieser Zeit bereits eine beachtliche Bedeutung dem »Rosenaufeld« statt. Bereits 1852 wurde erlangt, und der Bahnbetrieb war umfangrei- eine Erweiterung durch Flügelbauten im Nor- cher als der im Münchner Raum. Tag des offenen Denkmals 2010 4

Der Bau der Eisenbahnstrecken im Schwäbi - Hauptbahnhofes konnte nun zu einem großen schen ging mit einer erstaunlichen Intensität Teil für eine großzügige Erweiterung der weiter. Folgende Hauptstrecken wurden von Gleis anlagen, hauptsächlich für den Güter- Augsburg aus in den nachstehenden Jahren und Rangierverkehr, genutzt werden. zweigleisig ausgebaut: Nach der Verlagerung des Betriebswerks in 1862 Augsburg-München/Pasing das Hochfeld konnten die Anlagen des Haupt - 1892 Ulm-Augsburg bahnhofs nach fast zehnjährigem Umbau im 1903-05 Kempten-Augsburg Jahr 1912 von vierzehn auf vierundzwanzig 1901 Augsburg-Donauwörth Gleise erweitert werden. Das bisherige Bahn - gelände wurde größtenteils für den Personen - In Hinblick auf diese Entwicklung war es aller- verkehr genutzt. Die bis dahin fünf Bahnsteig - höchste Zeit, dass in Augsburg leistungsfähige gleise wurden auf neun erweitert. Damit Anlagen und Einrichtungen für die Wartung standen nun fünf Bahnsteige für den Personen - und Instandhaltung von Lokomotiven und Wa - ver kehr zur Verfügung. Westlich davon lagen gen sowie zur Unterbringung des zugehörigen bis zur Rosenaustraße hin ausgedehnt die Materials und nicht zuletzt auch des Personals Gleise des Güter- und Rangierbahnhofs. Im zur Verfügung stehen. Die erste größere Er - Mai 1931 wurde der elektrische Betrieb auf der weiterung der Gleisanlagen des Augsburger Strecke Augsburg–München aufgenommen. Bahnhofes erfolgte zwischen 1870 und 1880. Im April 1933 folgte dann die Strecke Augsburg– In diesem Zusammenhang wurden auch die Ulm und im Mai 1935 die Strecke Augsburg– Anlagen der Betriebswerkstätten vergrößert. Nürnberg. Durch den Neubau von zwei großen Lokschup - pen in Rundform an Drehscheiben westlich Gebäude der Bahnhofsgleise konnte Platz geschaffen werden für die Erweiterung der Gleisanlagen. Im Jahr 1842 lagen der »Eisenbahn-Commis - Damit konnten sowohl die Gleise für den Per - sion« Pläne des Architekten Georg Friedrich sonenbahnhof, als auch die für den Güter- und Ziebland, einem Schüler Friedrich von Gärtners Rangierverkehr weiter ausgebaut werden. (1791-1847), für den Neubau eines so genann- ten Durchgangsbahnhofes in Augs- burg vor. Geprägt waren diese Ent- würfe, die teils von Friedrich von Gärtner verändert wurden, durch den Segmentbogen an stelle des sich später durchsetzen den Rundbogens. 1844 wurden die se Pläne jedoch zu- gunsten der Pläne des Architekten Eduard Rüber verworfen. Diese be- inhalten eine Drei flügel anlage mit ei- nem hohen Mittel bau, flankiert von zwei giebelständigen Pavillons, die Lokschuppen: Außenansicht, aktuelle Aufnahme. mit offenen Pfeiler arka den verbunden sind. Nach Westen hin er streckte Die letzte große Erweiterung des Bahnhofes sich die fünfschiffige und fünfgleisige »Ein- bahnte sich zur Jahrhundertwende an. Der stiegshalle«. Der in gelben und roten Blank - stetig zunehmende Zugverkehr erforderte ziegeln ausgeführte Bau erhielt 1852/53 eine einen weiteren Ausbau der Gleisanlagen. Zu Erweiterung um weitere flankierende Walm- diesem Zweck wurden die Betriebswerkstät ten dachbauten mit entsprechenden Verbin dungs - in das Hochfeld (Firnhaberstraße 22) verlegt. trakten in ein und derselben Flucht. Die ser Dort entstand zwischen 1902 und 1906 eine unruhig anmutende Baukomplex, den eine der größten Eisenbahn-Werkstättenan lagen Leipziger Zeitung 1851 als »...kindliches klei- im bayerischen Raum. Neben den Be triebs - nes Flickwerk von Vogelhäusern und offenen werkstätten wurden auch die Werkstät ten hal - Corridors...« bezeichnete, wurde schließlich len für die Räderwerkstätten, das spätere 1869–71 durch Friedrich von Gärtners Schüler, , gebaut. Das bisherige Friedrich Bürklein, umgebaut. Dabei wurden Gelände der Betriebswerkstätten westlich des die zitierten »Vogelhäuser« unter einem ein- 5 Tag des offenen Denkmals 2010

heitlichen flachen Walmdach zusammenge- Gebäude: fasst, wobei den erdgeschossigen Fenster - tü ren im so genannten »Rundbogenstil», die Ursprünglich war das stattliche Bahnhofs ge - sich als Pfeilerarkade rhythmisch öffnen, bäude ein schlichter Rechteckbau mit einem stadtseitig, die Eckrisalite verbindend, eine Krüppelwalmdach. In den Jahren 1931/32 gusseiserne und dünngliedrige Kolonnade wurde dieser durch einen Neubau im Stil der mit Freitreppe vorgesetzt wurde. Als einziges »Neuen Sachlichkeit« ersetzt. Dabei handelt Ornament blieben jene für den »Gärtnerstil« es sich um einen quaderförmigen Hochbau (Romantischer Spätklassizismus) typische mit einem zweistöckigen Schalterhallenflügel Gurtbögen über den Fenstern, die an ein und Flachdächern. Leitmotiv der florentinischen Baukunst des 15. Jahrhunderts anknüpfen. c) Alter Bahnhof, jetzt Straßenbahndepot, Schon 1930 musste der zweifarbige Ziegelbau Baumgartnerstraße 9 wegen Schäden am Mauerwerk verputzt wer- den. Auch 1985 erfolgte eine Sanierung: Die Geschichte inzwischen zu einfachen Stahlrohren degradier- ten Säulen wurden durch Nachbildungen an Vor dem Roten Tor wurde 1839/40 von dem Hand originaler Pläne bei MAN-Augsburg er - Architekten Georg Gollwitzer (1810–1890) ein setzt und auf dem Dach des Mittelbaus von 1871 Kopfbahnhof für die am 4. Oktober 1840 er öff - wurde wieder die frühere Laterne errichtet. nete private Eisenbahnlinie München–Augs- burg, errichtet. Betreiber dieser Linie war die Der Augsburger Hauptbahnhof gehört zu den »München-Augsburger-Eisenbahn-Gesell- letzten original erhaltenen spätklassizistischen schaft«, bei der die Augsburger, nicht zuletzt Bahnhöfen Deutschlands und ist das älteste wegen ihres eingebrachten Aktien kapi tals, noch in Betrieb befindliche Empfangsgebäude stark vertreten waren. Initiator für die Eisen- einer deutschen Großstadt. Von den einst auf- bahn zwischen Augsburg und München war wendigen Innenausstattungen ist außer der neben dem Nationalökonomen Friedrich List Wendeltreppe über kreisrundem Grundriss der erste Augsburger Bürgermeister im nördlichen Teil des Mittelbaus nichts mehr Dr. Richard Anton Carron du Val (1793–1846). vorhanden. Seit über zwei Jahren erfährt der Schon bei seinem Amtsantritt im Februar 1835 Bahnhof eine bauliche Modernisierung. regte er den Eisenbahnbau an. Auch bei der ersten Audienz bei König Ludwig I. (1786–1868) plädierte er für den Anschluss der Han dels - b) Bahnhof Augsburg-Oberhausen, metropole Augsburg an ein Eisenbahn netz. Ulmer Straße 53 Bereits 1835 wurde von Mitgliedern des Augs- burger Handelsstandes ein Eisenbahn verein Geschichte gebildet, der dem König den Bau der Linie Augsburg-München und München–Rosenheim 1844 entstand für die Linie Augsburg–Donau - empfahl. Noch im gleichen Jahr boten Augs- wörth, eine der ersten Teilstrecken der »Lud wig– burger und Münchner Unter neh mer und Ban- Süd–Nord–Bahn« (LSNB, benannt nach dem kiers an, die Bahnstrecke Augsburg–München bayerischen König Ludwig I.), der Bahn hof zu finanzieren. Es kam zur Gründung der Oberhausen. Er war zunächst die Endsta tion »München-Augsburger Eisenbahngesellschaft«. der Teilstrecke Augsburg–Nordheim/ Carron du Val übernahm den Vorsitz der Augs- Donauwörth und wurde nach der Fertigstel - burger »Comité-Sektion«. Auf Münchner Seite lung dieser Bahnstrecke, 1854, eine Durch - spielte der zu dieser Zeit schon bekannte gangs station. Im selben Jahr wurde die Ab - Unternehmer Joseph Anton Ritter von Maffei zweigung der »Maximilians-Bahn« Augsburg– (Gründer bzw. Mitbegründer der Bayerischen Ulm und später, 1900 die Abzweigung der Hypotheken- und Wechselbank, der Maximili- Lokalbahn nach Welden gebaut. anshütte und des ersten Münchner Hotels »Bayerischer Hof«) eine herausragende Rolle. Er war dann auch Vorsitzender der »München- Augsburger Eisenbahn-Aktiengesellschaft«. Tag des offenen Denkmals 2010 6

d) Bahnbetriebswerk, Firnhaberstraße 59

Als der Hauptbahnhof an der Viktoriastraße um die Jahrhundertwende 19./20. Jh. erneut erweitert wurde, mussten die alten Betriebs - stätten dort weichen und sind in das Hochfeld verlegt worden. Hier zwischen Firnhaber stra ße und Buchloer Bahnlinie wurde das neue Be- triebswerk und die Räderwerkstätte geplant und von 1902 bis etwa 1906 gebaut. Bis zum Jahr 1910 dürften die Anlagen fertig gewesen Lokschuppen: Parade historischer sein. Für die überdachte Lokabstellung stan- Lokomotiven und Triebwagen im Rundhaus. den nun in den beiden Rundhäusern im Süden und Norden 62 Standplätze zur Verfügung. Der Augsburger Bahnhof befand sich damals Weil in den Rundhäusern Lokreparaturen noch am Roten Tor und war von 1840 bis 1846 durchgeführt wurden, waren auch verschiede- in Betrieb. Er war als gemauertes Bauwerk ne Werkstätteneinrichtungen in beiden Rund - weitaus repräsentativer und langlebiger als häusern untergebracht. das aus Holz gebaute Münchner Provisorium. Ein Teil der sich in unmittelbarer Nähe befin- Für die Verwaltung wurde zwischen den beiden denden »Schüle´schen Kattunfabrik« (heute Drehscheiben ein repräsentatives Gebäude Fachhochschule) wurde 1840 zum »Bahnhof - errichtet, in dem auch die entsprechenden hotel Lutz« umgebaut. Der Hotelbetrieb ent - Räumlichkeiten für das Lokomotivpersonal wickelte sich jedoch nicht so gewinnbringend und Sozialräume des Werkstättenpersonals wie erhofft. Zudem konnte das Hotel auch Platz fanden. Ebenfalls zur Erstausstattung nicht bestehen, weil bereits im Jahr 1846 der des neuen Betriebswerks gehörte ein stattli- neue Augsburger Hauptbahnhof in Betrieb ches Jugendstil-Übernachtungsgebäude. Im ging. Pförtnerhaus an der Firnhaberstraße wurde eine Kantine für das gesamte Personal unter- Gebäude gebracht.

Der ehemalige Alte Augsburger Bahnhof, ein Die Besiedelung des freien Hochfeldgeländes so genannter Kopfbahnhof, dient seit 1920 bis nahm mit dem Bau der Betriebswerkstätten heute als Straßenbahndepot. Das Gebäude ihren Anfang. Die ersten Wohnhäuser, wenn war eine einschiffige Halle mit basilikalem man von den Wohnungen innerhalb der Querschnitt und einer hölzernen Tragwerkkon - Werksbauten absieht, wurden nördlich des struktion aus dem Jahr 1840. Nur das gemau- Bahnbetriebswerks an der Firnhaberstraße erte Mittelschiff mit seinen rhythmischen Pfei- gebaut. Es waren zwei »Beamtenhäuser« und lerarkaden und kreisrunden Fensterdurchbrü - drei »Arbeiterwohnhäuser«. Diese Wohnungen chen, die heute teilweise geschlossen sind, waren in erster Linie für Bedienstete gedacht, sowie der offene Dachstuhl stammen vom die auf Grund ihrer Funktion auch außerhalb ehemaligen Bahnhof. Dessen Öffnung (auch der Arbeitszeit möglichst schnell erreichbar Sack-Bahnhof genannt) richtete sich ursprüng - sein mussten. Für die in großer Zahl beschäf- lich nach Südosten, während heute, die zur tigten Eisenbahner wurden nach und nach mehrschiffigen Wagenhalle erweiterte Halle, Wohnhäuser gebaut. Die Stadt Augsburg stellt von Nordwesten erschlossen wird. Nach dem im Jahr 1918 Siedlungsland preisgünstig zur Neubau des heutigen Hauptbahnhofs an der Verfügung. Es entstanden neben Baracken Viktoriastraße wurde der Alte Bahnhof ab und Holzhäusern auch große Wohnblöcke wie 1880 zur Militärreitschule umfunktioniert. der »Römerhof« und »Zeppelinhof«. Auch die Nach Westen schließt sich ein sechsgeschossi- um diese Zeit gegründete Eisenbahner-Woh - ger Wohn- und Betriebsturm mit einem Flügel - nungsgenossenschaft begann, im Hochfeld bau an. Dieser verputzte Backsteinbau mit für die Eisenbahner zu bauen. Die ersten Ge- einer Gesimsgliederung und geböschtem nossenschaftshäuser im Hochfeld konnten Sockel aus Klinker stammt aus dem Jahr 1920. dann im Jahr 1911 in der Firnhaberstraße 5 7 Tag des offenen Denkmals 2010

Bahnpark: Das Bahnbetriebswerk um 1990.

und 7 fertiggestellt werden. Die ebenfalls fer- Züge dieses Standards führten ausschließlich tiggestellte Gastwirtschaft erhielt den Namen Wagen der ersten Klasse; abgelöst wurde die- »Zum Hochfeld«. So entstand das Hochfelder ser Standard durch den »Euro-City«. 1954 Eisenbahnerviertel, das unter diesem Namen wurde die Trans-Europ-Express-Kommission in den Augsburger Sprachgebrauch einging. in Den Haag gegründet. Dies geschah auf einen Vorschlag von Franciscus Querien den Am Tag des offenen Denkmals 2010 wird Hollander, des damaligen Präsidenten der der »Blue-Star-Train« ehemals »Trans-Europ- »Nederlands Spoorwegen» Gründungsmit - Express« (1957) auf dem Gelände des ehema- glieder waren die Staatsbahnen von Belgien, ligen Bahnbetriebswerks (Firnhaberstraße 59) der Niederlande, der Bundesrepublik Deutsch - stationiert sein und in dem historischen Spei - land, Frankreichs, Italiens, Luxemburgs und sewagen hochwertige Bewirtung anbieten. der Schweiz. Die Staatsbahn Spaniens trat 2007 realisierte der Koch Alfons Schuhbeck erst später bei. 1957 wurde der Zugbetrieb zusammen mit dem Team der Eisenbahn- und aufgenommen. Die beteiligten Staaten konn- Sonderwagen Betriebsgesellschaft das Projekt ten sich jedoch nicht auf einheitliche Züge »Schuhbecks Blue Star Train«. Ein ehemaliger einigen und so setzte jede Nation technisch TEE wurde dabei zu einem 204 Meter langen unterschiedliche Gerätschaften ein, die alle Restaurant umgebaut. Maximal 155 Gäste über ein Bordrestaurant verfügten. 1979 wur- können so bewirtet werden. Der nur rollfähige den viele TEE in Deutschland durch »Inter- Zug stand bis August 2008 im Bahnhof von City«-Züge mit zwei Wagenklassen ersetzt und Holzkirchen und wurde anschließend zum 1987 wurden die letzten »echten« TEE-Verbin- Bahnpark nach Augsburg gebracht. dungen eingestellt. Gleichzeitig wurde mit dem »Euro-City« eine neue europäische Zug- Der »Trans-Europ-Express« (TEE, häufig falsch gattung für Qualitätszüge mit erster und zwei- als Trans-Europa-Express bezeichnet) war ein ter Klasse eingeführt. Standard für Schnellzüge, die von 1957 bis 1987 zwischen den Staaten der ehemaligen EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) sowie der Schweiz verkehrten. Tag des offenen Denkmals 2010 8

Früheres Bankhaus Koepf-Halder-Stetten 3 am ehemaligen Heumarkt

Fuggerplatz 9

Geschichte Grundbucheintrag von 1712 erwähnt zum ers- ten Mal Hausbesitzer mit den Namen Johann Die historische Adresse des ehemaligen Bank - Koepf und Euphrosine von Koepf, geb. Thurm. hauses der Patrizierfamilien Koepf, Halder und Stetten lautete bis ins 19. Jahrhundert reichend Seit 1771 tauchte der Name von Halder auf: »Heumarkt«. Bis zum Jahr 2009 gehörte auch Georg Walther von Halder, Bankier, verheiratet der Straßenzug um das Hans-Fugger-Denkmal mit Magdalena von Halder, geb. von Koepf zur »Philippine-Welser-Stra ße«; es erfolgte und dessen Erben verwalteten den Hausbesitz jüngst die Umbenennung in »Fuggerplatz«. bis zum Jahr 1819.

Ursprünglich bestand das Gebäude aus zwei Dann kommt der Name von Stetten in die tra- eigenständigen Häusern, die 1578 unter dem ditionsreiche Bankiersfamilie: Georg Friedrich Baumeister Johannes Holl (1512-1594), dem von Halder teilte sich den Besitz des Anwesen Vater des berühmten Elias Holl, zusammenge- mit Katharina Barbara von Stetten, geb. von legt und als großzügiges Stadtpalais er richtet Halder; diese war mit Johann Paul von Stetten wurden. In den folgenden Jahrzehnten erfuhr verheiratet. Der aus dieser Ehe hervorgegan- das Haus immer wieder dem Zeitge schmack gene Sohn Karl von Stetten betrieb zunächst entsprechende Umgestaltungen. Doch schon allein und später seine Erben, bis 1906 die im Mittelalter befanden sich die einzelnen »Privatbank Halder - von Stetten« von der Liegenschaften im Besitz von hochrangigen »Dresdner Bank« übernommen wurde. Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. Ein 9 Tag des offenen Denkmals 2010

1913 kaufte die Industrie- und Handelskam mer 2009 ein privater Investor Besitzer dieses Schwaben das Gebäude, 1973 wurde der Kar- geschichtsträchtigen Bauwerkes wurde, der stadt-Konzern Eigentümer bis nun schließlich eine Modernisierung durchführt.

Köpfhaus: Entwurfszeichnung für das Deckenfresko der »Divina Prudentia«.

Gebäude Voluten giebel auf. Der geschwungene, mit steinernen Zierkugeln und Zierurne ge- Durch die Ecksituation des Grundstücks erhielt schmückte Giebel wiederholt sich auch im das Gebäude eine platzbestimmende konkave Ostgiebel. Die Rück seite des Gebäudes wird Haupt- und Seitenfassade. Im Inneren befindet nur durch einen risalitartigen Mauervorsprung sich ein dreischiffiges Vestibül mit bemalten akzentuiert, dessen Durchfensterung nicht nur kannelierten Rundpfeilern, die noch aus der das Trep pen haus, sondern auch, mittels des Zeit von Johannes Holl stammen. Aus Stet- abschließenden Glockenfensters im Giebel, tenschen Besitz befinden sich dort auch zwei das Deckenfresko von Gottfried Bernhard Göz großformatige Gemälde, und die Kaiser büs - (1708–1774) mit Licht versorgt. Dieses Gemäl - ten auf Konsolen zählen ebenso zum histori- de stammt aus dem Jahr 1739 und ist eine Al- schen Inventar. Wie der Bau heute vor uns legorie auf den Handel: Im Dreiklang sind die steht, wurde er 1738/39 durch Johann Andreas thronende »Divina Providentia« (= göttliche Schneidmann umgestaltet und erhielt an der Vorsehung), der Handelsgott Merkur und die Hauptfassade ein genutetes Sockelgeschoss Personifikation des Handels in einer aufeinan- mit einer Doppelportalanlage. In den Ober licht - der abgestimmten Komposition dargestellt. gittern befindet sich das Koepf-Monogramm. Die Obergeschosse sind durch eine kolossale Der Künstler ließ den Merkur gleichsam vom Pilasterordnung zusammengefaßt. Ein hoher Himmel durch das lichtspendende Fen ster in Zwerchgiebel übernimmt die Fensterachsen den überkuppelten Scheinraum hinabschwe- des Risalits. Zwei Kamine bekrönen das Dach ben. Der Entwurf des Deckenfreskos befindet in Form monumentalisierter Baluster. Die sich in der staatlichen Graphischen Sammlung west liche Straßenfassade nimmt die auf - der Städtischen Kunstsammlungen. wendige Dekoration mit einem mächtigen Tag des offenen Denkmals 2010 10

Ehemalige Bayerische Staatsbank, 4 jetzt Hypo-Vereinsbank

Bahnhofstraße 11

immer weniger decken konnte. 1918 fand eine Um benennung in »Baye - ri sche Staats bank« statt und 1920 wurde der Hauptsitz nach München verlegt.

Im April 1869 erteilte König Lud - wig II für die »Bayerische Vereins - bank AG« die Konzession als Kredit- und Hypothekenbank. Das Grün - dungskomitee setzte sich aus In- habern angesehener Münchner Bankhäuser zusammen. Treibende Ehemalige Bayerische Staatsbank in der Bahnhofstraße: Kraft war Christoph von Froelich , errichtet 1889. der wie Karl von Stetten dem Augs - burger Bankpatri ziat ent stammte. Geschichte: Froelich hatte die Bankhäuser »Schaezler« (durch Heirat erworben) in Augsburg und Die »Bayerische Staatsbank AG« wurde 1780 Eichenthal bei München unter eigenem Na men als »Hochfürstliche Brandenburg-Anspach- geführt und brachte sie als Sacheinlage in Bayreuthische Hof-Banco« in Ansbach gegrün - die neue Bank ein. Augsburgs Bemühun gen, det. 1792 wurde sie in die »Königlich Preußi - sich als Finanzplatz gegenüber München zu sche Banco in Franken« (Sitz seit 1795 in Fürth) behaupten, war kein dauerhafter Erfolg umgewandelt. Seit 1806 nannte man sie »Kö - beschieden; die Liquidation erfolgte 1877. niglich Baierische Banco« mit Sitz in Nürnberg. Trotz ihres Namens führte die Bank bis um 1850 1971 erfolgte die Fusion mit der »Bayerischen ein eher bescheidenes Dasein und wurde vom Staatsbank AG« und die Geschäftstelle wurde bayerischen Staat kaum beansprucht. Dieser das Gebäude in der Bahnhofstraße 11. 1998 bediente sich seit 1834 für seine Geldgeschäf te erfolgte die Fusion mit der »Bayerischen Hypo - bei der »Bayerischen Hypotheken- und Wech - theken und Wechsel-Bank« und daraus ent - selbank«. Das Finanz ministerium verhinderte wickelte sich ein breites Filialnetz in Augsburg. sogar eine Auswei tung der Staatsbank nach Süd bayern. Auch als 1850 eine neue Banken - Gebäude: ver ordnung der »Königlichen Bank« die Aus - deh nung auf ganz Bayern erlaub te, galt noch Das Monumentalgebäude in der Bahnhof stra - längere Zeit stillschweigend die so genannte ße 11 ist im Stil des Neubarock 1899 von Albert »Bayerische Bankengeometrie«, die der »Kö - Schmidt erbaut worden. Die zerklüftete Haus - niglichen Bank« Nordbayern und der »Baye - steinfassade mit Büsten und plastischem rischen Hypotheken- und Wechsel bank« Süd - Schmuck, die sich historisierend auf Augsburg bayern zuwies. Erst 1875 gründete die »König - beziehen, steht an exponierter Stelle. Der liche Bank« Niederlassungen in München und Haupt eingang befindet sich schräggestellt an Augsburg. Der Handelsrat in Augsburg hatte der Ecke zur Schrannenstraße. Von dem plas- sich, unterstützt von der Indus trie- und Handels - tisch hervortretenden Eckeingang blieb nur kammer, für eine Niederlas sung ausgespro - noch die Kartusche im Tympanon des Rundbo- chen, nachdem das Augsbur ger Bankwesen gengiebels im ersten Obergeschoss. den Kreditbedarf für die Augs burger Industrie 11 Tag des offenen Denkmals 2010

Diözensanmuseum »St. Afra«: 5 »In Gottes Namen fahren wir – Prozessionen und Wallfahrten«

Kornhausgasse 3–5

Die Fronleichnam-Prozession:

Das Fronleichnamsfest ist ein Hochfest im Kir - chenjahr der katholischen Kirche, mit dem die leibliche Gegenwart Christi im Sakrament der Eucharistie (= Abendmahl) gefeiert wird. Der Begriff Fronleichnam leitet sich vom mittel- hochdeutschen »vrone licham« (= des Herren Leib) ab. In der Liturgie heißt das Fest »Hoch - fest des Leibes und Blutes Christi«, regional wird es auch »Prangertag« oder »Bluts tag« genannt. Fronleichnam wird am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitsfest, dem zweiten Donnerstag nach Pfingsten, begangen, also 60 Tage nach dem Ostersonntag. Der Zeit spiel - raum beläuft sich frühestens auf den 21. Mai und spätestens auf den 24. Juni. Der Donners - tag als Festtermin steht in enger Verbindung zum Gründonnerstag und der damit verbun- denen Einsetzung der Eucharistie durch Jesus Christus selbst. Diözesanmuseum: Historische Bronzetür des Doms. Foto: Julia Schambeck, München. Der wichtigste Teil des Fronleichnamsfestes ist die Heilige Messe, an die sich die Prozession anschließt. Die Gläubigen begleiten die vom eucharistischen Gestalten durch die Wandlung Priester getragene Monstranz mit dem so wahrhaft zum Leib und Blut Christi werden genannten »Allerheiligsten«, einer gewandel- und Christus darin gegenwärtig ist und bleibt. ten Hostie, in einem Festzug zu mehreren ge - Für das Fest entstand ein eigenes Proprium schmückten Außenaltären. Am Ende schließt und Festtagsoffizinium, für das Thomas von die Prozession meist wieder in der Kirche. Aquin als Autor gilt. In Bayern fand die erste Fronleichnamsprozession 1273 in Benedikt - Zum ersten Mal wurde das Fronleichnamsfest beuern statt. Martin Luther war ein strenger 1246 im Bistum Lüttich gefeiert und 1264 von Gegner dieses Festes und betrachtete die Papst Urban IV. zum Fest der Gesamtkirche Prozessionen als Gotteslästerungen. Heute erhoben. Das vierte Laterankonzil hatte die dagegen nehmen nicht selten evangelische Wandlung der eucharistischen Gestalten mit Pastoren in Amtstracht im Zeitalter der der so genannten »Transsubstantiationslehre« Ökumene an der Fronleichnamsfeier teil. In präzisiert und zum Dogma erhoben. Katholi - der orthodoxen Kirche ist die Verehrung des ken glauben, dass in der Heiligen Messe die Allerheiligsten unbekannt. Tag des offenen Denkmals 2010 12

Fuggerhäuser

6 a) Stadtwohnhaus am Weinmarkt, Maximilianstraße 36–38 b) Die Fuggerei, Jakoberstraße 24 c) Handelskontor am Rindermarkt (jetzt Ladengeschäft), Annastraße 19

Geschichte der Fugger (1546-1618) und Octavianus Secundus Fuggerschen Handelsbeziehungen Fugger (1549-1600) haben in der »Fugger zei - tung« Nachrichten aus aller Welt gesammelt Seit dem 14. Jahrhundert bildeten sich zwei und eine Art Geheimdienst geschaffen, der die Haupthandelswege von Augsburg nach Venedig Firmenzentrale in Augsburg mit wichtigen Nach - heraus. Der so genannte »Obere Weg« führte richten aus aller Welt versorgen sollte. Die von Augsburg über Schongau, Füssen, den handgeschriebenen Berichte der »Fugger - Fern- und Reschenpass durch das Etschtal und zeitungen« stammten dabei entweder von den die Valsugana nach Venedig, der »Untere Weg« Faktoreien, den Niederlassungsleitern der Fir - führte von Augsburg über Schongau, Ober - ma in den einzelnen Städten, oder von eigens am mergau, Mittelwald und Seefeld nach Inns- bezahlten Agenten und Nachrichtenhändlern. bruck, von dort über den Brenner und das Von 1568 bis 1605 sind so rund 35.000 Seiten Puster- und Hellensteintal weiter über Cortina an Informationen zusammenge kommen, die d`Ampezzo Conegliano und Treviso nach heute zum größten Teil in der Österreichischen Venedig. Wenige Jahre nach dem Besuch der Nationalbibliothek in Wien liegen. Venezianer 1365 verdichteten sich die bis dahin nur spärlichen Handelskontakte zwi - Venedig wurde für Augsburg zwar über lange schen Augsburg und Venedig erheblich. Der Zeit der wichtigste Handelspartner in Italien, Grund dafür lag am Erfolg einer neuen Han - doch lassen sich schon sehr früh auch Kontakte delsware, die seit den 1370-er Jahren auch in zu anderen Städten der Halbinsel nachwei sen. Augsburg hergestellt wurde, dem Barchent, Die »Ilsung-Karg-Handelsgesellschaft« trieb einer Mischung aus Leinen und Baumwolle. kurz nach 1400 Handel mit Mailand. Aber nicht Die Baumwolle für das neue Gewebe wurde nur Großkaufleute finden sich im Spät mittel - in großen Mengen aus Venedig eingeführt, alter in den Städten Italiens. Auch eine ganze das die Baumwolle wiederum aus dem Reihe Augsburger Wirte sind in der Folgezeit Nildelta in Nordafrika erhielt. Der Barchent- an den Stationen der Handelswege zwischen Boom sollte bis in das 17. Jahrhundert an - Venedig und Augsburg belegbar. dauern und so zu einer der Ursachen für das Goldene Augsburg der Fuggerzeit werden. In Dank der guten Beziehungen zum Kaiserhaus dem so genannten »Fondaco dei Tedeschi« in gelang es Jakob Fugger d.R. (1459-1525), den Venedig wurden die Waren gelagert, die zum Kupferabbau und den Handel mit dem begehr - Transport nach Deutschland vorgesehen waren. ten Metall in Ungarn weitgehend unter seine Von der unglaublichen Pracht der Fugger- Kontrolle zu bekommen. Die ersten Kanonen Räumlichkeiten hat sich bis heute fast nichts des 15. Jahrhunderts waren noch aus Eisen, mehr erhalten. Aber von der Wasserseite des doch bald danach hatte sich die Verwendung »Canale Grande« aus ist auf der rechten Seite von Bronze, eine Legierung aus Kupfer und des ersten Stockwerks immer noch ein stei - Zinn, durchgesetzt. Hauptabnehmer für die ner nes Medaillon mit dem Lilienwappen der neuen Geschütze war Venedig. Die Fugger - Fugger zu sehen. 1505 brannte das Gebäude schen Bergwerke in der heutigen Slowakei, nieder, das 1507 wieder aufgebaut wurde. die damals zu Ungarn gehörte, lieferten das Danach bezogen rund 70 deut sche Firmen die Rohmaterial. Die Firma Fugger lieferte auch neuen Büros; etwa 10 dieser waren Augsburger einen Großteil des Silbers, das in der »Zecca«, Fernhandelskaufleute. der Münzprägeanstalt Venedigs, zum Prägen der Silbermünzen für Venedig notwendig war. Es wurden aber nicht nur Waren, sondern auch Diese verwalteten die Fugger bis 1524. Das Informationen ausgetauscht. Philipp Eduard Büro Jakob Fugger d. R. in Venedig war außer - 13 Tag des offenen Denkmals 2010

dem die Schaltstelle des Geldverkehrs zwi - Bruders Markus an. Er wurde damit Geschäfts - schen dem Heiligen Stuhl in Rom und den partner des berühmt-berüchtigten Papstes Königen von Ungarn für die Finanzierung der Alexander VI. Borgia. Seit 1500 im Ablass- Türkenkriege. In Rom knüpfte Jakob Fugger d.R. geschäft tätig, übernahmen die Fugger 1503 an die Geschäftstätigkeit seines verstorbenen auch die päpstliche Münzprägeanstalt.

Fugger: Stadtwohnhaus in der Maximilianstraße. Fugger: Damenhof im Stadtwohnhaus.

a) Stadtwohnhaus am Weinmarkt, Dieses Gebäude ließ er umbauen und für sei - Maximilianstraße 36-38 ne Bedürfnisse herrichten. Bei seinen beiden Bauten wurde eine Neuerung für Augsburg Die im Plural benannten Fuggerhäuser ent- eingeführt: Nachdem Jakob Fugger d.R. Kai - standen auf dem Gelände von ursprünglich ser Maximilian I. ein Darlehen gewährt hatte, mehreren Parzellen. Das Haus Litera B 10b erhielt er im Gegenzug das Privileg, ungari - gehörte im 14. Jahrhundert dem Kaufmann sches Kupfer zollfrei nach Augsburg ein zu - Johann Rehm bis im Jahr 1494 die Witwe führen, um damit das Dach seines Hauses Sibylle Arzt, geb. Sulzer, dieses Anwesen decken zu lassen. Somit erhielt erstmals ein erwarb. Ihre gleichnamige Tochter heiratete Haus in dieser Stadt ein kupfernes Dach. Die 18-jährig im Jahr 1498 den damals 30-jährigen damalige Gestaltung der Hausfassade zum Jakob Fugger. Nach der Hochzeit wohnte das Weinmarkt hin wird dem Augsburger Maler Ehepaar zunächst bei der Schwiegermutter, Hans Burgkmair (1473–1531) zugeschrieben. bis Jakob Fugger d. R. 1511 das Anwesen ab - kaufte. Ein Jahr später erwarb er das Nachbar - Nach dem Tod Jakob Fugger d.R. gelangten haus Litera B 10a aus dem Besitz der Familie die Fuggerhäuser durch Erbschaft in den Be- Ehinger. Anschließend ließ er die beiden sitz seiner Neffen Raymund (1489–1535) und Ge bäude niederreißen und zwischen 1512 und Anton (1493–1560). In den Jahren 1531 und 1515 an deren Stelle ein einheitliches Gebäude 1532 erwarb Anton Fugger zusammen mit errichten. Als Baumeister vermutet man Jakob Raymund die auf der Westseite anschlie ßen - Zwitzel (1470-1540). Das Haus Litera B 11 ge - den Anwesen Litera B 207 und 209, die in den hör te 1389 der Witwe des Patriziers Johann folgenden Jahren bis 1535 in die bestehenden Langenmantel. Im Jahr 1424 ging es dann in Fuggerhäuser architektonisch einge gliedert den Besitz der Familie Endorfer über und wurden. Dadurch entstand der so genannte ver blieb bei ihr bis 1507. Damals kaufte Jörg »Serenaden-Hof«. Königsberger das Anwesen und veräußerte es schon zehn Jahre später an Jakob Fugger d.R. Tag des offenen Denkmals 2010 14

b) Die Fuggerei, Jakoberstraße 24

1514 erwarb Jakob Fugger d.R. (1459-1525) mit seinen Brüdern Ulrich (1441-1510) und Georg (1453-1506) etliche Anwesen außerhalb des »Barfüßer Tors« in der Jakobervorstadt. Im Jahr 1516 stiftete er hier eine Wohnsied - lung für »…arm, dürftig Bürger und Inwohner zu Augsburg so öffentlich das Almosen nicht suchen…«. Der Maurermeister Thomas Krebs errichtete 1519 bis 1523 insgesamt 53 Häuser mit je zwei Wohneinheiten, die seit dem frühen 17. Jahrhundert mit Hausbrunnen aus- gestattet waren. Diese einzigartige, Idealstadt- Vorstellung der Renaissance im Kleinen reali - sierende Anlage führte darüber hinaus

unverkennbar die Tradition niederländischer Beginenhöfe fort. Zweigeschossige, uniforme Traufseitenbauten in Zeilenbauweise reihen sich längs der Herrengasse und fünf auf diese zulaufende Nebengassen; den Ostabschluss bildet die parallel zur Herrengasse verlaufen de Saugasse. Die Fuggerei verfügte früher neben der Kirche St. Markus über eine Schule, eine Krankenstation für Fuggersche Bediens tete und beherbergte das Holz- und Schneid haus. Oben Fuggerei: Höchstetter Erker Im Februar 1944 wurde die Anlage zu 90% zer - am Verwaltungsgebäude in der stört. Der Wiederaufbau (1947-1955) und die Jakoberstraße. Erweiterung um den Witwenbau wurden allein aus Mitteln der Fuggerschen Stiftungen finan - Mitte links ziert. Das Senioratsgebäude beherbergt Reste Fuggerei: Kriegsschadensplan, des zerstörten Fuggerhauses am Rinder markt zerstörte Gebäude = X. und die Kapelle St. Leonhard aus dem ehema - ligen Rehlinger-Haus (Ecke Karl- und Karoli nen - Unten straße). Ebenso aus einem familienfremden Fuggerei: Blick nach Westen mit Anwesen, nämlich dem Höchstetter-Haus am Rathaus und Perlach im Hintergrund. Kesselmarkt stammt der Eckerker. Heute um - fasst die Fuggerei 67 Häuser mit 147 Wohnun - gen, in denen Augsburger Bürger wohnen, die das 55. Lebens jahr überschritten haben und ohne eigenes Verschulden in Not geraten sind. 15 Tag des offenen Denkmals 2010

Fugger: Ehemaliges Handelskontor an der Annastraße; das Westportal wird von einem kielbogigen Giebel bekrönt.

c) Handelskontor am Rindermarkt, die im 1473 von Kaiser Friedrich III. ausgestell - jetzt Ladengeschäft, Annastraße 19 ten Wappenbrief mit Helmzier (Büffelhörner und Ohren) in einem Schild gemein sam auf - Das Gebäude in seiner heutigen Form, wel ches treten. Die ebenfalls bei den Porta len auftre- im Bombenhagel 1944 völlig zerstört wurde, tenden Löwen sind nicht Wappentiere, sondern erinnert nur noch mit seinen spätgotischen als Wappenhalter zu verstehen. Während das Portalen (um 1495) in der Annastraße (West- Westportal von einem kielbogigen Giebel über - en) und der Philippine-Welser-Straße (Osten) fangen wird, zeigt das Ostportal den Dreipass an das ehemalige Handelkontor der Familie als Abschluss. Die mit Zirkelschlag konstruier - Fugger. 1488 erwarb die Familie Fugger das ten voll- und halbplastischen Rippen haben Anwesen, welches für Ulrich und Georg nur noch schmückende Funktion. Der Portal - Fugger nach dem Tod des Bruders Jakob d.R. bogen ist gedrückt und leicht gestelzt. Wie na- 1490 bis 1495 erweitert worden ist. Der Flach - he noch das Figürliche dem Formenreper toire erker über einer lang gestreckten Konsole im der architektonischen Zierelemente steht, lässt Mettlochgässchen stellt eine 1950 mit reduzier - sich an den Löwenschwänzen erkennen, die ten Mitteln geschaffene Rekon struktion der wie gotische Krabben gemeißelt sind. »Goldenen Schreibstube« Jakob Fuggers d.R. dar. Bis 1767 blieb das Gebäude im Besitz der Dass die Portale keine geschickte Erfindung Familie Fugger, und 1897 erwarb Konrad Nill, des 19. Jahrhunderts beim Umbau 1898/99 Besitzer des Textilhauses Kröll & Nill das An- durch den Architekten Jean Keller (Architekt wesen. Es wurde zu einem pracht vollen Textil - des Kurhauses in Göggingen) sind, bezeugt kaufhaus umgebaut und 1900 eröffnet. ein Inventar von 1746, in dem die Löwen und Wappen genannt sind. Sicherlich sind sie aber Beide Portale führen als Supraporten jeweils während der neugotischen Umbauphase stark eine Würdigung beider Lilientypen zum Thema, ergänzt worden. Tag des offenen Denkmals 2010 16

Handelsmärkte

7 a) Fischmarkt, Am Hinteren Perlachberg b) Brotmarkt, Perlachberg/Karolinenstraße c) Fleischmarkt, Metzgplatz 1 d) Obstmarkt, Obstmarkt 6 e) Kornmarkt, Moritzplatz

Weinmarkt 1634: Huldigung für König Gustav Adolph von Schweden.

Marktstadt Augsburg Stadtrecht von 1156 und das von 1276 weisen Augsburg als Marktstadt aus. Gab es in der Als Handelsstadt und Sitz international tätiger Antike bereits Ladengeschäfte, so wurde der Familienunternehmen wurde Augsburg schon Warenverkauf im Mittelalter per Hausierhan del im Mittelalter wohlhabend. Die großen Kauf - getätigt. Erst im 15./16. Jahrhundert ent wickel - manns- und Unternehmerfamilien wie Höch - ten sich Läden neben den Märkten. Die Markt - stetter, Welser, Ilsung oder Fugger, deren ordnung schloss dann teilweise Geschäfts inha - Namen man mit der Reichsstadt verbindet, ber vom Straßenmarkt aus. Nach der Einglie - spielen im Marktleben keine Rolle. Die so de rung in das Königreich Bayern wurde in genann ten »Versorgungsmärkte« sind ver - Augsburg 1815 eine neue Marktordnung bunden mit meist anonym gebliebenen Klein - eingeführt. Es wurden deutliche Erleichte run - händ lern, Fischern, Metzgern, Bäckern und gen für den Handel bewirkt und es gab keine Bauern, die den vielfältigen Bedarf der Bewoh - unterschiedlichen Maßeinheiten innerhalb ner einer großen Stadt deckten. Die Augsbur - bayerischer Städte mehr. ger Marktgeschichte beginnt bereits vor rund 2000 Ja hren als Hauptstadt »Augusta Ab 1930 machte der neue Stadtmarkt die Stadt - Vindelic(or)um« der römischen Provinz » straßen für den Verkehr frei, indem er alle Raetien«. Die damali ge Versorgung erfolgte Viktualienmärkte aufnahm. Nur wenige Märk te hauptsächlich durch Hän d ler, die den Fernhan - blieben bis in die Gegenwart erhalten. Der del organisierten, aber auch den lokalen Handel Christkindlsmarkt und die Jakober Kirch weih, betrieben. An der Stephans gasse wurde von die Dult und der Plärrer. Die jüngste Zeit Archäologen eine große als Markthalle ge - beschert eine Märkte-Renaissance. Die Devise nutz te Basilika entdeckt, die verschiedenen »Vom Erzeuger direkt zum Verbraucher« ließ Ladengeschäften Platz bot. Mindes tens 250 in mehreren Stadtteilen Wochenmärkte wieder Jahre erfüllte dieser Markt seine Versor gungs - aufleben. Augsburgs Rolle als Marktstadt ist funktion. Urkundlich ist Augsburg mit seinem keineswegs abge schlossen. Das Marktgesche - Marktwesen anno 1030 erwähnt, und das hen unterliegt nur einem Wandel. 17 Tag des offenen Denkmals 2010

Am Hinteren Perlachberg: Der Fischmarkt um 1600.

a) Fischmarkt, Am Hinteren Perlachberg 6: befindet, hingen ortsfeste Fischkästen im Wasser, denn auf diesem von Brunnenbach - Im Jahr 1260 sind offensichtlich schon länger wasser durchflossenen Areal durften nur fest installierte Fischstände und andere Ver - lebende Fische und Krebse verkauft werden. kaufsbuden zwischen der St.-Peters-Kirche am Ein weiterer Lebendfischverkauf befand sich Perlach und dem Rathaus Streitgegenstand unterhalb des Fischer tors. Hier lag das so zwischen den Stiftsherren von St. Peter und genannte »Fischerviertel«, nach dem seit etwa der Freien Reichsstadt Augsburg. Die frühe 1450 das »Fischertor« benannt wurde. In dem Erwähnung des Fischverkaufs auf dem her- dortigen Teil des Stadtgrabens wurde der vorragend gelegenen Marktplatz, der heute zweite Fischhandel betrieben. noch den Namen »Fischmarkt« trägt, ist ein Beleg dafür, dass Fisch in Augsburgs Küchen Der Fischmarkt beim Rathaus war natur gemäß schon im 13. Jahrhundert große Bedeutung der Idealplatz für einen Brunnen. Schon 1416 zukam. Bis zum Jahr 1902 wurde an dieser wurde dazu ein Ratsbeschluss gefasst, der Stelle der Fischhandel rege betrieben. erst 1509 durchgeführt wurde. Zuerst errich te - te man ein steinernes Becken, und anschlie ßend Im Stadtrecht von 1276 ist der Zunft der Fisch- schuf 1510 der Bildhauer Sebastian Loscher er ein breiter Raum gewidmet und es wurden (1482–1551) eine hölzerne St.-Ulrichs-Figur, bestehende Marktrechtsverhältnisse schriftlich die vergoldet wurde. 1518 kam noch ein kup - fixiert. So ist darin der Verkauf der von weither ferner darauf. Im Jahr 1537 löste ein gebrachten Heringe, Aale und Störe geregelt: Neptun die Ulrichsfigur ab und bis 1593 bil de - Niemand durfte im Umkreis von einer Meile te der Meeresgott den passenden Mittel punkt (= 7,5 km) Fische aufkaufen, der diese wieder auf dem Fischmarkt bis er 1888 dem Neubau mit Gewinn verkaufen wollte, d.h. ein Zwischen - des städtischen Verwaltungsgebäudes wei chen handel war verboten. Wer sich Fische frisch musste. und lebend aus dem Wasser aussuchen wollte, musste nur den Perlachberg hinunter und nach Noch heute steht er an seinem Ausweichquar - der Barfüßerkirche ein paar Stufen abwärts an tier, dem Jakobsplatz in der Jakobervorstadt den »Fischgraben« gehen. Dort, wo sich heute nahe der Fuggerei. ein kleines Cafe Tag des offenen Denkmals 2010 18

b) Brotmarkt, Perlachberg/Karolinenstraße wurde geregelt: An zwei Tagen der Woche durf - te nach Prüfung durch vereidigte Beschauer Bereits im Jahr 1156 wurde im ersten Augs - nur einwandfreie Ware angeboten werden. bur ger Stadtrecht den Bäckern auferlegt, ihr Zu den angebotenen Fleischsorten zählten Brot nach dem richtigen Gewicht zu backen. Schweine, Kälber, Lämmer, Kitze und Ochsen. Anno 1248 wurden erstmals Brot-Verkaufsti - Im Jahr 1396 wurden die so genannten sche im Freien erwähnt, an denen sechserlei »Fleischbänke« im Parterre des »Tanzhauses« Brotsorten angeboten werden mussten. Einer am »Weinmarkt« platziert, und wer dort ver - der Brotmarktplätze war der »Fischmarkt« kaufte, war ein »Bankmetzger«. In der Bezeich - zwischen Perlach und Rathaus. Im zweiten nung »Freibank« ist dieser Begriff bis in unse re Stadtrecht von 1276 wurde der Verkauf von al - Zeit gebräuchlich geblieben. tem Brot verboten und Größe sowie Gewicht wurden festgelegt. Änderte sich der Korn preis, Der beste Verkaufsplatz für die Metzger war so wurde nicht der Verkaufspreis geändert, jedoch die »Metzg auf dem Perlach«. 1548 sondern die Größe des Brotes. Diese Rege - übernahm die Stadt im Zuge der Enteignung lung hatte noch im 19. Jahrhundert Gültigkeit. der Augsburger Zünfte dieses Gebäude. Aber 1283 wurden die beweglichen Brotstände auf schon 1592 hatte der Rat einen Neubau eines dem »Fischmarkt« durch ein Brot haus ersetzt. Fleischmarktes an derer Stelle ins Auge gefasst Darin durften nur Augsburger Bäcker ihre und erwarb 1598 den Baugrund dafür am Fuß Wa ren anbieten, während Fremde und Ein - des Perlachbergs. Dort fließt ein Lechkanal, heimi sche, die außerhalb der Stadt ihr Brot der für die hygienische Reinhaltung Gewähr herstell ten, von Karren und Wägen ihre Ware bot. Dennoch ist erwähnenswert, dass in verkau fen mussten. Und auch vor der dieser Metzg nicht geschlachtet wurde, son- »Leonhards kapelle«, an der Ecke Karolinen- dern nur die Waren gelagert und verkauft straße / Karl straße, wurde dieses von außen wurden. Zum Schlachten dienten eigene eingeführte Brot angeboten. 1396 erhielt die »Schlachtschuppen«. Bäckerzunft im neu erbauten »Tanzhaus« am so genann ten »Weinmarkt« (heute: zwischen Der Stadtbaumeister Elias Holl (1573–1646) Merkur brun nen und Herkulesbrunnen) zusätz - wurde beauftragt, einen großartigen Bau für liche Verkaufsstände in der weiträumigen die »Neue städtische Metzg« unter dem Per- Markt halle im Erdgeschoss. Auch die Metzger lach zu errichten. Von 1606 bis 1609 dauerte boten dort ihre Waren an. Über zweihundert der schwierige Bau mit der Überbauung des Jahre lang war der Brot- und Fleischmarkt im fließenden Gewässers. Es wurden 127 Metz - »Tanz haus« vereint. 1602 bekam Elias Holl gerbänke, die Vorläufer heutiger Kühl-Verkaufs - (1573– 1646) von der Stadt den Auftrag, das theken, in der großen Erdge schosshalle alte Brot haus abzubrechen und es durch einen auf ge stellt. Diese blieben aus schließlich den Neubau, das »Bäckerhaus«, zu ersetzen. Nach Zunft-Metzgern vorbehalten. Sofern sie nicht dem Drei ßigjährigen Krieg sah sich die Reichs - aufgrund alter Rechte in den Besitz der Fami- stadt aus Geldnot gezwungen, dieses neue lie kamen, wurden sie unter den Zunftge - Zunft haus an der Karolinenstraße zu verkaufen. nossen verlost. In den Kellern konnte bis zu Dieses bot bis zur Zunftauflösung 1868 den drei Tagen das Fleisch dank des hindurchgeleit- Bäckern eine neue Heimat. Das Gebäude wurde eten Kanals gekühlt aufbewahrt werden. Um 1944 im Bombenhagel zerstört und ist nicht 1615 arbeite ten 180 Metzger dort, und vor den mehr aufgebaut worden. Eingängen durften Metzger witwen sowie die Frauen und Kinder armer Metzger billigeres Fleisch verkaufen. c) Fleischmarkt, Metzgplatz 1

Das erste Stadtrecht von 1156 nannte die Metz - d) Obstmarkt, Obstmarkt 6 ger »Carnifices« (lat. »Fleischmacher«), denn schon zur Zeit der Römer wurde in Augsburg Auch beim Obst war wie beim Fisch, Fleisch die Fleischversorgung sicher ge stellt. Breiten und Brot im Stadtbuch von 1276 der Verkauf Raum nahmen die Fleischer u nd der Fleisch - geregelt. Demnach sollte jedes Obst den glei - markt im späteren Stadtrecht von 1276 ein. chen Preis haben. Wie auch beim Brot- und Das Stadtrechtsbuch erwähnte ein öffentliches Fleischhandel wurde der Obstverkauf 1429 im Schlachthaus und auch der Fleisch verkauf »Tanzhaus« am »Weinmarkt« betrieben. Ein 19 Tag des offenen Denkmals 2010

Ratsbeschluss von 1523 verlegte den Obst - ge baut, jedoch größer und breiter als im Ver- markt an die heutige Karlstraße, wo sich der trag vereinbart. 118 Jahre lang stand die ser ehemalige »Saumarkt« befand. Dieser wurde noch relativ kleine Bau an seiner Stelle, bis bereits 1448 auf den Jakobsplatz in die Jakober - 1545 ein stattlicher Neubau erfolgte. Dabei vorstadt verlegt. Der neue Standort des Obst- wurde der Friedhof von St. Moritz, wo die er- markts weitete sich aus bis hin zum so genann - sten Fugger-Generationen beigesetzt wurden, ten »Kesselmarkt« beim Hohen Weg. Dort eingeebnet und mit Ziegelpflastern versehen; blieb er bis 1930 bestehen, bis die Händ ler in es wurden bessere Zufahrten geschaffen, und den neuen »Stadtmarkt« ziehen mussten. Zur auch die kleinen, heute noch bestehenden Lä- Verhütung von Verteuerung wurde im Jahr den am Chor der Moritzkirche entstanden um 1549 ein Ankaufsverbot von Obst innerhalb diese Zeit. Verkaufen konnte an der Schranne drei Meilern (= 22,5 km) um die Stadt verfügt. jedermann, kaufen dagegen normalerweise Es musste direkt vom Erzeuger auf dem Markt nur ansässige Augsburger. Die Bäcker, Müller angeboten werden. Schon im 15. / 16. Jahr - und Mehlhändler und Brauer waren die wich - hun dert ist neben dem heimischen Obst auch tigsten Kunden. Der Handel lief nach den stren - so genanntes »feines Obst« verkauft worden. gen Vorschriften einer Schrannenordnung. Dazu zählten Zitronen, Orangen und Feigen. Diese Güter fanden natürlich nur Absatz in re- 1754 errichtete der Stadtbaumeister und Stein - ichen Bürgerhäusern. Für die Darbietung des metz Georg Fink (1680-1755) eine neue Obstes wurden in den folgenden Jahr hun der - Schranne. Das Modell dafür befindet sich ten an der nördlichen Straßenzeile feste Holz - heute im Maximilianmuseum. Bis zum Jahr buden errichtet, während früher der Verkauf 1808 diente diese Schrannenhalle ihrer ur- direkt von Erntekarren üblich gewesen ist. Ein sprünglichen Verwendung bis sie zum Feuer- kleiner Stadtführer von 1837 berichtet, dass wehr-Gerätehaus umgewandelt wurde. Noch an dem »Obstmarkt« am Freitag ein großer ein Jahrhundert durfte das Gebäude bestehen Verkehr stattfinde, wo nun auch württember- bleiben, bis es 1906 endgültig abgebrochen gische Obsthändler ansässig waren. Diese wurde. In den Jahren 1808 bis 1873 wurde fremdländischen Verkäufer haben das Verkaufs - noch ein weiterer Ort für den Getreide handel recht noch aus der Zeit der »Markgrafschaft benutzt: der Platz vor der evangeli schen und Burgau« bewahrt, als diese Region im 18. Jahr - katholischen Ulrichskirche, der heutige Ulrich- hundert für die Reichsstadt Augsburg Lieferant splatz. Die dazugehörige Schrannenhalle war gewesen ist. zu dieser Zeit die »Allerheiligenkapelle« der katholischen Basili ka. Der Getreidebedarf der Stadt Augsburg wurde immer noch größer e) Kornmarkt, Moritzplatz und so musste im Zeitalter der neuen Techno - logien ein Umden ken erfolgen. Mit dem Bau Zu keinem Lebensmittel finden sich ab der der Bahnlinie nach München, Eröffnung 1840, Zeit des 13. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhun - wuchs der Gedan ke an eine Schrannenhalle dert hinein mehr Erlasse, Marktordnungen, mit Schienenan schluss. So hatte die Stadt das Anweisungen und Schriftverkehr als zum »von Halder sche Gartengut« zwischen dem Getreide. Die städtische Schranne sollte der Gögginger Tor (= Königsplatz) und dem Bahn- alleinige Umschlagplatz sein Das Hochstift, hof erworben; dort wurde die neue Schranne die Klöster und auch die Zünfte hatten Korn - errichtet. Ab 1874 wurde das neue Gebäude lagerhäuser, die so genannten »Kornkästen«. genutzt. Die neue Schranne diente am Ende Eine Eigenvermarktung durch Domkapitel, des 19. Jahr hunderts auch der überörtlichen Bischof und Konvente sah die städtische Versorgung. Der Kornmarkt stellte eine mehr Obrigkeit als unzulässig an. Das führte häufig und mehr versiegende Einnahmequelle für die zu Streitigkeiten mit den Klerikern. Das reichs - Stadt dar, und so wurde diese große Schranne städische Proviantamt griff durch Ankauf ab 1905 auch Lagerhaus für sonstige Lebens- und Vorratshaltung in den sechs städtischen und Futtermittel. In den beiden Weltkriegen »Korn häusern« ein, um die Preisgestaltung wechselte die Schranne an der Handelstraße mit zu bestimmen. Im Jahr 1303 ist der Bau öfters ihr Gesicht und wurde letzt lich nur noch einer ersten »Schranne« Inhalt eines Abkom - Lager und Verkaufsraum für private Obst- und mens zwischen dem Stift St. Moritz und der Gemüsehändler. 1886 erfolg te der Abbruch der Freien Reichsstadt. Erst 1427 wurde diese auf - Schranne Tag des offenen Denkmals 2010 20

Handelswege

8 a) Via Claudia Augusta b) Die Flößer und der Floßländeplatz in Lechhausen

a) Via Claudia Augusta

Im Zuge der römischen Eroberungen des Vor - alpenlandes nutzen Drusus und Tiberius, die Stiefsöhne von Kaiser Augustus, 15 v. Chr. bei ihrem Vormarsch von Oberitalien in das Ge- biet »Raetia et Vindelicia« vorhandene aber unbefestigte Wege. Drusus Sohn, Kaiser Clau- dius, ließ diese Straße befestigen und gab ihr den Namen »Via Claudia» Sie war die einzige römische Straße, die von Italien bis ins Voral- penland reichte. Nach Auskunft eines Meilen- steins begann sie nördlich von Venedig in der Stadt Altinum und verlief über Treviso, Feltre und dem Val Sugana bis ins Etschtal bei Trient. Neueste Forschungen sagen, dass in der östlichen Lombardei ein zweiter Aus - gangspunkt der »Via Claudia« existiert haben soll. Dieser zweite Straßenzweig führte nach Verona und folgte ab hier dem Etschtal, wo er bei Trient mit dem Zweig aus Venetien zusam- mentraf. Von dort führte die »Via Claudia« weiter nach Norden und gabelte sich nördlich von Bozen. Der westliche Stra ßenzug verlief über Meran, Reschen- und Fernpass ins Lech- Via Claudia Augusta: Sie war die einzige tal und begleitete den Fluss bis nach Augsburg. römische Straße, die von Italien (nördlich Die östliche Trasse überquerte den Brenner- von Venedig) bis ins Voralpenland reichte. pass und den Seefelder Sattel und vereinigte sich im Voralpenland mit dem anderen Zweig. Nördlich von Augsburg verlief die Straße bis Im Augsburger Stadtgebiet ist vom Verlauf zur Donau, wo sie in der Nähe von Mertingen der ehemaligen »Via Claudia Augusta« nichts in die Donausüdstraße einmündete. Die mehr zu sehen. Die Trasse durchzieht das Gesamt län ge wird mit 350 Meilen (= 517 km) Stadtgebiet in Nord-Süd-Richtung etwa in angegeben. Entlang dieser wichtigen Fern- der Linie Haunstetter Straße, Maximilian-, straße befanden sich Rast- und Pferdewech - Frauentor- und Donauwörtherstraße. sel statio nen, und dem antiken Reisenden standen bereits Straßenkarten und Routen - beschrei bun gen zur Verfügung. 21 Tag des offenen Denkmals 2010

b) Die Flößer und der Floßländeplatz ßer mit ihren Reisesäcken und Ledertaschen in in Lechhausen die Lechhauser Flößerherberge, die >Lände<. Da wurden zunächst die mächtigen Wasser stiefel Als der Stadt Lechhausen durch das König - ausgezogen und die durchnässten rauen Kittel reich Bayern ein Wappen zugewiesen wurde, an die Ofenstange zum Trocknen aufgehängt. entschied man sich für eine Darstellung von Bei der Fahrt durch die Floßgasse am Hochab- Lech und dem Haus der Lechhauser Floßlände. laß hatten sie noch einen ergiebigen Sturzre- gen aus der tosenden Flut über sich ergehen lassen müssen. Alsdann setzten sich die wet- tergebräunten Männer an den Tisch, über dem von der Decke ein Floß als Zunft zeichen hing und standen auch beim kräftigen Trunk Ihren Mann. Dabei erzählten sich die Flößer wirkli- che und richtige Aben teuer aus ihrem schwe- ren Werktag. Wer der lustigen Unterhaltung lauschte, der fand bestätigt, was der Volks- mund behauptete, es könne niemand so fürch- terlich lügen wie ein Flößer«.

Oft ging die Fahrt am nächsten Tag weiter. »Am nächsten Morgen aber standen sie früh- zeitig auf; die aufgehende Sonne sah sie be- reits auf dem Ländeplatz, wo sie alles Notwen- dige zur Abreise vorbereiteten. Dann setzten die Männer die Ruder an die Kipfen, beteten, wie es seit Urzeiten üblich war, ein >Vater un- ser<, schwenkten die graugrünen Hüte zum Gruße und weiter ging es in Gottes Namen lechabwärts zur Donau, oft sogar bis nach Linz oder Wien.«

Eine von Jahr zu Jahr steigende Zahl von Flö - ßen beendete die Fahrt jedoch am Lechhauser Ländeplatz. Der Lechhauser Floßhafen wurde Hochablaß: Flößerdenkmal an der Wehr - oft auch als »Holzgarten« bezeichnet, weil dort anlage nahe der ehemaligen Floßgasse. zum Teil die Flöße auseinandergenommen wurden, umgeschlagen und das Holz für den Weitertransport auf dem Landweg vorbereitet Damit wird im wichtigsten Symbol des Ortes wurde. Um 1800 wurden jährlich auf dem Lech auf seinen Fluss und das wichtigste Gewerbe ca. 3.000 Flöße gezählt. Der Lechhauser Holz- auf dem Fluss hingewiesen. Denn die Floß län - garten erwies sich bald als zu klein und man de war einst die Flößerherberge. musste an seine Erneuerung herangehen.

Josef Niedermayr beschreibt das Geschehen Der Stadtbaumeister von Friedberg, Johann dort sehr plastisch: Nep. Linger, erhielt den Auftrag, einen ent- »Täglich kamen Flöße an. Wollten sie am Holz - sprechenden Plan zu zeichnen. 1793 legte er garten anländen, dann mußten sich die Floß - ihn den obersten kurfürstlichen Beamten in knechte gewaltig gegen den >Sprauß< stem- Lechhausen vor. Darauf verlief der »Einfang« men und die Ruder knarrten am >Kipfen< bis des Holzgartens im Süden entlang der »Gega - das Floß von den kräftigen Ländegehilfen am belten Straß« (= Brentanostraße), im Westen Landpflock festgebunden war. Das Anländen war der mit Pappeln versehene »Wasser - war besonders schwierig, wenn der Lech sich damm«. Der neue Holzgarten war mit dem mit Schnee- und Regenwasser vollgesoffen Augsburger Ländeplatz durchaus konkurrenz- hatte und davon dick, unbändig grob und fähig geworden und genügte allen Ansprü - rauflustig geworden war. Nach der sicheren chen. Im Jahr 1850 war die Zahl der Flößer auf Verankerung des Floßes begaben sich die Flö - rund 4.000 gestiegen. Fünfzig Jahre später Tag des offenen Denkmals 2010 22

schwammen nur noch etwa 200 Flöße jährlich »Entartung« und die Verleumdung als »bol- den Lech hinunter. Am 9. Juni 1914 trafen in schewistischer Künstler«. Augsburg-Lechhausen die letzten beiden Flöße ein. Sie durchfuhren die Floß gasse des Trotzdem gelang es ihm die Anerkennung der nach den schweren Hochwasser zerstörungen nationalsozialistischen Machthaber und Funk - von 1910 neuerbauten Hoch ab lasswehres. tionäre doch noch für sich zu gewinnen und er Anlass zu dieser letzten Fahrt war der Besuch erhielt neue Aufträge. So wurde 1938 der von von König Ludwig III. in Augsburg. Beide Flö- ihm geschaffene »Hochofenarbeiter« am Krie- ße landeten bei der Floßlände in Lechhausen. gerdenkmal der MAN für die Gefallenen im Die Besatzung begab sich dann zur Augsbur- 1 .Weltkrieg aufgestellt. Im selben Jahr wie der ger Flößerherberge »Stockhaus« und ließ dort Hochofenarbeiter entstand der »Isar flößer« für diese letzte Fahrt auf Kosten des Königs fröh- die Stadt München, die die Idee hatte, »der lich ausklingen. 1914 verfiel auch die alte Lech- bald aussterbenden Isarflößerei und insbeson- hauser Lände dem Abbruch. An ihrer Stelle dere den kernigen Flößern, die so charakteris- entstand ein stattliches Gebäude, das wenigs- tisch für die Isarstadt München sind, ein Denk- tens noch mit seinem Namen an die alte Lech- mal zu setzen«. Der äußere Vorwand für die hauser Flößerherberge erinnert. Dieses Haus Ablehnung des Koelle´schen Entwurfs entzün- wurde im 2. Weltkrieg zerstört. Der alte Lech- dete sich an der Gewandung des Flößers. Ein hauser Holzgarten wurde allmählich überbaut. solch derber Heros hatte dem nationalsozialis- tischen Kunstver- ständnis nach die Muskeln seines nackten Oberkör- pers spielen zu lassen. Dagegen wehrte sich Koelle erfolgreich: »Den Mantel benötigt jeder Flößer, Som - mer wie Winter beim Passieren der Schleusen, um sich vor Nässe zu schützen, das das Wasser in den Schleusen über das Floß schlägt«. Letztendlich fand Flößerei: Historische Aufnahme um 1880. Fritz Koelle: Der Flößer. die 3,60 m hohe Original version Zur Erinnerung an die Tradition der Flößer auf des »Isarflößers« ihren Platz in Thalkirchen auf dem Lech initiierte vor drei Jahren eine enga- der Isarlände. Die Plastik wurde 1940 im Rah- gierte Gruppe Lechhauser Bürger die Aufstel - men der Großen Deutschen Kunst ausstellung lung der Plastik »Der Flößer« von Fritz Koelle, im Haus der Deutschen Kunst gezeigt. Ein klei- der in Augsburg 1895 geboren wurde, und nerer Ab guss wurde jetzt in Lechhausen aufge- auch seine letzte Ruhestätte fand er 1953 in stellt. Der »Flößer« in Lechhausen ist also kein Augsburg. Dazwischen lagen 58 wechselhafte »Lechflößer« sondern ein »Isarflößer«. Jahre. Die Inschrift auf seinem Grab auf dem Protestantischen Friedhof: »Er suchte die Hei - Mehr zu Fritz Koelle bei Eva Pasche: mat und fand sie erst im Tode« ist program - »Fritz Koelle«, Essen 2001 und unter Wikipedia matisch für Koelle. Er war zeitlebens ein unter »Isarflößer«. »Suchender«, das betraf sowohl sein Leben als auch seine Kunst. Als einer der besten, überzeugendsten realistischen Bildner des Arbeiters während der Weimarer Republik anerkannt, ereilte ihn 1933 der Vorwurf der 23 Tag des offenen Denkmals 2010

Stadttore als Reisewege 9 Jakober Tor

Jakobertorstraße 79

Das Jakobertor ist eines von vierzehn Reichs - vor stadt. Sie war zwar niedrig, doch es war der stadt-Toren. Diese waren das Rote Tor, das An fang einer bald verbesserten wehr haften Halltor, das Gögginger Tor, das Klinkertor, Befestigung. Darin wurde auch die »nova por- das Wertach brucker Tor, das Fischertor, das ta« integriert, die nun ihren heutigen Namen Stephinger tor, das Oblattertor, das Jakobertor, Jakobertor erhielt. Wie in den Fundamenten das Vogeltor, das Schwibbogentor, das Heilig vieler früherer Gebäude, so benutzte man Kreuz Tor, das Frauentor und das Barfüßertor. auch in der Sockelzone dieses Baus Steine des Fünf dieser Tore bestehen heute noch, zu römischen Augsburgs. Inschrift-Fragmente denen auch das Jakobertor zählt. sind noch heute davon sichtbar. In der Durch- fahrt zeigt ein verwitter tes Relief vermutlich 1346 wurde zum ersten Mal von einer »nova Kaiser Sigismund, der um 1430 Anregungen porta«(lat. »neues Tor«) berichtet, die vermut- zur Augsburger Befes tigung gegeben haben lich schon 1249 einen Vorgängerbau hatte. Das soll. genaue Baujahr des Stadttors ist nicht bekannt, doch man setzt aus stilistischen Gründen die Die seit der Erbau ung nur wenig veränderte Mitte des 15. Jahrhunderts fest. Der heute noch Architektur ist trotz der scheinbaren Einfachheit beeindruckende Torbau sicherte den Stadtaus - des Torbaus interessant: Die Durchfahrt befin - gang nach Osten ins bayerische Gebiet. 1370 det sich in einem quadratischen Unterteil, das wurde zur besseren Reisebedingung eine Stein - sich auch in den drei darüber liegenden Wohn - brücke errichtet, die jedoch fast 300 Jahre geschossen (einst Wächterwohnung) fortsetzt. spä ter, 1632 dem feindlichen Schwedenkönig Gustav Adolf ebenso bequeme Bedingungen Dann geht der Turmgrund riss in ein Achteck zum Einmarsch in die Freie Reichsstadt Augs- über, auf dem das ebenfalls achteckige, spitze burg bot. Trotz der baulichen Maßnahme eines Zeltdach sitzt. In einer flachen Nische am 1458 Vortors mit Fallgitter (1458) konnte der Ein- angeführten Vorbau befindet sich seit 1953 ein marsch nicht verhindert werden. Ab 1415 modernes Christophorus-Bild. Das Jakobertor umschloss eine Mauer die gesamte Jakober - kennen wir als Rohziegelbau. Historische Ab- Tag des offenen Denkmals 2010 24

Blick von der Feldseite auf die nach Abtragung der Stadtmauer noch voll ständig erhaltene Jakobertoranlage (ca. 1876)

bildungen vermitteln jedoch ein anderes Bild, Tor samt Stadtmauer bis zum »Unteren St. denn ursprünglich war das Tor verputzt. An- Jakobs Wasserturm« ausgenommen. Im Jahr fang des 19. Jahrhunderts war der Bewurf 1876 rang sich ein Gremium zu dem Beschluss teilweise abgefallen und so kamen die ein - durch, das Jakobertor doch ab bre chen zu gemauerten römischen Steine wieder zum lassen. Es bildete sich jedoch eine Bürgerini- Vorschein. Elias Holl (1573-1646), der die tiative aus unterschiedlichen Gesell schafts - meisten Stadttore umbaute, beließ dieses schichten, um den romantischen Torbau zu Osttor in seinem gotischen Zustand. erhalten. Es war dann auch bei den Stadt - planern die Erkenntnis gereift, dass die Besei ti - 1866 befand sich das Stadttor in Besitz des gung des Tores die breite Jakoberstraße ihres bayerischen Militärs und es diente als Militär - östlichen Abschlusses beraubt wäre und sich gefängnis. Im Jahr 1869 trat die »Königlich eine breite Öffnung zwischen der Altstadt und Bayerische Commandantschaft der Stadt den östlich gelegenen Neubauvierteln ge ris - Augsburg« dem Magistrat den Turm ab und sen hätte. In der Bombennacht 1944 stand auch er ging dann in städtisches Eigentum über. das Jakobertor in Flammen und es brann te völlig aus. Trotz des üblen Zustands war aber Schon bald darauf wurde der Abbruch des an einen Abbruch nicht zu denken und es wur- Turms von Bürgern der Jakobervorstadt den intensive Baumaßnahmen zur Wie der - gefordert: Der Unternehmer Johannes Haag herstellung vorgenommen. Das alte Stadt tor (1819–1887) hatte sich zum Wortführer von hatte 1950 wieder sein gewohntes Dach mit Haus- und Firmenbesitzern in der Jakober vor - einer vergoldeten Kugel darauf, wie sie 1512 stadt und dem benachbarten Industriegebiet erstmals aufgesetzt worden war. Der restliche gemacht. Sie forderten, das Jakobertor solle Putz war abgefallen und man beließ es dabei. wie andere hinderliche ehemalige Befesti - gungen und Tore möglichst bald abgebro chen Erhalten blieb noch ein im 18. Jahrhundert werden. Als die Stadt 1867 die Stadtmauer angefertigtes Holzmodell mit einer Zugbrü - zwischen Jakoberwall und Oblatterwall auf ckenkonstruktion, das im Maximilianmuseum Abbruch versteigerte, war neben dem »Fünf - zu sehen ist. fingerturm« und einem Rundturm auch das 25 Tag des offenen Denkmals 2010

Kanalhafen-Projekt am Oblatterwall

10 Hafenstadt Augsburg

Im Jahr 1901 wurde die Hauptversammlung und schließt oben an die Ziegelmauer an. Die des »Vereins zur Hebung der Fluss- und Kanal - sehr massive Brücke über den Stadt graben ist schifffahrt« in Augsburg abgehalten. Der Archi - erhalten. Über dem heute schmalen Wasser- tekt Karl Gollwitzer (1839-1917), der in Augsburg lauf ist seit 1952 der venezianische Wandbrun- zahlreiche Gebäude errichtete (u.a. Brunnen - nen in einem der ziegelsparenden Mauerbo- werk am Hochablaß, Schlacht- und Viehhof gen platziert. Diese Mauer war bis 1867 mit und die sog. »Hessing-Burg«. Gollwitzer warb dem Oblattertor verbunden. Die Fortsetzung mit Vorträgen für den Verein und für Augsburgs nach Osten (Fernheizwerk) fehlt, doch zwis- Donauanschluss. Gollwitzer hat für diesen chen Franziskanerbrücke und Oblatterwall Anlass eine Plakat-Studie mit dem Titel »Das steht die Wehrmauer noch in voller Höhe. An Donau-Schiff im Augsburger Stadtgraben« ihrer Außenseite befinden sich die Lokalitäten fertig gestellt. Diese große visionäre Darstel - der Kahnfahrt. Das Oblat tertor wurde 1449 lung eines Hafens am Oblatterwall war wohl als neues Nordtor der ausgeweiteten Jakober- dazu gedacht, Begeisterung für dieses Projekt vorstadt gebaut und verlor seine Funktion zu wecken. Es ist das Bild eines Augsburger bereits 1465. Zu diesem Zeitpunkt war das Hafens mitten in der Stadt. Der Fünfgratturm, Bollwerk am Jakobertor fertig und das Oblat- der St. Jakobs Wasserturm und der als Insel tertor hatte ausgedient; es diente nur noch als dargestellte Oblatterwall sind in das Bild ein- Wohnturm. Der Bewoh ner Ulrich Oblatter, ein bezogen, und bei letzteren befand sich ein Pulvermacher, soll hier gewohnt haben und Restaurant mit dem Namen »Donauschiff«. gab dem Tor seinen Namen. Das Tor schloss Gollwitzer schwebte vor, die Schiffe bis direkt nun die Lücke zwi schen dem 1444 aufgewor- an die Industrieanlagen zu lenken, und gleich - fenen Bollwerk, das heute den Namen Oblat- zeitig war er wohl besessen von dem Gedan - terwall trät, und dem Graben entlang der ken, ein romantisches Stück Augsburg zu Stadtmauer auf der Hoch terrasse. 1485 wurde schaffen. Im September 1902 wurde von der die heute noch erhalte ne Mauer westlich des Industrie- und Handelskammer ein Beschluss Tores über den Stadt graben bis zur schon äl- gefasst, der die romantische Hafenvorstellung teren Stadtmauer auf der Hangkante vollen- zunichte machte. Mit 13 zu 8 Stimmen wurde det. Damit war die Jako bervorstadt endgültig zugunsten der Bebauung der Klauckewiesen und lückenlos von Mauern umschlossen. entschieden und somit ein Kanalzugang zum Oblatterwall unmöglich gemacht. Der Oblatterwall-Turm (Nr. 69 auf dem H.J. Ostertag-Stadtplan von 1719): Das vergessene »Oblattertor« (Nr. 54 auf dem H.J. Ostertag-Stadtplan von 1719) Ein erster Turm auf der Bastion entstand 1458. Die Ziegel waren unverputzt geblieben, des - Das Obtlattertor zählte immer zu den weniger halb nannte man ihn anfangs »Rot thurm« wichtigen Stadtzugängen, den Nebentoren. (»Roter Turm«). Den späteren Namen »Blatter- Über dem Straßenzug Unterer Graben bildete wall« bekam die Bastion nach dem seit 1495 es einen Durchlass zur Jakobervorstadt. Der in der Nähe stehenden Blatterhaus, einem einstige Standort lässt sich unschwer lokali - Seuchenspital. Der Turm ist durch Kriegsein- sieren: Nördlich der Schwedenstiege zieht sich wirkung 1944 völlig ausgekernt und wird von der Rest Stadtmauer den steilen Hang hinauf dem Lechfischereiverein genutzt. Tag des offenen Denkmals 2010 26

Der (Untere) St. Jakobs-Wasserturm, Gänsbühl 32

Weil die Wasserversorgung für die nordöst - liche (untere) Reichsstadt Augsburg von dem so genannten »Unteren Wasserwerk« (heute: Kino »Liliom«, Unterer Graben 1) und dem dazu gehörigen Wasserturm im Springergäss - chen 4 nicht mehr ausreichte, und auch die Grundwasserversorgung für die Jakober vor - stadt und das Handwerkerviertel an den Lech - kanälen knapp wurde, mussten zwei neue Wassertürme im östlichen Stadtbezirk errich - tet werden. Der eine war der so genannte »Obere Jakoberwasserturm« (1609), welcher sich in der Nähe des Jakobertors befand, und die südliche Vorstadt und die Fuggerei ver- sorgte. Er existiert heute nicht mehr, nachdem er nach dem Bombenhagel von 1944 nicht mehr aufgebaut wurde. Der andere war und ist der so genannte »Untere Jakoberwasser - Oblatterwall: turm« (1604). Er befindet sich in unmittelbarer Der Untere St. Jakobs-Wasserturm Nähe der Oblatterwall-Anlagen und wird heute »Unterer St. Jakobs-Wasserturm« ge - Die Wallanlagen und die Kahnfahrt

1543 wurde ein Ratsbeschluss gefasst, der die Errichtung der Oblatter-Bastion zur Folge hat - te. Die hufeisenförmige Erdaufschüttungen hatten eine abgeflachte Krone für die Geschüt - ze und eine Böschung, die auf die Brustwehr und die niedrige zangenartige Mauer mit Schießscharten zum Wassergraben abfiel. Heute schließen sich Reste der Stadtmauer, teilweise mit einem Wehrgang, im Westen und Süden an. In der Kehle der Bastion steht der mächtige, halbrunde und dreigeschossige Wehrturm mit trichterförmigen Schußlöchern, Brunnenwerk denen Elias Holl (1573-1646) zur Abdeckung des westlichen Bereichs zum einstigen Oblat - nannt; in der Vergangenheit war er Wasser - tertor hin ein weiteres Schussloch hinzufügte. versorger für den nördlichen Teil der Jakober - Nach Besetzung der Stadt im Spanischen Erb- vorstadt. Beide Wassertürme wurden in die folgekrieg 1703/04 bauten die Franzosen am schon bestehende Stadtmauer integriert Lueginsland eine Zitadelle und bezogen die jedoch nicht als umgebaute Wehrtürme, son- Oblatterbastei in ihr kleines Fort mit ein, deren dern als eigenständige, von dem Stadtarchi - »Roter Turm« zu einer starken Geschütz - tek ten Elias Holl (1573-1646) errichtete Neu - stellung ausgebaut wurde. Der Verbindungs - bauten. Ihre Architektur entsprach der Holl - gang von der Zitadelle dorthin verlief außer- schen Auffassung von Renaissance-Architektur, halb der Stadt. welche eine Übersetzung der italienischen Wurzeln in die transalpinen Regionen deutsch - Die Kahnfahrt ist noch ein Relikt des 1902 sprachiger Kulturlandschaften ist. Heute wird abgelehnten Kanalhafenprojekts von K.A. dieses Gebäude unter privater Leitung für Gollwitzer. Sie ist ein beliebtes Ausflugsziel literarisch-kulturelle Veranstal tungen genutzt zu einem Ort, der Natur und Befestigungsar- und präsentiert bei Sonderveranstaltungen chitektur im Sinn eines romantischen Parks den Gollwitzer-Plan für ein Hafenprojekt am vereint. Oblatterwall. 27 Tag des offenen Denkmals 2010

Ehemaliges Königliches 11 Land- und Straßenbauamt

Burgkmairstraße 12

Burgkmairstraße: Staatliches Straßenbau- amt, errichtet 1904 als königlich-bayerisches Straßenbauamt.

Gebäude Umfriedung, bestehend aus Pfeilern und einem jugendstilartigen Gitter. Das im Stil des Neubarock errichtete Gebäude wurde 1904/05 von Walter Krauß und Hermann Die zweite Niederlassung, ein Gebäude von Dürr (sie zeichneten einen Kanalisationsauf - dem Architekten Jean Keller (1844-1921) in der riss) geplant und gebaut. In der Mittelachse Holbeinstraße, soll bis 2011 restauriert sein. der Schaufassade befindet sich ein Flacherker mit seitlichen Sehschlitzen, der von einem Geschichte des da rüber liegenden Doppelgiebel bekrönt wird. königlich-bayerischen Straßenbaus Im Tympanon ist das königlich-bayerische Wappen angebracht. Das Haus ist mit einem Nach der im Auftrag König Ludwigs I. von Mansarddach gedeckt, das als Ausschnitt für dem Geheimen Oberbaurat und Hofbau - den Erker einem Zwerchgiebel Raum bietet. in ten danten Leo von Klenze durchgeführten Gründung der »Obersten Baubehörde« in Heute befindet sich dort eine der beiden München (1830), wurden im Jahr 1872 in der Niederlassungen des Staatlichen Bauamts, so genannten Unterstufe vierundzwanzig nachdem 2008 eine komplette Sanierung Königlich Bayerische Land- und Straßen- bzw. erfolgt ist. Die verputzte Backsteinfassade Flussbauämter errichtet. Das hier genannte in wurde zweifarbig (rosé und weiß) gestaltet, Augsburg zählt auch dazu. und die rustizierte Sockelzone farblich dunkler abgesetzt. Diese bildet eine Einheit mit der Tag des offenen Denkmals 2010 28

Ehemaliges Markgräflich- 12 Burgauisches Zollamtsgebäude

Ulmer Straße 182

Gebäude Die Markgrafschaft Burgau

Bei dem typischen Mansarddachbau handelt Die Markgrafschaft Burgau war kein ge schlos - es sich um ein Gebäude des (Kirchen)-Bau - senes Territorium des Heiligen Römischen meisters Joseph Dossenberger (1721–1785), Reiches, sondern eine Ansammlung von der im heutigen Landkreis Augsburg, damals Besitzungen. Sie umfasste ein Gebiet, das im in der Markgrafschaft Burgau, tätig gewesen Norden bis zur Donau, im Osten zum Lech ist. Er errichtete z.B. die Dorfkirchen in Her - und wertachaufwärts bis Türkheim, im Süden bertshofen und Wollishausen, die mit ihren von Türkheim nordöstlich bis Christenhofen Turmformen die Handschrift des Baumeisters und von dort nördlich bis Leibi reichte. Nach deutlich machen. Der dreiachsige Eingangs - dem Tod des Markgrafen Heinrich III. von risalit des Zollamtsgebäudes in Kriegshaber Burgau, wodurch der burgauische Zweig der ist mit einem Dreiecksgiebel überbaut und Grafen von Berg-Burgau ausstarb, wurde die hebt sich aus der fünfachsigen Fenster-Schau - Markgrafschaft im Jahr 1301 als Reichslehen seite deutlich hervor. Dazu trägt vor allem das eingezogen. König Albrecht I. übertrug das durchlaufende Traufgesims bei. Das Gebäude Reichslehen an seine beiden Söhne, und es befindet sich heute als Liegenschaft im Besitz fiel dadurch an die Habsburger. Der Witwe der Stadt Augsburg und wird privat genutzt. Heinrichs kauften die Habsburger das Allod In napoleonischer Zeit setzte eine rege Bau - (Freies Eigentum in Land) ab. Innerhalb des tätig keit von Zollamtshäusern ein, da territori- Gebietes der Markgrafschaft Burgau wiede - ale Veränderungen, bedingt durch Napoleons rum waren verschiedene Reichstitel vergeben Kriegszüge, eine Neuordnung der Herrschafts - worden: Allod, Reichslehen, Grundherrschaft verhältnisse zur Folge hatten. und Vogtei. Die geographische Lage des Bur- gauer Besitztums erzeugte dauernde Span- nungen, resultierend aus Expansions bestre - 29 Tag des offenen Denkmals 2010

bungen der Wittelsbacher in Bayern, welche Das Zollrecht die Markgrafschaft Burgau gerne zur Abrun- dung ihrer Besitztümer in Schwaben für sich Ein wesentlicher Punkt für die Zollgeschäfte ist gewinnen wollten. Einen Verkauf an Bayern die Tatsache, dass »Victualia«, »Rent«, »Zinß« im Jahr 1418 verhinderte die Freie Reichsstadt und »Gülten« der so genannten Insassen und Augsburg zusammen mit Ulm und anderen Begüterten der Markgrafschaft Burgau, die sie schwäbischen Städten. Burgau konnte auch zum Eigengebrauch benötig ten und nicht in späterer Zeit stets auf die Bereitschaft der weiter verkauften, zollfrei waren. Der Versuch Reichsstadt Augsburg, den Augsburger der Klöster, die Zollfreiheit zu erlangen, glück- Bischof und auf das Haus Fugger zählen, te nicht. Auch sie mussten trotz ihrer päpst - wenn es galt, die Ge lüste bayerischer Herzöge lichen Privilegien ihr Getreide und ihren Wein nach Landgewinn westlich des Lechs im Zaum verzollen. Offenkundig ist auch das Bestreben zu halten. Österreichs, zur Steige rung der Zolleinkünfte möglichst viele neue Zollstätten zu errichten. Geldnöte der Habsburger führten ab Mitte des Auch wiederholte Zollsteigerungen sollten zur 14. Jahrhunderts dazu, dass die Markgraf schaft Steigerung der Zolleinkünfte dienen. Deswe- oder einzelne Teile mehrfach verpfändet wur- gen forderte der Rat der Stadt Augsburg 1616 den. Die letzte Verpfändung an das Hochstift die Spitalpfleger und andere Landbegüterte Augsburg endete 1559. »Vorderösterreich«, auf, ihren Unter tanen zu befehlen, den erhöh - wie die Region auch genannt wurde, war 1522 ten Zoll nicht zu bezahlen. an Kaiser Ferdinand I. gefallen. In Kriegshaber befand sich die einträglichste Nach dessen Tod übernahm sein Sohn, Erzher- Zollstätte Vorderösterreichs mit einer Jahres - zog Ferdinand von Tirol, diesen Besitz. Als der einkunft von 1605 Flämischen Gulden (Ver - Erzherzog 1595 starb, ging die Herrschaft an gleich: Zusmarshausen und Biburg 3 Gulden). Kaiser Rudolf II. über. Er vertraute vertraglich 1605 dem Erzherzogssohn Karl von Österreich, Die Diskrepanz der habsburgischen Ansprü - der aus der Ehe mit der Augsburgerin Philip - che in der Markgrafschaft Burgau, war die pine Welser (seit 1570 Markgräfin von Burgau) Ursache der permanenten Streitigkeiten zwi - hervorgegangen war, unter anderem die Mark - schen den habsburgischen Obrigkeiten und grafschaft Burgau an. Karl führte von 1609 bis den so genannten Insassen. Eine allgemein 1618 als letzter den Titel des Markgrafen. Als akzeptierte Version der Landeshoheit mit bur- dieser ohne Nachkommen starb, war für Bur- gauischem Landrecht konnte nicht durchge- gau die zeit der eigenen Markgra fen vorbei setzt werden, und so existierte ein vermeint - und wurde zur nunmehrigen Sekundo ge nitur liches Staatsgebilde, das eher ein Rechts ge - der in Innsbruck residierenden Erzherzog- bilde war. Leopoldinischen-Linie zuge schlagen. Nach deren Erlöschen 1665 blieb Burgau im Besitz der in Wien regierenden habsburgischen Hauptlinie, beziehungsweise nach deren Aussterben des nunmehr Habsburg präsen- tierenden Hauses Lothringen. Tag des offenen Denkmals 2010 30

Maximilianmuseum, Welser-Haus

13 Annastraße 25, Fuggerplatz 1

Die Familie Welser im Jahr 1422 als »Bartolome Welser und seine gesellschafft« bezeichnet. Hauptziele ihres Die Patrizierfamilie Welser ist in Augsburg ab Handels mit Baumwolle und Barchent waren 1246 nachweisbar. Sie erhielt im Jahr 1532 Venedig und Frankfurt, daneben Ulm, Nördlin- einen Reichsadel und wurde 1567 in den Frei - gen und Nürnberg. Nachdem der Schwager herrenstand erhoben (Welser von Zinnen burg). und seine Erben ausgeschieden waren, wurde Das erste Familienmitglied, das in den Quel len die Firma von Bartholomäus und seinem Konturen gewinnt, ist der als Ratsherr nach- Sohn Bartholomäus IV. (gestorben 1484) weisbare Bartholomäus I. Welser (gestorben wei tergeführt. An dessen Seite arbeiten auch 1334), bei dem engste Beziehungen zu der seine Brüder Ulrich, Jakob (er leitete die Fak- Familie Portner, einer Augsburger Patrizier - torei in Nürnberg) und Lukas. Jakob war für familie, erkennbar sind. Ab 1311 amtierte er das Geschäft in Richtung Köln und Nieder- viermal als Bürgermeister. Der Sohn Konrad lande zuständig und Lukas leitete den Handel amtierte nach dem Tod seines Vaters zweimal mit Italien. Nach dem Tod der Brüder ging das als Bürgermeister; vermutlich begründete Unternehmen in die Hände von Söhnen und dieser auch den Goldschmiedezweig der Fami - Schwiegersöhnen über, wobei Anton, der lie Welser. Sohn von Lukas, durch Heirat nach Memmin- gen siedelte und sich dort mit seinem Schwa- Aus der patrizischen Linie lebte am Anfang ger Konrad Vöhlin zusammenschloss. des 15. Jahrhunderts nur noch Bartholomäus III. Welser (gestorben 1446). Früh verwaist hatte Geschäftsschwerpunkte waren neben dem er nur ein bescheidenes Vermögen geerbt, tra ditionellen Warenhandel auch zunehmend durch seine Verwandtschaft boten sich ihm das Darlehens- und Kreditgeschäft. Als ver- jedoch beste Chancen für eine kaufmännische sierter Rechtsberater stand dieser Firma Karriere. Zusammen mit seinem Schwager Antons sein Schwiegersohn Karl Peutinger Hans Prun machte er sich selbständig. Die zur Seite. Im Jahr 1508 beteiligte sich das neue Firma wurde 1414 erstmals erwähnt und Unternehmen zusammen mit den Familien fir - 31 Tag des offenen Denkmals 2010

Gebäude

Der westliche Gebäudetrakt jenseits des In- nenhofes vom Maximilianmuseum war das ehemalige Wohnhaus des Bartholomäus V. Welser und seiner Familie. Der dreigeschos- sige Traufseitbau aus den Jahren 1511/14 hat an seiner Fassade zwei Flacherker und ein Portal mit einem flachen Kielbogen.

Dies ist nicht der Eingang des heutigen Mu - seums, das von der Philippine-Welser-Straße Maximilianmuseum: Der Innenhof erhielt bzw. jetzt Fuggerplatz, zugängig ist. Im Erd - bei der Gebäudesanierung auch ein Glasdach. geschoss des Museumsteils befindet sich die so genannte »Welser-Halle«, die für Sonder - ausstellungen vorgesehen ist. men Adler, Fugger, Gossembrot, Höchstetter und Herwart an der ersten Konsortialanleihe Im September 2010 findet dort die Bayerische Kaiser Maxi milians I. Bartholomäus V. Welser Landesausstellung mit dem hier präsentierten (1484-1561), der Sohn von Anton Welser, saß Thementeil »Künstlich auf Welsch & Deutsch« von 1522 bis 1533 im Augsburger Rat. Unter statt. Die Programmvorschau der städtischen seiner Leitung erreichte das Welsersche Un - Kunstsammlungen berichtet dazu: »…Noch ternehmen, in dem auch seine beiden Brüder heute kann man bei einem Rundgang durch Anton und Franz tätig gewesen sind, seine Augsburg erleben, warum sich die alte Reichs - größte wirtschaftliche Bedeutung. Es wurde stadt gerne mit dem Titel »nördlichste Stadt das Darlehensgeschäft mit den Habsburgern Italiens« schmückt. intensiviert und es entstanden erste Koloni sa - tionsversuche in Venezuela. 1532 wurden die Viele der Augsburger Gebäude und Brunnen Welserbrüder in den erblichen Adelsstand wurden im Geiste der italienischen Renais - erhoben und wurden zu kaiserlichen Räten sance gestaltet und geben ihr ein zuweilen ernannt. Die so genannte Bartholomäus-Linie mediterranes Flair. Aber auch unzählige der in schied 1580 aus und bis zum Zusammen bruch Kirchen und Museen verwahrten Kunstwerke des Unternehmens, 1614 lagen die Geschäfte zeigen deutlich Einflüsse aus dem Süden. in den Händen der Brüder Matthäus, Paul und Markus Welser. Der humanistische Markus Im ausgehenden Mittelalter etablierte sich initiierte mit seinem Bruder Matthäus das um- Augsburg als Handelsstadt von Weltgeltung. fangreiche städtische Bauprogramm rund um Kaufleute wie die Fugger und Welser knüpften das damalige Rathaus, nachdem durch eine enge Kontakte nach Italien. Künstler wie Hans geschäftliche Fehlentscheidung (Beschaf fung Burgkmair, Jörg Breu oder Albrecht Dürer großer Geldmengen für den Kaiser ohne bereisten Oberitalien und brachten von dort Rücklauf und Tilgung) der Konkurs unaufhalt- die »welsche«, also die neue italienische For- sam gewesen ist. Trotz des Konkurses blieb mensprache mit. Den Höhepunkt erreichte die gesellschaftliche Stellung der Familie in das »Welsche« in Augsburg um 1600. Die Augsburg unangefochten. Anders als die Fug- Baye rische Landesausstellung im Maximilian - ger waren die Welser stets in der Bürger schaft museum »beleuchtet die kulturellen Beziehun- integriert. Sie verschwägerten sich be vorzugt gen zwischen Bayern und Italien im 15. / 16. mit anderen Augsburger Kauf manns familien; Jahrhundert mit herausragenden Beispielen die heimliche Eheschlie ßung der Philippine unter anderem von Hans Holbein d.Ä., Welser (1527-1580), spätere Frei herrin von Albrecht Dürer, aber auch Tizian und Zinnenburg, mit Erzherzog Ferdinand (Sohn Tintoretto…« Kaisers Ferdinands I) im Jahr 1557 blieb eine Ausnahme. Aus ihr gingen zwei Söhne her- vor: Andreas wurde später Kardinal und Karl erhielt die Mark graf schaft Burgau zur Verwal- tung. Tag des offenen Denkmals 2010 32

Mobilität und (Diesel-)Motoren 14 MAN-Museum

Heinrich-von-Buz-Straße 28

MAN-Werkhalle: Fertigung eines modernen Schiffmotors nach den Ideen von Rudolf Diesel.

Der Diesel-Motor ratoren, Lokomotiven, Schiffen und Personen (PKW)- sowie Lastkraftwagen (LKW). Auch für Der Ingenieur Rudolf Diesel (1858-1913) Baumaschinen wird der Motor verwendet. ent wickelte zusammen mit der Augsburger Maschinenfabrik MAN im Zeitraum von 1893–1897 den »Diesel-Motor«, eine Verbren - Der Erfinder Rudolf Diesel nungskraftmaschine. Es handelt sich dabei um einen Hubkolbenmotor, der im Zwei- oder Rudolf Christian Karl Diesel wurde am Vier taktverfahren und ohne Fremdzündung 18. März 1858 in Paris geboren und ertrank am arbei tet. Die im Zylinder angesaugte Luft wird 29. September 1913 im Ärmelkanal an lässlich durch den Kolben so hoch verdichtet, dass einer Überfahrt nach England. Es wird Selbst- der dann eingespritzte zerstäubte Kraftstoff mord vermutet. Er war Sohn eines erfolg losen (Diesel-Öl) selbst zündet und rasch verbrennt. Lederwarenfabrikanten in Paris, der nach Aus- Die expandierenden Verbrennungsgase leis- bruch des Deutsch-Französischen Krieges 1870 ten über Kolben und Triebwerk eine mechani - mit seiner Familie nach London übersiedelte. sche Arbeit und bilden somit eine Wärmekraft - Ende 1870 kam Rudolf Diesel zu seinen Ver- maschine mit dem höchsten Wirkungsgrad. wandten nach Augsburg, wo sein Onkel Rudolf Wegen des Zündvorgangs sind die Drehzah - eine Spedition leitete. In der Fuggerstadt be- len auf 4000 Umdrehungen pro Minute be - suchte er bis 1875 die Indus trieschule und grenzt. Der »Diesel-Motor« eignet sich bestens studierte anschließend Maschi nenbau am als Kraftmaschine für den Antrieb von Gene - Münchner Polytechnikum, wo er das bisher 33 Tag des offenen Denkmals 2010

lungsphase wohnte Diesel im Springer gäss - chen 8, wo sich eine Gedenktafel befin det. Der Erfinder gründete eine Diesel-Motoren-Fabrik AG in Augsburg, die ihren Betrieb jedoch bald wieder einstellen musste. In der Folge erlebte Diesel erhebliche finanzielle Verluste bei Grundstücksgeschäf ten; es gab langwierige Patentstreitigkeiten und der große Geist er- fuhr eine körperlichen und geistigen Zusam- menbruch. Erst nach Ablauf der Patentrechte, 1908, wurde die Fortentwicklung des »Diesel- Motors« betrieben jedoch ohne praktischen Erfolg; die Projekte eines Klein-Diesel-Motors sowie die ersten LKW-Motoren und auch die Motoren für Lokomotiven lagen noch viel zu weit in der Zukunft. Aber als Antriebsmaschine für große Schiffe feierte der »Diesel-Motor« seine ersten großen Triumphe.

Der Industrielle Magokichi Yamaoka neben dem »Ur-Diesel« im MAN- Museum

Die japanische Delegation von Yanmar Diesel bei einem früheren Großdiesel-Motor im MAN-Museum.

beste Examen ablieferte. Danach arbeitete In Augsburg wird an verschiedenen Plätzen Diesel zwölf Jahre lang bei seinem Lehrer an diesen großen Mann erinnert: Im »Wittels- Carl von Linde in dessen Fabrik für Kälte - bacher Park« gibt es den »Rudolf-Diesel- maschinen in Paris und Berlin. In enger Gedächtnishain«, den die japanische Motoren- Zusammen arbeit mit der Maschinenfabrik firma »Yanmar-Diesel« 1957 stiftete. Die MAN in Augsburg, deren Direktor, Heinrich »Diesel-Straße« und die »Diesel-Brücke« über von Buz (1833–1918), ihn nachhaltig unter- die Wertach, sowie das Augsburger »Rudolf- stützte, entstand der erste betriebsfähige Diesel-Polytechnikum« und das »Rudolf- »Diesel-Motor», der 1897 vorgestellt wurde Diesel-Gymnasium« tragen den berühmten und dessen Versuchsmotor hierzu im MAN- Namen. Museum in Augsburg, Heinrich-von-Buz-Stra - ße 28 ausgestellt ist. Während der Ent wick - Tag des offenen Denkmals 2010 34

Pilgerhaus und die Pfarrei St. Jakob

15 Bei der Jakobskirche 2 1/2

Jakoberstraße mit Jakobskirche um 1880.

Die Geschichte des Augsburger Pilgerhauses Wallfahrt ein nach Santiago di Compostela in Spanien, wo der Heilige Jakob verehrt wird, Aufgrund einer Stiftung (1420) des Augsburger und das Pilgerhaus gab wallfahrenden Pilgern Ehepaares Afra und Konrad Hirn wurde 1440 eine Unterkunft. Die be nachbarte Kirche St. zwischen zwei Lechkanalarmen beim heutigen Jakob, welche nach der Reformation protes- Bauerntanzgässchen eine Pilgerherberge als tantisch wurde, war nach wie vor auch für die »Pilgerhaus« errichtet. Sie konnte bis zu vier katholischen Gläubigen eine Anlaufstelle, da Pilger aufnehmen. Ab 1552 war es dem Almo - sie auf einem Teil des »Jakobswegs« lag und senamt unterstellt und diente als Krankenhaus liegt. Im Jahr 1807 verweigerte die Stadt dem mit 15 Betten. Im Jahr 1578 wurde es mit Hilfe Pilgerhaus die weitere Unterstützung und ab einer Stiftung der Augsburger Familie Zobel 1811 fanden die Kranken im neu gegründeten (nachweisbar in Augsburg 1559–1689) an den städtischen Lokalkrankenhaus Aufnahme. Das Barfüßergraben verlegt. Dort fanden heilbare ehemalige Pilgerhaus wurde als polizeiliche Kranke in 70 Betten Aufnahme und schon Besserungs anstalt genutzt. 1588 konnten 486 Personen versorgt werden. Die Pfarrkirche St. Jakob Für auswärtige Kranke war das 1561 einge - richtete Nothaus vorgesehen. 1649 wandelte Der erste Biograph der Kirche, Johann Martin der Rat das Pilgerhaus in eine paritätische Christell, sieht den Anfang der Pilgerkirche Anstalt um; die Seelsorge der katholischen In - schon im 6. Jahrhundert – damals noch außer - sassen übernahmen die Jesuiten. Im Zeitalter halb der Stadtmauern. 1080 wurde diese der Gegenreformation stellte sich eine rege Kapelle in Brand gesteckt; es folgte im 12. Jahr - 35 Tag des offenen Denkmals 2010

hundert ein Neubau. 1348 wurde eine dritte Der Innenraum erhielt nach der Zerstörung Kapelle gebaut, die wahrscheinlich einen von 1944 seinen stützenlosen Saal zurück: eine flachen Ostchor und einen kleinen Hof besaß. flache Holzdecke und einen mächtig aufragen- Erstmals wird die von Palisaden umgebene den, verhältnismäßig breiten, spitzbogigen Kapelle in Zusammenhang mit den »Jacobi ten« Triumphbogen, der zum eingezogene Chor gebracht und als Pfründkapelle bezeich net. führt. Nur hier blieb die Decke als Kreuz rip - Dank der Spenden von Ulrich Ilsung d. Ä. und pengewölbe, das auf Wandkonsolen ruht, Jakob Haußstetter wurde sie zwischen 1356 unzerstört. und 1360 verschönert und erhielt einen hohen Turm, der 1364 vollendet wurde. In den Jahren Die rote Quadermalerei der Wände erhielt der 1415 wurde mit Erlaubnis Kaiser Sigismunds Innenraum nach eingehenden Untersuchun - die Jakobermauer errichtet, 1469 erhöht und gen der Putz schichten zurück, wobei die Origi- die Kirche somit in die Stadt inte griert. Anläss - nalmalerei an einem an der Nordwand etwa lich der Erweiterung des einjochigen Chors 20 cm breiten Streifen freigelegt wurde. Die mit polygonalem Schluss ließ im gleichen Jahr beiden Schlusssteine deuten mit dem Sonnen- 1469 der Stifter Lukas Welser und dessen Ehe- und Muschelsymbol auf den einst bedeuten- frau Ursula Lauginger die nördliche Chorwand den Pilgerstrom auf dem Weg nach Santiago mit einer Wandmalerei ausschmücken. Es di Compostela hin. wurde die Orgel der protestantischen Kirche St. Georg übernommen, nachdem diese 1636 Das heutige Hochaltarbild von 1520/30 ersetz te zerstört wurde. den zerstörten frühbarocken Hochaltar von 1650. Zwei restaurierte spitzbogige Schild- Nach dem westfälischen Frieden von 1648, Wandepitaphe in Holz stammen aus St. Anna als die Kirche endgültig protestantisch wurde, und zieren die nördliche Saalwand. erfolgte eine umgehende Renovierung und Neuausstattung ganz im Sinn der aufwendi- Die ehemals katholische Pilgerkirche St. Jakob gen Friedens- und Jubelfeste. Aus dieser Zeit war seit 1649 endgültig protestantisch und stammt auch die neue, über quadratischem seit 1840 evangelisch-lutherische Parrkirche. Grundriss konstruierte Laterne, die den Spitz - Nach der schweren Zerstörung von 1944 helm ersetzte. Außerdem wurde die Kirche wurde sie wieder aufgebaut und erfuhr 1949 mit einer südlichen Empore dem Andrang der eine Neueinweihung. Beim Wiederaufbau Gläubigen gerecht, wozu segmentbogige Fen- wurde auf die Schleppgauben verzichtet. steröffnungen durchbrochen wurden.

Ob in dieser Zeit das gotische Rippengewölbe des Schiffs durch eine Flachdecke ersetzt wurde, kann nicht mit Sicherheit behauptet werden. Anlässlich der für 1730 bevorstehen- den Jubelfeste erfuhr die Kirche eine weitere gründliche Renovierung außen und innen.

Der mit einem 5/8-Schluss versehene Ostchor besitzt noch seine Strebepfeiler sowie die dazwischen eingeschobenen äußeren Laden - geschäfte, die sich an die Chorwände an - schmiegen und seit dem 17. Jahrhundert als Einnahmequelle der Pfründverwaltung dienen. An das fünf Joche zählende Schiff des Saal - raums fügt sich im Westen eine Empore an, die den Ort der ersten Kapelle markiert. Die, wie auch die südliche Sakristeitür, erklären sich durch den Einbau der heute nicht mehr vorhandenen Empore. Tag des offenen Denkmals 2010 36

Postwesen

16 a) Ehemalige Oberpostdirektion, Grottenau 1 b) Ehemaliges Postam Nr. 27, Gögginger Straße 57 c) Ehemaliges Postgebäude in Göggingen, Bürgermeister-Aurnhammerstraße 9–11 d) Der Alte Postweg

Postwesen: Das frühere Hauptpostamt in der Grottenau.

a) Ehemalige Oberpostdirektion, Grottenau 1 ein nur zweigeschossiger Erker über poly go - na lem Grundriss. Von der kurzen gas sen - Das als Postamt in Betreib genommene Ge - seitigen Schmalseite des Ge bäu des führt ein bäude ist ein weitläufiger, um Höfe gruppierter Neben portal zum eigentlichen zwei läufi gen Gebäudekomplex mit zusammenfassenden Treppen haus, dessen versetzte Fenster achsen Fassade zur Grottenau. Ein Erker betont die sich nach außen abzeichnen. Die plastische Ecke zur kleinen Grottenau. Den Entwurf für Fassa den dekoration konzentriert sich einerseits diesen Baukomplex lieferte der Münchner auf das bewusst eingesetzte Mittel der Kontras - Regierungsrat Wicklein und verkörperte damit tierung von verputzten zu in Natur stein ver - den zeitüblichen historisierenden Heimatstil. blendeten Oberflächen, ande rerseits auf die Über einem Nagelfluhsockel erhebt sich das Fensterbekrönungen in den von Pilas tern viergeschossige siebenachsige Hauptgebäude gebildeten Intervallen. Das Walmdach des als Eckhaus mit einem mittelachsigen Portikus, Hauptgebäudes wurde 1949/50 durch ein zusät- der zusammen mit dem von Hermen getrage- zliches fünftes Geschoss ersetzt; 1973/75 erfol- nen Balkon als flacher Risalit vor der Wand gte der Umbau in eine Kantine mit Flachdach. steht und früher von einem hohen Zwerch - gie bel bekrönt war. Während der Haupteingang zur glasüberdeck- ten Schalterhalle führt, ist die Tordurchfahrt Westlich davon schließt sich ein zweiachsiger als Betriebseinfahrt zum Posthof mit seinen Verbindungstrakt an, dem ein dreiachsiger An- Remisen und der Laderampe gedacht, von bau mit Tordurchfahrt und einem Treppen haus dem aus man über Durchfahrten zu einem folgt. Östlich des Hauptein gangs befindet sich Lichthof und der eigentlichen Ausfahrt an der 37 Tag des offenen Denkmals 2010

b) Ehemaliges Postamt Nr. 27, Gögginger Straße 57:

Der Architekt und Augsburger Stadtbaurat Georg Werner (1894-1964) war 1923 Regie - rungsbaumeister bei der Oberpostdirektion München und 1926 Hochbaureferent bei der Oberpostdirektion Augsburg . Sein Postamt an der Gögginger Straße 57, das aus dem Jahr 1927 stammt, ist ein Beispiel der so ge - nannten »Neuen Sachlichkeit«, ein Stilbe griff der sich in die Zeit der 20er und 30er Jahre Postwesen: Ehemaliges Postamt des 20. Jahrhunderts datieren lässt. Wegbe - in der Gögginger Straße. reiter für diesen neuen Baustil war der Münch - ner Architekt Robert Vorhoelzer. Der Baukör per wirkt beinahe »schlösschenhaft« mit seinen beiden Ecktürmen und dem hohen Walmdach.

Kleinen Grottenau gelangt. Ausschlag gebend Während die Fenster im Ergeschoss einer für die Grundrissdisposition war der Vorgän ger - ge normten Größe entsprechen, sind die bau, der 1756–1808 als Posthaus der Kaiserlich- anein ander gereihten Fenster des ersten Taxisschen und 1808–1905 der Königlich-Baye - Oberge schos ses deutlich gedrungener; sie rischen Post diente. Bis zu dieser Zeit stand erscheinen fast quadratisch. Auch die Dach - ein dreigeschossiger Bau mit einer mittelach- gauben-Fenster im zweiten Obergeschoss sigen Durchfahrt und einer gleich hohen Ab- entsprechen größenmäßig jenen. seite zur Kleinen Grottenau, welche eine zweigeschossige Laubengalerie aufwies. c) Ehemaliges Postgebäude in Göggingen, Bürgermeister-Aurnhammer-Straße 9-11: Dieses Motiv ist wohl für den Neubau der Schalterhalle übernommen worden: Über Auch dieses Postamt wurde von Georg Werner nahezu quadratischem Grundriss öffnen sich (1894-1964) im Jahr 1931 gebaut. Das Gebäu - in doppelter Stützfolge hofseitig jeweils vier de ist ein giebelständiger Satteldachbau mit rundbogige Pfeilerarkaden, die von einer einer Blankziegelfassade und kleinen Fenster - elegant gelösten Glasdachkonstruktion mit ausschnitten. An der Südseite ziert ein runder Eisenbetonträgern überkuppelt werden. Erker die hintere Gebäudehälfte. Bei diesem Bau wurde die expressionistische Stilrichtung Die obere Galerie ist nur von zwei Blendbögen innerhalb der damaligen Architektursprache geschlossen und zwar an der Südwand, auf besonders hervorgehoben. der 1910 August Brandes das erste Posthaus am Pfannenstiel (1513–1632) und den besag - d) Der »Alte Postweg« ten Vorgängerbau von 1756 an der Grottenau malte. Der zur Ausführung gelangten, stark Im Augsburger Stadtplan ist der Straßenzug tektonisch wirkenden Architektur passen sich »Alter Postweg« im Quadrat K10–12 zu fin den. die bronzenen, überlebensgroßen Liegefigu - Er ist der ehemalige Ersatzweg für die heutige ren beidseitig an den gekachelten Wangen der Haunstetter Straße als Hauptverbin dung Haupttreppe in Vestibül an, die beide 1909 von zwi schen Augsburg und Landsberg. Um die Mühlbauer modelliert und von Brandstetter aus Haupttrasse der ehemaligen »Via Claudia München gegossen wurden. Augusta« für den Durchgangsverkehr frei zu machen, wurde zum Zweck der Überbringung von postalischen Nachrichten diese Neben - strecke errichtet. Tag des offenen Denkmals 2010 38

Schaezlerpalais – 17 Ehemaliges Bankhaus Liebert-Schaezler

Maximlianstraße 46

Gebäude mit Festsaal erstreckt sich über zwei Stockwerke und die gesamte Gebäudetiefe. Die weit ausgreifend- Das »Schaezler-Palais«, in dem sich seit 1968 en Stukkaturen in weißpoliertem Stuck die »Deutsche Barockgalerie« und der Sitz der beziehen die flache Spiegeldecke ein und Städtischen Kunstsammlungen Augsburg be - umspielen ohne Rücksicht auf die Architektur finden, stammt in seinem Ursprung aus dem das längsovale Deckenfresko von Gregorio 17. Jahrhundert und ist im wesentlichen ein Guglielmi (1714– 1773). Das Bildprogramm Neubau der Nachkriegszeit. Vom Bomben - bezieht sich auf den damaligen Welthandel schaden ist zum Glück der Festsaal verschont und wurde 1767 mit »Der Handel verbindet geblieben. Der dreigeschossige Mansard - die Erdteile« signiert. dach bau hat zur Maximilianstraße hin eine reprä sen tative Fassade, die 1765 mit der Grund - Der Maria-Theresien-Taler stein legung nach Plänen des Baumeisters Karl Albrecht von Lespilliez (1723–1796), ein Schü ler Der erste Maria-Theresien-Taler, auch Levan - von Francois de Cuvellies (1695-1768), für tiner Taler oder Levantetaler genannt, wurde den Bankier Benedikt Adam Liebert von schon 1741geprägt und zeigt auf seiner Vor - Liebenhofen (1731–1810) errichtet wurde. der seite das Brustbild der damaligen habs- burgischen Kaiserin (1717–1780). Seit dem Nach des sen Tod ging das stattliche Anwesen Tod der Monarchin wurde die Münze mit der an seine Tochter über, die mit dem Bankier Jahreszahl 1780 als Handelsmünze nachge - Johann Lorenz von Schaezler (1762-1826) ver- prägt. Diese 1780er Prägung ist wahrschein- heiratet war. Der 1770 fertiggestellte Festsaal lich die berühmteste und bekannteste Münze 39 Tag des offenen Denkmals 2010

Maximilian - straße: Stich des Schaezlerpalais von E. Eichel aus dem Jahr 1770.

der Welt.1785, nach dem Tod des Ehemannes Das X ist ein Andreaskreuz, das nach 1750 Franz Stephan Herzog von Lothringen, wurde hinzugefügt wurde, um ihre Herrschaft über das Bildnis mit einem Witwenschleier versehen, die österreichische Niederlande anzuzeigen. doch nach dem seinem Tod 1780, verwendete man wieder die ursprüngliche Gestal- tung.

In der Literatur wird oft behauptet, dass der Maria- Theresien-Taler seit 1780 mit unverändertem Münzbild nachgeprägt wurde. Tatsächlich ist das jedoch erst seit ca. 1850 der Fall. In der kuk-Monarchie war der Taler bis 1858 ein gesetzliches Zahlungsmittel. Bis etwa zum Ende des Zweiten Weltkriegs galt Maria-Theresia-Taler: Vorder- und Rückseite. die Münze als anerkanntes Zahlungsmittel in Foto: Wikimedia großen Teilen Afrikas und Asiens, sogar bis in den indischen Raum. Im arabischen Raum Die Rand prägung lautet »IUSTITIA ET wurde sie »Abu Kusch« oder »Abu Noukte« CLEMENTIA« und bedeutet Gerechtigkeit und genannt. Milde. Die Rückseite zeigt den Doppeladler mit der Kaiser krone über den Adlerköpfen, ein Eine Reihe von europäischen Staaten prägten vierfach geteiltes Schild mit dem Wappen von Großsilbermünzen, die den Maria-Theresia- Ungarn, Böhmen, Burgund und Burgau, ober- Taler nachahmten, so z.B. in Venedig, in Preußen halb des Schildes die Kronen von Ungarn und oder Ragusa. Hierbei wurde das Erschei nungs - Böhmen. Die in Bayern verbrei tete Prägung bild imitiert. Die Inschrift auf Vorder- und Rück- des Talers beruht auf der am 21. September 1753 seite lautet: »M. THERESIA. D. G. R. IMP. HU. geschlossenen Münzkon ven tion zwischen dem BO. REG. // ARCHID. AVST. DUX. BURG. CO. Kurfürsten von Bayern und Maria Theresia TYR. 1780. X« und ist die Abkürzung für selbst. Der zugrunde liegende Münzfuß, d.h. »Maria Theresia Dei Gratia Romanorum die Festlegung des Silbergehaltes, wurde von Imperatrix, Hungariae Bohemiaeque Regina, Kaiserin Maria Theresia bereits in einer Ver - Archidux Austriae, Dux Burgundiae, Comes ord nung aus dem Jahr 1748 festgelegt. Bis Tyrolis. 1780« (=Maria Theresia, von Gottes zur Unterzeichnung der Münzkonvention mit Gnaden römische Kaiserin [im Sinne von Ba yern galt dieser Münzfuß nur im Herrschafts - Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches bereich der Kaiserin. Die Prägung seit 1780, Deutscher Nation], Königin von Ungarn und nach dem Tod der Kaiserin Maria Theresias, Böhmen, Erzherzogin von Österreich, Herzo- wurde zuerst in Günzburg (Vorderösterreich) gin von Burgund, Gräfin von Tirol). ausgeführt und später in Wien unverändert weitergeführt. Tag des offenen Denkmals 2010 40

Ehemaliges Straßenbahndepot Senkelbach

18 Wertachstraße 29

Ehemaliges Straßenbahndepot: Wagen 14, Baujahr 1898. Erste Serie der elektri- Dienstgebäude an der Wertachstraße. schen Straßenbahnfahrzeuge in Augsburg.

Die Augsburger »Trambahn« den Zugkraft konnte jetzt gelöst werden.

Die, gemessen an früheren Zeiten, rapide 1898 wurde am »Senkelbach«, in Sichtweite Bevölkerungszunahme in den Fabrikstädten des nördlichen Altstadtrandes die Elektrozen - hatte alsbald den Ruf nach einem Massenver - trale, später »Betriebshof I«, der Augsburger kehrsmittel zur Folge. Das Eisenbahn-Prinzip, Straßenbahn in Betrieb genommen. Zeitty - nämlich minimaler Rollwiderstand eiserner pisch in Anlage und Erscheinungsbild be stand Räder auf stählernen Schienen, war schon dieser aus einem Direktionsgebäude mit elek- bekannt, aber an der geeigneten Antriebskraft tizistischer Schauseite, einem Kessel- und fehlte es. Maschinenhaus und einer basilikalen Wagen- halle. 1881 wurde in Augsburg die erste »Pferde- Straßenbahn« eröffnet. Sie fuhr auf einer Auch die maschinelle Ausstattung folgte den Linie durch die Stadtmitte (Perlachturm- technischen Möglichkeiten der Zeit. Zunächst Königsplatz-Hauptbahnhof) und die damals trieben zwei 300 PS-Verbund-Dampfmaschi nen noch nicht eingemeindeten Vorstädte Ober- der Lokomotivenfabrik Krauss-Maffei aus hausen, Pfersee und Lechhausen. Der Wunsch München je einen Gleichstromgenerator an nach höherer Geschwindigkeit und mehr und im Jahr 1900 folgte ein dritter solcher Rentabilität führte 1886 zum Experiment einer Maschinensatz. Die rasche Akzeptanz des nun »Dampf-Straßenbahn« nach Göggingen, die effizienten Verkehrsmittel verlangte natürlich aber aufgrund vehementer Beschwerden der die ständige Erweiterung und Modifizierung Anwohner wegen Ruß- und Lärmbelästi gung des Streckennetzes und so erfolgte 1902 eine bald wieder eingestellt wurde. Gegen Ende Schienenverlängerung bis zum Oberhauser des 19. Jahrhunderts war es dann so weit. Die Bahnhof. 1910 stellte die Gemeinde Kriegshaber neue Energieform Licht und Kraft aus Elektrizi - als Gegenleistung für die Verlängerung der tät war endlich aus den Vor- und Experimen- Strecken kostenlos einen Bauplatz für die tierstadien heraus. Das Problem der pas sen - Endstation zur Verfügung. 1911 wurde die vier- 41 Tag des offenen Denkmals 2010

Baumgartnerstraße: Moderne Straßen- bahnen im heutigen Betriebshof.

schiffige Wagenhalle mit offenem Dach stuhl »Freunde der Augsburger Straßenbahnen e.V.« und breitgezogener Giebelwand an der Ulmer Straße 176 in Betrieb genommen. 1987 wurde Der Verein zählt derzeit über 512 Mitglieder diese Anlage durch einen Betriebsunfall stark und unternimmt etwa 350 Sonderfahrten pro beschädigt und ein Jahr später wieder saniert. Jahr mit den historischen Straßenbahnzügen. Einige dieser Züge sind in einem Depot in der Nach dem Durchbruch der Bgm.-Fischer-Straße Blücherstraße untergebracht, wo auch immer wurde der Königsplatz anstelle des Ludwigs - wieder Vereins feiern stattfinden. platzes (heute: Rathausplatz) zur Hauptein - steigestelle. 1908 ging die Straßenbahn in Zu dem Bestand der »Oldtimers« zählten u.a. städtisches Eigentum über und 1913 erfolgte die »Kriegsstraßenbahnwagen« KSW 501 die Einführung von Liniennummern. 1916 und 507 (Baujahr 1948) mit einem Beiwagen- wurde die Stromversorgung durch die »Lech- »Schwendwagen« BW 224 (Baujahr 1938), die Elekrizitätswerke LEW« abgedeckt, weiter »Maximumdrehgestellwagen« TW 14 (Baujahr musste 1921 wegen des hohen Stromver - 1898), TW 101 (Baujahr 1913), TW 165 (Baujahr brauchs ein Wasserkraftwerk am Wertachkanal 1926) und TW 179 (Baujahr 1938). (Schießstättenstraße 19) gebaut werden. Zur Stromspeicherung wurde auch eine riesige Bei unliebsamen Störungen der modernen Batterienanlage betrieben. Gleichwohl waren Züge »Combino« musste manchmal der be - diese frühen Anlagen den ständig steigenden währte Oldtimer »Stuttgarter GT 4« (Bau jahr betrieblichen Anforderungen nicht lange 1959-1963) einspringen. Er sollte 1992 in der ge wachsen. 1920 wurde der »Betriebshof II« baden-württembergischen Landeshauptstadt an der Baumgartnerstraße, wo früher der schon verschrottet werden, als die Augsburger »Alte Augsburger Bahnhof« stand, als neues Verkehrsbetriebe dieses Gefährt retten und zu Stra ßenbahndepot errichtet. günstigen Konditionen erwerben konnten.

1927 verlängerte man die Linie 4 bis zur Orts - mitte von Haunstetten und 1947 fand eine Verlängerung der Linie 1 bis nach Stadtber gen statt. Bis zum Jahr 1972 befanden sich in al len Straßenbahnzügen Schaffner zum Kassieren der Fahrtkosten, die inzwischen durch Fahr - schein-Automa ten abgelöst wurden. Tag des offenen Denkmals 2010 42

Staatliches Textil- und 19 Industriemuseum (tim)

Provinostraße 46

Staatliches Textil- und Industriemuseum: MMMM – »Mensch, Maschine, Muster, Mode«. Es geht um die Produktion und die Menschen hinter den Maschinen.

Augsburg – Der historische Schauplatz für ein metropole. Energie stellten Wertach und Lech neues Landesmuseum: Das Bayerische Textil- mit ihrem weit verzweigten Kanalsystem im und Industriemuseum (tim) in der ehemaligen Überfluss bereit. Darauf baute die neue Indus - Augsburger Kammgarnspinnerei (AKS): trie auf. Um die Altstadt und in den Vororten wie Pfersee und Göggingen entwickelten sich Augsburg zählt zu den traditionsreichsten In - Industriegebiete. Alleine das Textilviertel im dustriestädten Süddeutschlands. 1836 setzte Osten der Stadt zählte zu Beginn des 20. Jahr - ein regelrechter Boom von Fabrikgrün dun gen hunderts zehn große Textilfabriken mit über ein. Den Schwerpunkt bildeten die Textil- und 10.000 Beschäftigten. die Maschinenproduktion. Einige der neuen Firmen zählten mit jeweils über 1.000 Beschäf - Einige Fabrikanlagen mit den zugehörigen tigten bald zu den bedeutendsten Industrie - Wohnquartieren und Versorgungseinrich tun - unternehmen ihrer Art in Deutschland. Eine gen haben sich bis heute erhalten und zählen ganze Reihe von technischen Innovationen zu den schönsten Industriedenkmälern Bayerns. nahmen von Augsburg ihren Ausgang: vom Augsburger Rot des berühmten Kattun dru ckers So auch die Augsburger Kammgarnspinnerei Johann Edler von Schüle über Lindes Eisma - (AKS), die das Zuhause des Bayerischen Textil- schine bis zum Dieselmotor. und Industriemuseums (tim) ist. Grün der der AKS war 1836 Friedrich Merz, der die Indus - Dieser Aufschwung kam nicht von ungefähr. tria lisierung Bayerns mit ins Rollen brachte. Augsburg besaß eine weit ins Mittelalter zu - Die AKS entwickelte sich bis zur Jahrhundert - rück reichende Tradition als exportorientier tes wen de zu einem der bedeutendsten Wolle ver- Gewerbezentrum und internationale Finanz - arbeitenden Betriebe des Deutschen Reichs: 43 Tag des offenen Denkmals 2010

1.300 Arbeiterinnen und Arbeiter hielten Maschine – Muster – Mode«. Es geht sowohl 95.000 Spinn- und Zwirnspindeln und fast um die Menschen hinter den Maschinen, als 200 Webstühle am Laufen. Die Betriebsfläche auch um die wirtschaftlichen Drahtzieher. Es umfasste mit dem zugehörigen Wohnquartier geht von der Baumwolle über das Garn bis 50 ha. hin zum Stoff um die komplette textile Ferti - gungskette und um die technischen Entwick - Die Industriearchitektur formte vor allem der lungen, die Produktionsprozesse beschleunig - renommierte Augsburger Architekt Jean Keller. ten und revolutionierten. Es geht aber auch Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die AKS um die textilen Produkte an sich, um die Mode,

tim: Bauinformation für tim: In den Werkhallen der früheren AKS befindet sich heute das entstehende Museum. das Museum. Postkarte von 1913.

schnellstmöglich wieder den Betrieb auf, die nicht nur lebensnotwendige Schutzfunktion obwohl große Teile der Fabrikanlage zerstört übernimmt, sondern als Mittel zur eigenen waren. In den 1980er Jahren schaffte es die Gestaltung und Inszenierung dient. Wich - AKS mit 800 bis 1.000 Beschäftigten wieder tigstes Ausstellungsstück, zugleich natio nales unter die europäischen Marktführer im Be - Kulturgut ist die Mustersammlung der Neuen reich Kammgarn. Wenige Jahre später konnte Augsburger Kattunmanufaktur (NAK), welche dem Druck der Billiglohnländer, aber auch den die Produkte von den 1780er bis in die 1990er neuen, dem Kammgarn ungünstigen Mode- Jahre dokumentiert. Im Laufe der Zeit sind trends nicht mehr standgehalten werden. 2002 modische Trends immer kurzlebiger geworden mel de te die Spinnerei, 2004 die Färberei Insol- – sie dokumentieren aber die Befindlichkeit venz an. der Menschen und erzählen ein bedeutendes Stück Kulturgeschichte. Heute sind sie leer geräumt, die Hallen der Augsburger Kammgarnspinnerei. Doch mit Modi sches Hauptthema im tim ist die Ent - der Einrichtung des Bayerischen Textil- und wicklung und Geschichte von Designern und Industriemuseums (tim) konnte am Ort des Konfektionären in Bayern. Denn auch bei uns Geschehens der Faden der Textilindustrie gibt und gab es »Global Player«, die am mo di - wieder aufgenommen werden: Seit 2010 ist schen Weltmarkt mitmischen. das Museum eingerichtet, das in die Welt der »Industrie der Zauberer« entführen will …. Bis zum Oktober ist das tim neben dem Maxi- milianmuseum in Augsburg und dem ehem. Die vier »M«’s Kloster St. Mang in Füssen auch ein Ausstel- Mensch – Maschine – Muster – Mode: lungsort für die große Landesaus stel lung »Bayern-Italien« des Hauses der Baye rischen Konzept und Programm des tims sind mit Geschichte. Im tim geht es dabei um »Sehn- den vier großen M in Kurzform zusammenzu- sucht, Strand und Dolce Vita – 19. bis 21. Jahr - fassen: MMMM – das heißt im tim »Mensch – hundert«. Tag des offenen Denkmals 2010 44

Unterer Rathausfletz im Rathaus

20 Rathausplatz 2

Das nach erheblichen Kriegszerstörungen formen gesäumte Zwerch bau, dessen Giebel von 1944 wieder aufgebaute Rathaus, dessen geschichtet eine Vielzahl antik-römi scher Grund steinlegung ins Jahr 1615 fiel, ist ein Motive vereint. Das stattliche Satteldach war dreigeschossiger Saalbau mit mächtig aufge - ehemals von einer Metallhaut überzogen und richtetem Zwerchhaus über dem Mittelrisalit. ist heute mit Ziegeln eingedeckt. Es korres pon - Der Baukörper wird von zwei Kuppeltürmen dierte mit den Zwiebeldächern der beiden flankiert. Durch die symmetrisch angelegte Türme sowie mit dem einst ehernen Reichs - Dachkreuzung erscheint der Baukörper zur adler auf dem Wappenfeld des Giebels, der Rathausplatzseite und zum rückwärtigen Elias- Zirbelnuss und dem Stadtwappen im Tympa- Holl-Platz nahezu identisch. Der verputzte Zie - non des Portals. Am Rathaus versuchte Holl, gelbau ist von Fenstern durchbro chen, deren den Baukör per als Ganzes mit allen seinen Rahmen und Gesimse aus Kalk stein gearbeit- Anfor de rungen der Funktionstüchtigkeit zur et sind, während das Portal aus Marmor beste- Anschauung zu bringen in der Absicht, der ht. Elias Holls ideale Ausführung der Dachkreu - damals bedeutenden Freien Reichsstadt und zung, sicherlich in antiken Vor bildern und in der in ihr immer noch lebendigen Prosperität Augsburger Bautradition wur zelnd, erstrebt ein Denkmal zu setzen. Die Inschrift über dem einen Augsburgs Dachland schaften prägenden Hauptportal an der Westfassade »PUBLICO Akzent. Hauptmotiv ist der von Zierobelisken CONSILIO/PUBLICAE SALUTI/MDCXX« (dem und den mit Balustern abgesteckten Eckplatt - öffentlichen Rat, dem öffentlichen Wohl, 1620) 45 Tag des offenen Denkmals 2010

Rathaus: Der Ludwigsplatz, heute Rathausplatz, 1819. Rathaus: Der Elias-Holl-Platz um 1900.

zeigt die programmatische Volksnähe des Ma - gi strats einer Freien Reichsstadt. Durch dies Portal gelangt man zentral in den Unteren Fletz.

Die Haupt und Nebenräume des Rathausbaus orientierten sich in Anzahl, Aufgabe und Nut - zung an den Erfordernissen einer Reichsstadt. Durch Verkürzung der Wege entstand hier eine geschlossene, lichtdurchflutete Raum folge, die allen Ansprüchen gerecht wurde.

Dem Unteren Fletz, einer dreischiffigen, kreuz - gratgewölbten Pfeilerhalle mit dorischen Säu - len aus Salzburger Marmor, folgt im zweiten Geschoss das Obere Fletz. Dieses ist eine flach gedeckte mittelhohe Säulenhalle. Im drit- ten Geschoss befindet sich der sog. »Goldene Saal«, dessen herausragende Bedeutung sich nicht nur in der weiteren Inanspruchnah me zweier Zwischengeschosse ausdrückt, sondern auch in seinem durch den Jesuitenpater Matthäus Rader ikonologisch festgelegt und von dem Protestanten Matthias Kager aus - geführten Dekorationsprogramm.

Mitte rechts Rathaus: Goldener Saal um 1750. Stich von Georg Pinz.

Unten rechts Rathaus: »Raths-Stube« (eines der Fürsten- zimmer) um 1750, Stich von Georg Pinz. Tag des offenen Denkmals 2010 46

Wasserwege, 21 ehemaliges »Unteres Wasserwerk« Liliom

Unterer Graben 1

Wasserwege: Im ehemaligen Brunnenmeister- haus des Unteren Wasserwerks aus dem 16. Jahrhun- dert wurde 1988 das Programmkino »Liliom« eingebaut.

Das Anwesen »Unterer Graben 1« (heute Kino kanäle eingeleitet. Nur einhundert Meter unter - Liliom) und der ehemalige Wasserturm halb des Einlaufwerks am Hochablaß teilt sich »Springergässchen 4« (heute in Privatbesitz) der Haupt-Stadtbach in den »Eiskanal«, der gehörten ursprünglich als reichsstädtische heute als Kanuslalomstrecke in Anspruch Wasserversorgungsanlage im 16. Jahrhun dert genommen wird, und den »Neubach«, der zusammen. Diese war neben den Was ser tür - heute durch den Leerschuss des Wasser werks - men am Roten Tor die zweitwichtigste Was ser - gebäudes von 1879 stürzt. Beide vereinigen versorgungseinrichtung des ausgehenden sich wieder unterhalb der so genannten Mittelalters und lieferte einem gro ßen Teil der »Spickelinsel«. Durch die natürliche Verlage - nordöstlichen Unterstadt mit ihren Handwerks - rung des Lechbetts nach Osten veränderte betrieben Trinkwasser. Der ur sprüngliche Wehr - sich der Grundwasserstand und es versiegte turm der inneren Stadt mauer am heutigen die Quelle des »Brunnenbachs«. Daher wurde Springergässchen wurde 1538 zu einem Brun- schon 1615 Lechwasser durch ein Einlassbau - nenturm umgestaltet. Das Pumpenhaus wur - werk in das Bachbett eingeleitet, sodass aus de im selben Jahr errichtet und erhielt sieben dem früheren »Brunnenlech« der erste »Archimedische Schrauben« zur Wasserbeför - »Lochbach« geworden ist. Er ist für die folgen- derung. Wasserader für die Betreibung des den Jahre die silberne Wasserader Augsburgs. Werks war der Brunnenlech, der sich von Folgende Lechkanäle sind 1905 von Anton sei nem Ursprung, südlich Augsburgs, bis zu Werner wie folgt klassifiziert worden: Der sei ner Vereinigung mit dem Stadtbach, als Lochbach mit dem Ölbächlein, der Haunstetter Was serweg für das Handwerkerwesen un - Mühlbach, der Wolfsbach, der Vordere Lech, ent behr lich machte. der Siebenbrunnenbach, der Spitalbach, der Mittelbach, der Malvasierbach, der Neubach, Die Lechkanäle der Obere Stadtbach, der Kauf bach, der Schwal - lech, der Mittlere Lech, der Hintere Lech, der Die strömenden Wasser von Lech und Wertach Untere Stadtbach, der Fin delhauskanal, der waren und sind bis heute eine wichtige Ener - Sägmühlbach, der Sparren lech, der Schäffler- giequelle für Augsburg. Am großen Lechwehr, bach, der Herrenbach, der Hanreibach, der dem Hochablaß, wird das Flusswasser des Fichtelbach und der Proviant bach. Lechs angestaut und durch Schleusen in Stadt - 47 Tag des offenen Denkmals 2010

Wiesel-Haus

22 Äußeres Pfaffengäßchen 23

Wieselhaus:

links Im historischen Plan noch zu sehen: Das Wieselhaus war einst ein Gartenhaus.

rechts Das Wieselhaus (Gie- belseite) in der Dom- vorstadt: die im 16. Jahrhundert noch of- fenen Arkaden sind deutlich zu erkennen.

Gebäude Kapelle in seinem Garten setzen zu dürfen, um die am anderen Ende des Anwesens Das historische Bürgerhaus ist eine dreige - wohnenden Dienstboten rufen zu können. schossiger Satteldachbau mit Pfeilerarkaden Über die Gartenanlagen gibt es keine Nach - in den Obergeschossen der Ost- und Nordseite richten. Da der Gartenbesitzer jedoch einer aus dem 16./17. Jahrhundert. Es ist ein ehema- der bekanntesten Humanisten war, darf man liges Gartenhaus mit angeschlossener Ten ne, wohl von einem gestalteten Areal ausgehen. das in späterer Zeit für den Augsbur ger Optik- Der ehemalige Welser-Garten wird seit 1851 er Johann Wiesel zu einem Wohnhaus umge- vom Benediktinerkloster St. Stephan als baut wurde; seit 2009 finden Umbauten zu Garten genutzt. In diesem Bereich lag zur einem Museum für die Dokumen ta tion der Römerzeit das Stadtzentrum. Der Garten ist Kaufmannsfamilien Fugger und Welser (Eröff - daher auch für die Archäologie bedeutsam. nung angestrebt für 2011) statt. Der dazuge- hörige Garten war einst im Besitz der Kauf - Johann Wiesel mannsfamilie Welser. Der Optiker wurde 1583 in Burrweiler/Pfalz ge- Der ehemalige Garten der Familie Welser boren und starb 1662 in der Freien Reichs stadt Augsburg. Durch seine Heirat in die Augsbur - Der Humanist, Altertumsforscher, Historiker ger Goldschmiedefamilie Arnold erhielt er und Augsburger Stadtpfleger Markus II. Welser 1621 das Augsburger Bürgerrecht. Er war erwarb 1583 den Garten Litera E 189 am ei ner der ersten gewerblichen Fern rohrbauer heu tigen Stephansplatz zwischen Karme liten - in Europa, fertigte auch Brillen sowie Mikros - mauer, Äußeren Pfaffengässchen und Kleinem kope und optische Geräte. Als »Augustanus Karmelitengässchen. Eine Vorstellung von der Opticus« wurde er gebietsübergreifend Größe des Gartens erhält man, wenn man den bekannt und erwarb sich Ruhm als Lieferant Antrag Welsers an das Bauamt liest, in dem er des Kaisers, des bayerischen Kurfür sten und bittet, einen kleinen Glockenturm auf die des Schwedenkönigs Gustav II. Adolf. Tag des offenen Denkmals 2010 48

Glossar

Abkürzungen, Symbole Gaupen/Gauben, senkrecht stehendes Dachfenster  siehe auch, siehe unter mit eigenem Dach. Ausgebildet als »Stehgaube« gr., griechisch mit Satteldach und »Schleppgaube« mit einem Dach, lat., Latein, lateinisch das in das Hauptdach eingeschleppt wird.

geböschter Sockel, geneigter Sockel; Sockel eines Augsburger Interim, Verordnung Kaiser Karls V. mit dem Gebäudes am Fuß breiter und weiter ausladend eine Vereinigung von Protestanten und Katholiken als am oberen Ende der Sockelzone. erreicht werden sollte. Galt von 1548-1552 als Interim (= Zwischenzeit). Gesims, Sims, meist horizontales etwas herausragendes Bauelement, das eine Außenwand in einzelne Baluster, kunstvoll gedrehte kleine, meist ausgebauchte Abschnitte gliedert (Gesimsgliederung). Säulchen zum Tragen von Brüstungen und Ziergelän- dern (Balustergeländer). Giebel, Abschluss eines Satteldaches zur Vorder- und Rückseite. Auch Bekrönung von Fensterverdachungen. Basilika, basilikal, Gebäudeform, bei der in der Regel (Zu den anderen Seiten Traufseite). drei nebeneinanderliegende Hallen (Schiffe) offen Der Giebel kann direkt die Dachform aufnehmen verbunden sind. Die mittlere Halle überragt dabei aber auch davon abweichen, wie beim Treppengiebel, die beiden äußeren Hallen. der wie eine Treppe gestuft ist oder Wellengiebel (auch Schweifgiebel), dessen Oberseite in Wellenform Bewurf, aufgebrachter Putz. ausgestaltet wurde.

Blankziegelbau, Gebäude besteht aus Ziegelmauerwerk, Gurtbogen, Stützender Bogen eines wobei das Mauerwerk als Gestaltungselement außen Tonnengewölbes, meist von Halbsäulen oder sichtbar ist. Konsolen ausgehend.

Blendbogen, Bogen, der keine Öffnung überbrückt, Herme, Stütze z.B. auf Pfeilern in Gestalt eines sondern nur aus gestalterischen Gründen vor ein Kopfes mit Schultern. Gebäude gestellt ist. Heros, gr., Held. Confessio Augustana, »Augsburger Bekenntnis« der lutherischen Reichsstände 1530. Ikonologie, Forschungsmethode in der Kunstgeschichte zur Deutung der symbolischen Dahinab, Fluchtweg Luthers aus der Stadt Formen eines Kunstwerks. beim Galluskirchlein. Joch, jede einzelne, sich wiederholende Abteilung eines Eklektizismus, eklektizistisch, Zusammenführung langen Bauwerks mit Bogen und Gewölbeabschlüssen, von Stilelementen aus abgeschlossenen Epochen einschließlich Pfeilern; bei Fassaden das Stück von der Baukunst. einer Pfeilermitte zur anderen.

Epitaph, gr., ursprünglich nur (Trägerplatte mit) Kannelierung, kanneliert, mit Rillen versehen Grabaufschrift, später auch Grabmal. (z.B. am Schaft von korinthischen Säulen).

Faktorei, Handelsniederlassung. Kielbogen, kielbogig, Mauerwerksbogen in der Form eines nach oben gerichteten Schiffskiels. First, Dachfirst, die ober(st)e meist waagrechte Schnitt linie zweier geneigter Dachflächen. Kolonnade, Säulenreihe. 49 Tag des offenen Denkmals 2010

Konfektionär, ein Konfektionär fertigt für seinen Palisade, Holzzaun aus einzelnen Holzpfählen. Auftraggeber außerhalb seines Firmengeländes. Parität, in Augsburg die Besetzung aller entscheidenden Konsole, vorspringendes Tragelement, Ämter durch je einen katholischen und protestan - im Steinbau Kragstein, auf dem ein Bogen, tischen Amtsinhaber; bei mit nur einer Person zu Gesims, Balken, Skulptur usw. ruhen. besetzenden Amtsstellen, erfolgte regelmäßiger Wechsel zwischen einem katholischen und einem Kopfbahnhof, im Gegensatz zum Durchgangsbahnhof protestantischen Amtsinhaber. enden alle Gleise im Kopfbahnhof stumpf. Zur Ausfahrt mussten früher Lokomotiven umgesetzt Parzelle, einzelnes, selbständiges (Bau-) Grundstück. werden. Patrizier, Mitglied des Patriziats. Krüppelwalmdach, nicht vollständig ausgeführtes Walmdach. Die Abwalmung betrifft nur den Patriziat, ständische Gruppierung in der Bürgerschaft obersten Dachabschnitt der Giebelseiten. mit Vorrangstellung. Nachgewiesen seit 1230. Mitglieder des Patriziats wurden später als Laubengalerie, Gang parallel zur Längsseite eines »Geschlechter« bezeichnet. Zusammensetzung Hauses, überdacht, zu den Seiten aber offen. zunächst (Stauferzeit) aus Ministerialen (Beamte) später auch aus dem Kaufmannsstand und vereinzelt Lukarne, Zwerchhaus, eigentlich eine große, oft über dem Handwerk. Entscheidung über die Aufnahme mehrere Dachgeschosse gehende Gaube, die meist die in das Patriziat durch den Rat. Letzte Aufnahme in Fassade aufnimmt und nahezu bis zur Firsthöhe reicht. das Patriziat 1802.

Magistrat, Stadtregierung, Gesamtstadtrat. polygonal, vieleckig.

Mansard(en)dach, gebrochenes Dach, dessen Traufseite Pfeiler, im Allgemeinen Stütze aus Mauerwerk zwischen erst steil aufsteigt, dann nach einem Knick flach geneigt Öffnungen oder aus Mauern vorspringend (dann zum First führt. In der steil geneigten Dachzone können Halbpfeiler). Auch runde Form möglich, dann aber Wohnräume untergebracht sein. Beim Mansardendach ohne Kapitell und Verjüngung des Schaftes. kann die gesamte Dachanlage auch als Walmdach ausgeführt sein, oder auch nur der obere, flach Pfeilerarkade, Gebäude ruht auf Pfeilern, geneigte Teil. die bogengangartig in jeweils gleichem Abstand angelegt sind. Monstranz, lat. monstrare = zeigen, Gefäß mit einer Hostie im Glaseinsatz, um bei Prozessionen den Pfründe, Schenkung, Einrichtung zur Besoldung Gläubigen den durch die Hostie dargestellten Leib Bediensteter. Christi zu zeigen. Pilaster, lat., Wandpfeiler mit Basis und Kapitell, meist Nagelfluh, zusammengepresstes betonhartes Gestein auch mit Kämpfer; der Wand vorgelegte Halbsäule der Allgäuer Alpen. mit rechteckigem Schaft.

Portal, prachtvoller, torartiger Eingang in ein wohlhabendes Haus oder einen Innenhof.

Proprium, lat. Eigentum, kirchlich das Besondere, das Eigentümliche. Besonderer Teil der Messe. Tag des offenen Denkmals 2010 50

Rat, (Ratsverfassung bis 1806) Selbstverwaltungsorgan Tonnengewölbe, Gewölbeform mit krummflächigem der Freien Reichsstadt Augsburg mit gesetzgebenden, Abschluß nach oben. rechtsprechenden und ausführenden Befugnissen. 1257 erstmals erwähnt. Bestehend aus dem Kleinen Traufe, bei geneigten Dächern Abreißkante des Rat, von dem jeweils die Hälfte der Mitglieder die abfließenden Niederschlagswassers; Bereich Amtsgeschäfte ausführte, und dem Großen Rat, der unmittelbar über der Dachrinne. die höchste Verfassungsinstanz bildete. Zunächst waren nur Patrizier Mitglieder, später auch Repräsentanten der Tympanon, gr., Giebelfeld (mit flacher Neigung) eines Zünfte (Kaufleute, Handwerker). antiken Tempels meist mit Bauplastik geschmückt, aber auch Fläche über einem Portal; innerhalb des Reichsstraße, jede Hauptstraße der Freien Reichsstadt Bogenfeldes, häufig mit Reliefs geschmückt. Augsburg, eigentlich »reichsstädtische Straße«. Hier: Straße von Süden (dem Roten Tor) in die Stadt Vestibül, lat., ursprünglich (überdachter) Vorhof, Vorhalle, führend, durch Bäckergasse, Predigerberg und die in die Bauflucht eingelassene Haustür bildet die Heilig-Grab-Gasse zur Maximilianstraße führend, Rückseite, heute auch Vorraum hinter der Haustür von dort weiter Richtung Dom bzw. Annastraße. (mit Garderobe), Vorzimmer.

Remise, Schuppen für Kutschen und Geräte. Volute, frz., Spiral- oder Schneckenform , die häufig an Konsolen, Giebeln und Kapitellen vorkommt. Risalit, vor die Flucht des Hauptbaukörpers vorsprin- gender Bauteil, der auch höher sein kann und oft ein Vogt, von lat. advocatus, beamteter Statthalter eines eigenes Dach hat. Der Bauteil darf aber nur soweit Herrschers. Vogtei, Herrschaftsbereich eines Vogtes. vorspringen, daß der Hauptbaukörper als solcher erkennbar bleibt, und die vorspringenden Bauteile Walmdach, Dachform mit nicht bereits zu Seitenflügeln werden. Je nach Lage First und Traufen an allen Gebäudeseiten, ohne des Vorbaus unterscheidet man Eckrisalite (an den Giebel. Gebäudeecken) und Mittelrisalit (in der Gebäudemitte). Wehrgang, begehbarer oberer und innen liegender Teil Rundbogen, Bogenkonstruktion, die halbkreisförmig einer Wehrmauer, Stadtmauer. ausgeführt ist. Zwerchhaus, Lukarne, eine große oft über mehrere Schranne, Getreidemarkt. Dachgeschosse gehende Gaube, die meist die Fassade aufnimmt und nahezu Scholastisch, Verfahren zur Klärung wissenschaftlicher bis zur Firsthöhe reicht. und. theologischer Fragen, durch Argumentation des Für und Wider und des daraus gezogenen Schlusses.

Segmentbogen, segmentbogenförmig, im Gewölbe- und Brückenbau nur teilweise ausgeführte Bogenform, nähert sich häufig dem Halbkreisbogen an.

Sekundogenitur, Erbrecht des Zweitgeborenen, Zulassung der Begründung einer Nebenlinie.

Stuck, Plastische Gestaltung aus Gips oder anderen Bau- mörteln an Wänden, Mauern und Gewölben / Decken. 51 Tag des offenen Denkmals 2010

Quellen

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Impressum

Herausgeber Stadt Augsburg, Referat 6, Hochbauamt, Bauordnungsamt / Untere Denkmalschutzbehörde

Programmzusammenstellung, Recherche der Textvorlagen Gabriele Krist-Krug (M.A.)

Redaktion Hochbauamt, Christian Jonathal

Gestaltung Medien- und Kommunikationsamt

Auflage 2.000 Exemplare

Druck Schroff Druck und Verlag GmbH

Die Stadt Augsburg dankt allen, die an der Entstehung dieser Broschüre mitgewirkt haben.

Augsburg, September 2010