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Libellen im Nationalpark Schwarz- grazing with cattle, sheep and goats. wald (Odonata) In Southwestern Germany, Somatochlora alpestris occurs exclusively in the at altitudes from about 1,000 m von Franz-Josef Schiel1, Martin Salcher2 & a.s.l. One of its distribution centres is Marc Förschler3 in the young National Park. The most common kind of water body in the Park 1INULA, Turenneweg 9, D-77880 Sasbach, are streams and rivulets that are inhab- [email protected] 2 ited by both Cordulegaster bidentata and Poltringer Hauptstraße 97, D-72119 Ammer- C. boltonii. Population densities of both buch-Poltringen, [email protected] species are low due to the rough climate, 3Nationalparkverwaltung Schwarzwald, Knie- bisstrasse 67, D-77740 Bad Peterstal-Griesbach, the very dynamic runoff and the nutri- [email protected] ent-poor, acidic bedrock in the area.

Abstract Zusammenfassung

Odonata in the Black Forest National Der 2014 ausgewiesene Nationalpark Park – The Black Forest National Park Schwarzwald befindet sich in den is situated in the Hochlagen des Nordschwarzwalds zwi- between the cities of Baden-Baden and schen Baden-Baden und Freudenstadt. It was founded in 2014. in Höhenlagen zwischen 470 und 1.151 Altitudes in the Park range from 470 to m ü. NHN. Er zeichnet sich durch sei- 1,151 m a.s.l. with an average altitude nen Waldreichtum, das Vorherrschen above 800 m a.s.l. The Park area is char- von nährstoffarmem Buntsandstein acterized by extensive forests growing on als geologischem Untergrund und poor soils that have developed mainly on ein mit 5°C Mitteltemperatur kühles red sandstone formations. With a mean und mit durchschnittlich 2.200 mm annual temperature of 5°C and a mean Jahresniederschlag sehr feuchtes Klima precipitation of 2,200 mm, the climate aus. in this part of the Black Forest is rough Aus dem Nationalpark und seinem and wet. unmittelbaren Umfeld liegen Nachweise 25 species of Odonata have been von insgesamt 25 Libellenarten vor. recorded in the National Park area so Davon ist für mindestens 20 Arten eine far, with 20 of them being resident. Six Bodenständigkeit im Gebiet sicher bis species are confined to small and fish- sehr wahrscheinlich. Sechs dieser Arten free peat bog water bodies: Coenagrion sind charakteristisch für kleine, fisch- hastulatum, Aeshna juncea, A. subarctica, freie Moorgewässer und werden aufgrund Somatochlora alpestris, Leucorrhinia dubia rückläufiger Bestände in den Roten Listen and Sympetrum danae. Somatochlora alpes- Baden-Württembergs geführt: Coenagrion tris is restricted to small semipermanent hastulatum, Aeshna juncea, A. subarcti- water bodies in the wet heathlands called ca, Somatochlora alpestris, Leucorrhinia “Grinden”. These evolved on the moun- dubia und Sympetrum danae. Somatochlora tain ridges since the Middle Ages through alpestris ist im Gebiet eine Charakterart

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der Kleinstgewässer auf den Grinden; ihre Vegetationsperiode zwischen Juni und Vorkommen im Gebiet sind von landes- September ist das Klima als rau und mit

l d chwarzwa weiter Bedeutung. Charakteristisch für Niederschlagssummen von bis zu 2.700 S die zahlreichen kleinen Rinnsale und mm im Jahr als sehr feucht zu kenn- Bachläufe im Gebiet sind die beiden zeichnen (Nationalparkverwaltung 2018). Quelljungfer-Arten Cordulegaster bidenta- Auf rund drei Vierteln der Parkfläche ta und C. boltonii. Allerdings sind ihre stocken forstlich überprägte Fichten- l park ationa Bestandsdichten aufgrund des rauen Tannen-Buchenwälder. Entsprechend ist N Klimas, der starken Morphodynamik in eine natürliche und von Forstwirtschaft im den Bächen und dem basen- und nähr- unbeeinflusste Waldentwicklung hin zu stoffarmen geologischen Untergrund einem Urwald das naturschutzfachliche

i b e ll en sehr gering und viele potentiell geeignete Hauptziel innerhalb des Nationalparks. Auf

: L Gewässer nicht besiedelt. den abgerundeten Bergkuppen entstan- den seit dem Mittelalter durch Beweidung großflächige Feuchtheiden – Grinden – eiträge

B Einleitung mit kleineren vermoorten Bereichen, die etwa drei Prozent der Parkfläche ein- Mit Inkrafttreten des Nationalparkgesetzes nehmen und die zukünftig innerhalb der wurde der Nationalpark Schwarzwald Pflegezone des Parks erhalten werden im Januar 2014 in den Hochlagen des sollen (Nationalparkverwaltung 2018). Nordschwarzwalds in einem Bereich zwi- Eine relevante Besonderheit des schen Baden-Baden und Freudenstadt Nordschwarzwalds sind die durch gegründet (Nationalparkverwaltung 2018). Gletscher während der Eiszeiten ent- Der rund 10.000 ha große Nationalpark standenen Karseen, die im Gebiet als setzt sich aus einem kleineren nördlichen Libellenlebensräume eine hervorzuhe- Teilgebiet um den Hohen Ochsenkopf, bende Bedeutung erlangen. Häufigster sowie einem größeren südlichen Teilgebiet Gewässertyp innerhalb des Nationalparks zusammen, das sich von Allerheiligen im sind die zahlreichen Bergbäche mit ihren Südwesten bis zum Baiersbronner Ortsteil Quellzuflüssen. Darüber hinaus fin- Huzenbach im Nordosten erstreckt den sich auf in den Grinden Klein- und (Abb. 1). Bei einer durchschnittlichen Kleinstgewässer, von denen die meisten Höhenlage von mehr als 800 m ü. NHN jedoch in den meisten Sommern immer reicht die Höhenamplitude von 470 bis wieder kurzzeitig trockenfallen. 1.151 m ü. NHN. Kleinere Teile des Parks Die Ausweisung als Nationalpark war im Westen liegen im von Graniten und Anlass für eine Inventur innerhalb des Gneisen geprägten Urgesteinsgebiet Gebiets als Grundlage für einen späteren des nördlichen Talschwarzwalds, der Vergleich zur Entwicklung von Flora und überwiegende Teil jedoch im durch ein Fauna. Auch wenn Gewässerlebensräumen Deckgebirge aus Buntsandstein gepräg- und damit auch Gewässerorganismen im ten Grindenschwarzwald. Insbesondere Gebiet sicher nur eine untergeordnete auf Buntsandstein konnten sich nur ext- Bedeutung zukommt, wurden im Jahr 2016 rem nährstoffarme, saure Böden entwi- im Auftrag der Nationalparkverwaltung ckeln. Mit einer Jahresmitteltemperatur die Libellen innerhalb des Parkgebiets und von 5°C und einer nur dreimonatigen unmittelbar angrenzender Flächen unter-

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im

N ationa l park S chwarzwa l d

Abb. 1: Übersicht über den Nationalpark Schwarzwald und die Lage der Untersuchungsgewässser. blau = Stillgewässer, violett = Fließgewässer mit Quelljungfer-Nachweis, rot = Fließgewässer ohne Quelljungfernachweis 2016.

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sucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung tata und C. boltonii hin untersucht. werden im Folgenden vorgestellt. Haupterfassungsmethode war die Suche

l d chwarzwa nach Larven mit dem Küchensieb, kombi- S niert mit Imaginalbeobachtungen und der Methodik Suche nach Exuvien.

Für eine Recherche von Libellen- l park ationa Vorkommen innerhalb des Nationalparks Ergebnisse N wurden der Datenbestand der Schutz- im gemeinschaft Libellen e.V. sowie eige- Bis Ende 2015 lagen von elf Fundorten ne Daten aus Erhebungen im Rahmen im Nationalpark Schwarzwald und fünf

i b e ll en des Artenschutzpgrogramms Libellen unmittelbar angrenzenden Fundorten

: L einschließlich der stichprobenhaften im näheren Umfeld des Nationalparks Erhebungen im Rahmen des Life-Natur- Nachweise von insgesamt 21 Libellenarten Projekts „Grindenschwarzwald“ ausge- vor. Die Daten stammten zu einem eiträge

B wertet (INULA 2004-2015). Darüber hin- erheblichen Teil aus früheren, eigenen aus wurden aktuelle Beobachtungen von Erfassungen (JFS). Im Rahmen der aktu- Mitarbeitern der Nationalparkverwaltung, ellen Erhebungen im Jahr 2016 erhöhte namentlich von Marianne Leis-Messer sich die Gesamtartenzahl auf 25 Arten und Walter Finkbeiner mit einbezogen. (Tabelle 1), von denen mit Erythromma Im Jahr 2016 wurden insgesamt viridulum und Somatochlora metal- 13 relevante Stillgewässer innerhalb lica jedoch zwei Arten mit früheren des Nationalparks zwischen Juni und Nachweisen im Nationalpark aktuell September jeweils insgesamt viermal unbestätigt blieben. Für 20 Arten ist eine zur Beobachtung von Imagines und Bodenständigkeit im Gebiet sicher bis zur Suche nach Exuvien begangen. Mit sehr wahrscheinlich. Für keine der vier der Röschenschanze wurde ein zusätz- im Jahr 2016 erstmals beobachteten Arten liches Gewässer knapp außerhalb – Calopteryx virgo, Platycnemis pennipes, der Gebietsgrenzen nach der gleichen Aeshna grandis und Coenagrion mercu- Methode untersucht. Eine Beschränkung riale – ist eine Fortpflanzung innerhalb auf vier Begehungen erschien wegen der des Nationalparks wahrscheinlich. Auch im Vergleich zu wärmeren Regionen kür- ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich zeren Flugzeit vertretbar. Ergänzend wurde Erythromma viridulum hier jemals erfolg- in den überwiegend kleinen Gewässern reich fortgepflanzt hat; sie wurde nur mit der „Küchensieb-Methode“ (Sternberg einmal im Jahr 1995 in geringer Abundanz 2004) nach Larven gesucht. beobachtet. Über die Verbreitung der Quelljungfer- Lediglich in sieben von insgesamt 33 Arten (Cordulegaster bidentata, C. bolto- Fließgewässerabschnitten (21 %) wur- nii) war im Gebiet des Nationalparks den Cordulegaster bidentata und/oder Schwarzwald nur sehr wenig bekannt. C. boltonii gefunden. Erstere wurde in Deshalb wurden insgesamt 33 reprä- sechs Fließgewässerstrecken, letztere sentative Fließgewässerstrecken in vier Strecken – meist anhand von an einem bis zwei Terminen in der Larven – nachgewiesen. Darüber hinaus Saison auf Vorkommen von C. biden- gelangen vereinzelte Beobachtungen von

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Tab. 1: Libellen-Nachweise in Stillgewässern des Nationalparks (n=13) und in seinem unmittelba- ren Umfeld (n=6) . Es bedeuten: a = Erhebungen durch MS und FJS, b = Erhebungen durch M. Leis- L : Messer, c = Einzelbeobachtung durch M. Förschler, B = sicher bis wahrscheinlich bodenständig, x = i b e ll en Bodenständigkeit unsicher bis unwahrscheinlich, V = Altfunde ohne aktuellen Nachweis, Fundgewässer in weißer Schrift betreffen Gewässer außerhalb des Nationalparks. Angaben zur Stetigkeit in Klammern beinhalten auch Altfunde. In der Zeile „Anzahl Arten“ bleiben Altfunde unberücksichtigt. im

N ationa l park

Gewässer S chwarzwa l d Buhlbachsee Huzenbacher See Altsteigerskopf Pfälzerkopf FDS Vogelskopf OG Vogelskopf Schweinkopf Graben Schliffkopf Gewässer ob. Tonbachtal SO Hoher Kopf Teiche „Nägele“, Fahrspuren Tümpel Hennenbach Graben Röschenschanze Sand Wildwiese Sandsee See Wilder Plon Teich Mummelsee Stetigkeit a a a a a a a a a a a a a a b b b b c Nachweise durch: b Calopteryx virgo x 1 Lestes sponsa B B B B x 5 Lestes viridis B 1 Platycnemis pennipes x 1 Coenagrion hastulatum x B 2 Coenagrion mercuriale x x x 3 Coenagrion puella B B V B B B B B B B B 10 (11) Enallagma cyathigerum B B B B B x 6 Erythromma virididulum V (1) Ischnura elegans x x 2 Pyrrhosoma nymphula B B B B B B B B B B B B B x 14 Aeshna cyanea B B B B B B B B B B B B B x x x 16 Aeshna grandis x 1 Aeshna juncea B B x B B V B B B B 9 (10) Aeshna subarctica B 1 Anax imperator B x B x x 5 Cordulegaster bidentata x 1 Cordulegaster boltonii x 1 Cordulia aenea B B B V B B 5 (6) Somatochlora alpestris B V B B B B V x 6 (8) Somatochlora metallica V (1) Leucorrhinia dubia B B B B B V B B B B 9 (10) Libellula depressa V V x 1 (3) Libellula quadrimaculata B B B B B B B x x B 10 Sympetrum danae B B B B B B B x 8 Anzahl Arten 12 12 8 8 7 3 2 2 4 10 14 3 3 13 5 5 4 2 1 23 (25)

31 Band 17 Mercuriale - Libellen in Baden-Württemberg 2017 l d chwarzwa S l park ationa N im i b e ll en : L eiträge B

Abb. 2: Weibchen von Leucorrhinia dubia. Bad Wurzach, 04.07.2010 - Foto: FJS.

Imagines. Unter anderem patrouillierten oder im Alpenvorland eine eher gerin- Männchen beider Arten am 15.08.2016 ge Artenzahl. In Anbetracht des insge- zwischen den einzelnen Gewässern einer samt kleinen Spektrums vorhandener Teichanlage südöstlich des "Hohen Kopfs". Gewässertypen und der Höhenlage im Cordulegaster-Exuvien wurden wegen der Nationalpark entspricht die Diversität geringen Bestandsdichten und der im den Erwartungswerten und dem ersten Halbjahr 2016 sehr niederschlags- Artenspektrum ähnlicher Gebiete, z.B. reichen Witterung nicht gefunden. des Nationalparks Harz (Baumann 2014). Unter den aktuell 23 nachgewiesenen Libellenarten sind vor allem folgende Diskussion sechs in den Roten Listen (Hunger & Schiel 2006) geführte Moorarten (Sternberg Unter den insgesamt 25 nachgewiesenen 1990, Sternberg & Buchwald 1999, 2000) Libellenarten sind rund 20 Arten sicher von besonderem naturschutzfachlichen bis sehr wahrscheinlich im Nationalpark Interesse: oder in dessen unmittelbarer Umgebung Sowohl in Karseen mit Schwing- bodenständig. Dies ist etwa ein Viertel rasenverlandung (Buhlbachsee und der landesweit nachgewiesenen Libel- Huzenbacher See) als auch in größeren lenarten und im Vergleich zu Flächen Moorkolken und größeren Schlenken von ähnlicher Größe in der Oberrheinebene Hornisgrinde, Altsteigerskopf, Seekopf,

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Aeshna subarctica (Abb. 3) gefunden, wo sie erstmals 2015 anhand patrouillieren- L : der Männchen nachgewiesen worden i b e ll en war.

Aus dem Ellbachsee ist seit vielen im

Jahren (Sternberg & Buchwald 1999) ein N

stabiles Vorkommen der vom Aussterben ationa l park bedrohten (RL 1) Art Coenagrion hastu- latum bekannt; eine Einzelbeobachtung (FJS) stammt darüber hinaus aus dem

Jahr 2007 von der Hornisgrinde. Die Art S entwickelt sich vorzugsweise in seicht chwarzwa l d überfluteten, lückigen Schwingrasen mit Seggenbewuchs. Im Rahmen der aktu- ellen Erhebungen wiesen wir am 22.06. und 11.07.2016 erstmals eine kleine bis mittelgroße bodenständige Population von C. hastulatum in der Röschenschanze am Rande des Nationalparks sowie am 11.07.2016 ein Männchen der Art im oberen Tonbachtal im Nationalpark Schwarzwald nach. Die Qualität der Seen als Ent- wicklungsgewässer für Moorlibellen ist offensichtlich im Wesentlichen vom Vorhandensein von Schwingrasen abhän- gig. Während in den dicht verwachsenen Karseen die o.a. Moorarten mit Ausnahme von Somatochlora alpestris vorkommen, fehlen sie im Wilden See, an dessen Ufern nur sehr rudimentäre Schwingrasen vor- Abb. 3: Männchen von Aeshna subarctica. handen sind. Piilijärvi, Schweden, 22.7.2016 - Foto: FJS. Als Charakterart der Grinden des Nordschwarzwalds (Schiel et al. 2004) Pfälzerkopf, Schweinkopf, Schliffkopf, nutzt die landesweit vom Aussterben Röschenschanze und in zwei neu ange- bedrohte (RL 1) und in ihrer landes- legten Gewässerkomplexen südöstlich des weiten Verbreitung auf die höchsten Hohen Kopfs und im Oberen Tonbachtal Lagen des Schwarzwalds beschränk- pflanzen sich die landesweit gefährdeten te Somatochlora alpestris (Abb. 4) kleine (RL 3) Moor-Libellenarten Aeshna juncea, Schlenken und Kolke (Abb. 5) sowie teil- Leucorrhinia dubia (Abb. 2) und Sympetrum weise Hirschsuhlen zur Fortpflanzung. danae erfolgreich fort. In den Schlenken Nachweise liegen mittlerweile von der Schwingrasen am Huzenbacher See Hochkopf, Hundsrücken, Hornisgrinde, wurden 2016 fünf Exuvien und ebenso Altsteigerskopf, Seekopf, Pfälzerkopf, viele Larven der stark gefährdeten (RL 2) Schweinkopf, Vogelskopf und Schliffkopf

33 Band 17 Mercuriale - Libellen in Baden-Württemberg 2017 l d chwarzwa S l park ationa N im i b e ll en : L eiträge B

Abb 4: Weibchen von Somatochlora alpestris. Muotkatakka, Finnland, 19.07.2016 - Foto: FJS.

vor. Wir beobachteten darüber hinaus Gründe: (1) Raues Klima: Viele der kleinen ein Männchen auf dem Höhenrücken Quellbäche sind wahrscheinlich schlicht „Nägele“ im nördlichen Teilgebiet des zu kühl, als dass sich Quelljungfern oder Nationalparks. Damit befinden sich die andere Libellenarten erfolgreich darin meisten aktuellen Fundorte dieser Art entwickeln könnten. (2) Ungünstiges in den Grindenmooren innerhalb des Ausgangssubstrat: Insbesondere auf dem Nationalparks. extrem basenarmen Buntsandstein finden Auch wenn davon auszugehen ist, die Larven wenig Nahrungstiere, weshalb dass die Cordulegaster-Arten innerhalb die Larvendichte sehr gering ist. (3) Starke des Nationalparks zu den Libellenarten Schleppkraft: Aufgrund der Steilheit mit der weitesten Verbreitung zählen des Geländes und häufiger starker und von einer Reihe weiterer besiedelter Niederschläge sind als Larvalhabitat geeig- Quellbäche innerhalb des Nationalparks nete sandige Feinsubstratbereiche mit Schwarzwald auszugehen ist, doku- leichter Detritusauflage in vielen Bächen mentieren die geringe Fundrate und die nur sehr kleinräumig vorhanden. Sowohl geringen Larvendichten eindrücklich, für die Quelljungfer-Arten als auch für dass beide Arten hier nur ungünstige typische Moorlibellenarten der Grinden Entwicklungsbedingungen vorfinden. könnten sich die Bedingungen infolge Dies hat wahrscheinlich folgende des Klimawandels zukünftig dadurch ver-

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im

N ationa l park S chwarzwa l d

Abb. 5: Typisches Entwicklungsgewässer von Somatochlora alpestris im Nordschwarzwald – Schlenke im Rasenbinsen-Hochmoor. Hornisgrinde, 22.09.2010 – Foto: FJS. schlechtern, dass ihre überwiegend sehr Lage ist in höhere Lagen auszuweichen, kleinen Fortpflanzungsgewässer häufiger würde dies hier zwangsläufig zu einem und über längere Zeiträume austrocknen, lokalen Aussterben führen. wodurch sich die Entwicklungszeit ver- längert und die Sterblichkeit der Larven erhöht. Beide Faktoren verringern den Fortpflanzungserfolg und führen dadurch Literatur zu einer Schwächung der Populationen. Zumindest bei Somatochlora alpestris, Baumann, K. (2014): Die Libellen im deren Vorkommen in Baden-Württemberg Nationalpark Harz. – Schriftenreihe aus auf die höchsten Lagen des Schwarzwalds dem Nationalpark Harz 11, 212 S. beschränkt sind, könnte darüber hinaus Baumann, K. (2016): Veränderungen von eine physiologische „Wärmeintoleranz“ Höhenverbreitung und Abundanz einen Rückgang nach sich ziehen. Aus von Somatochlora alpestris und dem Harz dokumentierte Baumann (2016) Somatochlora arctica im Harz unter eine Abnahme in tiefergelegenen und dem Einfluss des Klimawandels einen Rückzug in die höchsten Lagen. Da (Odonata: Corduliidae) – Libellula 35: die Art im Nordschwarzwald nicht in der 43-64.

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Hunger, H. & F.-J. Schiel (2006): Rote Liste der Libellen Baden-Württembergs und

l d chwarzwa der Naturräume, Stand November 2005 S (Odonata). – Libellula Supplement 7: 3-14. INULA (2004-2015): Schutzprogramm für besonders gefährdete Libellenarten im l park ationa Regierungsbezirk Karlsruhe 2004-2015. N – Unveröff. Gutachten i.A. RP Karlsruhe, im Ref. 56. Nationalparkverwaltung (2018): Natio-

i b e ll en nalpark Schwarzwald. URL: http://www.

: L schwarzwald-nationalpark.de/national- park/, letzter Zugriff 10.01.2018. Schiel, F.-J., W. Hessner & C. Ebel (2004): eiträge

B Neufunde von Somatochlora alpe- stris (Alpen-Smaragdlibelle) im Nordschwarzwald. – Mercuriale 4: 22-24. Sternberg, K. (1990): Autökologie von sechs Libellenarten der Moore und Hochmoo- re des Schwarzwaldes und Ursachen ih- rer Moorbindung. – Dissertation Univ. Freiburg (unveröff.); Freiburg i. Brsg. Sternberg, K. (2004): Mit Küchensieb und Frisbee-Scheibe auf der Suche nach ver- borgenen Smaragden. – Mercuriale 4: 17-21. Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.) (1999): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 1. Ulmer, Stuttgart. Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.) (2000): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 2. Ulmer, Stuttgart.

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